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German Pages 212 [216] Year 2002
Joachim Küpper Petrarca
W DE G
Petrarca Das Schweigen der Veritas und die Worte des Dichters
von Joachim Küpper
Walter de Gruyter · Berlin · New York
2002
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
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Die Deutsche
Bibliothek
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CIP-Einheitsaufnahme
Küpper, Joachim: Petrarca : das Schweigen der Veritas und die Worte des Dichters / von Joachim Küpper. — Berlin ; New York : de Gruyter, 2002 ISBN 3-11-017557-6
© Copyright 2002 by Walter de Gruyter G m b H & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung a u ß e r h a l b der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Z u s t i m m u n g des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in G e r m a n y Datenkonvertierung: M E T A Systems G m b H , Elstal Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin
Inhalt Vorbemerkung Das Schweigen der Veritas. Z u r Kontingenz von Pluralisierungsprozessen in der Frührenaissance (Überlegungen zum Secretum)
VII
1
M u n d u s imago Laurae. Das Sonett „Per mezz'i boschi" und die , M o d e r n i t ä t ' des Canzoniere
54
Schiffsreise und Seelenflug. Z u r Refunktionalisierung christlicher Bilderwelten im Canzoniere (Mit einem Post-Scriptum zur Singularität des Lyrikers Petrarca sowie zur epistemologischen Differenz von Literarhistorie und Diskursarchäologie)
89
(H)er(e)os. Der Canzoniere und der medizinische Diskurs seiner Zeit (Mit einer N a c h b e m e r k u n g zur Kontingenz des Entstehens von Texten epochalen Rangs)
115
Palinodie und Polysemie in der Mariencanzone (Mit einigen G e d a n k e n zu den Bedingungen der Unterschiede von antiker und abendländischer Kunst)
162
Vorbemerkung Meine Ausbildung zum Romanisten begann in den frühen siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Es gab seinerzeit mancherlei Unrast an den Hochschulen und auch Streit um die richtige (vs. ideologisch verblendete) Auslegung der Texte. Aber es gab keine Kontroverse um den Kanon. Das Studium der Italianistik, das ich neben dem der Französistik (damals noch unter dem Namen ,Romanistik') und dem der Geschichte gewählt hatte, war allererst eine Befassung mit Dante, Boccaccio und Petrarca. Ohne die gründliche Kenntnis der Commedia hätte ich mein Mitte der achtziger Jahre verfaßtes Buch über das spanische Barockdrama 1 so nicht geschrieben, ohne das intensive Lesen des Decameron würden für mich H. Blumenbergs und M . Foucaults Beschreibungen der Frühen Neuzeit 2 nicht jene Konkretion erlangt haben 3 , deren es bedurfte, um sie für mich zur Basis all meiner späteren Veröffentlichungen zu den Texten jener Epoche zu machen 4 . Aber einzig aus meiner Petrarca-Lek1 Diskurs-Renovatio bei Lope de Vega und Calderón. Untersuchungen zum spanischen Barockdrama. Mir einer Skizze zur .Evolution der Diskurse in Mittelalter, Renaissance und Manierismus, Tübingen 1990. 2 Für H. ßlumenberg s. die in drei Teile aufgespaltene, erweiterte und überarbeitete Neuauflage von Die Ijgftmntät der Neuheit (Der Prosgß der theoretischen Neugierde, Frankfurt a. M. 1980; Aspekte der Epochenschwelle: Cusaner und Nolaner, Frankfurt a. M. 1982; Säkularisierung und Selbstbehauptung, Frankfurt a. \l. 1983), für M. Foucault das Kap. „La Prose du monde" in / j ' y Mots et les choses. Une archéologie des sciences humaines, Paris 2 1974 (M 966), S. 3 2 - 5 9 . 3 S. dazu meinen Aufsatz „Affichierte F,xemplarität, tatsächliche Α-Systematik. Boccaccios Decameron und die Episteme der Renaissance", in: K. NX' Hempfer (Hrsg.), Renaissance. Diskursstrukturen und epistemologische Voraussetzungen. Literatur — Philosophie — Bildende Kunst, Stuttgart 1993, S. 4 7 - 9 3 . 4 Mein Renaissance-Konzept habe ich am ausführlichsten in der „Einleitung" sowie in der „Diskursskizze Mittclaltcr — Renaissance — Manierismus" des in Anm. 1 zitierten Titels entwickelt; weitere wichtige Veröffentlichungen — neben den hier gedruckten PetrarcaStudien — , die allesamt auf abstrakter Hbene in eine ähnliche Richtung argumentieren wie das im Folgenden zu Lesende: Die entfesselte Signifikant Quevedos Sueños, eine Satire auf den Diskurs der Spät-Renaissance, Egclsbach/Köln/New York 1992; „Mittelalterlich kosmische Ordnung und rinascimentale s Bewußtsein von Kontingenz. Fernando de Rojas' Celestina als Inszenierung sinnfremder Faktizität (mit Bemerkungen zu Boccaccio, Petrarca, Machiavelli
Vili
Vorbemerkung
türe, die 1971, im dritten Studiensemester, begann, ist eine eigenständige Abteilung der Veröffentlichungstätigkeit erwachsen, deren mittlerweile auf fünf Studien angewachsene Früchte hier dem interessierten Leser in toto präsentiert w e r d e n 5 . Es entspräche den Üblichkeiten, w e n n ich dieses Faktum als Reflex einer besonderen Liebe zu den Texten gerade dieses Autors interpretierte. Diese Liebe ist im Laufe der J a h r e entstanden, indes, a m Beginn w a r das genannte Faktum ein Produkt der Kontingenz. Die Zufälligkeiten meiner a k a d e m i s c h e n Vita führten dazu, d a ß ich nach dem Staatsexa m e n und der Promotion die Beschäftigung mit dem Italienischen zunächst zurückstellte, zugunsten des Spanischen. Ein anderer Z u f a l l ließ A. Noyer-Weidner und W.-D. Stempel im Sommersemester 1987 den Plan fassen, ein Oberseminar zu Petrarcas Secretum zu veranstalten, zu dem ich als Teilnehmer gebeten w u r d e . Die zwischenzeitliche, vor allem durch meine Calderón-Studien angeregte Befassung mit der theologischen und philosophischen Tradition des Mittelalters eröffnete mir über dieses Seminar den Z u g a n g zu einem Petrarca, welcher ein anderer als derjenige w a r , der mir noch aus der Studentenzeit vertraut schien und der bis heute — mit guten Gründen — die Forschung und Lehre bestimmt, dem Liebeslyriker. So w a r denn meine erste Veröffentlichung
und Montaigne)", in: G. y. Graevenitz/O. Marquard (Hrsg.), Kontingent München 1998, S. 173 — 223; vida es sueño·. ,Aufhebung' des Skeptizismus, Recusatio der Moderne", in: F. Wolfzettel/J. K. (Hrsg.), Diskurse des Barock. Dezentrierte oder rezentrierte Welt?, München 2000, S. 383 — 428; „Welterfahrung und Selbsterfahrung im Arcipreste de Talavera. Zu einigen Aspekten der Vorgeschichte moderner Subjektivität", Romanistisches Jahrbuch Bd. 50/ 1999, S. 364 — 400; „Düstere Welt und lichte Perspektive in den Cervantinischcn Novelas ejemplares", in: R. Behrens/R. Galle (Hrsg.), Konfigurationen der Macht in der Frühen Neuheit, Tieidelberg 2000, S. 1 6 7 - 2 1 6 . 5 Der Secretum-Essay wurde erstvcröffentlicht in Poetica Bd. 23/1991, S. 425 — 475, „Mundus imago T.aurae" erschien erstmals in Romanische Forschungen Bd. 104/1992, S. 52 — 88, „Schiffsrcisc und Seelenflug" in Bd. 105/1993, S. 256 — 281 derselben Zeitschrift, der Hereos-Artikel gleichfalls dort, in Bd. 111/1999, S. 1 7 8 - 2 2 4 , und der Aufsatz über die Mariencanzone erscheint parallel in der von G. Regn und K. \\! Hempfer herausgegebenen Gedenkschrift für Λ. Noyer-Weidner (München 2002). — Aus naheliegenden Gründen wurde der Wortlaut der Erstveröffentlichungen gewahrt, ineins damit der eigenständige Charakter der fünf Studien (dies betrifft auch die bibliographischen Details, wie etwa die erste Einführung zitierter Titel oder die Querverweise auf bereits Zitiertes). Korrigiert habe ich meinen seinerzeitigen Hang zum Semikolon, grobe stilistische Unebenheiten sowie alle T . a p s u s , v. a. in den Zitaten, die mir bei der neuerlichen Lektüre aufgefallen sind. Schließlich wurden die Titel der Essays, durch Aussparung der wiederholten Nennung des Namens von Petrarca, dem neuen Rahmen angepaßt.
IX
Vorbemerkung
dem Secretum gewidmet, mit anderen Worten, dem Theologen und Philosophen Petrarca. Jeder, der das Gesamt-Œuvre des Autors überblickt, weiß, wie eng die intertextuellen Bezüge zwischen den verschiedenen Abteilungen sind, zwischen der Lyrik, den theologisch-philosophischen Schriften und den Briefen. So lag es nahe, daß die Befassung mit dem Secretum für mich in einer re-lecture des Canzoniere resultierte, unter eben dem Aspekt, der aus einer solchen Perspektive folgert: Welchen Belang haben die extraliterarischen, näherhin theologischen und philosophischen Diskurse der Zeit für die Sammlung lyrischer Gedichte, die in diesem Kontext entstand? Produkt dieser Fragestellung sind die zweite und die dritte hier wiedergedruckte Studie 6 . Ungeachtet der (stets relativen) Neuartigkeit des Ansatzes läuft meine Lektüre nicht auf eine völlig neue Deutung hinaus, vielmehr darauf, daß man Petrarcas Lyrik nicht modernistisch fehlinterpretiert, sondern sie im Einklang mit einigen wesentlichen, von ihm selbst entworfenen Textstrategien liest, wenn man den Autor in der Tradition Rousseaus und Hegels als ersten ,Modernen' betrachtet. Die vierte Studie dieses Bandes verdankt sich einem neuerlichen Interferieren der Kontingenz. Im Rahmen eines von H. U. Gumbrecht organisierten US-europäischen Unternehmens mit dem Arbeitstitel ,The Medieval Senses' stieß ich auf Textzeugnisse einer extraliterarischen, näherhin medizinischen mittelalterlichen Liebestheorie, die mir und der PetrarcaForschung bis dahin unbekannt waren. Es wäre erklärungsbedürftig, wenn der umfassend gebildete und an ,medizinischen' Fragen nachweislich interessierte Petrarca diese Texte ignoriert hätte, die damals zum Programm der universitären Lehre gehörten. So ist es denn nicht schwer, im Canzoniere ihr palimpsest-artiges Durchschimmern zu erkennen. Es scheinen sich aus dieser Sicht eine Reihe von Merkmalen der Petrarkischen Lyrik zu erhellen, die man bislang nur vermittels hochspekulativer individual-biographischer Muster einzuordnen wußte. Für mich selbst
6
W e l c h e n B e l a n g sie f ü r d e n A u t o r h a t t e n , e r h e l l t aus d e s s e n G e s a m t w e r k u n d i s t i n s o f e r n i m P r i n z i p n i c h t strittig. A b e r T e x t e s i n d f ü r L e s e r g e s c h r i e b e n . S t a t t e i n e r
umständlichen
D a r l e g u n g d e s F a k t u m s , d a ß a u c h in d i e s e r H i n s i c h t d i e D i n g e s e i n e r z e i t v ö l l i g a n d e r s l a g e n als h e u t e , b e g n ü g e i c h m i c h m i t d e m V e r w e i s a u f d i e i n A n m .
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