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German Pages 602 Year 2016
Wolfdietrich Kalusche Projektmanagement für Bauherren und Planer
Bauen und Ökonomie
Herausgegeben von Univ.-Prof. em. Dr. Dietrich-Alexander Möller Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche
Wolfdietrich Kalusche
Projektmanagement für Bauherren und Planer
4., aktualisierte und erweiterte Auflage
ISBN 978-3-11-044498-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-044499-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-044500-8 ISSN 2190-2593 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: crossstudio/iStock/Thinkstock ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort der Herausgeber Mit dem vorliegenden Werk „Projektmanagement für Bauherren und Planer“ erschien 2002 in erster Auflage ein weiterer Beitrag zur Schriftenreihe „Bauen und Ökonomie“ im damaligen Oldenbourg Verlag. Diese Schriftenreihe soll ein Publikationsforum sein für die vielfältigen und sich durchdringenden Fragen des Bauens, des Organisierens und des Wirtschaftens. Entwickelt hat sich diese Reihe aus der ab 1983 bis 1988 gemeinsam von beiden Herausgebern getragenen Lehre im Fach Planungs- und Bauökonomie an der Architekturfakultät der Universität Karlsruhe. Das zunächst einbändige, seit 1996 zweibändige „Lehrbuch Planungsund Bauökonomie“ sowie das dazugehörige Übungsbuch behandeln die Grundlagen der wirtschaftlichen Bauplanung und Bauausführung. Das bisherige Lehrwerk ist vorwiegend objektorientiert, während die projektorientierten Fragen eher im Hintergrund stehen. Insofern war es folgerichtig, dass das vorliegende Werk die Fragen des Projektmanagements behandelt, also eine projektorientierte Behandlung des Planungs- und Baugeschehens vornimmt. Hierfür ist Wolfdietrich Kalusche in besonderer Weise prädestiniert. Neben seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Themen als Universitätsprofessor an der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg kann er auf eine langjährige praktische Berufserfahrung im Projektmanagement, v. a. von Flughafenbauten, zurückblicken. Seine besonderen analytischen Fähigkeiten bei der theoretischen Durchdringung komplexer Sachverhalte und seine große praktische Erfahrung führen zu einer überzeugenden und sehr gut verständlichen Darstellung der differenzierten Aufgabenfelder des Projektmanagements. Seine Darstellung reicht von den Bauherrenaufgaben bis zu Belangen der ausführenden Unternehmen sowie von der Projektentwicklung im engeren Sinne über die Projektsteuerung bis hin zur Organisation der Inbetriebnahme von baulichen Anlagen. Sie umfasst damit alle wichtigen Aufgaben des Managements rund um das Planen und Bauen von Gebäuden. Die nun vorliegende vierte Auflage des Bandes „Projektmanagement für Bauherren und Planer“ wurde u. a. erforderlich, weil sich seit der dritten Auflage im Jahr 2011 eine Vielzahl von Regelwerken geändert haben. So führte auch die neue HOAI 2013 zu nicht unerheblichen Änderungen in den Leistungsbildern des Projektmanagements. Darüber hinaus wurden weitere in der Praxis gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse in die vierte Auflage eingearbeitet. Zahlreiche weitere interessierte Leser werden dieses Werk mit großem Gewinn studieren. Marxzell/Cottbus, im Januar 2016
Dietrich-Alexander Möller im Namen der Herausgeber
Vorwort des Verfassers Der Weg von der Praxis bei großen Bauprojekten zurück an die Universität im Jahr 1996 war für den Verfasser Anlass zu einem Aufsatz mit dem Titel „Der Architekt als Projektsteuerer“, verbunden mit der Zielsetzung, unterschiedliche und selbst erlebte Rollen des Bauherrenvertreters und des Architekten gedanklich nachzubereiten. Es folgten Vorträge und Seminare zu den Themen Projektsteuerung, Projektcontrolling, Generalplanung und Bauprojektmanagement in Zusammenarbeit mit den Bildungswerken der Architektenkammern sowie der Immobilienakademie der European Business School (ebs) in Oestrich-Winkel. Verbunden mit wissenschaftlicher und praktischer Arbeit entstand ab dem Jahr 2000 die neue Vorlesung „Projektmanagement für Planer“ im Studiengang Architektur an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und wiederum hieraus im Jahr 2002 die erste Auflage des vorliegenden Buches „Projektmanagement für Bauherren und Planer“. Letztes wurde auch Grundlage der Vorlesungen „Projektmanagement“ für den Studiengang Bauingenieurwissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich im Rahmen einer Gastprofessur am dortigen Institut für Bauplanung und Baubetrieb im Jahr 2003. Weiterhin dient es als Grundlage des mehrtägigen Lehrgangs „Projektsteuerung“, der regelmäßig mit der Managementberatung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen durchgeführt wird, sowie der mehrjährigen Projektleiterschulung des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) in Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit Herrn Dipl.Ing. Wilfried Hoffmann (LBB). Der intensive Gedankenaustausch mit den Bauherrenvertretern des Landesbetriebs über die Funktion des Auftraggebers und die Betreuung der Leistungen freiberuflicher Architekten und Ingenieure bietet für die Entwicklung des Projektmanagements im Bauwesen im Allgemeinen und in besonderer Weise für das vorliegende Buch eine Vielzahl wertvoller Impulse. In den letzten Jahren waren die Inhalte des Buches eine gute Grundlage für einen intensiven Gedankenaustausch mit Vertretern der Praxis. Einige Sachverhalte, auch Textauszüge aus gemeinsam erarbeiteten Unterlagen sind mit freundlicher Genehmigung der Unternehmen in die vierte Auflage des Buches eingegangen. Der Verfasser bedankt sich an dieser Stelle v. a. bei Frau Dipl.-Ing. Claudia Henning, Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V), Schwerin, Herrn Ass. jur. Ulrich Langen, AIA AG, Düsseldorf, Herrn Dipl.-Ing. Tobias Sauerbier, GWH Bauprojekte GmbH, Frankfurt/Main und Frau Dipl.-Ing. Dorothee von Schnakenburg, Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VB-BW), Stuttgart.
Vorwort des Verfassers
VII
In den letzten drei Jahren sind entscheidende Regelwerke für das Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft und für die Planung und Ausführung von Bauwerken in Kraft getreten. Dies sind v. a. AHO-Fachkommission (Hrsg.): Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Berlin: Bundesanzeiger, Mai 2014, Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI) in der Fassung vom 10.07.2013, in Kraft getreten am 17.07.2013, und Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – VOB Teile A und B 2012. Diese Regelwerke enthalten Strukturen, Begriffe, Leistungsbilder und Grundlagen der Vergütung, deren sichere Kenntnis für die Realisierung von Bauprojekten unverzichtbar ist. Die mit der Novellierung der HOAI 2013 und der Neufassung von AHO Heft 9 von 2014 verbundenen Änderungen sind dabei besonders umfangreich. Alle Bauherren, Architekten und Ingenieure, die neue Bauvorhaben beginnen, müssen nach den neuen Regelwerken arbeiten. Aufgrund der großen Zahl der Änderungen sind derzeit viele am Projekt Beteiligte in hohem Maße gefordert. Ihnen allen soll die vierte Auflage des Buches eine Hilfe sein, um die mit einem Bauprojekt verbundenen anspruchsvollen Aufgaben zu bewältigen. Im gleichen Zeitraum wurden vom Verfasser Veröffentlichungen angefertigt, die inhaltlich in die vierte Auflage Eingang gefunden haben. Sie sind im Literaturverzeichnis aufgeführt. Dabei handelt es sich um folgende Texte: – BKI Handbuch HOAI 2013. Der Praxisleitfaden zur sicheren Anwendung der neuen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (2013) – Frühzeitige Ermittlung der Baunebenkosten bei der Gebäudeplanung (2014) – Projektentwicklung von Immobilien (2015) Die beiden in der Einleitung verwendeten Abbildungen „Bauherr und Baumeister einst“ sowie „Bauherrenorganisation und Planer heute“ stammen aus der Feder des Karikaturisten und Architekten Dipl.-Ing. Ernst Maria Lang. Er hat in langjähriger Planungspraxis seine Erlebnisse im Umgang mit Bauherren und Projektmanagern in seinen unverwechselbaren Karikaturen verarbeitet und die Dinge auf den Punkt gebracht. Der Verfasser freut sich sehr, dass er dem Nachdruck seiner Zeichnungen spontan zugestimmt hat. Wie bei den bisherigen Auflagen des Buches wurde der Verfasser bei der vierten Auflage von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Lehrstuhl Planungs- und Bauökonomie bei der Entwicklung der Inhalte und der Bearbeitung des Manuskripts nach Kräften unterstützt. Es seien besonders erwähnt: Frau Dipl.-Ing. Franziska Bartsch, Herr Sebastian Herke, M.Sc. Frau Theresa Kranz, M.Sc. Frau Deborah Hörsch, B.Sc. und Frau Katrin Uhl. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Cottbus, im Januar 2016
Wolfdietrich Kalusche
Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber ..................................................................................................... V Vorwort des Verfassers ........................................................................................................VI Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................IX Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................XIII Einleitung
1
1
Grundlagen des Projektmanagements
17
1.1
Projektmanagement im Bauwesen ........................................................................... 23
1.2
Projekte im Bauwesen.............................................................................................. 34
1.3
Projektmanager im Bauwesen .................................................................................. 38
1.4
Handlungsbereiche und Projektstufen nach AHO .................................................... 50
2
Bauherrenaufgaben und -organisation
2.1
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte .............................................................. 51
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3
Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren ..................................................... 59 Private Bauherren .................................................................................................... 63 Erwerbswirtschaftliche Bauherren ........................................................................... 66 Öffentliche Bauherren .............................................................................................. 69
2.3
Stakeholder, insbesondere bei Bauprojekten ............................................................ 88
3
Projektleitung und Projektsteuerung
3.1
Projektleitung ........................................................................................................... 96
3.2 3.2.1 3.2.2
Controlling und Projektcontrolling ........................................................................ 108 Projektcontrolling MUC 2 – Beispiel .................................................................... 110 Chartered Surveyor ................................................................................................ 112
3.3
Projektsteuerung .................................................................................................... 118
3.4 3.4.1 3.4.2
Projektmanagementverträge und -honorierung ...................................................... 129 Verträge im Projektmanagement ............................................................................ 132 Honorierung der Projektsteuerung und verwandter Leistungen ............................. 134
51
95
X
Inhaltsverzeichnis
4
Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
147
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Organisation............................................................................................................152 Aufbau- und Ablauforganisation.............................................................................153 Projektstruktur ........................................................................................................157 Organisationshandbuch ...........................................................................................167 Projektbüro .............................................................................................................170
4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3
Information .............................................................................................................171 Besprechungen und Protokolle ...............................................................................174 Berichtswesen .........................................................................................................178 Projektkommunikationssysteme .............................................................................183
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7
Koordination ...........................................................................................................186 Zuständigkeiten der Koordination ..........................................................................187 Koordination durch die Projektsteuerung ...............................................................188 Koordination durch die Objektplanung ..................................................................188 Matrix der Koordination bei Bauprojekten .............................................................191 Entscheidungen und Entscheidungsmanagement ...................................................196 Änderungsmanagement ..........................................................................................204 Risikomanagement .................................................................................................207
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7
Dokumentation .......................................................................................................216 Erfordernis der Dokumentation ..............................................................................216 Dokumentation nach HOAI (Objekt-Dokumentation) ...........................................218 Dokumentation nach AHO (Projekt-Dokumentation) ............................................221 Dokumentation im Rahmen der Generalplanung....................................................224 Dokumentation durch ausführende Unternehmen ..................................................224 Anforderungen des öffentlichen Bauherrn an die Dokumentation .........................226 Häufige Fehler bei der Dokumentation...................................................................230
5
Qualitäten und Quantitäten
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.1.6 5.1.7
Qualität ...................................................................................................................233 Qualitätsmanagement .............................................................................................235 Bedarfsplanung im Bauwesen ................................................................................242 Raumbuch und Baubuch .........................................................................................257 Bemusterung ...........................................................................................................268 Qualitätsmängel und Prüfen auf Zielkonformität ...................................................272 Nachhaltigkeit .........................................................................................................275 Planungswettbewerbe .............................................................................................280
5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3
Quantitäten .............................................................................................................287 Art und Maß der baulichen Nutzung ......................................................................291 Bemessung von Gebäuden vor der Planung ...........................................................298 Funktionen und Prozesse ........................................................................................299
6
Kosten und Finanzierung
6.1 6.1.1
(Investitions-)Kosten ..............................................................................................304 Grundbegriffe der Kostenplanung und der Kalkulation..........................................304
231
303
Inhaltsverzeichnis
XI
6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.5 6.1.6
Geschichte der Kostenplanung – ein Überblick ..................................................... 306 Am Projekt Beteiligte und Aufgaben der Kostenplanung ...................................... 312 Verfahren der Kostenermittlung ............................................................................. 335 Baunebenkosten ..................................................................................................... 349 Kostenbericht mit Kostenkontrolle und -steuerung ............................................... 361
6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5
Nutzungskosten im Hochbau ................................................................................. 366 Gegenstand und Grundsätze der Nutzungskostenplanung ..................................... 366 Nutzungskostengliederung ..................................................................................... 367 Arten der Nutzungskostenermittlung ..................................................................... 373 Nutzungskostenplanung der am Projekt Beteiligten .............................................. 375 Nutzungskostenkennwerte und Datensammlungen ............................................... 379
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3
Finanzierung .......................................................................................................... 380 Arten der Finanzierung und Rentabilität ................................................................ 380 Finanzplanung bei Bauprojekten ........................................................................... 384 Mittelfristige Finanzplanung .................................................................................. 386
7
Termine, Kapazitäten und Logistik
7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3
Terminplanung ....................................................................................................... 390 Geschichte der Terminplanung – ein Überblick ..................................................... 390 Zusammenspiel der Beteiligten bei der Terminplanung ........................................ 394 Terminplanung als Regelkreis ................................................................................ 426
7.2
Kapazitäten ............................................................................................................ 437
7.3 7.3.1 7.3.2
Logistik .................................................................................................................. 443 Leistungen der Logistik allgemein ......................................................................... 444 Leistungen der Logistik nach AHO ....................................................................... 445
8
Verträge und Versicherungen
8.1
Verträge .................................................................................................................. 455
8.2
Versicherungen....................................................................................................... 459
9
Projektentwicklung
9.1
An der Projektentwicklung Beteiligte .................................................................... 469
9.2
Leistungsbild Projektentwicklung (i. e. S.) ............................................................ 473
10
Projektmanagement in der Planung
10.1
Objektplaner Gebäude ........................................................................................... 491
10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3
Fachlich Beteiligte, sonstige Projekt- und Planungsbeteiligte ............................... 495 Tragwerksplaner (Statiker) ..................................................................................... 495 Fachlich Beteiligte für Technische Ausrüstung ...................................................... 497 Sonstige Projekt- und Planungsbeteiligte............................................................... 499
10.3
Einzelleistungsträger in der Planung ...................................................................... 500
10.4
Gesamtleistungsträger in der Planung .................................................................... 502
389
451
465
491
XII
Inhaltsverzeichnis
10.4.1 10.4.2 10.4.3
Generalplanung im Außenverhältnis ......................................................................503 Generalplanung im Innenverhältnis ........................................................................505 Vor- und Nachteile der Generalplanung aus Sicht der Beteiligten ..........................507
10.5
Leistungsbild und Vergütung der Generalplanung ..................................................512
10.6
Erfolgsfaktoren der Generalplanung .......................................................................516
11
Projektmanagement in der Ausführung
11.1
Produktionsablauf und -organisation ......................................................................517
11.2
Voraussetzungen für die Ausführung ......................................................................522
11.3
Einzelleistungsträger in der Ausführung .................................................................523
11.4
Gesamtleistungsträger in der Ausführung ...............................................................524
12
Inbetriebnahme
12.1
Planung der Inbetriebnahme ...................................................................................532
12.2
Inbetriebsetzung von Anlagen ................................................................................533
12.3
Abnahme und Bauübergabe ....................................................................................535
12.4
Übernahme des Objekts durch Bauherr und Nutzer ...............................................537
12.5
Umzug ....................................................................................................................540
12.6
Inbetriebnahme und Projektsteuerung nach AHO ..................................................545
12.7
Gebäudemanagement ..............................................................................................546
517
531
Literatur ............................................................................................................................. 549 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... 567 Index ................................................................................................................................... 575
Abbildungsverzeichnis Abb. 0.1:
Bauherr und Baumeister einst
1
Abb. 0.2:
Bauherrenorganisation und Planer heute
Abb. 1.1:
Notwendige Wissensgebiete für das Projektmanagement
17
Abb. 1.2:
Projektidee, Projektmanager, Prozess und Objekt
18
Abb. 1.3:
Zusammenhang der Teile von DIN 69901
19
Abb. 1.4:
„Magisches Dreieck der Projektziele“ im Projektmanagement
25
Abb. 1.5:
Terminal 2, Flughafen München
28
Abb. 1.6:
Komplexität von Bauprojekten – „Spaghetti-Effekt“
29
Abb. 1.7:
Projektmanagement, Bauherrenaufgaben, Planung und Beratung
31
Abb. 1.8:
Aufgabenfelder von Projektmanagement bis Objektmanagement
33
Abb. 1.9:
Projekte innerhalb einer Unternehmensorganisation – Beispiel
36
Abb. 1.10:
Unterschiede zwischen Projekt und Unternehmen
37
Abb. 1.11:
Baumanager koordiniert als Generalist Spezialisten
41
2
Abb. 1.12:
Arten und Stufen der Handlungskompetenz
46
Abb. 1.13:
Projektstufen (AHO) und Leistungsphasen (HOAI)
50
Abb. 2.1:
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
52
Abb. 2.2:
Arten von Bauherren und Abgrenzung zum Erwerber
59
Abb. 2.3:
Bezeichnungen für Bauherr, Planer und ausführende Unternehmen
60
Abb. 2.4:
Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers – Auszug (1)
62
Abb. 2.5:
Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers – Auszug (2)
62
Abb. 2.6:
Organisation des BLB NRW
71
Abb. 2.7:
Organisation der Niederlassungen des BLB NRW
71
Abb. 2.8:
Regelwerke für die Durchführung öffentlicher Bauvorhaben
73
Abb. 2.9:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (1)
74
Abb. 2.10:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (2)
75
Abb. 2.11:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (3)
76
Abb. 2.12:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (4)
77
Abb. 2.13:
Nicht delegierbare Bauherrenaufgaben der Bauverwaltung
78
Abb. 2.14:
Eigenerledigung baufachlicher Aufgaben nach HOAI 2009 – LBB RP
79
Abb. 2.15:
Eigenerledigung baufachlicher Aufgaben nach HOAI 2013 – LBB RP
80
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.16:
Bauherrenaufgaben gemäß DIN 276-1:2008-12
84
Abb. 2.17:
Stakeholder (Anspruchsgruppen) – allgemein
89
Abb. 2.18:
Träger öffentlicher Belange – Beispiel Niedersachsen (1)
91
Abb. 2.19:
Träger öffentlicher Belange – Beispiel Niedersachsen (2)
92
Abb. 3.1:
Projektmanagement bei Bauprojekten – in mehreren Funktionen
95
Abb. 3.2:
Nicht delegierbare und delegierbare Bauherrenaufgaben
95
Abb. 3.3:
Stellung der Projektleitung in der Projektorganisation
96
Abb. 3.4:
Organisation und Besetzung einer Projektleitung – Varianten
101
Abb. 3.5:
Stellung des Chartered Surveyor in der Projektorganisation
114
Abb. 3.6:
Projektsteuerung nach § 31 HOAI 1977 bis 1996
118
Abb. 3.7:
Abgrenzung Objektplanung und Projektsteuerung in der HOAI 1977
119
Abb. 3.8:
Projektstufen und Handlungsbereiche nach AHO 2014 – Matrix
124
Abb. 3.9:
Stellung der Projektsteuerung in der Projektorganisation
125
Abb. 3.10:
Verhältnis externer Berater und interner Verantwortlicher
127
Abb. 3.11:
Honorare für die Projektsteuerung nach AHO § 7 in Prozent
138
Abb. 3.12:
Honoraranteile für die Grundleistungen der Projektsteuerung in Prozent
139
Abb. 3.13:
Monatsverrechnungssatz für Mitarbeiter nach AHO
141
Abb. 3.14:
Stundensatzkalkulation leitender Projektsteuerer
143
Abb. 3.15:
Verwaltungskosten des Bauherrn nach II. BVO August 1963
146
Abb. 4.1:
Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (1)
147
Abb. 4.2:
Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (2)
148
Abb. 4.3:
Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (3)
149
Abb. 4.4:
Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (4)
150
Abb. 4.5:
Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (5)
151
Abb. 4.6:
Grundform einer Linienorganisation
153
Abb. 4.7:
Grundform einer Stablinienorganisation
154
Abb. 4.8:
Grundform einer Matrix-Projektorganisation
155
Abb. 4.9:
Grundform einer Ablauforganisation als Ablaufschema
156
Abb. 4.10:
Projektstruktur für die Kostenplanung – Beispiel
159
Abb. 4.11:
Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (1)
160
Abb. 4.12:
Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (2)
161
Abb. 4.13:
Kombinationen von Kostengruppen und Leistungsbereichen – Beispiel
162
Abb. 4.14:
Mengen als Bezugsgrößen zur Verknüpfung von Informationen
163
Abb. 4.15:
Schnittstellen im Bauprojekt – zwei Beispiele
164
Abb. 4.16:
Strukturen des BBL M-V für Projektvorbereitung bis Verwertung
165
Abb. 4.17:
Zusammenhang von Organisations- und Projekthandbuch
169
Abb. 4.18:
Besprechungskreise und Besprechungsorganisation – Beispiel
175
Abbildungsverzeichnis
XV
Abb. 4.19:
Deckblatt Statusbericht der Projektleitung BBL M-V
182
Abb. 4.20:
Zuständigkeiten bei der Koordination im Bauprojekt (Empfehlung)
192
Abb. 4.21:
Trassenkoordination – Beispiel
195
Abb. 4.22:
Formblatt Entscheidungsliste – Muster
198
Abb. 4.23:
Chancen und Risiken bei Entscheidungen mit mehreren Beteiligten
203
Abb. 4.24:
Formblatt Änderungsmanagement – Muster
205
Abb. 4.25:
Interne und externe Ursachen von Risiken bei Bauprojekten
210
Abb. 4.26:
Risikomatrix zur Bewertung von Projektrisiken
213
Abb. 4.27:
Am Projekt Beteiligte und Dokumentation – Überblick
217
Abb. 5.1:
Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (1)
231
Abb. 5.2:
Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (2)
232
Abb. 5.3:
Codex Hammurabi
234
Abb. 5.4:
Unbestimmte Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten
237
Abb. 5.5:
Mindestkriterien nach DEHOGA (1)
239
Abb. 5.6:
Mindestkriterien für Hotelzimmer nach DEHOGA (2)
240
Abb. 5.7:
RIBA Plan of Work 2013 (Auszug)
248
Abb. 5.8:
Arten der Gruppierung nach Peña
249
Abb. 5.9:
Diogenes in der Tonne
251
Abb. 5.10:
Prüfliste und Beispiele für Grundstück und Umgebung – Auszug
253
Abb. 5.11:
Prüfliste und Beispiele für das Gebäude als Ganzes – Auszug
254
Abb. 5.12:
Funktionsdiagramm – Beispiel
255
Abb. 5.13:
Zusammenhang von Baubuch und Raumbuch
257
Abb. 5.14:
Ausstattungsstandards von Gebäuden – Beispiel
259
Abb. 5.15:
Raumbuchblatt – baulicher Ausbau
263
Abb. 5.16:
Qualitative Anforderungen an Bankgebäude – Beispiel
264
Abb. 5.17:
Raumbuchblatt – technische Anlagen
265
Abb. 5.18:
Raumbuchblatt – Ausstattung
266
Abb. 5.19:
DGNB Zertifizierungssystem der zweiten Generation für Gebäude
277
Abb. 5.20:
DGNB Kernkatalog für Gebäude (Auszug)
278
Abb. 5.21:
DGNB Bewertung nach Erfüllungsgraden
279
Abb. 5.22:
Gliederung der RPW 2013
283
Abb. 5.23:
Planungswettbewerbe – Gebäudeplanung, Innenräume, Freianalagen
285
Abb. 5.24:
Grundfläche als Geschossfläche und/oder Brutto-Grundfläche
292
Abb. 5.25:
Grundflächen und Räume, numerisch/alphabetisch geordnet – Auszug
293
Abb. 5.26:
Gliederung des Krankenhauses – Auszug
294
Abb. 5.27:
Quantitative Anforderungen für ein Bankgebäude – Beispiel
295
Abb. 5.28:
Richtwerte für Raumgrößen von Behördenkantinen (m² HNF)
296
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 5.29:
Verhältnisse von Grundflächen – Beispiel BGF/NF
298
Abb. 5.30:
Grundflächen, Rauminhalte, Verhältniswerte eines Klinikums
299
Abb. 5.31:
Funktionsprogramm für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel
300
Abb. 5.32:
Hauptnutzflächen (HNF) für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel
300
Abb. 5.33:
Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte – Tiefgarage
301
Abb. 6.1:
Wer, wann, wie, wofür – Kennwerte, Einheitspreise, Einzelkosten
304
Abb. 6.2:
Begriffe der Kostenplanung nach DIN 276 von 1954 bis heute
305
Abb. 6.3:
Kostengliederung – Baukonstruktionen im Hochbau und Ingenieurbau
308
Abb. 6.4:
Ausführungsorientierte Kostengliederung KG 380 nach DIN 276
308
Abb. 6.5:
Grundleistungen der Kostenplanung nach HOAI 2013
310
Abb. 6.6:
Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (1)
312
Abb. 6.7:
Gesamtkosten und wesentliche Bestandteile in zwei Varianten
314
Abb. 6.8:
Allgemeine Ausstattung, Ergänzungen zur DIN 276
317
Abb. 6.9:
Kostenplanung der am Projekt Beteiligten – Beispiel
319
Abb. 6.10:
Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (2)
321
Abb. 6.11:
Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (3)
325
Abb. 6.12:
Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (4)
328
Abb. 6.13:
Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (5)
329
Abb. 6.14:
Brutto-Rauminhalt und Brutto-Grundfläche nach DIN 277
335
Abb. 6.15:
Verfahren der Kostenplanung – Beispiele und Anwendungen
336
Abb. 6.16:
Bauelemente nach DIN 276, zweite Ebene der Kostengliederung
337
Abb. 6.17:
Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude (1)
339
Abb. 6.18:
Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude (2)
340
Abb. 6.19:
Anwendung der KFA in der Grundlagenermittlung – Beispiel
342
Abb. 6.20:
Kostenermittlung über Ausführungsarten – Beispiel
344
Abb. 6.21:
Mengen- und Wertanteile in der ABC-Analyse
345
Abb. 6.22:
ABC-Analyse – Beispiel Decken- und Bodenbeläge
347
Abb. 6.23:
Benchmarks der Hotelinvestitionen
348
Abb. 6.24:
Baunebenkosten als Prozentwerte der KG 300–600
350
Abb. 6.25:
Gekürzte Honorartafel Objektplanung Gebäude und Innenräume
353
Abb. 6.26:
Honoraranteile Architekt und an der Planung fachlich Beteiligte
354
Abb. 6.27:
Ermittlung der Finanzierungskosten (KG 760) – Beispiel
358
Abb. 6.28:
Baunebenkosten in Prozent der Bauwerkskosten und Gesamtkosten
359
Abb. 6.29:
Baunebenkosten in Bezug auf Bauwerkskosten
360
Abb. 6.30:
Struktur des Kostenberichts – Muster
361
Abb. 6.31:
Zwölf Punkte zur vollständigen und transparenten Kostenermittlung
364
Abb. 6.32:
Erweiterung der Nutzungskostengliederung – Beispiel
372
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abb. 6.33:
Kosten- und Nutzungskostenermittlungen
374
Abb. 6.34:
Formen der Subventionsfinanzierung im Überblick
381
Abb. 6.35:
Mittelbeschaffung und Mittelverwendung bei Bauvorhaben
382
Abb. 6.36:
Leverage-Effekt – Beispiel
383
Abb. 6.37:
Finanzierungskosten, dritte Ebene der Gliederung (DIN 276-1:2008-12)
384
Abb. 6.38:
Aufbau eines Finanzierungsplans
385
Abb. 6.39:
Verlauf von Leistungen und Zahlungen bei Bauprojekten
387
Abb. 7.1:
Baufristenplan des Bauwelt-Verlags der 1950er-Jahre (Ausschnitt)
391
Abb. 7.2:
Terminplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (1)
395
Abb. 7.3:
Terminrahmen mit zwölf Meilensteinen – Beispiel
399
Abb. 7.4:
Vorgänge und Alternativen der Projektdurchführung
400
Abb. 7.5:
Bekanntmachung eines Architekturwettbewerbs – Beispiel
401
Abb. 7.6:
Terminrahmen für ein Bauprojekt, dargestellt als Terminliste
403
Abb. 7.7:
Generalablaufplan als Balkendiagramm – Beispiel Flughafen Zürich
406
Abb. 7.8:
Terminplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (2)
407
Abb. 7.9:
Steuerungsterminplan Planung als Terminliste (Auszug)
409
Abb. 7.10:
Detailablaufplan Ausführungsplanung als Terminliste
411
Abb. 7.11:
Detailablaufplan Ausführungsplanung als Ablauforganigramm
412
Abb. 7.12:
Detaillierte Vergabeterminplanung – Objekt und Vergabeeinheit
414
Abb. 7.13:
Vergabe an Fachunternehmen und Projektdauer
416
Abb. 7.14:
Vergabe an einen Generalunternehmer und Projektdauer
416
Abb. 7.15:
Überschlägige Ermittlung der Bauzeit für ein Hotel – Beispiel
417
Abb. 7.16:
Abhängigkeit von Vorgängen im Bauablauf – Beispiel
419
Abb. 7.17:
Gewährleistungsverzeichnis (Gewährleistungskalender) – Beispiel
421
Abb. 7.18:
Terminliste mit Soll- und (späteren) Ist-Werten – Beispiel
424
Abb. 7.19:
Terminkontrollbericht – Beispiel Objekt- und Fachplanungen
428
Abb. 7.20:
Entscheidungsliste – Beispiel
430
Abb. 7.21:
Größe (BGF) und Bauzeit von Bürogebäuden
431
Abb. 7.22:
Zusammenhang von Größe (BGF) und Bauzeit bei Bürogebäuden
431
Abb. 7.23:
Größe (BGF) und Bauzeit von Betriebs- und Werkstätten
432
Abb. 7.24:
Größe (BGF) und Bauzeit von Betriebs- und Werkstätten
432
Abb. 7.25:
Einflüsse auf die Bauzeit und deren Bewertung (1)
434
Abb. 7.26:
Einflüsse auf die Bauzeit und deren Bewertung (2)
435
Abb. 7.27:
Verhältnis des zulässigen Zeitaufwands zum Honorar
439
Abb. 7.28:
Ermittlung des zulässigen Zeitaufwands bei erwartetem Honorar
441
Abb. 7.29:
Logistik nach AHO (Auszug aus Handlungsbereich D)
445
Abb. 7.30:
Baustellenordnung – Beispiel
447
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 7.31:
Maßnahmen der Baulogistik – Beispiel Potsdamer Platz, Berlin
450
Abb. 8.1:
Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (1)
451
Abb. 8.2:
Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (2)
452
Abb. 8.3:
Varianten der Planungsorganisation und ihre Festlegung
455
Abb. 8.4:
Leistungsbilder der an der Planung Beteiligten
456
Abb. 8.5:
Vergabeeinheiten für Bau- und Lieferverträge – Beispiel
458
Abb. 8.6:
Versicherungen vor und während der Bauzeit (1)
460
Abb. 8.7:
Versicherungen vor und während der Bauzeit (2)
461
Abb. 9.1:
Faktoren der Projektentwicklung – Standort, Kapital und Projektidee
466
Abb. 9.2:
An Projektentwicklung und Objekt Beteiligte
471
Abb. 9.3:
Leistungsbild der Projektentwicklung in 14 Aufgabenfeldern
473
Abb. 9.4:
Checkliste zur Standort- und Grundstückserfassung
475
Abb. 10.1:
Planung aus Sicht des Objektplaners für Gebäude (Architekt)
492
Abb. 10.2:
Planung aus Sicht des Tragwerksplaners
496
Abb. 10.3:
Planung aus Sicht der fachlich Beteiligten (TA)
498
Abb. 10.4:
Bauherr und Einzelleistungsträger der Planung
500
Abb. 10.5:
Rechnungen und Zahlungen aus Sicht des Generalplaners
510
Abb. 10.6:
Matrix der Leistungen von Bauherr, Generalplaner und Dritten
514
Abb. 11.1:
Bauaufträge als Projekte bei den ausführenden Firmen
518
Abb. 11.2:
Verschiedene Aufgaben des Controllings in Bauunternehmen
519
Abb. 11.3:
Alternativen bei Planung, Leistungsbeschreibung, Vergabe, Bauvertrag
522
Abb. 11.4:
Unternehmenseinsatzformen und ihre Funktionen
526
Abb. 11.5:
Stellung des Generalunternehmers in der Projektorganisation
527
Abb. 11.6:
Stellung des Totalunternehmers in der Projektorganisation
529
Abb. 12.1:
Zusammenhang der Terminplanung von Projekt und Inbetriebnahme
532
Abb. 12.2:
Übergabeprogramm vor Fertigstellung des Hotels
536
Abb. 12.3:
Betriebsverlagerung und Umzug Flughafen München
541
Abb. 12.4:
Mengenermittlung des Umzugsguts – Beispiel Büroeinrichtung
544
Hinweis:
Bei allen Abbildungen ohne Quellennachweis handelt es sich um eigene Darstellungen des Autors.
Einleitung Viele Jahrhunderte wurden große Bauvorhaben, z. B. Festungsbauten, Kathedralen oder Schlösser, von Bauherren und mit der Unterstützung durch einen Baumeister geplant und durch eine überschaubare Zahl von Handwerksbetrieben ausgeführt. Die Zusammenarbeit der wenigen Beteiligten war eng, die Kommunikation einfach. Die Bauzeit betrug meist Jahrzehnte, teilweise auch länger.
Abb. 0.1: Bauherr und Baumeister einst. (Zeichnung: Lang, E. M. in: Bauinnung München (Hrsg.): Baufluchten – Karikaturen vom Bau. 1982, S. 72)
Nicht nur die Bauaufgabe, auch die Organisation der Zusammenarbeit einer größeren Zahl von Projektbeteiligten hat sich im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Fabrikanlagen, Bürokomplexe, Krankenhäuser und Flughäfen müssen in möglichst kurzer Zeit erstellt werden. Alle am Projekt Beteiligten bringen ihre unterschiedlichen Interessen ein. An die Stelle des Bauherrn ist die Bauherrenorganisation getreten, welche die Ziele der Investoren zu vertreten hat. Planen und Bauen zeichnet sich inzwischen durch die Zusammenarbeit von vielen Spezialisten aus. So fallen mehr Koordinations- und Führungsaufgaben als früher an.
2
Einleitung
Heute müssen bei möglichst kurzer Bauzeit und begrenzten finanziellen Mitteln unter Einsatz zahlreicher Projektbeteiligter komplexe Aufgaben unter Vorgabe hoher Qualität gemeistert werden. Erfahrungen in der Planung und Ausführung von Bauprojekten allein reichen nicht mehr aus. Vielmehr sind Kenntnisse im Projektmanagement und bestimmte persönliche Eigenschaften notwendig, um die Führungs- und Koordinationsaufgaben übernehmen zu können, die für das Gelingen eines Projekts unverzichtbar sind.
Abb. 0.2: Bauherrenorganisation und Planer heute. (Zeichnung: Lang, E. M. in Bauinnung München (Hrsg.): Baufluchten – Karikaturen vom Bau. 1982, S. 73)
Eine erste Fassung des Leistungsbilds „Projektsteuerung“ fand im Jahr 1977 mit dem gleichnamigen § 31 Eingang in die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI). Allerdings genügte es auf Dauer den Anforderungen der Praxis nicht. Auch fehlte mangels ausreichender Erfahrungen eine Regelung der Vergütung. Im Jahr 1984 folgten vom Berliner Arbeitskreis Pfarr/Hasselmann/Will empirische Untersuchungen zur Präzisierung des Leistungsbilds. Ebenfalls in diesem Jahr veröffentlichte der Münchener Arbeitskreis der Projektsteuerer unter Leitung von C. J. Diederichs ein differenziertes Leistungsbild, das die Unterscheidung der zunächst vier Handlungsbereiche A bis D beinhaltete, mit denen bis heute gearbeitet wird. Anfang der 1980er-Jahre etablierte sich die Projektsteuerung in der Bauwirtschaft als Berufsbild. Es bildeten sich Fachverbände wie die Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und 1984 für das Bauwesen der Deutsche Verband der Projektsteuerer (DVP). Ziel war die Entwicklung einer eigenen Leistungs- und Honorarordnung.
Einleitung
3
1993 wurde die Fachkommission Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) gegründet. Sie veröffentlichte 1996 als Heft 9 der Schriftenreihe AHO die „Untersuchungen zum Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung der Projektsteuerung“. Damit war eine Grundlage geschaffen, um Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft für die Beauftragung entsprechender Leistungen differenziert zu beschreiben und für den Einzelfall zu vereinbaren. Besonderer Wert wurde auch hier schon auf die Abgrenzung von Leistungen des Projektmanagements einerseits und den Architekten- und Ingenieurleistungen andererseits gelegt. Es folgten weitere Auflagen von AHO Heft 9 mit zahlreichen Verbesserungen und Erweiterungen, so auch die Ergänzung um den „Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen“, welcher mit der dritten Auflage im Jahr 2009 aus dem weiterhin bestehenden „Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation“, herausgelöst worden war. Das neu vorliegende Heft 9 der Schriftenreihe der AHO-Fachkommission Projektsteuerung/ Projektmanagement zu Leistungsbild und Honorierung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, vierte, vollständig überarbeitete Auflage, Stand Mai 2014 ist eine unverzichtbare Grundlage für die Gestaltung von Verträgen entsprechender Leistungen in der Praxis. Folgerichtig wurden ihre Strukturen und zahlreiche Begriffe in die Kapitel zu Projektleitung und Projektsteuerung (Kapitel 3) sowie zu den Handlungsbereichen A bis E (Kapitel 4 bis 8) integriert. Zur besseren Lesbarkeit sind vom Verfasser die einzelnen Teilleistungen der Leistungsbilder aus HOAI und AHO Heft 9 an gegebener Stelle kursiv dargestellt. Als Übersicht und für den eiligen Leser folgen im Anschluss jeweils einseitige Kurzfassungen aller zwölf Kapitel des Buches.
4
Einleitung
Grundlagen des Projektmanagements (Kapitel 1) Ein für die individuelle Nutzung vollständig geeignetes Bauwerk (Objekt) kann man nicht wie viele andere Wirtschaftsgüter „einfach“ erwerben. Vielmehr sind eine sorgfältige Projektvorbereitung und für die Realisierung des Bauvorhabens (Projekt) eine umfangreiche Planung in Verbindung mit einer fachgerechten Ausführung unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute erforderlich. Kenntnisse und Fähigkeiten im Projektmanagement sind bei allen damit verbundenen Aufgaben eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg. Das Projektmanagement umfasst die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten.“ Ein Projekt ist ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. Beispiel: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation.“ (DIN 69901-5:2009-01) Management umfasst funktional die Gesamtheit dispositiver Aufgaben, deren Inhalte die Planung, Anordnung und Kontrolle sind. Die Ziele dieser Aufgaben können als Leistungsund Qualitätswerte, Termine und Kosten vorgegeben werden. Im Bauwesen hat das Projektmanagement eine große Bedeutung und lange Tradition, da jedes Vorhaben als Projekt im Sinne der genannten Definition verstanden werden kann. Aufgaben des Projektmanagements finden sich sowohl aufseiten des Bauherrn als auch bei den Planern und ausführenden Firmen. Zu nennen sind z. B. die Funktionen Projektleitung, Projektcontrolling, Projektsteuerung, Projektmanagement in der Planung, Projektwirtschaft in der Bauausführung und schließlich die Organisation der Inbetriebnahme. Diese unterschiedlichen Aufgaben werden ausführlich behandelt. In allen Fällen ist darauf zu achten, dass Projekte einerseits in Organisationen eingebunden sein müssen, andererseits auf eigene Ziele ausgerichtet sind. Hierfür sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und Freiräume zu gestatten. Als Handlungsbereiche des Projektmanagements (Projektleitung, Projektsteuerung, Projektcontrolling) werden unterschieden und ausführlich in eigenen Kapiteln behandelt: – Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) – Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) – Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) – Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) – Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (Kapitel 8) Eine besondere Bedeutung kommt den Personen zu, die vorrangig oder ausschließlich als Projektmanager im Einsatz sind. Sie brauchen hierfür besondere Fähigkeiten, die weniger in fachlicher Qualifikation begründet sind als vielmehr in der Fähigkeit, konsequent die Projektziele zu verfolgen und andere Projekt- und Planungsbeteiligte zu koordinieren und zu führen. Voraussetzung dafür sind interdisziplinäre Kenntnisse, betriebswirtschaftliches Verständnis, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.
Einleitung
5
Bauherrenaufgaben und -organisation (Kapitel 2) Projektmanagement ist aufseiten des Bauherrn unverzichtbar. Zumindest die Projektleitung muss im Grundsatz von ihm selbst wahrgenommen werden. Als Teil der Projektleitung oder als eigene Funktion ist bei größeren Bauvorhaben häufig auch ein Projektcontrolling erforderlich. Zunächst aber stellt sich die Frage: Wer ist eigentlich der Bauherr? Bauherr ist derjenige, der selbst oder durch Dritte ein Bauvorhaben für eigene oder fremde Rechnung erstellt. Bauherren können auch Personenmehrheiten in unterschiedlicher Rechts- oder Gesellschaftsform, also Bauherrenorganisationen sein. Bauherren haben eine Vielzahl von Aufgaben und Pflichten sowie eine hohe Verantwortung. Diese ergeben sich aus ihrer Funktion als Auftraggeber und aus rechtlichen Rahmenbedingungen. Vor allem hat der Bauherr Projektziele festzulegen, Organisation und Rahmentermine vorzugeben, Verträge zur Verwirklichung der Projektziele zu schließen, Projektbeteiligte zu koordinieren, Ergebnisse zu prüfen, Zielkonflikte zu lösen und die Vergütung seiner Auftragnehmer sicherzustellen. Dabei müssen Bauherren nach Art und Form ihrer Funktion im Projekt unterschieden werden, also etwa, ob sie als selbstausübende Bauherren ein Höchstmaß an Aufgaben, einschließlich Planung und Ausführung, selbst übernehmen, oder ob sie nur noch Mittel für ein Projekt zur Verfügung stellen, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, ohne die Bauherrenaufgaben aktiv ausüben zu wollen. Unterschiede und Veränderungen der Bauherrenrolle sind sowohl bei privaten, erwerbswirtschaftlichen als auch bei öffentlich-rechtlichen Bauherren festzustellen. Unabhängig von der Stellung des Bauherrn und der Rechtsform der Bauherrenorganisation sind Bauherren nach der aktiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Pflichten in selbstausübende Bauherren, fungierende Bauherren und Bauherren als Investoren zu unterscheiden und vom Erwerber eines Objekts zu abzugrenzen. Darüber hinaus lassen sich Bauherren nach Rechts- und Organisationsformen unterscheiden. So gibt es private Bauherren, erwerbswirtschaftliche Bauherren und öffentliche Bauherren. In vielen Fällen ist eine zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn in Form einer Projektsteuerung notwendig oder sinnvoll. Die hier angesprochenen Funktionen lassen den großen Umfang von Bauherrenaufgaben erkennen. Schwierig sind auf der Bauherrenseite, besonders bei größeren Bauherrenorganisationen, die einheitliche Meinungsbildung und das Treffen von Entscheidungen. Oft ist es hilfreich, wenn die Entscheidungen des Bauherrn fachlich und terminlich von einem Projektmanager vorbereitet und in Planungsbesprechungen moderiert werden. Zunehmend versuchen Bauherren, Risiken an Auftragnehmer, also Planer und ausführende Firmen, zu übertragen und sich der Koordinationsaufgaben zu entledigen. Bauherren bedürfen also bei der Vorbereitung und Durchführung von Projekten in größerem Umfang als bisher einer kompetenten Unterstützung. Hieraus ergeben sich Chancen für entsprechend erfahrene Architekten und Ingenieure, soweit sie verstärkt im Projektmanagement tätig werden wollen.
6
Einleitung
Projektleitung und Projektsteuerung (Kapitel 3) Die Projektleitung und die Projektsteuerung sind Gegenstand der Bauherrenaufgaben. In Einzelfällen wird auf der Bauherrenseite auch ein Projektcontrolling eingerichtet. In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, welche Aufgaben der Bauherr selbst wahrnehmen muss – diese werden der Projektleitung zugerechnet – und welche von externen Fachleuten im Rahmen eines Projektcontrollings übernommen oder an eine Projektsteuerung delegiert werden können. Der Projektleiter hat die direkte Verantwortung für das Erreichen der Projektziele. In diesem Sinne hat er das Projekt zu organisieren, Aufgaben zu verteilen und die Vielzahl der Projektund Planungsbeteiligten zu koordinieren. Der Projektleiter übt innerhalb der Bauherrenorganisation eine durchaus schwierige Funktion aus. Während er einerseits zahlreichen und oft widersprüchlichen Anforderungen durch die Bauherren- und Nutzerseite ausgesetzt ist, hat er andererseits gegenüber den Planern und ausführenden Firmen die Rolle des Bauherrn verantwortlich wahrzunehmen. Um dies zu ermöglichen, sind ihm notwendige Kompetenzen und Vollmachten zu erteilen. Ferner benötigt er die notwendige Unterstützung nicht nur auf der Bauherrenseite, sondern im Bedarfsfall zusätzlich durch externe Fachleute, z. B. einen Projektsteuerer oder ein entsprechendes Team. Die Leistungen, die ein Projektsteuerer im Auftrag eines Bauherrn und damit zur zeitlichen und fachlichen Entlastung seines Auftraggebers übernehmen kann, richten sich nach dessen Erfordernissen. Zur Stellung und zum Leistungsbild des Projektcontrollings gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen. Üblicherweise sind darunter Bauherrenaufgaben zu verstehen, die v. a. auf die Kosten und Finanzierung des Projekts gerichtet sind. Sie sollen von den Leistungen des Architekten und der Ingenieure abgegrenzt werden. Daneben gibt es den Baucontroller, dessen Leistungsbild sich stark an dem des im englischsprachigen Raum tätigen Quantity-Surveyor orientiert. Verbindliche oder für unterschiedliche Projekte in gleicher Weise geeignete Leistungsbilder gibt es für das Projektmanagement nicht. Die Form des Vertrags sowie Grundlage und Höhe der Vergütung sind zwischen den Parteien von Fall zu Fall zu vereinbaren. Für die Leistungen des Projektmanagements herrscht sowohl Leistungs- als auch Preiswettbewerb. Leistungen im Projektmanagement unterliegen sowohl einem Leistungswettbewerb als auch einem Preiswettbewerb, da Leistungsbild und Leistungsumfang individuell geregelt werden können und keine verbindliche Honorarordnung als Preisverordnung besteht. Im Unterschied dazu bestehen ein Leistungswettbewerb für Architekten- und Ingenieurleistungen bei Beachtung der Honorarordnung sowie ein Preiswettbewerb für Bauleistungen auf der Grundlage einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Es werden die unterschiedlichen Möglichkeiten der Honorarermittlung für die Leistungen der Projektsteuerung, für die in Einzelfällen an einen externen Projektleiter übertragenen Aufgaben und für das Projektmanagement im Umfang der Generalplanung behandelt. Hierzu gehört auch die Frage, ob die Vergütung auf Grundlage von anrechenbaren Kosten oder nach Aufwand kalkuliert werden soll, und was im Falle einer Pauschalierung des Honorars zu beachten ist.
Einleitung
7
Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) Unter Projektorganisation versteht man die Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projekts. Die Projektorganisation besteht i. d. R. aus Elementen der vorhandenen Betriebsorganisation und ergänzenden projektspezifischen Regelungen. Im Rahmen der Projektvorbereitung sind entsprechend Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation – alle diesbezüglichen Regelungen zu treffen. Sie sind eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines Projekts. Dazu gehören sämtliche Organisationsvorgaben sowie Festlegungen für die Information der am Projekt Beteiligten. Diese beziehen sich auf die Kommunikation, teilweise unter Einsatz moderner Systeme, und die notwendige Dokumentation für die Übergabe des Objekts an den Nutzer. Die hierbei zu treffenden Regelungen und Standards werden Teil der Leistungsbilder der Auftragnehmer des Bauherrn. Die Zielsetzungen für das Projekt und die Organisation der Zusammenarbeit sind vor dem Projektstart zu klären und darzustellen, z. B. in Form von Aufbau- und Ablaufdiagrammen. Die Ziele und die Organisation sind im Zuge der Projektarbeit regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls fortzuschreiben. Für die Auswahl von Projektbeteiligten, für das Führen von Verhandlungen, für die Beauftragung und für die Überwachung von Vertragspflichten sind Regeln zu entwickeln. Die laufende Information, Koordination und Abstimmung der Projektbeteiligten ist für alle Projektstufen sicherzustellen. Notwendig ist hierzu eine regelmäßige mündliche und schriftliche Berichterstattung in Verbindung mit einer koordinierten Datenverarbeitung, denn die Projektarbeit ist gekennzeichnet durch eine für den einzelnen Projektbeteiligten unüberschaubare Fülle von Informationen aus den zahlreichen benötigten Fachgebieten. Vor allem der Bauherr benötigt seinen Voraussetzungen und Anforderungen entsprechend aufbereitete Informationen zum aktuellen Projektstand sowie zur weiteren Entwicklung. Notwendig sind regelmäßige Projektberichte, die knapp, anschaulich und einheitlich aufgebaut sein sollen und zeitnah zugehen müssen. Projektberichte sollen Informationen enthalten über z. B. Planungsstand, Genehmigungsverfahren, Baufortschritt, Auftrags-, Abrechnungsund Zahlungsstand sowie die Vorbereitung der Inbetriebnahme. Es ist festzulegen, welche Informationen zum Projekt welchen Beteiligten zur Verfügung stehen sollen. Der Bauherr bzw. sein Projektleiter muss uneingeschränkte Kenntnis haben. Dagegen sind viele Informationen für den Auftragnehmer zwar nützlich, dürfen aber nicht ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden, z. B. Vertragsinhalte, Kostendaten, Protokolle zu internen Gesprächen. Die Datenverarbeitung ist so zu strukturieren, dass erforderliche Informationen frühzeitig erfasst und fortlaufend aktualisiert werden können. Zur Koordination der Projektarbeit ist, gerade bei größeren Organisationen, zu klären, wie Entscheidungen vorbereitet, getroffen und dokumentiert werden sollen. Die Projektdokumentation entsteht auf der Grundlage der Projektstruktur und des damit festgelegten Ordnungs- und Kennzeichnungssystems. Es sind fortlaufend zumindest folgende Ergebnisunterlagen zu dokumentieren: Planunterlagen, Baubeschreibungen, Terminpläne, Kostenermittlungen, Leistungsbeschreibungen, Vertrags- und Abrechnungsunterlagen, Besprechungsprotokolle und Berichte.
8
Einleitung
Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) Die Vorgabe der Quantitäten, angegeben in Leistungsdaten der geplanten Nutzung, z. B. Anzahl Arbeitsplätze, und den geforderten Grundflächen oder Rauminhalten des Bauprojekts muss grundsätzlich durch den Bauherrn erfolgen. Kann dieser nur die Leistungsdaten angeben, sind diese durch einen entsprechenden Fachmann, z. B. Architekt, Betriebsplaner, Projektsteuerer, in ein Raumprogramm umzusetzen. Auf die Definition von Bezugseinheiten wie Nutzflächen, Wohnflächen, Mietflächen nach den geltenden Regelwerken wie Normen, Verordnungen oder Richtlinien ist in besonderer Weise zu achten. Entsprechendes gilt für die Qualitäten eines Projekts, soweit diese nicht bereits durch Normen und Vorschriften vorgegeben sind. Letzte gelten als Qualitätserfordernisse und sind von den darüber hinausgehenden Qualitätswünschen, die von den Nutzern gefordert und in deren Interesse in die Planung einfließen müssen, zu unterscheiden. Grundlage der Planung ist ein Nutzerbedarfsprogramm sowie ein Raum- und Funktionsprogramm einschließlich Raum-, Flächen- und Standardanforderungen. Diese sind vor Beginn der Planung abzustimmen und fortlaufend zu prüfen. Ergänzend werden Leit- und Musterbeschreibungen ausgearbeitet. Qualitätsstandards können z. B. in einem Pflichtenheft oder Raumbuch festgelegt werden. Der Begriff „Qualität“ leitet sich aus dem lateinischen Wort „qualitas“ ab, das als „Beschaffenheit“ oder „Zustand“ übersetzt werden kann. Obgleich das Wort „Qualität“ keine Bewertung enthält, wird es im Alltag mit etwas Positivem assoziiert. Im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement beschreibt der Begriff „Qualität“ die Gesamtheit der Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung bezüglich ihrer Eigenschaft, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Qualitätsmanagement darf sich nicht nur auf das Produkt, also das Bauwerk beziehen, sondern muss sich als dessen Voraussetzung gerade auch auf den Prozess beziehen, also die Planung und Ausführung des Projekts. Ein geeignetes Hilfsmittel für die Erfassung und Sicherung der Qualitäten eines Bauwerks ist das Raumbuch. Dieses ist ein räumliches Gebäudeinformationssystem, in welchem die für das Gebäude relevanten Informationen strukturiert abgelegt und verwaltet werden können. Es erfüllt zentrale Dokumentations- und Informationsaufgaben und ist deshalb für die Koordination und Kommunikation der Beteiligten bei der Vorbereitung der Planung und anschließend in der Planung und der Ausführung sowie der Nutzung des Gebäudes das geeignete Hilfsmittel. Das Raumbuch wird idealerweise mit wachsendem Informationsgehalt über alle Phasen des Objekts geführt, und zwar als „Anforderungsraumbuch“ ab der Vorbereitung der Planung bis einschließlich der Vorplanung des Projekts, als „Planungsraumbuch“ ab der Entwurfsplanung bis einschließlich der Vergabe von Bauleistungen und als „Bestandsraumbuch“ ab der Objektüberwachung bis zur Nutzung einschließlich der Beseitigung des Objekts. Abweichungen von der gewünschten Qualität eines Bauwerks sind neben Ausführungsmängeln als Abweichungen von der geforderten Qualität oft auch auf Fehler in der Planung zurückzuführen. Hierzu zählen beispielsweise fehlende Erfüllung von Nutzungsanforderungen, unvollständige Planung, eingeschränkte funktionale Eignung, die Auswahl ungeeigneter Materialien, fehlende oder ungeeignete Details sowie mangelhafte Berücksichtigung von Maßtoleranzen u.v.m.
Einleitung
9
Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) Die Kostenplanung besteht aus Kostenermittlung, Kostenkontrolle und Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele, die sich sowohl auf die Investitionskosten als auch auf die Nutzungskosten beziehen können. Erst damit wird der Anspruch einer wirtschaftlichen Planung wirklich erfüllt. Zur Finanzierung eines Projekts müssen i. d. R. Investitionsmittel beantragt und eine Projektbuchhaltung eingerichtet werden. Gegenstand einer mittelfristigen Finanzplanung ist die Abschätzung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses. Eine besondere Bedeutung kommt bei Bauprojekten dem Kostenrahmen als der ersten Kostenaussage zu. Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung, für Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen sowie für die Festlegung der Kostenvorgabe. Grundlagen des Kostenrahmens sollen quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen sowie qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards, ggf. auch Angaben zum Standort, sein. Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden. Die Kostenplanung des Gebäudes bzw. für den Planungsumfang des Architekten gehört zu den Grundleistungen des Architekten. Wird der Architekt nicht mit dem vollen Leistungsbild beauftragt, kann er auch nicht für den Gesamtumfang der entsprechenden Leistungen die Verantwortung tragen. Darüber hinaus hat der Bauherr oder der Projektsteuerer die Kostenermittlungen der Planer, des Architekten und der fachlich Beteiligten zu ergänzen, damit er die Finanzierbarkeit des Projekts auf der Grundlage der Gesamtkosten überprüfen bzw. optimieren kann. Wird die Kostenplanung statt vom Architekten vom Projektsteuerer aufgestellt, ist die von ihm durchzuführende Prüfung der Kostenermittlung gegenstandslos, die Kontrollfunktion der Projektsteuerung entfällt. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht auf jeden Fall den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie der Architekt selbst. Die Mittelbeschaffung in Form von Eigen- und Fremdkapital ist Aufgabe des Bauherrn. Er benötigt zur Liquiditätsplanung Informationen auf Grundlage der Kosten- und Terminplanung über den Planungs- und Baufortschritt, Eingang, Bearbeitung und Zahlungsziele der Rechnungen in Form des aktuellen Standes sowie der Vorschau in Monats-, Quartals- und Jahresintervallen bis zum Abschluss des Projekts. Hierbei sind der Ablauf der Verjährungsfristen und die Freigabe von Sicherheitseinbehalten zu beachten. Gegenstand der Finanzplanung sind Prognosen zum Kapitalbedarf mit dem Ziel der Kreditbeschaffung zu möglichst niedrigen Kosten bei ausreichender Liquidität. Es sind, über die Kosten des Baugrundstücks hinaus, alle Planungsleistungen sowie die Kosten der Zwischenfinanzierung, alle Bauleistungen sowie sonstige Beschaffungen zu berücksichtigen. Der Zahlungsstand zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme beträgt meist zwischen 75 und 85 Prozent der Kosten. Die Gründe dafür liegen in den Terminen der Rechnungsstellung durch die ausführenden Firmen, der Dauer der Rechnungsprüfung durch die Planer, den Terminen der Zahlungen sowie dem Sicherheitseinbehalt durch den Bauherrn. Letztere sind u. a. von der Dauer der vertraglich vereinbarten Verjährungsfristen für Mängelansprüche bei Bauwerken, entweder vier Jahre nach VOB oder fünf Jahre nach BGB, abhängig.
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Einleitung
Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) Die Termin- und Kapazitätsplanung stellt einen weiteren Handlungsbereich der Projektsteuerung bzw. des Projektmanagements dar. Für die Belange des Bauherrn sind ein Generalablaufplan und ein Kapazitätsrahmen abzuleiten. Die Inbetriebnahme des Gebäudes sowie die Verfolgung der Mängelbeseitigung müssen darin eingeschlossen sein. Ausgehend von den Vorgaben des Bauherrn entwickeln Planer und ausführende Firmen Terminplanungen bezogen auf die einzelnen Vertragsleistungen. Bauherr und Objektplaner koordinieren in Bezug auf den gesamten Bauablauf jeweils Teile davon. Die Terminplanung umfasst aus Sicht des Bauherrn die Gesamtdauer des Projekts von der Bedarfsplanung bis zur Inbetriebnahme einschließlich Verfolgung der Mängelbeseitigung. In den meisten Fällen gibt der Bauherr den Termin der Inbetriebnahme vor. Für die Terminplanung gibt es unterschiedliche Techniken und Formen der Darstellung: Terminliste, Balkenplan und Netzplan. Dem Projektfortschritt entsprechend muss auch die Detaillierung der Terminplanung voranschreiten. Ziel der Terminplanung ist die Ermittlung und Einhaltung einer optimalen Ausführungsdauer. Diese sollte natürlich – aus der Sicht des Bauherrn – so kurz wie möglich sein, denn während der Bauzeit fallen Zinsen an, die umso höher sind, je länger die Bauausführung dauert. Die Terminermittlungen sind Grundlage regelmäßiger Terminkontrollen und eventuell notwendiger Steuerungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen sind gemeinsam mit den jeweils Beteiligten vorzunehmen und erfordern oft erheblichen Aufwand an Abstimmung. Die Terminplanung ist mit dem Ziel der kostengünstigen Baudurchführung unter Einhaltung des vorgegebenen Termins zu betreiben. Zur Terminsteuerung gehören alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die bei der Terminkontrolle festgestellten Abweichungen zu beseitigen. Zu den häufigsten Abweichungen gehören Verzögerungen des Bauablaufs, zunächst im Bereich einzelner Fachbereiche oder Gewerke, dann jedoch auch in Bezug auf den gesamten Bauprozess. In solchen Fällen sind Steuerungsmaßnahmen zur Beschleunigung des Ablaufs und zur Einhaltung der geplanten Fertigstellung meist unverzichtbar. Gegenstand des Projektmanagements ist auch eine Kapazitätsoptimierung. Sowohl in den Planungsbüros wie auch in den ausführenden Firmen wird eine gleichmäßige und möglichst hohe Auslastung der vorhandenen Kapazitäten angestrebt. Die Ziele der betrieblichen Optimierung entsprechen nur in den wenigsten Fällen dem vom Bauherrn geforderten Einsatz von Kapazitäten bei seinem Projekt. Die Standort- und Rahmenbedingungen eines Projekts, z. B. Infrastruktur, mögliche Lagerflächen und Transportwege, können einen Einfluss sowohl auf die Bauplanung und Bauausführung als auch auf die Kosten, Termine und Kapazitäten des Projekts haben. Im Rahmen der Projektvorbereitung sind bei der Festlegung der Projektziele die Gesichtspunkte der Logistik zu berücksichtigen. Etwaige Änderungen der Logistik während des Projektfortschritts sind auf Auswirkungen auf das Projekt hin zu untersuchen. Im Hinblick auf die Ausführungsvorbereitung ist es Aufgabe der Projektsteuerung, die Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich logistischer Anforderungen zu überprüfen. Sich daraus ergebende Notwendigkeiten und Ablaufzwänge sind in die Kapazitäts- und Terminplanungen zu übertragen.
Einleitung
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Verträge und Versicherungen (Kapitel 8) Die Zahl der Verträge, die ein Bauherr für die Realisierung eines Bauprojekts abschließen muss, kann aus seiner Perspektive nahezu unüberschaubar sein. So fallen bei Beauftragung von Einzelleistungsträgern zur Realisierung mittlerer Bauprojekte oft mehr als zehn Planungs- und Beratungsverträge sowie zwanzig bis dreißig Bau- und Lieferverträge an. Dabei ist die Summe aller Teilleistungen von der Bedarfsplanung bis zur Baufeinreinigung nahezu immer gleich. Welche Teilleistungen von welchem Leistungsträger und in welcher Kombination von Einzelleistungen den gewünschten Projekterfolg erhoffen lassen, ist dagegen immer wieder von Neuem und völlig zu Recht Gegenstand lebhafter Diskussion. Die im Rahmen des Vertragskonzepts definierten Leistungsbilder der Planung und die Vergabeeinheiten der Bau- und Lieferleistungen sind eine wesentliche Grundlage sowohl für die Termin- und Kapazitätsplanung als auch für die Kosten- und Finanzplanung. Werden sie bereits in der Projektvorbereitung gebildet, sollen die Vergabeeinheiten so bald wie möglich in die Kostenermittlung eingearbeitet werden. Spätestens in der Kostenberechnung setzen sich Vergabeeinheiten aus mindestens einem oder mehreren Bauteilen zusammen. Bauprojekte sind nicht nur Investitionen erheblichen Umfangs, sondern auch mit zahlreichen Risiken verbunden. Vom unternehmerischen Risiko abgesehen, gibt es für die Mehrzahl der Fälle eine geeignete Versicherung. Ein Projektmanager soll die mit dem Projekt verbundenen Risiken einschätzen können und den Bauherrn beim Abschluss der notwendigen Versicherungen unterstützen. Hierbei sind nicht die Versicherungen angesprochen, die der Objektplaner, die fachlich Beteiligten und die ausführenden Firmen in Bezug auf ihr eigenes Risiko beim Planen und Bauen benötigen, z. B. eine Berufshaftpflichtversicherung. Der Projektmanager soll jedoch von diesen den Nachweis des ausreichenden Versicherungsschutzes vor Arbeitsbeginn einfordern. Hinsichtlich der Versicherungen des Bauherrn hat er in erster Linie eine unterstützende und koordinierende Funktion. Die Mehrzahl der versicherungsrechtlichen und haftungstechnischen Fragen tritt während der Baudurchführung und zum Projektabschluss auf. Auf der Grundlage einer umfassenden Dokumentation aller Beratungs-, Planungs-, Bau- und Lieferleistungen soll der Projektmanager in der Lage sein, dem Bauherrn die erforderlichen Zusammenhänge zu erläutern und die notwendigen Unterlagen wie Vertragsunterlagen, Schriftverkehr, Protokolle u. a. zusammenzustellen. In diesem Zusammenhang kann in der Praxis festgestellt werden, dass bei Neubau, Veränderung oder Eigentumsübergang von Gebäuden unterschiedliche Versicherungen abgeschlossen werden. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung, die Rohbaufeuerversicherung sowie die Bauleistungsversicherung können als die wichtigsten Versicherungen bei Bauprojekten gelten. Auf Versicherungen für den Zeitraum nach Inbetriebnahme des Objekts wird nicht eingegangen.
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Einleitung
Projektentwicklung (Kapitel 9) Wie die Projektleitung und die Projektsteuerung ist auch die Projektentwicklung eine Aufgabe aus dem Bereich des Projektmanagements. Sie umfasst im Wesentlichen die Vorbereitung von meist größeren Bauprojekten und kann auch die Vermarktung der dabei entstehenden Immobilien zum Gegenstand haben. Bei den Projekten kann es sich um ein Baugelände, einen Neubau, aber auch um die Änderung einer Nutzung bzw. den Umbau eines vorhandenen Gebäudes handeln. Projektentwicklung kann entweder durch Baubetreuer und Berater, Bauträger bzw. Developer oder durch eigenes Personal eines Unternehmens als Bauherr für den eigenen Bedarf erfolgen. Erforderlich ist sie als eigenständige Aufgabe, wenn es sich um größere und komplexe Projekte handelt, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte ein besonderes Gewicht haben und wenn die Vorbereitung des Projekts terminlich und organisatorisch von der nachfolgenden Objektplanung getrennt werden soll. Die Bandbreite von Aufgaben, die zu einer professionellen Projektentwicklung gehören, und das hohe unternehmerische Risiko, das damit verbunden ist, erfordert eine hohe Kompetenz des verantwortlichen Projektmanagements. Da es bei der Projektentwicklung um wirtschaftliche, rechtliche, soziale und technische Fragestellungen geht, trifft man in der Praxis neben Kaufleuten und Maklern auch ausgebildete Juristen, Architekten, Bauingenieure und Stadtplaner an, die zur Unterstützung des Bauherrn einzelne Aufgaben der Projektentwicklung oder auch umfassende Leistungen erbringen. Die in fremdem Namen tätigen Projektentwickler, die also Projekte für Bauherren vorbereiten oder vollständig durchführen, werden als Baubetreuer im engeren Sinne verstanden. Diejenigen, welche Projekte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung durchführen, werden zu den Baubetreuern im weiteren Sinne gezählt. Sie treten in der Praxis als Bauträger mit dem Schwerpunkt „Wohnungsbau“ oder als Developer auf, die überwiegend im Gewerbebau tätig sind. Durch die Projektentwicklung sind die Faktoren „Standort“, „Projektidee“ und „Kapital“ so miteinander zu verbinden, dass einzelwirtschaftlich wettbewerbsfähige, arbeitsplatzschaffende und -sichernde und gesamtwirtschaftlich sozial- und umweltverträgliche Immobilienobjekte geschaffen und dauerhaft rentabel genutzt werden können. Im Jahr 2004 hat die AHO-Fachkommission ein Leistungsbild der Projektentwicklung im engeren Sinne (i. e. S.) als eine spezifische Funktion des Projektmanagements in der Bauund Immobilienwirtschaft definiert. Somit steht für die Beauftragung entsprechender Aufgaben an unabhängige Dritte eine Grundlage für ein vertragliches Leistungsbild zur Verfügung. Dieses dient als Gliederung für die Beschreibung und Erläuterung von Aufgabenfeldern der Projektentwicklung. Es enthält alle Aufgaben, die zu einer Projektentwicklung (i. e. S.) gehören, soweit sie von einem Auftragnehmer übernommen werden können. Dem Auftraggeber verbleiben das unternehmerische Risiko, Führungsaufgaben, Entscheidungen und der Abschluss aller mit den Aufgaben verbundenen Rechtsgeschäfte. Dazu zählen neben der Beauftragung von Beratern, Planern und ausführenden Firmen v. a. der Grunderwerb und die Veräußerung oder Vermietung der im Zuge der Projektentwicklung (i. e. S.) erstellten Immobilie.
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Projektmanagement in der Planung (Kapitel 10) Der Einsatz von Einzelleistungsträgern sowohl für die Planung als auch für die Ausführung ist bisher die am weitesten verbreitete Form der Organisation von Bauprojekten. Sie ist besonders flexibel, bedingt aber für den Bauherrn einen hohen zeitlichen Einsatz und stellt an ihn zudem hohe fachliche Anforderungen. Nicht alles kann der Bauherr von seinen Planern verlangen, viele Voraussetzungen muss er selbst schaffen, damit diese ihre Verträge tatsächlich erfüllen können. In dieser Hinsicht herrscht bei Bauherren erfahrungsgemäß häufig Unklarheit und infolgedessen Beratungsbedarf. Für die Objektplanung und die Fachplanungen bedarf es grundsätzlich eines eigenen Werkvertrags zwischen dem Bauherrn und dem jeweiligen Planer, soweit dieser als Einzelleistungsträger tätig wird. Es ist Aufgabe des Bauherrn, solche Verträge vorzubereiten und mit seinen Auftragnehmern zu schließen. Eine Alternative zur herkömmlichen Projektorganisation ist die Generalplanung. Bauherren beauftragen bei großen und komplexen Bauaufgaben einen Generalplaner. Unter einem „Generalplanervertrag“ ist im Allgemeinen zu verstehen, dass der Auftragnehmer außer den Architektenleistungen zumindest die üblichen Fachplanungen, insbesondere die Leistungen der Tragwerksplanung und der Technischen Gebäudeausrüstung, mit erbringt. Dabei umfasst die Generalplanung mehr als die Addition der einzelnen Leistungsbilder, die für das Projekt notwendig sind. Die im Rahmen der Generalplanung erforderlichen und damit über die eigentliche Planung hinausgehenden Leistungen werden nachfolgend als „Projektmanagement“ bezeichnet. In den meisten Fällen erbringt der Generalplaner mindestens einen wesentlichen Teil der gesamten Leistung. Diese kann bestehen in – der Objektplanung und dem Projektmanagement; die Fachplanungen werden von Subplanern erbracht; dies ist der häufigste Fall, – den Fachplanungen und dem Projektmanagement; der Objektplaner ist dann Subunternehmer; dies ist z. B. anzutreffen, wenn der Objektplaner wenig Erfahrung mit der Projektdurchführung hat, – dem Projektmanagement als ausschließlicher Aufgabe, dies kann durchaus bei sehr großen und komplexen Bauvorhaben sinnvoll sein. Grundsätzlich ist der Generalplaner nicht verpflichtet, die von ihm geschuldeten Leistungen durch eigenes Personal selbst zu erbringen. Generalplanung kann grundsätzlich als projektbezogene, flexible Form der Organisation, d. h. im vorübergehenden Zusammenschluss mehrerer selbstständiger Büros, oder von einem Büro mit dem notwendigen breiten Leistungsspektrum durchgeführt werden. Die Generalplanung hat sich über viele Jahrzehnte bei der Durchführung von Großprojekten entwickelt. Häufig sind es sehr spezifische Nutzungen, auf die sich Büros spezialisiert haben und die sie weitgehend mit eigenen Architekten und Ingenieuren bearbeiten, z. B. Bauten der pharmazeutischen und der chemischen Industrie oder der Lebensmittelverarbeitung und Produktlagerung. Neben der umfassenden Planung in allen Fachbereichen und dem Projektmanagement ist ein hohes Maß an Sachwissen, z. B. über bestimmte Nutzungsanforderungen oder Betriebsprozesse, sowie gute Organisation und ein hohes Maß an Routine in der Projektdurchführung der entscheidende Wettbewerbsvorteil gegenüber der herkömmlichen Planungsorganisation mit zahlreichen Einzelleistungsträgern.
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Einleitung
Projektmanagement in der Ausführung (Kapitel 11) Das Leistungsspektrum und die Unternehmenseinsatzformen der ausführenden Firmen sowie ihre jeweiligen Funktionen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Dazu gehört in erster Linie die Erweiterung der Fachleistungen um einen Anteil an notwendigem Projektmanagement, verbunden mit der Beauftragung wesentlicher Teile oder einer vollständigen Beauftragung von Bauleistungen an Nachunternehmer, z. B. als Totalübernehmer. Das Projektmanagement aufseiten der ausführenden Firmen wird auch als „Projektwirtschaft“ bezeichnet. Projektwirtschaft, auf das einzelne Fachunternehmen und die von ihm üblicherweise erbrachten Bauleistungen bezogen, beinhaltet zunächst einmal das Verständnis, dass jeder einzelne Bauauftrag als eigenständiges Projekt angesehen wird. Da die Bauherren als Nachfrager von Bauleistungen sowohl den Ort, die Zeit, die Qualität als auch den rechtlichen Vertragsinhalt der Leistungen bestimmen, sind die Möglichkeiten der ausführenden Unternehmen, ihre Arbeit und Auslastung zu optimieren, eingeschränkt. Besondere Anforderungen an die Projektwirtschaft sind dann gestellt, wenn weitere Betriebe zu koordinieren sind. Um den schwierigen Bedingungen bei der Ausführung von Bauleistungen unter den oben beschriebenen Voraussetzungen zu entgehen und um in geringerem Maße von den Auftraggebern und ihren Planern abhängig zu sein, haben sich viele ausführende Firmen in den letzten Jahrzehnten verstärkt als Gesamtleistungsträger aufgestellt und sich auf Dienstleistungen ausgerichtet. Das bedeutet, dass sie über die Bauleistungen hinaus, anstelle von diesen, Aufgaben der Bauherren, Planer und Betreiber in ihre Verantwortung übernommen haben. In der Durchführung von Großprojekten erfahrene Firmen entwickeln gerade auf dem Gebiet der Projektwirtschaft ihre Kernkompetenz, sie bestehen im äußersten Fall aus einer Projektmanagement-Gesellschaft und haben fast nur noch für die Auftragsbeschaffung und das Projektmanagement eigenes Fachpersonal. Für jedes neue Projekt werden dann alle Bauleistungen und erforderlichenfalls auch Planungsleistungen durch Nachunternehmer erbracht. Die Funktion eines Generalübernehmers, welcher keine Bauleistungen selbst ausführt, sondern in vollem Umfang an Nachunternehmer vergibt, besteht ausschließlich im Projektmanagement der Bauaufgabe. Entsprechend handelt es sich bei einem Unternehmen, das abgesehen vom Projektmanagement alle Planungsleistungen und alle Bauleistungen an Nachunternehmer vergibt, um einen Totalübernehmer. Die grundsätzlichen Entscheidungen des Bauherrn bezüglich der Projektziele, die Prüfung und Abnahme der beauftragten Leistungen als Ganzes und die Pflicht der fristgerechten Mittelbereitstellung bleiben bestehen. Das unternehmerische Risiko, das er mit dem Bauvorhaben als Ganzes eingeht, bezogen z. B. auf die Vermietung, bleibt ebenso bestehen. Er setzt mit der Beauftragung eines Auftragnehmers mit großem Leistungsumfang alles „auf eine Karte“. Das alles hat der Bauherr zu bedenken, wenn er sich im Rahmen der Projektvorbereitung für eine bestimmte Unternehmenseinsatzform entscheidet. Die Fähigkeiten der ausführenden Firma im Projektmanagement, auch mit Rücksicht auf die entsprechenden Fähigkeiten des Bauherrn, sind neben dem Vertrauen, das er dem Unternehmen entgegenbringt, ein entscheidendes Kriterium für die Beauftragung.
Einleitung
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Inbetriebnahme (Kapitel 12) Die Inbetriebnahme und Übergabe von Gebäuden und anderen Bauwerken stellt i. d. R. den Abschluss eines Projekts dar. Sie beinhaltet die Organisation des Betriebsgeschehens sowie die Planung und Vorbereitung der zukünftigen Nutzung. Die Inbetriebnahmeplanung verläuft zeitlich parallel zur Planung und Ausführung des Gebäudes. Die Inbetriebnahme kann bei größeren Projekten als eigenständige Aufgabe angesehen werden, wobei entweder die Freistellung eines Bauherrenvertreters ausschließlich zu diesem Zweck angemessen ist oder die Beauftragung eines externen Inbetriebnahme-Fachmanns gerechtfertigt sein kann. Denn oft ist eine Betriebsunterbrechung von nur wenigen Tagen teurer als das Honorar für diesen Fachmann. Das Mitwirken des Personals der nutzenden Organisation sowohl bei der Vorbereitung als auch besonders bei der Durchführung einer Inbetriebnahme ist unverzichtbar. Bei der Erarbeitung interner Abläufe muss berücksichtigt werden, inwieweit die Konzeption oder die Größe des Betriebs im neuen Gebäude von der im alten Gebäude abweicht. Bedingt durch den Bauablauf und die Notwendigkeit einer teilweisen Ver- und Entsorgung des Gebäudes während der Bauarbeiten und damit bereits vor Inbetriebnahme des Gebäudes, muss eine teilweise Inbetriebnahme der benötigten Anlagen mit zeitlichem Vorlauf erfolgen. Dabei ist für jede einzelne Anlage zu klären, ob und für welche Dauer zwischen der baulichen Fertigstellung der technischen Anlage und der Inbetriebnahme des Gebäudes Verträge zu Stillstandswartung, Störbeseitigung und Instandhaltung abzuschließen sind. Zur Vorbereitung eines Umzugs gehört ein Konzept und für die Durchführung mehrere organisatorische Regelungen zu treffen. So ist zunächst durch die Leitung der nutzenden Organisation, z. B. durch die Geschäftsführung eines Unternehmens, ein Umzugsverantwortlicher einzusetzen, der mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet ist und für die notwendigen Maßnahmen verantwortlich tätig wird. Der Probebetrieb dient dem Erkennen der Eignung oder Funktionsfähigkeit bzw. der Mängel insbesondere der Technischen Anlagen sowie der Erprobung und Überprüfung betrieblicher Abläufe und Betriebsprozesse. Bei Hotels z. B. beginnt der Probebetrieb bereits mehrere Wochen vor der Eröffnung, v. a. im Gastronomiebereich. Die funktionale Inbetriebnahme der Ausbaugewerke, der Technischen Anlagen sowie der Ausstattungen ist Teil der Abnahme. Sie ist damit Voraussetzung für die Übergabe an die Nutzer und elementar für die anschließende operative Inbetriebnahme. Der Zusammenhang zwischen Projektmanagement und Objektmanagement ist bereits bei der Projektvorbereitung zu bedenken. Im Hochbau wird das Objektmanagement üblicherweise als „Gebäudemanagement“ bezeichnet. Darunter ist die Gesamtheit aller Leistungen zum Betreiben und Bewirtschaften von Gebäuden einschließlich der baulichen und Technischen Anlagen auf der Grundlage ganzheitlicher Strategien zu verstehen. Gebäudemanagement muss bereits im Zuge des Projektmanagements, v. a. in der Projektvorbereitung, nicht nur berücksichtigt, sondern bereits in den Grundzügen konzipiert werden.
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Grundlagen des Projektmanagements
Ein Bauwerk (Objekt), das für eine individuelle Nutzung geeignet ist, kann man nicht wie viele andere Wirtschaftsgüter einfach erwerben. Vielmehr ist eine sorgfältige Projektvorbereitung und für die Realisierung des Bauvorhabens (Projekt) eine umfangreiche Planung in Verbindung mit einer fachgerechten Ausführung unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute erforderlich. Aufseiten des Bauherrn (Auftraggeber) ist ein hohes Maß an Initiative, Mitwirkung und Verantwortung unabdingbar. Er benötigt zudem Planer und ausführende Firmen (Auftragnehmer), die in seinem Auftrag ihre Erfahrungen und ihr Leistungsvermögen in die Projektarbeit einbringen. Theoretische und praktische Kenntnisse sowie Fertigkeiten im Projektmanagement sind bei allen damit verbundenen Aufgaben eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg. Projektmanagement für Bauherren und Planer umfasst dabei – das Prozesswissen über die Vorbereitung, Planung und Ausführung, – das Sachwissen über die Nutzung und – das Fachwissen über die Planung und Ausführung von Bauobjekten auf der Grundlage von Theorie und Praxis (siehe Abb. 1.1). Prozesswissen
Fachwissen Abb. 1.1:
Sachwissen
Theorie und Praxis
Notwendige Wissensgebiete für das Projektmanagement.
Erste Vorstellungen über das Prozesswissen und das notwendige Fachwissen können am ehesten durch praktische Tätigkeit in einem Planungsbetrieb oder in einer ausführenden Firma erworben werden. Für eine vollständige Durchdringung auf theoretischer Grundlage dienen die Regelwerke der Bau- und Immobilienwirtschaft und die Projektmanagementnormen sowie die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Als Sachwissen werden die Kenntnisse
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1 Grundlagen des Projektmanagements
über die Anforderungen an die Nutzbarkeit von Gebäuden bezeichnet. Dieses wird auch durch langjährige praktische oder wissenschaftliche Tätigkeit unvollständig bleiben. Auf diesem Gebiet ist eine weitere Spezialisierung im Projektmanagement möglich. Projektmanager
Projektidee Abb. 1.2:
Prozess
Objekt
Projektidee, Projektmanager, Prozess und Objekt.
Der Begriff „Projekt“ leitet sich aus dem lateinischen Wort „proiectum“ ab, was „das voraus Geworfene“ bedeutet (http://www.pm-handbuch.com/begriffe/). Ein Projekt wird im Wesentlichen dadurch bestimmt, dass es einen Prozess beinhaltet. Ausgehend von einer Projektidee wird ein Prozess gestartet, um diese umzusetzen. Das Ziel ist ein Objekt. Verantwortlich für die Durchführung ist ein Projektmanager (siehe Abb. 1.2). Diese zunächst sehr vereinfachte Beschreibung wird im Folgenden um die wesentlichen Begriffe des Projektmanagements erweitert und auf Bauprojekte angewendet. Es werden weiterhin Projekt und Objekt unterschieden. Im Bauwesen fällt dem Bauherrn die Funktion des „obersten Projektmanagers“ zu. Seine Aufgabe ist es, das Projekt zu initiieren, das Objekt als Ziel des Projekts zu definieren, die Leitung des Projekts zu übernehmen und hierfür die Mittel bereitzustellen sowie geeignete Fachleute mit allen erforderlichen Aufgaben zu betrauen. Die Leitung des Projekts setzt Führung und Organisation voraus. Aufgabe von Architekten und Ingenieuren ist es, auf der Grundlage der Definition des Projektziels das Objekt als das zu erreichende Ziel zu planen. Hierfür steht im Bauwesen der Begriff der „Objektplanung“, der als eine wesentliche Aufgabe die Koordination und die Integration der Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten, der Fachplaner, umfasst. Grundsätzlich können Bauherren alle hier beschriebenen Funktionen und Aufgaben selbst, also allein wahrnehmen. Man denke an Robinson Crusoe, der, auf einer einsamen Insel gestrandet, seine Behausung ganz allein initiiert, geplant und mit einfachsten Mitteln (Steine, Holz, Palmenblätter) ausgeführt hat. Sein Gefährte Freitag kam erst später. In Industriegesellschaften, in denen an Bauwerke Anforderungen gestellt werden, in denen eine hohe Arbeitsteilung herrscht und die Durchführung von Projekten unter Rahmenbedingungen erfolgt, die durch hohe Qualitätsanforderungen sowie Kosten- und Terminvorgaben bestimmt wird, ist auch das Projektmanagement eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Davon handelt dieses Buch. Es soll eine Vielzahl von Hilfestellungen geben.
1 Grundlagen des Projektmanagements
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Projektmanagementnormen Die zunächst bewusst einfach gehaltene Beschreibung eines Projekts (siehe Abb. 1.2) soll mithilfe der Projektmanagementnormen weiter spezifiziert werden. Die DIN 69901:2009-01, Projektmanagement – Projektmanagementsysteme, legt Grundlagen für Projektmanagementsysteme fest. Sie ist nicht an einen bestimmten Fachbereich gebunden und wird in allen technischen Disziplinen, der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften angewendet. In gewissem Umfang stellt das Bauwesen eine Ausnahme dar, weil es hierfür zahlreiche spezifische Normen und sonstige Regelwerke gibt, deren Anwendung Vorrang hat oder zumindest näherliegt. Da Projekte zunehmend interdisziplinär sind, im Bauwesen auf die Mitwirkung oder die Bereitstellung von Techniken und Verfahren aus anderen, oft sehr viel weiter entwickelten Fachbereichen, z. B. Informatik, nicht verzichtet werden kann, und weil die DIN 69901 das Projektmanagement umfassend strukturiert, darf nicht auf entsprechende Hinweise und ausgewählte Inhalte verzichtet werden. Die DIN 69901 besteht unter dem Haupttitel „Projektmanagement – Projektmanagementsysteme“ aus den folgenden Teilen: Teil 1: Grundlagen Teil 2: Prozesse, Prozessmodell Teil 3: Methoden Teil 4: Daten, Datenmodell Teil 5: Begriffe Die folgende Abbildung (siehe Abb. 1.3) zeigt den Zusammenhang der genannten Teile. Die Prozesse stehen als wesentliche Bestandteile von Projekten im Mittelpunkt. Grundlagen DIN 69901-1
Methoden DIN 69901-3
Prozesse DIN 69901-2
Datenmodell DIN 69901-4
Begriffe DIN 69901-5
Abb. 1.3: Zusammenhang der Teile von DIN 69901. (DIN 69901-1:2009-01, Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 1: Grundlagen)
Im Folgenden werden v. a. ausgewählte Begriffe (DIN 69901-5) behandelt und, soweit vorhanden, mit entsprechenden Begriffen des Bauwesens verglichen oder abgegrenzt.
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Projektmanagementbegriffe allgemein und im Bauwesen DIN 69901-5:2009-01, PM – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe, ist praktisch ein kleines Wörterbuch für die Projektmanagementwelt. Die 110 Begriffe (3.001 bis 3.110) sind alphabetisch geordnet, jeder Begriff wird definiert und zusätzlich auf Englisch angegeben. Damit steht für im Grunde jede Art von Projekten, interdisziplinär und international, eine große Hilfe für die Verständigung der am Projekt Beteiligten zur Verfügung. In der Bauwirtschaft sind die Projektmanagementbegriffe nur in Teilbereichen verbreitet. Die Bauwirtschaft hat wiederum eine eigene Begriffswelt, die sich im Laufe der letzten rund 80 Jahre in branchenspezifischen Regelwerken entwickelt hat. Das sind z. B. die Landesbauordnungen (LBO), die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), das Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB-Bau) und die vielen Normen (DIN) im Bauwesen. Die folgenden Begriffe der DIN 69901 sind entweder eine gute Ergänzung für Projekte in der Bau- und Immobilienwirtschaft (kurz: Bauwesen) oder unterscheiden dieselben Begriffe inhaltlich. Soweit möglich erfolgen Querverweise auf andere Kapitel in diesem Buch. „Ablaufstruktur (…) Darstellung der Elemente (z. B. Vorgänge) eines Ablaufes sowie deren zeitlichen und logischen (Anordnungs-)Beziehungen untereinander“ (DIN 69901-5, 3.2). Im Bauwesen findet die Ablaufstruktur Anwendung bei der Terminplanung, insbesondere bei der Netzplantechnik, und bei Ablauforganigrammen (siehe Kap. 4.1 und 7.1). „Anforderung (…) Beschaffenheit, Fähigkeit oder Leistung, die ein Produkt, Prozess oder die am Prozess beteiligte Person erfüllen oder besitzen muss, um einen Vertrag, eine Norm, eine Spezifikation oder andere, formell vorgegebene Dokumente zu erfüllen“ (DIN 69901-5, 3.7). Anforderungen können im Bauwesen umfassend definiert werden, z. B. durch Pflichtenhefte und Leistungsbilder, in Verbindung mit Verträgen sowie deren Ergebnis, z. B. in Form einer Dokumentation, aber auch für ein Bauwerk und seine Bestandteile, z. B. durch die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis oder Leistungsprogramm (siehe Kap. 3.1 und 5.1). „Definitionsphase (…) Gesamtheit der Tätigkeiten und Prozesse zur Definition eines Projekts (…) Hierzu zählen u. a. Zieldefinition, Aufwandsschätzung und Machbarkeitsbewertung“ (DIN 69901-5, 3.14). Im Bauwesen ist sie im Rahmen der Projektentwicklung, der Bedarfsplanung sowie jeder anderen Art von Bauprojektmanagement unverzichtbar (siehe Kap. 5.1 und 9.2). „Funktionendiagramm (…) Diagramm, das im Rahmen einer Projektorganisation durch Funktionsbeschreibungen die einzelnen Rollen in der Projektarbeit abbildet (…) in der AKVMatrix: Aufgaben (A) + Kompetenzen (K) + Verantwortlichkeiten (V)“ (DIN 69901-5, 3.23). Ein Funktionendiagramm ist unverzichtbar für die systematische Darstellung der am Projekt Beteiligten (Elemente), vorzugsweise unter Berücksichtigung vertraglicher Beziehungen (Relationen) (siehe Kap. 4.1 und 9.1).
1 Grundlagen des Projektmanagements
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„Informations- und Berichtswesen (…) Gesamtheit der Einrichtungen und Regeln zur zielgruppenorientierten Information und Berichterstattung – abgestimmt auf die Erfordernisse der Dokumentation ANMERKUNG 1 Hierzu zählen Analysen, Bewertungen, Trendaussagen, Rechnungslegung ANMERKUNG 2 Im Berichtswesen werden unter Berücksichtigung von Berichtswegen und -mitteln u. a. die Gestaltung, der Inhalt, das Format, die Berichtszeitpunkte und die Verteilung von Projektberichten festgelegt“ (DIN 69901-5, 3.24). Das Informations- und Berichtwesen ist ein wichtiger Teil der Projektmanagementleistungen auch bei Projekten im Bauwesen. Es wird in der Baupraxis oft vernachlässigt (siehe Kap. 4.2). „Projekt (…) Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. BEISPIEL Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation“ (DIN 69901-5, 3.44). Dies trifft auf Projekte im Bauwesen in vollem Umfang zu. Von besonderer Bedeutung sind die Zielvorgaben oder Projektziele und die Betonung der Projektspezifischen Organisation, die bei Bauprojekten aus einem Teil der Organisation des Auftraggebers (Bauherr) und bauspezifischen Organisationsvorgaben bestehen muss. Die Definition der DIN 69901 ist für den Start eines Bauprojekts sehr gut geeignet (siehe Kap. 1 und 5–7). „Projektauftrag (…) Auftrag zur Durchführung eines Projekts oder einer Phase, der mindestens folgende Punkte enthält: Zielsetzung, erwartete Ergebnisse, Randbedingungen, Verantwortlichkeiten, geplante Ressourcen, übereinstimmende Willensbekundung des Auftraggebers und des Projektverantwortlichen. ANMERKUNG Zum Anfang eines Projekts (zur Initialisierung) findet man häufig auch den Begriff Projektantrag. Dieser Begriff hat dieselbe Bedeutung wie Projektauftrag für die Initialisierung“ (DIN 69901-5, 3.48). Der Projektauftrag ist im Bauwesen sehr gut geeignet für den Einsatz und die Beauftragung einer Projektleitung (Bauherr) oder einer Projektsteuerung (extern). Beim öffentlichen Bauherrn wird häufig der Begriff „Planungsauftrag“ verwendet, obwohl „Projektauftrag“ besser wäre (siehe Kap. 3.1). „Projektbeteiligte (…) Gesamtheit aller Projektteilnehmer, -betroffenen und -interessierten, deren Interessen durch den Verlauf oder das Ergebnis des Projekts direkt oder indirekt berührt sind (…) Dazu gehören z. B. Auftraggeber, Auftragnehmer, Projektleiter, Projektmitarbeiter, Nutzer des Projektergebnisses, Arbeitnehmervertretung, Anwohner, Naturschutzverbände, Stadtverwaltung, Banken, Politik usw.“ (DIN 69901-5, 3.50). Diese Definition trifft im Bauwesen uneingeschränkt zu (siehe insbesondere Kap. 9.1). „Projektcontrolling (…) Sicherstellung des Erreichens aller Projektziele durch IstDatenerfassung, Soll-Ist-Vergleich, Analyse der Abweichungen, Bewertung der Abweichungen gegebenenfalls mit Korrekturvorschlägen, Maßnahmenplanung, Steuerung der Durchführung von Maßnahmen“ (DIN 69901-5, 3.54). Das Projektcontrolling wird im Bauwesen vorzugsweise als ein Leistungsbild gesehen (siehe Kap. 3.2).
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1 Grundlagen des Projektmanagements
„Projekthandbuch (…) Zusammenstellung von Informationen, Standards und Regelungen, die für ein bestimmtes Projekt gelten“ (DIN 69901-5, 3.59). Im Bauwesen wird das Projekthandbuch als Organisationshandbuch (OHB) bezeichnet (siehe Kap. 4.1). „Projektidee (…) erste Idee bzw. Initialimpuls für ein zukünftiges Projekt“ (DIN 69901-5, 3.60). Die Projektidee ist auch im Bauwesen wesentliche Grundlage für ein Projekt (siehe Kap. 9). „Projektmanagement (…) Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten“ (DIN 69901-5, 3.64). Das Projektmanagement ist dem Bauherrn als oberstem Projektmanager (Projektleitung) zuzuweisen. Er kann allerdings wesentliche Teile des Projektmanagements an eine Projektsteuerung oder eine Generalplanung übertragen (siehe Kap. 1, 2–3 und 10). „Projektstrukturierung (…) Festlegung und logische Ordnung der Elemente (Teilprojekte, Arbeitspakete, Vorgänge) nach verschiedenen möglichen Gesichtspunkten sowie der Aufbau- und Ablaufstruktur eines Projekts“ (DIN 69901-5, 3.81). Die Projektstrukturierung ist auch im Bauwesen erforderlich und gleichzeitig die beste Voraussetzung für die Planung, Kontrolle und Steuerung von Leistungen (im Sinne von Prozessen) (siehe Kap. 1). „Projektteam (…) alle Personen, die einem Projekt zugeordnet sind und zur Erreichung des Projektzieles Verantwortung für eine oder mehrere Aufgaben übernehmen“ (DIN 69901-5, 3.83). Aufgrund der meist sehr großen Anzahl der Projektbeteiligten ist der Gedanke des Projektteams in dieser Form eher unüblich. Bei sehr kleinen Projekten oder innerhalb von Organisationen hat der Teamgedanke einen großen Wert. „Projektumfeld (…) Umfeld, in dem ein Projekt entsteht und durchgeführt wird. ANMERKUNG Das Umfeld beeinflusst das Projekt und wird seinerseits vom Projekt beeinflusst“ (DIN 69901-5, 3.86). Dem Projektumfeld wird im Bauwesen vor allem durch die Bauleitplanung Rechnung getragen. Es hat gerade im Rahmen der Projektentwicklung einen großen Einfluss (siehe Kap. 9). „Stakeholderanalyse (…) Analyse der Projektbeteiligten hinsichtlich deren Einfluss auf das Projekt und deren Einstellung (positiv oder negativ) zum Projekt“ (DIN 69901-5, 3.102). Der Stakeholderanalyse begegnet man vor allem bei großen Bauprojekten (siehe Kap. 9.1). „Zieldefinition (…) quantitative und qualitative Festlegung des Projektinhaltes und der einzuhaltenden Realisierungsbedingungen, z. B. Kosten und Dauer, in Zielmerkmalen mit meist unterschiedlichen Zielgewichten (z. B. Muss- und Kann-Ziele)“ (DIN 69901-5, 3.109). Zieldefinitionen sind bei Bauprojekten unerlässlich (siehe Kap. 1 und 5).
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
1.1
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Projektmanagement im Bauwesen
Für die Anwendung des Projektmanagements nennt Pfarr als wesentliche Kriterien: „1. die Größe des Projekts; Maßstäbe können sein: – Umfang der benötigten Mittel, – Anzahl der Einzelaufgaben, – Zahl der beteiligten Institutionen und Fachdisziplinen. 2. die Besonderheit des Projekts: – Vertrautheit der an der Projektdurchführung Beteiligten mit dem Projekt (Erfahrungspotential), – Innovationsleistung, die gefordert wird (Neuheitsgrad des Projekts). 3. die Komplexität: Interdependenz aller Leistungen, 4. der Schwierigkeitsgrad: ausgedrückt durch die Wahrscheinlichkeit, daß das Projektziel nicht erreicht wird; Kosten- und Terminkomponente, 5. das Risiko: Höhe des Schadens, der entsteht, wenn das Ziel nicht erreicht wird: – vergeblich investierte Mittel, – Prestigeverlust, – politischer Schaden.“ (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie? 1978, S. 107) Herr Dr. Karlheinz Pfarr war von 1963 bis 1993 Professor für Bauwirtschaft und Baubetrieb an der Technischen Universität Berlin. Als Bauingenieur und Volkswirt (Nationalökonom) hat er entscheidende Grundlagen für das Projektmanagement im Bauwesen geschaffen. Seine Erkenntnisse sind knapp und präzise formuliert und heute wie damals gültig. Projektmanagement, insbesondere bei der Planung von Projekten, ist ein typisches Gebiet für Teamarbeit. „Dies hat vier wichtige Gründe: – Projekte sind interdisziplinäre Planungsaufgaben, die auf Zusammenarbeit verschiedener Fachleute und Spezialisten angewiesen sind. – Umfangreiche Planungsaufgaben können durch eine Person in angemessener Zeit nicht gelöst werden. – Die Durchführung eines Projektes steht in der Regel unter einem gewissen Zeitdruck, weil das Projekt in einer vorgegebenen (oft relativ kurzen) Zeitspanne gelöst werden muß. – Gewisse Mechanismen der Projektplanung erfordern eine Rollenteilung […].“ (Aggteleky, B.: Projektplanung […]. 1992, S. 34) Bela Aggteleky hat in seinen Studien zur Fabrikplanung und Betriebsrationalisierung die Entwicklung zur integrierten Betriebs- und Gebäudeplanung und zum Bauprojektmanagement entscheidend geprägt. Auch er hat, wie Pfarr, mit seinen Ausführungen entscheidende Grundlagen für das Projektmanagement im Bauwesen geschaffen.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Projekte benötigen Ziele Projekte werden durch Ziele bestimmt. Sie gehören zur Definition des Projekts und dienen der Bewertung von organisiertem, praktischem Handeln. Ziele sind zu operationalisieren, damit in der Durchführung das Projekt im Hinblick auf Projektziele überprüft und gesteuert werden kann. Das ist nur möglich, „wenn – der Zielinhalt genau bezeichnet ist; – dieser Zielinhalt durch eine quantifizierte Skala spezifiziert ist, die die Messung des Zielerreichungsgrads zulässt; – auf dieser Skala ein bestimmtes zu erreichendes Zielniveau festgelegt ist; – die Zeit (ev. auch der Raum), innerhalb der dieses Zielniveau zu erreichen ist, festgesetzt ist; – die Ziele an den Handlungsträger ‚angepasst‘ sind, d. h. wenn er einen entscheidenden Einfluß auf die Zielerreichung ausüben kann.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R.; Ulrich, P.: Organisationslehre 1. 1994, S. 141) In der Regel werden für ein Projekt mehrere Ziele vorgegeben, wie z. B. in Bezug auf die geforderte Kapazität, Funktion, Wirtschaftlichkeit, Gestaltung, Umweltverträglichkeit und Dauer. So sind die damit gegebenen Teilziele auf ihre Beziehungen zueinander zu überprüfen. Diese Beziehungen lassen sich wie folgt definieren: „– Komplementarität: durch die Erfüllung eines Zieles wird auch die Erfüllung eines anderen Zieles gesteigert; –
Indifferenz: die Erfüllung eines Zieles übt auf die Erfüllung eines anderen Zieles keinen Einfluß aus;
–
Konkurrenz: die Erfüllung eines Zieles führt zu einer Minderung des Erfüllungsgrades des anderen Zieles.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R.; Ulrich, P.: Organisationslehre 1. 1994, S. 142)
Die oft zahlreichen an einem Bauprojekt Beteiligten haben jeweils eigene, in Summe meist indifferente und konkurrierende Ziele. Die Erfassung der einzelnen Ziele und deren Ordnung und Bewertung soll ganz am Anfang eines Projekts geleistet werden. Dies ist Aufgabe der Projektleitung. Wenn im Rahmen der Projektvorbereitung eine Bedarfsplanung nach DIN 18205 aufgestellt wird, sind deren Grundsätze und Checklisten eine große Hilfe, die Projektziele geordnet zu erfassen und v. a. zu dokumentieren (siehe Kap. 5). Bei der Erörterung der Projektziele wird man in vielen Fällen feststellen, dass – die am Projekt Beteiligten gleiche Ziele unterschiedlich präferieren, – die vielen einzelnen Ziele gebündelt werden müssen, – hierfür die Handlungsbereiche des AHO, und zwar „B Qualitäten und Quantitäten“, „C Kosten und Finanzierung“ und „D Termine, Kapazitäten […]“, eine große Hilfe sind, und – bei der Bewertung der Ziele nur ganz selten ein Sowohl-als-auch, dafür aber in den meisten Fällen nur ein Entweder-oder möglich ist.
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
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Hinsichtlich der Ziele, die bei einem Bauprojekt erreicht werden sollen, liegt der Vergleich mit denen einer Volkswirtschaft nahe. Dort wird im Zusammenhang mit den Zielen von Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität und Gleichgewicht der Leistungsbilanz vom „Magischen Dreieck“ gesprochen. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeiten der gesamtwirtschaftlichen Variablen die verschiedenen Ziele nicht alle gleichzeitig und in vollem Umfang erreicht werden können. Grundsätzlich gilt das auch für die Ziele eines Bauprojekts (siehe Abb. 1.4). Zunächst müssen die Handlungsbereiche „A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation“ sowie „E – Verträge und Versicherungen“ ausgearbeitet werden. Sie sind als „Spielregeln“ eines Projekts zu verstehen und im Zuge der Projektvorbereitung vollständig zu erarbeiten. Diese „Spielregeln“ müssen frühzeitig mit den jeweiligen Verträgen an den Architekten, die Ingenieure, die Berater und die ausführenden Firmen weitergegeben werden. Sie gelten als unabdingbare Voraussetzungen (lateinisch: conditio sine qua non) für eine erfolgreiche Projektarbeit. A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation E – Verträge und Versicherungen
B – Qualitäten und Quantitäten
Unabdingbare Voraussetzungen für das Projektmanagement
„Magisches Dreieck der Projektziele“
C – Kosten und Finanzierung Abb. 1.4:
D – Termine, Kapazitäten und Logistik
„Magisches Dreieck der Projektziele“ im Projektmanagement.
Die Handlungsbereiche „B – Qualitäten und Quantitäten“, „C – Kosten und Finanzierung“, sowie „D – Termine, Kapazitäten und Logistik“ sind mit messbaren Projektzielen zu versehen: ein Projektziel aus B – Qualitäten und Quantitäten, z. B. Anforderung Nutzfläche in m², ein Projektziel aus C – Kosten- und Finanzierung, z. B. Obergrenze Gesamtkosten in €, ein Projektziel aus D – Termine, Kapazitäten und Logistik, z. B. Tag der Inbetriebnahme.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Worin besteht nun das „Magische Dreieck“ der Projektziele bei einem Bauvorhaben? Hohe Qualitäten und Quantitäten, niedrige Kosten und günstige Finanzierung sowie kurze Dauern (nahe Termine), einfache Logistik und geringe Kapazitäten lassen sich nicht gleichzeitig uneingeschränkt erreichen. Die Projektziele stehen in Konkurrenz, d. h., die Erfüllung eines Zieles führt zu einer Minderung des Erfüllungsgrads des anderen Zieles. Somit besteht die „Kunst des Projektmanagements“ darin, Zielkonflikte zu lösen, d. h. die Interessen und damit die Ziele der Beteiligten in Bezug auf das Bauprojekt so zu steuern, dass eine insgesamt gute Lösung erreicht wird. Diese liegt zwangsläufig in einem Kompromiss, jedoch mit einer möglichst hohen Akzeptanz durch die Beteiligten. So wichtig es ist, am Anfang eines Bauvorhabens die Projektziele zu definieren, zu bemessen und allen am Projekt Beteiligten aufzuerlegen, so notwendig ist es, auch im Projektverlauf die Einhaltung der gesetzten Zielgrößen zu überwachen. Dazu gehört die Verpflichtung aller am Projekt Beteiligten sowie u. a. auch: – das Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse von Planungsleistungen, Bautagebuch (vgl. HOAI 2013, Anlage 10), – regelmäßige Berichte und Meldungen des Projektmanagements, z. B. Statusberichte, – das Mitwirken beim Risikomanagement durch alle am Projekt und der Planung Beteiligten, – das Mitwirken bei der Einschätzung zukünftiger Entwicklungen innerhalb des Projekts und soweit möglich auch in Bezug auf die Veränderung von Rahmenbedingungen. Es obliegt dann dem Auftraggeber, aus den Informationen notwendige Schlussfolgerungen zu ziehen und die Erreichbarkeit der Projektziele realistisch einzuschätzen. Das erfordert den Verzicht auf die „rosarote Brille“ beim Blick in die Zukunft des Projekts. Sind im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Projekts Kompromisse zu treffen, müssen diese klar und eindeutig ausfallen, d. h. es muss wenigstens ein Projektziel geopfert werden. Am Ende stellt man fest, dass es im Grunde nur drei Arten von Bauprojekten gibt: – Qualitätsprojekte: Eine Bauzeitverlängerung und Mehrkosten werden akzeptiert. – Kostenprojekte: Es wird alles für die Einhaltung der Kosten oder die Rendite getan. – Terminprojekte: Die Inbetriebnahme wird eingehalten, koste es, was es wolle. Sind einmal im Projektablauf Verzögerungen eingetreten und muss der Fertigstellungstermin dennoch unbedingt eingehalten werden, kann dies durch zusätzlichen Aufwand, z. B. Überstunden, erhöhten Einsatz von Geräten, in den meisten Fällen erreicht werden. Gleichzeitig müssen aber dafür Mehrkosten hingenommen werden. Es sei denn, es können zum Ausgleich Qualitäten, z. B. durch einfachere Materialien, oder Quantitäten, z. B. durch Wegfall von Flächen, verringert werden. Solche Kompromisse zu finden, ist nicht einfach.
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
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Beispiel: Projektziele Terminal 2, Flughafen München Für die Ausbauplanung Flughafen München wurden im Jahr 1997 von den Auftraggebern Flughafen München GmbH und Deutsche Lufthansa AG für den Neubau des Terminals 2 einschließlich der notwendigen Infrastruktur Kapazitäts-, Kosten- und Terminziele gesetzt: – Kapazitätsziel: 15 Mio. Passagiere pro Jahr – Kostenziel: 1,7 Mrd. DM Gesamtkosten (Planung und Bau) – Terminziel: Inbetriebnahme im Jahr 2003 Nach Prüfung der Machbarkeit durch ein Team aus Betriebs- und Planungsspezialisten, dem sogenannten „Kernteam Terminal 2“, wurden für den folgenden internationalen Architektenwettbewerb Planungsziele ausgearbeitet. Der Verfasser war Mitglied des Kernteams und mit der Kostenplanung des Projekts befasst. Aus den drei Projektzielen wurden die Anforderungen für die Auslobungsunterlagen für den Architektenwettbewerb abgeleitet, um die eingereichten Arbeiten der Architekturbüros daran bewerten zu können. Hierzu gehörten: „– Nutzung des Planungsrechts: Nutzung des Baugrundstücks im Rahmen der Planfeststellung durch Erstellung eines Terminals mit rund 200.000 m² BGF zum frühest möglichen Zeitpunkt. – Flexibilität der Nutzung: offene Gestaltung im Inneren des Gebäudes, verbunden mit der Möglichkeit, Verkehrsflächen später in Nutzflächen für z. B. Läden, gastronomische Einrichtungen, Büros u. a. umwandeln zu können. – Raum- und Funktionsprogramm: die zu Planungsbeginn nicht vollständig mögliche Einbeziehung aller späteren Nutzer, z. B. Handelsbetriebe, und die voraussichtlich unterschiedlichen Qualitätsanforderungen an die Ausstattung von Flächen muß bei der Konzeption des Gebäudes und bei der Flächenaufteilung berücksichtigt werden. Anfangs getroffene Annahmen sind fortlaufend zu überprüfen und mit späteren Nutzern so bald wie möglich abzustimmen. – Erlöse aus Vermietung und Verpachtung: die Bereitstellung von Flächen und deren Ausgestaltung muß sich an der tatsächlichen Entwicklung der Nachfrage orientieren. Einfach gestaltete Flächenreserven werden anfangs den Verkehrsflächen zugeordnet und bei schrittweiser innerer Verdichtung des Gebäudes zu gewerblich nutzbaren Einheiten ausgebaut, z. B. Pavillons in der Abfertigungshalle. Der Leerstand von Flächen und ein daraus zwangsläufig entstehender Preisverfall bei den Mieten muß insbesondere in den ersten Nutzungsjahren vermieden werden. – Vertragliche Absicherung der Flächen Dritter: anzustreben sind die frühestmögliche Bindung von Nutzern durch Miet- oder Pachtverträge bzw. Verträge zur Übernahme von Baukosten, um Planungssicherheit zu erreichen und Erlöse zu sichern. Nur ausnahmsweise sollen Ausbaumaßnahmen auf ‚Verdacht‘ erfolgen. – Minimierung von Flächen und Bauvolumen: die Reduzierung von Flächen und Bauvolumen zur Senkung der Baukosten soll nur insoweit erfolgen, als Funktionen und Vermietbarkeit des gesamten Gebäudes nicht eingeschränkt werden. Die Verkleinerung des Baukörpers wird grundsätzlich nicht in Erwägung gezogen: Die spätere Vergrößerung des Gebäudes in Form von An- oder Erweiterungsbauten soll vermieden werden.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
– Architektenwettbewerb: die Aufgabenstellung für den Architektenwettbewerb ist so zu formulieren, daß einerseits Funktionalität und Wirtschaftlichkeit der Bauwerke entsprechend den Zielen des Bauherrn sichergestellt sind. Andererseits darf durch die Aufgabenstellung nicht die Entwicklung neuer bzw. alternativer Ideen zum vorgegebenen Konzept (z. B. Layout) verhindert werden. – Wirtschaftlichkeit und Baukosten: Veränderungen innerhalb des Gebäudes, insbesondere die Intensivierung von Flächenreserven sowie Umbauten von Nutzungsbereichen werden langfristig wirtschaftlich vorteilhafter sein als anfangs geringere Baukosten.“ (Kalusche, W.: Vorbereitung der Planung […]. In: Bautechnik 05/1998, S. 303)
Abb. 1.5: Terminal 2, Flughafen München. (Flughafen München GmbH – Photo Department, 2015)
Die Entscheidung über den Wettbewerb konnte auf der Grundlage von umfangreichen Ermittlungen und Prüfungen in relativ kurzer Zeit und v. a. nachvollziehbar erfolgen. Das Terminal 2 und die zugehörigen Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen gingen im Jahr 2006 in Betrieb (siehe Abb. 1.5). Nach der erfolgreichen Durchführung des Architektenwettbewerbs wurde vom Auftraggeber ein Projektziel geändert: Das Kapazitätsziel wurde auf 20 Mio. Passagiere pro Jahr angehoben. Die Erhöhung der Kapazität des Ausbaus wurde mit der Entwicklung des Luftverkehrs begründet. Neue Prognosen für die Entwicklung des Luftverkehrs in Deutschland lagen inzwischen vor. Die Konsequenz: Alle Untersuchungen und Berechnungen der Machbarkeitsstudie mussten noch einmal durchgeführt werden. Im Ergebnis wurde v. a. das Terminalgebäude vergrößert und infolgedessen erhöhten sich die Gesamtkosten. Das Terminziel konnte bestätigt werden und wurde eingehalten.
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
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Komplexität von Projekten, insbesondere im Bauwesen Ein wesentliches Merkmal von Projekten im Bauwesen ist die Komplexität. Im Bauwesen ist die Komplexität von Bauprojekten noch nicht genügend erforscht, aber die Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft sind sich der Bedeutung von Komplexität bewusst. Sie ist eines von fünf Merkmalen für die Bewertung der Anforderungen an eine Projektsteuerung.
Abb. 1.6: Komplexität von Bauprojekten – „Spaghetti-Effekt“. (Pfarr, K.: Grundlagen der Bauwirtschaft. 1984, S. 307)
Ein Beispiel für Komplexität in Bauprojekten zeigt Pfarr bereits 1984 in seinen „Grundlagen der Bauwirtschaft“ mit der humorvollen Bildunterschrift „Spaghetti-Effekt“ (siehe Abb. 1.6). Was ist damit gemeint? Den Teller darf man als einen, wie man heute sagt, „Projektraum“ verstehen. In Bezug auf die am Projekt Beteiligten, also – Fachbereiche (planende Büros), – Leistungsbereiche (ausführende Firmen) und – Institutionen mit Ordnungsfunktion [Anm. d. Verf.: Träger öffentlicher Belange] muss jemand die Fäden in der Hand (Ring) halten. Das kann nur der Bauherr sein.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Oft ergeben sich vielfältige Beziehungen (systemisch: Relationen) zwischen den am Projekt Beteiligten (systemisch: Elemente), „die so miteinander verflochten sind, daß es praktisch nicht möglich ist, die einzelne Beziehungskette zurückzuverfolgen. Daran scheitern nicht selten Bauprozesse [Anm. d. Verf.: Bauabläufe], weil sich rasch herausstellt, daß man – ein Beziehungsknäul in den Händen hat – oder eine Beziehung nicht weiterverfolgt werden kann. Dies gilt z. B., wenn ein Mitarbeiter, der über einen bestimmten Komplex Aussagen machen soll, entweder nicht mehr bei dem Betrieb ist oder gar in dem Betrieb ist, welcher als Gegenseite bezeichnet werden muß. Im Zusammenhang mit diesen Vorgängen, wo sich die am Planungsprozeß beteiligten Institutionen gegenseitig Versäumnisse vorwerfen, ist die Stunde der Nachtragsforderungen gekommen.“ (Pfarr, K.: Grundlagen der Bauwirtschaft. 1984, S. 307) Das Beispiel von Pfarr wird von Luhmann allgemeiner gefasst und dabei gleichzeitig auf den Punkt gebracht: „Als komplex wollen wir eine zusammenhängende Menge von Elementen bezeichnen, wenn aufgrund immanenter Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes Element jederzeit mit jedem Element verknüpft werden kann.“ (Luhmann, N.: Soziale Systeme […]. 1984, S. 46) Das hier zugrunde liegende Verständnis von Komplexität bezieht sich auf die am Projekt Beteiligten und arbeitsteilige Zusammenarbeit, die darin besteht, dass eine nahezu unüberschaubare Menge v. a. von Informationen ausgetauscht wird. Dieser Austausch, so lässt das Bild erkennen, ist geordnet, nicht nachvollziehbar und in unzumutbarem Maße umfangreich. Die Spaghetti veranschaulichen das ganz wunderbar. Pause beschreibt die Komplexität von Bauprojekten durch folgende Tatsachen: – eine Trennung und Verselbständigung der Teilleistungen Planung, Konstruktion und Ausführung (Schnittstellenproblem, Kompatibilität der verarbeiteten Information, Informationsverluste) – das Bestehen von vielfachen selbständigen Verantwortungsbereichen und Zuständigkeiten (Bau- und Fachlose, unterschiedliche Verträge innerhalb der Projektorganisation) – das Fehlen einer ganzheitlichen Betrachtung des Bauwerkes durch alle am Projekt Beteiligten, auch wenn sie nur Teilleistungen erbringen (vgl. Pause, H.: Bauqualität. 1993, S. 141) Seit den hier zitierten Veröffentlichungen sind nun schon Jahrzehnte vergangen. Seitdem haben die Arbeitsteilung und der Informationsaustausch noch erheblich zugenommen. Umso wichtiger ist es, Komplexität zu erkennen, zu gestalten und zu versuchen, eine Überforderung des Einzelnen zu vermeiden. Bei Bauprojekten wird es in der Zukunft darum gehen, schon in der Projektvorbereitung Komplexität zu identifizieren, das Projekt entsprechend zu strukturieren, Kompetenzen zu klären, die Machbarkeit zu überprüfen und die Projektziele realistisch zu bestimmen. In der Projektdurchführung kommt es auf eine handlungsfähige Projektleitung sowie unterstützende Aufgaben und Ergebnisse an, wie sie im Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation beschrieben sind.
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
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Am Projekt Beteiligte – hier: an der Planung Beteiligte Es ist für den Projekterfolg entscheidend, die notwendigen Leistungsträger rechtzeitig zu identifizieren und deren Zusammenarbeit zu organisieren. Dies ist eine Aufgabe in der Verantwortung des Bauherrn. Für die Projektorganisation, speziell im Hinblick auf das Projektmanagement, gibt es verschiedene Modelle. Diese lassen sich u. a. danach unterscheiden, in welchem Maße der Bauherr Aufgaben selbst wahrnimmt bzw. in welchem Umfang er Leistungen des Projektmanagements von seinen Auftragnehmern erbringen lässt. Bauherrenaufgaben (Bauherr bzw. Bauherrenvertreter) Objektplanung für P
1. Gebäude und Innenräume (Architekt/Innenarchitekt)
r
2. Freianlagen (Landschaftsarchitekt)
o
3. Ingenieurbauwerke
j
4. Verkehrsanlagen
e
Leistungen bei der Tragwerksplanung (Statik)
k
Leistungen bei der Technischen Ausrüstung (Anlagengruppen)
t
1. Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen
m
2. Wärmeversorgungsanlagen
a
3. Lufttechnische Anlagen
n a g e m e n t
4. Starkstromanlagen 5. Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen 6. Förderanlagen 7. Nutzungsspezifische Anlagen, Verfahrenstechnische Anlagen 8. Gebäudeautomation und Automation von Ingenieurbauwerken Beratungsleistungen 1. Umweltverträglichkeitsstudie 2. Bauphysik 3. Geotechnik 4. Ingenieurvermessung Sonstige am Projekt Beteiligte (z. B. Gutachter)
Abb. 1.7:
Projektmanagement, Bauherrenaufgaben, Planung und Beratung.
Die Durchführung von Projekten im Bauwesen erfordert bereits in der Planung die Beiträge zahlreicher Fachbereiche. Als Beteiligte sind zu nennen: Objektplaner, Fachingenieure, Berater, Gutachter und Sonderfachleute. Um die Planungen zu koordinieren und die Beiträge zu integrieren, ist Projektmanagement unverzichtbar. Entsprechendes gilt für die Ausführung. Abbildung 1.7 zeigt die Vielzahl der notwendigen Aufgaben. Gegenstand der weiteren Ausführungen wird sein, für das Projektmanagement verschiedene Zuordnungen in Form von Organisationsmodellen darzustellen, zu vergleichen und zu bewerten.
32
1 Grundlagen des Projektmanagements
Die Arbeitsteilung nimmt in den letzten Jahrzehnten immer weiter zu. Ausgehend von den bekannten Leistungsbildern der HOAI werden Aufgabenbereiche in verschiedener Weise noch weiter unterteilt und es bilden sich Spezialisten für neuartige Aufgaben heraus. Beispielhaft seien im Sinne der horizontalen Aufteilung der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) und der Fassadenplaner genannt. Eine vertikale Aufteilung liegt dann vor, wenn z. B. das Leistungsbild des Architekten in die Planung und Objektüberwachung zerfällt und von zwei Planungsbüros jeweils als Teilleistung erbracht wird. Allein schon durch die zunehmende Aufgabenteilung und die damit zusätzlich entstehenden Schnittstellen steigen die Komplexität von Projekten und die Bedeutung des Projektmanagements überproportional. Ein wesentlicher Teil des Projektmanagements ist Bauherrenaufgabe. So ist beispielsweise die Projektleitung dem Bauherrn zuzuordnen, es sei denn, er setzt einen Projektmanager ein, an den er soweit wie möglich Bauherrenaufgaben delegiert. Alternativ kann der Bauherr auch einen Planer, z. B. den Objektplaner, der ohnehin Koordinationsaufgaben hat, als Generalplaner über die eigentliche Objekt- und Fachplanung hinaus mit zusätzlichen Aufgaben des Projektmanagements beauftragen. Welches Organisationsmodell im Einzelfall besonders geeignet ist, lässt sich nicht allgemeingültig sagen. Zu viele Rahmenbedingungen des Projekts, zu unterschiedliche Möglichkeiten und Anforderungen des Bauherrn bzw. der Nutzer und weitere Faktoren sind beim Aufbau einer Projektorganisation zu berücksichtigen. Das vorliegende Buch soll hierzu nicht nur die Grundlagen legen, sondern auch praktische Hinweise geben. Es werden die wichtigsten Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen dargestellt. Zum Projektmanagement aufseiten des Bauherrn zählen die Projektentwicklung, die Projektleitung, das Projektcontrolling und die Projektsteuerung. In Bezug auf die Planung, bestehend aus Objekt- und Fachplanungen, ist v. a. die Organisationsform der Generalplanung von Bedeutung. Für die Ausführung werden ausgewählte Unternehmenseinsatzformen, z. B. die des Generalunternehmers, behandelt. Den Abschluss des Projektmanagements bildet die Inbetriebnahme des Objekts. Bei der Nutzung von Bauwerken handelt es sich um Objekte, d. h. abgeschlossene Projekte. Managementaufgaben fallen dann bezogen auf Objekte als Gebäudemanagement bzw. als Teil des Facility-Managements an. Im Bauwesen hat das Projektmanagement eine große Bedeutung und lange Tradition, da jedes Bauvorhaben als Projekt im Sinne der genannten Definition verstanden werden kann. Die Beauftragung von zahlreichen Auftragnehmern sowohl für die Planung als auch für die Ausführung der Bauprojekte ist bislang die am weitesten verbreitete Organisationsform. Die Durchführung eines Bauvorhabens macht in einem solchen Fall für den Bauherrn den Abschluss von 30 und mehr Verträgen notwendig. Dies erfordert vom Auftraggeber Projektmanagement in Form der übergeordneten Planung, der Koordination und der Kontrolle seiner Auftragnehmer sowie die Übernahme damit verbundener Risiken. Andererseits entwickeln sich seit etwa drei Jahrzehnten verstärkt neue Leistungsbilder und Unternehmenseinsatzformen, die im Wesentlichen in der Übernahme von Aufgaben des Projektmanagements bestehen und dem Bauherrn eine Entlastung bieten können. Insgesamt ist Projektmanagement beim Bauen sowohl aufseiten der Auftraggeber wie auch der Auftragnehmer unverzichtbar.
1.1 Projektmanagement im Bauwesen
33
Projektmanagement
Objektmanagement
Projektentwicklung im weiteren Sinne Projektentwicklung im engeren Sinne
Projektleitung (Bauherr) Projektsteuerung (und Projektcontrolling)
Projektmanagement der Generalplanung
Gebäudemanagement
Projektwirtschaft
Inbetriebnahme
Vorbereitung – Planung – Ausführung Abb. 1.8:
Nutzung
Aufgabenfelder von Projektmanagement bis Objektmanagement.
Zu nennen sind als Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen beispielsweise – Projektleitung, Projektcontrolling oder Projektsteuerung beim Bauherrn oder in einer Bauherrenorganisation (siehe Kap. 3), – Projektentwicklung als Aufgabe des Bauherrn, die auch von externen Fachleuten erbracht werden kann (siehe Kap. 9), – Projektmanagement in der Planung des Objektplaners und der fachlich Beteiligten sowie in besonderer Weise als Generalplanung, ggf. auch als Projektcontrolling in oder als Teil der Planung (siehe Kap. 10),
34
1 Grundlagen des Projektmanagements
– Projektwirtschaft bei den ausführenden Firmen, also Fachunternehmen, und in besonderer Weise beim Auftrag als Generalunternehmer oder anderen Unternehmenseinsatzformen mit erweitertem Leistungsumfang (siehe Kap. 11), und – Organisation der Inbetriebnahme als Überleitung in die Nutzung, unter Berücksichtigung der Belange des Gebäudemanagements (siehe Kap. 12). Projektmanagement ist auf ein in der Entstehung befindliches Objekt, z. B. ein Gebäude, gerichtet. Davon abzugrenzen ist das Objektmanagement als das Management von bestehenden baulichen Anlagen, also Objekten, wozu auch Gebäude zählen. Das Gebäudemanagement ist als Teil des Objektmanagements zu sehen (siehe Abb. 1.8). Alle Funktionen des Projektmanagements im Bauwesen werden nach kurzer Darstellung der Handlungsbereiche der Projektsteuerung ausführlich behandelt, denn diese können auf das Projektmanagement insgesamt übertragen werden.
1.2
Projekte im Bauwesen
Management umfasst die Gesamtheit dispositiver Aufgaben, deren Inhalte die Planung, Anordnung und Kontrolle sind. Die Ziele dieser Aufgaben können als Leistungs- und als Qualitätswerte, Termine und Kosten vorgegeben werden. Bei den für ein Projekt zu leistenden Managementaufgaben stehen weniger technische als vielmehr organisatorische und soziale Aspekte im Vordergrund. Management kann aber auch als Institution verstanden werden. Hierbei sind die Träger dispositiver Aufgaben als Mitglieder einer Projektorganisation gemeint. Diese besteht aus der „Aufbau- und Ablauforganisatorischen zur Abwicklung eines bestimmten Projekts. […] Die Projektorganisation kann aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation bestehen und wird dann lediglich durch projektspezifische Regelungen ergänzt.“ (DIN 69901-5:2009-01, PM – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe) Projekte werden in allen Bereichen des Kultur- und Wirtschaftslebens durchgeführt, so zur Unternehmensgründung, Forschung und Entwicklung, Einführung neuer Verfahren und Produkte sowie natürlich zur Planung, Ausführung und Unterhaltung von Bauwerken und Anlagen. In zunehmendem Maße werden Aufgaben in großen Unternehmen aus herkömmlichen, meist hierarchischen Strukturen herausgelöst und in Form von Projekten erbracht. Oberster Projektmanager bei einem Bauprojekt soll grundsätzlich immer der Bauherr sein. Im einfachen Fall, also bei der Durchführung eines kleineren und einfachen Bauprojekts, z. B. eines Einfamilienhauses, kann der Bauherr leicht selbst „die Fäden in der Hand“ halten. Ist das Bauprojekt komplex oder versteht sich der Bauherr nur als Eigentümer des späteren Objekts, zerfällt die Rolle des Bauherrn häufig in Managementfunktionen. Im Rahmen des Managements fallen bei einem Bauprojekt einmalige Aufgaben wie – Standortwahl, – Bauprogramm, – vorbereitende Organisation der Durchführung
1.2 Projekte im Bauwesen
35
sowie Aufgaben an, die im Bereich der Koordination liegen und zu denen auch Motivation, Führung und Kontrolle gehören. Die Eigenschaft, Bauherr zu sein, wird in erster Linie durch das Eigentum am Grundstück bestimmt. Abhängig davon, in welcher Form der Bauherr seine Aufgaben im Rahmen der Projektarbeit wahrnimmt, gibt es: – den Bauherrn, der sich mit der Durchführung selbst intensiv befasst und als oberster Projektmanager die Planung und Ausführung durch Leitung und Überwachung nach Kräften selbst gestaltet, dieser kann als fungierender Bauherr bezeichnet werden, – den Bauherrn, der in erster Linie an der Rendite des eingesetzten Kapitals interessiert ist, und ausschließlich zur Erhaltung und Mehrung seines Vermögens baut, er wird auch als Investor bezeichnet, – den oder die Vertreter einer Bauherrenorganisation, die bei hoher Arbeitsteilung einzelne Funktionen des Bauherrn wahrnehmen, also als Manager auf der Bauherrenseite in einer der beiden oberen Gruppen tätig sind. Davon zu unterscheiden ist der Erwerber, der, ohne Bauherr zu sein, eine Immobilie z. B. von einem Projektentwickler erwirbt. Für den Erwerber selbst ist das Projektmanagement von untergeordneter Bedeutung. Wie in der Industrie, wo die Trennung von Eigentum und Management überall anzutreffen ist, hat sich auch im Bauwesen durch den Rückzug der fungierenden Bauherren eine Lücke aufgetan, die durch Projektmanager ausgefüllt wird. Beispiele für die vollständige Trennung von Eigentum einerseits und Projekt- sowie Objektmanagement andererseits sind z. B. das Bauherrenmodell und die Immobilienfonds. Während die einmaligen Aufgaben wie die Standortwahl, das Bauprogramm oder die Vorbereitung der Durchführung aufgrund ihrer Bedeutung vom Eigentümer-Bauherrn selbst wahrgenommen werden sollten, können die laufenden Aufgaben durchaus an Vertreter des Bauherrn delegiert werden. So kann ein Projektleiter, ein Projektsteuerer oder ein in der Planung bzw. Ausführung stehender Projektmanager einen erheblichen Teil der Bauherrenaufgaben übernehmen. Projektmanagement im Umfeld eines Unternehmens Zunehmend werden auch in anderen Bereichen, so in Unternehmen der Produktion und Dienstleistung, spezielle Aufgaben als Projekte verstanden und als solche organisiert. Das bedeutet einerseits eine teilweise Ausgliederung aus der sonst bestehenden Organisation eines Unternehmens, andererseits bleiben Abhängigkeiten zwischen der Unternehmens- und der Projektorganisation erhalten. Praktisch immer ist die Unterstützung der Projektleitung durch Abteilungen oder Fachleute des Unternehmens unverzichtbar, z. B. durch die Rechtsabteilung oder den Einkauf. Dies gilt für Projekte jeder Art und so auch die Bauprojekte. Die Projektorganisation einzelner Projekte, z. B. die Entwicklung eines neuen Produkts, die Entwicklung eines Werbekonzepts, die Einführung eines DV-Systems oder der Neubau einer Werkhalle, besteht in Teilen aus der Unternehmensorganisation und wird durch die Zentralbereiche unterstützt, z. B. für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen. Hierzu gehören ebenso die Beauftragung und Abrechnung von Planungs- und Bauleistungen (siehe Abb. 1.9).
36
1 Grundlagen des Projektmanagements Unternehmensleitung (gleichzeitig Bauherrenorganisation)
Zentralbereiche – – – – – – –
Personalwesen Finanz- und Rechnungswesen Beschaffung (Einkauf) Marktforschung Rechts- und Steuerfragen zentrale Forschung und andere
Produktion oder Dienstleistung
Projekt: Entwicklung eines neuen Produkts mit eigener Organisation
Projekt: Entwicklung eines innovativen Marketingkonzepts
Projekt: Einführung eines neuen DV-Systems in der Verwaltung
Organisation der Betriebsprozesse, unterteilt in Produkte, Bereiche und Abteilungen Projekt: Planung und Bau einer Werkhalle für die Produktion
Abb. 1.9:
Projekte innerhalb einer Unternehmensorganisation – Beispiel.
In Teilen besteht sie aus einer nur für das Projekt geschaffenen Organisation entsprechend den jeweiligen Erfordernissen, z. B. Ablaufplanung für das Projekt im Rahmen der Projektdauer. Wer als Projektsteuerer, vielleicht sogar als externer Projektleiter für ein Unternehmen tätig wird, muss sich mit den Grundzügen der Unternehmensorganisation befassen. Denn das Projektmanagement soll dem Unternehmen als Auftraggeber nützen und sich möglichst schnell in dessen Organisation einfügen. Zwischen der Projekt- und der Unternehmensorganisation treten Schnittstellen auf, die zu Problemen bei der Kommunikation, bei Entscheidungen oder bei einer scheinbar einfachen Aufgabe wie der Bearbeitung von Bauabrechnungen führen können, wenn die Projektorganisation nicht vollständig integriert wurde. Bei allen Bauprojekten geht es in der Projektvorbereitung um die Anforderungen, die ein Unternehmen an das Objekt stellt. Weiter geht es um das Ergebnis in der Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Nutzern einerseits und den Planern und ausführenden Firmen andererseits. Wer hier als Projektmanager tätig wird, steht immer „zwischen den Fronten“. Einen groben Überblick über die wesentlichen Unterschiede zwischen der Organisation eines Projekts und eines Unternehmens gibt die Abbildung 1.10.
1.2 Projekte im Bauwesen
37
Projekt
Unternehmen
Folgerungen
befristet
auf Dauer eingestellt
bringt instabiles Element in Unternehmensorganisationen
für komplexe, relativ neuartige Aufgaben
insbesondere für Routine gedacht, Berechenbarkeit im Vordergrund
Konsequenzen der Arbeit schwer abschätzbar, nicht auf bestimmte Bereiche abgrenzbar
erfordert Spezialisten, bedingt Sonderressourcen
Spezialisten und Sonderressourcen sind in Organisationen nach anderen Kriterien auf verschiedene Bereiche verteilt
erhöht Konkurrenz zur Organisation und verstärkt für Projektteam den Bewährungsdruck
spezifisch zu verteilende Rollen, z. B. Lenkungsausschuss, Projektleiter, -mitarbeiter
tradierte Rollenverteilung nach Kompetenz, Aufgaben, Verantwortung
Probleme bei Eingliederung, Interrollenkonflikte
erfordert besondere Verfahren, z. B. Projektstrukturplan
benötigt vergleichbare bzw. anschlussfähige Verfahren
Gefahr der Formalisierung obwohl doch „Innovatives“ gefordert wird; bei Bewährung werden sie von der Basisorganisation übernommen
entwickelt eigene Werte, um Motivation/Identifikation der Projektmitarbeiter zu sichern
braucht allgemein verbindliche Werte
Probleme der Kompatibilität zwischen Projekt- und Unternehmenswerten; Freiraum zur Selbstorganisation von Projekten als Chance/ Gefahr
arbeitet mit flexiblen, phasenspezifischen Kommunikationsformen, z. B. Startup, Close-down, Workshops
baut auf weitgehend standardisierte, formale Kommunikationsformen
spezielle Regelungen für Projekte kosten Geld, etc., erhöhen ebenfalls die Konkurrenz zur Unternehmensorganisation
Abb. 1.10: Unterschiede zwischen Projekt und Unternehmen. (Gareis, R.; Titscher, S.: Projektarbeit und Personalwesen. 1991, S. 19)
38
1.3
1 Grundlagen des Projektmanagements
Projektmanager im Bauwesen
Projektmanager im Bauwesen gibt es, seitdem gebaut wird. In den Geschichtsbüchern werden sie auch Baumeister genannt. Ursprünglich lagen Planung und Ausführung noch in einer Hand, der des Baumeisters. Ihre grundsätzlichen Qualifikationen erwarben Baumeister im Mittelalter in Bauhütten. Die besten von ihnen wurden Meister, frei nach Goethe: „Wer soll Meister sein? – Wer was ersann!“. Leistungen, die wir heute Projektmanagement nennen, die wir mithilfe von Methoden, Prozessmodellen und Datenbankanwendungen unterstützen und mit einer eigenen Begriffswelt versehen, wurden im Grunde auch damals schon erbracht. Sie gründeten auf langjähriger praktischer Erfahrung und besonderer Vorstellungsgabe in Verbindung mit Begeisterung, mit Mut und Kühnheit, manchmal Schlimmerem. Manche Gebäude sind eingestürzt, viele Bauprojekte haben länger gedauert und mehr gekostet als geplant. Aber das kommt heute auch noch vor. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden an Kunstakademien und an Baugewerkschulen Ausbildungen angeboten, die für das Bauwesen im weitesten Sinne qualifizierten. Seitdem hat sich vieles in der Bau- und Immobilienwirtschaft verändert. Die Zahl der praktisch auf Baustellen arbeitenden Menschen ist zurückgegangen, die Zahl der Studierenden in den Baufächern ist sehr stark gestiegen. Es sei auf folgenden Beitrag hingewiesen: Kalusche, W.: Zur Geschichte der Ausbildung […]. 2005, S. 110–136. Planung und Ausführung von Bauwerken wurden ursprünglich von weltlichen und kirchlichen Bauherren, letztere unterstützt durch Klosterwerkstätten, selbst wahrgenommen. Etwa um 1300 „begann der Aufstieg der weltlichen Bauorganisation. […] Typisierende Merkmale sind: die Tätigkeit am Ort, der Baumeister in der Funktion des Planers und realisierenden Handwerkers, der Baumeister beherrscht Kunst und Technik.“ Baumeister fertigten die Entwürfe und erstellten auf der Grundlage eines Kostenanschlags dem Bauherrn das Angebot für alle Planungs- und Bauleistungen; und v. a., was wir heute als Projektmanagement bezeichnen, lag in der Hand des Baumeisters. (Pfarr, K.: Planen und Bauen im Mittelalter. In: Bauwirtschaft 12/1991, S. 47) Baumeister Der Titel „Baumeister“ war lange Zeit nicht geschützt. „Bis zum Jahre 1908 konnte sich in Deutschland jedermann den Titel ‚Baumeister‘ ohne weiteres zulegen. Dies wurde anders mit der Novelle zur Gewerbeordnung vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 356). Letztere enthält u. a. einen § 133, der in seinem Absatz 2 vorschreibt, daß die Befugnis zur Führung des handwerklichen Meistertitels in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit im Handwerk hinweist, insbesondere des Titels Baumeister und Baugewerksmeister, von dem Bundesrat geregelt werden soll.“ (Die Baumeisterverordnung […]. Darmstadt 1933, S. 1) Dem Verfasser liegt eine Baumeisterverordnung aus den 1930er-Jahren vor. Die vollständige Bezeichnung lautet: „Verordnung über die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung ‚Baumeister“ (Baumeisterverordnung. Vom 1. April 1933). Sie umfasst acht Paragrafen und regelt die Berufsbezeichnung, die Zulassungsprüfung sowie die Führung derselben. Es werden im Folgenden die ersten beiden Paragrafen wiedergegeben:
1.3 Projektmanager im Bauwesen
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„§ 1 Die Berufsbezeichnung ‚Baumeister‘ sowie Berufsbezeichnungen, die das Wort ‚Baumeister‘ enthalten und auf eine Tätigkeit im Baugewerbe (Hoch- und Tiefbau) hinweisen, darf nur führen, wer 1. die Baumeisterprüfung (§§ 2, 3) bestanden hat oder 2. die Abschlussprüfung an einer deutschen Technischen Hochschule (erste staatliche Hauptprüfung oder Diplomprüfung) im Hoch- oder Tiefbau bestanden hat und nach dieser Prüfung als selbständiger Bauunternehmer oder als Angestellter in einer seiner Vorbildung entsprechenden Stellung in einem privaten Hoch- oder Tiefbauunternehmen oder im Hoch- oder Tiefbau bei Reichs-, Staats- oder Kommunalbehörden mindestens zwei Jahre lang tätig gewesen ist. §2 (1) Zur Baumeisterprüfung ist zugelassen, wer 1. die Gesellenprüfung in einem Bauhauptgewerbe bestanden hat, 2. mindestens fünf Jahre als Geselle, Bauführer oder Techniker bei Ausführung von Bauten praktisch, nicht nur zeichnerisch, tätig gewesen ist, 3. das Reifezeugnis einer staatlichen oder staatlich anerkannten Bau- oder Baugewerksschule besitzt, 4. im Bezirke der Prüfungsbehörde innerhalb der letzten sechs Monates einen Wohnsitz gehabt hat, 5. das 26. Lebensjahr zurückgelegt hat und 6. unbescholten ist. (2) Von den Erfordernissen zu 1 und 4 kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde in Einzelfällen Ausnahmen bewirken.“ (Baumeisterverordnung […]. Darmstadt 1933, S. 5–6) Die Baumeisterverordnung wird erst im Jahr 1979 aufgehoben. (vgl. BGBl. I Nr. 18 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 9. April 1979) Projektmanager – Generalist oder Spezialist? Wer Aufgaben aus dem Projektmanagement im Bauwesen übernimmt, stellt sich die Frage, ob er als Generalist oder Spezialist gefordert ist, und wie man sich optimal vorbereiten kann. Moderne, v. a. komplexe Arbeitsprozesse sind geprägt durch eine hohe Arbeitsteilung. Dies trifft i. d. R. auf alle Arten von Projekten zu. Arbeitsteilung „tritt in zwei grundlegenden Formen auf: –
als Berufsdifferenzierung (Job-Specialization) ist sie unmittelbar soziale Arbeitsteilung und damit weitgehend organisatorische Bedingung: sie führt zur Bildung wohldefinierter Berufe, deren Inhaber über eine gewisse Expertenmacht verfügen und als echte Spezialisten bezeichnet werden können;
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1 Grundlagen des Projektmanagements
–
als Arbeitszerlegung (Task-Specialization) hingegen ist sie rein arbeitstechnische, systeminterne Arbeitsteilung. Ausgehend vom Prinzip der Arbeitsvereinfachung, spaltet sie Arbeitsprozesse in elementare, routinemäßig auszuführende Aktivitäten auf; sie schafft damit nicht echte Spezialisten (Berufsexperten), sondern bloß ‚Spezialisierte‘.“ (Hill, W.; Fehlbaum, R.; Ulrich, P.: Organisationslehre 1. 1994, S. 298) Bezogen auf Projekte im Bauwesen kennen wir heute eine große Zahl von Spezialisten und fachlich Beteiligten in der Planung, z. B. Architekt, Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt und Tragwerksplaner. In der Ausführung sind auf der Seite der ausführenden Unternehmen weitere zahlreiche Spezialisten und Fachleute tätig. Sie alle sind bei der Realisierung von Bauwerken erforderlich. Dabei kommt dem Architekten praktisch immer die Aufgabe eines Koordinators zu. So hat es auch Walter Gropius vor vielen Jahren einmal sehr anschaulich formuliert: „Ich fasse den Architekten von heute als den zusammenfassenden Organisator auf, der alle sozialen, wissenschaftlichen, technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Probleme des Bauens in einem Kopf zu sammeln und mit zahlreichen Spezialisten und Arbeitern in gemeinsamer Arbeit zu einem einheitlichen Werk zu verschmelzen hat.“ (Gropius, W.: Eröffnungswort […]. In: Schweizerische Bauzeitung, 21.2.1931, S. 97)
Die Diskussion um Aufgaben der am Projekt Beteiligten kommt immer wieder auf. Mal geht sie in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Es ist noch nicht sehr lange her, dass der Generalist infrage gestellt wurde, heute hingegen wird er wieder beschworen: „Den Generalisten – den alten Baumeister –, der dilletierend alle Wissensgebiete beherrschte, vom Wasserbau bis zur Sternenkunde, von Philosophie bis zur Kunst, von der Form bis zur Gestalt, gibt es nur noch bei Vitruv nachzulesen; sollte es ihn jemals wiedergeben wollen, würde jeder versucht sein, ihn zu verhindern.“ (Dokumentation zum Schinkelfest 1978 des Architekten- und Ingenieurvereins) Diese Feststellung, von vor rund 40 Jahren, gibt treffend die Entwicklung in der Berufswelt wider und legitimiert in gewisser Weise die Herausbildung des Spezialistentums, wie es nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch bei den freien Berufen zu beobachten war: die Zunahme von Fachärzten in der Medizin, der Fachanwälte im Rechtswesen und ebenso der Fachingenieure in der Technik im Allgemeinen sowie im Bauwesen im Besonderen. Die Träger von speziellem Fachwissen waren gefragt. Sie konnten bei geringerer Konkurrenz ihre beruflichen Möglichkeiten verbessern. Die Zunahme der Spezialisten hatte aber auch Folgen: – Die Notwendigkeit der Koordination und Führung der Spezialisten und – die Gefahr des Verlusts einer ganzheitlichen Sicht und Verantwortung wurden immer größer. Lange Zeit konnte sich der einzelne Architekt oder Ingenieur auf der Grundlage eines breit angelegten Studiums je nach Neigungen, Fähigkeit und Chancen zum Spezialisten entwickeln. Verbunden mit der 1999 veranlassten europaweiten Hochschulreform (BolognaProzess) wurde die Spezialisierung schon im Studium möglich. Auch die Fachhochschulen durften jetzt Masterabschlüsse anbieten und traten in Konkurrenz zu den Universitäten. Bei den im Vergleich zu diesen meist geringeren Kapazitäten wurde die Spezialisierung (Schwerpunktbildung) als eine Chance gesehen.
1.3 Projektmanager im Bauwesen
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Die Zahl der Vertiefungsmöglichkeiten in den Masterprogrammen in den herkömmlichen Studiengängen Architektur, Bauingenieurwesen und Wirtschaftsingenieurwesen (Bauwesen) ist inzwischen fast unüberschaubar. Angebotene Vertiefungen stellen teilweise nur noch kleine Ausschnitte des Bauwesens dar. Im Einzelfall mag das als Weiterbildung nach einem ersten allgemein gehaltenen Masterstudium von Vorteil sein. Als Abschluss eines zehnsemestrigen Studiums ist das jedoch eher der Weg in eine Einbahnstraße. So sieht der Verfasser auch einen ersten Masterabschluss in z. B. Projektmanagement nicht als gute Lösung, denn in diesem Fall kommen v. a. die naturwissenschaftlichen und technischen Grundlagen zu kurz. Ein Hochschulabsolvent sollte sich in den ersten Jahren ausprobieren, um anschließend zu entscheiden, welche Fachrichtung er für das Berufsleben einschlagen wird. Im Übrigen ist keine Berufserfahrung, auf welchem Gebiet auch immer, ohne Nutzen für die fachliche und v. a. persönliche Entwicklung eines späteren Spezialisten und erst recht Nichtspezialisten. Insofern ist die Diskussion über den „Generalisten“, welche von den Kammern und Verbänden in letzter Zeit wieder angestoßen wurde, nicht zu verwundern. Der Bund Deutscher Architekten (BDA) und die Bundesarchitektenkammer (BAK) sind in dieser Hinsicht sehr aktiv. Sie wollen die Position des Architekten gegenüber den anderen am Bau Beteiligten stärken und den Architekten als Generalisten verstanden wissen. An dieser Stelle ist eine branchenunabhängige Definition erforderlich: „Ein Generalist ist eine Führungskraft, die eine Vielzahl von unterschiedlichen Fähigkeiten mit sich bringt und nicht ausschließlich ein Spezialist auf einem Gebiet ist. Generalisten sind insbesondere in der TopFührungsebene eines Unternehmens vorzufinden.“ (http://www.onpulson.de/lexikon/generalist/) Rösel hat vor vielen Jahren schon in seinem Buch „Baumanagement“ das Verhältnis von Generalisten und Spezialisten sehr anschaulich dargestellt (siehe Abb. 1.11). Generalist
Spezialist
Spezialist
Spezialist
Abb. 1.11: Baumanager koordiniert als Generalist Spezialisten. (nach Rösel, W.: Baumanagement […]. 1987, S. 82. Die genaue Bildunterschrift lautet dort: „Bei der üblichen Arbeitsteilung wirkt der Baumanager als Generalist, der mehrere Spezialisten logisch in ihrer Zusammenarbeit koordiniert“.)
Wie ist die Funktion des Generalisten v. a. bei Bauprojekten zu verstehen? Einen Vorschlag macht Madauss. Demnach ist der Projektmanager der Fachmann – wenn man so will, auch der Spezialist – für die erfolgreiche Durchführung einmaliger und komplexer Aufgaben unter besonderen Bedingungen. „Seine Spezialkenntnisse sind jedoch weniger im traditionellen Fachbereich zu suchen, sondern im Bereich der Integration von interdisziplinären Teilaufgaben zu einer höheren Ebene, der Systemebene.“ (Madauss, B.: Handbuch Projektmanagement. 2000, S. 10)
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Über die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit als Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft (oder als Baumanager, siehe folgendes Zitat) hat vor vielen Jahren Rösel Stellung bezogen: „Als verantwortlicher Baumanager in einer Stabsstelle sollte man erst dann tätig sein, wenn man einige Jahre Erfahrung gesammelt hat, wie etwa durch – 3 Jahre Planungstätigkeit in einem Architektur- oder Ingenieurteam, dazu – 3 Jahre Bauabwicklung als Bauführer für ein Architektur- oder Ingenieurbüro [Anm. d. Verf.: heute als Objektüberwachung (Bauüberwachung) bezeichnet] oder in einem Bauunternehmen und – 3 bis 4 Jahre in einer Projektleitung bei der Planung und Abwicklung von Großbauten.“ (Rösel, W.: Baumanagement […]. 1987, S. 72) Der Sicht von Maddaus und den Anforderungen von Rösel ist uneingeschränkt zuzustimmen. Denn wer eine Projektleitung oder Projektsteuerung verantwortlich übernehmen will, muss dazu befähigt sein, – die Aufgaben und Rahmenbedingungen der an der Planung und der an der Ausführung Beteiligten inhaltlich und im Hinblick auf die jeweiligen Rahmenbedingungen wenigstens in den Grundzügen zu verstehen, zu bewerten und gegenüber dem Auftraggeber zu erläutern sowie – in einem Bauprojekt mit seinen Beteiligten, die notwendigen Aufgaben sowie die wesentlichen Rahmenbedingungen „auf einer höheren Ebene, der Systemebene“ zu verstehen. Darunter fällt heutzutage auch der Umgang mit einem Projektkommunikationssystem (PKS). Schon mittlere Bauprojekte sind hinsichtlich der Anzahl der Beteiligten, der Informationen und Prozesse so umfangreich, dass sie ein einzelner Mensch nicht mehr im Detail erfassen kann. Trotzdem müssen Projektmanager stets den Überblick behalten und die Entwicklung bis zum Projektende denken können. Das erfordert einen gewissen Grad an Abstraktion. Rollenverständnis des Projektmanagers im Bauwesen Es muss allen Projekt- und Planungsbeteiligten klar sein, wie sich das Projektmanagement bei Bauprojekten von den anderen Aufgaben, z. B. im Bereich der Produktion oder der Verwaltung, aber auch der Praxis des Projektmanagements in anderen Branchen unterscheidet. Die manchmal vertretenen Auffassungen, man habe ja auch schon mal gebaut, z. B. das eigene Einfamilienhaus, und das sei doch nichts Besonderes, oder es müssten nur die richtigen Verträge abgeschlossen werden, dann würde es doch ohne Probleme gehen, dürfen nicht unwidersprochen stehen bleiben! Ferner sind die planenden Architekten und Ingenieure aufgefordert, sich mehr als bisher üblich mit Projektmanagement nicht nur zu befassen, sondern sich in diesem Bereich gezielt zu qualifizieren. Es besteht bisher für Projektmanager weder eine allgemeingültige Ausbildungsordnung, noch gibt es eine verbindliche Zulassungsregelung für die Ausübung von Aufgaben des Projektmanagements. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Arbeit des Deutschen Verbands der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. (DVP), der Deutschen Gesellschaft für
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Projektmanagement (GPM) und der Bildungswerke der Architektenkammern der Länder, die Weiterqualifikationen für ihre Mitglieder zu Aufgaben aus dem Projektmanagement anbieten. Dabei ergibt sich die Frage, wie die erforderliche Qualifikation für das Projektmanagement erworben werden kann bzw. welcher Personenkreis besonders gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projektmanagement mitbringt. Nachfolgend werden einige – aus Sicht des Verfassers – wesentliche Gesichtspunkte zur „anderen Rolle“ des Projektmanagers erläutert, die für diejenigen relevant sind, die als Architekt oder Ingenieur Erfahrungen gesammelt haben und sich mehr als bisher mit den Aufgaben des Projektmanagements befassen wollen. Ein Projektmanager ist insbesondere in der Projektvorbereitung hinsichtlich seiner Kommunikationsfähigkeit und seines Vermittlungsgeschicks gefordert. Das gilt umso mehr, wenn er innerhalb der Organisation, in der er tätig ist, z. B. als Projektsteuerer aufseiten des Bauherrn, nicht mit allen erforderlichen Weisungsbefugnissen gegenüber den anderen Projektund Planungsbeteiligten ausgestattet ist. Die von manchen Projektmanagern geübte Praxis der Vereinfachung von Planungsinhalten auf Kennwertbildung und Kennwertvergleiche führt zur Reduzierung der Planung auf Funktion, Kosten und Termine. Auch die EDV-gestützte Informationsverwaltung von Projektdaten kann nur ein Teil inhaltlicher und vorausschauender Projektsteuerungsarbeit sein. Deshalb ist eine Qualifikation, z. B. als Architekt oder Ingenieur, verbunden mit mehreren Jahren Praxis in der Planung bzw. Ausführung von Projekten im Grunde unverzichtbar. Dem als Architekt oder Ingenieur ausgebildeten Projektmanager fällt es vergleichsweise leicht, sich in die vom Architekten erstellte Planung oder die vom Ingenieur aufgestellte Berechnung hineinzudenken. Er muss eigene Vorstellungen – um nicht zu sagen, Vorlieben – zurücknehmen und die Leistungen des Fachkollegen mit den Augen des Bauherrn ansehen und werten. Das Verständnis z. B. eines Architekten für Funktion und Gestaltung, die Fertigkeit, Planungsunterlagen zu lesen und erforderlichenfalls gedanklich ergänzen zu können, sind die beste Grundlage, um die Qualität des geplanten Gebäudes richtig einzuschätzen und gegenüber anderen Planungszielen, z. B. Kostenreduzierung, in einem ausgewogenen Verhältnis zu sehen. Das Tätigkeitsprofil und der Alltag eines Projektmanagers unterscheiden sich von dem des Architekten oder Ingenieurs deutlich. Bei der Tätigkeit des Projektmanagers überwiegen – Kalkulation von Kosten und Terminplanung für das Gesamtprojekt, – Prüfung von Planunterlagen, Aufstellungen und Berechnungen, – Koordinationsbesprechungen, – Kontrolle von Planungs- und Ausführungsprozessen, – Analyse von Abweichungen und Ausarbeitung von Steuerungsvorschlägen sowie – Zusammenfassung und Dokumentation der Projektentwicklung. Aus seinen Erfahrungen kann der Baufachmann ableiten, in welchem Umfang und in welcher Weise ein Bauherr Beratung und Unterstützung benötigt. Er kennt den Zeitbedarf und die Komplexität der Planung aus eigener Tätigkeit und er kann dieses Wissen in Form realistischer Vorgaben in den Projektablauf einbringen.
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Aus der Zusammenarbeit mit Bauherren kennt z. B. der Architekt ihre Ziele und Möglichkeiten aus unzähligen Planungsgesprächen. Er kann v. a. ihren Informationsbedarf bei der Projektarbeit sowie die Begrenztheit ihrer zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten einschätzen. Bei den bisher in der Praxis tätigen Projektmanagern überwiegen von der Ausbildung her die Bauingenieure, gefolgt von Architekten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Projektmanagementaufgaben sowohl auf den Hochbau, den Ingenieurbau wie auch den Anlagenbau beziehen. Mindestens bei den Hochbauten dürfen sich Architekten besonders angesprochen und geeignet fühlen, da sie für diesen Bereich der Planung über umfassende Kenntnisse verfügen. Zur Vermeidung von Interessenkollisionen dürfen Projektmanager auf der Bauherrenseite bei ein und demselben Projekt keine weiteren Funktionen übernehmen. Überschneidungen von Leistungen zwischen den Planern und z. B. dem Projektsteuerer kommen bei der ungeteilten Beauftragung von Grundleistungen an den Objektplaner nicht vor. Nach dem Grundprinzip der strikten Trennung der Rollen von Auftraggeber und Auftragnehmer verbietet sich die gleichzeitige Wahrnehmung von Projektsteuerung und Planung bei einem Projekt durch ein und dieselbe Person bzw. Büro. Dies wird im Weiteren an ausgewählten Aufgaben verdeutlicht. Die Kostenplanung, z. B. für ein Gebäude, gehört zu den Grundleistungen des Architekten im Rahmen seines Auftrags (vgl. § 34 HOAI 2013, Leistungsbild Gebäude und Innenräume nach). Wird der Architekt nicht mit dem vollen Leistungsbild – zumindest im Rahmen der Grundleistungen – beauftragt, kann er auch nicht für den Gesamtumfang der entsprechenden Leistungen die Verantwortung tragen. Werden Objektplanung und Kostenplanung von verschiedenen Auftragnehmern erbracht und kommt es zu Kostenüberschreitungen, so wird es dem Bauherrn schwerfallen, den Verursacher hierfür zweifelsfrei festzustellen. Wird die Kostenplanung für die einzelnen Fachbereiche statt vom Objektplaner und den fachlich Beteiligten von einem Projektmanager aufseiten des Bauherrn, z. B. Projektcontroller oder Projektsteuerer, aufgestellt, dann ist die von ihm durchzuführende Prüfung der Kostenermittlung gegenstandslos, die Kontrollfunktion des Projektmanagers aufseiten des Auftraggebers ist hinfällig. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht immer den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie z. B. der Architekt selbst. Zwischen der Ausführungsplanung und der Leistungsbeschreibung gibt es zahlreiche Übergänge, die am besten von einem verantwortlichen Planer, der auch die Objektüberwachung (Bauüberwachung) wahrnimmt, überbrückt werden können. Die Übertragung der Objektüberwachung an den Projektmanager, z. B. Projektcontroller oder Projektsteuerer, bedingt nicht nur einen Bruch in der Durchgängigkeit des Informationsflusses, sondern der mit der Objektüberwachung betraute Projektmanager müsste in diesem Fall auch seine eigene Arbeit kontrollieren. Die jeweils eindeutige und uneingeschränkte Verantwortung für Planung und Projektsteuerung ist zum Nachteil des Bauherrn nicht mehr gegeben. Wenn der Bauherr in seiner Funktion und bei der Wahrnehmung seiner Pflichten als Auftraggeber von einem kompetenten Projektmanager unterstützt wird, dürfen dadurch auch bessere
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Voraussetzungen für die Arbeit des Architekten und der Ingenieure sowie anderer Beteiligter erwartet werden. So soll der Projektmanager des Bauherrn dem Architekten oder Ingenieur ein kompetenter Ansprechpartner sein, der ihm bei seiner Arbeit durch qualifizierte Vorgaben und kompetente Würdigung seiner Arbeit eine Hilfe ist, z. B. bei der Abnahme von Leistungen, bei der Prüfung von Honorarrechnungen oder bei der Finanzplanung. In Zeiten abnehmenden Bauvolumens und zunehmender Konkurrenz untereinander sowie mit anderen Unternehmensformen, z. B. Bauträger oder Generalübernehmer, muss es im Interesse der Planer sein, das Projektmanagement als Alternative oder Vervollständigung ihres bisherigen Leistungsbilds ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Die Übernahme von Aufgaben des Projektmanagements bedeutet für Architekten und Ingenieure ohne Zweifel ein neues Erfahrungsfeld. Auch wenn sie sich nach Bearbeitung eines oder mehrerer Projekte wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe, z. B. der Objektplanung, zuwenden, sind ihnen die neuen Kenntnisse von großem Nutzen für die Steuerung der eigenen Leistungen wie auch für das bessere Verständnis der Belange des Bauherrn und anderer am Projekt Beteiligter. Die wachsende Bedeutung von Projektmanagement für Planer hat auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Thema „Der Ingenieur von morgen“ ganz deutlich herausgestellt: Das erforderliche Qualifikationsprofil des „Ingenieurs von morgen“ vereint viele Talente, vor allem das Zusammenspiel von „hard skills“ und „soft skills“. Zu den rein fachlichen Qualifikation zählen: – ein breites, interdisziplinär angereichertes technisches Wissen, – system- und problemorientiertes Denken, – Verständnis der gesamten Wertschöpfungskette, – betriebswirtschaftliche Kenntnisse, – Beherrschung von Methoden des Projektmanagements und der Entscheidungsfindung, – Marketingfähigkeiten, – gute Fremdsprachenkenntnisse, – Wissen um sozial-ökonomische Einbettung von Technik. Diese Hard Skills können allerdings nur dann effektiv angewendet werden, wenn sie kombiniert sind mit Soft Skills, die in Ingenieurstudiengängen gar nicht oder nur unzureichend vermittelt werden. Zu den Soft Skills zählen: – Kommunikations- und Teamfähigkeit, – Führungstechniken und Verhalten, – interkulturelles Verständnis und kulturelle Empathie, – Lernfähigkeit und Bereitschaft zum „long life learning”. (vgl. Büchtemann, C. F. et al: Kernergebnisse […]. 1999, S. 17–18)
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Projektmanager benötigen Kompetenzen Projektmanager benötigen zur erfolgreichen Wahrnehmung ihrer anspruchsvollen Aufgaben Kompetenzen. Zu dieser einfachen Aussage wird man kaum Widerspruch erwarten müssen. Aber ist damit schon klar, worum es geht? Der in der Umgangssprache gerne verwendete Begriff „Kompetenz“ hat viele Bedeutungen. Sucht man Synonyme zu Kompetenz, findet man z. B. im Duden oder in Wirtschaftslexika weitere Begriffe und Wortverbindungen, die zum einen Persönlichkeitsmerkmale und zum anderen eine institutionelle Position beschreiben. – Persönlichkeitsmerkmale: „Befähigung, Begabung, Beschlagenheit, Fähigkeit, Fertigkeit, Können, Qualifikation, Sachverstand, Sachverständnis, Talent; (gehoben) Vermögen [Anm. d. Verf.: nicht im materiellen Sinne]“. – Institutionelle Position in einer Organisation: „Entscheidungsbefugnis, Zuständigkeit, Zuständigkeitsbereich“. (http://www.duden.de/rechtschreibung/Kompetenz) Die Persönlichkeitsmerkmale sollen an dieser Stelle mit Handlungskompetenz gleichgesetzt werden. Es geht darum, welche Eigenschaften eine Person mitbringt, die eine bestimmte Aufgabe übernehmen soll, z. B. eine Projektleitung oder Projektsteuerung. Entsprechend der Abbildung 1.12 wird Handlungskompetenz in Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Persönlichkeitskompetenz unterschieden.
Handlungskompetenz
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Fachkompetenz
Methodenkompetenz
Sozialkompetenz
Persönlichkeitskompetenz
fachliches Wissen besitzen
verschiedene Methoden kennen
andere in ihrer Eigenart wahrnehmen können
ein Selbstbild haben, das realistisch ist
fachliches Wissen anwenden können
Methoden anwenden können
sich mit anderen verständigen können
überzeugend zu handeln verstehen
fachlich engagiert handeln
bereit sein, Methoden einzusetzen
bereit sein, sich mit anderen zu verständigen
bereit sein, soziale Verantwortung zu übernehmen
Abb. 1.12: Arten und Stufen der Handlungskompetenz. (http://qualifikation.kenline.de/qualifikation/handlungskompetenz.htm)
Die Arten der Kompetenz, wie sie hier in Schlagworten verwendet werden, bedürfen einer kurzen Erläuterung unter Verwendung einschlägiger Quellen.
1.3 Projektmanager im Bauwesen
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Fachkompetenz: Grundlage dafür ist eine gute Ausbildung, z. B. ein Studium des Bauingenieurwesens, eine praktische Berufserfahrung in der Planung und Überwachung/Bauleitung, die regelmäßige und fachspezifische Weiterbildung, z. B. bei Kammern und Verbänden. Weiter sind fachübergreifende Kenntnisse von großem Vorteil, z. B. in Wirtschaft, EDV und in Rechtsfragen. „Unter Fachkompetenz versteht man die für den Umgang mit Sachen notwendige Befähigung, die neben theoretischen Kenntnissen auch praktisch anwendbares Handlungswissen umfasst und intellektuelle sowie handwerkliche Fähigkeiten und Fertigkeiten erfordert. Diese wurden durch Lernprozesse erworben, sind trainierbar und veränderbar. Die Voraussetzung, um sich zusätzliche Fertigkeiten anzueignen, liegt im Grundwissen und in den Grundfertigkeiten. Diese umfassen: – Fachliche Fertigkeiten, – Fachliche Kenntnisse – Fachliches Engagement.“ (http://qualifikation.kenline.de/qualifikation/fachkkompetenz.htm) Methodenkompetenz: Hierunter ist ein planmäßiges Vorgehen zu verstehen. „Methodenkompetenz beinhaltet alle Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die es ermöglichen, Aufgaben und Probleme zu bewältigen, indem sie die Auswahl, Planung und Umsetzung sinnvoller Lösungsstrategien ermöglichen. Methodenkompetenz ist auch die Fähigkeit, Sachwissen zielgerichtet aufzuarbeiten und anzuwenden. Sie befähigt zur systematischen Bearbeitung von Problemen und zur kreativen Neukombination von Informationen und Lösungswegen. Moderne Arbeitsmittel und Methoden werden genutzt, um sich innerhalb kürzester Zeit neues Fachwissen anzueignen. Die Methodenkompetenz bedeutet, dass Führungskräfte und Mitarbeiter verschiedene Methoden kennen und beherrschen. Sie sind fähig, diese […] zur Erledigung der gestellten Aufgaben in wechselnden Situationen im Umgang mit Sachen, Personen und Gruppen und zur Lösung von Sachproblemen erfolgreich anzuwenden.“ Methodenkompetenz begründet sich in intellektuelle Fähigkeiten und deren Training. „Hierzu benötigt werden: – Problemlösendes Denken – Abstraktes und vernetztes Denken – Rhetorik – Analysefähigkeit – Transferfähigkeit – Planungsfähigkeit – Entscheidungsfähigkeit – Informationsbeschaffungsfähigkeit.“ (http://qualifikation.kenline.de/qualifikation/fachkkompetenz.htm)
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1 Grundlagen des Projektmanagements
Sozialkompetenz: „Die Sozialkompetenz umfasst alle Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die dazu befähigen, in den Beziehungen zu Menschen situationsadäquat zu handeln. Um mit anderen Personen erfolgreich in Beziehung treten zu können, ist es notwendig, auf deren Bedürfnisse einzugehen, um konstruktiv zusammenarbeiten zu können. […] Das beinhaltet das gegenseitige Schätzen und Anerkennen von Führungskraft und Mitarbeitern. Das ‚Am-gleichen-Strick-ziehen‘ spielt dabei eine entscheidende Rolle. […] Sozialkompetenz umfasst beispielsweise: – Teamfähigkeit und Hilfsbereitschaft – Soziale Verantwortung – Fairness, Kooperationsbereitschaft und Einfühlungsvermögen – Kommunikationsfähigkeit – Delegationsfähigkeit – Meinungen von anderen akzeptieren und tolerieren (Toleranz) – Äußern von konstruktiver Kritik, aber auch sachliche Kritik annehmen und akzeptieren (Fähigkeit zur Kritik und Selbstkritik) – Verantwortung für sich, für andere und für die bestehenden Aufgaben übernehmen.“ (http://qualifikation.kenline.de/qualifikation/fachkkompetenz.htm) Persönlichkeitskompetenz: „Die Persönlichkeitskompetenz, auch als Selbstkompetenz bezeichnet, beinhaltet Fähigkeiten und Einstellungen, in denen sich die individuelle Haltung zur Welt und insbesondere zur Arbeit widerspiegelt. […] Außerdem schließt die Persönlichkeitskompetenz ein, eigenverantwortlich zu handeln und zur sozialen Verantwortung bereit zu sein, Anforderungen und Erwartungen selbst zu realisieren, sich weiterzubilden und an einem positiven Arbeitsklima mitzugestalten.“ Es werden an dieser Stelle die für das Bauprojektmanagement wichtigsten Eigenschaften ausgewählt. „Dazu gehören: – Verantwortlichkeit – Aufgeschlossenheit – Motivation – Initiative und Engagement – Lern- und Leistungsbereitschaft – Flexibilität – Ausdauer – Kritikfähigkeit – Emotionale Intelligenz […] – Ein realistisches Selbstbild haben.“ (http://qualifikation.kenline.de/qualifikation/fachkkompetenz.htm)
1.3 Projektmanager im Bauwesen
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Wenn die Person über die nötigen Handlungskompetenzen verfügt, ist die entsprechende Funktion innerhalb des Projekts zu definieren. Dazu gehören ein Pflichtenheft/Leistungsbild und die Positionierung innerhalb der Projektorganisation (siehe Kap. 3, v. a. 3.1 und 3.3). Vereinfacht kann man die bisherigen Überlegungen zusammenfassen: Die geeignete Person muss es können und die richtige Position dafür innehaben. Die Voraussetzung von Kompetenz in rechtlicher und organisatorischer Hinsicht ist eine vorzugsweise (formelle) Unternehmens- und/oder Projektstruktur, welche das Unternehmen oder Projekt hinsichtlich der Aufbauorganisation (Hierarchie, Stellen, Verknüpfungen) und der Ablauforganisation (Prozesse, Ergebnisse) sowie des Umfelds erfasst und beschreibt. Auch in Bezug auf die Organisation (Organisationseinheit oder einer Stelle/Person) wird Kompetenz unterschieden: „1. Kompetenz i. e. S.: Befugnis, Maßnahmen zur Erfüllung von Aufgaben zu ergreifen, für deren Bewältigung der Kompetenzträger die Verantwortung trägt. 2. Kompetenz i. w. S.: Sämtliche organisatorischen, d. h. offiziellen, generell und dauerhaft wirksamen Vorschriften für Handlungen in organisatorischen Einheiten. 3. Arten: Entscheidungskompetenz, Realisationskompetenz, Kontrollkompetenz.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kompetenz.html) Aufgabe eines Projektmanagers ist es, ein Bauprojekt zum Erfolg zu führen. Unabhängig davon, ober er als Projektleiter oder Projektsteuerer tätig ist, müssen die Projektziele klar definiert und seine Kompetenzen entsprechend vorhanden sein. Während eine Projektsteuerung vorzugsweise mitwirken, erstellen/aufstellen, abstimmen, umsetzen, fortschreiben, prüfen, überprüfen, analysieren und bewerten und auch steuern soll (vgl. AHO Heft 9 Mai 2014, § 2), braucht eine Projektleitung schon mehr an Kompetenz im Sinne von Macht, um ein Bauprojekt nach vorn zu bringen. Je größer eine Bauherrenorganisation, gemessen an Hierarchieebenen und Personen, ist, umso schwieriger scheint es tatsächlich zu sein, eine Projektleitung – eine Person – mit den erforderlichen Kompetenzen im institutionell-organisatorischen Sinne auszustatten. Das mag eine von mehreren Ursachen dafür sein, dass Großprojekte scheitern. Überhaupt ist in der Bau- und Immobilienwirtschaft die Klärung von Kompetenzen in vielen Fällen nicht gegeben. Der Verfasser musste in langjähriger praktischer Tätigkeit feststellen, dass viele am Projekt Beteiligte nicht genau wussten, – was sie machen sollten, – was sie sich zutrauen konnten und – wofür sie (im Ernstfall) verantwortlich waren. Daraus folgten Nichterledigung von Aufgaben, Unsicherheit, sogar Angst, zu handeln, aber auch Selbstüberschätzung und das verantwortungslose Treffen von Entscheidungen und Anweisungen. Hierbei kommt eine weitere Art von Kompetenz zum Vorschein: die Kompetenz kraft Auftretens. Dieses Phänomen kann, wenn die (vermeintliche) Position die Persönlichkeit überformt, bei (Top-)Managern und Politikern (im Zusammenhang mit Bauprojekten) beobachtet werden.
50
1.4
1 Grundlagen des Projektmanagements
Handlungsbereiche und Projektstufen nach AHO
Es gibt schon längere Zeit eine Fülle von Informationen zum Projektmanagement. Diese waren in der Mehrzahl zunächst auf Projekte in der Luft- und Raumfahrt, im Maschinenbau, in der Datenverarbeitung oder in anderen Bereichen, jedoch weniger auf Projekte im Bauwesen gerichtet. Mit der Verbreitung der Projektsteuerung als Wahrnehmung delegierter Bauherrenaufgaben wurden in den letzten etwa dreißig Jahren geeignete Leistungsbilder sowie Methoden speziell auch für das Bauwesen entwickelt und einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich gemacht. Daneben verfügen öffentliche Bauherren schon länger über vergleichbare Regeln, z. B. Handbücher und Verwaltungsvorschriften für die Durchführung von Investitionen im Bauwesen. Als Handlungsbereiche des Projektmanagements (Projektleitung, Projektsteuerung, Projektcontrolling) werden unterschieden und in jeweils einem eigenen Kapitel ausführlich erläutert: – Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) – Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) – Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) – Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) – Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (Kapitel 8) Grundlage ist § 5 Leistungsbild Projektsteuerung aus Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, erarbeitet von der AHO-Fachkommission „Projektsteuerung/Projektmanagement“ (siehe Abb. 1.13). Projektstufen nach AHO 1 Projektvorbereitung
Bauherrenaufgaben Projektentwicklung, strategische Planung
2 Planung
3 Ausführungsvorbereitung
4 Ausführung
Projektüberwachung
5 Projektabschluss
Projektbetreuung
Leistungsphasen nach HOAI 1 (Grundlagenermittlung) 2 (Vorplanung) 3 (Entwurfsplanung) 4 (Genehmigungsplanung) 5 (Ausführungsplanung) 6 (Vorbereitung der Vergabe) 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) 8 (Objektüberwachung, (BÜ) und Dokumentation) 9 (Objektbetreuung)
Abb. 1.13: Projektstufen (AHO) und Leistungsphasen (HOAI). (Fortgeschrieben nach AHO (Hrsg.): Heft 9 März 2009, S. 9, und HOAI 2013)
2
Bauherrenaufgaben und -organisation
Projektmanagement ist aufseiten des Bauherrn unverzichtbar. Zumindest die Projektleitung muss im Grundsatz von ihm selbst wahrgenommen werden. Als ein Teil der Projektleitung oder als eigene Funktion ist bei größeren Bauvorhaben auch ein Projektcontrolling erforderlich. In vielen Fällen ist eine zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn in der Form einer Projektsteuerung notwendig oder sinnvoll. Die hier angesprochenen Funktionen lassen den großen Umfang von Bauherrenaufgaben erkennen. Diese werden im Folgenden ausführlich behandelt.
2.1
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
Wenn vom Bauherrn gesprochen wird, ist damit nicht unbedingt der Bauherr als natürliche Person gemeint. Tatsächlich ist dieser Bauherr im herkömmlichen Sinne inzwischen die Ausnahme. Stattdessen haben es die anderen am Projekt Beteiligten mit Bauherrenorganisationen zu tun, die in der praktischen Zusammenarbeit aus mehreren Bauherrenvertretern bestehen. Worin bestehen die Bauherreneigenschaften? „Bauherr ist, wer auf seine Verantwortung eine bauliche Maßnahme vorbereitet/ausführt oder vorbereiten/ausführen lässt. Bauherr ist dabei in der Regel derjenige, dem die Baugenehmigung erteilt wird und/oder der im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist. […].“ (Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, 2015, S. 1) Der Bauherr ist nicht immer eine einzelne Person. Auch eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Behörden können Bauherren sein. Bauherrenorganisationen zeichnen sich im Gegensatz zum Bauherrn als einzelne Person durch eine Vielzahl von Beteiligten aufseiten des Auftraggebers aus, die bezogen auf das Projekt unterschiedliche Ziele verfolgen. Diese von Beginn an zu erfassen und zu koordinieren, ist eine schwierige und zeitaufwendige Aufgabe. Gegenüber den meist zahlreichen Auftragnehmern, insbesondere den Planern, sind die internen Abstimmungen für die Zielsetzungen auf der Bauherrenseite und deren eindeutige Formulierung, z. B. in Form des Raum- und Funktionsprogramms, im Hinblick auf einen störungsfreien Projektablauf unerlässlich. Abbildung 2.1 stellt in einem Organigramm den Bauherrn und die zahlreichen vertraglichen und sonstigen Beziehungen zu den weiteren am Projekt Beteiligten dar. Dieses Organigramm ist eines von vielen, die in den weiteren Kapiteln noch folgen werden.
52
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Je nach thematischem Schwerpunkt, z. B. Projektmanagement in der Planung, werden einzelne Beteiligte ersetzt und neu hinzugefügt. So kann z. B. ein Generalplaner anstelle des Objektplaners und der fachlich Beteiligten der einzige Vertragspartner des Bauherrn für die Planungsleistungen sein (siehe zahlreiche weitere Organigramme in diesem Buch). Mit dem Nutzer beginnend werden entgegen dem Uhrzeigersinn die im Organigramm genannten Beteiligten – Kreditinstitute, Sonderfachleute, Objektplaner, fachlich Beteiligte, ausführende Firmen und Träger öffentlicher Belange – kurz erläutert.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Bauherr
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 2.1:
Nutzer
Bauverträge
fachlich Beteiligte
ausführende Firmen
Träger öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte.
Als Nutzer werden alle natürlichen oder juristischen Personen bezeichnet, die im Objekt ihren Betrieb oder Haushalt führen, z. B. wohnen, Leistungen erbringen oder in Anspruch nehmen, oder sich auch nur vorübergehend als Gäste oder Besucher im Objekt aufhalten. Nutzer ist also auch der Betreiber selbst, seine Mitarbeiter und Lieferanten, Kunden und Besucher. Vorrangiges Ziel der Planung eines Gebäudes ist es, dass es nutzungsgerecht ist. Dafür sind alle gestalterischen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Der Begriff „Bank“ wird heute gleichbedeutend mit „Kreditinstitut“ gebraucht. Eine Bank versorgt private und öffentlich-rechtliche Haushalte und Unternehmen mit Zahlungsmitteln, handelt gewerbsmäßig mit Geldkapital und Kapitalrechten und betreibt auch andere mit dem Geldverkehr verbundene Geschäfte. Banken spielen über die Kapitalbereitstellung hinaus in vielen Fällen auch eine aktive Rolle bei Bauprojekten, denn sie investieren selbst oder in Kooperation mit Projektgesellschaften, z. B. in der Immobilienprojektentwicklung, in Bauprojekte.
2.1 Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
53
Zu den Sonderfachleuten gehören Berater und Sachverständige für Umweltverträglichkeitsstudien, Bauphysik, Bauakustik, soweit erforderlich. Untersuchungen zur Geotechnik und die Ingenieurvermessung sind bei jedem Neubau unverzichtbar. Der Objektplaner – für den Hochbau ist das der Architekt – übernimmt die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Anstelle der Berufsbezeichnung „Architekt“ wird vielfach auch die Bezeichnung „Entwurfsverfasser“ verwendet. Vom Bauherrn soll dem Architekten eine klar formulierte und umfassende Aufgabenstellung für die Objektplanung vorgegeben oder gemeinsam mit ihm erarbeitet werden. Im Rahmen seines Vertrags schuldet der Architekt eine technisch und wirtschaftlich einwandfreie Planung. Dabei ist er verpflichtet, den Stand der Technik zu beachten und für ein von Mängeln freies Bauwerk zu sorgen. Von entscheidender Bedeutung für den Auftraggeber ist nach der Umsetzung des Nutzerbedarfs in den Entwurf die Objektüberwachung während der Bauausführung durch den Architekten. Der Architekt hat darüber zu wachen, dass die ausgeführten Bauleistungen mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen übereinstimmen. Ferner hat er zu überprüfen, dass die Ausführung mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften übereinstimmt. Neben dem Architekten sind vom Bauherrn die fachlich Beteiligten für die Planung und Überwachung zu beauftragen. Sie übernehmen Planungsleistungen insbesondere für die Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung. Gegenstand der Tragwerksplanung (Statik) ist die Standsicherheit des Bauwerks. Hierfür erarbeitet der Tragwerksplaner (Statiker) Lösungen hinsichtlich der Baustoffe, der Bauarten, des Herstellungsverfahrens und der Art der Gründung auf der Grundlage der Objektplanung und unter Beachtung der in die Planung zu integrierenden Beiträge der weiteren fachlich Beteiligten, z. B. Ingenieure für Bodenmechanik und Technische Ausrüstung. Häufig haben sich diese auf einzelne Anlagengruppen wie Heizungs-, Klima-, und Lüftungstechnik oder Elektroplanung spezialisiert, sodass für die Planungsleistungen mehrere Büros unter Vertrag genommen werden müssen. Für die Realisierung von Bauleistungen stehen ausführende Firmen ganz unterschiedlicher Größe und Struktur zur Verfügung. Für die Beauftragung der Bauleistungen kommen im Fall großer Projekte v. a. Baukonzerne, für die Gewerke des Ausbaus ebenso kleinere Handwerksbetriebe in Betracht. Die Vergabe in Fachlosen an Bauunternehmer gilt grundsätzlich als Regelfall. Zu den Fachunternehmern zählen einerseits Handwerksbetriebe und andererseits größere Baufirmen. Während Handwerksbetriebe überwiegend kleinere bis mittlere Aufträge ihres Gewerks in Einzelfertigung und mit geringem Maschineneinsatz ausführen, übernehmen größere Baufirmen regional und überregional Leistungen meist mehrerer Gewerke, z. B. den vollständigen Rohbau, und bedienen sich dabei anderer Firmen als Nachunternehmer. Die Vergabe von Bauleistungen in Einzelgewerken an zahlreiche Fachunternehmer wird als Fachlosvergabe bezeichnet. Je nach Art und Größe eines Bauprojekts erfolgen bei der Fachlosvergabe etwa 25 bis 35 Einzelausschreibungen, und es werden mit entsprechend vielen Bau- und Lieferfirmen Verträge geschlossen. Zu den Trägern öffentlicher Belange (TöB) zählt jede Behörde oder Stelle, die einen öffentlichen Sachbereich verwaltet und entsprechend den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei der Planung zu beteiligen ist. Dies gilt z. B. für die Aufstellung von Bauleitplänen nach dem Baugesetzbuch oder für die Festlegung von Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach dem Baugesetzbuch (vgl. § 4 BauGB).
54
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
In Einzelfällen können über die gesetzliche Verpflichtung hinaus auch Stellen und Personen zu beteiligen sein, die zwar nicht als Träger öffentlicher Belange anzusehen sind, von denen aber sachdienliche Anregungen zu erwarten sind. Die Bauaufsicht z. B. des Landkreises, die Unternehmen der Elektrizitäts- und Gasversorgung, das zuständige Wasserwerk oder die Feuerwehr sollen nur als Beispiele dienen. Es gehört zur Projektvorbereitung, alle Behörden und Stellen, die berücksichtigt werden müssen, rechtzeitig zu erfassen. Bauherren haben zum Gelingen eines Projekts durch die Wahrnehmung vielfältiger Aufgaben beizutragen. Hierzu gehören auf jeden Fall – Festlegen der Projektziele, z. B. Qualitätsvorstellungen, – Aufstellen eines Organisations- und Terminplans für die Bauaufgabe, – Abschluss von Verträgen zur Verwirklichung der Projektziele, – Koordination und Steuerung der Projektbeteiligten mit mehreren Fachbereichen, – Untersuchen von Zielkonflikten und Entscheidung zur Fortschreibung der Projektziele – Prüfen der Planungsergebnisse auf Einhaltung der Planungsvorgaben sowie – Ergänzen von Kostenermittlungen, soweit die anderen Projektbeteiligten dafür nicht zuständig sind. Nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften hat der Bauherr weiterhin eine Vielzahl von Pflichten, die sich unter anderem aus den Landesbauordnungen ergeben. So hat er grundsätzlich – zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens einen Entwurfsverfasser, einen Unternehmer und den verantwortlichen Bauleiter zu beauftragen. Außerdem obliegen ihm – die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Mitteilungen und Nachweise an die Bauaufsichtsbehörde und – eine Verkehrssicherungspflicht. (vgl. Werner, U.; Pastor, W.; Müller, K.: Baurecht von A–Z. 2000, S. 217–218) Hierzu heißt es in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) wörtlich: „Der Auftraggeber hat für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln. Er hat die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse – z. B. nach dem Baurecht, dem Straßenverkehrsrecht, dem Wasserrecht, dem Gewerberecht – herbeizuführen.“ (VOB/B 2012, § 4 Abs. 1) Seit 1998 werden dem Bauherrn durch die Baustellenverordnung (Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung – BaustellV)) zusätzlich arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen aufgegeben. Diese oblagen bis dahin primär den ausführenden Firmen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber insbesondere der gewerblichen Mitarbeiter. Die Aufgaben des Bauherrn definieren sich aus der Baustellenverordnung selbst, insbesondere aus den §§ 2 und 3 BaustellV.
2.1 Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte
55
Danach hat der Bauherr unter anderem die folgenden Pflichten: „– Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 Arbeitsschutzgesetz bei der Planung und Ausführung des Vorhabens, – Ankündigung des Vorhabens bei der Behörde bei Bauvorhaben, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, – Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden, – Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsplanes bei größeren Baustellen und/oder bei besonders gefährlichen Arbeiten, – Zusammenstellen einer Unterlage für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage.“ (http://www.baua.de/de/[...]) Wer kann als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) diese Aufgaben übernehmen, wenn der Bauherr selbst nicht in der Lage ist, oder ihm die notwendige Zeit nicht zur Verfügung steht? „In § 4 BaustellenV erhält der Bauherr die Möglichkeit, einen Dritten mit der Durchführung der Maßnahmen nach §§ 2 und 3 BaustellenV zu beauftragen. Bei dem ‚Dritten‘ kann es sich um einen Projektsteuerer, einen Architekten oder einen Generalunternehmer handeln.“ (Meurer, K.: Der Bauherr, der Dritte und der Koordinator […]. In: DAB 04/2002, S. 52) Gegenüber den Planern und ausführenden Firmen hat der Bauherr in vertraglicher Hinsicht die Funktion eines Auftraggebers. Teilweise wird auch vom „Besteller“ gesprochen. Im weiteren Text werden die Bezeichnungen „Auftraggeber“ und „Bauherr“ gleichbedeutend verwendet. Der Bauherr und seine Auftragnehmer – Architekten, Ingenieure und ausführende Firmen – gehen vertragliche Beziehungen in Form von Planungs- und Bauverträgen ein (siehe Abb. 2.1). Letztlich trägt der Bauherr eine hohe Verantwortung, denn – „[j]edes Bauvorhaben einer nennenswerten Größenordnung wird von einer ganzen Reihe verschiedener Leistungsträger realisiert. – Alle Projektbeteiligten sollten möglichst zielorientiert und arbeitsteilig zusammenarbeiten. – Der Bauherr ist dafür verantwortlich, dass diese Zusammenarbeit effektiv geschieht. Deshalb hat er dafür zu sorgen, dass alle am Projekt Beteiligten optimal zusammenarbeiten, um das Bauvorhaben zu verwirklichen. – Im Ergebnis kommt dem Bauherrn die Rolle des obersten Projektmanagers zu, die in der amerikanischen Managementliteratur allgemein wie folgt definiert wird: Managing is to get things done through others.“ (Will, L.: Vom Bauherrn zum Projektsteuerer […]. 1987, S. 96) Handelt es sich um eine Bauherrenorganisation, also um eine Vielzahl von Beteiligten aufseiten des Bauherrn, können die Bauherrenaufgaben zwar auf die jeweils vorhandenen Fachleute aufgeteilt werden, aber es entsteht dadurch innerhalb der Bauherrenorganisation ein nicht zu unterschätzender Koordinationsaufwand. Schließlich hat der Bauherr die Pflicht, bei der Fertigstellung aller Aufgaben, also zum Abschluss des Projekts, die Bauleistungen abzuneh-
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
men und alle diejenigen zu bezahlen, die am Bau beteiligt waren. Das sind Planer, Berater, ausführende Unternehmen und Lieferanten. Schon unmittelbar nach dem erfolgten Erwerb des Grundstücks ist der Bauherr verpflichtet, seinen Beitrag zur Verkehrssicherheit des Grundstücks zu leisten. Das trifft auch auf die Bauphase zu. In jedem Fall ist das Treffen von Entscheidungen besonders schwierig, da i. d. R. Interessengegensätze auftreten und im Innenverhältnis der Bauherrenorganisation zu klären sind, bevor diese an die externen Auftragnehmer, also Planer und ausführenden Firmen, weitergegeben werden können. Soweit Entscheidungen in den Gremien der Bauherrenorganisation getroffen werden müssen, entstehen leicht Schwierigkeiten in Form von – langwierigen Entscheidungsprozessen auf der Suche nach einer einheitlichen Meinungsbildung, – mangelndem Engagement des Einzelnen und dem Versuch weitgehender Delegation der Verantwortung auf andere Beteiligte, – Reduzierung der Projektziele auf rein wirtschaftliche und funktionale Aspekte, – Verbrauchermentalität und Funktionsverhalten, – überhöhten und nicht erforderlichen Sicherheitsanforderungen. Entsprechend kritisch beschreibt Conradi die Arbeit von Gremien: „Die Gremien reden und wägen ab, die Bedarfsträger und Bedenkenträger suchen den Kompromiss, man sichert sich ab, vertritt das jeweilige Ressort – so entsteht Mittelmaß. Neues, Überraschendes, ja Revolutionäres entsteht selten aus Gremien.“ (Conradi, P.: Die Verantwortung des öffentlichen Bauherrn. In: BDA 10/1995, S. 32) Der Grund hierfür ist, dass letztlich einzelne Personen nicht bereit sind, die Verantwortung für notwendige Entscheidungen zu übernehmen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen nicht einmal um die wirtschaftliche Verantwortung für die Mehrkosten oder Verluste aufgrund falscher Entscheidungen. Auch die Personifizierung solcher Probleme kann für den einzelnen Projektbeteiligten für seine weiteren beruflichen Chancen schädlich sein. Aus diesen Gründen versuchen Bauherren zunehmend, sowohl das Projektmanagement als auch damit verbundene Risiken auf Dritte zu übertragen. Die eigene Planung kann teilweise, die Koordination und die Kontrolle der Auftragnehmer kann weitgehend delegiert werden. Die Formulierung der obersten Projektziele und das Treffen der für das Projekt wesentlichen Entscheidungen, z. B. zu Standort, Programm oder Freigabe von Leistungen, können in letzter Verantwortung nur durch den Bauherrn selbst erfolgen. Bauherren fordern deshalb häufig von ihren Auftragnehmern „– Volle Übernahme des t ec h ni sc he n Risikos (z. B. durch erweiterte und verlängerte Gewährleistung), –
volle Übernahme des wi r ts c ha f tl ic h e n Risikos (z. B. durch Erbringung einer gebrauchsfähigen Gesamtleistung möglichst zum Pauschalfestpreis einschließlich Zeitgarantie)
2.1 Bauherr und weitere am Projekt Beteiligte –
57
volle Übernahme des r e c ht li ch e n Risikos (z. B. durch vertragliche Bindung an nur einen Verantwortlichen durch Übernahme der Gefahrtragung für die Gesamtleistung bis zu deren Abnahme usw.)
–
volle Übernahme eigener Mitwirkungspflichten (z. B. durch Entlastung oder gar Übernahme von Koordinationsaufgaben).“ (Pfarr, K.: Trends, Fehlentwicklungen […]. 1988, S. 98)
Viele Auftragnehmer kommen diesen Anforderungen soweit wie möglich durch neue oder erweiterte Leistungsbilder bzw. Unternehmensformen nach, z. B. als Projektsteuerer, als Generalplaner, als Generalunternehmer oder als Totalunternehmer. In der Praxis sind auch häufig Mischformen anzutreffen. Auf die genannten Organisationsformen wird in den folgenden Kapiteln ausführlich eingegangen. Die Bedeutung des Bauherrn als verantwortliche Führungsinstanz bzw. in seiner Funktion als Auftraggeber bleibt aber davon unberührt. Ebenfalls kritisch beschreibt Hobusch seine Erfahrungen mit Bauherren, die er bei der Realisierung von Krankenhausprojekten gewonnen hat. Als Interessen der Bauherren benennt er: „– das Interesse, Baukosten so zu gestalten, um das Projekt ‚in die Finanzierung zu bekommen‘, – das Interesse nach einem schnellen Baubeginn aus Wahlkampfgründen, – das Interesse, aufgrund fehlender Mittel den Bauablauf zu strecken, – das Interesse, aus medizinischer Sicht oder auch aus Gründen ärztlichen Selbstbewußtseins, den modernsten Standard an Geräten und Ausstattung zu bekommen, – das Interesse, aus regionalen Arbeitsmarktgründen möglichst ansässige Firmen einzuschalten.“ (Hobusch, R.: Was können Projektsteuerer leisten? In: Der Architekt 04/1993, S. 230) Die vorher beschriebenen – teilweise karikierten – Verhaltensweisen von Bauherren oder ihren Vertretern lassen sich nicht vollständig ändern, weil sie in deren persönlichen Eigenschaften begründet sind. Gleichwohl entstehen hieraus Probleme und Störungen des Projektverlaufs. Abhilfe setzt die richtige (Selbst-)Einschätzung des Bauherrn bzw. der Vertreter der Bauherrenorganisation voraus. Lösungen werden durch die geeignete Form des Projektmanagements gesucht. Die Übernahme von Projektmanagementaufgaben durch andere Projektbeteiligte als Auftragnehmer des Bauherrn kann eine große Hilfe sein. Die Verantwortung für das Projekt als Ganzes kann dem Bauherrn allerdings niemand abnehmen. Die große Bedeutung der Bauherrenrolle hat der bekannte Architekt Hans Pölzig mit den folgenden Worten beschrieben: „[…] wo der Auftraggeber mit Passion, der Bauherr als zeugender und empfangender Gegenpol fehlt, ist eigentlich Hopfen und Malz verloren.“ (Will, L.: Vom Bauherrn zum Projektsteuerer […]. 1987, S. 96) Wie wichtig die Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben ist, zeigen bedauerlicherweise, aber in aller Deutlichkeit die Fehlentwicklungen bei Bauprojekten (siehe dazu folgenden Auszug aus einem aktuellen Bericht des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Endbericht der Reformkommission Bau von Großprojekten 2015: Fehlentwicklungen Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat eine mit 36 Experten besetzte Reformkommission im Zeitraum von 2013 bis 2015 die Ursachen von Kosten- und Terminüberschreitungen bei öffentlichen Großprojekten untersucht. Der Endbericht der Untersuchungen liegt seit Juni 2015 vor. Die darin getroffenen Aussagen decken sich mit den Beobachtungen des Verfassers des vorliegenden Buches. Dieser soll einen Beitrag leisten, um derartige Fehlentwicklungen in Zukunft zu vermeiden. „Fehlentwicklungen bei Großprojekten in Deutschland haben viele Ursachen: – Die Baukosten werden häufig bereits beziffert, bevor belastbare Planungen vorliegen. Die Schätzungen sind zum Teil politisch motiviert, vernachlässigen bestehende Risiken und liegen häufig deutlich unter den tatsächlich zu erwartenden Kosten. – Eine ungenaue Ermittlung der Bauherrenwünsche sowie die unzureichende Berücksichtigung der Besonderheiten des Projekts bei Planungsbeginn führen zum Teil zu kostenträchtigen Änderungen von Planung und Bauausführung. – Großprojekte werden nicht immer detailliert genug geplant. Eine unzureichende Kooperation der Beteiligten führt zu inkompatiblen Teilplanungen. IT-gestützte Methoden wie z. B. Building Information Modeling (BIM), die zur Vermeidung solcher Planungsfehler beitragen können, finden kaum Anwendung. Zudem wird mit Baumaßnahmen teilweise bereits begonnen, bevor die Planung abgeschlossen ist. Dies führt in der Regel ebenfalls zu kostenintensiven Korrekturen. – Kein Projekt ist risikofrei. Trotzdem fehlt sowohl auf Seiten der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer oft ein frühzeitiges und kontinuierliches Risikomanagement mit Vorsorgemaßnahmen im Hinblick auf Handlungsalternativen, Zeit und Kostenrahmen. Selbst wenn Risiken betrachtet werden, finden sie in der Regel keinen Eingang in das im Haushalt veranschlagte Projektbudget. Der Eintritt von Risiken ist damit eine häufige Ursache für Kostensteigerungen und Terminüberschreitungen. – Die Bauherrenkompetenz, aber auch die Managementkompetenz in Unternehmen, genügt nicht immer den Anforderungen eines Großprojekts. Darüber hinaus mangelt es den Organisationsstrukturen bei Auftraggebern und Auftragnehmern vielfach an einer klaren Festlegung von Verantwortlichkeiten, Entscheidungskompetenzen, Entscheidungswegen und -fristen. – Ein regelmäßiges und unabhängiges Controlling sowie interne und externe Streitbeilegungsmechanismen sind oft nicht vorhanden. Es fehlt zudem an Transparenz von Projektstand, Kosten, Risiken und Terminen gegenüber der Öffentlichkeit. – Ausschreibungen von Baumaßnahmen erfolgen teilweise auf Basis nicht abgeschlossener Planungen und sind daher anfällig für Nachträge. Bauaufträge werden häufig ausschließlich auf Basis des Angebotspreises vergeben. Der billigste Bieter ist aber nicht immer der wirtschaftlichste. Vielmehr bieten potentielle Auftragnehmer teilweise unter Selbstkosten an, mit dem Ziel, Planungsdefizite und -änderungen für spätere Nachträge zur Kostendeckung zu nutzen. Dies führt zum Teil zu Qualitätseinbußen und begünstigt den Streit um Nachträge. Großprojekte sind damit häufig geprägt von Misstrauen und Streit statt von Kooperation und partnerschaftlichem Umgang miteinander.“ (BMVI (Hrsg.): Reformkommission Bau von Großprojekten […]. 2015, S. 5–6)
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
2.2
59
Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
Unabhängig von der Stellung des Bauherrn und der Rechtsform der Bauherrenorganisation sind Bauherren nach der aktiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Pflichten in selbstausübende Bauherren, fungierende Bauherren und Bauherren als Investoren zu unterscheiden und vom Erwerber eines Objekts abzugrenzen (siehe Abb. 2.2). Arten von Bauherren selbstausübender Bauherr Abb. 2.2:
fungierender Bauherr
Nichtbauherr Bauherr als Investor
Erwerber
Arten von Bauherren und Abgrenzung zum Erwerber.
Das ursprüngliche Bauen erfolgte durch selbstausübende Bauherren, die von eigener Hand selbst planten und ausführten, ohne im heutigen Sinne Planer und ausführende Firmen zu benötigen. Es handelte sich dabei i. d. R. um kleinere selbstgenutzte Wohngebäude und landwirtschaftliche Bauten („architecture without architects“). Dieses Bauen beschränkt sich heute auf einen kleinen Teil von Gebäuden in ländlichen Gegenden und die Selbsthilfe bei Eigenheimen. Diese Bauherren vereinigen alle Funktionen, die man bei großen und komplexen Aufgaben benötigt, im Idealfall in ihrer eigenen Person. Die bei vielen Projekt- und Planungsbeteiligten notwendige Koordination ist insoweit nicht erforderlich. Der fungierende Bauherr (fungieren: ein Amt verrichten, tätig wirksam sein) nimmt alle Bauherrenaufgaben wie Ziele setzen, Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen bewusst und uneingeschränkt wahr. Er beteiligt sich aktiv an der Planung im Zusammenwirken mit Planern und Nutzern und hat ein über die wirtschaftlichen Ziele weit hinausgehendes Interesse am Objekt selbst. Für den Bauherrn als Investor steht die zielorientierte, langfristige Bindung finanzieller Mittel in ein Objekt im Vordergrund. Der Investor ist vordergründig an der Erhaltung und Mehrung des eingesetzten Kapitals (Rendite) interessiert. Die Verwendung des eingesetzten Kapitals hinsichtlich Standort und Nutzung des Objekts ist zweitrangig. Der Investor hat am Objekt nur insoweit Interesse, als seine wirtschaftlichen Zielsetzungen betroffen sind, er delegiert das Projekt und das Objektmanagement weitgehend an Dritte. In größerem Umfang werden heute Immobilien, z. B. Bürogebäude, Reihenhäuser oder Eigentumswohnungen, vom Projektentwickler initiiert und nach Fertigstellung an den Erwerber übereignet. Wie in der Industrie, wo die Trennung von Eigentum und Management überall anzutreffen ist, hat sich auch im Bauwesen durch den Rückzug der fungierenden Bauherren eine Lücke aufgetan, die durch Projektmanager ausgefüllt werden musste. Beispiele für die vollständige Trennung von Eigentum einerseits und Projekt- sowie Objektmanagement andererseits sind z. B. das Bauherrenmodell und Immobilienfonds. Während die einmaligen Aufgaben aufgrund ihrer Bedeutung vom Bauherrn in seiner Eigenschaft als Eigentümer grundsätzlich selbst wahrgenommen werden sollen, können die laufenden Aufgaben durchaus ohne Probleme an Vertreter einer Bauherrenorganisation delegiert werden. So können Projektmanager bei den unterschiedlichen Arten von Bauherren einen mehr oder weniger großen Umfang an Bauherrenaufgaben übernehmen.
60
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Der Erwerber kann zwar unter Umständen während der Planung in geringem Umfang Einfluss auf die Planung nehmen, z. B. bei der Auswahl von Materialien im Innenausbau, ist jedoch kein Bauherr. Die Erwerber nehmen auf Planung und Ausführung nur insoweit Einfluss, als sie vor dem Erwerb an einer Immobilie Interesse bekunden oder mit dem Projektentwickler vertragseinig werden. Regelwerk
Bauherr (als/und Nutzer)
Planer, ausführende Unternehmen
BGB
„Besteller“ (Auftraggeber eines Werks)
„Unternehmer“ (Planer und Baufirmen)
HOAI 2013
Begriff „Bauherr“ wird beispielsweise in LPH 4 unter Besondere Leistungen genannt (keine Definition)
Objektplaner, (sonstige) an der Planung fachlich Beteiligte (funktionales Verständnis, nicht auf Personen bezogen)
VOB
„Auftraggeber“
„Bieter“, „Auftragnehmer“ (ausführendes Unternehmen)
BbgBO (Landesbauordnung)
§ 47 Bauherr (zentrale Person, die ein Bauprojekt gegenüber der jeweiligen Bauaufsichtsbehörde verantwortet)
§ 48 Objektplaner, Bauvorlageberechtigung
AHO Heft 9 Mai 2014
Unterscheidung in nicht delegierbare Bauherrenaufgaben (Projektleitung) und delegierbare Bauherrenaufgaben (Projektsteuerung)
können delegierbare Bauherrenaufgaben übernehmen
RBBau
„Nutzende Verwaltung“, „Nutzer“, „Nutzende Dienststelle“, Bedarfsträger“, „Maßnahmenträger“, „Fachministerium“, (Bundes-) “Finanzministerium“, „Bauverwaltung“, „Oberste Instanz“, „Bedarfsträger“, „Fachaufsicht“, „Fachaufsicht führende Ebene“, „Oberste Technische Instanz“, „Baudurchführende Ebene“, „Bauverwaltung“ (Bezeichnung je nach der zu beschreibenden Funktion)
„Freiberuflich Tätige“, „Freischaffende“ (Planer, die nicht der öffentlichen Bauherrenschaft angehören)
Abb. 2.3: Bezeichnungen für Bauherr, Planer und ausführende Unternehmen. (nach Bech, J.: Die Funktion des öffentlichen Bauherrn […]. Dissertation BTU Cottbus, 2013, S. 13)
Interessant, aber nicht dem besseren Verständnis dienend, sind die begrifflichen Variationen der hier behandelten Funktion „Bauherr“. Jan Bech verdanken wir die vorstehende Übersicht (Abb. 2.3). Sie zeigt anschaulich, wie in den für das Bauwesen maßgeblichen Regelwerken die am Bau Beteiligten, dabei insbesondere der Bauherr, auch noch bezeichnet werden.
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
61
Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014 Die Literatur zum Projektmanagement von Bauvorhaben beschreibt Bauherrenaufgaben zur Unterstützung des Bauherrn in der Funktion als Auftraggeber. Obwohl eine Projektleitung, eine Projektsteuerung, ein Projektcontrolling oder eine Generalplanung eine Entlastung bedeuten (siehe Kap. 3 und 10), so bleiben dem Bauherrn immer noch zahlreiche Aufgaben, die er nicht delegieren kann. Diese können allgemein benannt werden, aber im Einzelnen hängt es vom Bauherrn ab, ob und wann er sich in das Projekt einbringt. Damit die Auftragnehmer des Bauherrn ihre eigenen Vertragsleistungen erbringen können, hat der Bauherr als Auftraggeber am Projekt mitzuwirken und folgende Aufgabe zu erfüllen: – Vorbereitungen treffen – Unterlagen und weitere Informationen übergeben – (Haupt-)Ziele festlegen – Sachverhalte klären und abstimmen – Entscheidungen treffen – Aufträge erteilen – Leistungen entgegennehmen, prüfen/überprüfen und rechtsgeschäftlich abnehmen – notwendige Vollmachten klären und erteilen – Finanzierung sichern – Rechnungen und Gebühren begleichen Ob und wie er seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, ist für die Arbeit seiner Auftragnehmer und damit auch für den Projekterfolg entscheidend. Unterlassungen und Fehler des Auftraggebers können den Projektverlauf erheblich beeinträchtigen. Oft sind sich Bauherren der notwendigen Mitwirkung und der damit verbundenen Verantwortung nicht bewusst. Sie bedürfen dann der Beratung und der Unterstützung vonseiten ihrer Auftragnehmer. So ist es sehr zu begrüßen, dass die AHO-Fachkommission Projektmanagement erstmals hier so bezeichnete „Mitwirkungshandlungen“ zusammengestellt hat. Ausgangspunkt ist hierbei die Beauftragung einer Projektsteuerung im Umfang der Grundleistungen nach AHO Heft 9 Mai 2014. Die „Mitwirkungshandlungen“ des Auftraggebers sind wie die Leistungen der Projektsteuerung nach Projektstufen und Handlungsbereichen gegliedert und den Letzteren gegenübergestellt. Somit steht der Auswahl und Beauftragung einer Projektsteuerung und der Festlegung von Hauptzielen (Kosten, Termine, Qualitäten und Quantitäten) einer Teilleistung der Projektsteuerung (PS) jeweils eine Mitwirkungshandlung des Auftraggebers (AG) gegenüber. Es überrascht nicht, dass bei dem sehr differenzierten Leistungsbild der Projektsteuerung (Grundleistungen) auch die Mitwirkungshandlungen (Auftraggeber-Aufgaben) sehr umfangreich geworden sind. Sie werden deshalb an dieser Stelle nur auszugsweise aufgeführt. (siehe Abb. 2.4 und 2.5) (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 157–171)
62
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Grundleistungen
Auftraggeber-Aufgaben
A Organisation. Information, Koordination und Dokumentation (Projektstufe 1) 1
Entwickeln, Abstimmen und Dokumentieren der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung
Zurverfügungstellen von Informationen zum Unternehmen und zum Projekt sowie Abstimmen mit der Projektsteuerung; Entscheidungen zur Projektorganisation
2
Entwickeln und Abstimmen der Grundlagen für die Planung der Planung
Entscheidungen über die Beauftragung von Objekt- und Fachplanern sowie anderer Spezialisten und Vorgaben für den Planungsprozess; Notwendige Vollmachten klären und erteilen
3
Mitwirken bei der Festlegung der Projektziele und Dokumentation der Projektvorgaben
Projektziele abstimmen und endgültig festlegen, der PS erläutern und abstimmen
4
Vorschlagen und Abstimmen der Kommunikationsstruktur, des Informations-, Berichtsund Protokollwesens
Klärung, Abstimmung und Entscheidung über Art, Wege und Empfänger von Informationen, Berichten und Protokollen, einschl. eines Projektkommunikationssystems (PKS) nach Vorschlägen der PS
[…]
[…]
8
Entscheiden, ob ein eigenes, das der PS oder ein externes Projektkommunikationssystem eingesetzt werden soll
Mitwirken bei der Auswahl eines Projektkommunikationssystems
Abb. 2.4: Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers – Auszug (1). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 157–158)
Grundleistungen
Auftraggeber-Aufgaben
C Kosten und Finanzierung (Projektstufe 2) 1
Überprüfen der Kostenschätzung und -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen
Entgegennahme der Ergebnisse der zurzeit vorliegenden Kostenermittlung, Klärung und Abstimmung sowie Entscheidung über das weitere Vorgehen
2
Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele
Entgegennahme von Entscheidungsunterlagen und ggf. Entscheidung
3
Planen von Mittelbdarf und Mittelabfluss
Klärung mit der PS über Mittelbedarf und Mittelabfluss und Abstimmung mit Kreditgebern
4
Prüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung
Entgegennahme der geprüften Rechnungen der Projektbeteiligten und zur Zahlung anweisen
5
Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung (kontinuierlich)
Kenntnisnahme der aktuellen projektspezifischen Kostenverfolgung und ggf. intervenieren
Abb. 2.5: Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers – Auszug (2). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 162)
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
2.2.1
63
Private Bauherren
Unter den privaten Bauherren ist am ehesten noch der Bauherr als natürliche Person anzutreffen. In der Mehrzahl handelt es sich um Projekte für dessen eigenen Bedarf, angefangen vom Einfamilienhaus bis zu größeren Bauten unterschiedlicher Nutzung. Die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten erfolgt meist im direkten Dialog zwischen dem Bauherrn und „seinem Architekten“ sowie den Ausführenden. Im privaten Wohnungsbau steht der Bauwillige vor der Frage, ob er – selbst die Bauherrenaufgaben wahrnehmen und damit die Bauherreneigenschaft in vollem Umfang ausüben soll, – sich für ein sogenanntes „Fertighaus“ entscheiden soll, bei dem die Planung und Ausführung dann weitgehend in der Hand eines Anbieters liegen, oder – lediglich von einem Bauträger ein Haus oder eine Wohnung erwerben soll. Bauherr ist in diesem Fall der Bauträger. Die Nachfrage nach den beiden letzten Varianten hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Nur schätzungsweise ein Drittel aller Bauherren entscheidet sich noch für die uneingeschränkte Bauherrenrolle (fungierender Bauherr). Der Bereich der privaten Bauherren ist nur auf den ersten Blick für das Projektmanagement nicht von Interesse. Auch bei kleinen Gebäuden, z. B. Einfamilienhäusern, fallen grundsätzlich alle Bauherrenaufgaben an. Sie unterscheiden sich von großen gewerblichen oder öffentlichen Bauprojekten nur dadurch, dass die Bauherrenorganisation sehr klein ist, z. B. ein Ehepaar, die Projektorganisation informell gestaltet ist, z. B. Gespräche am Feierabend, die Zahl der an Planung und Ausführung Beteiligten überschaubar ist. Für sehr kleine Projekte ist der Einsatz z. B. eines Projektsteuerers nicht erforderlich und auch nicht wirtschaftlich vertretbar. In Bezug auf die grundsätzlich auch hier erforderliche Projektorganisation hat der Architekt eine Beratungspflicht (vgl. dazu die Aufgaben des Objektplaners in der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) nach § 34 HOAI 2013). Auf den Einsatz der fachlich Beteiligten versuchen die privaten Bauherren aus Kostengründen oft zu verzichten. Insbesondere die Planung der Technischen Anlagen wird häufig den ausführenden Firmen überlassen. Daneben ist der Architekt in hohem Maße gefordert, indem er umfangreiche Leistungen des Projektmanagements erbringt, ohne dass dies ausdrücklich vereinbart wurde und ohne dass der Bauherr ihm dafür eine angemessene Vergütung zugesteht. Für kleine Projekte, z. B. Einfamilienhaus, können Planungsleistungen als Generalplanung beauftragt werden (siehe Kap. 10.4). Der Bauherr ist von zahlreichen Pflichten, z. B. Koordination, vertragliche und kaufmännische Aufgaben, entlastet. Er darf davon ausgehen, dass alle Fachplanungen im erforderlichen Umfang und in der notwendigen Qualität vom Architekten selbst ausgeführt oder an Dritte vergeben und überwacht werden.
64
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Viele Bauherren entscheiden sich für ein sogenanntes „Fertighaus“. Der Begriff lässt den Einsatz von industriellen Produktionsmethoden vermuten. Meist herrscht jedoch Typisierung in Bezug auf Konstruktionssysteme, Ablauforganisation und mehrheitlich Grundrissgestaltungen vor. Die Wünsche der Bauherren nach möglichst individuellen Lösungen führen i. d. R. zu einem mehr handwerklichen Bauen als dies technologisch möglich wäre. Bauherrenmodell Eine Sonderform der Bauherreneigenschaft, die über ein Jahrzehnt lang große Bedeutung hatte, entstand mit dem Bauherrenmodell. Durch Änderungen im Steuerrecht boten sich für Bauherren Möglichkeiten der Steuerersparnis, die im Unterschied hierzu der Erwerber eines Gebäudes oder einer Wohnung nicht erreichen konnte. Diese Bauherrenmodelle entstanden v. a. in den 1970er-Jahren durch Zusammenschluss von mehreren Bauherren bei einem Bauvorhaben. Die gesamte Projektorganisation lag in den Händen eines Baubetreuers. „Die wesentlichen Steuervorteile wurden darin gesehen, daß Werbungskosten in erheblichem Umfange für den Bauherrn sofort abzugsfähig waren. Aufgrund dieser Werbungskosten und der sofortigen Abzugsfähigkeit konnte der Bauherr auch seine Steuervorauszahlungen sogleich herabsetzen lassen. Außerdem konnte der Bauherr nach den damals noch landesrechtlich geltenden Grunderwerbssteuergesetzen mit einer Grunderwerbssteuerbefreiung rechnen, die bei einer Grunderwerbssteuer i. H. v. damals 7 % erheblich ins Gewicht fiel. Schließlich hatte der Erwerber [soll heißen: Bauherr im Bauherrenmodell, Anm. d. Verf.] die Möglichkeit, zum umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug nach Ausübung der entsprechenden Option. Der Bauherr vermietete dann das Vorhaben an einen gewerblichen Zwischenmieter, war allerdings an seine MwSt.-Option für zehn Jahre gebunden.“ (Meincke, E.: Baubetreuung. In: Schulte, K.-W. (Hrsg.): Immobilienökonomie. 2001, S. 493) Zu den Werbungskosten konnten die Baubetreuungs- und Verwaltungsgebühren, die Kosten der Geldbeschaffung und Zwischenfinanzierung sowie die Kosten für Garantieleistungen, insbesondere für die Vermietungsgarantie, gezählt werden. Allerdings waren die Kosten für die Baubetreuung und die Zwischenfinanzierung in vielen Fällen stark überhöht. Im Unterschied zu einem konventionellen Projekt waren je nach Konstellation weitere Beteiligte wie ein Grundstücksmakler, ein Finanzierungsvermittler, ein Mietgarant, ein gewerblicher Zwischenmieter, der Verwalter des Wohnungseigentums sowie Steuerberater und Rechtsanwälte als Berater vonnöten. Allein die in Aussicht stehenden Steuervorteile waren dagegen für die meisten Bauherren das entscheidende Motiv, zu investieren. Viele Objekte entstanden so überteuert und am Markt vorbeigeplant. Das mit der Bauherrenfunktion verbundene Risiko wurde meist unterschätzt. Die Nutzung des Gebäudes oder der spätere Verkauf waren deshalb häufig nur mit Verlusten möglich. Schließlich wurden die gesetzlichen Grundlagen wieder geändert. Die Folge war ein starker Einbruch des Absatzes von Wohnungen nach dem Bauherrenmodell ab etwa dem Jahr 1985. Die bisherigen Anbieter von Wohneigentum nach dem Bauherrenmodell übernehmen seitdem vermehrt selbst die Funktion des Bauherrn und treten als Bauträger auf. Nach Möglichkeit wird mit der Baudurchführung erst dann begonnen, wenn ein Erwerber gefunden worden ist und dieser sich nach Billigung der Planung zum Kauf verpflichtet hat.
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
65
Baugemeinschaft Baugemeinschaften, auch als „Baugruppen“ bezeichnet, sind als grundsätzliche Alternative zum Bauträger zu verstehen. Bauträger sind Bauherren auf Zeit. Sie treffen und verantworten die Planung und Ausführung von Mehrfamilienhäusern, freistehenden oder Reihenhäusern und veräußern die Immobilien an Erwerber, die diese selbst nutzen oder selbst vermieten. Der Erwerber hat, von der Kaufentscheidung abgesehen, nur wenig Einfluss auf das Objekt. Baugemeinschaften übernehmen selbst und dabei als Gruppe die Bauherrenaufgaben und verfolgen im Unterschied zum Bauträger, der als gewerblicher Bauherr handelt, v. a. auch ideelle Ziele. Eva Gnädig hat im Rahmen ihrer Untersuchung die folgenden Ziele von Baugemeinschaften festgestellt: – Wohnen mit Kindern in der Stadt – selbständiges Wohnen im Alter durch Gemeinschaft – selbständiges und integriertes Wohnen für Behinderte – stabile Nachbarschaften und gemischte Sozialstrukturen – Wohnen mit Ausländern – ökologisches Wohnen – autofreies Wohnen (vgl. Gnädig, E.: Baugemeinschaften […]. Diplomarbeit BTU Cottbus 2007, S. 20–23) Eine Gemeinschaft von Personen oder Familien, die diesen Weg gehen will, muss sich mehrmals zusammenfinden, und zwar als – Interessengemeinschaft in der Absicht, zusammen ein solches Projekt zu beginnen und zu konzipieren, unverbindlich, – Planungsgemeinschaft, verbunden mit der Entscheidung für einen Architekten und eine Aufgabenstellung, Rechtsform wünschenswert, – Baugemeinschaft, von allen getragene Investition in eine bauliche Anlage für alle, dabei Rechtsform unbedingt erforderlich, dann konsequenterweise – Eigentümergemeinschaft, Rechtsform unbedingt erforderlich, ggf. als Eigentümergemeinschaft nach dem Wohneigentumsgesetz (WEG). In den beschriebenen Phasen sind jeweils Organisation- und Rechtsformen zu klären und einzuhalten. Je mehr Beteiligte ein solches Projekt tragen, desto größer ist i. d. R. der Abstimmungs- und Koordinationsaufwand. Wohnvorstellungen, ideelle Ziele, die Möglichkeiten der Finanzierung, ggf. der Selbsthilfe, sind zu klären, bevor mit der Realisierung des Projekts begonnen wird. Die Planung durch Architekten und Ingenieure ist unverzichtbar, genauso wie der weitgehende Einsatz von Fachunternehmen. Die Moderation der Mitglieder einer Baugemeinschaft – oft zwischen 10 und 30 Parteien – ist eine in hohem Maße anspruchsvolle Aufgabe und erfordert Projektmanagement im Sinne des Wortes: „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten“ (DIN 69901-3:2009-01)
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2.2.2
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Erwerbswirtschaftliche Bauherren
Die erwerbswirtschaftlichen Bauherren können unterschieden werden in solche, die für den Eigenbedarf bauen, wie die meisten – Produktions- und Dienstleistungsunternehmen; Standort und Investitionsvolumen richten sich nach den Zielen und dem Bedarf des Kerngeschäfts, z. B. der Automobilproduktion, wobei eine Renditeerwartung allein für das Gebäude nicht gesetzt wird, und solche, die Bauwerke ausschließlich oder zusätzlich als eine Form der Kapitalanlage wählen. Hierzu zählen Bauherren – auch als institutionelle Anleger bezeichnet –, die für den Fremdbedarf bauen wie – die der Banken- und Versicherungswirtschaft; sie legen Kundengelder zum Zweck der Risikostreuung in Büro- und Geschäftshäuser sowie Hotels an, sie bevorzugen sehr gute Geschäftslagen für mittlere Investitionsvolumina von z. B. 20 Mio. € und haben eine eher niedrige Renditeerwartung, – geschlossene Immobilienfonds; ihr Geschäftszweck ist die Erstellung von Büro- und Geschäftshäusern, Einkaufszentren und Einkaufspassagen sowie Selbstbedienungsmärkten in unterschiedlichen Lagen bei mittlerem bis hohem Investitionsvolumen und hoher, meist von der Möglichkeit der Steuerersparnis abhängiger Renditeerwartung, – offene Immobilienfonds; zu den Objekten gehören vor allem Büro- und Geschäftshäuser sowie Einkaufszentren in sehr guten Geschäftslagen bei mittlerem bis hohem Investitionsvolumen und mittlerer Renditeerwartung, – Leasing-Gesellschaften; sie realisieren v. a. Büro- und Geschäftshäuser sowie Produktionsgebäude und Spezialimmobilien an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichem, teilweise sehr hohem Investitionsvolumen und eher niedriger Renditeerwartung, – ausländische Investoren; ihr Geschäftszweck ist i. d. R. die Anlage von Kundengeldern in Büro- und Geschäftshäusern sowie Hotels in besten Lagen und mit sehr hohem Investitionsvolumen bei niedriger Renditeerwartung. (vgl. Amelung, V.: Gewerbeimmobilien. 1996, S. 8) Ferner wird ein Teil des Wohnungsbaus von gewerblichen Bauherren geschaffen. Sie werden in der Immobilienwirtschaft bezeichnet als – freie Wohnungsunternehmen; ihre Tätigkeit richtet sich v. a. auf die Herstellung und den Verkauf von Wohnungen, weniger auf die Vermietung. Viele Produktions- und Dienstleistungsunternehmen, insbesondere große Unternehmen wie z. B. Siemens, verfügen über eigene Bauabteilungen. Diese übernehmen neben Umbauten und Bauunterhalt auch Planungsaufgaben. Bei Neubaumaßnahmen führen sie als sachkundige Bauherren die Grundlagenermittlung i. d. R. selbst durch und beauftragen anschließend externe Architektur- und Ingenieurbüros, häufig auch einen Projektsteuerer. Vorteile einer solchen Bauabteilung sind insbesondere die i. d. R. sehr speziellen Kenntnisse über das Unternehmen sowie die diesbezüglichen Bedarfsanforderungen an die Bauwerke, z. B. Fabrikationsanlagen. Die Planungsaufgaben sind meist sehr spezifisch und erfordern ei-
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
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nen hohen Aufwand für die Koordination durch die notwendige Mitwirkung eigener Fachabteilungen. Die Banken- und Versicherungswirtschaft verfügt über Kapital von Anlegern, Sparern und Versicherungsnehmern. Ein Teil dieser Mittel wird in Immobilien angelegt. In Einzelfällen fallen v. a. den Banken Objekte zu, wenn Kreditnehmer insolvent werden und Immobilien dann zur Konkursmasse gehören. Daneben haben diese Gesellschaften einen Eigenbedarf an Bürobauten, der im Durchschnitt schätzungsweise die Hälfte ihres Immobilienvermögens ausmacht. Soweit diese Bauherren gezielt in nicht selbst genutzte Immobilien investieren – so die Kenntnis des Verfassers – nehmen sie die Rolle des Bauherrn ungern wahr. So wird die Suche nach Standort und Nutzung von Projektentwicklern übernommen. Die Objekte werden dann vom Projektentwickler erworben. Bei geschlossenen Immobilienfonds werden die Gelder in ein ganz bestimmtes, vorher bekanntes und im Verkaufsprospekt genau bezeichnetes Objekt investiert. Manchmal ist es auch ein Ensemble aus zwei bis fünf verschiedenen Gebäuden, die zu einem Immobilienfonds zusammengefasst werden. Aber immer sind Investitions- und Finanzierungspläne solcher Fonds vorab festgelegt. Die Fonds bieten den Immobilienerwerbern die Vorteile der wirtschaftlichen und steuerlichen Behandlung der Objekte wie bei Bauherren, bei soliden Angeboten Renditen nach Steuern und geringen Verwaltungsaufwand. Offene Immobilienfonds sind hinsichtlich der Anzahl der Anleger und des einzusammelnden Vermögens nicht begrenzt. Die Fondsgesellschaft kann an Investoren beliebig viele Anteile verkaufen und das eingesammelte Kapital je nach Anlagepolitik und den Vorgaben im jeweiligen Verkaufsprojekt in unterschiedlichen Objekten investieren. Für das Immobilienleasing ist charakteristisch, dass die Leasing-Gesellschaften als Leasinggeber entweder ein bereits erstelltes Objekt anbieten oder nach den speziellen Anforderungen des Leasingnehmers das Bauvorhaben auf eigene Rechnung erstellen und finanzieren. Da neben der Durchführung des Bauvorhabens auch die Finanzierung eingeschlossen ist, kommt es oftmals zu einer engen Zusammenarbeit zwischen größeren Bauunternehmen und bestimmten auf Leasing spezialisierten Finanzierungsgesellschaften. Ein Nachteil für den Leasingnehmer besteht darin, dass vielfach eine Anhebung der Nutzungsentgelte für die gesamte Nutzungsdauer nicht ausgeschlossen werden kann, während andererseits der Leasingnehmer an den Wertsteigerungen des Bauobjekts nicht teilnimmt. Leasing ist eine spezielle Form der Finanzierung, bei der nicht gekauft, sondern gemietet wird. Nach dem Equipment-Leasing, z. B. Büromaschinen, und dem Konsumgüter-Leasing, z. B. Kraftfahrzeuge, entstand das Immobilien-Leasing, z. B. von Büro- und Verwaltungsgebäuden, Krankenhäusern, Supermärkten, Industrieanlagen und Kläranlagen. Je nach dem Verpflichtungscharakter des Leasingnehmers lassen sich Leasingverträge in Operate-Leasing und in Finance-Leasing einteilen. „Operate-Leasing stellt ein klares Mietverhältnis dar. Die Kündigungszeiten sind für beide Seiten relativ kurz. Der Leasing-Geber trägt somit das Investitionsrisiko. Im Operate-Leasing werden meist nur solche Anlagen zu haben sein, die zur Vermietung an mehrere oder viele Interessenten infrage kommen (z. B. Autos). Die Gefahren des zufälligen Untergangs und die Kosten der Wartung, der Reparatur und der Versicherung trägt der Leasing-Geber.“ (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre. 1990, S. 349–350)
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Beim Finance-Leasing wird eine feste Grundmietzeit vereinbart, welche während dieser Zeit nicht gekündigt werden kann. Das Investitionsrisiko trägt der Leasingnehmer. Nach der Grundmietzeit wird dem Leasingnehmer oftmals eine Verlängerungs- oder Kaufoption eingeräumt. (vgl. Alisch et al.: Gabler Wirtschaftslexikon. 2005, S. 1872) Das Engagement von ausländischen Investoren lässt sich nicht allgemein zuordnen. Da sie aber oft nicht über ausreichende Erfahrungen im Land der Investition verfügen und vorwiegend an einer reibungslosen Projektdurchführung interessiert sind, liegt der Einsatz eines Projektentwicklers oder der Erwerb einer bereits fertigen Immobilie nahe. Die Herstellung von Ein- und Zweifamilienhäusern erfolgt entweder im Auftrag von privaten Bauherren oder durch Bauträger, welche die Objekte anschließend an Erwerber veräußern. Es überwiegt in beiden Fällen die Deckung des Eigenbedarfs der Nutzer. Der Geschosswohnungsbau liegt dagegen in den Händen von gemeinnützigen und genossenschaftlichen Gesellschaften oder freien Wohnungsunternehmen. Letztere sind in ihrer Tätigkeit keinen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Für die freien Wohnungsbauunternehmen wie für Erwerber von z. B. Eigentumswohnungen wird über die Bedarfsdeckung hinaus die Wirtschaftlichkeit der Immobilien durch drei Komponenten bestimmt: – Rentabilität des Objekts – steuerliche Vergünstigungen – erwartete Sachwertsteigerungen (vgl. Jenkis, H.: Verstärkte Neubauinvestition […]. In: Gemeinn. Wohnungsw. 02/1989, S. 62 ff.) Damit besteht für die Wohnungsproduktion eine hohe Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Steuergesetzgebung. In den letzten beiden Jahrzehnten ist der Anteil der freien Wohnungsbauunternehmen an der Herstellung von Geschossbauten auf etwa die Hälfte der Bauproduktion gestiegen, nachdem in den alten Ländern der Bundesrepublik die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst durch gemeinnützige und genossenschaftliche Gesellschaften gelindert worden war.
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
2.2.3
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Öffentliche Bauherren
Der öffentliche Bauherr ist der Treuhänder des Geldes der Steuerzahler. Ferner hat der öffentliche Bauherr eine Schutzfunktion gegenüber den freien Berufen und mittelständischen Unternehmen. Zu den öffentlichen Institutionen als Bauherr zählen Bund, Länder, Gemeinden, öffentliche Körperschaften sowie Sondervermögensträger. Zur Geschichte der Staatlichen Hochbauverwaltung sei erwähnt: Im Jahre 1723 wurde eine erste Einrichtung als „General-Oberfinanz-, Kriegs- und Domänen-Direktorium“ von Friedrich Wilhelm I. eingerichtet. „Aufgabe der Staatlichen Hochbauverwaltung war es seit diesen Anfängen, in Preußen – grundsätzlich und losgelöst von zeit- und epochebedingten Abwandlungen in der Aufgabenstellung – die baulichen Anlagen des Staates baufachlich zu unterhalten, gegebenenfalls umund auszubauen und staatliche Neubauten zu planen und zu bauen.“ (Pfeiffer, U.: Projektmanagement in Bauprojekten […]. 1993, S. 36) „Die Zahl der öffentlichen Bauherren ist beachtlich. Am 31.12.2013 (zuvor 31.12.1992) gab es im gesamten Bundesgebiet allein 418 Landkreise und kreisfreie Städte (zuvor 543) sowie 11.161 Gemeinden (zuvor 16.043). Die öffentlichen Bauinvestitionen sind über die drei Ebenen der Gebietskörperschaften allerdings nicht gleichmäßig verteilt. Der größte Anteil an Bauinvestitionen wird von den Gemeinden und Gemeindeverbänden getragen und zwar häufig unter Beteiligungsfinanzierung von Bund und Ländern.“ (Leimböck, E.: Bauwirtschaft. 2000. S. 40, aktualisiert nach de.statista.com) 1. „Öffentliche Auftraggeber besitzen häufig eine große Machtstellung, basierend auf ungenügender Trennung von Hoheitsgewalt und privatrechtlicher Auftragsvergabe, ihrer teilweisen Stellung als Nachfragemonopolist und einer weitgehenden Zentralisierung des Beschaffungswesens. 2. Öffentliche Auftraggeber haben andere Zielvorstellungen als private Kunden. Sie handeln nicht wie diese im Eigeninteresse, sondern sollen einen möglichst hohen Nutzen für die Allgemeinheit (z. B. durch Verbesserung der Infrastruktur) erwirtschaften. 3. Öffentliche Beschaffungsstellen disponieren über fremde Mittel, die im Wesentlichen durch Steuern aufgebracht werden. 4. Die Beschaffungsorgane der öffentlichen Hand sind in ihrem Verhalten stark an Vorschriften (Gesetze, Rechtsverordnungen, Statuten, Dienstanweisungen) gebunden [...].“ (Aufträge, öffentliche. In: Tietz, B. (Hrsg.) Handwörterbuch […]. 1974, Spalte 228) Die Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden in ihrer Funktion als Baulastträger sollen in groben Zügen dargestellt werden. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung ist zuständig für die Bauaufgaben der Verfassungsorgane des Bundes, der obersten Bundesbehörden und die Bauangelegenheiten im Ausland. Sonstige Aufgaben des Bundes sind – Straßenverkehr; Bundesstraßen und -autobahnen, – Eisenbahnverkehr; Bahnhöfe und Strecken, – Wasserverkehr; See- und Binnenhäfen, See- und Binnenwasserstraßen, – Luftverkehr; Flughäfen, – Bauaufgaben des Bundesgrenzschutzes.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Der Bund kann Bauaufgaben an die Finanzbauverwaltungen der Länder und, im Bereich des Straßenbaus, auf kommunale Bauverwaltungen delegieren. Das Bundesamt für Strahlenschutz ist ferner zuständig für Kernenergieanlagen, so den Bau von Atomkraftwerken sowie von Zwischen- und Endlagern, eine Delegation an die Länder ist möglich. Zu den Bauaufgaben des Verteidigungsministeriums gehören, ggf. übertragen an die Finanzbauverwaltungen der Länder, die eigenen Bauten sowie die der Stationierungsstreitkräfte der NATO und des zivilen Bevölkerungsschutzes. In den Zuständigkeitsbereich der Landesbetriebe – unterschiedlich als Finanzbauverwaltung, Bau- und Liegenschaftsmanagement o. ä. bezeichnet – fallen neben den eigenen Behördenbauten, wobei eine Delegation auf kommunale Bauverwaltungen möglich ist, – Straßenverkehr: Landesstraßen, – Küstenschutz, – Energieanlagenbau und sonstige Kraftwerke, – Bau von Hochschulen, – Bau von Hochschulkliniken, – Bauaufgaben der Polizei. Den kommunalen Bauverwaltungen obliegt in erster Linie neben den selbst genutzten Bürogebäuden die Errichtung sonstiger Infrastruktur – Straßenverkehr: Kreis- und Stadtstraßen, Parkeinrichtungen, – Öffentlicher Nahverkehr, – Abfallbeseitigungs- und -verwertungsanlagen, – Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen, – Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, – Schulen und Kindergärten, – Badeanstalten und Sportstätten, – Büchereien, Museen, Theater, – Wasserläufe, Wasserbau. (vgl. Kumlehn, F.: Ausschreibungs- und Vergabemodell […]. 2001, S. 91) Die Bauverwaltungen haben für die Durchführung ihrer Projekte die „Richtlinien der Staatlichen Bauverwaltung des Bundes“ (RBBau) bzw. entsprechend die Richtlinien der Länder (RLBau) anzuwenden. Vom Staat als häufig bauendem öffentlichen Bauherrn wird erwartet, dass er verantwortungsbewusst mit seinen Mitteln, nämlich den Steuergeldern, umgeht und sowohl die Planung als auch die Ausführung von Bauvorhaben vorbildlich organisiert. Aus diesen Gründen wurde für die vielfältigen Neubaumaßnahmen und zur Erhaltung der Bausubstanz in allen Bundesländern eine fachkundige Bauherrenvertretung in Form der Staatlichen Hochbauverwaltung eingerichtet.
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
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Beispiel: Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) Nordrhein-Westfalen (NRW) In den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau) werden die Organigramme der „staatlichen Bauverwaltungen in den Ländern“ abgebildet. Allerdings sind die gezeigten Organigramme zum Teil nicht mehr aktuell. Als ein demgegenüber neues Beispiel wird die Aufbauorganisation „Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW)", die seit dem 31. März 2010 gilt, wiedergegeben (siehe Abb. 2.6 und 2.7)
NRW Finanzministerium Dienst- und Fachaufsicht
Verwaltungsrat
BBL NRW Zentrale Zentrale Serviceeinrichtungen Dienst- und Fachaufsicht
Serviceleistungen für die Niederlassungen
8 Niederlassungen (mit Kunden- und Projektbüros)
Abb. 2.6: Organisation des BLB NRW. (Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW: Geschäftsbericht 2010. S. 67)
Stab
Niederlassungsleitung
Projekteinkauf
Assetmanagement
Objektmgmt. VV
Objektmgmt. HS
Gebäudemgmt.
Planen und Bauen
Bundesbau
OM Service Team
Abkürzungen: VV = Verwaltungsvermögen, HS = Hochschulvermögen Abb. 2.7: Organisation der Niederlassungen des BLB NRW. (Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW: Geschäftsbericht 2010. S. 68)
Hierzu wird erläutert: „Seit dem 01. Januar 2001 ist der ‚Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW)‘ für das Immobilienmanagement des Landes verantwortlich. Beim BLB handelt es sich um ein teilrechtsfähiges Sondervermögen des Landes Nordrhein-Westfalen mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung. Der BLB NRW hat die Aufgabe, Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte für Zwecke des Landes nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu erwerben, zu bewirtschaften, zu entwickeln und zu verwerten und dabei die baupolitischen Ziele des Landes zu beachten. Der BLB NRW arbei-
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
tet nach kaufmännischen Grundsätzen. In der Zentrale in Düsseldorf werden die strategischen Entscheidungen für die Geschäftsfelder Eigentumsmanagement, Kunden- und Objektmanagement, Gebäudemanagement sowie Planen und Bauen getroffen. Das operative Geschäft nehmen 8 regionale Niederlassungen wahr. Die Nutzer öffentlicher Gebäude – z. B. Ministerien, Hochschulen, Polizeibehörden, Forstund Finanzämter, Gerichte und Gefängnisse – sind Kunden des BLB NRW und zahlen eine ortsübliche Miete. Die Verwaltungen können sich damit auf ihr eigentliches Kerngeschäft konzentrieren. Neben der Aufgabe als Immobilienverwaltung der Grundstücke und Gebäude des Landes übernimmt der BLB NRW baufachliche Dienstleistungen für die in NRW angesiedelten Verwaltungen der Bundesrepublik Deutschland, für die ausländischen Streitkräfte und für die Patronate des Landes.“ (http://www.ofd.nrw.de/[...]) Aufgaben der Bauverwaltungen des Bundes und der Länder nach RBBau Zu den Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau) heißt es in der Richtlinie: „Diese Bauverwaltungen des Bundes und der Länder sind als fachkundige Organe der öffentlichen Hand für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse durchzuführenden staatlichen Bauaufgaben des Bundes zuständig. Dementsprechend haben sie alle Aufgaben des staatlichen Bauens des Bundes, insbesondere die der Leitung, der Koordinierung und der Steuerung wahrzunehmen. Sie vergeben Leistungen […] an freiberuflich tätige Architekten, Ingenieure und Sonderfachleute. Auch hierbei bleiben sie jedoch – unbeschadet der Verantwortung der freiberuflich Tätigen für die ihnen übertragenen Leistungen – für die ordnungsgemäße Erledigung der Bauaufgaben verantwortlich. Die Verantwortung der Bauverwaltungen ist vor allem begründet durch die haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere durch § 7 BHO
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
§§ 24 und 54 BHO
Grundregeln für die Veranschlagung und den Beginn von Baumaßnahmen
§ 55 BHO
Grundsätze des Wettbewerbs und des einheitlichen Verwaltungshandels bei der Vergabe
§§ 63 und 64 BHO
Grundsätze für den Erwerb und die Veräußerung von Vermögensgegenständen bzw. Grundstücken.
Bei der Durchführung der Bauaufgaben hat die Bauverwaltung die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage der jeweiligen Bundes- und Ländergesetze sicherzustellen. Die Bauverwaltung hat dafür zu sorgen, daß die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Fach- und Sachkenntnisse ihrer Beschäftigten allen Anforderungen der Technik und der Verwaltungsverfahren entsprechen.“ (Anm. d. Verf.: BHO: Bundeshaushaltsordnung) (RBBau, Kapitel A Organisation […], Abschn. 1.2, 19. Austauschlieferung (2013))
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
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Regelwerke öffentlicher Bauherren – ein allgemeiner Überblick Bei der Vorbereitung, Leitung und Durchführung von öffentlich-rechtlichen Bauvorhaben ist eine Vielzahl von Regelwerken zu beachten. Es wird an dieser Stelle versucht, einen groben Überblick zu geben. Die Besonderheit dieser Thematik liegt darin, dass es nicht nur zahlreiche, sondern je nach der Bauherrenorganisation (Bund, Länder und Kommunen) unterschiedliche Regelwerke gibt. Deren Bauherrenvertreter, v. a. in der Projektleitung, werden diesbezüglich geschult und sind zur Anwendung verpflichtet. Regelwerke, an die der öffentliche Bauherr gebunden ist (Auswahl) Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013), Fassung 2013 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI 2013. Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen – 7. HOAI-Änderungsnovelle 2013 Plankostendaten der Zentralstelle für wirtschaftliches Bauen des Landes BadenWürttemberg – PLAKODA (PLAnungs- und KOsten-DAten) Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), Fassung 2010 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Fassung 2012 Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL), Fassung 2010 Auftragsbautengrundsätze – ABG 1975 sonstige, z. B. Organisationshandbuch Abb. 2.8: Regelwerke für die Durchführung öffentlicher Bauvorhaben. (Stand der Bearbeitung: 01.10.2015)
Viele der in Abb. 2.8 genannten Regelwerke werden in verschiedenen Kapiteln des vorliegenden Buches oder weiterer einschlägiger bauwirtschaftlicher Fachliteratur ausführlich behandelt. Weniger bekannt dürften die Auftragsbautengrundsätze (ABG 1975) sein. Das sind bilaterale Verwaltungsabkommen zum Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA NTS). Sie regeln die Durchführung der in Artikel 1 definierten Baumaßnahmen, die mit Heimatmitteln der US-Streitkräfte finanziert werden. Baumaßnahmen sind Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie die erforderlichen Erschließungsmaßnahmen und die Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. In den Ländern der Bundesrepublik Deutschland werden also entsprechende Baumaßnahmen von den Landesbauverwaltungen durchgeführt. Beispiel: Wird auf dem Nato-Flugplatz Ramstein in Rheinland-Pfalz für die US-Streitkräfte ein Hallenschwimmbad errichtet, ist die Bundesrepublik Deutschland Bauherr. Sie wird durch die Oberfinanzdirektion Koblenz, Abteilung Bundesbau, vertreten. Diese wiederum wird vertreten durch den Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung Rheinland-Pfalz (LBB). Der LBB nimmt die Projektleitung – im Sinne der Bauherrnvertretung – wahr. Diese Form der Amtshilfe wird im deutschen öffentlichen Recht als „Organleihe“ bezeichnet.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder Die Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder, die der öffentliche Bauherr zu beachten hat, sind umfangreich. Deren Kenntnis – wenigstens in den Grundzügen – ist auch für alle, die mit dem öffentlichen Bauherrn zusammenarbeiten, z. B. Architekten, Ingenieure, Projektsteuerer, ausführende Unternehmen, von Vorteil. Die Zusammenstellung der Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften sowie Richtlinien der staatlichen Bauverwaltung des Landes (RLBau) erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (1) Baden-Württemberg – Tariftreue- und Mindestlohngesetz für öffentliche Aufträge in Baden-Württemberg (Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG)) – Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich (VergabeVwV) – Verwaltungsvorschrift der Ministerien über die Beteiligung der mittelständischen Wirtschaft an der Vergabe öffentlicher Aufträge (Mittelstandsrichtlinien für öffentliche Aufträge (MRöA)) – Vergabe‐ und Vertragshandbuch des Bundes mit Landesspezifischen Ergänzungen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg (VHB) – Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Architekten-/Ingenieurleistungen sowie städtebaulichen/landschaftsplanerischen Leistungen mit Vorschriftensammlung (Handbuch für kommunale Vertragsmuster und Vergabeverfahren nach VOF (HKVM)) – Richtlinien der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg für die Beteiligung freiberuflich Tätiger (RifT) Bayern – Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich – Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern – Richtlinien für die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen und freier Berufe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Mittelstandsrichtlinien Öffentliches Auftragswesen (öAMstR)) – Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung – Handbuch für die Vergabe und Durchführung von Freiberuflichen Dienstleistungen durch die Staatsbauverwaltung des Freistaates Bayern (Vergabehandbuch für Freiberufliche Leistungen (VHF Bayern)) – Leitfaden: Vergabe und Nachprüfung öffentlicher Aufträge nach dem GWB – Handbuch für Ingenieurverträge und Vergabe nach VOB im kommunalen Tiefbau (HIV-KOM) – Richtlinien für die Durchführung von Hochbauaufgaben des Freistaates Bayern (RLBau 2011) Abb. 2.9:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (1).
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
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Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (2) Berlin – Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) – Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (Anweisung Bau (Abau)) – Rundschreiben BauWohn Brandenburg – Brandenburgisches Gesetz über Mindestanforderungen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Vergabegesetz (BbgVergG)) – Rundschreiben zum kommunalen Auftragswesen im Land Brandenburg – Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes im Zuständigkeitsbereich der Landesbauverwaltung Brandenburg (RLBau BB) Bremen – Bremisches Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe (Bremisches Tariftreue- und Vergabegesetz (TtVG)) – Gesetz zur Durchsetzung eines Mindestlohnes in Bremen (Landesmindestlohngesetz) – Richtlinien für die Planung und Durchführung von Bauaufgaben (der Freien Hansestadt Bremen (RLBau 2011)) Hamburg – – – – –
Hamburgisches Vergabegesetz (HmbVgG) Beschaffungsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (BO) Gesetz zur Einrichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs (GRfW) Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Leistungen (VOL) Hamburgische Zusätzliche Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen (HmbZVB-VOL/B) – Leitfaden für die Vergabe von Lieferungen und Leistungen (außer Bauleistungen) Hessen – Hessisches Vergabegesetz (HVgG) – Gemeinsamer Runderlass Öffentliches Auftragswesen in Hessen Mecklenburg-Vorpommern – Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Mecklenburg-Vorpommern (Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern (VgG M-V)) – Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V) Abb. 2.10:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (2).
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (3) Niedersachsen – Niedersächsisches Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG)) – Übersicht über die Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Leitfaden für die Vergabe öffentlicher Aufträge) – Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) – Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes Niedersachsen (RLBau 2015) Nordrhein-Westfalen – Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz NordrheinWestfalen (TVgG-NRW)) – Vergabegrundsätze für Gemeinden (GV) nach § 25 Gemeindehaushaltsverordnung NRW (Kommunale Vergabegrundsätze (GemHVO NRW)) – Richtlinien für die Durchführung der Bauaufgaben der Staatlichen Bauverwaltung Nordrhein-Westfalen (RLBau NW 1997) Rheinland-Pfalz – Landesgesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Auftragsvergaben (Landestariftreuegesetz (LTTG)) – Verwaltungsvorschrift: Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in RheinlandPfalz – Richtlinie für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes Rheinland-Pfalz (RLBau 2014) Saarland – Gesetz über die Sicherung von Sozialstandards, Tariftreue und Mindestlöhnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Saarland (Saarländisches und Tariftreuegesetz (STTG)) Sachsen – Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vergabegesetz (SächsVergabeG)) – Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Durchführung des Sächsischen Vergabegesetzes (Sächsische Vergabedurchführungsverordnung) – Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben und Bedarfsdeckungsmaßnahmen des Freistaates Sachsen im Zuständigkeitsbereich der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung (RLBau Sachsen) Abb. 2.11:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (3).
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
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Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (4) Sachsen-Anhalt – Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Sachsen-Anhalt (Landesvergabegesetz (LVG LSA)) – Vergabehandbuch (VHB) – Richtlinien für die Durchführung von Baumaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt im Zuständigkeitsbereich der staatlichen Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung (RLBau LSA) Schleswig-Holstein – Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz SchleswigHolstein (TTG)) – Schleswig-Holsteinische Vergabeordnung (SHVgVO) – Leitfaden zur Vergabe öffentlicher Aufträge – Handbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Landes Schleswig-Holstein (HBBau) Thüringen – Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz (ThürVgG)) – Richtlinie zur Mittelstandsförderung und Berücksichtigung Freier Berufe sowie zum Ausschluss ungeeigneter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (VergabeMittelstandsrichtlinie) – Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Freistaats Thüringen (RLBau 2011) Abb. 2.12:
Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder (4).
Die Landesvergabegesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Länder in den Abbildungen 2.9 bis 2.12 wurden von Frau Theresa Kranz auf der Grundlage von – BHO Legal: VergabeBrief. Informationen zum Vergaberecht. Regelungen der Länder, 2015, – Kaufhold, W.: Die Vergabe freiberuflicher Leistungen ober- und unterhalb der Schwellenwerte. Mit Praxisbeispielen. 2. überarbeitete Aufl. 2012, – Meißner, B.: Landesvergabegesetze und (k)ein Ende? ZfBR 2014, S. 453, im Rahmen ihrer Untersuchung zu den „Anforderungen der öffentlichen Bauherren an Objektplaner“ im Sommer 2015 zusammengestellt. Hierfür sei ihr ausdrücklich gedankt. Die aufgeführten Landesgesetze, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, sie werden auch in gewissen Zeitabständen verändert oder fortgeschrieben. Die vom öffentlichen Bauherrn beauftragten freiberuflich Tätigen
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
(FbT) sind die genannten Regelwerke ebenfalls anzuwenden. Viele Bauverwaltungen stellen ihren Auftragnehmern die erforderlichen Regelwerke und ergänzende Unterlagen auf einem Datenträger oder im Internet zur Verfügung. Beispiel: Nicht delegierbare Bauherrenaufgaben bei öffentlichen Bauherren Abbildung 2.13 zeigt, welche Bauherrenaufgaben bei öffentlichen Bauherren nicht delegierbar sind und von den Mitarbeiter(innen) der Bauverwaltungen (in Eigenerledigung) wahrzunehmen sind. Festlegen von Standards, technischen Lösungen und Terminen Vorlage der baufachlich genehmigten und haushaltsmäßigen anerkannten Entscheidungsunterlage-Bau (ES) Einholen der Bestätigung des Bedarfsträgers zur Entwurfsunterlage-Bau (EW-Bau) Einholen der bauordnungsrechtlichen und sonst erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen Abschluss aller Vereinbarungen mit rechtlichen und finanziellen Auswirkungen Vergabe, dazu zählen:
– Zusammenstellen und Versenden der Verdingungsunterlagen für alle Leistungsbereiche – Ausfüllen der einheitlichen Verdingungsmuster – Festlegung der Vergabeart – Führen der Bewerber- und Bieterliste – Auswahl der aufzufordernden Unternehmen – Auskünfte gegenüber Bewerbern – Einholen der Angebote – Verdingungsverhandlungen – Durchsicht und Nachrechnen der Angebote einschließlich Aufstellen des Preisspiegels – Verhandeln mit Bietern – Abfassen der Verträge und Auftragserteilung Auswahl und Beauftragung von freiberuflich Tätigen Kassenreifmachen der vom Auftragnehmer geprüften und festgestellten/bescheinigten Kostenrechnungen Antrag auf behördliche Abnahme und Teilnahme daran Kostenfeststellung nach DIN 276
Führen der Haushaltsüberwachungslisten, der Rechnungslegungsliste Abb. 2.13: Nicht delegierbare Bauherrenaufgaben der Bauverwaltung. (Schork, A.: Grundlagen zur RBBau. 2006, S. 39–40)
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
79
Beispiel: Nicht delegierbare Fachleistungen bei öffentlichen Bauherren Fachkundige Bauherren erbringen in gewissem Umfang auch baufachliche Aufgaben selbst (Eigenerledigung). Das sind bestimmte Architekten- und Ingenieurleistungen, die andere als fachkundige Bauherren an freiberuflich Tätige beauftragen. Öffentliche Bauherren wie der Bund, die Länder, die Kommunen und weitere, die als fachkundige Bauherren gelten, beauftragen die LPH 1 (Grundlagenermittlung) grundsätzlich nicht und Teile der LPH 4 (Genehmigungsplanung) und der LPH 6 (Mitwirkung bei der Vergabe) nicht an freiberuflich Tätige (FbT), sondern übernehmen diese „nicht delegierbaren Fachleistungen“ selbst. Das gilt auch für behördliche Abnahmen während der Bauausführung. Solange die HOAI 2009 Bestandteil der Beauftragung an freiberuflich Tätige war, betrug der Anteil dieser Aufgaben rund 10 v. H. der entsprechenden HOAI-Leistungen. Abbildung 2.14 zeigt beispielhaft für Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) Rheinland Pfalz (RP) für die Objektplanung Gebäude und raumbildende Ausbauten den Anteil der baufachlichen Aufgaben, die vom LBB i. d. R selbst erbracht wurden. Objektplanung Gebäude und […] (nach § 33 und § 34 HOAI 2009) Leistungsphasen (LPH)
Umfang nicht delegierbarer Fachleistungen beim LBB RP
Objektplaner
v. H.
v. H.
v. H.
1. Grundlagenermittlung
3
vollständig
3
–
2. Vorplanung
7
–
–
7
11
–
–
11
Zustimmungsverfahren nach LBO, Kenntnisgabeverfahren
1
5
3. Entwurfsplanung 4. Genehmigungsplanung
6
5. Ausführungsplanung
25
–
–
25
6. Vorbereitung der Vergabe
10
–
–
10
teilweise
2
2
behördliche Abnahmen
1
30
vollständig
3
–
10
90
7. Mitwirkung bei der Vergabe 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung.) 9. Objektbetreuung und […] Objektplanung gesamt
4 31 3 100
Abb. 2.14: Eigenerledigung baufachlicher Aufgaben nach HOAI 2009 – LBB RP. (LBB (Hrsg.) Schulungsunterlage Projektleitung […]. Frühjahr 2013, Abschn. 1–4)
Im Zuge der Novellierung der HOAI im Jahr 2013 wurden u. a. die Leistungen der Architekten und Ingenieure nicht nur aktualisiert, sondern auch erweitert. Beispielhaft für die Objektplanung Gebäude und Innenräume sind zu nennen: Koordination, Dokumentation, Kostenplanung und ganz besonders Terminplanung.
80
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Der Zuwachs an Leistungen bei den Architekten und Ingenieuren als Auftragnehmern kommt den Auftraggebern zugute, so auch dem fachkundigen Bauherrn. Infolgedessen nehmen die baufachlichen Aufgaben beim fachkundigen Bauherrn ab (siehe Abb. 2.15). Objektplanung Gebäude und Innenräume (nach § 34 und § 35 HOAI 2013) Leistungsphasen (LPH)
Umfang nicht delegierbarer Fachleistungen beim LBB RP
Objektplaner
v. H.
v. H.
v. H.
1. Grundlagenermittlung
2
vollständig
2,00
–
2. Vorplanung
7
–
0,15
6,85
15
–
0,90
14,10
Einholen Zustimmung/ Kenntnisgabeverfahren nach § 83 LBauO
0,20
2,80
3. Entwurfsplanung 4. Genehmigungsplanung
3
5. Ausführungsplanung
25
–
–
25,00
6. Vorbereitung der Vergabe
10
–
0,25
9,75
teilweise
1,00
3,00
behördliche Abnahmen
1,00
31,00
vollständig
2,00
–
5,50
94,50
7. Mitwirkung bei der Vergabe 8. Objektüberwachung […] 9. Objektbetreuung Objektplanung gesamt
4 32 2 100
Abb. 2.15: Eigenerledigung baufachlicher Aufgaben nach HOAI 2013 – LBB RP. (LBB (Hrsg.) Schulungsunterlage Projektleitung […] Frühjahr 2013, Abschn. 1–4)
Der Vergleich der beiden Abbildungen 2.14 und 2.15 zeigt deutlich, in welcher Leistungsphase und in welchem Umfang insgesamt sich der Anteil der „nicht delegierbaren Fachleistungen“ beim LBB von 10,00 auf 5,50 v. H. verringert hat. Das hat sowohl Auswirkungen auf den Umfang der Aufgaben aufseiten des Auftraggebers als auch der freiberuflich Tätigen. Unabhängig davon werden vom LBB darüber hinaus baufachliche Leistungen erbracht. Dazu gehören v. a. Maßnahmen der Instandhaltung, der Modernisierung und Umbauten, aber auch Neubauten, wenn die Beauftragung an freiberuflich Tätige aus bestimmten Gründen nicht in Betracht kommt. Die Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) enthält folgende Erläuterungen zur Kenntnisgabe und Zustimmung eines Bauvorhabens: „Vorhaben des Bundes und der Länder sowie ihrer rechtsfähigen Anstalten, Körperschaften und Stiftungen bedürfen an Stelle der Baugenehmigung der Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde, wenn sie unter der Leistung eigener geeigneter Fachkräfte vorbereitet und ausgeführt werden.“ (§ 83 (1) LBauO) und „Vorhaben, die der Landesverteidigung dienen, sind abweichend von den Absätzen 1 bis 3 der oberen Bauaufsichtsbehörde vor Baubeginn in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen […].“ (§ 83 (4) LBauO)
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
81
Beispiel: Bauherr Bundesrepublik Deutschland (Bund) Organisation und Aufgaben „1 Organisation 1.1 Die Gesamtverantwortung für das Bauwesen des Bundes in den Zuständigkeitsbereichen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, der Bundesbaugesellschaft Berlin und der Bauverwaltungen der Länder obliegt dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Oberste Technische Instanzen des Bundes sind: – das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) für die zivilen Bauaufgaben, – das Bundesministerium der Verteidigung für die Verteidigungsbauaufgaben. Die Bauangelegenheiten der Verfassungsorgane des Bundes, der obersten Bundesbehörden, die Bauangelegenheiten des Bundes in Berlin sowie die Bauangelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland im Ausland – mit Ausnahme der Bauten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung – werden auf Grund des Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BABauRaumOG) v. 15.12.1997 […], zul. geändert […] 31.10.2006 (BGBl. I S. 2404), durch das B u nd e sa mt f ür B au we se n u nd R a u mo rd n u n g wahrgenommen. […] Bauvorhaben der Verfassungsorgane des Bundes und der obersten Bundesbehörden in dem vom Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb Spreebogen erfassten Bereich in Berlin sind der Bundesbaugesellschaft Berlin mbH übertragen. Die sonstigen Bauaufgaben des Bundes werden im Wege der Organleihe auf Grund des § 8 (5) des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 04. April 2006 (BGBl. I S. 846, 1202), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 08. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) geändert worden ist und den dazu geschlossenen Verwaltungsabkommen durch die B au ver wa lt u n g e n d e r Lä nd er m it ihren eigenständigen Organisationseinheiten erledigt, die auf der Ebene der Fachaufsicht und der Baudurchführung tätig sind. Die Fachaufsicht ist für den Bund umfassend nach pflichtgemäßem Ermessen wahrzunehmen. 1.2 Diese Bauverwaltungen des Bundes und der Länder sind als fachkundige Organe der öffentlichen Hand für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse durchzuführenden staatlichen Bauaufgaben des Bundes zuständig. Dementsprechend haben sie alle Aufgaben des staatlichen Bauens des Bundes, insbesondere die der Leitung, der Koordinierung und der Steuerung, wahrzunehmen. Sie vergeben Leistungen nach Maßgabe des Abschnitts K 12 an freiberuflich tätige Architekten, Ingenieure und Sonderfachleute. Auch hierbei bleiben sie jedoch – unbeschadet der Verantwortung der freiberuflich Tätigen für die ihnen übertragenen Leistungen – für die ordnungsgemäße Erledigung der Bauaufgaben verantwortlich […]“ (RBBau 2015, Abschn. A 1/3)
82
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Beispiel: Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg Die staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung (VBV) in Baden-Württemberg gliedert sich in zwei Landesbetriebe: – Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe mit 6 Staatlichen Hochbauämtern für den Bundesbau – Vermögen und Bau (VB) mit Betriebsleistung, 15 Ämtern, davon 3 Universitätsbauämter, und der Anstalt Staatliche Schlösser und Gärten (SSG) für den Landesbau Oberste Landesbehörde für beide Betriebe ist das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (MFW). Zum Bundesbau zählen die zivilen und militärischen Bauaufgaben des Bundes und Dritter: Diese werden im Land Baden-Württemberg auf Grundlage eines Verwaltungsaufkommens im Wege der so bezeichneten „Organleihe“ durch den Betrieb Bundesbau (OFD) erledigt. (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) der VBV BW, Stand 2012, Abschn. A, S. 3) Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VB-BW) umfasst die Bereiche – Immobilienmanagement (IM), – Gebäudemanagement (GM), – Baumanagement (BM) sowie – Staatliche Schlösser und Gärten (SSG). Man kann an dieser Aufteilung erkennen, wie umfangreich die Aufgaben der Vermögensund Hochbauverwaltung in Baden-Württemberg sind. Es gilt eine große Zahl von Objekten zu betreuen, zu betreiben, zu erhalten und zu optimieren. Zudem wird die Funktion des Bauherrn für Neubauten, Umbauten und Modernisierungen im Landesbau sowie im Bundesbau wahrgenommen. Baufachliche Leistungen im Sinne der HOAI werden ebenso übernommen. Der Umfang der Eigenerledigung von baufachlichen Leistungen hängt von der Art der Maßnahme ab und dient u. a. der Erhaltung und Weiterentwicklung der baufachlichen Qualifikation der Architekten und Ingenieure in der Bauverwaltung. In der Dienstanweisung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung BadenWürttemberg (DAW) – sie zählt zu den Richtlinien für die Durchführung von Hochbauaufgaben der Länder (RLBau) – werden die Inhalte und Ziele der VB-BW für jeden der vier genannten Berteiche anschaulich erläutert. Diese werden im Folgenden wiedergegeben. „Immobilienmanagement (IM) 2.1 Inhalt und Ziele Das Immobilienmanagement umfasst im Wesentlichen die Unterbringung von Landesbehörden und sonstigen Einrichtungen des Landes, den Grundstücksverkehr und die Grundstücksverwaltung. Grundlage ist die Verwaltungsvorschrift des MFW über die Bereitstellung und Bewirtschaftung von Dienstgebäuden, Diensträumen und Dienstgrundstücken sowie von Wohnungen für Landesbedienstete (VWV Liegenschaften) vom 28. Dezember 2011, Az.: 4-3323.0/23 (GABI. 2012 S. 6).
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
83
Ziel ist es, unter Berücksichtigung des Landesbedarfs an Grundstücken und Gebäuden, den größtmöglichen Nutzen aus dem landeseigenen und angemieteten Grundvermögen zu ziehen. Die Unterbringung von Landesbehörden und von sonstigen Einrichtungen des Landes hat bedarfsgerecht und wirtschaftlich zu erfolgen.“ (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) der VBV BW. Stand 2012, Abschn. C, S. 5) „Gebäudemanagement (GM) 3.1 Inhalt und Ziele 3.1.1 Das Gebäudemanagement umfasst technische, infrastrukturelle und kaufmännische Leistungen der VBV. Dies betrifft den Betrieb und die Bewirtschaftung der landeseigenen sowie angemieteten Gebäude und Liegenschaften, ausgenommen den landwirtschaftlichen und naturschutzrelevanten Grundbesitz. Die Aufgaben des GM beziehen sich auf die gesamte Planungs- und Nutzungsphase eines Objekts. 3.1.2 Das GM unterstützt die nutzende Verwaltung beim Gebäudebetrieb und bietet ihr dabei eine Service- und Beratungsleistung, damit diese sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren kann. 3.1.3 Das GM hat das Ziel, den Gebäudebetrieb wirtschaftlich zu gestalten z. B. durch – Herstellung von Kostentransparenz, – Ermittlung von Einsparpotenzialen, – Veranlassung oder Durchführung von Optimierungsmaßnahmen, – Stärkung des Kostenbewusstseins bei der nutzenden Verwaltung.“ (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) der VBV BW. Stand 2012, Abschn. C, S. 9) „Baumanagement (BM) 4.1 Inhalt und Ziele Das Baumanagement umfasst im Wesentlichen die Planung und Ausführung von Neubau, Umbau, Sanierung und Bauunterhalt von landeseigenen oder angemieteten Gebäuden und technischen Anlagen. Hierzu gehören auch Grundsatzuntersuchungen zu Planungs- und Baufragen sowie die Bereitstellung und Pflege strukturierter digitaler Bestandsdaten gemäß Richtliniensammlung ‚Pläne und Daten‘. Die Ziele des BM sind im Wesentlichen: – Wirtschaftlichkeit in Planung und Bauausführung, – nachhaltiges Bauen, – Realisierung wirtschaftlicher Unterbringungen, – Werterhalt der vorhandenen Bausubstanz, – Pflege der Baukultur, – Erhaltung der Kulturgüter. Das BM wirkt bei allen alternativ finanzierten Projekten mit.“ (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) der VBV BW. Stand 2012, Abschn. C, S. 12)
84
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
„Staatliche Schlösser und Gärten (SSG) 7.1 Inhalt und Ziele Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung betreut die Schlösser und Gärten sowie weitere Kulturliegenschaften des Landes Baden-Württemberg. Dazu gehört auch die kunsthistorische und gartendenkmalpflegerische Betreuung der Schlösser und Gärten. Ziel ist es, die Kulturliegenschaften des Landes in ihrer Einzigartigkeit unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes zu erhalten. Durch Präsentation und Öffnen des kulturhistorischen Erbes soll der breiten Bevölkerung der vielfältige Bestand an Kulturgütern nähergebracht werden. Insbesondere soll bei den Bürgern das Verständnis für die Bedeutung der Kulturdenkmale und die Notwendigkeit ihres Schutzes sowie ihrer Erhaltung geweckt werden.“ (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) der VBV BW. Stand 2012, Abschn. C, S. 12) Bauherrenaufgaben im Spiegel der Kostenplanung Bauherrenaufgaben verursachen einen Aufwand (Eigenleistungen), der auch bei der Kostenermittlung zu berücksichtigen ist. Denn es gilt der Grundsatz: „Kostenermittlungen sind in der Systematik der Kostengliederung zu ordnen. Die Kosten sind vollständig zu erfassen und zu dokumentieren.“ (DIN 276-1:2008-12) In der Kostengruppe 700 Baunebenkosten sind die Bauherrenaufgaben bis in die dritte Ebene der Kostengliederung wie folgt unterteilt. Kostengruppe
Anmerkungen
710 Bauherrenaufgaben 711 Projektleitung
Kosten zum Zweck der Zielvorgabe, der Überwachung und Vertretung der Bauherreninteressen
712 Bedarfsplanung
Kosten für Bedarfs-, Betriebs- und Organisationsplanung, z. B. zur betrieblichen Organisation, zur Arbeitsplatzgestaltung, zur Erstellung von Raum- und Funktionsprogrammen, zur betrieblichen Ablaufplanung und zur Inbetriebnahme
713 Projektsteuerung
Kosten für Projektsteuerungsleistungen sowie für andere Leistungen, die sich mit der übergeordneten Steuerung und Kontrolle von Projektorganisation, Terminen, Kosten, Qualitäten und Quantitäten befassen
719 Bauherrenaufgaben, sonstiges
Baubetreuung, Rechtsberatung, Steuerberatung
Abb. 2.16:
Bauherrenaufgaben gemäß DIN 276-1:2008-12.
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
85
Zu den Kostengruppen sind folgende Anmerkungen zu berücksichtigen: KG 711 Projektleitung Wird die Projektleitung auf der Bauherrenseite als Eigenleistung erbracht, ist der Aufwand zu bewerten. Wird sie als Fremdleistung vergeben, ist neben dem Honorar für den externen Projektleiter zusätzlich der Aufwand des Bauherrn, der aus seiner Funktion als Auftraggeber und i. d. R. als späterer Nutzer entsteht, zu berücksichtigen. Verfügt ein Bauherr über eine eigene Bauabteilung, welche die Projektleitung wahrnimmt, wie z. B. die Bauabteilung eines Industrieunternehmens oder wie im Falle eines Universitätsbauamtes, dann sind die Selbstkosten dieser Organisationseinheit auf die bearbeiteten Projekte aufzuteilen. Der Aufwand für die Projektleitung liegt hauptsächlich in den Personalkosten für die Wahrnehmung der Gesamtkoordination, die Vertragsgestaltung einschließlich der Inanspruchnahme einer Rechtsberatung, die übergeordnete Kosten- und Terminplanung sowie in vielen Fällen für Marketing und Vertrieb der Immobilie, wie z. B. bei einem Bauträger. Die Kosten der Projektleitung aufseiten des Bauherrn werden nur in Ausnahmefällen mit der gebotenen Genauigkeit ermittelt. Das hat v. a. zwei Gründe. Zum einen sind viele Bauabteilungen und -ämter neben der Wahrnehmung der Projektleitung mit zahlreichen weiteren Aufgaben befasst. Häufig sind es Architekten- und Ingenieurleistungen wie z. B. die vollständige Grundlagenermittlung oder die Objektüberwachung. In der Regel gehören auch Aufgaben der Instandhaltung vorhandener Objekte dazu. Die mit der systematischen Ermittlung der Kosten verbundene Mühe wird gescheut. Auf der anderen Seite wird die damit mögliche Kostentransparenz von den unmittelbar Beteiligten manchmal auch gar nicht gewünscht. Denn hieraus können Einsparpotenziale abgeleitet werden, die dann meist zum Stellenabbau genutzt werden. Bei gewerblichen Bauherren, wie v. a. Bauträgern, werden Projekte durch eigene Gesellschaften betreut. Diese verfügen über eine eigene Rechtspersönlichkeit, dienen der Risikoabgrenzung und arbeiten auf eigene Rechnung. Die Ermittlung des Aufwands für die Bauherrenaufgaben, so insbesondere für die Projektleitung, ist dabei besonders gut möglich (siehe Kap. 3). KG 712 Bedarfsplanung Die Bedarfsplanung ist nach DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, die methodische Ermittlung der Bedürfnisse des Bauherrn und der Nutzer, die zielgerichtete Aufbereitung als Bedarf und die Umsetzung in bauliche Anforderungen. Ergebnis ist der Bedarfsplan, auch als „Nutzerbedarfsprogramm“ bezeichnet. Die Bedarfsplanung ist eine Bauherrenaufgabe, sie kann an einen entsprechenden Fachmann, den Bedarfsplaner delegiert werden (siehe Kap. 5.1.2). KG 713 Projektsteuerung Entscheidend für die anteiligen Kosten sind das Leistungsbild und der Leistungsumfang eines ggf. eingesetzten Projektsteuerers. Anteilig an den Bauherrenaufgaben (KG 710) macht nach den Erfahrungen des Verfassers die Projektsteuerung meist ein bis zwei Drittel der Kosten für Bauherrenaufgaben aus (siehe Kap. 3).
86
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
KG 719 Bauherrenaufgaben, sonstiges Als sonstige Bauherrenaufgaben nennt die DIN 276 die Baubetreuung. Darüber hinaus ist diese Kostengruppe geeignet, die Nebenkosten z. B. für Vervielfältigungen, Porti, Fernsprechgebühren, Reisekosten der Bauherrenseite aufzunehmen. Seit einigen Jahren wird der Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) gefordert. Da es sich hierbei um Bauherrenaufgaben handelt, sollte die Gliederung der DIN 276 um eine Position für diesen Projektbeteiligten erweitert werden, z. B. um die Kostengruppe KG 714 Sicherheits- und Gesundheitskoordinator. Anmerkung: Es ist zu hoffen, dass der Bedeutung der Bauherrenaufgaben und nicht zuletzt auch deren Kosten in Zukunft noch größere Beachtung beigemessen wird. Der Verfasser ist wiederholt mit der Ermittlung von Baunebenkosten für größere Projekte befasst. Die Schätzung des Aufwands der Bauherrenaufgaben ist dabei immer besonders schwierig. Bauherrenorganisationen sind mit zunehmender Komplexität überproportional personalintensiv. Ihre Kosten sollten jedoch etwa ein Drittel der übrigen Baunebenkosten, dabei ist KG 760 Finanzierung ausgenommen, nicht überschreiten (siehe dazu auch Kap. 6.1.5). Geschichte der Bauherrenaufgaben Abschließend gönnen wir uns noch einen kurzen Blick in die Geschichte der Bauherrenaufgaben als Teil der Kostenplanung: Diese wurden im Rahmen der Kostenplanung schon sehr früh berücksichtigt, so enthält DIN 276:1934-08, Kosten von Hochbauten und damit zusammenhängenden Leistungen, bereits unter III. Baunebenkosten den Gliederungspunkt c) Kosten der Verwaltungsleistungen: „Verwaltungsleistungen sind die dem Bauherrn durch den Bau unmittelbar und mittelbar verursachten besonderen und allgemeinen Verwaltungsarbeiten, [...].“ Rund zehn Jahre später wird in DIN 276:1954-03 differenziert: Abschnitt 2.32 Kosten der Verwaltungsleistungen: „Hierzu gehören die Kosten der Verwaltungsarbeiten des Bauherrn oder einer betreuenden Stelle, soweit diese Kosten nicht unter Abschnitt 2.31, 2.34, und 2.35 anzusetzen sind.“ (Hierbei handelt es sich um 2.31 Kosten der Architekten- und Ingenieurleistungen, 2.34 Kosten der Beschaffung der Finanzierungsmittel und 2.35 Sonstige Nebenkosten) In DIN 276:1971-09 werden die Bauherrenaufgaben vorübergehend nicht explizit genannt, können aber als Eigenleistungen bewertet werden. Im Jahr 1981 werden sie als KG 7.1.4.0 Verwaltungsleistungen von Bauherr und Betreuer wieder als eigene Position aufgenommen. Es wird hieraus und im Zusammenhang mit dem Ersatz der Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (GOA), Fassung vom November 1958, durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) im Jahr 1976 und der Aufnahme des § 31 Projektsteuerung deutlich, dass die Bedeutung der Bauherrenaufgaben und deren mögliche Delegation an Dritte an Bedeutung gewonnen und damit bei der Projektorganisation wie bei der Ermittlung der Gesamtkosten einen wichtigen Stellenwert erlangt hat. (DIN 276 in den Fassungen von 1943-08, 1954-03, 1971-09 und 1981-04)
2.2 Arten, Formen und Bezeichnung von Bauherren
87
Nachfolgender Auszug aus der Landeshaushaltsordnung für Rheinland-Pfalz (LHO) zeigt beispielhaft die landesrechtlichen Rahmenbedingungen, die seitens der öffentlichen Hochbauverwaltung als Bauherr und Auftraggeber im Zuge der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen zu berücksichtigen sind. „§ 24 Baumaßnahmen, größere Beschaffungen, größere Entwicklungsvorhaben (1) Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen dürfen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Den Unterlagen ist eine Schätzung der nach Fertigstellung der Maßnahme entstehenden jährlichen Haushaltsbelastungen beizufügen. (2) Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für größere Beschaffungen und größere Entwicklungsvorhaben dürfen erst veranschlagt werden, wenn Planungen und Schätzungen der Kosten und Kostenbeteiligungen vorliegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Ausnahmen von den Absätzen 1 und 2 sind nur zulässig, wenn es im Einzelfall nicht möglich ist, die Unterlagen rechtzeitig fertig zu stellen, und aus einer späteren Veranschlagung dem Land ein Nachteil erwachsen würde. Die Notwendigkeit einer Ausnahme ist in den Erläuterungen zu begründen. Die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Maßnahmen, für welche die Unterlagen noch nicht vorliegen, sind gesperrt. […] § 54 Baumaßnahmen, größere Beschaffungen, größere Entwicklungsvorhaben (1) Baumaßnahmen dürfen nur begonnen werden, wenn ausführliche Entwurfszeichnungen und Kostenberechnungen vorliegen, es sei denn, dass es sich um kleine Maßnahmen handelt. In den Zeichnungen und Berechnungen darf von den in § 24 bezeichneten Unterlagen nur insoweit abgewichen werden, als die Änderung nicht erheblich ist; weiter gehende Ausnahmen bedürfen der Einwilligung des für Finanzen zuständigen Ministeriums. Dieses holt bei einzeln veranschlagten Baumaßnahmen zuvor die Einwilligung des Landtags ein, soweit nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme hiervon geboten ist. Ist die Zustimmung nicht eingeholt worden, so ist der Landtag alsbald zu unterrichten. […] § 55 Öffentliche Ausschreibung (1) Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. (2) Beim Abschluss von Verträgen ist nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren. […]“ (Landeshaushaltsordnung (LHO) Rheinland-Pfalz 2015)
88
2.3
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Stakeholder, insbesondere bei Bauprojekten
Der Begriff „Stakeholder“ wird in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften vielfältig verwendet. Er ist seit einigen Jahren auch im Bauwesen, insbesondere im Projektmanagement im Gebrauch. Allgemein versteht man unter Stakeholder – Interessenvertreter (ökonomisch, rechtlich), – Anspruchsberechtigter (allgemein), – Projektbeteiligter (Qualitätsmanagement, Bauwesen), – Mitglied einer Interessengruppe (allgemein), – (relevanter) Akteur (ökonomisch). (vgl. http://www.dict.cc/englisch-deutsch/stakeholder.html) Der Begriff Stakeholder stimmt mit der Definition Projektbeteiligte nach DIN 69901-5 überein. „Demzufolge ist ein Stakeholder (Projektbeteiligter, Interessensgruppe, Interessierte Partei): – eine Person, Personengruppe oder eine Organisation, – die aktiv am Projekt beteiligt ist oder durch den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflusst wird, – die gegebenenfalls den Projektverlauf oder das Projektergebnis beeinflussen kann.“ (https://www.projektmagazin.de/glossarterm/stakeholder) Für die Wahrnehmung von Projektmanagementaufgaben ist die Kenntnis der Beteiligten einschließlich ihrer Ziele und Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Herkömmlich stehen Bauherr und Nutzer (am Projekt Beteiligte im engeren Sinn), Architekten und Ingenieure (an der Planung Beteiligte) sowie ausführende Unternehmen (an der Ausführung Beteiligte) im Vordergrund. Die bis hier genannten Beteiligten werden im vorliegenden Buch in den unterschiedlichen Ausprägungen ausführlich behandelt. Als weitere Beteiligte sind finanzierende Organisationen und Träger öffentlicher Belange zu berücksichtigen. Denn sie unterstützen, regulieren oder verhindern in einzelnen Fällen die Durchführung von Projekten (am Projekt Beteiligte im weiteren Sinne). In der bereits genannten DIN 69901-5:2009-01, Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe, wird ausdrücklich die Stakeholderanalyse (englisch: stakeholder analysis) definiert: „Analyse der Projektbeteiligten hinsichtlich deren Einfluss auf das Projekt und deren Einstellung (positiv oder negativ) zum Projekt.“ Zudem ist die Risikoanalyse und Prognose mit Stakeholderanalyse eine Teilleistung (M) im Leistungsbild Projektentwicklung (im engeren Sinne) nach AHO Heft 19 September 2004. Hierbei geht es darum, welche Stakeholder bei der Projektentwicklung unterstützen können, z. B. eine Kommune mit Interesse am Projekt, oder welche Widerstand gegen das Projekt leisten können, da sie andere Interessen haben, z. B. Anwohner im Umfeld der beabsichtigten Baumaßnahme (siehe dazu auch Kap 9.2).
2.3 Stakeholder, insbesondere bei Bauprojekten Anspruchsgruppen
Externe Anspruchsgruppen
Interne Anspruchsgruppen
1. Eigentümer – Kapitaleigentümer – Eigentümer-Unternehmer 2. Management (Manager-Unternehmer)
89
Interessen (Ziele) – Einkommen/Gewinn – Erhaltung, Verzinsung und Wertsteigerung des investierten Kapitals – Selbstständigkeit/Entscheidungsautonomie – Macht, Einfluss, Prestige – Entfaltung eigener Ideen und Fähigkeiten, Arbeit = Lebensinhalt
3. Mitarbeiter
– Einkommen (Arbeitsplatz) – soziale Sicherheit – sinnvolle Betätigung, Entfaltung der eigenen Fähigkeiten – zwischenmenschliche Kontakte (Gruppenzugehörigkeit) – Status, Anerkennung, Prestige (ego-needs)
4. Fremdkapitalgeber
– sichere Kapitalanlage – befriedigende Verzinsung – Vermögenszuwachs
5. Lieferanten
– stabile Liefermöglichkeiten – günstige Konditionen – Zahlungsfähigkeit der Abnehmer
6. Kunden
– qualitativ und quantitativ befriedigende Marktleistung zu günstigen Preisen – Service, günstige Konditionen usw.
7. Konkurrenz
– Einhaltung fairer Grundsätze und Spielregeln der Marktkonkurrenz – Kooperation auf branchenpolitischer Ebene
8. Staat und Gesellschaft – lokale und nationale Behörden – ausländische und internationale Organisationen
– – – – –
– Verbände und Interessenlobbies aller Art – politische Parteien – Bürgerinitiativen – allgemeine Öffentlichkeit
Steuern Sicherung der Arbeitsplätze Sozialleistungen positive Beiträge an die Infrastruktur Einhalten von Rechtsvorschriften und Normen – Teilnahme an der politischen Willensbildung – Beiträge an kulturelle, wissenschaftliche und Bildungsinstitutionen – Erhaltung einer lebenswerten Umwelt
Abb. 2.17: Stakeholder (Anspruchsgruppen) – allgemein. (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/1202/anspruchsgruppen-v6.html)
90
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
In Abbildung 2.17 werden die Anspruchsgruppen, Synonym für „Stakeholder“, in acht Gruppen unterschieden und stichwortartig in Bezug auf ihre Interessen (Ziele) beschrieben. Die Unterteilung in interne Anspruchsgruppen (Eigentümer (1), Management (2) und Mitarbeiter (3)) und in externe Anspruchsgruppen (Fremdkapitalgeber (4), Lieferanten (5), Kunden (6), Konkurrenz (7) sowie Staat und Gesellschaft (8)) ist für eine Bewertung der Interessen und Ziele hilfreich. Die internen Anspruchsgruppen sollten eine positive Einstellung zum Projekt haben. Bei einigen externen Anspruchsgruppen sind negative Interessen nicht auszuschließen. Grundsätzlich kann diese Systematik auch auf Bauprojekte übertragen werden. Der Bauherr und sein Projektmanagement sind dem Eigentümer und dem Management vergleichbar. Die Architekten und Ingenieure sowie die ausführenden Unternehmen sind zwar nicht Mitarbeiter, aber sie sollten als Auftragnehmer ähnlich wie Mitarbeiter „am selben Strang ziehen“ wie ihr Auftraggeber, der Bauherr. Staat und Gesellschaft stehen dem Bauprojekt als Träger öffentlicher Belange (TöB) gegenüber. Hinzu kommen Bürgerinitiativen und die allgemeine Öffentlichkeit. Diese können unter dem Begriff „nicht staatliche Organisationen“ (NGO) zusammengefasst werden. Sie sind mit großer Sorgfalt zu beobachten, denn sie können ein Bauprojekt scheitern lassen. Träger öffentlicher Belange (TöB) Als Träger öffentlicher Belange werden Behörden oder Stellen bezeichnet, die durch Gesetz oder auf der Grundlage von Gesetzen Aufgaben und Planungen im öffentlichen Interesse wahrnehmen. Eine allgemeingültige Liste dieser Behörden oder Stellen gibt es leider nicht. Allerdings werden von den Bundesländern und Kommunen Listen zusammengestellt, die jeweils die wichtigsten Behörden und Stellen benennen. Diese tragen i. d. R. den Vermerk, dass die Aufzählung nicht vollständig ist. Für den Bauherrn und sein Projektmanagement ist es allerdings wichtig, möglichst früh alle in Betracht kommenden Träger öffentlicher Belange zu kennen, um deren Unterstützung zu gewinnen und um Risiken identifizieren zu können. Beispiel: Träger öffentlicher Belange (TöB) in Niedersachsen Es kann in diesem Zusammenhang eine Aufstellung von öffentlichen Belangen mit den jeweils zuständigen Trägern öffentlicher Belange gezeigt werden, die zumindest die Vielzahl der Behörden und Stellen erahnen lässt. Sie wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erarbeitet und stellt eine Überarbeitung der Anlage 17 VV-BauGB dar (siehe Abb. 2.18 und 2.19). Sie enthält folgenden Hinweis: „Nach § 4 BauGB sind von der Gemeinde die Träger öffentlicher Belange zu beteiligen, deren sachlicher und örtlicher Zuständigkeitsbereich tatsächlich durch die Planung berührt werden kann; in Abhängigkeit von den möglichen Auswirkungen der Planung sind ggf. auch benachbarte Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange (einschließlich benachbarter Bundesländer und Staaten) zu beteiligen. Es ist der Gemeinde nicht verwehrt, in Einzelfällen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus auch Stellen und Personen zu beteiligen, die nicht als Träger öffentlicher Belange anzusehen sind, wenn von diesen sachdienliche Anregungen zu erwarten sind.“ (Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 2014, S. 1)
2.3 Stakeholder, insbesondere bei Bauprojekten Öffentlicher Belang
91
Träger
Abfallentsorgung:
1)
a) Siedlungsabfall
Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (z. B. Landkreis)
b) Sonderabfall
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Agrarstruktur, Neuordnung des ländlichen Raumes
Amt für regionale Landesentwicklung
Bauaufsicht
Landkreis 1)
Bau- und Bodendenkmalpflege
Landkreis 1)
Bauliche Anlagen des Landes und des Bundes
Dienststellen des Staatlichen Baumanagements
Bergbau
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
Bodenschätze
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Landkreis 1), soweit Bodenschätze nicht den bergrechtlichen Vorschriften unterliegen
Boden- und Baugrundbeschaffenheit, Hydrogeologie
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
Bodenschutz
Landkreis 1)
Brandschutz
Landkreis 1)
Immissionsschutz
Landkreis 1), Staatliches Gewerbeaufsichtsamt, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
Kampfmittelbeseitigung
Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen, Regionaldirektion Hameln-Hannover
Kataster- und Vermessungswesen
Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen, Regionaldirektion
Katastrophenschutz
Landkreis 1)
Landwirtschaft
Landwirtschaftskammer
Naturschutz und Landschaftspflege
Landkreis 1), Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Nationalparkverwaltung Nds. Wattenmeer/Harz, Biosphärenreservatsverwaltung Nds. Elbtalaue
Soweit nicht die Gemeinde selbst oder die Region Hannover zuständig ist.
Abb. 2.18: Träger öffentlicher Belange – Beispiel Niedersachsen (1). (Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 2014, S. 1f. – Auszug)
92
2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Öffentlicher Belang
Träger
Raumordnung und Landesplanung
Landkreis, im Bereich der Region Hannover diese Gebietskörperschaft, im Bereich des Zweckverbandes „Großraum Braunschweig“ dieser Verband bei Bauleitplänen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden; Amt für regionale Landesentwicklung bei Bauleitplänen der kreisfreien Städte
Verkehr: a) Straßenverkehr
Landkreis 1)
b) Straßenbau Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen Kreisstraßen
Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Landkreis, Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
c) Eisenbahnen des Bundes
DB Netz AG, DB Station und Service AG, Eisenbahn-Bundesamt
d) nicht bundeseigene Eisenbahnen
Landkreis 1), Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Gesellschaft für Landeseisenbahnaufsicht (LEA), Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
e) Öffentlicher Personennahverkehr (Straße, Schiene)
Landkreis 1), Zweckverband „Großraum Braunschweig“, Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH
f) Post- und Telekommunikationswesen
Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG
g) ziviler Luftverkehr
Halter des Flughafens oder Landeplatzes, Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Außenstelle Braunschweig/Wolfenbüttel Außenstelle Oldenburg
Versorgung: a) Elektrizitätsversorgung
Stromversorgungsunternehmen
b) Gasversorgung
Gasversorgungsunternehmen, Ferngasunternehmen
1)
Soweit nicht die Gemeinde selbst oder die Region Hannover zuständig ist.
Abb. 2.19: Träger öffentlicher Belange – Beispiel Niedersachsen (2). (Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 2014, S. 2f. – Auszug)
2.3 Stakeholder, insbesondere bei Bauprojekten
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Nicht staatliche Organisationen Nicht staatliche Organisationen (englisch: non-governmental organizations, NGOs), sind nicht leicht zu fassen. Sie kommen in allen Bereichen der Gesellschaft vor und engagieren sich dort, wo es sonst keine Zuständigkeit gibt. Eine Definition von NGO hat das Regionale Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa aufgestellt: „Eine nichtstaatliche Organisation (NGO) ist eine nicht-gewinnorientierte und auf freiwilliger Arbeit basierende Organisation von Bürgern, die sowohl lokal als auch national oder international organisiert und tätig sein kann. Auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet und von Leuten mit einem gemeinsamen Interesse gegründet, versuchen NGOs, eine Vielfalt von Leistungen und humanitären Funktionen wahrzunehmen, Bürgeranliegen bei Regierungen vorzubringen, die politische Landschaft zu beobachten und das politische Engagement in der Bevölkerung zu erwecken. Sie stellen Analysen und Sachverstand zur Verfügung, dienen als Frühwarnmechanismus und helfen, internationale Übereinkünfte zu beobachten und umzusetzen. Manche NGOs sind für ganz bestimmte Aufgaben gegründet, so zum Beispiel Menschenrechte, Umwelt oder Gesundheit. Ihre Verbindungen zu Abteilungen und Einrichtungen der Vereinten Nationen hängt ganz von ihren Zielen, Standorten und Möglichkeiten ab.“ (https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nro_ngo_560.htm) So nützlich die Arbeit der NGOs im Allgemeinen sein kann, so schwierig können ihre Aktivitäten bei Bauprojekten sein. Die großen Infrastruktur- und Bauprojekte sind allgemein bekannt. Auseinandersetzungen in Bezug auf – Start- und Landebahnen, – Kraftwerke, – Deponien und andere Maßnahmen, die ohne Zweifel die Umwelt belasten oder die „man nicht vor der Haustür“ haben möchte, werden regelmäßig in den Medien behandelt. Bei den Akteuren herrscht häufig die Auffassung, nicht von der Politik einbezogen oder schlichtweg übergangen zu werden. Die Auseinandersetzungen um das seit fast 20 Jahren währende Projekt „Stuttgart 21“ hat sogar den neuen Begriff „Wutbürger“ hervorgebracht. Im Jahr 2010 wurde diese Wortschöpfung zum (Un-)Wort des Jahres gewählt. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache schrieb zur Begründung, „das Wort sei Ausdruck einer Empörung in der Bevölkerung darüber, dass ‚politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden‘ Weiterhin dokumentiere das Wort ‚ein großes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, über ihre Wahlentscheidungen hinaus ein Mitspracherecht bei gesellschaftlich und politisch relevanten Projekten zu haben.‘“ (http://www.zeit.de/2014/08/infografik-wutbuerger-bauprojekte) Um frühzeitig eine mögliche und für das Projekt absolut schädliche Eskalation zu vermeiden, kann den Bauherren nur empfohlen werden, dem offen entgegenzutreten. Dazu gehören – Bürgerbeteiligung im Vorfeld (politische Ebene) sowie auf der Projektebene, – Transparenz über den Zweck und den Verlauf des Projekts bis hin zu – Berichten, Ausstellungen und Baustellenbesichtigungen für die Öffentlichkeit.
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2 Bauherrenaufgaben und -organisation
Beispiel: Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung, Empfehlungen des BMVI Im Endbericht der Reformkommission Bau von Großprojekten (Hrsg.: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur – BMVI) wird dem Bauherrn „empfohlen, – eine frühzeitige, offene und kontinuierliche Bürgerbeteiligung durchzuführen, z. B. entsprechend den Vorschlägen des Handbuchs für eine gute Bürgerbeteiligung des BMVI. – frühzeitig, d. h. bereits zu Beginn der Planungen mit der Information und Beteiligung der Öffentlichkeit zu beginnen, das heißt dann, wenn noch echte Entscheidungsspielräume bestehen. – die erste Zahl zu den Projektkosten (einschl. Risikokosten) gegenüber der Öffentlichkeit erst dann zu kommunizieren, wenn hinreichend belastbare Planungsgrundlagen vorliegen. – der Öffentlichkeit regelmäßig über Kosten, Termine, Projektänderungen und Risiken offen, transparent und allgemein verständlich zu berichten. – wichtige Risiken gegenüber der Öffentlichkeit auch dann zu kommunizieren, wenn sie nicht im Haushalt veranschlagt werden. Das gleiche gilt für Preissteigerungen infolge der oft langen Planungs- und Bauzeiten. – kontinuierlich die Beteiligung der Öffentlichkeit aufrecht zu erhalten.“ (BMVI (Hrsg.): Reformkommission Bau von Großprojekten […]. 2015, S. 69) In dem Handbuch heißt es hierzu in der Zusammenfassung: „Gute Bürgerbeteiligung muss – frühzeitig, d. h. bereits zu Beginn der Planungen, idealerweise vor Einleitung des Raumordnungsverfahrens, ansetzen, das heißt dann, wenn noch echte Entscheidungsspielräume bestehen. – offen und transparent sein. Notwendige Informationen sollten allen zugänglich und verständlich aufbereitet sein. Offenheit in der Beteiligung beinhaltet auch, dass sich nicht nur Kritiker von Vorhaben, sondern auch Befürworter wie z. B. Vertreter der lokalen Wirtschaft in die Diskussion einbringen müssen. Transparenz über Verfahrensschritte und Beteiligungsprozesse bedeutet auch, dass die konkret bestehenden Entscheidungsspielräume von Anfang an deutlich gemacht werden müssen. Es muss nachvollziehbar dargelegt werden, dass sich Entscheidungsspielräume im gestuften Planungsverlauf zwangsläufig verringern. Gerade in einem fortgeschrittenen Stadium eines Verfahrens muss klar gesagt werden, inwieweit noch Einflussmöglichkeiten auf Vorfestlegungen bestehen. – kontinuierlich, das heißt über die verschiedenen Planungsstufen hinweg verstetigt sein. Denn kontinuierliche Information und Beteiligung machen gerade mehrstufige und über Jahre laufende Planungs- und Entscheidungsprozesse transparenter und nachvollziehbarer. So können sich Bürger auch in Phasen, die eine längere Zeit beanspruchen, über den aktuellen Sachstand informieren und ihre nächsten Beteiligungsschritte planen. – auf einer positiven Einstellung zur Beteiligung beruhen. Bürgerbeteiligung kann nur erfolgreich sein, wenn die Beteiligten sie als Chance und nicht als Risiko verstehen. Dies setzt bei allen Beteiligten die Bereitschaft zu konstruktivem Dialog und persönliche Verlässlichkeit voraus.“ (BMVI (Hrsg.): Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung […]. 2014, S. 111)
3
Projektleitung und Projektsteuerung
Der Bauherr ist grundsätzlich der oberste Projektmanager seines Bauprojekts. Wenn es nicht anders geregelt ist, hat er die Projektleitung inne. Diese umfasst alle Aufgaben, die notwendig sind, um ein Projekt zu initiieren, zu planen, zu kontrollieren und zu steuern. Diese Aufgaben fallen ihm zu, gleichgültig, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht. 1. Projektmanagement = Projektleitung (alle Aufgaben umfassend) 2. Projektmanagement = Projektleitung (anteilig) und Projektsteuerung 3. Projektmanagement = Projektleitung (anteilig), Projektcontrolling und Projektsteuerung Abb. 3.1:
Projektmanagement bei Bauprojekten – in mehreren Funktionen.
Der Bauherr in seiner Eigenschaft als Auftraggeber hat ferner gegenüber seinen Auftragnehmern Mitwirkungspflichten, die seinen Einsatz erfordern und zeitaufwendig sind. Er ist gut beraten, wenn er sich rechtzeitig entscheidet, in welchem Umfang er das ihm obliegende Projektmanagement bei seinem Bauprojekt (als Summe aller Aufgaben) selbst wahrnehmen kann oder will, und welche Aufgaben er besser delegieren sollte (siehe Abb. 3.1). nicht delegierbare Bauherrenaufgaben Bauherr mit der Funktion Projektleitung
Abb. 3.2:
delegierbare Bauherrenaufgaben mit oder ohne Projektcontrolling mit oder ohne Projektsteuerung
Nicht delegierbare und delegierbare Bauherrenaufgaben.
Die Bauherrenaufgaben können in delegierbare und nicht delegierbare Bauherrenaufgaben unterschieden werden. Es geht also darum, welche Aufgaben der Bauherr selbst übernimmt und welche er sich durch qualifizierte Dritte ausführen lässt. In diesem Sinne kann die Funktion der Projektleitung auf der Bauherrenseite auf ein notwendiges Maß reduziert werden. Und es können wesentliche Teile der Projektleitung in Form an eine Projektsteuerung und/oder an ein Projektcontrolling als externe Dritte delegiert werden (siehe Abb. 3.2).
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3 Projektleitung und Projektsteuerung
3.1
Projektleitung
Bauherren, die häufig oder ständig bauen – angesprochen sind große private und öffentliche Institutionen – verfügen i. d. R. über eigene Fachleute, deren Beruf – vereinfacht ausgedrückt – darin besteht, Bauherr zu sein. Es handelt sich hierbei um das Projektmanagement in Form der Projektleitung (siehe Abb. 3.3). Die Projektleitung vertritt die Bauherrenorganisation im Außenverhältnis gegenüber allen Auftragnehmern und sonstigen am Projekt Beteiligten. Sie hat aber auch im Innenverhältnis der Bauherrenorganisation eine wichtige Funktion, indem sie dieser einen sehr großen Teil der Bauherrenaufgaben abnimmt. Welche Aufgaben das sind, und in welchem Umfang die Projektleitung selbstständig handeln und vor allem entscheiden darf oder muss, ist im Einzelfall zu klären und zu dokumentieren.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Träger öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
Bauherr wird im Projekt nach außen vertreten durch
Projektleitung
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.3:
Bauverträge
fachlich Beteiligte
ausführende Firmen
Stellung der Projektleitung in der Projektorganisation.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine frühe Aussage zur Projektleitung, die nach wie vor Gültigkeit hat: „Der Projektleitung obliegt stets die direkte Verantwortung für die Erreichung der Projekt/Auftragsziele. Sie hat Linienfunktion und ist infolgedessen mit Entscheidungs-, Weisungsund Durchsetzungsbefugnis ausgestattet. Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes dürfen Leistungen der Projektleitung von öffentlichen Bauherren im Allgemeinen nicht an freiberufliche Fachbüros übertragen werden. Gewerbliche oder private Bauinvestoren dagegen verfügen vielfach über keine eigenen Bauabteilungen mit entsprechend fachkundigem Personal, so daß sie durchaus auch Projektleitungsaufgaben delegieren.“ (DVP e. V. (Hrsg.): DVP Informationen. 1996, S. 10)
3.1 Projektleitung
97
Bei der Wahl der Projektleitung kommt es darauf an, dass diese zu Beginn des Projekts und damit so früh eingesetzt wird, dass sie den Projektablauf maßgeblich gestalten kann. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Kompetenzen der Projektleitung den ihr übertragenen Aufgaben entsprechen. Sie wird in vielen Fällen auch innerhalb der Bauherrenorganisation Unterstützung benötigen und muss dazu an bestehenden, meist hierarchischen Strukturen vorbei die Mitwirkung von Stellen oder Abteilungen einfordern können. Dies betrifft z. B. das Controlling, die Vertragsabteilung und die Organisationsabteilung. „Der Projektleiter sollte grundsätzlich demjenigen einer Konzernorganisation unterstellt werden, der den Durchgriff auf alle am Projekt beteiligten Fachbereiche/Abteilungen hat. [...] Schon die firmeninterne Gewichtung eines höheren Vorgesetzten reicht in der Regel aus, um bei Problemen in anderen Betriebszweigen unterstützen zu können.“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement. 2001, S. 46) Deswegen ist es erforderlich, dass der Projektleiter förmlich eingesetzt wird und alle Stellen innerhalb der Bauherrenorganisation die Zielsetzungen des Projekts, die Aufgabe des Projektleiters und dessen Kompetenzen im eigenen Hause kennen. Manche Unternehmen bereiten dies durch einen sogenannten „Projektstartbrief“ vor, der rechtzeitig verteilt wird. So wird nach innen und außen die Unterstützung des Projektleiters durch die Unternehmensleitung erkennbar und sichergestellt. In ihrer Eigenschaft als Projektauftraggeber wählt eine Bauherrenorganisation einen Projektleiter aus und definiert das Projekt. „In der Praxis der Projektarbeit ist es durchaus üblich, daß der Projektauftraggeber dem Projektleiter einen sehr unpräzisen, oft auch mündlichen Projektauftrag erteilt. In solchen Fällen sollte der Projektleiter versuchen, die Projektziele und -definition selbst zu formulieren und anschließend mit dem Projektauftraggeber zu vereinbaren.“ (Patzak, G.; Rattay, G.: Projektmanagement. 1996, S. 118) In Bezug auf die Stellenbeschreibung und die Aufgaben, die Pflichten und das Selbstverständnis des Projektleiters werden ganz bewusst einschlägige Auffassungen wiedergegeben, die das heutige Verständnis dieser wichtigen Funktion deutlich machen. Bereits mit der Ernennung zum Projektleiter muss dieser von seinem Vorgesetzten eine Stellenbeschreibung für die Tätigkeit als Projektleiter fordern. Verschiedene Aspekte sind dabei wichtig: „– Welche Funktionsträger der Linienorganisation sind weisungsbefugt gegenüber dem Projektleiter (disziplinarisch, fachlich)? – Wer ist dem Projektleiter direkt untergeordnet und welche Weisungsbefugnis (disziplinarisch, fachlich) erhält der Projektleiter gegenüber diesen Personen? – Wer ist Vertreter? – Welche Vollmachten hat der Projektleiter? – Wofür ist der Projektleiter verantwortlich (im rechtlichen Sinne)? – Welche Aufgaben hat der Projektleiter durchzuführen? – Unterschriften des Vorgesetzten und des Projektleiters.“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement. 2001, S. 55)
98
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Die Projektleitung hat die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten während der gesamten Dauer des Projekts sicherzustellen. Der Projektleiter ist im Außenverhältnis der Vertreter des Auftraggebers und hat die Zusammenarbeit der Auftragnehmer über alle Projektstufen zu steuern. Gegenüber den Auftragnehmern ist er zu Weisungen befugt. Er muss Entscheidungen treffen und durchsetzen und trägt damit die Verantwortung für das Projekt insgesamt. Für die Dauer des Projekts benötigt der Projektleiter nicht nur die fachliche und persönliche Kompetenz, das Projekt zu führen, sondern er benötigt auch ausdrückliche Vollmachten, um seiner Aufgabe und Verantwortung gerecht werden zu können. Die Stellung in der Hierarchie der Bauherrenorganisation muss seiner Funktion entsprechen. Nur so kann er seine Pflichten erfüllen und die notwendigen Maßnahmen durchsetzen. Doch gerade in dieser Hinsicht treten in der Praxis häufig Probleme auf: – Funktionsträger der Linienorganisation versuchen unter Missachtung der Projektorganisation auf den Projektleiter einzuwirken und eigene Interessen durchzusetzen. – Mitarbeiter der Organisation erkennen den Projektleiter nicht an und leisten nur unzureichend Unterstützung. – Der Projektleiter scheut sich, ihm übertragene Kompetenzen voll auszuschöpfen, für seine Vorgesetzten „unangenehme“ Wahrheiten auszusprechen, weil er Konsequenzen für die berufliche Zukunft befürchtet. Der Projektleitung obliegen im Wesentlichen folgende Aufgaben: – Definition und Planung des Projekts mit Zeit- und Aufwandsschätzung (Kosten, Ressourcen), – Abgrenzung der Teilgebiete des Projekts und Aufgabenverteilung (Arbeitspakete), – Beeinflussung von anzuwendenden Methoden und Verfahren, – Zielverfolgung, – Koordination von Projektteam, Fachabteilungen und gegebenenfalls externer Beratung (Besprechungen, Gespräche), – Förderung und Unterstützung der Teammitglieder, – Überwachung und Steuerung von Projektfortschritt/Leistungsumfang (Quantität und Qualität), Zeit (Termine), Kosten, Kapazität und Änderungen, – Impulsgebung bei zu veranlassenden Aktionen, – Wahrnehmung fachlicher Aufgaben entsprechend vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten, soweit möglich, – Information und Kommunikation innerhalb des Teams, mit Fachabteilungen und beteiligtem Management, – Dokumentation und Berichtswesen, – Kontakthaltung und Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und gegebenenfalls mit externen Partnern.“ (Zielasek, G.: Projektmanagement. 1995, S. 75)
3.1 Projektleitung
99
So soll ausschließlich der Projektleiter gegenüber den Auftragnehmern als Vertreter der Bauherrenorganisation auftreten. Er soll ihnen die erforderlichen Informationen und Weisungen geben sowie Leistungen entgegennehmen. Im Innenverhältnis der Bauherrenorganisation ist er unabhängig davon gegenüber der Geschäftsleitung weisungsgebunden und berichts- und rechenschaftspflichtig. Das Projekt betreffende Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsleitung dürfen nicht an die Auftraggeber weitergetragen werden. Unabhängig von vertraglichen Regelungen soll sich der Projektleiter darüber im Klaren sein, wie er seine Rolle zu verstehen hat. Folgende Punkte sind für den Projektleiter relevant: – Loyalität besteht in erster Linie dem Projekt gegenüber, er denkt in Projektzusammenhängen. – Projektleiter übernehmen in erster Linie Führungsfunktionen. – Der Projektleiter akzeptiert, dass jemand anderes die Aufgabe erledigt, die er selbst vielleicht schneller und besser erledigt hätte. – Der Projektleiter hat Interesse an den Ergebnissen und weniger daran, wie sie zustande gekommen sind. – Aufgaben werden nicht nur aufgetragen, er ergreift selbst die Initiative, setzt Ziele, bringt Dinge in Gang. – Der Projektleiter erledigt Aufgaben im Team.“ (vgl. Patzak, G.; Rattay, G.: Projektmanagement. 1996, S. 142) Folglich darf es nicht vorkommen, dass ein Mitglied der Geschäftsleitung am Projektleiter vorbei mit einem Auftragnehmer, z. B. dem Architekten, Vereinbarungen trifft, die Auswirkungen auf das Projekt haben, z. B. Ausstattungselemente höherer Qualität und damit auch höherer Kosten. Projektauftrag und Kompetenzen der Projektleitung Wie oben bereits ausgeführt, sind nicht nur die Aufgaben und Kompetenzen der Projektleitung zu definieren, sondern es ist auch erforderlich, eine Projektleitung förmlich einzusetzen. Alle am Projekt Beteiligten müssen wissen, – wer die Projektleitung (Personen) ist, – was die Projektleitung für Pflichten und Rechte hat, insbesondere, wem die Projektleitung Weisungen erteilen kann und von wem sie Leistungen einfordern darf (im Innenund Außenverhältnis der Bauherrenorganisation) und – wo die Projektleitung zu erreichen ist. Für den Nachweis der übertragenen Projektleitung ist der Person oder dem Team z. B. ein Projektauftrag zu erteilen. Dieser wird allen am Projekt Beteiligten, insbesondere den an der Planung Beteiligten, den Trägern öffentlicher Belange und den ausführenden Unternehmen mitgeteilt. Im Hinblick auf die Kapazität sowie Urlaub/Krankheit der Projektleitung sind Regelungen für die Stellvertretung und eine eventuelle Assistenz zu treffen. Diesbezüglich sind die Anforderungen an die Stellvertretung und die Assistenz festzulegen und die entsprechenden Qualifikationen zu fördern.
100
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Leistungsbild Projektleitung nach AHO Zielsetzung der AHO-Fachkommission war es gewesen, das Leistungsbild Projektsteuerung des § 31 HOAI 1977 zu ersetzen. Aber schon in AHO Heft 9 November 1996 gab es einen Vorschlag für ein Leistungsbild Projektleitung (§ 205). Es hieß damals: „Sofern seitens des Auftraggebers auch die Projektleitung in Linienfunktion beauftragt wird, gehören dazu im Wesentlichen folgende Grundleistungen“. Das aktuelle Leistungsbild lautet: „§ 3 Leistungsbild Projektleitung (1) Zu den Leistungen der Projektleitung gehören – soweit die Vertragsparteien keine anderweitige Festlegung treffen – folgende Grundleistungen: a) Rechtzeitiges Herbeiführen bzw. Treffen der erforderlichen Entscheidungen sowohl hinsichtlich Funktion, Konstruktion, Standard und Gestaltung als auch hinsichtlich Organisation, Qualität, Kosten, Terminen sowie Verträgen und Versicherungen; b) Durchsetzen der erforderlichen Maßnahmen und Vollziehen der Verträge unter Wahrung der Rechte und Pflichten des Auftraggebers in dessen Namen; c) Herbeiführen der erforderlichen Genehmigungen, Einwilligungen und Erlaubnisse im Hinblick auf die Genehmigungsreife; d) Konfliktmanagement zur Ausrichtung der unterschiedlichen Interessen der Projektbeteiligten auf einheitliche Projektziele hinsichtlich Qualitäten, Kosten und Terminen, u. a. im Hinblick auf
– die Pflicht der Projektbeteiligten zur fachlich-inhaltlichen Integration der verschiedenen Planungsleistungen und
– die Pflicht der Projektbeteiligten zur Untersuchung von alternativen Lösungsmöglichkeiten; e) Leiten von Projektbesprechungen auf Geschäftsführungs- bzw. Vorstandsebene zur Vorbereitung/Einleitung/Durchsetzung von Entscheidungen; f) Führen aller Verhandlungen mit projektbezogener, vertragsrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Bindungswirkung für den Auftraggeber; g) Wahrnehmen der zentralen Projektanlaufstelle; Sorge für die Abarbeitung des Entscheidungs-/Maßnahmenkatalogs; h) Wahrnehmen von projektbezogenen Repräsentationspflichten gegenüber dem Nutzer, dem Finanzier, den Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit. (2) Soweit Interessen unterschiedlicher interner und externer Nutzer in einem Projekt zu koordinieren sind, gehört die Koordination der Nutzer dann zu den beauftragten Projektleitungsaufgaben, wenn der Auftraggeber diese Leistungen […] beauftragt hat. (3) Soweit der Auftraggeber den Projektsteuerer nach Vertragsschluss mit Entscheidungskompetenzen/Vertretungsmacht gegenüber anderen Projektbeteiligten (i. d. R. durch Vollmacht) ausstatten will, ist dies von den Vertragsparteien einvernehmlich abzustimmen.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 23)
3.1 Projektleitung
101
Organisation, Kapazität und Besetzung einer Projektleitung Allgemein wird die Projektleitung als Funktion bezeichnet. In der praktischen Durchführung muss entschieden werden, ob die Projektleitung mit der Stelle, einer oder mehreren Personen gleichzusetzen ist, und welcher Umfang an Aufgaben übernommen werden kann. Abbildung 3.4 zeigt mögliche Varianten der Organisation sowie der personellen Besetzung einer Projektleitung.
Projektleitung
Projektleiter/-in ohne Unterstützung Abb. 3.4:
Projektleiter/-in mit Projektassistenz
Projektteam bestehend aus mehreren Personen
Organisation und Besetzung einer Projektleitung – Varianten.
Es gibt Projekte, die bei geringem Umfang von einer Person bearbeitet werden können. Man trifft auch Projektleitungen an, bei denen eine Person mehrere Projekte gleichzeitig bearbeitet. Überlegungen dieser Art sind zu Beginn eines neuen (weiteren) Projekts unverzichtbar, weil – die Wahrnehmung einer Projektleitung mit einer großen Verantwortung verbunden ist, – eine Projektleitung im Projektablauf möglichst nicht ausgewechselt werden soll, – eine Person für eine Projektleitung aber auch nicht ununterbrochen zur Verfügung stehen kann (Urlaub, Krankheit, Kündigung, Ausscheiden aus dem Arbeitsleben), – sich der Arbeitsaufwand und damit die Belastung der Projektleitung im Projektablauf verändern kann (Spitzenbelastung, Unterbrechung des Projekts), – die Aufgaben der Projektleitung vielseitig sind und nicht jede Person alle diese Aufgaben allein oder gleichzeitig erfüllen kann. Wenn also ein Projektleiter ohne Unterstützung ein oder mehrere Projekte gleichzeitig zu bearbeiten hat, ist er fachlich und im Hinblick auf seine Kapazität in besonderer Weise gefordert. In diesem Fall ist auch die Gefahr der Überforderung des Projektleiters und damit auch schnell des Scheiterns des Projekts am größten. Ein Projektleiter mit einer Projektassistenz hat eine höhere Kapazität und kann Aufgaben je nach Erfahrung und Qualifikation delegieren. Zur Einarbeitung in neue Projekte und zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist die Projektassistenz neben der notwendigen Unterstützung des Projektleiters die beste Grundlage einer erfolgreichen Projektarbeit und zur Qualifikation von jungen oder neuen Mitarbeitern. Eine Projektassistenz kann einer anderen Abteilung der Bauherrenorganisation angehören. Es soll sichergestellt sein, dass nicht andere Aufgaben die Mitarbeit am Projekt beeinträchtigen.
102
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Für sehr große und komplexe Projekte, z. B. Krankenhausbau, ist ein Projektteam (Gruppe von Personen) zu empfehlen. Hierdurch kann auch eine breite fachliche Qualifikation innerhalb des Teams erreicht werden. Fragen der Vertretung, wie z. B. Urlaub, lassen sich problemlos lösen. Innerhalb des Teams sind, wie bei jeder anderen Organisation auch, Kompetenzen und Verantwortung zu klären. Kompetenzgerangel oder Konkurrenzkämpfe im Team belasten die Handlungsfähigkeit der Projektleitung ganz erheblich. Für die Kapazität einer einzelnen Person, die eine Projektleitung ohne Unterstützung durch eine Projektassistenz oder ein Projektteam wahrnimmt, kann ein Wertumfang festgelegt werden. Dem Verfasser ist eine Bauherrenorganisation bekannt, die hierfür einen Wertumfang bis rund 6 Mio. € Projektkosten ansetzt. Darüber hinaus sind immer auch die Komplexität, die Schwierigkeit und die Art des Projekts mit zu bewerten, z. B. Neubau oder Bauen im Bestand, ggf. auch Denkmalschutz. Bei großen Projekten mit über 100 Mio. € Projektvolumen besteht eine Projektleitung nicht nur aus dem Projektleiter oder einem Projektleitungsteam. Je nach den Möglichkeiten der Bauherrenorganisation und den Anforderungen aus der Projektaufgabe setzt sich das Projektleitungsteam nicht nur aus mehreren Personen zusammen, sondern es kann auch eine Projektgesellschaft eingesetzt werden. Eine Projektgesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass – eine eigenständige und ausschließlich für das Projekt verantwortliche Firma gegründet wird, die unter eigenem Namen, mit eigener Rechtspersönlichkeit, eigenen Mitteln und eigenem Personal handelt, – sie gegenüber der Stammorganisation lediglich über den Projektablauf berichtet, – Personal, insbesondere in Leitungsfunktion, aus der Stammorganisation in die Projektgesellschaft entsendet wird, – externe Spezialisten mit Erfahrung im Projektmanagement von außen für die Dauer des Projekts aufgenommen werden. Mitarbeiter einer Stammorganisation, die für ein Projekt abgestellt werden, müssen grundsätzlich ihre bisherigen Aufgaben teilweise oder vollständig abgeben. Das ist insoweit nicht ganz unproblematisch, weil nach Abschluss des Projekts die bisherige Stelle des Projektleiters durch jemand anderen besetzt ist. Den sich aus der Projektarbeit ergebenden Chancen steht also auch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der beruflichen Entwicklung gegenüber. Häufig wird eine Regelung dahingehend getroffen, dass die für das Projekt freigestellten Mitarbeiter einen Tag in der Woche in ihrem bisherigen Arbeitsgebiet tätig bleiben und vier Tage dem Projekt zur Verfügung stehen. Unter besonderen Umständen kann auch ein externer Fachmann als Projektleiter eingesetzt werden. Dies kann erforderlich sein, wenn aufseiten des Bauherrn niemand bereit oder in der Lage ist, die unzweifelhaft schwierige Aufgabe der Projektleitung zu übernehmen. Auf die rechtzeitige Klärung der notwendigen Vollmachten und auch der Haftung des externen Projektleiters ist dann in diesem Fall in besonderem Maße zu achten. Bei der Überlegung, wie der Bauherr eine Entlastung finden kann, bietet sich die Delegation von Aufgaben an ein Projektcontrolling oder eine Projektsteuerung an.
3.1 Projektleitung
103
Beispiel: Projektleitung bei der GWH Bauprojekte GmbH, Frankfurt/Main Die GWH Bauprojekte GmbH (GWH-BP) ist ein Tochterunternehmen der GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen, dem wohnungswirtschaftlichen Kompetenzzentrum der Helaba-Immobiliengruppe. Sie entwickelt, plant, realisiert und vermarktet Wohnungen. Die Funktion der GWH-BP ist die eines Projektentwicklers und Bauträgers. Eine größere Zahl der Mitarbeiter der GWH-BP nimmt Aufgaben der Projektleitung wahr. Im Sommer 2014 hatte der Verfasser Gelegenheit, zusammen mit der Geschäftsleitung, Mitarbeitern und Betriebsrat der GWH-Immobiliengruppe die Funktion und die Aufgaben der Projektleitung zu diskutieren. Für alle Teilnehmer dieser Runde war es von besonderem Interesse, die Bauherrenaufgaben (vgl. AHO Heft 9 Mai 2014) und die baufachlichen Aufgaben (vgl. HOAI 2013) zu differenzieren. Denn Planungsleistungen werden sowohl von der GWH-BP selbst als auch von freiberuflichen Architekten und Ingenieuren erbracht. Es war das Ziel der Zusammenarbeit, die Funktion der Projektleitung in der Form eines Tätigkeitsprofils zu beschreiben. Das schließt jedoch nicht aus, dass im einen oder anderen Fall Mitarbeiter der GWH-BP bei einem Projekt sowohl die Projektleitung innehaben als auch in gewissem Umfang baufachliche Aufgaben übernehmen. Zur Abgrenzung von Aufgaben und Verantwortung sowie für die interne Kosten- und Leistungsrechnung ist diesbezüglich Klarheit erforderlich. Das Tätigkeitsprofil wird hier vorgestellt. „Tätigkeitsprofil Bauprojektmanagement/Projektleitung (Stand Juli 2014) Grundsätze Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der GWH-BP ist das technische und kaufmännische Bauprojektmanagement. Daneben werden Akquisitionsleistungen, Bauplanungsleistungen, Vermarktungsaufgaben und einzelne Dienstleistungen für die GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen erbracht (Machbarkeitsstudien, Grundstücksakquisition etc.). Projektleiter/in Der/die jeweilige Projektleiter/in ist projektverantwortliche/r Bauprojektmanager/in. Je nach Projektumfang wird er/sie bei der Erledigung seiner/ihrer Aufgaben durch einzelne Projektmitarbeiter unterstützt. Die Aufgabenverteilung im Projektteam wird durch den Projektauftrag bei Projektstart definiert. Bauprojektmanagement In den einzelnen Phasen des Projekts sind durch den Projektleiter im Bauprojektmanagement insbesondere folgende Tätigkeiten auszuführen: Organisation, Information, Koordination und Dokumentation – Koordination der Projektbeteiligten (mit Ausnahme der an der Planung fachlich Beteiligten und der am Bau Beteiligten) und Sicherstellen der ergebnisorientierten Projektkommunikation, – Entwickeln und Fortschreiben der Projektorganisation in Abstimmung mit der Geschäftsführung (insbesondere Aufgabenverteilung im Projekt),
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3 Projektleitung und Projektsteuerung
– Prüfen, Klären der Standards des Objekts und der Projektziele. Der Projektauftrag muss vollständig und eindeutig beschrieben sein (Projekt-Soll), – Bereitstellen der notwendigen Vorgaben und Informationen für Projektbeteiligte im Startgespräch/1. Sitzung, dabei Übergabe des Start-Pakets (Unterlagen, Muster, Werkzeuge sind Bestandteile des Organisationshandbuches Bauprojektmanagement (OHB), – Auswahl und Festlegung des Projektkommunikationssystems (nach Bedarf und wird im Einzelfall entschieden), – regelmäßiges Informieren der Geschäftsführung und des Bauherrn durch monatlichen Projektstatusbericht (Kosten, Termine, Qualitäten, Sonstiges), – Leitung von Projektbesprechungen, Teilnahme an und Bauherrenvertretung in Planungsbesprechungen (Leitung Architekt Planung) und Baubesprechungen (Leitung Architekt Überwachung), – Sicherstellen der ergebnisorientierten Protokollierung aller Besprechungen, Nachverfolgen der Aufgabenerfüllung der einzelnen Beteiligten, – Zentraler Ansprechpartner für Dritte in allen projektrelevanten Fragen, – Konfliktmanagement zur Erreichung der Projektziele, – Durchführen des Änderungsmanagements, insbesondere Prüfung, Bewertung und Dokumentation von Planungs- und Ausführungsänderungen, Erstellen von Entscheidungsvorlagen i. V. m. Handlungsempfehlungen (Änderungsmanagement nach OHB), Mitwirkung des Objektplaners, Anzeigen von Änderungen, – rechtzeitiges Herbeiführen von Entscheidungen oder Treffen von Entscheidungen im Rahmen des Projektauftrages, – Herbeiführen der erforderlichen Genehmigungen, Einwilligungen und Erlaubnisse, rechtzeitige Beteiligung der genehmigenden Behörden; Verfolgen und Steuern der behördlichen Genehmigungsverfahren; Teilnahme an wesentlichen Behördenterminen (Träger öffentlicher Belange (TöB), Betroffene), – Sicherstellen der Anzeige des Baubeginns, der Rohbaufertigstellung und der Baufertigstellung gegenüber der Genehmigungsbehörde, – Überwachen der Dokumentationspflichten der Projektbeteiligten (z. B. Planungsdokumentation gem. HOAI 2013), – Rechtzeitiges Veranlassen und Überwachen der systematischen (nach Anforderungen des Auftraggebers) und termingerechten Zusammenstellung der Bestands- und Revisionsunterlagen (z. B. gem. VOB), – Risikomanagement (Risikoidentifikation, -bewertung und -verfolgung), Einleiten von Steuerungsmaßnahmen.
3.1 Projektleitung
105
Verträge und Versicherungen – Umsetzen der Vergabestrategie für das Projekt in Planung und Ausführung, – Führen aller Verhandlungen mit privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Bindungswirkung in Abstimmung mit der Geschäftsführung und dem Bauherrn, – Vorbereiten und Abstimmen der Definition von Planungs- und Beratungsleistungen (Eigenerledigung oder Dritte), – Überwachen, Entscheiden und Steuern des Vergabeverfahrens für die Planungs- und Bauleistungen (nach OHB) (Mitwirkung von Objekt- und Fachplanern), – Führen der Vergabeverhandlungen für Planungs- und Bauverträge, – Zusammenstellung der Vertragsunterlagen und Prüfung auf Vollständigkeit (Nachtragsforderungen) sowie Zielkonformität, – Erstellen von Vergabevorschlägen für Planungs-, Beratungs- und Bauleistungen bzw. Prüfen der Vergabevorschläge für Bauleistungen, – Beauftragung der Planer, Berater und Bauausführenden nach Freigabe der Vergabevorschläge, – Durchsetzen der Vertragspflichten der Auftragnehmer, – Vorgeben der Vertragstermine und -fristen unter Beachtung der Terminziele des Projekts, – Nachtragsabwehr, – Veranlassen der Nachtragsprüfung und -verhandlung sowie erforderlichenfalls der Beauftragung, – Veranlassen des Abschlusses der projektbezogenen Versicherungen (Grundbesitzerhaftpflicht, Bauherrenhaftpflicht, Bauleistungsversicherung etc.). Qualitäten und Quantitäten – Vervollständigung der Qualitätsstandards (z. B. Erstellen der Leistungs- und Ausstattungsbeschreibung) in Abstimmung mit der Geschäftsführung und dem Bauherrn, – laufende Kontrolle des Planungsablaufes und Prüfung der Planungsergebnisse auf Übereinstimmung mit den Projektzielen (Zielkonformität), – Planprüfung (Zielkonformität) und -freigabe oder Herbeiführen der Planfreigaben des Auftraggebers (Grundlage der Planfreigabe gemäß OHB), – Veranlassen der Prüfung und Bewertung von Sondervorschlägen und Nebenangeboten in technischer Hinsicht durch die Objekt- oder Fachplanung, – Abstimmung notwendiger Bemusterungen (Bemusterungskatalog), Veranlassen der Bemusterungstermine durch die Auftragnehmer, – Projektüberwachung im Zuge der Objektüberwachung (Bauüberwachung) durch regelmäßige, dokumentierte Baustellenbegehungen (Berichtswesen), (vgl. AHO Heft 9 Mai 2014, S. 101) – Nachhalten der Mängelbeseitigung.
106
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Kosten – Abstimmung/Vervollständigung des Investitions-Kostenrahmens (Gesamtkosten nach DIN 276) in Abstimmung mit der Geschäftsführung und dem Bauherrn, – Überprüfen der Kostenermittlungen und der Kostenkontrolle der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen von Maßnahmen der Kostensteuerung, – Veranlassen der Prüfung und Bewertung von Sondervorschlägen und Nebenangeboten in wirtschaftlicher Hinsicht durch die Objekt- oder Fachplanung, – Überprüfen der Rechnungen der Baufirmen (Prüfung durch Objektüberwachung), Prüfen der Rechnungen der an der Planung Beteiligten und sonstiger projektbezogener Rechnungen, – Sicherstellen des Rechnungs-Workflows, Freigabe von Rechnungen der Auftragnehmer, Sicherstellung der vereinbarten Zahlungsziele, – Kostenbericht: Kostenkontrolle und Kostenprognose, – Kostensteuerung zur Einhaltung der Projektziele, – Mitwirken bei der Beantragung von Fördermitteln, – Mitwirken bei der Liquiditätsplanung, – Bestätigung über den Baufortschritt (Bautenstand nach MaBV). Termine – Abstimmung/Vervollständigung des Terminrahmens (Rahmenterminplan) in Abstimmung mit der Geschäftsführung und dem Bauherrn, – Sicherstellen der rechtzeitigen Beauftragung der Planungs- und Bauleistungen, – Vorgeben und Überwachen der Vertragstermine und -fristen unter Beachtung der Projektziele, – Veranlassen der Prüfung und Bewertung von Sondervorschlägen und Nebenangeboten in terminlicher Hinsicht durch die Objekt- oder Fachplanung, – Überprüfen der Terminpläne und der Terminkontrolle der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen von Maßnahmen der Terminsteuerung in der Planung und Ausführung. Abnahmen und Übergaben – Planung und Steuerung der Abnahmen und Übergaben an Erwerber (Gemeinschafts- und Sondereigentum) oder Bauherrn sowie Inbetriebnahmen, – Veranlassen und Durchführen der behördlichen Abnahme, – Mitwirken bei den technischen Zustandsfeststellungen durch Objektplaner und fachlich Beteiligten zur Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme gegenüber den ausführenden Firmen, – Nachhalten der Mängelbeseitigung, – rechtsgeschäftliche Abnahme gegenüber den ausführenden Firmen.
3.1 Projektleitung
107
Sonstiges – Inhaltliche Abwicklung des Grundstückskaufvertrages in planerischer und technischer Hinsicht (insbesondere Überwachen diesbezüglicher Vertragspflichten des Voreigentümers), – Organisation und Durchführung von Beweissicherungsverfahren vor Baubeginn, – fristgerechtes Sicherstellen der Baufreiheit, – Koordinieren des Baustellenmarketings in der Umsetzung (Bauschild, Bauzaun, […]), Mitwirken bei den sonstigen Marketingmaßnahmen, – Mitwirken bei der Betreuung der Erwerber. Projektleitung – Leitsatz Der/die Projektleiter/in ist für die vollständige Erledigung des Auftrags sowie für die Einhaltung der Zielsetzung verantwortlich. Er/Sie lässt dabei die Qualitätskriterien nicht außer Acht und ist für Planung und Kontrolle des Projekts zuständig. Er/Sie übernimmt die Führung und Steuerung der Projektbeteiligten (extern) sowie projektbezogen die fachliche Personalführung (intern). Der/die Projektleiter/in ist somit projektverantwortliche/r Bauprojektmanager/in. Projektleitung – Selbstverständnis Zum Selbstverständnis des/der Projektleiter/in gehört: – Der/Die Projektleiter/in trägt die Verantwortung für Kosten, Termine und Qualitäten. – Der/die Projektleiter/in übernimmt Führungsfunktion im Projekt. – Aufgaben werden dabei aber nicht nur aufgetragen. Der/die Projektleiter/in ergreift selbst die Initiative, setzt Ziele und bringt alle notwendigen Maßnahmen und Schritte in Gang. – Der/die Projektleiter/in erledigt Aufgaben im Team (extern/intern). – Der/die Projektleiter ist bei Erfordernis konfliktbereit, arbeitet lösungsorientiert und stellt (auch) unbequeme Fragen. – Der/die Projektleiter/in hat die Projektziele immer im Auge.“ (GWH Bauprojekte GmbH: Tätigkeitsprofil Projektleiter/in. Frankfurt/Main, 2015) Anmerkung: Der Verfasser dankt der Geschäftsleitung der GWH Bauprojekte GmbH, Frankfurt/Main, insbesondere Herrn Dipl.-Ing. Tobias Sauerbier, für die freundliche Genehmigung zum Abdruck des Tätigkeitsprofils Bauprojektmanagement/Projektleitung als Beispiel für die Beschreibung einer Projektleitung. Es entstand auf der Grundlage vorhandener Regelungen der GWH-BP in der Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung, erfahrenen Projektleiter(inne)n, dem Betriebsrat der GWHImmobiliengruppe und dem Verfasser in mehreren Arbeitssitzungen.
108
3.2
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Controlling und Projektcontrolling
Der Begriff „Controlling“ wird im Bauwesen oft ohne die notwendige Erläuterung benutzt. Die Übersetzung von „to control“ lautet: steuern, regeln, leiten, aber auch: prüfen, überwachen. Es liegt die Frage nahe, ob unter „Projektcontrolling“ etwas anderes zu verstehen ist als unter „Projektsteuerung“. In den Wirtschaftswissenschaften sowie in Unternehmen und Verwaltungen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein institutionelles Verständnis eines (Unternehmens-)Controllings herausgebildet, das sich von einer Projektsteuerung oder einem Projektcontrolling im Bauwesen grundsätzlich unterscheidet. Versteht man aber Controlling nicht institutionell, sondern funktional, ist eine weitgehende Übereinstimmung festzustellen. Wie wird Controlling in Projekten eingesetzt? Controlling als Funktion Controlling wird als Bestandteil des unternehmerischen Führungssystems verstanden. Seine Aufgabe ist die Planung, Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensbereiche. Hierfür werden umfangreich Daten des Unternehmens, insbesondere des Rechnungswesens und anderer Quellen benötigt. Unter „Controlling“ versteht man: – Bereitstellung betriebswirtschaftlicher Informationen für Zwecke der (Unternehmens-) Führung mit dem Ziel der betriebswirtschaftlichen Transparenz für ein zielorientiertes und ergebnisbezogenes Handeln, – systematische Festlegung und Zuordnung der zu verfolgenden Ziele, die Messung ihrer Erreichung, die Feststellung von Soll-Ist-Abweichungen und die Erarbeitung von Maßnahmen zu deren Beseitigung, – Koordination von Planungs-, Kontroll- und Informationssystemen sowie – Sicherung der Rationalität der Führung auf der Grundlage von Fakten und Daten sowie der Nachvollziehbarkeit des Handelns. ( vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/controlling.html) Controlling als Institution Allgemein bestehen auch hinsichtlich der Verankerung eines Controllings in Projekten unterschiedliche Auffassungen. Steinle sieht folgende Möglichkeiten: „– Übernahme der Controllingaufgaben durch den Projektleiter im Wege eines SelbstControlling, – Wahrnehmung der Aufgaben durch den gesamtunternehmungsbezogenen, zentralen Controllingbereich, – Übertragung der Aufgaben an einen externen Controller, – Schaffung einer eigenständigen, projektbezogenen Controllingstelle oder -abteilung.“ (Steinle, C. et al. (Hrsg.): Projekt-Management […]. 1998, S. 144)
3.2 Controlling und Projektcontrolling
109
Controlling im Bauwesen Die auf das Controlling im Unternehmen bezogenen Ausführungen lassen sich grundsätzlich auf alle Projekte, auch im Bauwesen, übertragen. Vereinfachend und allgemein darf jedoch festgestellt werden: Controlling ist „das Bereitstellen und Verwenden von Informationen zum Setzen von Zielen, zum Messen der Zielerreichung und zum steuernden Eingreifen […], wenn es zwischen Soll-Größen und Ist-Größen zu Abweichungen kommt.“ (Heinrich, L. J.; Roithmayr, F.: Wirtschaftsinformatik-Lexikon. 1998, S. 6) Controlling ist eine Führungsaufgabe ganz im Sinne des englischen Begriffs „control“ (Beherrschung, Lenkung, Steuerung und Regelung von Prozessen). Gegenstand des Controllings bei Bauprojekten können grundsätzlich alle Ziele für ein Projekt sein, die vom Bauherrn vorgegeben werden. Herkömmlich richtet sich ein Projektcontrolling vorwiegend auf die messbaren Größen wie Kosten und Finanzierung sowie Termine und Kapazitäten. Die Formulierung von Zielgrößen erfolgt nicht nur in absoluten Größen, z. B. Baukosten des Projekts, sondern vorwiegend in Form von Kennwerten, die als Vergleichswerte oder Richtgrößen dienen, z. B. €/m² BGF Gebäude oder Bauleistung/Arbeitstag. Kennwerte erlauben den Soll-Ist-Vergleich bei der Durchführung des Projekts und ebenso den Vergleich von Projekten unterschiedlicher Größenordnung oder Dauer. Im Bauwesen werden Begriff und Funktion des Controllings sehr beliebig verwendet. Umso wichtiger ist es, im Einzelfall die Aufgaben und Kompetenzen des Controllings zu beschreiben und innerhalb der Projektorganisation zu vermitteln. Darüber hinaus ist die Frage zu klären, durch wen, nämlich Bauherrn, Berater oder Planer, und in welcher Form – sprich Leistungsbild und Vertrag – wird Projektcontrolling im Bauwesen wahrgenommen? Dazu werden auf der Grundlage eigener Tätigkeiten und unter Berücksichtigung weiterer Quellen zwei in ihren Grundzügen unterschiedliche Auffassungen dargestellt und bewertet. Speziell für Projekte im Bauwesen soll gelten: Controlling „umfasst die Prozesse und Regeln, die innerhalb des Projektmanagements zur Sicherung des Erreichens der Projektziele beitragen durch – Erfassung von Ist-Daten, – Soll-Ist-Vergleich, – Feststellung und Analyse der Abweichungen, – Bewertung der Konsequenzen und Vorschlagen von Korrekturmaßnahmen, – sowie durch das Mitwirken bei der Maßnahmenplanung und Überwachung ihrer Durchführung. Das sind Prozesse, – durch die die Aufstellung der Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäbe festgelegt wird. Diese Bewertungskriterien sind für alle Phasen des Projektes aufgestellt und so gewählt, dass die damit ermittelten Größen objektiviert werden. – durch die ein ständiger Soll-Ist-Vergleich der definierten Kriterien gesichert wird. – aus denen Handlungsvorschläge abgeleitet werden.“ (DIN 69904:2009-01, Projektmanagement, Projektmanagementsysteme)
110
3.2.1
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Projektcontrolling MUC 2 – Beispiel
Als praktisches Beispiel für ein Projektcontrolling, das der Verfasser über acht Jahre lang selbst ausgeübt hat, wird das Controlling für den Neubau Flughafen München (MUC 2) herangezogen. Ein Auszug aus dem Organisationshandbuch zeigt in den wesentlichen Zügen das Leistungsbild. Die Flughafen München GmbH (FMG) hatte für Planung und Bau des Flughafens München in der 1. Ausbaustufe ein (Projekt-)Controlling eingerichtet. Auftragnehmer war eine Ingenieurgemeinschaft, die im Rahmen eines Dienstvertrags das Projektcontrolling für den Bauherrn über viele Jahre wahrgenommen hat. Die Planung der zahlreichen einzelnen Projekte der Flughafen München GmbH (FMG), dazu gehörten Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen, Hochbauten etc., war entsprechend den Leistungsphasen der Leistungsbilder der HOAI für die Objekt- und Fachplanung wie folgt organisiert: – Die Bauherrin FMG, insbesondere die Hauptabteilung Planung und Bau, erbrachte, unterstützt durch ein Controlling und einen Projektkoordinator, die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) selbst. – Die Leistungsphasen 2 (Vorplanung) bis 5 (Ausführungsplanung) wurden je Projekt an einen Generalplaner beauftragt. Neben dem vollen Umfang der Grundleistungen wurden auch Besondere Leistungen, insbesondere im Bereich der Kostenplanung, beispielsweise die Kostenermittlung nach Bauelementen, beauftragt. – Die Leistungsphasen 6 (Vorbereitung der Vergabe) bis 8 (Objektüberwachung (Bauüberwachung)) wurden, nach Bereichen aufgeteilt, von Ingenieurgemeinschaften erbracht. Diese Leistungen wurden in diesem Zusammenhang als Baumanagement bezeichnet. Der Schwerpunkt des Controlling lag in der Kostenkontrolle und -steuerung, dem Betreiben eines AVA-Systems (AVA = Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung) und dem Kostenberichtswesen. Die Aufgaben der Architektur- und Ingenieurbüros wurden im Umfang der Grundleistungen nicht gemindert, abgesehen davon, dass die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) vom Bauherrn erbracht wurden. Die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) bis 5 (Ausführungsplanung) enthielten insbesondere die Aufgaben: „– Fachliche Begleitung und Durchführung der Kostenplanung – Kostenberichtswesen – Investitionsplanung und -abrechnung (Gesamtkostenschätzung) – Erstellen und Fortschreiben des Kostennetzes sowie des rollierenden Mittelabflußplanes – Erstellen und Vorgabe des (von der FMG freigegebenen) Kostenrahmens – Kontrolle der Kostenvorgaben – Prüfen und Abgleichen der von den Planern erarbeiteten Kostenschätzungen/ -berechnungen sowie von Wirtschaftlichkeitsberechnungen – Überprüfen des Terminplanes hinsichtlich Auswirkungen auf Bauzeitzinsen“ (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch Teil 1. 1987, S. 6)
3.2 Controlling und Projektcontrolling
111
In den Leistungsphasen 6 (Vorbereitung der Vergabe) bis 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) wurden die folgenden Leistungen erbracht: „– Laufende Budgetierung auf Objektebene –
Begleitende Kostenkontrolle
–
Kontrolle der Leistungsverzeichnisse
–
Mitwirkung bei der Vergabe
–
Betreiben des Systems zur Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung sowie zur Kostenkontrolle (AVA-KK-System) –
Herstellung des Vergabe-LV
–
Abrechnung
–
Nachträge
–
Belegwesen für Anlagenbuchhaltung
–
Beratung der FMG bei Sondervorschlägen
–
Kostenfeststellung
– Kostenberichtswesen“ (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch Teil 1. 1987, S. 7) In Verbindung mit einer weiteren Institution, dem Projektkoordinator, der Leistungen der Koordination und der Terminplanung für das Gesamtprojekt erbrachte, hatte die Bauherrin eine umfassende Projektsteuerung vergeben. Das hier beschriebene (Projekt-)Controlling entspricht weitgehend dem Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung nach AHO Heft 9, wie er heute verstanden wird. Eine Besonderheit war, dass das Controlling alle Daten der Kostenplanung (KK = Kostenkontrolle) sowie der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (=AVA) in einem für das Projekt entwickelten, so bezeichneten „AVA-KK-System“ verwaltete. Die Projektorganisation war so angelegt, dass das Controlling alle Kostenermittlungen der an der Planung fachlich Beteiligten inhaltlich und formal prüfte, in das System aufnahm und damit jederzeit Aussagen zur Kostenentwicklung machen konnte. Entsprechend wurden auch die rund 2400 Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis einschließlich der Nachträge in diesem System abgelegt. Das Prüfen und Bepreisen der Leistungsverzeichnisse, das Erstellen von Auftragsleistungsverzeichnissen für die ausführenden Unternehmer sowie alle Bauabrechnungen wurden durch das System unterstützt. Das Erstellen von Kostenberichten und sonstigen Kosteninformationen gegenüber dem Bauherrn, dem Finanzministerium, dem Rechnungshof und anderen Stellen erfolgte auf den jederzeit aktuellen Daten des Systems. Die Flughafenanlage ging planmäßig im Mai 1992 in Betrieb. Die vom Flughafen, von Land und Bund genehmigten Kosten des Gesamtprojekts wurden nicht überschritten. Die Schlussrechnung der Bau- und Honorarverträge war im Sommer 1996, rund vier Jahre nach Inbetriebnahme, abgeschlossen.
112
3.2.2
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Chartered Surveyor
Der Projektsteuerung und dem Baucontrolling verwandt ist das aus Großbritannien stammende Leistungsbild des Chartered Surveyor im Bauwesen. Ursprünglich als QuantitySurveyor bezeichnet, war er zunächst ein „Fachberater für Baukosten“, seine Aufgabe lag in der Erstellung einer „bill of quantities“. Eine einfache, aber dem tatsächlichen Profil nicht gerechte Übersetzung des Berufsbilds wäre „Mengenermittler“. Der Beruf „Quantity-Surveyor“ ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt, genauer seit dem großen Brand in London im Jahr 1666, bei dem rund die Hälfte aller Bauten der Stadt zerstört wurde. Es musste ein großes Aufbauprogramm organisiert werden. Die damit verbundenen Aufmaßarbeiten und Mengenermittlungen waren die Geburtsstunde eines neuen Berufs. Die Einsatzfelder des daraus weiterentwickelten und inzwischen geschützten Berufsstands des Chartered Surveyor gehen weit über das Anfertigen von Mengenermittlungen hinaus. Zuständig für die qualifizierte Aus- und Weiterbildung dieser Fachleute ist heute die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS). Sie wurde als Berufsverband im Jahr 1868 als Zusammenschluss verschiedener Vorgängereinrichtungen, des Surveyors Clubs, des Land Surveyors Clubs und der Surveyors Association, gegründet und wurde 1921 unter königliche Schirmherrschaft (Royal Patronage) gestellt. Chartered Surveying umfasst nicht nur den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie, sondern auch viele Aufgaben über das Bauwesen hinaus. Die insgesamt achtzehn Qualifikationen (designations) des Chartered Surveying sind: – Kunst und Antiquitäten (Arts and Antiques) – Bauüberwachung (Building Control) – Objektmanagement (Building Surveying) – Gewerbeimmobilien (Commercial Property) – Baucontrolling und -konstruktion (Quantity Surveying and Construction) – Konfliktbewältigung (Dispute Resolution) – Umwelttechnik (Environment) – Facility-Management (Facilities Management) – Landvermessung (Geomatics) – Anlagen- und Maschinenbau (Machinery and Business Assets) – Managementberatung (Management Consultancy) – Mineralien und Entsorgungstechnik (Minerals and Waste Management) – Planung und Entwicklung (Planning and Development) – Projektmanagement (Project Management) – Wohnimmobilien (Residential Property) – Landwirtschaft (Rural) – Immobilienbewertung (Valuation) (vgl. http://www.rics.org/)
3.2 Controlling und Projektcontrolling
113
Qualifikation zum Chartered Surveyor Ein Chartered Surveyor hat sich in wenigstens vier der genannten Fachgebiete zu qualifizieren. Nach einem akademischen Fachstudium bzw. praktischer Erfahrung, die durch einen erfahrenen Chartered Surveyor als Mentor (Counsellor) begleitet wird, ist die berufliche Kompetenz durch eine schriftliche und mündliche Prüfung (Final Assessment) festzustellen. Es kann die Ernennung zum Professional Member of the Royal Institution of Chartered Surveyors (MRICS) erfolgen. Nach weiteren fünf praktischen Jahren als qualifiziertes Mitglied und bei fachlicher und persönlicher Eignung entsprechend den strengen Verhaltensregeln (Code of Ethics) ist auf Empfehlung anderer Fellows und durch Bestätigung des Education and Membership Committees die Höherstufung des Mitglieds zum Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors (FRICS) möglich. (vgl. Day, G. J.: Methodik und Praxis des Quantity Surveyor […]. 1997) Etwa ein Drittel der Chartered Surveyors arbeitet im Bauwesen (building industry). Das entsprechende Leistungsbild wird vom Verfasser auf der Grundlage einer Beschreibung auf der Webseite des RICS wie folgt übersetzt: –
Best use of space and resources; beste Nutzung von Raum und Einsatzmitteln: Beurteilung bestehender Bauwerke in Bezug auf Instandsetzung, Modernisierung oder Neubau und Zusammenstellung der notwendigen Maßnahmen, des Kostenrahmens und eines Zeitplans.
–
Development appraisal; Beurteilung eines Bauvorhabens: Überprüfung der Machbarkeit und der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Projektrisiken und des NutzenKosten-Verhältnisses über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie.
–
Design; konzeptioneller Entwurf: Vorbereitung der Objektplanung, Vorgaben zur Kostenplanung, Hinweise zu Planungs- und Baurecht sowie zu Planungserfordernissen.
–
Planning; Zusammenstellen und Einreichen der Planungsunterlagen: Verhandlungen mit Behörden, Begründung und gutachterliche Stellungnahmen bei öffentlichen Anfragen und Einsprüchen gegen Bauprojekte, Beurteilung der Umweltverträglichkeit.
–
Tendering and contract negotiation; Ausschreibung und Vergabe: Vorbereitung, Koordination und Mitwirkung bei der Vergabe, Führen der Vergabegespräche bzw. Vergabeverhandlungen.
–
Budgeting and cost control; Finanzierung und Kostenkontrolle: Aufstellen des Kostenrahmens, Kostenkontrolle während der Bauausführung und Planung des Mittelbedarfs, Liquiditätsplanung und Empfehlung zur Zahlungsfreigabe, Koordination der Bauabrechnung und Baubuchhaltung, Beratung zur Finanzierung und deren Anspruchsgrundlagen sowie zur Umsatzsteuer und der steuerlichen Abschreibung.
–
Building quality control; auf das Bauwerk bezogene Qualitätskontrolle: Objektüberwachung (Bauüberwachung) hinsichtlich der Qualität, Führen von Vertragsverhandlungen, Sachverständigentätigkeit und Schlichtung im Streitfall.
114
3 Projektleitung und Projektsteuerung
–
Facilities management/property care; Facility-Management/Gebäudemanagement: umfassendes Management der Nutzung des Bauwerks in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht, Planung der Instandhaltung, Umlage der Nutzungskosten und Prüfung von Energiekostenabrechnungen.
–
Building surveys; Baugutachten: Analyse des Baubestands für Erwerber, Verkäufer, Versicherer, Kreditinstitute und andere, Bauschadensanalyse, Erstellen von Bedarf und Zeitplänen für die Instandhaltung im Rahmen von Mietverträgen, Beratung zur Instandhaltung und entstehenden Kosten.
–
Urban regeneration; Stadterneuerung: Beratung zur Planung und Gestaltung, Konzeption und finanzielle Beratung sowie Koordination von Projekten zur Verbesserung der städtischen Rahmenbedingungen.
–
Insurance; Versicherungsfragen: Beratung und Führen von Verhandlungen in Bezug auf Anspruchsgrundlagen und Kosten der Modernisierung und Sanierung. (vgl. http://www.rics.org/)
Chartered Surveyor im Bauwesen Der Einsatz des Chartered Surveyors im Bauwesen ist vielseitig. Abbildung 3.5 zeigt die Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich der Projektorganisation.
Kreditinstitute
Kreditverträge
Mietverträge
Planungsverträge
Objektplaner
Planungsvertrag
Professional Surveyor
Bauverträge
fachlich Beteiligte
ausführende Firmen
Contractors Surveyor Abb. 3.5:
Stellung des Chartered Surveyor in der Projektorganisation.
Träger öffentlicher Belange
Bauherr
Nutzer
3.2 Controlling und Projektcontrolling
115
Ein Chartered Surveyor im Bauwesen übernimmt sowohl Bauherrenaufgaben als auch Teilleistungen eines Objektplaners. In dieser Funktion wird er als „Professional Surveyor“ bezeichnet. Daneben wird der Chartered Surveyor im Auftrag ausführender Firmen tätig, indem er diese bei der Kalkulation unterstützt, in diesem Fall wird er „Contractors Surveyor“ genannt. Eine wichtige Einrichtung des RICS ist der Building Cost Information Service (BCIS), gegründet im Jahre 1961. Seine Aufgabe ist es, aktuelle und zuverlässige Informationen für die Bau- und Immobilienwirtschaft weiterzuentwickeln. Zu den Leistungen des BCIS gehört der monatliche Bericht an die Mitglieder über „– Kostenanalysen der laufend erhobenen Projekte, – Angebotspreis-Indizes, – Studien über verschiedene Einflußgrößen auf die Preisbildung, – Studien über Vertragspreise, – durchschnittliche Quadratmeterpreise für Gebäudearten, – Prognosen über die Entwicklung von Angebotspreisen, – Informationen über aktuelle Lohnkosten.“ (Martin, J.: […] Building Cost Information Service (BCIS). In: DAB 05/1998, S. 643) Grundlage der Kostenplanung ist in Großbritannien, vergleichbar der DIN 276 Kosten im Bauwesen in Deutschland, der BCIS-Standard Form of Cost Analysis. Kostenwerte werden auf Elemente in mehreren Ebenen und auf eine „Brutto-Grundfläche innen“ bezogen. Wenn auch mit dem Chartered Surveyor dem Bauherrn ein Fachmann für Kostenplanung und Vertragswesen direkt zur Seite steht, so dürfen dennoch nicht der Objektplaner oder die an der Planung fachlich Beteiligten aus der in ihrem vollständigen Leistungsbild enthaltenen Verantwortung entlassen werden.
116
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Ethische und berufliche Grundsätze des Chartered Surveyors Interessant sind die fünf ethischen und beruflichen Grundsätze (five standards), welche die Mitglieder des RICS zu beachten haben. Der englische Text wird durch eine Übersetzung vom Verfasser in die deutsche Sprache ergänzt. 1. Act with integrity. – Handle mit Integrität. Be honest and straightforward in all that you do. This is one of our five professional and ethical standards. – Seien Sie in allem, was Sie machen, ehrlich. Das ist einer unserer fünf beruflichen und ethischen Grundsätze. This standard includes, but is not limited to, the following behaviours or actions. – Dieser Grundsatz schließt die folgenden Verhaltensweisen und Handlungen ein, ist aber nicht nur auf diese beschränkt. – Being trustworthy in all that you do. – Seien Sie zuverlässig in allem, was Sie tun. – Being open and transparent in the way you work. Sharing appropriate and necessary information with your clients and/or others to conduct business and doing so in a way so they can understand that information. – Ihre Arbeitsweise sollte offen und transparent sein. Teilen Sie geeignete und notwendige Informationen Ihren Kunden bzw. anderen auf verständliche Weise mit, um Ihre Geschäfte erfolgreich zu führen. – Respecting confidential information of your clients and potential clients. Don’t divulge information to others unless it is appropriate to do so. – Wahren Sie vertrauliche Informationen Ihrer Kunden und potenziellen Kunden. Geben Sie diese nicht an andere weiter, außer es ist angebracht. – Not taking advantage of a client, a colleague, a third party or anyone to whom you owe a duty of care. – Nutzen Sie nicht Ihren Kunden, Ihren Kollegen, Dritte oder andere, denen gegenüber Sie zur Sorgfalt verpflichtet sind, aus. – Not allowing bias, conflict of interest or the undue influence of others to override your professional or business judgements and obligations. – Vorurteile, Interessenkonflikte oder unzulässige Einflüsse anderer, die ihre beruflichen und geschäftlichen Entscheidungen und Pflichten außer Kraft setzen, sollten Sie nicht zulassen. – Making clear to all interested parties where a conflict of interest, or even a potential conflict of interest, arises between you or your employer and your client. – Informieren Sie alle betreffenden Parteien beim Auftauchen eines Interessenkonflikts oder sogar eines potenziellen Interessenkonflikts zwischen Ihnen oder Ihrem Auftraggeber und einem Kunden. – Not offering or accepting gifts, hospitality or services, which might suggest an improper obligation. – Bieten Sie oder nehmen Sie keine Geschenke, Bewirtungen oder Dienstleistungen an, die falsche Verpflichtungen suggerieren könnten. – Acting consistently in the public interest when it comes to making decisions or providing advice. – Handeln Sie immer im öffentlichen Interesse, wenn Sie Entscheidungen treffen oder beraten sollen.
3.2 Controlling und Projektcontrolling
117
Some of the key questions that you could ask yourself include – Einige der Schlüsselfragen, mit denen Sie sich beschäftigen sollten, lauten: – What would an independent person think of my actions? – Was würde eine unabhängige Person über meine Handlungen denken? – Would I be happy to read about my actions in the press? – Wäre ich glücklich, etwas über meine Handlungen in der Zeitung zu lesen? – How would my actions look to RICS? – Wie würden meine Handlungen für die RICS aussehen? – How would my actions look to my peers? – Wie würden meine Handlungen für meine Kollegen aussehen? – Do people trust me? If not, why not? – Vertrauen mir die Menschen? Wenn nicht, warum? – How often do I question what I do, not just in relation to meeting technical requirements but also in terms of acting professionally and ethically? – Wie oft hinterfrage ich, was ich tue? Nicht nur bezüglich technischer Anforderungen, sondern auch hinsichtlich beruflicher und ethischer Handlungen? – Is this in the interest of my client, or my interest, or the interest of someone else? – Ist dies im Interesse meines Klienten, oder in meinem Interesse oder im Interesse einer anderen Person? – Would I like to be treated in this way if I were a client? – Würde ich gern auf diese Weise behandelt werden, wenn ich ein Klient wäre? – Do I promote professional and ethical standards in all that I do? – Fördere ich mit allem, was ich tue, berufliche und ethische Grundsätze? – Do I say „show me where it says I can't“ or do I say „is this ethical“? – Hinterfrage ich, ob ich ethisch richtig handle? (http://www.rics.org/) Die weiteren Grundsätze der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) sind: 2. Always provide high standard of service. – Liefern Sie immer Dienstleistungen mit einem hohen Standard. 3. Act in a way that promotes trust in the profession. – Handeln Sie auf eine Weise, die Vertrauen in den Beruf schafft. 4. Treat others with respect. – Behandeln Sie andere mit Respekt. 5. Take responsibility. – Übernehmen Sie Verantwortung. (http://www.rics.org/) Es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, derartige Grundsätze für Berufsgruppen in der Bau- und Immobilienwirtschaft auch in Deutschland aufzustellen.
118
3 Projektleitung und Projektsteuerung
3.3
Projektsteuerung
Zur zeitlichen und fachlichen Entlastung des Bauherrn oder der Projektleitung bedarf es nach Art, Komplexität und Dauer des Projekts häufig einer Unterstützung, die ebenfalls durch externe Fachleute erfolgen kann. Für die Wahrnehmung delegierbarer Bauherrenaufgaben hat sich die Projektsteuerung bewährt. Projektsteuerung ist die Wahrnehmung delegierter Auftraggeberfunktionen in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht. In die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI 1977) wurde erstmals ein Leistungsbild der § 31 Projektsteuerung aufgenommen.
§ 31 Projektsteuerung (1) Leistungen der Projektsteuerung werden von Auftragnehmern erbracht, wenn sie Funktionen des Auftraggebers bei der Steuerung von Projekten mit mehreren Fachbereichen übernehmen. Hierzu gehören insbesondere: 1. Klärung der Aufgabenstellung, Erstellung und Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt 2. Klärung der Voraussetzungen für den Einsatz von Planern und anderen an der Planung fachlich Beteiligten (Projektbeteiligte) 3. Aufstellung und Überwachung von Organisations-, Termin- und Zahlungsplänen, bezogen auf Projekt und Projektbeteiligte 4. Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten, mit Ausnahme der ausführenden Firmen 5. Vorbereitung und Betreuung der Beteiligung von Planungsbetroffenen 6. Fortschreibung der Planungsziele und Klärung von Zielkonflikten 7. laufende Information des Auftraggebers über die Projektabwicklung und rechtzeitiges Herbeiführen von Entscheidungen des Auftraggebers 8. Koordinierung und Kontrolle der Bearbeitung von Finanzierungs-, Förderungsund Genehmigungsverfahren. (2) Honorare für Leistungen bei der Projektsteuerung dürfen nur berechnet werden, wenn sie bei Auftragserteilung schriftlich vereinbart worden sind; sie können frei vereinbart werden. Abb. 3.6:
Projektsteuerung nach § 31 HOAI 1977 bis 1996.
Der § 31 Projektsteuerung war in Teil III: Zusätzliche Leistungen zugeordnet. Zusätzliche Leistungen gab es in der HOAI 1977 bis einschließlich HOAI 1996. Hier waren über die Grundleistungen und Besonderen Leistungen hinaus solche Leistungen zu finden, für die Honorare als Pauschalhonorar oder nach Stundensätzen vereinbart werden konnte.
3.3 Projektsteuerung
119
Begründung der Projektsteuerung in der HOAI 1977 Zu § 31 Projektsteuerung heißt es in der amtlichen Begründung zum Text: „Mit steigendem Bauvolumen wachsen die Anforderungen an den Auftraggeber, seine Vorstellungen von der Bauaufgabe in die Praxis umzusetzen, wobei er die Geschehensabläufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordinieren, zu steuern und zu überwachen hat. Diese Tätigkeiten sind originäre Aufgaben des Auftraggebers und von den Leistungen des Architekten und Ingenieurs zu trennen. Infolge der zunehmenden Kompliziertheit der Geschehensabläufe, insbesondere durch Einschaltung von anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sind Auftraggeber ab einer bestimmten Größenordnung des Projekts nicht immer in der Lage, sämtliche Steuerungsleistungen selbst zu übernehmen. In der Praxis werden in diesen Fällen Aufträge für Leistungen bei der Projektsteuerung erteilt. Die Aufträge umfassen insbesondere Beratungs-, Koordinations-, Informations- und Kontrollleistungen.“ (HOAI 1977 – Text mit Amtlicher Begründung, hier § 31 Projektsteuerung) Hierzu merkt Pfarr kritisch an: „An der tatsächlichen Bedeutung der Projektsteuerung für die Abwicklung von Bauvorhaben gemessen ist die Beschreibung für § 31 spärlich ausgefallen. […] Zunächst wäre daran zu denken, ob die Bezeichnung Projektmanagement nicht die umfassendere wäre, denn […] Management umfaßt die Planung, Steuerung und Überwachung.“ (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie? 1978, S. 103) Die weitere Entwicklung hat ihm recht gegeben. Die in § 31 Projektsteuerung enthaltenen acht Tätigkeiten waren tatsächlich nicht ausreichend, um die im Einzelfall erforderlichen Leistungen einer Projektsteuerung eindeutig und umfassend zu beschreiben. Sie konnten jedoch als Anhaltspunkte und als Grundlage für den Gegenstand einer Beauftragung dienen. Eine Vereinbarung in dem Sinne: „Der Auftragnehmer erbringt eine Projektsteuerung gemäß HOAI § 31“ konnte allerdings nicht ausreichen. Zwar hatte der Verordnungsgeber der HOAI großen Wert darauf gelegt, die Leistungen der Objektplanung (vgl. HOAI 1977, Grundleistungen des § 15 mit Bezug auf das Objekt) von denen der Projektsteuerung (vgl. HOAI 1977, § 31 mit Bezug auf das Projekt) deutlich zu unterscheiden (siehe Abb. 3.7). Dennoch entstand eine Verunsicherung hinsichtlich der Leistungsabgrenzung. Grundleistungen der Objektplanung
Leistungen der Projektsteuerung
Integrieren der Leistungen anderer an der Planung Beteiligter (in die Objektplanung)
Klären der Voraussetzungen für den Einsatz von Planern und anderen an der Planung fachlich Beteiligten (Projektbeteiligte) Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten, mit Ausnahme der ausführenden Firmen
Koordinieren der an der Objektüberwachung Beteiligten Abb. 3.7:
Abgrenzung Objektplanung und Projektsteuerung in der HOAI 1977.
Eine Grundlage für die Vergütung der Projektsteuerung, z. B. eine Honorartafel, hat es auch in den weiteren Fassungen der HOAI nie gegeben. Deshalb wurde „neben der HOAI“ die Entwicklung des Leistungsbilds Projektsteuerung und deren Honorierung vom Deutschen Verband der Projektsteuerer (DVP) und auch von der AHO-Fachkommission Projektsteuerung vorangetrieben. Der § 31 HOAI wurde dadurch verzichtbar und schließlich im Zuge der 6. Änderungsnovelle der HOAI im Jahr 2009 aus der HOAI ersatzlos gestrichen.
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3 Projektleitung und Projektsteuerung
Die Entwicklung des Leistungsbilds Projektsteuerung Es werden einige für die Projektsteuerung wichtige Entwicklungsschritte aufgezeigt. 1983 Gründungsversammlung des Deutschen Verbands der Projektsteuerer (DVP). „Die Gründungsmitglieder des DVP sahen eine Zielsetzung anfangs auch darin, die Projektsteuerung mit einem ausdifferenzierten Leistungsbild und Vorschlägen zur Honorierung entsprechend der HOAI-Systematik in eine künftige Novellierung der HOAI aufzunehmen.“ (DVP (Hrsg.): 30 Jahre DVP, 2014. S. 33) 1985 Erste Fachtagung des DVP am 22.03.1985 an der TU Berlin. 1996 Es erscheint als Heft 9 der Schriftenreihe des AHO: AHO-Fachkommission Projektsteuerung (Hrsg.): Untersuchungen zum Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung für die Projektsteuerung. Bundesanzeiger, Bonn, November 1996. Das neue Leistungsbild Projektsteuerung wird in vier Handlungsbereiche (A, B, C, D) und fünf Projektstufen gegliedert, welche die neun Leistungsphasen der HOAI einschließen. Es wird darüber hinaus ein Leistungsbild Projektleitung definiert. Grundlage der Honorierung sind anrechenbaren Kosten (unterschiedlich zur HOAI), Honorarzonen und Projektstufen (kein Preisrecht). 2004 Es erscheint: AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement (Hrsg.): Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienbranche – Heft 9 der Schriftenreihe des AHO, Bundesanzeiger, Bonn, Januar 2004. Die Neuerungen umfassen einen Vorschlag zur Honorierung nach Zeitaufwand (§ 203), die Abgrenzung von Projektsteuerung und Generalplanung, die Berücksichtigung von Projektinformations- und Wissensmanagementsystemen, leistungsorientierte Honorarvereinbarungen sowie die Erweiterung von Handlungsbereich D – Termine und Kapazitäten um Logistik. 2009 Es erscheint: AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement (Hrsg.): Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienbranche – Heft 9 der Schriftenreihe des AHO, Bundesanzeiger, Bonn, März 2009. Es werden Leistungen zum Vertragswesen aus dem bestehenden Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation herausgelöst und als neuer Handlungsbereich E – Verträge und Versicherung definiert. 2014 Es erscheint: AHO-Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement (Hrsg.): Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft – Heft 9 der Schriftenreihe des AHO, Bundesanzeiger, Köln, Mai 2014. In der HOAI 2013 wurden die Leistungsbilder wesentlich erweitert. Das betrifft die Kostenplanung, die Terminplanung, die Koordination und die Dokumentation. Dadurch wurde eine Überarbeitung des Leistungsbilds Projektsteuerung erforderlich. Kerndefinitionen der Projektsteuerung wie Mitwirken, Erstellen, Abstimmen, Fortschreiben, Überprüfen, Prüfen wurden präzisiert. Die Honorartafelwerte wurden gegenüber 2004 um 10 Prozent erhöht.
3.3 Projektsteuerung
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Leistungsbild Projektsteuerung nach AHO Heft 9 Mai 2014 „§ 2 Leistungsbild Projektsteuerung (1) Sofern die Vertragsparteien keine anderweitigen Festlegungen treffen, gilt das Leistungsbild Projektsteuerung dieser Leistungs- und Honorarordnung zu den Grundleistungen als vereinbart. (2) Das Leistungsbild der Projektsteuerung ist zeitlich in fünf Projektstufen und fünf Handlungsbereiche untergliedert. Die Untergliederung soll den Vertragsparteien eine leichtere und stufenweise Beauftragung sowie Teilbeauftragungen ermöglichen. Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, umfasst die Beauftragung sämtliche Projektstufen und Handlungsbereiche. (3) Den Vertragsparteien steht es frei, die für Standardprojekte definierten Leistungen an die konkreten Projektumstände anzupassen, zu konkretisieren und ggf. um Besondere Leistungen zu ergänzen, die im Leistungsbild nicht abschließend beschrieben sind. Die Besonderen Leistungen des Leistungsbildes Projektsteuerung können auch für andere Leistungsphasen, denen sie nicht zugeordnet sind, vereinbart werden. Bei Änderungen des Leistungsbildes sind Honorarvorschläge dieser Leistungs- und Honorarordnung zu überprüfen. (4) Diesem Leistungsbild liegen folgende Definitionen zugrunde: a) Mitwirken bedeutet: Der beauftragte Projektsteuerer fasst die genannten Teilleistungen in Zusammenarbeit mit anderen Projektbeteiligten inhaltlich abschließend zusammen und übermittelt diese mit einer eigenen Bewertung dem Auftraggeber zur Entscheidung. b) Erstellen/Aufstellen bedeutet: Die schriftliche Ausarbeitung eines Arbeitsergebnisses. c) Abstimmen bedeutet: Die Vorlage von Arbeitsergebnissen unter Herbeiführung der Zustimmung des Auftraggebers zur Umsetzung. d) Umsetzen bedeutet: Abgestimmte Prozesse über das Informations- und Besprechungswesen einführen und deren Einhaltung überprüfen. e) Fortschreiben bedeutet: Die laufende Aktualisierung der erarbeiteten Unterlagen. f) Prüfen bedeutet: Eine umfassende inhaltliche Prüfung auf Vertragskonformität und Richtigkeit. Entsprechende Unterlagen sind mit dem Prüfvermerk zu versehen und vom Bearbeiter zu unterzeichnen. g) Überprüfen bedeutet: Kontrolle eines abgeschlossenen Arbeitsergebnisses in Stichproben mit dem Ziel der Freigabe des Arbeitsergebnisses oder der Verwerfung/Zurückweisung. Der Auftragnehmer ist insbesondere nicht verpflichtet, Leistungen von Planern und Gutachtern im Detail zu kontrollieren. Vielmehr schuldet er eine stichprobenhafte Kontrolle der Leistungsergebnisse, u. a. auf Vollständigkeit, Plausibilität und Übereinstimmung mit den Projektzielen. Die Stichproben sind vom Auftragnehmer eigenverantwortlich so vorzunehmen, dass besonders kritische und fehlerträchtige Vorgänge fachgerecht kontrolliert und etwaige Mängel aufgedeckt werden können. Auch die Stichprobe ist zu dokumentieren.
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3 Projektleitung und Projektsteuerung
h) Analysieren und Bewerten bedeutet: Die Kontrolle eines laufenden Projektprozesses/Projektfortschritts bzw. von Leistungen der Projektbeteiligten in Stichproben mit dem Ziel einer Handlungsempfehlung an den Auftraggeber. Ansonsten beinhaltet die Leistung die Definition wie Buchst. g). i) Steuern bedeutet: Die zielgerichtete Beeinflussung der Beteiligten zur Umsetzung der gestellten Aufgabe.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 10–11) Die Präzisierung der Tätigkeiten der Projektsteuerung (Ziffer a) bis i)) wurde erforderlich, weil Auftraggeber in der Vergangenheit von der Projektsteuerung Leistungen erwartet haben, die der Auftragnehmer so nicht verstanden hatte, nicht erbringen wollte oder konnte. Wie wichtig die genaue Formulierung von Leistungen ist und wie die neuen Definitionen zu verstehen sind, sei an einigen Beispielen verdeutlicht. Zu a) Mitwirken Beispiel: Der Auftraggeber will im Rahmen der Projektvorbereitung die Projektziele festlegen. Der Projektsteuerer legt den Kostenrahmen für das Bauprojekt fest. Das „Mitwirken“ des Projektsteuerers besteht darin, dass er für den Auftraggeber die verschiedenen Vorstellungen und Anforderungen nach Projektzielen ordnet, im Hinblick auf die Steuerung des Projekts die erforderlichen Zielgrößen definiert, z. B. Kostenrahmen, Terminrahmen sowie Funktions- oder Flächenanforderungen, und schriftlich zusammenfasst. Zu b) Erstellen/Aufstellen Beispiel: Der Projektsteuerer erstellt Protokolle über Projektbesprechungen in schriftlicher Form nach abgestimmten Standards (siehe Kap. 4.2.1). Zu e) Fortschreiben Beispiel: Der Projektsteuerer ist verantwortlich für das Fortschreiben der Projektkosten. Zu f) Prüfen und g) Überprüfen Beispiel: Der Projektsteuerer prüft die Objektplanung des Architekten auf Zielkonformität. Dazu gehört z. B. die Erfüllung des Raumprogramms durch den Vergleich der geforderten Grundflächen, z. B. Nutzflächen, mit den Grundrissen oder einer Flächenermittlung. Er stellt fest, dass die geforderten Nutzflächen vorhanden sind, über- oder unterschritten wurden und gibt dazu eine Bewertung ab. Die Prüfung wird schriftlich festgehalten. Der Auftraggeber entscheidet über das Ergebnis der Objektplanung. Beispiel: Der Objektplaner prüft die Rechnungen der bauausführenden Unternehmen (vgl. LPH 8 g) Rechnungsprüfung einschließlich Prüfen der Aufmaße der bauausführenden Unternehmen (HOAI 2013, Anlage 10 (zu § 34 Absatz 4, § 35 Absatz 7)). Er prüft die Mengen der Leistungspositionen auf Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem Vertrag. Er hält jeweils die Ergebnisse der Prüfung, z. B. auf bestätigte oder korrigierte Einzelpositionen fest und leitet die Rechnungsunterlagen an den Auftraggeber weiter. Der Projektsteuerer überprüft die vom Objektplaner und den Fachplanern an den Auftraggeber weitergeleiteten Rechnungsunterlagen in Stichproben und auf Plausibilität, z. B. durch Vergleich von Kostenwerten oder ausgewählten Leistungspositionen. Er dokumentiert für den Auftraggeber das Ergebnis der Überprüfung in schriftlicher Form.
3.3 Projektsteuerung
123
Projektstufen und Handlungsbereiche der Projektsteuerung – Matrix Der Umfang der Teilleistungen des Projektmanagements/der Projektsteuerung wird in fünf Handlungsbereiche aufgeteilt und nach ebenfalls fünf Projektstufen unterschieden. Diese Systematik wurde auch für die Gliederung mehrerer Kapitel dieses Buches verwendet. Die Handlungsbereiche sind – Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation (Kapitel 4) – Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (Kapitel 5) – Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung (Kapitel 6) – Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik (Kapitel 7) – Handlungsbereich E – Verträge und Versicherungen (Kapitel 8) Alle Handlungsbereiche A bis E werden in den Kapiteln 4 bis 8 umfassend erläutert. Dabei werden auch Grundlagen der unterschiedlichen Fachgebiete des Projektmanagements, des Bauwesens und der Betriebswirtschaftslehre vermittelt. Weiterhin werden Beispiele aus Projekten des Verfassers, aus einschlägigen Regelwerken und aus der Fachliteratur ergänzt. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die in den Handlungsbereichen B, C und D genannten Aufgaben und Ergebnisse besonders gut geeignet sind, um die wesentlichen Projektziele zu definieren. Der Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten enthält wesentliche Anforderungen an ein Objekt hinsichtlich der Zahl der Nutzeinheiten, des Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramms sowie besonderer Nutzeranforderungen. Daraus können Zielgrößen, z. B. Angabe der Nutzflächen, als eine Messlatte für die Planung, Kontrolle und Steuerung des Projekts abgeleitet werden. Soweit die Projektziele nicht quantitativ in z. B. Nutzeinheiten oder Grundflächen „gemessen“ werden können, wird auf qualitative Bewertungen und praktische Beispiel zur Bewertung eingegangen. Gegenstand des Handlungsbereichs C – Kosten und Finanzierung sind ein Kostenrahmen oder gegebenenfalls eine Kostenvorgabe für die Erstinvestition, vorzugsweise auch für die Nutzungskosten im Rahmen eines bestimmten Betrachtungszeitraums, z. B. Wirtschaftliche Nutzungsdauer. Finanzwirtschaftliche Ziele, z. B. die Wirtschaftlichkeit des Objekts mit einer vom Auftraggeber als angemessen betrachtete Rendite oder ein Verkaufserlös nach Fertigstellung sind bei vielen Projekten als Zielgrößen üblich. Im Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik stehen ein Terminrahmen oder eine Terminvorgabe mit einem Fertigstellungstermin eindeutig im Vordergrund. Dabei zählen die zur Verfügung stehenden Kapazitäten, z. B. das Personal des Bauherrn, und die Baustellenlogistik zu den wichtigsten Rahmenbedingungen eines Projekts. Die Teilleistungen der Handlungsbereiche A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation sowie E – Verträge und Versicherungen bilden einen Schwerpunkt bei der Projektvorbereitung und dem Projektabschluss. Sie sind für die arbeitsteilige Organisation der am Projekt Beteiligten unverzichtbar. Die Handlungsbereiche A und E sind damit eine unabdingbare Voraussetzung (lateinisch: conditio sine qua non) für eine erfolgreiche Projektarbeit.
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3 Projektleitung und Projektsteuerung
Die Projektstufen (in der Klammer werden die Leistungsphasen nach HOAI 2013 ergänzt) dienen der Gliederung des Projektablaufs, der Beauftragung von Leistungen des Projektmanagements in Stufen sowie einer entsprechenden Aufteilung der Vergütung der gesamten Projektdauer: – Projektstufe 1 – Projektvorbereitung (Grundlagenermittlung) – Projektstufe 2 – Planung (Vorplanung, Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung) – Projektstufe 3 – Ausführungsvorbereitung (Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe und Mitwirken bei der Vergabe) – Projektstufe 4 – Ausführung (Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Dokumentation) – Projektstufe 5 – Projektabschluss (Objektbetreuung) Abbildung 3.8 zeigt die Gliederungsstruktur der umfangreichen Teilleistungen unter Berücksichtigung der fünf Projektstufen und der fünf Handlungsbereiche, die als Grundleistungen nach § 2 Leistungsbild Projektsteuerung beauftragt werden können. Die Matrix dient damit als eine Grundlage für einen individuellen, nach den Anforderungen des Bauherrn „maßgeschneiderten“ Vertrag. Je nach den Vorstellungen des Bauherrn können auch Teilleistungen der Projektsteuerung als Einzelleistung beauftragt werden, z. B. nur der Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung. Für das Projekt notwendige Leistungen, die nicht an den Projektsteuerer beauftragt werden, sind entweder vom Bauherrn selbst oder von einem anderen am Projekt Beteiligten wahrzunehmen. Oder sollten Teilleistungen nicht erforderlich sein? Das ist auf jeden Fall mit großer Sorgfalt zu prüfen.
Projektstufen
A
B
Handlungsbereiche C
D
E
1
A1
B1
C1
D1
E1
2
A2
B2
C2
D2
E2
3
A3
B3
C3
D3
E3
4
A4
B4
C4
D4
E4
5
A5
B5
C5
D5
E5
Abb. 3.8:
Projektstufen und Handlungsbereiche nach AHO 2014 – Matrix.
Häufig wird eine Projektsteuerung zunächst nur mit den Projektstufen 1 – Projektvorbereitung und 2 – Planung beauftragt, wenn das Projekt dann tatsächlich durchgeführt werden soll. Wenn der Auftraggeber mit der Projektsteuerung zufrieden ist, werden weitere Projektstufen beauftragt. Allerdings kommt es auch oft vor, dass der Auftraggeber die Notwendigkeit einer Projektsteuerung erst dann erkennt, wenn Probleme auftauchen. Oft wird dann ein Projektsteuerer beauftragt, um diese Probleme zu lösen. Dann kann allerdings auf grundlegende Aufgaben der Projektvorbereitung im Nachhinein nicht völlig verzichtet werden.
3.3 Projektsteuerung
125
Notwendigkeit und Stellung einer Projektsteuerung in der Projektorganisation Die Entscheidung, ob ein Projektsteuerer eingesetzt werden soll, kann nur der Bauherr selbst treffen. Aus Sicht des Bauherrn ist zu klären, – welche Kompetenz und Fachkenntnis er mitbringen kann, – in welchem Umfang er zeitlich gefordert ist sowie – welche Stellung er als öffentlich-rechtlicher oder privater Auftraggeber hat und wie das Bauvorhaben finanziert wird.
Kreditinstitute
Beraterverträge
Mietverträge
Nutzer
Bauherr im Projekt nach außen vertreten durch
Projektleitung
Stabs-
Projektsteuerung
funktion
Planungsverträge
Objektplaner
Abb. 3.9:
Bauverträge
fachlich Beteiligte
Träger öffentlicher Belange
Sonderfachleute
Kreditverträge
ausführende Firmen
Stellung der Projektsteuerung in der Projektorganisation.
Es ist zu berücksichtigen, dass der Bauherr zwar viele Aufgaben an eine Projektsteuerung delegieren kann, ihm jedoch auch nicht delegierbare Aufgaben verbleiben. Hierzu gehören – Setzen der (obersten) Projektziele, – Treffen von Anordnungen, – Abschluss von Verträgen zur Verwirklichung der (obersten) Projektziele, – oberste Kontrolle der Verwirklichung der Projektziele, – rechtsgeschäftliche Erklärung der Abnahme der Werke, – letzte Verantwortung für die zeit- und mengengerechte Mittelbereitstellung.
126
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Die Projektsteuerung unterstützt die Projektleitung, bietet eine Entlastung und erhöht damit auch die Sicherheit für den Projekterfolg. Der Projektsteuerer steht in keinem Vertragsverhältnis zu anderen Projektbeteiligten außer dem Bauherrn. Er hat infolgedessen keine Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Projektbeteiligten, außer wenn der Bauherr ihn ausdrücklich bevollmächtigt (siehe Abb. 3.9). Nicht zu vergessen: „Auch die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers sind regelungsbedürftig. Für den Projektsteuerer hat dieser Regelungskomplex erhebliche Bedeutung, weil die Auftraggeber sich nicht selten hinsichtlich der eigenen Kompetenz zur Ausübung der bei ihnen verbliebenden (Rest-)Projektleitung überschätzen und ein späterer Streit über die von dem jeweiligen Auftraggeber noch zu erbringenden Leistungen oft vorprogrammiert ist.“ (Eschenbruch, K.: Recht der Projektsteuerung. 2003, S. 615) „Je nach Einzelfall kann es zweckmäßig sein, dem Projektsteuerer Vertretungsmacht für folgende Entscheidungen zu erteilen: – Planungs- und bauinhaltliche sowie organisatorische Anordnungen an die Projektbeteiligten im Rahmen der abgeschlossenen Verträge ohne Anordnungen solcher Maßnahmen, die zu Mehrvergütungsansprüchen oder Terminverlängerungsansprüchen führen können; – Einforderung von Leistungen der Projektbeteiligten, einschließlich Inverzugsetzungen; – Geltendmachung von Auskunfts- und Einsichtsrechten; – Organisation von Baubesprechungen und Festlegung von Terminen und Qualitäten in Baubesprechungen; – Entscheidungen zu Planungsfreigaben und Bemusterungen; – Vertretung des Auftraggebers bei Abnahmen; Anordnungen bei Gefahr in Verzug.“ (Eschenbruch, K.: Recht der Projektsteuerung. 2003, S. 201) Unabhängig von Bewertungsversuchen zum Nutzen der Projektsteuerung bietet eine qualifizierte Projektsteuerung nicht nur für den Bauherrn, sondern auch für andere Projektbeteiligte eine Reihe von Vorteilen. Hierzu gehören beispielsweise – die fachlich und inhaltlich klare sowie umfassende Formulierung der Aufgabenstellung und damit eine größere Sicherheit für die Projektdurchführung, – eine Entlastung des Bauherrn in zeitlicher und fachlicher Hinsicht, – die Verbesserung der Transparenz und Kommunikation für alle Projektbeteiligten durch die professionelle Vorbereitung, Organisation und Dokumentation der Informationsflüsse und – zusätzliche Qualitäts-, Kosten- und Terminkontrollen im Interesse des Bauherrn. Bauherren sind insbesondere bei der Durchführung von großen und komplexen Bauprojekten gut beraten, wenn sie einen in der Bauplanung erfahrenen Berater und Koordinator, z. B. eine Projektsteuerung, hinzuziehen. Dieser hat unabhängig von den bestehenden Fach- oder Abteilungsinteressen aufseiten des Auftraggebers für klare und realistische Vorgaben gegenüber Dritten, z. B. dem Architekten, zu sorgen.
3.3 Projektsteuerung
127
Bei großen Organisationseinheiten ist die Entscheidungsfindung auf der Bauherrenseite und die fachgerechte Formulierung des Bauherrenwillens eine anspruchsvolle Aufgabe. Diese kann über die von der Objektplanung zu erbringenden Leistungen in der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) erheblich hinausgehen. Die Vorteile der Einschaltung eines externen Büros für Projektsteuerung zur Unterstützung der Projektleitung liegen nach Sommer in folgenden Punkten: – „Die externen Mitarbeiter sind unbelastet von internen Vorgängen. – Die externen Mitarbeiter werden nur projektbezogen eingesetzt und müssen anschließend nicht ‚versorgt‘ werden. – Die externen Mitarbeiter sind von Beginn an in den Projektsteuerungsmethoden ausgebildet. – Ein externes Büro steht unter Erfolgsdruck hinsichtlich der Ergebnisse. – Der Projektleiter wird von Personalführungsaufgaben in diesem Bereich entlastet. – Der Projektleiter kann jederzeit weitere Leistungen abfragen, ohne sich um die Personalbeschaffung kümmern zu müssen.“ (Sommer, H.: Projektmanagement im Hochbau. 1998, S. 101) Sicher sind die Unvoreingenommenheit und der unverstellte Blick eines externen Projektsteuerers von Vorteil. Gleichwohl muss er sich in kurzer Zeit in eine neue, i. d. R. unbekannte Projektumgebung hineindenken. Und er braucht die fachliche und persönliche Akzeptanz der anderen am Projekt Beteiligten, um erfolgreich arbeiten zu können. Zu ähnlichen bzw. ergänzenden Ergebnissen kommt auch Bösterling, der grundsätzlich die Unterschiede zwischen einem externen Berater, wozu der Projektsteuerer zählt, und dem internen Verantwortlichen, also dem Projektleiter, die folgenden Eigenschaften nennt (siehe Abb. 3.10): externer Berater
interner Verantwortlicher
Distanz
Nähe
Außen-Sicht
Innen-Sicht
Neutralität und Empathie
Identifikation, möchte ein Problem lösen
ist nicht Teil des Problems
kann Teil des Problems sein
Methodenkompetenz
Kenntnisse von Details und Historien
Erfahrungen mit Prozessen in verschiedenen Organisationen
Erfahrungen mit Lösungsstrategien in der eigenen Organisation
kann im System intervenieren
kann Entscheidungen initiieren
kann Nein sagen
muss im System handeln
Abb. 3.10: Verhältnis externer Berater und interner Verantwortlicher. (Bösterling, B.: Interne und externe […]. 1998, S. 205)
128
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Projektsteuerer zählen zu den externen Organisationsspezialisten und Beratern. Ganz allgemein wird von Beratern erwartet, dass sie sich im Einzelnen auszeichnen „durch – die Kenntnis einer Vielzahl ähnlicher Gestaltungsprobleme und ihrer Lösungen im Fall einer langjährigen Beratungspraxis, – einen reichhaltigen Erfahrungsschatz hinsichtlich der Methoden und Techniken des Organisierens, – ihre Überzeugungskraft als Fachautorität sowie – ihre weitgehende Interessenunabhängigkeit und Neutralität.“ (Grochla, E.: Grundlagen der organisatorischen Gestaltung. 1995, S. 257) Entsendet ein Büro für Projektsteuerung Mitarbeiter in ein Projekt und sind diese in der Projektorganisation des Auftraggebers mehrere Jahre tätig, so ist bei den Mitarbeitern häufig die Entfremdung vom eigenen Büro zu beobachten. Häufig verlassen gerade die guten Mitarbeiter eines Büros für Projektsteuerung nach erfolgreichem Abschluss des Projekts ihren bisherigen Arbeitgeber, suchen eine berufliche Verbesserung oder machen sich selbstständig. Für die Einschaltung von Projektsteuerern durch die Bauverwaltung gilt: „– Die Bauverwaltung zieht für die Erledigung ihrer Aufgaben freiberuflich Tätige hinzu, wenn sie die erforderlichen Leistungen nicht selbst erbringen kann. – Die Beteiligung freiberuflich Tätiger ist dann wirtschaftlich, wenn die eigenen Kapazitäten ausgelastet sind oder wenn Art und Umfang der Leistung dies erfordern. – Die freiberuflich Tätigen können nur dann richtig eingesetzt werden, wenn die Bauverwaltung deren Leistungsfähigkeit zuverlässig beurteilen und sie qualifiziert beaufsichtigen kann. – Die volle Verantwortung bei der Durchführung der Baumaßnahme muss bei der Bauverwaltung verbleiben, da die Entscheidungskompetenz nicht übertragbar ist.“ (Schnoor, C.: Projektsteuerung […]. 1994, S. 188) Dabei sollen so viele Eigenleistungen bei der Bauverwaltung verbleiben, dass sie durch die ständige Beschäftigung mit diesen Fragen ihre Sicherheit als fachkundiger, erfahrener und qualifizierter Partner bei der Überwachung von Freischaffenden erhalten kann. Projektleiter und Projektsteuerer sind also Bauherren auf Zeit. Allen weiteren Beteiligten sollten sie kompetent entgegentreten und als qualifizierte Ansprechpartner willkommen sein. Dass dies nicht immer so ist, hört man in der Praxis bisweilen auch. Gründe dafür sind oft mangelnde Führungsqualifikation, ungeklärte Zielkonflikte oder mangelhafte Vorgaben. Im ungünstigen Fall gibt es auch Überschneidungen bei den Leistungsbildern oder die fehlende Beauftragung von Planern. Ein gutes Projektmanagement hat gerade aufseiten des Bauherrn eine hohe Bedeutung mit Wirkung auf alle anderen Projektbeteiligten. „Viele Auftraggeber unterscheiden kaum zwischen den Aufgaben der Projektleitung und der Projektsteuerung. Dennoch ist es aus Gründen der Haftung und Verantwortung wichtig, die Unterschiede zu kennen und zu beachten. Nicht selten wurden in der Vergangenheit Aufträge für Projektsteuerung erteilt mit der Erwartungshaltung des Auftraggebers, dass der Auftragnehmer selbstverständlich auch die Projektleitung wahrnehmen werde.“ (Schulte, K.-W.: Handbuch Immobilien-Projektentwicklung. 1996, S. 38)
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
3.4
129
Projektmanagementverträge und -honorierung
Anfang der 1980er-Jahre etablierte sich die Projektsteuerung in der Bau- und Immobilienwirtschaft als Berufsbild. Es bildeten sich Fachverbände wie die Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) und 1984 für das Bauwesen der Deutsche Verband der Projektsteuerer (DVP). Ziel war die Entwicklung einer eigenen Leistungs- und Honorarordnung. 1993 wurde die Fachkommission Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) gegründet. Diese veröffentlichte 1996 als Heft 9 der Schriftenreihe AHO die „Untersuchungen zum Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung der Projektsteuerung“. (vgl. Eschenbruch, K.: Projektmanagement […]. 2009, S. 20) Die Regelungen des AHO Heft 9 sind heute in der Praxis der Bau- und Immobilienwirtschaft eine anerkannte Grundlage für die Definition von Leistungsbildern im Projektmanagement und deren Vergütung. Mit der 6. Änderungsnovelle der HOAI im Jahr 2009 ist der § 31 Projektsteuerung ersatzlos gestrichen worden. Verbindliche Leistungsbilder für das Projektmanagement gibt es also nicht, nicht nur weil es keine der HOAI entsprechende Verordnung gibt, sondern weil die an Dritte beauftragten Leistungen des Projektmanagements in dem Umfang Bauherrenaufgaben sind, die der Bauherr nicht selbst wahrnehmen kann oder will. Art, Umfang und Dauer, Bemessungsgrundlage und Höhe der Vergütung sind von Fall zu Fall zwischen den Parteien zu vereinbaren. Für die Leistungen des Projektmanagements herrscht sowohl Leistungs- als auch Preiswettbewerb. Damit unterscheiden sie sich sowohl von den Planungs- als auch den Bauleistungen wesentlich. So unterliegen Architekten und Ingenieure, die Anwendung der HOAI vorausgesetzt, ausschließlich dem Leistungswettbewerb, z. B. bei Architekturwettbewerben. Ausführende Unternehmen müssen sich bei beschränkter oder öffentlicher Ausschreibung bei Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis dem Preiswettbewerb unterwerfen. Für den Auftraggeber hat beides den Vorteil, dass für die Wahl des geeigneten Auftragnehmers im Wesentlichen nur ein Unterscheidungsmerkmal zu beurteilen ist, entweder die Leistung oder der Preis. Entsprechend schwieriger ist es sowohl für den Auftraggeber als auch den Anbieter von Leistungen des Projektmanagements. Bauherren sind oft nicht in der Lage oder nehmen sich nicht die Zeit, die erforderlichen Leistungen und die dazugehörenden Rahmenbedingungen so zu beschreiben, dass der Bieter erkennen kann, was und zu welchem Preis er anbieten soll. In der Vergangenheit konnte man z. B. Ausschreibungen lesen wie: Leistungen der Projektsteuerung für Umbau und Erweiterung eines Klinikums. Der Bieter ist in so einem Fall gezwungen, bei unzureichenden Informationen ein möglichst geeignetes Leistungsbild zu formulieren und dazu noch ein Preisangebot zu machen. Vor allem der auf diesem Gebiet wenig erfahrene Auftraggeber ist dann überfordert, aus vielleicht zehn oder mehr Angeboten eine Auswahl zu treffen. Im ungünstigen Fall versucht er dann, das aus seiner Sicht beste Angebot auf den niedrigsten angebotenen Preis zu verhandeln. Ein Standard wie die Untersuchungen zum Leistungsbild Projektsteuerung/Projektmanagement, wie von AHO erarbeitet, ist für beide Parteien eine große Hilfe.
130
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Leistungsbilder im Projektmanagement Die nachfolgenden Überlegungen zu den Leistungen und zur Vergütung von Leistungen des Projektmanagements, soweit sie vom Bauherrn an Dritte, also entsprechende Personen oder Büros, beauftragt werden, gehen von der Projektsteuerung als der am häufigsten beauftragten und hinsichtlich der angesprochenen Fragen am weitesten strukturierten Leistung des Projektmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft aus. Die Wahrnehmung der Projektleitung, also aller dispositiven Bauherrenaufgaben einschließlich des Treffens von Entscheidungen und Anordnungen gegenüber weiteren Projektbeteiligten, oder eines Projektcontrolling als Teil einer Projektsteuerung oder die Übernahme der umfangreichen Aufgaben des Projektmanagements im Rahmen der Generalplanung lassen sich von der Projektsteuerung durchaus ableiten. Die Generalplanung, also das Projektmanagement aufseiten der Architekten und der Ingenieure, wird im Kapitel 10 „Projektmanagement in der Planung" umfassend behandelt. Abgrenzung von Projektmanagement und Planung Bei den Leistungen der Projektsteuerung handelt es sich um delegierbare Auftraggeberfunktionen. Sie sind nicht in den Grundleistungen anderer Leistungsbilder enthalten. Das Leistungsbild Gebäude und Innenräume (HOAI 2013, Anlage 10 (zu § 34 Absatz 4, § 35 Absatz 7)) z. B. enthält Grundleistungen und Besondere Leistungen. Nach § 3 HOAI 2013 enthalten die Grundleistungen „die Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind“. Dagegen können die Besonderen Leistungen zu den Grundleistungen hinzu oder an deren Stelle treten, wenn besondere Anforderungen an die Ausführung des Auftrags gestellt werden, die über die allgemeinen Leistungen hinausgehen oder diese ändern. Anders verhält es sich bei der inzwischen großen Zahl von Besonderen Leistungen, die sich in Aufgaben zur Optimierung der Planung, der Mitwirkung und Aufgaben, welche die Grundlagen der Planung und Entscheidungsvorbereitung betreffen, einteilen lassen. Es kann dann zu Überschneidungen von Leistungen der Objektplanung und der Projektsteuerung kommen, wenn der Objektplaner z. B. mit folgenden Leistungen beauftragt wird (Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit): – Bedarfsplanung – Projektstrukturplan – Verfahrensbetreuung, Mitwirken bei der Vergabe von Planungs- und Gutachterleistungen – Aufstellen eines Katalogs für die Planung und Abwicklung der Programmziele – Aufstellen eines Finanzierungsplans – Mitwirken bei der Mittelabflussplanung So kann auch die Objektplanung um vielfältige Aufgaben des Projektmanagements erweitert werden, zumal der Katalog der Besonderen Leistungen als nicht abschließend zu verstehen ist und auch um AHO-Leistungen erweitert werden kann. Das ist v. a. dann sinnvoll, wenn es sich um kleinere Projekte (unter 5 Mio. € Projektkosten) handelt, bei denen sich eine Projektsteuerung weder für den Auftraggeber noch für einen Projektsteuerer lohnt.
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
131
Andererseits soll die Projektsteuerung nicht um HOAI-Leistungen erweitert werden, weil dann eine wichtige Funktion der Projektsteuerung schnell ad absurdum geführt wird: Das ist die Funktion der Kontrolle von Leistungen der an der Planung fachlich Beteiligten, v. a. der Objektplanung. An dieser Stelle werden einige Aufgaben der Projektsteuerung erläutert, die dann nicht mehr ohne Interessenkonflikte wahrgenommen werden können: – Prüfen und Freigeben von Rechnungen der Projektbeteiligten […] zur Zahlung – Überprüfen der Planungsergebnisse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen – Überprüfen der Kostenschätzung und -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen – Plausibilitätsprüfung und Freigeben der Rechnungen zur Zahlung u. v. m. „Daß an seiner Loyalität zum Auftraggeber bei einer Doppelfunktion als Planer und eigenständiger unabhängiger Auftraggebervertreter erhebliche Zweifel bestehen mußten, ergibt sich von selbst.“ (Knipp, B.: Rechtliche Rahmenbedingungen […]. 1995, S. 28) Wichtige Leistungen wie die Koordination oder Überwachung kamen in beiden Leistungsbildern vor. Deutlich wird der Unterschied im Zusammenhang mit der Unterscheidung Projekt in Bezug auf Bauherrenaufgaben und Leistungen des Projektmanagements und in Bezug auf das Objekt als Aufgabenbereich des auch so bezeichneten „Objektplaners“. So richtet sich die Koordination des Projektsteuerers auf die am Projekt Beteiligten, also auf die Bauherren- und Nutzerseite. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass sich der Begriff der Koordination im aktuellen AHO-Leistungsbild „rar gemacht“ hat. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine Projektsteuerung dann koordinieren soll, wenn es der Architekt nicht machen muss oder machen kann. Der Bauherr benötigt jedoch eine Koordination in Bezug auf das Projekt, z. B. das Programm oder die Nutzer betreffend. Die Koordination des Objektplaners bezieht sich auf die Zusammenarbeit mit den an der Planung fachlich Beteiligten in der Objektplanung, z. B. der Vorbereitung der Vergabe. Sie ist weiterhin auf den Einsatz und die Zusammenarbeit der ausführenden Firmen gerichtet. Über solche Unterschiede muss vor Projektbeginn Klarheit herrschen. In der Praxis sind allerdings im Bereich der Projektsteuerung zahlreiche Grenzüberschreitungen zu beobachten. Die Vermischung der gegebenen Leistungsbilder ist zumindest für den Auftraggeber von Nachteil. Denn die Verantwortung für die Leistungsinhalte ist häufig nicht mehr erkennbar. Verbindliche Festlegungen zu Art und Umfang des Projektmanagements bestehen nicht, weder für den Auftraggeber noch für den Auftragnehmer. Die Aufgaben, die ein externes Projektmanagement, z. B. eine Projektsteuerung übernehmen soll, sind im Einzelfall unter den Vertragspartnern zu vereinbaren. Kriterien für die dabei zu treffenden Festlegungen sind – erforderliche zeitliche und fachliche Entlastung des Bauherrn, – Komplexität des Projekts in Bezug auf Größe, Dauer, Zahl der Beteiligten u. v. m., – notwendige Prüfungen und Nachweise gegenüber Aufsichtsorganen, – Nutzen-Kosten-Verhältnis des Projektmanagements für den Bauherrn.
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3.4.1
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Verträge im Projektmanagement
Die Frage nach dem Vertrag kann nur im Zusammenhang mit dem Leistungsbild und der Art der Tätigkeit bzw. dem daraus geschuldeten Erfolg behandelt werden. Eine allgemeingültige Form „des Vertrags“ gibt es im Projektmanagement genauso wenig wie ein entsprechend einheitliches Leistungsbild. Bei den Architekten- und Ingenieurleistungen handelt es sich im Fall der üblichen Beauftragung von Leistungen der Planung bzw. Bauüberwachung um einen Werkvertrag. Ob es sich beim Projektsteuerungsvertrag um einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) oder einen Werkvertrag (§ 631 BGB) handeln soll, ist schon lange umstritten. Abgesehen von individuellen Vereinbarungen wurden durch Gerichte folgende Einzelentscheidungen getroffen: – Beim Projektsteuerungsvertrag handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter (Urteil des OLG Düsseldorf 1998 – 5 U 182/98). – Der Projektsteuerungsvertrag ist kein Werkvertrag (Urteil BGH 1995 – VII ZR 49/94). Diese Auffassung wird von Mantscheff durch die folgende Argumentation unterstützt: „Abweichend vom üblichen Architekten- und Ingenieurvertrag wird aber der Auftrag zur Erbringung von Leistungen der Projektsteuerung als Dienstvertrag anzusehen sein, weil der Auftragnehmer mit den dem Auftraggeber obliegenden Koordinierungs-, Steuerungs- und Überwachungsleistungen und der damit verbundenen Beratung Dienstleistungen erbringt und keinen Erfolg schuldet […].“ (Mantscheff, J.: Teil III Zusätzliche Leistungen […]. 1996, S. 882) Entscheidend ist die Art der vereinbarten Leistung. So heißt es sinngemäß auch in einem Urteil des OLG Düsseldorf: „Werden in einem Projektsteuerungsvertrag in erster Linie Beratungs-, Informations- und Koordinierungsleistungen übertragen, so handelt es sich um einen Dienstvertrag.“ (Urteil des OLG Düsseldorf 1998 – 5 U 182/98) Die Diskussion, ob es sich bei der Projektsteuerung um einen Dienst- oder Werkvertrag handelt, wird seitdem immer wieder aufgegriffen. In vielen Fällen werden Projektsteuerungsverträge als Werkverträge interpretiert. Zu dieser grundsätzlichen Frage können Anhaltspunkte gegeben werden. Für einen Dienstvertrag sprechen – Leistungsbild nach AHO Heft 9 Mai 2014, – Beratungs-, Koordinierungs- und Steuerungsleistungen als wesentliche Aufgabe. Um einen Werkvertrag handelt es sich, wenn – Erfolgshonorare, z. B. in Bezug auf die Einhaltung von Kosten- und Terminvorgaben, vereinbart werden, – gleichzeitig die Übernahme auch nur einzelner HOAI-Leistungen, z. B. von Kostenermittlungen, der vollständigen Terminplanung, der Objektüberwachung (Bauüberwachung) oder der technischen Abnahme von Bauleistungen, erfolgt. Auftraggeber und Projektsteuerer müssen sich, um falsche Erwartungen oder ggf. einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden, darüber klar werden, was ein Projektsteuerer überhaupt leisten kann. Dies gilt v. a. dann, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass er den Bauherrn zwar in vielfältiger Weise unterstützt, z. B. durch Beratungsleistungen, nicht aber ohne Wei-
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
133
teres die dem Bauherrn – in seiner Eigenschaft als Projektleiter – vorbehaltenen Entscheidungen treffen und Weisungen gegenüber den weiteren Projektbeteiligten erteilen darf. Letztere sind für den Projekterfolg ausschlaggebend. Viele Bauherren erwarten – häufig stillschweigend –, bei der Beauftragung einer Projektsteuerung eine Projektleitung zu erhalten. Viele Anbieter von Leistungen des Projektmanagements erklären sich – zumindest bei ihren Bemühungen um einen Auftrag – zur Übernahme der Projektleitung in der Lage. Die schwierigen Fragen von Garantien und Haftung werden zu diesem Zeitpunkt sehr häufig nicht mit der erforderlichen Sorgfalt besprochen. Es muss dann gefragt werden: – Unter welchen Bedingungen können vom Auftraggeber gesetzte Zielvorgaben, z. B. die Einhaltung einer Kostenobergrenze, überhaupt eingehalten werden? – Welchen Anspruch könnte ein Auftraggeber gegenüber einem Projektmanager im Fall einer erheblichen Abweichung durchsetzen, wenn z. B. das Kostenziel für ein Projekt um ein Mehrfaches der Honorarsumme für das Projektmanagement überschritten wird? Übernimmt ein Auftragnehmer die im Grunde dem Bauherrn obliegende Projektleitung, so sind neben den zu erteilenden Vollmachten, z. B. im Rahmen eines Werkvertrags, auch der zumutbare Umfang der Haftung zu klären. Wird ein Teil der Bauherrenaufgaben an einen Generalplaner beauftragt, welcher dann allerdings dem Umfang einer Projektsteuerung nicht voll entspricht, dann ist das Projektmanagement üblicherweise Teil des Architekten- und Ingenieurvertrags und damit eines Werkvertrags, welcher durch den überwiegenden Teil der Architekten- und Ingenieurleistungen bestimmt wird. Im Einzelfall ist die Frage des Vertrags und der Haftung unter Mitwirkung eines im Bauwesen kundigen Juristen zu klären. Leistungen im Projektmanagement unterliegen sowohl einem Leistungswettbewerb als auch einem Preiswettbewerb, da Leistungsbild und Leistungsumfang individuell geregelt werden können und keine verbindliche Honorarordnung als Preisverordnung besteht. Im Unterschied dazu besteht – ein Leistungswettbewerb für Architekten- und Ingenieurleistungen bei Beachtung der Honorarordnung sowie – ein Preiswettbewerb für Bauleistungen auf der Grundlage einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Eine Vereinbarung der Vergütung von Leistungen im Projektmanagement kann nur dann für beide Parteien ohne größeres Risiko erfolgen, wenn ein entsprechendes Leistungsbild zugrunde gelegt wird. In der Vergangenheit war der § 31 HOAI diesbezüglich keine große Hilfe, da das Leistungsbild nur wesentliche Teilleistungen enthielt und eine Vergütung nicht geregelt war. Auch wenn nach § 2 Leistungsbild Projektsteuerung nach AHO wesentlich differenzierter ist, bleibt sowohl die individuelle Leistungsbeschreibung als auch die entsprechende Regelung der Vergütung Aufgabe der Parteien.
134
3.4.2
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Honorierung der Projektsteuerung und verwandter Leistungen
Dem Verordnungsgeber der HOAI 1977 fehlten die notwendigen Erfahrungen in Bezug auf die Vergütung der Projektsteuerung, um für den § 31 Projektsteuerung eine Festlegung zu treffen. Deswegen heißt es dort auszugsweise in Absatz 2: „Honorare für Leistungen bei der Projektsteuerung […] können frei vereinbart werden.“ (HOAI 1977) Es kommt hinzu, dass dieses neue Leistungsbild aus lediglich acht Leitungspunkten bestand und nicht nur aus heutiger Sicht, sondern auch schon damals als unzureichend anzusehen war. Es war deshalb in der Praxis den Parteien weitgehend selbst überlassen, wie ein im vertraglichen Sinne angemessenes Leistungsbild aussehen sollte und auf welchem Wege die Vergütung zu vereinbaren wäre. Vor allem in den 1990er-Jahren, nach der deutschen Wiedervereinigung, wurden umfangreich Leistungen der Projektsteuerung beauftragt. Die seinerzeit in der Praxis gesammelten Erfahrungen wurden in Heft 9 der Schriftenreihe des AHO „Untersuchungen zu Leistungsbild des § 31 HOAI und zur Honorierung für die Projektsteuerung“, erste Auflage November 1996, zusammengetragen. Wenn dieses auch keine Preisverordnung ist, so bildet sie doch die „übliche Praxis“ der Projektsteuerung grundsätzlich ab. Es sei noch erwähnt, dass der Ausschuss der Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) mit anerkannten Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft besetzt ist. Heft 9 wurde und wird, was Leistungsbilder, Strukturen und die grundsätzlichen Verfahren der Honorarermittlung angeht, von gewerblichen wie öffentlichen Auftraggebern in hohem Maße respektiert. Das bedeutet nicht, dass über die Höhe eines danach ermittelten Honorars (Verrechnungssätze, Honorarzonen, Honorartafel) nicht verhandelt würde. Die Ermittlung des Honorars nach „anrechenbaren Kosten“ (ohne KG 110, 710 und KG 760 nach DIN 276) wird bereits in der ersten Fassung von AHO Heft 9 als eine Möglichkeit vorgestellt. Andere Wege der Honorarfindung, z. B. nach Aufwandswerten (Personaleinsatz) oder eine Pauschalvereinbarung werden in der Praxis von Anfang an ebenfalls angewendet. Insofern ist es folgerichtig, wenn im Einzelfall eine Honorarermittlung auf unterschiedlichen Wegen durchführt wird, um daraus eine für die Parteien nachvollziehbare Größenordnung für die Vergütung abzuleiten. Das ist in der Praxis sowohl bei der Angebotskalkulation wie auch bei der Vertrags- und Preisverhandlung absolut üblich. Oft kann der Bewerber nur so dem Auftraggeber seine Leistungen und ihren Preis ausreichend erläutern, Für die Leistungen des Projektmanagements werden nach AHO Heft 9 von Anfang an die „anrechenbaren Kosten“ als eine Grundlage für die Honorierung der Projektsteuerung herangezogen. Die werden allerdings anders ermittelt als in der HOAI. Denn der Projektsteuerer „plant und überwacht“ auch die Leistungen der Architekten und Ingenieure sowie weitere Gegenstände, die in den Baunebenkosten (KG 700 nach DIN 276) ihren Niederschlag finden. Wenn ganz allgemein Leistungen erbracht wurden, ohne dass die Vergütung in Vorfeld geregelt wurde und diese schließlich strittig ist, wird vorzugsweise auf die „übliche“ Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB Bezug genommen. In einem Streitfall, bei dem der Verfasser als Gutachter hinzugezogen wurde, führte die Klägerin als übliche Vergütung für Leistungen der Projektsteuerung den Wert von 1,5 Prozent des Bauvolumens an.
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
135
Hierbei wurde Bezug genommen auf AHO Heft 9 November 1996. Denn man hatte dort über eine im Frühjahr 1995 durchgeführte Fragebogenaktion der AHO-Fachkommission zur Projektsteuerung von Hochbauten durchgeführt. Aus nur 30 zurückgesendeten Fragebögen konnten Daten zu 47 einschlägigen Projekten ausgewertet werden. „Die wesentlichen Auswertungsergebnisse waren: – Es werden im Regelfall nicht alle Projektstufen des Projektsteuerungsleistungsbildes beauftragt. Das gilt insbesondere für die Stufen 1 – Projektvorbereitung und 5 – Projektabschluss. – Es werden nicht alle Teilleistungen aus den Grundleistungen des Leistungsbildes beauftragt. – Die anrechenbaren Kosten der 47 ausgewählten Hochbauprojekte betrugen im Schnitt 56 Mio. DM. – Die erzielten Honorare betrugen im Durchschnitt 906 TDM. Als gewichteter Mittelwert ergab sich jedoch ein Honorar von 1,5 v. H. der anrechenbaren Kosten. Im Vergleich zu den Honorartabellen gem. § 206 (1) sind die erzielten Honorare häufig niedriger, teilweise jedoch auch deutlich höher.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 November 1996, S. 87). Die Kostenwerte können für den Zeitraum 1995 bis 2015 mit dem Faktor 0,65 auf Euro umgerechnet werden. Die Preissteigerung betrug bei einheitlicher Währung: 107,0/80,5 = 0,65. (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesamtwirtschaft[...]) Der Prozentwert, dessen Zustandekommen im zitierten Beitrag gründlich erläutert wurde, hat sich – und das ist keine Seltenheit – in den Köpfen vieler am Projekt Beteiligter festgesetzt. Er wurde in der Praxis zu einer Art Faustformel für eine erste grobe Einschätzung. Er kann aber in keinem Fall als eine „übliche“ Vergütung angesehen werden. Dazu sind die Daten zu gering und zu veraltet. Darüber hinaus gibt es auch keine „übliche“ Projektsteuerung. Die von den Auftraggebern erwartete Projektsteuerung ist vielgestaltig, sie unterliegt einem inzwischen harten Preis-Leistungswettbewerb auf dem Markt der Projektmanagementleistungen. Die Auftraggeber bestimmen den Vertrag, den Preis und auch die Leistungen. Möglichkeiten der Honorarermittlung für Projektmanagementleistungen Nach dieser kleinen Einführung in die Problematik der Preisfindung der Projektsteuerung bei unterschiedlicher Auslegung werden die Möglichkeiten der Honorarermittlung vorgestellt: – Honorarermittlung nach anrechenbaren Kosten – Honorarermittlung nach Aufwand – Pauschalierung des Honorars Es ist von Vorteil, das notwendige und auf das Projekt ausgelegte Leistungsbild in einer offenen Erörterung zusammen mit dem Auftraggeber herauszufinden. Auf dieser Grundlage kann das Honorar ermitteln werden, um es dann zu vereinbaren.
136
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Honorarermittlung nach anrechenbaren Kosten In Ermangelung einer Vergütungsregelung von Leistungen im Projektmanagement, speziell in der Projektsteuerung, wurden von einzelnen Autoren schon vor 1996 verschiedene Vorschläge gemacht. Viele dieser Vorschläge entsprechen in der Vorgehensweise grundsätzlich der Honorarermittlung für die Objektplanung (vgl. HOAI). Um eine Vergütung für Leistungen des Projektmanagements oder der Projektsteuerung nach den anrechenbaren Kosten vereinbaren zu können, ist es wie bei der Ermittlung eines Planungshonorars, z. B. für den Objektplaner, erforderlich, dass sowohl die anrechenbaren Kosten zumindest überschlägig als auch das Leistungsbild in den Grundzügen bekannt sind oder festgelegt werden können. Die älteste dem Verfasser bekannte Honorarfunktion zur Vergütung der Projektsteuerung entsprechend dem damals neuen Leistungsbild § 31 HOAI stammt von Pfarr, veröffentlicht im Jahre 1978. Sie sieht eine Vergütung über „prozentuale Projektkosten am Projektvolumen vor.“ Es werden Grenzen von etwa 2,4 bis 0,8 Prozent bei kleinem Projektvolumen von 2 Mio. DM bis rund 0,3 Prozent bei einem großen Projektvolumen von 100 Mio. DM gesetzt. (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie? 1978, S. 115) Ziel der AHO-Fachkommission Projektsteuerung in den 1990er-Jahren war es, ein umfassendes Leistungsbild sowie eine Regelung für die Honorierung dieser Leistungen aufzustellen. Von der ersten Auflage im November 1996 bis zur zweiten vollständig überarbeiteten und erweiterten Auflage im Januar 2004 bestand die Honorartafel zu § 207 (1) aus drei Teilen mit anrechenbaren Kosten von zunächst 1 Mio. DM (später 500 T€) bis zu 1 Mrd. DM (später 500 Mio. EUR) und entsprechenden Honorarwerten in fünf Zonen. Grundlage der Honorarwerte waren Honorarkurven ähnlich der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Die Honorarwerte waren im Grunde an die anrechenbaren Kosten gekoppelte Pauschalwerte. Diese Werte „hatten ihre empirische Bestätigung in gutachterlichen Untersuchungen der WIBERA Wirtschaftsberatung Düsseldorf zur Wirtschaftlichkeit und Organisation der Staatsbauverwaltung Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1983 gefunden.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 4) Vorteile der Vergütung auf der Basis anrechenbarer Kosten sind – die Nachvollziehbarkeit der Honorarfindung, – die Bekanntheit des Ermittlungsverfahrens, nämlich entsprechend HOAI, – die Möglichkeit der Beauftragung nach Projektstufen und – die Ermittlung der Honorarsumme zu Projektbeginn. Zu den Nachteilen zählen – die Erhöhung des Honorars bei Erhöhung der anrechenbaren Kosten und – der daraus verminderte Anreiz, die Projektkosten zu senken. Aufgrund des daraus entstehenden Konflikts kann das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer belastet werden. (vgl. Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen. 1996, S. 16)
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
137
Die Ermittlung des Honorars für die Projektsteuerung kann mithilfe der oben genannten Honorartafel (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, § 7) in den folgenden Schritten erfolgen: – Ermittlung der anrechenbaren Kosten (netto) des Projekts – Ermittlung der (Honorar-)Zone der Projektsteuerungsleistung – Ermitteln des Honorarwertes in der Honorartafel unter Berücksichtigung der Von-bisWerte für das vollständige Leistungsbild (Grundleistungen) – Ermittlung eines anteiligen Honorars, wenn lediglich einzelne oder mehrere Projektstufen oder einzelne oder mehrere Handlungsbereiche erbracht werden – Berücksichtigung von Besonderen Leistungen der Projektsteuerung, welche gesondert zu kalkulieren sind Im Unterschied zur HOAI, die die Leistungsbilder Gebäude und Innenräume, Freianlagen, Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen unterscheidet, gibt es in der AHO zunächst einmal das Leistungsbild Projektsteuerung. Herkömmlich liegt der Schwerpunkt der Projektsteuerung im Neubau von Hochbauten mit dem Trend zum Bauen im Bestand. Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke machen einen kleinen Teil der Projekte aus. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten des Projekts ist in „§ 5 Bemessung des Projektsteuerungshonorars nach anrechenbaren Kosten“ geregelt. Die anrechenbaren Kosten für Neubau, Umbau, Modernisierung und Instandhaltung werden – „sofern die Parteien nichts anderes bestimmen“ – nach anrechenbaren Kosten in der Gliederung nach DIN 276 ermittelt. Ähnlich wie bei den Honoraren nach HOAI wird nur das vergütet, was der Auftragnehmer „plant und überwacht“. Bei Architekten ist das die Planung und Überwachung eines Objekts. Gegenstand der Projektsteuerung sind zahlreiche Aufgaben in Bezug auf ein Projekt. Deshalb sind die anrechenbaren Kosten für die Projektsteuerung im Grundsatz umfangreicher, es gehören auch die Architekten- und Ingenieurleistungen sowie weitere Anteile der Baunebenkosten dazu. So heißt es in § 5 Absatz 1, Ziffer a): „ […] Maßgeblich sind die Kostengruppen 100 bis 700 ohne 110, 710 und 760. Umsatzsteuer, die auf die Kosten von Bauvorhaben entfällt, ist nicht Bestandteil der anrechenbaren Kosten. Der Umfang der mitzuverarbeiten Bausubstanz ist angemessen zu berücksichtigen.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 24) Anders ausgedrückt: Grundstückswert (KG 110), Bauherrenaufgaben (KG 710), die ja auch die Projektsteuerung (KG 713) enthalten können, und Finanzierungskosten (KG 760) sind nicht für die Projektsteuerung anrechenbar. Es gibt darüber hinaus ggf. Teile des Projekts, an denen die Projektsteuerung nicht beteiligt ist, das kann z. B. die Ausstattung (Möblierung) des Gebäudes sein (siehe Kap. 6). Damit sind die anrechenbaren Kosten nach AHO zur Ermittlung der Honorierung der Projektsteuerung deutlich höher (ca. 15 bis 20 Prozent bei Neubauten) als z. B. die anrechenbaren Kosten des Objektplaners. Im Zuge der Überarbeitung von AHO Heft 9 im Jahr 2014 wurden die Honorartafelwerte erstmalig nach zehn Jahren um 10 Prozent angehoben. Es wird dort folgende Begründung angeführt: „Die Anpassung berücksichtigt einerseits die Indexentwicklung in den Bürokosten und andererseits die zwischenzeitlich durchgeführten Leistungsergänzungen seit dem Jahre 2004, die in den Vorworten der jeweiligen Auflage des Heftes abgedruckt sind.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 5)
138
3 Projektleitung und Projektsteuerung
anrechenbare Kosten
Honorare in Prozent (Mittelwerte der Von-bis-Werte) Zone I Zone II Zone III Zone IV Zone V
500.000
4,02
5,04
6,22
7,21
8,22
1.000.000
3,61
4,51
5,56
6,44
7,35
2.000.000
3,19
3,99
4,91
5,68
6,48
5.000.000
2,64
3,29
4,04
4,67
5,33
10.000.000
2,22
2,76
3,38
3,91
4,46
20.000.000
1,81
2,23
2,73
3,15
3,59
30.000.000
1,57
1,93
2,34
2,70
3,08
40.000.000
1,39
1,71
2,07
2,38
2,72
50.000.000
1,26
1,54
1,86
2,14
2,44
100.000.000
1,13
1,37
1,67
1,92
2,18
200.000.000
1,00
1,22
1,49
1,71
1,95
300.000.000
0,93
1,14
1,38
1,59
1,81
400.000.000
0,88
1,07
1,31
1,50
1,72
500.000.000
0,84
1,03
1,25
1,44
1,64
Abb. 3.11: Honorare für die Projektsteuerung nach AHO § 7 in Prozent. (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 30–32, gekürzt und umgerechnet)
Der § 7 wird durch drei Honorartafeln ergänzt. Die darin berücksichtigten anrechenbaren Kosten reichen von einer halben Mio. € bis zu 500 Mio. €. Ähnlich den Honorartafeln der HOAI liegen den Tafeln degressive Honorarfunktionen zugrunde, aus denen sich bei geringeren anrechenbaren Kosten höhere und bei höheren anrechenbaren Kosten geringere Honorare ergeben. Dies gilt für jede (Honorar-)Zone in gleicher Weise. Um das Verhältnis von Honorar zu anrechenbaren Kosten und die sich aus den (Honorar-) Zonen ergebenden Unterschiede verdeutlichen zu können, hat sich der Verfasser erlaubt, die Honorartafeln zusammenzufassen, auf nur noch 14 Werte für die anrechenbaren Kosten zu kürzen und die Honorarwerte in jeweils einen Prozentwert umzurechnen. Dafür wurden aus den Von-bis-Werten Mittelwerte errechnet. Das Ergebnis ist somit denkbar einfach zu lesen (siehe Abb. 3.11). Die Honorarwerte reichen von 8,22 Prozent bei sehr kleinen Projekten (eine halbe Mio. €) mit sehr hohen Projektsteuerungsanforderungen einerseits bis zu 0,84 Prozent bei sehr großen Projekten mit sehr geringen Projektsteuerungsanforderungen andererseits. Ähnlich wie in der HOAI werden auch für die Honorierung der Projektsteuerung (Honorar-) Zonen unterschieden. Die Kriterien für die Bewertung der Anforderungen an eine Projektsteuerung unterscheiden sich von denen in der HOAI. Das ergibt sich aus den unterschiedlichen Aufgaben und ist möglicherweise einem nicht fachkundigen Auftraggeber gar nicht so einfach zu erklären.
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
139
Als grobes Raster der Unterscheidung dienen verbale Bewertungen in fünf Stufen wie sehr geringe, geringe, durchschnittliche, überdurchschnittliche und sehr hohe Projektsteuerungsanforderungen. Diese werden wiederum allesamt in sechs Merkmale unterteilt, deren Gewichtung unterschiedlich ist: – Komplexität der Projektorganisation (bis zu 10 Punkte) – spezifische Projektroutine des Auftraggebers (bis zu 10 Punkte) – Besonderheiten in den Projektinhalten (bis zu 10 Punkte) – Risiko bei der Projektrealisierung (bis zu 10 Punkte) – Terminanforderungen oder Anforderungen an die Termineinhaltung (bis zu 5 Punkte) – Kostenanforderungen oder Anforderungen an die Budgeteinhaltung (bis zu 5 Punkte) Projekte mit bis zu 10 Punkten sollen der Honorarzone I und Projekte mit über 41 Punkten sollen der Honorarzone V bei maximal 50 Punkten zugeordnet werden. Die Ausprägungen zumindest von Komplexität und Projektroutine (fachkundiger Bauherr) bedürfen noch der Erörterung. Auf Komplexität wurde schon in Kapitel 1 eingegangen. In Kürze sollen hier einige Beispiele für Komplexität ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt werden: – Der Auftraggeber setzt sich aus zahlreichen Institutionen zusammen. – Die Politik und die Öffentlichkeit beteiligen sich aktiv am Projektgeschehen. – Die Nutzeranforderungen sind nicht vollständig oder werden geändert. – Der Anteil der Technischen Ausrüstung ist hoch und innovativ. – Bauen im Bestand, ggf. sogar bei laufendem Betrieb Werden nicht alle Projektstufen beauftragt, kann die Projektsteuerung nach Projektstufen aufgeteilt werden. Abbildung 3.12 zeigt die Projektstufen im Verhältnis zu den Leistungsphasen der HOAI 2013 und die Bewertung der Honoraranteile. Projektstufen
Bewertung der Grundleistungen in Prozent des Grundhonorars nach § 7
1
Projektvorbereitung (inkl. Grundlagenermittlung)
19
2
Planung (Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung)
21
3
Ausführungsvorbereitung (Ausführungsplanung, Vorbereiten der Vergabe und Mitwirken bei der Vergabe)
22
4
Ausführung (Objektüberwachung und Dokumentation)
30
5
Projektabschluss (Objektbetreuung)
Summe Abb. 3.12: Honoraranteile für die Grundleistungen der Projektsteuerung in Prozent. (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 28)
8 100
140
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Anmerkung: Die anteilige Vergütung für die Grundleistungen einzelner Projektstufen wurde 2014 im Vergleich zu vorangegangenen Fassungen – zuletzt 2009 – zum Teil erheblich verändert. Ein Grund war die 7. Novelle der HOAI im Jahr 2013. Vor allem das Leistungsbild der Objektplanung Gebäude und Innenräume (Anlage 10 (zu § 34 Absatz 4, § 35 Absatz 7), HOAI 2013), aber auch andere Leistungsbilder wurden erweitert und die Vomhundertsätze der Leistungsphasen wurden neu bewertet (vgl. HOAI 2009). Die AHO-Fachkommission musste bei Neufassung von Heft 9, Mai Jahr 2014 die Veränderungen der HOAI berücksichtigen, um Doppelungen z. B. bei der Terminplanung zu vermeiden, die in den Leistungsbildern der Objektplanung inzwischen umfangreich geworden ist. Die Grundleistungen der Projektsteuerung sollen vorzugsweise in allen Handlungsbereichen und Projektstufen beauftragt werden. In begründeten Fällen können aber auch nur Teilleistungen der Projektsteuerung Gegenstand des Vertrags sein. Dabei kann es sich um einzelne Projektstufen, aber auch um einzelne Handlungsbereiche handeln. Bei der Ermittlung der Vergütung von Einzelleistungen soll der Aufwand für die Einarbeitung und die laufende Informationsbeschaffung berücksichtigt werden. Zur Bewertung des Honorars bei Teilleistungen der Projektsteuerung als Einzelleistung soll die Vergütung nach § 6 Abs. 3 AHO 2014 wie folgt ermittelt werden: „Werden nicht alle Handlungsbereiche der Projektsteuerung übertragen, sondern ausschließlich die nachfolgenden Kombinationen von einzelnen Handlungsbereichen, so mindert sich das Honorar für die Grundleistungen gemäß Honorartafel nach § 7 Abs. 5 um folgende Prozentsätze: – nur Handlungsbereiche Organisation und Verträge (A + E)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Kosten und Termine (C + D)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Qualitäten und Kosten (B + C)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Qualitäten und Termine (B + D)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Qualitäten und Verträge (B + E)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Kosten und Verträge (C + E)
um 25 %
– nur Handlungsbereiche Qualitäten (B)
um 40 %
– nur Handlungsbereich Kosten (C)
um 40 %
– nur für Handlungsbereich Termine (D)
um 40 %
– nur für Handlungsbereich Verträge und Versicherungen (E)
um 40 %“
Weitere Gründe für die Veränderung der Honorierung werden die Leistungsbilder (Bauherrenaufgaben, Planung) oder Unternehmenseinsatzformen (Bauausführung, teilweise in Verbindung mit Planung) der anderen am Projekt Beteiligten gesehen. Das können sein: – Einsatz eines Projektcontrolling und einer (reduzierten) Projektsteuerung – Einsatz eines Generalplaners und einer (reduzierten) Projektsteuerung – Einsatz eines Totalunternehmers (auch Schlüsselfertiganbieter) bei einer (reduzierten) Projektsteuerung
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
141
Honorarermittlung nach Aufwand Alternativ kann das Honorar für Leistungen im Projektmanagement, speziell auch im Bereich der Projektsteuerung, nach dem tatsächlichen oder dem geschätzten Aufwand ermittelt werden. Besteht die Absicht, die Vergütung nach dem Aufwand zu vereinbaren, sind einige Voraussetzungen zu prüfen, denn diese Art der Berechnung soll nur erfolgen, wenn – die Leistung nicht genau beschrieben werden kann, – der Leistungsumfang nicht bekannt ist, – es sich um eine weisungsgebundene, unterstützende Leistung handelt und – der Einsatz kurzzeitig erfolgt. Es sind Stundensätze oder Mann-Monatssätze der Mitarbeiter, ihre Qualifikationen, Einsatzzeiten und Einsatzort, Nebenkosten und eine Regelung zur Preisgleitung festzulegen. Von Vorteil sind – die Bindung der Leistungen an Personen, die meistens beim Auftraggeber eingesetzt werden, – die Kontrollierbarkeit sowie – die individuelle Dispositionsmöglichkeit. Zu den Nachteilen zählen – anfangs nicht bekannte Kosten, – ein hoher Verwaltungsaufwand sowie – fehlende Verantwortung für die Vollständigkeit der Leistung und ungenügende Kalkulierbarkeit. Es besteht ferner die Gefahr, dass die Höhe der Vergütungssätze nicht angemessen ist und dass die Kosten überschritten werden. (vgl. Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen. 1996, S. 16) Hierzu werden in AHO Heft 9 Mai 2014 Angaben gemacht. Die im Zusammenhang mit § 9 enthaltene Tabelle beinhaltet Tagesverrechnungssätze für Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationen für projektbezogene Einsatzzeiten (siehe Abb. 3.13). Die Verrechnungssätze enthalten nicht die Mehrwertsteuer und projektspezifische Nebenkosten. Diese sind nach § 10 Nebenkosten gesondert zu vereinbaren. Funktion
Monatsverrechnungssatz
Projektleiter/-in
16.500–18.800 €/Mon.
Projektbearbeiter/-in
12.500–14.500 €/Mon.
Technisch-wirtschaftliche/-r Mitarbeiter/-in Abb. 3.13: Monatsverrechnungssatz für Mitarbeiter nach AHO. (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 34)
8.400–10.500 €/Mon.
142
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Gegenüber 2004 sind die Monatsverrechnungssätze um 5 bis 10 Prozent angehoben worden. Die Verbraucherpreise sind im Zeitraum 2004 bis 2014 um rund 17 Prozent gestiegen, ermittelt aus den Indexwerten 106,7/91,1 = 1,17 (www.destatis.de[...]). In der gleichen Zeit hat sich aber auch der Preiswettbewerb auf dem Markt für Leistungen des Projektmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft erkennbar verschärft. Die Zahl der Anbieter ist deutlich gewachsen. Beispiel: Kosten eines Projektsteuerungsteams Der Auftragnehmer soll eine Schätzung des personellen Aufwands vornehmen und gegenüber dem Auftraggeber erläutern. Dies kann beispielsweise wie folgt aussehen: Die Projektsteuerung eines größeren komplexen Bauprojekts kann z. B. den Einsatz eines Projektsteuerungsteams erfordern, bestehend aus: – dem leitenden Projektsteuerer, Dipl.-Ing. Architekt oder Bauingenieur mit zehn Jahren einschlägiger Berufserfahrung, und – zwei Mitarbeitern mit grundsätzlich gleichwertiger Qualifikation, z. B. Wirtschaftsingenieur mit mindestens fünf Jahren einschlägiger Berufserfahrung. Die Gruppe wird durch ein Sekretariat vor Ort oder durch das Stammhaus im Bereich von Organisations-, Schreib- und Dokumentationsaufgaben und der EDV unterstützt. Die Brutto-Gehälter der Mitarbeiter dieser Gruppe werden wie folgt angenommen: leitender Projektsteuerer
:
rund 72.000,– € p. a.
Mitarbeiter
:
rund 60.000,– € p. a.
Mitarbeiter
:
rund 48.000,– € p. a.
Zusammen
:
rund 180.000,– € p. a.
(siehe Kalkulation Abb. 3.14)
Alle weiteren Kosten können entsprechend der nachfolgenden Kalkulation für den leitenden Projektsteuerer ermittelt werden. Es ergeben sich dann für das Projektsteuerungsteam rund 533.000,- € durchschnittliche jährliche Gesamtkosten, vereinfacht wurde eine gleichmäßige Auslastung unterstellt. Bei einer Projektdauer von fünf Jahren summieren sich die Kosten auf rund 2,665 Mio. €. Ein Projekt mit durchschnittlichen Projektsteuerungsanforderungen (Zone III), anrechenbaren Kosten von rund 180 Mio. € und Einigung auf einen Vomhundertsatz in Höhe von 1,50 Prozent wird für den Auftragnehmer Kostendeckung erwarten lassen. Beispiel: Kalkulation für den leitenden Projektsteuerer Eine wesentliche Grundlage des Preisangebots für Leistungen des Projektmanagements ist die Selbstkostenkalkulation. Entscheidend sind dabei die Personalkosten. Die Fachkommission Projektsteuerung des Ausschusses für Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e. V. (AHO) stellt mit dem AHO-Stundensatzrechner (siehe Abb. 3.14) eine einfache Kalkulationshilfe zur Verfügung. Der AHO führt in Verbindung mit dem Institut für Freie Berufe Nürnberg (IFB) jährlich einen Bürokostenvergleich durch. Im Zuge dieses Bürokostenvergleichs wird auch der Gemeinkostenfaktor ermittelt.
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
143
Mit dem Bürokostenvergleich werden auch die Gemeinkostenfaktoren nach Bürogrößen festgestellt: Sie liegen zwischen dem Faktor 3,22 für allein arbeitende Freiberufler, dem Faktor 2,67 für eine mittlere Bürogröße (11–50 Personen) und einem Faktor von 3,10 für große Ingenieurunternehmen (über 100 Personen). Die Berechnungsbasis der hier ausgewiesenen Faktoren ist ohne Leistungen an Dritte ermittelt worden. Die Beispielrechnung wird für einen leitenden Projektsteuerer mit einem Brutto-Jahresgehalt in Höhe von 72.000 € durchgeführt. Der Gemeinkostenfaktor beträgt 3,20 für ein Ingenieurbüro mittlerer Größe (11–50 Personen). AHO – Stundensatzrechner (mit einer Beispielrechnung des Verfassers) Monatsgehalt (Brutto)
5.600,00 €
Weihnachtsgratifikation
2.800,00 €
Sonderzahlungen
2.000,00 €
Jahresgehalt
72.000,00 €
/12 = 6.000,00 €
AHO-Gemeinkostenfaktor inkl. 10 Prozent Unternehmerbedarf, ohne Leistungen an Dritte. Es wurde hier eine Bürogröße von 6 bis 10 Personen gewählt.
1 Person
2,70
0€
2–5 Personen
2,91
0€
6–10 Personen (x)
2,96
17.760,00 €
11–50 Personen
3,20
0€
> 50 Personen
2,92
0€
10,50 Mo
gerundet 20.297,00 €
169,00 h/Mo
gerundet 120,00 €
Verrechnungssatz (Deckungsstundensatz)
Projektmonat bei: Stundensatz bei:
Kostenangaben sind Nettowerte (o. MwSt.) in €, Kostenstand 1. Quartal 2016 Anmerkung: Eine ähnliche Ermittlung findet sich noch einmal in Kapitel 7.2. Abb. 3.14: Stundensatzkalkulation leitender Projektsteuerer. (http://www.aho.de/hoai/weg1.php3 vom 29.02.2016)
144
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Folgende weitere Größen werden im Kalkulationsschema angesetzt: –
10 Prozent Unternehmerbedarf: Dieser Beaufschlagungsprozentsatz des Unternehmerbedarfs (Wagnis + Gewinn) ist in Abhängigkeit der Projektdurchführungsrisiken in Höhe von 10 v. H. in den GFK berücksichtigt (laut dem Bürokostenvergleich beträgt das durchschnittliche Wagnis ca. 5,5 v. H.).
–
Monats- und Stundensatzkalkulation: In den Faktoren ist die erhöhende Wirkung der Netto-Arbeitszeiten nicht berücksichtigt. Es wird einer Jahresarbeitszeit im Umfang von 10,5 Monaten (= 12 Monate abzüglich 30 AT Urlaub) und 169 Arbeitsstunden im Monat (= 4,33 Wochen/Monat x 39 Std./Woche) ausgegangen. (vgl. http://www.aho.de/hoai/praxishilfe.php3) Die Verrechnungssätze für den leitenden Projektsteuerer betragen somit 17.760,00 €/Monat (gerundet 18.000 €/Monat) und ca. 120,00 €/Stunde oder 960,00 €/Arbeitstag. Diese einfache Ermittlung kann eine Kosten- und Leistungsberechnung im Büro nicht ersetzen. Pauschalierung des Honorars Die Pauschalierung der Honorierung der Vergütung für Leistungen des Projektmanagements (Projektleitung oder Projektsteuerung) sollte nur dann vereinbart werden, wenn – das Leistungsbild bekannt ist, – der Leistungsumfang bekannt ist, – der Auftragnehmer eine umfassende und in sich abgeschlossene Leistung erbringt. Kritisch ist die Pauschalvergütung insbesondere im Fall einer sehr langen Projektdauer und beim Risiko von Änderungen des Projekts oder der Bearbeitungszeit zu sehen. Von Vorteil bei einer Pauschalierung sind – die Festlegung der Honorarsumme bei Projektbeginn, – die Möglichkeit der Honorarermittlung über den geschätzten Aufwand oder auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten, – die Verantwortung des Auftragnehmers für den vollen Leistungsumfang und – die Möglichkeit der Beauftragung nach Projektstufen. Als Nachteile stehen entgegen – die zeitaufwendige Vorbereitung durch Ermittlungen und Vertragsgespräche, – die notwendige Berücksichtigung eventueller Leistungsänderungen und – die Abhängigkeit des Auftragnehmers vom Auftraggeber und anderen Projektbeteiligten in Bezug auf seine Verantwortung und deren Arbeitsqualität. (vgl. Borchardt, H.: Vergütung von Projektsteuerungsleistungen. 1996, S. 17)
3.4 Projektmanagementverträge und -honorierung
145
Honorierung der Projektleitung Unter besonderen Umständen kann ein externer Fachmann auch als Projektleiter eingesetzt werden. Dies ist erforderlich, wenn aufseiten des Bauherrn niemand bereit oder in der Lage ist, die unzweifelhaft schwierige Aufgabe der Projektleitung zu übernehmen. Auf die rechtzeitige Klärung der notwendigen Vollmachten und der Haftung ist dann in besonderem Maße zu achten. Der Aufwand des Bauherrn kann in die Projektleitung und in die delegierbaren Bauherrenaufgaben in Form der Projektsteuerung zerfallen. Einerseits sind brauchbare Auswertungen über den Aufwand des Bauherrn bzw. der Projektleitung kaum verfügbar, andererseits steht über den delegierbaren Teil, also die Projektsteuerung, mehr an Information zur Verfügung. Über Rückschlüsse lässt sich der Aufwand des Bauherrn für die verbleibende Projektleitung ermitteln. Zur Bewertung der Projektleitung, die in besonderen Fällen auch an Dritte vergeben wird, kann herangezogen werden: „§ 4 Honorierung von Projektmanagementleistungen (1) Die Vertragsparteien sind hinsichtlich der Honorierung von Projektmanagementleistungen grundsätzlich frei und können diese eigenverantwortlich regeln. Soweit die Vertragsparteien auf diese Leistungs- und Honorarordnung Bezug nehmen, gelten die nachfolgenden Bestimmungen für die Ermittlung des Projektmanagementhonorars. […] (4) Die nachfolgend geregelten Pauschalhonorare nach anrechenbaren Kosten betreffen die Projektsteuerungsleistungen (§ 2). Sofern der Auftraggeber Projektleitungsaufgaben (§ 3) überträgt, sind diese gesondert zu vergüten. Wird dem Auftragnehmer das Leistungsbild Projektleitung des § 3 ergänzend zur Projektsteuerung übertragen, erhält der Auftragnehmer, vorbehaltlich einer anderweitigen Bestimmung der Vertragsparteien, 50 % des Honorars für die Projektsteuerungsleistungen zusätzlich vergütet.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 23–24) Daraus wird gefolgert: Der Umfang der Bauherrenaufgaben lässt grob sich in ein Drittel Aufwand für Projektleitung und zwei Drittel Aufwand für Projektsteuerung aufteilen. Ein höherer Aufwand aufseiten des Bauherrn trotz Projektsteuerung ist dann zu rechtfertigen, wenn innerhalb der Bauherrenorganisation eine Vielzahl von schwierigen Aufgaben zu lösen ist wie z. B. die Koordination zahlreicher Nutzeranforderungen oder die Integration bestehender komplexer technischer Systeme in die Planung der neuen Anlagen. Untersuchungen des Verfassers zum Aufwand für Bauherrenaufgaben in der Praxis ergeben teilweise sehr hohe Werte. In vielen Fällen betragen die Kosten der Bauherrenaufgaben bei um 3 bis 5 v. H. der anrechenbaren Kosten (vgl. § 5 AHO) oder zwischen einem Viertel bis zu einem Drittel der Kosten für die Honorare der Architekten- und Ingenieurleistungen (KG 730 nach DIN 276) bei Neubauten. In Kapitel 3.2 war das Projektcontrolling vorgestellt worden. Eine Abgrenzung zwischen den Aufgaben der Bauherren und der Planer ist hierbei v. a. in der Praxis meist nicht gegeben. Handelt es sich um delegierte Bauherrenaufgaben, so kann eine Vergütung wie bei der Projektsteuerung erfolgen. Es liegt dann meist eine Teilleistung mit dem Schwerpunkt im Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung vor. Vergleiche in AHO Heft 9 Mai 2014 den § 6 Teilleistungen der Projektsteuerung als Einzelleistung.
146
3 Projektleitung und Projektsteuerung
Zur Geschichte der Vergütung von Bauherrenaufgaben Bauherrenaufgaben waren natürlich auch schon vor dem uns heute geläufigen Verständnis des Projektmanagements und der detailliert beschriebenen Bauherrenaufgaben erforderlich. Beschreibungen und Ermittlungen hierzu sind zumindest dem Verfasser bisher nur in geringem Umfang bekannt. Erwähnenswert ist die folgende Quelle: Als „Kosten der Verwaltungsarbeiten des Bauherrn oder einer betreuenden Stelle [...]“ enthielt die Verordnung über Wirtschaftlichkeits- und Wohnflächenberechnung für neu geschaffenen Wohnraum (Berechnungsverordnung), Fassung vom August 1963 (abgekürzt BVO) die folgende Tabelle, ähnlich den heutigen Honorartafeln. „Nach § 8 der II. BVO dürfen im Wohnungsbau die Kosten der Verwaltungsleistungen des Bauherrn für Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens höchstens mit folgenden Beträgen angesetzt werden, sofern er diese Leistungen auf Grund seines Berufes – z. B. als Architekt – im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit und bei Ausführung durch Dritte erbringt“ (Mittag, M.: Normengerechtes Bauen. 1971, S. 20) (siehe Abb. 3.15). Verwaltungskosten in % der Baukosten ohne Baunebenkosten Baukosten
Verwaltungskosten
bis
50 000 DM
3,00 %
bis
100 000 DM
2,75 % (mind. 1 500 DM)
bis
200 000 DM
2,50 % (mind. 2 750 DM)
bis
350 000 DM
2,25 % (mind. 5 000 DM)
bis
550 000 DM
2,00 % (mind. 7 875 DM)
bis
800 000 DM
1,75 % (mind. 11 000 DM)
bis
1 100 000 DM
1,50 % (mind. 14 000 DM)
bis
1 500 000 DM
1,25 % (mind. 16 500 DM)
über
1 500 000 DM
1,00 % (mind. 18 750 DM)
Abb. 3.15:
Verwaltungskosten des Bauherrn nach II. BVO August 1963.
„Diese %-Sätze erhöhen sich um je 0,5 % in jedem der nachfolgenden Einzelfälle a) bei Eigenheimen, Eigentumswohnungen, Eigensiedlungen, b) wenn besondere Maßnahmen der Bodenordnung notwendig sind, c) wenn besondere Verwaltungsschwierigkeiten auftreten. Die %-Sätze erhöhen sich um 1,5 %, wenn bei Familienheimen Selbsthilfe von mehr als 10 % der Baukosten geleistet wird. Bauherren, welche die Verwaltungsleistungen nicht auf Grund der oben genannten Voraussetzungen erbringen, dürfen nach der II. BVO nur die Hälfte dieser Sätze geltend machen.“ (Mittag, M.: Normengerechtes Bauen. 1971, S. 21)
4
Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
In den Abbildungen 4.1 bis 4.5 werden Teilleistungen des Projektmanagements genannt, wie sie im „Leistungsbild und Honorierung – Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ für den Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation in der vierten Auflage, AHO Heft 9 Mai 2014, dargestellt sind. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 1. Projektvorbereitung 1 Entwickeln, Abstimmen und Dokumentieren der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung 2 Entwickeln und Abstimmen der Grundlagen für die Planung der Planung 3 Mitwirken bei der Festlegung der Projektziele und der Dokumentation der Projektvorgaben 4 Vorschlagen und Abstimmen der Kommunikationsstruktur des Informations-, Berichts- und Protokollwesens 5 Vorschlagen und Abstimmen des Entscheidungsmanagements 6 Vorschlagen und Abstimmen des Änderungsmanagements 7 Mitwirken beim Risikomanagement 8 Mitwirken bei der Auswahl eines Projektkommunikationssystems
Besondere Leistungen 1 Koordination von speziellen Organisationseinheiten des Auftraggebers 2 Erstellen von Vorlagen und besondere Berichterstattung in Auftraggeber- und sonstigen Gremien 3 Einrichten eines eigenen Projektkommunikationssystems 4 Erstellen der aufbau- und ablauforganisatorischen Grundlagen zur Planung, übergreifenden Überwachung und Steuern von mehreren verknüpften Projekten (Programme, Projektportfolios) Konzipieren, Vorbereiten und Abstim5 men von Risikomanagementsystemen mit besonderen Anforderungen Mitwirken bei den Vorbereitungen be6 sonderer behördlicher Genehmigungsverfahren (z. B. Planfeststellungsverfahren) Erstellen eines Konzepts zur Erfassung 7 aller betroffenen Dritten und der relevanten Öffentlichkeit sowie deren Beteiligung im weiteren Projektablauf
Abb. 4.1: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (1). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13)
148
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Das sind die aktuellen Standarddefinitionen, die vom Ausschuss der Verbände und Kammern der Architekten und Ingenieure für die Honorarordnung e. V. erarbeitet wurden. In der Praxis werden sowohl die Leistungen als auch die Vergütung des Projektmanagements, insbesondere die Projektsteuerung, verhandelt. Die Untersuchungen des AHO Heft 9 Mai 2014 bilden eine gemeinsame Grundlage mit hoher Akzeptanz sowohl bei den Auftraggebern als auch Auftragnehmern. Es handelt sich hierbei im Unterschied zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht um eine Preisverordnung, sondern um eine Empfehlung der AHO-Fachkommission. Im Kapitel 4 und in den folgenden Kapiteln 5 bis 8 werden die Leistungsordnungen des jeweiligen Handlungsbereichs, insgesamt A bis E, vorangestellt. Diese Struktur bietet einen Ausblick auf entsprechende Verfahren und Beispiele. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 2. Planung 1 Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung 2 Analysieren und Bewerten der Planungsprozesse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 3 Fortschreiben der Dokumentation der Projektvorgaben 4
Überprüfen und Umsetzen der Kommunikationsstruktur – regelmäßiges Informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 5 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 6 Umsetzen des Änderungsmanagements 7 Analysieren und Bewerten der Koordinationsleistungen des Objektplaners 8 Mitwirken beim Risikomanagement 9 Analysieren und Bewerten der ordnungsgemäßen Nutzung des Projektkommunikationssystems durch die Projektbeteiligten 10 Mitwirken bei der Herbeiführung der behördlichen Genehmigung
Besondere Leistungen 1 Vertreten der Planungskonzeption gegenüber der Öffentlichkeit unter besonderen Anforderungen und Zielsetzungen sowie bei mehr als fünf Erläuterungs- und Erörterungsterminen 2 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems 3 Umsetzen von Risikomanagementsystemen mit besonderen Anforderungen 4 Mitwirken bei der Einbeziehung zu beteiligender Dritter und der Öffentlichkeit bei der weiteren Projektrealisierung
Abb. 4.2: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (2). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 15–18)
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
149
Die in der Projektstufe 1 Projektvorbereitung des Handlungsbereichs A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation enthaltenen Aufgaben stellen eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines Projekts dar. Dazu gehören sämtliche Organisationsvorgaben und Regelungen für die Information der am Projekt Beteiligten. Diese beziehen sich auf die Kommunikation, teilweise unter Einsatz moderner Systeme, und die notwendige Dokumentation für die Übergabe des Objekts an den Nutzer. Die hierbei zu treffenden Regelungen und Standards werden Teil der Leistungsbilder der Auftragnehmer des Bauherrn. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 3. Ausführungsvorbereitung 1 Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung 2 Analysieren und Bewerten der Planungsprozesse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 3 Fortschreiben der Dokumentation der Projektvorgaben 4 Überprüfen und Umsetzen der Kommunikationsstruktur – regelmäßiges Informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 5 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 6 Umsetzen des Änderungsmanagements 7 Analysieren und Bewerten der Koordinationsleistungen des Objektplaners 8 Mitwirken beim Risikomanagement 9 Analysieren und Bewerten der ordnungsgemäßen Nutzung des Projektkommunikationssystems durch die Projektbeteiligten
Besondere Leistungen 1 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems 2 Umsetzen von Risikomanagementsystemen mit besonderen Anforderungen 3 Mitwirken bei der Einbeziehung zu beteiligender Dritter und der Öffentlichkeit bei der weiteren Projektrealisierung
Abb. 4.3: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (3). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 15–18)
Weiterhin sind die Projektziele des Bauherrn zu definieren, an denen sich die Leistungen der Auftragnehmer auszurichten haben. Die Aufgaben des Handlungsbereichs A, von denen der größte Teil bereits in der Projektvorbereitung anfällt, werden mit 19 % des Honorars für die Grundleistungen der Projektsteuerung ihrer Bedeutung entsprechend bewertet. Die im Rahmen der Projektvorbereitung festgelegten Regeln und Standards werden über alle weiteren Projektstufen angewendet. Gegebenenfalls ist eine Fortschreibung erforderlich, die ebenfalls für die Auftragnehmer verpflichtend sein muss.
150
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
In den Projektstufen 2 Planung sowie 3 Ausführungsvorbereitung geht es im Wesentlichen und bei nahezu allen Bauprojekten darum, dass – die Planungsvorgaben des Auftraggebers in die Objekt- und Fachplanungen umgesetzt werden, – der Informations- und Wissensstand für alle am Projekt Beteiligten jederzeit ausreichend ist; hierzu gehört ein funktionierendes Berichtswesen, bei größeren Projekten sollen entsprechende Kommunikationssysteme eingesetzt werden, – die Planung koordiniert abläuft; hierfür ist mehr denn je der Objektplaner verantwortlich, – oft nicht zu vermeidende Änderungswünsche, z. B. durch den Nutzer, rechtzeitig angemeldet, geprüft, bewertet und erforderlichenfalls umgesetzt werden, – Projektrisiken rechtzeitig erkannt und beherrscht werden. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 4. Ausführung 1 Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung 2 Analysieren und Bewerten der Planungsprozesse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 3 Fortschreiben der Dokumentation der Projektvorgaben 4
Überprüfen und Umsetzen der Kommunikationsstruktur – regelmäßiges Informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 5 Umsetzen des Entscheidungsmanagements 6 Umsetzen des Änderungsmanagements 7 Analysieren und Bewerten der Koordinationsleistungen der Objektüberwachung 8 Mitwirken beim Risikomanagement 9 Analysieren und Bewerten der ordnungsgemäßen Nutzung des Projektkommunikationssystems durch die Projektbeteiligten 10 Unterstützen des Auftraggebers bei der Einleitung von selbstständigen Beweisverfahren
Besondere Leistungen 1 Koordinieren besonderer Anforderungen der Betreiber-/Nutzerorganisation 2 Betreiben eines eigenen Projektkommunikationssystems 3 Organisatorisches und baufachliches Unterstützen bei Gerichtsverfahren 4 Umsetzen von Risikomanagementsystemen mit besonderen Anforderungen 5 Mitwirken bei der Einbeziehung zu beteiligender Dritter und der Öffentlichkeit bei der weiteren Projektrealisierung
Abb. 4.4: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (4). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 19–22)
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
151
Die Projektstufe 4 Ausführung entspricht im zeitlichen Rahmen der Baudurchführung. Mit der Koordination der an der Ausführung Beteiligten (den ausführenden Unternehmen) ist i. d. R. der Objektplaner betraut. Er überwacht die Ausführung der Baukonstruktionen, während die Fachingenieure für den jeweiligen Fachbereich die Ausführung der Technischen Anlagen, z. B. Heizung, Klima, Lüftung, überwachen. Die Projektleitung/Projektsteuerung benötigt in Bezug auf die Ausführung alle erforderlichen Informationen, um die praktische Ausführung überprüfen zu können. Die in Einzelfällen zu beobachtende Kombination einer Projektsteuerung mit der Bauüberwachung der Objektplanung und der Fachplanungen ist zu vermeiden. Sie würde zur Verunsicherung hinsichtlich der Pflichten und der Verantwortung zwischen den jeweils beteiligten Bauherrenvertretern und Planern führen. Gleichwohl sollen die an der Überwachung Beteiligten dem Auftraggeber alle erforderlichen Informationen zukommen lassen (vgl. Projektstufen 2 Planung und 3 Ausführungsvorbereitung). Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich A Grundleistungen 5. Projektabschluss 1 Mitwirken bei der organisatorischen und administrativen Konzeption und bei der Durchführung der Übergabe/Übernahme bzw. Inbetriebnahme/Nutzung 2 Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation 3 Überprüfen der Zusammenstellung von Dokumentationsunterlagen durch die Planungsbeteiligten 4 Überprüfen und Umsetzen der Kommunikationsstruktur – regelmäßiges Informieren und Abstimmen mit dem Auftraggeber (Berichtswesen) 5 Abschließen des Entscheidungs/Änderungs- und Risikomanagements 6 Organisieren des Abschlusses des Projektkommunikationssystems
Besondere Leistungen 1 Organisatorisches und baufachliches Unterstützen bei Gerichtsverfahren 2 Organisieren des Abschlusses des eigenen Projektkommunikationssystems Abschließen des Risikomanagement3 systems mit besonderen Anforderungen Prüfen der Projektdokumentation der 4 fachlich Beteiligten
Abb. 4.5: Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination […] (5). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 19–22)
Die Projektstufe 5 Projektabschluss dient der Überleitung des Projekts in die Nutzung. Der Auftraggeber, unterstützt durch Projektleitung/Projektsteuerung, nimmt die Leistungen der ausführenden Unternehmen (rechtsgeschäftlich) ab. Der Abschluss des Entscheidungs-, des Änderungs- und des Risikomanagements sowie die Zusammenstellung der Dokumentation sowie der Projektdokumentation dürfen nicht vernachlässigt werden. Es handelt sich hierbei um wertvolle Informationen für die Verwertung (Veräußerung, Vermietung oder Selbstnutzung des Objekts), oft auch als Beweismaterial für unliebsame Rechtsstreitigkeiten.
152
4.1
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Organisation
Mit der Größe, Dauer und Komplexität von Projekten steigt die Zahl der Beteiligten und damit das Erfordernis der Organisation. Sie erfordert – Arbeitsteilung und Kompetenzregelung, – Formalisierung von Abläufen, – Kontrolle von Arbeitsergebnissen und – Abstraktion der Informationen (EDV). Unter einer Projektorganisation ist die „Aufbau- und Ablauforganisation zur Abwicklung eines bestimmten Projekts“ zu verstehen. Anmerkung: „Die Projektorganisation kann aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation bestehen und wird dann lediglich durch projektspezifische Regelungen ergänzt.“ (DIN 69901-5:2009-01) Die Organisationswissenschaften sind Teil der Betriebswirtschaftslehre. Entsprechend sind auch hier die infrage kommenden Definitionen zu finden. In den meisten Fällen wird nicht das Projekt, sondern die Unternehmung als Gegenstand der Organisation gesehen: „Das System der Unternehmung bedarf der integrativen, gefügehaften Strukturierung seiner Elemente und Beziehungen in einer dynamischen und variablen Umwelt. Diese formale Struktur der Unternehmung lässt sich als ein eigenes System, als Organisationssystem betrachten. Es betrachtet als Elemente Aufgaben, Personen und Sachmittel, die durch die Gestaltung besonderer organisatorischer Beziehungen miteinander verbunden werden. Diese lassen sich als Verteilungs- und Arbeitsbeziehungen kennzeichnen. Die einzelnen Organisationselemente werden durch sie formal, räumlich und zeitlich strukturiert.“ (Sellien, R.; Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, 1979, S. 581) Für die praktische Anwendung stellt sich die Frage, wie eine Organisation dargestellt und vermittelt werden kann. Hierzu gehört neben den Beschreibungen v. a. die „grafische Darstellung organisatorischer Tatbestände. Durch Visualisierung sollen Organisationsschaubilder meist sehr komplexe Zusammenhänge einsichtig machen.“ Dabei ist eine Unterteilung möglich in: „1. Strukturschaubilder: typisch Organogramm als Abbild der Funktions- und Abteilungsgliederung. 2. Ablaufschaubilder (Flußdiagramme o. ä.) […].“ (Sellien, R.; Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon. 1979, S. 593) Demzufolge wird auch bei der Projektorganisation im Bauwesen zwischen der Aufbauorganisation (siehe Abb. 4.6 bis 4.8) und der Ablauforganisation (siehe Abb. 4.9) unterschieden. Die folgenden Ausführungen sind den Grundlagen der Organisationslehre gewidmet. Die dort gezeigten Aufbau- und Ablauforganigramme sind auch bei Bauprojekten eine große Hilfe, um die notwendige Arbeitsteilung zu organisieren und die erforderlichen Arbeitsprozesse zu strukturieren. Bauprojekte sind allerdings auch oft recht dynamisch. Mit den Anforderungen von Nutzern oder Änderungen der Rahmenbedingungen eines Bauprojekts müssen die am Projekt Beteiligten umgehen können. Bei organisatorischen Festlegungen ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese entsprechend flexibel ausgelegt sind.
4.1 Organisation
4.1.1
153
Aufbau- und Ablauforganisation
Im Rahmen der Aufbauorganisation sollen die notwendigen projektbezogenen Aufgaben geeigneten Funktionsträgern als Projektbeteiligten zugeordnet werden und deren Verantwortungsbereiche und Weisungsbefugnisse sowie ihr gegenseitiger Informationsaustausch geregelt werden. Die Liste der Projektbeteiligten ist laufend mit dem Projektfortschritt zu erweitern. In schriftlicher Form, insbesondere in Organigrammen, sollte die Art der Beziehung zwischen den Projektbeteiligten dargestellt werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Vertragsverhältnisse, Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse und Informationspflichten zu beachten. Für Projekte im Bauwesen kommen folgende Formen der Aufbauorganisation in Betracht: – Linienorganisation – Stablinienorganisation – Matrixorganisation Die Linienorganisation (siehe Abb. 4.6) ist häufig anzutreffen. Sie ist gekennzeichnet durch –
eine hierarchische Gliederung der organisatorischen Einheiten wie Stellen, Abteilungen, Bereiche usw. und
–
einheitliche Abläufe hinsichtlich Weisungsbefugnis, Verantwortung und Mitteilungen.
Die Linienorganisation ist bei kleineren Organisationen zweckmäßig, sie schafft klare und übersichtliche Verhältnisse und eindeutige Abgrenzungen. Bei großen Organisationen wie Unternehmen, aber auch bei großen Bauvorhaben „bringt die Einhaltung des Dienstweges unter Umständen eine erhebliche Arbeitsbelastung der einzelnen Zwischeninstanzen mit sich, die nach oben immer größer wird.“ (Wöhe, G.: Einführung in die ABWL. 1990, S. 188) Gesamtleitung
Abteilung 1
Stelle 1.1 Abb. 4.6:
Stelle 1.2
Stelle 1.3
Abteilung 2
Stelle 1.4
Grundform einer Linienorganisation.
Stelle 2.1
Stelle 2.2
Stelle 2.3
Stelle 2.4
154
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Mit der Zahl der Hierarchieebenen wachsen die Nachteile der Linienorganisation. Große Industrieunternehmen verfügen in Einzelfällen vom Vorstand bis zum Sachbearbeiter über bis zu sieben Ebenen. Allein Ergebnismeldungen von „unten nach oben“ können deswegen nicht nur Tage, sondern im ungünstigen Fall auch Wochen dauern. Für die Projektarbeit, bei der es auf schnelle Information und Reaktion ankommt, sind solche Verhältnisse ungeeignet. In großen Organisationen wird deswegen die Zahl der Hierarchieebenen zunehmend verringert, und geeignete Aufgaben werden als Projekte mit entsprechend abgewandelter Organisation bearbeitet. Gesamtleitung
Abteilung 1
Stelle 1.1 Abb. 4.7:
Stelle 1.2
Stelle 1.3
Stabsstelle
Abteilung 2
Stelle 1.4
Stelle 2.1
Stelle 2.2
Stelle 2.3
Stelle 2.4
Grundform einer Stablinienorganisation.
Ist die für die Bauaufgabe zuständige Stelle oder Abteilung innerhalb eines großen Industrieoder Dienstleistungsunternehmens in einer unteren Hierarchieebene angesiedelt und hat sich die Unternehmensleitung vorbehalten, auch an weniger wichtigen Entscheidungen maßgeblich mitzuwirken, so ist dies für den Projektfortschritt eher hinderlich. Häufig werden spezielle Aufgaben aus der Linienorganisation herausgenommen und einer Stabsstelle oder -abteilung zugeordnet. Die Aufgabe einer Stabsstelle (siehe Abb. 4.7) besteht darin, „Teilaufgaben einer Leitungsinstanz zu übernehmen im Sinne von Vorbereitung und Unterstützung dieser Instanz bei der Wahrnehmung ihrer Leitungs- und Ausführungsaufgaben. So kann eine Instanz für bestimmte Funktionen Spezialisten einsetzen, die bestimmte Fragen untersuchen und bearbeiten und der übergeordneten Instanz, der sie beigegeben sind, Vorschläge zu unterbreiten bzw. für sie bestimmte Aufgaben erledigen. Stabsstellen haben nur beratende Funktion.“ (Wöhe, G.: Einführung in die ABWL. 1990, S. 190) Als Stabsstellen findet man in großen Organisationen z. B. „Sekretariat, Rechts-, Organisations-, Revisions-, Presse-Abteilungen.“ (Sellien, R.; Sellien, H. (Hrsg.): Dr. Gablers Wirtschaftslexikon. 1979, S. 1340) Typische Stabsfunktionen der Bau- und Immobilienwirtschaft sind Bau- oder Projektcontrolling und die für die Dauer eines Bauprojekts eingerichtete und i. d. R. durch externe Fachleute besetzte Funktion der Projektsteuerung.
4.1 Organisation
155
Im Zusammenhang mit der Projektorganisation besonders häufig anzutreffen ist die Matrixorganisation, sie wird auch als Matrix-Projektorganisation bezeichnet (siehe Abb. 4.8). Die Matrixorganisation entsteht durch Überlagerung von fachlichen und projektbezogenen Organisationsstrukturen. Die einzelnen Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in der Schnittmenge dieser Strukturen liegen und damit die Form einer Matrix ausfüllen. Dies trifft auf Projekte in Unternehmen und in besonderer Weise auf Bauprojekte zu. Bei Bauprojekten sind immer auch externe Fachleute beteiligt, die mit aus Bauherrensicht internen Stellen oder Abteilungen zusammenarbeiten müssen: Projektleitung des Bauherrn, Einkauf auch von Planungs- und Bauleistungen, Rechts- und Vertragsabteilung, Abteilungen durch ein Bauprojekt betroffener Nutzungsbereiche u. v. m. Insofern bietet sich die Matrixorganisation nicht nur allgemein für Projekte, sondern besonders für Bauprojekte an. Gesamtleitung
Leitung Fachbereich 1
Leitung Fachbereich 2
Leitung Fachbereich 3
Projektleitung Projekt 1
Stelle 1.1
Stelle 2.1
Stelle 3.1
Projektleitung Projekt 2
Stelle 1.2
Stelle 2.2
Stelle 3.2
Projektleitung Projekt 3
Stelle 1.3
Stelle 2.3
Stelle 3.3
Abb. 4.8:
Grundform einer Matrix-Projektorganisation.
Die Führungsaufgaben sind im Fall der Matrix ganz besonders anspruchsvoll, weil – immer eine doppelte Zuständigkeit gegeben ist, – die Planung der Kapazitäten erschwert ist, – Verantwortung und Erfolg oder Misserfolg nicht immer eindeutig zugeordnet werden können und – Projektleitung und Projekte im Wettbewerb stehen.
156
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Grundlage einer Ablauforganisation ist ihre Ablaufstruktur (siehe Abb. 4.9). „Eine Ablaufstruktur beschreibt den logischen und/oder zeitlichen Ablauf von einzelnen Vorgängen oder Ereignissen in Prozessen. Typisch für eine Ablaufstruktur ist die symbolische Darstellung von Vorgängen und Ereignissen über einer absoluten oder relativen Zeitachse. Die Anordnung dieser Elemente ergibt sich aus den Anordnungsbeziehungen zwischen ihnen.“ (Angermeier, G.: Projektmanagement-Lexikon […]. 2005, S. 25) am Projekt Beteiligter 1
am Projekt Beteiligter 2
am Projekt Beteiligter 3
Aufgabe 1
Aufgabe 2
Aufgabe 3
Aufgabe 4
Aufgabe 5 Abb. 4.9:
Grundform einer Ablauforganisation als Ablaufschema.
Für die Ablauforganisation sind Regelabläufe zu schaffen. Die Beschreibung und Vorgabe von Regelabläufen soll z. B. erfolgen für „– Verfahren bei Architektenwettbewerben, – Verfahren zur Optimierung der Planung, – Verfahren für die Ausführungsplanung, Rohbau, Technische Gebäudeausrüstung und Ausbau, – Verfahren für Ausschreibungen und Vergaben, – Verfahren für die Rechnungslegung, -prüfung und Zahlungsanweisung, – Verfahren für die Dokumentation von Projektunterlagen während der Projektabwicklung und für die Archivierung.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 März 2004, S. 26)
4.1 Organisation
4.1.2
157
Projektstruktur
Unter einer Projektstruktur ist die „Gesamtheit aller Elemente (Teilprojekte, Arbeitspakete, Vorgänge) eines Projekts sowie der wesentlichen Beziehungen zwischen diesen Elementen“ zu verstehen. (DIN 69901-5:2009-01, PM – PMS – Teil 5: Begriffe, S. 15) Struktur [lateinisch] bedeutet „1. Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander, gegliederter Aufbau, innerer Gliederung. 2. Gefüge, das aus Teilen besteht, die wechselseitig voneinander abhängen.“ (Duden Das Fremdwörterbuch 1997, S. 777) Ferner stellt eine Struktur die „Menge der die einzelnen Elemente eines Systems verknüpfenden Relationen“. (Alisch et al.: Gabler Wirtschaftslexikon, 2005, S. 2855) dar. Einfacher ausgedrückt lässt sich Struktur auch als die „unsichtbare Ordnung“ bezeichnen. Im Grundsatz geht es um die von vornherein vollständige und einheitliche Gliederung des Bauprojekts in sachlicher, zeitlicher und organisatorischer Hinsicht. Erforderliche Hilfsmittel sind ein Projektstrukturplan, Leistungsübersichten sowie Ordnungs- und Kennzeichnungssysteme. Ein Projektstrukturplan (PSP) ist eine „vollständige, hierarchische Darstellung aller Elemente (Teilprojekte, Arbeitspakete) der Projektstruktur als Diagramm oder Liste“ Anmerkung: „Jedes darin übergeordnete Element muss durch die ihm untergeordneten Elemente jeweils vollständig beschrieben sein. Das kleinste Element des Projektstrukturplans ist das Arbeitspaket.“ (DIN 69901-5:2009-01, […] Projektmanagementsysteme - Teil 5: Begriffe, S. 16) „Zur Projektstrukturierung können […] Tätigkeiten und Methoden gezählt werden: – Strukturierung des Projektergebnisses bzw. Produkts (Produktstrukturplan) – Projektumfeldanalyse (insbes. Stakeholderanalyse) – Strukturierung der Projektaufgaben – Festlegung von Teilprojekten – Abgrenzung von Projektphasen – Setzen von Meilensteinen – Definition und hierarchische Anordnung von Teilaufgaben und Arbeitspaketen – Erstellung des vollständigen Projektstrukturplans – Festlegung der Ablaufstruktur des Projekts (meist ohne Ressourcenzuordnung)“ (Angermeier, G.: Projektmanagement-Lexikon […]. 2005, S. 361–362) Bei der Bildung von Strukturen für ein Bauprojekt sollte auf die bekannten, teilweise in Normen enthaltenen Gliederungen zurückgegriffen werden. Diese sind in der Praxis erprobt und bekannt und werden von den Projekt- und Planungsbeteiligten deswegen auch am ehesten akzeptiert. Strukturen, insbesondere Informationsstrukturen, sind eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement. Sie bilden den Aufbau und die Abläufe der Projektorganisation ab. Gleichzeitig können sie Bestandteil einer Datenbankanwendung sein, welche zur Informationsverarbeitung bei größeren Projekten heutzutage praktisch unverzichtbar ist.
158
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Informationsstrukturen sind aus projekt- und objektspezifischen Erfordernissen zu entwickeln. Die Informationsstrukturen eines Projekts oder Objekts werden spezifisch aufgebaut. Sie müssen auf die Besonderheiten des Projekts und in besonderem Maße auf die speziellen Anforderungen der Projektleitung abgestimmt sein. Andererseits sind im Umgang mit allen weiteren Projektbeteiligten möglichst viele Standardlösungen für einen Teil der Projektstrukturen vorzugeben. Hierzu gehören die im Bauwesen üblichen Gliederungen von Normen, Verordnungen u. a., mit welchen Planern, Behörden und ausführende Firmen umzugehen gewohnt sind. Für die Mengenermittlung, die Kostenplanung, die Leistungsbeschreibung und die Abrechnung von Leistungen bei Planung und Ausführung, für das Vertragsmanagement und das Gebäudemanagement dienen – die geometrische Projektstruktur, beispielsweise Bauteile oder Nutzungseinheiten, – die funktionale Projektstruktur wie Layout, Funktionsbereiche und Betriebsprozesse, – das Qualitätsmanagement in Form der Anwendung des Raumbuchs, Schnittstellen und Standards, – die Bauelemente und Ausführungsklassen, – die Ablauf- und Kapazitätsplanung wie Projektstufen, Leistungsphasen und Bauabschnitte, – die Verträge, Leistungsbilder und Pflichtenhefte für Planung, Ausführung und Nutzung, – die Kontengliederungen des Finanz- und Rechnungswesens sowie der Anlagenbuchhaltung, – die Berücksichtigung von Sonderaspekten wie Steuern oder Zuschüsse sowie – die Gliederungen für die Abrechnung von Dienstleistungen, z. B. der Reinigung. Diese sind in die Gesamtheit der Informationsstrukturen aufzunehmen. Für den Informationsaustausch und die Datenbankanwendung sind Kataloge mit Standardklassifikationen, Bauelementen, Vergabeeinheiten u. v. m. aufzubauen oder von anderen Projekten zu übernehmen und miteinander nach den Anforderungen des Bauherrn bzw. Betreibers sowie den Belangen der weiteren Projektbeteiligten zu verknüpfen. Grundlagen der Informationsstrukturen sollen soweit wie möglich auf allgemeingültigen Regelwerken aufbauen. Zur Mengenermittlung, Kostenplanung, Leistungsbeschreibung und Abrechnung von Bauleistungen dienen folgende Regelwerke (Auswahl): – DIN 277-1:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, – DIN 276-4:2009-08, Kosten im Bauwesen – Teil 4: Ingenieurbau, – DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau, – Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung – WoFlV), Fassung: Januar 2004,
4.1 Organisation
159
– Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G), Fassung: Juni 2012, – Richtlinie zur Berechnung der Verkaufsfläche im Einzelhandel (MF/V), Fassung: Juni 2012, – Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Wohnraum (MF/W), Fassung: Juni 2012, – Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Fassung: Juni 2012, – Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI), Fassung: Juli 2013. Diese Normen und Verordnungen sind in die Gesamtheit der Informationsstrukturen aufzunehmen. Für die Datenbankanwendungen notwendige Kataloge sind teilweise vorhanden oder vorzubereiten. Sie werden nach Bedarf miteinander verknüpft. Informationsstrukturen können danach unterschieden werden, ob sie in erster Linie für das Qualitätsmanagement oder das Kostenmanagement geeignet sind. Die Verknüpfung ist allerdings unverzichtbar. Elemente zum Aufbau einer Projektstruktur für die Kostenplanung Phase(n)
KG
LB
VE
AA
AE
LV-Pos.
Sonst.
1
2
–
–
–
1
–
–
2
3
(3)
–
(2)
1
–
–
3/4/5
3
3
–
2
1
–
–
6/7/8/9
3
3
3
2
1
4
(1)
10
3
3
3
2
1
4
(1)
Erläuterung: Phasen KG LB VE AA AE LV-Pos. Sonstiges Abb. 4.10:
Leistungsphasen (1 bis 9) nach HOAI sowie Nutzung (10) Kostengruppen nach DIN 276-1 bis in die dritte Ebene der Gliederung Leistungsbereich nach Standardleistungsbuch im Bauwesen (STLB-Bau) Vergabeeinheit, z. B. Fachlose, Teillose oder eine Kombination daraus Ausführungsart, Berücksichtigung unterschiedlicher Qualitäten, z. B. Materialien Abrechnungseinheit für Mengenermittlungen der Kennwerte und Einheitspreise, z. B. in m, m², m³, h, St. u. a. Position des Leistungsverzeichnisses, hier vierstellig ist fallweise festzulegen
Projektstruktur für die Kostenplanung – Beispiel.
160
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Geeignet für die Verknüpfung von Informationen sind Schlüssel für Bauelemente mit mehreren Stellen, die aus Teilschlüsseln für Kostengruppen (KG), Leistungsbereiche (LB), Vergabeeinheiten (VE), Abrechnungseinheiten (AE), z. B. m³, qualitative Unterscheidungen nach Ausführungsarten (AA) und weiteren Zuordnungen, z. B. Leasing, bestehen. Die Schlüssel bilden eine Ebene der Zusammenfassung für Ermittlungen und Auswertungen von der Kostenberechnung an bis zur Fertigstellung des Projekts mit der Kostenfeststellung. Die Bauelemente des Projekts sind, soweit für die Nutzung des Objekts erforderlich, in das Gebäudemanagement zu überführen. Darüber hinaus sind sie wesentlicher Bestandteil der Projektdokumentation, weil über diese der Zugriff auf weitere Informationen möglich ist. Zur erweiterten Gliederung nach Kostengruppen und zur Festlegung geeigneter Mengeneinheiten wird die DIN 277-3:2005-02 empfohlen (siehe Abb. 4.11 und 4.12). Erweiterte Kostengliederung Kostengruppe und Bezeichnung
MengenEinheit
Mengen-Benennung
Mengen-Ermittlung
411 Abwasseranlagen 1
Abwasserleitungen/ Abläufe
m
Abwasserleitung
Länge der AW-Leitungen
2
Grundleitungen/Abläufe
m
Grundleitung
Länge der Grundleitungen
3
AW-Sammel- und Behandlungsanlagen
St
AW-Sammel-, Behandlungsanlage
Anzahl der AW-Sammelund -Behandlungsanlagen
4
Abscheider
St
Abscheider
Anzahl der Abscheider
5
Hebeanlagen
St
Hebeanlage
Anzahl der Hebeanlagen
412 Wasseranlagen 1
Wassergewinnungsanlagen
St
Wassergewinnungsan- Anzahl der Wassergewinlage nungsanlagen
2
Wasseraufbereitungsanlagen
St
Wasseraufbereitungsanlage
Anzahl der Wasseraufbereitungsanlagen
3
Druckerhöhungsanlagen
St
Druckerhöhungsanlage
Anzahl der Druckerhöhungsanlagen
4
Wasserleitungen
m
Wasserleitung
Länge der Wasserleitungen
5
Dezentrale Wassererwärmer
St
Dezentrale Wassererwärmer
Anzahl der dezentralen Wassererwärmer
6
Sanitärobjekte
St
Sanitärobjekt
Anzahl der Sanitärobjekte
7
Wasserspeicher
St
Wasserspeicher
Anzahl der Wasserspeicher
Abb. 4.11: Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (1). (DIN 277-3:2005-02, […] Tabelle 2 – Ergänzungen zu „Technische Anlagen“ – Auszug)
4.1 Organisation Erweiterte Kostengliederung Kostengruppe und Bezeichnung
161 MengenEinheit
Mengen-Benennung
Mengen-Ermittlung
413 Gasanlagen 1
Gaslagerungs- und Erzeugungsanlagen
St
Gaslagerungs- und Erzeugungsanlage
Anzahl der Gaslagerungsund Erzeugungsanlagen
2
Übergabestationen
St
Übergabestation
Anzahl der Übergabestationen
3
Druckregelanlagen
St
Druckregelanlage
Anzahl der Druckregelanlagen
4
Gasleitungen
m
Gasleitung
Länge der Gasleitungen
414 Feuerlöschanlagen 1
Sprinkleranlagen
St
Sprinklerkopf
Anzahl der Sprinklerköpfe
2
CO2-Löschanlagen
St
Löschdüse
Anzahl der Löschdüsen
3
Löschwasserleitungen
m
Löschwasserleitung
Länge der Löschwasserleitungen
4
Wandhydranten
St
Wandhydrant
Anzahl der Wandhydranten
5
Feuerlöschgeräte
St
Feuerlöschgerät
Anzahl der Feuerlöschgeräte
419 Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, sonstiges 1 Installationsblöcke
St
Installationsblock
Anzahl der Installationsblöcke
St
Sanitärzelle
Anzahl der Sanitärzellen
2
Sanitärzellen
Abb. 4.12: Erweiterte Kostengliederung nach DIN 277-3 für KG 410 – Beispiel (2). (DIN 277-3:2005-02, […] Tabelle 2 – Ergänzungen zu „Technische Anlagen“ – Auszug)
Die Verknüpfung von Information, z. B. der Kostenkennwert für einen geplanten Quadratmeter Bürofläche mit einem vermieteten Quadratmeter Bürofläche oder der Einheitspreis einer geplanten Bauleistung mit einer abgerechneten Bauleistung, erfolgt, soweit möglich, über Mengeneinheiten, die über alle Projektstufen durchgängig vorhanden sind. Vorgänge mit einer höheren Auflösung als der von Bauelementen werden unter diese subsumiert. Hierzu gehören insbesondere die Leistungspositionen der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung. Dabei sollen diejenigen Mengeneinheiten benutzt werden, die sowohl in der Planung als auch in der Nutzung gebraucht werden. Die Erstellung von mehrstelligen Schlüsseln kann nicht einfach durch die beliebige oder vollständige Kombination aus Teilschlüsseln erfolgen. Dies hätte zur Folge, dass nicht benötigte Kombinationen entstehen könnten, wichtige Kombinationen fehlen und im Zweifelsfall der Vorrat an Schlüsseln zu umfangreich ausfiele.
162
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Am Beispiel der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen zeigt Abbildung 4.13, welche Kombinationen von Kostengruppen, hier: vierte Ebene, und Leistungsbereichen möglich sind (in der Tabelle durch ein „x“ gekennzeichnet). Bei anderen Kostengruppen und Leistungsbereichen, z. B. Baukonstruktionen (KG 300 nach DIN 276-1), sind mehrfache Zuordnungen möglich. Kostengliederung, 4. Ebene
Leistungsbereiche
410 Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen (Auszug) 4111 Abwasserleitungen/Abläufe
011
042
044
045
046
049
–
–
x
–
–
–
4112 Grundleitungen/Abläufe
–
–
–
–
–
4113 AW-Sammel- und Behandlungsanlagen 4114 Abscheider
x
–
x –
–
–
–
–
–
–
–
–
4115 Hebeanlagen
x –
–
–
–
x
–
4121 Wassergewinnungsanlagen
–
–
–
–
x
–
4122 Wasseraufbereitungsanlagen
–
–
–
–
–
4123 Druckerhöhungsanlagen
–
–
–
4124 Wasserleitungen
–
–
–
–
4125 Dezentrale Wassererwärmer
–
x –
x –
x –
–
–
–
4126 Sanitärobjekte
–
–
x –
x
–
–
4127 Wasserspeicher
–
–
–
x
–
–
[...] 4141 Sprinkleranlagen
–
–
–
–
–
x
4142 CO2-Löschanlagen
–
–
–
–
–
x
4143 Löschwasserleitungen
–
–
–
–
–
x
4144 Wandhydranten
–
–
–
–
–
x
4145 Feuerlöschgeräte
–
–
–
–
–
4191 Installationsblöcke
–
–
x
–
–
x –
4192 Sanitärzellen
–
–
–
x
–
–
Erläuterung zu den Leistungsbereichen nach Standardleistungsbuch im Bauwesen LB 011 Abscheider- und Kleinkläranlagen LB 042 Gas- und Wasseranlagen – Leitungen und Armaturen LB 044 Abwasseranlagen – Leitungen, Abläufe, Armaturen LB 045 Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen – Ausstattung, Elemente, Fertigbäder LB 046 Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen – Betriebseinrichtungen LB 049 Feuerlöschanlagen, Feuerlöschgeräte Abb. 4.13:
Kombinationen von Kostengruppen und Leistungsbereichen – Beispiel.
–
4.1 Organisation
163
Durch die Aufgabenteilung in Planung und Ausführung von Projekten und im Hinblick auf die Belange der Nutzung von Objekten entstehen Schnittstellen. Diese sind frühzeitig zu identifizieren. Schnittstellen treten z. B. auch dann auf, wenn ein Projekt in mindestens zwei Teilprojekte oder das spätere Objekt in Nutzungsbereiche aufgeteilt wird. Das ist der Fall, wenn das Objekt an eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer vermietet werden soll. Diese wollen voraussichtlich ihre Flächen vom Bauherrn und späteren Betreiber nach eigenen Erfordernissen oder Wünschen ausbauen und ausstatten lassen. Planungs-, Bau- und Mietverträge
Qualitäten, z. B. Raumbuch
Mengen, z. B. Bauelemente, Positionen
Bauwerkskosten nach DIN 267-1
Nutzungskosten nach DIN 18960
Abb. 4.14:
Mengen als Bezugsgrößen zur Verknüpfung von Informationen.
Alternativ ist auch die Übernahme von Flächen im Zustand als „erweiterter Rohbau“ denkbar, verbunden mit der Möglichkeit, diese selbst durch eigene Planer und ausführende Firmen fertigstellen zu lassen, z. B. eigenes Corporate Design. Diese Flächen sind hinsichtlich ihrer Qualitäten sehr genau zu beschreiben. Für die Mietkalkulation oder den Verkauf nicht vollständig ausgebauter Flächen sind gesonderte Kostenermittlungen eine notwendige Voraussetzung. Für die Verknüpfung von Kosten- und Mengeninformationen sind verschiedene Regelwerke zu beachten (siehe Abb. 4.14). Besonderheiten ergeben sich i. d. R. auch für die Terminplanung, da die vollständigen Nutzeranforderungen häufig erst später vorliegen und die Planung und Ausführung entsprechend nachläuft. Die damit unvermeidbaren Schnittstellen in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht sind so früh und so genau wie möglich festzulegen und zu beschreiben. Die Schnittstellenkoordination soll in der Projektvorbereitung beginnen und hat eine besondere Bedeutung für den Abschluss von Mietverträgen, die Aufteilung von Planung und Ausführung in Nutzungsbereiche bzw. die Kostenübernahme für Leistungen sowie das Gebäudemanagement im Betrieb des Objekts. Wesentliche Schnittstellen müssen sich in der Projektstruktur widerspiegeln und in den Informationsstrukturen der Datenbankanwendung wiederfinden (siehe Abb. 4.15). Für die Qualitäten und Quantitäten, Kosten und Finanzierung sowie für das Vertragsmanagement ist die Schnittstellenkoordination eine notwendige Voraussetzung.
164
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Leistungen
Bauherr
Dritte
Abgrenzung nach DIN 276-1:2008-12
Bestandteil der baulichen Hülle
Eigenleistung (1) oder Kostenübernahme (2)
Innenwände (Beispiel)
tragende Innenwände, Innenstützen, Türen in Brandwänden oder Bauabschnitten, Türen zu anderen Bereichen als Teilflächen
nicht tragende Innenwände, Innentüren und -fenster, Innenwandbekleidungen, elementierte Innenwände innerhalb der Teilflächen und zwischen den Teilflächen und bereichen, z. B. Warteräume
Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen (Beispiel)
Telekommunikationsanlage vollständig mit Tertiärnetz und Endgeräten
Kostenübernahme der Telekommunikationsanlage über Leistungsabrechnung
Informationsanlage für allgemeine Informationen im öffentlichen Bereich
Informationsanlagen für allgemeine Informationen in Nutzerräumen Türsprech- und Türöffneranlagen (1), Uhrenanlagen, Zeiterfassungsanlagen (1 oder 2), Gegen- und Wechselsprechanlagen (1 oder 2) nach technischer Abstimmung mit dem Bauherrn
(1) (2)
Fernseh- und Antennenanlage bis zur Anschlussdose
Kostenübernahme gegen Monatsgebühr
zentrale Einrichtungen und Schlitzkabel für Funkanlagen mit übergeordneter Funktion
Anmietung der Endgeräte
übergeordnete GMA (Gefahrenmeldeanlagen)
nutzereigene GMA innerhalb der Nutzerräume (z. B. Bankalarm)
übergeordnete Übertragungsnetze
nutzereigene Netze innerhalb eines Raumes (1)
übergeordnete Datensysteme
nutzereigene Netze übergreifend (2)
Planungsinhalte werden vom Nutzer als Eigenleistung erbracht. Planungsinhalte müssen seitens des Bauherrn vollständig erbracht und zur Ausführung beauftragt werden. Für vom Nutzer gewünschte Zusatzausstattungen erfolgt eine Kostenübernahme.
Abb. 4.15: Schnittstellen im Bauprojekt – zwei Beispiele. (Kalusche, W.: Vorbereitung der Planung […]. In: Bautechnik 05/1998, S. 308)
4.1 Organisation
165
Beispiel: Strukturen für Planung, Bau und Nutzung von Bauwerken im BBL M-V Der Verfasser hat in den Jahren 2012 bis 2014 den Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V) bei der Entwicklung und Implementierung eines Projektmanagementstandards (PMS) unterstützt. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist ein Handbuch, in dem die Projektleitung des Öffentlichen Bauherrn BBL M-V definiert wird. Voraussetzung hierfür war eine umfassende Struktur für Vorbereitung, Planung, Bau und Nutzung aller Maßnahmen und Immobilien (siehe Abb. 4.16). Unterlagen
Leistungsphasen (LPH) nach HOAI
Projektstufen (PS) nach AHO
Lebenszyklusphasen (LZPH) nach GEFMA
ES
1 (Grundlagenermittlung)
1. Projektvorbereitung (PE)
1. Konzeption
2 (Vorplanung)
2. Planung (PL)
2. Planung
EW-Bau
3 (Entwurfsplanung) 4 (Genehmigungsplanung) 5 (Ausführungsplanung)
AFU-Bau 6 (Vorbereitung der Vergabe)
3. Ausführungsvorbereitung (PL)
7 (Mitwirkung bei der Vergabe)
s. oben s. oben
8 (Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Dokumentation)
4. Ausführung (PL)
3. Errichtung
9 (Objektbetreuung)
5. Projektabschluss (PL)
–
–
4. Vermarktung
–
–
5. Beschaffung
–
–
6. Betrieb und Nutzung
LPH 1 bis 9
Projektstufen 1 bis 5 (PL) 7. Umbau und Sanierung
–
–
LPH 1 bis 9
Projektstufen 1 bis 5 (PL) 9. Verwertung
8. Leerstand
(Strukturen nach RBBau/RLBau (Unterlagen), GEFMA (LZPH), AHO (Projektstufen) und HOAI (LPH)) Abb. 4.16: Strukturen des BBL M-V für Projektvorbereitung bis Verwertung. (BBL M-V (Hrsg.): Handbuch zum […]. 2014, S. 6)
Es werden hierbei mehrere vorhandene Strukturen zusammengeführt: – Haushaltsphasen und dazugehörig Unterlagen nach RBBau/RLBau M-V: Entscheidungsunterlage-Bau (ES), Entwurfsunterlage-Bau (EW-Bau) und Ausführungsunterlage-Bau (AFU-Bau) – Leistungsphasen (LPH) nach der Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieuren- HOAI (Schreibweise überarbeitet nach HOAI 2013) – Projektstufen (PS) gemäß Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO) – Lebenszyklusphasen (LZPH) nach German Facility Management Association (GEFMA)
166
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die Bauherrenaufgaben werden in die Projektentwicklung (PE) und die Projektleitung (PL) unterschieden. In der Erläuterung hierzu heißt es: „Die Projektmanagementstandards im BBL M-V sind sowohl nach GEFMA (LZPH), AHO (Projektstufen) als auch nach HOAI (LPH) gegliedert. In den folgenden Ausführungen wird die Gliederung der Aufgaben nach Projektstufen (AHO) und Leistungsphasen (HOAI) als ausreichend angesehen.“ (BBL M-V (Hrsg.): Handbuch zum […]. 2014, S. 9) Entsprechend sind auch die Zuständigkeiten beim BBL M-V verteilt: – PE in der Projektstufe 1. Projektvorbereitung (AHO) und damit einschließlich LPH 1 (HOAI), – PL in den Projektstufen – 2. Planung (AHO) mit LPH 2 bis 4 (HOAI) – 3. Ausführungsvorbereitung (AHO) mit LPH 5 bis 7 (HOAI) – 4. Ausführung (AHO) mit LPH 8 (HOAI) und schließlich – 5. Projektabschluss (AHO) mit LPH 9 (HOAI) Dabei ist insbesondere die Trennung von Bauherrenaufgaben (hier PL) von den Leistungen des Objektleitenden Planers (OlP)/der Freiberuflich Tätigen (FbT)/der Baufachlich Tätigen (BfT) zu beachten. (Anm. d. Verf.: OlP hat erweiterte Aufgaben der Koordination.) (vgl. BBL M-V (Hrsg.): Handbuch zum […]. 2014, S. 9) Zu den Begriffen und Besonderheiten des öffentlichen Bauherrn nach den Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V), soweit sie die Strukturen von Abbildung 4.16 betreffen, sind noch die so bezeichneten „Unterlagen“ zu erläutern: – Entscheidungsunterlage-Bau (ES), Prüfung nach RLBau M-V – Die Prüfung von baufachlichen Unterlagen der Entwurfsunterlage-Bau erstreckt sich auf alle in den Unterlagen nach Abschnitt F 1 behandelten Einzelheiten. Zu beachten sind dabei: Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Lösung, auch unter Berücksichtigung der Folgekosten, Vollständigkeit der erforderlichen Unterlagen, Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, Richtigkeit der Kostenermittlung, ggf. Bewertung des architektonischen/städtebaulichen Konzepts, soweit die Unterlagen dies zulassen. – Entwurfsunterlage-Bau (EW-Bau), Bestandteile nach RLBau M-V – Weiterführung der Bauunterlagen. Zur EW-Bau gehören über die Unterlagen nach Abschnitt F 2 Nr. 1.3 hinaus: zeichnerische Darstellungen (durchgearbeitetes Planungskonzept mit zeichnerischer Darstellung des Gesamtentwurfes bis LPH 4 der Anlage 10 HOAI 2013 sowie Anlage 11 HOAI 2013) oder vergleichbare Ergebnisse der Planung anderer Fachbereiche im Sinne einer abgeschlossenen Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Dazu gehören Soll-Ist-Vergleich (Muster 13), Flächenermittlung nach DIN 277, Kostenermittlung nach DIN 276 (Muster 6) und dem Erläuterungsbericht mit Muster 7. – Ausführungsunterlage-Bau (AFU-Bau) – Zur Ausführungsunterlage-Bau gehören (bei Gebäuden) ggf. fortgeschriebene Entwurfs- und Genehmigungspläne, Ausführungszeichnungen, Leistungsverzeichnisse und Mengenermittlungen, geprüfte Standsicherheitsnachweise mit statischen Berechnungen und zugehörigen Zeichnungen, Nachweise der Energiewirtschaftlichkeit sowie Schallund Brandschutz sowie sonstige Berechnungen.
4.1 Organisation
4.1.3
167
Organisationshandbuch
Ein Organisationshandbuch ist eine unverzichtbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement. Sobald eine Projektsteuerung eingeschaltet ist, hat sie „auf Basis der vorgefundenen Grundlagen und gegebenen Randbedingungen in Abstimmung mit dem Auftraggeber die organisatorischen Rahmenbedingungen für die Projektabwicklung zu formulieren, abzustimmen und anschließend den Projektbeteiligten vorzugeben. […] Hier gilt es auch, sinnvolle Vorschläge von Planungsbeteiligten zur Vereinfachung der Organisationsprozesse aufzunehmen und mit dem Bauherrn abzustimmen. Die Ergebnisse der Organisationsvorgaben sind rechtzeitig und in abgestimmter Form […] in den Projektablauf zu integrieren und im Projektverlauf ggf. fortzuschreiben.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 März 2009, S. 25) Öffentliche wie private Bauherrenorganisationen, beispielsweise Staatsbauverwaltungen oder Industrieunternehmen, verfügen üblicherweise über interne Organisationshandbücher für ihr Kerngeschäft. Ein Teil der darin enthaltenen Regeln gilt meist auch für die Zusammenarbeit mit externen Dritten, also auch bei Bauprojekten, z. B. Investitionsanträge oder Beauftragung und Abrechnung von Leistungen Dritter. Zur reibungslosen Projektdurchführung werden die vorhandenen Teile der internen Regeln, die auch auf das Bauprojekt zutreffen, durch spezifische Organisationsunterlagen ergänzt und speziell für das Projekt als Organisationshandbuch zusammengestellt und den Beteiligten entsprechend ihrer Aufgaben vorgegeben. Die Beschränkung auf das Wesentliche und die Wahl einer übersichtlichen Form ist dabei besonders zu beachten. Das Organisationshandbuch sollte die folgenden Gliederungspunkte beinhalten: 1. Projektstruktur 2. Projektbeteiligtenliste 3. Informationsstrukturen 4. Aufbau- und Ablaufdiagramme 5. Besprechungs-, Protokoll- und Berichtswesen 6. Qualitätsmanagement durch Raumbuchanwendung 7. Kostenplanung und mittelfristige Finanzplanung 8. Termin- und Kapazitätsplanung 9. Schnittstellenkoordination 10. Vertragsmanagement und Pflichtenhefte 11. Ausschreibung, Vergabe einschließlich Nachträge, Abrechnung 12. Entscheidungsmanagement 13. Änderungsmanagement 14. Dokumentation und Projektkennwerte 15. Projekthandbuch mit Projektchronik
168
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Das Organisationshandbuch sorgt für klare Organisations- sowie einfache und effektive Ablauf- und Informationsstrukturen. Es enthält deshalb insbesondere Vorgaben und Muster für – Entscheidungs-, Weisungs-, Kontroll- und Informationsbefugnisse sowie für – Regelabläufe in Form einer Aufbauorganisation und einer Ablauforganisation. Ein Organisationshandbuch bietet für die Projektbeteiligten, insbesondere aber für den Auftraggeber bzw. Projektleiter, folgende Vorteile: – für den Auftraggeber die beste Möglichkeit, die Projektziele und die Erwartungen und Anforderungen gegenüber den Projektbeteiligten darzustellen, – bereits gemachte Erfahrungen aus anderen Projekten einzubringen, – klare Vorgaben für alle Mitarbeiter und Auftragnehmer durch die schriftliche Festlegung von Regeln in der Projektbearbeitung, – allgemeine Gültigkeit, weil Bestandteil interner Anweisungen und von Verträgen mit Dritten, – Verfügbarkeit durch schriftliche Unterlagen, die ggf. auch im Intranet einsehbar sind, – einheitliche Form und damit höhere Qualität der Projektbearbeitung aufgrund von Vorgaben, z. B. Abläufe, Vertragsteile, Formblätter, Datenformate u. a., – Zeitersparnis durch zentrale Datenpflege, z. B. Adressen der Projektbeteiligten, – Vereinfachung der Kommunikation durch vorgegebene Strukturen, Terminologie und Standards der Informationen wie EDV, Akten, Pläne u. a., – bessere Möglichkeiten für die Information des Auftraggebers bzw. Projektleiters und für Auswertungen, Prüfungen, Berichte sowie zur Steuerung, – Voraussetzung für Projektdokumentation, Inbetriebnahme und Gebäudemanagement. Das Organisationshandbuch ist Grundlage für das Projekthandbuch (siehe Abb. 4.14), das fortlaufend alle wesentlichen Projektdaten aufnimmt. Im Projekthandbuch sollen entsprechend der Struktur des Organisationshandbuchs zumindest dokumentiert werden: – Erläuterung der Projektziele – Darstellung der Projektstruktur – Liste der Projektbeteiligten – ausgewählte Übersichtspläne – Kurzfassung der Baubeschreibung – Flächen und Rauminhalte – Terminablaufplan und -daten – Kostenverlauf und -daten – ausgewählte Planungskennwerte – Sonstiges
4.1 Organisation
169
Organisationshandbuch
Projekthandbuch
Abb. 4.17:
Das Organisationshandbuch regelt den Projektablauf für alle am Projekt Beteiligten. Es wird z. B. vom Projektsteuerer im Rahmen der Projektvorbereitung aufgestellt und bei Bedarf fortgeschrieben.
Das Projekthandbuch geht aus dem Organisationshandbuch hervor. Es nimmt alle wesentlichen Projektdaten auf und bildet mit Abschluss des Projekts auch die Projektchronik. Es wird z. B. vom Projektsteuerer laufend aktualisiert.
Zusammenhang von Organisations- und Projekthandbuch.
Die Begriffe „Organisationshandbuch“ (OHB) und „Projekthandbuch“ (PHB) wurden lange Zeit beliebig verwendet. Abbildung 4.17 enthält bereits die jeweiligen Eigenschaften der beiden Informationsträger. Im Rahmen der Projektvorbereitung soll aufseiten des Auftraggebers ein Organisationshandbuch erstellt werden. Es wird im Bedarfsfall während der Projektdurchführung fortgeschrieben. Jeder am Projekt Beteiligte hat die für das Projekt festgelegten Regeln zu beachten. Die Regeln beziehen sich zum einen auf Arbeitsprozesse und zum anderen auf Arbeitsergebnisse nach einheitlichen Strukturen. Die im Projektablauf entstehenden Arbeitsergebnisse bilden somit eine „sich selbst fortschreibende Projektdokumentation“. Der Auftraggeber entscheidet darüber, welche Arbeitsergebnisse in das Projekthandbuch eingehen sollen. Das Projekthandbuch soll nur die wesentlichen Informationen beinhalten, die zum Verständnis des Projekts erforderlich sind. Nach Handlungsbereichen und Projektstufen geht es um die anfangs gesetzten Projektziele und das mit dem Objekt erreichte Ergebnis. Das Projekthandbuch wird gern auch als „Projektchronik“ bezeichnet. Es kann als ein sich fortwährend veränderndes Kapitel des Organisationshandbuchs verstanden werden.
170
4.1.4
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Projektbüro
Um die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten zu fördern, ist ein eigenes Projektbüro von großem Vorteil. Folgende Aspekte sind von Bedeutung: – Das Projektbüro solle möglichst zentral bzw. möglichst nahe am Gegenstand der Projektarbeit liegen, also anfangs beim Auftraggeber und später auf der Baustelle. – Im Projektbüro arbeiten nicht nur die Projektleitung und ggf. das Projektcontrolling, sondern auch eine externe Projektsteuerung mindestens vier Tage in der Woche zusammen, denn die räumliche Nähe fördert die Kommunikation innerhalb der Projektgruppe am ehesten. – Alle Auftragnehmer, Architekten, Ingenieure und ausführenden Firmen haben eine Anlaufstelle und können im Projektbüro viele Aufgaben erledigen: Einholen von Auskünften, Teilnahme an Besprechungen, Übergabe von Unterlagen, Angeboten u. v. m. – Das Projektbüro benötigt alle technischen und sonstigen Einrichtungen wie ein Büro einer Abteilung des Auftraggebers bzw. wie ein Planungsbüro: Sekretariat, Arbeitsräume für die Projektleitung sowie weitere Mitarbeiter, Besprechungsraum, Archiv, Informations- und Kommunikationstechnik und nach Möglichkeit ein eigenes Telefonnetz und eine eigene Poststelle. – Das Projektbüro soll mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln einfach zu erreichen sein und über genügend Parkplätze verfügen. „Zu den Aufgaben des Projektbüros gehören im Einzelnen: – zentrale Stelle für eingehende und ausgehende Post – Registrierung, Verteilung und Aufbewahrung aller Dokumente – Erstellung der Dokumente [...] (Schreibdienste) – Registrierung und Verfolgung von Materialanforderungen, Bestellungen, Reisekostenabrechnungen usw. – Verteilung der Vordrucke für die Berichterstattung – Erfassung der Fortschrittsberichte – Zusammenstellung der Projektberichte – Dienstleistungen jeder Art für das Projekt (Beschaffung von Räumen, Telefonanschlüssen, Büromaterial usw.)“ (Wischnewski, E.: Modernes Projektmanagement. 2001, S. 60) Auftraggeber sind gut beraten, wenn die Arbeitsplätze aller Mitglieder eines Projektteams, z. B. Projektleitung und eine zusätzliche externe Projektsteuerung, räumlich zusammengefasst sind. Der Informationsfluss wird durch räumliche Nähe, auch durch zufälliges Zusammentreffen von Projektbeteiligten, erheblich gefördert. Die Miete für das Projektbüro oder der Ansatz kalkulatorischer Selbstkosten und die dafür anfallenden Betriebskosten gehen in die Baunebenkosten, KG 772 Bewirtschaftungskosten nach DIN 276, und damit in die Gesamtkosten des Projekts ein.
4.2 Information
4.2
171
Information
Der Umfang an Informationen nimmt in Bauprojekten stetig zu. Informationen fallen auf der Bauherrenseite, in verschiedenen Fachbereichen der Planung und Beratung, bei den ausführenden Unternehmen und sonstigen am Projekt Beteiligten an. Damit ergeben sich unter anderem folgende Fragen: – Welche Informationen benötigt der Auftraggeber, um das Bauprojekt vorbereiten und im Hinblick auf die Machbarkeit und ein erfolgreiches Ergebnis vorbereiten zu können? – Welche Informationen muss der Auftraggeber an die Träger öffentlicher Belange geben, um die Genehmigung für das Bauprojekt zu erlangen (siehe an anderer Stelle die Fachliteratur zum öffentlichen Baurecht)? – Welche Informationen bilden ein Planungssoll, damit die an der Planung Beteiligten ihre Aufgaben verstehen können (siehe dazu Kap. 5.1.2)? – Welche Informationen müssen die an der Planung Beteiligten untereinander austauschen, damit aus ihren jeweiligen fachlichen Beiträgen eine vollständige und widerspruchsfreie Objekt- und Fachplanung entstehen kann (siehe dazu Kap. 10)? – Welche Informationen benötigen die ausführenden Unternehmen als Bau-Soll und darüber hinaus, um ein vertragsgerechtes und mangelfreies Werk zu erbringen? – Welche Informationen benötigen die Nutzer, um mit dem Objekt richtig umgehen zu können (siehe dazu Kap 4.4)? Aus diesen Fragen ergeben sich zwangsläufig weitere Fragen im Sinne einer effizienten Durchführung eines Projekts: – Wie erreicht man es, dass jeder am Projekt Beteiligte nur die Informationen bekommt, die er tatsächlich braucht? – Wie kann man es vermeiden, dass am Projekt Beteiligte die Informationen bekommen, die sie nicht brauchen oder die sie nicht bekommen dürfen? – Welche praktischen Formen, Verfahren oder Hilfsmittel der Information sind geeignet, um diese zu kommunizieren? Durch die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Informationstechnik entsteht leicht die Situation, dass am Projekt Beteiligte mit Informationen „überschüttet“ werden und dann viel Zeit benötigen, um wichtige und unwichtige Informationen zu unterscheiden. Im ungünstigen Fall verlieren sie den Überblick bzw. Zeit, oder die wesentlichen Informationen kommen nicht an. Erste Antworten auf diese Fragen lauten: – Es soll eine verantwortliche Institution geben, die sich dieser Problematik annimmt und den Austausch von Informationen bedarfsgerecht und effizient gestaltet und überwacht. – Es ist weiter festzulegen, welche Informationen in schriftlicher Form (Verträge, Planunterlagen, Mitteilungen, Protokollen und Berichten) und welche in mündliche Form (Besprechungen) oder in Archiven, Plattformen oder einem Projektraum ausgetauscht werden sollen.
172
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Der Bauherr geht in Bezug auf die Informationen mit gutem Beispiel voran Die Zuständigkeit bei Bauprojekten liegt unstrittig beim Auftraggeber: Er hat Mitwirkungspflichten gegenüber seinen Auftraggebern und gegenüber der Öffentlichkeit. Er wird sich je nach Kompetenz und Zeit helfen lassen. Vor allem der Bauherr benötigt seinen Anforderungen entsprechend aufbereitete Informationen zum aktuellen Projektstand und zur weiteren Entwicklung. Zweckmäßig sind regelmäßig zugehende Projektberichte, die knapp, anschaulich und einheitlich aufgebaut sein sollen und zeitnah zugehen müssen. Bei Bauprojekten, v. a. Großprojekten, werden zunehmend internetgestützte Projektkommunikationssysteme als Kommunikationsplattformen eingesetzt. So sind in AHO Heft 9 Mai 2014 als Leistungen vorgesehen (hier ohne Dokumentation, siehe dazu Kap. 4.4): Grundleistungen PS 1
Vorschlagen und Abstimmen der Kommunikationsstruktur des Informations-, Berichts- und Protokollwesens Mitwirken bei der Auswahl eines Projektkommunikationssystems
PS 2
Analysieren und Bewerten der ordnungsgemäßen Nutzung des Projektkommunikationssystems durch die Projektbeteiligten
PS 5
Organisieren des Abschlusses des Projektkommunikationssystems
Besondere Leistungen PS 1 Einrichten eines eigenen Projektkommunikationssystems (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, § 2) Darüber hinaus kommt es sehr auf das zwischenmenschliche Klima in Projekten an. Hierauf hat am ehesten der Auftraggeber Einfluss, denn: „Der Austausch von Informationen zwischen den Projektbeteiligten, insbesondere innerhalb des Projektteams, ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren des Projektmanagements. Trotz aller technischen Hilfsmittel, die Kommunikation erleichtern, bleibt ausschlaggebend, in wie weit die einzelnen Projektbeteiligten bereit sind, ihre Erfahrungen mitzuteilen und bei Problemen die anderen zu fragen.“ (Angermeier, G.: Projektmanagement-Lexikon […]. 2005, S. 190) Die grundsätzliche Forderung im Projektmanagement jeder Art besteht darin, dass laufende Information der Projektbeteiligten für alle Projektstufen jederzeit sichergestellt sein muss. Notwendig ist hierzu eine regelmäßige mündliche und schriftliche Berichterstattung in Verbindung mit einer koordinierten Datenverarbeitung, denn die Projektarbeit ist gekennzeichnet durch eine für den einzelnen Projektbeteiligten unüberschaubare Fülle von Informationen aus den zahlreichen benötigten Fachgebieten. Es ist festzulegen, welche Informationen zum Projekt für welche Beteiligten zur Verfügung stehen sollen. Der Bauherr und die Projektleitung müssen uneingeschränkte Kenntnis haben. Dagegen sind viele Informationen für den Auftragnehmer zwar nützlich, dürfen aber nicht ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden, z. B. Vertragsinhalte, Kostendaten, Protokolle zu internen Gesprächen. Hinsichtlich der Verteilung von schriftlichen Unterlagen bzw. der Vergabe von Zugriffsrechten auf z. B das Projektkommunikationssystem sind Festlegungen durch die Projektleitung zu treffen.
4.2 Information
173
Zur Vorbereitung und zur erfolgreichen Durchführung gehören: „– Information und Schulung aller am Projekt Beteiligten einschl. des gesamten Managements bezüglich der anzuwendenden Methoden bzw. der ‚Philosophie‘ des Projektmanagements. – Schaffung eines Informationssystems, das den Bedürfnissen von Projektplanung und -controlling gerecht wird. – Laufende Information aller am Projekt Beteiligten über den Projektverlauf, insbesondere bei Projektschwierigkeiten. – Regelmäßiger Dialog zwischen Projektleiter und Auftraggeber über das Projektgeschehen. – Förderung der Kommunikation zwischen Projektmitarbeitern. – Einführung der ‚Informations-Bring- und Holschuld‘ und schnellstmögliche Information an die Betroffenen (Bewußtsein der ‚Kunden-Lieferanten-Beziehung‘).“ (Zielasek, G.: Projektmanagement. 1995, S. 200) Bereits mit der Projektvorbereitung ist zu klären, welche Informationen über das spätere Gebäude (Objekt) für das Gebäudemanagement benötigt werden. Dazu gehören: – technische Informationen für die Ermittlung von Flächen, die Raumbelegung, die Erhaltung und die Veränderung von Flächen sowie für den Betrieb von Anlagen und Einrichtungen wie Planunterlagen, Bauverträge, Betriebsanweisungen u. a., – kaufmännische Informationen für die Selbstkostenrechnung sowie die Kostenumlage von Abschreibung, Kapitalkosten und den Kosten aus laufenden Maßnahmen auf die Nutzungsbereiche; zum Teil sind detaillierte Abrechnungen von Bauleistungen erforderlich, in vielen Fällen genügen auch Kennwerte, – Vertragsmanagement mit Regelungen zur Schnittstellendefinition und für die Abrechnung von Verbrauchs- und Serviceleistungen im Rahmen des Gebäudemanagements, beispielsweise Verwaltung, Steuern, Gebäudereinigung, Abwasser und Wasser, Strom, Bedienung, Wartung und Inspektion, Verkehrs- und Grünflächen, Sicherheitsdienst und Bauunterhalt. Die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten ist wesentlich durch den Austausch von Informationen gekennzeichnet. Diese findet im Projekt in Form von Besprechungen und informellen Gesprächen, Koordinationssitzungen, Berichten, Protokollen, Dokumentationen und in anderer Form statt. Um die Fülle von Informationen zu übersehen und um die für den Bauherrn wichtigen Informationen von den anderen zu trennen, sind Regelungen zu finden. Diese betreffen – Besprechungen und Protokolle, – Berichtswesen und – Projektkommunikationssystem. Die hier genannten drei Formen der Information werden im Folgenden ausführlich behandelt.
174
4.2.1
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Besprechungen und Protokolle
Die Information der am Projekt Beteiligten findet bei Bauprojekten zu einem großen Teil in Besprechungen statt. Diese sind von vornherein terminlich, inhaltlich und in Bezug auf die Teilnehmer so zu strukturieren, dass einerseits nur alle in fachlicher Hinsicht erforderlichen Beteiligten teilnehmen und andererseits alle interessierten und berechtigten Beteiligten über die Ergebnisse der jeweiligen Besprechung informiert werden. Der zeitliche Aufwand für die Besprechungen in Bauprojekten nimmt mit der Anzahl der am Projekt Beteiligten zu. Aufgrund der hohen Spezialisierung und der Arbeitsteilung wächst der Anteil der Arbeitszeit, der in Besprechungen zugebracht wird. Man stelle sich vor, dass 10 Personen an einer zweistündigen Besprechung teilnehmen. Die Hälfte der Personen benötigt zudem zwei weitere Stunden, um den Ort der Besprechung zu erreichen und wieder zurückzukehren. Die Teilnehmer an einer Besprechung sind überwiegend sehr gut ausgebildet, ihr Stundenaufwand ist im Mittel mit 70,00 €/h (netto) zu bewerten. Daraus ergeben sich Personalkosten in Höhe von 2.100 € (netto) zuzüglich MwSt. = gerundet 2.500 € (brutto). Darin sind die Fahrtkosten noch nicht enthalten. Es ist zu hoffen, dass die Besprechung vom Einladenden gut vorbereitet, gut moderiert und ein Ergebnis erreicht wurde, sodass alle Teilnehmer motiviert und mit den notwendigen Informationen in den folgenden Tagen ihre Arbeit erfolgreich fortsetzen können. Strukturierung von Besprechungen – ein Vorschlag Die für die Durchführung eines Bauprojektes notwendigen Besprechungen werden in Besprechungskreise unterschieden. Das sind zuerst einmal Projekt- und Nutzerbesprechungen aufseiten des Bauherrn, der Nutzer und gegebenenfalls eines Erwerbers. Weiterhin werden Planungsbesprechungen durchgeführt, die im Zuständigkeitsbereich v. a. des Objektplaners liegen. Das gilt ebenso für die Baubesprechungen, die von der Objektplanung oder an der Planung fachlich Beteiligten, je nach Fachbereich, eingeladen, geleitet und protokolliert werden. In jedem Fall ist grundsätzlich und im Organisationshandbuch zu regeln, welcher am Projekt Beteiligte die Besprechung vorbereitet, die Einladung zur Besprechung ausspricht bzw. versendet, die Besprechung leitet und an der Besprechung teilzunehmen hat. Schließlich ist noch festzulegen, welcher am Projekt Beteiligte das Protokoll anfertigt, wer das Protokoll anschließend erhalten soll und zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die Besprechungen regelmäßig stattfinden sollen (siehe Abb. 4.18). Die Projekt- und Nutzerbesprechungen dienen aufseiten des Bauherrn der Koordination der am Projekt Beteiligten und der Überwachung des Projektfortschritts im Hinblick auf die Projektziele. Die Anforderungen der Nutzer und Änderungswünsche, die häufig noch bis in die Bauausführung reichen, sind im Rahmen der Projekt- und Nutzerbesprechungen auf Vereinbarkeit mit den Projektzielen zu prüfen. Häufig werden Projektziele aufgrund von geänderten Nutzeranforderungen fortgeschrieben. Im Fall von Änderungswünschen der Nutzer, wenn z. B. höhere Qualitäten gewünscht werden, sind mit Unterstützung der Planer die Auswirkungen auf Kosten und Termine zu bewerten. Vorzugsweise ist eine Kostenübernahme durch den anfordernden Nutzer zu vereinbaren. Die Vorbereitung dieser Aufgaben obliegt i. d. R. der Projektsteuerung.
4.2 Information Projekt- bzw. Nutzerbesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit – Vorbereitung der Besprechung – Einladung zur Besprechung – Leitung der Besprechung – Teilnehmer an Besprechung – Anfertigung des Protokolls – Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung Planungsbesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit – Vorbereitung der Besprechung – Einladung zur Besprechung – Leitung der Besprechung – Teilnehmer an Besprechung – Anfertigung des Protokolls – Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung Baubesprechungen Projektbeteiligte(r)/Zuständigkeit – Vorbereitung der Besprechung – Einladung zur Besprechung – Leitung der Besprechung – Teilnehmer an Besprechung – Anfertigung des Protokolls – Verteilung des Protokolls Häufigkeit der Besprechung Ort der Besprechung
175
NU
PL
x
x x x
PS x (x) x x
OP
FB
TöB
(x)
(x)
(x) x
NU
PL
PS
x
x
OP x x x x x
FB
TöB
(x)
(x)
AF
(x) (x) 14-tägig, jeweils am Dienstag um 9.00 Uhr Büro des Bauherrn
NU
PL
PS
x
OP x x x x x
FB (x) (x) (x) (x) (x)
TöB
AF
Besprechungskreise und Besprechungsorganisation – Beispiel.
alle
x
alle
x
(x) x (x) 14-tägig, jeweils am Donnerstag um 9.00 Uhr Baustellenbüro der Objektüberwachung
Nutzer (Erwerber, Mieter, Mitarbeiter, Kunde) Projektleitung des Bauherrn Projektsteuerung Objektplaner (Architekt/planender Ingenieur je nach Objekt) fachlich Beteiligte(r) je nach Fachbereich Ausführende Firma/ausführende Firmen je nach Bauvertrag (Gewerk) Träger öffentlicher Belange Teilnehmer an der Besprechung Zuständigkeit bzw. Teilnahme und (x) entsprechend im Bedarfsfall.
Abb. 4.18:
alle
nach Bedarf Büro des Bauherrn
Erläuterung: NU PL PS OP FB AF TöB alle x
AF
x
176
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Im Rahmen der Planungsbesprechungen koordiniert der Objektplaner, z. B. der Architekt, im Rahmen seines vertraglichen Leistungsbilds die an der Planung fachlich Beteiligten in wirtschaftlicher, technischer und terminlicher Hinsicht. Der Bauherr, die Projektleitung oder Projektsteuerung nehmen bei Bedarf an diesen Terminen teil, um sich über den Fortschritt der Planung zu informieren und die Einhaltung der Projektziele zu überwachen. Gegenstand der vom Architekten oder in speziellen Fällen vom Fachingenieur geleiteten Baubesprechungen sind die technische und terminliche Koordination der ausführungsorientierten Planungsleistungen und die terminliche Koordination der ausführenden Firmen auf der Grundlage der Bauverträge und des abgestimmten Zeitplans für die Bauausführung. In Bezug auf Protokolle zu Besprechungen kann der Auftragnehmer, z. B. der Architekt, im Vertrag verpflichtet werden. Eine Formulierung dazu könnte folgendermaßen lauten: Von Besprechungen mit dem Auftraggeber hat der Auftragnehmer unverzüglich Niederschriften in dem Besprechungsinhalt angemessenem Umfang zu fertigen. Widerspricht der Auftraggeber diesen Niederschriften nicht binnen 10 Arbeitstagen nach Zugang schriftlich, so gelten die Besprechung und ihr Ergebnis als in der Niederschrift richtig niedergelegt. Entsprechendes gilt für Niederschriften, die dem Auftragnehmer vom Auftraggeber zugeleitet werden. Moderation von Besprechungen – ein Vorschlag Besprechungen durchzuführen, ist nur scheinbar einfach. Die Mehrzahl der an Bauprojekten Beteiligten hat kaum oder nur geringe Kenntnisse, wie eine Besprechung moderiert werden kann, oder wie man als Teilnehmer zum Erfolg einer Besprechung beitragen kann. Was ist das Ziel einer Besprechung? – Die Teilnehmer verbessern ganz allgemein ihren Informationsstand. – Offene Punkte werden geklärt, die Grundlagen für die weitere Arbeit des Einzelnen werden geschaffen oder verbessert. – Der Einladende vergewissert sich, dass die Teilnehmer die notwendigen Kenntnisse haben oder bekommen, und er stellt Ergebnisse vor und erkennt die weitere Entwicklung. – Probleme werden erkannt, ausgesprochen und es wird eine Lösung gefunden. – Die Teilnehmer verstehen sich als zusammengehörig, sind konstruktiv und arbeiten gern am gemeinsamen Projekt. Um zu wissen, wie es nicht laufen soll, und was eine „Besprechungs-Unkultur“ ist, „hier nur wenige Beispiele: – Teilnehmer verspäten sich, der Beginn verzögert sich und viele sitzen da und warten. – Die Technik (Beamer, Schreibstifte) im Besprechungsraum funktioniert nicht, alle müssen warten. – Teilnehmer weichen vom Thema ab, halten Monologe oder sagen gar nichts, weil kein Ziel festgelegt wurde. – Was besprochen wird, wird nicht visualisiert und nicht protokolliert, so dass Ergebnisse verloren gehen und das Thema im Sande verläuft.“ (http://www.business-wissen.de/handbuch/moderationstechnik/[…])
4.2 Information
177
Am Anfang dieses Unterkapitels wurden Besprechungskreise und deren Organisation erörtert. Für jeden Besprechungskreis sind Gliederungen vorzugeben. Diese orientieren sich sowohl an den Projektzielen als auch an den Aufgaben der Teilnehmer des jeweiligen Besprechungskreises. Die erforderliche Systematik soll vom Auftraggeber, gegebenenfalls unterstützt durch eine Projektsteuerung, im Rahmen der Projektvorbereitung festgelegt und im Organisationshandbuch oder Projektkommunikationssystem für alle am Projekt Beteiligten vorgegeben werden. Eine kleine humorige Anmerkung: Bei Besprechungen mit vielen Teilnehmern besteht die Gefahr einer zu langen Dauer, jeder der Teilnehmer möchte sich beteiligen nach dem Motto: „Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von allen.“ (Karl Valentin, Kabarettist und Autor (1882–1948)). Hinweise zum Besprechungsprotokoll Die Systematik der Besprechungen spiegelt sich in den Protokollen wider. Was ist ein Protokoll und was soll damit erreicht werden? Unter einem Protokoll ist ein Dokument zu verstehen, das festhält, zu welchem Zeitpunkt welche Instanz (am Projekt Beteiligte) welche Aktivität (Anordnung, Übergabe von Unterlagen u. v. m.) ausgeführt hat oder auch ausführen wird. Es lassen sich drei Arten von Protokollen unterscheiden: „– […] Protokoll, das im Vorfeld eines Projekts, etwa im Rahmen der ersten Vorbesprechung verfasst wird, und einen in der Zukunft stattfindenden Ablauf regelt. Dieses Protokoll wird auch ‚a-priori-Protokoll‘ oder ‚Konzept‘ genannt. Als ‚Monitoring‘ wird ein Protokoll bezeichnet, das einen aktuellen Ablauf zeitnah dokumentiert. ‚A-posteriori‘-Protokolle dokumentieren einen bereits abgeschlossenen Prozess, finden sich also vor allem in der Nachbereitung abgeschlossener Projekte“. (http://projektmanagement-definitionen.de/glossar/protokoll-log/) Darüber hinaus werden drei Protokoll-Formen unterschieden: – Verbal-Protokoll: Es werden Aussagen wörtlich erfasst. Solche Protokolle werden bei strafrechtlich relevanten Einvernahmen und vor Gericht angefertigt. Der Aufwand für diese Protokolle ist sehr groß. – Verlaufsprotokoll: Aussagen werden chronologisch zusammengefasst. Der genaue Wortlaut einer Aussage wird nicht erfasst. – Ergebnisprotokoll: Es werden vor allem die Ergebnisse festgehalten. Aussagen werden zusammengefasst. Wichtig ist, dass Beschlüsse festgehalten werden. (vgl. http://muster-vorlage.ch/vorlage-protokoll-word/) Bei Bauprojekten machen die hier so bezeichneten „Monitorings“ (Dokumentation aktueller Ereignisse) den größten Teil der Protokolle aus: Es werden zu den regelmäßigen Besprechungen der unterschiedlichen Besprechungskreise Ergebnisprotokolle angefertigt.
178
4.2.2
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Berichtswesen
Obwohl bei Bauprojekten in den letzten Jahrzehnten zahlreiche und umfangreiche Berichte verfasst werden, gibt es kaum Fachliteratur über die spezifischen Berichte in der Bau- und Immobilienwirtschaft. In den Wirtschaftswissenschaften steht der Begriff Berichtswesen als „Kurzbezeichnung für alle systematisch erstellten, entscheidungs- und führungsrelevanten Informationen enthaltenden Berichte in schriftlicher oder elektronischer Form. Das Berichtswesen ist eine zentrale Aufgabe des Controllings (internes Berichtswesen), zunehmend auch des externen Rechnungswesens (Value Reporting für den Eigen- und Fremdkapitalmarkt). Ziel des Berichtswesens ist allgemein die Deckung des Informationsbedarfs der Berichtsempfänger, speziell werden das Schaffen von Transparenz sowie die Vorbereitung und Kontrolle von Entscheidungen hervorgehoben.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/berichtswesen.html) Welche hier genannten Anforderungen sind auf Berichte über Bauprojekte übertragbar und können als Maßstab für ein qualifiziertes Berichtswesen über Bauprojekte gelten? – systematische Erstellung: Es können mehrere Arten von Berichten definiert werden, z. B. vierzehntägige oder monatliche Statusberichte, Quartals- oder Jahresberichte. Alle Arten von Berichten sollen eine über lange Zeit einheitliche Form, Gliederung und Darstellung haben und sich aus Routineaufgaben und Zuarbeiten, z. B. von der Objektplanung, ohne zu großen Aufwand erstellen lassen. – entscheidungs- und führungsrelevant: Die Berichte sind für die nächsthöhere Leitungsebene gedacht und sollen den Projektstatus in wesentlichen Zügen aufzeigen. Detailinformationen sollen nur in wesentlichen Punkten beigefügt werden. – schriftliche oder elektronische Form: Die Schriftform dient dem Nachweis der erbrachten Information. Das kann für den Berichtspflichtigen auch nach vielen Jahren noch sehr hilfreich sein. Die Schriftform zwingt zur sorgfältigen Vorbereitung. Der schriftliche Bericht ist ein Dokument. Der mündliche Bericht soll den schriftlichen Bericht nicht ersetzen, kann aber im Fall von Rückfragen oder unmittelbarem Entscheidungsbedarf zweckmäßig sein. – zentrale Aufgabe des Controllings: Anstelle eines herkömmlichen Controllings (Unternehmenscontrolling) werden bei Bauprojekten v. a. Projektleitung und Projektsteuerung entsprechende Berichte erstellen. Die Zuständigkeit und Verantwortung für das Berichtswesen ist in Pflichtenheften oder Leistungsbildern zu regeln und Personen zuzuordnen. – Deckung von Informationsbedarf: Der Bericht soll notwendige Informationen enthalten. – Schaffen von Transparenz: Der Bericht soll klar, einfach und verständlich sein. – Vorbereitung von Entscheidungen: Der Bericht ist Grundlage für Entscheidungen und dient darüber hinaus dem Nachweis der Entscheidungsfindung. Die aus der oben stehenden Definition herausgearbeiteten Anforderungen sagen noch nichts über die Inhalte von Berichten aus. Speziell als Aufgabe der Projektsteuerung heißt es in AHO Heft 9 „Die Berichtsform, Inhalt und Detaillierungstiefe richten sich in erster Linie an den Informationsbedürfnissen der Aufbauorganisation des Auftraggebers aus, die rechtzeitig abzustimmen sind.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 41)
4.2 Information
179
Die dort enthaltene Auflistung ist allerdings nicht ausreichend systematisch und auch begrifflich nicht ganz in Ordnung. Zweckmäßig dagegen ist es, „gegen die Projektziele“ zu berichten und dabei diejenigen Handlungsbereiche zu unterscheiden, für die Projektziele gesetzt und v. a. auch bewertet werden können. Es werden jeweils dargestellt: – Soll-Werte abgeleitet aus den Projektzielen – Ist-Werte auf Grundlage aktueller Feststellungen – Prognose und Risikobewertung als Einschätzung Für die Unterscheidung nach Projektzielen als übergeordnete Gliederungsstruktur eignen sich die AHO-Handlungsbereiche B, C und D besonders gut. Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten – Projektvorbereitung – Objekt- und der Fachplanungen (Angabe von z. B. Leistungsphasen) – Ausschreibung und Vergabe (Mengenangabe oder Prozentangabe) – Ausführung je Bauvertrag (Mengenangabe oder Prozentangabe) – Vorbereitung Inbetriebnahme (qualitative Angaben) Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung – Finanzierung (Eigen- und Fremdkapital) – Kostenermittlungen – Beauftragung/Abrechnung/Zahlung (Bauvertrage und Nachträge) – Nutzungskostenermittlungen (siehe Kap. 6.1.5) Handlungsbereich D – Termine, Kapazitäten und Logistik – Baustellenlogistik – Auslastung der Kapazität – Terminermittlungen (Projektvorbereitung, Planung, Ausführung) – Terminkontrolle – Terminsteuerung, soweit erforderlich (siehe Kap. 7.1.3) Grundsätzlich, also unabhängig von Berichten über Bauprojekte, werden in den Wirtschaftswissenschaften Berichtsarten nach dem Informationsbedarf unterscheiden, also – Standardberichte, – Abweichungsberichte und – Bedarfsberichte.
180
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Standardberichte (auch Statusberichte) machen meistens den größeren Teil von Berichten aus. Auf der Grundlage einmal festgelegter Inhalte (Gliederungsstruktur) werden die Standardinformationen in gleichbleibender Form zu festgelegten Zeiten regelmäßig übermittelt, oft an mehrere Stellen. Empfänger wählen die für sie zutreffenden Informationen aus. Diese Art des Berichts ist für Bauprojekte geeignet. Im Projektmanagement werden die Standardberichte häufig als „Statusberichte“ bezeichnet (vgl. Statusberichte im BBL M-V). „Status“ soll in diesem Zusammenhang als Zustand oder Entwicklungsstand verstanden werden. Dabei sollen nicht nur Angaben zu einem mengenmäßigen Fertigstellungsgrad abgegeben werden. Genauso wichtig sind die Bewertung der Qualität von Ergebnissen, eventuelle Abweichungen von den Projektzielen und die Prognose der zukünftigen Entwicklung einschließlich einer Risikoeinschätzung. Form und Sprache sollen für die am Projekt Beteiligten verständlich sein. Das betrifft insbesondere Informationen über die Technische Ausrüstung von Gebäuden oder andere spezielle Fachbereiche. Den Bedarf nach individuellen Informationen können Standardberichte im Allgemeinen nicht decken. Abweichungsberichte werden dadurch ausgelöst, dass im Planungs- oder Bauablauf über einen Soll-Ist-Vergleich größere Abweichungen festgestellt, oder besser noch: im Voraus erkannt werden. Grundlage hierfür kann die Identifikation eines Risikos sein. Abweichungsberichte beruhen auf dem Prinzip „management by exception“ (englisch: Ausnahme). Der Bericht wird also durch eine entscheidende Erkenntnis oder ein Ereignis ausgelöst. Der auslösende Zeitpunkt und der Inhalt eines Abweichungsberichts sind nicht vorhersehbar, er ist auf einen konkreten Abweichungsfall beschränkt. Als Beispiele können genannt werden: Versagen der Baugenehmigung, unerwartete Kostenüberschreitung bei einer Ausschreibung, Kündigung oder Konkurs eines Auftragnehmers, Unfall auf der Baustelle, Klageandrohung eines Dritten gegen das Bauprojekt. Bedarfsberichte werden durch einen einzelnen und kurzfristig auftretenden individuellen Informationsbedarf eines Empfängers ausgelöst. Auf die Voraussetzungen und Interessen des Empfängers ist besonderer Wert zu legen. Im günstigen Fall sind die gefragten Informationen aus den zur Verfügung stehenden Daten zu gewinnen. Es kann z. B. gefragt werden, welchen Anteil der Investition einer größeren Baumaßnahme dem Umweltschutz zugerechnet werden kann. Hier ist zuerst einmal zu klären, was im Einzelfall unter Umweltschutz zu verstehen ist, z. B. ökologische Ausgleichsmaßnahmen für versiegelte Flächen, Baumschutz oder Schutz der Anwohner vor Lärmbelästigung. Durch den Fortschritt in der Informationsund Kommunikationstechnik wird die Aufbereitung von Informationen für Bedarfsberichte zunehmend einfacher. (vgl. http://www.daswirtschaftslexikon.com/d/berichtswesen/berichtswesen.htm) Für alle Berichte gilt, dass sie möglichst nur das Wesentliche enthalten sollen. Das ist nicht neu. Das Gebot der Sachlichkeit und Kürze eines Berichts war schon Gegenstand einer Kabinettsorder von Friedrich II. an seinen Minister von Görne: „Hiernechst erinnere Euch nachmalen, in Euren Berichten nicht so abscheulich weitläufig zu seyn, sondern gleich ad rem zu kommen, und nicht 100 Wörter zu einer Sache zu gebrauchen, die mit 2 Wörtern gesagt werden kann. Ihr werdet daher solches künftig beobachten.“ (ad rem, lateinisch: zur Sache) (Piltz, G.: Friedrich II. […]. 2002, S. 7)
4.2 Information
181
Beispiel: Berichtswesen, insbesondere Statusberichte, im BBL M-V Bei der Entwicklung und Implementierung eines Projektmanagementstandards (PMS) für den Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V) (siehe Kap. 4.1.2) wurde auch auf Statusberichte Bezug genommen. Die Statusberichte dienen der Information der Dezernatsleitung durch die Projektleitung. Sie beruhen u. a. auf den Informationen der Objektplanung. Die baufachlichen Aufgaben (im Sinne der HOAI) können sowohl von Mitarbeitern oder Abteilungen des BBL M-V (wird als „Eigenerledigung“ bezeichnet) als auch von freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren erbracht werden. In beiden Fällen sind die Objektplaner verpflichtet, regelmäßig nach den Vorgaben des BBL M-V über den Projektverlauf im Allgemeinen und so bezeichnete „Bauzustände“ (BAST) im Besonderen an die Projektleitung zu berichten. Unter anderem auf dieser Grundlage berichtet die Projektleitung (Mitarbeiter des Dezernats) an die Dezernatsleitung als die nächsthöhere Entscheidungsebene. Die Dezernate des BBL M-V werden zusammengefasst auch als „das Projektmanagement“ bezeichnet. „Die Statusberichte werden von der Projektleitung – erstmalig als Statusbericht Projektstart bei der Erteilung des Planungsauftrags und – monatlich als Statusbericht Monat/Jahr und – am Ende des Projekts als Statusbericht Projektabschluss erstellt.“ Gegenstand der Berichtserstattung sind alle wesentlichen Leistungen und Ergebnisse sowie Ereignisse, Bewertungen und Prognosen, gegliedert nach den Handlungsbereichen entsprechend AHO Heft 9 (B, C, D) und den daraus abgeleiteten Projektzielen. „Darin sind enthalten: – Soll/Ist-Vergleiche auf Grundlage der Projektziele […], – offene Punkte, Handlungsbedarf, das Entscheidungs- und Änderungsmanagement, – das Risikomanagement, Prognosen und die fortlaufende Projektdokumentation. Hierin sind unter anderem enthalten und sind als Grundlage für den Statusbericht von Wert: – Maßnahmen mit Baumaßnahmennummer und Bezeichnung – Bauzustände (BAST) und Terminübersichten – Kostenwerte, Kostenkontrolle, freie Mittel, Auftragsübersicht VOB/VOL, – Zuständigkeiten.“ (BBL M-V (Hrsg.): Handbuch zum […]. 2014, S. 64–66) Die für das Projektmanagement wesentlichen Informationen erhalten eine einheitliche Form und sollen „auf einen Blick“ erkennbar sein. Dazu gehört ein Deckblatt mit den wesentlichen Berichtspunkten und der Bewertung der Berichtspunkte mithilfe einer Ampelfunktion: O grün, O gelb, O rot (siehe Abbildung 4.19).
182
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation Statusbericht der Projektleitung an das Projektmanagement (Muster)
Projekt:
Bezeichnung des Projekts
Projektleitung:
Name der Projektleiterin/ des Projektleiters
Aktueller Statusbericht:
Ordnungsnummer und Jahr/Monat aktueller Bericht
Vorheriger Statusbericht:
Ordnungsnummer und Jahr/Monat vorheriger Bericht
Dateiablage:
Dateiname und Verzeichnis
Berichtszeitraum:
Jahr/Monat oder anderer Zeitraum
Lebenszyklusphase (LZPH):
z. B. LZPH 3. Errichtung
Projektstufe:
z. B. Projektstufe 4. Ausführung
Leistungsphase:
z. B. LPH 8. Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Geplante Maßnahmen:
z. B. Benennung von Maßnahmen (Anlage)
Besondere Ereignisse:
z. B. Benennung von Ereignissen (Anlage)
Risikoeinschätzung:
z. B. Benennung von Risiken (Anlage)
Offene Punkte:
z. B. Benennung von offenen Punkten (Anlage)
Entscheidungsbedarf:
z. B. Benennung notwendiger Entscheidungen (Anlage)
Handlungsbedarf:
z. B. Benennung notwendiger Handlungen (Anlage)
Prognose:
Einschätzung wesentlicher Entwicklungen (Anlage)
Bewertung der Zielerreichung für den Statusbericht an das Projektmanagement – Organisation:
z. B. Koordination/Integration
O
O
O
– Qualitäten:
z. B. Benennung von Mängeln
O
O
O
– Kosten:
z. B. Soll-/Ist-Vergleich Bauwerkskosten
O
O
O
– Termine:
z. B. Soll-/Ist-Vergleich Meilensteine
O
O
O
Projekt gesamt:
Bewertung des Projektes insgesamt
O
O
O
Sonstiger Kommentar:
Anmerkungen nach Erfordernis
Unterschrift Projektleitung:
Name
Verzeichnis der Anlagen:
Liste
Abb. 4.19: Deckblatt Statusbericht der Projektleitung BBL M-V. (BBL M-V (Hrsg.): Handbuch zum […]. 2014, S. 65)
4.2 Information
4.2.3
183
Projektkommunikationssysteme
In den letzten Jahren haben sich gerade bei großen und komplexen Bauvorhaben Projektkommunikationssysteme etabliert, um eine projektbegleitende Kommunikation und den reibungsfreien Informations- und Datenaustausch zu ermöglichen. Dabei handelt es sich um moderne internetgestützte Kommunikations- und Informationsplattformen, die dem Datenaustausch der am Projekt Beteiligten dienen. Abhängig von der Funktionalität lassen sich Projektkommunikationssysteme (PKS) und Projektkommunikations- und Managementsysteme (PKMS) unterscheiden. Letztere besitzen zusätzliche Funktionen, die zur Projektsteuerung benötigt werden. Das Ziel des Einsatzes von PKMS sind die „effektive, strukturierte, gleichzeitige und permanente Bereitstellung von Dokumenten, die Dokumentation aller Vorgänge und die Steigerung der Transparenz bei der Planung und Ausführung des Projekts.“ Nachfolgend wird zur Bezeichnung der Projektkommunikationssysteme vereinfachend einheitlich der Begriff PKMS verwendet. (Mersch, H.: Projekträume im Internet. DAB 2/2006, S. 42) Ein PKMS ist „ein Werkzeug, ein Steuerungsinstrument, das hilft, die Projektabläufe zu systematisieren, für alle Projektbeteiligten transparent zu machen und gewährt den gleichen Informationsstand (z. B. Protokolle, Pläne) und die Nachvollziehbarkeit jedes Vorgangs bei allen Projektbeteiligten.“ (http://www.bayika.de/de/pkms/pdf/BayIka2013_PKMS_Screen.pdf) Der Vorteil von internetbasierten Werkzeugen liegt in der Unterstützung zeitlich und räumlich versetzt arbeitender Projektbeteiligter. „Die marktüblichen Projektplattformen bieten umfangreiche Funktionen, wie die folgende Liste zeigt. In der Regel sind die Plattformen modular aufgebaut, sodass die benötigten Module einzeln hinzugefügt werden können: – Kommunikation (inkl. Forum, SMS, E-Mail und Fax) – Kalenderfunktionen – Planmanagement – Dokumentenmanagement – Mehrsprachigkeit, Berichte und Reports – Repro-Service (Planbestellung via Internet) – Protokolle und Aufgaben – Workflow- und (Plan-)Freigabeprozesse – Mängelmanagement – Bautagebuch online – Fotos und Webcam, Online-Meeting – Aufgabenmanagement – Ausschreibung und Vergabe – Baufortschrittsdokumentation – Digitales Archiv.“ (Sturm, E.: Teamarbeit im Netz. In: DAB 12/2007, S. 53)
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4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die Kosten, die ein PKMS verursacht, sind nicht zu unterschätzen. Bei der Entscheidung für oder gegen ein PKMS muss in Erwägung gezogen werden, dass auch ohne Einsatz eines PKMS Kosten in Form von Informationsverlusten oder Dopplungen, Mehraufwand für Vervielfältigungen etc. entstehen. Die Zeitersparnis, die permanente Verfügbarkeit aktueller Daten und der reibungslose Ablauf sind sicherlich von Vorteil. Änderungen sind bei größeren Projekten unvermeidbar. Daher wird der Bauherr immer Interesse haben, diese schnellstmöglich zu erkennen und zu beheben. PKMS im Leistungsbild Projektsteuerung Im Kommentar zum Leistungsbild der Projektsteuerung wird auf PKMS wie folgt Bezug genommen: „Die Intensität der Kommunikation zwischen den Baubeteiligten von niedrig bis hoch beschreiben die Verben informieren, koordinieren, kollaborieren und kooperieren (in dieser Reihenfolge). Projektkommunikationssysteme unterstützen die Zusammenarbeit über elektronische Netzwerke in allen vorgenannten Intensitäten. Dabei stehen Funktionen für den Austausch und die gemeinsame Ablage von Dokumenten, für den Austausch von Nachrichten, für die Verwaltung von Adressen und Kalendern sowie die Vorgangssteuerung in Form von Workflows im Vordergrund.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 198) Die Implementierung eines PKMS im Projekt muss sehr frühzeitig durch den Auftraggeber gemeinsam mit seinem Projektsteuerer angegangen werden. Die dafür erforderliche Zeit wird von den Beteiligten oft unterschätzt. Die Einrichtung des PKMS erfolgt in der Projektvorbereitung. Im Kommentar zu AHO Heft 9 Mai 2014 heißt es dazu: „Kernaufgabe des Projektsteuerers ist es, in Abstimmung mit dem Auftraggeber die Prozesse zur Steuerung der Kommunikationsvorgänge für den erfolgreichen, den terminlichen Anforderungen entsprechenden Projektablauf zu entwickeln und umzusetzen. Insbesondere bei komplexen Projekten entstehen unzählige einzelne Kommunikationsvorgänge. Bei hierzu eingesetzten Projektkommunikationssystemen handelt es sich i. d. R. um internetbasierte und datenbankgestützte Anwendungen für definierte, dem Projektablauf angepasste erweiterbare Benutzergruppen. Durch diese können Informationen ort- und zeitunabhängig ausgetauscht werden.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 44) Verfügt der Bauherr nicht von vornherein über ein eigenes PKMS, sind als Grundleistung des Projektsteuerers in der Projektvorbereitung gemeinsam mit den weiteren Beteiligten Abstimmungen zum Einsatz, zum Aufbau und zur Funktionalität des PKMS zu treffen. Bringt der Projektsteuerer ein eigenes PKMS mit, das über alle Projektphasen eingesetzt wird, oder wird ein System eines externen Betreibers integriert, so erfordert das zusätzlichen Koordinations- und Steuerungsaufwand und fällt in den Bereich der Besonderen Leistungen. In den Projektstufen 2 Planung, 3 Ausführungsvorbereitung und 4 Ausführung ist durch den Projektsteuerer regelmäßig eine Nutzungs- und Funktionsprüfung des PKMS im laufenden Betrieb durchzuführen. Die zu prüfenden Auswahlkriterien sind durch den Projektsteuerer festzulegen. In der Projektstufe 5 Projektabschluss heißt es: „Es sind dann spezielle Verfahrens- und Organisationsvorgaben in Abstimmung mit dem Auftraggeber erforderlich, nach denen die Dateien [...] gemäß vereinbarter Gliederungs- und Ablagesystematik auf geeigneten Datenträgern gesichert werden.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 109)
4.2 Information
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Funktionskriterien von PKMS Die Einsatzmöglichkeiten und Softwarelösungen sind äußerst vielseitig und vor dem Hintergrund einer Vielzahl anbietender Softwarehersteller vor dem Einsatz als PKMS genau auf Eignung und Funktionalität zu prüfen. Bei der Konfiguration spielen letztendlich die Projektgröße einerseits und die Anforderungen der Beteiligten andererseits eine entscheidende Rolle. Es sind hinsichtlich folgender Punkte grundsätzliche Überlegungen anzustellen:
Projektstruktur: Es bietet sich beispielsweise eine Gliederung in Gebäude, Bauabschnitte, Lose, Geschosse und Bauteile an. Das PKMS soll in der Lage sein, beliebige Projektstrukturen abzubilden.
Planverwaltung: Die Planverwaltung soll einschließlich der Attribute wie z. B. Planinhalt, Status, Maßstab, Erstellungs- und Prüfdatum möglich sein. Auf Schnittstellenkompatibilität zu anderen Dateiformaten und die Einrichtung eines sinnhaften Plannummernsystems ist zu achten.
Dokumenten- und Versionsverwaltung: Neben den Plänen sollen auch weitere Dokumente verwaltet werden können, z. B. Textdateien von Besprechungsprotokollen, Gutachten, Vertrags- und Vergabeunterlagen, sowie digitale Bilder und Baustellenvideos und gegebenenfalls Tondokumente.
Upload und Download: Die Bereitstellung neuer Daten oder das Abrufen von Plänen und Dokumenten erfolgt über Up- und Download wobei dies nicht nur für einzelne Dateien sondern auch für mehrere Dokumente gleichzeitig (Stapelverarbeitung) möglich sein soll. Beim Upload werden den Plänen und Dokumenten über ein intelligentes Plannummernsystem automatisiert weitere Attribute zugeordnet.
Viewing und Redlining: Gewährleistung der Dokumenteneinsicht über Vorschau (Viewing-)Funktion, ohne dass die Pläne ständig heruntergeladen werden müssen.
Workflow (Bearbeitungsfluss): Der Workflow bezieht sich auf die Benachrichtigung der Beteiligten, sobald ein neues Dokument oder ein neuer Plan vorliegt. Es sollen hier entsprechende Regeln über die Benachrichtigung und Aufgabenzuweisung angelegt werden.
Einbindung von Reprobetrieben: Mitunter gibt es Beteiligte, die selbst keine Pläne großmaßstäblich ausdrucken können. In diesem Fall ist es sinnvoll, über den Workflow die Vervielfältigung und Verteilung von Plänen durch einen Reprobetrieb einzubinden.
Archivierung und Weiternutzung der Daten: Betreiber und Nutzer des PKMS sollten langfristig denken. Auch nach Projektabschluss bieten die Dokumente eine wertvolle Grundlage z. B. für das Facility-Management.
Erweiterte Funktionen und Konfigurierbarkeit: Das PKMS soll immer an das Projekt anpassbar sein. So ist die Integration weiterer Funktionen denkbar wie z. B. eine Kalenderfunktion mit einem Terminmanagement für die Projektbeteiligten, ein Ausschreibungsmodul zum Verteilen von Ausschreibungsunterlagen, u. a. (vgl. Mersch, H.: Projekträume im Internet. DAB 2/2006, S. 4344)
186
4.3
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Koordination
Die Koordination ist eine immer wieder genannte Tätigkeit in den Aufgabenbereichen sowohl des Bauherrn, der Planer als auch der ausführen Firmen. Insofern ist es notwendig, das Verständnis für die Bedeutung, den Gegenstand sowie die Methoden und Werkzeuge der Koordination zu verdeutlichen. Koordination ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeitsorganisation. Sie kann wie folgt zusammengefasst werden: „Koordination ist das systematische, zielgerichtete Abstimmen von Absichten, Maßnahmen, Aufgaben und Tätigkeiten, die zueinander irgendwie in Beziehung stehen. Dadurch erreicht man ein geordnetes, zielgerichtetes und wirtschaftliches Zusammenwirken aller beteiligten Stellen.“ (Brandenberger, J.; Ruosch, E.: Projektmanagement […]. 1996, S. 71) Ziel der Koordination muss es sein, die verschiedenen Aktivitäten im Projekt und im Projektumfeld aufeinander abzustimmen, um damit die Zusammenarbeit der am Projekt Beteiligten unter Berücksichtigung aller wesentlichen Gesichtspunkte, insbesondere im Hinblick auf die Projektziele, zu ordnen und optimal aufeinander abzustimmen. Anlass zur Koordination besteht immer dann, wenn zwischen den arbeitsteiligen Handlungen der organisatorischen Einheiten gegenseitige Abhängigkeiten bestehen. Koordination kann dazu führen, dass – die Projektziele in der täglichen Arbeit deutlich gemacht und auf Verbesserungs- und Änderungsmöglichkeiten hin überprüft werden, – Verteilungskonflikte gelöst werden, – Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass Doppelarbeit vermieden wird und sich eine optimale Reihenfolge realisieren lässt, und – Wissens- und Wahrnehmungsunterschiede unter den am Projekt Beteiligten ausgeglichen werden. Gleichzeitig müssen die Grenzen der Koordination beachtet werden. Der Einsatz von Regeln und Werkzeugen zur Koordination verursacht Kosten und kann den Einzelnen einschränken und demotivieren. Ein Verzicht auf Koordination hingegen verursacht vermeidbaren Aufwand für redundante oder überflüssige Arbeiten. Im Hinblick auf die Effizienz der Organisation stellt sich stets die Frage nach dem optimalen Koordinationsgrad. (vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/koordination.html) Die Notwendigkeit der Koordination ergibt sich insbesondere bei Bauprojekten aufgrund der Arbeitsteilung und der Spezialisierung auf Teilaufgaben sowohl bei der Planung als auch der Ausführung von Baumaßnahmen. Die Aufgabenteilung kann erfolgen als – horizontale Aufgabenteilung; bei Projekten im Bauwesen ist dies sowohl in der Planung wie Objektplanung, Tragwerksplanung und Planung der Technischen Ausrüstung unterteilt nach Anlagegruppen als auch in der Bauausführung mit einer Aufteilung nach Gewerken üblich, – vertikale Aufgabenteilung; entsprechend dem Planungs- und Bauablauf ergeben sich Aufgabenschwerpunkte, häufig Aufteilungen zwischen der Vorbereitung der Planung durch den Bauherrn, der Entwicklung der Planungsidee im Rahmen eines Architektenwettbewerbs, der Objektplanung, der Leistungsbeschreibung sowie der Objektüberwachung durch unterschiedliche Architekten und Ingenieure,
4.3 Koordination
187
um nur die häufigsten Fälle zu nennen. Die umfassende Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben, die gerade bei Bauprojekten wegen der Aufgabenteilung zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist inzwischen zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg eines Projekts geworden. Es muss festgestellt werden, dass die Bedeutung der Koordination und der damit verbundene Aufwand häufig unterschätzt werden. Oft wird eine Koordinationsleistung von Projekt- und Planungsbeteiligten stillschweigend erwartet und nicht von Anfang an eindeutig und für alle am Projekt Beteiligten verbindlich geregelt.
4.3.1
Zuständigkeiten der Koordination
Es ist bei einem Bauprojekt die Pflicht des Auftraggebers, für eine funktionierende Organisation zu sorgen. Die Projektleitung oder eine ihr zur Seite gestellte Projektsteuerung übernimmt es, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Organisation durch Festlegungen zur Koordination zu schaffen. Hierzu gehören die Definition der Leistungsbilder, die Festlegung der Arbeitsabläufe unter Berücksichtigung von Schnittstellen sowie die Verdeutlichung von Zielen und Werten in Organisationsanforderungen und Verträgen. Hierzu formulierte Pfarr bereits vor vierzig Jahren: „Zur Koordination braucht es einen ‚geistigen Leitfaden‘, der in der Zielsetzung des Bauherrn zu finden ist. Wie notwendig Koordination ist, kann man am ehesten dann feststellen, wenn sie fehlt, wenn nicht alle ‚an einem Strang ziehen‘. Der Anteil der Koordinationsaufgaben wird nicht selten unterschätzt.“ (Pfarr, K.: Honorarfindung nach HOAI – aber wie? 1978, S. 105) Aufgaben der Koordination sind in bestimmten Fällen Leistungen des Objektplaners, diese sind allerdings nicht umfassend und auf alle sonstigen Aufgaben des Projekts gerichtet. Als mit der Zusammenfassung der Gebührenordnung für Architekten (GOA) und der Gebührenordnung für Ingenieure (GOI) im Jahre 1977 die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) entstand, wurde in diesem Zusammenhang auch der Bedeutung des Projektmanagements bei Bauprojekten Rechnung getragen, indem mit § 31 HOAI die Projektsteuerung aufgenommen wurde. Im dort noch sehr grob beschriebenen Leistungsbild wird mehrfach die Koordination als Teilleistung genannt. Hierzu stellte Locher seinerzeit fest, dass die Klärung der Aufgabenstellung, Erstellung und Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt (HOAI 1977, § 31 Abs. 1 Nr. 1) über die Leistungspflichten des Architekten hinausgehen können, und dass die Koordinierungspflichten für das Gesamtprojekt umfassender sein können als die, welche der Architekt zu erbringen hat. (vgl. Locher, H.; Koeble, W.; Frik, W. (Hrsg.): Kommentar zur HOAI […]. 1996, S. 594)
188
4.3.2
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Koordination durch die Projektsteuerung
„Was macht eigentlich eine Projektsteuerung?“ Das war eine häufige gestellte Frage in den 1980er-Jahren, als dieses Leistungsbild neu und vielen am Bau Beteiligten noch weitgehend unbekannt war. Die Antwort lautete oft spontan: „Sie koordiniert.“ „Und was oder wen koordiniert die Projektsteuerung?“ Diese zweite wichtige Frage konnte nach einem Blick in den § 31 HOAI beantwortet werden. Denn als Leistungen waren genannt: „1. Klärung der Aufgabenstellung, Erstellung und Koordinierung des Programms für das Gesamtprojekt […] 4. Koordinierung und Kontrolle der Projektbeteiligten, mit Ausnahme der ausführenden Firmen […] 8. Koordinierung und Kontrolle der Bearbeitung von Finanzierungs-, Förderungs- und Genehmigungsverfahren“ (§ 31 Abs. 1 HOAI 1977) An dieser Stelle sei noch zu erwähnen, dass hiermit die Aufgaben der Projektsteuerung auf das Projekt (auch Projektbeteiligte) und die Aufgaben des Objektplaners auf das Objekt (auch Objektüberwachung) gerichtet sind. Diese feine und wichtige Unterscheidung wird allerdings nicht immer wahrgenommen. Die Notwendigkeit der Koordination als Bauherrenaufgabe, v. a. bei Einsatz mehrerer Fachbereiche, ist bekannt. Deswegen war Koordination in der Funktion des Auftraggebers gefragt. Davon sollen jedoch die Aufgaben des Objektplaners nicht berührt werden. In Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation war und ist die Koordination als Grundleistung allerdings nicht zu finden. (vgl. AHO Heft 9 November 1996 bis AHO Heft 9 Mai 2014), allerdings aktuell als Besondere Leistung PS 1
Koordination von speziellen Organisationseinheiten des Auftraggebers
PS 4 Koordinieren besonderer Anforderungen der Betreiber-/Nutzerorganisation. (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 15 und 19)
4.3.3
Koordination durch die Objektplanung
Die Objektplanung hat gegenüber den an der Planung fachlich Beteiligten eine Koordination zu leisten, wenn sie deren Beiträge in die Eigenplanung v. a. termingerecht integrieren will (Vorplanung, Entwurfsplanung) oder verwenden soll (Ausführungsplanung). Hierzu der Wortlaut im Leistungsbild § 15 Objektplanung für Gebäude und Freianlagen: LPH 6 LPH 8
Abstimmen und Koordinieren der Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten
Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm) (Anm. d. Verf.: Dies erfordert sowohl die technische wie auch die terminliche Koordination der ausführenden Firmen, ohne dass dies ausdrücklich so beschrieben ist.) (vgl. § 15 HOAI 1977)
4.3 Koordination
189
Darüber hinaus ist eine Koordination erforderlich, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt wird. Sie ist allerdings aus folgenden Teilleistungen abzuleiten: LPH 2
Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter
LPH 3
Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter
LPH 5
Erarbeiten der Grundlagen für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten und Integrierung ihrer Beiträge bis zur ausführungsreifen Lösung (vgl. § 15 HOAI 1977)
Der Koordination der zunehmenden Zahl an der Planung fachlich Beteiligter (v. a. Technische Ausrüstung u. a.) durch den Objektplaner wird erstmals durch die Berücksichtigung anrechenbarer Kosten der Technischen Ausrüstung Rechnung getragen. Der so bezeichnete „Koordinationszuschlag“ ist Gegenstand des § 10 Abs. 3a HOAI 1977 (in den späteren Jahren § 10 Abs. 4 HOAI 1991). Danach werden die Kosten für Installationen, betriebstechnische Anlagen und betriebliche Einbauten (DIN 276:1981-04), die der Auftraggeber nicht plant und nicht überwacht, grundsätzlich zu den anrechenbaren Kosten gezählt, da er die Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten koordiniert, um sie dann in die Eigenplanung integrieren zu können. Es sei an dieser Stellen noch angemerkt, dass in den vorangegangenen Jahrzehnten die Notwendigkeit der Koordination – zumindest im Bereich der Objektplanung – geringer war, weil Architekten bei einfachen Bauten sowohl die Tragwerksplanung als auch die Planung der Technischen Ausrüstung selbst übernommen. Damit entfiel nicht nur die Koordination, sondern auch der Honoraranspruch. So ist in einem Kommentar zur Gebührenordnung für Architekten (GOA) aus den 1950er-Jahren nachzulesen: „Um bei einfachen Bauten, deren Konstruktion keine Schwierigkeiten macht, den Auftraggeber nicht mit besonderen Kosten für die Anfertigung einer statischen Berechnung durch einen Ingenieur zu belasten, ist es üblich, daß statische Berechnungen für die Konstruktion einfacher Massivdecken oder Balkendecken, Überlagsträger, von Fenster- und Türöffnungen, einfacher Dachverbände usw. vom Architekten im Rahmen seiner Gesamtleistung ohne besondere Vergütung mit angefertigt werden.“ (Roth, W.; Gaber, B.: Kommentar zur […] GOA. 1952, S. 45) Die Koordination der Projektsteuerung ist auf das Projekt (Programm, Projektbeteiligte) und Finanzierungs-, Förderungs- und Genehmigungsverfahren gerichtet. Die Koordination des Objektplaners ist auf das Objekt, z. B. Gebäude, gerichtet. Somit ist es im Verordnungstext der HOAI gelungen, die Bauherrenaufgaben der Projektsteuerung und die baufachlichen Aufgaben der Objektplanung deutlich zu unterscheiden. Überschneidungen von Leistungen kamen dennoch vor. Sie hätten vermieden werden können durch aufmerksames Lesen und Verstehen der Verordnungstexte sowie durch die Bereitschaft, Leistungsbilder anderer Auftragnehmer anzuerkennen. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten ist in der Praxis häufig unzureichend. Architekten kommen ihren Leistungspflichten oft nicht ausreichend nach. Auftragnehmer der Projektsteuerung versuchen, in fast allen Bereichen – auch in der Planung – aktiv zu werden, sind hierbei aber oft überfordert. Umso wichtiger ist es, schon in der Projektvorbereitung die Zuständigkeiten der zahlreichen unterschiedlichen Aufgaben der Koordination zu erkennen und denjenigen am Projekt zuzuordnen, die es voraussichtlich am besten leisten können.
190
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die Aufgaben der Koordination der Objektplanung blieben im Wortlaut von der HOAI 1977 bis zur HOAI 2009 unverändert. Auch die Ermittlung des Koordinationszuschlags blieb gleich. Erst in der HOAI 2013 wurde die Koordination auch dort deutlich gemacht, wo sie bisher aus der folgenden Integration von Leistungen interpretiert werden musste, weil sie dort nach Auffassung des Verfassers nicht verzichtbar war. Alle hier aufgeführten Teilleistungen sind unabhängig davon, ob der Begriff „Koordination“ enthalten ist, erforderlich. Insofern war es folgerichtig, dass im Zuge der 7. Änderungsnovelle der Bedeutung der Koordination durch den Objektplaner, unabhängig von der Objektart, sowohl redaktionell als auch inhaltlich Rechnung getragen worden ist. LPH 2 e) Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen LPH 3 b) Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen LPH 5 c) Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen LPH 6 c) Abstimmen und Koordinieren der Schnittstellen zu den Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten LPH 7 a) Koordinieren der Vergaben der Fachplaner LPH 8 c) Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten, k) Organisation der Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter, Feststellung von Mängeln, Abnahmeempfehlung für den Auftraggeber (vgl. HOAI 2013, Anlage 10) Die Anforderungen an den Objektplaner, Architekt, werden in Merkblatt 3 – HOAI 2013, herausgegeben von der Bayerischen Architektenkammer, anschaulich erläutert: LPH 2 e): „Wenn in Zukunft gefordert wird, dass die erforderlichen Fachplaner zeitgleich mit dem Architekten beauftragt werden und dieser deren Leistungen zu integrieren und darüber hinaus auch jetzt zu koordinieren hat, setzt dies voraus, dass der Architekt seinerseits seine Arbeitsergebnisse rechtzeitig den Fachplanern zur Verfügung stellt.“ LPH 3 b) „wie unter LPH 2 bereits beschrieben, ist hier die Koordination der Fachplaner – dem fortgeschrittenen Planungsstand entsprechend – durchzuführen.“ LPH 5 c) „Wie bereits in den vorgehenden Leistungsphasen beschrieben, ist hier die Koordination der Fachplaner – dem fortgeschrittenen Planungsstand entsprechend – durchzuführen.“ LPH 6 c) „Mit dem Hinweis auf Schnittstellen soll klargestellt werden, in welcher Zuständigkeit des Planers und in welchem Gewerk die jeweilige Leistung auszuschreiben ist wie z. B. Kernbohrungen für TGA-Gewerke etc.“ LPH 7 a) „Hier handelt es sich um die zeitliche Koordination der Vergaben der Fachplaner im Rahmen des Vergabeterminplans aus der LPH 6.“
4.3 Koordination
191
LPH 8 k) „Diese neue Formulierung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Abnahme nur durch den Auftraggeber selbst durchgeführt werden kann. Dem Architekten obliegt (lediglich) die Vorbereitung und Organisation der Abnahme.“ (http://www.byak.de/media//Info_fuer_Mitglieder/Recht/[...]) Der zeitliche Aufwand der Koordination, z. B. in Form von Planungsbesprechungen, kann sehr hoch sein. So wird der Koordination und Integration von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten durch die Objektplanung in der Form Rechnung getragen, dass die Kosten der Technischen Anlagen (KG 400 nach DIN 276-1), die er nicht selbst plant und überwacht, nach § 33 Abs. 2 HOAI 2013 vollständig oder zur Hälfte als anrechenbare Kosten der Objektplanung Berücksichtigung finden.
4.3.4
Matrix der Koordination bei Bauprojekten
Eine schlechte Koordination verursacht nicht nur bei der Planung, sondern in noch größerem Maße bei der Ausführung Reibungsverluste, Fehler, Ärger sowie Termin- und v. a. Kostenüberschreitungen. Die am Projekt Beteiligten sind in vielfältiger Weise voneinander abhängig. Man kann es auch so formulieren: „Jeder ist Lieferant und Kunde zugleich.“ Denn jeder am Projekt Beteiligte ist auf Vorleistungen angewiesen – auch der Bauherr – und muss auf dieser Grundlage weiterarbeiten. Im schlechten Fall werden Zeitverzug, Unvollständigkeit und Fehler weitergegeben und können sich vergrößern. Für die Wahrnehmung der übergeordneten Koordination und die oberste Kontrolle unterschiedlicher Aufgaben der Koordination (siehe Abb. 4.20) ist grundsätzlich der Bauherr oder die ihn vertretende Projektleitung verantwortlich. Soweit der Bauherr diese Aufgaben nicht selbst wahrnehmen kann, muss er sie delegieren. Bei kleinen bis mittleren Projekten kann der Architekt viele Aufgaben übernehmen. Bei großen Projekten ist der Einsatz einer Projektleitung oder einer Projektsteuerung erforderlich. Dabei sollen vorhandene Leistungsbilder – wenn möglich – nicht verändert werden. Hierbei soll in die übergeordnete, rechtliche, technische, wirtschaftliche und terminliche Koordination unterschieden werden. In den Regelwerken (AHO, HOAI) zugeordnete Aufgaben sollen nicht ohne guten Grund einem anderen am Projekt Beteiligten zugeordnet werden. Unabhängig davon ist es notwendig, am Anfang eines Projekts zu überlegen und rechtzeitig verbindlich festzulegen, wann und wo Aufgaben der Koordination anfallen, und welcher am Projekt Beteiligte diese zu übernehmen hat. Abbildung 4.20 ist bei den Überlegungen und Festlegungen eine Hilfestellung.
192
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Aufgaben der Koordination
Zuständigkeit für die Koordination
Gegenstand der Koordination
übergeordnete Koordination (Projekt)
Bauherr (Projektleiter, Projektsteuerer)
Bedarfsplanung, Berücksichtigung der Rahmenbedingungen, Programm für das Gesamtprojekt, Definition der Projektziele
rechtliche Koordination (Projekt)
Bauherr (Projektleiter, Projektsteuerer, Rechtsanwalt)
Verträge mit Nutzern (Mieter, Erwerber) Verträge mit an der Planung Beteiligten Genehmigungsverfahren Verträge mit an der Ausführung Beteiligten
technische Koordination (Objekt)
Objektplaner Gebäude (Architekt)
Beiträge an der Planung fachlich Beteiligter und Integration in die Eigenplanung (Vorplanung bis Ausführungsplanung) Beiträge an der Planung fachlich Beteiligter und Integration in die Leistungsbeschreibung sowie bei der Vergabe Beiträge an der Planung fachlich Beteiligter bei der Objektüberwachung Leistungen der ausführenden Firmen
wirtschaftliche Koordination (Projekt)
Bauherr (Projektleiter, Projektsteuerer)
(Objekt)
Objektplaner Gebäude (Architekt)
Investition (Gesamtkosten, Nutzungskosten) Finanzierung (Eigen- und Fremdmittel) Wirtschaftlichkeitsermittlung Kostenplanung der an der Planung fachlich Beteiligten, Integration in die Eigenplanung (Kostenschätzung bis Kostenfeststellung) Optimierung der Planung
terminliche Koordination (Projekt)
Bauherr (Projektleiter, Projektsteuerer)
am Projekt Beteiligte (Nutzer, Objektplaner und fachlich Beteiligte mit Ausnahme der Leistungen der ausführenden Firmen)
(Objekt)
Objektplaner Gebäude (Architekt)
Beiträge an der Planung fachlich Beteiligter und Integration in die Eigenplanung von der Vorplanung bis zur Ausführungsplanung und bei der Leistungsbeschreibung und Vergabe Beiträge an der Planung fachlich Beteiligter bei der Objektüberwachung Leistungen der ausführenden Firmen
Abb. 4.20:
Zuständigkeiten bei der Koordination im Bauprojekt (Empfehlung).
4.3 Koordination
193
Im Folgenden werden Aufgaben der Koordination (Projekt/Objekt) erläutert. Übergeordnete Koordination (Projekt): Sie kann nur beim Bauherrn in seiner Eigenschaft als Eigentümer des Grundstücks, Initiator, Investor und Finanzier der Maßnahme, Auftraggeber der an der Planung und Ausführung Beteiligten sowie als Vertragspartner von Nutzern (Mieter, Erwerber) liegen. Er ist der oberste Projektmanager. Neben der übergeordneten Koordination obliegen ihm alle auf das Projekt bezogenen Entscheidungen, die oberste Kontrolle und die übergeordnete Steuerung der Leistungen seiner Auftragnehmer. Die Delegation von Aufgaben, v. a. der Koordination, entscheidet er selbst. Er ist, je nach eigener Kompetenz und Zeit, gerade bei größeren Projekten gut beraten, sich durch erfahrene Fachleute unterstützen zu lassen. Die Funktionen der Projektleitung und Projektsteuerung werden an anderer Stelle (siehe Kap. 3) ausführlich erläutert. Sie können für die Bauherrenseite eine Bedarfsplanung aufstellen, dabei alle Rahmenbedingungen analysieren und v. a. Projektziele definieren: technisch (Qualitäten und Quantitäten), wirtschaftlich (Kosten und Finanzierung) sowie terminlich (Termine, Kapazitäten und Logistik). Im Rahmen der Projektorganisation, z. B. in Form eines Organisationshandbuchs, sind die weiteren Aufgaben der Koordination auf die am Projekt Beteiligten zu verteilen und in den jeweiligen Verträgen zu regeln. Rechtliche Koordination (Projekt): Als Auftraggeber der an Planung und Ausführung Beteiligten und als Vertragspartner von Nutzern (Mieter, Erwerber) soll der Bauherr vorzugsweise eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der technischen Koordination. Die Juristen „sorgen für einheitliche Vertragstexte, stimmen die Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Verträgen ab und vermeiden dadurch Lücken oder Doppelbeauftragungen. Sie sorgen für einheitliche Vorbemerkungen und Richtlinien, für eindeutige Formulierungen und Verträglichkeit mit geltenden Gesetzen und Normen.“ (Volkmann, W.: Terminplanung für Architekten. In: DAB 01/1997, S. 56) Technische Koordination (Objekt): Die technische Koordination ist in der praktischen Durchführung in allen Fällen von der wirtschaftlichen und terminlichen Koordination zu trennen. Sie obliegt grundsätzlich dem Objektplaner Gebäude, soweit es sich bei dem Objekt um einen Hochbau handelt. Werden gleichzeitig ein Architekt (Objektplanung Gebäude) und mindestens ein weiterer Architekt der gleichen oder einer anderen Fachrichtung eingesetzt, z. B. Innenarchitekt (Objektplanung Innenräume), Landschaftsarchitekt (Objektplanung Freianlagen), ist die Zuständigkeit der Koordination im Einzelfall durch den Auftraggeber festzulegen. Verschiedentlich wird hier von einem „leitenden Objektplaner“ gesprochen. Dieser hat dann die Koordination der Leistungen der weiteren Objektplaner genauso wie der anderen an der Planung fachlich Beteiligten zu übernehmen. Alternativ kann auch eine Projektsteuerung eine übergeordnete Koordination in Bezug auf mehrere Objektplaner übernehmen. Die Koordination des einzelnen Objektplaners, z. B. Landschaftsarchitekt, gegenüber den an der Planung fachlich Beteiligten bleibt grundsätzlich davon unberührt. Gegenstand der technischen Koordination sind die Eigenplanung und Fachplanungen in Form der Baukonstruktionen, der Technischen Anlagen, der Außenanlagen und der Ausstattung, die für die gesamte Bauanlage erforderlich sind.
194
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Wirtschaftliche Koordination (Projekt und Objekt): Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Investition obliegt dem Bauherrn selbst. Seine wirtschaftlichen Ziele sind je nachdem, ob es sich um einen privaten, erwerbswirtschaftlichen oder öffentlichen Bauherrn handelt, unterschiedlich. Es ist an ihm, eine Ermittlung aufzustellen und sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Zu den Leistungen des Objektplaners gehört die Kostenplanung in Bezug auf das Objekt. Nach den Grundsätzen der DIN 276 soll diese vollständig sein (KG 100 bis 700 nach DIN 276). Voraussetzung hierfür ist, dass der Bauherr alle hierfür notwendigen Informationen zur Verfügung stellt, z. B. Wert des Grundstücks, Abrechnungen zu den Baunebenkosten, und dass der Objektplaner die Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten (immer zeitnah) in die Kostenermittlungen integriert. Gegebenenfalls werden auch die Nutzungskosten nach DIN 18960 für das Objekt ermittelt (siehe auch Kap. 6). Terminliche Koordination (Projekt und Objekt): Im Bereich der Terminplanung, die im Wesentlichen die terminliche Koordination einschließt, ist es durch die HOAI 2013 und infolgedessen auch durch AHO Heft 9 Mai 2014 zu Veränderungen in den Aufgabenfeldern Projektmanagement/Projektsteuerung und Objektplanung/Fachplanungen gekommen. Das wird in Kapitel 7 ausführlich behandelt. Zusammenfassend ist festzustellen: – Der Bauherr ist in Bezug auf die terminliche Koordination der am Projekt Beteiligten gefordert (Nutzer). Darüber hinaus gibt er das Terminziel im Rahmen der Projektziele vor und überwacht deren Einhaltung und steuert bei Erfordernis. – Der Objektplaner koordiniert die an der Planung Beteiligten und die ausführenden Firmen, handelt damit auf das Objekt bezogen. Praktische Hinweise zur Umsetzung der Koordination insgesamt (Projekt und Objekt) Der Bauherr, ggf. vertreten durch eine Projektleitung oder Projektsteuerung, soll die folgenden Punkte beachten: 1. Erstellung einer umfassenden Bedarfsplanung (Bedarfsplan) 2. Die Definition eines Planungssolls in Form von Projektzielen (Handlungsbereiche B, C, D) ist eindeutig und erschöpfend vorzugeben, z. B. Nutzflächen, Kostenziele, Terminziele, und in einem Organisationshandbuch zu dokumentieren. 3. Alle erforderlichen Planungs- und Beratungsleistungen sind zu erfassen, gegeneinander abzugrenzen (Schnittstellen) und rechtzeitig an leistungsfähige Fachleute zu beauftragen. 4. Die Pflichten (Verantwortung) der Koordination, der Mitwirkung und der Integration von Planungs- und Beratungsleistungen werden abgestimmt und vertraglich vereinbart. 5. Es gibt regelmäßige Koordinationsbesprechungen auf mehreren Ebenen (Projektebene, Planungsebene, Ausführungsebene) zur Abstimmung, Kontrolle und Steuerung. 6. Es gibt eine übergeordnete Qualitäts- (und Quantitäts-)verantwortung. 7. Es gibt eine übergeordnete Terminverantwortung, d. h. Planläufe und Planverteilung werden zentral geplant, gesteuert und dokumentiert. 8. Es gibt eine übergeordnete Kostenverantwortung, die Systematik für alle Kosten- und Wirtschaftlichkeitsermittlungen ist einheitlich. 9. Es gibt eine übergeordnete Projektdokumentation.
4.3 Koordination
195
Trassenkoordination – Beispiel Beim Neubau des Flughafens München, dessen Inbetriebnahme 1992 erfolgte, wurde z. B. vom Bauherrn ein Projektkoordinator eingesetzt, der u. a. für Planung und Baudurchführung der Trassen für die Ver- und Entsorgung folgende Aufgabenbereiche hatte: – Anweisen der Trassen – Vergabe von Regelquerschnitten – Koordinierung der verabschiedeten Planungen – Überwachen der Optimierungsmaßnahmen Nur so konnten für die im Erdreich verlegten Leitungen (Abwasser, Trinkwasser, Löschwasser, Mittelspannung, Fernwärme, Informationstechnik, Außenbeleuchtung und weitere) eine optimale Zuordnung, ein reibungsloser Bauablauf und nach der Inbetriebnahme eine einfache Instandhaltung sowie die Nachrüstmöglichkeit sichergestellt werden. Abbildung 4.21 zeigt die Zuordnungen und die Regelquerschnitte für die technische (geometrische) Koordination von Trassen der Ver- und Entsorgung im Außenbereich.
Abb. 4.21: Trassenkoordination – Beispiel. (Flughafen München GmbH (Hrsg.): Projekthandbuch Teil 16 […]. 1989, S. 6)
Die Grundsätze der Koordination sind schriftlich zu regeln. Zu nennen sind unter anderem – Aufbau- und Ablauforganigramme, – Kompetenzregelungen und – Handlungsanweisungen. Diese sind wiederum Teil von Organisationsvorgaben (Organisationshandbuch) und dabei vollständig oder auszugsweise Gegenstand interner Arbeitsanweisungen sowie von Planungs-, Beratungs- und Bauverträgen. Weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Koordination ist die Überwachung einer konsequenten Anwendung.
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4.3.5
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Entscheidungen und Entscheidungsmanagement
Was macht eine Entscheidung aus? „Die Notwendigkeit der Entscheidung reicht weiter als die Fähigkeit der Erkenntnis.“ (Immanuel Kant, 1724–1804) Die Planung ist unabhängig von ihrem Gegenstand stets auf die Zukunft bezogen. Für die damit verbundenen notwendigen Entscheidungen sind Informationen, d. h. Wissen über Bedingungen unterschiedlicher Art notwendig. „Als Entscheidung bezeichnet man die Auswahl einer von zwei oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Alternativen), die dem Entscheidungsträger zur Realisation eines Ziels zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewußten als auch bei einer unbewussten Auswahl einer von mehreren Handlungsmöglichkeiten vor.“ (Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 1990, S. 154) Die Entscheidungen sind je nach Kenntnis vom Bauherrn oder einem seiner Auftragnehmer durch die Untersuchung der Rahmenbedingungen und Zielsetzungen vorzubereiten und für alle betroffenen Projektbeteiligten nachvollziehbar zu dokumentieren. Ein Entscheidungsproblem liegt vor, wenn mehrere Möglichkeiten zur Auswahl stehen. Bei einfachen, in ihren Folgen gut überblickbaren Fällen verursacht die Entscheidung keine besonderen Probleme. Sie kann – bewusst oder unbewusst – gewissermaßen auf Anhieb vorgenommen werden. Wesentlich anspruchsvoller sind komplexe, schwer überschaubare Fälle, die mit Imponderabilien und Annahmen stochastischen Charakters belastet sind. Hier ist ein systematisches Vorgehen bzw. ein vorheriger Meinungsbildungsprozess erforderlich. Die Güte der Entscheidungen aus der Sicht eines oder meist mehrerer Entscheidungsträger ist von zwei Aspekten abhängig, nämlich vom Urteilsvermögen der Personen und von der Entscheidungssituation, in der die Entscheidung gefällt wird. Das Urteilsvermögen ist weitgehend an Personen gebunden und individuell unterschiedlich. Es hängt in erster Linie von den kreativen und intuitiven Fähigkeiten der Entscheidungsträger und ihren fachlichen und sonstigen Qualifikationen sowie ihren Erfahrungen ab. Auf die Güte der Entscheidung haben auch die Informationstiefe und die sachliche Ausgewogenheit als Grundlage der Meinungsbildung einen beträchtlichen Einfluss. Sie hängen v. a. von der Bereitschaft ab, die Entscheidungsgrundlagen gründlich zu studieren und objektiv auszuwerten, und keine vorgefassten Meinungen und Wunschdenken aufkommen zu lassen. Dafür empfiehlt es sich, die Entscheidungsgrundlagen im Team oder unter Mitwirkung von neutralen Spezialisten zu erarbeiten. (vgl. Aggteleky, B.: Projektplanung […]. 1992, S. 152) Der Unterschied zwischen einer Entscheidung und einer Berechnung liegt darin, dass für eine Entscheidung nicht alle Fakten, die zu einer Berechnung erforderlich wären, erhoben werden können. Entweder, weil die Erhebung unwirtschaftlich wäre oder weil die Faktoren, die einfließen, so verschieden sind, dass sie sich nicht vergleichen lassen. Verkürzt kann man sagen: Eine Entscheidung beruht immer auf Unsicherheit. Daher sind Entscheidungen oft umstritten, da jeder die verbleibende Unsicherheit mit anderen Annahmen belegt. Die wichtigste Regel zum Fällen von Entscheidungen ist, dass die Entscheidung umso leichter fällt, je kleiner die Unsicherheit ist – jede Entscheidung fällt leichter, wenn mehr Informationen zum Entscheidungsbedarf vorliegen.
4.3 Koordination
197
Zu einem Entscheidungsmanagement gehört die Beantwortung folgender Fragen: – Welche Bedingungen bestimmen die Planung, z. B. Auflagen einer Behörde? – Gibt es Alternativen, z. B. Ablösung geforderter Stellplätze? – Welche Varianten bestehen bei der eigenen Planung und wie sind diese zu bewerten? – Liegen alle notwendigen bzw. erreichbaren Informationen vor? – Welche Auswirkungen haben Planungsänderungen auf die Projektziele? – Welche Risiken bestehen grundsätzlich und wie ist mit ihnen umzugehen? Durch den Bauherrn bei einem Bauprojekt sind folgende Projektbedingungen beeinflussbar: – Wahl des Standortes und Erwerb des Baugrundstücks – Aufstellen des Raum- und Funktionsprogramms – Festlegung des Kosten- und des Terminziels – Art und Weise der Bauplanung und Bauausführung wie Organisation der Planung und Wahl der Unternehmenseinsatzform für die Ausführung Der Bauherr kann folgende für die Planung als wesentliche Bedingungen nicht beeinflussen: – Beschaffenheit des Baugrunds wie Tragfähigkeit des Bodens, Vorkommen von Altlasten, Munition oder Gebäuderesten – Angebotspreise ausführender Firmen auf dem Markt für Bauleistungen – Witterungsbedingungen während der Bauausführung wie Regen, Schnee, Eis, Sturm u. a. – Insolvenzen von Baufirmen, Streiks, Vandalismus – bei Vermarktung des Gebäudes die Erlöse aus Verkauf oder Vermietung durch den Immobilienmarkt und die Mietpreisentwicklungen Aus nicht beeinflussbaren Handlungsmöglichkeiten entstehen Risiken. Damit aus Risiken keine Nachteile entstehen, ist es notwendig, – die Risiken zu vereinzeln und hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeiten und ihrer Auswirkungen einzuschätzen, – Handlungsalternativen zu entwickeln, um auch bei Verschlechterung der Handlungsbedingungen das gesetzte Ziel mit geringstmöglichen Nachteilen zu erreichen. Um Risiken zu begegnen, sind in der Planung Varianten zu entwickeln, z. B.: – variable Grundrisse für Bürogebäude zur Senkung von Absatzrisiken, – Planung von Realisierungsabschnitten bei größeren baulichen Anlagen wie Wohnsiedlungen, Gewerbezentrum zur Senkung von Absatz- und Finanzierungsrisiko, – Ausschreibung von Alternativpositionen zur Senkung von Baupreisrisiken, – Puffer in der Terminplanung oder der Vorbereitung von Maßnahmen zur Senkung von Witterungsrisiken, wie beispielsweise die Planung von Winterbaumaßnahmen.
198
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Hierbei ist die Projektleitung gefordert, den Bauherrn zu informieren, ihn auf die Notwendigkeit rechtzeitiger Entscheidungen sowie die Konsequenzen von fehlenden oder verspäteten Entscheidungen hinzuweisen. Ein erfolgreiches Projektmanagement beruht auf der guten Vorbereitung und dem wohl überlegten und rechtzeitigen Treffen von Entscheidungen. Folgende Fragen sind zu beantworten: – Welche Entscheidungen müssen wann und von wem getroffen werden? – Welche Informationen müssen zur Entscheidung durch wen und bis wann beschafft, vorbereitet und vorgelegt werden? – Besteht das Risiko, dass die notwendige Entscheidung, z. B. durch den Bauherrn, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen wird? – Welche Auswirkungen auf Planung und Ausführung, besonders in Bezug auf Kosten oder Termine, sind bei Fehlen einer Entscheidung zu erwarten? – Wie können dem Entscheidungsträger, i. d. R. ist es der Bauherr, die Auswirkungen von fehlenden Entscheidungen verdeutlicht werden? – Werden fehlende Entscheidungen oder nachträgliche Änderungen von Entscheidungen ausreichend dokumentiert? Zur strukturierten Vorbereitung von Entscheidungen haben sich Entscheidungslisten bewährt (siehe Abb. 4.22). Soweit der Bauherr Entscheidungen zu treffen hat, sind diese von der Projektleitung oder Projektsteuerung vorzubereiten; hierfür ist die Schriftform zu empfehlen. Entscheidungsliste Nr. ... Gesamtprojekt/Teilprojekt: Notwendige Entscheidungen zur Projektbesprechung am ............. mit Nr. ............... des Bauherrn vom: ............ Vorgang
Abb. 4.22:
Bezeichnung
Veranlassung
Formblatt Entscheidungsliste – Muster.
Termin
Bemerkung
Zuständigkeit
4.3 Koordination
199
Eine Entscheidungsliste soll in Bezug auf den jeweiligen Sachverhalt die folgenden Punkte enthalten: – Problemdefinition – Festlegung der Entscheidungskriterien – Gewichtung der Entscheidungskriterien – Darstellung der Varianten – Bewertung der Varianten – Entscheidungsvorschlag – Darstellung der Konsequenzen bei Annahme des Entscheidungsvorschlags Die Terminvorgaben der Entscheidungsliste müssen ausreichend Zeit zur Bearbeitung der einzelnen Planungs- und Bauphasen gestatten. Dies betrifft nicht nur Leistungen der Planer und der ausführenden Firmen, sondern auch die Aufgaben des Bauherrn selbst. Der Bauherr benötigt für seine Entscheidungen – in jeder Phase des Projekts – ausreichend Zeit, um Informationen einholen und Risiken von Entscheidungen einschätzen zu können. Andererseits müssen Termine gesetzt werden, zu denen die fälligen Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden müssen. Ein geeignetes Hilfsmittel ist hierfür eine Entscheidungsliste, in der alle offenen Punkte sowie alle getroffenen Entscheidungen geführt werden. Bei der Gewichtung können Entscheidungskriterien wie Funktion, Konstruktion, Investition, Betriebs- und Unterhaltungsaufwand sowie Gestaltung von Bedeutung sein. Hilfreich sind zur Vorbereitung von Entscheidungen – am besten: schriftlich vorbereitete – Wirtschaftlichkeitsermittlungen sowie Bemusterungen, welche die genannten Gesichtspunkte berücksichtigen. Fallbeispiele Der Verfasser hat in den letzten Jahren mehrfach Planungen von größeren Bauvorhaben begutachtet. Dies wurde notwendig, weil zwischen dem Bauherrn, den Planern und weiteren am Projekt Beteiligten Meinungsverschiedenheiten zu klären waren. Im Zuge der Schlussrechnung von Bau- und Planungsleistungen waren gegenseitige Vorwürfe erhoben worden. Unterschiedliche Auffassungen zu Kostenermittlungen, Abrechnungen, Vertragsauslegungen und Planungsfehlern – aufseiten des Bauherrn wie der Planer – hätten fast zu Rechtsstreitigkeiten geführt, konnten aber durch die erfolgten Untersuchungen und Klärungen vermieden werden. (vgl. Kalusche, W.: Planungsentscheidungen […]. In: DAB 07/1998, S. 931–936) Um die Notwendigkeit rechtzeitiger und abgestimmter Entscheidungen zu verdeutlichen, sollen die folgenden ausgewählten Beispiele dienen. Bei ihnen wurden z. B. Entscheidungen ohne die notwendige Vorbereitung, mit Risiko oder zu spät getroffen, oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder geändert, jedes Mal mit erheblichen Auswirkungen. Die aufgetretenen Folgen in Form von Verzögerungen bei der Planung, gestörtem Bauablauf, Termin- und Kostenüberschreitungen werden beschrieben. Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung, soweit er sich im einzelnen Fall erarbeiten ließ, wird aufgezeigt.
200
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Fallbeispiel 1: Grundrissaufteilung von Büroflächen In einem größeren Gebäude wurden mehrere Geschosse für die Büronutzung geplant. Die Vorgaben für die Aufteilung der Büroflächen in Einzel- oder Gruppenbüros und Aktenlager sollten gemäß getroffener Vereinbarungen mit dem Bauherrn, einem Großunternehmen, rechtzeitig erfolgen. Es war bekannt, dass der Architekt spätestens für die Ausführungsplanung ein abgestimmtes Nutzungskonzept für die Büroflächen benötigte, andernfalls nach bestem Wissen planen musste. Es gelang dem Bauherrn im eigenen Unternehmen nicht, das Bürokonzept rechtzeitig zu erstellen. Die Verspätung der Angaben um fast sechs Monate hatte folgende Auswirkungen auf die Bauausführung: – Im Bereich der bereits eingebauten Doppelböden und Bodenkanäle mussten zahlreiche Bodenöffnungen geändert werden. – Ein Teil der leichten Trennwände musste anders an die Fassade angeschlossen werden als geplant, Folge war die uneinheitliche Detailausbildung. – Die Mengen der bereits beauftragten Bodenbeläge mit jeweils unterschiedlichen Materialien und Qualitäten änderten sich erheblich. – Schon eingebaute Steuerungen für den Sonnenschutz mussten an die Raumaufteilung angepasst werden, damit von jedem Raum aus der dazugehörige Sonnenschutz bedient werden konnte. – Die Schaltkreise der Elektroinstallationen mussten an die einzelnen Räume angepasst und die Lichtschalter in tragenden Wänden entsprechend der neuen Lage der Bürotüren verändert werden, die Montage der abgehängten Decken und der Deckenleuchten verzögerte sich infolgedessen um mehrere Wochen. – Gleiches galt für die Regelkreise und die Lage von Heizkörpern. – Durch die verzögerte Fertigstellung von Planunterlagen und Stücklisten verspätete sich die Bestellung und Lieferung der Türzargen. – Die nachträgliche Herstellung von Türöffnungen in tragenden Wänden machte statische Nachuntersuchungen und Abbrucharbeiten erforderlich. Der Architekt hatte den Bauherrn rechtzeitig darauf hingewiesen, dass auch verspätete Angaben, hier zur Raumaufteilung, erhebliche Auswirkungen auf die Bauausführung haben würden. Dies wurde in den Protokollen zu den Planungsbesprechungen ausreichend dokumentiert. Der Bauherr hatte schließlich erhebliche Mehrkosten für die Einhaltung des Fertigstellungstermins zu akzeptieren. Anfängliche Vorhaltungen gegenüber dem Architekten musste er schließlich zurücknehmen. Fallbeispiel 2: Auswahl eines Ingenieurbüros für die Elektroplanung Bei der Planung eines Betriebsgebäudes wurde für den Fachbereich Elektrotechnik ein nicht ausreichend besetztes und fachlich qualifiziertes Ingenieurbüro beauftragt. Der Bauherr hatte die Bedeutung der Planung unterschätzt und es unterlassen, sich von mehreren Büros Referenzen vorlegen zu lassen, um daraufhin das leistungsfähigste Planungsbüro auszuwählen.
4.3 Koordination
201
Dem mit der Objektplanung betrauten Architekten konnten vom Elektroplaner in der Vorund Entwurfsplanung die Angaben für die Technikflächen und in den weiteren Leistungsphasen die erforderlichen Informationen zu den Installationsschächten, z. B. Abmessungen, nicht gemacht werden. Der Objektplaner war wegen der kurzen Planungszeit gezwungen, die Technikflächen so zu bemessen, dass alle Installationen und Anlagen auf jeden Fall untergebracht werden konnten. Schließlich geriet auch die Ausführungsplanung des Architekten in Verzug. Es entstanden infolgedessen auch bei den anderen Fachbereichen Verzögerungen, die technische Koordination konnte nicht mehr vollständig gelingen. Über dabei aufgetretene Planungsmängel ist in einem Protokoll nachzulesen: – Erhebliche Koordinationsmängel bei der Trassenplanung – Rohr- und Kabelnetzberechnungen fehlen – Aktualisierte Berechnungen fehlen, z. B. Betriebskosten, Wärmebedarfs-, Luftmengenund Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie Variantenvergleiche – Umfangreiche zeichnerische Fehlbestände auf den Plänen, beginnend bei dem Prüfvermerk bis hin zu fehlenden Schnitten und Schemata – Angaben zur Elektroverteilung nicht ausreichend, um mit der Ausschreibung zu beginnen (interne Aufzeichnung) Als Auswirkung der deswegen unzureichenden Fachplanung im Bereich der gesamten Gebäudeausrüstung konnten die Flächen des Gebäudes v. a. in den Technikgeschossen nicht optimiert werden (frühe Leistungsphasen). In Ermangelung der notwendigen Informationen und um die Terminvorgaben für die Planung nicht zu gefährden, wurden die angenommenen, damit aber letztendlich zu großen Flächen beibehalten. Infolgedessen entstanden nicht benötigte Räume oder Bereiche, für die eine funktionsgerechte Nutzung nicht möglich war. Die bezeichneten Planungsmängel konnten bis zur Vergabe der Bauleistungen nicht behoben werden. Aus den gleichen Gründen wurden erheblich mehr Kabelrinnen für die Elektroversorgung eingebaut als erforderlich. Ein Teil der Kabelrinnen war zur Inbetriebnahme gar nicht oder mit nur wenigen Kabeln belegt. Der Bauherr hatte sich bei der Auswahl eines fachlich Beteiligten nicht ausreichend vorbereitet und sich gerade bei einem so wichtigen Fachbereich wie der Elektroplanung für ein wenig geeignetes Planungsbüro entschieden. Fallbeispiel 3: Ausschreibung der Rohbauarbeiten nach der Entwurfsplanung Für ein Verwaltungsgebäude hatte man mit der Standortsuche und der Programmplanung bereits viel Zeit verloren. Der Termin für die Inbetriebnahme wurde dennoch nicht infrage gestellt. Der Bauherr und die an der Planung beteiligten Nutzer sahen zur Termineinhaltung die vorgezogene Ausschreibung der Rohbauarbeiten auf Grundlage der Entwurfsplanung (M 1:100) als geeignetes Mittel an, trotz des verspäteten Planungsbeginns das gesetzte Terminziel durch einen vorgezogenen Baubeginn sicherzustellen.
202
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Ein Teil der Nutzeranforderungen und damit der Verkehrslasten waren noch nicht ausreichend geklärt. Die Ausführungsplanung der Technischen Gebäudeausrüstung war gerade begonnen worden, die Lage der Installationsschächte und der Durchbrüche war zur Ausschreibung nur teilweise bekannt. Auch die Bemessung des Tragwerks war gerade überschlägig erfolgt. Die ausführende Firma für die Rohbauarbeiten hatte nur den erkennbaren Leistungsumfang für die vorgegebene Ausführungszeit kalkulieren und anbieten können. Die Summe der Schlussrechnung des Rohbauauftrages lag erheblich über der Vergabesumme. Die aufgrund der geänderten Kalkulationsgrundlagen (Stahlmengen, Verdichtungsgrad der Bewehrung, Baustellengemeinkosten) entstandenen und vom Auftragnehmer geforderten Mehrkosten mussten nach sorgfältiger Prüfung vom Auftraggeber anerkannt werden. Die Entscheidung des Bauherrn, auf der Grundlage einer unvollständigen Planung einen Auftrag zu erteilen, hatte ihren Preis. Den entstandenen Mehrkosten (teilweise SowiesoKosten und teilweise echte Mehrkosten) stand als Vorteil die Erreichung des geplanten Termins für die Inbetriebnahme gegenüber. Die Entscheidung der vorgezogenen Beauftragung war in diesem Fall wissentlich unter Risiko getroffen worden. Projektsteuerung und Architekt hatten den Bauherrn auf die zu erwartenden Probleme rechtzeitig hingewiesen. Schlussfolgerungen für das Entscheidungsmanagement Die gewonnenen Erfahrungen wurden in verallgemeinerter Form dargestellt, mit der Absicht, dadurch für zukünftige Planungen hilfreiche Anregungen zu geben. Es war und es ist bei neuen Aufgaben stets zu fragen: – Haben Bauherr oder Bauherrenorganisation ihre Pflicht, Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt vollständig und verantwortlich zu treffen, erfüllt? – Waren die Terminvorgaben für Planung, Ausführung und Inbetriebnahme realistisch? – Wurden leistungsfähige und erfahrene Planer beauftragt? – Wurden die ausführenden Firmen richtig ausgewählt und überwacht? – Wie sind Kosten- und Terminabweichungen entstanden und zu bewerten? – Wo lagen die Ursachen für zusätzliche Beauftragungen (Nachträge)? – Wer von den Beteiligten muss sich Terminüberschreitungen und Mehrkosten anrechnen lassen und wer ist gegebenenfalls haftbar zu machen? Entscheidungen durch mehrere Entscheidungsträger Sind Entscheidungen durch mehrere Entscheidungsträger in Gremien, Ausschüssen und ähnlichen Situationen zu treffen, so ist es vorab oft schwierig, die notwendige Meinungsbildung und Abstimmung zu erreichen. Wenn die Auffassungen und Verhaltensweisen nicht an den Projektzielen, sondern an individuellen Zielsetzungen orientiert sind, oder Gesichtspunkte einseitig vertreten werden, ist ein Konsens oder zumindest ein Kompromiss bei der Entscheidungsfindung erschwert. Auch ein persönlicher Konkurrenzkampf zwischen den am Projekt Beteiligten wird manchmal am Gegenstand des Projekts ausgetragen, ohne dass dies unmittelbar erkennbar ist.
4.3 Koordination
203
Es ist Aufgabe der Projektleitung des Bauherrn, notwendige Entscheidungen zu erkennen und herbeizuführen. Die Voraussetzungen hierfür wurden schon erläutert. Darüber hinaus ist für die Moderation der Entscheidungsfindung große Erfahrung im Umgang mit Menschen erforderlich. Wenn die Entscheidung schwierig war und vielleicht nur unter Zeitdruck zustande gekommen ist, fühlen sich einzelne Entscheidungsträger nicht daran gebunden und sehen sich subjektiv nicht als verantwortlich an. Dennoch sind alle Entscheidungsträger an eine einmal getroffene Entscheidung gebunden. Die Projektleitung muss die Entscheidung in die Projektarbeit umsetzen. Sie soll sich selbst gegen spätere Kritik schützen. Am besten wird eine umfassende Begründung und Dokumentation der Entscheidung in schriftlicher Form niedergelegt. Entscheidung durch mehrere Entscheidungsträger
Konsens als Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und schließlich nur eine Meinung als optimale Lösung Abb. 4.23:
Kompromiss als
Nichtverantwortlichkeit als
Verständigung auf eine Lösung als den kleinsten gemeinsamen Nenner als suboptimale Lösung
Abstimmung auf ein von vielen nicht gewünschtes Ergebnis als die vergleichsweise schlechteste Lösung
Chancen und Risiken bei Entscheidungen mit mehreren Beteiligten.
Abbildung 4.23 zeigt drei Möglichkeiten der Entscheidungsfindung und das jeweilige Ergebnis. Entscheidungen werden immer mit einem gewissen Maß an Unsicherheit getroffen. Für denjenigen, der die Entscheidung herbeiführen muss, da sonst der Projektfortschritt gefährdet wird, ist eine diesbezügliche Einschätzung von größter Bedeutung. Der nachvollziehbare Weg der Herleitung und der Abgleich mit den einmal abgestimmten Projektzielen sind weitere Voraussetzungen für die notwendigen Entscheidungen. Eskalation In vielen Bauherrenorganisationen werden Entscheidungen auf mehreren Hierarchieebenen getroffen. Eine Projektleitung hat immer in gewissem Umfang eine Entscheidungsbefugnis, muss aber in der Regel ab einer bestimmten Wertgrenze Entscheidungen durch den Bauherrn veranlassen. Ist die Projektleitung nicht imstande, ihre Entscheidungen selbst zu treffen, und reicht sie diese an die nächsthöhere Stelle zur Entscheidung weiter, kann das zu deren Überforderung führen, v. a. in zeitlicher Hinsicht. Man spricht dann von einer Eskalation der Entscheidungen auf der höheren Hierarchieebene. „Allgemein bedeutet Eskalation, dass ein Zustand oder eine Situation eine qualitativ höhere Stufe einnimmt. Meist bedeutet dies, dass sich negative Eigenschaften eines Zustands verstärken, oft im Sinne der Zuspitzung einer Krisensituation.“ (https://www.projektmagazin.de/glossarterm/eskalation). Dies kann durch ein praktiziertes Entscheidungsmanagement und eine entsprechende personelle Besetzung der Projektleitung vermieden werden.
204
4.3.6
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Änderungsmanagement
Die Verursachung von Änderungen durch nur einen der Beteiligten allein ist in der Praxis selten. Meist sind es mehrere Beteiligte, Forderungen oder Gründe, die gleichzeitig wirken und dazu führen, dass Änderungen auftreten. Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass die Verursachung der Änderung und damit natürlich auch die Verantwortung aller damit verbundenen Folgen wie Qualitäts-, Kosten- und Terminabweichungen anonymisiert werden. Es besteht dann die Gefahr, dass schließlich niemand für eventuelle Folgen zur Verantwortung gezogen werden kann. Durch die frühzeitige Erfassung von gewünschten oder nicht zu vermeidenden Änderungen, durch die Mitwirkung und Entscheidungen von Nutzern wie Genehmigung oder Ablehnung sowie durch die Dokumentation aller Vorgänge kann ein wirkungsvolles Änderungsmanagement geleistet werden (siehe Abb. 4.24). Die Kostensicherheit des Projekts wird entscheidend verbessert. Kosten- und Terminüberschreitungen oder Qualitätsminderungen sind in der Praxis häufig auf Versäumnisse oder das Fehlverhalten von Beteiligten zurückzuführen. Dazu gehören u. a. – unzureichende Integration von Planungsleistungen anderer Planer, – Änderung von Planungsinhalten ohne ausreichende Abstimmung mit dem Bauherrn oder Nutzer und ohne ausreichende Information über die Folgen der Änderungen, z. B. bei Kostenerhöhungen, – Nichtbeachtung von Kostenvorgaben, z. B. bei Kosten erhöhenden Material- oder Detailänderungen, – Nichtbeachtung serieller, industrieller und normengerechter Bezugs- oder Fertigungsmöglichkeiten, besonders im Ausbau, mit der Folge von teuren Sonderanfertigungen, – unklare oder unvollständige Leistungsbeschreibungen, – Ausschreibung und Versand von Leistungsverzeichnissen mit vom Bauherrn oder Nutzer nicht freigegebenen Planungsinhalten, – Standardänderungen nach der Beauftragung von Bauleistungen ohne Abstimmung mit dem Bauherrn oder Nutzer, – verspätete Planlieferung an die ausführenden Firmen mit der Folge von Behinderungen und Ausführungsverzögerungen. Mit der Objektbeschreibung, z. B. als Raumbuch, ist sicherzustellen, dass die Qualitäten, z. B. von Bodenbelägen, eindeutig sind. Spätere Varianten und daraus folgende Kosten- und Terminabweichungen müssen frühzeitig erkannt und z. B. dem Bauherrn rechtzeitig zur Entscheidung vorgelegt werden. Zum einfachen und schnellen Informationsaustausch und zur Entscheidung über die Genehmigung von Änderungen durch den Bauherrn oder Nutzer haben sich Formblätter und Listen bzw. Dateien bewährt. Diese sind zentral bei der Projektleitung oder Projektsteuerung zu sammeln, auszuwerten und an ausgewählte Projektbeteiligte weiterzugeben. (vgl. Kalusche, W.: Kostenänderungen […]. In: DAB 07/1995, S. 1324)
4.3 Koordination
205
Formblatt Änderungsmanagement Projekt ... Antrag auf Änderung Nr. ... Absender/Verfasser
: ...
Sachverhalt
: ...
Gebäude/Bereich/Raum
: ...
Fachbereich(e)
: ...
Kostengruppe(n)
: ...
Leistungsbereich(e)
: ...
Die Änderung ist bezogen auf Planungsstand/Unterlage ... vom: ... 1) Die Änderung wird beantragt/verursacht durch Projektbeteiligte(n): Bauherr
: ...
Nutzer
: ...
Behörde/Institution
: ...
Sonstige(r)
: ...
2) Sachverhalt, es handelt sich dabei hauptsächlich um: Mengenänderungen
: ...
Standardänderungen : ... Gestaltung
: ...
funktionale Eignung : ... technischen Komfort : ... Sicherheit/Umwelt
: ...
Sonstiges
: ...
3) Begründung und Erläuterungen: ... (Kosten- und Terminänderungen, Kostenübernahme u. a.) ... ... 4) Bearbeitung, Genehmigung und Anlagen: Vermerk und/oder Anlage zu Stellungnahme Bauherr: ... Vermerk und/oder Anlage zu Stellungnahme Planer/Firma: ... freigegeben oder
nicht freigegeben durch Nutzer: ...
In die Objekt-/Kosten-/Terminplanung aufgenommen: am: ... Abb. 4.24:
Bearbeiter: ... Formblatt Änderungsmanagement – Muster.
Unterlage/Datei: ...
206
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Nachträgliche Planungs- und Ausführungsänderungen stellen für den Projektablauf grundsätzlich ein besonderes Risiko dar. Sie müssen vollständig auf zu erwartende Auswirkungen hin untersucht werden. Die Prüfung und Abstimmung dieser Sachverhalte durch ein verbindliches und formgebundenes Änderungsmanagement hat sich in der Praxis bewährt. Folgende Punkte sind zu berücksichtigen: – laufende Nummer und Bezeichnung des Sachverhaltes sowie der Bearbeiter – Ursache bzw. Verursacher der notwendigen oder gewünschten Änderung – Prüfen von Änderungsanträgen auf Auswirkungen hinsichtlich der Projektziele – Übernahme der Folgen; Frage: Wer übernimmt z. B. Mehrkosten? – Vorgabe einer Entscheidungsfrist und Aufnahme in die Entscheidungsliste – Erörterung, Zustimmung oder Ablehnung und Kenntnis der Projektbeteiligten, erforderlichenfalls Fortschreibung der Planung bezüglich aller Auswirkungen – Dokumentation des Änderungsverlaufs, wenn keine Auswirkungen zu erwarten sind – Erarbeitung von Steuerungsmaßnahmen, wenn Auswirkungen zu erwarten sind – Erarbeitung einer Entscheidungsunterlage und Bewertung nach Zeichnungsrecht – Entscheidung über die weitere Vorgehensweise, wenn der Entscheidungsvorlage nicht zugestimmt wird – Dokumentation des Änderungsverlaufs mit Entscheidung – Erarbeitung von Alternativen – Dokumentation des Änderungsverlaufs, wenn dem Antrag zugestimmt wird Das Änderungsmanagement wird vorzugsweise ab der vom Bauherrn geprüften und freigegebenen Entwurfsplanung in Verbindung mit der genehmigten Kostenberechnung und Terminplanung (LPH 3) angewendet. Alle am Projekt Beteiligten – dazu gehören Nutzer, Architekten und Ingenieure sowie alle mit dem Projekt befassten Vertreter des Bauherrn – sind durch Verträge oder Dienstanweisungen (Innenverhältnis der Bauherrenorganisation) zu verpflichten, im Fall von Nutzerwünschen, guten Ideen oder sonstigen Gründen vom Änderungsmanagement Gebrauch zu machen. Änderungen ergeben sich oft aus – Entwicklungen der Rahmenbedingungen des Projekts auf dem Immobilienmarkt, – Versäumnissen oder fehlenden Informationen bei der Bedarfsplanung, – Nutzeranforderungen, die nach Abschluss der Bedarfsplanung an den Bauherrn herangetragen werden, – Behördenauflagen, die im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens auferlegt werden, und – Entwicklung der allgemein anerkannten Regeln der Technik nach Projektbeginn.
4.3 Koordination
4.3.7
207
Risikomanagement
Es gibt im Alltag eine Redensart, die lautet: „Es wird schon schiefgehen“. Damit ist allerdings das Gegenteil gemeint, soll heißen: „Es wird wohl gelingen“. Man soll sich also keine unnötigen Sorgen machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es schief geht, ist ja meist gering. Verfolgt man in den Nachrichten oder aus der Nähe den Verlauf von Bauprojekten, dann ist es mit dem Vertrauen darauf, dass es schon irgendwie gut gehen wird, nicht mehr so weit her. In jedem Bundesland, fast in jeder Stadt laufen Bauprojekte „aus dem Ruder“: Es wird gegen Projekte demonstriert, sie erhalten keine Betriebsgenehmigung, die Finanzierung reicht nicht aus, sie werden erst Jahre später fertig. Zu allem Unglück: Teurer werden sie fast immer. Und das passiert alles nicht, weil man es sich nicht hätte vorstellen können. Man wollte eher von möglichen Problemen nichts wissen. Wer von Risiken spricht (gemeint sind Gefahren), der geht anderen auf die Nerven, ist ein Pessimist oder Schwarzmaler. Dabei sind diese Erscheinungen nicht neu, sie werden nur gern verdrängt. Es gab international in den letzten Jahrzehnten wiederholt Finanzkrisen. Sie schienen von Deutschland aus betrachtet weit weg zu sein. Es waren zunächst die Finanzmärkte, dann auch die Immobilienmärkte betroffen. Versicherungen und Banken verstärkten notgedrungen ihr unternehmerisches Risikomanagement. Auch in der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft wird diesem Thema seit einiger Zeit Beachtung geschenkt. Was ist ein Risiko und was ist Unsicherheit? Vom Begriff her ist ein Risiko als die mögliche Abweichung des tatsächlichen Ergebnisses von einem erwarteten Ergebnis zu verstehen. Die Ergebnisabweichung für den Betroffenen, z. B. Investor, kann sowohl positiv als auch negativ ausfallen. So ist die wertneutrale Interpretation des Risikos zu verstehen. Sie kann also nicht nur als Gefahr, sondern auch als entgegengerichtete Chance verstanden werden. Risiko besteht in der Eventualität, dass mit einer niedrigen, unbekannten Wahrscheinlichkeit ein hoher, in seinem Ausmaß unbekannter Schaden bei einer Entscheidung eintreten oder ein erwarteter Vorteil ausbleiben kann. Vorausgehende Entscheidungen müssen in den meisten Fällen mit einer gewissen Unsicherheit getroffen werden. Wohl dem, der eine Wahrscheinlichkeit möglicher Ergebnisse oder Rahmenbedingungen angeben kann. In den Wirtschaftswissenschaften wird Unsicherheit wiederum „unterschieden in Unsicherheit i. e. S. (auch: Ungewissheit) und Risiko. Anders als bei Risiko sind bei Unsicherheit i. e. S. keine Eintrittswahrscheinlichkeiten verfügbar. „Risikosituationen können weiter unterschieden werden in Situationen mit objektiv gegebenen Wahrscheinlichkeiten (Glücksspiele) und Situationen, in denen Wahrscheinlichkeiten subjektiv sind. Letztere sind typisch für wirtschaftliche Entscheidungssituationen.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/risiko.html) Große Bauprojekte, die in der Regel komplex sind, lassen keine objektiven Wahrscheinlichkeiten zu, sie sind einmalig und haben damit auch die Eigenschaft der Subjektivität. Risiken müssen und können eingeschätzt werden. Zusätzlich wird aber auch noch eine Portion Glück benötigt.
208
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Aufgaben des Risikomanagements der am Projekt Beteiligten Bereits in der ersten Ausgabe AHO Heft 9 im Jahr 1996 sieht Diederichs die Notwendigkeit der „Risikoabschätzung bestehender interner und externer Risiken“ im Rahmen der Grundleistung einer Projektsteuerung „Mitwirken bei der Erstellung der Grundlagen für das Gesamtprojekt hinsichtlich Bedarf nach Art und Umfang (Nutzerbedarfsprogramm NBP“ [Anm. d. Verf.: entspricht dem heute verwendeten Begriff „Bedarfsplan“ im Handlungsbereich B – Qualitäten und Qualitäten.] (Diederichs, C. J.: Kommentar zu […]. In: AHO (Hrsg.): Heft 9 November 1996, S. 34–35) Es ging bereits um Risiken bei der Projektvorbereitung und es wurde bereits unterschieden in – interne Risiken in Bezug auf Zuverlässigkeit der Marktrecherche, Akzeptanz des Nutzerkonzepts, Zuverlässigkeit der Projektbeteiligten, Attraktivität der Lage des Standortes und finanzielle Leistungsfähigkeit, – externe Risiken in Bezug auf Konjunktur- und Kreditzinsentwicklung, Verhalten der Öffentlichkeit und Genehmigungsfähigkeit des Projekts. In der aktuellen Fassung von AHO Heft 9 hat im Rahmen der Grundleistungen die Projektsteuerung beim Risikomanagement mitzuwirken. Diese wird aber inhaltlich nicht weiter ausgeführt, Besondere Leistungen sind möglich. Grundleistungen PS 1 Mitwirken beim Risikomanagement PS 2 Mitwirken beim Risikomanagement Besondere Leistungen PS 1 Konzipieren, Vorbereiten und Abstimmen von Risiko-Managementsystemen mit besonderen Anforderungen (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13 und 15) Mitwirken beim Risikomanagement Diese Grundleistung ist inzwischen nach AHO ein fester Bestandteil einer Projektsteuerung: „Mitwirken beim Risikomanagement beinhaltet die Beratung des Auftraggebers bei der Identifikation von Risiken unter Beachtung der Beiträge der weiteren Projektbeteiligten und Sonderfachleute/Gutachter. Es beinhaltet ferner die laufende Bewertung der Risiken und das Vorschlagen von Maßnahmen zur Eingrenzung der Risiken unter Berücksichtigung der Beiträge der weiteren Projektbeteiligten.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 44) Konzipieren, Vorbereiten und Abstimmen von Risiko-Managementsystemen mit besonderen Anforderungen Als Besondere Leistung kann beauftragt werden: „Über den Rahmen einer Beratung des Auftraggebers bei der Identifikation von Risiken hinaus beinhaltet die Besondere Leistung die Konzeption eines ganzheitlichen Risiko-Managementsystems.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 46)
4.3 Koordination
209
Die Verantwortung und Zuständigkeit liegt grundsätzlich beim Auftraggeber. Er soll sich von der Projektsteuerung, aber auch von den an der Planung Beteiligten sowohl bei der Risikoidentifikation als auch bei den weiteren Schritten unterstützen lassen. Hinweise in den Verträgen seiner Auftragnehmer werden als erforderlich angesehen. Risikomanagement allgemein und bei Bauprojekten Bauprojekte sind für viele Beteiligte ein Wagnis. Unter anderem aus diesem Grund werden von den Bauunternehmen in der Preiskalkulation Wagnis und Gewinn berücksichtigt. Auch für Bauherren, Architekten und Ingenieure spielen Risiken zunehmend eine Rolle. Unsicherheiten z. B. in der Kostenermittlung sind eines der größeren Risiken eines Bauprojekts. Es liegt also im Interesse des Bauherrn, Maßnahmen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, die das Kostenrisiko begrenzen. Erkennbare Risiken sind von allen am Projekt Beteiligten der Projektleitung mitzuteilen. Zu ihren Aufgaben zählen folgende Schritte des Risikomanagements: – Risikoidentifikation – Risikobewertung – Risikobewältigung – Risikoüberwachung Das hier beschriebene Risikomanagement ist als Maximalvariante zu sehen, die insbesondere bei kleineren Maßnahmen einen unverhältnismäßigen Aufwand verursacht. Aus diesem Grund ist ein abgestuftes Risikomanagement anzuwenden, dass je nach Komplexität einer Maßnahme auszuweiten ist. Bei Großprojekten, die durch ein Projektteam gesteuert werden, kann die Benennung eines Risikobeauftragten sinnvoll sein, bei dem die Informationen gebündelt werden. Risikoidentifikation Für die frühzeitige Risikoidentifikation bei Bauprojekten ist es hilfreich, die erfahrungsgemäß häufig vorkommenden Risiken zu benennen und das Projekt diesbezüglich zu beobachten. Dabei können verschiedene Methoden der Identifikation angewendet werden: Erster Ansatz ist die Einteilung möglicher Risiken nach Risikoarten, wie z. B. Standortrisiken, Planungsrisiken oder Vertragsrisiken. Die in der Anlage beigefügte Liste ist dabei dem Leitfaden WU Hochbau des BMVBS entnommen und bietet einen gebräuchlichen Einstieg in das Risikomanagement. Zweiter Ansatz ist die Ordnung der Risiken nach dem üblichen Projektablauf (Projektstufen nach AHO). Auch diese hinterlegte Liste als Abwandlung des ersten Ansatzes kann und soll bei der Risikoidentifikation unterstützen. Dabei werden die zu beachtenden Sachverhalte oder Aufgaben sowie die für die Risikoidentifikation wesentlichen Merkmale benannt. Der dritte Ansatz ist, die Risiken den am Projekt Beteiligten zuzuordnen. Zur Identifikation und damit zur Vermeidung von Risiken bei Bauprojekten gehört die Kenntnis möglicher oder tatsächlicher Verursacher. Abbildung 4.25 unterscheidet sechs Gruppen:
210
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation Interne Verursacher/Ursachen (1, 2, 3, 4) und externe Verursacher/Ursachen (5, 6) 3) freiberuflich Tätige und ausführende Firmen
2) Bauwerk und Baugrundstück
4) Bedarfsträger und Nutzungsorganisationen
Risiken von Bauprojekten
1) Bauherren (-organisation)
5) Preise auf Märkten für Güter und Leistungen
6) Umwelt, Umfeld und Gesellschaft
Systemeigenschaften (1, 2, 3), Nutzerverhalten (4) und Systemumgebung (5, 6) Abb. 4.25:
Interne und externe Ursachen von Risiken bei Bauprojekten.
Risikoidentifikation über die am Projekt Beteiligten Zur Identifikation und besser: zur Vermeidung von Risiken bei Bauprojekten gehört die Kenntnis möglicher oder tatsächlicher Verursacher. Abbildung 4.25 unterscheidet sechs Gruppen. In der folgenden Aufzählung sind verschiedene Risikoarten des ersten Ansatzes den Beteiligten beispielhaft zugeordnet. Am Projekt Beteiligte als mögliche Verursacher von Risiken: 1) Bauherren(-organisation) 2) Bauwerk und Baugrundstück 3) Freiberuflich Tätige und ausführende Firmen 4) Bedarfsträger und Nutzungsorganisationen 5) Preise auf Märkten für Güter und Leistungen 6) Umwelt, Umfeld und Gesellschaft Die folgenden Punkte sind als Beispiele zu verstehen, die zu Gefahren (negative Risiken) bei Bauprojekten führen, einige davon treten gleichzeitig auf. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Zu 1. Bauherren(-organisation): – unzureichende Projektentwicklung/Projektvorbereitung – fehlende oder zu späte Entscheidungen die Planung betreffend – Durchsetzen von nachträglichen Planungsänderungen – fehlende Beauftragung von Fachplanern oder Gutachtern – ungesicherte Finanzierung des Bauprojekts
4.3 Koordination
211
– zu geringer Kostenrahmen für das Bauprogramm – unrealistische Terminvorstellungen – unklare Zuständigkeiten oder Unkenntnis hinsichtlich der Wahrnehmung von Bauherrenaufgaben, insbesondere bei der Projektleitung – nachlässige Rechnungsbearbeitung und Zahlung gegenüber den Auftragnehmern – … Zu 2. Bauwerk und Baugrundstück: – Baugrund, Grundwasserstand, Kampfmittel, Kontamination, zu geringe Tragfähigkeit des Baugrunds – Schäden am Gebäude beim Bauen im Bestand – … Zu 3. Freiberuflich Tätige (FbT) und ausführende Firmen: – unzureichende Koordination und Integration von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten (Schnittstellenkoordination) – Planungsfehler und -versäumnisse (Planungsbedürftigkeit) – unzureichende Beratung des Auftraggebers – mangelhafte Objektüberwachung/Bauleitung – verspätete Planlieferung der FbT an ausführende Firmen – unvollständige oder fehlerhafte Leistungsbeschreibungen – Insolvenzen von Auftragnehmern während der Projektdauer – Preisabsprachen ausführender Firmen – unzureichende Baustelleneinrichtung/Baulogistik – Vergaberügen und -beschwerden im Vergabeverfahren – Behinderung der ausführenden Firmen untereinander – Ausführungsfehler – … Zu 4. Bedarfsträger und Nutzungsorganisationen: – unzureichende Bedarfsanmeldung – fehlendes Liegenschaftskonzept (gesamte bauliche Anlage) – nachträgliche Nutzeranforderungen (Nutzflächen, Ausstattung u. v. m.) – Vorziehen der Inbetriebnahme/umfangreicher Probebetrieb – politische Vorgaben hinsichtlich Kosten und Terminen
212
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
– Fortführung der Nutzung während der Bauzeit (z. B. Krankenhausbau) – Bauen bei laufendem Betrieb – … Zu 5. Preise auf Märkten für Güter und Leistungen: – Erhöhung von Rohstoff- und Materialkosten – Lohnerhöhungen – Preisabsprachen – regionale, nationale und internationale Konjunktureinflüsse – … Zu 6. Umwelt, Umfeld und Gesellschaft: – Klimaänderungen, Naturkatastrophen – unerwartete Änderung politischer Rahmenbedingungen – Wetter: Winterzeit – Veränderung von Gesetzen, Normen, Verordnungen während der Projektdauer – politischer Strukturwandel – Konjunkturprogramme – Träger öffentlicher Belange (TöB): Denkmalschutz, Naturschutz – nicht staatliche Organisationen (NGOs): Protest gegen Bauprojekt – Vandalismus auf der Baustelle/am Objekt – ... Risikoanalyse über Risikokategorien Risikokategorien bei Hochbaumaßnahmen sind – Planungs-, – Bau-, – Zwischenfinanzierungs-, – Verwaltungs-, – Instandsetzungs-, – Endfinanzierungs- und – Verwertungsrisiken, – …
4.3 Koordination
213
Risikomatrix Die Risikomatrix (siehe Abb. 4.26) ist ein Instrument zur Risikokommunikation. „Risiken werden nach ihrem potenziellen Schaden und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit unterteilt. Diese Wahrscheinlichkeit kann sowohl auf Grundlage vergangenheitsbasierter Daten als auch auf Basis subjektiver Schätzungen beruhen.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/risikomatrix.html) rot
rot
rot
A-Risiken
grün
gelb
rot
gelb
B-Risiken
grün
grün
gelb
grün
C-Risiken
mittel gering
Schadenshöhe
hoch
gelb
gering
mittel
hoch
Eintrittswahrscheinlichkeit Abb. 4.26:
Risikomatrix zur Bewertung von Projektrisiken.
„Anhand der Risikoqualifikation der Einzelrisiken wird entschieden, welche Risikokategorien anschließend quantitativ analysiert werden. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn in der jeweiligen Risikokategorie auch Risiken der Gruppe A enthalten sind.“ (BMVBS (Hrsg.): Leitfaden WU Hochbau 2012. S. 47) Risikoevaluation Es werden „die zur quantitativen Bewertung ausgewählten Risikokategorien mit einem Risikowert in Form eines monetären Zuschlages belegt. Dieser Risikowert ergibt sich aus der Multiplikation von Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit. Hierbei ist darauf zu achten, dass bei den jeweiligen Risikokategorien die passende Kostenbasis (Bezugskosten = Erwartungswert vor Risikoanalyse) herangezogen wird.“ (BMVBS (Hrsg.): Leitfaden WU Hochbau 2012. S. 47) „Auch Einzelrisiken von großer Bedeutung wie z. B. Baugrundrisiko, Genehmigungsrisiko, Insolvenzrisiko, Auslastungsrisiko, sind den Risikokategorien zuzuordnen. Übergeordnete Risiken wie Baukostenrisiko, Qualitätsrisiko oder Terminrisiko ergeben sich aus mehreren verschiedenen Einzelrisiken (vgl. Anlage 2).“ (BMVBS (Hrsg.): Leitfaden WU Hochbau 2012. S. 46)
214
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Risikobewertung Identifizierte Risiken werden auf der Grundlage der Eintrittswahrscheinlichkeit, der Auswirkungen (insbesondere Kostenbewertung) und der zeitlichen Annäherung bewertet. Risiken werden üblicherweise in drei Risikokategorien eingeteilt: – A – sehr hohe Gefährdung (rot) – B – mittlere Gefährdung (gelb) – C – geringe Gefährdung (grün) Hierzu dient ein formgebundenes, für die praktische Anwendung einfaches Bewertungsverfahren. Grundsätzlich lassen sich Auswirkungen von negativen wie positiven Risiken fast immer hinsichtlich daraus entstehender Mehr- oder Minderkosten ausdrücken. Im Vordergrund steht dabei die Wertung der Bedeutung einzelner Risiken, um daraus den erforderlichen Handlungsbedarf abzuleiten. Treten mehrere Risiken gleichzeitig auf, soll diese Bewertung die Dringlichkeit der Risikobewältigung verdeutlichen. Risikokalkulation am Beispiel Es liegt die Kostenberechnung für die Vorhangfassade eines Bürogebäudes vor. Demnach betragen die Kosten für dieses Bauteil (KG 330) voraussichtlich 400.000 €. Aus der Erfahrung bisher realisierter Projekte wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent von einer Erhöhung der Kosten für die Fassade um 20 Prozent (0,2 x 400.000 €) ausgegangen. Da eine Überwachung der Kosten kurzfristig nicht möglich ist, muss nun der Bauherr entscheiden, ob er eine Einsparung bei anderen Bauteilen über Qualitätsänderungen in Kauf nimmt oder die Finanzierung der Mehrkosten trägt. Ermittlung des Risikowerts: Risikowert
=
Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadenshöhe
=
0,3 x (0,2 x 400.000 €)
=
24.000 €
Bei seinen Überlegungen muss der Bauherr damit rechnen, dass im Fall des Risikoeintritts Mehrkosten in Höhe von 24.000 € entstehen. Er entscheidet sich für einen Risikozuschlag in der Kostenermittlung von 6,0 Prozent für die KG 330. Erwartungswert Wahrscheinlichkeiten lassen sich über den Erwartungswert ausdrücken. „Erwartungswert“ ist ein Begriff aus der Stochastik, also dem Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Statistik und Wahrscheinlichkeiten befasst. Der Erwartungswert gibt an, welcher Wert im Durchschnitt zu erwarten ist, wenn eine Situation theoretisch unendlich oft wiederholt wird. Der Erwartungswert berechnet sich aus der Summe aller möglichen Ausgänge multipliziert mit deren Eintrittswahrscheinlichkeit nach folgender Formel: n
EX x i PX x i i 1
4.3 Dokumentation
215
Dabei gilt: ist X eine Zufallsgröße, welche die Werte x1, …, xn annimmt, wobei P jeweils die Wahrscheinlichkeit des Wertes ist, so heißt die reelle Zahl E(X) Erwartungswert der Zufallsgröße X. Statt E(X) wird auch oft µ geschrieben. Beispiel zur Ermittlung des Erwartungswerts Als Entscheidungskriterium ist der Erwartungswert für jede Investitionsentscheidung von wesentlicher Bedeutung. Angenommen, es wird ein Geldbetrag von 1.000 € investiert. In 9 von 10 Fällen tritt eine Wertsteigerung um 150 € ein. In einem der 10 Fälle ist jedoch ein Totalverlust zu erwarten. Dann ergibt sich ein Erwartungswert von: μ = E(X) = 1.150 € ⋅ 90/100 + 0 € ⋅ 10/100 = 1.035 €. Ein Anleger könnte in diesem Fall durchschnittlich 35 € Gewinn erwarten. Stehen Alternativen zur Auswahl, dient die Ermittlung des Erwartungswerts der Auswahl der vorteilhafteren Alternative. Dies ist i. d. R. diejenige, für die der Erwartungswert maximal ist. (vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/830359598/erwartungswert-regel-v1.html) Risikobewältigung und (fortlaufende) Risikoüberwachung Erkannte Risiken sind in einer fortlaufenden Liste (ebenfalls in der Anlage) unter Angabe der jeweils getroffenen Risikobewertung und der Gegenmaßnahmen aufzuführen. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn in der jeweiligen Risikokategorie auch Risiken der Gruppe A enthalten sind. Weiterhin ist darzustellen, welche Informationsquellen verfügbar sind und welche weiteren zukünftigen Maßnahmen bei Bedarf erforderlich werden könnten. Hieraus folgt auch, dass eine Risikobeurteilung kein punktueller Vorgang am Beginn einer Maßnahme ist, sondern dass das Risikomanagement aktiv über die gesamte Laufzeit geführt werden muss. Der Risikobericht ist somit in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren und fortzuschreiben. Der notwendige Turnus der Risikoanalyse sollte dabei zweckmäßigerweise zu Beginn der Maßnahme festgelegt werden. Unabhängig hiervon ist die Einzelüberwachung der als für die Maßnahme als kritisch erkannten Risiken der Kategorie A.
216
4.4
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Dokumentation
Eine Dokumentation beinhaltet die langfristige Sicherung von wesentlichen Informationen über ein Projekt. Weiterhin besteht eine Aufbewahrungspflicht. Die Auswertung der Projektarbeit dient darüber hinaus der Nutzung des Objekts und der Gewinnung von Daten und Kennwerten für weitere Projekte. Dazu ist es erforderlich, bereits im Rahmen der Projektvorbereitung mit den Projektzielen die wichtigsten Vergleichswerte und Zielgrößen (Benchmarks) zu definieren und die entsprechenden Festlegungen zu treffen, die für das Projekt und ebenso für das Objekt (Lebenszyklus) benötigt werden. Die fortlaufende Zusammenstellung von Planunterlagen und Bauakten, die Dokumentation der wesentlichen auf das Projekt und auf das Objekt bezogenen Daten und Kennwerte in einem Projekthandbuch (PHB) sowie die Sicherung von Informationen in Archiven oder Datenbanken müssen auf der Grundlage einer einheitlich abgestimmten Projektstruktur und vertraglichen Verpflichtungen sichergestellt sein.
4.4.1
Erfordernis der Dokumentation
Vorrangiges Interesse an einer guten Dokumentation haben die Nutzer eines Objekts. Ist der Nutzer nicht gleichzeitig Bauherr, dann sind die Anforderungen mit diesem abzustimmen, da der Bauherr in seiner Funktion als Auftraggeber bereits bei Beginn des Projekts für die Erstellung der Dokumentation zu sorgen hat. Hierfür ist ein Konzept zu erstellen und es sind die notwendigen Aufgaben an die verschiedenen am Projekt Beteiligten zu beauftragen. Zu diesen gehören grundsätzlich alle Planer und zahlreiche ausführende Firmen. Bei der Konzeption und bei wesentlichen Teilen der Dokumentation kann ein Projektsteuerer einen entscheidenden Beitrag leisten. Öffentliche und viele andere Bauherren verfügen über eigene Regeln für die inhaltliche und formale Gestaltung einer Dokumentation. Eine Dokumentation ist aus Sicht des Projektmanagements die Grundlage für „– spätere Rationalisierungsmaßnahmen bei anderen Bauaufgaben, – Kostenrichtwerte, – wirtschaftliche Vergleiche, – Entwicklung von Einflussgrößen, – Erfolgskontrolle (d. h., ob die oben gestellten Aufgaben erfüllt sind und den Zielvorgaben des Bauherrn entsprechen und in welchem Umfang Abweichungen vorgekommen sind).“ (Pfarr, K.: Handbuch der kostenbewussten Bauplanung. 1976, S. 238) Es ist Aufgabe des Projektmanagements, vor der schriftlichen Beauftragung von Planungsund Bauleistungen die Dokumentation in ihren Strukturen und sonstigen Anforderungen festzulegen. Diese müssen Bestandteil aller Planungs-, Bau- und Lieferverträge sein. Wenn möglich soll zu diesem Zeitpunkt auch schon eine Abstimmung mit dem Nutzer (Betreiber, Gebäudemanager) des späteren Objekts erfolgt sein.
4.4 Dokumentation
217
Abbildung 4.27 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Aufgaben der am Projekt Beteiligten (Bauherr und Projektmanagement (Projektleitung, Projektsteuerung), Objektplanung (Architekt/Ingenieur), fachlich Beteiligte (Fachingenieure für die Planung der Technischen Ausrüstung, Tragwerksplaner) und sonstige (z. B. Bodengutachter) sowie ausführende Firmen und Lieferanten in Bezug auf die Dokumentation. am Projekt Beteiligte
Aufgaben der Dokumentation
Bauherrn, Projektmanagement; die Dokumentation ist auf die Projektdurchführung gerichtet
Vorgabe von Art und Umfang der Dokumentation für das Gesamtprojekt, Dokumentieren der wesentlichen projektbezogenen Plandaten, Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation, Dokumentation der Protokolle von Projekt- und Nutzerbesprechungen
Objektplanung (Architekt); die Dokumentation ist auf den eigenen Fachbereich gerichtet, es wird darüber hinaus die Dokumentation für das vollständige Bauwerk koordiniert
Systematische Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnissen für den eigenen Fachbereich, Dokumentation der Planungsbesprechungen, der Vergabe, der Baubesprechungen, des Bautagebuchs, der Abnahmeprotokolle für das vollständige Bauwerk, dabei Koordination und Integration der an der Planung Beteiligten
fachlich Beteiligte, sonstige; die Dokumentation ist auf den eigenen Fachbereich gerichtet
Systematische Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnissen für den eigenen Fachbereich, Mitwirkung bei der Dokumentation der Planungsbesprechungen, der Vergabe, der Baubesprechungen, des Bautagebuchs, der Abnahmeprotokolle für das gesamte Bauwerk, dabei Koordination durch die Objektplanung
ausführende Firmen, Lieferanten; die Dokumentation wird durch den Vertrag bestimmt
Die Dokumentation wird durch Gesetze, Normen, Verordnungen, durch die VOB oder VOL, soweit Bestandteil des Vertrags, sowie Anforderungen des Auftraggebers bestimmt
Abb. 4.27:
Am Projekt Beteiligte und Dokumentation – Überblick.
Die Notwendigkeit der Dokumentation ist in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen. Das liegt v. a. an der Zunahme – der Differenzierung zwischen Bauherren und Nutzung, Planung und Ausführung, – der Anforderungen an Bauwerke, z. B. allgemein anerkannte Regeln der Technik, und – des Anteils der Technischen Anlagen am Bauwerk, deren technische Entwicklung, z. B. Gebäudeautomation.
218
4.4.2
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Dokumentation nach HOAI (Objekt-Dokumentation)
Die erhöhten Anforderungen an die Planung schlagen sich auch in den Honorarordnungen für Architekten und Ingenieure nieder. Der Begriff „Dokumentation“ findet sich z. B. nicht in der Gebührenordnung für Architekten (GOA 1950). Das soll nicht bedeuten, dass es nicht andere Grundlagen für eine Dokumentation gegeben hätte. In der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 1977) wird die Dokumentation zur Grundleistung in § 15 Leistungsbild Objektplanung für Gebäude und Freianlagen, nicht aber in § 54 Tragwerksplanung sowie den Städtebaulichen Leistungen (Teil V) und den Landschaftsplanerischen Leistungen (Teil VI). Leistungsbilder für die Planung von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen sowie die Technische Ausrüstung kommen später hinzu. Objektplanung Gebäude, Freianlagen und Innenräume nach HOAI 1977 bis 2009 Zu den Grundleistungen der Dokumentation zählten in § 15 HOAI 1977 und im Übrigen unverändert auch in Anlage 11 zu den §§ 33 und 38 HOAI 2009 folgende Teilleistungen: LPH 1
Zusammenfassen der Ergebnisse
LPH 2
Zusammenstellen aller Vorplanungsergebnisse
LPH 3
Zusammenfassen aller Entwurfsunterlagen
LPH 9
Systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts (vgl. § 15 HOAI 1977 sowie HOAI 2009, Anlage 11) Darüber hinaus konnte als Besondere Leistung u. a. beauftragt werden: LPH 9
Aufbereiten des Zahlenmaterials für eine Objektdatei, Ermittlung und Kostenfeststellung zu Kostenrichtwerten (vgl. § 15 HOAI 1977 sowie HOAI 2009, Anlage 2) Objektplanung Gebäude und Innenräume nach HOAI 2013 Zu den Grundleistungen der Dokumentation in den hier angesprochenen Leistungsbildern der Objektplanung zählen seit 2013 erkennbar verändert und erweitert: LPH 1 e) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 2 i) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 3 g) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 7 e) Erstellen der Vergabevorschläge, Dokumentation des Vergabeverfahrens LPH 8 e) Dokumentation des Bauablaufs (zum Beispiel Bautagebuch) m) Systematische Zusammenstellung der Dokumentation, der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts Darüber hinaus kann als Besondere Leistung unter anderem beauftragt werden: LPH 9
Erstellen einer Gebäudebestandsdokumentation, Aufstellen von Ausrüstungs- und Inventarverzeichnissen (vgl. HOAI 2013, Anlage 10)
4.4 Dokumentation
219
Fachplanungen Tragwerksplanung, Technische Ausrüstung nach HOAI 1977 bis 2009 Eine Dokumentation war im Leistungsbild Tragwerksplanung von Anfang an bis HOAI 2009 nicht enthalten. Das ist in Anbetracht der Bedeutung der Tragwerksplanung unverständlich. Die Anforderungen an die Dokumentation im Leistungsbild Technische Ausrüstung dagegen entsprach im Wortlaut fast denen an die Objektplanung ebenfalls bis HOAI 2009, allerdings nur für die Leistungsphasen 1. Grundlagenermittlung bis 2. Vorplanung. Erst in Leistungsphase 9. Objektbetreuung und Dokumentation hat der Fachplaner wieder mitzuwirken. LPH 1
Zusammenfassen der Ergebnisse
LPH 2
Zusammenstellen der Vorplanungsergebnisse
LPH 3
(keine Leistung enthalten)
LPH 9
Mitwirken bei der systematischen Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts (vgl. HOAI 2009, Anlage 14) Fachplanungen Tragwerksplanung, Technische Ausrüstung nach HOAI 2013 Vergleichbar den verschiedenen Leistungsbildern der Objektplanung wurde in der aktuell gültigen Fassung der HOAI 2013 der Bedeutung der Dokumentation auch in weiteren Leistungsbildern Rechnung getragen. Zu den Grundleistungen der Dokumentation im Leistungsbild Tragwerksplanung zählen seit 2013 als neue Grundleistungen: LPH 1 c) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 2 f) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 3 i) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 7
(grundsätzlich keine Grundleistungen enthalten)
LPH 8 (grundsätzlich keine Grundleistungen enthalten) (vgl. HOAI 2013, Anlage 14) Zu den Grundleistungen der Dokumentation im Leistungsbild Technische Ausrüstung zählen seit 2013 als neue Grundleistungen: LPH 1 c) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 2 g) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 3 h) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse LPH 7 e) Erstellen der Vergabevorschläge, Mitwirken bei der Dokumentation des Vergabeverfahrens LPH 8 p) Systematische Zusammenstellung der Dokumentation, der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts (vgl. HOAI 2013, Anlage 15)
220
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Die Dokumentation des Leistungsbilds Technische Ausrüstung entspricht vollständig den Grundleistungen der Objektplanung. Für die vollständige Objekt-Dokumentation hat die Objektplanung – auch hier – die Leistungen der an der Planung fachlich Beteiligten zu koordinieren und zu integrieren. Die oft vielen Fachingenieure für die Planung der unterschiedlichen Anlagegruppen (vgl. § 53 HOAI 2013) sind zur Mitwirkung verpflichtet. Der Vergleich der alten und neuen Leistungsbilder zeigt deutlich, dass die Dokumentation aus der im Übrigen nicht immer beauftragten Leistungsphase 9 herausgenommen und in mehrere davorliegende Leistungsphasen verschoben wurde. Damit wird die Dokumentation nicht nur mehrstufig, sondern auch umfangreicher und sicher besser. Die Dokumentationen nach HOAI sollen im Weiteren als „Objekt-Dokumentation“ bezeichnet werden. Bei der Objekt-Dokumentation sind – wie bereits deutlich wurde – auch die an der Planung fachlich Beteiligten für die Technische Ausrüstung verpflichtet, einen Beitrag zu leisten. Die Grundleistung „Mitwirken bei der Systematischen Zusammenstellung von der zeichnerischen Darstellung und rechnerischen Ergebnisse“ ist für die Nutzung des Objekts, insbesondere der Technischen Ausrüstung von wesentlicher Bedeutung. Es dient der Beurteilung von Planung und Ausführung künftiger Anlagen, Erweiterung oder Umbau der bestehenden Anlagen. Dazu gehören nicht Revisions- oder Bestandspläne, die von einer ausführenden Firma oder als Besondere Leistung von einem Fachingenieur erstellt werden. Die Gebäudebestandsdokumentation ist eine Besondere Leistung der Objektplanung, man sprach hier früher von „Bestandsplänen“. Die Gebäudebestandsdokumentation wird i. d. R. im Maßstab 1:100 gefertigt. Dazu können auch die fortgeschriebenen und ergänzten Pläne der Ausführungsplanung im Maßstab 1:50 verwendet werden. Es sollen wesentliche Maßangaben, Angaben über Technische Anlagen, zulässige Lastannahmen und Angaben über Materialien enthalten sein. Eine Gebäudebestandsdokumentation soll auch die Informationen eines Benutzungsplans enthalten. „Benutzungspläne sind Baubestandszeichnungen oder Bauaufnahmen, die durch zusätzliche Angaben für bestimmte, baurechtlich, konstruktiv oder funktionell zulässige Nutzungen ergänzt sind (z. B. zulässige Verkehrslasten, Rettungswege).“ (DIN 1356-1: 1995-02) Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch der Feuerwehrplan, der den anrückenden Kräften der Feuerwehr bereits bei der Anfahrt als Orientierung dient. Er ist eine wichtige Voraussetzung für eine Vielzahl von taktischen Maßnahmen der Brandbekämpfung. Nach DIN 14095 Teil 1 Absatz 2 hat ein Feuerwehrplan Angaben zu enthalten über die „– Anbindung des Objekts an öffentliche Verkehrsflächen und somit den Anfahrtsweg, –
Zufahrten und befahrbare Flächen auf dem Grundstück,
–
Löschwasserentnahmestellen,
–
Lage der Brandmeldezentrale oder der ständig besetzten Stelle,
–
Gefahrenschwerpunkte wie Trafostationen, Gasanlagen und Gefahrgutdepots,
–
begehbare Treppen und Rettungswege,
–
Einrichtungen für die Brandbekämpfung wie Steigleitungen und Löschwassereinspeisestellen.“ (DIN 14095 Teil 1: Feuerwehrpläne)
4.4 Dokumentation
221
Darüber hinaus werden Anforderungen an die Dokumentation von Technischen Anlagen vom Verband Deutscher Ingenieure (VDI) gestellt (vgl. hierzu: VDI 6026 Blatt 1: 2008-05, Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung – Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen). Diese Richtlinie stellt die Anforderungen an die inhaltliche Beschaffenheit der Unterlagen dar, die im Rahmen der Durchführung eines Bauprojekts hinsichtlich der Technischen Anlagen zu erstellen sind. Dabei werden Planung, Ausführung und Betrieb der Anlage berücksichtigt. Eine Objekt-Dokumentation ist von den am Projekt Beteiligten (Bauherr, Architekt, fachlich Beteiligte, ausführende Firma, Betreiber) jeweils unterschiedlich zu verfassen. Die zu verwendenden Begriffe berücksichtigen die bekannten Definitionen der HOAI wie der VOB. Ziel der Richtlinie ist es nicht, neue Aufgaben zu definieren. Vielmehr beschreibt sie den Informationsgehalt und die Beschaffenheit der Unterlagen in der jeweiligen Planungs- oder Ausführungsphase und zeigt die auftretenden Schnittstellen im Planungs- und Bauablauf wie auch zwischen den daran Beteiligten. Gegenstand der Beschreibung sind die folgenden Bauteile: Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, Wärmeversorgungsanlagen, Raumlufttechnische Anlagen, Kälteanlagen, Starkstromanlagen, Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen, Förderanlagen sowie die Gebäudeautomation. Dem Auftraggeber obliegt die Prüfung auf Übereinstimmung mit den von ihm gestellten Anforderungen. Vergleiche hierzu: VDI 6026 Blatt 1: 2008-05, Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung – Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen.
4.4.3
Dokumentation nach AHO (Projekt-Dokumentation)
Der § 31 HOAI 1977 (bis 1996 unverändert), der als Vorgänger des zurzeit aktuellen Leistungsbilds für die Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Stand Mai 2014, gelten darf, enthielt keine Leistungen der Dokumentation. Jedoch entspricht die Formulierung in § 31 Absatz 1 Ziffer 6 „Fortschreiben der Planungsziele […]“ anteilig den Leistungen nach AHO. Diese Leistungen sollen im Weiteren als „ProjektDokumentation“ bezeichnet werden. Dokumentation nach AHO Heft 9 November 1996 Nach AHO soll die Dokumentation weniger von der Projektleitung oder der Projektsteuerung selbst wahrgenommen werden, sondern es sollen die Strukturen festgelegt werden, um die erforderlichen Leistungen von den an der Planung Beteiligten einzufordern. So heißt es 2009 im Kommentar zum Handlungsbereich A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation, Projektstufe 1 Projektvorbereitung, wie folgt: „Der Projektsteuerer hat darauf hinzuwirken, dass rechtzeitig auftraggeberseitig bestehende Vorgaben zur Planerstellung (z. B. Layerstrukturen) abgestimmt werden, so dass nicht in späteren Planungsphasen Schwierigkeiten durch zu spät formulierte Vorgaben entstehen. Gleiches gilt für Anforderungen an die von Ausführungsfirmen zu liefernde Bestandsdokumentation.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 März 2009, S. 27)
222
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Im Leistungsbild Projektsteuerung/Projektmanagement AHO Heft 9 November 1996 sind in Bezug auf die Dokumentation folgende Grundleistungen enthalten: PS 1
Entwickeln, Vorschlagen und Festlegen der Projektziele und der Projektorganisation durch ein projektspezifisch zu erstellendes Organisationshandbuch
PS 2
Fortschreiben des Organisationshandbuches
PS 3
Fortschreiben des Organisationshandbuches
PS 4
Fortschreiben des Organisationshandbuches
PS 5
Mitwirken beim systematischen Zusammenstellen und Archivieren der Bauakten inkl. Projekt- und Organisationshandbuch (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 November 1996, S. 14–18) Gegenstand und Struktur des zu dokumentierenden Projektablaufs sind schon im Rahmen der Projektvorbereitung im Organisationshandbuch (OHB) vorzugeben. Aus diesem erwächst in den folgenden Projektstufen im Laufe der Zeit das Projekthandbuch (PHB). Es wird deshalb auch als „Projektchronik“ bezeichnet. Schon 1996 waren alle hierfür erforderlichen Grundleistungen enthalten. Projektleitung und Projektsteuerung haben seit 2014 auch die Aufgabe, für die Systematik der Objekt-Dokumentation der an der Planung Beteiligten zu sorgen und die Zusammenstellung der Dokumentation zu überprüfen. Ansonsten soll wie bisher die Projekt-Dokumentation, angefangen von der Dokumentation der Projektziele im Rahmen der Projektvorbereitung bis zur Feststellung der Zielerreichung zum Projektabschluss, nach einer einheitlichen Struktur fortlaufend aktualisiert werden. Im Leistungsbild Projektsteuerung/Projektmanagement nach AHO Heft 9 Mai 2014 sind die Grundleistungen in Bezug auf die Dokumentation jetzt wie folgt formuliert: PS 1
Entwickeln, Abstimmen und Dokumentieren der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung
PS 2
Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung
PS 3
Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung
PS 4
Fortschreiben der projektspezifischen Organisationsvorgaben mit Projektstrukturplanung
PS 5
Veranlassen der systematischen Zusammenstellung und Archivierung der Projektdokumentation Überprüfen der Zusammenstellung von Dokumentationsunterlagen durch die Planungsbeteiligten
Als Besondere Leistung der Dokumentation ist folgende Teilleistung hinzukommen, die richtig „Objekt-Dokumentation der an der Planung Beteiligten“ lauten müsste: PS 5 Prüfen der Projektdokumentation der fachlich Beteiligten (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13–22)
4.4 Dokumentation
223
Die Projektdokumentation ist nach DIN 69901-5:2009-01 die „Zusammenstellung ausgewählter, wesentlicher Daten über Konfiguration, Organisation, Mitteleinsatz, Lösungswege, Ablauf und erreichte Ziele des Projektes.“ (DIN 69901-5:2009-01, Gesamtheit von Führungsaufgaben […] Abschluss von Projekten) Bei Bauprojekten gehören dazu die regelmäßigen Projektberichte und der Projektabschlussbericht, ggf. die Zusammenstellung der wesentlichen Informationen in Form des Projekthandbuchs. Zuständig hierfür ist der Projektleiter, er lässt es ggf. von einem Projektsteuerer bearbeiten. Ein wichtiges Instrument zur Dokumentation ist das Projekthandbuch. Es wird im Leistungsbild der Projektsteuerung als das zusammenfassende und hauptsächliche Instrument der Dokumentation gesehen, es wächst auf der Grundlage früh angelegter Strukturen als Bestandteil des Organisationshandbuchs in der Projektstufe 1 Projektvorbereitung. Die Erläuterungen zum Organisationshandbuch werden im Kommentarteil der aktuellen Fassung knapp und übersichtlich dargestellt. Außerdem werden die Strukturen als eine Grundlage des Projekthandbuchs erläutert. Die auf die Projektziele bezogenen „Informationen gliedern sich in Dokumente sowie Daten und sind in geeigneter Form fortschreibungsfähig aufzubereiten. Dazu gehören u. a. regelmäßig: – Organisationsvorgaben, – Bedarfsplanung, – Liste der (vorhandenen und noch zu erstellenden) Planunterlagen, Planeingangs-/ -ausgangsliste gemäß Organisationsvorgaben, – Überblick über den Stand sowie die weitere Entwicklung sämtlicher Genehmigungsverfahren, – Zusammenstellung der Flächen und Kubaturen nach DIN 277 bzw. gif [siehe Kap. 5], – vorliegende Erläuterungsberichte zur Planung, Projekt-/Baubeschreibung und ggf. Gebäude- und Raumbuch, – jeweils aktuelle Kostenermittlung mit zugehörigem Erläuterungsbericht, – jeweils aktuelle Terminpläne mit Erläuterungsberichten, – aktueller Maßnahmen- und Entscheidungskatalog, – Änderungs- und Entscheidungslisten.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 40) Für den Bauherrn ist aus übergeordneter Sicht ohne Zweifel das Projekthandbuch die ideale Form der Dokumentation, da es kompakt und auf das Wesentliche beschränkt, gleichzeitig aber auf alle Fachbereiche bezogen ist oder sein muss. Für die Projektsteuerung, die Objektplanung oder die Fachplanung sind Informationen auf einer Datenbank gute Grundlagen für Auswertungen und weitere Planungen. Im Fall von Prüfungen durch externe Instanzen, z. B. Rechnungshof, und zum Nachweis von Tatbeständen im Fall von Streitigkeiten sowie als Arbeitsunterlagen für Gutachter, ist das geordnete Archiv nach wie vor unverzichtbar, abgesehen davon, dass die am Projekt Beteiligten ohnehin zur Aufbewahrung verpflichtet sind.
224
4.4.4
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Dokumentation im Rahmen der Generalplanung
Vergleichbare Aufgaben finden sich auch im Leistungskatalog Generalplanung für Gebäude unter 4. Besondere Generalplanerleistungen, Teil III Berichtswesen/Dokumentation/EDV. Nachfolgend ein Auszug der Einzelleistungen, welche die Dokumentation betreffen: „– Festlegen eines Berichts- und Dokumentationssystems [...] –
Dokumentation der Verhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit des Projektes unter besonderer Berücksichtigung aller einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften [...]
–
Dokumentation der Planungsergebnisse in den jeweils vom Generalplaner festgelegten terminrelevanten Planungs- und Leistungsabschnitten [...]
–
gewerkeweise Zusammenfassung der Ausschreibungsunterlagen in Bezug auf Besonderheiten des Objektes und unter Berücksichtigung der besonderen Auftraggeberbelange
–
Vorbereitung und Mitwirkung an sowie Dokumentation der Vertragsverhandlungen mit den ausführenden Unternehmern und sonstigen Projektbeteiligten
–
Zusammenstellung aller Vertragsunterlagen und Vertragsanlagen zu AuftragsLeistungsverzeichnissen betreffend der vom Auftraggeber eingesetzten Projekt-, Planungs- und Ausführungsbeteiligten
–
Erfassung, Prüfung und Bewertung sowie Dokumentation des projektrelevanten Schriftverkehrs gegenüber den Fachplanern, den Projektbeteiligten (einschließlich Sonderfachleuten des Auftraggebers) und gegenüber Dritten (Behörden etc.)
–
Prüfung und Auswertung der Protokolle von Projekt- und Baubesprechungen auf technisch relevante Anordnungen und Aussagen
–
besondere Dokumentation der Überwachung des Baufortschrittes (detailliertes Bautagebuch über die durchgeführten Bauleistungen und die erbrachten Überwachungsleistungen)
–
Projektabschluss mit Zusammenfassung und Dokumentation aller Unterlagen und Daten des Projektes“ (AKH und BYAK (Hrsg.): Generalplanung – Ein Leitfaden […]. 2000, S. 48) Die oben aufgeführten Teilleistungen ergänzen die nach AHO Heft 9 für das Projekthandbuch erstellte Dokumentation in Form von Kennwerten und Erläuterungen.
4.4.5
Dokumentation durch ausführende Unternehmen
Teile der Dokumentation werden von der jeweiligen ausführenden Firma erbracht. Entsprechende Leistungen der ausführenden Firmen sind jedoch nicht ohne Weiteres Gegenstand des Bauvertrags: „Verlangt der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte, nicht zu beschaffen hat, so hat er sie zu vergüten.“ (§ 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B 2012)
4.4 Dokumentation
225
Dokumentation nach VOB/C Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil C (VOB/C) enthält Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) in Form von DIN Vorschriften. In diesen sind jeweils in Abschnitt 3 die Ausführung, die vom Auftragnehmer mitzuliefernden Unterlagen und ausdrücklich eine Dokumentation geregelt. Es handelt sich dabei v. a. um Leistungen im Bereich der Technischen Ausrüstung wie z. B. Rollladenarbeiten (Rolltore, Rollgitter oder Verdunkelungsanlagen), Raumlufttechnische Anlagen, Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen, Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen von Gebäuden, Blitzschutzanlagen, Förderanlagen, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen und Fahrsteige, Gebäudeautomation, aber auch Kampfmittelräumarbeiten. Die Anforderungen an die mitzuliefernden Unterlagen sind dabei recht unterschiedlich. Die zwei ausgewählten Beispiele sollen das zeigen. DIN 18323 – Kampfmittelräumarbeiten „Die Abschlussdokumentation der Kampfmittelberäumung muss folgende Unterlagen enthalten: – Benennung der zur Sondierung und Räumung genutzten Methoden und Geräte, – georeferenzierte Lage- und Parzellenpläne mit eingetragenen Fundstellen oder zusammengefassten Funden bei hoher Dichte an Kampfmitteln, – Kampfmittelfundlisten sowie – georeferenzierte Lage- und Parzellenpläne mit verbliebenen Störpunkten.“ (DIN 18323:2012-09, Abs. 3.10) DIN 18381 – Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen von Gebäuden „Der Auftragnehmer hat folgende Unterlagen aufzustellen und dem Auftraggeber spätestens bei der Abnahme zu übergeben: – Anlagenschemata, – elektrische Übersichtsschaltpläne und Anschlusspläne nach DIN EN 61082-1 ‚Dokumente der Elektrotechnik – Teil 1: Regeln‘, – Zusammenstellungen der wichtigsten technischen Daten, – Kopien der vorgeschriebenen Prüf- und Herstellerbescheinigungen, – alle für einen sicheren und wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Bedienungs- und Wartungsanleitungen, – Protokolle über die Dichtigkeitsprüfung, – Protokoll über die Einweisung des Wartungs- und Bedienungspersonals. Die Unterlagen sind in 3-facher Ausfertigung schwarzweiß, Zeichnungen nach Wahl des Auftraggebers, stattdessen auch in einfacher Ausfertigung pausfähig, auszuhändigen.“ (DIN 18381:2012-09, Abs. 3.5)
226
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
4.4.6
Anforderungen des öffentlichen Bauherrn an die Dokumentation
Der öffentliche Bauherr – das gilt für den Bund wie für die Länder – hat hohe Anforderungen an die Baudokumentation sowie an die Bestandsdokumentation. Bauherr Bundesrepublik Deutschland (Bund) Für Bauvorhaben des Bundes gelten die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) enthalten. Es wird hier als Beispiel ein Auszug aus Teil 1 Richtlinien, Abschnitt H Bauübergabe und Baubestandsdokumentation wiedergegeben. „H Bauübergabe und Dokumentation 1
Bauübergabe und Baudokumentation
[…] 1.4 Die Dokumentation der Baumaßnahme (Baudokumentation) besteht aus folgenden Unterlagen: – systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen der Baumaßnahme (im Sinne der Leistungsphase 5 HOAI fortgeschriebene Ausführungspläne), – Auflistung der Verjährungsfristen für Mängelansprüche, – öffentlich-rechtliche Abnahmebescheinigungen, – gesetzlich erforderliche Erlaubnis- und Genehmigungsbescheide, – Ausrüstungs-, Inventar- oder Geräteverzeichnis, – Energiebedarfsausweis (auf Grundlage der tatsächlichen Bauausführung), – Bautechnische Nachweise gemäß Landesbauordnung, – Zusammenstellung über die der Baudurchführenden Ebene während der Durchführung der Baumaßnahme bekannt gewordenen Auflagen, Rechte und Pflichten, soweit darüber die für den Grunderwerb zuständige Stelle nach F 1.1 keine Angaben gemacht hat. In diese Übersicht sind insbesondere aufzunehmen Angaben über: – Befristung oder Widerruflichkeit von wasserrechtlichen Bescheiden, – Auflagen, Rechte und Pflichten für Zufahrtsstraßen, Wege, Wasserversorgungsund Abwasseranlagen (auch außerhalb der Bundesanlagen), – einmalige Erschließungsbeiträge für Straßen und Wege nach dem BauGB, – Anschlussgebühren für die Abwasserbeseitigung, – Anschlussgebühren für eine öffentliche oder private Wasserversorgung und Rohrnetzkostenbeiträge, – Anschlusskosten für Stromversorgung, Gasversorgung usw., – Zusammenstellung der Auflagen der Brandschutzbehörden, soweit sie die Nutzung betreffen, – Nachweise über Schadstoffe in Baustoffen, – Hinweise auf turnusmäßig zu überwachende Bauteile und Bauelemente (vgl. RÜV),
4.4 Dokumentation
227
– sonstige behördliche Auflagen. Bei Technischen Anlagen hat die Bauverwaltung zusätzlich zu übergeben: – Auflistung aller Technischen Anlagen, – Prüfbücher mit dem Ergebnis der vor der Inbetriebnahme durchgeführten Abnahmeprüfungen, – Betriebsanweisungen, einschließlich Bedienungs- und Instandhaltungsanleitungen der Anlagenhersteller, – Liste der Anlagen, die einer Überwachungspflicht auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften unterliegen, einschließlich der vorgesehenen Prüftermine, – Anlagen- und Funktionsbeschreibungen, – Fristenpläne für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, – Zusammenstellung von Vorschriften für Arbeitsschutz und Unfallverhütung, – Aufstellung von Bauteilen, die der Wartung bedürfen. 1.5 Des Weiteren übergibt die Bauverwaltung Unterlagen aufgrund besonderer Beauftragung durch den Maßnahmen-/Bedarfsträger, z. B.: – Ergänzung der Auflistung aller Technischen Anlagen um die Angabe der Herstellungskosten und die geplante Nutzungsdauer entsprechend den Anforderungen des Maßnahmenträgers (für Maßnahmen im ELM stets zu erbringen), – vorbereitete Ver- und Entsorgungsverträge, – vorbereitete Wartungs- und Instandhaltungsverträge. 2
Bestandsdokumentation
2.1 Allgemein Die Bestandsdokumentation umfasst die Gebäudebestands- und die Liegenschaftsbestandsdokumentation. Sie ist grundsätzlich digital zu führen. Art und Umfang der Bestandsdokumentation sind zwischen Maßnahmen-/Bedarfsträger und Bauverwaltungen abzustimmen. Zusätzliche Leistungen zur Erstellung von Bestandsplänen (im Sinne von Besonderen Leistungen der LPH 9 HOAI) sind vom Maßnahmen-/Bedarfsträger gesondert anzufordern. Bei Baumaßnahmen sind die Kosten dafür im Rahmen der Erstellung der ES-Bau/Bauunterlage zu berücksichtigen (in Kostengruppe 779 DIN 276). Die Kosten für die Fortschreibung der Bestandsdokumentation während des Gesamtlebenszyklus der Gebäude (anschließende Primärnachweisführung) sind nicht in der ES-Bau/Bauunterlage zu veranschlagen. Entsprechendes gilt für die geforderten zusätzlichen alphanumerischen Beschreibungsdaten. Die Erstellung und Fortführung der Bestandsdokumentation kann auch unabhängig von Baumaßnahmen beauftragt werden. […]
228
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
2.2 Gebäudebestandsdokumentation Die Gebäudebestandsdokumentation richtet sich nach den Baufachlichen Richtlinien Gebäudebestandsdokumentation – BFR GBestand. Sie umfasst i. d. R.: – Geometrische Bestandsdaten: Als bauliche Bestandspläne sind Grundrisse aller Geschosse und des nutzbaren Dachraumes, die erforderlichen Ansichten, Dachaufsichten und Schnitte (auch durch Treppenhäuser) für jedes Gebäude in der Regel in der Darstellungstiefe im Maßstab 1:50 (entsprechend DIN 1356) oder sinnvoll reduziert auf 1:100 zu übergeben. Diese zeichnerischen Darstellungen sollen, damit sie zugleich als Pläne im Rahmen des Liegenschaftsmanagements benutzt werden können, folgende Angaben für jeden Raum enthalten: – Raumnummer, Raumbezeichnung, Raumfläche, – Rohbaumaße, Wanddicken, – Raumlängen, -breiten, -höhen und -umfang, – Fenster- und Türöffnungen (Rohbaumaße), – Treppen mit Steigungsverhältnis und Rampen, – Innenwand- und Deckenbekleidungen, Fußbodenbeläge. Als technische Gebäudebestandspläne sind i. d. R. Baubestandspläne für folgende technische Anlagen zu übergeben: – Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen, – Wärmeversorgungsanlagen, – Lufttechnische Anlagen, – Starkstromanlagen, – Fernmelde- und Informationstechnische Anlagen, – Förderanlagen, – Nutzungsspezifische Anlagen, – Anlagen der Gebäudeautomation, – Eintragung der zentralen Betriebstechnik, – Brandschutzpläne (Grundrisse, Schnitte mit Darstellung der Fluchtwege, der Brandabschnitte und aller Einrichtungen für den vorbeugenden Brandschutz), – Alphanumerische Bestandsdaten in elektronischen Raum- und Gebäudebüchern gemäß BFR GBestand Kapitel 3. Als Grundlage der geometrischen Bestandsdokumentation können die zeichnerischen Unterlagen gemäß Ziffer 1.4 dienen.“ (RBBau – Bauübergabe u. Baudokumentation, Abschn. H, 19. Aust.- Sept. 2013. S. 46)
4.4 Dokumentation
229
Bauherr Berliner Immobilienmanagement (BIM) Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) formuliert eigene, i. d. R. über die VOB/C hinausgehende Anforderungen an die Dokumentation. Das betrifft die Bestandsunterlagen/Übergabedokumentationen, die in den Bauverträgen festgelegt werden. Dazu ist festzustellen, dass von der BIM nicht nur für die Technischen Anlagen mehr Unterlagen gefordert werden als nach der VOB, sondern dass auch für die Baukonstruktionen entsprechende Unterlagen aufzustellen sind. Zum Vergleich werden hier noch einmal die Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden aufgeführt (vgl. Dokumentation nach VOB/C). Ferner wird am Beispiel „Fliesenarbeiten“ gezeigt, was Auftragnehmer für die BIM zu dokumentieren haben. Denn für die Leistungen der Baukonstruktionen sind nach VOB/C grundsätzlich keine mitzuliefernden Unterlagen zu fertigen (vgl. Berliner Immobilienmanagement GmbH: Projekthandbuch BIM. 2013, S. 188–240). „Vom Unternehmer zu übergebende Bestandsunterlagen/Übergabedokumentationen gem. VOB Teil C und Weitere für: DIN 18381 – Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden 1. Fachunternehmererklärung/Gewährsbescheinigung, 2. Angaben zum Störungsdienst/Notdienst, 3. Wartungsplan nach VDMA, 4. Prüfprotokolle, Trinkwasseranalyse, Hygiene, 5. Herstellerbescheinigungen, 6. Technische Daten/Auflistung Betriebsparameter (Istwerte), 7. Ersatzteillisten/Herstellerunterlagen/Bedienungsanleitungen, 8. Einweisungsprotokoll, 9. Revisionszeichnungen 1-fach Papier, 1-fach kopierfähig auf Datenträger (dwg, dxf), 10. Elektrische Übersichtsschaltpläne. Die vorstehenden Unterlagen sind als Bestandteil der Gesamtleistung spätestens zur Abnahme der Leistung zweifach im A4 Ordner oder Schnellhefter einzureichen.“ (Berliner Immobilienmanagement GmbH: Projekthandbuch BIM. 2013, S. 234) „DIN 18352 – Fliesenarbeiten 1. Fachunternehmererklärung 2. Ansetz-Verlegepläne, sofern erstellt 1-fach Papier, 1-fach kopierfähig auf Datenträger (dwg, dxf) 3. Materiallisten/Herstellerunterlagen/Zulassungen (Rutschklassen, chemische Belastbarkeit“ (Berliner Immobilienmanagement GmbH: Projekthandbuch BIM. 2013, S. 220)
230
4.4.7
4 Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Häufige Fehler bei der Dokumentation
Bei vielen Projekten wird die Dokumentation vernachlässigt oder unvollständig durchgeführt. Dies liegt daran, dass – Konzeption und Strukturen für eine geordnete und vollständige Dokumentation zu Beginn des Projekts nicht erstellt wurden, – die Dokumentation vom Bauherrn weder beauftragt noch von ihm selbst in der notwendigen Sorgfalt durchgeführt wird, – die Dokumentation nur als das nachträgliche Zusammenstellen von Unterlagen verstanden wird, die zwangsläufig während der Projektarbeit anfallen, – die für eine vollständige und einheitliche Dokumentation erforderlichen Informationen von zahlreichen Projekt- und Planungsbeteiligten (dezentral) geschaffen werden, diese aber nur dann für alle Zwecke brauchbar sind, wenn sie aufeinander abgestimmt und zusammengefasst werden (zentral), – während der Projektarbeit die Zeit fehlt, Unterlagen von der Projektvorbereitung bis zum Projektabschluss für die Dokumentation zusammenzustellen, – die am Projekt Beteiligten den Wert einer Dokumentation nicht erkennen, intellektuell nicht in der Lage sind, wesentliche von unwesentlichen Informationen zu unterscheiden, oder aufgrund ihrer formalen Qualifikation, z. B. Akademiker, sich für überqualifiziert halten, an einer Dokumentation aktiv mitzuarbeiten, – während der Projektdauer Mitarbeiter wechseln oder so hohe Arbeitsteilung herrscht, dass nur wenige einen Überblick über das gesamte Projekt haben, – unmittelbar nach oder teilweise schon vor Projektabschluss die Bearbeiter mit dem besten Wissen über das Projekt sich neuen Aufgaben zuwenden oder aus anderen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen, beispielsweise durch den Wechsel des Arbeitsplatzes. Bauprojekte werden heutzutage häufig von Rechtsstreitigkeiten begleitet, es werden Schlichtungen, Gutachten oder sogar Prozesse notwendig, weil Baukosten- oder Terminziele nicht eingehalten wurden. Die Ursachen von Änderungen oder Mängeln müssen untersucht werden. Diesbezüglich hat die Dokumentation des Projektablaufs, z. B. in Form eines Bautagebuchs im Rahmen der Leistungsphase 8 Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Dokumentation eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. So sind Gutachter auf umfassendes Schriftgut sowie auf Zeichnungen, Berechnungen und Erläuterungsberichte angewiesen, um die relevanten Entwicklungen im Projektverlauf nachvollziehen und schließlich Aussagen und Interpretationen stützen zu können.
5
Qualitäten und Quantitäten
Der Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten im Leistungsbild Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft nach AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.) enthält umfangreiche Leistungen. Diese werden in Grundleistungen und Besondere Leistungen unterschieden sowie nach Projektstufen gegliedert. Die Abbildungen 5.1 und 5.2 geben diese Teilleistungen wieder. Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich B Grundleistungen 1. Projektvorbereitung 1 Überprüfen der bestehenden Grundlagen zur Bedarfsplanung auf Vollständigkeit und Plausibilität 2 Mitwirken bei der Klärung der Standortfragen, bei der Beschaffung der standortrelevanten Unterlagen, bei der Grundstücksbeurteilung hinsichtlich Nutzung in privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher Hinsicht 3 Überprüfen der Ergebnisse der Grundlagenermittlung der Planungsbeteiligten
2. Planung 1 Laufendes Analysieren und Bewerten der Leistungen der Planungsbeteiligten 2 Steuern der Planung der Bemusterungen 3 Überprüfen der Ergebnisdokumentation der Planungsbeteiligten zu den einzelnen Leistungsphasen der Planung
Besondere Leistungen 1 Erstellen und Abstimmen einer Bedarfsplanung 2 Durchführen einer differenzierten Anfrage bzgl. der Infrastruktur (Ver- und Entsorgungsmedien, Verkehr etc.) und Beschaffen der relevanten Informationen und Unterlagen 3 Vorbereiten und Durchführen von Ideen-, Programm- und Realisierungswettbewerben 4 Strukturieren der Prozesse zur Formulierung und Umsetzen der Nachhaltigkeitsstrategie in der Aufbau- und Ablauforganisation
1 2
Steuern der Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse Steuern der Planung bei 3- bis ndimensionaler Gebäudemodellbearbeitung sowie BIM-Administration
Abb. 5.1: Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (1). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13–15)
232
5 Qualitäten und Quantitäten
Leistungsordnung Projektmanagement nach AHO – Handlungsbereich B Grundleistungen 3. Ausführungsvorbereitung 1 Laufendes Analysieren und Bewerten der Planungsergebnisse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 2 Überprüfen der von den Planungsbeteiligten erstellten Angebotsauswertungen und Vergabevorschläge 3 Überprüfen der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen von Nebenangeboten Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen 4 Mitwirken bei den erforderlichen Bemusterungen 4. Ausführung 1 Analysieren und Bewerten der Leistungen der Objektüberwachung sowie Vorschlagen und Abstimmen von Anpassungsmaßnahmen bei Gefährdung von Projektzielen 2 Anlassbezogenes örtliches Überprüfen der Leistungen der Objektüberwachung 5. Projektabschluss 1 Analysieren und Bewerten der Auflistung der Verjährungsfristen für Mängelansprüche
Besondere Leistungen 1 Versenden der Ausschreibungsunterlagen 2 Steuern der Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse
1
Steuern der Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse
1 Veranlassen, Koordinieren und Steuern der Beseitigung nach der Abnahme aufgetretener Mängel 2 Steuern der Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse
Abb. 5.2: Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten (2). (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 17–21)
Bei der Projektvorbereitung steht die Definition der Projektziele, soweit diese sich schon als Qualitäten und Quantitäten beschreiben lassen, im Vordergrund. Die hierfür notwendigen Grundlagen, z. B. Begriffe, und geeignete Verfahren, z. B. die Bedarfsplanung im Bauwesen, werden im Folgenden erläutert und mit Beispielen veranschaulicht. Die Projektziele des Auftraggebers sind ein wesentlicher Teil der Aufgabenstellung für den Architekten und die fachlich Beteiligten. Die Ergebnisse der einzelnen Leistungsphasen, v. a. der Vor- und Entwurfsplanung, werden von der Projektleitung des Auftraggebers, ggf. vertreten durch eine Projektsteuerung, auf Zielkonformität überprüft, gemäß der Frage: Entspricht die Planung den Projektzielen?
5.1 Qualität
233
Die Prüfung auf Zielkonformität findet ihre Fortsetzung in den folgenden Leistungsphasen. Dabei sind in Bezug auf die Ausführungsplanung und die Leistungsbeschreibung aufgrund des großen Umfangs an Informationen nur Stichproben möglich. Eine Projektsteuerung kann hierbei fachliche Überprüfung aller Planungsinhalte leisten. Für die Planungsbedürftigkeit, die technische Richtigkeit und Fehlerfreiheit und die Kostensicherheit sind der Architekt und die fachlich Beteiligten im Rahmen ihrer Fachkompetenz und ihres Vertrags verantwortlich. Projektsteuerer mit einem baufachlichen Hintergrund tun sich oft schwer, sich auf ihre Projektmanagementaufgaben zu beschränken, wenn sie selbst eine abweichende Auffassung zu einem Planungsinhalt haben, der z. B. im Verantwortungsbereich des Architekten liegt. Auf eine klare Aufgabenteilung ist in jedem Fall zu achten. Die regelmäßige Überprüfung der Planungsergebnisse hat auch Vorteile für Auftragnehmer der entsprechenden Fachbereiche. Sie erhalten mit der Feststellung einer vertragsgemäß erbrachten Leistung durch den Projektsteuerer gleichsam eine Abnahme von Teilleistungen.
5.1
Qualität
Der Begriff „Qualität“ leitet sich aus dem lateinischen Wort „qualitas“ ab, das mit „Beschaffenheit“ oder „Zustand“ übersetzt werden kann. Obgleich das Wort „Qualität“ keine Bewertung enthält, wird es im Alltag mit etwas Positivem assoziiert. Im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement beschreibt der Begriff „Qualität“ die Gesamtheit der Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung bezüglich ihrer Eigenschaft, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Qualitätsanforderungen sind so alt wie das Bauen selbst. Wird die vom Auftraggeber verlangte Qualität nicht erfüllt, kann die Folge für den Auftragnehmer eine Belohnung oder eine Strafe sein. Ein historisches Beispiel für eine solche Regelung ist der Codex Hammurabi (siehe Abb. 5.3): „Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und es für ihn vollendet, so soll dieser ihm als Lohn zwei Shekel Silber geben für einen Sar (1 Shekel = 360 Weizenkörner = 9,1 g; 1Sar =14,88qm). Wenn ein Baumeister ein Haus baut und macht seine Konstruktion nicht stark, sodass es einstürzt und verursacht den Tod des Bauherrn, dieser Baumeister soll getötet werden. Wenn der Einsturz den Tod eines Sohnes des Bauherrn verursacht, so sollen sie einen Sohn des Baumeisters töten. Kommt ein Sklave des Bauherrn dabei um, so gebe der Baumeister einen Sklaven von gleichem Wert. Wird beim Einsturz Eigentum zerstört, so stelle der Baumeister auf eigene Kosten wieder her, was immer zerstört wurde.“ (Benes, G.; Groh, P.: Grundlagen des Qualitätsmanagements. 2014, S. 27)
234
Abb. 5.3: Codex Hammurabi. (Harper, R. F.: The Code of Hammurabi […]. 1904, Anhang: Plate XLI)
5 Qualitäten und Quantitäten
5.1 Qualität
5.1.1
235
Qualitätsmanagement
„Qualität ist der zentrale Begriff des Qualitätsmanagements und wird dort äußerst differenziert diskutiert. Für die Praxis im Bauwesen ist es wichtig zu verstehen, dass ‚Qualität‘ durch vier Aspekte beschrieben ist: 1. Die Einheit (engl.: entity), d. h. der Gegenstand der Betrachtung 2. Die konkrete Beschaffenheit der Einheit (engl.: totality of characteristics and their values) 3. Die Anspruchsklasse, nach der die Einheit bewertet wird 4. Die Qualitätsforderung, an der die Beschaffenheit gemessen wird“ (https://www.projektmagazin.de/glossarterm/qualitaet) Unter Qualität wurde bisher nach DIN EN ISO 8402: „Die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“ verstanden. (DIN EN ISO 8402:1995-08) Man kann z. B. verhältnismäßig einfach die Qualität eines Apfels über Merkmale wie Größe, Farbe oder Festigkeit und draus abgeleitete Erfordernisse oder Forderungen beschreiben: „Wenn z. B. ein Apfel die zu beurteilende Einheit ist, muss zunächst die angestrebte Güteklasse festgelegt werden. Dort werden die Forderungen an messbare Kriterien wie z. B. die Freiheit von Faulstellen oder die Größe quantitativ genau beschrieben. Je nachdem, ob die Beschaffenheit des betrachteten Apfels diese Forderungen erfüllt oder nicht, ist seine Qualität ‚gut‘ oder ‚schlecht‘.“ (https://www.projektmagazin.de/glossarterm/qualitaet) In der aktuellen Fassung der Norm heißt es: „Qualität: Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt. […] Die Benennung ‚Qualität‘ kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden. […]‚Inhärent‘ bedeutet im Gegensatz zu ‚zugeordnet‘ ‚einer Einheit innewohnend‘, insbesondere als ständiges Merkmal.“ (DIN EN ISO 9000:2005-12, Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen u. Begriffe) Diese Formulierungen sind für das allgemeine Verständnis zu abstrakt. In der praktischen Anwendung bei Bauprojekten bedeutet dies: –
Zunächst sind Vorgaben zu machen und möglichst genau in Merkmalen und Eigenschaften zu beschreiben.
– Die Erreichung der getroffenen Vorgaben muss so weit wie möglich messbar sein und soll im Grad der Erfüllung ausgedrückt werden können, z. B. in Prozent. –
Der Grad der Erreichung getroffener Vorgaben ist zu dokumentieren, um die Qualität gegenüber z. B. dem Auftraggeber oder den Nutzern vermitteln zu können.
Ein Qualitätsmanagement darf sich nicht nur auf das Produkt, also das Bauwerk beziehen, sondern muss sich auch auf den Prozess erstrecken: die Planung und Ausführung von Projekten. Deswegen wenden zunehmend auch Bauunternehmen sowie Architektur- und Ingenieurbüros die Qualitätsmanagementnormen der DIN EN ISO 9000:2005-12 und 9004:2005-12 an. Sie führen Qualitätsmanagementsysteme ein und lassen sich ihre ordnungsgemäße Anwendung durch autorisierte Organisationen zertifizieren. In Bezug auf das Bauwesen unterscheidet Diederichs Qualitätserfordernisse und Qualitätswünsche: „Qualitätserfordernisse sind […] durch technische Normen und Vorschriften fest-
236
5 Qualitäten und Quantitäten
gelegt, die den allgemein anerkannten Stand der Technik repräsentieren. Darüber hinausgehende Qualitätswünsche liegen allein im Zuständigkeitsbereich des Nutzers, der diese zu verantworten, für deren Erfüllung zu sorgen und deren Bezahlung sicherzustellen hat.“ (Diederichs, C.-J.: Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung […]. 1992, S. 5) Qualitätserfordernisse Qualitätserfordernisse sind mit den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ gleichzusetzen. Die „a.a.R.d.T.“ sind in den Landesbauordnungen (LBO), im Werkvertragsrecht (BGB), in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie in der Energieeinsparverordnung (EnEV) verankert. Der unbestimmte Rechtsbegriff „a.a.R.d.T.“ entspricht dem früher benutzten Begriff „allgemein anerkannte Regeln der Baukunst“. Man versteht darunter Regeln, die auf wissenschaftlichen Grundlagen oder fachlichen Erkenntnissen beruhen, sich in der Praxis bewährt und allgemein durchgesetzt haben und damit Gedankengut der auf dem betreffenden Fachgebiet tätigen Personen geworden sind. Von dort gelangen sie über Fachausschüsse und Sachverständigengremien in die vielfältigen technischen Regelwerke und finden Eingang in Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Beispiele für die a.a.R.d.T. sind „– DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung e. V., – VDE-Richtlinien (Bestimmungen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker), (Urteil des OLG Hamm 1990), – Internationale Normen der International Organization for Standardization, – Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, – Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, – Bestimmungen des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner (DVGW), – Fachregeln des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks, – Fachregeln des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, – Technische Baubestimmungen des Deutschen Instituts für Normung e. V., die von den Bauaufsichtsbehörden eingeführt sind, – Allgemeine Technische Vorschriften der VOB/C.“ (Großhauser, M.: Baurecht […]. 1993, S. 35) Von a.a.R.d.T. ist der Begriff „Stand der Technik“ zu unterscheiden. Der „Stand der Technik“ stellt gewissermaßen die Spitzenposition der technischen Entwicklung dar. Er wird durch fortschrittliche Verfahren bestimmt, auch wenn diese sich noch nicht in der Praxis allgemein durchgesetzt haben. Es genügt, wenn die Eignung festgestellt wurde, beispielsweise dadurch, dass vergleichbare Verfahren, Einrichtungen und Abläufe bereits mit Erfolg in einem Betrieb erprobt worden sind. „Stand der Technik“ stellt damit ein höheres Anforderungsniveau dar, als die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“. (Albrecht, E.; Weiß, F.: Die Einhaltung […]. 2008. S. 61–65)
Inhalt neuester Stand wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse; – wissenschaftlich begründet – technisch als durchführbar erwiesen – auch ohne praktische Bewährung – allgemein zugänglich – ohne räumliche Grenzen (weltweit) (EG-Richtlinie Produkthaftung) Fachleuten verfügbares Fachwissen; – wissenschaftlich begründet – praktisch erprobt – ausreichend bewährt (BVG Kalkar) von der Mehrheit der Fachleute anerkannte – wissenschaftlich begründete, – praktisch erprobte und – ausreichend bewährte Regel zum Lösen technischer Aufgaben (BVG Kalkar)
Begriff
Stand von Wissenschaft und Technik
Stand der Technik
allgemein anerkannte Regeln der Technik
DIN, DIN-EN-Normen, VDI-Richtlinien, VDE-Vorschriften, UVV, Regeln techn. wissenschaftlicher Vereine wie VDEh, DGZfP, DGO, DGQ u. a. m. zentraler Nachweis: DIN-Katalog techn. Regelwerke (Stand 01.01.92, 130 Regelsetzer mit 211 Regelwerken)
zeitpunktbezogener Einzelnachweis aus – Fachzeitschriftenbeiträgen, – Sachverständigengutachten und – Verfahrens-/Produktvergleichen nach übereinstimmenden, zeitkonformen Bewertungskriterien
zeitpunktbezogener Einzelnachweis unter Auswerten allgemein zugänglicher Veröffentlichungen, Schutzrechtschriften, Kongressberichte, Zeitschriften usw.
Beispiele
5.1 Qualität 237
Abb. 5.4: Unbestimmte Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten. (Bauer, C.-O.: Rechtliche Anforderungen […]. 1994, S. 16)
238
5 Qualitäten und Quantitäten
Darüber hinaus sind weiterhin „Stand der Technik“ sowie „Stand von Wissenschaft und Technik“ zu beachten. Erläuterungen zu Inhalt und Beispiele sind in der Zusammenstellung der unbestimmten Rechtsbegriffe zu technischen Sachverhalten enthalten (siehe Abb. 5.4). Welchen Inhalt die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ („a.a.R.d.T.“) haben, ist von Fall zu Fall verschieden. Die technischen Regelwerke können ein Anhaltspunkt für die Einhaltung der a.a.R.d.T. geben, jedoch sind diese nicht unbedingt Bestandteil der selbigen. Die a.a.R.d.T. setzen voraus, dass diese Regeln theoretisch richtig, wissenschaftlich geprüft und wissenschaftlich wie praktisch anerkannt sind und sich in der Praxis bewährt haben. DINNormen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen. Eine Ausnahmen sind lediglich die bauaufsichtlich eingeführten Normen. (vgl. Albrecht, E.; Weiß, F.: Die Einhaltung […]. 2008. S. 61–65) Deutsche Hotelklassifizierung und Hotelsterne Hotels werden national und international nach Hotelsternen kategorisiert. Die Deutsche Hotelklassifizierung unterscheidet fünf Kategorien von einfach oder Tourist-Hotels mit einem Stern bis zu sehr gehoben oder Luxus-Hotels mit fünf Sternen. Die Bewertung eines Hotels erfolgt nach verbindlich vorgegebenen Mindestkategorien des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) und zu erzielenden Mindestpunktwerten. Mit zunehmender Anzahl der Sterne (1 bis 5 Sterne) werden höhere Anforderungen gestellt. Die Kategorien lauten: *
Unterkunft für einfache Ansprüche
**
Unterkunft für mittlere Ansprüche
***
Unterkunft für gehobene Ansprüche
****
Unterkunft für hohe Ansprüche
*****
Unterkunft für höchste Ansprüche.
(http://www.hotelsterne.de/kriterien.html) Die Bewertung erfolgt nach 270 Kriterien in Bezug auf Gebäude und Raumangebot, Einrichtung und Ausstattung, Service, Freizeitangebot, Angebotsgestaltung und eventuell vorhandenem hauseigenen Tagungsbereich. (vgl. DEHOGA (Hrsg.): Die Deutsche Hotelklassifizierung. 2015, S. 3ff.) Ein Auszug der Bewertungskriterien Zimmergröße, Suiten, Sanitärkomfort, Schlafkomfort und Zimmerausstattung ist in den Abbildungen 5.5 und 5.6 dargestellt.
5.1 Qualität
239
Mindestkriterien (Auszug) nach Sternen und Beschreibungen 1 Stern
Zimmergröße Suiten Sanitärkomfort
Schlafkomfort
Zimmerausstattung
2 Sterne
Zimmergröße Suiten Sanitärkomfort
Schlafkomfort Zimmerausstattung 3 Sterne
Zimmergröße Suiten Sanitärkomfort
Schlafkomfort Zimmerausstattung
Keine Mindestvoraussetzung Keine Mindestvoraussetzung 100% Zimmer mit Dusche/WC oder Wannenbad/WC; Duschvorrichtung mit Duschvorhang/-wand; Waschbecken; Zweckmäßige Beleuchtung am Waschbecken; Spiegel; Steckdose in Spiegelnähe; Handtuchhalter oder -haken; Ablagefläche; Zahnbecher/-glas; Seife oder Waschlotion; WCPapierreserverolle; 1 Handtuch pro Person; Abfallbehälter Einzelbetten von mind. 0,90 m × 1,90 m und Doppelbetten von mind. 1,80 m × 1,90 m; Zeitgemäße und gepflegte Matratzen von mindestens 13 cm Stärke; Weckvorrichtung; Zeitgemäße und gepflegte Oberbetten/Bettdecken; Zeitgemäße und gepflegte Kopfkissen; Verdunkelungsmöglichkeit (z. B. Vorhänge) Kleiderschrank oder -nische angemessener Kapazität; Angemessene Anzahl einheitlicher Kleiderbügel; Garderobe oder Garderobenhaken; 1 Stuhl; Tisch, Schreibtisch oder Schreibplatte; Freie Netzsteckdose im Zimmer; Zweckmäßige Zimmerbeleuchtung Keine Mindestvoraussetzung Keine Mindestvoraussetzung Zusätzlich zu den Kriterien im 1-Stern-Bereich: Waschbarer Badvorleger; Schaumbad oder Duschgel; 1 Badetuch pro Person Zusätzlich zu den Kriterien im 1-Stern-Bereich: keine Zusätzlich zu den Kriterien im 1-Stern-Bereich: Wäschefächer; Leselicht am Bett Keine Mindestvoraussetzung Keine Mindestvoraussetzung Zusätzlich zu den Kriterien im 2-Sterne-Bereich: Heizmöglichkeit im Bad; Shampoo; Papier-Gesichtstücher; Haartrockner Zusätzlich zu den Kriterien im 2-Sterne-Bereich: Zusatzkopfkissen auf Wunsch; Zusatzdecke auf Wunsch Im Unterschied zu den Kriterien im 2-Sterne-Bereich: 1 Sitzgelegenheit pro Bett, davon mind. 1 Stuhl; Tisch, Schreibtisch oder Schreibplatte mit einer freien Arbeitsfläche von mind. 0,5 m² und zweckmäßiger Schreibtischbeleuchtung Zusätzlich zu den Kriterien im 2-Sterne-Bereich: Aufhängemöglichkeit für Kleidersack (außerhalb des Kleiderschranks); Zusätzliche, freie Netzsteckdose in Tischnähe; Nachttisch/Ablagemöglichkeit am Bett; Freie Netzsteckdose in Bettnähe; Ankleidespiegel; Kofferablage; Papierkorb
Abb. 5.5: Mindestkriterien nach DEHOGA (1). (vgl. DEHOGA (Hrsg.): Die Deutsche Hotelklassifizierung. 2015, S. 3ff.)
240
5 Qualitäten und Quantitäten
Mindestkriterien (Auszug) nach Sternen und Beschreibungen 4 Sterne
Zimmergröße Suiten Sanitärkomfort
Schlafkomfort
Zimmerausstattung
5 Sterne
Zimmergröße Suiten
Sanitärkomfort
Schlafkomfort
Zimmerausstattung
Keine Mindestvoraussetzung Keine Mindestvoraussetzung Im Unterschied zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Großzügige Ablagefläche Zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Beweglicher Kosmetikspiegel; Zusätzliche Kosmetikartikel (z. B. Duschhaube, Nagelfeile, Wattestäbchen, Wattepads, Bodylotion); Bademantel auf Wunsch; Hausschuhe (Slipper) auf Wunsch Im Unterschied zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Einzelbetten von mind. 0,90 m × 2,00 m und Doppelbetten von mind. 1,80 m × 2,00 m Zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: Kopfkissenauswahl Zusätzlich zu den Kriterien im 3-Sterne-Bereich: 1 bequeme Sitzgelegenheit (gepolsterter Sessel/Couch) mit Beistelltisch/Ablage Keine Mindestvoraussetzung Mindestens 2, aber keine Junior-Suiten. Suiten bestehen aus mindestens zwei gegeneinander abgetrennten Zimmern, von denen eines als Wohn- und eines als Schlafbereich eingerichtet ist. Im Unterschied zu den Kriterien im 4-Sterne-Bereich: Bademantel; Hausschuhe (Slipper) Zusätzlich zu den Kriterien im 4-Sterne-Bereich: Körperpflegeartikel in Einzelflacons; Badezimmerhocker Im Unterschied zu den Kriterien im 4-Sterne-Bereich: 2 Kopfkissen pro Gast; Vollverdunkelungsmöglichkeit (z. B. Rollladen oder lichtundurchlässige Blackouts) Zusätzlich zu den Kriterien im 4-Sterne-Bereich: Waschbare Vorlage am Bett Zusätzlich zu den Kriterien im 4-Sterne-Bereich: 1 zusätzliche bequeme Sitzgelegenheit (gepolsterter Sessel oder Doppelsitzercouch) in Doppelzimmern und Suiten; Zentrale Bedienbarkeit der Zimmerbeleuchtung vom Bett
Abb. 5.6: Mindestkriterien für Hotelzimmer nach DEHOGA (2). (vgl. DEHOGA (Hrsg.): Die Deutsche Hotelklassifizierung. 2015, S. 3ff.)
Viele Mindestkriterien des DEHOGA beziehen sich auf Dienstleistungen im Hotelbetrieb. Diese sind hier nicht aufgeführt, sie können dennoch Auswirkungen auf das Raum- und Funktionsprogramm sowie das Ausstattungsprogramm haben. Die Grundflächen von Doppelzimmern und Suiten einschließlich des Sanitärkomforts und die weiteren Bereiche des Hotels sind eine wesentliche Grundlage für die Bemessung eines Hotelgebäudes. Dabei bildet sich die Sternekategorie im Raum- und Funktionsprogramm sowie im Ausstattungsprogramm ab.
5.1 Qualität
241
Unternehmensphilosophie und Qualität Die Interpretation der Anforderungen des Bauherrn erfordert häufig ein großes Einfühlungsvermögen und bedarf einer intensiven Auseinandersetzung. Wie kann folgende Unternehmensphilosophie eines namhaften Hotelkonzerns für den Beherbergungsbereich umgesetzt werden? „Das Wichtigste in einem Hotel ist die Qualität des Schlafes. Insoweit sind an die Konditionen besondere Anforderungen gestellt. Dies betrifft – das Bett, – die Ruhe, – das Raumklima, – das Ambiente, – das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.“ (Kempinski AG (Hrsg.): Planungshandbuch Kempinski-Hotels. 1990, S. 12) Es handelt sich hierbei um Qualitätswünsche, die am besten durch Besichtigung von vorhandenen Lösungen und Bemusterungen konkretisiert werden können. Hilfreich ist darüber hinaus eine Standardklassifikation, die unabhängig vom einzelnen Programm formuliert worden ist, denn für die Qualität einer Nutzung bestehen häufig Kriterien, die von den Betreibern aufgestellt werden. Gestaltqualität eines Gebäudes im ästhetischen Sinne Schwer zu fassen ist darüber hinaus die Gestaltqualität eines Gebäudes im ästhetischen Sinne. Auch hier sind Referenzen von Gebäuden und Ausstattungen eine große Hilfe. Denn diesbezüglich liegen die Vorstellungen von Bauherren und Architekten oft weit auseinander. Rösel macht einen Vorschlag zur Klassifikation der ästhetischen Qualität von Architektur über Merkmale wie – „Originalität als Ausdruck der schöpferischen Kraft des Architekten oder der konstruktiven Stärke des Ingenieurs, – Maßstäblichkeit hinsichtlich der Bauwerksgliederung oder der Einfügung in die Umgebung und – Repräsentation als Ausdruck der gesellschaftlichen, politischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Bedeutung des Bauherrn.“ (Rösel, W.: Baumanagement […]. 1987, S. 194) Die Aufgaben des Projektmanagements sind hierbei in der Moderation zu sehen. Es soll den Bauherrn dabei unterstützen, seine Anforderungen an die Gestaltqualität des Gebäudes so früh wie möglich und so gut er es eben kann, zu artikulieren. Von Bauherren so empfundene Merkmalsausprägungen der Gestaltqualität machen sich nicht selten an Materialien, z. B. Glas, Edelstahl, Naturstein fest, und die haben natürlich auch „ganz einfach ihren Preis“.
242
5.1.2
5 Qualitäten und Quantitäten
Bedarfsplanung im Bauwesen
Bauprojekte zeichnen sich durch Komplexität aus, sollen langfristig vielen Anforderungen genügen und ihre Realisierung ist mit Unsicherheit behaftet. Um sie erfolgreich durchzuführen, ist eine sorgfältige Vorbereitung unverzichtbar. Die Bedarfsplanung soll zum einen die Frage beantworten: Was wollen wir bauen? Und zum anderen: Kann man diese Vorstellungen im Rahmen des Projektes auch umsetzen? Die Bedarfsplanung ist eine Bauherrenaufgabe. Der Bauherr hat damit die Möglichkeit und die Pflicht, durch eine Beschreibung das Soll der Planung zu definieren. Da er als oberster Projektmanager einer Bauinvestition für ihren Erfolg insgesamt verantwortlich ist, muss er die Projektziele definieren. In seiner Eigenschaft als Auftraggeber von Planern, ausführenden Firmen und sonstigen am Projekt Beteiligten hat er die Pflicht, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektbearbeitung durch die Auftragnehmer zu schaffen. Er ist somit zur Bedarfsplanung – auch im eigenen Interesse – verpflichtet. „Wenn es beim Bauen Probleme gibt, liegt das oft an einer ungenügenden Bedarfsplanung. Das heißt, die Bauaufgabe ist ungenügend definiert, die Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern werden nicht ausreichend ermittelt und vermittelt. Das Planen und Bauen wird immer komplexer, die Anzahl der Beteiligten, wie die der technischen Möglichkeiten, steigt. Das macht es erforderlich, zu Beginn einer Planung die Bauaufgabe umfassend zu definieren.“ (DIN 18205:1996-04) Bedarfsplanung und die am Projekt Beteiligten Der Bedarfsplanung ist auf Seite des Bauherrn und der Nutzer ein hoher Stellenwert beizumessen. Die Bedarfsplanung ist auch Gegenstand von AHO Heft 9 Mai 2014. Allerdings wird nur die folgende Teilleistung als Grundleistung aufgeführt: PS 1
Überprüfen der bestehenden Grundlagen zur Bedarfsplanung auf Vollständigkeit und Plausibilität
Darüber hinaus kann die als Besondere Leistung beauftragt werden: PS 1 Erstellen und Abstimmen einer Bedarfsplanung (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13) Das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass insbesondere eine Projektsteuerung als eine Fortsetzung einer Projektentwicklung im engeren Sinne (PE i. e. S.) gesehen wird. Vergleiche dazu AHO Heft 19 September 2004, Kapitel 3 Projektentwicklung im engeren Sinne. In der HOAI 2013 wird die Bedarfsplanung zweimal genannt, ohne eine Grundleistung der Objektplanung zu sein: LPH 1 a)
Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers
Ferner wird sie in der HOAI 2013 als Besondere Leistung genannt: LPH 1
Bedarfsplanung,
Bedarfsermittlung (vgl. HOAI 2013, Anlage 10)
5.1 Qualität
243
Hierzu ist anzumerken: Die Teilleistung a) „Klären der Aufgabenstellung“ in der bisherigen HOAI 2009 wurde in der 7. Änderungsnovelle zur HOAI 2013 erweitert um die Formulierung „auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers“. (HOAI 2013, Anlage 10) Damit wird deutlich: – Die Bedarfsplanung wird als eine wesentliche Voraussetzung der Objektplanung erkannt, das gilt nicht nur für die Objektplanung Gebäude und Innenräume. – Die Bedarfsplanung ist keine Grundleistung in einem Leistungsbild der HOAI 2013. Unabhängig davon können die Parteien Besondere Leistungen vereinbaren, die ganz oder teilweise einer Bedarfsplanung entsprechen, z. B. Bedarfsplanung, Bedarfsermittlung, Aufstellen eines Funktionsprogramms, Aufstellen eines Raumprogramms u. a. Auf die Bedarfsplanung wird in mehreren Regelwerken Bezug genommen, z. B. DIN 276, Leitfaden WU-Hochbau oder es werden Anforderungen gestellt, z. B. RLBau M-V. „Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Bei dem Kostenrahmen werden insbesondere folgende Informationen zugrunde gelegt: – quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselementen und deren Flächen; – qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards; – gegebenenfalls auch Angaben zum Standort. Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden.“ (DIN 276-1:2008-12) Bedarfsplanung gemäß Leitfaden WU Hochbau (3.2.1) Differenzierung der Bedarfsfälle „Bei einem Hochbaubedarf sind generell folgende Bedarfsfälle zu unterscheiden: – Ablösung einer bestehenden Nutzungssituation, z. B. infolge notwendiger Um- und/oder Erweiterungsbaumaßnahmen, eines auslaufenden Mietvertrages etc., – Schaffung einer neuen, bisher nicht vorhandenen Nutzungssituation. Weiterhin ist hinsichtlich der vorgesehenen Nutzungsdauer wie folgt zu differenzieren: – Befristeter Bedarf, – Unbefristeter Bedarf (sogenannter Dauerbedarf, Daueraufgabe). Durch diese Bedarfsunterscheidungen ergeben sich vier mögliche Fallkonstellationen. Welche davon bei einem konkreten Bedarf zutreffend ist, soll aus der Bedarfsplanung der Nutzer hervorgehen.“ (BMVBS: Leitfaden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) [...]. Mai 2012, S. 10)
244
5 Qualitäten und Quantitäten
Bedarfsplanung nach RLBau – Beispiel Mecklenburg-Vorpommern Es werden die Grundlagen der Bedarfsplanung nach den Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern wiedergegeben. 1. Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V) „F 2
Große Maßnahmen der Entwicklung
1.
Entscheidungsunterlage-Bau Hierzu gehören:
1.1
Bedarfsbeschreibung
1.1.1 Bedarfsnachweisung – Formlose vollständige Erläuterung der bedarfsauslösenden Gründe, getrennt nach den Ursachen, z. B.: – Zustand der gegenwärtigen Unterbringung – Aufgabenzuwachs bzw. Aufgabenreduzierung – Personalzuwachs bzw. Personalreduzierung – Stellenplan nach Muster 12 – Raumbedarfsplan nach Muster 13 (Abweichungen gegenüber den Höchstflächen sind zu begründen) 1.1.2 qualitative Bedarfsanforderungen – Weiterführung des Musters 13 zum Anforderungsraumbuch – Ermittlung von Sonderraumbedarf durch Stellskizzen 1.2
Prüfung der Bedarfsdeckung Sie soll aus den möglichen Varianten – Unterbringung im Bestand – Anmietung – Neubau – Kauf/Leasing nur für zutreffende Varianten erfolgen.
Der Entscheidungsvorschlag ist in Muster 10 zu benennen. Die Prüfung der Bedarfsdeckung ist zu dokumentieren, nicht untersuchte Varianten sind zu begründen.“ (Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RLBau M-V) Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums vom 8. Dezember 2005 – IV 410 B 1003-9/01) Anmerkung: Mit diesem Auszug aus RLBau M-V wird deutlich, dass zunächst vom Nutzer, z. B. einem Fachministerium, eine Bedarfsnachweisung zu führen ist, und dass es für eine Bedarfsdeckung immer mehrere Varianten einer Lösung geben kann.
5.1 Qualität
245
Bedarfsplanung als Grundlage für eine gute Bauplanung Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns. Auch bei der Planung eines Bauwerks, gleich ob Gebäude, Freianlagen, Ingenieurbauwerke oder Verkehrsanlagen, muss dieses frühzeitig bemessen, optimiert und bereitgestellt werden, auch wenn sich der Bedarf langfristig nur schwer abschätzen lässt. Bisher konnten sich Investoren und Planer darauf verlassen, dass die Nachfrage nach Objekten durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum ausreichend groß ist. Heute zeigt der Markt durch die demografische Entwicklung ein ganz anderes Bild. Die Zahl der Nutzer nimmt in allen Industrieländern ab, die Nachfrage sinkt. Das Wirtschaftswachstum stagniert oder geht zurück. Das bedeutet, dass bei einem hohen Angebot an Immobilien der Erfolg eines Bauprojekts nur dann erwartet werden kann, wenn dieses besser ist als bereits vorhandene Objekte. Besser bedeutet z. B. eine sehr gute Lage, mit geeigneten Grundrissen, mit überdurchschnittlicher Ausstattung und mit geringeren Investitions-, Miet- und Betriebskosten. Planung ist, unabhängig vom Gegenstand, immer auf die Zukunft bezogen. Bei Neubauten ist mit einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von 40 oder mehr Jahren zu rechnen. Bei Umbauten oder Modernisierungen mit 15 oder mehr Jahren. Hinsichtlich der Rentabilität eines Objekts geht der Trend heute eher zu möglichst kurzen Betrachtungszeiträumen. Unabhängig davon sind die sicheren Informationen über die zukünftigen, für eine Immobilie bedeutsamen Entwicklungen gering. Die Erwartungen diesbezüglich sind meist größer als das Wissen. Dennoch sind Bauherren und Planer gezwungen, ständig Entscheidungen zu treffen. Diese beziehen sich auf praktisch alle wesentlichen Eigenschaften eines Objekts. Dazu gehören unter anderem der Standort, das Raum- und Funktionsprogramm, die Grundrisse oder die Auslegungen der technischen Anlagen. Oft werden Planungsentscheidungen intuitiv getroffen oder man orientiert sich an Entwicklungen der Vergangenheit. Unsicherheit im Fall einer notwendigen Entscheidung kann leicht als Unfähigkeit ausgelegt werden. Im Zweifelsfall verlangen Bauherren vom Planer Entscheidungen, die sie aber nur selbst treffen können. Der Planer wird dann kritisiert, wenn die Entscheidung sich im Nachhinein als nicht richtig erweist. Zum Verantwortungsbereich und zu den Pflichten eines Bauherrn gehören Überlegungen und Festlegungen zu wenigstens folgenden Sachverhalten: – Wahl des Standortes und Erwerb des Baugrundstücks – Aufstellen des Raum- und Funktions- sowie Ausstattungsprogramms – Kostenrahmen, grundsätzliche Überlegungen zur Finanzierung und Wirtschaftlichkeitsermittlung – Terminrahmen – Betrachtungszeitraum für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung des Objektes – Art und Weise der Bauplanung und Bauausführung wie Organisation der Planung und Wahl der Unternehmenseinsatzform für die Ausführung
246
5 Qualitäten und Quantitäten
Dabei geht es bei einer Entscheidung grundsätzlich nur um die Auswahl einer von wenigstens zwei Alternativen oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Varianten), die dem Entscheidungsträger zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewussten als auch bei einer unbewussten Auswahl von Handlungsmöglichkeiten vor. Entscheidungen kann ein Bauherr in vielen Fällen nicht ohne Unterstützung seiner Planer und Berater treffen. Selbst wenn er klare strategische Ziele für sein Projekt hat, fehlt ihm doch häufig die baufachliche Kenntnis. Wie kann ein Bauherr die Chancen eines Bauvorhabens verbessern? Grundsätzliche Entscheidungen, welche die Eigenschaften des Objekts auf Dauer bestimmen, sind bereits in der Projektvorbereitung zu treffen. Mit einer sorgfältigen und umfassenden Bedarfsplanung kann hierzu ein wesentlicher Beitrag geleistet werden. Als gutes Beispiel kann die folgende Funktionsbeschreibung für eine Verkaufsfläche angeführt werden. Sie enthält differenzierte Anforderungen, die von dem späteren Betreiber auf der Grundlage langjähriger Nutzung vergleichbarer Gebäude formuliert wurden. Es wird für die zu planende Verkaufsfläche unter anderem gefordert: „6. Organisation des Marktes 6.1 Einkaufswagen: separater Wagenbahnhof vor den Kassen sowie zwei Stationen im Außengelände 6.2 Mehrweggut: Leergutkasse mit direkter Verbindung zum Lager 6.3 Verkaufsraum: – nur eine Mittelstützenreihe – freie Bereichseinteilung innerhalb des Verkaufsraumes für Parfüm/Kosmetik, Wein/Sekt, Non-Food, Getränke, Lebensmittel, da die Entwicklung der Bereiche nicht vorhersehbar ist. 6.4 An- und Auslieferung: – Rampe mit 1,20 m Unterfahrt, überdacht – ebenerdige Andienung – Rampenbreite mindestens 3,00 m (Arbeiten auf überdachter Rampe muß möglich sein).“ (Lufthansa Service GmbH: Grundlagenermittlung […] Supermarkt MUC 2. 1990) Notwendigkeit der Bedarfsplanung Oft werden Planungsaufgaben mit solchen oder ähnlichen Aufforderungen gegenüber Architekten begonnen: „Wir brauchen ein Objekt, wie es aussehen soll, wissen wir noch nicht, aber fangen Sie doch schon einmal an. Wir werden dann bald wissen, was wir brauchen.“ Damit ist die Aufgabenstellung für den Planer unklar und unvollständig. Seine Bemühungen gleichen vielmehr einer unsicheren Suche als einer zielgerichteten Umsetzung einer Planungsaufgabe. Erste Lösungsansätze werden zurückgewiesen und oft kommentiert mit: „Also, so hatten wir uns das nicht vorgestellt, das muss irgendwie anders aussehen.“ Der Aufwand für diese Planung ist bald wesentlich größer als der erreichte Fortschritt.
5.1 Qualität
247
In der Diskussion über die Planung werden wenigstens die Widersprüche unterschiedlicher Ziele der Beteiligten deutlich. Besser ist es, zunächst die mit dem Projekt verfolgten Ziele zu definieren und dessen Randbedingungen zu erfassen. Vor der Objektplanung sind die angestrebten Eigenschaften des späteren Objekts zu klären und wesentliche Prozesse der Durchführung zu bestimmen. Dazu gehören unter anderem folgende Fragen: – Welche betrieblichen Prozesse müssen im Gebäude unter welchen Vorgaben ablaufen können, z. B. der Transport eines Gepäckstücks in einem Flughafenterminal von A nach B innerhalb von 20 Minuten? – Welche am Projekt Beteiligten, insbesondere Nutzer, müssen hierbei einbezogen werden, z. B. der Betreiber einer Hotelgastronomie? – Welche Abhängigkeiten und (Nachbarschafts-)Beziehungen gibt es zwischen den Flächen und Nutzern? – Mit welcher Anzahl von Nutzeinheiten oder Vorgängen (Mitarbeiter, Besucher, Pkws, Besprechungen, Post, Akten, Essensteilnehmer usw.) ist zu rechnen? Bedarfsplanung findet nicht nur einmalig im Rahmen der Projektvorbereitung statt. Die mit dem Bedarfsplan definierten Vorgaben sind während der weiteren Planung und Ausführung des Projekts regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Bedarfsplanung erfolgt aus der Sicht des Bauherrn und des Nutzers und ist auf die Lösung einer Planungsaufgabe gerichtet. Bedarfsplanung für die soziale Infrastruktur – Krankenhausbedarfsplan Bedarfsplanung dient nicht nur der Vorbereitung einzelner Projekte, sie wird überwiegend auf der Ebene eines Bundeslands oder einer Kommune „flächendeckend“ durchgeführt, um schließlich einzelne Maßnahmen zu begründen. Gegenstand ist die technische und soziale Infrastruktur größerer Gebiete. Zu letztem gehören im Rahmen der Daseinsvorsorge: Sicherheit, Bildung und Gesundheitsversorgung. Folgender Textauszug aus dem Gesundheitsbereich am Beispiel des Krankenhausbedarfsplans zeigt dies sehr anschaulich: „Der Krankenhausbedarfsplan enthält allgemeine Zielsetzungen und Einzelfestsetzungen. Die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung sind dabei zu beachten. Die Versorgung durch Universitätskliniken und sonstige nicht nach dem KHNG geförderte Krankenhäuer (z. B. die Bundeswehrkrankenhäuser) ist zu berücksichtigen. Der Krankenhausbedarfsplan bildet einzelne Versorgungsgebilde. Er ordnet die darin zur Versorgung der Bevölkerung benötigten Krankenhäuser in ein bedarfsgerecht gegliedertes System verschiedener Leistungsstufen ein. Für Fachkrankenhäuser und besondere zentrale Krankenhausfacheinrichtungen sind bei Bedarf besondere Versorgungsgebilde zu bilden. Der Krankenhausbedarfsplan weist den Bedarf an Krankenhausplanbetten aus. Der Bedarf ist nach Fachrichtungen aufzuteilen. Dabei sind nach fachlichen Gesichtspunkten gegliederte Bereiche überschaubarer Größe vorzusehen. Der Krankenhausbedarfsplan nimmt die vorhandenen Krankenhäuser, die für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung benötigt werden, nach gegenwärtiger und künftiger Aufgabenstellung, Größe und Leistungsstufe auf. Er legt fest, wie und in welchen öffentlichen Bereichen ein zusätzlicher Bedarf oder Ersatzbedarf gedeckt werden soll.“ (Lippert, H.-D.; Kern, B.-R.: Arbeits- u. Dienstrecht der Krankenhausärzte […]. 1991, S. 79)
248
5 Qualitäten und Quantitäten
Das anglo-amerikanische Verständnis von Planung Bedarfsplanung gehört schon seit vielen Jahrzehnten in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika zur guten Praxis des Bauens. Die in Deutschland bekannten Grundlagen gehen darauf zurück. Nach anglo-amerikanischer Auffassung müssen der Bedarfsplaner und der Entwurfsarchitekt unterschiedliche Personen sein. „Wenn Bedarfsplanung das Aufstellen des Problems ist, ist der Entwurf die Lösung des Problems“ Die Bedarfsplanung (briefing in building design) und die Objektplanung werden als zwei verschiedene Leistungen angesehen. Sie verlangen unterschiedliche Kenntnisse und Arbeitsweisen. „Es ist ein Merkmal einer guten Bedarfsplanung, offen zu sein; der Erfindungsreichtum des Entwerfers soll stimuliert werden, nicht beschränkt werden.“ (Blyth, A.; Worthington, J.: Managing the Brief for Better Design. 2001) Ein großer Verdienst um die Entwicklung und Verbreitung der Bedarfsplanung in Deutschland kommt dem Architekten Reinhard Kuchenmüller zu. Er hat durch Veröffentlichungen und seine Arbeit beim Deutschen Institut für Normung e. V. entscheidende Impulse für die erste Fassung der DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen, gegeben. So berichtet er seinerzeit über entscheidende Entwicklungen im europäischen Ausland: „Im Herbst 1979 starteten englische und skandinavische Fachleute erfolgreich eine internationale Initiative zur Entwicklung einer ISO-Norm über die Bedarfsplanung im Bauwesen (Briefing in Building Design). Es wurde daraufhin im Jahre 1981 eine internationale Arbeitsgruppe gebildet, die ‚Working Group 6‘ des Technischen Kommitees ISO/TC 59/SC3 der International Organization for Standardization. […] 1984 stand der Rohentwurf […] und im Dezember 1994 wurde [er] unter dem Titel ISO 9699 ‚Performance standards in building – Checklist for briefing – Contents of brief for building design“ in der gültigen Fassung publiziert. (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 – Bedarfsplanung […]. In: DAB 08/1997, S. 1175) 0 Strategic Definition
Identify client’s Business Case and Strategic Brief and other core project requirements.
1 Preparation and Brief
Develop Project Objectives, including Quality Objectives and Project Outcomes, Sustainability Aspirations, Project Budget, other parameters or constraints and develop Initial Project Brief. Undertake Feasibility Studies and review of Site Information.
2 Concept Design
Prepare Concept Design, including outline proposals for structural design, building services systems, outline specifications and preliminary Cost Information along with relevant Project Strategies in accordance with Design Programme. Agree alterations to brief and issue Final Project Brief
Abb. 5.7: RIBA Plan of Work 2013, (Auszug). (RIBA (Hrsg.): Plan of Work 2013 – Overview, 2013, S. 39)
5.1 Qualität
249
Die wesentliche Grundlagen der Bedarfsplanung sind Checklisten, so gibt die Internationale Organisation für Normung (englisch: International Organization for Standardization, ISO) in ISO 9699:1994-12, Performance standards in building – Checklist for briefing – Contents of brief for building design, vor: „Describes the content of a brief for building design. Can be used from the time when the client first considers the possible need for a building project. Applies to all kinds and sizes of design project. Can also apply whatever the chosen function or purpose of the brief, for example instructing, promoting discussion, recording, as a basis for evaluation or in a formal competition to select consultants.” (ISO 9699:1994, Performance standards in building – Checklist for briefing) Die Unterscheidung von Bedarfsplanung und Objektplanung findet im offiziellen Leistungsbild des Architekten (Plan of Work) durch das Royal Institute of British Architects (RIBA) ihre Entsprechung zum Briefing durch einen Bedarfsplaner (siehe Abb. 5.7). Die Leistungen Strategic Definition (0) und Preparation and Brief (1) werden dort wie folgt beschrieben: Es ist zweckmäßig, die Bedarfsplanung nicht nur als selbstständige Leistung zu verstehen. Kann der Bauherr sie aus zeitlichen oder fachlichen Gründen nicht selbst erstellen, muss sie einem geeigneten Fachmann übertragen werden. Dieser soll nicht gleichzeitig der Objektplaner sein. Welche Qualifikation ist erforderlich? Gruppierung Gruppierung von Prozessen: Dabei gilt es zwischen Abteilungs- und Prozessanforderungen abzuwägen: Organisationseinheiten gegen Störungen von außen abzugrenzen und Abläufe über die Grenzen der beteiligten Abteilungen hinweg zu optimieren. Gruppierung von Diensten: Für manche Dienste kann eine Zentralisierung kostengünstiger sein (Gruppen- statt Arbeitsplatzdrucker, Zentral- statt Abteilungsarchiv), für andere eine Dezentralisierung die bessere Lösung, um Rüstzeiten einzusparen (dezentrale Besprechungsräume) oder den Zugriff zu vereinfachen (Gruppenarchiv). Gruppierung von Personen: Arbeitsgruppen und Teamstrukturen funktionieren besser, wenn das Gefühl der Zusammengehörigkeit auch räumlich unterstützt wird. Überschaubare kleine Gruppen funktionieren besser als große. Gruppierungen, die Prozessen entsprechen, sind besser als räumliche Abbilder des Organigramms. Abb. 5.8: Arten der Gruppierung nach Peña. (vgl. Peña, W. M.; Parshall, S. A.: Problem Seeking. 2001, S. 76f. und Fuchs, W.: Bedarfsplanung. 2005, S. 68f.)
250
5 Qualitäten und Quantitäten
„Der Bedarfsplaner als Berater des Bauherrn muss in der Lage sein, Notwendigkeiten rechtzeitig im Dialog mit Bauherr und Nutzer zu erarbeiten und zu formulieren. Dies erfordert von ihm interdisziplinäres Denken und Handeln. Er muss fähig sein, sowohl die Sprache des unerfahrenen Bauherrn als auch die des Planers zu sprechen.“ (Adlhoch, A. et al.: Genuine Hilfe […]. In: DIB 06/2008, S. 46) Ein Pionier der Bedarfsplanung ist der amerikanische Architekt William M. Peña. Er hat in den 1950er-Jahren eine Methode für das Zusammenwirken von Laien und Architekten bei der Konzeption und Planung komplexer Bauaufgaben entwickelt. Seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1969 unter dem Titel „Problem Seeking“ gilt sie als Standard für die systematische Bedarfsplanung. Er hat darin die vierundzwanzig wichtigsten Aspekte der Bedarfsplanung in neun Themengruppen sowie die entsprechenden Entscheidungs-, Gestaltungs- und Optimierungspotenziale beschrieben. Abbildung 5.8 zeigt einen Ausschnitt aus dem von Peña entwickelten Programm. Die Grundlage des „Briefing in Building Design“ oder „Problem Seeking“, wie Peña es nennt, ist in Deutschland die DIN 18205:1996-04, Bedarfsplanung im Bauwesen. In ihr wird die damit verbundene Zielsetzung entsprechend dem anglo-amerikanischen Vorbild be– schrieben: „Bedarfsplanung im Bauwesen bedeutet – die methodische Ermittlung der Bedürfnisse des Bauherren und der Nutzer; – die zielgerichtete Aufbereitung als ‚Bedarf‘ und – die Umsetzung in bauliche Anforderungen.“ In der Anwendung besteht der Prozess der Bedarfsplanung „darin, – die Bedürfnisse, Ziele und einschränkenden Gegebenheiten (die Mittel, die Rahmenbedingungen) des Bauherrn und wichtiger Beteiligter zu ermitteln und zu analysieren. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden und Verfahren, die nicht Gegenstand dieser Norm sind; – alle damit zusammenhängenden Probleme zu formulieren, deren Lösungen man vom Architekten erwartet.“ (DIN 18205:1996-04) Ein Bedürfnis ist das Gefühl eines Mangels und der Wunsch, diesem abzuhelfen. Das Bedürfnis kann z. B. durch Instinkt, Tradition, Bildung, soziale Stellung gelenkt sein. Für die Wirtschaftswissenschaft stehen diejenigen Bedürfnisse im Vordergrund, die am Markt als effektive Nachfrage wirksam werden. Unterschieden werden natürliche Bedürfnisse (z. B. Nahrung, Schlaf), Grundbedürfnisse (z. B. Gesundheit, Bildung, Erwerbstätigkeit) und gesellschaftliche Bedürfnisse (z. B. öffentliche Sicherheit). (vgl. Alisch, K.; Arentzen, U.; Winter, E. (Hrsg.): Gabler Wirtschaftslexikon. 2005, S. 337)
5.1 Qualität
251
Abb. 5.9: Diogenes in der Tonne. (Müller-Baden, E. (Hrsg.): Bibliothek […]. 1904)
Nur wenige Menschen haben keine Bedürfnisse. Bekannt als solcher ist Diogenes aus Sinope (um 391/399–323 v. Chr.). Er ist der wichtigste Vertreter einer antiken Philosophenschule und als provozierend unkonventionelle Persönlichkeit berühmt geworden. Diese philosophische Richtung predigte extreme Bedürfnislosigkeit, Verachtung des Körpers und Verzicht auf Besitz. Auf die Frage von Alexander dem Großen, was er sich von ihm wünsche (siehe Abb. 5.9), soll er geantwortet haben: „Geh´ mir aus der Sonne!“ Dafür sind die Bedürfnisse oder Wünsche der Bauherren im Allgemeinen umso größer. Bedürfnisse unterscheiden sich von „Bedarf“. „Bedarf“ ist das, was benötigt wird, um gewisse Anforderungen zu erfüllen. Soll dieser Bedarf durch den Neubau oder die Veränderung eines Gebäudes erfüllt werden, sind u. a. ein Raum- und Funktionsprogramm und eine Baubeschreibung aufzustellen. Bevor diese Angaben Teil einer Aufgabenstellung für den Architekten werden, ist u. a. deren Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Soll das Objekt verkauft oder vermietet werden, muss vorher die Nachfrage ermittelt werden. Nachfrage ist Ausdruck für „die Absicht von Haushalten, Güter und Leistungen auf Märkten zu erwerben. Die Nachfrage eines privaten Haushalts nach Gütern und Leistungen wird von verschiedenen Kriterien wie der Bedürfnisstruktur, dem Nutzen den die Güter stiften, dem Einkommen des Haushalts und den Güterpreisen beeinflusst. Grundsätzlich gilt der Zusammenhang, dass bei steigendem Preis eines Gutes […] die Nachfrage nach diesem Gut fällt. Umgekehrt führt ein sinkendes Einkommen zu sinkender Nachfrage der Haushalte.“ (Duden Wirtschaft von A bis Z. […]. 2013, S. 80) Dient das Objekt einer öffentlichen oder privaten Bedarfsdeckung, ist zumindest die Finanzierbarkeit zu überprüfen. „Bund und Länder [haben] für Baumaßnahmen, die nach § 44 BHO/LHO gefördert werden sollen, die Verpflichtung zum Einsatz einer ‚Bedarfsplanung‘ mittelbar festgeschrieben.
252
5 Qualitäten und Quantitäten
In der ‚Richtlinie für die Durchführung von Zuwendungsmaßnahmen‘ (RZBau) wird für den Zuwendungsantrag u. a. auch die Vorlage einer Bedarfsplanung verlangt. […] In welcher Form eine solche ‚Bedarfsplanung‘ zu erstellen sei, sagt die RZBau jedoch nicht. Ein ausdrücklicher Bezug auf die DIN 18205 fehlt.“ [Anm. d. Verf.: BHO = Bundeshaushaltsordnung, LHO = Landeshaushaltsordnung] (Preussner, M.: Bedarfsplanung […]. S. 417 und vgl. RZBau 11/2006) Methoden der Bedarfsplanung, insbesondere Verwendung von Prüflisten „Die Bedarfsplanung ist Ausdruck der Ziele und Visionen des Bauherrn und der Nutzer und steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen dafür planerische und bauliche Lösungen erwartet werden.“ (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 Bedarfsplanung […]. In: DAB 08/1997, S. 1177) Die Form der Bedarfsplanung ist frei und wird in der Praxis unterschiedlich gehandhabt. Als Methoden kommen grundsätzlich in Betracht: – Literatursichtung – Brainstorming (Denkrunden, Ideensammlung) – Benchmarking (Referenzwert-Verfahren, Maßstäbe setzen) – Marktanalyse – Interview und Fragebögen – Gebäudebegehungen und -analysen – Analyse von Vergleichsobjekten – Datenerhebungen mithilfe von Formularen und Raumblättern – Beziehungsdiagramme Diese Vorgehensweisen und Hilfsmittel umfassend zu erläutern, würde zu weit führen. Auszugsweise wird aber auf die der DIN 18205 als Anhang beigefügten Prüflisten eingegangen. Mithilfe der drei Prüflisten A, B und C können die Interessen aller am Projekt Beteiligter erfasst und in schriftlicher Form ausgedrückt werden. Dazu wird in der Norm folgender Hinweis gegeben: „Die Prüflisten erlauben es, den anfänglichen Bedarfsplan fortzuschreiben und zu modifizieren, wenn dies als Antwort auf Entwurfslösungen oder im Entwurfsprozess sich ändernde Prioritäten erforderlich wird. Die Entwicklung des Bauplanens muss an den dynamischen Prozess gekoppelt sein, in dem Kreativität und systematische Analyse sich verbinden, um Konflikte im anfänglichen Bedarfsplan aufzulösen. Die Prüflisten dürfen nicht als mechanisches Werkzeug verwendet werden.“ (DIN 18205:1996-04) Sie haben zum Gegenstand: Anhang A (informativ) Bedarfsplanung, Prüfliste A: Projekterfassung Anhang B (informativ) Bedarfsplanung, Prüfliste B: Rahmenbedingungen, Ziele und Mittel Anhang C (informativ) Bedarfsplanung, Prüfliste C: Anforderungen an den Entwurf und an die Leistungen des Objekts Anhang D (informativ) Literaturhinweise
5.1 Qualität
253
Die Prüfliste A steht am Anfang der Bedarfsplanung. Sie hilft dem Bauherrn bei der ersten Definition des Projekts hinsichtlich Zweck und Umfang. Weiterhin werden die möglichen am Projekt Beteiligten identifiziert und ihre Aufgaben umrissen sowie andere Einflussgruppen benannt. Prüfliste und Beispiele C.1
Grundstück und Umgebungen
C.1.1 Räumliche Beziehungen – Umgebung; – andere Gebäude; – weitere Eigenschaften des Grundstücks; C.1.2 – Schutz;
C.1
Die meisten Projekte umfassen auch Arbeiten außerhalb der Grundstücksgrenzen. Dies kann in unerschlossenen Gebieten sehr umfassend und wesentlich sein. Dieser Abschnitt beginnt mit der Lösung von Konflikten, welche unter B.5 aufgetreten sind, und kann ferner helfen, ein geeignetes Grundstück auszuwählen.
– Hochwasser; – Wetter; – Erosion. […] Abb. 5.10: Prüfliste und Beispiele für Grundstück und Umgebung – Auszug. (DIN 18205:1996-04)
Die erforderliche Projektorganisation, die Gesetze, Normen und Verordnungen sind Gegenstand der Prüfliste B. Weiterhin sind der finanzielle und der zeitliche Rahmen des Projekts zu bestimmen. Der Projekthintergrund, geschichtliche Einflüsse, das Grundstück sowie die Umgebung des Standorts sind zu erfassen. Schließlich wird die beabsichtigte Wirkung des Projekts definiert. Bei den Abbildungen 5.10 und 5.11 handelt es sich um Auszüge aus Anhang C, Bedarfsplanung, Prüfliste C: Anforderungen an den Entwurf und die Leistungen des Objekts aufgeführt. „Diese Prüfliste befasst sich […] mit Entscheidungen über physische Aspekte von Grundstück(en) und Gebäude(n). […] In dieser Phase sollten sich Aussagen des Bauherrn auf wesentliche Dinge konzentrieren wie Kosten von Energie und Material, technische und organisatorische Fragen, Grundstückszwänge, die Form der Bauausführung sowie die Anpassungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit des Projekts.“ (DIN 18205:1996-04) Für die Prüfungen und Entscheidungen im Rahmen der Bedarfsplanung gibt Gunter Henn Hinweise zur Darstellung der Inhalte. Er verwendet dabei den in den USA gebräuchlichen Begriff „Programming“. „Architektur wird visuell kommuniziert. […] Die ProgrammingSprache benutzt eigens entwickelte Piktogramme und Diagramme, mit denen die Aufgaben in Bilder umgesetzt werden.
254
5 Qualitäten und Quantitäten
Programming bringt einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess in Gang, der nicht linear zu verstehen ist, sondern Innovationssprünge zulässt und forciert. […] Die ProgrammingMethode und die daraus entwickelten Strukturbilder schaffen eine Plattform des Dialogs zwischen Bauherr und Architekt. Je anschaulicher die Aufgabe dargestellt ist, desto besser gelingt es, die Anforderungen in ihrer Komplexität frühzeitig in den Planungsvorgang einzubeziehen.“ (Henn, G.: Programming – […]. In: Schürer, O. (Hrsg.): Architektur Cons.. 2004, S. 43–44) Prüfliste und Beispiele C.2
Das Gebäude als Ganzes
C.2.1 Eigenschaften des Baukörpers – Abmessungen; – Volumen; – Zahl der Stockwerke;
C.2
Zuerst sollten Entscheidungen getroffen werden, die das gesamte Gebäude betreffen. Ausnahmen, die örtliche Variationen bewirken, müssen später behandelt werden. Dieser Abschnitt dient zur Beantwortung der Anforderungen in B.8.
– Bauabschnitte; – Lastannahmen; – Energie; – Flexibilität für zukünftige Nutzungen. […] Abb. 5.11: Prüfliste und Beispiele für das Gebäude als Ganzes – Auszug. (DIN 18205:1996-04)
Viele der in der Bedarfsplanung erörterten Sachverhalte sind komplex. Diese in Worte oder Berechnungen zu fassen ist möglich, aber nicht immer zweckmäßig. Erfahrungsgemäß sind bei Bauherren bildhafte Darstellungen, die schnell erfassbar sind, immer willkommen. Ergebnis: Bedarfsplan mit Projektvorgaben Die Bedarfsplanung führt zu einem, oder besser: zu mehreren Lösungsansätzen. Diese sind im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Machbarkeitsstudie“. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Ergebnis einer solchen Untersuchung auch zu einer Überarbeitung der Projektziele führen kann. Das Ergebnis der damit verbundenen Aufgaben soll der Bedarfsplan sein. Als Zusammenfassung der vorangegangenen Arbeiten enthält er „alle dem Architekten übermittelten Unterlagen wie Aufgabenbeschreibung, Raumprogramm oder Raumlisten mit Erläuterungen, Raumblätter mit Einrichtungsvorgaben, Funktionsprogramm, Visualisierungen, Wege- und Kommunikationsbeziehungen, vorgegebene Standards, Termine, Finanzrahmen, Lageplan, Erschließungsangaben usw..“ (Kuchenmüller, R.: DIN 18205 […]. In: DAB 08/1997, S. 1177)
5.1 Qualität
255
Oft ist die Festlegung auf Nutzungsanforderungen langfristig schwierig, wenn voraussichtlich das Gebäude nach einigen Jahren – und damit innerhalb seiner technischen Lebensdauer – einer anderen Nutzung zugeführt werden muss. Hierbei soll berücksichtigt werden, dass ein zu planendes Briefzentrum nach einigen Jahren, wenn das übergeordnete Logistikkonzept sich ändern sollte, an eine Spedition verkauft oder vermietet wird. Deswegen sollen alternative Nutzungsanforderungen, z. B. bezüglich Deckenlasten (Gabelstapler), Raumhöhen (LKW), Raumlufttechnik (Abgase), Brandschutz (Lagerung von Papier oder anderen Gütern) berücksichtigt werden. Folglich ist ein multifunktionales Bauwerk zu planen.
Abb. 5.12: Funktionsdiagramm – Beispiel. (RLBau RP 2010 – Muster 13, Anlage 5 )
Ergebnis der Bedarfsplanung soll auch ein Funktionsdiagramm sein (siehe Abb. 5.12). Ein Funktionsdiagramm zeigt die vom Nutzer geforderten Beziehungen zwischen Funktionsbereichen, z. B. Küche, Flächen oder Räumen. Grundlage sind Wegebeziehungen, Prozesse, z. B. ein Produktionsablauf, sowie der Zusammenhang oder die Trennung von Funktionsbereichen, Flächen oder Räumen, z. B. die Trennung öffentlicher und nicht öffentlicher Bereiche. Ein Funktionsprogramm soll eine Grundlage für die Entwicklung und Anordnung von Grundrissen und Ebenen sein. Für den Bauherrn und das Projektmanagement hilft ein Funktionsdiagramm bei der Überprüfung der Objektplanung in Bezug auf die Funktionalität.
256
5 Qualitäten und Quantitäten
Unzureichende Bedarfsplanung und die sieben Plagen des Bauens Der Architekt Meinhard von Gerkan benennt in seinem Buch „Black Box BER. Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut“ sieben Plagen des Bauens und meint damit „vorrangig folgende Unzulänglichkeiten, die gleich zu Beginn vieler Projekte auftreten: 1. Falsch definierte Bauaufgaben beziehungsweise unkonkrete und politisch umstrittene Wunschzettel. 2. Unrealistische Baukosten. 3. Unrealistische Zeitrahmen. In öffentlichen Bauprojekten richten sich Termine und Zeitrahmen nach Wahlperioden und Ämterlaufzeiten. Planungs-, Prüf- und Bauzeiten sowie notwendige Testphasen für einen einwandfreien Prozessablauf werden nicht nach beauftragter Arbeitskapazität innerhalb des deutschen Baurechts geplant, sondern nach Gutdünken festgelegt. 4. Mangelnde Kommunikation unter den Beteiligten: jeder denkt, plant und handelt nur für sich. Architektur jedoch ist eine kollektive Kunst. Je größer und komplexer das Bauvorhaben ist (BER dürfte eines der größten in Deutschland sein), desto größer ist die Zahl der Spezialisten, auf deren Kommunikation es ankommt. Selbst ein hochrangiges Orchester braucht einen Dirigenten. Keiner käme jedoch auf die Idee, Juristen, Aufsichtsbeamte, Banker oder Marketingstrategen an das Dirigentenpult zu stellen. Beim Flughafen Berlin Brandenburg waren vergleichbare Besetzungen gängige Führungspraxis. 5. Architekturfremde Gewerke und Gremien, die alles infrage stellen, nehmen überhand und Einfluss, zum Beispiel Juristen, Banker, Marketingstrategen. 6. Permanente Änderungen aller Anforderungen. 7. Eitelkeit des Bauherrn und des Architekten.“ [Anm. d. Verf.: BER = Flughafen Berlin Brandenburg] (Gerkan, M. v.: Black Box BER. 2013, S. 49–50) Die hier getroffenen Aussagen treffen für viele Bauvorhaben zu. Mögen diese kritischen Anmerkungen Grundlage sein für – eine gewissenhafte Bedarfsplanung im Rahmen der Projektvorbereitung, – angemessene (und ehrliche) Kosten- und Terminvorgaben, – die rechtzeitige und vollständige Berücksichtigung aller relevanten Rahmenbedingungen einschließlich der interessierten und betroffenen Personen und Gruppen (Stakeholder), – eine hohe Transparenz im Projekt durch eine gute Kommunikation, – eine hohe Disziplin in Bezug auf (möglichst wenige) Änderungen und deren konsequente Erfassung, Prüfung und Entscheidung, – die erfolgreiche Leitung des Projekts durch ein fähiges und erfahrenes Projektmanagement, unterstützt durch ebensolche Planer und ausführende Unternehmen.
5.1 Qualität
5.1.3
257
Raumbuch und Baubuch
Geeignete Hilfsmittel zur Vorgabe, zum Erreichen und zur Dokumentation der Qualitäten eines Gebäudes sind das Baubuch und das Raumbuch. Ein Raum- oder Gebäudebuch ist ein räumliches Gebäudeinformationssystem, in welchem die für das Gebäude relevanten Informationen strukturiert abgelegt und verwaltet werden können. Es besitzt zentrale Dokumentations- und Informationsaufgaben. Baubuch Beschreibung des Gebäudes, wird ergänzt durch das Raumbuch
Raumbuch Beschreibung der technischen Anlagen, des baulichen Ausbaus und der Ausstattung der Räume, soweit vom Bauherrn gewünscht
Abb. 5.13:
Zusammenhang von Baubuch und Raumbuch.
Während ein Baubuch die Beschreibung des Objekts als Ganzes enthält, bezieht sich das Raumbuch auf die einzelnen und i. d. R. unterschiedlichen Räume eines Gebäudes. Letztes ist für die Information und Koordination der Beteiligten während der Vorbereitung, der Planung und der Ausführung sowie der Nutzung hilfreich. Sowohl das Baubuch als auch das Raumbuch dienen zur Beschreibung der Eigenschaften von Gebäuden und Räumen. Dadurch wird die Präzisierung der Vorgaben des Bauherrn, des Betreibers sowie der Nutzer möglich. Zudem werden eine gemeinsame Informationsbasis für alle am Projekt Beteiligten und eine sehr gute Grundlage für die Planung des Architekten und der an der Planung fachlich Beteiligten geschaffen. Ein Bau- und Raumbuch kann erstmals im Zusammenhang mit dem Nutzerbedarfsprogramm aufgestellt werden. Gegenstand des Raumbuchs sind über die Qualitätserfordernisse hinaus v. a. die Qualitätswünsche. Das Raumbuch soll zu Beginn der Planung aufgelegt werden. Es muss eine konsequente und einheitliche Gliederung in der jeweils erforderlichen Detaillierung aufweisen. Diese hat die Projektstruktur hinsichtlich Funktion, Geometrie, Kosten und Terminen widerzuspiegeln. Das Raumbuch kann mit ständig verbessertem Informationsgehalt über alle Lebensphasen des Objekts in drei Versionen, als Anforderungsraumbuch, Planungsraumbuch und Bestandsraumbuch geführt werden. Angaben zur Raumbelegung sind v. a. bei der Technischen Ausrüstung von Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind Anforderungen v. a. an Sanitär, Heizung, Lüftung/Klimatisierung, Frischluft, Kühlung, Befeuchtung, Raumtemperatur, Schallschutz, Strahlenschutz sowie Nutz- und Verkehrslasten bereits zu Beginn der Planung wenigstens grob zu ermitteln und anschließend weiterzuentwickeln.
258
5 Qualitäten und Quantitäten
Über eine Standardklassifikation kann sowohl die Festlegung der Qualität des Objekts insgesamt, als auch die Unterscheidung von Qualitäten einzelner Räume oder Bereiche bereits zu Beginn der Planung erfolgen, z. B. durch die Einstufung in einfachen, mittleren und hohen Standard. Im Zuge der Planung wird diese Klassifizierung ersetzt durch die Angabe von Materialien und andere Beschreibungen, die durch Kennwerte zu ergänzen sind. Ein Raumbuch – enthält eine Dokumentation der Qualitäten und Materialien von Wänden, Decken, Böden, Sanitär-, Elektro- und Raumlufttechnik, der Inneneinrichtung sowie teilweise der Fassade, – ermöglicht die frühzeitige Erörterung der Raumeigenschaften mit allen Beteiligten, – ermöglicht das frühzeitige Erkennen fehlender Nutzerangaben, – bietet eine gute Grundlage für die Objektplanung, – dient nicht als Ersatz der Ausführungsplanung, – dient der Erfassung von Baumängeln und unterstützt bei der Mängelbeseitigung, – ist hilfreich bei der Erfassung von Sonderausstattungen und der entsprechenden Kostenerfassung, – stellt eine gute Grundlage für die Gebäudenutzung und das Gebäudemanagement dar, – dient der Festlegung der Gebäudestruktur, z. B. Raumliste, – umfasst einen hohen Aufwand für die Aktualisierung. Die Bearbeitung des Raumbuchs mit EDV ist bei großen Projekten unerlässlich. Raumbuchanwendung in den Leistungsbildern der HOAI In der HOAI ist die Raumbuchanwendung nicht als Grundleistung enthalten, dafür aber als Besondere Leistung im Leistungsbild Gebäude und Innenräume: LPH 2
Aufstellen von Raumbüchern
LPH 3
Fortschreiben von Raumbüchern
LPH 5 Fortschreiben von Raumbüchern in detaillierter Form (vgl. HOAI 2013, Anlage 10) Und auch im Leistungsbild Technische Ausrüstung ist sie als Besondere Leistung genannt: LPH 2
Erstellen des technischen Teils eines Raumbuches
LPH 3 Fortschreiben des technischen Teils eines Raumbuches (vgl. HOAI 2013, Anlage 15) In AHO Heft 9 Mai 2014 wird die Raumbuchanwendung explizit angesprochen. Will man die Vorteile einer Raumbuchanwendung in vollem Umfang nutzen, müssen alle Ergänzungen und Änderungen bis zur Abnahme und darüber hinaus, insbesondere einschließlich der Mängelbeseitigung, eingepflegt werden.
5.1 Qualität
259 Ausstattungsstandard
Kostengruppe F Skelett-, Fachwerk-, a Rahmens bau s Massivbau a
einfach
gehoben
einfache Wände, Holz-, Blech-, Faserzementbekleidung
Leichtbetonwände mit Wärmedämmung, BetonSandwich-Elemente, Ausfachung 12 bis 25 cm
Schwerbetonplatten, Verblendmauerwerk, Spaltklinker, Ausfachung bis 30 cm
Mauerwerk mit Putz oder mit Fugenglattstrich und Anstrich
Wärmedämmputz, Wärme-
Verblendmauerwerk, Me-
Holz, Stahl, Einfachverglasung
Kunststoff, Holz, Isolierverglasung
Aluminium, Rollladen, Sonnenschutzvorrichtung, Wärmeschutzverglasung
Wellfaserzement-, Blechein-
Betondachpfannen, mittlerer Wärmedämmstandard
Tondachpfannen, Schiefer-,
d e
Fenster
mittel
verbundsystem, Sichtmauertallbekleidung, Vorhangfaswerk mit Fugenglattstrich und sade, hoher Wärmedämmstandard Anstrich, mittlerer Wärmedämmstandard
Dächer
deckung, Bitumen-, Kunststofffolienabdichtung
Sanitär
einfache und wenige Toilettenräume, Installation auf Putz
ausreichende Anzahl von Toi- großzügige Toilettenräume lettenräumen, Installation un- in guter Ausstattung ter Putz
Ölfarbenanstrich
Fliesensockel (1,50 m)
Fliesen raumhoch
PVC, Linoleum, Holzdielen Nassräume: PVC
beschichteter Estrich,
Fliesen, Holzpflaster, Be-
Gussasphalt, Nassräume: Fliesen
tonwerkstein, Nassräume: großformatige Fliesen
Einzelöfen, elektr. Speicher-
Lufterhitzer, Lufterhitzer mit
Zentralheizung/ Pumpenhei-
heizung, Boiler für Warmwasser
Anschluss an zentrale Kesselanlage, Fernheizung
zung mit Flachheizkörpern, Klima- oder Lüftungsanlage, Warmwasseraufbereitung zentral
ausreichende Installation unter Putz
aufwendige Installation, Sicherheitseinrichtungen
Innenwandbekleidung der Nassräume
Bodenbeläge
Heizung
Elektroinstalla- einfache Installation auf Putz tion
Metalleindeckung, Gasbetonfertigteile, Stegzementdielen, hoher Wärmedämmstandard
* nur Ausstellungsgebäude Abb. 5.14: Ausstattungsstandards von Gebäuden – Beispiel. (vgl. WertR 2002, S. 128, hier Einkaufsmärkte, Kauf- u. Warenhäuser, Ausstellungsgebäude)
260
5 Qualitäten und Quantitäten
Abbildung 5.14 zeigt ein Beispiel für unterschiedliche Ausstattungsstandards oder Qualitäten wesentlicher Bauteile, wie sie bei der Wertermittlung von Gebäuden, z. B. Einkaufsmärkten, Kauf- und Warenhäusern, Ausstellungsgebäuden, Berücksichtigung finden. Die Beschreibung der Eigenschaften von Räumen oder Bereichen muss entsprechend der Projektstruktur und den üblichen Regelwerken erfolgen. Hierzu gehören DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, sowie DIN 277:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau. Daneben sind bei Investitionen durch Dritte, z. B. im baulichen Ausbau, Regelungen zu den Schnittstellen zu berücksichtigen. Die Beschreibung ist zu untergliedern in baulichen Ausbau, Technische Anlagen und Ausstattung. Hinsichtlich Kommunikation und Information, speziell zur Anwendung des Raumbuchs, sind bei der Entwicklung der Projektstruktur auch die nachfolgenden Phasen zu berücksichtigen. Es bestehen je Phase im Lebenszyklus einer Immobilie unterschiedliche Anforderungen. Das Anforderungsraumbuch ist von seiner Struktur her für die Erweiterung und die Ergänzung mit Informationen für das Bestandsraumbuch offenzuhalten. Erst mit der Fertigstellung des Gebäudes wird die endgültige Zahl und Größe aller Räume feststehen, da erfahrungsgemäß bis kurz vor Inbetriebnahme Änderungswünsche der Nutzer berücksichtigt werden müssen. Die eindeutige Bezeichnung von Räumen wird während der Planung bzw. bis zur Inbetriebnahme aufgrund von Anforderungs- und Planungsänderungen erfahrungsgemäß nicht durchgehalten. Üblicherweise werden vom Bauherrn oder Nutzer vorgegebene Bezeichnungen oder Funktionsbezeichnungen nach DIN 277 verwendet. Als Raumidentifizierungsschlüssel ist für das Gebäudemanagement die gesamte Projektdauer über ein Code vorzusehen, der zur eindeutigen Identifizierung des einzelnen Raums dient. Es empfiehlt sich, für den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie, angefangen von der Projektvorbereitung bis zur Ausführung und das Gebäudemanagement, das Raumbuch als durchgängigen Informationsträger einzusetzen. Die Verknüpfung des Qualitätsmanagements mit der Kostenplanung kann durch eine gemeinsame Gliederung sichergestellt werden. Zusätzlich sind für das Gebäudemanagement Nutzercodes aufzustellen. Diese basieren auf den Planungsunterlagen wie beispielsweise dem Raum- und Funktionsprogramm oder der Layout-Planung, auf Angaben aus der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung, z. B. Definition von Kostenstellen und Kostenträgern, sowie auf Angaben aus Miet- und Pachtverträgen, z. B. Mietflächen. Auch in diesem Fall sollte die Gliederung der Codes möglichst auf die DIN 277 abgestimmt werden. Anforderungsraumbuch Das Anforderungsraumbuch ist beginnend mit der Vorbereitung der Planung bis einschließlich Leistungsphase 2 (Vorplanung) zu erstellen. Die Zusammenstellung von Nutzflächen (NF) nach DIN 277, früher Hauptnutzflächen (HNF), dient als Planungsvorgabe. Andere Flächen können als Zuschlagsätze oder als Mengen angegeben werden. Bei Verkehrsflächen (VF) kann die Breite des Verkehrswegs, z. B. des Flurs, vorgegeben werden. Die Angabe in Quadratmetern kann durch die Angaben in Rastereinheiten ersetzt werden. Die Mengen und Arten der Flächen sind Gegenstand von Prüfungen, z. B. der Flächenwirtschaftlichkeit als Verkehrsflächenanteil (VF/BGF). Bei einzelnen Nutzungen, z. B. Parken, ist auch die Angabe der Geschosshöhe erforderlich.
5.1 Qualität
261
Im Anforderungsraumbuch sind in Bezug auf die Raumbelegung alle Angaben der Nutzer zu erfassen, Ergänzungen sind durch den Bauherrn bzw. den Planer vorzunehmen. Die sich daraus ergebenden Vorgaben aus der Statik und Anforderungen an Technische Anlagen sind, soweit möglich, zu ermitteln und fortzuschreiben. Besonders die Qualität von Gebäuden, Bereichen und Räumen sollte bereits im frühen Planungsstadium soweit wie möglich erfasst und mit einer kurzen Beschreibung versehen werden. Dabei sind Angaben zum baulichen Ausbau im Anforderungsraumbuch noch nicht bzw. nur bedingt erforderlich. Zu den erforderlichen Angaben, die Technischen Anlagen betreffend, zählen neben den Endgeräten auch die erforderlichen Raumkonditionierungen bezüglich Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen, Wärmeversorgungsanlagen sowie der weiteren technischen Ausstattung (vgl. KG 400 nach DIN 276-1:2008-12). Bezogen auf die Ausstattung einzelner Bereiche oder Räume sind Art und Anzahl der Elemente zu benennen. Ein Code zur Identifizierung von Räumen muss im Anforderungsraumbuch festgelegt und dann über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes beibehalten werden. Für das Raum- und Funktionsprogramm sind Raumbezeichnungen notwendig, durch die Raumidentifikationen so genau wie möglich erfolgen sollen, auch wenn in vielen Fällen nur Gruppen- und Teilsummenbildungen wegen noch ungenauer Planungsvorgaben möglich sind. Planungsraumbuch Ein Planungsraumbuch wird von der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) an, bis einschließlich Vergabe erstellt und fortgeschrieben. Die Vervollständigung sämtlicher Angaben erfolgt mit dem Planungsfortschritt. Hierzu gehören v. a. – Raumangaben, – Angaben zur Raumbelegung und – Anforderungen aus der Statik und an die technischen Anlagen. Zweckmäßig ist es, die Klassifikation der Standards im Planungsraumbuch in Verbindung mit der Kostenplanung nach der Kostenflächenarten-Methode vorzunehmen. Dabei muss eine weitere Unterscheidung von Nutzungsarten oder Funktionsbereichen erfolgen. Die Beschreibung der Eigenschaften des baulichen Ausbaus von Gebäude, Bereich oder Raum ist im Zuge von Nutzergesprächen bzw. Mietverhandlungen zu ergänzen. Ebenfalls fortzuschreiben und zu ergänzen sind die Angaben zum technischen Ausbau und zur Ausstattung. Zur Raumidentifizierung erfolgt im Planungsraumbuch die Vervollständigung der Kennzeichnungen entsprechend dem Planungsfortschritt. Oft können jedoch nicht alle Daten durchgängig geführt werden, da es in Einzelfällen im Verlauf der Planung zur Teilung oder Zusammenlegung von Räumen oder Flächen kommt. Eindeutige Raumbezeichnungen auf Grundlage der im Anforderungsraumbuch eingeführten Codes sind für die Planung und die Optimierung der Planung notwendig. Daher muss eine schrittweise Verfeinerung der Raumklassifikation entsprechend dem Planungsfortschritt vorgenommen werden. Einmal verwendete Raumbezeichnungen oder Schlüssel dürfen nicht ein zweites Mal vergeben werden, da sonst Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden können.
262
5 Qualitäten und Quantitäten
Beispiel: Qualitative Anforderungen an Bodenbeläge – BIM Im BIM-Projekthandbuch der Berliner Immobilienmanagement GmbH werden für Auftragnehmer Standards für die Planung und Ausführung festgelegt. Dazu gehören Vorgaben zu Materialien, z. B. Feinsteinzeug, und Eigenschaften, z. B. die Rutschhemmung. Auszug: „352 Deckenbeläge Auswahl der Bodenbeläge in Abhängigkeit der Nutzung und technischen Anforderungen nach mech. Beanspruchbarkeit, Verschleißfestigkeit, Rutschsicherheit, Trittschalldämmung, elektrostatischem Verhalten, ggf. Chemikalienbeständigkeit und Hygieneanforderungen, Design, Reinigung und Pflege. Beim Bauen im Bestand wo möglich Trockenestrich verwenden. BIM Standard (Material, Farbe): Büro:
Linoleum z. B. DLW Marmorette 2,5 mm
Sanitär:
Feinsteinzeug 30 x 30 cm hoch frequentierte Bereiche: nach Erfordernis z. B. Betonwerkstein
repräsentative Bereiche:
Teppich
untergeordnete Räume:
Estrich gestrichen (staubbindender Anstrich)
Für die Schulen gilt abweichend bzw. zusätzlich: Sanitärräume:
Feinsteinzeug 15 x 15
Für die Feuerwehr gilt abweichend bzw. zusätzlich: Bodenbeläge müssen rutschhemmend und leicht zu reinigen sein. Die Bodenbeläge werden je nach Funktion der Räume folgenden Bewertungsgruppen zugeordnet: Eingangsbereiche
R 9 (R Rutschhemmung)
Fahrzeugstellplätze
R 12
Waschhallen
R 11
Arbeitsgruben
R 12
Instandsetzung- und Wartungsräume
R 11
Lagerräume Öle und Fette
R 12
Desinfektions- und Sanitärräume
R 10
Schulungsräume
R9
Räume für Schlauchpflegeeinrichtung R 12“ [Anm. d. Verf.: zu Rutschhemmung ( R) siehe DIN 51130:2004-06] (Berliner Immobilienmanagement GmbH: Projekthandbuch BIM. 2013, S. 24)
5.1 Qualität
263
Raumbuchblatt, Teil: baulicher Ausbau __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung:
........................................
Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Innenwände sowie Bekleidungen und Fenster in Außenwänden (innen) 334 Außentüren und -fenster 336 Außenwandbekleidungen, innen 342 Nicht tragende Innenwände 343 Innenstützen (in 333 Außenstützen enthalten) 344 Innentüren und Innenfenster 345 Innenwandbekleidungen 346 Elementierte Innenwände 349 Innenwände, sonstiges Decken und Deckenbeläge 351 Deckenkonstruktionen (mit Treppen, Rampen) 352 Deckenbeläge (mit 325 Bodenbeläge) 353 Deckenbekleidungen (Einbauleuchten siehe 445 Beleuchtungsanlagen) 359 Decken, sonstiges 371 Allgemeine Einbauten (Einbauten, die einer allgemeinen Zweckbestimmung dienen, z. B. Einbaumöbel wie Sitz- und Liegemöbel, Gestühl, Podien, Tische, Theken, Schränke, Garderoben, Regale) 372 Besondere Einbauten (Einbauten, die einer besonderen Zweckbestimmung dienen, z. B. Werkbänke in Werkhallen, Labortische in Labors, Bühnenvorhänge in Theatern, Altäre in Kirchen, Einbausportgeräte in Sporthallen, Operationstische in Krankenhäusern) 379 Baukonstruktive Einbauten, sonstiges Abb. 5.15:
Raumbuchblatt – baulicher Ausbau.
Abbildung 5.15 zeigt die Struktur des Raumbuchblatts für den baulichen Ausbau. Auf die Unterscheidung des baulichen Ausbaus (KG 334 bis 359 nach DIN 276) und der baukonstruktiven Einbauten (KG 370) ist besonderer Wert zu legen, da letzte oft gesondert abzurechnen sind.
264
5 Qualitäten und Quantitäten
Qualitative Anforderungen
Kriterien
Es besteht eine eindeutige Eingangssituation. Der Eingang orientiert sich an der städtebaulichen Situation.
Orientierung im Freiraum, äußere Erschließung
Die Orientierung ist so gewählt, dass die Schallimmissionen minimal sind.
Schallschutz gegen Außenlärm
Alle Büroräume weisen die gleiche Qualität bezüglich Ausblick, Ruhe und Tageslicht auf.
Behaglichkeit
Die Raum- und Gebäudetiefen sind optimal bemessen für die natürliche Belüftung und die Tageslichtnutzung.
Belichtung – natürlich Belüftung – natürlich
Das Ausbauraster erlaubt die wirtschaftliche Umsetzung von Zellen- und Gruppenbüros.
Flexibilität, Raum-/Gebäudetiefen
Im Raummodul ist das Zusammenspiel von Fassade und Raum Behaglichkeit bezüglich natürlicher Lüftung, Tageslicht, sommerlichem und winterlichem Wärmeschutz erkennbar. Die Fassade ist einfach gebaut und ohne Fensterbefahranlage zu reinigen.
Reinigungskonzept
Die Fassade wurde durch eine Ökobilanzierung (Betriebs- und Herstellenergie) bewertet.
Graue Energie
Eine flexible und modular aufgebaute Gebäudetechnik ist deut- Modulares Gebäudetechlich erkennbar. Insbesondere sind die vertikalen und horizonta- nikkonzept len Erschließungszonen sowie Technikflächen ausreichend vorgesehen. Das Gebäude wurde durch eine Energiebilanzierung bewertet.
Dimensionierung
Abb. 5.16: Qualitative Anforderungen an Bankgebäude – Beispiel. (HVB (Hrsg.): Gesundes Büro […]. 2002, S. 38)
Abbildung 5.16 zeigt beispielhaft die Ergebnisse einer Planung für ein Bankgebäude hinsichtlich der qualitativen Anforderungen (linke Spalte) und die Zuordnung dieser Eigenschaften zu den entsprechenden Kriterien (rechte Spalte). Im Rahmen der Grundlagenermittlung oder eines Architektenwettbewerbs sind Kriterien zur Beurteilung von Planungsbeiträgen erforderlich. Um die Erfüllung von qualitativen Anforderungen zu prüfen, sind funktionale und gestalterische Kriterien aufzustellen, an denen sich die Bewertung orientieren soll. Die in den Abbildungen 5.15, 5.17 und 5.18 als Muster gezeigten Raumbuchblätter sind entsprechend DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, in die Teile baulicher Ausbau, Technische Anlagen und Ausstattung gegliedert.
5.1 Qualität
265
Raumbuchblatt, Teil: Technische Anlagen __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung:
........................................
Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Technische Anlagen (Installationen mit/ohne/oder Zentrale Betriebstechnik) 410 Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen (Art, Anzahl und Leistung der Anschlüsse von Warmwasser, Kaltwasser, Sprinkleranlagen und Gas; z. B. Abläufe, Abscheider, Sprinklerung, Feuerlöschgeräte, Sanitärobjekte, Sanitäreinrichtungen, Installationsblöcke, Angaben zu belastetem Abwasser/Giftstoffen) 420 Wärmeversorgungsanlagen (Art und Anzahl der Raumheizflächen, Angabe der Raumtemperatur in °C im Winter/Sommer, Art der Regelung, z. B. zentral/dezentral, Anschluss an MSR/ZLT) 430 Lufttechnische Anlagen (Art und Anzahl der Zuluft- und Abluftöffnungen, Kühldecken und Raumgeräte für Wärme und Kälte und Entrauchung; Angabe der Frischluftrate in cbm/h, der Abluftrate in m³/h und der Luftfeuchtigkeit der Zuluft in %; zur Gestaltung der Ein- und Auslässe siehe Baulicher Ausbau) 440 Starkstromanlagen (Elektroleitungen, Elektroschalter, Elektroleerrohre, Unterverteiler, Schaltschränke; Anzahl und Lage der Anschlussdosen 220 V/380 V/sonstige, Batterien; Notbeleuchtung, Einbauleuchten, Aufbauleuchten, Hängeleuchten, Sonderleuchten; Angabe von Art, Zahl und Leistung der Leuchten; Blitzschutz- und Erdungsanlagen; eventuell besondere Anforderungen aus der Nutzung,) 450 Telekommunikationsanlagen (Tertiärnetz und Endgeräte von Türsprech- und Türöffneranlagen, Uhrenanlagen, Zeiterfassungsanlagen, Gegen- und Wechselsprechanlagen, Gefahrenmeldeanlagen; Personenrufanlagen, Anschlüsse an Empfangsantennenanlagen, Angabe von Art, Anzahl und Leistung der Elemente) 460 Förderanlagen (Art und Anzahl der Personenaufzüge, Lastenaufzüge, Fahrtreppen, Fahrsteige, Hebebühnen, Angabe von Kabinengröße und der Tragfähigkeit in kg und Personen) 470 Nutzungsspezifische Anlagen (Wäscherei- und Reinigungsanlagen, Medienversorgungsanlagen, Medizintechnische Anlagen, Labortechnische Anlagen, Badetechnische Anlagen, Kälteanlagen, Entsorgungsanlagen und sonstige Nutzungsspezifische Anlagen) 480 Gebäudeautomation (MSR/ZLT) (Angaben zu Elementen mit Anschluss an die MSR/ZLT, z. B. Sonnenschutz) 490 Sonstige Anlagen Abb. 5.17:
Raumbuchblatt – Technische Anlagen.
266
5 Qualitäten und Quantitäten
Raumbuchblatt, Teil: Ausstattung (und Kunstwerke) __________________________________________________________________________ Raumnummer/Bereichsnummer/Bezeichnung:
........................................
Raum-/Bereichsgröße: ….. m² NGF; …... m³ NRI; ….. m lichte Raumhöhe Raum-/Bereichslage: …... Geschoss Nutzer und Kapazität: …... (... Arbeitsplätze für .........................................) __________________________________________________________________________ Ausstattung und Kunstwerke (jeweils Art und Anzahl) 611 Allgemeine Ausstattung Sitz- und Liegemöbel Schränke Regale Tische Vorhänge Wandbehänge lose Teppiche Haus-, Wirtschafts- und Reinigungsgeräte 612 Besondere Ausstattung (Ausstattungsgegenstände, die einer besonderen Zweckbestimmung dienen wie z. B. wissenschaftliche, medizinische, technische Geräte) 619 Ausstattung, sonstiges (Wegweiser, Orientierungstafeln, Farbleitsysteme, Werbeanlagen) 620 Kunstwerke (Kunstwerke zur künstlerischen Ausgestaltung des Raumes, z. B. Bilder, Reliefs, Modelle oder Plastiken) 690 Weitere Ausstattungen des Nutzers Abb. 5.18:
Raumbuchblatt – Ausstattung.
Bestands- und Gewährleistungsraumbuch Das Bestandsraumbuch entsteht in der Ausführungsphase und wird während der Nutzung bis zur Beseitigung des Objektes gepflegt. Grundflächen und Raumhöhen sind vollständig zu erfassen, sie bilden die wesentliche Grundlage für das Gebäudemanagement. Dies gilt auch für Angaben zur Raumbelegung und die Anforderungen aus Statik sowie an den technischen Ausbau. Die Notwendigkeit der Anforderungen ist im Einzelfall zu überprüfen. Die Angabe von Standardklassifikationen ist im Bestandsraumbuch nicht erforderlich, ggf. können für die Erfordernisse der Nachkalkulation die raumbezogenen Herstellungskosten angegeben werden. Für das Gebäudemanagement erforderlich sind jedoch Angaben zum baulichen Ausbau, zur Technischen Ausrüstung und zur Ausstattung.
5.1 Qualität
267
Für das Bestandsraumbuch erfolgen die Überarbeitung und die fortlaufende Aktualisierung der raumbezogenen Kennzeichnungen bis zur Inbetriebnahme. Der Raumidentifizierungsschlüssel dient ab Nutzungsbeginn als Adresse für alle weiteren Informationen. Dabei sind Raumbezeichnungen aus Sicht von Bauherren nicht in jedem Fall notwendig, denn Raumidentifizierungsschlüssel sind oft für die Nutzung ausreichend. Eine raumgenaue Klassifikation und deren Fortschreibung während der Nutzung ist Voraussetzung einer Optimierung der Nutzung. Im Zusammenhang mit der (technischen) Abnahme ist diese Version des Raumbuchs auch ideal für die Mängelerhebung und Mängelbeseitigung. Moderne Programme erlauben den Datenaustausch mittels mobiler Web-Apps über Smartphones oder Tablet-Computer. Damit ist es möglich, Baumängel – vor Ort bei einer Baubegehung oder bei der Abnahme zu erfassen, – einem Raum oder Bauvertrag direkt zuzuordnen, – mit Terminangaben zu versehen, – mit Fotos zu ergänzen und – alle Informationen unmittelbar im Raumbuch zu speichern. Damit wird eine weitere Datenübertragung überflüssig. Die entsprechenden Informationen sind bei der Baubegehung und zeitgleich im Büro auf demselben Stand. Auswertungen in Form von Mängelblättern für jeden Raum oder von Mängellisten je Bauvertrag sind leicht möglich. Entsprechendes gilt auch für die Mängelbeseitigung und deren Dokumentation.
268
5.1.4
5 Qualitäten und Quantitäten
Bemusterung
Durch eine Bemusterung kann die Qualität von Baukonstruktionen und Baustoffen, von Bedienelementen und Einrichtungsgegenständen vorgegeben und dokumentiert werden. Bei der Beurteilung der Qualität eines Musters sind auch die Bau- und Folgekosten zu berücksichtigen. Werden z. B. Bodenbeläge bemustert, dann sind neben der gestalterischen Wirkung, der möglichen Beanspruchung und Rutschsicherheit auch die Bau- sowie die Folgekosten aus Instandsetzung und Reinigung anzugeben und in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Bemusterungen erfolgen häufig auf folgende Weise: „1. Die Ausstattung eines anderen Bauwerkes als Referenzbauwerk, 2. Herstellerkataloge mit Beschreibungen und Abbildungen, 3. Vom Architekten angefertigte Musterbücher mit Ausschnitten aus Katalogen und meist kleinformatigen, dünnen Originalmustern von z. B. Stoffen, Furnieren mit Oberflächenbehandlung, Farbaufstrichen usw., 4. Tafeln/Kästen mit Originalmustern, 5. Musterraum/Musterfassade mit Originalmustern.“ (Volkmann, W.: Bemusterungen. In: DAB 01/2001, S. 34) Gegenstand der Bemusterung und Einbindung in die Planung Gegenstand von Bemusterungen sind im Allgemeinen die Eigenschaften von – Böden (Naturstein, Fliesen, Teppichboden, Parkett), – Wänden und Türen (Sockelleisten, Wandbekleidungen, Rammschutz, Handläufe und Geländer, Beschläge), – Decken (abgehängte Decken einschließlich Beleuchtung und Luftausströmöffnungen) – Fassaden einschließlich Sonnenschutz, – Sanitärobjekte (Waschbecken, Armaturen), – Möblierungen (Stühle, Tische), – sonstige Ausstattungen (Stelen, Beschilderung u. v. m.). Die Bemusterung als Teil der Planung und Vorbereitung der Ausführung ist zweckmäßig im Zuge der – Vorplanung (vgl. Beispiel Musterzimmer bei Hotelprojekten), – Ausführungsplanung (z. B. Bauprodukte) und – Erstellung der Leistungsbeschreibungen mit Bemusterung durch den Architekten, – Vergabe der Leistungen und – Beginn der Bauausführung mit Bemusterung durch ausführende Unternehmen.
5.1 Qualität
269
Muster können Gegenstand eines Bauvertrags werden, wenn ihre Wirkung auf andere Weise schwer zu beschreiben ist. Damit helfen sie, die vorgegebene Qualität zu erreichen. Der Bemusterung kommt eine besondere Bedeutung zu bei Baustoffen und Bauteilen, die entweder zu den Naturprodukten zählen, aus zeitlich oder räumlich unterschiedlichen Chargen kommen und nicht anders zu beschreiben sind. Bemusterungen sind in der Entwurfs- oder Ausführungsplanung und im Zuge der Beauftragung von Bauleistungen Gegenstand von Entscheidungen des Bauherrn. Deshalb sollte sehr früh in einer Bemusterungsliste festgelegt werden, welche Bauteile, Materialien oder Ausstattungen zu welchem Termin bemustert werden sollen. Um dem Bauherrn die Entscheidungen zu erleichtern, sind vorab alle notwendigen Informationen in Form einer schriftlichen Unterlage zusammenzustellen. Eine Bemusterung soll die spätere Wirklichkeit möglichst genau abbilden. Dazu reicht es nicht, z. B. Armaturen einfach vorzulegen, Musterstücke sollten in einem Bemusterungsraum oder im eingebauten Zustand besichtigt, oder besser noch: probeweise benutzt werden können. Hierbei können auch die Lichtverhältnisse für die Wirkung eines Musters, z. B. Textilien, eine erhebliche Rolle spielen. So werden z. B. bei Hotelprojekten eigene Musterzimmer errichtet. Hat sich der Bauherr, oder in vielen Fällen der Nutzer, für ein bestimmtes Material oder Produkt entschieden, sind dessen Eigenschaften in Form eines Protokolls umfassend zu dokumentieren. Hierzu gehören im Fall von industriell gefertigten Produkten die Angabe des Herstellers und die genauen Produkteigenschaften. Bei Naturprodukten wie Stoff, Naturstein oder Holz bilden gerade die Musterstücke ergänzend zur Leistungsbeschreibung den Maßstab für die vom Bauherrn beauftragte Qualität. Alle Musterstücke sind deswegen bis zur Abnahme der Leistungen sorgfältig aufzubewahren. Eine besondere Bedeutung kommt der Bemusterung im Fall der Beauftragung eines Generalunternehmers zu, wenn eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm zugrunde liegt. Die Aufwendungen für die Bemusterungen sind in der Kostenermittlung als Bemusterungskosten (KG 773 nach DIN 276-1:2008-12) zu berücksichtigen. Die Höhe der Bemusterungskosten kann z. B. bei Fassaden in der Größe von sechs bis zehn Quadratmetern oder einem Musterzimmer 10.000,00 € und mehr betragen. Beispiel: Musterzimmer bei Hotelprojekten Die frühzeitige Erstellung eines Musterzimmers ist eine sehr gute Möglichkeit, die Qualität des Innenausbaus und der Ausstattung zu erproben und festzulegen. Wird ein Modell im Maßstab 1:1 für ein Standardzimmer schon zeitgleich zur Vorplanung des Hotelgebäudes gebaut, können neben Materialien und Details auch die Abmessungen und Proportionen des Raums überprüft und in der Entwurfsplanung berücksichtigt werden. Die Abmessungen, insbesondere die Achsmasse der Räume und des Tragwerks können so aufeinander abgestimmt werden. Ein Musterzimmer kann nahe der Baustelle in einer Halle oder auch im Freien errichtet werden. Vorteilhaft kann es auch sein, ein Musterzimmer in ein bereits erstelltes Regelgeschoss des Rohbaus einzufügen. Es können so bauphysikalische Messungen, z. B. Überprüfung der Schalldämmung der Schachtwände, durchgeführt werden.
270
5 Qualitäten und Quantitäten
Im Musterzimmer werden unterschiedliche Materialien, Details und Produkte eingesetzt. Bauherr, Betreiber, Innenarchitekt und ausführende Firmen, die anteilige Ausbauarbeiten, und Lieferanten, die Materialien und Produkte bereitgestellt haben, können sich über Funktion und Gestaltung austauschen. Alle Elemente der Bemusterung müssen gezeigt, beschrieben und hinsichtlich der Bau- und Folgekosten bewertet werden. So dient eine Bemusterung nicht nur der Definition der Qualität, sondern auch der Kostensicherheit im Bereich Innenausbau und Ausstattung. Als besonders wichtig nennt Wenta über die bereits genannten Punkte hinaus – Prüfung von Details auf Ausführbarkeit, – Erarbeitung von Ausführungsanweisungen für die Herstellung, – Aufstellen eines Qualitätskontrollsystems, – Methodik der Dokumentation aufeinander folgender Arbeiten, z. B. Abdichtungsarbeiten im Bad und Fliesenarbeiten, – Bedienbarkeit von Ausstattungen, – Wartungsfreundlichkeit von Ausstattungen, – Optik und Funktionalität von Möbeln. (vgl. Wenta, S.: Baustelle Hotel […]. 2010, S. 335–336) Vor allem, aber nicht nur im Hotelbereich haben sich Handwerker und Einrichtungshäuser auf die vollständige Ausstattung und Bemusterung von ganzen Nutzungsbereichen spezialisiert. Sie bieten vorzugsweise schlüsselfertige Lösungen an. Hier ein Beispiel: „[…] unser Leistungsspektrum umfasst: – Hotelmöbel zum Einbau – lose Möbel – Grundbeleuchtung und dekorative Leuchten – Vorhänge – technische Geräte: Minibars/Kühltechnik – Bodenbeläge: Teppich-, Holz- und Steinböden – Gipskartonarbeiten – Türen – Malerarbeiten – Fliesen/Abdichtungen – Waschtische – Sanitärgegenstände – Accessoires“ (http://bachhuber-einrichtungen.com/wp/)
5.1 Qualität
271
Aufgaben der am Projekt Beteiligten bei der Bemusterung In Handlungsbereich B – Qualitäten und Quantitäten werden Aufgaben der Projektsteuerung im Zusammenhang mit der Bemusterung genannt: PS 2
Steuern der Planung der Bemusterung,
PS 3 Mitwirken bei den erforderlichen Bemusterungen. (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 15 und 17) Hierzu wird im Kommentar treffend ausgeführt: „Bemusterungen haben im Rahmen der Projektabwicklung einen ausschlaggebenden Anteil an effizienten Entscheidungsprozessen eines Projekts. Das liegt einerseits daran, dass die Planung eines Bauwerks zunächst eine rein geistige Leistung ist, bevor das Gebäude körperlich entsteht. Damit sind Bemusterungen vor diesem Entstehungsprozess die einzige Gelegenheit, Materialien selbst und Zusammenhänge zwischen Material und Gestaltung in verschiedenen Kombinationen räumlich zu beurteilen. Die Planung und Organisation der Bemusterungen ist ein eigenständiger Vorgang, der sorgfältig vorzubereiten ist.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 69) In den Leistungsbildern der HOAI ist die Bemusterung als Grundleistung der Objektplanung nicht enthalten. Im Leistungsbild Gebäude und raumbildende Ausbauten der HOAI 2009 war als Besondere Leistung enthalten: LPH 2
Anfertigen von Darstellungen durch besondere Techniken, wie zum Beispiel Perspektiven, Muster, Modelle (vgl. HOAI 2009, Anlage 2) Wesentlich ausführlicher und in Bezug auf die Bemusterung heißt es jetzt: LPH 2
Anfertigen von besonderen Präsentationshilfen, die für die Klärung im Vorentwurfsprozess nicht notwendig sind, zum Beispiel – Präsentationsmodelle – perspektivische Darstellungen – bewegte Darstellungen/Animation – Farb- und Materialkollagen – digitales Geländemodell (HOAI 2013, Anlage 10) Die Anfertigung von Präsentationsmodellen sowie Farb- und Materialkollagen kann im Zuge der Vorplanung sinnvoll sein. Dies schließt gleiche Aufgaben in der Ausführungsplanung oder bei der Vorbereitung der Vergabe nicht aus. Wie bereits erläutert, ist es bei der Planung von Hotelgebäuden üblich, bereits sehr früh ein Musterzimmer im Maßstab 1:1 zu bauen. Modelle und Kollagen sollen die Beurteilung von Varianten hinsichtlich Funktionalität und Gestaltung erleichtern. Sie sind in Bezug auf bauphysikalische Eigenschaften, Technische Lebensdauer, Instandhaltung, Bau- und Folgekosten sowie Nachhaltigkeit zu erläutern. Die Kosten der Muster oder Kollagen sowie der Zeitaufwand für die Durchführung einschließlich der Vor- und Nachbereitung (Dokumentation) der Bemusterungen ist vorab zu kalkulieren und als Besondere Leistung des Architekten oder Innenarchitekten schriftlich zu vereinbaren.
272
5.1.5
5 Qualitäten und Quantitäten
Qualitätsmängel und Prüfen auf Zielkonformität
Ein Mangel liegt vor, hier stimmen § 633 Abs. 1 BGB und § 13 Abs. 1 VOB/B inhaltlich weitgehend überein, wenn die Leistung eines Auftragnehmers – nicht die zugesicherten Eigenschaften hat, – nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, – mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Mängel bei Bauprojekten – allgemein Qualitätsmängel an einem Bauwerk sind neben Ausführungsmängeln als Abweichungen von der geforderten Qualität häufig auf Fehler in der Planung zurückzuführen. Treten Qualitätsmängel bei Gebäuden auf, deren Ursachen in der Planung liegen, so handelt es sich oft um – Nichterfüllung von Nutzungsanforderungen, – unvollständige Planung, – eingeschränkte funktionale Eignung, – Wahl ungeeigneter Materialien, – fehlende oder ungeeignete Details und – mangelhafte Berücksichtigung von Maßtoleranzen. Vorgaben für die Planung im Hinblick auf die funktionale Eignung eines Gebäudes oder dessen nachträgliche Bewertung sind grundsätzlich schwierig. Denn es besteht bei jedem Objekt – auch bei sorgfältiger Planung – die Möglichkeit, dass ein Bauwerk nach einigen Jahren und damit innerhalb der technischen Lebensdauer, gewollt oder ungewollt, einer anderen Nutzung zugeführt werden muss. Deswegen sollen alternative Nutzungsanforderungen, z. B. Deckenlasten für den Tresor einer Bank, Raumhöhen, z. B. Zu- und Durchfahrten, Raumlufttechnik, z. B. Diskothek, Brandschutz, z. B. Lagerung von Textilien, berücksichtigt werden. Oft ist es zweckmäßig, ein multifunktionales Bauwerk zu planen. Auch eine solche Anforderung kann Gegenstand des Raumbuchs sein. Ebenso kommen Qualitätsprobleme bei der Bauausführung vor. Hierzu zählen z. B. Maßabweichungen, Schallbrücken statt Schallschutz oder Kältebrücken statt Wärmeschutz, Undichtigkeit von Dachabdichtungen, Einbau ungeeigneter oder fehlerhafter Materialien bis hin zur Vernachlässigung von Nebenleistungen vertraglicher Leistungen. Die Konsequenzen aus mangelhafter Leistung sind mit hohem zeitlichen Aufwand, Streitigkeiten und häufig zusätzlichen Kosten verbunden. Treten Mängel auf, dann führen sie entweder zur Verweigerung der Annahme bzw. Abnahme der Leistung, zur Forderung nach Beseitigung oder nach Schadensersatz bei schuldhaft verursachtem Mangel oder Minderung der Vergütung oder zur Zahlungsverweigerung.
5.1 Qualität
273
Mängel bei Bauprojekten – Aufgaben der am Projekt Beteiligten Vereinfacht ausgedrückt ist ein Mangel der Unterschied zwischen dem vorgegebenen Sollund dem erreichten Ist-Zustand eines Gegenstands. Um diesen Unterschied zu erkennen, ist zunächst einmal die eindeutige und erschöpfende Beschreibung des gewünschten SollZustands erforderlich. Bezogen auf Bauprojekte kommt es drauf an, dass – das Planungssoll definiert ist, auf dessen Grundlage das – Bau-Soll vorzugeben ist. Verantwortlich für das Planungssoll ist der Bauherr im Einvernehmen mit dem Nutzer. In Sinne der HOAI ist eine Voraussetzung für das Planungssoll das „Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers“ und anschließend „Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse.“ (HOAI 2013, Anlage 10) Im Unterschied dazu wird das Bau-Soll mittels einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis oder Leistungsprogramm (vgl. § 7 VOB/A) definiert. Bauleistungen sind gegenständliche und „begreifbare“ Leistungen. Es ist Aufgabe der an der Planung Beteiligten, die Ausführung der Bauleistungen zu überwachen und im Rahmen der (technischen) Abnahme Mängel als Abweichungen vom Bau-Soll festzustellen. Hierzu gibt es umfangreiche Literatur und Rechtsprechung. Abweichungen vom Planungssoll frühzeitig festzustellen, liegt im Interesse des Bauherrn und des Nutzers. Die Prüfung von Planungsergebnissen wie insbesondere Zeichnungen, Beschreibungen und Berechnungen als mehr oder weniger abstraktes Ergebnis geistigschöpferischer Leistungen, ist vergleichsweise anspruchsvoll. Hierbei soll sich der Auftraggeber auf die Kompetenz der Projektleitung oder Projektsteuerung verlassen können. Dabei geht es in erster Linie um die Prüfung der so bezeichneten „Zielkonformität“: Ist die Planung geeignet, um die vom Auftraggeber gesetzten Ziele (Qualitäten und Quantitäten, Kosten und Termine) zu erreichen? Es geht dabei grundsätzlich nicht um die technische Richtigkeit (technische Standards, Richtlinien u. a.). Diesbezüglich gibt es auf der Bauherrenseite oft Erwartungen, die von einer Projektsteuerung nicht erfüllt werden können. Das Planungssoll, das (hoffentlich) zu Beginn des Projekts vom Bauherrn vorgegeben wurde, ist von der Projektleitung oder Projektsteuerung fortlaufend auf Zielkonformität zu prüfen. Die Prüfung von Planungsleistungen wurde dank der HOAI 2013 dadurch erleichtert, dass insbesondere die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung), 2 (Vorplanung) und 3 (Entwurfsplanung) jeweils mit „Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse“ abschließen. Weitere Leistungsphasen enthalten vergleichbare Leistungen, z. B. „Zusammenstellen der Vergabeunterlagen für alle Leistungsbereiche“ in LPH 6 (Vorbereitung der Vergabe). (HOAI 2013, Anlage 10) Diese Leistungen sind eindeutig so zu verstehen, dass vom Objektplaner eine schriftliche Dokumentation an den Auftraggeber zu übergeben ist. (vgl. BYAK (Hrsg.): Merkblatt 3 – HOAI 2013, S. 2)
274
5 Qualitäten und Quantitäten
Die Ergebnisse abgeschlossener Leistungsphasen insbesondere des Objektplaners werden einer schriftlichen Konformitätsprüfung unterzogen. Bei der Prüfung beispielsweise der Vorplanung ergeben sich folgende „Fragestellungen, die ggf. noch zu erweitern sind: 1. Werden die Vorgaben des Nutzerbedarfsprogramms sowie des Funktions-, Raum- und Ausstattungsprogramms erfüllt? 2. Ist die Kostenschätzung nach DIN 276 vollständig? Sind die Mengen- und Wertansätze plausibel? 3. Besteht Konformität zwischen den Planunterlagen, der Baubeschreibung und der Kostenschätzung? 4. Hat der Planer alle beauftragten Leistungen bis zum Abschluss der Leistungsphase 2 HOAI vertragsgemäß erbracht? 5. Ist die Grundkonzeption des Tragwerks durch den Planer geklärt? 6. Ist die Grundkonzeption der TGA durch den Planer geklärt? 7. Wurden Möglichkeiten der Optimierung der Planung genutzt?“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 70) Der Prüfbericht soll dem Auftraggeber zeitnah zugehen. Die Prüfung orientiert sich an den definierten Projektzielen des Auftraggebers. Diese sind, soweit möglich, als messbare Größen (Benchmarks) vorgegeben worden. Zusammen mit erforderlichen Änderungs- oder Optimierungswünschen oder Steuerungsvorschlägen des Bauherrn wird das Prüfergebnis anschließend dem Objektplaner zur Kenntnis gegeben. Das gilt für weitere Prüfungen der folgenden Leistungsphasen entsprechend. Worauf es bei den anderen Leistungsphasen ankommt, wird hier in Stichworten ohne Anspruch auf Vollständigkeit für die Projektstufen bis einschließlich Ausführungsvorbereitung aufgeführt: 1 (Grundlagenermittlung): städtebauliche Rahmenbedingungen, Baugrund, Altlasten, verkehrliche und infrastrukturelle Anbindung, Rechte und Belange Dritter, Raum-, Funktionsund Ausstattungsprogramm, Kostenrahmen, Terminrahmen u. a. 2 (Vorplanung): siehe oben. 3 (Entwurfsplanung): Berücksichtigung der Prüfergebnisse zur Vorplanung, Koordination und Integration der an der Planung fachlich Beteiligten durch den Objektplaner, Kostenberechnung, Generalablaufplan, Optimierung der Planung u. a. 4 […] 5 (Ausführungsplanung): Berücksichtigung der Prüfergebnisse zur Entwurfsplanung und der Baugenehmigung, Koordination und Integration, Planungsbedürftigkeit in Bezug auf Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen u. a. 6 (Vorbereitung der Vergabe): Vergabeterminplan, Koordination und Integration, Bepreisen der Leistungsverzeichnisse, Kostenkontrolle, Zusammenstellen der Vergabeunterlagen u. a. 7 (Mitwirkung bei der Vergabe): Koordination und Integration, Einholen, Prüfen und Werten der Angebote, Preisspiegel, Bietergespräche, Kostenkontrollen, Vergabevorschläge u. a.
5.1 Qualität
5.1.6
275
Nachhaltigkeit
Im Leistungsbild Projektsteuerung nach AHO Heft 9 Mai 2014 ist als Besondere Leistung das „Steuern der Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse“ enthalten. Unter derselben Bezeichnung werden in den Projektstufen 2 Planung, 3 Ausführungsvorbereitung, 4 Ausführung und 5 Projektabschluss Aufgaben benannt und im Kommentar erläutert. (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 15, 17, 19, 21, 52, 72, 90, 101 und 112) Der Schwerpunkt der Projektsteuerung in Bezug auf Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse liegt in der Einbindung der Zertifizierung in den Planungs- und Bauablauf mittels der Terminplanung und in der Koordination von Informationen und Zuarbeiten anderer an der Planung Beteiligter. Zu nennen sind hierbei u. a.: – Freigabe- und Entscheidungsprozesse des Bauherrn, – Erstellung von Nutzungskosten-/Lebenszykluskostenermittlungen, – Mitwirkung bei der Vergabe unter besonderer Berücksichtigung von Baumaterialien und Abfallentsorgung, – Vorgaben zur Objektdokumentation, insbesondere Wartungs-, Inspektions-, Betriebs- und Pflegeanleitungen betreffend, – Dokumentation des Projekts in Bezug auf Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsprozesse. Wegen der hohen Aktualität des Themas „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf Gebäude und wegen der für zahlreiche Bauvorhaben notwendigen oder gewünschten Zertifizierung werden die Entwicklung und die beiden in Deutschland wichtigsten Zertifizierungssysteme gemäß – Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und – Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) beschrieben. Bei DGNB und BNB handelt es sich jeweils um Bewertungsmodelle. Auf der Grundlage festgelegter Ziele, Kriterien, Wertanteile und eines Bewertungsverfahrens wird der Grad der Zielerreichung in Prozent gemessen. Im Unterschied zu Scoring- oder Rangfolge-Modellen werden nicht mehrere Objekte miteinander verglichen, um eine Rangfolge zu bilden. Sowohl DGNB als auch BNB berücksichtigen neben technischen, psychologischen und sozialen Bewertungskriterien, die sich an quantitativen und qualitativen Merkmalen orientieren, auch die ökonomische Nachhaltigkeit. In beiden Fällen erfolgt eine Berechnung ausgewählter Baukosten (vgl. DIN 276) und ausgewählter Nutzungskosten (vgl. DIN 18960), zum Teil unter Anwendung von vorgegebenen Kostenkennwerten. Die Zusammenfassung der anteiligen Baukosten und der Nutzungskosten für einen vorgegebenen Betrachtungszeitraum erfolgt als Kapitalwert der Lebenszykluskosten. Die ökonomische Nachhaltigkeit, zusammengesetzt aus Lebenszykluskosten und Wertentwicklung, hat, wie die anderen Themenfeldern auch, einen Wertanteil, der mit einem Prozentwert in die Gesamtbewertung eingeht. Insofern handelt es sich sowohl bei DGNB als auch bei BNB um eine Nutzwertanalyse.
276
5 Qualitäten und Quantitäten
Zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von Gebäuden – Entwicklung Das betriebswirtschaftliche Prinzip der Nachhaltigkeit wurde erstmals in der Forstwirtschaft zur dauerhaften Sicherung des Holzertrags – und dadurch mittelbar zum Schutz des Waldes – eingeführt. Der Begriff Nachhaltigkeit erlebte mit der Weltklimakonferenz von Rio de Janeiro 1992 seine Wiederbelebung: Nachhaltige Entwicklung, als Übersetzung von „sustainable development“, wurde zur globalen Politikaufgabe und zum Leitbild für menschliches Handeln erhoben. (vgl. http://www.ak-berlin.de/publicity/ak/internet.nsf/tindex/de_nb_nachhaltig.htm) Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW) initiierte Ende der 1990er-Jahre ein Forschungsprojekt zum Thema „Nachhaltiges Bauen“. Im Jahr 2001 erschien, herausgegeben vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), der erste „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ (Stand Januar 2001). Inzwischen liegt nach mehrfacher Überarbeitung der „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ (Stand September 2014) vor. Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) wurde im Jahr 2007 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Stuttgart. Sie definiert sich selbst wie folgt: „Die DGNB versteht sich als ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des nachhaltigen Bauens und Betreibens der gebauten Umwelt. Die DGNB ist nicht vorrangig ökologischen oder ökonomischen, sondern gesellschaftlichen Zielen verpflichtet. Sie ist eine von ihren Mitgliedern getragene Organisation, die Nachhaltigkeit auch als Ausweitung des Demokratieverständnisses auf künftige Generationen begreift.“ (http://www.dgnb.de/de/verein/dgnb_leitbild/) Die ersten DGNB-Bewertungen wurden an Büro- und Verwaltungsgebäuden unternommen. In den letzten Jahren wurden die Voraussetzungen geschaffen, um weitere Nutzungsarten bewerten zu können. Es liegen derzeit (Stand 2015) folgende Nutzungsprofile vor: – Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude – Bestand Büro- und Verwaltungsgebäude – Neubau Wohngebäude – Neubau Laborgebäude – Neubau Krankenhaus – Neubau Bildungsbauten – Neubau Hotelbauten – Neubau Handelsbauten – Neubau Versammlungsstätten – Neubau Industriebauten – Neubau Mieterausbau – Stadtquartiere (DGNB (Hrsg.): Ausgezeichnet. Nachhaltig Bauen mit System […]. 2013, S. 18–22)
5.1 Qualität
Ökologische Qualität 22,5 %
277
Ökonomische Qualität 22,5 %
Soziokulturelle und funktionale Qualität 22,5 %
Technische Qualität 22,5 %
Prozessqualität 10 %
Standortqualität
Abb. 5.19: DGNB Zertifizierungssystem der zweiten Generation für Gebäude. (DGNB (Hrsg.): Ausgezeichnet. Nachhaltig Bauen mit System […]. 2013, S. 4)
Für jedes Kriterium des DGNB Zertifizierungssystems wurden Zielwerte festgelegt, für deren Erreichung maximal 10 Punkte vergeben werden können. Je nach Erfüllungsgrad eines Kriteriums gibt ein Auditor seine Bewertung hierfür ab. Die DGNB Zertifizierung wird von einem Auditor wahrgenommen. Unter einem Auditor (to audit, englisch: revidieren, prüfen) ist eine unabhängige Person zu verstehen, die für einen bestimmten Verantwortungsbereich zur Prüfung berechtigt ist. Es werden insg4samt sechs Themenfelder unterschieden, die jeweils einen Anteil an der Gesamtbewertung haben (siehe Abb. 5.19). Dabei entfallen 90 Prozent der Wertanteile auf das Objekt (Gebäude) und 10 Prozent auf das Projekt (Prozesse). Der für eine Immobilienbewertung grundsätzlich sehr wichtige Standort wird in die Berechnung nicht einbezogen, weil sich die Bewertung ausschließlich auf das Gebäude richtet. Die einzelnen Kriterien, nach denen die Themenfelder untersucht werden, sind in dem sogenannten „Kernkatalog für Gebäude“ zusammengestellt. Einen Auszug daraus zeigt Abbildung 5.20. Die Zertifizierung ist ausschließlich auf das Gebäude als Objekt und auf die mit dem Projekt verbundenen Prozesse wie Vorbereitung, Planung, Ausführung und Abschluss gerichtet. Die bei anderen Bewertungen wichtige Standortqualität geht hier nicht in die Berechnung ein.
278
5 Qualitäten und Quantitäten
DGNB Kernkatalog für Gebäude Ökologische Qualität – Ökobilanz – Risiken für die lokale Umwelt – Umweltverträgliche Materialgewinnung – Primärenergiebedarf – […] Ökonomische Qualität – Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus – Drittverwendungsfähigkeit – Marktfähigkeit Soziokulturelle und funktionale Qualität – Thermischer Komfort – Innenraumqualität – Akustischer Komfort – Visueller Komfort – […] Technische Qualität – Brandschutz – Schallschutz – Thermische und feuchteschutztechnische Qualitäten der Gebäudehülle – Reinigungs- und Instandsetzungsfreundlichkeit des Baukörpers – […] Prozessqualität – Qualität der Projektvorbereitung – Integrale Planung – Nachweis der Optimierung und Komplexität der Herangehensweise in der Planung – Sicherung der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe – […] Standortqualität – Risiken am Mikrostandort – Verhältnisse am Mikrostandort – Image und Zustand von Standort und Quartier – Verkehrsanbindung – […] Abb. 5.20: DGNB Kernkatalog für Gebäude (Auszug). (DGNB (Hrsg.): Ausgezeichnet. Nachhaltig Bauen mit System […]. 2013, S. 16–17)
5.1 Qualität
279
Das Ergebnis einer Bewertung durch DGNB ist ein Zertifikat, das die folgenden drei Bewertungen vorsieht (siehe Abb. 5.21): Gesamterfüllungsgrad
Mindesterfüllungsgrad
Auszeichnung
ab 50 %
35 %
Bronze DGNB
ab 65 %
50 %
Silber DGNB
ab 80 %
65 %
Gold DGNB
Abb. 5.21: DGNB Bewertung nach Erfüllungsgraden. (DGNB (Hrsg.): Ausgezeichnet. Nachhaltig Bauen mit System […]. 2013, S. 22)
Die Bewertung eines Gebäudes nach DGNB erfolgt freiwillig. Als Vorteile einer solchen Zertifizierung werden im ganzheitlichen Planungsansatz, in der Verbindung von Ökologie und Ökonomie, der Systematik der Planung, der Dokumentation und damit der Transparenz des Projekts (Prozesse) und des Objekts (Eigenschaften des Gebäudes) gesehen. Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hat im Jahr 2001 federführend und unter Beteiligung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMUB), unterstützt durch Wissenschaftler und Praktiker, für Baumaßnahmen den „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ erarbeitet. Dieser wurde in den Jahren 2010 und 2011 überarbeitet und erweitert. Um für Baumaßnahmen „im Sinne der Nachhaltigkeit, Lösungen zu finden, die ökologisch verträglich, ökonomisch akzeptabel sind und den Menschen einbeziehen. Dabei sollten insbesondere folgende (Schutz-)Ziele angestrebt werden: – ‚der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Luft und Wasser, – der Schutz von Natur und Landschaft, – der Schutz stofflicher und energetischer Ressourcen, – der Schutz des Klimas, – die Erhaltung von Kapital, – niedrige laufende Betriebs- und Unterhaltungskosten, – der Schutz der menschlichen Gesundheit, – der Schutz sozialer und kultureller Werte.‘“ (https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/leitfaden_nachhaltiges_bauen_819.htm) Die folgende Entwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten (BNB) für Büro- und Verwaltungsgebäude erfolgte in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Wie bei diesem werden die Zertifikate Bronze, Silber und Gold vergeben. Seit der Einführung des „Leitfadens Nachhaltiges Bauen“ ist die Zertifizierung (BNB) für neu zu errichtende Büro- und Verwaltungsgebäude des Bundes zur Pflicht geworden. Inzwischen folgen einzelne Bundesländer dieser Entwicklung.
280
5.1.7
5 Qualitäten und Quantitäten
Planungswettbewerbe
Wie findet ein Bauherr für sein Projekt den richtigen Architekten? Vereinfacht sollen die verschiedenen Möglichkeiten auf zwei Alternativen reduziert werden, nämlich – Direktbeauftragung eines Architekturbüros oder – Durchführung eines Architektenwettbewerbs. (siehe Kap. 7.1.2, Abb. 7.4) Die alternative Direktbeauftragung eines Architekturbüros soll an dieser Stelle nicht weiterverfolgt werden. Ein Bauherr kann sich bei anderen Bauherren, bei den Architektenkammern oder anhand von Veröffentlichungen über erfolgreiche Bauprojekte informieren. Dabei sind die Prioritäten bei der Auswahl eines Architekten durchaus unterschiedlich. Betreuung von Planungswettbewerben als Aufgabe des Projektmanagements Die Vorbereitung und Auslobung von Planungswettbewerben sowie die Betreuung des Verfahrens bis zur abschließenden Beauftragung eines Planungsbüros haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einem eigenständigen Leistungsprofil entwickelt. Die damit verbundenen Aufgaben sind sowohl der Projektentwicklung (i. e. S.) verwandt (siehe Kap. 9.2) und methodisch ebenso der Projektsteuerung in der Projektstufe 1 Projektvorbereitung ähnlich. Allerdings sind die Auslobung von Planungswettbewerben und die Betreuung des Verfahrens keine Grundleistungen nach AHO Heft 9 Mai 2014. Die Betreuung von Planungswettbewerben wird in Deutschland von hierauf spezialisierten Architektur- oder Projektsteuerungsbüros angeboten. Im Zusammenhang mit dem Handlungsbereich D – Qualitäten und Quantitäten (im vorliegenden Buch) werden lediglich die Grundzüge vorgestellt, die auch Projektmanager kennen müssen, sofern sie im Rahmen einer Projektsteuerung folgende Besondere Leistung übernehmen: PS 1
Vorbereiten und Durchführen von Ideen-, Programm- und Realisierungswettbewerben
Der Vollständigkeit halber sei v. a. für Bauherren darauf hingewiesen, dass es sowohl im Leistungsbild Projektmanagement nach AHO Heft 9 als auch in der HOAI 2013 Leistungen gibt, welche die Betreuung von Planungswettbewerben berühren oder überschneiden. Das betrifft z. B. die Bedarfsplanung. PS 1
Überprüfen der bestehenden Grundlagen zur Bedarfsplanung auf Vollständigkeit und Plausibilität
Darüber hinaus kann die Bedarfsplanung als Besondere Leistung beauftragt werden: PS 1 Erstellen und Abstimmen einer Bedarfsplanung (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13) Ferner wird sie in der HOAI 2013 als Besondere Leistung der Objektplanung genannt: LPH 1
Bedarfsplanung
Bedarfsermittlung (vgl. HOAI 2013, Anlage 10)
5.1 Qualität
281
Bauherren, Gründe für Planungswettbewerbe und Vorgaben Es gibt zahlreiche Gründe – für Bauherren und für Architekten –, einen Planungswettbewerb durchzuführen. Öffentliche Bauherren, also Bund, Länder und Gemeinden, haben sich bei der Vergabe von Architektenleistungen an die jeweiligen Haushaltsbestimmungen zu halten. Durch diese sind sie grundsätzlich gehalten, vor dem Abschluss von Liefer- und Leistungsverträgen eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen. Auf die zahlreichen Vorgaben der öffentlichen Auftragsvergabe, national oder EU-weit, einzugehen, würde an dieser Stelle zu weit führen. Vor der Beauftragung von Architektenleistungen sind grundsätzlich Planungswettbewerbe durchzuführen. Darüber hinaus ist ein Wettbewerbsverfahren ausdrücklich ein Bestandteil der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF). Architektenleistungen unterliegen hierbei nicht dem Preiswettbewerb, sondern ausschließlich dem Leistungswettbewerb. Die für alle Teilnehmer einheitlichen Kriterien der Bewertung müssen Gegenstand einer Auslobungsunterlage sein. Für die Wettbewerbe öffentlicher Auftraggeber gilt: „Oberhalb des Schwellenwertes nach § 2 VGV – zur Zeit 207.000 Euro (netto) für die gesamte zu vergebende Planungsleistung – werden Planungsaufträge nach EU-weiter Ankündigung im Rahmen von Vergabeverfahren entsprechend der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) vergeben. Diese können mit oder ohne ein integriertes Wettbewerbsverfahren erfolgen.“ (BDA (Hrsg.): […] RPW 2013, Kommentierungen […]. 2014, S. 11) „Da private oder gewerbliche Auftraggeber Planungsaufträge direkt vergeben können, sind sie auch bei der Auswahl der Teilnehmer frei und können Teilnehmerkreis und Veröffentlichung nach ihren Vorstellungen gestalten. Im Gegensatz zu öffentlichen Auftraggebern muss das Preisgericht lediglich zur Hälfte aus Fachpreisrichtern bestehen. Bei der anschließenden Beauftragung kann der private Auslober unter den Preisträgern frei wählen. Alle anderen Regelungen der RPW gelten uneingeschränkt.“ (BDA (Hrsg.): […] RPW 2013, Kommentierungen […]. 2014, S. 11) Neben der guten Lösung, die durch einen Planungswettbewerb gefunden werden kann, kommt es dem Bauherrn besonders darauf an, dass – das erfolgreiche Planungsbüro, das den besten Vorschlag unterbreitet hat, auch in der Lage ist, die Planung weiterzuführen und die Objektüberwachung zu leisten, – die am Projekt Beteiligten (hier: Bauherr und Architekt) die berechtigte Hoffnung haben, in den folgenden Jahren konstruktiv zusammenarbeiten. Für den ersten Punkt gibt es Möglichkeiten der Überprüfung wie auch der Abhilfe, z. B. im Fall der unzureichenden Erfahrung eines jungen „kreativen“ Planungsbüros. Der Auftraggeber kann bei der Beauftragung der gesamten Architektenleistungen die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft mit einem in der Baudurchführung erfahrenen Architektur- oder Ingenieurbüro durchsetzen oder den Wettbewerbsgewinner nur bis zur Genehmigungsplanung beauftragen, um dann die weiteren Leistungsphasen einem anderen Büro anzuvertrauen. In Bezug auf den Faktor „Mensch“ in der Zusammenarbeit gibt es keine klaren Regeln. An dieser Stelle muss man sich notgedrungen auf sein Baugefühl verlassen.
282
5 Qualitäten und Quantitäten
Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2013) Grundsätze und Prinzipien für Architekturwettbewerbe gibt es in Deutschland seit rund 150 Jahren. Vor den aktuell gültigen „Richtlinien für Planungswettbewerbe – RPW 2013“ gab es u. a. die – „Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens“ – GRW 1977 (auch GRW 1995) und – „Richtlinien für Planungswettbewerbe“ – RPW 2008 (auch RAW 2001, RAW 2004). In der Präambel der RPW 2013 werden die Prinzipien und Grundsätze für die Planungswettbewerbe dargelegt: „Die Bedeutung des öffentlichen Raums und die Qualität der gebauten Umwelt für unsere Gesellschaft sind unumstritten. Bei großen Bauaufgaben ist es selbstverständlich, dass eben diese Qualität am ehesten mithilfe des Ideen-Wettstreits um die beste Lösung für städtebauliche, architektonische, baulich-konstruktive oder künstlerische Aufgaben erreicht und erhalten werden kann. Aber auch bei kleineren Baumaßnahmen und beim Bauen im Bestand hat sich diese Form der Vergabe von Planungsleistungen bewährt. „Alle Regeln für derartige Wettbewerbe in Deutschland beruhen auf bereits 1867 definierten elementaren Grundsätzen und Prinzipien. Diese Grundsätze haben bis heute ihre Gültigkeit: – Die Gleichbehandlung aller Teilnehmer im Wettbewerb, auch im Bewerbungsverfahren – Die klare und eindeutige Aufgabenstellung – Das angemessene Preis-Leistungs-Verhältnis – Das kompetente Preisgericht – Die Anonymität der Wettbewerbsbeiträge – Das Auftragsversprechen“ (RPW 2013, Präambel) Die RPW 2013 beschreibt die Durchführung von Planungswettbewerben sehr detailliert. Sie besteht aus der Präambel, neun Paragrafen, den Schlussbestimmungen, ergänzt durch sieben Anlagen mit zahlreichen Arbeitslisten und Beispielen (siehe Abb. 5.22). Hierzu der Bund Deutscher Architekten (BDA): „Die Auslobung eines Planungswettbewerbs nach RPW ist mit Hilfe der einschlägigen Handlungsempfehlungen und Kommentare für jeden Bauherrn ohne Mitwirkung Dritter möglich. Daneben hat sich in den letzten Jahren das professionelle Wettbewerbsmanagement als eigenes Tätigkeitsfeld etabliert. Vor diesem Hintergrund kommt den Betreuungsbüros, die zum Großteil von Architekten und Stadtplanern geführt werden, eine hohe Verantwortung im Wettbewerbswesen zu.“ (BDA (Hrsg.): […] RPW 2013, Kommentierungen […]. 2014, S. 14) Für den Bauherrn stellt sich die Frage nach dem Aufwand. Ein Planungswettbewerb dauert einige Monate länger als die Direktbeauftragung eines Planungsbüros. In Bezug auf die Kosten gibt es folgende Aussage: „Statistiken zum Wettbewerbswesen weisen Gesamtkosten durchschnittlicher Wettbewerbsverfahren in Höhe von ein bis zwei Prozent der Baukosten aus. Davon wird das Preisgeld des späteren Auftragnehmers noch abgezogen, so dass bereinigte Kosten im Bereich von zwei Prozent verbleiben.“ (BDA (Hrsg.): […] RPW 2013, Kommentierungen […]. 2014, S. 12)
5.1 Qualität
283
Präambel § 1 Grundsätze § 2 Wettbewerbsbeteiligte § 3 Wettbewerbsverfahren § 4 Wettbewerbsteilnahme § 5 Wettbewerbsdurchführung § 6 Preisgericht § 7 Prämierung § 8 Abschluss des Verfahrens § 9 Besondere Bestimmungen für öffentliche Auslober Schlussbestimmungen Anlage I
Liste der notwendigen Angaben in den Auslobungsunterlagen
Anlage II
1. Ermittlung der Wettbewerbssumme 2. Regelmäßige und zusätzliche Wettbewerbsleistungen 2.1 Gebäudeplanung, Planung von Innenräumen, Freianlagen 2.2 Städtebaulicher Entwurf 2.3 Ingenieurtechnische Planungen 3. Beispielhafte Verteilung der Wettbewerbssumme
Anlage III
Wettbewerbsunterlagen
Anlage IV
Rückfragekolloquium
Anlage V
Kennzeichnung, Einlieferung und Inhalt der Verfassererklärung 1. Kennzeichnung 2. Einlieferung 3. Inhalt der Verfassererklärung
Anlage VI
Regelablauf der Vorprüfung
Anlage VII
Regelablauf der Preisgerichtssitzung 1. Konstituierung des Preisgerichts durch Auslober 2. Grundsatzberatung 3. Zulassung der Wettbewerbsarbeiten 4. Bewertung der zugelassenen Arbeiten 5. Abschluss der Preisgerichtssitzung
Abb. 5.22: Gliederung der RPW 2013. (RPW 2013, BMUB 2014, S. 1–2 )
284
5 Qualitäten und Quantitäten
Es werden Auszüge aus der RPW 2013 wiedergegeben, um deren Detaillierung zu zeigen. „§ 3 Wettbewerbsverfahren (1) Realisierungs- und Ideenwettbewerb Der Durchführung eines Planungswettbewerbs liegt in der Regel die Realisierungsabsicht der Wettbewerbsaufgabe zugrunde (Realisierungswettbewerb). Zur Findung konzeptioneller Lösungen, z. B. zur Klärung der Grundlagen einer Planungsaufgabe, kann ein Wettbewerb ohne Realisierungsabsicht durchgeführt werden (Ideenwettbewerb). (2) Offener Wettbewerb Auslober schreiben den Wettbewerb öffentlich aus. Interessierte Fachleute, welche die fachlichen und persönlichen Anforderungen an die Teilnahme erfüllen, können einen Lösungsvorschlag einreichen. Private Auslober können den Teilnehmerkreis einschränken (z. B. regional). (3) Nichtoffener Wettbewerb Auslober fordern interessierte Fachleute öffentlich zur Bewerbung auf. In der Wettbewerbsbekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Bewerbung sind die angestrebte Zahl an Teilnehmern, die vorzulegenden Nachweise, das zur Auswahl der Teilnehmer angewandte Verfahren sowie ggf. die Namen bereits vorausgewählter Teilnehmer anzugeben. […]“ (§ 3 RPW 2013) Die RPW 2013 enthält in Anhang I eine Liste der notwendigen Angaben in der Auslobung von Wettbewerben. „Die Auslobung soll im Einzelnen folgende Angaben enthalten: 1. Anlass und Zweck des Wettbewerbs; 2. die Bezeichnung des Auslobers und seiner Vertretung; 3. die Angabe der Registriernummer bei der zu ständigen Architekten- und Ingenieurkammer der jeweiligen Bundesländer; 4. Gegenstand und Art des Wettbewerbs; […] 15. die geforderten Wettbewerbsleistungen; 16. die als bindend bezeichneten Vorgaben sowie die Anregungen des Auslobers; 17. die für das Preisgericht bindenden Beurteilungskriterien; […] 23. Art, Umfang und allgemeine Bedingungen der vorgesehenen Beauftragung einer oder mehrerer Preisträger sowie die Honorarzone, wie sie sich nach der jeweils geltenden Honorarordnung auf der Grundlage der Anforderungen der Auslobung ergibt, es sei denn, die Honorarzone lässt sich danach nicht eindeutig ermitteln. 24. die Gewichtung des Wettbewerbsergebnisses im Falle eines anschließenden Verhandlungsverfahren.“ (RPW 2013, Anlage 1, § 3, Auszug)
5.1 Qualität
285
Wettbewerbsarbeiten als Teil einer Objektplanung und deren Realisierbarkeit Die bei einem Planungswettbewerb eingereichten Arbeiten sollen einen Lösungsansatz für die jeweilige Aufgabenstellung erkennen lassen. Der Auslober soll auf dieser Grundlage entscheiden können, welcher Wettbewerbsbeitrag für sein Projekt am besten geeignet ist. Erfahrungsgemäß versuchen die Wettbewerbsteilnehmer, v. a. über Gestaltung und Darstellung zu überzeugen. Dass die Planungsidee realisierbar ist, muss selbstverständlich auch erkennbar sein. Deswegen werden nach RPW 2013 für alle Objektarten (Gebäude, Innenräume, Freianlagen) auch entsprechend den Teilleistungen der LPH 2 (Vorplanung) zumindest eine Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte (vgl. DIN 277), eine Kostenschätzung (vgl. DIN 276) und Erläuterungen zur Planung (Materialien, Energiekonzept) gefordert (siehe Abb. 5.23). Gebäudeplanung
Planung von Innenräumen
Freianlagen
Lageplan
M. 1:500
entfällt
M. 1:500
Grundrisse
M. 1:200
M. 1:100
M. 1:200
Notwendige Schnitte
M. 1:200
M. 1:100
M. 1:200
Ansichten
M. 1:200
M. 1:100
M. 1:200
Fassaden-/Detailschnitt
entfällt
M. 1:50
M. 1:100
Flächen-/ Kubaturberechnungen
ja
ja
ja
Erläuterungen (u. a. Planungs- und Energiekonzept, Materialien)
ja
ja
ja
Kostenschätzung nach DIN 276 in der 1. Gliederungsebene
ja
ja
ja
Massenmodell oder alternativ Digitales Massenmodell
M. 1:500
M. 1:200
entfällt
Einfache Perspektive(n)/ schematische Skizzen
ja
ja
ja
Abb. 5.23: Planungswettbewerbe – Gebäudeplanung, Innenräume, Freianalagen. (RPW 2013, Anlage II)
Der Verfasser hat mehrfach als Sachverständiger für Wirtschaftlichkeit oder als Preisrichter an Architekturwettbewerben mitgewirkt. Er musste dabei feststellen, dass die geforderten Ermittlungen und Erläuterungen (siehe Abb. 5.23) oft etwa zur Hälfte unbrauchbar waren. Funktionale Mängel, fehlende, erkennbar unvollständige oder unglaubwürdige Ermittlungen oder Erläuterungen führten konsequent zum Ausscheiden der Arbeiten bereits im ersten Durchgang. Das lag allerdings in Einzelfällen auch daran, dass der Auslober seine Anforderungen nicht deutlich genug angegeben hatte.
286
5 Qualitäten und Quantitäten
Wenn z. B. beim Bauen im Bestand in der Auslobungsunterlage nur eine Kostenschätzung nach DIN 276 gefordert wird und zum Umfang der Maßnahme keine weiteren Angaben gemacht werden, ist es kein Wunder, wenn einzelne Teilnehmer lediglich eine „Hausnummer“ für die Baukonstruktionen (KG 300) und eine weitere für die Technischen Anlagen (KG 400) vorlegen. Solche Angaben sind nicht ohne Weiteres prüfbar. Für eine Beurteilung der Realisierbarkeit, insbesondere der Wirtschaftlichkeit, gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich – die Forderung differenzierter Ermittlungen und Erläuterungen anhand von vorgegebenen Mustern und Verweis auf normative Grundlagen, insbesondere für Kostenermittlungen, oder/und zusätzlich – eigene Ermittlungen und Erläuterungen in Form von Annahmen durch den Auslober. Die zweite Möglichkeit ist mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, besonders dann, wenn z. B. mehr als 30 Arbeiten eingereicht werden. Es soll jedoch bei der Eigenerledigung nur darum gehen, gänzlich unbrauchbare Lösungsvorschläge schnell zu erkennen. Weiterhin sollen risikoträchtige Arbeiten identifiziert werden. Wenn die Flächenermittlung ergibt, dass im Fall eines Bürogebäudes (mittlerer Standard) die Brutto-Grundfläche einer Wettbewerbsarbeit das Zweifache des Raumprogramms (Nutzflächen) ausmacht, ist Vorsicht geboten. Hat eine Berechnung mithilfe statistischer Planungskennwerte (BGF/NF) vorab ergeben, dass rund das Eineinhalbfache ausreichen könnte (siehe Kap. 5.2.2), muss man infrage stellen, ob im Zuge der weiteren Planung noch ein wirtschaftliches Ergebnis erreicht werden kann. Denn die Überschreitung der Flächen hat auch mehr oder weniger eine Überschreitung der Bauwerkskosten zur Folge. Entsprechendes gilt auch für die notwendigen Erläuterungen. Interessant sind in diesem Zusammenhang Fassaden. Denn die Kosten der Fassaden können je nach Nutzungsart 20 bis 30 Prozent der Bauwerkosten (KG 300+400) ausmachen (vgl. Kalusche, W.: Zur Kostenplanung von Außenwänden in frühen Leistungsphasen. 2007, S. 10–17). Wenn also die Darstellungen von Fassaden und deren Erläuterung „im Ungefähren bleiben“ und nicht zu erkennen ist, ob der m² Fassadenfläche mit 300,00 € oder 900,00 € (brutto) geschätzt werden kann, ist das eine eingehende Betrachtung wert. In den Kommentierungen und Handlungsempfehlungen zu den RPW 2013 des BDA wird eine Bewertung der anteiligen Architektenleistungen eines Wettbewerbsbeitrags vorgenommen: „Mit dem auf Grundlage der zu erwartenden Baukosten ermittelten Preisgeld sind alle Leistungen abgegolten, die üblicherweise im Rahmen der Vorplanung nach HOAI zu erbringen sind.“ (BDA (Hrsg.): […] RPW 2013, Kommentierungen […]. 2014, S. 12) Der Verfasser hält diese Einschätzung für sehr großzügig. Der Auslober ist gut beraten, wenn er das Wettbewerbsergebnis im Hinblick auf die Technische Ausrüstung, die Tragwerksplanung, die Genehmigungsfähigkeit, die Wirtschaftlichkeit und weitere Punkte, die im Rahmen des Verfahrens als wesentlich erkannt wurden, noch einmal mit seinem Architekten behandelt. Den dadurch entstehenden Aufwand sollte der Auslober erkennen und dem Architekten entsprechend vergüten (rund 2 bis 3 Prozent des Leistungsbilds). Eine Optimierung der Vorplanung vor der Entwurfsplanung im Dialog der an der Planung Beteiligten zahlt sich erfahrungsgemäß auf jeden Fall aus.
5.2 Quantitäten
5.2
287
Quantitäten
Qualitäten und Quantitäten eines Projekts lassen sich nur schwer trennen. Deshalb ist es unverzichtbar, folgende Regeln zu beachten: – Ein Bedarfsplan mit einem Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramm einschließlich Raum-, Flächen- und Standardanforderungen ist vor Beginn der Planung abzustimmen und fortlaufend zu prüfen. – Notwendige Entscheidungen des Bauherrn sind soweit zu formalisieren, dass sie mit geringem Aufwand nachvollzogen und in Bezug auf ihre Auswirkungen bewertet werden können. Es haben sich Entscheidungslisten und Entscheidungsvorlagen bewährt. – Auf der Grundlage von Vorgaben werden Planungsergebnisse, Ausführungsbedingungen und Angebote in Bezug auf die Projektziele überprüft, bei Bedarf fortgeschrieben. Quantitäten und die Aufgaben der am Projekt Beteiligten Die Projektvorbereitung einschließlich einer Bedarfsplanung ist – wie oben ausgeführt – eine Bauherrenaufgabe, bei der die Nutzer soweit möglich eingebunden sein sollen. Unter den Gesichtspunkt „Quantitäten“ fallen insbesondere die Grundflächen und Rauminhalte von Gebäuden. Das betrifft im Verlauf des Projekts die – Nutzflächen (und Wohnflächen) als ein wesentlicher Anteil des Raumprogramms, – Grundflächen und Rauminhalte in den Leistungsphasen Vorplanung, Entwurfsplanung bis Ausführungsplanung, erarbeitet von der Objektplanung, – Nutz- und Mietflächen des Objekts ab der Inbetriebnahme einschließlich der – Nutzbarkeit im Falle veränderter Anforderungen (Variabilität). Soweit der Bauherr nicht an Flächenrichtwerte, z. B. im Hochschulbau, gebunden ist, besteht die erste verantwortungsvolle Bauherrenaufgabe in der Vorgabe geeigneter Flächenangaben. Nur wenn die Angabe der Flächen nach anerkannten Regelwerken erfolgt, z. B. Normen und Verordnungen, können die Realisierbarkeit, die Erfüllung des Programms und die Flächenwirtschaftlichkeit der Planung richtig eingeschätzt und überprüft werden. In Bezug auf die Grundflächen (und Rauminhalte) sind in AHO Heft 9 Mai 2014 als Grundleistungen enthalten: PS 1
Überprüfen der bestehenden Grundlagen zur Bedarfsplanung auf Vollständigkeit und Plausibilität [Anm. d. Verf.: hier auch Grundflächen und Rauminhalte], Überprüfen der Ergebnisse der Grundlagenermittlung der Planungsbeteiligten [wie oben]
PS 2 PS 3
Überprüfen der Ergebnisdokumentation der Planungsbeteiligten zu den einzelnen Leistungsphasen der Planung [wie oben]
Laufendes Analysieren und bewerten der Planungsergebnisse auf Konformität mit den vorgegebenen Projektzielen [wie oben] (vgl. AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 13–17)
288
5 Qualitäten und Quantitäten
In der HOAI 2013 sind als Teilleistungen u. a. enthalten: LPH 1 a)
Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers [Anm. d. Verf.: hier auch Grundflächen und Rauminhalte],
LPH 2 c)
Erarbeiten der Vorplanung, Zeichnungen im Maßstab nach Art und Größe des Objekts,
g) LPH 3 a) e)
Kostenschätzung nach DIN 276 Erarbeiten der Entwurfsplanung Kostenberechnung nach DIN 276
LPH c)
Ergänzen und Anpassen der Planungsunterlagen, Beschreibungen und Berechnungen (vgl. HOAI 2013, Anlage 10) Besondere Leistungen in Bezug auf die Ermittlung von Grundflächen und Rauminhalten oder die Flächenwirtschaftlichkeit sind in der HOAI 2013 nicht ausdrücklich enthalten. In Bezug auf die Zeichnungen der LPH 2 (Vorplanung) wird im HOAI-Kommentar erläutert: „Die Planungsleistung kann eine versuchsweise zeichnerische Darstellung sein, worunter im Allgemeinen Skizzen zu verstehen sind, obwohl diese Definition in der Neufassung der HOAI 2013 nicht mehr enthalten ist. […] Skizzen müssen nicht maßstäblich sein, weshalb auch ein bestimmter Maßstab nicht verlangt werden kann. In der Praxis wird die maßstäbliche Darstellung dennoch die Regel sein. Die Vermaßung kann aber regelmäßig auf die wesentlichen Hauptmaße beschränkt werden, die zur Festlegung der Kostenschätzung nach DIN 276 nach Raum- und Flächeninhalten erforderlich ist.“ (Locher, H.; Koeble, W.; Frik, W. (Hrsg.): Kommentar zur HOAI. 2014, S. 842)
Flächenangaben hat der Objektplaner spätestens für die Genehmigungsplanung zu machen, soweit die Baumaßnahme genehmigungspflichtig ist. Es sind dann die Brutto-Grundfläche (BGF) und der Brutto-Rauminhalt (BRI) nach DIN 277 sowie die Wohnfläche (WFL) nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) anzugeben. Soweit Kostenermittlungen nach DIN 267 erfolgen, sind als Bezugseinheiten wenigstens der Brutto-Rauminhalt oder die BruttoGrundfläche als Grundlagen der Kostenplanung zu berechnen. Was bedeutet das für die notwendige Überprüfung und die Analyse der Planung durch die Projektleitung oder die Projektsteuerung? Die Erfüllung des Raumprogramms, das zumindest die geforderten Nutzflächen (NF) enthält, kann ohne eine Flächenermittlung zur Vorplanung nicht mit der erforderlichen Genauigkeit erfolgen. Die Überprüfung der Flächenwirtschaftlichkeit, z. B. Flächenverhältnis BGF/NF, einer Vorplanung oder Entwurfsplanung kann ohne die Ermittlung der aller Grundflächenarten ebenfalls nicht geleistet werden. Um aber die Prüfungen durchzuführen, gibt es zwei Möglichkeiten: – Die Ermittlung der Grundflächen und Rauminhalte wird im Architektenvertrag aufgenommen, die als Besondere Leistungen vergütet wird, oder – die Projektleitung oder Projektsteuerung führt vor den genannten Überprüfungen die notwendigen Mengenermittlungen selbst durch.
5.2 Quantitäten
289
Bemessung von Gebäuden und Flächenwirtschaftlichkeit – Grundlagen Die Planung von Gebäuden setzt eine Aufgabenstellung voraus, die den Nutzeranforderungen gerecht wird und alle Rahmenbedingungen berücksichtigt. Gegenstand der Aufgabenstellung sollen Informationen sein, die bereits vor der Erarbeitung eines Planungskonzepts und zeichnerischer Darstellung eine erste Bemessung des Gebäudes erlauben. Es soll überprüft werden, wie groß das Gebäude unter Berücksichtigung aller weiteren Grundflächen nach DIN 277-2:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 2: Gliederung der Netto-Grundfläche (Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen) einschließlich der Konstruktions-Flächen, sein muss, um die geforderten Nutzungen aufnehmen zu können. Hierfür ist lediglich eine Berechnung der Gebäudegröße auf der Grundlage ausgewählter Mengeneinheiten und Verhältniswerte zu erstellen. Die Gebäudegröße wiederum ist mit den städtebaulichen Rahmenbedingungen, insbesondere dem Bebauungsplan, und den finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn abzugleichen. Schließlich können aus einer solchen Überprüfung messbare Zielgrößen, z. B. Brutto-Grundfläche (BGF) in m² und Kostenkennwerte in €/m² BGF, für die Steuerung der Objektplanung abgeleitet werden. Die Angabe der Räume oder Bereiche und Flächen ist Grundlage für Kostenermittlungen, z. B. für den Kostenrahmen. In der weiteren Planung dient die Brutto-Grundfläche (BGF) der Kostenschätzung und der Beurteilung der Flächenwirtschaftlichkeit einer Planung, z. B. BGF/Nutzungseinheit. Für die Nutzung, insbesondere die Vermietung eines Objekts sind die Netto-Grundflächen (NGF), Nutzflächen (NF) oder die Mietflächen von Bedeutung. Die Grundflächen sind im Zuge der Planung zu entwickeln, einem Soll-Ist-Vergleich in jeder Planungsphase zu unterziehen und nach wirtschaftlichen Erfordernissen zu bewerten (z. B. Kennwertbildung). Die Bemessung von Gebäuden kann auf der Grundlage von Nutzeinheiten, z. B. Arbeitsplätze in einem Bürogebäude, Nutzungsprozessen, z. B. Übernachtungen in einem Hotel, oder Grundflächen, z. B. Lagerflächen in einem Speditionsgebäude, erfolgen. Ausgehend von der jeweiligen Bemessungsgrundlage kann die Größe eines Gebäudes über eine einfache Verhältnisrechnung ermittelt werden. Voraussetzung hierfür sind eindeutige Vorgaben, z. B. die Menge der Grundflächen nach einer entsprechenden Norm oder Verordnung, und ein auf diese Mengeneinheit bezogener Verhältniswert. Dieser kann durch statistische Erhebungen vergleichbarer Gebäude gewonnen werden. In manchen Fällen wird ein solcher Verhältniswert auch vom Bauherrn vorgegeben. Die Bemessung von Gebäuden und das daraus abgeleitete Raum- und Funktionsprogramm finden ihre Begrenzung durch städtebauliche Vorgaben. Das ist der Fall bei Vorhandensein einer verbindlichen Bauleitplanung in Form eines Bebauungsplanes. Durch die bestehende oder voraussichtliche Nachfrage, bezogen auf die jeweilige Nutzung und durch die finanziellen Möglichkeiten des Investors, wird das Gebäude ebenfalls begrenzt. Die zur Bemessung notwendigen Ermittlungen sind im Grunde recht einfach. Sie werden erfahrungsgemäß dennoch sehr oft nicht oder nicht richtig durchgeführt. Wie bereits festgestellt wurde, ist der Grund in unzureichenden Verträgen zu suchen. Auch das Bewusstsein, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Planung schon ganz am Anfang über Planungskennwerte und Soll-Ist-Vergleiche sehr gut beeinflussen lässt, ist nicht immer vorhanden.
290
5 Qualitäten und Quantitäten
Welche sind die häufigsten Fehler bei der Bemessung und Optimierung von Gebäuden? – Es wird bereits mit der Objektplanung begonnen, bevor der Bedarf ausreichend sorgfältig ermittelt oder das Raum- und Funktionsprogramm vollständig aufgestellt worden ist. – Bei den Flächenangaben im Raum- und Funktionsprogramm handelt es sich nicht nur um die Nutzflächen (NF), sondern es werden auch entwurfsabhängige Flächen, z. B. Verkehrsflächen (VF), in das Raum- und Funktionsprogramm aufgenommen. – Die voraussichtliche Brutto-Grundfläche (BGF), die aus den Flächen des Raum- und Funktionsprogramms abgeleitet werden kann, wird vor der Objektplanung nicht ermittelt. – Die bei der Objektplanung zu beachtenden Flächenarten, insbesondere die Geschossfläche und die Brutto-Grundfläche, werden nicht unterschieden oder sie werden verwechselt. Anmerkung: Es gibt „Experten“, die mit einer sogenannten „Brutto-Geschossfläche“ arbeiten, die es jedoch als definierte Fläche schon lange nicht mehr gibt. – Die Ermittlung der Brutto-Grundfläche erfolgt mit ungeeigneten Verhältniswerten, oder es werden Verhältniswerte falsch angewendet. Anmerkung: Verhältniswerte können auf unterschiedliche Flächenarten bezogen werden und als Auf-Hundert- oder Vom-HundertWerte angeben werden, z. B. BGF/NF = 151,0 entspricht NF/BGF = 66,2. Bei der Berechnung ist deshalb auf die Bezugsgröße, insbesondere BGF oder NF, zu achten. – Der erforderliche Umfang entwurfsabhängiger Flächenarten, insbesondere der Technischen Funktionsfläche (TF) und der Verkehrsfläche (VF) wird unterschätzt. – Die Nutzeinheiten oder Nutzungsprozesse werden während der Objektplanung geändert, aber die Auswirkungen auf die Grundflächen werden nicht festgestellt. Zur Vermeidung der genannten Fehler, die zu Flächen- und damit Kostenüberschreitungen, zu Planungsänderungen und Terminüberschreitungen führen können, ist die Kenntnis des Baugesetzbuchs, der Normen und Verordnungen für die Flächenermittlung unverzichtbar. Hierzu folgen die notwendigen Hinweise, die insbesondere auch beim Aufstellen des Raumund Funktionsprogramms zu beachten sind. Vorgaben und Ermittlungen von Mengen im Sinne von Quantitäten sind in allen Projektstufen erforderlich. Hierzu gehört von der Projektidee mit der Überprüfung des Baugrundstücks, der Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms bzw. des Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramms bis zum Projektabschluss mit der Abrechnung von Bauleistungen eine Vielzahl von Ermittlungen: – Der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan bestimmen das zulässige Maß der baulichen Nutzung, ausgedrückt durch die Geschossflächenzahl (GFZ) und/oder die Baumassenzahl (BMZ) als Bestimmung für das Maß der baulichen Nutzung. Grundlage ist die Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO). – Flächenvorgaben als Teil des Raumprogramms; die Grundflächen von Nicht-Wohnbauten werden i. d. R. als Nutzflächen nach DIN 277:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau, angegeben und die Grundflächen von Wohnbauten können alternativ als Wohnflächen nach der Verordnung zur Berechnung der Wohnflächen (WoFlV) (Stand: Januar 2004) angegeben werden.
5.2 Quantitäten
291
– Daneben gibt es seit einigen Jahren eine spezielle Richtlinie zur Berechnung, z. B. der Mietfläche für Gewerblichen Raum (MF/G:2012-05). Sie wurde von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif), Wiesbaden, aufgestellt. Diese Richtlinie zur Ermittlung der Mietflächen hat den Charakter einer Empfehlung und soll für gewerblich genutzte Flächen zur Anwendung kommen. – Die Ermittlung von Grundflächen und Rauminhalten von Gebäuden soll Gegenstand der Leistungsphasen 2 (Vorplanung) und 3 (Entwurfsplanung) nach den gleichen Grundlagen wie oben sein. Auch die Vorlagen zur Baugenehmigung enthalten Angaben zu Grundflächen und Rauminhalten (vgl. Hinweis auf Besondere Leistungen). – Die Berechnung der Mengen von Bauleistungen ist Teil der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis im Rahmen der Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe). Die VOB/C mit den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen enthält Normen für die Mengenermittlung und Abrechnung von Bauleistungen auf Positionsebene als kleinste Einheit einer Leistungsbeschreibung. – Im Rahmen des Projektmanagements sind Quantitäten, insbesondere Grundflächen und Mengen von Bauleistungen oder daraus gebildete Verhältniswerte schon zu Projektbeginn zu schätzen oder vorzugeben und während der Planung zu überprüfen und zu bewerten. Mit Projektabschluss ist dafür Sorge zu tragen, dass wesentliche Mengen zur Bildung von Kennwerten aufbereitet und für das Gebäudemanagement zur Verfügung gestellt werden.
5.2.1
Art und Maß der baulichen Nutzung
Die Geschossfläche ist Gegenstand des Bau- und Planungsrechts. Sie ist Ausdruck für das Maß der baulichen Nutzung auf dem Grundstück und im Baugesetzbuch definiert (siehe dazu § 20 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in Verbindung mit der Geschossflächenzahl (GFZ)). Die Geschossflächenzahl gehört im Regelfall zu den Feststellungsinhalten eines qualifizierten Bebauungsplans. Die Geschossflächenzahl ist ein dimensionsloser Verhältniswert für die zulässige Geschossfläche auf einem Baugrundstück. So bedeutet z. B. eine GFZ von 0,8, dass ein Baugrundstück mit einer Fläche von 1.000 m² zu 80 Prozent, d. h. bis zu 800 m² Geschossfläche des Baugrundstücks, bebaut werden darf. Die Geschossfläche wird nach den Ausmaßen aller Vollgeschosse eines Gebäudes berechnet. So werden Geschosse im Erdreich, z. B. Kellergeschosse oder die Geschosse einer Tiefgarage sowie in vielen Fällen auch Flächen von Dachgeschossen unter Dachschrägen nicht zur Geschossfläche gezählt. Auch Balkone, Loggien und Terrassen bleiben bei der Geschossfläche unberücksichtigt. Die genaue Definition der Vollgeschosse ist in der jeweils geltenden Landesbauordnung zu finden. So heißt es beispielsweise in der Bauordnung für Berlin (BauO Bln): „§ 2 Begriffe [...] (11) Vollgeschosse sind Geschosse, deren Oberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die festgelegte Geländeoberfläche hinausragt und die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ein gegenüber den Außenwänden zurückgesetztes oberstes Geschoss (Staffelgeschoss) und Geschosse im Dachraum sind nur
292
5 Qualitäten und Quantitäten
dann Vollgeschosse, wenn sie die lichte Höhe gemäß Satz 1 über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses haben.“ (Bauordnung für Berlin (BauO Bln) vom 29. September 2005 (GVBl S. 495)) mehrgeschossige Gebäude Dachgeschoss, nicht begehbar Dachgeschoss, z. B. Trockenboden
Geschossfläche
nicht angerechnet bedingt angerechnet 1)
1. Obergeschoss, z. B. Wohnen
Kriechkeller, nicht begehbar
angerechnet
angerechnet
Erdgeschoss, z. B. Ladengeschäft Kellergeschoss, z. B. Tiefgarage
Brutto-Grundfläche
angerechnet nicht angerechnet
2)+3)
angerechnet
nicht angerechnet
Erläuterung: 1)
soweit die Deckenoberkante im Mittel nicht mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt 2)
Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen, z. B. in einem Kellergeschoss, einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind (BauNVO, § 20 Vollgeschosse, Geschossflächenzahl, Geschoßfläche, Abs. 3). 3)
Ist im Bebauungsplan die Höhe baulicher Anlagen oder die Baumassenzahl nicht festgesetzt, darf bei Gebäuden, die Geschosse von mehr als 3,50 m Höhe haben, eine Baumassenzahl, die das Dreieinhalbfache der zulässigen Geschossflächenzahl beträgt, nicht überschritten werden (BauNVO, § 21 Baumassenzahl, Baumasse, Abs. 4). Abb. 5.24:
Grundfläche als Geschossfläche und/oder Brutto-Grundfläche.
Beim Vergleich mit der Definition der Brutto-Grundfläche (BGF), die entsprechend der DIN 277-2:2005-02 aus der Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen zu ermitteln ist, wird deutlich, dass sich ähnlich klingende Flächenarten wesentlich voneinander unterscheiden (siehe Abb. 5.24). Das Raum- und Funktionsprogramm für die Objektplanung wird i. d. R. vom Bauherrn erstellt. Es ist ein Ergebnis der Bedarfsplanung und dient der Klärung der Aufgabenstellung für den Architekten. Nach DIN 18205 bedeutet Bedarfsplanung im Bauwesen „die methodische Ermittlung der Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern, deren zielgerichtete Aufbereitung als Bedarf und dessen Umsetzung in bauliche Anforderungen“. Eindeutige und der jeweiligen Nutzung entsprechende Gliederungen und Flächenarten sind die Voraussetzung für Erstellung von Raum- und Funktionsprogrammen und deren Überprüfung. Allgemein gilt DIN 277-2:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 2: Gliederung der Netto-Grundfläche (Nutzflächen, Technische Funktionsflächen und Verkehrsflächen).
5.2 Quantitäten
293
RC
Grundflächen Räume/Beispiele
RC
Grundflächen Räume/Beispiele
...
...
...
...
200
Büroarbeit
210
Büroräume
341
Nachrichtentechniklabor
211
Büroräume allgemein
328
Nähraum
212
Schreibräume
354
Nährbodenraum
213
Büroräume mit experimentellem Arbeitsplatz
355
Nährbodenraum
352
Naßanalytisch-chemisches Labor
Büroräume mit Archivfunktion
412
Naßlagerraum
– Büroraum mit Handarchiv
536
Naßpräparative Übungsräume
– Büroraum mit Handbibliothek
674
Neugeborenenpflegebettenräume
– Büroraum mit Registratur
623
Neuphysiologische U+B-Räume
215
Büroräume mit Materialausgabe
642
Neuroradiologisches Röntgen
...
...
...
...
214
N
Abb. 5.25: Grundflächen und Räume, numerisch/alphabetisch geordnet – Auszug. (DIN 277-3:2005-02)
DIN 277-3:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 3: Mengen und Bezugseinheiten, gliedert die Grundflächen bis in die dritte Ebene und enthält einen Raumzuordnungskatalog. Dieser ist eine Ergänzung zur DIN 277-2 und bietet über die weitergehende Gliederung Beispiele sowohl in numerischer (RC = Raumcode) als auch in alphabetischer Reihenfolge Beispiele an (siehe Abb. 5.25). Ein Raum- und Funktionsprogramm soll deshalb in einer dafür vorgesehenen Spalte ausschließlich Nutzflächen (NF) enthalten. Die Räume und Flächen sind vorzugsweise nach DIN 277-3:2005-02, Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau – Teil 3: Mengen und Bezugseinheiten, zu bezeichnen. Anforderungen und Bemerkungen zu den Räumen und Flächen, z. B. besondere Anforderungen an den Schallschutz oder gewünschte Mindestabmessungen für die Erschließung, sind in einer gesonderten Spalte zu erwähnen. Grundlage der Planung sollen ein Raum- und Funktions- und Ausstattungsprogramm sein, die im Zuge ihrer Entwicklung fortlaufend überprüft und aktualisiert werden. Neben der Gliederung und den Begriffen nach DIN 277 gibt es weitere Grundlagen für die Bedarfsplanung und die Ermittlung der Gebäudefläche als Brutto-Grundfläche (BGF). Für Krankenhäuser gelten, herausgegeben vom Normenausschuss Rettungsdienst und Krankenhaus (NARK) im Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN), nutzungsspezifische Gliederungen und Begriffe für die Nutzflächen von Krankenhäusern sowie Hochschul- und Universitätskliniken. Sie gelten auch für andere Einrichtungen des Gesundheitswesens. Für den Krankenhausbau gilt die nutzungsspezifische DIN 13080:2003-07, Gliederung des Krankenhauses in Funktionsbereiche und Funktionsstellen. Sie dient der Bedarfs- und Bauplanung sowie der vergleichenden Auswertung und Beurteilung von Krankenhäusern sowie
294
5 Qualitäten und Quantitäten
Hochschul- und Universitätskliniken. DIN 13080:2003-07, Gliederung des Krankenhauses in Funktionsbereiche und Funktionsstellen, bildet die Grundlage zur Verständigung der an der Planung beteiligten Behörden, Institutionen und Personen (siehe Abb. 5.26). Schlüssel-Nummer
1)
Benennung
1.00
Untersuchung und Behandlung
1.01
Aufnahme und Notfallversorgung
1.02
Arztdienst
1.03
Funktionsdiagnostik
1.04
Endoskopie
1.05
Laboratoriumsmedizin
1.06
Prosektur/Pathologie 1)
1.07
Radiologische Diagnostik
1.08
Nuklearmedizinische Diagnostik
1.09
Operation
1.10
Entbindung
1.11
Strahlentherapie
1.12
Nuklearmedizinische Therapie
1.13
Physikalische Therapie
1.14
Ergotherapie
1.15
Bereitschaftsdienst
Die Benennung der Funktionsstelle mit der Schlüsselnummer 1.06 ist „Prosektur“, wenn keine Pathologie vorhanden ist.
Abb. 5.26: Gliederung des Krankenhauses – Auszug. (DIN 13080:2003-07)
Ergänzend sei hier erwähnt, dass für den Wohnungsbau vorzugsweise die Wohnflächenverordnung – WoFlV vom Januar 2014 – anzuwenden ist. Darüber hinaus sind Leit- und Musterbeschreibungen hilfreich, um die gewünschten Qualitäten festzulegen. Derartige Programme beinhalten die erforderlichen Mindestflächen für einzelne Räume oder die Anzahl entsprechender Nutzungseinheiten. Fachkundige Bauherren, Industrieunternehmen oder Banken, mit einer eigenen Bauabteilung formulieren häufig Vorgaben zu Quantitäten in Form von Richt- oder Leitwerten (siehe Abb. 5.27). Richt- oder Leitwerte beruhen auf den Erfahrungen und Einschätzungen des Bauherrn. Sie werden der Projektentwicklung zugrunde gelegt und dem Architekten als quantitative Anforderungen vorgegeben. Bei der Planung ist darauf zu beachten, dass die Gesamtfläche des Gebäudes (Brutto-Grundfläche) immer deutlich größer als die Programmfläche als Summe
5.2 Quantitäten
295
aller Nutzflächen ausfällt. Ein funktionsfähiges Gebäude besteht über die Programmfläche hinaus noch z. B. aus Verkehrsflächen und Grundflächen für die Konstruktionen. Quantitative Anforderungen
Richt-/Leitwert
Verhältnis Hüllfläche/Gebäudevolumen
< 0,4
Verhältnis Höhe zu Breite von Innenhöfen
1:1
Gebäudetiefe bei Zweibund-Grundrissen Raumtiefe für Standardbüros Geschosshöhe (OK Rohboden – UK Rohdecke)
12–15 m < 5,5 m >3m
Kommunikationswege zu Teeküchen oder Kopierräumen
< 30 m
Glasflächenanteil in der Fassade bei Büroräumen
< 60 %
Tageslichtquotient am Arbeitsplatz (3 m von der Fassade)
>3%
Abb. 5.27: Quantitative Anforderungen für ein Bankgebäude – Beispiel. (HVB (Hrsg.): Gesundes Büro […]. 2002, S. 39)
Für Behördenkantinen – diese werden in größeren Dienststellen eingerichtet und versorgen die Bediensteten mit einer warmen Mahlzeit – wurden vom Bund und den Ländern Flächenrichtwerte aufgestellt. Grundlage der Bemessung ist, wie Abbildung 5.28 zeigt, die Anzahl der Verpflegungsteilnehmer. Für jeden Raum wurde eine funktional bedingte Mindestgröße festgestellt. Das gezeigte Beispiel wurde aus den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) entnommen. Die Bemessung der Räume oder Flächen orientiert sich an der Zahl der Nutzer, hier der Verpflegungsteilnehmer. Die Flächenentwicklung ist hierzu nicht in jedem Fall proportional, wie man am „Büro Küchenleiter“ erkennen kann. Flächenrichtwerte werden v. a. von den Bauverwaltungen für zahlreiche Nutzungen aufgestellt, um folgende Vorteile zu erreichen: – Das Aufstellen eines Raumprogramms im Rahmen der Bedarfsplanung wird durch die Anwendung von Flächenrichtwerten vereinfacht, so können aus der voraussichtlichen Anzahl z. B. von Verpflegungsteilnehmern die erforderlichen Grundflächen einer Behördenkantine ermittelt werden. – Der Objektplaner bekommt die notwendigen Grundflächen vorgegeben und hat die Möglichkeit, das Gebäude so zu entwerfen, dass der Flächenbedarf erfüllt wird. – Die Projektleitung der Bauverwaltung kann die Objektplanung durch den Vergleich der Planunterlagen mit den Flächenrichtwerten die Erfüllung des Raumprogramms feststellen und die Flächenwirtschaftlichkeit prüfen. Dafür müssen die Flächenrichtwerte so dimensioniert sein, dass ein danach bemessenes Gebäude für eine bestimmte Nutzung auch über längere Zeit geeignet ist. Die Prozesse in Gebäuden, z. B. Speisenzubereitung, bleiben aufgrund unterschiedlicher Anforderungen oder technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen nicht über lange Zeit gleich. Ändert sich z. B. die Zubereitung von Speisen aufgrund neuer Verfahren, z. B. „Cook & Chill“, kann das Auswirkungen auf den Flächenbedarf haben. Die Flächenrichtwerte müssen deshalb in Hinblick auf neue Entwicklungen regelmäßig aktualisiert werden.
296
5 Qualitäten und Quantitäten Richtwerte für die Raumgrößen von Behördenkantinen
1. Raumgrößen des Küchenteils Gesamtfläche der Betriebsräume – Annahme/Stauraum – Leergutraum – Tagesvorrat – Vorrat Lebensmittel – Lager Verkaufswaren, Cafeteria – Lager Geschirr, Wäsche – Vorkühlraum – Molkereiprodukte Kühlraum – Obst- und Gemüsekühlraum – Fleischkühlraum – Tiefkühlraum – Getränkekühlraum – Kartoffel-/Gemüsevorbereitung – Fleischvorbereitung
– Kalte Küche – – – – – – – – – – – – – – –
Garküche Speisenausgabe Cafeteriaausgabe Geschirrreinigung Topfspüle Abfallraum Büro Küchenleiter Aufenthalt Küchenpersonal Putzmittelraum Lager ungekühlte Getränke Umkleideraum männlich Umkleideraum weiblich Regalwagenabstellplatz Kartoffellager Liegensch. Materiallager
Summe der Einzelansätze
Anzahl der Verpflegungsteilnehmer (n) 100–200 250 m² 11 4 6 7 10 6 5,5 1,2 1,5 2,5 2,5 2 10 –
201–400 380 m² 21 10 8 20 10 6 8 3 2 3,5 3,5 3,5 18 19
401–600 580 m² 32 17 10 26 20 9 10 5 5 5 5 8,5 30 14
–
–
21
53 27 – 15 10 4 10 10 3 – 6 6 8 10 20
48 22 19 31 10 4 10 12 5 12 6 10 12 15 26
86 30 20 50 16 55 10 22 7 15 13 18 17 23 32
252 m²
379 m²
582 m²
In den Richtwerten sind Räume für den Bedienungsgang der Essenausgabestellen (auch bei Selbstbedienung), die Einrichtung zum Aufwärmen mitgebrachter Speisen und der Kaffeestube nicht enthalten. Abb. 5.28: Richtwerte für Raumgrößen von Behördenkantinen (m² HNF). (RBBau Ausgabe 2003, 19. Austauschlieferung 2009, Muster 13 – 13/03, Anlage 3, S. 190)
5.2 Quantitäten
297
Beispiel: Bemessung der Grundflächen von Gebäuden – Vermögen und Bau – BW Bauherr Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VB-BW), gibt für Baumaßnahmen des Landes Flächenrichtwerte vor. Die vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (MFW) herausgegebene Dienstanweisung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung (DAW), Stand 2012 mit dem Grundwerk 2009, enthält in Anlage 1 eine Flächenbemessung mit Richtwerten für Büroräume (in klassischer Bürostruktur) und Wohnheime. Die Art der Grundflächen wird nicht näher bezeichnet, es dürfte sich um Nutzflächen nach DIN 277:2005-02 handeln. „Flächenbemessung Gebäudeflächen sind nach Bedarf und sparsam zu bemessen. Im Folgenden sind Höchstwerte für bestimmte Räume angegeben. Sie dürfen bei Baumaßnahmen des Landes einschließlich Investorenmaßnahmen nicht überschritten werden. Ein Anspruch auf diese Flächen besteht nicht. Erfolgt eine Unterbringung in einem bestehenden landeseigenen oder angemieteten Gebäude, sind die Höchstwerte nach Möglichkeit ebenfalls nicht zu überschreiten. 1 Büroräume in klassischer Bürostruktur* Behördenleiter, Abteilungs- und Gruppenleiter in der Mittelinstanz oder gleichstehenden Behörden
21 m²
Vertreter der Behördenleiter, Richter, Referenten der Mittelinstanz, hervorgehobene Stellungen des höheren Dienstes in der Ortsinstanz
17 m²
Einzelzimmer der Sachgebietsleiter oder gleichwertige Dienstposten sowie Vorzimmer von Behördenleitern (Zimmer einschließlich Warteplätze)
17 m²
Doppelzimmer
17–20 m² (Normalfall für Sachbearbeiter)
Dreierzimmer
24–26 m²
Einzelzimmer für Sachbearbeiter (Ausnahmefall)
11 m²
Einzelzimmer für Sachbearbeiter mit starkem Publikumsverkehr oder Doppelzimmer für Schreibkräfte
17 m²
Arbeitsplätze in Sonderräumen *gilt nicht für Räume, die über Musterraumprogramme geregelt sind.
4–6 m²
2 unter Ziffer 1 nicht aufgeführte Räume Bei Räumen, wie zum Beispiel Sitzungssälen, Krankenzimmern, Labors, Registraturen und Bibliotheken ist der Flächenbedarf im Einzelfall festzulegen. 3 Wohnheime Einzelzimmer
14–16 m²
Doppelzimmer (ca. 10 % der Gesamtzahl) Installationseinheit mit Dusche, Waschbecken und WC (MFW (Hrsg.): Dienstanweisung (DAW) des VB-BW. Stand 2012, Anlage 1, S. 1)
20 m² 2,5 m²“
298
5.2.2
5 Qualitäten und Quantitäten
Bemessung von Gebäuden vor der Planung
Das Verhältnis von unterschiedlichen Flächenarten, die einerseits als Output und andererseits als Input verstanden werden, wird als „Flächenwirtschaftlichkeit“ bezeichnet. Bei Bauvorhaben liegen die zwei folgenden Betrachtungsweisen nahe: – Bei der Flächenwirtschaftlichkeit einer Bebauung wird das Verhältnis der Gebäudefläche als Output, i. d. R. die Brutto-Grundfläche, zur Fläche des Baugrundstücks als Input ermittelt. Je größer der Verhältniswert ausfällt, desto größer ist die Flächenwirtschaftlichkeit, z. B. Verhältniswert 3,0 bei mehrgeschossiger Bebauung. Von der Flächenwirtschaftlichkeit ist die Geschossflächenzahl (GFZ) zu unterscheiden, da hierbei nur Vollgeschosse berücksichtigt werden, nicht aber z. B. die Nutzung eines Tiefgeschosses als Parkgarage. Die GFZ ist als ein städtebaulicher Grenzwert, nicht aber als ein Kennwert zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Bebauung zu verstehen. – Die Flächenwirtschaftlichkeit eines Gebäudes hat das Verhältnis der Grundflächen zum Gegenstand, z. B. Verhältnis Brutto-Grundfläche/Nutzfläche (BGF/NF) eines Gebäudes (siehe Abb. 5.29). Je größer dieser Verhältniswert ausfällt, z. B. 190,3/100,0 für die Brutto-Grundfläche/Nutzfläche als Programmfläche, desto ungünstiger ist die Flächenwirtschaftlichkeit. Es kommt dabei nicht nur auf die erforderliche Erschließung, Ver- und Entsorgung oder die Konstruktion des Gebäudes an, sondern auch auf die Gebäudeart. Der Faktor NF mal x ergibt BGF liegt je nach Gebäudeart und Flächenwirtschaftlichkeit zwischen rund 115,0/100,0 oder 1,15 und 205,0/100,0 oder etwas über 2,0. Gebäudearten
Planungskennwerte BGF/NF von Mittelwert bis
Lagergebäude, ohne Mischnutzung
111,1
113,7
125,4
Verbrauchermärkte
119,3
123,9
128,4
Feuerwehrhäuser
124,5
127,7
132,4
Sport- und Mehrzweckhallen
132,2
138,2
155,7
Industrielle Produktionsgebäude, massiv
138,1
142,2
148,2
Bürogebäude, mittlerer Standard
143,8
153,8
168,3
Allgemeinbildende Schulen
143,0
156,2
164,1
Pflegeheime
149,6
158,5
165,4
Theater
165,0
168,8
188,4
Instituts- und Laborgebäude
156,5
172,0
194,1
Tiefgaragen [siehe Abb. 5.30]
162,1
190,3
191,8
Medizinische Einrichtungen
177,7
191,5
255,8
Schwimmhallen
198,6
204,5
216,6
Abb. 5.29: Verhältnisse von Grundflächen – Beispiel BGF/NF. (vgl. BKI (Hrsg.): BKI Baukosten 2015. Teil 1: Statistische Kennwerte für Gebäude, S. 109–713)
5.2 Quantitäten
299
Das Klinikum Schnarrenberg an der Universität Tübingen wurde nach folgenden Verhältniswerten auf seine Flächenwirtschaftlichkeit überprüft und für gut befunden (siehe Abb. 5.30). Grundflächen
Menge
Verhältniswerte
NF
Nutzfläche (alle Bereiche)
39.600 m²
NF
Pflegebereich
12.400 m²
–
NF
Untersuchung und Behandlung
16.300 m²
–
NF
Gemeinsame Einrichtungen
10.900 m²
–
FF
Funktionsfläche
12.600 m²
0,15 FF/BGF
VF
Verkehrsfläche
22.400 m²
0,27 VF/BGF
74.600 m²
0,90 NGF/BGF
8.000 m²
0,10 KGF/BGF
NGF Netto-Grundfläche KGF Konstruktions-Grundfläche BGF Brutto-Grundfläche
82.600 m²
0,48 NF/BGF
–
Rauminhalte BRI
Brutto-Rauminhalt
399.000 m³
4,83 m BRI/BGF 160,70 m²/NE
Nutzungseinheiten NE
Bettenzahl (alle Bereiche)
514 Betten
NE
Bettenzahl Normalpflege
389 Betten
–
NE
Bettenzahl Intensivpflege
73 Betten
–
NE
Bettenzahl Spezialpflege Kinder
43 Betten
–
Abb. 5.30: Grundflächen, Rauminhalte, Verhältniswerte eines Klinikums. (FM BW (Hrsg.): Klinikum Schnarrenberg – Univ. Tübingen. 1989, S. 44)
5.2.3
Funktionen und Prozesse
Im folgenden Beispiel werden auf der Grundlage von Prozessen und Leistungsdaten für eine Wäscherei in einem Hotel die Raumanforderungen hergeleitet. Der Wäschebedarf im Hotel ist von der Belegung der Zimmer und vom Umsatz im Gastronomiebereich abhängig, d. h. der Anzahl der angefallenen Gedecke. Hierzu wird im Planungshandbuch für Kempinski-Hotels erläutert: „Bei einer 100 %-igen Belegung der Zimmer ist mit folgendem Wäscheanfall zu rechnen: Bettwäsche mit ca. 2,5 kg pro Bett und Frotteewäsche mit ca. 2,7 kg pro Bett. Bei einem 400-Zimmerhaus fallen also bei voller Belegung ca. 1.300 kg Bettwäsche und 1.400 kg Frotteewäsche täglich an. Aus dem Gastronomiebereich fallen je Gedeck ca. 0,700 kg Tischwäsche und gesamt täglich ca. 0,600 t Tischwäsche an. Der gesamte Wäschebedarf beträgt pro Tag: ca. 3,300 t.“ (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels. 1990, S. 141)
300
5 Qualitäten und Quantitäten
Der Wäschebedarf in einem Hotel ist generell abhängig von der Belegung der Zimmer sowie dem Umsatz im Gastronomiebereich, d. h. Gedeckzahl. Aus dem Aufkommen der Wäsche, Bett-, Frottee-, Tisch- und Küchenwäsche, Gästekleidung und Hoteluniformen und den Mengen der anfallenden Wäschestücke werden zunächst die Arten der Arbeitsgänge, schließlich der Personalbedarf (siehe Abb. 5.31) und anschließend der Flächenbedarf abgeleitet. Bereiche
Arbeitsgänge
Personenanzahl
Wäscherei
Waschen der Bett-, Frottee-, Tisch- und Küchenwäsche
Wäscher/innen 15
Büro Wäscherei
Verwaltung, Abrechnung, Kontrolle der Wäscherei
Wäschereileiter 1
Chemische Reinigung
Reinigen von Gästekleidung und Hoteluniformen
Wäscher/innen 3
Gästewäsche
Bügeln und Flicken von Gästewäsche
Wäscher/in 1
Wäsche Valet
Verpacken und Aufbereiten der gereinig- Wäscher/innen 1 ten Gästekleidung
Büro Wäsche Valet
Auftragsannahme und Verwaltung
Leiter 1
Abb. 5.31: Funktionsprogramm für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel. (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels. 1990, S. 43)
Aus der so ermittelten Programmfläche als Hauptnutzfläche (HNF) oder Nutzfläche (NF) (siehe Abb. 5.32) kann bereits in der Grundlagenermittlung über einen geeigneten Verhältniswert die am Hotelgebäude anteilige voraussichtliche Brutto-Grundfläche (BGF) errechnet werden. Es kommt von Anfang an auf die richtige Bemessung von Flächen und Rauminhalten an, die später als Maßstab zur Beurteilung der Planung dienen. Diese Vorgaben erlauben es natürlich auch, eventuelle Programmänderungen einzuschätzen: Welche Auswirkungen hätte die Vergabe der Wäschereiarbeiten eines Hotels an ein Reinigungsunternehmen? Grundflächen Wäscherei – Schmutzwäschelager
Hauptnutzflächen (HNF) Schmutzwäschelager 16 m² Schmutzwäschelager
– Wäscherei – Chemische Reinigung
283 m² Chemische Reinigung 44 m²
– Gästewäsche
50 m²
– Wäsche Valet
24 m²
– Büro Wäsche Valetwertz
15 m²
– Büro Wäscherei
12 m²
– Chemikalienlager zusammen Abb. 5.32: Hauptnutzflächen (HNF) für eine Wäscherei in einem Hotel – Beispiel. (Kempinski: Planungshandbuch Kempinski-Hotels. 1990, S. 31)
6 m² 450 m²
5.2 Quantitäten
301
Zur Vorbereitung der Planung gehört deshalb die kritische Überprüfung aller Anforderungen seitens der Nutzer, z. B. nach folgenden Fragen: – Welche Flächen sind unverzichtbar und welche sind wünschenswert? – Welche Nutzungen können zusammengefasst oder überlagert werden? – Wie groß muss die Fläche oder Breite eines Raumes sein, damit dieser den funktionalen Anforderungen genügt? – Welche Flächen können gegebenenfalls später ergänzt werden? – Welche Bauverfahren oder Konstruktionen können der Einsparung von Flächen dienen? Wünsche und Möglichkeiten stehen bei Bauprojekten oft im Widerspruch. Dabei unterscheiden sich derartige Vorhaben im Grunde überhaupt nicht von anderen Lebenssituationen. Die Ermittlung der notwendigen Grundfläche lässt sich auch an einer Tiefgarage anschaulich darstellen. Zum Abstellen eines Personenkraftwagens (PKW) in einer Tiefgarage wird pro Stellplatz eine Nutzfläche (NF) von mindestens 2,50 m x 5,00 m = 12,50 m² ermittelt. Grundflächen NF
Nutzfläche
TF
Technische Funktionsfläche
VF
Verkehrsfläche
NGF Netto-Grundfläche KGF Konstruktions-Grundfläche BGF Brutto-Grundfläche
von Menge/NF (%) bis 100,0
von Menge/BGF (%) bis 49,7
52,5
70,6
2,6
2,6
2,7
1,2
1,4
1,2
45,4
75,7
81,3
35,9
39,8
42,8
147,0
178,3
179,6
90,9
93,7
94,0
10,9
12,1
14,4
6,0
6,3
9,1
162,1
190,3
191,8
Brutto-Rauminhalte
von BRI/NF (m) bis
BRI Brutto-Rauminhalt
4,77
5,66
von BRI/BGF (m) bis 5,71
Flächen von Nutzeinheiten
von NF/Einheit (m²) bis
Nutzeinheit: Stellplätze
14,79
15,13
100,0
17,47
2,74
2,96
3,06
von BGF/Einheit (m²) bis 25,84
27,44
28,33
Abb. 5.33: Planungskennwerte für Flächen und Rauminhalte – Tiefgarage. (BKI (Hrsg.): BKI Baukosten 2015. Teil 1: Statistische Kennwerte für Gebäude, S. 685)
Im Programm wird nur die Anzahl der Nutzeinheiten (NE), hier Stellplätze angegeben. Bei der Planung sind als Einflussfaktoren die Erschließung und die Technik zu berücksichtigen. Das betrifft Ein- und Ausfahrten, Rampen, Fahrgassen, Treppen und Technikflächen. Die Konstruktion des Gebäudes ist zu beachten, v. a. Außenwände, Innenwände und -stützen sowie die damit verbundenen erforderlichen Flächen. Die notwendige Brutto-Grundfläche kann über den Verhältniswert BGF/NF = 193,3/100,0 oder vereinfacht Faktor 2,0 ermittelt werden. Planungskennwerte dazu können beispielsweise Abbildung 5.33 entnommen werden. In vielen Fällen beträgt die Brutto-Grundfläche je Stellplatz bis zu 30 m². Wurden die Einflussfaktoren zu Beginn der Planung nicht ausreichend berücksichtigt, wird oft zu spät festgestellt, dass sich das Bauprogramm nicht auf dem Grundstück unterbringen lässt oder das Projekt nicht finanziert werden kann.
302
5 Qualitäten und Quantitäten
Das folgende Gedicht von Kurt Tucholsky kann die alltäglichen Situationen, wie sie in der Projektarbeit vorkommen, kaum besser charakterisieren. Das Ideal Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehen – aber abends zum Kino hast dus nicht weit. Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: Neun Zimmer, – nein doch lieber zehn! Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn, Radio, Zentralheizung, Vakuum, eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm, eine süße Frau voller Rasse und Verve – (eine fürs Wochenend, zur Reserve) –, eine Bibliothek und drumherum Einsamkeit und Hummelgesumm. […] Ja, und das hab ich ganz vergessen: Prima Küche – erstes Essen – alte Weine aus schönem Pokal – und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal. Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion. Und noch ne Million und noch ne Million. Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit. Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit. Ja, das möchste! Aber, wie das so ist hienieden: manchmal scheints so, als sei es beschieden nur pöapö, das irdische Glück. Immer fehlt dir irgendein Stück. Hast du Geld, dann hast du nicht Käten; hast du die Frau, dann fehln dir Moneten – hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer: bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher. Etwas ist immer. Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich. Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten. Daß einer alles hat: das ist selten. (Tucholsky, K., 1931, S. 1256)
6
Kosten und Finanzierung
Der Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung wird in drei Abschnitten behandelt: – Kosten im Sinne der Erstinvestitionsausgabe entsprechend den Gesamtkosten gemäß DIN 276-1:2008-12, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau – Kosten nach der Fertigstellung eines Projektes, auch als Folgekosten bezeichnet, gemäß DIN 18960:2008-02, Nutzungskosten im Hochbau – Finanzierung als Beschaffung von erforderlichen Mitteln für die Erstinvestition, v. a. die Zinsen vor Nutzungsbeginn, welche auch Bestandteil der Gesamtkosten sind Wesentliche Aufgaben der Kostenplanung obliegen den an der Planung Beteiligten. Das Kostenziel und weitere Teile der Kostenplanung, insbesondere die Kostensteuerung liegen im Verantwortungsbereich des Bauherrn. In AHO Heft 9 Mai 2014 werden für den Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung, unterteilt nach Projektstufen sowie Grundleistungen (GL) und Besondere Leistungen (BL), die als Bauherrenaufgaben anzusehen sind. Sie werden der Projektleitung übertragen oder an eine Projektsteuerung vollständig oder anteilig beauftragt. Diese sind auf den Rahmen für die Investitionskosten und gegebenenfalls die Nutzungskosten, die Überprüfung der Kostenermittlungen der an der Planung Beteiligten gerichtet. Auch die Finanzierung des Projekts hat der Bauherr zu besorgen. Eine Mitwirkung kann durch das Projektmanagement, aber auch durch den Objektplaner erfolgen. Hierbei geht es um die Planung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses sowie um die Beantragung von Investitions- und Fördermitteln. Finanzierung umfasst die Beschaffung von Mitteln sowohl zur Aufrechterhaltung eines Geschäftsbetriebs als auch zur Durchführung von Investitionen. Im Fall einer Bauinvestition ist, wie bei anderen großen Investitionen auch, die Finanzierung Teil der Projektplanung. Je nach den wirtschaftlichen Zielen und finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn, richtet sich der Finanzbedarf nach der Höhe der Investition oder die Investition orientiert sich am Umfang und an der zeitlichen Bereitstellung der finanziellen Mittel. Nicht nur die unter den Qualitäten und den Quantitäten zu beschreibenden Projektziele, z. B. Anzahl und Ausstattung von Arbeitsplätzen in einem Bürogebäude, sondern v. a. die Gesamtkosten des Objekts (Investition) und dessen Finanzierung sind im Zusammenhang mit dem Projektablauf, also Termine, Kapazitäten und Logistik, zu betrachten. Alle diese Gesichtspunkte sind bereits Gegenstand wirtschaftlicher Überlegungen im Rahmen der Projektvorbereitung.
304
6.1
6 Kosten und Finanzierung
(Investitions-)Kosten
Mit dem im Bauwesen so verwendeten Begriff „Kosten“ sind die (Investitions-)Kosten eines Bauprojekts gemeint, die im Wortlaut der Norm als „Gesamtkosten“ bezeichnet werden. Die Vorgabe und die Einhaltung der Kosten und die auf lange Sicht wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes liegen im Interesse des Bauherrn. Der folgende Abschnitt ergänzt die umfangreiche Fachliteratur zur Kostenplanung im Aufgabenbereich des Architekten und der fachlich Beteiligten um die Kostenplanung des Bauherrn. In diesem Zusammenhang sind die Kostenvorgabe durch den Bauherrn und die übergeordnete Kostenkontrolle durch ihn vorrangige Aufgaben. Hierzu und als Grundlage der meist unverzichtbaren Kostensteuerung ist ein zeitnahes Kostenberichtswesen einzurichten. Zu den hier nicht oder nur grundsätzlich angesprochenen Aufgaben in der Kostenplanung sei auf den Band der Reihe „Bauen und Ökonomie“, Möller/Kalusche: Planungs- und Bauökonomie – Wirtschaftslehre für Bauherren und Architekten, sechste Auflage 2013, verwiesen.
6.1.1
Grundbegriffe der Kostenplanung und der Kalkulation
Die Begriffe der Kostenplanung und der Kalkulation werden in der Umgangssprache und oft auch bei Bauprojekten ungenau verwendet. Missverständnisse sind die Folge. In Abbildung 6.1 werden deshalb die wichtigsten Begriffe erläutert. Darüber hinaus wird die Frage beantwortet: Wer arbeitet wann, wie und wofür mit Kennwerten, Einheitspreisen, Einzelkosten? Fragen
Kennwerte
Einheitspreise
Einzelkosten
Wer?
Bauherr und Planer (Architekt, Fachingenieure)
Auftraggeber (Bauherr) und Auftragnehmer (ausführende Firma)
Bieter (ausführende Firma)
Wann?
in der Planung (Kostenrahmen, Kostenschätzung, Kostenberechnung) sowie für die Dokumentation
von Angebotsabgabe und Beauftragung (gegebenenfalls nach Preisverhandlung) bis Schlussrechnung
im Rahmen der Angebotskalkulation und Angebotsabgabe, häufig Nachforderungen
Wie?
statistische und empirische Ermittlungen (Bezugseinheiten, Nutzeinheiten, Flächen, Rauminhalte oder Bauelemente)
Kalkulation beim Bieter zur Angebotsabgabe (Einheitspreisvertrag), Gemeinkosten, Gewinn und Wagnis
Ermittlung der Einzelkosten (kein einheitliches Verfahren)
Wofür?
Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und der Finanzierbarkeit, Optimierung der Planung im Hinblick auf die Nutzung
Preisbildung zwischen Auftraggeber im Vergabeverfahren
Grundlage der Angebotskalkulation
Abb. 6.1:
Wer, wann, wie, wofür – Kennwerte, Einheitspreise, Einzelkosten.
6.1 (Investitions-)Kosten
305
Ein Kennwert in der Kostenplanung ist ein Wert, der das Verhältnis von Kosten zu einer Bezugseinheit darstellt. Als Bezugseinheiten dienen beispielsweise Flächen oder Rauminhalte nach DIN 277-3:2005-02, Mengen und Bezugseinheiten, Nutzungseinheiten wie Arbeitsplätze oder Betten sowie Bauelemente. Kennwerte werden in der Planung und beim Gebäudemanagement angewendet. Unverzichtbar ist eine möglichst ausführliche Erläuterung des Kennwerts, um die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Projekte zu gewährleisten. Ein Einheitspreis gibt die Vergütung pro Position des Leistungsverzeichnisses als Preis je Mengeneinheit in Form eines Maßes, eines Gewichts, einer Zeiteinheit oder eines Stückes an. Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers errechnet sich aus dem Produkt von Menge und Einheitspreis. Zu den Einzelkosten gehören die Lohn-, Material-, Geräte-, Schalungs-, Transport- und Fremdleistungskosten, auch als Nachunternehmerleistungen bezeichnet. Baustellen- und Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn werden jeweils eingerechnet oder per Zuschlag der Summe der Positionspreise aufgeschlagen. Zur Abrechnung eines Einheitspreisvertrags sind die ausgeführten Mengen nachzuweisen.
KG 100 Grundstück
BWK
Baukosten
Gesamtkosten
KG 200 Herrichten und Erschließen KG 300 Bauwerk – Baukonstruktionen KG 400 Bauwerk – Technische Anlagen KG 500 Außenanlagen KG 600 Ausstattung und Kunstwerke KG 700 Baunebenkosten Erläuterung: KG 100–700 = Gesamtkosten (nach DIN 276-1:2008-12) KG 200–700 = Baukosten (nach DIN 276:1954-03) KG 300+400 = Bauwerkskosten (BWK nach DIN 276-1:2008-12), zuvor Reine Baukosten (nach DIN 276:1954-03) Abb. 6.2:
Begriffe der Kostenplanung nach DIN 276 von 1954 bis heute.
„Reine Baukosten“: Hierbei handelt es sich um eine nicht mehr aktuelle Bezeichnung nach DIN 276:1954-03, Kosten von Hochbauten. „Das sind die Kosten (getrennt nach der Art der Gebäude oder Gebäudeteile) sämtlicher Bauleistungen, die für die Errichtung der Gebäude erforderlich sind, gegliedert nach den Technischen Vorschriften für Bauleistungen (VOB, Teil C, neuste Ausgabe).“ Der heute richtige Begriff lautet „Bauwerkskosten“ (KG 300+400 nach DIN 276-1:2008-12). Die Abgrenzung der Begriffe zeigt Abbildung 6.2.
306
6 Kosten und Finanzierung
Jeder am Projekt Beteiligte verfolgt wirtschaftliche Ziele und nimmt Aufgaben der Kostenplanung wahr. Häufig sind es Einzelaspekte, individuelle Zielsetzungen und unterschiedliche Verfahren und Begriffe, die es erschweren, die notwendigen Aufgaben zu koordinieren. Der Kostenrahmen als erste Kostenermittlung geht von anderen Voraussetzungen aus als die Kalkulation einer einzelnen Leistung als Grundlage eines Angebotspreises für ein Bauteil. Bei jedem Bauprojekt fallen umfangreiche Aufgaben der Kostenplanung an. Es empfiehlt sich, diese mit Projektbeginn vollständig zu erfassen. Die Gesamtverantwortung für den Erfolg des Projekts, dabei auch die Einhaltung der Projektkosten, liegt beim Bauherrn. Die Wahrnehmung von Teilaufgaben durch den Bauherrn einerseits und den Architekten sowie die fachlich Beteiligten anderseits ist im Rahmen der Planungsverträge durch den Bauherrn im Einvernehmen mit dem Architekten zu bestimmen.
6.1.2
Geschichte der Kostenplanung – ein Überblick
Um die Geschichte der Kostenplanung wenigstens in ihren Grundzügen darzustellen, wird im Folgenden eingegangen auf – die Entstehung der DIN 276 und ihre Entwicklung bis heute, – die Leistungsbilder in der Gebührenordnung für Architekten sowie in ausgewählten Fassungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure bis heute, soweit es die Teilleistungen der Kostenplanung betrifft, und – die Datensammlungen für die Kostenplanung. Dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit ist deshalb sinnvoll, weil sich sowohl die Grundlagen als auch die Anforderungen an die entsprechenden Leistungen in den letzten Jahrzehnten und selbst in den letzten Jahren deutlich verändert haben. Diese Entwicklung ist nicht allen am Bau Beteiligten vollständig bewusst. Auf der anderen Seite stehen heute für die Kostenplanung Verfahren und Daten zur Verfügung, die eine erheblich bessere Kostenplanung gestatten. Leider werden die damit verbundenen Chancen nicht immer genutzt. Entstehung und Entwicklung der Norm DIN 276 bis heute Die Norm wurde zum ersten Mal im August 1934 als „DIN 276 Kosten von Hochbauten und damit zusammenhängenden Leistungen“ herausgegeben. Das erklärte Ziel war es, der im Bauwesen herrschenden Begriffsverwirrung entgegenzutreten und dem wichtigen Kapitel der Hochbaukosten eine einheitliche Grundlage zu geben. Die DIN 276 von 1934 enthielt Begriffe, eine Kostengliederung sowie einen normativen Verweis auf die gleichzeitig erscheinende „DIN 277 Umbauter Raum von Hochbauten“, mit der eine Bezugseinheit gleichen Namens definiert wurde. „Schon im Jahr 1936 ergab sich aus der praktischen Anwendung der neuen Normen die Notwendigkeit, DIN 277 um Berechnungsgrundlagen für den ‚umbauten Raum von Bauteilen, deren Innenräume (ohne Zwischendecken) von der Oberfläche des Geländes bis zur Dachfläche bzw. Dachaltanfläche durchgehen‘ zu ergänzen.“ (Fröhlich, P. J.: Hochbaukosten […]. 2004, S. 10)
6.1 (Investitions-)Kosten
307
Die weitere Geschichte der Kostenplanung ist interessant, muss aber an dieser Stelle nicht vertieft werden. Festzustellen ist jedoch, dass die seinerzeit sehr einfache Kostenermittlung mit Kostenkennwerten unter Bezug auf den Brutto-Rauminhalt (Raummeterpreis) erstaunlich lange praktiziert wurde. Für erste Ermittlungen und zur Überprüfung auch differenzierter Kostenermittlungen wird sie auch heute noch oft benutzt. Seit Dezember 2008 ist die aktuelle Fassung der DIN 276-1, Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau, gültig. Gegenstand der DIN 276-1:2008-12 sind – Begriffe: Kosten im Bauwesen, Kostenplanung, Kostenvorgabe, Kostenermittlung – Stufen der Kostenermittlung: Kostenrahmen, Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag, Kostenfeststellung – Kostengliederung in sieben Kostengruppen (erste Ebene) oder ausführungsorientiert nach Leistungsbereichen des Standardleistungsbuchs im Bauwesen (vgl. www.gaeb.de). Im Jahr 2009 wurde die DIN 276-1 um die DIN 276-4 erweitert, um auch Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen nach einer einheitlichen Systematik bearbeiten zu können. Die Bezeichnung DIN 276-4 wurde gewählt, weil vorangegangene Fassungen der DIN 276 in Blatt 1 bis Blatt 3 unterschieden wurden. Die DIN 276-4:2009-08, Kosten im Bauwesen – Teil 4: Ingenieurbau, beschränkt sich auf die spezifischen Festlegungen zum Ingenieurbau und soll v. a. für die Ermittlung und die Gliederung von Kosten angewendet werden. Die Gliederung gilt für den Neubau, den Umbau und die Modernisierung von Ingenieurbauwerken sowie die damit zusammenhängenden projektbezogenen Kosten. Nutzungskosten sind nicht Gegenstand der Norm. Unter „Ingenieurbau“ ist die Gesamtheit von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen zu verstehen: – Ingenieurbauwerk; „Bauwerk oder Anlage der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung, des Wasserbaus, der Ver- und Entsorgung von Gasen, Feststoffen und Flüssigkeiten, der Abfallentsorgung oder konstruktives Ingenieurbauwerk für Verkehrsanlagen oder sonstiges Einzelbauwerk“ – Verkehrsanlage; „Anlage des Straßenverkehrs, des Schienenverkehrs, des Flugverkehrs oder des Wasserverkehrs.“ (DIN 276-4:2009-08) Durch die Erweiterung der DIN 276 ist es möglich, nicht nur einzelne Objekte, sondern auch große Baumaßnahmen, die aus Gebäuden (mit Innenräumen), Freianlagen, Ingenieurbauwerken sowie Verkehrsanlagen bestehen, in einer alle Objekte umfassenden Kosten zu bearbeiten. Für alle Objekte sind Grundstück (KG 100), Herrichten und Erschließen (KG 200), Bauwerk – Technische Anlagen (KG 400), Außenanlagen (KG 500) Ausstattung und Kunstwerke (KG 600) sowie die Baunebenkosten (KG 700) gleich. Bei Bauwerk – Baukonstruktionen (KG 300) werden der Hochbau (Gebäude, Innenräume, Freianlagen) und der Ingenieurbau (Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen) ab der zweiten Ebene der Kostengliederung bei mehreren Bauteilen unterschieden (siehe Abb. 6.3). Bei einigen Bauteilen sind die Bezeichnungen und die weiteren Unterteilungen in der dritten Ebene der Gliederung gleich.
308
6 Kosten und Finanzierung
KG 300 Bauwerk – Baukonstruktionen, zweite Ebene der Kostengliederung nach DIN 276 Teil 1: Hochbau
Teil 4: Ingenieurbau
KG 310 Baugrube
KG 310 Erdbaumaßnahmen
KG 320 Gründung (Hochbau und Ingenieurbau gleich) KG 330 Außenwände
KG 330 Vertikale Bauteile
KG 340 Innenwände
KG 340 Horizontale Bauteile
KG 350 Decken
KG 350 Räumliche Bauteile
KG 360 Dächer
KG 360 Linienbauteile
KG 370 Baukonstruktive Einbauten (Hochbau und Ingenieurbau gleich) KG 390 Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen (Hochbau und Ingenieurbau gleich) Abb. 6.3:
Kostengliederung – Baukonstruktionen im Hochbau und Ingenieurbau.
DIN 276 lässt alternativ zur bauteilorientierten die ausführungsorientierte Gliederung der Kosten in Leistungsbereiche nach dem Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLBBau) ausdrücklich zu. So wird z. B. von den Bauverwaltungen hierfür die in der Norm nicht belegte KG 380 genutzt. Hierbei werden die KG 310 bis 360 durch die KG 380 ersetzt und vorzugsweise weiter nach Leistungsbereichen (LB) unterteilt (vgl. www.gaeb.de). Das entspricht der zweiten Ebene der Kostengliederung. Abbildung 6.4 zeigt dies ausschnittweise für einige Leistungsbereiche. KG 380 ausführungsorientiert gegliedert in Leistungsbereiche (LB) nach STLB-Bau LB-Nr. 002 Erdarbeiten
Kosten (€)
LB-Nr. 003 Landschaftsbauarbeiten […] LB-Nr. 009 Entwässerungskanalarbeiten LB-Nr. 010 Dränarbeiten LB-Nr. 012 Mauerarbeiten LB-Nr. 013 Beton- und Stahlbetonarbeiten LB-Nr. 014 Natur-, Betonwerksteinarbeiten LB-Nr. 016 Zimmer- und Holzbauarbeiten […] Abb. 6.4: Ausführungsorientierte Kostengliederung KG 380 nach DIN 276. (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin […]. Einlegeblatt in BauWohn 121[…])
Hierzu führt DIN 276 ergänzend aus: „Im Falle einer solchen ausführungsorientierten Gliederung der Kosten ist eine weitere Unterteilung, z. B. in Teilleistungen, erforderlich, damit die Leistungen hinsichtlich Inhalt, Eigenschaften und Menge beschrieben und erfasst werden können. Dies entspricht der 3. Ebene der Kostengliederung.“ (DIN 276-1:2008-12)
6.1 (Investitions-)Kosten
309
Kostenplanung in den Leistungsbildern der HOAI 2013 Wie schon in den vorangegangenen Fassungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure sind in den Leistungsbildern der Objektplanung, der Tragwerksplanung sowie der Planung der Technischen Ausrüstung Teilleistungen der Kostenplanung enthalten. Die HOAI 2013 nimmt – wie frühere Fassungen der HOAI – auf die DIN 276 direkt Bezug. Objektplanung Gebäude und Innenräume nach HOAI 2013 Zu den Grundleistungen der Kostenplanung gehören LPH 2 g)
Kostenschätzung nach DIN 276, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen
LPH 3 e)
Kostenberechnung nach DIN 276 und Vergleich mit der Kostenschätzung
LPH 6 d)
Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse
e)
Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung
LPH 7 g)
Vergleichen der Ausschreibungsergebnisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen oder der Kostenberechnung
LPH 8 i)
Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen
j)
Kostenfeststellung, zum Beispiel nach DIN 276
Darüber hinaus können Besondere Leistungen beauftragt werden: LPH 3
Aufstellen und Fortschreiben einer vertieften Kostenberechnung
LPH 8
Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kostenund Kapazitätsplänen
LPH 9
Aufbereiten der Planungs- und Kostendaten für eine Objektdatei oder Kostenrichtwerte“ (vgl. HOAI 2013, Anlage 10) Seit der HOAI 2013 wird der Kostenanschlag als Grundleistung im Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume nicht mehr aufgeführt. Die Zuordnung des Kostenanschlags in LPH 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) der Honorarordnungen 1977 bis 2009 stimmte ohnehin nicht mit der jeweils gültigen DIN 276 überein. In der Praxis wurde der Kostenanschlag überwiegend als eine Zusammenstellung submittierter Bauleistungen verstanden. Dem Grundsatz der Vollständigkeit einer Kostenermittlung wurde damit nicht entsprochen. Der Verfasser empfiehlt deswegen schon immer ab der genehmigten Kostenberechnung einen monatlichen Kostenbericht, der die Kostengruppen 100 bis 700 nach DIN 276 berücksichtigt. Die Kostenplanung hat nicht nur eine große Bedeutung für die wirtschaftliche Planung, sie macht auch einen nicht unerheblichen Teil der Leistungen der Objektplanung aus. Wie hoch der Anteil an der Vergütung bewertet werden kann, zeigt Abbildung 6.5.
310
6 Kosten und Finanzierung
Teilleistungen der Kostenplanung (LPH Ziffer)
von
bis
2 g) Kostenschätzung nach DIN 276, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen
0,75 %
1,50 %
3 e) Kostenberechnung nach DIN 276 und Vergleich mit der Kostenschätzung
1,00 %
2,00 %
6 d) Ermitteln der Kosten auf Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse
1,00 %
2,00 %
6 e) Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung
Anmerkungen
in d) enthalten
7 g) Vergleichen der Ausschreibungsergebnisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen oder der Kostenberechnung
0,25 %
0,50 %
8 h) Vergleich der Ergebnisse der Rechnungsprüfungen mit den Auftragssummen einschließlich Nachträgen
1,00 %
1,50 %
8 i) Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen
in h) enthalten
8 j) Kostenfeststellung, z. B. nach DIN 276
0,50 %
1,00 %
Summe der Grundleistungen
4,50 %
8,50 % Mittel 6,50 %
Abb. 6.5: Grundleistungen der Kostenplanung nach HOAI 2013. (Siemon, K. D.: Teilleistungen und Bewertung. In: Kalusche, W. (Hrsg.): Handbuch HOAI 2013. S. 187–196)
Für alle an der Planung Beteiligten ist es wichtig, die Aufgaben der Kostenplanung der jeweils anderen Fachbereiche zu kennen. Der Auftraggeber soll die erforderlichen Leistungen der Tragwerksplanung und der Planung der Technischen Ausrüstung beauftragen, denn der Objektplaner benötigt deren Beiträge für seine Eigenplanung. Dabei sollen auch die Strukturen und Datenformate der jeweiligen Kostenermittlungen rechtzeitig abgestimmt werden. Fachplaner Tragwerksplanung – Leistungen der Kostenplanung nach HOAI 2013 Zu den Grundleistungen gehören: LPH 2 e)
Mitwirken bei der Kostenschätzung und bei der Terminplanung
LPH 3 g)
Mitwirken bei der Kostenberechnung und bei der Terminplanung
h)
Mitwirken beim Vergleich der Kostenberechnung mit der Kostenschätzung
Als Besondere Leistung ist genannt: LPH 7
Mitwirken beim Kostenanschlag nach DIN 276 oder anderer Vorgaben des Auftraggebers aus Einheitspreisen oder Pauschalangeboten (vgl. HOAI 2013, Anlage 14)
6.1 (Investitions-)Kosten
311
Fachplaner Technische Ausrüstung – Leistungen der Kostenplanung nach HOAI 2013 Zu den Grundleistungen gehören: LPH 2 f) Kostenschätzung nach DIN 276 (zweite Ebene) und Terminplanung LPH 3 f) Kostenberechnung nach DIN 276 (dritte Ebene) und Terminplanung LPH 6 d)
Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse
e)
Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung
LPH 8 h)
Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnungen der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen und dem Kostenanschlag
i)
Kostenfeststellung
Als Besondere Leistung ist genannt: LPH 3 Mitwirken bei einer vertieften Kostenberechnung (vgl. HOAI 2013, Anlage 15)
312
6.1.3
6 Kosten und Finanzierung
Am Projekt Beteiligte und Aufgaben der Kostenplanung
Alle am Projekt Beteiligten, der Bauherr, der Projektsteuerer, der Architekt und die fachlich Beteiligten, haben entweder Erwartungen an die Kostenplanung, oder Aufgaben im Bereich der Kostenplanung zu übernehmen. „Kostenplanung“ ist der Oberbegriff für Kostenermittlung, Kostenkontrolle und Kostensteuerung. Im Folgenden steht die Verteilung der Aufgaben im Vordergrund. In Kapitel 6.1.4 werden die Verfahren der Kostenermittlung und der Kostenkontrolle, die Kostensteuerung und der Kostenbericht behandelt. Der Bauherr und die Kostenplanung Die Einhaltung der vorgegebenen Kosten ist für den Bauherrn ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Erfolg seines Bauprojekts. Es ist weiterhin unbestritten, dass Bauprojekte termingerecht fertiggestellt werden und frei von Mängeln sein müssen. Die Mängel können auch nach Fertigstellung beseitigt werden. Mehrkosten belasten den Bauherrn jedoch auf Dauer. Umso wichtiger ist es, von Anfang an auf die Kostensicherheit nicht nur zu achten, sondern sie auch durchzusetzen. Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014
Baufachliche Aufgaben nach HOAI 2013
Projektstufe
Leistungsphase
1 Projektvorbereitung 1 (Grundlagenermittlung) 1 Mitwirken bei der Erstellung des Kostenraha) Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage mens für Investitionskosten und Nutzungskosder Vorgaben oder der Bedarfsplanung des ten Auftraggebers (finanzielle Rahmenbedingun2 Mitwirken bei der Ermittlung und Beantragung gen, gegebenenfalls Kostenrahmen) von Investitions- und Fördermitteln 3 Prüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 4 Abstimmen und Einrichten der Projektspezifischen Kostenverfolgung Abb. 6.6: Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (1). (AHO (Hrsg.): Heft 9, Mai 2014, S.14 und HOAI 2013, Anlage 10, jeweils nur Grundleistungen)
Mit Überarbeitung der DIN 276-1 im Jahr 2006 wurde erstmals der Kostenrahmen als eine Kostenermittlungsart in den Planungsablauf aufgenommen. Der Kostenrahmen wurde bereits in den Kommentaren zum Architektenvertrag und im Bereich Projektsteuerung als unverzichtbar angesehen (siehe Abb. 6.6). Die Kosten und Finanzierung eines Objekts gehören neben den Qualitäten und Quantitäten, den Terminen und Kapazitäten zu den Handlungsbereichen des Projektmanagements im Bauwesen (AHO Heft 9 März 2009). Diese sind sehr gut geeignet, die Projektziele, die mit einem Bauvorhaben erreicht werden sollen, zu definieren. Der Normenausschuss folgte damit der guten Praxis in der Bau- und Immobilienwirtschaft.
6.1 (Investitions-)Kosten
313
„Der Kostenrahmen dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen und zur Festlegung der Kostenvorgabe. Bei dem Kostenrahmen werden insbesondere folgende Informationen zu Grunde gelegt: – quantitative Bedarfsangaben, z. B. Raumprogramm mit Nutzeinheiten, Funktionselemente und deren Flächen; – qualitative Bedarfsangaben, z. B. bautechnische Anforderungen, Funktionsanforderungen, Ausstattungsstandards; – gegebenenfalls auch Angaben zum Standort. Im Kostenrahmen müssen innerhalb der Gesamtkosten mindestens die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden“ (DIN 276-1:2008-12). Eine Kostenvorgabe kann als Beschaffenheitsvereinbarung im Vertrag verstanden werden. Was ist unter einer Beschaffenheitsvereinbarung zu verstehen? Ein Werk ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB mit einem Sachmangel behaftet, wenn – das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, oder – es sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, oder, falls diese fehlt, die gewöhnliche Verwendung eignet. Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrags. Hierzu gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Vor der Definition des Begriffs „Kostenvorgabe“ in der DIN 276-1 wurden auch andere Formulierungen verwendet, z. B. „Kostengrenze“, „Kostendeckel“, „Kostenlimit“. Unabhängig davon ist „immer zu prüfen, ob sich die Vertragsparteien auf eine bestimmte/strikte Kostengrenze im Sinne einer ‚Beschaffenheitsvereinbarung‘ (‚Kostenobergrenze‘, ‚Kostenhöchstgrenze‘, ‚Baukosten nicht mehr als … €‘ usw.) konkret geeinigt haben oder ob die angesetzten Baukosten nur einen gewissen Kostenrahmen als Orientierung darstellen sollen, also dem Architekten ein gewisser Spielraum eingeräumt wurde. Nur im letzten Fall kommt für den Architekten ein Toleranzrahmen in Betracht, während die Überschreitung einer konkret vereinbarten Kostenobergrenze (Kostenlimit) bereits als Pflichtverletzung des Architekten anzusehen ist“ (Werner, U.; Pastor, W. (Hrsg.): Der Bauprozess. 2005, S. 1015) So formuliert die Norm als einen Grundsatz der Kostenplanung: „Ziel der Kostenplanung ist es, ein Bauprojekt wirtschaftlich und kostentransparent sowie kostensicher zu realisieren. Die Kostenplanung ist auf der Grundlage von Planungsvorgaben (Quantitäten und Qualitäten) oder von Kostenvorgaben kontinuierlich und systematisch über alle Phasen eines Bauprojekts durchzuführen. Kostenplanung kann gemäß folgenden Grundsätzen erfolgen: – Die Kosten sind durch Anpassung von Qualitäten und Quantitäten einzuhalten; – Die Kosten sind bei definierten Qualitäten und Quantitäten zu minimieren.“ (DIN 276-1:2008-12)
314
6 Kosten und Finanzierung
Die Aufgaben im Bereich der Kosten sind bei Bauprojekten immer in etwa gleich. Sie unterscheiden sich geringfügig, je nachdem, ob es sich um ein Projekt eines privaten, öffentlichen oder gewerblichen Bauherrn handelt. Die Verantwortung für Investition und Finanzierung des Projekts liegt letztlich beim Bauherrn. Die Kostenplanung für das Objekt einschließlich der Koordination und der Integration von Beiträgen der an der Planung fachlich Beteiligten ist Aufgabe des Objektplaners. Nach der Systematik der DIN 276-1:2008-12 machen das Herrichten und Erschließen (KG 200), das Bauwerk (KG 300+400) und die Außenanlagen (KG 500) den Leistungsumfang des Objektplaners aus. Hierfür hat er mindestens die Kostenplanung zu erbringen. Für die Aufgaben, die über seine Eigenplanung hinausgehen, z. B. die Technischen Anlagen, hat er die Kostenermittlungen der Fachbereiche zu koordinieren und in die Objektplanung zu integrieren. Gesamtkosten Projekt A und Anteile (%)
Gesamtkosten Projekt B und Anteile (%)
KG
Bezeichnung
KG
Bezeichnung
100
Grundstück
20 %
100
Grundstück
200 300 400 500 600
Bauwerk mit Herrichten und Erschließen sowie Ausstattung und Außenanlagen
60 %
200 300 400 500 600
Bauwerk mit Herrichten und Erschließen sowie Ausstattung und Außenanlagen
700
Baunebenkosten
700
Baunebenkosten
Gesamtkosten von Projekt A = Abb. 6.7:
20 % 100 %
Gesamtkosten von Projekt B =
30 %
40 %
30 % 100 %
Gesamtkosten und wesentliche Bestandteile in zwei Varianten.
Abbildung 6.7 zeigt die Gesamtkosten einer Bauinvestition in zwei Varianten. Der aus Bauleistungen bestehende Teil der Investition ist bei A mit 60 Prozent und bei B mit 40 Prozent angenommen worden. Es wird damit zum einen gezeigt, dass bei der Festlegung eines Kostenrahmens von den zu finanzierenden 100 Prozent Gesamtkosten auszugehen ist, und dass der Bauherr einschätzen soll, wie sich die Bestandteile der Investition zusammensetzen. Die hierbei gewählten Kostenanteile Grundstück (KG 100), Objekt (KG 200–600) und Baunebenkosten (KG 700 einschließlich Bauherrenaufgaben und Finanzierung) der Varianten zeigen die Von-bis-Werte für die meisten Bauinvestitionen im Neubau auf. Der Ausweis zumindest der Bauwerkskosten (KG 300+400), wie die DIN 276-1 es fordert, ist immer notwendig. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass bei vielen Bauprojekten Herrichten und Erschließen (KG 200) oder die Außenanlagen (KG 500) einen wesentlichen Teil der Kosten ausmachen können. Die Kostenanteile beeinflussen sich teilweise gegenseitig.
6.1 (Investitions-)Kosten
315
Wenn z. B. das Bauwerk teurer wird, erhöhen sich i. d. R. auch die Architekten- und Ingenieurhonorare, verlängert sich die Bauzeit, fallen bei gleichem Zinssatz höhere Kosten für die Finanzierung an. Die Gesamtkosten sind aber die entscheidende Zielgröße, die es einzuhalten gilt. Die Investitionsplanung kann um ein Änderungsmanagement und ein Nachtragsmanagement erweitert werden. Werden beim Bauprojekt nach der Ausführungsplanung und nach Vergabe der Bauleistungen vom Bauherrn oder mit (hoffentlich) dessen Zustimmung vom Nutzer Planungsänderungen durchgesetzt, sind i. d. R. Nachtragsforderungen der ausführenden Firmen gegenüber dem Auftraggeber die Folge. Projektmanager sollen auf diesem Gebiet Erfahrung haben, um sowohl den Bauherrn als auch den Objektplaner durch die Vertretung der Auftraggeberseite in der Nachtragsverhandlung entlasten zu können. Als Ursachen für eine Kostenabweichung kommen in Betracht: – Planungsänderungen durch den Bauherrn – Sonderwünsche der Nutzer – Auflagen durch die Genehmigungsbehörden – Unzureichendes Verständnis oder Fehler des Architekten oder der Fachingenieure bei der Objektplanung, speziell der Kostenplanung und der Objektüberwachung – Bauablaufstörungen aufgrund von Witterung, Behinderungen oder Insolvenz von Auftragnehmern – Teuerungen auf dem regionalen oder internationalen Markt für Bauleistungen sowie, Preisabsprachen Bei der Kostenermittlung sollen deshalb vorhersehbare Kostenrisiken nach ihrer Art, dem Umfang und der Eintrittswahrscheinlichkeit erkannt und geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. So kann schon die Reduzierung oder Vermeidung bestimmter Risikofaktoren zum Erfolg führen. Oft werden zusätzliche Kosten durch außergewöhnliche Bedingungen, wie z. B. die Standortfaktoren Gelände oder Baugrund verursacht. Diese sind gesondert bei den betreffenden Kostengruppen aufzuführen, um sie schnell zu lokalisieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Kostensicherheit setzt nicht nur klare Anforderungen an die Planung im Vertrag des Objektplaners voraus. Kostenplanung muss v. a. in jeder Leistungsphase der Planung vollständig, transparent und so genau wie möglich sein. Um dies zu erreichen, sind Kostenermittlungen und deren Grundlagen ausführlich zu erläutern. Kostensicherheit braucht Voraussetzungen vertraglicher und technischer Art. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es bei der Kostenplanung ganz besonders auch auf menschliche Eigenschaften ankommt. Dazu gehört nicht nur der Wille aller am Projekt Beteiligten, die Kosten einzuhalten, sondern auch eine Eigenschaft, die als „Kostenehrlichkeit“ bezeichnet werden kann. Und leider muss man oft feststellen, dass es genau daran fehlt: „An frühzeitiger Kostenehrlichkeit sind viele Beteiligte aus Sorge vor einer Absage des Vorhabens nicht interessiert.“ (Schwenn, K.: Die Bahn […]. FAZ, 6. März 2013, Nr. 55, S. 11)
316
6 Kosten und Finanzierung
Kostenermittlung mit Einschränkungen Im Einzelfall wird vom Auftragnehmer die Vollständigkeit der Kostenermittlung nicht verlangt, z. B. wenn der Auftraggeber – erforderliche Informationen nicht bereitstellen will, – die vollständige Kostenermittlung selbst aufstellt, – das Objekt nicht vollständig geplant oder ausgeführt werden soll. Die Einschränkung der Vollständigkeit einer Kostenermittlung soll vor Beginn der Objektplanung eindeutig bestimmt werden. Zu empfehlen ist eine Schnittstellendefinition über – Raum- und Funktionsprogramm (R+F), – Ausstattungsprogramm, – Kostengliederung nach DIN 276 (siehe unten), – Gliederung der Leistungsbereiche nach STLB-Bau/GAEB, – Termin- und Ablaufplanung. Die Vollständigkeit einer Kostenermittlung muss wenigstens am Gegenstand der Kostenermittlung festgestellt werden. Von Bedeutung können sein: – Grundstückswert (KG 110) – Herrichten (KG 210) – Baukonstruktive Einbauten (KG 370) – Nutzungsspezifische Anlagen (KG 470) – Außenanlagen (KG 500) – Ausstattung und Kunstwerke (KG 600) – Bauherrenaufgaben (KG 710) – Finanzierungskosten (KG 760) Die Kosten der Ausstattung (KG 610) und der Baukonstruktiven Einbauten (KG 370) werden zu Projektbeginn oft unvollständig oder nicht mit der erforderlichen Genauigkeit ermittelt. Die Ursachen dafür sind fehlende oder ungenügende Anforderungen der Nutzer und ungeklärte Zuständigkeit in Bezug auf die Planung und Überwachung oder Beschaffung. Im Einzelfall ist zu klären, mit welchem Ausstattungsgrad das Objekt übergeben wird. Bei Wohngebäuden ist die Ausstattung meist sehr gering, Hotelgebäude werden häufig vollständig ausgestattet.
6.1 (Investitions-)Kosten
317
611 Allgemeine Ausstattung Möbel, z. B. Sitz- und Liegemöbel, Schränke, Regale, Tische; Textilien, z. B. Vorhänge, Wandbehänge, lose Teppiche, Wäsche; Haus-, Wirtschafts- und Reinigungsgeräte (Anmerkungen der (alten) DIN 276:1993-06) Enthalten in dieser Kostengruppe (Ergänzungen des BKI): 1. Ausstattung mit Hygienegerät wie Spiegel, Handtuchhalter und -spender, Händetrockner, ortsfester Haarföhn, Papierrollenhalter, Spiegelschrank, Duschabtrennung, -vorhang usw. 2. Sitzmöbel wie Stühle, Hocker, Sessel, Sitzcouch usw. 3. Liegemöbel wie Sofa, Schlafcouch, Betten einschl. Matratzen, Bettenumbau, Nachtkästchen usw. 4. Tische wie Schreib-, Ess-, Eck-, Beistell-, Arbeitstische, Stehpulte usw. 5. Kastenmöbel wie Truhen, Schränke, Sideboards, Buffets usw. 6. Regale, Ablagen 7. Garderobenständer mit Schirm- und Hutablagen 8. Sonstige Möbel wie Schließfächer, frei stellbare Wände für Ausstellungen, Großraumbüros, transportable Pflanzbehälter 9. Fensterbehänge wie Dekorationen, Gardinen, Vorhänge, „Auf-Putz“-Vorhangschienen usw. 10. Wandbehänge wie Wandteppiche, Türvorhänge usw. 11. Bodenbeläge wie lose aufgelegte Teppiche, Brücken, Läufer usw. 12. Wäsche wie Tisch- und Bettwäsche usw. 13. Fahnen 14. Sonstige Textilien wie besondere Arbeits- und Anstaltskleidung 15. Ausstattung mit Wirtschafts- und Hausgerät wie Abfallbehälter, Aschenbecher, Reinigungs- und Bodenpflegegerät, Gartenpflege- und Schneeräumgeräte, Küchengerät usw. 16. Ausstattung mit sonstigem Arbeitsgerät wie Geräte für Büroarbeit (Schreib-, Rechenmaschinen, Kopiergeräte, Zeichenmaschinen), für Werkstätten, Produktionsanlagen, spezielle Fördertechnik, Lehre und Information, Tierhaltung und Landwirtschaft, Verkauf und Vertrieb 17. Sonstige allgemeine Ausstattung 18. Unterkonstruktionen wie Stand-, Hängegerüste, Wandkonsolen, Verankerungen 19. Versorgung mit Starkstrom 20. Oberflächenbehandlung wie Anstrich, Korrosionsschutz u. ä. 21. Frei aufstellbare Möbel für den Außenanlagenbereich 22. Textilien für den Außenanlagenbereich Abb. 6.8: Allgemeine Ausstattung, Ergänzungen zur DIN 276. (BKI (Hrsg.): BKI Bildkommentar DIN 276, 2002, S. 328)
318
6 Kosten und Finanzierung
Hinzu kommt, dass die Erläuterungen der DIN 276-1 in diesem Bereich sehr knapp gehalten sind. Im Bildkommentar zur Norm jedoch, herausgegeben vom Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH, werden Ergänzungen und ein Stichwortverzeichnis für die Zuordnung dieser Elemente angeboten (siehe Abb. 6.8). Da Ausstattung und Einbauten bei vielen Objekten, z. B. in Hotelgebäuden oder Gaststätten, einen erheblichen Teil der Gesamtkosten ausmachen können, sollte bereits in der Grundlagenermittlung wenigstens eine Zusammenstellung der voraussichtlich notwendigen Ausstattungen und Einbauten sowie ein ausreichender Ansatz für die Kostenanteile berücksichtigt werden. Der Bezug dieser Ergänzung zur aktuellen DIN 276-1:2008-12 ist vollständig gegeben. Wird das Kostenziel als Kostenvorgabe verstanden, dann gilt: „Ziel der Kostenvorgabe ist es, die Kostensicherheit zu erhöhen, Investitionsrisiken zu vermindern und frühzeitige Alternativüberlegungen in der Planung zu fördern. […] Eine Kostenvorgabe kann auf der Grundlage von Budget- oder Kostenermittlungen festgelegt werden. Vor der Festlegung einer Kostenvorgabe ist ihre Realisierbarkeit im Hinblick auf die weiteren Planungsziele zu überprüfen. Bei Festlegung einer Kostenvorgabe ist zu bestimmen, ob sie als Kostenobergrenze oder als Zielgröße für die Planung gilt. Diese Vorgehensweise ist auch auf eine Fortschreibung der Kostenvorgabe, z. B. bei Planungsänderungen, anzuwenden“ (DIN 276-1:2008-12). Die Kostenvorgabe entspricht dem Gedanken der Zielkostenrechnung (englisch: target costing), dessen Grundlagen in den 1970er-Jahren durch Toyota geschaffen wurden. Die Zielkostenrechnung geht der Frage nach: Was darf ein Produkt kosten? Im Sinne einer Rückwärtsrechnung werden vom Zielwert ausgehend dessen Kostenbestandteile bestimmt. Die Ermittlung der Bauwerkskosten und der Nutzungskosten erfolgt herkömmlich eher über die Addition von Kostenbestandteilen. Alle Regeln für die Projektarbeit, z. B. Kostenplanung und Rechnungswesen, sind für die Mehrzahl der am Projekt Beteiligten als Organisationsvorgaben verbindlich zu regeln (vgl. Handlungsbereich A). Nur so hat der Projektmanager die Möglichkeit, unverzüglich die notwendige Kostenkontrolle auszuüben und erforderliche Vorschläge zur Kostensteuerung zu unterbreiten. Jede Art von Kontrolle macht Vorgaben inhaltlicher und formaler Art erforderlich. So setzt die Prüfung einer Kostenermittlung, die vom Objektplaner oder von einem fachlich Beteiligten als Teil des jeweiligen Leistungsbilds aufgestellt worden ist, ein Kostenziel, eine Gliederungssystematik, eine Schnittstellendefinition und i. d. R. auch ein EDVFormat voraus. Hierauf ist in allen Projektstufen zu achten, sodass sich viele Prüfungen in den verschiedenen Projektstufen wiederholen. Die Bauabrechnung ist immer eine Grundleistung des Objektplaners und der fachlich Beteiligten jeweils für den eigenen Fachbereich. Der Projektmanager soll jederzeit Kenntnis über den Abrechnungsstand haben, damit er die Investitionsplanung sowie die Planung des Mittelbedarfs und des Mittelabflusses überprüfen und aktualisieren kann. Der Bauherr kann die über die Rechnungsprüfung hinausgehenden kaufmännischen Aufgaben des Rechnungswesens für das gesamte Projekt, angefangen von der Plausibilitätsprüfung bis zur Freigabe zur Zahlung, an den Projektmanager übertragen. Eine zusätzliche Kontrolle der Bauabrechnung ist als Besondere Leistung des Projektmanagers zu vereinbaren.
6.1 (Investitions-)Kosten
319
Gesamtkosten (Kostenrahmen, Kostenvorgabe) Bauherr, Projektmanager Grundstück, Herrichten und Erschließen Baumaßnahme (Projekt)
Bauwerk (Objekt) Wirtschaftlichkeit des Bauwerks Objektplaner für Gebäude (Architekt/Ingenieur) Wirtschaftlichkeit der gesamten Außenanlagen (Objekt) Baumaßnahme unter Berücksichti- Wirtschaftlichkeit der Außenanlagen gung aller Kosten und Erlöse wäh- Objektplaner für Außenanlagen rend Planung, Ausführung und Nut- (Landschaftsarchitekt) zung (Lebenszyklus des Bauwerks) Objektplanung im Rahmen des Vertrags, Koordination und Integration der Leistungen der an der Planung Beteiligten, insbesondere bei der Kostenplanung
Ausstattung und Kunstwerke soweit nicht vom Objektplaner geplant und überwacht Baunebenkosten auf die frühzeitige und vollständige Ermittlung der Baunebenkosten, einschließlich der Kosten für Bauherrenaufgaben und Finanzierung ist besonders zu achten Abb. 6.9:
Tragwerk und Technische Anlagen Wirtschaftlichkeit des Tragwerks und der technischen Anlagen Fachlich Beteiligte (Fachingenieure für Tragwerk und Technische Ausrüstung) Fachplanungen im Rahmen der Verträge, Mitwirkung bei der Objektplanung, insbesondere bei der Kostenplanung
Kostenplanung der am Projekt Beteiligten – Beispiel.
Die Kosten des Grundstücks (KG 100) sind meist mit Projektbeginn bekannt. Die Bauwerkskosten (KG 300+400) werden auf der Grundlage einer Bedarfsplanung oder zumindest eines Raum- und Funktionsprogramms durch die Multiplikation der Bezugseinheiten mit einem geeigneten Kostenkennwert ermittelt. Hierfür stehen verschiedene Verfahren der Kostenermittlung zur Verfügung. Die Kosten von Herrichten und Erschließen (KG 200), Außenanlagen (KG 500), Ausstattung und Kunstwerken (KG 600) sowie die Baunebenkosten (KG 700) werden, soweit keine weiteren Angaben vorliegen, mithilfe von Erfahrungswerten beaufschlagt, um mit den i. d. R. vorgegebenen Gesamtkosten verglichen zu werden. Der Kostenrahmen kann auf der Grundlage von Leistungsdaten wie insbesondere Nutzeinheiten, betrieblichen Kennwerten, Grundflächen und Rauminhalten sowie Kostenkennwerten als erste Kostenermittlung aufgestellt werden. Dafür verwendete Vergleichsobjekte und Kennwerte sind zu dokumentieren. Als erste Kostenermittlung kann der Kostenrahmen auch nach der DIN 276-1 bis in die zweite Ebene gegliedert sein.
320
6 Kosten und Finanzierung
Nicht immer sind Bauherren bereit, einem ihrer Auftragnehmer, wie der Projektsteuerung oder dem Architekten, diejenigen Kosten zu nennen, die über das geplante Bauwerk hinaus anfallen, z. B. die Kosten des Grundstücks oder der von ihm selbst beschafften Einrichtungsgegenstände, im Bauwesen als „Ausstattungen“ bezeichnet. Auch über die Honorare für die Planer, die Gebühren oder die Kosten der Finanzierung bis Nutzungsbeginn werden die erforderlichen Informationen nicht immer weitergegeben. Damit läuft der Bauherr Gefahr, dass eine Ermittlung der Gesamtkosten durch die Auftragnehmer nicht vollständig sein kann, und der Bauherr die Wirtschaftlichkeit des Objekts falsch einschätzt. Der Bauherr hat, erforderlichenfalls unterstützt durch einen Projektmanager, die Wirtschaftlichkeit der Bauinvestition über die Finanzierung hinaus zu vertreten und zu verantworten. Er legt die Gesamtkosten fest und gibt dem Objektplaner den Kostenanteil für dessen Leistungsumfang vor. Der Objektplaner soll in der Lage sein, insbesondere den Anteil für die Technischen Anlagen einzuschätzen, damit für die dazu gehörenden Fachbereiche, z. B. die Planung der Wärmeversorgungsanlagen, ebenfalls ein Kostenanteil definiert werden kann. Der auf diese Weise definierte Kostenrahmen stellt, unabhängig von seiner Herleitung, eine erste Kostenermittlung dar. Sie ist noch nicht verbindlich, wird aber für die Entscheidung über die Grundlagen der Planung und das weitere Vorgehen benötigt. Es kommt deswegen häufig vor, dass die formulierten baulichen Anforderungen in der Vorplanung umgesetzt werden, um z. B. eine Kostenschätzung anfertigen zu können und unter Berücksichtigung weiterer Überlegungen, z. B. hinsichtlich der Erlöse aus Verkauf oder Vermietung des Objekts, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens beurteilen zu können. Erst wenn die Bauinvestition als Erfolg versprechend angesehen werden kann, alle Rahmenbedingungen geprüft und die Kostenrisiken analysiert sind, soll das Kostenziel gesetzt werden. Die Kostensicherheit bei einem Bauprojekt ist für fast alle Bauherren das oberste Projektziel. Für die Bauherren von Gewerbeimmobilien, die diese überwiegend mit Fremdkapital finanzieren, ist Kostensicherheit das oberste Gebot. Es verwundert deshalb nicht, wenn Bauherren statt in einer herkömmlichen Projektorganisation mit Einzelleistungsträgern, d. h. der Planung mit einem Architekten und mehreren Fachingenieuren sowie der Ausführung mit zahlreichen Fachunternehmen, diese Projekte weitgehend vollständig an komplexe Unternehmenseinsatzformen, z. B. Anbieter für Schlüsselfertigbau, übertragen. Mit der Kostenvorgabe kann der Auftraggeber seine wirtschaftlichen Anforderungen an die Planung eindeutig zum Ausdruck bringen. Die Kostenvorgabe gilt, wenn sie nicht aufgrund von Planungsänderungen angepasst wird, während der gesamten Planung. Sie ist für die wiederholte Kostenkontrolle zu verwenden. Sie ist weiterhin ein wesentlicher Maßstab für die Beurteilung der vom Objektplaner erbrachten Planungsleistung. Eine Kostenvorgabe kann sich nicht nur auf die Bauwerkskosten (DIN 276-1:2008-12), sondern auch auf die Nutzungskosten eines Objekts beziehen. In der DIN 18960, Nutzungskosten im Hochbau, ist hierfür der Begriff „Nutzungskostenvorgabe“ zu finden. Die nachfolgenden Abbildungen 6.10 bis 6.13 enthalten die Gegenüberstellung der Aufgaben des Projektmanagements und der Objektplanung. In der gebotenen Kürze werden ergänzend dazu die Zusammenhänge der einzelnen Aufgaben nach Projektstufen kommentiert. Dabei kommt es in besonderer Weise darauf an, dass die Bauherren- bzw. Projektmanagementaufgaben und die baufachlichen Aufgaben im Sinne der HOAI eindeutig unterschieden werden und auch die Zuständigkeiten eindeutig geregelt sind.
6.1 (Investitions-)Kosten
321
Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014
Baufachliche Aufgaben nach HOAI 2013
Projektstufe
Leistungsphase
2 Planung 1 Überprüfen der Kostenschätzung und -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen 2 Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele 3 Planen von Mittelbedarf und Mittelabfluss 4 Prüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 5 Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung (kontinuierlich)
2 (Vorplanung) d) Klären und Erläutern der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen (zum Beispiel […] wirtschaftliche, […] energiewirtschaftliche, […]) g) Kostenschätzung nach DIN 276, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen 3 (Entwurfsplanung) a) Erarbeiten der Entwurfsplanung, unter weiterer Berücksichtigung der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen (zum Beispiel […] wirtschaftliche, […]) e) Kostenberechnung nach DIN 276, Vergleich mit der Kostenschätzung 4 (Genehmigungsplanung) –
Abb. 6.10: Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (2). (AHO (Hrsg.): Heft 9, Mai 2014, S.15 und HOAI 2013, Anlage 10, jeweils nur Grundleistungen)
Klären und Erläutern der wesentlichen Zusammenhänge […] (HOAI) Eine wesentliche Voraussetzung der Kostenplanung ist die Berücksichtigung wesentlicher Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen des Projekts. Denn diese können Einfluss auf das Projekt und damit auf seine Kosten haben. Der Objektplaner soll hierzu Informationen vom Auftraggeber erhalten oder muss sie von diesem erfragen. Im Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume LPH 2 d) werden beispielhaft die städtebaulichen, gestalterischen, funktionalen, technischen, wirtschaftlichen, ökologischen, bauphysikalischen, energiewirtschaftlichen, sozialen und öffentlich-rechtlichen Zusammenhänge angesprochen. Ihre Klärung und schriftliche Dokumentation sind unverzichtbar als Grundlage für die Objektplanung als Ganzes und für die Kostenermittlungen im Besonderen. Nicht ohne Grund wird in der DIN 276 die Erläuterung einer Kostenermittlung gefordert. (vgl. DIN 276-1:2008-12 und HOAI 2013, Anlage 10) Kostenschätzung nach DIN 276, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen (HOAI) Der Verweis auf die (jeweils gültige und derzeit aktuelle) DIN 276-1:2008-12 hat den großen Vorteil, dass schon im Preisrecht HOAI eine qualitative Anforderung an die Teilleistungen der Kostenplanung gestellt wird. Das gilt nicht nur für die Kostenschätzung, sondern auch für die weiteren Kostenermittlungen und die Kostenkontrolle. Es sind hier die Definitionen der Begriffe und die Grundsätze der Kostenplanung hervorzuheben. Letzte enthalten eben auch die Anforderungen u. a. an die Stufen der Kostenermittlungen.
322
6 Kosten und Finanzierung
In vielen Fällen werden Kostenermittlungen als Zahlenwerk angefertigt und als Tabellen ohne Angabe der verwendeten Informationen und ohne Erläuterungen übergeben. Sie sind in dieser Form jedoch kaum nachprüfbar. Dabei wird in der Norm gefordert: „In der Kostenschätzung werden insbesondere folgende Informationen zugrunde gelegt: – Ergebnisse der Vorplanung, insbesondere Planungsunterlagen, zeichnerische Darstellungen; – Berechnungen der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen, nach DIN 277; – erläuternde Angaben zu den planerischen Zusammenhängen; – Angeben zum Baugrundstück und zur Erschließung.“ (DIN 276-1:2008-12) Weiter heißt es: „In der Kostenschätzung müssen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 1. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden.“ (DIN 276-1:2008-12) Das bedeutet im Grunde, dass eine Kostenermittlung für ein Gebäude mit nur zwei Werten angegeben werden kann, einem Wert für alle Baukonstruktionen (KG 300) sowie einem Wert für die Technischen Anlagen (KG 400). Das ist in Anbetracht der Chancen, die Planung in der LPH 2 (Vorplanung) optimieren zu können, in so gut wie jedem Fall völlig unzureichend. Das betrifft den Neubau und in besonderer Weise das Bauen im Bestand. Die Auslegung des Begriffs „mindestens“ soll so erfolgen, dass Bauteile und Technische Anlagen, die einen wesentlich Anteil der Bauwerkskosten (KG 300+400) ausmachen oder die Kostenrisiken enthalten können, vertieft, z. B. bis zur dritten Ebene der Kostengliederung, ermittelt werden sollen. Interessant ist, dass im Leistungsbild Technische Ausrüstung die Kostenschätzung nach DIN 276 (zweite Ebene) gegliedert werden soll. Voraussetzung ist, dass der Auftraggeber rechtzeitig die Fachplaner für die Technische Ausrüstung beauftragt. (vgl. HOAI 2013, Anlage 15) Nach der Kostenschätzung soll der Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen erfolgen. Was ist die Grundlage dafür? Die erste Kostenermittlung des Objektplaners ist die Kostenschätzung. Vom Auftraggeber muss also eine Aussage oder Anforderung vorliegen, die einen Vergleich ermöglicht. Nach DIN 276 soll das der Kostenrahmen oder auch eine Kostenvorgabe sein. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass im Kostenrahmen die Bauwerkskosten gesondert ausgewiesen werden. Unterschiede, die durch den Vergleich festgestellt werden, sind zu analysieren und zu dokumentieren. Kostenberechnung nach DIN 276 und Vergleich mit der Kostenschätzung (HOAI) Die für die Kostenschätzung getroffenen Aussagen gelten für die Kostenberechnung sinngemäß. Im Unterschied zur Vorplanung geht es in der Entwurfsplanung um das „Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie die Koordination und Integration von deren Leistungen“ (HOAI 2013. Anlage 10, LPH 3 b)). Das betrifft nicht nur die technische Planung, sondern v. a. auch die Kostenplanung. Damit hat der Objektplaner anteilige Kostenermittlungen aus der Tragwerksplanung und aus mehreren Fachbereichen und Anlagegruppen der Technischen Ausrüstung zu koordinieren
6.1 (Investitions-)Kosten
323
und in eine vollständige Kostenberechnung zu integrieren. Das betrifft die Kostenangeben mit Bezugseinheiten, Mengen und Kostenkennwerten wie die in der DIN 276 geforderten Erläuterungen: „z. B. Beschreibungen der Einzelheiten in der Systematik der Kostengliederung, die aus den Zeichnungen und den Berechnungsunterlagen nicht zu ersehen, aber für die Berechnung und die Beurteilung der Kosten für von Bedeutung sind“ (DIN 276-1:2008-12). Vergleichbar der vorangegangenen Leistungsphase 2 müssen „in der Kostengliederung die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden.“ (DIN 276-1:2008-12) Auch hier ist die Formulierung „mindestens“ hervorzuheben. Nicht nur im Hinblick auf die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Optimierung der Entwurfsplanung, sondern auch im Hinblick auf die Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe) mit den Teilleistungen „Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse“ (HOAI 2013, Anlage 10, LPH 6 d)) und der „Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung“ (HOAI 2013, Anlage, LPH 6 e)) bietet sich neben der alternativen ausführungsorientierten Gliederung der Kosten die Erweiterung der Kostenberechnung um ausführungsorientierte Strukturen an. Hierfür kommen die Leistungsbereiche nach Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB-Bau) und die Unterscheidung nicht nur der Bauwerkskosten (KG 300+400), sondern auch der Außenanlagen (KG 500) sowie von Ausstattung und Kunstwerken (KG 600) nach Vergabeeinheiten in Betracht. (vgl. www.gaeb.de) Überprüfen der Kostenschätzung und -berechnung der Objekt- und Fachplaner sowie Veranlassen erforderlicher Anpassungsmaßnahmen (AHO) Gegenstand der Überprüfung (Kontrolle eines abgeschlossenen Arbeitsergebnisses in Stichproben, vgl. dazu AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 11) der Kostenschätzung (LPH 2 HOAI 2013) und der Kostenberechnung (LPH 3 HOAI 2013) des Objektplaners/der Objektplaner und der fachlich Beteiligten. Bei der Überprüfung geht es im Einzelnen um – Darstellung und Vollständigkeit der Kostenermittlung (vgl. Grundsätze nach DIN 276), – Koordination und Integration der Beiträge der an der Planung Beteiligten in die Objektplanung, hier am Gegenstand der Kostenermittlung und Kostenkontrolle, – Einhaltung der Vorgaben des Auftraggebers in Bezug auf die Kostengliederung der Kostenplanung (mindestens bis zur ersten Ebene (LPH 2) oder zweiten Ebene (LPH 3), (vgl. Grundsätze nach DIN 276) oder nach Vorgaben des Auftraggebers, z. B. im Bereich der Fassade oder der Technischen Ausrüstung, – Angemessenheit der Bezugseinheiten und der Mengenermittlungen, – Angemessenheit der Kostenkennwerte, – Berücksichtigung von Unwägbarkeiten und Unsicherheiten bei Kostenermittlungen sowie Benennung von vorhersehbaren Kostenrisiken (vgl. Grundsätze nach DIN 276), – Grundlagen und Erläuterungen der Kostenermittlung und der Kostenkontrolle (Grundsatz nach DIN 276),
324
6 Kosten und Finanzierung
– Kostenstand (Angabe von Quartal und Jahr der Kostenplanung), Umsatzsteuer (Bruttooder Netto-Angabe), soweit verlangt, einer gesondert ausgewiesenen Kostenprognose (vgl. Grundsätze nach DIN 276), – Erfüllung beauftragter Besonderer Leistungen im Bereich der Kostenplanung in den LPH 2 bis 3 nach HOAI 2013, z. B. „Untersuchen alternativer Lösungsansätze nach verschiedenen Anforderungen einschließlich Kostenbewertung“ (HOAI 2013, Anlage 10, LPH 2), und – Berücksichtigung von Datenformaten oder anderen Anforderungen des Auftraggebers. Die Projektleitung/Projektsteuerung soll sich vor der Beauftragung der Leistungen mit Architekten und Fachingenieuren abstimmen, welche Anforderungen an die Kostenplanung zu stellen sind, damit diese in den Verträgen eindeutig und vollständig enthalten sind. Anforderungen, die über die Grundleistungen nach HOAI 2013 hinausgehen oder solche ersetzen, sind im Hinblick auf die Vergütung zu untersuchen. Bei komplexen Projekten, insbesondere beim Bauen im Bestand, sind die Anforderungen an die Kostenplanung nicht angemessen. Wenn es z. B. in der DIN 276 zur Kostenberechnung heißt: „In der Kostenberechnung müssen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden“ (DIN 276-1:2008-12), muss die Formulierung „mindestens“ entsprechend den konkret vorliegenden Bedingungen ausgelegt werden. Bei hochinstallierten Gebäuden, z. B. Laborgebäuden, werden die Kosten der Technischen Anlagen (KG 400) in der Kostenschätzung in der zweiten oder dritten Ebene zu unterscheiden sein. Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele (AHO) Kostensteuerung ist das „Eingreifen in die Planung zur Einhaltung von Kostenvorgaben.“ Zu den Voraussetzungen zählen zum einen die Kostenvorgabe im Sinne der „Festlegung der Kosten als Obergrenze oder als Zielgröße für die Planung“ sowie eine Kostenkontrolle als das „Vergleichen aktueller Kostenermittlungen mit Kostenvorgaben und früheren Kostenermittlungen“ (DIN 276-1:2008-12). Eine Kostensteuerung und damit das Eingreifen in die Planung kann seitens der Planer nur jeweils für ihren eigenen Fachbereich erfolgen. Eine diesbezügliche Entscheidung wird in den meisten Fällen nur durch den Bauherrn in seiner Eigenschaft als Auftraggeber der Planer erfolgen. Die Aufgaben der Projektleitung/Projektsteuerung bestehen darin, die Notwendigkeit zu erkennen und die Konsequenzen der Kostensteuerung zu bewerten und zu veranlassen. Dass dabei jeweils die Gesamtkosten einer Maßnahme zu berücksichtigen sind, soll als eine Selbstverständlichkeit verstanden werden. Das schließt die Kontrolle und Steuerung für die einzelnen Fachbereiche, z. B. Innenräume, nicht aus. Veränderungen z. B. der Kosten von Baukonstruktionen können durchaus auch Einfluss auf die Technische Ausrüstung oder die Baunebenkosten haben. Erstellen einer Kostenschätzung/Kostenberechnung nach DIN 276 (AHO) Das Erstellen von Kostenermittlungen im Sinne der baufachlichen Leistungen durch z. B. eine Projektsteuerung ist eine Besondere Leistung und soll als Ausnahme angesehen werden. Zum einen sind die damit üblicherweise betrauten Planer tiefer mit der Materie verbunden,
6.1 (Investitions-)Kosten
325
zum anderen sollen sie im Hinblick auf die Kostenplanung auch nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Ein Grund für die hier genannte Leistung kann sein, dass der oder die Planer bislang ihre Erfahrungen hauptsächlich im Ausland gesammelt haben und nicht über ausreichende Kenntnisse der Kostenplanung in Deutschland verfügen. Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014
Baufachliche Aufgaben nach HOAI 2013
Projektstufe
Leistungsphase
3 Ausführungsvorbereitung 1 Überprüfen der von den Planern ermittelten Soll-Werte für die Vergaben auf Basis der aktuellen Kostenberechnung 2 Überprüfen der von den Planungsbeteiligten auf der Grundlage bepreister Leistungsverzeichnisse erstellten Kostenermittlungen 3 Überprüfen der Angebotsauswertungen im Hinblick auf die Angemessenheit der Preise 4 Vorgeben der Deckungsbestätigungen für Aufträge 5 Kostensteuerung unter Berücksichtigung der Angebotsprüfungen und Kostenvergleiche der Planungsbeteiligten 6 Prüfen und Freigabevorschläge der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten (außer bauausführende Unternehmen) zur Zahlung
5 (Ausführungsplanung) – 6 (Vorbereitung der Vergabe) d) Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse e) Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) g) Vergleichen der Ausschreibungsergebnisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen oder der Kostenberechnung
Abb. 6.11: Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (3). (AHO (Hrsg.): Heft 9, Mai 2014, S.17–18 und HOAI 2013, Anlage 10, jeweils nur Grundleistungen)
Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse (HOAI) Diese Grundleistung ist neu in die HOAI 2013 aufgenommen worden. Viele öffentliche Bauherren haben diese Leistung schon zuvor als Besondere Leistung eingefordert. Das Bepreisen besteht in dem Einsetzen von Einheitspreisen in die Leistungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis durch den Objekt- oder Fachplaner. Bei den Einheitspreisen kann es sich um Erfahrungswerte des Planers oder um solche aus Datensammlungen handeln. Mit dieser Teilleistung wird in der Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe) eine Kostenermittlung aufgestellt, die wesentlich genauer ist als die vorangegangene Kostenberechnung. Denn die Grundlagen des bepreisten Leistungsverzeichnisses sind – Berücksichtigung von Auflagen aus dem Baugenehmigungsverfahren, z. B. Brandschutz, – Mengenermittlungen der Leistungspositionen aus Ausführungsplänen und Berechnungsunterlagen, letzte v. a. der Technischen Ausrüstung, z. B. Raumlufttechnik,
326
6 Kosten und Finanzierung
– Beschreibung von Funktionen, Materialien und Qualitäten der Leistungspositionen, z. B. unterschiedliche Decken- und Bodenbeläge im Ausbau, – vorzugsweise die Abstimmung der letzten Änderungswünsche von Nutzern. Die bepreisten Leistungsverzeichnisse ersetzen bedingt den Kostenanschlag, der mit der HOAI 2013 entfallen ist. Der Kostenanschlag war im Vergleich der HOAI 2009 zu DIN 276 nicht ganz eindeutig definiert. In der Praxis erfolgte er oft nur als „Zusammenstellen von Angeboten, Aufträgen […]“, ohne dass die „[…] bereits entstandenen Kosten (z. B. für das Grundstück, Baunebenkosten usw.)“ (DIN 276-1:2008-12) berücksichtigt worden wären. Kostenkontrolle durch Vergleich vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse mit Kostenberechnung (HOAI) Für die Kostenkontrolle durch den Vergleich der bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung soll diese vorzugsweise eine Zuordnung der Kostenwerte zu den Vergabeeinheiten beinhalten. Auch ist bei der Terminplanung zu berücksichtigen, dass das Bepreisen der häufig 20 bis 30 Leistungsverzeichnisse der verschiedenen Vergabeeinheiten des Objektplaners und der oft zahlreichen Fachplaner in einem Zeitraum erfolgt, in dem die notwendigen Entscheidungen über die Ausschreibung und Vergabe erfolgen müssen. Vergleichen der Ausschreibungsergebnisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen und der Kostenberechnung (HOAI) Es handelt sich hier um eine Kostenkontrolle, bei der Marktpreise mit einer Kostenermittlung des Planers verglichen werden, die auf statistischen oder empirischen Werten beruht. Da seit der HOAI 2013 das Bepreisen der Leistungsverzeichnisse eine Grundleistung ist, liegt dem Vergleich eine einheitliche Gliederung nach Leistungspositionen zugrunde. Bei der Kostenkontrolle sollen immer die Gesamtkosten berücksichtigt werden, die Gegenstand der Kostenermittlungen, so auch der Kostenberechnung, sein sollen. Überprüfen der von den Planern ermittelten Soll-Werte für die Vergaben auf Basis der aktuellen Kostenberechnung (AHO) Das Überprüfen der von den Planern ermittelten Soll-Werte für die Vergaben setzt das „Ermitteln der Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse“ (HOAI 2013, Anlage 10, LPH 6 e)) voraus. Eine Kostenberechnung kann aber auch so aufgestellt werden, dass den Kostenwerten nicht nur Kostengruppen nach DIN 276, sondern auch Leistungsbereiche nach dem Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB-Bau) zugeordnet werden. Dabei soll jeder Kostenwert (Datensatz) jeweils nur einer Vergabeeinheit (VE) zugeordnet werden (vgl. kombinierte Verfahren der Kostenermittlung). Voraussetzung dafür ist die frühzeitige Festlegung der Vergabe als Fachlosvergabe und dazu die Vergabe von Vergabeeinheiten. Die Festlegung der Soll-Werte für die Vergaben setzt weiterhin voraus, dass – die Planung so durchgearbeitet ist, dass vorzugsweise keine Änderungen mehr erfolgen, – Projektrisiken identifiziert und bewertet worden sind und – die Finanzierung gesichert ist.
6.1 (Investitions-)Kosten
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Bei der Ermittlung der Soll-Werte für die Vergaben ist zu berücksichtigen, dass es zu Nachtragsforderungen der ausführenden Unternehmen kommen kann. Die Erfahrung zeigt, dass einzelne Leistungsbereiche hiervon stärker betroffen sind als andere. Eine entsprechende Bewertung soll auch Gegenstand des Risikomanagements sein. Überprüfen der Angebotsauswertungen im Hinblick auf die Angemessenheit der Preise (AHO) Auch hier geht es wieder um eine Kontrolle eines abgeschlossenen Arbeitsergebnisses in Stichproben, d. h. die Angebotsauswertungen der Objektplanung und weiterer Fachbereiche. Als Stichpunkte zur Beurteilung können nach AHO Heft 9 Mai 2014 „herangezogen werden: – Einheitspreise der bepreisten Leistungsverzeichnisse, – Erfahrungswerte aus anderen Projekten, – Angaben zur Preisermittlung des Bieters über Zuschläge zu Lohnkosten, Stoffkosten, Sonderkosten, Nachunternehmerleistungen, – Aufgliederung wichtiger Einheitspreise, – Grundlagen der Preisbildung (Angebotskalkulation), – Analyse der Angaben zum Angebot, z. B. EFB Preis 1a/b, Preis 2 wie Angabe der Zuschlagssätze, erforderlichenfalls Stunden etc., – Analyse von Sondervorschlägen und Nebenangeboten.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 91–92) Kostensteuerung unter Berücksichtigung der Angebotsprüfungen und Kostenvergleiche der Planungsbeteiligten (AHO) Die Chancen einer erfolgreichen Kostensteuerung sind in den frühen Leistungsphasen, v. a. in der Vorplanung und der Entwurfsplanung, verhältnismäßig groß. Liegen die Angebote der ausführenden Unternehmen jedoch bereits vor, kann man die Planung im Grundsatz kaum noch verändern. Das betrifft sowohl die Funktion des Gebäudes als auch die Mengen von Bauteilen. Einen gewissen Spielraum gibt es noch bei den Qualitäten des Gebäudes. Entsprechende Einsparungen oder Vereinfachungen sind in aller Regel im Ergebnis sichtbar. Dazu zählen – Material- und Produktänderungen bei der Gestaltung der Innenräume, insbesondere Wand, Decke, Boden sowie Möblierung, und – Vereinfachungen im Bereich der Freianlagen. Die Unterbreitung von kostengünstigen Sondervorschlägen durch ausführende Unternehmen kann man in diesem Stadium des Projekts meist als einen Glücksfall betrachten. Die hierzu erforderliche Entscheidung ist in sehr kurzer Zeit zu treffen. Zögerliche Auftraggeber sind hierbei nach Kräften durch gut nachvollziehbare Bewertungen – v. a. hinsichtlich der Konsequenzen – zu unterstützen. Die Begründung der Entscheidung ist zu dokumentieren.
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6 Kosten und Finanzierung
Prüfen und Freigabevorschläge der Rechnungen […] (AHO) Die Rechnungen der bauausführenden Unternehmen werden von der Objektüberwachung, also den Planern, geprüft. Die Rechnungen der Objektplanung und der fachlich Beteiligten werden von der Projektleitung/Projektsteuerung geprüft. Grundlage der Prüfungen sind die Verträge und Honorarvereinbarungen im Abgleich mit dem jeweiligen Leistungsstand des Auftragnehmers. Eventuelle Mängel in der Planung sind zu berücksichtigen. Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014
Baufachliche Aufgaben nach HOAI 2013
Projektstufe
Leistungsphase
4 Ausführung 1 Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele 2 Prüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten (außer bauausführenden Unternehmen) zur Zahlung 3 Überprüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungsprüfung der Objektüberwachung zur Zahlung an ausführende Unternehmen 4 Vorgeben der Deckungsbestätigungen für Nachträge 5 Fortschreiben der Planung zu Mittelbedarf und Mittelabfluss 6 Fortschreiben der projektspezifischen Kostenverfolgung (kontinuierlich)
8 (Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Dokumentation) h) Vergleich der Ergebnisse der Rechnungsprüfung mit den Auftragssummen einschließlich Nachträgen i) Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen j) Kostenfeststellung, z. B. nach DIN 276
Abb. 6.12: Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (4). (AHO (Hrsg.): Heft 9, Mai 2014, S.19–20 und HOAI 2013, Anlage 10, jeweils nur Grundleistungen)
Vergleich der Ergebnisse der Rechnungsprüfung mit den Auftragssummen einschließlich Nachträgen (HOAI) Die Objektplanung prüft die Rechnungen der bauausführenden Unternehmen und Lieferungen aus dem eigenen Fachbereich in fachtechnischer und rechnerischer Hinsicht auf Richtigkeit und Vertragsgemäßheit. Dabei werden die Abrechnungsstände einschließlich der anerkannten Nachtragsforderungen je Bauvertrag ermittelt und der Auftragssumme gegenübergestellt. Differenzbeträge aus Über- oder Unterschreitung werden ausgewiesen. Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen (HOAI) Das Vergleichen der Leistungsabrechnungen der bauausführenden Unternehmen soll zeitnah erfolgen. Dabei sind übergeordnet auch immer Gesamtkosten zu berücksichtigen.
6.1 (Investitions-)Kosten
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Kostenfeststellung, zum Beispiel nach DIN 276 (HOAI) Die Grundlagen der Kostenfeststellung regelt die DIN 276. Sie beinhaltet die Gesamtkosten des Projekts. Die Unterteilung der Gesamtkosten nach den Kostengruppen mindestens bis zur dritten Ebene der Kostengliederung ist die beste Möglichkeit, eigene Kostenkennwerte für weitere Projekte zu gewinnen. Vorgeben von Deckungsbestätigungen für Nachträge (AHO) Unter einem Nachtrag ist eine Vertragsänderung oder -anpassung zu verstehen. Ursachen hierfür gibt es zahlreiche, z. B. Änderungen der Planung nach Beauftragung der Bauleistungen oder Bauablaufstörungen, um nur ganz wenige Gründe zu nennen. Entscheidend für die Kostensicherheit ist der Umstand, dass sich die genannten Ursachen nicht nur auf den Projektfortschritt, sondern auch immer auf die Kosten des Projekts auswirken. Die oben bereits genannte Bewertung der voraussichtlichen Kosten der Vergabeeinheiten kann nur auf der Grundlage von Erfahrungen geschätzt werden. Die Festlegung einer Deckungsbestätigung je Vergabeeinheit oder eines Auftrags folgt dieser Einschätzung. Die Änderungen von Auftragswerten bis zur Schlussrechnung eines Bauvertrags sind von der Objektüberwachung sorgfältig zu dokumentieren. Die Projektleitung/Projektsteuerung soll „in der Sache“ behilflich sein und nicht nur die Objektüberwachung überprüfen. Sie muss dem Auftraggeber auch vermitteln, dass Änderungen der Planung, Verzögerung von Entscheidungen und auch die Wahl ungeeigneter, wenn auch „billiger“ ausführender Unternehmen ein fruchtbarer Nährboden des hässlichen Phänomens „Claim-Management“ und den daraus resultierenden Nachtragsforderungen sind. Bauherrenaufgaben nach AHO Heft 9 Mai 2014
Baufachliche Aufgaben nach HOAI 2013
Projektstufe
Leistungsphase
5 Projektabschluss 1 Überprüfen der Kostenfeststellung der Objektund Fachplaner
9 (Objektbetreuung) –
2 Prüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungen der Planungsbeteiligten und sonstigen Projektbeteiligten zur Zahlung 3 Überprüfen und Freigabevorschläge bzgl. der Rechnungsprüfung der Objektüberwachung zur Zahlung an ausführende Unternehmen 4 Überprüfen der Leistungen der Planungsbeteiligten bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen Abb. 6.13: Kostenplanung nach AHO und HOAI im Zusammenhang (5). (AHO (Hrsg.): Heft 9, Mai 2014, S.21 und HOAI 2013, Anlage 10, jeweils nur Grundleistungen)
Überprüfen der Kostenfeststellung der Objekt- und Fachplaner (AHO) Die Kostenfeststellung ist eine Grundleistung der Objektplanung. Die an der Planung fachlich Beteiligten, hierbei v. a. die Fachingenieure der Technischen Ausrüstung je nach Anlagengruppe, haben hierzu die anteiligen Kosten festzustellen. Nicht immer hat der
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6 Kosten und Finanzierung
Objektplaner die Kenntnis der Gesamtkosten. Häufig sind Auftraggeber nicht bereit, dem Objektplaner z. B. die Kosten des Grundstücks (KG 100 nach DIN 276) oder die vollständigen Baunebenkosten (KG 700 nach DIN 276) zu benennen. Es ist dann Aufgabe der Projektleitung/Projektsteuerung, die vorliegenden Teile der Kostenfeststellung zu vervollständigen. Dazu gehören – Überprüfen der Kostenfeststellungen der Planer, – Ergänzen der Kostenanteile, die der Aufraggeber anderen an der Planung Beteiligten nicht benennen wollte und ggf. – Berechnungen von Eigenleistungen; dazu gehören der Aufwand für die Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben, soweit sie nicht Gegenstand von Zahlungen z. B. für eine Projektsteuerung gewesen sind, und die Kosten der Finanzierung (KG 760 nach DIN 276) aus der Inanspruchnahme von Eigen- und Fremdmitteln. Überprüfen und Freigabevorschläge bzgl. Rechnungsprüfung der Objektüberwachung zur Zahlung an ausführende Unternehmen (AHO) Nach Abnahme der Bauleistungen ist der Auftraggeber zur Zahlung der noch ausstehenden Rechnungsbeträge verpflichtet. Nach Prüfung der Rechnungen durch den Objekt- und die Fachplaner führt die Projektleitung/Projetsteuerung eine Überprüfung durch und schlägt die Freigabe der Zahlung vor. Als Voraussetzungen für den Freigabevorschlag werden in AHO Heft 9 Mai 2014 folgende Punkte genannt: „– die vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme und Vorlage des rechtsgültig unterzeichneten Abnahmeprotokolls, – die Beseitigung bei der fachtechnischen Vorbegehung zur rechtsgeschäftlichen Abnahme festgestellten wesentlichen Mängel, – ggf. die Vorlage der vollständigen Revisionsunterlagen, – die abschließende Prüfung der Schlussrechnung durch die Objektüberwachung.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 114) Überprüfen der Leistungen der Planungsbeteiligten bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen (AHO) Im Bauvertrag kann vereinbart werden, dass der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist eine Sicherheit einbehalten darf. Die Höhe des Sicherheitseinbehalts beträgt meist 5 Prozent des Auftragswerts. Ist im Bauvertrag die Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) wirksam vereinbart, so ist der Auftraggeber verpflichtet, den Sicherheitseinbehalt auf ein Sperrkonto eines Geldinstituts einzuzahlen. Bei öffentlichen Auftraggebern kann die Einzahlung auch auf ein eigenes Verwahrgeldkonto erfolgen. (vgl. http://www.baurechtstipps.de/_subseite.php?content=2) Grundsätzlich hat die Objektplanung an der Freigabe der Sicherheitsleistungen mitzuwirken. Aufgabe der Projektleitung/Projektsteuerung ist die entsprechende sachliche und rechnerische Überprüfung.
6.1 (Investitions-)Kosten
331
Abschließen der projektspezifischen Kostenverfolgung (AHO) Die Dokumentation der Kostenplanung, v. a. der Kostenkontrolle und Kostensteuerung, soll grundsätzlich während und zum Abschluss jeder einzelnen Projektstufe erfolgen. Bei größeren Projekten ist ein Kostenberichtswesen der geeignete Weg, um das Projekt „im Spiegel“ der Kostenplanung abzubilden. Das gilt erst recht für die Projektstufe 5 Projektabschluss. Eine Projektleitung soll vorzugsweise über die gesamte Projektdauer für die Durchführung und den Abschluss eines Projekts durch eine Person verantwortet werden. Insofern soll diese Person auch das Projekt formal beenden und dem Auftraggeber über die Ergebnisse berichten und Rechenschaft ablegen, hier eben auch für die Projektkosten. Eine Projektsteuerung ist nicht immer bis zur letzten Schlussrechnung mit dem Projekt befasst. In einem solchen Fall hat eine Projektsteuerung zum Zeitpunkt des Vertragsendes eine differenzierte Aufstellung der Kostenentwicklung abzulegen oder mit den Worten des AHO „[…] die einzelnen Kostenblöcke darzustellen: – abgerechnete Leistungen mit deckungsgleichem Zahlungsstand, – abgerechnete Leistungen mit abweichendem Zahlungsstand, weil z. B. noch Sicherheitseinbehalte bestehen, unter Angabe der noch zu leistenden Zahlungen sowie – noch nicht abgerechnete Leistungen mit zu erwartender voraussichtlicher Abrechnungshöhe, Angabe der Höhe der bis dato geleisteten (Abschlags-)Zahlungen.“ (AHO (Hrsg.): Heft 9 Mai 2014, S. 114) Wie bei jeder anderen Kostenaussage sollen die Gesamtkosten (KG 100–700 nach DIN 276) berücksichtigt werden, oder es soll deutlich dargestellt werden, welche Kostenanteile nicht enthalten sind. Zusammenfassung der Aufgaben einer Projektsteuerung (AHO) Die Aufgaben der Projektsteuerung im Handlungsbereich C – Kosten und Finanzierung sind in den Abbildungen 6.10 bis 6.13 im Einzelnen und nach Projektstufen dargestellt worden. Sie erfordern ein umfangreiches Fachwissen über die Art des Projekts und den Planungs- und Bauprozess. Bauherren können an einen Dritten, z. B. eine Projektsteuerung, folgende Aufgaben delegieren (Aufzählung ohne Angabe der Projektstufen): – Mitwirken beim Festlegen des Kostenrahmens für das Bauprojekt (Baukosten) sowie der Nutzungskosten (Folgeaufwand) – Mitwirken beim Ermitteln und Beantragen von Investitionsmitteln – Einrichten und Fortschreibung sowie Abschluss der Projektbuchhaltung – mittelfristige Finanzplanung, Planung von Mittelbedarf und Mittelabfluss – Überprüfen der Kostenermittlungen der Objektplaner und der fachlich Beteiligten – Kostenkontrolle durch Vergleich von Kostenermittlungen mit dem Kostenrahmen sowie der Kostenermittlungen der verschiedenen Leistungsphasen – Kostensteuerung zur Einhaltung der Kostenziele
332
6 Kosten und Finanzierung
– Zusammenstellen und Aktualisieren der Nutzungskosten oder Veranlassen ihrer Aktualisierung – Vorbereitung bei der Vergabe, dabei insbesondere Vorgabe der Soll-Werte für Vergabeeinheiten auf der Basis der Kostenberechnung – Mitwirkung bei der Vergabe, dabei insbesondere Überprüfen der Angebote im Hinblick auf die vorgegebenen Kostenziele und Beurteilung der Angemessenheit der Preise sowie Vorgabe von Deckungsbestätigungen für Aufträge – Beurteilung der Prüfung von Nachträgen, die durch die Planer im Rahmen der Objektüberwachung erfolgt, und Vorgabe von Deckungsbestätigungen für Nachträge – Prüfen und Freigeben von Abschlags- und Schlussrechnungen zur Zahlung sowie Mitwirken bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen Ein Teil dieser Aufgaben kann als Besondere Leistung auch an einen Planer beauftragt werden. Allerdings gilt dies nicht für die Überprüfung seiner eigenen Kostenermittlungen sowie das Prüfen von Nachträgen und Honorarrechnungen für Planungsleistungen. Die Aufgaben des Projektsteuerers liegen hauptsächlich in der Kostenkontrolle und der Kostensteuerung. Grundlage hierfür sind vollständige und aktuelle Kostenermittlungen des Architekten und der weiteren an der Planung Beteiligten. Um aus allen Informationen ein genaues Bild über die Kosten des Projekts zu erhalten und um die Kostenkontrolle durchführen zu können, sind Voraussetzungen zu schaffen, die ein Projektsteuerer im Auftrag des Bauherrn zu prüfen hat. Welche einzelnen Aufgaben der Bauherr selbst übernimmt oder an einen Projektsteuerer überträgt, ist im Einzelfall zu regeln. Überschneidungen mit der Kostenplanung des Architekten und der fachlich Beteiligten sind zu vermeiden. Es ist jeweils zu überprüfen: – Einhaltung der vom Bauherrn vorgegebenen wirtschaftlichen Planungsziele, insbesondere die Einhaltung der Kostenvorgabe – Vollständigkeit und Überschneidungsfreiheit der einzelnen Kostenermittlungen durch Vergleich mit der Aufgabenstellung für das Bauwerk und mit dem jeweiligen Leistungsbild des Planers – Übereinstimmung der Kostenermittlung mit der Baubeschreibung und anderen Leistungen des Objektplaners und der fachlich Beteiligten, z. B. Deckenstärke in den Planunterlagen mit der Bemessung in der statischen Ermittlung – Richtigkeit der Mengenermittlung durch Berechnung einzelner Mengen (Stichproben) aus den Planunterlagen bzw. der Baubeschreibung, Wahl der Mengeneinheit, z. B. m² BGF – Angemessenheit der Einheitspreise durch Vergleich mit anderen Einheitspreisen oder Kennwerten – Erläuterungsbericht des Planers zur Kostenermittlung auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit der Ermittlung und den Planunterlagen
6.1 (Investitions-)Kosten
333
– Aktualität der Kostenermittlung durch Vergleich mit dem aktuellen Planungsstand – Kostenrisiken unter Berücksichtigung voraussichtlicher Preisentwicklungen und sonstiger Projektbedingungen – regelmäßiges Erstellen eines Kostenberichtes, z. B. monatlich nach Vorgaben oder in Abstimmung des Aufbaus mit dem Bauherrn Die von den Objekt- und Fachplanern aufgestellten Kostenermittlungen müssen auf der Bauherrenseite geprüft werden. Werden aber Kostenermittlungen von einem Projektsteuerer durchgeführt, ist deren unabhängige Prüfung nicht mehr möglich. Die Kontrollfunktion des Projektsteuerers ist dann in diesem Bereich so gut wie überflüssig. Auch wird er bei der Ermittlung der Kosten nicht auf jeden Fall den vollen Planungsinhalt erfassen können, da er lediglich auf Planunterlagen und Beschreibungen zurückgreifen kann, und niemals so gut in die Planung eingebunden ist wie der Architekt selbst. In Bezug auf das Objekt muss sich der Projektsteuerer auf die Überprüfung der Kostenplanung beschränken. Die Kostensteuerung hat im Aufgabenfeld der Projektsteuerung/Projektleitung eine große Bedeutung, sie ist das gezielte Eingreifen in die Entwicklung der Kosten, insbesondere bei Abweichungen, die durch die Kostenkontrolle festgestellt werden. Voraussetzungen für die wirksame Kostensteuerung sind – angemessener Kostenrahmen als Vorgabe für einzelne Bauwerke und einzelne Planungsaufträge, wobei die Wirtschaftlichkeit zu prüfen ist, – Möglichkeit der durchgängigen Kostenkontrolle von der Grundlagenermittlung bis zur Ausführungsplanung, wofür eine einheitliche Kostenstruktur unabdingbar ist, – vollständige Erfassung, Bewertung und Entscheidung von gewünschten oder notwendigen Planungsänderungen mit Fortschreiben der Kosten, – Gliederung der Kostenermittlungen nach Vergabeeinheiten, – frühzeitiges Feststellen von Mengenabweichungen der Bauelemente und Bezugseinheiten in jeder Projektphase, – fortlaufende Prüfung der Planungs-, Angebots-, Auftrags- und Abrechnungswerte im Sinne des regelmäßigen Kostenanschlages zur Kostenkontrolle, – Zuordnung von Kosten, insbesondere Kostenänderungen aufgrund von Zusatz- und Sonderausstattungen nach Nutzungsbereichen mit Fortschreiben der Kosten, – Gliederung von Kostenermittlungen entsprechend den Erfordernissen des betrieblichen Rechnungswesens, – Dokumentation der Kostenermittlungen als Kostenfeststellung zum Nachweis entstandener Kosten für bestimmte Bauteile oder Nutzungsbereiche und – Definition von Schnittstellen in der Planung und Vertragsgestaltung.
334
6 Kosten und Finanzierung
Der Architekt, die fachlich Beteiligten und die Kostenplanung Der Architekt schuldet im Hinblick auf die Kostenplanung die entsprechende Leistung im Rahmen seiner Möglichkeiten. Dazu gehört auf jeden Fall die Beratung des Bauherrn hinsichtlich der Voraussetzungen der Kostenplanung, z. B. Festlegungen zum Planungsinhalt. Zur erforderlichen Sorgfalt der Planung gehören u. a. die Identifikation und die Analyse von Kostenrisiken. Gemeint sind damit Unwägbarkeiten und Unsicherheiten bei Kostenermittlungen und Kostenprognosen, z. B. Preisentwicklungen auf dem Markt von Baustoffen. Wird im Vertrag des Objektplaners eine Kostenvorgabe ausdrücklich vereinbart, dann ist der Auftragnehmer verpflichtet, die Planung so durchzuführen, dass die Kostenvorgabe eingehalten wird. Der Planungsvertrag ist ein Werkvertrag. Die Objektplanung ist gemäß § 633 Abs. 2 BGB mit einem Sachmangel behaftet, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dies gilt auch, wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, oder, falls diese fehlt, die gewöhnliche Verwendung eignet. Welche Beschaffenheit des Architekten- oder Ingenieurwerks die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags. Hierzu gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Bereits in der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) nach HOAI 2013 hat der Objektplaner eine umfassende Beratungspflicht. Er hat dabei die finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn auszuloten. Das Aufstellen eines Kostenrahmens ist keine Grundleistung nach HOAI. Der Kostenrahmen soll Gegenstand der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers sein. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich also nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistungs- oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit Sachmangel angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (Urteil BGH 08.11.2007 – VII ZR 183/05). Die fachlich Beteiligten, dies sind Fachingenieure für die Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung, wirken bei der Kostenplanung für ihren jeweiligen Fachbereich mit. Aufgabe des Architekten ist die Integration der Beiträge der fachlich Beteiligten und die Zusammenfassung der Kostenplanung, bezogen auf das Bauwerk. Entscheidend für die erfolgreiche Koordination und Integration der Beiträge der an der Planung fachlich Beteiligten (hier: der Kostenplanung) ist die rechtzeitige Beauftragung des Tragwerksplaners, der Fachingenieure und der sonstigen Projekt- und Planungsbeteiligten bereits in der Projektvorbereitung. Fragen des Baugrunds, der Bauphysik und andere Gesichtspunkte können bei vielen Projekten schon für einen Kostenrahmen von Bedeutung sein. Vom Architekten kann nicht verlangt werden, dass er allein für alle Fachbereiche, z. B. Lufttechnische Anlagen, die notwendigen Kostenaussagen treffen kann.
6.1 (Investitions-)Kosten
6.1.4
335
Verfahren der Kostenermittlung
Unter „Verfahren der Kostenermittlung“ werden die unterschiedlichen praktischen Anwendungen bei der Kennwertbildung und Mengenermittlung verstanden. Für die Verfahren in der Kostenplanung enthält die DIN 276-1 keine Regelung. Es wird ein kurzer Überblick zu den Verfahren gegeben, die sich in der Praxis entwickelt haben: – Einwertverfahren – Mehrwertverfahren – nutzungsbezogene Verfahren – gebäudebezogene Verfahren – Bauelementverfahren – ausführungsorientierte Verfahren – kombinierte Verfahren Die Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der notwendigen Kenntnisse über den Gegenstand der Planung, den Grad der Detaillierung, den jeweiligen Bezug auf die Planung oder die Ausführung, den Aufwand bei der Bearbeitung und die dafür angemessene Vergütung (siehe Abb. 6.15). Die Vergütung ist davon abhängig, ob es sich um eine Grundleistung oder eine Besondere Leistung handelt. Es werden, unterschieden nach Einwertverfahren und Mehrwertverfahren, das nutzungsbezogene Verfahren, das gebäudebezogene Verfahren, das Bauelemente-, das ausführungsorientierte und das kombinierte Verfahren und zur Optimierung der Planung zusätzlich die ABC-Analyse erläutert. Einwertverfahren Bei den Einwertverfahren kann die Bezugseinheit sein: – Nutzeinheit, z. B. Anzahl Kfz-Stellplätze – Brutto-Rauminhalt, z. B. m³ BRI Parkhaus – Brutto-Grundfläche, z. B. m² BGF Bürogebäude (siehe Abb. 6.14) – Nutzfläche, z. B. m² NF Büroraum – Wohnfläche, z. B. m² WFL Wohnraum
Abb. 6.14: Brutto-Rauminhalt und Brutto-Grundfläche nach DIN 277. (Baukosten-Handbuch des BKB der AKBW, 1981, S. 28)
336
6 Kosten und Finanzierung
Verfahren
Beispiele
Anwendungen
Bemerkungen
nutzungsbezogene Verfahren – Nutzeinheiten (Einwertverfahren) – KFA-Methode (Mehrwert-Verfahren)
€/Kfz-Stellplatz, €/KFA 03 BTK
Kostenrahmen, Kostenrichtwerte, Grundlage kann das Raumund Funktionsprogramm sein
Grundleistung der Objektplanung, geeignet für erste Kostenaussagen, ungeeignet für das Bauen im Bestand
gebäudebezogene Verfahren (Einwertverfahren, nur eine Art der Nutzung und eine Bezugseinheit)
€/m² BGF oder €/m³ BRI von Bürobauten nach DIN 277, €/m² WFL nach WoFlV
Kostenschätzung (§ 34 HOAI, Grundleistung LPH 2), Kostenberechnung (§ 34 HOAI, Grundleistung LPH 3)
Grundleistung der Objektplanung, Planung, ungeeignet für Ausführung und Bauen im Bestand
Bauelementverfahren – Mengengerüste – Bauelementkatalog – Ausführungsarten (Mehrwertverfahren)
€/m² Dachfläche (Grobelement), €/m² Abdichtung (Unterelement), Standardvarianten
Optimierung der Planung durch Variantenbildung, bereits in der Kostenberechnung möglich
Besondere Leistung der Objektplanung, v. a. beim Bauen im Bestand
ausführungsorientierte Verfahren – Vergabeeinheiten – Teilleistungen – Leitpositionen (Mehrwertverfahren)
€/Vergabeeinheit Estricharbeiten, €/m² Spachtelarbeiten, €/m³ Erdarbeiten
Kostenkontrolle in der Besondere Leistung der Objektplanung, v. a. Ausführung, Berechnung von Alternativen, beim Bauen im Bestand ABC-Analyse
kombinierte Verfahren – Kombination aus den Verfahren 1 bis 4 (vgl. oben) (Mehrwertverfahren)
differenzierte Ermittlungen mit z. B. KGLB-AE in Verbindung mit Nutzeinheiten, Flächen, Räumen
Kostenanschlag, Kostenkontrolle in der Ausführung, Kalkulation von Alternativlösungen und ABCAnalyse
Abkürzungen: AE Abrechnungseinheit BGF Brutto-Grundfläche BTK Kosten des Bauwerks – Technische Anlagen BRI Brutto-Rauminhalt KG Kostengruppe KFA Kostenflächenart Kfz Kraftfahrzeug LB Leistungsbereich (StLB) LPH Leistungsphase (HOAI) WFL Wohnfläche (WoFlV). Abb. 6.15:
Verfahren der Kostenplanung – Beispiele und Anwendungen.
Besondere Leistung der Objektplanung, v. a. beim Bauen im Bestand
6.1 (Investitions-)Kosten
337
Die Kostenermittlung nach einem Einwertverfahren wird aus den Mengen der Bezugseinheit und einem Kennwert (z. B. 460 €/m² BGF) gebildet und bezieht sich auf die Baukosten (KG 300–600) oder auf die Bauwerkskosten (KG 300+400). Sie ist einfach und erfordert einen geringen Arbeitsaufwand, hat aber folgende Nachteile: –
Häufig stehen geeignete Kennwerte nicht zur Verfügung.
–
Die Geometrie des Gebäudes wird nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt.
–
Änderungen der Planung lassen sich nicht in ausreichender Genauigkeit abbilden.
–
Änderungen bieten keine ausreichenden Voraussetzungen für die Kostenkontrolle.
Mehrwertverfahren Bei den Mehrwertverfahren wird die Bezugseinheit des Einwertverfahrens durch mehrere Bezugseinheiten ersetzt. Infrage kommen: –
Nutzeinheiten,
–
Flächenarten,
–
Bauelemente (siehe Abb. 6.16),
–
Ausführungsarten sowie
–
Leistungsbereiche.
Abb. 6.16: Bauelemente nach DIN 276, zweite Ebene der Kostengliederung. (Baukosten-Handbuch des BKB der AKBW, 1981, S. 28)
Die Kostenermittlung über ein Mehrwertverfahren erlaubt bereits in frühen Leistungsphasen der Planung, sogar bereits auf der Grundlage eines Raum- und Funktionsprogramms, die Berücksichtigung der Nutzung, der Geometrie des Bauwerks, des Grades der Technischen Ausrüstung, z. B. lufttechnisch versorgte Flächen, sowie unterschiedlicher Qualitäten des Bauwerks, beispielsweise nach Ausführungsarten. Durch die Unterscheidung in Leistungsbereiche (LB) werden die Kosten ausführungsorientiert gegliedert. Dies ist für die Kostenkontrolle bei der Vergabe und der Bauausführung von Vorteil.
338
6 Kosten und Finanzierung
Die Gliederung von Kostenermittlungen in der Planung unterscheidet sich grundsätzlich von der Gliederung in der Ausführung. Während in der Planung üblicherweise die Kostenschätzung und die Kostenberechnung entsprechend der Gliederung der Kostengruppen nach DIN 276-1 aufgebaut werden, erfolgen der Kostenanschlag und die Kostenfeststellung vorrangig nach Vergabeeinheiten bzw. Aufträgen. Die Durchgängigkeit der Kostenplanung wird durch dieses Verfahren möglich. Im Unterschied zu den Einwertverfahren der Kostenermittlung, z. B. Kosten pro m² Bauwerk (BGF nach DIN 277), steht bei den Mehrwertverfahren eine Vielzahl von Bauteilen als Bezugseinheit für Kostenwerte zur Verfügung, z. B. m² Deckenbeläge (KG 352 nach DIN 276). Die höhere Zahl von Kostenwerten und Bezugseinheiten führt zu einer höheren Genauigkeit bei der Kostenermittlung. Das beruht auf dem Gauß’schen Fehlerausgleichsgesetz, nach dem der mittlere Fehler in der Addition vieler Werte geringer ist als bei der Ermittlung nur eines Wertes. Nutzungsbezogene Verfahren Bei den nutzungsbezogenen Verfahren, für die Ein- oder Mehrwertverfahren angewandt werden, steht die Art der Nutzung im Vordergrund. Es wird unterstellt, dass diese auf die Art und den Umfang der Baukonstruktionen und der Technischen Anlagen einen maßgeblichen Einfluss hat, der sich in den Baukosten der gewählten Bezugseinheiten niederschlägt. Zu den nutzungsbezogenen Verfahren zählen – die Kostenermittlung nach Nutzeinheiten, z. B. das Kostenrichtwertverfahren, und – die Kostenflächenarten-Methode.
6.1 (Investitions-)Kosten
339
Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude Der Hochschulbau ist Aufgabe der Länder. Für den Bau von Hochschulgebäuden werden vom Ausschuss für den Staatlichen Hochbau der Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU) Kostenrichtwerte vorgegeben. Die Kostenrichtwerte werden nach 17 Gebäudenutzungen nach Studiengängen, aber auch nach Umfang der Forschung und dem Installationsgrad unterschieden (siehe Abb. 6.17 und 6.18).
Richtwertgruppe
I. Institutsbauten
1
2
Gebäudenutzung
Bauwerkskosten
Gesamtbaukosten
Bauwerkskosten
Gesamtbaukosten
(KG 300+400)
(KG 200–700)
(KG 300+400)
(KG 200–700)
/NFa [€/m²] Geisteswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Sozialwissenschaften Agrar- u. Forstwissenschaften, Tierhaltung (ohne hoch-
/NFa [€/m²]
/NF 1–6
/NF 1–6
prozent. Anteil Technikkosten an BWK
(vormals HNF)
(vormals HNF)
[€/m²]
[€/m²]
[%]
2.550
3.380
2.830
3.750
23
2.680
3.550
3.010
3.980
27
2.760
3.670
3.200
4.250
19
3.210
4.260
3.510
4.650
30
3.780
5.010
4.330
5.740
32
install. Forschungsgebiete)
3
Erziehungswissenschaften, Kunst und Design
4
Ingenieurwissenschaften, (z. B. Elektrotechnik, Bauwesen, Maschinenbau/ Verfahrenstechnik) Informatik, Mathematik
5
Naturwissenschaften (z. B. Geowissenschaften, Ernährungswissenschaften),
Sportwissenschaften 6
Medizin (ohne Kliniken)
4.380
5.800
4.530
6.000
39
7
Musikwissenschaften
4.070
5.410
5.340
7.080
27
8
Chemie, Physik, Biologie, Pharmazie
4.800
6.360
5.320
7.030
41
Hochinstallierte Institutsbauten 9 10
überwiegend der Forschung dienende Gebäude, deren Anforderungen an die baulich-konstruktive und technische Ausstattung die der Richtwertgruppe 1–8 übersteigen
Medizinische Forschung
6.010
7.950
6.440
8.520
44
Physikforschung, Tierforschung/ Biologieforschung, Materialforschung
7.920
10.490
8.810
11.670
52
Abb. 6.17: Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude (1). (Bauministerkonferenz […]: Kostenrichtwerte […]. 2012 – Indexstand 08/2012 (120,4 – Basis 2005=100), S. 1)
340
6 Kosten und Finanzierung
Richtwertgruppe
II. Weitere Hochschulgebäude Gebäudenutzung
Bauwerkskosten
Gesamtbaukosten
Bauwerkskosten
Gesamtbaukosten
(KG 300+400)
(KG 200–700)
(KG 300+400)
(KG 200–700)
1
Sporthallen
1.970
2.620
2.370
3.140
21
2
Verwaltungsgebäude
2.390
3.170
2.890
3.840
20
3
Bibliotheksgebäude
2.560
3.400
2.750
3.640
26
4
Seminargebäude
2.740
3.640
3.050
4.050
26
5
Mensen
3.960
5.250
4.470
5.930
33
6
Rechenzentren
4.380
5.800
4.820
6.390
36
7
Hörsaalgebäude
4.430
5.870
5.510
6.840
25
/NFa [€/m²]
/NFa [€/m²]
/NF 1–6
/NF 1–6
(vormals HNF)
(vormals HNF)
[€/m²]
[€/m²]
prozent. Anteil Technikkosten an BWK [%]
Abb. 6.18: Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude (2). (Bauministerkonferenz […]: Kostenrichtwerte […]. 2012 – Indexstand 08/2012 (120,4 – Basis 2005=100), S. 2)
Die nachfolgenden Erläuterungen sind für das Verständnis der Kostenrichtwerte erforderlich. „III. Erläuterungen 1. Datengrundlage Die Kostenrichtwerte wurden auf der Grundlage realisierter Baumaßnahmen aus der gemeinsamen Datenbank der Länder und des Bundes bei der IWB Freiburg (Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg – Betriebsleitung) entwickelt. Sie stellen Mittelwerte für Neubauten der jeweiligen Gebäudenutzungen dar und sind in der letzten Stelle kaufmännisch gerundet. Die einzelnen Analyseergebnisse befinden sich bei der IWB Freiburg. 2. Kostenstand Der Kostenstand bezieht sich auf den Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes und die Indexreihe des Jahres 2005 = 100, einschließlich Mehrwertsteuer. Wegen der EUharmonisierten Neufassung der Indexreihe 2005 sind Indexberechnungen ausschließlich auf dieser Basis zulässig. Der aktuelle Index liegt bei 120,4. (August 2012). 3. Kostengruppen der DIN 276 Den Kostenrichtwerten liegen die Kostengruppen (KG) der DIN 276, November 2006, zugrunde. Dabei werden die Kostengruppen 300 ‚Bauwerk – Baukonstruktionen‘ und 400 ‚Bauwerk – Technische Anlagen‘ mit dem Begriff der Bauwerkskosten zusammengefasst. Unter dem Begriff der Gesamtbaukosten werden die Kosten der KG 200–700 dargestellt. Die Grundstückskosten der KG 100 sind in den Kostenrichtwerten nicht enthalten. Der Kostenanteil der KG 400 ‚Technische Anlagen‘ wird separat dargestellt.
6.1 (Investitions-)Kosten
341
4. Kostenanteile der KG 200, 500, 600, 700 der DIN 276 In den Gesamtbaukosten sind die KG 200 ‚Herrichten und Erschließen‘, 500 ‚Außenanlagen‘, 600 ‚Ausstattung und Kunstwerke‘ und 700 ‚Baunebenkosten‘ in Form eines Zuschlages von 33 Prozent auf die Bauwerkskosten enthalten. Diese Kostenanteile können projektspezifisch stark abweichen. Die Kosten der Ersteinrichtung sind nicht enthalten. 5. Bezugsflächen der DIN 277 Den Kostenrichtwerten liegen die Bezugsflächen der DIN 277, Februar 2005, zugrunde. In den Spalten 3+4 ist die Bezugsfläche die Nutzfläche (NF) als Summe der Nutzflächen 1–7. Die hier enthaltene Nutzfläche 7 ‚Sonstige Nutzflächen‘ entspricht der vormaligen Nebennutzfläche (NNF) der DIN 277, Juni 1987 und umfasst die Flächen für Sanitärräume, Garderoben, Abstellräume, Garagen/Abstellflächen, Fahrzeugabstellflächen, Fahrgastabstellräume, Räume für zentrale Technik und Schutzräume. Der in den Spalten 5+6 dargestellte Kostenrichtwert bezieht sich auf die vormalige Hauptnutzfläche (HNF). 6. Projektspezifische Kostenanpassung „Die Kostenrichtwerte stellen statistische Mittelwerte von bundesweit erhobenen realisierten Neubaumaßnahmen dar. Bei der Anwendung für Kostenermittlungen können projektspezifisch bedeutsame Anpassungen erforderlich werden, die im Einzelfall vorzunehmen sind. Dabei kommen unter anderem folgende Faktoren und Besonderheiten in Betracht: Grundstücksspezifika, vom Mittelwert abweichender Baustandard, Mischnutzungen, abweichender Anteil der Technikkosten, abweichender Anteil der Baunebenkosten, untypische Baumaßnahmen wie Aufstockung oder Erweiterung, länderspezifische Baumarktsituation.“ (Bauministerkonferenz, Ausschuss für Staatlichen Hochbau (Hrsg.): Kostenrichtwerte für Hochschulgebäude […]. 2012, S. 2) Mithilfe der Kostenrichtwerte wird ein Kostenrahmen aufgestellt. Dieser ist Grundlage der Finanzierung und der Kostenkontrolle im weiteren Projektverlauf. Eine Besonderheit der Kostenplanung nach den Kostenrichtwerten ist der Begriff „Gesamtbaukosten“ (KG 200–700 nach DIN 276), der von „Gesamtkosten“ (KG 100–700 nach DIN 276) zu unterscheiden ist. Kostenflächenarten-Methode Die Kostenflächenarten-(KFA-)Methode wurde von der Staatlichen Bauverwaltung BadenWürttemberg für die Bauvorhaben der Länder entwickelt. Sie erlaubt es, bereits in der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) auf der Grundlage des Raum- und Funktionsprogramms eine erste Kostenermittlung, den Kostenrahmen, zu ermitteln. Dabei wird jeder Nutzfläche „[…] eine Kostenflächenart (KFA 1–9) gemäß ihrer spezifischen Nutzung und entsprechenden Ausstattung zugeordnet. Die Funktions- und Verkehrsflächen – letztere aufgeteilt in horizontale und vertikale Flächenanteile (Treppen) – müssen ebenfalls berücksichtigt werden (KFA 10–12). Die aufgrund unterschiedlicher Raumgeometrien entstehenden Kosten werden über den Brutto-Rauminhalt (BRI) in die Berechnung mit einbezogen (KFA 13). Da die Flächen der KFA 10 bis 13 üblicherweise nicht im Raumprogramm ausgewiesen werden, ist für diese Flächen eine Prognose über Planungskennwerte notwendig.“ (http://www.baudialog-ingenieure.de/glossar/glossar.htm)
342
6 Kosten und Finanzierung
Es sind rund 1500 Nutzungen standardisiert worden, die unterschiedlichen Kostenflächenarten zugeordnet werden. Raum- RaumbeNr. zeichnung
Nutzungsart
NC
Nutzfläche
KFA
Kennwert BBK
BTK
1
Büro
techn./kaufm. Leitung
21120
35 m²
04
820,-
240,-
2
Lager
Teilelager Halbzeuge
41410
30 m²
03
600,-
105,-
3
Werkstatt
Motorenbau
32130
63 m²
05
1.035,-
575,-
4
Montage
Montage roh
31200
240 m²
02
380,-
55,-
5
Umkleide
Umkleide Männer
71320
12 m²
03
600,-
105,-
Index 5/90=100
Abkürzungen: BBK Kosten des Bauwerks – Baukonstruktionen (€/m² NF a) BTK KFA 01–09 NC
Kosten des Bauwerks – Technische Anlagen (€/m² NF a) Kostenflächenart, neun Arten von Nutzflächen (m² NFa) Nutzungscode (siehe hierzu den Nutzungscode-Katalog mit rund 1500 Nutzungen z. B. NC 71320 Umkleideraum Männer = KFA 03)
Kennwert
Kostenkennwert in €/m² Nutzfläche.
Abb. 6.19: Anwendung der KFA in der Grundlagenermittlung – Beispiel. (Bayer, W.: Kostenplanung mit Kostenflächenarten. In: Die Bauverwaltung und Gemeindebau 06/1996, S. 363 f.)
Gebäudebezogene Verfahren Bei den gebäudebezogenen Verfahren handelt es sich i. d. R. um Einwertverfahren. Sie sind in der Praxis noch häufig anzutreffen, obwohl sie durch folgende Kosteneinflussfaktoren verhältnismäßig ungenau sind: – Konjunktur (regional und überregional) – Standort – Anzahl der Nutzungseinheiten – Menge der Grundflächen und des Rauminhalts – räumliche Konzeption, Grundriss und Tragkonstruktion – Organisation der Planung und Ausführung Nur bei Beachtung dieser Kosteneinflüsse, gleichen Rahmenbedingungen und im Fall von großer Routine lassen sich so Kostenermittlungen aufstellen, die ausreichend sicher sind. Kostenermittlungen über eine Bezugseinheit wie den Brutto-Rauminhalt oder die BruttoGrundfläche zählen sowohl zu den gebäudebezogenen Verfahren als auch zu den Einwertverfahren. Bei der Kostenermittlung über den Brutto-Rauminhalt oder die Brutto-Grundfläche werden die Gesamtkosten des Objekts aus der Bezugsmenge und einem geeigneten Kostenkennwert ermittelt. Dieses Verfahren wird i. d. R. nur bei Kostenermittlungen in den frühen Leistungsphasen angewandt, z. B. für die Kostenschätzung. Bei der Kostenermittlung über
6.1 (Investitions-)Kosten
343
die Nutzfläche (DIN 277-1:2005-02) oder die Wohnfläche (WoFlV) ist insbesondere die Art der geplanten Nutzung vorrangig zu berücksichtigen. Bauelementverfahren Bei den Bauelementverfahren können drei Ebenen unterschieden werden. Die folgende Gliederung kommt bei unterschiedlichen Verfahren vor: – Grobelemente – Unterelemente/Gebäudeelemente/Funktionselemente/Bauelemente – Ausführungsarten/Ausführungsklassen/Konstruktionselemente Die Elementmethode gliedert das Gebäude über seine Grob- oder Unterelemente in seine konstruktiven Bestandteile. Dadurch wird insbesondere die Geometrie des Gebäudes berücksichtigt. Den Arten der Kostenermittlungen entsprechend sieht die Elementmethode eine hierarchische Gliederung vor. Die weitere Gliederung des Bauwerks in Ausführungsklassen und Ausführungsarten kann ergänzend vorgenommen werden. Bei den Kostenermittlungen über Grobelemente handelt es sich um eine Alternative zu Kostenermittlungen über den BRI oder die BGF. Durch die Unterteilung des Bauwerks in Grobelemente fließen bei gleichem Planungsstand erheblich mehr Informationen in die Kostenermittlung ein. Dies bietet eine höhere Kostensicherheit. Ausführungsorientierte Verfahren Weiterhin sind die ausführungsorientierten Verfahren zu nennen. Abweichend von der vorgegebenen elementorientierten Gliederung in der DIN 276-1 können die Kosten in solchen Verfahren auch ausführungsorientiert gegliedert werden. Soweit es die Umstände des Einzelfalls zulassen, z. B. im Wohnungsbau, oder erfordern, z. B. bei Modernisierungen, können die Kosten ab der ersten Ebene der Kostengliederung nach herstellungstechnischen Gesichtspunkten unterteilt werden. Als Beispiel für eine ausführungsorientierte Gliederung nennt die Norm die Gliederung nach den Leistungsbereichen, wie sie vom Gemeinsamen Ausschuss für Elektronik im Bauwesen (GAEB) geführt wird. Weiterhin kann nach Vergabeeinheiten, Einzelleistungen oder erteilten Aufträgen gegliedert werden. Dies erleichtert die Kostenkontrolle in den späten Leistungsphasen. Aus diesen Verfahren können weitere entwickelt werden. „Hingegen ist eine zweckmäßige Kostenplanung in frühen Planungsphasen mit diesen Verfahren wegen fehlender Detailinformationen und der Vielzahl der Kostenbestandteile nicht oder nur sehr schwer möglich. Es werden jedoch die sichersten Kostenaussagen erteilt, da stets mit marktgängigen Werten gerechnet wird und Anpassungen über Indexrechnungen entfallen. Als Verfahren seien hier genannt: – Verfahren mit Teilleistungen, – Verfahren über Kalkulation, – Verfahren mit Leitpositionen.“ (Ruf, L.: Kostenermittlungsverfahren im Überblick. In: DAB 08/1994, S. 1230)
344
6 Kosten und Finanzierung
Eine sehr gute Möglichkeit der Kostenkontrolle und -steuerung gestattet die Erweiterung der Gliederung um Ausführungsarten (siehe Abb. 6.20). Ausführungsarten sind Varianten einer Baukonstruktion oder einer Technischen Anlage in einer hohen Detaillierung und unter Berücksichtigung von grundsätzlich infrage kommenden Varianten hinsichtlich – Funktion, – Gestaltung und – Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Bauprogramms. Die Mengen und Kennwerte der Elemente möglicher Ausführungsarten erlauben die gezielte Optimierung von Qualitäten und Quantitäten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bereits in der Planung. KG 325 Bodenbeläge und KG 352 Deckenbeläge Ausführungsarten
Ebenen (E) des Bauwerks und Mengen der Ausführungsarten (m²)
Kennwerte
Kosten
E 01
E 02
E 03
E 04
Alle E
€/m²
€
AA 01
0
10
0
0
10
10
100
AA 02
50
10
10
10
80
20
1.600
AA 03
0
30
40
20
90
35
3.150
AA 04
300
30
10
0
340
45
15.300
AA 05
50
10
20
0
80
50
4.000
AA 06
0
80
240
400
720
60
43.200
AA 07
90
60
40
50
240
95
22.800
AA 08
0
20
20
0
40
135
5.400
AA 09
10
250
120
20
400
175
70.000
Summe
500
500
500
500
2.000
-
165.550
Ausführungsarten mit Beschreibung und Teilbeträgen
Kennwerte
AA 01 Anstrich auf Beton (10 €/m²)
10 €/m²
AA 02 Anstrich auf Beton (10 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²)
20 €/m²
AA 03 Estrich (25 €/m²) mit Anstrich (10 €/m²)
35 €/m²
AA 04 Estrich (25 €/m²) auf Beton (10 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²)
45 €/m²
AA 05 Gumminoppen (25 €/m²) auf Estrich (25 €/m²)
50 €/m²
AA 06 Teppichboden (35 €/m²) auf Estrich (25 €/m²)
60 €/m²
AA 07 Fliesen (60 €/m²) auf Estrich (25 €/m²) mit Abdichtung (10 €/m²)
95 €/m²
AA 08 Teppichboden (35 €/m²) auf Doppelboden (100 €/m²)
135 €/m²
AA 09 Natursteinboden (150 €/m²) auf Estrich (25 €/m²)
175 €/m²
Abb. 6.20:
(Kostenstand 1. Quartal 2016, ohne Umsatzsteuer) Kostenermittlung über Ausführungsarten – Beispiel.
6.1 (Investitions-)Kosten
345
Kombinierte Verfahren Alle kombinierten Verfahren erfordern einen erhöhten Aufwand, nicht nur bei der Kostenplanung durch Architekten und Ingenieure, sondern besonders in der Vorbereitung eines Projekts. Dazu zählen – die Beschreibung des für das Projekt anzuwendenden Verfahrens im Organisationshandbuch, – das Aufstellen eines Element-Katalogs, um die Einheitlichkeit der Kostenermittlungen zu erreichen, – die Überprüfung des Katalogs auf die Erfüllung aller Erfordernisse aus Projektdurchführung und späterer Nutzung, – die möglichst vertraglich geregelte Verpflichtung aller Projektbeteiligten zur einheitlichen und vollständigen Anwendung sowie – die Regelung und technische Vorbereitung der Datenverarbeitung aufseiten des Bauherrn oder eines dafür verantwortlichen Auftragnehmers. Mit zunehmender Tiefe der Gliederung steigt nicht nur der Arbeitsaufwand bei der Kostenplanung. Darüber hinaus nimmt die Fehlerhäufigkeit zu, und es werden nicht benötigte Informationen gesammelt. Letztere werden als „Datenfriedhof“ bezeichnet. Der sorgfältigen Projektvorbereitung kommt in dieser Hinsicht eine besondere Bedeutung zu. Gute Möglichkeiten der Optimierung einer Planung, gleich in welchem Fachbereich, bietet eine ABC-Analyse. Die ABC-Analyse kommt aus der industriellen Materialwirtschaft. „Basis des Verfahrens sind empirische Untersuchungen des Mengen-Wert-Verhältnisses von Materialien, die zeigen, daß auf einen mengenmäßig geringfügigen Anteil der Materialpositionen ein hoher Wertanteil entfällt.“ (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre. 1990, S. 476)
Abb. 6.21: Mengen- und Wertanteile in der ABC-Analyse. (Schweizer, M.: Industriebetriebslehre. 1990, S. 476)
346
6 Kosten und Finanzierung
Mithilfe der ABC-Analyse lassen sich komplexe Probleme gliedern und in ihren quantitativen Strukturen sichtbar machen. Grundlage sind empirische Untersuchungen des MengenWert-Verhältnisses von Teilen eines Ganzen. Diese zeigen häufig, dass auf einen mengenmäßig geringen Umfang der Teile ein hoher Wertanteil entfällt. Dagegen machen die anderen Teile einen verhältnismäßig geringeren Wert aus (siehe Abb. 6.21). Die Gesamtmenge wird in A-Güter, B-Güter und C-Güter unterschieden. Erfahrungsgemäß haben die A-Güter einen geringen Mengenanteil, z. B. 10 Prozent, jedoch einen hohen Wertanteil, z. B. 50 Prozent. Dagegen haben die C-Güter einen hohen Mengenanteil, z. B. 50 Prozent, dabei aber nur einen geringen Wertanteil, z. B. 20 Prozent. Die Verteilung der dabei betrachteten Materialien oder vergleichbarer Güter lässt sich als Funktion darstellen. Durch die Kenntnis von relativer Bedeutung der Mengenanteile und der Wertanteile wird eine Optimierung des Ganzen wesentlich erleichtert. Die ABC-Analyse wurde von dem bekannten italienischen Ingenieur, Sozialwissenschaftler und Soziologen Vilfredo Pareto (1848–1923) entwickelt. Die Anwendung der ABC-Anlayse ist u. a. in der Materialwirtschaft, der Lagerhaltung oder im Zeitmanagement verbreitet. Sie kann auch in der Kostenplanung bei Bauprojekten nach den folgenden Kriterien erfolgen: – Mengen, z. B. Grundflächen oder Bauteile – Kosten, z. B. Positionen in der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis – Erlöse, z. B. Verkaufs- oder Mieterlöse von Wohnungen Vor allem für die Planung von Maßnahmen im Bestand ist es hilfreich, nicht nur die Mengen, sondern v. a. frühzeitig die Wertanteile von z. B. Bauteilen zu kennen. Im Fall der Deckenbeläge (KG 352 nach DIN 276) und Bodenbeläge (KG 325 nach DIN 276) sind neben dem durchschnittlichen Kennwert aller Decken- und Bodenbeläge die Mengen und anteiligen Baukosten geeignet, um die Kosten des Gebäudes zu überprüfen und ggf. Maßnahmen zur Kostensteuerung vorzubereiten. Ferner kann man für eine Kostenermittlung durch die besondere Berücksichtigung der wichtigen Elemente (A-Elemente) die Kostensicherheit verbessern. Das Beispiel der ABC-Analyse von Decken- und Bodenbelägen (Abb. 6.22) zeigt, dass AA 09 Natursteinboden auf Estrich, AA 06 Teppichboden auf Estrich und AA 07 Fliesen auf Estrich mit Abdichtung zusammen einen Kostenanteil von deutlich über 80 Prozent haben. Diese machen dabei zwar nicht 20 Prozent der Menge der betrachteten Elemente aus, wie es in theoretischen Abhandlungen angegeben wird, aber dennoch wird deutlich, dass die Kostenermittlung mit besonderem Augenmerk auf die drei Ausführungsarten hinsichtlich Preisabfragen und Kostensteuerung besonders Erfolg versprechend ist.
6.1 (Investitions-)Kosten
347
ABC-Analyse der KG 325 Bodenbeläge und KG 352 Deckenbeläge AA
Bezeichnung
AA 09
Natursteinboden auf Estrich
400 m²
20 %
70.000 €
42 %
AA 06
Teppichboden auf Estrich
720 m²
36 %
43.200 €
26 %
AA 07
Fliesen auf Estrich, Abdichtung
240 m²
12 %
22.800 €
14 %
AA 04
Estrich auf Beton, Abdichtung
340 m²
17 %
15.300 €
9%
AA 08
Teppichboden auf Doppelboden
40 m²
2%
5.400 €
3%
AA 05
Gumminoppen auf Estrich
80 m²
4%
4.000 €
2%
AA 03
Anstrich auf Estrich
90 m²
5%
3.150 €
2%
AA 02
Anstrich auf Beton, Abdichtung
80 m²
4%
1.600 €
1%
AA 01
Anstrich auf Beton
Summen über alle Ausführungsarten Abb. 6.22:
Flächen in m² und in %
Kosten in € und in %
10 m²