Paradisus anime intelligentis: Studien zu einer dominikanischen Predigtsammlung aus dem Umkreis Meister Eckharts 9783484971363, 9783484108158

Paradisus anime intelligentis is the Latin name of one of the most important late medieval collections of German sermons

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German Pages 279 [280] Year 2009

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Frontmatter
Inhaltsverzeichnis
Vernunft und Seligkeit
Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹
In kaffin in got
Dialog der Varianten
wo ist daz wo?
Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten
Predigen in dominikanischen Konventen
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Paradisus anime intelligentis: Studien zu einer dominikanischen Predigtsammlung aus dem Umkreis Meister Eckharts
 9783484971363, 9783484108158

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›Paradisus anime intelligentis‹

›Paradisus anime intelligentis‹ Studien zu einer dominikanischen Predigtsammlung aus dem Umkreis Meister Eckharts

Herausgegeben von Burkhard Hasebrink, Nigel F. Palmer und Hans-Jochen Schiewer

Max Niemeyer Verlag T(bingen 2009

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Gedruckt mit Unterst(tzung der Fritz Thyssen Stiftung f(r Wissenschaftsfçrderung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet (ber http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-10815-8 9 Max Niemeyer Verlag, T(bingen 2009 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch(tzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzul@ssig und strafbar. Das gilt insbesondere f(r Vervielf@ltigungen, Abersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Niklaus Largier Vernunft und Seligkeit. Das theologische und philosophische Programm des ›Paradisus anime intelligentis‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Georg Steer Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹. ¨ berlieferung, Werkform und Textgestalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 U Nigel F. Palmer In kaffin in got. Zur Rezeption des ›Paradisus anime intelligentis‹ in der Oxforder Handschrift MS. Laud Misc. 479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Burkhard Hasebrink Dialog der Varianten. Untersuchungen zur Textdifferenz der Eckhartpredigten aus dem ›Paradisus anime intelligentis‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Annette Volfing wo ist daz wo? ›Paradisus anime intelligentis‹ Pr. 12 (Giselher von Slatheim). . 183 Antje Willing Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten . . . . . . . . 201 Freimut Lo¨ser Predigen in dominikanischen Konventen. ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Handschriftenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Personen-, Orts- und Werkregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

VI

Vorwort

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Vorwort

Im April 1998 fand in Oxford ein Arbeitsgespr=ch zu einer der bedeutendsten deutschsprachigen Predigtsammlungen des Mittelalters statt, dem ›Paradisus anime intelligentis‹. Diese Predigtsammlung umfaßt 64 Predigten, wovon fast die H=lfte auf Meister Eckhart entf=llt, und ist in Schwesterhandschriften aus Oxford und Hamburg u¨berliefert. Das Kolloquium, das Freimut Lo¨ser angeregt hatte, fand somit am Ort derjenigen Handschrift statt, nach der die Sammlung bereits 1919 von Philipp Strauch ediert worden war. Offene Forschungsfragen – darunter nicht zuletzt Fragen ¨ berlieferung und Redaktion – sollten in einem internationalen nach Konzeption, U Kreis aus der Germanistik und Philosophie diskutiert werden. Beteiligt waren neben den Herausgebern dieses Bandes Gilbert Fournier, Walter Haug, Maarten J. F. M. Hoenen, Niklaus Largier, Freimut Lo¨ser, Helmut Meinhardt, Volker Mertens, Georg Steer, Loris Sturlese, Almut Suerbaum, Joachim Theisen, Annette Volfing und Antje Willing. Nach intensiven und nicht selten kontroversen Diskussionen wurde beschlossen, auf der Basis des Kolloquiums entsprechende Beitr=ge fu¨r eine gemeinsame Publikation zu erarbeiten. Einige ließen ihre Vortr=ge sp=ter in andere Arbeiten einfließen. Einige publizierten ihre Beitr=ge anderorts, da der zeitliche Abstand zum Arbeitsgespr=ch inzwischen groß geworden war. Mit diesem Band ko¨nnen jetzt auch die germanistischen Beitr=ge vorgelegt werden, die sich ausfu¨hrlich der philologischen Grundlagenarbeit widmen. Die intensiven Auseinandersetzungen um die Varianzkultur mittelalterlicher Handschriften finden auch in diesem Band ihren Niederschlag. Er bietet kein einheitliches Gesamtbild, sondern illustriert die unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen. Doch ging trotz dieser offen ausgetragenen Differenzen der Plan auf, die Forschung in enger Zusammenarbeit voranzutreiben. Die Herausgeber mo¨chten sich fu¨r die erforderliche Geduld bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Fu¨r den Umschlag dieser Publikation haben wir eine um 1280 zu datierende Fensterscheibe aus der Erfurter Dominikanerkirche gew=hlt. Um 1270 wurde der Neubau der Kirche begonnen, die auch nach der Klosteraufhebung im 16. Jahrhundert in Gebrauch blieb und im Jahre 1945 bei der Bombardierung von Erfurt besch=digt wurde. Man kann davon ausgehen, daß die heute erhaltenen Fenster aus dem Chor der Erfurter Dominikanerkirche den Ordensbru¨dern, deren Predigtt=tigkeit die Grundlage fu¨r die Predigten des ›Paradisus anime intelligentis‹ bildete, aus ihrem t=glichen Leben bekannt waren.

VIII

Vorwort

Gefo¨rdert wurde das Arbeitsgespr=ch durch die Fritz Thyssen Stiftung aus Ko¨ln. Wir sind der Stiftung zu großem Dank verpflichtet, der auch fu¨r die großzu¨gige finanzielle Unterstu¨tzung der Drucklegung gilt. Ebenfalls mo¨chten wir sehr herzlich der Bodleian Library, Oxford, danken, die uns in ihren R=umen die entsprechende Handschrift zur Ansicht bereitstellte. Ebenfalls danken wir dem Somerville College und der Modern Languages Faculty sehr herzlich fu¨r die von uns hochgesch=tzte Gastfreundschaft. Dem Max Niemeyer Verlag danken wir herzlich fu¨r die sorgf=ltige Drucklegung dieses Bandes. Schließlich danken wir sehr gern Bent Gebert, Nadine Krolla, BalGzs Nemes, Miriam Nuß und Ramona Raab aus Freiburg i. Br. fu¨r die entsagungsvolle Unterstu¨tzung bei der redaktionellen Bearbeitung. Durch die Gru¨ndung der Meister-Eckhart-Gesellschaft im Jahr 2004 hat die Erforschung der deutschen Predigten Meister Eckharts und anderer gelehrter Dominikaner eine neue Dynamik gewonnnen. Wir wu¨rden uns freuen, wenn dieser Band einen Beitrag zu dieser erfreulichen Entwicklung leisten ko¨nnte. Freiburg i. Br., Juni 2009

Die Herausgeber

Vernunft und Seligkeit

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Niklaus Largier

Vernunft und Seligkeit Das theologische und philosophische Programm des ›Paradisus anime intelligentis‹

Beginnen wir mit der Lektu¨re des ›Paradis der fornuftigin sele‹ bei der vom Sammler an erster Stelle plazierten, im Inhaltsverzeichnis mester Eckart (Strauch, S. 1,2)1 zugeschriebenen Predigt, so stellen wir fest, daß diese einsetzt mit der Artikulierung einer eschatologischen Spannung. Ausgehend von Augustins Begriff der regio dissimilitudinis faßt sie das Spezifische des menschlichen Daseins als Fremdheitserfahrung und als Erfahrung eines Begehrens, das im Hohelied zum Ausdruck kommt2 und in Christus seine vom Propheten Jeremias vorausgesagte Erfu¨llung findet. Diese Erfu¨llung, die Inkarnation, fu¨hrt der Text in einer dem Eckhartleser vertrauten Weise aus, ist indes nicht prim2r als historisches Ereignis zu verstehen, sondern als innewendige geburt Godis und als ein follinbrengunge allir ire [d. h. der Seele] selikeit (Strauch, S. 9,11 f.). Die geistige Geburt Gottes im Menschen ist damit als das entscheidende Moment definiert, welches verstehen l2ßt, inwiefern nicht nur die menschliche Natur in ihrer Integrit2t restituiert ist (dies ist das Produkt der Inkarnation in ihrer Historizit2t), sondern die beatitudo – und damit das eschatologisch vorgestellte Ziel der Schau von Angesicht zu Angesicht – in der Seele immer schon pr2sent ist. Das heißt, daß die beatitudo im Leben der Seele als aktuelle Erfu¨llung des Glu¨cksversprechens bereits vorweggenommen ist. Demnach ist die Seele in diesem vollkommenen, die ewige Seligkeit antizipierenden Glu¨ck eins mit Gott, insofern sie selbst geistig als der Sohn und damit in ihr die ganze Scho¨pfung aus Gott hervorgeht. Dies ist, wie man zusammenfassend hier vorausschicken darf, nicht nur eine Kurzfassung der Lehre Eckharts, wie sie uns aus anderen Predigten bekannt ist, sondern die Meinung aller im ›Paradisus‹ vertretenen Prediger, soweit sie sich zu diesem Thema 2ußern und soweit wir diese aus dem vorliegenden Material zu rekonstruieren vermo¨gen. Dies ist zudem, mo¨chte man zun2chst hervorheben, der Blickpunkt nicht so sehr einer mystischen Theologie als einer radikal pr2sentisch gefaßten Eschatologie, die das ho¨chste menschliche Glu¨ck als Rekuperation einer urspru¨nglichen Einheit und einer urspru¨nglich integren, freien Natur versteht und diese Rekuperation – im Rekurs auf das Theologumenon der zeitlosen Geburt Gottes in der Seele – in die Gegenwart 1

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Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998 [im Folgenden: Strauch]. Vgl. die Eckhart-Predigten 37 und 61 des ›Paradisus‹.

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Niklaus Largier

schlechthin verlegt. Die ersten fu¨nf Predigten von Meister Eckhart (1 und 4), Florentius von Utrecht (2), Hane dem Karmeliten (3) und Johannes Franke (5) beziehen sich ¨ berwindung der Entfremdung in der regio dissimilitudinis denn auch alle auf eine U und auf ein ad2quates Verst2ndnis der pr2sentischen Eschatologie. ¨ berwindung der Wo in dieser Form die Einheit von Mensch und Gott und die U Welt unaufhebbarer Differenz in der ›geistigen Geburt Gottes‹ gelehrt wird, stellt sich natu¨rlich die Frage, ob und wie dieses Verst2ndnis der Inkarnation als ›geistige Geburt‹ in den einzelnen Predigten und in der ganzen Predigtsammlung expliziert wird. Dies ist, wie ich meine, in einer durchaus differenzierten Weise der Fall, auch wenn die hier zusammengestellten Predigten nicht in allen theologischen und philosophischen Fragen u¨bereinstimmen.3 In Ku¨rze das Ergebnis dieser Studie vorwegnehmend, l2ßt sich jedoch festhalten, daß auf der Ebene einer spezifischen Lo¨sung des theologischen Problems der pr2sentischen Eschatologie und der Gottesgeburt die Predigtsammlung den Entwurf einer mystica theologia im Anschluß an Pseudo-Dionysius Areopagita darstellt. Der Pseudo-Areopagite ist nicht nur eine der meistzitierten Autorit2ten der ›Paradisus‹-Texte, sondern er pr2gt die Terminologie und das Verst2ndnis der Einung mit Gott in grundlegender Weise. Einen mo¨glichen Einwand vorwegnehmend, ist wiederum hinzuzufu¨gen, daß dies keineswegs nur in den Predigten der Fall ist, die Meister Eckhart zugeschrieben werden, sondern im gesamten Korpus. Nun wu¨rde es zu weit fu¨hren, hier s2mtliche Aspekte dieses theologischen und philosophischen Entwurfs darstellen zu wollen. Zudem stellt sich die bisher ausgeblendete Frage, ob im ›Paradisus‹ in dieser Hinsicht ein einheitliches theologisches Programm u¨berhaupt vorliegt oder ob die Texte einfach ihrer Herkunft und Lhnlichkeit wegen oder zu Repr2sentationszwecken in dieser Form zusammengestellt wurden, wie man dies gelegentlich angenommen hat. Ich denke, daß das zweite nicht der Fall ist, obwohl auf der inhaltlichen Ebene in verschiedener Hinsicht Differenzen zwischen den Predigern festzustellen sind. Es ist vielmehr anzunehmen, daß der Redaktor die Predigten ganz bewußt so zusammengestellt hat und daß er damit eine spezifische theologische und philosophische Position zu definieren beabsichtigte, die auch als eine bestimmte Deutung des Denkens Eckharts zu lesen ist. Dabei ging es nicht so sehr, wie man oft annahm, um den Konflikt zwischen einer dominikanischen und einer franziskanischen Position, der durch den Einschub der Predigt eines Franziskaners evoziert wird (Predigt 62), sondern um eine bestimmte Pr2zisierung und Stellungnahme innerhalb von Diskussionen im Kontext der dominikanischen Position. Der Einschub einer Franziskanerpredigt ermo¨glicht denn auch eine doppelte Abgrenzung, zun2chst von der Lehrmeinung der Franziskaner, danach von einer bestimmten Position innerhalb des Dominikanerordens selbst.

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Fu¨r die einzelnen Prediger siehe: Kurt Ruh, Geschichte der abendl2ndischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik, Mu¨nchen 1996, S. 267–279 und 389–407 (mit Literaturangaben).

Vernunft und Seligkeit

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Ich werde dies im Folgenden anhand von drei Problemzusammenh2ngen darstellen, die von grundlegender Bedeutung sind und die ich thesenhaft kurz skizzieren mo¨chte. ¨ berwindung der dissimilitudo in der 1. Die Restitution der Integrit2t und die U Gottesgeburt wird von der Predigtsammlung als geistliche einunge gefaßt, die in der Seele immer schon statt hat. Diese Geburt ist als intellekthafte Einung gedacht, wobei die Struktur dieser Einung durchweg in dionysischen Begriffen erl2utert wird. Als eigentliches Leitmotiv kann man hier das Bild des fleckenlosen Spiegels bezeichnen, das in einer Reihe von Predigten auftaucht. Dieses Motiv ist zugleich ein Interpretament des Konzeptes der Gottesgeburt in der Seele, das eine wichtige Rolle im ›Paradisus‹ spielt und das, wie wir hier sehen, in gewissen Aspekten auf Dionysius zuru¨ckzufu¨hren ist. Ich mo¨chte diese ganz bestimmte Verortung des Konzeptes der Gottesgeburt durch den ›Paradisus‹ zudem als einen Versuch des Redaktors der Sammlung lesen, einem Grundgedanken in Eckharts Werk einen bestimmten Traditionsbezug zu unterlegen, also die Lehre von der Gottesgeburt unmittelbar aus den Schriften des Dionysius und aus seinem Einheitskonzept abzuleiten. 2. Das Einheitskonzept, das in diesem Zusammenhang zum Tragen kommt, impli¨ berschreiten des Naturhaften in der Gnade, durch die erst die Natur in ihrer ziert ein U urspru¨nglichen Integrit2t restituiert wird. Auch hier ist der neuplatonisch-dionysische Hintergrund von Bedeutung, ist doch das Verh2ltnis von Natur und Gnade keineswegs als reiner Gegensatz gedacht, sondern als Aporie eines diskursiv nicht faßbaren – man ¨ bersteigens des Intellektes auf seinen Grund hin, wie es kann sagen: transrationalen – U in der platonischen Tradition sp2testens seit Plotin begegnet und wie es im kulturellen Kontext des ›Paradisus‹ vor allem bei Berthold von Moosburg und in der Proclus-Rezeption Taulers ausdru¨cklich zur Sprache kommt. Die Einheit der restituierten Natur, die als Einheit jenseits von Identit2t und Differenz zu denken ist, ist als solche unvermittelt. Sie entzieht sich allem naturhaft-diskursiven, vermittelnden Denken. Deshalb darf es denn auch im Blick auf den Intellekt kein Vermittlungsmoment geben, wo von Freiheit und Einheit die Rede sein soll, und deshalb ist angesichts dieser Unmittelbarkeit im Blick auf die Restitution der Integrit2t der Natur und der Ru¨ckkehr des Intellekts in seinen Grund der terminus technicus Gnade unverzichtbar. 3. Diese Zuordnung von Vernunft und Gnade, von naturhaftem und u¨bernaturhaftem Intellekt ist ein wesentliches Element der Texte des ›Paradisus‹. Auch dies verweist wieder auf Dionysius, wird doch der Begriff der Gnade auf dem Hintergrund der negativen Theologie und der dionysischen Theosislehre damit neu und weit dynamischer als etwa bei Thomas gedeutet. Man wird sich zudem fragen mu¨ssen, ob hier nicht ein st2rker dionysisch orientiertes Gnadenverst2ndnis, wie es uns bei Albert und in dessen Nachfolge begegnet, mit einem an Thomas orientierten Verst2ndnis verso¨hnt werden soll.4 Wie mir scheint, ist entlang dieser Linien die Position des ›Paradisus‹ im Blick auf den zeitgeno¨ssischen Kontext der deutschsprachigen Dominikanertheologie klarer zu 4

Dies scheint mir, aufgrund der verschiedenen Positionen der Prediger, wahrscheinlicher als eine Entgegensetzung.

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Niklaus Largier

bestimmen, nimmt doch die Textsammlung eine Stelle ein, die – ohne daß ich hier eine direkte Entwicklung suggerieren mo¨chte – zwischen Eckhart, Berthold von Moosburg und Johannes Tauler liegt. Zudem wird man die Diskussion u¨ber Natur und Gnade, welche die Sammlung durchzieht, auch auf den weiteren Kontext der Diskussionen beziehen du¨rfen, die einerseits durch die Pariser Verurteilung von 1277 ausgelo¨st wurden, die aber, wie Dokumente der kirchlichen Zensur beweisen, auch in volkssprachlichen Kreisen schon vor und lange nach den Pariser Ereignissen Wellen schlugen. Dabei wird, wie gerade das vorliegende Beispiel zeigt, auch in volkssprachlichen Texten in differenzierter und innovativer Weise u¨ber den Problembereich Natur und Gnade im Blick auf die Frage vernunfthafter Seligkeit nachgedacht, w2hrend man die krasse und undifferenzierte Entgegensetzung der Begriffe, wie sie vor allem in Dokumenten der Zensur begegnet, doch wohl vor allem als Produkt der kirchlichen Instanzen und einer damit verbundenen Polemik zu betrachten hat.5 Der ›Paradisus‹ stellt so, jenseits von Ordenspolemik und Repr2sentationsinteressen, ein wichtiges Zeugnis fu¨r ein sich auch in der Volkssprache 2ußerndes, differenziertes Interesse an den Auseinandersetzungen um den Begriff der Vernunft im Blick auf die Frage nach der Seligkeit und dem Glu¨ck des Menschen dar.

I. Intellekthafte Einung und Gottesgeburt in der Seele Was bei der Lektu¨re der ›Paradisus‹-Sammlung unmittelbar deutlich wird, ist ihre Zugeho¨rigkeit zur Tradition der sogenannten deutschen Dominikanerschule, wobei man zun2chst vor allem an Albert den Großen und seine Rezeption des Dionysius Areopagita zu denken hat.6 Die Predigtsammlung vertritt zudem in relativ geschlossener Weise eine Theologie, die auf der aktualisierenden Deutung der Inkarnation als Gottesgeburt im Menschen aufbaut, wie sie Eckhart lehrte. Dieser faßt die Gottesgeburt mit Paulus als »Fu¨lle der Zeit«7 und bezieht den Begriff im Anschluß an Albert 5

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Ich versuche, diesen Zusammenhang an anderer Stelle ausfu¨hrlicher darzustellen. Vgl. Niklaus Largier, Das Glu¨ck des Menschen. Diskussionen u¨ber beatitudo in volkssprachlichen Texten des 14. Jahrhunderts, in: Nach den Verurteilungen von 1277, hg. von Kent Emery und Andreas Speer, Berlin 2001 (Miscellanea mediaevalia 28), S. 827–855. Ich u¨bernehme hier zum Teil meine Ausfu¨hrungen im Nachwort zur zweiten Auflage des ›Paradisus‹, Strauch, S. 185–190. – Zur Rezeption des Dionysius vgl.: Alain de Libera, Introduction a` la mystique rhe´nane. DAAlbert le Grand a` Maıˆtre Eckhart, Paris 1984, S. 53–56; Ruh, Geschichte [Anm. 3], Bd. 3, S. 113–124 und 280–290; R¸diger Blumrich, Die deutschen Predigten Marquards von Lindau. Ein franziskanischer Beitrag zur Theologia mystica, in: Albertus Magnus und der Albertismus. Deutsche philosophische Kultur des Mittelalters, hg. von Maarten J. F. M. Hoenen und Alain de Libera, Leiden 1995 (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters 48), S. 155–172; Edouard Wðber, Ne´gativite´ et causalite´: leur articulation dans lAapophatisme de lAe´cole dAAlbert le Grand, in: ebd., S. 51–90. Vgl. Gal 4,4 und ›Paradisus‹ Predigt 4 und 5. Zur Bedeutung der »Fu¨lle der Zeit« bei Meister Eckhart: Niklaus Largier, Zeit, Zeitlichkeit, Ewigkeit. Ein Aufriss des Zeitproblems bei Dietrich von Freiberg und Meister Eckhart, Bern [usw.] 1989 (Deutsche Literatur von den Anf2ngen bis 1700, Bd. 8), S. 127–130 und 145–148.

Vernunft und Seligkeit

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den Großen und dessen Rezeption der Werke des Dionysius Areopagita in spezifischer Weise auf den Intellekt. Durch diesen Bezug auf Eckhart und die Albertschule gewinnt der ›Paradisus‹ an Kontur, vertritt er doch nicht nur die dominikanische Doktrin eines Vorranges des Intellekts, sondern ein ganz bestimmtes, fu¨r die auf Albert den Großen zuru¨ckgehende Tradition typisches Verst2ndnis des Intellekts und der Einung des Intellekts mit Gott. Weiter ist festzuhalten, daß die Sammlung nicht an den Albertschu¨ler Dietrich von Freiberg und dessen Konzept der visio beatifica anschließt, sondern Meister Eckharts Denken folgt, insofern sie die These vom Vorrang des Intellekts mit einem spezifischen Intellektbegriff und mit dem Theologumenon der Gottesgeburt verbindet. Dabei wird gleichzeitig von s2mtlichen Predigern – in durchaus verschiedener Gewichtung, manchmal Thomas von Aquin, manchmal Albert dem Großen n2her, aber mit einer einheitlichen Doktrin hinsichtlich der unio intellectiva – die Bedeutung der negativen Theologie und des Verh2ltnisses von Natur und Gnade betont. Gerade in dieser Zuordnung von negativer Theologie und Gnade, vom Endlichkeitsmoment des naturhaften Intellekts und dem Unendlichkeitsmoment im go¨ttlichen Licht zeigt sich denn auch der Einfluß dionysischer Theologie sehr deutlich. Demnach ist der Intellekt als naturhaftes Vermo¨gen immer endlich und die Einung mit Gott als ¨ berformung‹ des Intellekts durch ein u¨bernatu¨rliches Licht, das heißt philosoeine ›U phisch als Verneinung der Endlichkeit, zu verstehen. Dabei bleibt die Einung durchaus auf den Intellekt bezogen, doch vollzieht sich in der Einung – gleichsam als die notwendige Bedingung ihrer Mo¨glichkeit – gleichzeitig die Verneinung des Intellekts als naturhaftes und diskursives Vermo¨gen. Insofern der Intellekt dem Licht gleich wird, das sein Grund ist, ist er seiner naturhaften Selbstbestimmung enthoben und damit ›nichts‹. Nur so ist er denn auch der Ort, wo die gefallene, im Gegensatz von Einheit und Differenz gefangene Natur, die regio dissimilitudinis, befreit und im urspru¨nglichen Licht, das heißt jenseits der Scheidung von Identit2t und Differenz, restituiert wird. Mit der Entwicklung dieser Gedanken stellt der ›Paradisus‹ – ganz abgesehen von der Bedeutung, die der negativen Theologie beigemessen wird – ein einmaliges Dokument dionysischer Metaphysik und Spiritualit2t im 14. Jahrhundert dar. Es geht hier um ein intellektuelles Heiligkeitsideal. Die Forschung der letzten Jahre hat denn auch betont, daß der ›Paradisus‹, wohl »das fru¨heste deutschsprachige Werk […], in dem Dionysius zu Wort kommt«,8 in auff2lliger Weise am Werk des Dionysius Areopagita orientiert ist. Dies betrifft nicht nur die Eckhartpredigten 46 und 61,9 sondern eine ganze Reihe anderer Prediger, vor allem Hermann von Loveia und Johannes Franke. Der Einfluß des Dionysius ist zudem keineswegs auf die Lichtmetaphysik und die 8

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Ruh, Geschichte [Anm. 3], Bd. 3, S. 280. Zu einem Dionysius-Zitat in den ›St. Georgener Predigten‹ (Predigt 37) siehe Rudolf Riedinger / Volker Honemann, (Pseudo-) Dionysius Areopagita, in: 2VL, Bd. 2, 1980, Sp. 154–167, hier Sp. 159; Predigt 33, die zwei Dionysius-Zitate enth2lt, wird heute den ›Schweizer Predigten‹ zugerechnet. Ruh, Geschichte [Anm. 3], Bd. 3, S. 281 f.

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Niklaus Largier

negative Theologie beschr2nkt. Ebenso bedeutsam ist der Bezug auf den Pseudo-Areopagiten, wenn es um das Hervorgehen des Wortes aus Gott und die Ru¨ckkehr des Wortes in Gott, wenn es um Hierarchien, schließlich wenn es um das Verst2ndnis der Kontemplation und des Verh2ltnisses zwischen Gott und dem menschlichen Intellekt, also um Einheitskonzepte, geht. In diesem Zusammenhang ist kurz auf das Motiv des Spiegels einzugehen, das die ›Paradisus‹-Predigten als ein Leitmotiv durchzieht und das sowohl auf Salomon (Sap 7,26 f.) wie auf Dionysius zu beziehen ist. Die Gegenwart dieses Motives, das in einer ganzen Reihe von Predigten bis hin zum Schluß der Sammlung auftaucht, l2ßt vermuten, daß der Redaktor das Konzept des Spiegels und der Spiegelung als einen Kerngedanken betrachtet hat. So schreibt etwa Johannes Franke: Salomon sprichit: ›der son ist ein bilde der gotlichen gude und ein spigil one fleckin und ein lutir schin siner clarheit und ein schone candor des ewigin lichtis.‹ in di formen des ewigin lichtes sal sich druckin di edele sele, also daz si sich stelle in eine suze guit zuphlichtikeit, di gar one erge sıˆ. in den spigil sal si sehin mit geistlichin ougin, da si findit reine lutirkeit one missewende, noch der si sich richtin sal. ez muiz gar luˆtir sin da sich der gotliche schin inwerfin sal und sal durchflizin und durchluchten der sele fornuftikeit und reinigen von allime dinstirnisse der duplichin valscheit und sezin in di clarheit der ewigin warheit: also wirdit der mensche glich geformit noch dem bilde Godis sone. daz glichnisse daz wir habin mit Godis sone, da fone wir Godis sone heizin, daz ist an der geburt; wan alse her ewicliche Got uze Gode geborin ist, daz wort daz die warheit ist: also si wir geistliche uz Gode geborin in deme worte der worheit. (Strauch, S. 22,12–24)

Die komplexe Verbindung, die hier hergestellt wird zwischen den Motiven der Gu¨te Gottes, der Lauterkeit des Spiegels, der Reinheit Christi, des go¨ttlichen Lichtes, der Reinigung der Seele und der Gottesgeburt in der Seele, verweist auf Dionysius und auf seine Theorie der Reinigung, Kontemplation und Einung.10 Dabei spielt, obschon dies in der Regel u¨bersehen und in den Quellenuntersuchungen zum Theologumenon der Gottesgeburt kaum wahrgenommen wird,11 auch bei Dionysius das Konzept der Gottesgeburt in der Seele eine Rolle. Zu erw2hnen sind in diesem Zusammenhang vor allem die folgenden Stellen: ›De coelesti hierarchia‹ I 2 und 3, III 2, sowie ›De ecclesiae hierarchia‹ II 3 1 und III 3 10. Hier finden sich die genannten Motive, auf die sich die ›Paradisus‹-Prediger beziehen, wenn sie Christus als reinen Spiegel verstehen, dem der Mensch gleich werden soll. Der Gedanke der Vergo¨ttlichung des Menschen, der gele-

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Ebenso oder 2hnlich: Eckhart: Strauch, S. 8,21–24; S. 27,1–4; S. 76,12–18; S. 85,18–26; S. 130,6–16. Hane: Strauch, S. 13,33 ff.; S. 66,14 ff. Franke: Strauch, S. 18,35 f. Eckhart Rube: Strauch, S. 23,30–24,5. Erbe: S. 28,26–34. Helwig von Germar: Strauch, S. 97,8–13. Florentius: Strauch, S. 135,4–12; S. 136,24–30; S. 138,21. – Vgl. zudem: Strauch, S. 64,21–29; S. 68,3–23. – Zum Motiv des Spiegels siehe jetzt: Niklaus Largier, Spiegelungen. Fragmente einer Geschichte der Spekulation, Zeitschrift fu¨r Germanistik NF 3 (1999), S. 616–636. So werden in der Regel als Quellen »Origenes, Gregor von Nyssa, Maximus Confessor (den Eriugena dem Westen vermittelte), aber auch […] Ambrosius und Augustinus« genannt (Kurt Ruh, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 1, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 1998, S. 18), nicht aber Dionysius, dessen Bedeutung im Blick auf das Theologumenon der Gottesgeburt gerade hier deutlich wird.

Vernunft und Seligkeit

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gentlich auch an Augustinus anschließt,12 wird damit eingebettet in das dionysische Konzept der Henosis und der hierarchischen Ausfaltung und Ru¨ckfu¨hrung in Gott.13 Dabei verliert der Intellekt in der Ratifikation der Unbegreiflichkeit Gottes alle Determiniertheit14 und versinkt in der Einheit mit Gott.15 Auch im Blick auf das Einheitsverst2ndnis verweisen die ›Paradisus‹-Texte16 auf Dionysius, wobei vor allem an ›De divinis nominibus‹ XI zu denken ist. Friede, Ruhe,17 Einfalt und Schweigen sind die Elemente einer mit Dionysius als Lauterkeit verstandenen Freiheit und Heiligkeit,18 in der der Mensch sich dem go¨ttlichen Licht o¨ffnet und die Welt in diesem Licht sieht.19 Vor allem die Predigt 15, in der Eckhart sich im Anschluß an die Einfu¨hrung des Begriffes des Friedens und der Stille wohl auch auf Alberts Kommentar zu Brief 8 und 9 des Dionysius bezieht,20 ero¨ffnet hier den Blick auf die Albert und Eckhart verbindende Deutung des Ideals der humilitas, durch die der Mensch mit Gott eins wird.21 Damit ist schließlich die in der ersten Predigt der Sammlung thematisierte regio dissimilitudinis einem Begriff der Heiligkeit gegenu¨bergestellt, der auf den Konzepten der Lauterkeit, der humilitas und der gnadenhaften glicheit des Menschen mit Gott in der Geburt Gottes in der Seele basiert. Diese Denkfiguren werden hier in ihren wesentlichen Zu¨gen auf Dionysius zuru¨ckgefu¨hrt und ihnen wird so in einer durch Albert den Großen vermittelten Weise neu Form verliehen.

II. Natur und Gnade Wenden wir uns den Begriffspaaren Natur und Gnade, natu¨rlich und gnadenhaft, natu¨rlich und u¨bernatu¨rlich zu. Bereits die zweite Predigt des ›Paradisus‹, sie ist von Florentius von Utrecht, spricht ausfu¨hrlich u¨ber Natur und Gnade. Man wird nicht annehmen wollen, daß die Predigt zuf2lligerweise an dieser Stelle steht, denn sie folgt 12 13

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Vgl. Strauch, S. 16,20–25; S. 81,5 f.; S. 85,11 ff. Vgl. etwa Franke: Predigt 5. Eckhart: Strauch, S. 38,1–8; S. 50,6–34; S. 110,5–15. Giselher: Strauch, S. 91,28–37. Vgl. Hermann von Loveia, Predigt 13, doch zieht sich die negative Theologie mit diesem Schwerpunkt durch eine Reihe von Predigten. Hane: Predigt 3 und 30. Eckhart: Strauch, S. 51,25–29; S. 110,5–15; S. 128,6–19. Franke: Strauch, S. 46,1–31. Vgl. Strauch, S. 37,1–15; S. 47,1–11; S. 128,29 ff. Vgl. Eckhart Rube: Strauch, S. 71,26. Eckhart: Predigt 36, Strauch, S. 81. Eckhart: Predigt 61, Strauch, S. 129,6 ff. Vgl. Dionysius, ›De divinis nominibus‹ XII 2. Eckhart: Predigt 56, Strauch, S. 121 f.; Predigt 60, S. 127 f.; Predigt 61, Strauch, S. 130 f. Vgl. Dionysius, De coelesti hierarchia III 2 f., wo dieselbe spezifische Verbindung des L2uterungs-, Licht- und Gnadenmotivs begegnet. Vgl. Albertus Magnus, Super Dionysii mysticam theologiam et epistulas, hg. von Paul Simon, Mu¨nster 1978 (Opera omnia 37/2). Vgl. Ria van den Brandt, Die Eckhart-Predigten der Sammlung Paradisus anime intelligentis n2her betrachtet, in: Albertus Magnus und der Albertismus [Anm. 6], S. 172–187, hier S. 181 f. Alain de Libera, Albert le Grand et la philosophie, Paris 1990, S. 277–286. Van den Brandt weist auf die N2he der Predigt 15 zu Eckharts ›Sermo paschalis‹ von 1294 hin.

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in durchaus sinnvoller Weise auf in der Predigt 1 angesprochene Probleme und antwortet mit l2ngeren Ausfu¨hrungen vor allem zu den Begriffen der Natur und Gnade. Was ist daraus zun2chst abzulesen? Nach Florentius ist die Ru¨ckkehr in die urspru¨ngliche Seligkeit, von der in der ersten Predigt in programmatischer Weise die Rede war, als eine Ru¨ckkehr in den Stand der Gnade zu sehen, in dem Adam sich urspru¨nglich befand. Die Unmittelbarkeit, die Adam mit Gott verband, ist denn auch nicht zu verstehen als naturhafte Vollkommenheit, sondern als gnadenhafte Vollkommenheit. Das heißt, daß in Adam die vernunfthafte Natur, die immer schon zu gnadin gefugit ist (Strauch, S. 10,18 f.), in der Gnade auch unmittelbar auf Gott bezogen war. Das heißt wiederum, daß die Natur des Menschen als Bild Gottes nicht nur naturhaft, sondern u¨bernatu¨rlich, im unmittelbaren Bezug auf ihren Grund, vollendet war. So geht es denn, wenn von Gnade und Natur die Rede ist, um die Restitution dieser Unmittelbarkeit, in der Mittelbarkeit (Natur) und Unmittelbarkeit (Gnade) sich nicht aus-, sondern einschließen: wan der mensche von nature zu der gnade gefugit ist, daz hait her da fon daz her daz bilde Godis an sich hait. und darumme fugite daz sinir barmeherzikeit, alse her un folmachit hatte in der nature, daz her un auch folmachite in der gnade. (Strauch, S. 10,20–23)

Zu diesem Gesichtspunkt bemerkt Hane der Karmelit in der n2chsten Predigt, die das ¨ bersteigen des Naturhaften thematisiert: U di sele bekennet fon nature daz bilde Godis an ir und stigit uber sich selbir und smeckit Got. so wirt si widir nider geslan in sich selbir uf ir naturliche krancheit, daz si anesihit sine grozheit und ire cleinheit. dan so cumit daz gotlich licht und durchschinet ire naturliche craft und ruckit si forbaz fon irre naturlichen craft in eine ubirnaturliche craft und ruckit si ouch uz irme naturlichen lichte in ein ubirnaturlich licht. (Strauch, S. 13,6–12)

¨ bersteigen des Naturhaften ist mithin hier nichts anderes als eine Affirmation der eiU genen Endlichkeit (ire cleinheit), das heißt der Endlichkeit des naturhaft und von der naturhaften T2tigkeit des Intellekts Vermittelten und Vermittelbaren. Darin u¨berschreitet der Intellekt seine eigene Konstitution, seine Struktur naturhafter Vermittlung, und er wird zu einem durchsichtigen Spiegel go¨ttlichen Lichtes (Strauch, S. 13,30 ff.). Gnade ist, wie Eckhart in der n2chsten Predigt ausfu¨hrt, auf dieses Moment der Unmittelbarkeit im Mittelbaren und deshalb zun2chst auf das Moment des Hervorgehens des Sohnes aus und in der Gottheit zu beziehen. Gnade ist immer ane werk, d. h. sie ist immer unmittelbar: Ich spreche ettiswanne von zwein burnen. alleine ez wonderliche lude, wir muˆzin sprechin noch unsime sinne. eyn burne da di gnade uz inspringit, ist da der vader uz gebirit sinen eyn geborin son; in deme selbin inspringit di gnade, und alda geit di gnade uz deme selbin burnen. eyn andir burne ist da di creature uz Gode vlizin: der ist so verre von deme burnen da di gnade uz intspringit, alse der himmil ist von der erdin. gnade inwirkit nicht. (Strauch, S. 17,26–31)

Kurz davor heißt es: da gnade inne ist in der sele, daz ist so lutir und ist Gode so glich und so sippe, und gnade ist one werc, alse in der geburt da ich fore von gesprochin habe, kein

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werc inist. gnade inwirkit kein werc. (Strauch, S. 17,17–19) Und weiter: gnade inwirkit kein werc. si ist zu zart da zu. werc ist ir also verre alse der himmil ist von der erdin. eyn in sin und eyn ane haftin und ein mit Gode daz ist gnade, und da ist Got mide […]. (Strauch, S. 17,35–38) Praktisch gleich lauten die Ausfu¨hrungen zur Gnade in den Eckhartpredigten 22 (Quint Pr. 43, DW II)22 und 28 (Quint Pr. 70, DW II): daz licht der sonnen ist cleine wider deme lichte der fornuftikeit. fornuft ist cleine wider deme lichte der gnade. gnade ist ein licht ubir swebinde und geit ubir allez daz Got ie geschuf und geschepphin mochte. daz licht der gnade, wi groz ez ist, so ist doch cleine wider deme lichte daz Got ist. […] man muz uf gein und groiz werdin in der gnade. di wile man zunimit in der gnade, so ist ez gnade und cleine, darinne man Got sihit fon verrines. wan aber gnade vollinbracht wirdit uf daz hohiste, so in ist ez niht gnade, ez ist ein gotlich licht, darinne man Got sihit. (Strauch, S. 64,6–15)

In diesem go¨ttlichen Licht, das das Licht der Glorie ist,23 geht die Seele ganz in die Selbsterkenntnis Gottes und in die Dynamik des Go¨ttlichen ein, in der alles aus dem go¨ttlichen Grund hervorgeht. Auch die Predigten von Johannes Franke, Thomas von Apolda und Hermann von Loveia halten diese Perspektive bei und beziehen die Gnade prim2r auf die zeitlose Geburt Gottes in der Seele24 und das Licht der Glorie auf das Eingehen in die Gottheit.25 Das bedeutet schließlich auch, daß die Seele im Licht der Glorie selbst den Stand der Zuordnung von Natur und Gnade u¨berschreitet, die uns nach Florentius von Utrecht in der Figur Adams begegnet. Doch kehren wir zur Predigt 4 zuru¨ck. Sie gibt uns am Schluß eine Antwort auf die Frage, was denn als das Korrelat der Gnade in der dynamischen Entfaltung der Seele zu sehen ist. Es ist einerseits der aller naturhaften Bestimmtheit entblo¨ßte Intellekt, zun2chst aber vor allem das Begehren, welches die Seele auf die Geburt hin o¨ffnet: ez endarf nimannen unmogelich dunkin hizu zu cumene [d. h. zur Gottesgeburt in der Seele]. waz schadit mir daz, wi swere ez ist, sint he ez wirkit? alle sine gebot sint mir licht zu haldine. he heize mich joch alliz daz he wolle, des inachte ich nichtis nicht, daz ist mir alliz cleine, ob he mir sine gnade da zu gibit. ez sprechin etliche si inhaben is nicht, so spreche ich: daz ist mir leit. begeris du ez abir? ›nein‹. daz ist mir noch leidir. enmac man ez nicht gehabin, so habe man doch eine begerunge darzu. [hier fehlt aufgrund eines Homo¨oteleutons ein Satzteil: …] David sprichit: ›ich habe begerit einir begerunge zu dinir gerechtikeit.‹ (Strauch, S. 18,1–8)

Wir sind damit zuru¨ckgefu¨hrt zum Motiv der regio dissimilitudinis der Eckhart-Pre¨ berwindigten 1 (Quint Pr. 87, DW III) und 37, die in vergleichbarer Weise die U dung der Entfremdung im Begehren ansetzen: 22

23 24 25

Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke [zit.: DW], Bd. 1–3: Meister Eckharts Predigten, hg. und u¨bers. von Josef Quint, Stuttgart 1957–1976; Bd. 4,1–4,2 [Fasz. 1–2], hg. und u¨bers. von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Freimut Lˆser, Stuttgart 2003. Vgl. auch Strauch, S. 113,5–11 (Meister Eckhart). ›Paradisus‹ Pr. 6, 7 und 17. Strauch, S. 44,16–2 (Hermann von Loveia).

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Niklaus Largier du di aldin vedere bekanten daz jamir da si inne waren, du schrigiten si mit irre begerunge in den himmel und worden in Got gegozzin mit irme geiste und lasin in gotlicher wisheit daz Got geboren solde werden. (Strauch, S. 7,34–37)

Denkt man an die Bedeutung des Begehrens in Eckharts Predigten,26 mo¨chte man auch hier von einer interpretierenden Zuordnung dieses Begriffs sprechen, die der ›Paradisus‹-Redaktor vornimmt. Begehren verweist hier auf das dionysische Denken und auf sein Eros-Konzept. Im Blick auf die Ausfu¨hrungen zur Gnade und zum Ver¨ bernatur in den Predigten des Florentius von Utrecht h2ltnis des Naturhaften zur U und Hanes des Karmeliten darf dies wohl als Kl2rung gelesen werden, ist doch das ¨ berschreiten des Naturhaften in beiden Predigten als etwas gedacht, auf das die Natur U hingeordnet ist, ohne daß es indes kraft der Natur selbst vollendet werden kann. Dennoch ist es in der Natur angelegt, und zwar als Begehren und als Intellekt,27 die beide dynamisch auf die Gnade hingeordnet sind. Die Gnade bildet in diesem Kontext einen komplement2ren Begriff, der es erlaubt, die Unmittelbarkeit des Go¨ttlichen – als Gabe – und damit die Verso¨hnung zwischen regio dissimilitudinis und regio beatitudinis zu denken, ohne daß dabei die Natur preisgegeben werden mu¨ßte. Es scheint vielmehr, als bliebe im Hintergrund der – zugegebenermaßen ziemlich unsystematischen Thematisierung der Gnade – immer das zentrale theologische Postulat pr2sent, die Gnade nicht als Zersto¨rung, sondern als Erfu¨llung der Natur zu denken, und zwar so, daß der Begriff der Erfu¨llung nicht in der Sprache der Heilsgeschichte als Naturgeschichte oder -kausalit2t gefaßt werden soll. Ebenso wird die Gnade nicht nur im Rahmen der Ontotheologie expliziert, sondern als intellekthafte, diskursiv jedoch nicht vermittelbare Einung und Partizipation. So ist Christus selbst Fu¨lle der Gnade (Thomas von Apolda, Strauch, S. 20,35), und die Menschen sind Kinder Gottes von Godis sune und von sines geistes gnaden (Franke, Strauch, S. 21,35). Dabei ist Gnade mit Eckhart Rube gleichzeitig auf das Hervorgehen des Sohnes aus Gott und auf die Heiligung des Menschen, auf Ausgang und Ru¨ckkehr zu beziehen: gnade ist ouch ein engil Godis geheizen, wan si alleine ist von Gode. alleine di heiligin uns gnade mugin irwerbin, si inmac doch niman dan Got selbir gegebin. gnade ist ouch ein glichnisse Godis. si ist ein schin Godis der da irluchtit daz antlitze der sele, alse Got geginwertic ist, und bereidit di sele daz si Got inphahin mac, wan daz allir erste werc daz Got wirkit, alse he cumit zu der sele, 26

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¨ bersetzungen, hg. von Vgl. Eckhart, Quint Pr. 38, besonders Meister Eckhart Werke I–II. Texte und U Niklaus Largier, Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek deutscher Klassiker 91–92; Bibliothek des Mittelalters 20–21), Bd. 1, S. 418,9–13 und Kommentar zur Stelle. Vgl. Johannes Franke in einem Kontext, der weitgehend auf Dionysius verweist und vermuten l2ßt, daß dieser zumindest zum Teil auch fu¨r die Bedeutung des Begriffes des Begehrens beizuziehen ist: daz dritte daz da zu furderit, ist daz sich di zwa crefte undir ein andir behelfin, daz forstentnisse und di begerunge, und daz eine di anderin wide, daz di begerunge wide daz forstentnisse und begere daz ez noch me forsteˆ, und daz bekentnisse wide di begerunge. wan ie me si bekennit, ie wider di begerunge wirt; wan sal di sele Got bekennen, so muz si gewidit werdin. (Strauch, S. 46,8–13) Vgl. auch die Predigt u¨ber die paradigmatische Bedeutung des Begehrens Marias (Eckhart, ›Paradisus‹ Pr. 26) und die Ausfu¨hrungen u¨ber die criginde craft (irascibilis) in Predigt 34 (Strauch, S. 78,33–79,15).

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daz ist gnade. gnade ist ouch Gode also foreinit daz si nummir ist one Got noch Got one gnade. gnade ist ouch alle zit ein ordenunge in Got, wan si bewerit sunde und wirkit alle werc tusintvalt pobin di nature, ist ez daz der mensche volgit der gnade und besteit an der gnade. (Strauch, S. 24,12–21) di gnade cumet ouch in di sele, wan si nicht besteˆnde wesin inhaˆit an ir selbin, mer si gibit der sele wesin und lebin. si gibit der sele ein gotlich wesin und ein gotlich lebin. darumme wil joch ein meistir: gebe di gnade der sele nicht gotlich wesin und lebin, daz si dan in di sele nicht inmochte, wan gnade in cummit nummer in die sele one Got noch Got nummir one gnade. der engil irschein Josebe, nicht eime iclichen Josebe, sundir eime slafinden Josebe. alse der mensche slefit, so ist he bereit zu influzze und zu offinbarungen. (Strauch, S. 24,39–25,7)

Ich zitiere die zwei letzten S2tze mit, weil sie uns zuru¨ckfu¨hren zum Kontext, in dem die vorliegenden Ausfu¨hrungen zur Gnade allesamt zu sehen sind. Es ist der dionysische Gedanke der Vergo¨ttlichung des Menschen, dem der Gnadenbegriff untergeordnet ist. Selbst beim – wenn man so will – konservativsten oder am wenigsten begabten Prediger, Eckhart Rube, ist dies der Fall. Seine Predigten, die sich mit Gnade besch2ftigen – es sind die Nummern 9, 23, 32, 44 und 45 – sind in der Tat sehr stark an Thomas orientiert, doch versuchen auch sie das dynamische Moment herauszustreichen, das schon Georg Steer angesichts der im ›Paradisus‹ vertretenen Gnadenlehre betont hat.28 Dies best2tigt auch eine Predigt Giselhers (›Paradisus‹ Pr. 12), die zun2chst ausfu¨hrt, daß Gott allen Dingen innerlicher ist als diese sich selbst sind und daß alle Dinge bloz und nackit for sinen ougin sind (Strauch, S. 32,21). Gottes Gegenwart in bekentnisse und in minne ist insofern anders, als er hier mit sinir gnade ist: dise zwei tuit Got: he ist mit sinir gnade in deme bekentnisse und in der minne und irfullit daz bekentnisse und di minne, also daz daz bekentnisse nicht me inkennit dan Got, und daz ez bekennit, daz ez daz bekenne durch Got, und daz di minne nicht me inminne dan Got, und waz si minnet, daz si daz minne durch Got. ist icht me in deme bekentnisse dan Got, daz nicht bekant wirt durch Got, so ist daz bekentnisse idel. odir minnet di minne icht me wan Got, daz si nicht minnit durch Got, so infullit Got di minne nicht, mer si wirdit idel fon Godis gnade. he rumit zu male uz. darumme sprichit Sente Paulus: ›ich mane uch, bruder und swestire, daz ir di gnade Godis iht idliche inphahit‹, und sprichit ouch: ›daz ich bin, daz bin ich von gnadin, und Godis gnade was nicht itilliche in mir‹. in deme ist Godis gnade itilliche di icht me bekennit oder minnit dan Got, daz he nicht bekennit oder minnit durch Got. (Strauch, S. 32,28–33,2)

Wenn ich recht sehe, ist diese Stelle im Kontext so zu verstehen, daß die Gnade der Ort ist, wo der Mensch in die absolute Interiorit2t Gottes eingeht, in der er immer schon konstituiert ist und in der er selbst zum konstitutiven Grund aller Dinge wird. Dies geschieht, wo der Intellekt nackt und rein rezeptiv ist. Damit ist die Gnade in gewisser Weise mit der Bloßheit identifiziert, die den Intellekt fu¨r Gott empf2nglich macht. Lidin und Bloßheit sind Charakterisierungen der Vernunft, die Gott empf2ngt. Dies fu¨hren die Predigten 41, 42 und 43 von Giselher, Eckhart und Helwig aus. 28

Vgl. Georg Steer, Scholastische Gnadenlehre in mittelhochdeutscher Sprache, Mu¨nchen 1966 (MTU 14), S. 19.

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Helwig pr2zisiert dabei, daß es die lidinde fornuft ist, die Gott fon gnadin zu empfangen vermag. Wir sind also wiederum auf die dionysische Perspektive zuru¨ckverwiesen, in der Gnade und Licht parallel als ›Medium‹ der Assimilitation bzw. der Ru¨ckkehr in Gott zu sehen sind (Eckhart, ›Paradisus‹ Pr. 60, Strauch, S. 128,1–14). Gnade ist ganz aus der Dynamik der the´osis, der similitudo, assimilatio und deiformitas, verstanden, die auch in der Gnadenlehre Alberts des Großen im Vordergrund steht und die das ›neuplatonische‹ Erbe schematischer Stufenwege aufhebt. Dabei scheint die Sammlung der Predigten des ›Paradisus‹ indes nicht auf eine Differenzierung zwischen einer thomasischen und albertinischen Lo¨sung angelegt zu sein. Vielmehr scheint die relativ statische, am Begriff der Gnade und an der Begriffsdifferenzierung interessierte Position des Thomas derjenigen eines dynamischen, am dionysischen Modell des Ausflusses und Ru¨ckfließens in Gott orientierten Begriffs der Gnade subsumiert werden zu sollen. Dies wird am deutlichsten in den Predigten Eckhart Rubes, wo man einem konservativen Prediger zu begegnen meint, der bed2chtig einen Kompromiß zu formulieren sucht und dabei stark unter dem Einfluß einer neuen Stro¨mung steht. Im Blick auf das menschliche Handeln besagt diese ›Gnadenlehre‹, daß alle Werke der gnadenhaften Einheit des Intellektes mit Gott entspringen (Hermann von Loveia, Strauch, S. 42,20–31; Meister Eckhart, Strauch, S. 54,6 ff.; Eckhart Rube, Strauch, S. 55,17 ff.) und daß die Gnade (mit Florentius von Utrecht, Strauch, S. 66,27 ff.) auf den Beginn, den Fortgang und die Vollendung allen Tuns zu beziehen ist. Sie ist mithin Grundbegriff jeder Ethik. Im Blick auf den Intellekt bedeutet die vorliegende ›Gnadenlehre‹, daß dieser immer nur in u¨bernatu¨rlicher Weise – in forborgenheit (Meister Eckhart, Strauch, S. 38,28; Hermann von Loveia, Strauch, S. 44,24), im Licht der Glorie (Predigt 17 und 18, Hermann von Loveia und Johannes Franke: Strauch, S. 44,14–31 und S. 45,17–34) – Gott und damit den eigenen Grund zu schauen vermag (Florentius von Utrecht, Strauch, S. 11,1 ff.; Meister Eckhart, Strauch, S. 37,29 ff. und S. 38,23 ff., S. 54,6–23; Hermann von Loveia, Strauch, S. 43 f.). Die bekannteste Stelle in diesem Kontext ist wohl diejenige in Predigt 19 (Quint Pr. 7, DW I), wo Eckhart die bekentnisse in neuplatonischer Manier der Seinserkenntnis zuordnet, aber gleichzeitig auch betont, daß dies nicht bedeute, daß damit der Grund der Seele erkannt werden ko¨nne: di hoistin meistere sprechin daz fornuftikeit schele alzumale abe und nimit Got bloz, alse he lutir wesin ist in sich selbir. bekentnisse brichit durch worheit und durch gude und vellit uf lutir wesin und nimit Got alse he an namen ist. uber dise beide ist barmherzikeit, uber bekentnisse und uber minne, in deme hoistin und in deme lutirstin daz Got gewirkin mac. ein meister sprichit, der allir beist von der sele gesprochin hait, daz alle menschlich kunst incumit nummir dar in waz di sele an irme grunde ist. da horit ubernaturlich kunst zu. da uz gein die crefte fon der sele in dise werc. da in wizze wir nicht fon: wir wizzin wol ein wenic da fon, ez ist aber gar cleine, ez muz fon gnadin sin: da wirkit Got barmherzikeit. (Strauch, S. 48,12–22)

Ein wenig fru¨her lesen wir: daz hohiste werc Godis daz ist barmherzikeit, und meinit daz Got setzit di sele in daz lutirste daz si inphahin mac, in di wite und in daz mer, in ein

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grundelois: da wirkit Got barmherzikeit (Strauch, S. 48,4–6). Lhnlich fu¨hrt auch die Predigt 22 (Quint Pr. 43, DW II) aus, daß das Licht der Gnade die Vernunft schlechthin u¨berschreitet: Bobin deme lichte ist gnade, di incumit numir in fornuftikeit noch in willin. sal gnade in fornuftikeit cumen, so muz fornuftikeit und wille uber sich selbir cumen (Strauch, S. 54,6–8). Das heißt, daß auch alles Erkennen in der Gnade, im ¨ berschreiten des Endlichen gru¨ndet, das die endliche Vernunft als Vernunft nicht U einzuholen vermag.

III. Apophatische Theologie und intellekthafte Einung Es ist in der Tat mißverst2ndlich, wenn das Verh2ltnis des Naturhaften zum Gnaden¨ berformung‹ des Naturhaften durch das Gnadenhafte begriffen wird. haften als eine ›U ¨ berformung impliziert hier eine Exteriorit2t, die gerade nicht mitDer Begriff der U gedacht werden, sondern im Begriff der Gnade u¨berwunden werden soll. Wie verschiedene Stellen des ›Paradisus‹ deutlich machen wollen, bezeichnet der Begriff der Gnade vielmehr eine Interiorit2t, die der Natur innerlicher ist als sie selbst und die das Moment des Glu¨cks und der Vollendung in seiner Unvermitteltheit und Singularit2t jenseits differenzierender Strukturen zu fassen sucht. Gnade ist kein Produkt oder Ziel naturhafter Entfaltung und damit einer natu¨rlichen Kausalit2t oder Finalit2t, sondern die Bedingung der Mo¨glichkeit, Natur im Moment ihrer Vollendung außerhalb dieser Kausalit2tsstruktur zu begreifen. Damit ist auch der singul2re Bezug zwischen dem Begriff der Gnade und dem Begriff des Intellekts gegeben, ero¨ffnet sich doch im Begriff des von allen Bestimmungen freien Intellekts die Mo¨glichkeit, diesen als Ort zu denken, wo die konstitutive Determiniertheit und damit die Endlichkeit alles naturhaft Begru¨ndeten u¨berschritten wird. Als solche Mo¨glichkeit, als empf2ngliche Offenheit in einer absoluten Lauterkeit ist der Intellekt von Gnaden immer schon selig, ist er doch, wie die Prediger des ›Paradisus‹ mehrfach hervorheben, in seiner ¨ berschreiten seiner Naturhaftigkeit immer schon hingeordnet; oder Natur auf das U auch: vermag er doch um die Endlichkeit seines eigenen T2tigseins zu wissen und so dieses Wissen – mit Dionysius – als Unwissen zu begreifen. Damit, so l2ßt sich die Position des ›Paradisus‹ hier vielleicht zusammenfassen, sieht der Mensch sich in seiner Freiheit und in seinem Grund nicht als etwas naturhaft Konstituiertes, sondern als etwas gnadenhaft Gegebenes, in der Sprache der Theologen als etwas immer aus Gott Geborenes, in der Sprache neuplatonischer Philosophie als Spiegel des Einen im Vielen. Der ›Paradisus‹-Redaktor hat bei seiner Zusammenstellung der Predigten vor allem diese Punkte in den Vordergrund treten lassen und dabei die Bezu¨ge zu Dionysius zweifellos gezielt privilegiert. Wir du¨rfen deshalb die Theologie des ›Paradisus‹ als eine theologia mystica bezeichnen, die sich explizit und eindringlich auf Dionysius bezieht und aus diesem Blickpunkt in einem bestimmten historischen Kontext einer spezifischen dominikanischen Theologie Profil zu verleihen sucht.

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Philosophiegeschichtlich mo¨chte ich den ›Paradisus‹ in einem intellektuellen Feld ansiedeln, in dem sich der Weg zu Berthold von Moosburg und zu einem Verst2ndnis der Henosis abzeichnet, das auch fu¨r den sp2ten Tauler typisch ist.29 Sichtbar wird dabei die Bedeutung einer neuplatonisch-dionysischen Tradition, die in der ProclusRezeption Bertholds und Taulers nochmals an Bedeutung gewinnen und teilweise neu interpretiert werden wird. Hervorzuheben ist zudem die implizite Kritik am aristotelisch-thomistischen Primat der Ontologie und der Ontotheologie, eine Kritik, wie sie sich auch bei Berthold von Moosburg in expliziter Form finden wird. Dennoch geho¨rt der ›Paradisus‹ nicht nur in diesen Kontext. Vielmehr scheint die Sammlung vor allem eine ganz bestimmte Eckhartdeutung zu bevorzugen und zu propagieren, werden doch alle hier zusammengestellten Eckhartpredigten einem gemeinsamen Programm subsumiert. Im Zentrum steht dabei die Lehre von der Gottesgeburt als Modell einer pr2sentischen Eschatologie, das gleichzeitig ein Modell intellektueller Glu¨ckseligkeit sein soll. Dabei wird zun2chst deutlich gemacht, daß die Gottesgeburt geistig zu verstehen und auf den Intellekt des Menschen zu beziehen ¨ berist. Zweitens wird deutlich gemacht, wie dies im Anschluß an Dionysius als U schreiten naturhafter und diskursiver Bedingungen zu denken ist. Dies hat bestimmte Konsequenzen fu¨r den Intellektbegriff. Ich glaube, daß man feststellen darf, daß hier – gerade auch mit der eindringlichen Verwendung der Spiegelmetapher – ein Intellektbegriff in den Vordergrund tritt, der gegen das Modell konstitutiver Selbstt2tigkeit des Intellekts steht, wie es uns etwa bei Dietrich von Freiberg begegnet und wie es vor allem in der Tradition averroistischer Aristotelesdeutung wichtig war. Vielleicht darf man von einem Gegenmodell dazu sprechen, das – gerade im Blick auf die Spiegelmetapher – auch ein Bindeglied zwischen Eckhart und Nikolaus von Kues darstellt.30 Daneben ist festzuhalten, daß sich das vorliegende theologische Programm durchaus in philosophischen Begriffen explizieren l2ßt und daß so auch ein philosophischer und ein theologischer Glu¨ckseligkeitsbegriff zusammengefu¨hrt zu werden scheinen. Die ganze Predigtsammlung ist als Antwort auf die Frage zu lesen, wie das Moment einer nicht einholbaren Differenz, die in Augustins Begriff der regio dissimilitudinis zur Sprache kommt, in seinem Verh2ltnis zur Einheit zu denken ist. Es geht mithin um eine Frage der Vermittlung, konkret der Vermittlung von Differenz und Einheit. Daß ¨ berschreiten des – und wie – diese Vermittlung bloß als Unmittelbarkeit und als U Naturhaften zu denken ist, sucht die Sammlung des ›Paradisus‹ mit ihrem Rekurs auf Dionysius Areopagita eindringlich aufzuzeigen. Dabei erscheint denn auch ein paradoxes Moment, das in der Koppelung der Begriffe Natur und Gnade immer vorhanden ist. Der Gnadenbegriff, der sich auf die Restitution von Natur in ihrer Integrit2t bezieht, ist ja gerade darin nicht der Natur schlechthin entgegengesetzt und als ihr 29

30

Vgl. Loris Sturlese, »homo divinus«. Der Prokloskommentar Bertholds von Moosburg und die Probleme der nacheckhartschen Zeit, in: Abendl2ndische Mystik im Mittelalter. Symposion Kloster Engelberg 1984, hg. von Kurt Ruh, Stuttgart 1986 (Germanistische Symposien, Berichtsband 7), S. 145–161; Ders., Tauler im Kontext, PBB 109 (1987), S. 390–426. Vgl. Largier, Spiegelungen [Anm. 10], S. 623 f.

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Anderes zu denken. Er bezeichnet vielmehr, darf man wohl sagen, ein Moment der Interiorit2t der Natur, in der diese als eine nicht von der Naturkausalit2t bestimmte Wirklichkeit erscheint. Diese Interiorit2t indes, so hat man nach dem ›Paradisus‹ mit Dionysius und Eckhart zu schließen, ist ›nichts‹ – nichts als ein leerer Spiegel, der selbst unbestimmt ist und gerade daher alle Bilder und Dinge in Freiheit, also jenseits der Herrschaft von Identit2t und Differenz (das heißt dissimilitudo) aus ihrem Grund hervorgehen l2ßt.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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Georg Steer

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹ ¨ berlieferung, Werkform und Textgestalt U

I Die Frage nach dem Konzept und der Textgestalt der Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹ kann eine Kl2rung von den sie u¨berliefernden Handschriften und deren Vorlagen her finden. Allerdings existieren fu¨r uns nur zwei Handschriften, die Kunde von dieser außerordentlichen Predigtsammlung der deutschen Dominikaner aus der ersten H2lfte des 14. Jahrhunderts geben: die Oxforder Handschrift MS. Laud Misc. 479 (Sigle O) und die Hamburger Handschrift Cod. theol. 2057 (Sigle H2). In ihnen ist der Text des Predigtbuches sehr einheitlich u¨berliefert. Sie bieten auf weite Strecken hin einen nahezu identischen Wortlaut. In beiden Handschriften lautet der Titel des Predigtbuches gleich ›Paradisus anime intelligentis‹; gleich ist auch die Anordnung der 64 Predigten, die in zwei Teile eingeteilt werden, in einen ersten Teil mit 31 Predigten, dem Kirchenjahr (Sermones de tempore), und in einen zweiten Teil mit 33 Predigten, dem Commune sanctorum (Sermones de sanctis) folgend. Fest ist auch in beiden Textabschriften die Zwo¨lfzahl der Autoren: Meister Eckhart,1 Eckhart Rube, Giselher von Slatheim, Johannes Franke, Florentius von Utrecht, Hane der Karmelit, Hermann von Loveia, Albrecht von Treffurt, Helwic von Germar, Barfu¨ßerLesemeister, Bruder Erbe und Thomas von Apolda. Nur die Predigt ›Dionysius sprichet‹ (›Paradisus‹ Pr. 56) bleibt anonym.2 In einem der Sammlung vorausgehenden Register wird jede Predigt einem namentlich genannten Prediger zugeordnet. Von 1

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Die kritische Gesamtausgabe der Werke Eckharts wird wie folgt zitiert: Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1. Abt.: Die deutschen Werke [= DW], hg. und u¨bers. von Josef Quint und Georg Steer. Meister Eckharts Predigten, Bde. I–IV,2, Stuttgart 1958, 1971, 1976, 2003, 2003 ff. Meister Eckharts Traktate, Bd. V, Stuttgart 1963. 2. Abt.: Die lateinischen Werke [= LW], hg. von Josef Koch [u. a.]. Bd. I,1; II–IV; V,1–2, Stuttgart 1936–1975. Bd. I,2 (Recensio L), 1–5/6, hg. von Loris Sturlese, Stuttgart 1987–2007; V,3–10, hg. von Loris Sturlese, Stuttgart 1987/1988–2006; Meister Eckhart: Werke I–II [= EW I–II]. Texte und ¨ bersetzungen, hg. von Niklaus Largier, Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek des Mittelalters 20–21). U Dazu bemerkt Kurt Ruh, Deutsche Predigtbu¨cher des Mittelalters, in: Beitr2ge zur Geschichte der Predigt, hg. von Heimo Reinitzer, Hamburg 1981 (Vestigia bibliae 3), S. 11–30, Wiederabdruck in: Ders., Kleine Schriften. Band 2: Scholastik und Mystik im Sp2tmittelalter, hg. von Volker Mertens, Berlin/New York 1984, S. 296–317, hier S. 314: »Man darf so annehmen, daß der Sammler des ›Paradisus‹ seine besonderen Gru¨nde hatte, in so auffallender Weise jede Predigt (um genau zu sein, mit einer ¨ berlieferungsfehler) als Werk eines Autors zu Ausnahme: Nr. 56 ist anonym tradiert, vielleicht ein U dokumentieren.«

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den beiden Handschriften O und H2 aus betrachtet erscheint die Predigtsammlung fraglos als ein einheitliches Werk. Fragen zur Textgu¨te, zu ihren Vorlagen und zu ihrer Struktur entstehen ernsthaft erst bei einem vergleichenden Blick auf die Parallelu¨berlieferung einzelner Predigten in anderen Handschriften. Dabei tun sich erstaunliche ¨ berblick u¨ber die bekannte U ¨ berlieferung gibt die nachTextdifferenzen auf. Einen U 3 stehende Auflistung: 1. Meister Eckhart (31): ›Paradisus‹ Pr. 1 O, H2, Bre1, 47v (fragm.); K1a, 4rb–4vb (fragm.), 16vb–17ra (fragm.), 17vb (fragm.); K2, 298v–300r; Lo4, 134rb–136rb; Me2, 314rb–315ra (fragm.); Me3a, 97r (fragm.); Me3b, 171v–172r (fragm.); Me5, 335vb (fragm.); Me8, 179r–180r (fragm.); St6, 5r–5v (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 4 O, H2, E1, 189vb–190va (fragm.); Me2, 315va–316ra (fragm.); N3, 97r–99r ›Paradisus‹ Pr. 8 O, H2, N1, 64va–64vb (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 10 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 15 Fassung A: O, H2, K1a, 112rb–113va (fragm.); Fassung B: B9, 75r (fragm.); B10, 196r–197v (fragm.); Bra1, 67v (fragm.); Bra3, 131r–135r; Bre1, 88r–91r; Go1, 154rb–156rb; N1, 50va–51va ›Paradisus‹ Pr. 16 O, H2, Lo4, 158ra–160vb; Me2, 317ra–318ra; Me2a, 438va (fragm.); Me3, 107r–107v (fragm.); Me5, 333va (fragm.); Me8, 213r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 19 O, H2, Bra3, 44v (fragm.); Ka1, 67vb–68ra (fragm.); Ka2, 141v (fragm.); N1, 85ra– 86ra; Str2, 8r–11v ›Paradisus‹ Pr. 20 O, H2, B9, 73v (fragm.); Ba1, 315r (fragm.); Ba2, 251rb–251va (fragm.), 209vb (fragm.); Bra3, 45r (fragm.), 47r (fragm.); Do1, S. 95b–96a (fragm.); G9, S. 68 3

Die Handschriften werden nach dem Vorbild der kritischen Ausgabe ›Die deutschen Werke Meister Eckharts‹ [= DW] nur mit Siglen angefu¨hrt. Die Mitteilung »(fragm.)« gibt an, daß der Text aus unterschiedlichen Gru¨nden auf den genannten Bl2ttern der Handschrift nicht vollst2ndig u¨berliefert ist. Kurzbeschreibungen der Handschriften unter: www.meister-eckhart-gesellschaft.de/Hss-DW.htm: ›Verzeichnis der in DW IV benutzten Textzeugen und ihrer Siglen‹ (letzter Zugriff 6. 5. 2008).

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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(fragm.), S. 183 (fragm.), S. 189 (fragm.); Ka1, 6vb–7ra (fragm.), 7ra (fragm.), 16ra– 16rb (fragm.), 17ra (fragm.), 33vb (fragm.), 40vb (fragm.), 44va–44vb (fragm.), 84rb (fragm.), 88ra (fragm.); Ka2, 1r (fragm.), 20v (fragm.), 22r (fragm.), 61v (fragm.), 77r (fragm.), 85v–86r (fragm.), 170r–170v (fragm.), 172r (fragm.); M5, 25r–27v; M7, 23r (fragm.), 61r (fragm.), 63r (fragm.); N1, 23vb–24vb; S1, 234v (fragm.), 280r (fragm.); Str1, 56r–60v (Abschrift in W1, 35v–39v); Str2, 11v–15r; Str9, 5v–6r (fragm.); Z2, S. 199 (fragm.); Z4, 51v (fragm.), 54r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 21 O, H2, B7, 159r–164r; B9, 37v–41r; Ba1, 291r–291v (fragm.); Do1, S. 92a–93a (fragm.); G9, S. 68 (fragm.), S. 255 (fragm.), S. 292 (fragm.); K1b, 70va–70vb (fragm.); Ka1, 35vb (fragm.); Ka2, 65r–65v (fragm.); Lo2, 54v–55r (fragm.); M7, 23r (fragm.), 83v (fragm.), 104r–104v (fragm.); N1, 42ra–42vb (fragm.); N5, 162r–162v (fragm.); St6, 128r (fragm.); Str1, 72r–74v; Str9, 2v–3v (fragm.); Z2, S. 181 (fragm.); Z4, 37r (fragm.), 51v (fragm.), 192v (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 22 O, H2, BT, 268va–269va; Do1, S. 121a–121b (fragm.); G5, 198r–199v; G9, S. 292 (fragm.); K1b, 70va–70vb (fragm.); Ka1, 23ra–23rb (fragm.), 23va (fragm.), 91ra–91rb (fragm.); Ka2, 35r (fragm.), 35v (fragm.), 179v (fragm.); Kla, 151r–152r (fragm.); M7, 104r (fragm.); Mai1, 238r–240v; Mai5, 229r–229v (fragm.); N1, 14rb–14vb (fragm.), 30ra–31rb; N9, 37r–39r; S1, 236r (fragm.); S3, 197v (fragm.); St6, 127v–128v (fragm.); Str3, 294v–299v; Str9, 20v (fragm.), Z4, 37r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 24 O, H2, Au1, 134rb–135rb (fragm.); 233va–234vb (fragm.); B6, 47v–50v; B7, 169r–176v; Er, 136rb–137rb (fragm.); F1, 148v–149v (fragm.), 248r–249r (fragm.); K1a, 13va–14ra (fragm.); Ko¨1, 50ra–50rb (fragm.), 105vb–106ra (fragm.); M33, 148va–149vb (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 26 O, H2, K1b, 62rb–62vb (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 27 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 28 O, H2, Au1, 170vb–171vb; B7, 257v–262v; Ba2, 250vb (fragm.); BT, 257ra–258ra; F1, 187r–188v; G9, S. 291 (fragm.); Ka1, 39ra (fragm.), 89ra (fragm.); Ka2, 73r (fragm.), 174r–174v (fragm.); Ko¨1, 74rb–75ra; M7, 104r (fragm.); N1, 21vb–22va; S1, 246r (fragm.), 233v (fragm.); Str1, 65r–67v; Z4, 36r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 33 O, H2, B6, 25v–29v; B8, 112v–113v (fragm.); B9, 90r–90v (fragm.), 200r (fragm.); Ba2, 248rb–248va (fragm.); BT, 286va–288rb; Do1, S. 143a–143b (fragm.); G9, S. 80

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Georg Steer

(fragm.); S. 188 (fragm.), S. 233 (fragm.); K1a, 5ra–5rb (fragm.); Ka1, 45va–45vb (fragm.); Ka2, 87v–88v (fragm.); M7, 27r (fragm.), 63r (fragm.), 77r (fragm.); N1, 38ra–39rb; S1, 234r (fragm.); St6, 6r (fragm.); Str9, 35v–36r (fragm.); Z4, 53v (fragm.), 90r (fragm.), 113r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 34 O, H2, Do1, S. 98a–100a; G9, S. 290 (fragm.); K1a, 146rb–146vb (fragm.); Ka1, 17vb (fragm.); Lo4, 160vb–162vb; M7, 102v (fragm.); Mai1, 150v–155r; Me2, 318ra–318rb (fragm.); N9, 57r–57v (fragm.); S3, 201r–201v (fragm.); St6, 67v–68r (fragm.); Str1, 89v–92r; Str3, 216r–223r; Str9, 7v–9r (fragm.); Wo1, 142v–149v; Z4, 148v (fragm.), 201r (fragm.), 212v (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 36 O, H2, B6, 55v–58r; B7, 248r–253v; B8, 104r–105r; B12, 62v–64r; Ba2, 258va– 258vb (fragm.); Br1, 13r–14r (fragm.); BT, 291vb–292va; E1, 201v–202v; Fl, 76v (fragm.); K2, 303r–304v; Ka1, 12ra (fragm.), 12rb (fragm.); Ka2, 11v–12r (fragm.), 12r (fragm.); Kla, 173v–174r (fragm.); M1, 70v–74r; N2, 91r–93v; P3, 274v–275v (fragm.); S1, 237v (fragm.); S3, 196v–197r (fragm.); Saa, 53v–58v; Sab, 148v–151v; St1a, 43v–48r; St1b, 116v–118v ›Paradisus‹ Pr. 37 O, H2, B6, 63v–66v; B7, 235r–243r; Fl, 76v (fragm.); K1a, 83vb–84rb (fragm.); Mz1, 46r (fragm.); N1, 74vb–76va; Wo1, 115v–125r ›Paradisus‹ Pr. 42 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 46 Fassung A: O, H2, Lo4, 166va–168vb; Me2, 275vb–276vb (fragm.); Me2b, 318rb (fragm.); Me3, 108r (fragm.), 111v–112r (fragm.); Me5, 334vb (fragm.); Me8, 213r (fragm.); Exempel vom versilberten Kupferpfennig: Ba2, 92rb (fragm.); Br11, 47r–49v (fragm.); De, 159r (fragm.); Em, 212va–212vb (fragm.); Ha3, 104v (fragm.); Ha4, 67va (fragm.); KT, 84ra (fragm.); Me1, 81va–81vb (fragm.); Me5, 335va–335vb (fragm.); Fassung B: B6, 53r–53v (fragm.); B7, 50v–58v; Ba1, 317v–318r (fragm.); BT, 311rb–312vb; Fl, 41r (fragm.); Ka1, 10rb (fragm.), 11ra (fragm.), 11rb (fragm.), 22rb (fragm.), 23ra (fragm.), 28vb–29ra (fragm.), 34ra (fragm.), 34rb (fragm.), 45va (fragm.), 63vb–64ra (fragm.), 90vb (fragm.); Ka2, 9v–10r (fragm.), 10r (fragm.), 33r (fragm.), 34v (fragm.), 50r (fragm.), 62r (fragm.), 87v (fragm.), 131r (fragm.), 179r (fragm.); N1a, 8va–9rb (fragm.); N1b, 77va–79va ›Paradisus‹ Pr. 47 O, H2, B6, 53r (fragm.); B7, 209v–213v; G9, S. 52 (fragm.); M7, 19v (fragm.); Lo4, 124ra–125rb; Z4, 39r–39v (fragm.)

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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›Paradisus‹ Pr. 48 O, H2, B7, 213v–219v; Ba1, 282r–284r (fragm.); Er, 128ra–129rb; K1b, 91rb (fragm.); Lo4, 165va–166va; Sa, 156r–158v; St1, 122r–124r ›Paradisus‹ Pr. 49 O, H2, Lo4, 131ra–131vb; N1, 59rb–59va; N4, 94r–97r; Wo1, 139v–142r ›Paradisus‹ Pr. 50 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 51 O, H2, Ba2, 254vb–255rb (fragm.); Bra3, 126v–130v; BT, 305va–306va; Do1, S. 121b–122a (fragm.); G1, S. 197–199 (fragm.); Ga, 238r–243r; Ka1, 77ra (fragm.), 77rb (fragm.); Ka2, 163r (fragm.); S1, 235v (fragm.); S3, 351v–352r (fragm.), 354r–354v (fragm.); Str2, 3v–8r; Str9, 20v–21r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 55 O, H2, Ba2, 238vb–239ra (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 57 O, H2, B10, 171v–173r; Me2, 287va–288rb; Me3, 100v–101v (fragm.); Nu, 274v–277v ›Paradisus‹ Pr. 58 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 59 O, H2, B1, 34r–34v (fragm.); B10, 177v–179r; Ba1, 215r–215v (fragm.); Ba2, 262vb–263ra (fragm.); Bra1, 69r (fragm.); Bra3, 47r–47v (fragm.); Er, 135va–136rb; Fl, 40v–41r (fragm.); K1a, 48vb–49ra (fragm.), 55rb–55vb (fragm.); Ka1, 7ra (fragm.), 10va–10vb (fragm.); Ka2, 1r (fragm.), 8v–9r (fragm.); M27, 244rb (fragm.); N1, 50va (fragm.); S1, 168r (fragm.), 238r (fragm.); St6, 40r–40v (fragm.); Str2, 59r–61v; Z4, 69r–69v (fragm.), 99v–100r (fragm.), 121r–121v (fragm.), 197r (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 60 Fassung A: O, H2, I1, Innsbruck, Universit2tsbibl., Pergamentstreifen aus der Inkunabel 175 / 8 B (fragm.); M27, 244vb–245rb (fragm.), 258vb–259ra (fragm.); M28, 87rb–87va (fragm.), 96va (fragm.); N1, 26va–27ra; St7, 271rb–271vb (fragm.), 277ra–277rb (fragm.); Fassung B: B2, 74r (fragm.), B6, 5r (fragm.); B9, 69r–69v (fragm.), 76v–77v (fragm.), 192v (fragm.); B34, 183ra–185vb; Ba1, 229v–240r, 292v–294r (fragm.); Ba2, 238va–238vb (fragm.); Bra1, 68r–68v (fragm.); Bra3, 42r (fragm.); BT, 247va–248vb; D2, 7r–8r (fragm.); Do1, S. 119b–120b (fragm.), S. 141b (fragm.), S. 147a (fragm.); E1, 184rb–186va; Eb, 281v–282r; G1, S. 206–217; G5, 193r–195v; G9, S. 87–88 (fragm.); Ga, 219r–225v; Go1, 151va–154rb; K1a, 68vb– 69rb (fragm.), 69va–69vb (fragm.), 79rb (fragm.); Ka1, 23va–23vb (fragm.), 39va–39vb (fragm.); Ka2, 35v–36r (fragm.), 74r–74v (fragm.); Kp, 20r–20v (fragm.); Lo2,

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Georg Steer

55v–56r (fragm.); M7, 29r–29v (fragm.); Mai1, 196r (fragm.); Mai7, 199v–202v; S1, 232r–232v (fragm.); St9, 227v (fragm.); Str2, 42r–47v; Str3, 191v–192r (fragm.); Str9, 34v (fragm.), 38r (fragm.); U1, 39r (fragm.); W5, 127r–127v (fragm.); Z2, S. 182–183 (fragm.); Z4, 107v–108v (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 61 O, H2, B8, 106v–107v; B12, 9r–10v; N2, 87r–88r (fragm.) 2. Eckhart Rube (6): ›Paradisus‹ Pr. 9 O, H2, Zu¨rich, Zentralbibl., Cod. Car. C 98, 159rb–160va (Sermo 153: verwertet auch die Predigt ›Paradisus‹ 45) ›Paradisus‹ Pr. 23 O, H2, N5, 252v–255v ›Paradisus‹ Pr. 32 O, H2, Heidelberg, Universit2tsbibl., cpg 114, 63r–70v (Hermann von Fritzlar ›Heiligenleben‹: Pfeiffer [Anm. 11], Pr. 1, S. 180–185) ›Paradisus‹ Pr. 44 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 45 O, H2, K1a, 3va–4rb (fragm.); St6, 4r–5r (fragm.); Zu¨rich, Zentralbibl., Cod. Car. C 98, 159rb–160va (Sermo 152: verwertet auch die Predigt ›Paradisus‹ 9) ›Paradisus‹ Pr. 64 O, H2 3. Giselher von Slatheim (5): ›Paradisus‹ Pr. 12 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 14 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 25 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 39 O, H2

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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›Paradisus‹ Pr. 41 O, H2, E2, S. 198b–201b; St1, 118v–122r; Sa, 151v–155v; in geku¨rzter Form auch in der ›Postille‹ des Hartwig von Erfurt (vgl. 2VL 3, Sp. 46 f.) 4. Johannes Franke (5): ›Paradisus‹ Pr. 5 O, H2, Bra3, 113v–122v; G5, 199v–200r (fragm.); K1a, 42vb–43va; N1, 48vb–49ra; St6, 32v–33v; Str2, 50r–51v ›Paradisus‹ Pr. 7 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 18 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 29 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 35 O, H2 5. Florentius von Utrecht (3): ›Paradisus‹ Pr. 2 O, H2, Solothurn, Zentralbibl., Cod. S 353, 110r–111v (fragm.: Strauch, S. 9,20–35), 111v–113r (fragm.: Strauch, S. 10,9–23), 113r–114v (fragm.: Strauch, S. 10,24–S. 11,5)4 ›Paradisus‹ Pr. 31 O, H2, K1b, 251vb–252rb (fragm.); N5, 135r–143r ›Paradisus‹ Pr. 63 O, H2, K1a, 4ra (fragm.); Me2, 302va–302vb (fragm.); N4, 91v–94r; St6, 4v (fragm.) 6. Hane der Karmelit (3): ›Paradisus‹ Pr. 3 O, H2, K1a, 20rb–21va (fragm.); N3, 23v–24r (fragm.); St6, 185r–187v (fragm.); W3, 42vb–44va (fragm.); auch in Handschriften der ›Postille‹ Hartwigs von Erfurt (vgl. 2VL 3, Sp. 430)

4

Vgl. Anm. 79.

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›Paradisus‹ Pr. 30 O, H2, B30, 190va (fragm.); Fl, 13r–13v (fragm.); G9, S. 293–296; K1b, 274ra– 274vb; Kl1, 72r–72v; Mai4, 194r–195r; Mai6, 16v–19r; N1, 53rb–53vb; N2, 2r–3r; N4, 107v–109r; S1, 159r; St6, 153r–154r; Str2, 88v–91r; Z4, 122r–124r ›Paradisus‹ Pr. 54 O, H2, M35, 147r–148r; M36, 147v–148v; Mai4, 195r–196r; Mai8, 110r–111r; Me2, 315ra–315rb; N1, 48ra–48vb; N2, 3v–5v; S8, 299r–300r 7. Hermann von Loveia (3): ›Paradisus‹ Pr. 13 O, H2, K1a, 140rb–140vb; N4, 101r–107v; St6, 59r–60r; Solothurn, Zentralbibl., Cod. S 353, 160r–162v (fragm.: gedanklich und zum Teil auch wo¨rtlich entlehnt)5 ›Paradisus‹ Pr. 17 O, H2, N5, 20r–23v ›Paradisus‹ Pr. 40 O, H2, N4, 89r–91v 8. Albrecht von Treffurt (2): ›Paradisus‹ Pr. 38 O, H2 ›Paradisus‹ Pr. 53 O, H2 9. Helwic von Germar (2) ›Paradisus‹ Pr. 43 O, H2, K1a, 87rb–88ra (fragm.) ›Paradisus‹ Pr. 52 O, H2 10. Barfu¨ßer-Lesemeister (1): ›Paradisus‹ Pr. 62 O, H2, K1a 17ra–17rb (fragm.), St6 17r–17v (fragm.)

5

Vgl. Anm. 79.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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11. Bruder Erbe (1): ›Paradisus‹ Pr. 11 O, H2, K1a, 53rb–54va (fragm.); St6, 46r–48r; Solothurn, Zentralbibl., Cod. S 353, 172v–174v (fragm.: Strauch, S. 28,21–S. 29,6; S. 29,23–S. 30,11)6 12. Thomas von Apolda (1): ›Paradisus‹ Pr. 6 O, H2 13. ›Dionysius sprichet‹ (1) ›Paradisus‹ Pr. 56 Fassung A: O, H2; Fassung B: B9, 74r–74v (fragm.); B39, 168rb–168vb; B40, 16va– 16vb (fragm.); Ba1, 333v–335r (fragm.); Bra1, 67r (fragm.); Do1, S. 299a–301a; G9, S. 105 (fragm.); Kl1, 70r–70v; Lo2, 70v–71r (fragm.); M7, 35v (fragm.); M43, 255r–255v (fragm.); Mai4, 196r–197r; N1, 71ra–72ra; N2, 5v–6v; S1, 142r (fragm.); Str1, 84r–85v (Abschrift in W1, 135r–136v); Z2, S. 214–215 (fragm.); Z4, 74r–74v (fragm.); Fassung C: K1b, 19ra–19vb; St6, 212r–213r; Fassung D: N4, 98r–101r

II Die Forschungen zu der ›Paradisus anime intelligentis‹-Predigtsammlung nehmen ihren Ausgangspunkt von der Oxforder Handschrift MS. Laud Misc. 479. Ihr ist aus unterschiedlichen Gru¨nden eine hohe Aufmerksamkeit zuteil geworden, schon deswegen, weil sie vor der Entdeckung der Hamburger Handschrift H2 im Jahre 1930 der einzige Textzeuge des ›Paradisus‹ war, und sie ist als besondere Eckharthandschrift, und mit ihr die Sammlung selbst, nach und nach immer ho¨her aufgewertet worden. 1. Schon sehr fru¨h, 1872, sind die Predigten Meister Eckharts aus der ›Paradisus anime intelligentis‹-Sammlung bekanntgemacht worden, durch Eduard Sievers in der Zeitschrift fu¨r deutsches Altertum 15 (1872) unter dem Titel: ›Predigten von Meister Eckart‹.7 Weil Sievers seinen Blick einzig auf die 31 Predigten richtet, die die Sammlung Meister Eckhart zuschreibt,8 und die »u¨brigen 33 predigten der hs.« nur insoweit erw2hnt, als diese elf verschiedenen Verfassern angeho¨ren, deren Namen er mitteilt 6 7 8

Vgl. Anm. 79. Eduard Sievers, Predigten von Meister Eckart, ZfdA 15 (1872), S. 373–439. Sievers druckt S. 373–418 aus der Oxforder Handschrift nur 20 Eckhartpredigten (Nr. 1–20) ab; auf eine Wiedergabe der restlichen elf Predigten verzichtet er, weil diese bereits in Pfeiffers Eckhartausgabe [Anm. 11] nachgelesen werden ko¨nnen. Die Nummern bei Pfeiffer sind: 72 (Quint 7), 35 (Quint 19), 31 (Quint 37), 79 (Quint 43), 32 (Quint 20a), 41 (Quint 70), 84 (Quint 9), 52 (Quint 32), 45 (Quint 60), 62 (Quint 82), 97 (Quint 83). S. 418–435 teilt Sievers auch noch sechs weitere anonyme

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und die er »als unmittelbare schu¨ler« Eckharts zu betrachten vorschl2gt,9 gilt seit SieversA Aufsatz von 1872 der Oxforder ›Paradisus anime intelligentis‹-Codex als Eckharthandschrift.10 2. Er gilt nicht nur als Eckharthandschrift. Er gilt als eine besondere Eckharthandschrift. Fu¨r seine Exklusivit2t hat wiederum Sievers der Forschung die Augen geo¨ffnet. Die Ausgabe der Predigten und Traktate Meister Eckharts von Franz Pfeiffer aus dem Jahre 185711 ermo¨glichte es ihm, mehrere Predigten (insgesamt elf12) der Oxforder Handschrift mit denen der Pfeiffer-Ausgabe zu vergleichen und festzustellen, daß »die abweichungen von dem bei Pfeiffer gedruckten texte durchg2ngig nicht unbedeutend sind, indem einige predigten ganz umgearbeitet, teils verku¨rzt, teils erweitert auftreten«.13 Mit dem Hinweis auf die Diskrepanzen zwischen der Predigt Pfeiffer 29 (Quint 38) und der Predigt Nr. 2 seines Abdruckes (S. 377–381) schu¨rt er den Ver¨ berlieferung Texte von Eckhartpredigten vorliedacht, es ko¨nnten in der ›Paradisus‹-U gen, die urspru¨nglicher sind als jene Texte, die Pfeiffer ediert hat. Er schreibt: »welche von beiden recensionen im einzelnen den vorzug verdiene ist mit unseren kritischen hu¨lfsmitteln nicht zu entscheiden«. Gleichwohl h2lt Sievers mit seiner perso¨nlichen Einsch2tzung der Textgu¨te der Oxforder Predigten nicht hinterm Berge: »im allgemeinen ist unserer hs. was behandlung des textes anlangt kein grosses lob zu spenden«.14 Daß die ›Paradisus‹-Predigten Eckharts bearbeitet sind, hat also als erster Eduard Sievers erkannt. Josef Quint hat dies in seiner Ausgabe immer wieder best2tigt und vor allem auf die »vielen Verderbnisse, insbesondere Lu¨cken« in den Variantenapparaten hingewiesen.15

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Predigten (Nr. 21–26) aus der Kasseler Handschrift Cod. theol. 4Z 94 (Sigle K2) mit, von denen er sagt, »[er trage] kein bedenken dieselben mit hrn Cruel s2mmtlich meister Eckart, in dessen leicht kenntlicher manier sie geschrieben sind, beizulegen« (S. 438). Von diesen sechs Predigten ist bis heute nur eine Predigt (Nr. 25 = Quint 61) als echt erwiesen. Aus der gesamten Handschrift K2 sind bis heute vier Predigten (87 [298v–300r], 108 [300r–301v], 60 [303r–304v], 61 [306r–307v]) als echt erwiesen. Sievers [Anm. 7], S. 437. Die Namensnennung folgt den Angaben der Predigt-Tituli: Florencius von Utrecht der lesemeister, Meister Hane der carmellita, Johann Franke, Thomas von Apolda, Eckart Rube der lesemeister in prediger ordine, Bruder Erbe der prediger und lesemeister, Gisilher von Slatheim lector, Hermann von Loveia lector, Albracht von Driforte der lesemeister, Helwic von Germar, der lesemeister was zu Erforte, Sente Dyonisius, Ein barfuzzin lesemeister. Philipp Strauch u¨bernimmt diese Ansicht in seiner Rezension von Wilhelm Pregers ›Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter‹ im Anzeiger fu¨r deutsches Altertum und deutsche Literatur 9 (1883), S. 113–159, hier S. 122 f., kritiklos: »die im thu¨ringischen dialecte des 14. jhs. geschriebene sammlung von predigten Eckharts und seiner schule weist nach Erfurt und ist wahrscheinlich das original. auch ich halte es fu¨r mo¨glich dass die in ihr genannten prediger zum teil unmittelbare schu¨ler Eckharts gewesen sind«. Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts, hg. von Franz Pfeiffer. Bd. 2: Meister Eckhart, Leipzig 1857 (ND Aalen 1962). Siehe Anm. 8. Sievers [Anm. 7], S. 437. Ebd., S. 437. Josef Quint, DW I, S. 116.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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3. Obwohl nach Sievers auch noch Wilhelm Preger16 und Hans Zuchhold17 weitere Texte aus der Oxforder Handschrift abdruckten, »somit […] ein gut Teil der Handschrift bereits seit l2ngerem der Forschung zug2nglich gemacht« war, entschloß sich Philipp Strauch 1919 zu einer »vollst2ndigen Wiedergabe« der Predigt-Sammlung in der Reihe der ›Deutschen Texte des Mittelalters‹.18 Da nach deren Programm »neben der Dichtung insbesondere auch das weite Gebiet der sp2tmittelalterlichen deutschen Prosa ausgiebig beru¨cksichtigt« werden sollte, vornehmlich Werke, »die nach Inhalt, Sprache oder ku¨nstlerischer Form einen Anspruch darauf haben, der wissenschaftlichen Arbeit leicht zug2nglich zu sein«,19 verwundert es nicht, daß die DTM-Herausgeber der ›Paradisus‹-Sammlung ihres Inhalts wegen jenen hohen Rang zusprachen, der es angeraten erscheinen ließ, sie der wissenschaftlichen Forschung zug2nglich zu machen. Weil die ›Paradisus‹-Predigten 1919 nur in einer einzigen Handschrift bekannt waren – von der Hamburger Handschrift Cod. theol. 2057 (H2) wußte man noch nichts –20 und die Textwiedergabe gem2ß den DTM-Prinzipien nur »durchweg eine[r] mo¨glichst gute[n] und alte[n] Handschrift« folgen sollte,21 mußte die Oxforder Handschrift zu einer guten und alten Handschrift aufgewertet werden, um den Editionsprinzipien der DTM-Reihe zu entsprechen, die »von kritischen Ausgaben grunds2tzlich [absah]«. Philipp Strauch indes war sich durchaus im klaren, daß es mit der Textgu¨te der Oxforder Handschrift, die er nicht anders als ¨ ber den kritischen Wert des Textes, wie er Sievers einsch2tzte, nicht weit her war. »U in O vorliegt«, schreibt er in der Einleitung zu seiner Ausgabe, »l2ßt sich ein allgemeines Urteil nicht abgeben, – man wird ihn trotz seines Ursprunges, der nach Thu¨ringen, nach Erfurt, dem Wirkungskreise Eckharts fu¨r l2ngere Zeit, weist, nicht u¨bersch2tzen du¨rfen: vielmehr erheischt jeder einzelne sermo, je nachdem fu¨r ihn eine reichere oder ¨ berlieferung zum Vergleich herangezogen werden kann, besondere nur beschr2nkte U 16

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Wilhelm Preger, Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter. Nach den Quellen untersucht und dargestellt. Zweiter Teil: Lltere und neuere Mystik in der ersten H2lfte des XIV. Jahrhunderts. Heinrich Suso, Leipzig 1881, Anhang S. 439–468 (14 Predigten). Hans Zuchhold, Des Nikolaus von Landau Sermone als Quelle fu¨r die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises, Halle 1905 (Hermaea 2) (einige Exzerpte aus O). Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998, S. VII. Gustav Roethe im Vorwort zu: Friedrich von Schwaben aus der Stuttgarter Handschrift, hg. von M. H. Jellinek, Berlin 1904 (DTM 1), S. Vf. Die Handschrift wurde erst 1930 von Wolfgang Stammler entdeckt: Wolfgang Stammler, Studien zur deutschen Mystik, ZfdPh 55 (1930), S. 291–300, hier S. 291. Beschreibung der Handschrift: Nil¸fer Kr¸ger, Die theologischen Handschriften der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg. 3. Quarthandschriften und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228), Stuttgart 1993, S. 146–153: Theol. 2057 Paradisus animae intelligentis. H2 ist eine Schwesterhandschrift zu O. Kr¸ger h2lt eine Entstehung der H2-Handschrift nach pal2ographischen Merkmalen in der ersten H2lfte des 15. Jahrhunderts fu¨r wahrscheinlich (S. 146). Hier muß ein Irrtum vorliegen, denn einige Zeilen vorher gibt Nil¸fer Kr¸ger als Entstehungszeit der Handschrift »14. Jh., Mitte« an. »Die Sprache weist« nach ihrer Einsch2tzung »auf den westmitteldeutschen Raum« hin (S. 146). Roethe [Anm. 19], S. VI.

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Pru¨fung. Nicht selten zeigt sich ein ku¨rzendes Prinzip.«22 Fu¨r Strauch war nicht besonders wichtig, ob die Oxforder Handschrift im Sinne texteditorischer Erw2gungen eine herausragend »gute und alte Handschrift« war, fu¨r ihn bestand die Bedeutung von O vielmehr darin, daß sie als ein herausragendes Dokument der mystischen Predigt »aus der Zeit und Umgebung Meister Eckharts« eingesch2tzt werden muß.23 Einzig der Tatbestand, daß der Oxforder Codex ein »Vertreter der mitteldeutschen, Thu¨ringischen (nach Erfurt weisenden) Gruppe innerhalb des gesamten Handschriftenmaterials mystischer Predigten aus der Zeit und Umgebung Meister Eckharts« ist,24 rechtfertigte in seinen Augen eine erneute und vor allem vollst2ndige Publikation der ›Paradisus‹-Predigtsammlung. Strauch hat dabei ein ganz eigentu¨mlich konstruiertes Bild ¨ berlieferung im Kopf, das er mit Adolf Spamer teilt. Dieser sieht in der Eckhart-U den Eckharthandschriften »eine starke textvariation nach verschiedenen landesteilen«.25 Drei große, deutlich geschiedene Handschriftengruppen unterscheidet er. Die erste und gro¨ßte Gruppe sei »die su¨ddeutsche und besonders su¨dwestdeutsche mit ihrem centrum in Strassburg« und »Basel«; doch auch »die ganze Schweiz, Schwaben« und »das bairische gebiet« geho¨rt dazu. »Die zweite gruppe, die mitteldeutsche«, habe »ihren schwerpunkt in Thu¨ringen und speciell in Erfurt. Bester repr2sentant dieses kreises« sei »die Oxforder hs., die vermutlich auf Erfurt als entstehungsort hinweist«.26 »Zwischen diesem mitteldeutschen und su¨ddeutschen textkreis vermittelnd« stehe »dann die dritte gruppe«. »Repr2sentiert« werde »sie durch die Melker texte, mit denen die Wiener hs. 2728 eng verwandt ist«.27 Wir wissen heute, vor allem durch die ¨ berlieferungsheuristischen und textkritischen Forschungen Josef Quints, daß die U wege und Textverbindungen in Wahrheit viel verschlungener sind, als daß man sie in ¨ berlieferungsfeld von lediglich drei Textkreisen einpassen ko¨nnte. Damit wird das U auch die Vorstellung der landschaftlichen Repr2sentanz einer oder mehrerer Handschriften schu¨tter. Zudem ist bis heute nicht u¨berzeugend gekl2rt, ob die Oxforder Handschrift wirklich ein u¨berzeugender Vertreter der thu¨ringischen Sprach- und Literaturlandschaft ist. Strauch selbst beobachtet »das mehrfache Hervortreten eines rheinfr2nkischen, insbesondere hessisch-nassauischen Idioms«,28 weshalb er fu¨r die »rheinfr2nkische Herkunft« von O votiert.29 Otto Behaghel pflichtet ihm bei; als Heimat des Codex mu¨sse »der no¨rdliche Teil des rheinfr2nkischen Gebietes in Betracht gezogen werden«.30 Schließlich wackelt auch der Allein-Vertretungsanspruch der Ox22 23 24 25

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Strauch [Anm. 18], S. XI. Ebd., S. VII. Ebd., S. VII. ¨ berlieferung der PfeifferAschen Eckeharttexte, PBB 34 (1909), S. 306–420, hier Adolf Spamer, Zur U S. 344. Ebd., S. 344. Ebd., S. 345. Strauch [Anm. 18], S. XII. Strauch [Anm. 18], S. XIII. Otto Behaghel, Rezension u¨ber Philipp Strauch, Paradisus anime intelligentis, Literaturblatt fu¨r germanische und romanische Philologie 43 (1922), S. 14: »Ich meine, wenn ein Text von mehr als

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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forder Handschrift. Die Hamburger Abschrift kann mit gleichem Anrecht die ›Paradisus‹-Predigtsammlung wie die Oxforder Handschrift vertreten, denn sie ist eine Schwesterhandschrift zu O: beide haben eine gemeinsame Vorlage, deren Abschrift sie enthalten, und beide Abschriften zeigen die gleiche Textgu¨te. 4. Von einzigartiger Bedeutung ist die Oxforder Handschrift zusammen mit der Hamburger Handschrift auch deshalb, weil beide Handschriften eine Predigtsammlung bezeugen, in die nicht nur 31 deutsche Predigten Meister Eckharts aufgenommen wurden, sondern in die auch ann2hernd die gleiche Anzahl von Predigten Eingang gefunden hat, deren Autoren bis auf einen Franziskaner und einen Karmeliten ebenfalls Dominikaner sind. Es sind genannt Eckhart Rube mit sechs Predigten, Giselher von Slatheim und Johannes Franke mit je fu¨nf, Florentius von Utrecht und Hermann von Loveia mit je drei, Albrecht von Treffurt und Helwic von Germar mit je zwei Predigten, Bruder Erbe und Thomas von Apolda mit je einer Predigt, ein anonymer Franziskaner und ein weiterer Anonymus mit je einer Predigt sowie der Karmelit Hane mit drei Predigten. Lauri Sepp‰nen hat die aufreizende These verfochten, die ›Paradisus‹-Prediger h2tten in ihrer Gesamtheit »so gut wie keine deutlichen Beru¨hrungspunkte« mit Meister Eckhart.31 Ihr ist zurecht widersprochen worden. Sicher aber ist, daß jeder der ›Paradisus‹-Autoren sein eigenes geistiges Profil hat, wodurch er sich von Eckhart unterscheidet. Einzig ist die ›Paradisus‹-Predigtsammlung auch dadurch, daß sie zu jeder Predigt Tituli bietet, in denen die Namen der Predigtautoren genannt werden, und daß sie einen Titel fu¨hrt: ›Paradisus anime intelligentis‹.32

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130 Druckseiten nicht mehr als ein halbes Dutzend Infinitive ohne n enth2lt, so spricht das aufs nachdru¨cklichste gegen Thu¨ringen«. Auch fu¨r Gilbert Fournier [Anm. 18], S. 189, weisen die Hamburger Handschrift wie »die Oxforder Abschrift auf eine Herkunft aus dem westlichen Mitteldeutschland«. Lauri Sepp‰nen, Studien zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Beitr2ge zur Erforschung der Sprache der mittelhochdeutschen Mystik und Scholastik, Helsinki 1964 (Me´moires de la Socie´te´ Ne´ophilologique de Helsinki 27), S. 18. An der lateinischen Fassung des Titels Paradisus anime intelligentis als urspru¨ngliche Bezeichnung des Predigtbuches ist, worauf Wolfgang Klimanek hinweist, grunds2tzlich ein Zweifel angebracht. Daß der deutsche Titel Dit buchelin heizit ein paradis der fornuftigin sele (O) bzw. Das buch heist das paradiß der selen (H2) der urspru¨ngliche sein muß, ist deswegen wahrscheinlich, weil anima intelligens als eine wort¨ bersetzung von fornuftige sele erscheint und nicht als Wiedergabe von anima rationalis. Siehe wo¨rtliche U unten S. 64. Ein paralleler Vorgang, daß ein lateinisches Explizit zum Titel einer deutschen Schrift Eckharts avancieren konnte, ist in der Bezeichnung Liber Benedictus fu¨r das ›Buch der go¨ttlichen Tro¨stung‹ und die Predigt ›Von dem edelen Menschen‹ zu sehen, das vom ersten Wort des Bibelzitates II Cor 1,3 f. Benedictus deus et pater domini nostri Iesu Christi, pater misericordiarum et Deus totius consolationis, qui consolatur nos in omni tribulatione nostra genommen ist, das Eckhart fu¨r das ›Buch der go¨ttlichen Tro¨stung‹ gew2hlt hat. Auch u¨berliefert den lateinischen Titel nur eine einzige Handschrift, n2mlich Ba2, die zudem den Titel Eexplicit [!] liber benedictus fol. 29r in den Zwischenraum der beiden Spalten einschreibt. Als Hinweis, daß das ›Buch der go¨ttlichen Tro¨stung‹ keinen von Eckhart stammenden Titel hatte, kann die Zitationsweise des Rotulus I gewertet werden: Isti sunt articuli extracti de libello, quem misit magister Ekardus reginae Ungariae, scriptum in Teutonico. Qui libellus sic incipit: ›Benedictus deus e pater domini nostri Iesu Christi‹ (LW V, S. 198,3–5). Der deutsche Titel das bu˚ch der go¨tlichen trostung ist einzig auf dem Vorsatzblatt der Handschrift Ba2 u¨berliefert. Er kann von jedem Schreiber aus dem Bibeltext und dem Beginn von Eckharts Trostbuch gebildet worden sein: Her umbe haˆn ich willen ze schrıˆbenne an disem buoche etlıˆche leˆre, in der sich der mensche trœsten mac in allem sıˆnem ungemache, betru¨epnisse und leide, und haˆt diz buoch driu teil.

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5. Eine Bedeutung ganz anderer Art hat Kurt Ruh der ›Paradisus‹-Predigtsammlung zugesprochen. Er sieht in der Sammlung eine »Dokumentation« des Wirkens Eckharts in Erfurt.33 Ruh legt als erster eine in sich geschlossene entstehungsgeschichtliche Deutung der ›Paradisus‹-Sammlung vor. Ihre Eckpositionen sind: a) Die Sammlung ist in ihrer Erstredaktion »im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts« entstanden.34 Die beiden Schwesterhandschriften O und H2 sind »sorgf2ltige Abschriften des verlorenen Erfurter Originals, beide in thu¨ringischer Sprache geschrieben«.35 b) Der Ort der Zusammenstellung der Predigten ist das Erfurter Dominikanerkloster, der Sitz Meister Eckharts in der Zeit seines Provinzialats (1303–1311). »Offensichtlich«, so Ruh, »liegt eine Sammlung von Predigten vor, die zur Hauptsache in der großen Zeit des Erfurter Konvents, der Zeit Meister Eckharts, alldort gehalten und aufgezeichnet worden sind«.36 c) Diese Erfurter Zusammenstellung der Predigten – dies ist in der Deutung Ruhs ein besonderes Kennzeichen – dient nicht etwa der Predigtpraxis der Dominikaner, sondern dient der Selbstdarstellung des Erfurter Konvents. In der Sammlung soll »die gelehrte Elite der eben erst, 1303, gegru¨ndeten Ordensprovinz Saxonia« vorgestellt werden. Es geht in ihr darum, »die illustre Schar bedeutender M2nner des Ordens, die in der Glanzzeit des Hauses in Erfurt t2tig waren oder mit Erfurt in n2herer Beziehung standen, in einem Erinnerungsbuch zu bewahren«.37 d) Neben dieser Erst- und Ursprungsfassung gibt es eine zweite, eine geku¨rzte Fassung des ›Paradisus‹. Es ist dies »die in O, H u¨berlieferte geku¨rzte Sammlung«.38 Sie ist erst in den 40er Jahren des 14. Jahrhunderts entstanden, wiederum »in Erfurt«, denn »schließlich repr2sentieren O und H die Sprache Thu¨ringens«.39 Im Jahre 1981 hatte dies Ruh noch anders gesehen. Er macht noch nicht die Unterscheidung zwischen urspru¨nglicher und geku¨rzter Sammlung und meint, »die Sammlung als solche du¨rfte nicht viel fru¨her als die beiden Handschriften [O, H2] entstanden sein«.40 e) Beide Sammlungen, die urspru¨ngliche und die geku¨rzte, unterscheiden sich auch in ihrem Bestand. Unter Berufung auf Freimut Lˆser41 vermutet Ruh, die Erstredaktion habe »einen breiteren Bestand« gehabt, »als ihn OH2 aufweisen«; jedenfalls sei sie 33

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Kurt Ruh, Meister Eckharts Pariser Quaestionen 1–3 und eine deutsche Predigtsammlung, Perspektiven der Philosophie. Neues Jahrbuch 10 (1984), S. 307–324, hier S. 314. Kurt Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ (›Paradis der fornuftigen sele‹), in: 2VL 7, 1989, Sp. 298–303, hier Sp. 299. Ruh, Meister Eckharts Pariser Quaestionen [Anm. 33], S. 314. Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ [Anm. 34], Sp. 300. Ebd., Sp. 300. Ebd., Sp. 299. Ebd., Sp. 302. Ruh, Deutsche Predigtbu¨cher des Mittelalters [Anm. 2], S. 312. Freimut Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn. Bekannte und bisher unbekannte Predigten Meister Eckharts im Lichte eines Handschriftenfundes, ZfdA 115 (1986), S. 206–227, hier S. 214. Diese Einsch2tzung Freimut Lˆsers wird u¨bernommen von Loris Sturlese, Hat es ein Corpus der deutschen Predigten Meister Eckharts gegeben? Liturgische Beobachtungen zu aktuellen philosophiehistorischen Fragen, in: Meister Eckhart in Erfurt, hg. von Andreas Speer und Lydia Wegener, Berlin/New York 2005 (Miscellanea Mediaevalia 32), S. 393–408, hier S. 399.

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»dadurch charakterisiert, daß sie die (schon immer erkannten Ku¨rzungen) der ›Paradisus anime intelligentis‹-Handschriften nicht teilt«.42 Ungekl2rt l2ßt Ruh, ob die Predigt-Tituli, in denen die Namen der Prediger aufgefu¨hrt werden, zur Ursprungs- oder zur Sekund2rfassung geho¨ren. Wenn es stimmt, daß es »guter Brauch« war, »lebende Autoren nicht zu nennen«,43 und die Sammlung tats2chlich »im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts«44 in Erfurt zusammengestellt wurde, dann kamen die Predigt-Tituli erst in der Fassung OH2 hinzu. Man muß dann allerdings fragen: An welchen Merkmalen ko¨nnen wir u¨berhaupt noch die ›Paradisus‹-Sammlung in ihrer Ursprungsfassung erkennen, wenn ihr das Predigtregister fehlte und sie die Textku¨rzungen der Handschriften O und H2 nicht teilte? 6. Die Bedeutung der ›Paradisus‹-Predigtsammlung ist schließlich auch dadurch noch gesteigert worden, daß sie mit dem Prozeß und der Verurteilung Meister Eckharts in einen (wenn auch entfernten) Zusammenhang gebracht wurde. Anlaß dazu hat wiederum Kurt Ruh mit seiner These gegeben, der ›Paradisus‹ mu¨sse als ehrenvolle Dokumentation zum Ruhme des Erfurter Konvents und vor allem zum Ruhme Meister Eckharts verstanden werden, »dessen ›heiligm2ßiges Leben‹ der Orden von ho¨chster Stelle in den Tagen des Prozesses unterstrich«.45 Ruh spricht 1981 sogar von einer »Ehrenrettung« fu¨r Meister Eckhart.46 Er erkennt sie darin, daß der anonyme Kompilator der Sammlung nur Predigten Eckharts aufnahm, »die weder von den Ko¨lner Inquisitoren noch von der p2pstlichen Kommission beanstandet wurden«, freilich »mit zwei Ausnahmen, die als ungewichtig anzusprechen sind«.47 Vielleicht sind diese doch nicht so unwichtig. Sieht man in der Auswahlsammlung des ›Paradisus‹ tats2chlich den Versuch einer »Ehrenrettung« Eckharts durch den Kompilator, dann scheint er diese in der Weise inszeniert zu haben, daß er bewußt Predigten des verurteilten Meisters neben solche anderer Dominikanerlektoren stellte, in der Absicht, damit die Position Eckharts zu verteidigen und augenf2llig zu machen, wie unbeeindruckt von der p2pstlichen Bulle viele der deutschen Dominikaner zu Eckhart standen und noch stehen. Die Aufnahme der ›Quasi stella matutina‹-Predigt Eckharts in die Sammlung erscheint als ein Akt der Solidarisierung mit Eckhart, nicht nur vonseiten des Kompilators, sondern auch jenes literarischen Kreises, in dem sich die Anh2nger und Nachahmer Eckharts zusammengefunden haben. Loris Sturlese spricht nicht von einem literarischen Kreis um und nach Eckhart, sondern pr2ziser vom Ko¨lner »Eckhartisten«-Kreis, dem vor allem Bearbeitungen eckhartischer Schriften zugeschrieben werden ko¨nnen. »Die ›Eckhartisten‹«, so Sturlese, »arbeiteten, als ob die Bulle ›In agro dominico‹ u¨berhaupt nicht existiert h2tte«.48 42 43 44 45 46 47 48

Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ [Anm. 34], Sp. 299. Ruh, Deutsche Predigtbu¨cher des Mittelalters [Anm. 2], S. 312. Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ [Anm. 34], Sp. 299. Ruh, Deutsche Predigtbu¨cher des Mittelalters [Anm. 2], S. 314 f. Ebd., S. 315. Ebd., S. 315. Loris Sturlese, Meister Eckharts Weiterwirken. Versuch einer Bilanz, in: Eckardus Theutonicus, homo doctus et sanctus. Nachweise und Berichte zum Prozeß gegen Meister Eckhart, hg. von Heinrich

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III Die unterschiedlichen, ja widerspru¨chlichen Ansichten u¨ber die Bedeutung der Oxforder Handschrift MS. Laud Misc. 479 und der Entstehung und Zweckbestimmung des ¨ berlieferungsverh2ltnisse dieses gewiß einzig›Paradisus‹ ru¨hren daher, daß bisher die U artigen deutschen Predigtbuches aus der ersten H2lfte des 14. Jahrhunderts nicht hinreichend aufgedeckt wurden. Ein erster Blick muß auf die unmittelbare Vorlage der Oxforder Handschrift fallen. 1. Ohne den Hauch eines Zweifels l2ßt sich die unmittelbare Vorlage der Oxforder Handschrift bestimmen. Nach dem Auftauchen der Hamburger ›Paradisus‹-Handschrift H2 war sofort einsichtig, daß diese eine ›Zwillingshandschrift‹ zur Oxforder Handschrift O ist und beide unmittelbar aus einer gemeinsamen Vorlage – man kann ihr die Sigle X1 geben – geflossen sind.49 Fu¨r dieses Abh2ngigkeitsverh2ltnis lassen sich aberhunderte von Belegen zusammenstellen. Ihr Charakteristikum besteht darin, daß sich gemeinsamer Text von O und H2, auch gemeinsame Textlu¨cken, immer gegen die Textu¨berlieferung aller anderen bekannten Eckharthandschriften stellen. Ich gebe mehrere Beispiele: a) Die folgende Beispielreihe stellt alle Individualvarianten von O und H2 (= X150) zusammen, die sich in der »Schlu¨sselpredigt«51 des ›Paradisus‹, der Predigt Quint 9, DW I, S. 141–158 (= Strauch Pr. 33, S. 73–77), finden. Der Textform X1, belegt durch O und H2, ist es eigen, an bestimmten Stellen des Textes mit den Handschriften K1a/b, St6, N4 zusammenzugehen. Nach textgeschichtlichem Aspekt ist an diesen Stellen eine vorgeordnete Textform zu erkennen, die als ›Vorlage‹ X bezeichnet werden kann. DW I, S. 142,3: Gott ist etwas BT, Ba2, N1, B8, Fl, S1; got is yet B6; Vnde dar vmme ist er etwas K1a, St6 / Got ist X1 DW I, S. 142,8: Jch laß das erst vnnd das dritt (das dritt / die leste B6; di letzsten zwai N1; den lesten B8) vnd sprich von dem andern BT, B6, N1, B8; Der vierde sprach S1 / Jch laze si alzumale vnd neme daz andere X1 DW I, S. 144,1 f.: als das (das / da G9, fehlt M7) nun (nv B6, N1, G9) da (dat B6) ich yetz (itzunt N1, B8, Fl; te hant B6) in (inne N1, B8, Fl, G9, Z4, fehlt B6) sprich BT, B6, N1, Fl, G9, M7, Z4 / alse daz nv itzunt X152 DW I, S. 144,6 f.: vnd (vnd fehlt N1, B6) da alle ding yn kriegent (in crigende sijn B6) als in ir (horen B6) letst (lesten B6; lecztes N1, B8, S1) ende BT, B6, N1, B8, S1 / vnd alle dinc in tragen alse in vr ende X1

49 50 51 52

Stirnimann in Zusammenarbeit mit Ruedi Imbach, Freiburg (Schweiz) 1992 (Dokimion 11), S. 169–183, hier S. 182. Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ [Anm. 34], Sp. 298. Die Schreibung der X1-Varianten folgt der Handschrift O. Kurt Ruh, Meister Eckhart. Theologe, Prediger, Mystiker, Mu¨nchen 21989, S. 86. Burkhard Hasebrink, Dialog der Varianten. Untersuchungen zur Textdifferenz der Eckhartpredigten aus dem ›Paradisus anime intelligentis‹ [in diesem Band], S. 160, nimmt den Text daz nv itzunt als Text ¨ berlieferung weist aber fu¨r ihn aus daz nuˆ, daˆ ich des ›Paradisus anime intelligentis‹ in Anspruch, die U iezuo inne spriche. Der ge2nderte Text daz nv itzunt stammt vom X1-Schreiber; X bewahrte den urspru¨nglichen Text Eckharts.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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DW I, S. 144,8: vnd geet in die breite (freued N1) BT, B6, N1, B8, S1, fehlt X1 DW I, S. 145,1: er jn (hi ommer B6) BT, Ba2, N1, B8, Ka1 / he den sichin X1 DW I, S. 146,2: als ob ich BT, B6, B8, Fl, Ka1 / alse ich X1 DW I, S. 146,2 f.: weder (fehlt Ka1) disz noch dasz BT, N1, B8, Ka1 / noch daz noch dit X1 DW I, S. 147,4: got zu˚mal (zu˚mal / alle B6; alzemal N1) BT, B6, N1 / zu male vme O; vme zcu˚ male H2 DW I, S. 148,1: nach bilde: gleich. Aber sy seind vngleich der ding (der ding / ding N1, fehlt B6) bilde BT, B6, N1, fehlt X1 (Hom.) DW I, S. 148,5: lauterer denn guete BT, B6, N1, B8 / breidir danne (wan H2) gude X1 DW I, S. 149,1: Nyemant ist gu˚t dann alleyn gott (alleyn gott / got alein N1, B6; got selb B8) / Niman ist guit dan got X1 DW I, S. 149,2 f.: Den heysen wir eynen gu˚ten menschen, der (Der da B8; die daer B6) gemeyn vnnd nu¨tz ist (der … ist / da der ist nutz vnd gemein N1; der gemein ist Ba2) BT, Ba2, B6, N1, B8 / Ein mensche der gemeine ist vnd nutze ist X1 DW I, S. 149,9: das er ist BT, B6, N1, B8, fehlt X1 DW I, S. 150,7: Got in sein (sijns B6, N1) selbes bekantnusz bekennet sich (hem B6) selber (seluen B6, N1) in sich (hem B6; im B8, N1) selber (seluen B6; selber mit im selber B8) BT, B6, N1, B8, fehlt X153 DW I, S. 151,4: Die sel (in der sel B8) BT, B6, N1, B8 / Si X1 DW I, S. 152,1 f.: Die sel die gott liebhat (mynt B6, N1) die hat jn lieb (hat jn lieb / mint hem [in N1] B6, N1) vnder dem fal (vel B6, N1) der guete BT, B6, N1, fehlt X1 DW I, S. 153,7 f.: an dem tag als (dat B6) man jn zu˚ (zu˚ fehlt B6) ku¨ng machte vnd kleidete jn (kleidete jn / cleden B6; in chlaidet B8) in (mit B6) grawe kleider (an … kleider / in grab cleider an dem tag alz er zu chunch gemachit wurd N1) / vnd cleideten (cleidete H2) in grawe cleidir an dem tage alse man vn zu kunige machite X1 DW I, S. 154,9–155,1: Das aller (fehlt B6, N1, Fl) eygentlichest das man von got gesprechen mag ist (dat is B6; daz ist N1, B8, Fl) wort vnd warheyt BT, B6, N1, B8, Fl, fehlt X1 DW I, S. 155,4: ee (fehlt N1) vffgeet BT, B6, N1, B8, Fl / vf cumit e X1 DW I, S. 155,7: etwan (somwile B6; vnder weillen N1, fehlt Fl) bey nyden (bey nyden / vnder B6, Fl) der sonnen BT, B6, N1, Fl / oder be nebin (bynebin H2) der sonnen X1 DW I, S. 155,7 f.: allweg BT, Fl; altos B6, fehlt N1 / vmmir X1 DW I, S. 155,9: mainet ainen menschen (ainen menschen / das eyn mensch BT) Fl, BT, B6, Fl / meinit den menschyn X1 DW I, S. 156,1: vber all (fehlt BT) feucht natur N1, BT, B6, Fl / vber alle fuchte (foichte H2) creature X1 DW I, S. 156,5: denn so (als B6) er BT, B6, Fl; Lu¨cke N1, B8 / so wan he X1 DW I, S. 156,5 f.: denn so wu¨rfft er (si B6) das moer aller ferrest (aller ferrest / alre meest B6; maist Fl) ausz BT, B6, Fl; ye mer er daz mer vz verfen mak N1 / so wirfit he daz mer allir verris vz vme (ime H2) X1 DW I, S. 156,6: vsz gewerffen (wt werpen B6) mag BT; B6, Fl, Lu¨cke N1, B8 / vz vme wirfit X1 DW I, S. 156,7: erhaben (auff erhaben BT) ist (wirt N1) vber ıerdische ding (vber … ding / von [bouen B6] irdischen dingen BT, B6) Fl, BT, B6, N1 / ir habin ist X1 DW I, S. 156,9: vnnd ist (fehlt B6) ein bu˚ch BT, N1, Fl, fehlt X1 DW I, S. 157,1 f.: vnnd bey dem wort sein BT; Bei disem wort Fl, B6, N1 / vnd sal sin bi deme worte O; vnd sal by dem worte sin H2 53

Hasebrink [Anm. 52], S. 179, meint, dieser Satz sei »im ›Paradisus‹ verloren« gegangen, und leitet davon eine »eigene Brisanz« fu¨r die Eckhart-Predigt Quint 9 (= ›Paradisus‹ Pr. 33) ab. Handschriftlich ist allerdings der Verlust erst fu¨r die Textstufe X1 und nicht schon fu¨r die Textstufe X nachweisbar.

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DW I, S. 157,3: das ist (das ist fehlt B9, Do1, Str9) der engel vnnd der mensch (der mensch / der menschen Do1, Str9; die Ziele B6; di sel N1) BT, Fl, B6, N1, B9, Do1, Str9; Lu¨cke B8 / daz ist engil vnd mensche X1 DW I, S. 158,1–3: vnd die vernunfft ye krefftiger vnnd kleinlicher sy ist (vnd … ist / Je di vernuft chreftiger ist vnd chlainlicher Fl; soe die vernuyft crachteger is en clendeliker B6; Di vernunfticheit der sel ie creftiger di ist N1) ye mer das vereynet wirt das sy bekennet (ye … bekennet / ie paz si bechennet vnd daz si ie baz bechennet daz wıert ıer ie paezz verainet Fl; soe si meer en bet bekent dat si inwart verenicht wort B6; ie mer si bechent vnd mit im vereint wirt N1) vnd me eyn mitt ir wirt (vnd … wirt fehlt Fl, B6, N1) BT, Fl, B6, N1 / vnd ie di fornuft creftiger vnd cleinlicher ist ie daz daz si bekennit me da mide foreinit wert vnd me ein mit ir werdit X1 DW I, S. 158,3 f.: alzo ist (en is B6, Fl) ez nicht vm (an BT) leiplich ding (leiplichen dingen BT) ie creftiger di (si Fl) sint ie mer (ie … ie mer / soe die crechtiger sijn soe B6) si auz wert (auszwerts BT; wtwart B6; vz N1) wu¨rchen (wıerkende sint Fl) N1, BT, B6, Fl, fehlt X1 DW I, S. 158,4–7: Gottes seligkeyt leit (Gottes … leit / Vnd also so lyt gottes saeligkait G9, M7, Z4, fehlt Do1, Str9) an der ynwerts wu¨rckung der (an … der / ander inwerkyngen der B6; an dem in wurchen der N1; an der wıerkende der Fl; an der wu´rkende B9; an der in wuerckender G9, M7, Z4) vernu¨nfftigkeyt, da das wort inn bleibend ist (an der … ist / das beleiben in der wu¨rckenden vernu¨nftikait Do1, Str9) da (bei disem ewigen wort N1) soll die sel (edel sel N1) seyn ein beywort (een bi woert sijn B6) vnd mitt gott wu¨rcken ein werck (seyn … werck / ain werk wu´rken mit got B9, G9, M7, Z4, Do1, Str9) in der (dem N1, B6, Fl) inschwebenden (inwesende B6; swebenden Fl, N1, Do1, Str9) bekantnusz zu˚ nemend ir seligkeyt (zu˚ … seligkeyt / ire [vnd ir Do1, Str9] saelikait zenemende B9, G9, M7, Z4, Do1, Str9) in dem selben (in dem selben fehlt N1) da got (got inne Fl, B9, G9, M7, Z4) selig ist BT, B6, N1, Fl, B9, G9, M7, Z4, Do1, Str9, fehlt X1

Die deformierte Textgestalt der Vorlage X1, von der die beiden Handschriften O und H2 abh2ngen, hat Josef Quint in den Predigten 7, 9, 19, 20b, 32, 33, 37, 38, 43, 56, 57, 66, 70, 72, 82, 84, 85 dokumentiert: er verzeichnet in den Apparaten alle Individualvarianten von X1. Zur Qualit2t der Textabschrift X1 2ußert er sich in der Predigt 20b generell: »Die Vorlage von OH2 hat im vorliegenden wie in allen F2llen insbesondere Ku¨rzungen vorgenommen, durch die z. B. Subjektivismen getilgt und Einfu¨hrung von Zitaten und Zitate selbst auf den knappsten Wortlaut reduziert wurden«.54 Bei den Ku¨rzungen sind die unbeabsichtigten, die durch Augensprung entstehen, von den beabsichtigten Ku¨rzungen zu unterscheiden. Homoioteleuta-Lu¨cken finden sich in den folgenden Predigten. Sie sind in ihrer Gesamtheit nicht sehr zahlreich: Quint Pr. 7 (›Paradisus‹ Pr. 19): DW I, S. 118,1 f.: nach vride (1): und gestoˆzen sıˆn in vride und sol enden in dem vride. DW I, S. 119,1 f.: nach mıˆner seˆle: Mıˆn lıˆp und mıˆn seˆle. DW I, S. 123,6–11: vor Ein meister: Ein meister sprichet ein schœne wort, daz neizwaz gar heimlıˆches und verborgens und verre dar enboben ist in der seˆle, daˆ uˆzbrechent die krefte vernu¨nfticheit und wille. Sant Augustıˆnus sprichet: als daz unsprechelich ist, daˆ der sun uˆzbrichet von dem vater in dem eˆrsten uˆzbruche, alsoˆ ist neizwaz gar heimlıˆches dar enboben dem eˆrsten uˆzbruche, daˆ uˆzbrechent vernu¨nfticheit und wille.

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DW I, S. 341.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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Quint Pr. 19 (›Paradisus‹ Pr. 20): DW I, S. 315,6:

nach si lœset abe: und scheidet sich abe

Quint Pr. 37 (›Paradisus‹ Pr. 21): DW II, S. 213,4: vor die vu¨nf sinne: die vu¨nf man, daz sint DW II, S. 216,3: nach oder: gewalt oder DW II, S. 217,2: vor in (3): und behaltent got in DW II, S. 219,5: nach in dem: jaˆre noch eines in dem maˆnoˆte noch eines in dem DW II, S. 221,2 f.: vor Got: Got wolte in sie gedru¨cket haben natuˆre aller creˆatuˆren; doˆ enwas si niht vor der werlt. DW II, S. 223,5: nach alliu dinc (1): uˆf in got und ist alliu dinc

Quint Pr. 38 (›Paradisus‹ Pr. 4): DW II, S. 245,7 f.: nach begerunge dar zuo: Enmac man der begerunge niht gehaben, soˆ beger man doch einer begerunge.

Quint Pr. 43 (›Paradisus‹ Pr. 22): DW II, S. 318,3–6: nach ›witewe‹ (1): War umbe ein ›witewe‹? – Ez enist kein creˆatuˆre, si enhabe etwaz guotes an ir und ouch etwaz gebrestenlıˆches, dar umbe man got læzet. Diu ›witewe‹ was dar umbe gebrestenlich, wan diu geburt toˆt was; dar umbe verdarp ouch diu vruht. DW II, S. 325,1: nach stant uˆf (1): Waz meinet: ›stant uˆf!‹ ? – ›Stant uˆf‹ DW II, S. 326,1 f.: vor werk (2): guot werk, daz ist: si engeworhte nie dehein DW II, S. 326,4 f.: vor Alle: Allez, daz ie werk gehiez, uˆzwendic und inwendic, daz ist ze snœde dar zuo. DW II, S. 329,2: nach ist (1): des ez ein bilde ist

Quint Pr. 60 (›Paradisus‹ Pr. 36): DW III, S. 25,6:

nach tugenden (1): naˆch go¨tlıˆchen siten und tugenden

Quint Pr. 70 (›Paradisus‹ Pr. 28): DW III, S. 188,2–6: nach bekantnisse: Ein groˆzer pfaffe kam niuwelıˆche ze Parıˆs, der was daˆ wider und ruofte und donte gar seˆre. Doˆ sprach ein ander meister wol bezzer dan alle, die von Parıˆs bezzer hielten: ›meister, ir ruofet und donet vaste; enwære ez niht gotes wort in dem heiligen eˆwangelioˆ, soˆ ruoftet ir und dontet ir gar seˆre‹. DW III, S. 191,6: nach sıˆnen: geist und sıˆnen DW III, S. 194,2: nach himel (1): Ze dem dritten maˆle: ez staˆt hoˆch als der himel.

Hingegen sind die Ku¨rzungen, die der X1-Schreiber absichtlich vorgenommen hat, sehr umf2nglich. Quint hat beobachtet, daß X1 generell »Subjektivismen« ausmerzt, Textstellen also, an denen Eckhart in der Ichform spricht. Die folgenden sind die auff2lligsten: Quint Pr. 7 (›Paradisus‹ Pr. 19): DW I, S. 122,8–123,3: Ich spriche: noch bekantnisse noch minne eneiniget niht. Minne nimet got selben, als er guot ist, und entviele got dem namen gu¨ete, minne enku¨nde niemer vu¨rbaz. Minne nimet got under einem velle, under einem kleide. Des entuot vernu¨nfticheit niht; vernu¨nfticheit nimet got, als er in ir bekant ist; daˆ enkan si in niemer begrıˆfen in dem mer sıˆner gruntloˆsicheit. Ich spriche

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Quint Pr. 9 (›Paradisus‹ Pr. 33): DW I, S. 153,10 f.: Ich enwil des niemer begern, daz mich got sælic mache mit sıˆner gu¨ete, wan er enmo¨hte ez niht getuon. DW I, S. 154,8–155,1: Diz ist, daz ich in allen mıˆnen predigen meine. Daz aller eigenlıˆcheste, daz man von gote gesprechen mac, daz ist wort und waˆrheit.

Quint Pr. 19 (›Paradisus‹ Pr. 20): DW I, S. 314,5 f.: als ich nuˆ sprach von bekantnisse und minne. DW I, S. 316,5: als ich nuˆ sprach DW I, S. 319,7–9: hin uˆf u¨ber alliu dinc. Ich enmeine niht alle creˆatuˆren, die geschaffen sıˆn, meˆr: allez, daz er vermo¨hte, ob er wolte, dar u¨ber sol diu seˆle komen.

Quint Pr. 20b (›Paradisus‹ Pr. 24): DW I, S. 347,10:

von dem ich meˆ gesprochen haˆn

Quint Pr. 38 (›Paradisus‹ Pr. 4): DW II, S 230,1:

daˆ ich nuˆ von sprach

Quint Pr. 43 (›Paradisus‹ Pr. 22): DW II, S. 320,5–321,2: Ich spriche: got ist alzemaˆle ein; er enbekennet niht wan sich aleine. Got gebirt sich alzemaˆle in sıˆnem sune; got sprichet alliu dinc in sıˆnem sune. Dar umbe sprichet er: ›ju¨ngelinc, ich spriche, stant uˆf!‹ DW II, S. 329,7: Ich spriche

Quint Pr. 60 (›Paradisus‹ Pr. 36): DW III, S. 16,2:

Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen, daz

Quint Pr. 70 (›Paradisus‹ Pr. 28): DW III, S. 189,3:

Ich haˆn etwenne gesprochen

Quint Pr. 84 (›Paradisus‹ Pr. 57): DW III, S. 455,6: deme O, H2)

Von dem enwil ich nuˆ niht meˆ sprechen. / Von dem nuˆ niht meˆ (Nicht me fon

Nicht zu u¨bersehen ist die Neigung des X1-Schreibers, den Text der Predigten dort einzuku¨rzen, wo er beim Abschreiben auf Aussagen trifft, die ihm, so scheint es, verwegen und irritierend vorkommen.55 Quint Pr. 7 (›Paradisus‹ Pr. 19): DW I, S. 124,4–6: Waz diu seˆle in irm grunde sıˆ, daˆ enweiz nieman von. Waz man daˆ von gewizzen mac, daz muoz u¨bernatiurlich sıˆn

Quint Pr. 9 (›Paradisus‹ Pr. 33): DW I, S. 150,7: Got in sıˆn selbes bekantnisse bekennet sich selben in im selben. DW I, S. 152,1 f.: diu seˆle, diu got minnet, diu nimet in under dem velle der gu¨ete DW I, S. 158,4–7: Gotes sælicheit liget an der ˆınwertwu¨rkunge der vernu¨nfticheit, daˆ daz wort inneblıˆbende ist. Daˆ sol diu seˆle sıˆn ein bıˆwort und mit gote wu¨rken ein werk, in dem ˆınswebenden bekantnisse ze nemenne ir sælicheit in dem selben, daˆ got sælic ist. 55

Im folgenden ist im ›Paradisus‹ nicht vorhandener Text kursiv ausgezeichnet, der vorhandene Text erscheint, recte gegeben, unterstrichen.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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Quint Pr. 19 (›Paradisus‹ Pr. 20): DW I, S. 314,1 f.: Daz huˆs gotes ist diu einicheit sıˆnes wesens! DW I, S. 315,1 f.: Ein stein haˆt ouch minne, und des minne suochet den grunt. ¨ bersetzung von Ps 92,5 domum tuam decet sanctitudo DW I, S. 316,1 f.: Eckhart fu¨gt in seine U Domine in longitudinem dierum eine Apposition ein, die X1 wegl2ßt. ›Herre, ez zimet wol dıˆnem huˆse, daz ez heilic sıˆ‹, daˆ man dich inne lobet, und daz ez sıˆ ein betehuˆs ›in der lenge der tage‹. In X1 fehlt: daˆ man dich inne lobet, und daz ez sıˆ ein betehuˆs DW I, S. 320,4 f.: Der stıˆc ist schœne und behegelich und lustlich und heimlich.

Quint Pr. 20b (›Paradisus‹ Pr. 24): DW I, S. 347,10–348,1: Noch sprechen wir von einem knehte, von dem ich meˆ gesprochen haˆn, daz ist vernu¨nfticheit in dem umbekreize der seˆle / Noch spreche wir fon eime knechte daz ist fornuftikeit X1 DW I, S. 348,2–4: In disem liehte haˆt diu seˆle mit den engeln gemeinschaft und ouch mit den engeln, die in der helle vervallen sint und haˆnt doch behalten den adel ir natuˆre. / In disime lichte hait di sele mit den englin gemeinschaft vnd auch mit den englin di in der hellin for vallin sint X1 DW I, S. 348,5–10: Si glıˆchet sich ouch den guoten engeln, die daˆ stæte wu¨rkent in gote und nement in gote und tragent alliu ir werk wider in got und nement got von gote in gote. Disen guoten engeln glıˆchet sich daz vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit, daz daˆ aˆne underscheit geschaffen ist von gote, ein u¨berswebende lieht und ein bilde go¨tlıˆcher natuˆre und von gote geschaffen. / Si glichit sich auch den gudin englin in dirre craft di da stede werkin in gode vnd nemint in gode vnd tragin alle vre werc widir in got X1 DW I, S. 349,7–350,3: Er ensprichet niht: ›ez ist geworden‹ oder ›ez gewirdet‹, meˆr: ez ist alles niuwe und vrisch als in einem gewerdenne aˆne underlaˆz. Dar umbe sprichet er: ›ez ist allez nuˆ bereit‹. Nuˆ sprichet ein meister, daz ein kraft der seˆle liget u¨ber dem ougen, diu ist wıˆter dan alliu diu werlt und wıˆter dan der himel. Diu kraft nimet allez, daz ze den ougen wirt ˆıngetragen und treget ez allez uˆf in die seˆle. Daz widersprichet ein ander meister und sprichet: nein, bruoder, im enist niht alsoˆ. Allez, daz ˆıngetragen wirt ze den sinnen in die kraft, daz enkumet in die seˆle niht; meˆr: ez liutert und bereitet und gewinnet die seˆle, daz si bloˆz enpfaˆhen mac des engels lieht und daz go¨tlıˆche lieht. Dar umbe sprichet er: ›ez ist allez nuˆ bereit‹. Diesen ganzen Absatz hat X1 nicht u¨bernommen. DW I, S. 351,6: Nuˆ sprichet unser herr ein swære wort: ›ich sage iu vu¨r waˆr‹ / Nv sprichit he X1 DW I, S. 352,3–7: Dise ladet alle ˆın, und ladet die armen und die blinden und die lamen und die kranken. Dise koment ˆın ze der wirtschaft und nieman anders. Dar umbe sprichet sant Lucas: ›ein mensche haˆt gemachet eine groˆze aˆbentwirtschaft‹. Der mensche ist got und enhaˆt niht namen. Daz wir ze dirre wirtschaft komen, des helfe uns got! Aˆmen. / Dise ladint alle in. Bede wir etc. X1

Quint Pr. 32 (›Paradisus‹ Pr. 34): DW II, S. 139,4–140,1: Ein man der haˆte einen igel, daˆ wart er rıˆche von. Er wonte bıˆ dem seˆwe. Swenne der igel pruofte, waˆ sich der wint hine keˆrte, daˆ boˆzte er sıˆne huˆt und keˆrte sıˆnen ru¨cken daˆ hine. Soˆ gienc der man ze dem seˆwe und sprach ze in: ›waz wo¨ltet ir mir geben, daz ich iuch wıˆse, waˆ sich der wint hine keˆre?‹ und verkoufte den wint und wart daˆ von rıˆche. DW II, S. 141,5: Si (= Elizabeˆt) haˆte ouch ir obersten krefte ze unserm gote gekeˆret.

Quint Pr. 37 (›Paradisus‹ Pr. 21): DW II, S. 210,2–7: Ein vrouwe sprach ze dem wıˆssagen: ›herre, mıˆn man, dıˆn kneht, ist toˆt. Nuˆ koment die, den wir schuldic sıˆn, und nement mıˆne zweˆne su¨ne und machent die diensthaftic vu¨r

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ir schult, und enhaˆn niht dan ein weˆnic oleis‹. Der wıˆssage sprach: ›soˆ entleˆhen ledigiu vaz und giuz in ieglıˆchez ein weˆnic; daz wehset und nimet zuo, und verkoufe daz und gilt dıˆne schult und lœse dıˆne zweˆne su¨ne. Daz, daz u¨ber sıˆ, daˆ mite gener dich und dıˆne zweˆne su¨ne!‹ DW II, S. 213,4–6: Er wil daz sprechen: ›die vu¨nf man, daz sint die vu¨nf sinne; die haˆnt dich in dıˆner jugent gehabet naˆch allem irm willen und naˆch irm geluste. Nuˆ haˆst duˆ einen in dıˆnem alter, der enist dıˆn niht: daz ist vernu¨nfticheit, der envolgest duˆ niht‹. / He wil daz sprechin. Dine funf sinne hon dich in dinir iugint ge hait. noch allin iren willin nv haist du einen deme in volgis du nicht X1 DW II, S. 216,4–6: Daz gote zuogeleget ist, dar ane enkeˆret si sich niht; si nimet in in im; si versinket in daz wesen und nimet got, als er ist luˆter wesen. Und enwære er niht wıˆse noch guot noch gereht, si næme in doch, als er ist luˆter wesen. / Daz man gode zu legit dar ane in kerit si sich nicht si for sinkit in daz wesin X1 DW II, S. 217,1 f.: Throˆni die nement got in sich und behaltent got in in, und got ruowet in in; Cherubıˆn / troni di nemint got in sich. Got ruwit an cherubin X1 DW II, S. 217,4 f.: Mit disen engeln nimet vernu¨nfticheit got in sıˆnem kleithuˆse, bloˆz, als er ist ein aˆne underscheit. / Mit disin englin nimit fornuftikeit got bloz alse he ist ein on vndirscheit X1 DW II, S. 218,2–4: Sant Augustıˆnus sprichet – und mit im ein ander, heidenischer meister – von zwein antlu¨tzen der seˆle. / Augustinus sprichit fon zvein antlitzen der sele X1

Quint Pr. 43 (›Paradisus‹ Pr. 22): DW II, S. 322,2–4: Got sprichet sich selben in sıˆnem sune. In dem spruche, daˆ er sich sprichet in sıˆnem sune, in dem spruche sprichet er in die seˆle DW II, S. 325,12–326,5: Dar umbe sprichet ein meister: ez ist neizwaz gar heimlıˆches, daz dar u¨ber ist, daz ist daz houbet der seˆle. Daˆ geschihet diu rehte einunge zwischen gote und der seˆle. Gnaˆde engeworhte nie dehein guot werk, daz ist: si engeworhte nie dehein werk; si vliuzet wol uˆz an u¨ebunge einer tugent. Gnaˆde eneiniget niht an deheinem werke. Gnaˆde ist ein ˆınwonen und ein mitewonen der seˆle in gote. Allez, daz ie werk gehiez, uˆzwendic und inwendic, daz ist ze snœde dar zuo. / Gnade in worchte ni kein werc. Si fluzit wol vz an vbunge einir tugint. Gnade einit nicht an keinen werke. Gnade ist ein wonen vnd ein mide wonen der sele in got X1 DW II, S. 328,10–329,5: Diu seˆle gebirt uˆzer ir got uˆz got in got; si gebirt in rehte uˆzer ir; daz tuot si in dem, daz si uˆzer ir got gebirt in dem, daˆ si gotvar ist: daˆ ist si ein bilde gotes. Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen: ein bilde, als ez ein bilde ist, des ez ein bilde ist, daz enkan nieman gesundern. Swenne diu seˆle dar inne lebet, daˆ si gotes bilde ist, soˆ haˆt si geburt; in dem liget rehtiu einunge; daz enkunnen alle creˆatuˆren niht gescheiden. Trutz gote selben, trutz den engeln, trutz den seˆlen und allen creˆatuˆren, daz sie daz mu¨gen gescheiden / Di sele gebirit vz ir got vnd daz tuit in deme da si gotfar ist da si ein bilde ist godis. Ein bilde alse ez ein bilde ist daz inkan niman ge schedin wan di sele dar inne lebit da si godis bilde ist daz inkan niman gescheidin. Trotz allin creaturen daz si daz mugin ge schedin X1

Quint Pr. 72 (›Paradisus‹ Pr. 51): DW III, S. 250,8–254,6: Daz ander: ›got ist ein lieht, daz daˆ liuhtet in der vinsternisse‹. Er ist ein lieht, daz verblendet. Diz meinet ein soˆgetaˆn lieht, daz unbegriffen ist; ez ist unendelich, daz ist, daz ez kein ende enhaˆt; ez enweiz umbe kein ende niht. Daz meinet, daz ez die seˆle blendet, daz si niht enweiz und daz si niht enbekennet. Diu dritte ›vinsternisse‹ ist allerbeste und meinet, daz kein lieht enist. Ein meister sprichet: der himel enhaˆt kein lieht, er ist ze hoˆch dar zuo; er enliuhtet niht, er enist noch kalt noch warm in im selber. Alsoˆ verliuset diu seˆle in der ›vinsternisse‹ allez lieht; si entwahset allem dem, daz hitze geheizen mac oder varwe. Ein meister sprichet: daz hœhste daz ist lieht, daˆ got sıˆn antheiz geben wil. Ein meister sprichet: gesmak alles

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des, daz begirlich ist, daz muoz braˆht werden in die seˆle mit dem liehte. Ein meister sprichet: ez enwart nie niht soˆ luˆter, daz in der seˆle grunt mo¨hte komen wan got aleine. Er wil sprechen: got ›liuhtet in einer vinsternisse‹, daˆ entwahset diu seˆle allem liehte; si enpfæhet in irn kreften wol lieht und su¨ezicheit und gnaˆde; aber in der seˆle grunt enmac niht ˆın wan bloˆz got. Daˆ uˆz gote brichet sun und heiliger geist, daz enpfæhet diu seˆle wol in gote; waz aber anders uˆz im vliuzet liehtes und su¨ezicheit, daz enpfæhet si niht wan in irn kreften. Die hœhsten meister sprechent, krefte der seˆle und si sıˆn al ein. Viur und schıˆn ist ein, aber, swaˆ ez in vernunft vellet, daˆ vellet ez in ein ander natuˆre. Waˆ vernu¨nfticheit uˆzbrichet uˆz der seˆle, daˆ vellet si als in ein ander natuˆre. Ze dem dritten maˆle: daz ist ein lieht u¨ber liehte; daˆ entwahset diu seˆle allem liehte ›uˆf dem berge der hœhe‹, daˆ kein lieht enist. Daˆ got uˆzbrichet in sıˆnen sun, daˆ enbehanget diu seˆle niht. Waˆ got uˆzvliuzet, nimet man got iendert, daˆ enbehanget diu seˆle niht: ez ist al dar obe; si entwahset allem liehte und bekantnisse. Dar umbe sprichet er: ›ich wil sie lœsen und samenen und vu¨eren in ir ˆ f dem berge daˆ tete er uˆf sıˆnen eigenen lant, und daˆ wil ich sie vu¨eren in eine gru¨ene weide‹. ›U munt‹. Ein leˆrære sprichet: unser herre tuot wol hie sıˆnen munt uˆf; er leˆret uns durch die geschrift und durch die creˆatuˆren. Sant Paulus sprichet aber: ›nuˆ haˆt uns got zuogesprochen in sıˆnem eingebornen sune‹; in dem sol ich bekennen von dem minsten ze dem meisten alzemaˆle in gote. Daz wir entwahsen allem dem, daz got niht enist, des helfe uns got. Aˆmen. / Alse sente paulus du he nicht in sach du sach he got Bide wir etc. (= ›Paradisus‹ Pr. 28, Strauch, S. 63,6 = Quint Pr. 70, DW III, S. 189,4: daz sant Augustıˆnus sprichet: »doˆ sant Paulus niht ensach, doˆ sach er got«) X1

Die redigierende und ku¨rzende Abschreibet2tigkeit, die oftmals auch das Sinngefu¨ge der S2tze zersto¨rt, l2ßt sich in allen Predigten des ›Paradisus‹ nachweisen. Die Textkonturen, die X1 zeigt, finden sich in keiner anderen erhaltenen Eckharthandschrift. Und doch gibt es Beru¨hrungen zu anderen bekannten Textzeugen, die allern2chste mit der Kasseler Handschrift K1a/b, die die ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau enth2lt. Josef Quint hat das Verh2ltnis zwischen X1 und K1 zu bestimmen versucht. Seine Musterung der Varianten zur Predigt 20b hat ihn erkennen lassen, daß Nikolaus von Landau sich »eng an OH2« anschließt, »daß sein Text« aber »nicht aus OH2 abgeleitet werden kann«, da Nikolaus Textstu¨cke bewahrt, die »der Prototyp von OH2 verlor«.56 Bei der Predigt Quint 32 geht er einen Schritt weiter. Von zwei besonders auff2lligen Varianten, die nur OH2 und K1 gemeinsam haben, schließt er auf eine gemeinsame Vorlage der drei Handschriften. Die beiden Leitvarianten fu¨r ihre enge Verwandtschaft sind: 1. K1, O und H2 schreiben in dem Satz Daz ein ist diu eˆwicheit, diu sich alle zıˆt aleine heltet und einvar ist das Wort einvar zu war um.57 2. K1, O und H2 geben den folgenden Satz im Vergleich mit dem Text aller anderen Handschriften verku¨rzt wieder: Got ist gebildet naˆch im selben und von niemanne meˆ. Er ist aufgrund eines Augensprungs beim Abschreiben verku¨rzt worden. Im Original lautet er: Got ist gebildet naˆch im selben und haˆt sıˆn bilde von im selben und von

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DW I, S. 340. DW II, S. 133,2–134,1.

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niemanne meˆ.58 Auch in anderen Predigten beobachtet Quint »eine Reihe von meist ¨ bereinstimmungen« der drei Handschriften sekund2ren oder deutlich fehlerhaften U K1, O und H2. Sie beweisen ihm, »daß Nikolaus von Landau fu¨r seine Predigt einen Text der« Predigt 32 »exzerpiert hat, der mit der Vorlage von OH2 eng verwandt war«.59 Quint geht allerdings nicht so weit, eine gemeinsame Vorlage von X1 und K1 anzusetzen. Wer jedoch alle Homoioteleuta, alle Textauslassungen, alle fehlerhaften Textab2nderungen und alle stilistischen Besonderheiten von O, H2 und K1 sammelt, was Quint nicht tut, kann nicht umhin, die drei Textzeugen des ›Paradisus‹ von einer einheitlichen Textform, ich nenne sie X, herzuleiten, denn ihre Textbesonderheiten sind nur diesen drei Handschriften eigen und sonst keiner anderen Eckharthandschrift, auch nicht der von Nigel Palmer entdeckten Londoner Eckharthandschrift Lo4.60 Glu¨cklicherweise u¨berliefert Lo4, 160vb–162vb, die Predigt 32. Lo4 liest auch einvar und nicht war wie K1, O und H2. 3. Die Entdeckung eines bisher unbekannten ›Paradisus‹-Textzeugen l2ßt das Verh2ltnis von K1 zu X und damit auch zu X1 n2her bestimmen.61 Eigentlich entdeckt zu werden brauchte diese neue Handschrift nicht, denn sie ist seit langem bekannt, es ist die Handschrift Cent. VI, 55 der Nu¨rnberger Stadtbibliothek mit der Quint-Sigle N4. Quint hat sie genau beschrieben.62 Sie enth2lt sechs ›Paradisus‹-Predigten. Es sind die Strauch-Nummern 40 (Hermann von Loveia), 63 (Florentius von Utrecht), 49 (Meister Eckhart = Quint 33), 56 (Anonym: ›Dionysius sprichet‹), 13 (Hermann von Loveia) und 30 (Hane der Karmelit). Quint erkennt zwar bei der Predigt Strauch 49 (Quint 33), »daß N4 gelegentlich auf der Seite von OH2 steht und mit ihnen den urspru¨nglicheren Text bewahrt«,63 er bemerkt aber nicht die Lhnlichkeit der Predigtu¨berschriften von N4 mit denen von O und H2. ›Paradisus‹ Pr. 40 Hermann von Loveia, Predigt-Titulus: Non est deus preter te deus israel. Hi bewisit brudir herman der lesimeistir von lofeia daz fornuft dri edilkeit hait an ir vor allin creftin. N4: Das bekentnu¨sse das hoechste berck ist ¶ non est deus. nisi deus ysrael. O:

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DW II, S. 135,7–136,1. DW II, S. 129. Vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 41], S. 207. Im Bibliothekskatalog der Kartause Salvatorberg in Erfurt ist unter der Signatur D 18 von Jakob Volradi, der seit 1477 einen systematischen Katalog anlegte, ein Eintrag bemerkenswert, der eine ›Paradisus‹-Handschrift anzeigen du¨rfte: Paradisus anime in vulgari cum quibusdam profundissimis et misticis sermonibus. Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Bewegung. Das mittelalterliche Erfurt als Wirkungszentrum der Dominikaner im Licht neuerer Funde, in: Meister Eckhart in Erfurt [Anm. 41], S. 56–74, hier S. 74, glaubt in diesem Bibliotheksvermerk einen weiteren Textzeugen des ›Paradisus‹ erkennen zu du¨rfen und fordert dazu auf, ihn zu suchen. ¨ berlieferung der deutschen Werke Meister Eckharts und Josef Quint, Neue Handschriftenfunde zur U seiner Schule. Ein Reisebericht, Stuttgart/Berlin 1940 (Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, Untersuchungen 1), S. 147–157. DW II, S. 148.

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›Paradisus‹ Pr. 49 Meister Eckhart, Predigt-Titulus: Sancti per fidem vicerunt regna. Hi lerit meister eckart daz man obirwindin sal virleige riche, daz man vnsis herrin ihesu christi riche obirwindin sal mit craft der minne. N4: Vier riche habent die heiligen hie vber wunden mit der gnaden. sancty per fidem vicerunt regna. O:

›Paradisus‹ Pr. 56 Dyonisius. Von dreierlei Licht, Predigt-Titulus: Illumina oculos meos. Hi lerit sente dyonisius daz di sele muz habin drigirleige licht, di da kumin sal zu dem luterin bekentnisse godis. N4: Dreyehant licht gehort czu der lautern bekantnu¨sse gotes etc. lux orta est eis ysaie ix. O:

›Paradisus‹ Pr. 13 Hermann von Loveia, Predigt-Titulus: Vbi est qui natus. In disir predigade bewisit brudir herman fon loveia lector wi di worheit der gotheit vnbegriffin blibit fon allen fornuftin etc. vnd wi di godeliche gude vngevazzit blibit von der begerunge vnd wi daz gotliche wesin nicht geteilit inwirt von allin sinen werkin. N4: Das die warheit der gotheit vnbegrifflichen ist allen vernvnften. nicht gefasset mag werden in der begerunge nicht geteilet wirt von allen seinen wercken. ¶Vbi est qui natus est rex iudeorum Mat. ij. O:

›Paradisus‹ Pr. 30 Hane der Karmelit, Predigt-Titulus: Emitte spiritum tuum et creabuntur. Meister hane der calmellita lerit wi sich des menschin geist richtin sal noch godis geiste vnd noch engelischin geisten vnd noch redelichin menschelichen geisten, di den heilegen geist inphaen sal tegeliche. N4: Von dem heiligen geiste ¶ Emitte spiritum tuum et creabuntur Ps. O:

¨ bereinstimmung in den Predigt-Tituli, die Nikolaus von Landau nicht in seine Die U ›Sermones‹ eingearbeitet hat, machen es zur Gewißheit, daß N4 ein ›Paradisus‹-Text¨ berpru¨fen lassen sich die Gemeinsamkeiten allerdings nur in begrenzten zeuge ist. U Textbereichen, in denen K1 und N4 mit O und H2 zu vergleichen sind, in den Predigten Strauch 63, 30 und 13. In der Predigt 13 zeigt die Textkollation von O, H2, K1a, St6 und N4 einen eindeutigen Befund: Lesarten von K1a und N4 stehen gegen solche von O und H2: Strauch, S. 33,27 f.: daz ein forhanc waz gehangin for das helictum (eiltu˚m H2) X1[O] / daz (wie N4) in der alten e ein vorhang was gehenket vor daz heyltu˚m (daz heyltu˚m / den heiliger N4) K1a, N4 Strauch, S. 33,29: dir vr houbit was vndir vn alse der babist vnder vns X1[O] / der ir (daz K1a) haubt was vnter yn als (als nv N4) ist vnter vns (vns / den Cristen lu˚den K1a) K1a, N4 Strauch, S. 34,5: so mochte X1[O] / dar vmb so mocht N4; Vnd dar v˚mme enmag K1a Strauch, S. 34,7: neme wir nu daz diz fuir zuneme X1[O] / Were ez nu˚ daz daz fu˚r zu˚ neme K1a; nv secze wir. das das fewre an sich zu¨ge N4 Strauch, S. 34,9 f.: so in cumit ez X1[O] / so enqueme (kem N4) iz K1a, N4 Strauch S. 34,13: Daz dise worheit vmbegriflich si allin fornuftin X1[O] / dar umbe (Do von K1a) ist (ist K1a / so yst also N4) dise (die K1a) warheit vnbegriffelichen allen vernvnften (vernvnften / menslichen sinnen K1a) K1a, N4 Strauch, S. 34,14 f.: waz di fornuft begrifin sal oder bekennin X1[O] / Was di vernu˚nft bekennen sol K1a, N4

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¨ bereinstimmungen sind ein Hinweis auf eine gemeinsame Vorlage von K1 und Diese U N4, die X2 benannt werden kann. Wichtig ist der neue Textzeuge N4, der weder von O noch von H2 abh2ngt, weil er fu¨r seine unmittelbare Vorlage X2, die er mit K1 gemeinsam hat, die Existenz von Predigt-Tituli verbu¨rgt. Diese Predigt-Tituli ko¨nnen nicht von X1 stammen, da es zwischen X1 und X2 keine unmittelbare genealogische Verbindung gibt. Sie mu¨ssen X2 wie auch X1 von ihrer gemeinsamen Vorlage X zugekommen sein. Folglich: die Predigt-Tituli bzw. das Register der Predigtu¨berschriften sind nicht das Eigengut von X1, sondern geho¨ren zur Textform X. Diese darf man mit Fug und Recht als Originalform des ›Paradisus‹ ansprechen, die vom anonymen Kompilator auch den programmatischen Titel ›Paradisus anime intelligentis‹ erhalten hat. Ein ›Paradisus‹-Predigtbuch ohne Predigt-Tituli hat es also nie gegeben. Zu erw2gen ist, wo die Predigt-Tituli in der X-Fassung des Predigtbuches standen. In X2, wofu¨r die Handschrift N4 der einzige Zeuge ist, standen sie unmittelbar vor jeder einzelnen Predigt. In X1 finden sie sich zu einem Register zusammengezogen und an den Anfang der ganzen Predigtsammlung gestellt. Die urspru¨ngliche Position du¨rfte ¨ berlieferung gewesen sein. Die ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau die der X2-U ko¨nnen weder X1 noch X2 zugeordnet werden, da Nikolaus offensichtlich nur Textstu¨cke aus Predigten seiner X2-Vorlage exzerpierte und an ihren Predigt-Tituli nicht interessiert war. 4. Woher hat der anonyme ›Paradisus‹-Kompilator seine 64 Predigten genommen, die er zu einer nach dem Kirchenjahr angelegten Sammlung vereinigt hat? Es ist naheliegend anzunehmen: aus im Umlauf befindlichen Abschriften von Predigten Eckharts, die in Kleinsammlungen zusammen mit Predigten anderer und anonymer Autoren fu¨r weitere Tradierung zur Verfu¨gung standen. Ein Charakteristikum dieser Textform sind die Individuallesarten von X. Sammlungen dieser Art sind in den erhaltenen Handschriften greifbar. Als Prototyp ko¨nnen die Handschriften Wo1 und Lo4 angesehen werden. Ein u¨berzeugendes Beispiel fu¨r diese Annahme ist die Predigt ›Paradisus‹ 46. Die Predigt war in einer echten Version unter dem Leitzitat ›Os suum aperuit sapientiae‹ (Prv 31,26) und in einer unauthentischen und redigierten Version unter dem Bibelwort ›Beatus homo qui invenit sapientiam‹ (Prv 3,13) verbreitet. Die sekund2re Fassung, Meister Eckhart zugeschrieben (Meistir eckart der alde sagit hi von zwegerleige wisheit vnd von zweigerleige selekeit), steht in O und H2 zu lesen.64 Sie ist nicht das Werk des ›Paradisus‹-Kompilators, denn sie wird auch von Lo4 und den Melker Eckharthandschriften u¨berliefert, die außerhalb der ›Paradisus‹-Tradition stehen. Der ›Paradisus‹-Kompilator hat offensichtlich einen falschen Griff getan. Er hat bei der Auswahl seiner Predigten aus den ihm zug2nglichen Vorlagen in Strauch 46 zwar eine echte, aber unauthentische Predigt erwischt. Ein 2hnliches Mißgeschick scheint ihm auch mit Strauch 60 passiert zu sein. 64

Siehe DW IV,1, S. 150–201.

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Wenn in den unmittelbaren Vorstufen X1 und X2 der vier Handschriften O, H2, K1a/b und N4 die in ihnen u¨berlieferten Eckhartpredigten, aber auch Predigten anderer Autoren wie Hermann von Loveia, Florentius von Utrecht und Hane der Karmelit Predigt-Tituli zeigen, fu¨r K1a/b freilich nur erschlossen, dann ist dies ein eindeutiges Indiz der textlichen Zusammengeho¨rigkeit. Wenn zudem dieses Indiz richtig gedeutet ist, dann mu¨ßte es weitere Beispiele des textlichen Zusammenschlusses geben, nur ko¨nnen diese Beispiele in den vier Handschriften nicht u¨ber die L2nge aller Predigten hin wahrgenommen werden, weil sowohl K1a/b als auch N4 wegen ihrer Fragmenthaftigkeit nur partielle Vergleichsmo¨glichkeiten bieten; aber immerhin gibt es Textabschnitte in mehreren Predigten, die jeweils drei der Handschriften gemeinsam u¨berliefern, so O, H2 und N4 einerseits und O, H2 und K1a/b andererseits. Die Suche nach gemeinsamen Varianten von O, H2 und N4 gegen Textkonstellationen aller u¨brigen Handschriften ist nicht vergeblich. In der Predigt Quint 33 finden sich die folgenden: DW II, S. 150,2: vbirwonden O, H2, N4 / vor wu¨nden Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 150,2: nach glouben: vnd haben geworcht dy gerechtikeit vnnd haben besessen (ge sezzen N1) dy gelobede vnsers hern an dem (ein N1) rechten glouben Lo4, Wo1, N1, fehlt O, H2, N4 DW II, S. 150,4: riche O, H2, N4, fehlt Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 150,4 f.: Der werlinde riche (Der werlinde riche / vnd die selben N4) sal man (man nv N4) vbir windin mit armude des geistis O, H2, N4 / dy sal (dy sal fehlt Wo1) der (di N1) riche vorwinden mit dem armute des geistes Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 150,5: ist O, H2, N4, fehlt Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 151,1: ist O, H2, N4, fehlt Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 151,2: ist O, H2, N4, fehlt Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 152,1: herre alle O, H2, N4, fehlt Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 153,5: bi O, H2, N4 / an Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 155,1: vngeruwic O, H2; vnrichtige N4 / vngeduldig Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 155,2: wi he (er N4) O, H2, N4 / das er Lo4, Wo1, N1 DW II, S. 155,3: behagit gode O, H2, N4 / behaget (Wo1; be hait Lo4) vnserm hern Lo4, Wo1, N1

Auch die Predigt Quint 32 weist Varianten auf, die nur O, H2 und K1a haben: DW II, S. 133,1: enmitten: mittene Wo1; mitten Lo4, fehlt O, H2, K1a DW II, S. 133,2: alle zıˆt fehlt O, H2, K1a DW II, S. 134,1: und einvar ist: ain farb ist Str9; eyn var ist Lo4; Do1 / ein war ist O, H2, K1a DW II, S. 134,1: manicvaltiget: manichualdit Wo1, Str3, Mai1, Do1; manigvFltig Str9; manchvalt Lo4 / manicvaldic ist O, H2, K1a (mangerley ist St6) DW II, S. 134,4: geneiget: neghet Wo1 / neigit sich O, H2, K1a DW II, S. 134,4: entedelt: mitelet Wo1; entedelt (u¨ber ent von anderer Hand ver) Mai1; vnedele Lo4 / fortorit (bedoret St6) O, H2, K1a DW II, S. 134,6: geschaffen: geschaffen Lo4; beschaffen Do1, Str9 / gemachit O, H2, K1a DW II, S. 134,7: daz der seˆle ouge geu¨ebet und gesterket werde: das der sel augen geuebet werden vnd gesterckt Do1, Str9, Wo1 / daz der sele augin gesterkit werden O, H2, K1a

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DW II, S. 135,7–136,1: Got ist gebildet naˆch im selben und haˆt sıˆn bilde von im selben und von niemanne meˆ / Got ist gebildet nach im selben und von niemanne me O, H2, K1a DW II, S. 136,1 f.: Swenne in diu seˆle ru¨eret / wan her in di sele rurit O, H2; vnde wanne er die sele rurit K1a DW II, S. 136,2 f.: Dru¨cket man ein ingesigel an ein gru¨ene wahs oder an ein roˆt oder in ein tuoch / dru¨cket man ein sigel an ein gruene wahs oder an ein roit wais oder in ein tuoch O, H2, K1a

¨ ber die gemeinsamen Predigt-Tituli hinaus stimmen die Handschriften O, H2, N4 U und K1a/b in einer betr2chtlichen Zahl von Lesarten u¨berein, die nur ihnen eigen sind, die sich also in einer anderen Eckharthandschrift nicht finden. Dieser Befund erlaubt anzunehmen, daß die X1- und die X2-Handschriften von einer Vorlage abzweigen, die man X nennen mag und die die Textform des ›Paradisus‹-Redaktors gewesen sein wird. L2ßt sich u¨ber den Textstand von X noch weiter hinauskommen? Gibt es Verbindungen von X mit anderen Eckharthandschriften? Wenn sich diese aufdecken ließen, w2re ein Weg zu jener Vorlage oder jenen Vorlagen gefunden, von denen X bzw. der ›Paradisus‹-Redaktor seine Texte genommen hat. Immer wieder taucht u¨ber die engen Textbezu¨ge zwischen O, H2, K1a/b und N4 die N2he zu Wo1, zu Lo4, zu N1, B6 und B7 und zu den Melker Predigten auf. Das haben die Kollationen der Predigten Nr. 87–98, DW IV,1 (›Paradisus‹ Pr. 1, 8, 10, 15, 16, 27, 37, 42, 46, 47, 50, 55), ¨ berlieferungsdiagramme, herko¨mmlich Stemmata genachpru¨fbar erwiesen. Die U nannt, machen die Zusammenh2nge anschaulich. Es ist erstaunlich, daß bereits Adolf ¨ berlieferung der deutschen Spamer, einer der besten Kenner der handschriftlichen U Eckhartpredigten, 1909 erkannt hat, daß sich »das gesammte bis jetzt bekannte handschriftenmaterial« in »drei grosse, deutlich geschiedene gruppen« teilt, die »eine starke textvariation nach verschiedenen landesteilen« aufweisen, in die »su¨ddeutsche und besonders su¨dwestdeutsche mit ihrem centrum in Strassburg«, in die »mitteldeutsche« mit »ihrem schwerpunkt in Thu¨ringen« und in eine zwischen beiden Gruppen vermittelnde »dritte gruppe«, in deren Mitte er die »Melker texte« stellt.65 Die Vorarbeiten zur kritischen Ausgabe der Predigten 87–98 haben erkennen lassen, wie sicher Spamer gerade die mitteldeutsche Handschriftengruppe in ihrer Einheitlichkeit einzusch2tzen wußte. Neufunde von Handschriften vergro¨ßerten die Gruppe, so daß Freimut Lˆser den heutigen Kenntnisstand pr2zis zusammenfassen kann: »Spamer nennt als Repr2sentanten dieser ›Gruppe‹ neben der ›Paradisus‹-Hs. O (Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479) noch die Predigten des Nikolaus von Landau und die in Babenhausen [richtig: von Philipp Babenhausen] geschriebene Hs. K2. Dazu kommen u. a. die Hs. Wo1 (Wolfenbu¨ttel, Herzog-August-Bibliothek, cod. Guelf. 1066 Helmst.), die Hs. Lo4 (London, Victoria and Albert Museum, cod. L 1810–1955) und die Hss. B6, B10 und Lo1, die allesamt nach Ko¨ln weisen. (Auch die Melker Hss. u¨berliefern zwei der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹: Me1, f. 126va–127ra; Me2, 65

Spamer [Anm. 25], S. 344.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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¨ berlieferungsbild lediglich fu¨r die f. 299ra–300va)«.66 Revidiert werden muß Spamers U dritte Gruppe. Das eckhartsche Predigtgut der Melker Handschriften ist Import von ausw2rts. Es wurde vom Redaktor Lienhart Peuger bearbeitet und an bestimmter Position den Predigten des Nikolaus von Dinkelsbu¨hl nebst anderer Autoren hinzugefu¨gt.67 Ihre Textform ist allerdings eigenst2ndig, sehr eigenst2ndig sogar, geschaffen von der Hand Lienhart Peugers in erkennbar redaktioneller, benediktinisch-aktualisierender Absicht. Sie entfernt sich am st2rksten vom Wortlaut aller bisher bekannten Predigten Eckharts. Auch »ihre innere gestalt« hat nach Franz Pfeiffer »2nderungen erlitten«.68 Die Vorlagen, denen Lienhart Peuger verpflichtet ist, kommen nicht aus ¨ sterreich, sie entstammen dem Kreis der mitteldeutschen U ¨ berlieferungsgruppe. Weil O auch die St. Florianer Handschrift Cod. XI 123 und die Wiener Handschrift Cod. 2728 mitteldeutsche Spuren verraten, bleiben kaum mehr autochthone su¨dostdeutsche ¨ berlieferungszeugen eckhartscher Predigthandschriften u¨brig. Die Vorlagen der PreU digten der ›Paradisus‹-Sammlung X wird man auch nicht im Elsaß und in der Schweiz ¨ berlieferungsfeld beschr2nken du¨rfen, suchen, man wird sich auf das mitteldeutsche U weil die Parallelu¨berlieferung der 64 ›Paradisus‹-Predigten keine signifikanten Hinweise auf ihre Herkunft aus dem Su¨dwesten zeigt. Die Textbindungen zwischen den mitteldeutschen Eckharthandschriften sind teils auff2llig einheitlich, teils u¨berraschend vielf2ltig. Um diesen Befund n2her zu verifizieren, empfiehlt es sich, in der Predigtliteratur mehrere Typen von Varianten zu unterscheiden:69 1. die genealogische und textkritische Variante, 2. die Corpus- oder Fassungsvariante, 3. die Zuschreibungsvariante. Alle drei Typen sind in den ›Paradisus‹-Predigten charakteristisch ausgepr2gt. Die genealogische Variante ist ein Hinweis auf die textliche Zusammengeho¨rigkeit einzelner Handschriften, z. B. Pr. 32, DW II, S. 134,4 entedelt: mitelet Wo1; entedelt (u¨ber ent von anderer Hand ver) Mai1; vnedele Lo4 / fortorit (bedoret St6) O, H2, K1a. Der Titel der Predigtsammlung ›Paradies der vernu¨nftigen Seele‹ und die Kapitelu¨berschriften sind ein Hinweis auf die Zusammengeho¨rigkeit der 64 Predigten zu einem Werkganzen, in dem die Predigten zudem nach dem Kirchenjahr und den Heiligenfesten geordnet sind. Die Zuschreibung der in der Sammlung zusammengestellten Predigten an bestimmte Autoren (zwo¨lf im ›Paradisus‹), denen sogar eine Berufsbezeichnung und Benennung ihrer Ordenszugeho¨rigkeit mitgegeben wird, ist ein Hinweis auf eine ganz einzigartige individuelle Predigtkollektion, die den Anspruch eines eigenst2ndigen Werkes innerhalb der Predigtliteratur erkennen l2ßt. Schon den Handschriften K1 und N4 fehlen Varianten des dritten 66

67

68 69

Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Melk. Studien zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ›Von der sel wirdichait vnd aigenschafft‹, Tu¨bingen 1999 (TTG 48), S. 268. Vgl. Lˆser, Meister Eckhart in Melk [Anm. 66], S. 266: »In der Melker Sammlung folgen die Texte Eckharts, in mehrere Blo¨cke zusammengefaßt, stets auf Predigten des Nikolaus von Dinkelsbu¨hl oder Predigten anderer Autoren aus der schuel ze wienn zum jeweiligen Tagesevangelium.« Pfeiffer [Anm. 11], S. XI. Vgl. Georg Steer, Die Wahrnehmung der Variante. Meister Eckharts ›Armutspredigt‹ nach dem Rebdorfer Codex cgm 455, in: Studien zur deutschen Sprache und Literatur. Festschrift fu¨r Konrad Kunze zum 65. Geburtstag, hg. von V·clav Bok [u. a.], Hamburg 2004, S. 81–113.

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Typs. Sie nennen keine Autoren. Es fehlen ihnen auch u¨berzeugende Varianten des zweiten Typs. N4 zeigt zwar noch bei den sechs u¨berlieferten Predigten Relikte der Predigtu¨berschriften, in K1 sind auch diese Spuren verwischt. Die vier Textzeugen werden als textlich zusammengeho¨rig einzig nur durch genealogische Varianten erkannt. Das ist betru¨blich, aber unab2nderlich. Trotzdem sollte die Suche nach einer gro¨ßeren Vorform der ›Paradisus‹-Sammlung nicht aufgegeben werden. Ein Indiz fu¨r diese Vorform der ›Paradisus‹-Sammlung, die die gleichen Predigten und sogar noch weit mehr als diese enthalten haben ko¨nnte, scheint die Predigtsammlung ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau zu bieten.70 Diese zeigt nicht nur deutsche Predigtexzerpte, die genealogisch mit X1 (= O, H2) verbunden sind, sondern auch Exzerpte aus Predigten, die der ›Paradisus‹ nicht kennt. Karl Brethauer hat sie in den beiden Kasseler Codices identifiziert, es sind folgende Predigten: Quint Pr. 18; Pr. 34; Pr. 62; Pfeiffer Pr. 76,1; Pr. 109; Tr. 11,2; Sievers Pr. 25. Durch diesen Fund ist nachgewiesen, daß Nikolaus fu¨r seine volumino¨se Predigtkompilation nicht nur eine Handschrift der ›Paradisus‹-Sammlung benutzte, sondern daneben auch eine Handschrift, der die genannten Stu¨cke entnommen wurden. Brethauer spricht denn auch ungeniert von den deutschen »Vorlagen« des Nikolaus;71 der Gedanke, alle deutschen Predigt- und Traktatexzerpte stammten aus einer einzigen Handschrift, einer Großsammlung des ›Paradisus‹, kommt ihm nicht in den Sinn. Hingegen vermag er eine interessante Beobachtung zu machen: die von Nikolaus von Landau benutzte Vorlage zeigt auch bei den Predigten, die nicht im ›Paradisus‹ u¨berliefert sind, engste Textverwandtschaft mit der Berliner Handschrift B7.72 Quint kann die Beobachtung Brethauers bei der Predigt 18 wie auch bei den anderen Textstu¨cken best2tigen: »Die Zugeho¨rigkeit von NvL […] zur Gruppe B7N1 ist aus dem Variantenapparat ohne weiteres zu ersehen«.73 Es sind nun glu¨cklicherweise acht Predigten in B7 u¨berliefert, die auch in der ›Paradisus‹-Sammlung stehen und die Nikolaus von Landau ebenfalls in seinen Exzerpten tradiert: es sind die Eckhart-Predigten Quint 20b, 37, 60, 70, 82, 93, 95 B und 96. Nikolaus folgt in der Predigt Quint 20b nicht etwa dem ›Paradisus‹-Text, wie er in den Handschriften O und H2 erhalten ist, sondern gibt ihn nach einer Handschrift wieder, deren Text nicht O oder H2 ist. Quint beweist dies so: »Nikolaus von Landau schließt sich eng an OH2 an, l2ßt jedoch etwa an der Stelle unten S. 348,7–10 (siehe Var.-App.) erkennen, daß sein Text nicht aus OH2 abgeleitet werden kann, da NvL an dieser Stelle mit B6B7 u¨bereinstimmend ein Textstu¨ck bietet, das der Prototyp von OH2 [= Textform X1 bzw. X] verlor«.74 Wenn ich die unter¨ berlieferung richtig deute, hat der ›Paradisus‹-Redaktor schiedlichen Indizien der U 70 71 72 73

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Kurt Ruh, Nikolaus von Landau, in: 2VL 6, 1987, Sp. 1113–1116, hier Sp. 1115. Karl Brethauer, Neue Eckharttexte und Mystikerhandschriften, ZfdA 70 (1933), S. 68–80, hier S. 80. Ebd., S. 72: »NvL., bzw. seine Vorlage, steht B7 nahe«. Quint, DW I, Predigt 18, S. 294; DW II, S. 158: »Nicht nur an der zuletzt genannten, sondern auch an weiteren Stellen stimmen die Exzerpte, die Nikolaus von Landau der vorliegenden Predigt [34] entnahm, zur B7-Gruppe gegen Str1.« Quint, DW I, S. 340.

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Predigten Eckharts gekannt und benutzt, die der gleichen Textform angeho¨rten, auf die auch Nikolaus von Landau zuru¨ckgegriffen hat. Angenommen wird h2ufig eine mitteldeutsche Koine, die viele Handschriften belegen – u¨ber die von Freimut Lˆser75 genannten hinaus auch die Handschriften Er, Br1 und die Vorlagen der ›Postille‹ Hartwigs von Erfurt –; jedoch sind die Textformen in den mitteldeutschen Codices durchaus nicht einheitlich. Das belegt aufs auff2lligste die Predigt 95 (›Paradisus‹ Pr. 46), die sogar in zwei Fassungen existiert, einer urspru¨nglichen Fassung, bezeugt durch die Handschriften B7, N1, Fl, B6 und die su¨dwestdeutschen Ausl2ufer Ka1 und BT, und einer redigierten Fassung, belegt in den Handschriften O, H2, Lo4 und den Melker Handschriften Me1, Me2 und Me3.76 Statt der Aufz2hlung aller Fassungsunterschiede zwischen 95 A (›Paradisus‹-Fassung) und 95 B (urspru¨ngliche Fassung, u¨berliefert in B6, B7, N1, Fl, BT und Ka1) seien aus dem Predigttext jene sehs stu¨cke angefu¨hrt, die zur Weisheit fu¨hren. Eckhart hat sie dem ›Didascalicon‹ des Hugo von St. Viktor entnommen: Hugo von St. Viktor: 1. Mens humilis, 2. studium quaerendi, 3. vita quieta, 4. scrutinium tacitum, 5. paupertas, 6. terra aliena. B-Fassung: 1. Daz eˆrste ist ein oˆtmu¨etic herze, 2. daz ander ein stæte vlıˆz, 3. daz dritte ein geruowic herze, 4. daz vierde ist ein swıˆgende vorschen. 5. Daz vu¨nfte ist willic armuot. 6. Daz sehste ist ein vremdez land. A-Fassung: 1. Daz eˆrste ist oˆtmu¨eticheit, 2. daz ander stæter vlıˆz, 3. daz dritte innicheit, 4. daz vierde ein vorschende swıˆgen. 5. Daz vu¨nfte ist ellende. 6. Daz sehste ist armuot. Der ›Paradisus‹-Sammler muß die Predigt 95 A einer Vorlage entnommen haben, die ¨ berlieferungszweig der Handschriften B6, B7, N1, Fl, BT und Ka1 genicht zum U ho¨rte, es sei denn, er hat selbst den urspru¨nglichen B7-Text redigiert. Das aber ist sehr unwahrscheinlich, was noch zu zeigen sein wird. Bemerkenswert ist aber dieses: Allen bis heute bekannten Textzeugen der mitteldeutschen Gruppe von Eckhartpredigten fehlen Spuren, die auf eine gleichbleibende urspru¨ngliche Anordnung von Predigten hinweisen wu¨rden und vor allem die das Geru¨st einer Liste gleichbleibender Autorennamen erahnen ließen, wie sie aus der ›Paradisus‹-Sammlung bekannt sind. Man wird auf Neufunde warten mu¨ssen, die eine Vorform einer umf2nglicheren ›Paradisus‹-Sammlung ans Licht br2chten, mit deren Hilfe dann die einzig in den Handschriften O und H2 bekannte ›Paradisus‹-Sammlung als Kurzform dieser gro¨ßeren Vorform erwiesen werden ko¨nnte.77 75 76 77

Lˆser, Meister Eckhart in Melk [Anm. 66], S. 268. DW IV,1, S. 172–175. Siehe oben S. 44.

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Welche Predigttexte dem Sammler des Predigtcorpus ›Paradisus anime intelligentis‹ als Vorlagen zur Verfu¨gung standen, daru¨ber haben wir so gut wie kein sicheres Wissen. Untersuchungen mu¨ßten zun2chst fu¨r jede Predigt einzeln gefu¨hrt werden. Generell ko¨nnen Varianten, die die ›Paradisus‹-Handschriften mit anderen Handschriften gemeinsam haben, die Spur zu diesen Vorlagen weisen. Ich gebe ein Beispiel. In der Predigt 32 liest der Quint-Text, der den Handschriften Str3 und Mai1 folgt: Als der sunnen schıˆn, der sich niht enwirfet uˆf daz ertrıˆche (DW II, S. 135,1). X1 – und jetzt l2ßt sich sagen – auch schon X lesen irguzit statt enwirfet: als der sunnen schin, der sich niht irguzit uf das ertriche. Irguzit erscheint zun2chst als Individuallesart von OH2. So wird sie von Quint verzeichnet (DW II, S. 135). Weil aber irguzit auch von anderen Handschriften bezeugt ist, so von Wo1 (inguzit) und von Lo4 (guszt), muß bzw. kann irguzit schon in X und in der Vorlage von X gestanden haben. Die Konturen einer Vorlage fu¨r X sind bei der Predigt ›Paradisus‹ 60 ›Domine rex omnipotens‹ gut ersichtlich. Die Predigt ist in 24 Textzeugen, vollst2ndige Textabschriften und Fragmente, erhalten. Es gruppieren sich zu einer eigenen Fassung die Handschriften O, H2, N1 und die Fragmente St7, M27, M28 und Ka1 (= Fassung A) gegen den Rest. Der Rest kennt eine l2ngere und urspru¨nglichere Fassung der Predigt (= Fassung B mit Leithandschrift E1). Aber diese l2ngere Fassung muß auch noch N1 bekannt gewesen sein, denn sie u¨berliefert noch den ersten Satz der Traktatfortsetzung: Nach einer Homoioteleuton-Lu¨cke (im … im) steht: Daz ist daz wesen der volchomenheit. Etlich fragen ob wir got minen mit der mine daz wer in der selben einicheit sold N1; auch Ka1 und Ka2 kennen diesen Satz noch. X-Varianten sind: Strauch, S. 127,15: got e was dan nit Fassung B (E1) / got waz er (e N1) dan nicht O, H2, N1, St7, M27, M28 Strauch, S. 127,27: einig verstentnis Fassung B (E1) / ewige forstentnisse O, H2, N1, fehlt St7, M27, M28 Strauch, S. 127,28: verstet Fassung B (E1) / forstunt O, H2, N1 Strauch, S. 127,29 f.: vor daz was he selbir: warent si ane sich selben. Da si an warent Fassung B (E1), fehlt O, H2, N1 (Homoioteleuton-Lu¨cke) Strauch, S. 127,31: in dem liechte der einicheit Fassung B (E1) / in deme lichte O, H2, N1 Strauch, S. 128,14 f.: su˚lent gescheident sin Fassung B (E1) / gescheidin sin O, H2, N1

IV Eine leidliche Folge der aufgezeigten Vorlagenhierarchie ist: Wer mit den Texten der Oxforder und Hamburger Handschrift arbeitet, der Texteditor wie der Textinterpret, muß sich bewußt sein, daß er nicht den ›Paradisus‹-Text schlechthin vor sich hat. Vier verschiedene Textschichten verschiedener Herkunft muß er unterscheiden: 1. Die Individualschreibungen von O und H2, 2. die Text2nderungen von X1, einschließlich aller mechanischen Abschreibefehler, 3. die Text2nderungen von X, 4. die Individual-

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lesarten, die der Sammler aus und mit seinen Vorlagen u¨bernommen hat, die sowohl authentisch als auch unauthentisch sein ko¨nnen. Die gro¨ßte Schwierigkeit bereitet es, X1- und X-Lesarten als solche zu erkennen, weil die Textstufe X2 wegen der fragmentarischen Bezeugung der ›Paradisus‹-Predigten in der Predigtsammlung ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau (Ka1 und Ka2) und in der Nu¨rnberger Handschrift N4 mit nur sechs Predigten, die zudem noch stark u¨berarbeitet erscheinen, nur an wenigen vereinzelten Textpassagen faßbar ist. Durch den glu¨cklichen Umstand eines Neufundes von einem Dutzend Eckhart-Predigten in der Londoner Handschrift Lo4 bedingt,78 l2ßt sich wenigstens der Text der Predigt ›Paradisus‹ 49 ›Sancti per fidem vicerunt regna‹ (Strauch, S. 110,21–111,22) in den Handschriften O, H2, N4, Lo4, N1, Wo1 vergleichen. Es fehlt zwar der Textzeuge Ka1/2, aber dank der Kenntnis der Textabschrift von Lo4 ko¨nnen Lesarten von O und H2 als einzige Vertreter der Textstufe X1 sicherer geortet werden, als es Josef Quint ohne Einsicht in die Lo4-Handschrift mo¨glich war. W2re sie ihm zug2nglich gewesen, h2tte er wohl eine Reihe von O- und H2-Lesarten nicht als urspru¨nglich angesehen und in den kritischen Text aufgenommen: DW II, S. 150,2: Dy heiligen haben (haben fehlt Lo4) vor wu¨nden (vor wunnen Wo1) mit deme (me Wo1) gelouben (mit deme gelouben fehlt Lo4) dy riche vnd haben geworcht dy gerechtikeit vnd haben besessen dy gelobede vnsern hern an dem rechten glouben Lo4, N1, Wo1 (= Y) / Di heligin habin vbirwonden di riche mit deme glaubin O, H2 (= X1), N4 (= X4) DW II, S. 150,4: rıˆche (1) O, H2, N4 (= X), fehlt Lo4, N1, Wo1 (= Y) DW II, S. 150,4: mit armuot O, H2, N4 (= X) / mit dem armute Lo4, N1, Wo1 (= Y) DW II, S. 150,5: ist O, H2, N4 (= X), fehlt Y DW II, S. 150,5–151,1: mit hunger und mit durste X1 / mit jamer (armote Wo1) und mit pein N4, Lo4, N1, Wo1 DW II, S. 151,1: ist O, H2, N4 (= X), fehlt Y DW II, S. 151,1 f.: mit jamere vnd mit pine O, H2 (= X1) / mit hunger und mit (mit fehlt N4) durst N4, Lo4, N1, Wo1 DW II, S. 151,2: ist O, H2, N4 (= X), fehlt Y DW II, S. 151,4 f.: Hette der mensche alle di werlint so sal he doch sich dunkin arm vnd sal alle zit vz reckin di hant for di ture vnsis herrin godis O, H2 (= X1) / also arm Ab (ob N1, Wo1) sy alles das hetten das got geschaffen hat das sy dy hand vsrecten (uz rechen Wo1; vz gereichten N1) vor der thor vnsers hern gotis (also arm … herren gotes / Ein igliches rein hercze sol nv hie sten vor der tu¨re Christi auszstrecken sein hende N4) Lo4, N1, N4, Wo1 DW II, S. 151,5 f.: vnd beten (beten on Lo4; begirlichen ayschen N4) vmme (fehlt N4) dy (das N4) almosen der gnaden vnsers hern (hern gotis Lo4; von ym N4) Lo4, N1, N4, Wo1 / vnd bidin vmme di gnade godis vmme sine almusin X1 DW II, S. 151,6: das (di N1, Wo1) sy gotis kinder macht (das … macht fehlt N4) Lo4, N1, N4, Wo1 / wan di gnade machit si godis kinder X1 DW II, S. 152,1: Mine geru¨nge (begirde N4) ist (die ist Wo1; ez ist Lo4; stet hie N4) vor dir vnd nach dir alleine (alczeit N4) Lo4, N1, N4, Wo1 / herre alle mine gerunge ist for dir vnd noch dir X1 DW II, S. 152,2 f.: Alle ding sint mir (Mir sint alle dinch N1) also ein (ein fehlt Lo4) phul durch das (das das Lo4) ich gewochere (gewochere Wo1; gewuechert N1; gevorchte Lo4) vnsern hern 78

Siehe Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 42].

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ihesum Christum Lo4, N1, Wo1 / alle ding sint mir nv worden. als Ein mist allein das ich Christum erkrige N4; alle dinc hon ich geachtit alse einen phul vmme daz mir Christus worde X1 DW II, S 152,3: gotis gnade envalle in (envalle in fehlt Lo4) sy (sy dann in om Lo4) Wo1, N1, Lo4 / vnd das die gnade gottes nicht in in valle oder pei ym wone N4; godis gnade beware si dan X1 DW II, S. 152,5: us dem (den N1) Lo4, N1, N4, Wo1 / vze einem X1 DW II, S. 152,5 f.: vnd ist ein glichnisse gotis vnd smeckt alse got vnd macht dy sele gote glich Lo4, N1, Wo1 / vnd ist ein gleichnis gotes vnd machet die sele geleich gotte. Vnd smacket als got N4; vnd smeckit alse got vnd ist ein glichnisse godis vnd machit di sele gotvar X1 DW II, S. 152,6–153,1: wan sich dy selbe mynne (selbe mynne N4 / selbe liebe Wo1; sel liebe N1; sele Lo4) vnd der (der / go¨tlicher N4, fehlt Lo4, N1, Wo1) smag werffen (her ablaszet N4) in dy nedirsten craft (craft / krefte der sel N4) Lo4, N1, N4, Wo1 / wan sich di selbe gnade vnd der smac werfit in di redelichin craft X1 DW II, S. 153,2 f.: wan sich die selbe mynne (mynne gottes N4; lib N1 / craft Lo4; smac Wo1) vnd smak (smak N1 / der selbe go¨tliche smake N4; libe Lo4, Wo1) werffen (wider vmb auf richtet N4) in dy (in dy / in der sele. vnd gu¨sset sich also aus in N4) obersten (obersten N4, N1 / ho¨sten Lo4, Wo1) craft Lo4, N1, N4, Wo1 / wan sich di selbe gnade vnd smac wirfit in di zornerinne daz ist di vf criginde craft X1 DW II, S. 153,5: der kraft der sonen Lo4, N1, N4, Wo1 / dem lichte der sonnen X1 DW II, S. 154,2: alle go¨tliche werk N1, Wo1; alle ding vnd go¨tliche werk Lo1; ale go¨tliche ding vnd wercke N4 / alle dinc X1 DW II, S. 154,4: Jch richte (ne richte Wo1; enrehten N1; verrichte N4) dy (die fehlt N1) lude nicht dy (die do N4) gute cleider tragen (an tragent N4) Lo4, N1, N4, Wo1 / Jch in orteile di lude nicht ob si gude cleidir tragin X1 DW II, S. 154,7–155,1: alle czit alleyne (alleines Wo1) ist daz er nicht bessert syne seten Lo4, N1, Wo1; doch da pey sich nicht vast pessert an seinen siten. Wann er yst noch alczeit da mit N4 / alliz eine wis lebit vnd inbezzerit sine side nicht X1 DW II, S. 155,1: vngeruwic X1; vnrichtige N4 / vngeduldig Lo4, N1, Wo1 DW II, S. 155,1: prufen Lo4, N1, N4, Wo1 / prufin der mensche X1 DW II, S. 155,1f.: aller crenckst (crancket Wo1) an (fehlt N4) were (ist Lo4, Wo1) Lo4, N1, N4, Wo1 / allir crenkis ane were vnd allir gebrechlichis X1 DW II, S. 155,3: er (1) Lo4, N1, N4, Wo1 / der mensche X1 DW II, S. 155,4: vnd also vber windit man di riche X1, fehlt Lo4, N1, N4, Wo1

V Von besonderem Interesse fu¨r die ›Paradisus‹-Forschung ist der Initiator und Veranstalter der ganzen Sammlung. Welcher literarische und konzeptionelle Anteil muß ihm zugeschrieben werden? Drei Leistungen darf man fu¨r ihn reklamieren: 1. die Wahl des Titels fu¨r das Predigtbuch, 2. die Abfassung der Predigt-Tituli, denn ihre inhaltlichen Aussagen sind es vor allem, die mit dem Titel ›Paradisus anime intelligentis‹ korrespondieren, und nicht die Predigten im einzelnen, 3. die Redigierung einzelner Predigten. 1. Es ist kaum mo¨glich festzustellen, ob der ›Paradisus‹-Kompilator in die Predigten, die er gesammelt hat, redigierend eingegriffen hat. Dazu mu¨ßten wir die unmittelbare Vorlage des X-Textes einer jeden Predigt der ›Paradisus‹-Sammlung kennen. Der Zu-

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gang zu diesem Wissen ist uns aber bei den meisten Predigten verschlossen, weil K1a/b und N4 nur Bruchteile des ›Paradisus‹ u¨berliefern. Einzig die Predigt ›Ubi est qui natus‹ des Hermann von Loveia (›Paradisus‹ Pr. 13, Strauch, S. 33,3–35,2) l2ßt sich mit O, H2, K1a und N4 vergleichen. Die Kollation pr2sentiert einen erstaunlich einheitlichen Text, den X-Text der Handschrift.79 Von den Sonderredigierungen des Nikolaus von Landau (K1a) und des Redaktors der Handschrift N4 einmal abgesehen, lassen sich nur einige wenige Lesarten der X1- und der X2-Textstufen entdecken, in denen der X-Text mal in X1 und mal in X2 bewahrt sein kann: Strauch, S. 33,27 f.: daz ein forhanc waz gehangen O, H2 (= X1) / daz (wie N4) in der alten e ein vorhang was gehenket K1a, N4 (= X2) Strauch, S. 33,29: alse der babist vnder vns X1 / als nv de pabst ist vnter vns N4; alse der babist ist v˚nder den christenlu˚ten ein heubet K1a Strauch, S. 33,30: einis X1 / einest N4; zu˚ einem male K1a Strauch, S. 33,38: fornemin X1 / versten N4; merken K1a Strauch, S. 34,5: So X1 / dar vmb so N4; Vnd dar v˚mme K1a Strauch, S. 34,7: Neme wir nu daz diz fuir X1 / nv secze wir das das fewre N4; Were ez nu˚ daz daz fu˚r K1a Strauch, S. 34,9: incumit X1 / kem N4; enqueme K1a Strauch, S. 34,13: daz dise worheit umbegriflich si allin fornuftin X1 / dar vmb (davon K1a) ist (so yst also N4) dise (die K1a) warheit (obirste warheit K1a) vngegriffelichen (v˚nbegriffelich K1a) allen vernvnften (menslichen sinnen) N4, K1a Strauch, S. 34,14 f.: waz di fornuft begrifin sal oder bekennin X1 / was die vernunft bekennen sol N4, K1a Strauch, S. 34,22: warheit di alleine X1 / warheit ist die (also daz sie K1a) allein X2

Wie es in den Eckhartpredigten um die X- und X1-Lesarten steht, muß fu¨r jede Predigt separat und sogar fu¨r jede Textstelle einzeln untersucht werden. In einer der letzten Predigten des dritten Bandes der Stuttgarter Meister Eckhart-Ausgabe, in der Predigt 84, h2lt Quint fest: »der OH2-Text [weist], wie bei allen anderen Predigten des Par. an., mehr oder weniger systematisch durchgefu¨hrte Ku¨rzungen auf«.80 Kann aus diesen Ku¨rzungen auf eine inhaltliche Neuakzentuierung der Texte geschlossen werden, auf den Versuch, sie einem unverf2nglichen spirituellen Programm der Dominikaner anzugleichen? Wer aber ku¨rzt und redigiert? X1 oder X? Soweit mit K1 verglichen werden kann, ist es vorwiegend der X1-Schreiber, der Text eliminiert. Die meisten Textauslassungen sind zudem, und das ist besonders auff2llig, Homoioteleuta. Sieht man von den Homoioteleuta-Lu¨cken ab und betrachtet die verbleibenden mar79

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Eine stark redigierte, sehr eigenst2ndige Fassung der Predigt ›Paradisus‹ 13 mit dem Titel ›De epiphania Domini‹ enth2lt die Handschrift Solothurn, Zentralbibl., Cod. S 353 (15. Jahrhundert; 1470–1480), 160r–162v. Passagen mit nur gedanklichen Entlehnungen wechseln mit solchen fast wo¨rtlicher Entsprechung. Eine genaue Untersuchung steht noch aus. Vgl. Die mittelalterlichen Handschriften der Zentralbibliothek Solothurn, beschrieben von Alfons Schˆnherr, Solothurn 1964, S. 27–32. Die Handschrift enth2lt 282v einen Besitzeintrag: Dis buch ist der swestren zu sant Maria Magdalenen an den Steinen zu Basel. Seit kurzem befindet sich der Codex wieder am Ort seiner Entstehung: im Benediktinerkloster Maria Stein bei Basel. Quint, DW III, S. 452.

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kanten Textentfernungen, erscheinen diese als nicht eben geistreich. Ich gebe drei Beispiele: In der Predigt ›Quasi stella matutina‹ (Quint 9; Strauch 33) zitiert Eckhart einen antiken Philosophen: Ein heidenischer meister sprichet: diu seˆle, diu got minnet, diu nimet in under dem velle der gu¨ete.81 Nun fu¨gt Eckhart eine l2ngere Parenthese ein und wiederholt den Ausspruch des Philosophen nochmals: noch sint ez allez heidenischer meister wort, diu hie vor gesprochen sint, die niht enbekanten dan in einem natiurlıˆchen liehte […] er sprichet: diu seˆle, diu got minnet, diu nimet in under dem velle der gu¨ete.82 Die Sentenz des Meisters, auf die es Eckhart ankommt, fehlt im ›Paradisus‹-Text. Man mo¨chte annehmen, der Redaktor habe sie weggelassen, weil sie ihm nicht gefiel. Dann h2tte er sie aber auch in der Wiederholung streichen mu¨ssen, was er nicht tut. Warum aber wurde sie bei der ersten Erw2hnung getilgt? Ein intelligenter Grund ist nicht zu erkennen, zumal auch ein syntaktisch zersto¨rter Satz u¨brigbleibt. Er heißt in O: Ein heidenichs meister sprichit. Noch ist ez heidenischer meistere da fon ich spreche (Eckhart: meister wort, diu hie vor gesprochen sint) di da nicht in bekanten dan in eime naturlichin lichte (O, 60r). Das zweite Beispiel stammt aus derselben Predigt. Der folgende Satz wurde beiseite gelassen, weil er absolut Anstoß erregen mußte: Ich enwil des niemer begern, daz mich got sælic mache mit sıˆner gu¨ete, wan er enmo¨hte ez niht getuon.83 Hat ihn der ›Paradisus‹-Kompilator zensierend weggelassen oder erst der X1-Schreiber? Wohl keiner von beiden. Er fehlt auch in den Handschriften B8 und N1. Es ist zu vermuten, daß ihn der X-Redaktor in seiner Vorlage gar nicht mehr vorgefunden hat. Der Satz wurde offensichtlich schon fru¨h getilgt. Ein drittes Beispiel: Unmittelbar auf diesen Satz folgt eine Aussage Eckharts von nicht geringerer Brisanz: Daˆ von bin ich aleine sælic, daz got vernu¨nftic ist und ich daz bekenne. Ich gebe gote urloup, daz er niemer guot getuo dan in vernu¨nfticheit und daz ich daz bekenne.84 Der letzte Satz ist es, auf den es ankommt. Er steht nicht einmal in der kritischen Ausgabe Quints, er steht nur in der Hamburger ›Paradisus‹-Handschrift H2. In O ist er, bedingt durch Augensprung, ausgefallen. Wenn er in H2 noch u¨berliefert ist, stand er schon in X. Alle u¨brigen Textzeugen der Predigt scheinen ihn fru¨h durch Homoioteleuton oder durch bewußte Tilgung verloren zu haben. Gewiß aber ist: der ›Paradisus‹-Kompilator hat ihn gekannt und hat ihn passieren lassen. Die Summe aus diesen und anderen Beispielen lautet: fu¨r die redigierenden Ku¨rzungen ist in der Hauptsache nur der X1-Schreiber verantwortlich. Der X-Redaktor hat offensichtlich die Texte Eckharts weitgehend unredigiert aus seinen Vorlagen u¨bernommen. Als eines der u¨berzeugendsten Beispiele fu¨r diese Annahme kann das Fehlen des Schlußsatzes der ›Quasi stella matutina‹-Predigt gelten: Gotes sælicheit liget an der ˆınwertwu¨rkunge der vernu¨nfticheit, daˆ daz wort inneblıˆbende ist. Daˆ sol diu seˆle sıˆn ein bıˆwort und mit gote wu¨rken ein werk, in dem ˆınswebenden bekantnisse ze nemenne ir sælicheit in dem selben, daˆ got sælic ist.85 Es kann ihn nur der 81 82 83 84 85

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I, I, I, I, I,

S. 152,1 f. S. 152,2–6. S. 153,10 f. S. 153,11 f. S. 158,4–7.

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X1-Schreiber weggelassen haben, denn er findet sich angesprochen im Predigt-Titulus, den der ›Paradisus‹-Kompilator verfaßt hat. Dort heißt es: meister Eckhart […] lerit ouch wi di sele sal bi dem ewigin worte sin eyn biwort (Strauch, S. 4,10–14). 2. Als die eigentliche Leistung des ›Paradisus‹-Kompilators muß die Abfassung von Predigt-Tituli zu jeder einzelnen der 64 Predigten angesehen werden. Diese zeigen eine feste und gleichbleibende Struktur. Nach dem Bibelwort folgt die Nennung des Predigtautors und dann eine knappe Inhaltsangabe der Predigt, meist im Anschluß an die vorgegebenen Formulierungen der Predigten; doch nicht immer, und die feinen Abweichungen sind sehr aufschlußreich. Um die literarische Leistung des Kompilators ansichtig zu machen, seien die Predigt-Tituli hier als ganze mit den verifizierbaren Textstellen der Predigten ediert:86 (1) j. Ecce dies veniunt. In disir predigade bewisit me s t ir e ck a r t d e r a ld e der grozin nuiz der zukunft vnsis herren, wan for der zit muystin alle lude zu der helle. Aber nu gnugit gode lichtliche wan mit eyme reinen herzin ist ez gnuc. Vgl. Du di aldin vedere bekanten daz iamir da si inne warin, du schrigiten si mit irre begerunge in den himmil vnd worden in got gegozzin mit irme geiste vnd lasin in gotlicher wisheit daz got geboren solde werden. Dar vmme was di botschaft gude alse kalt wassir einer durstigin sele, wan daz ist wor daz got gibit sin himmilriche vmme einen kalden drunc wazzers. vnd an eime gudin herzin da mide ist ez gnuc. S. 7,34–8,3. (2) ij. Benedictus qui venit in nomine domini. In disr predigade lerit br u d ir f lo re n ci us f on vt tre cht der vndir lesemeistir was zu erforte zu den predigerin wi bequemelich ez waz daz got mensche worde vnd den menschen irloiste vnd nicht den engil. Vgl. Warumme ouch godis son den menschen irloist habe vnd nicht den engil, da sint file rede vnd sage fon. S. 11,12 f. (3) iij. Gaudete in domino semper. In disr predigade lerit m e is t i r h a n e d e r c al me ll it a daz mit seis stucken di sele vf ir hohistis kumit. Vgl. Seis stucke sint da mide di sele cumen sal vf ir hoistes. S. 12,5. (4) iiij. In illo tempore missus est angelus gabriel. In disir predigade bewisit m e is t ir e c k ar t d e r a lde mit reden vnd mit glichnissen, daz got geboren wirt in der sele vnd di sele in got geborin wirt. Vgl. Ich spreche, darumme daz got geborin werde in der sele vnd di sele in got geborin werde. S. 14,8 f. (5) v. Fiat mihi secundum uerbum tuum. In disir predigade bewisit br u [1rb]dir i ohan franco der lesemeistir der predigir daz daz wort fiat ist daz groiste daz got in himmilriche oder in ertriche ie gesprach. Vgl. ›Fiat‹ daz ist daz allir edilste wort daz ie gesprochin wart. S. 18,12 f.

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Das Bibelwort wird fett gedruckt. Die stereotypen Partien werden doppelt unterstrichen. Gesperrt erscheint die Nennung des Predigt-Autors. Auf die Entsprechungen zwischen dem Titulus-Text und dem Predigt-Text macht die Unterstreichung aufmerksam. Ohne jegliche Markierung bleibt jener Text, der als Eigenformulierung des Redaktors erkannt werden kann. Die kritische Texterstellung folgt der Leithandschrift O; die Ersatzleithandschrift ist H2. Alle Abbreviaturen werden aufgelo¨st. Fu¨r -er und -ir ist der A-Haken gebr2uchlich; meistH wird, der dominierenden Schreibung folgend, mit meistir wiedergegeben; in Analogie dazu alle sonstigen Abku¨rzungen.

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(6) vj. Puer natus est nobis. In disir predigade larte b r udi r Tho m as vo n ap o ld e der predigir von drigirleige geburt des ewegin wortis. Vgl. also ist in christo ein persone vnd dri substancie oder wesin, daz ist gotheit, sele vnd lip, vnd noch disin drin substancien oder wesin hait her dri gebort. S. 19,20–22. (7) vij. Ipse spiritus testimonium reddit. In disir predegade lerit b r ud i r io ha n f ra nc o daz diz houbit daz christus ist vnd der lichame der di cristinheit ist hait einen geist. Vgl. daz abir wir cristene lude godis sune sin genant, daz ist von godis sune vnd von sines geistes gnaden. […] So dan christus godis son vnse heubit ist, wir sin lichame, so sin wir in yme ein geistlich godis son. S. 21,34 f.; S. 22,2 f. (8) viij. Post dies octo. Hy lerit m e is t i r e ck ar t d e r a ld e in wilicher sele der name ihesus gesprochin sal werdin, daz muz geschehen an dem achtin dage. Vgl. In wilchir sele der name ihesus gesprochin sal werdin, daz muz geschehen an dem achtin dage. S. 23,4 f. (9) ix. Angelus domini apparuit in sompnis ioseph dicens. In disir predigade lerit br u d ir e c ka r t r u be der lesemeistir in predigir ordine wi christus muge geheizin ein engil vnd gnade ouch heize ein engil, vnd der engil selbir der ist der naturliche engil godis vnd weme dise engle irschinen vnd wo zu. Vgl. Wir vindin in der schrift von drigirleige engilin. Der erste ist der naturliche engil. Der ander ist christus, ein engil des grozin raidis. Der dritte engil ist gnade godis […] Der engil irschein iosebe. S. 23,23–25; S. 25,5 f. (10) x. Angelus domini apparuit. An disir [1va] predigade bewisit me i s ti r e ck ar t, wan gode gerumit wirt vnd da vride ist, so kumit got zu der sele. Vgl. daz ist von deme ersten wi man gode rumen sal. Daz andere ist der fride der in deme lande was da got inne geborin waz. […] also sal gancz vride sin in der sele. 27,22–26; daz […] ioseph wider sulde cumen in daz lant du gode gerumit waz von den di yn hindirtin. S. 27,15 f. (11) xj. Hic est filius meus dilectus. An disin wortin bewisit br udi r e r b e der predigir vnd lesemeistir funf eyginlichkeit an christi geburt meistirliche. Vgl. In disin wortin sint gerurit funf stucke, di sunderlichisten vnd wondirlichin eginkeit di ie fundin worden an einer geburt. S. 28,5–7 (12) xij. Vbi est qui natus est. In disir predegade bewisit br u d i r gi s ilh e r f o n zl at h e m lector wi man vindit in christo dem kinde daz ewige daz nuwe daz alde. Vgl. In gode ist etwaz aldis, daz ist sin lip di fon aldin vederin he for geworzelit ist, fon adam, vnd etwaz nuwis, daz was di sele, vnd etwaz ewigis alse di gotheit. S. 30,27–29 (13) xiij. Vbi est qui natus. In disir predigade bewisit br u di r h e r m an f o n lov e ia lector wi di worheit der gotheit vnbegriffin blibit fon allen fornuftin etc. vnd wi di godeliche gude vngevazzit blibit von der begerunge vnd wi daz gotliche wesin nicht geteilit inwirt von allin sinen werkin. Vgl. Daz di materie dissis kindis grundeloiz si, daz prufe wir bi drin dingin. Daz eine ist daz di worheit der gotheit vmbegriflich ist allin fornuftin englis vnd menschin. Daz andere daz di vnbefleckite gude der gotheit nich geuassit mac werden in der begerunge. Daz dritte daz di einveldikeit gotliches wesines nicht geteilit inwirdit fon allin den werkin di he ie geworchte oder noch gewirkin mochte. S. 33,21–26 (14) xiiij. Puer Ihesus proficiebat etate et sapientia. Hi lerit br u d ir gi s i lhe r lector von virleige kunst vnd wisheit in christo vnd an wilcher kunst vnd wisheit christus zu neme. Vgl. Ez ist vierleige kunst vnd wisheit: kunst vnd wisheit der seligen, kunst vnd wisheit der engle, kunst vnd wisheit der sele, gotlich kunst vnd wisheit. In disin vierin ist begriffin alle kunst vnd wisheit. Di sint alle gesamenit in vnsime herrin ihesu christo. […] An disir kunst innam he nit zu. S. 35,14–37

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(15) xv. Sedebat ihesus docens in templo. [1vb] Hi lerit m e is t ir e ck a r t waz christus vns lerit mit den vier kunstin. Vgl. Hirumme wan christus ein forstentnisse ist, so lerit he vnse forstentnisse. Christus hatte vierlege kunst vnd wisheit. S. 37,23–25 (16) xvj. Voca operarios et redde illis mercedem suam. In disir predigade lerit me i s ti r e ck ar t wi got di sele ladit zu eme mit deme geschepnusse allir creature vnd von deme lone. Vgl. Bi disime herrin der di werclude ladit in sinen wingartin, ist bezechint vnsir herre, der alle lude zu vme hait geladin zveigirleige wis. Zu dem erstin mit deme geschepnisse allir creature S. 39,9–12; Zu dem drittin male sullin wir prufin daz lon daz he sprichit: ›Lade di wercluˆde vnd gib vn daz lIn‹. S. 41,14 f. (17) xvij. Vobis datum est nosse misterium regni dei. In disir predigade lerit br u d ir h e r ma n der lector von de r lov e ia fu˚nf bekentnisse der sele daz si mit den got nicht bekennen mac wo mide si aber muge got sehin vnd wilche wis da lerit he ouch. Vgl. Virlege crefte sint da mide di sele bekennit. […] Nu habe wir, daz got nicht mac bekant werdin in dirre vierleige wis. S. 43,14–33; Mich inmac niman gesehin in disime lichte. S. 44,23 (18) xviij. Exiit qui seminat seminare semen suum. Hi lerit br u d ir io h a n f ra n k e lector daz funf hindirnisse sin daz wir got in disme lebine nicht mugin erkennen vnd lerit auch daz funf stucke sin di vns da zu furderin daz wir got irkennen. Vgl. Dise dinc hinderin vns daran daz wir got in disime lebine nicht mugin irkennen. Daz erste ist […] Daz andir […] ein andir hindirnisse […] daz vierde hindirnizze […] das funfte […] Nu sint ouch etliche dinc di da zu furderin daz man got irkenne. S. 44,36–45,40 (19) xix. Populi eius qui in te est misereberis. Hi bewisit me i s ti r e ck a r t di sele di in gode sin vnd wi got barm[2ra]herzicliche mit vn wirkit vnd wi sin barmherzikeit ist vber alle sine werc. Vgl. Daz hohiste werc godis daz ist barmherzikeit, vnd meinit daz got setzit di sele in daz lutirste daz si inphahin mac, in di wite vnd in daz mer, in ein grundelois mer (fehlt Strauch): da wirkit got barmherzikeit. S. 48,4–6 (20) xx. Sta in porta domus domini et predica uerbum. Me is t i r e c k a r t bewisit an disin wortin wi di sele geschickit sal sin di got lobin sal vnd bewisit daz mit der schrift vnd mit glichnissen der creature. Vgl. Darumme muz di sele gesaminit sin vnd vf gezogin vnd muiz ein geist sin. […] Allis daz in der sele ist, daz sal sprechin vnd lobin […] Waz got lobit, daz duit glichheit. […] Der got lobin wil, der muiz helic sin vnd gesaminit vnd ein geist sin […] Also hait daz gotliche licht des englis licht vnd der sele licht in sich geslozzin daz ez alliz gerichtit vnd geordinit steit, vnd da so lobit ez alzumale got. S. 49,6. 32 f.; S. 50,6–32 (21) xxj. Vir meus mortuus est. Me is t ir e c k ar t bewisit hi wilich der man si in der sele vnd wilche wiz he sterbe vnd wilich di swene sune sin der widewin von den si clagit man wolle si ir nemen. Vgl. Daz funkelin der fornuftikeit an der sele ist daz hoiste vnd heizit der man […] waz sin di zuene sune der sele? S. 50,37 f.; S. 51,31 (22) xxij. Adolescens, tibi dico surge. Me is t i r e c k a r t bewisit hi bi der vrowin di da waz widewe di selen vnd bi deme sone nimit he vf di fornuftikeit vnd bewisit wi der iungelinc stirbit vnd wi got alle sine macht da zu dut daz der iungelinc widir lebindic werde. Vgl. Bi disir widiwin neme wir di sele; wan der man toit was, darumbe waz (darumbe waz H2; was Strauch, fehlt O) auch der son toit. Bi deme sone neme wir di fornuftikeit. […] vnd he hait so groze lust in disir geburt daz he alle sine macht in vr forzerit. […] Warumme sprach he ›jungelinc‹? Di sele inhait nicht da got inne gesprechin muge, dan fornuftkeit. S. 52,28–30; S. 53,11 f.; S. 53,25 f.

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(23) 23. Accipite et manducate hoc est corpus meum. In disir predigade [2rb] lerit br u d ir e c ka r t r u be der lesemeistir wi di inphahunge vnsis herrin lichamin ist zveigirleige geistilich vnd sacramentilich vnd wi in allin messin dri wondir geschehin di ouch geistliche geschehin in der sele di da wirdecliche godis lichamen inphehit. Vgl. Ez ist zveigerleige inphahunge godis lichamen. Eine ist geistlich, die andere ist sacramentlich vnd geistlich. […] In allin messin geschehin dri wondir […] Dise wondir sullin geistliche geschehin vnd geschehin in der sele, di da wirdicliche inphehit godis lichamen. S. 55,24–56,16 (24) 24. Homo quidam fecit cenam magnam. Me i s ti r e ck ar t bewisit hi wi di inphaunge vnsis herrin lichamin heize ein abint ezzin vnd wilich di knechte sin di zu der abint wirtschaft ladin vnd wilich di lude sint di der spise nummir inbizint. Vgl. Aber zu der abintwirtschaft ledit man groze vnd libe lude vnd gar hemeliche frunt. […] Ein andir sin fon dem abintezzine. […] Der herre sante vz sine knechte. Sente Jeronymus sprichit, dise knechte si der prediger ordin. […] Nu sprichit he: ›Si inbizin nummir minir spise‹. S. 57,4–8; S. 58,26–28; S. 59,18 (25) xxv. Conturbati discipuli existimabant se spiritum videre. Br u d i r g is i l h e r v o n s l at h e im der lesemeistir sezit hi vil rede der meistire wi daz muglich were daz vnsir herre mit beslozzenir ture zu sinen iungeren queme vnd sin licham beseze di selbin stat di ein andir lichame besaz. Vgl. Man lisit in deme ewangelio daz vnsir herre mit beslozzinir ture quam zu sinen iungerin. […] Hi fon zvifiltin si wi daz mochte gesin daz sin lichame beseze di selbin stat di ein andir lichame besaz. S. 59,25–31 (26) xxvj. Maria stunt zu dem grabe vnd weinete. In disir predigade lerit me i s ti r e c k ar t daz maria magdalena vnsin herrin [2va] suchte vnd di sele di in vindin sal di sal seis stucke an ir haben. Vgl. Maria suchte got alleine […] Sal di sele got vindin, so sal si seis stucke an ir habin. S. 61,24–27 (27) xxvij. Cum sero factum esset. Hi lerit m e is t ir e ck ar t wi di sele geschickit sal sin di daz gotliche licht inphahin sal vnd wi got in der sele wirkit di zwelf fruchte. Vgl. vnd alle ire crefte gesaminit sin vnd beslozzin, so luchtit daz licht der ganzin warheit in der sele. […] waz wirkit he? Zvelf fruchte, die den menschin ordenen zu gode vnd zu gudime lebine. S. 61,37–62,15 (28) xxviij. Modicum et non uidebitis me. Me i s ti r e c ka r t sezzit hi vier sinne vffe dit wort wi di sele sich fugin sal di da got sehin sal. Vgl. Man muz groiz sin vnd vf irhabin sin, sal man got sehin. S. 64,5 f. (29) xxix. Nunc quidem tristiciam habetis, iterum autem uidebo vos et gaudebit cor uestrum lesemeistir f ra n ke br u d ir io h a n der bewisit dri dinc warumme sich der mensche billiche betrubit in disme lebine vnd sundirlichin dar vm daz niman weiz wi guit he si ob he in der minne godis oder in deme zorne godis si. Vgl. vil ist der dinge dar umme wir vns betrubin mugin, abir sundirlichin sint ir dri. S. 64,32 f. (30) xxx. Emitte spiritum tuum et creabuntur. Me istir h ane d er calm ellita lerit wi sich des menschin geist richtin sal noch godis geiste vnd noch engelis[2vb]chin geisten vnd noch redelichin menschelichen geisten di den heilegen geist inphaen sal tegeliche. Vgl. Sulle wir nu inphahin den heligen geist, so sulle wir vns haldin in der wise alse sich heldit godis geist. […] Daz andir ist ein geschaffin geist, daz ist der engil. […] Daz dritte daz ist der redeliche geist. dar noch sulle wir vns haldin, sulle wir den heligen geist inphahin. S. 66,2–17 (31) xxxj. Tres sunt qui testimonium dant in celo. Hi bewisit der lesemeistir b r udi r f l ore nc iu s f o n vtre cht waz daz si daz vndirscheit mache vndir den drin personen in gotlicher nature vnd ouch daz der personen wedir minner noch me in der gotheit mac gesin. Vgl. He sprichit daz dri personen sint, wedir minnir noch me. S. 66,30 f.

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Incipiunt themata secunde partis. (32) j. Scimus quoniam diligentibus deum omnia cooperantur in bonum. Hi bewisit lesemeistir e ck a r t r ube daz vndirscheit daz da ist swischin der gnade vnd tugindin beide di da heizin virtutes theologice, daz sint gotliche duginde vnd di da hezin virtutes intellectuales daz sint fornuftliche tuginde vnd virtutes morales daz sint sitliche tuginde vnd da noch fon den gabin dez heligen geistes, da noch fon [3ra] den fruchtin des heiligen geistes vnd der sint zwelfe, vnd da noch fon den acht selickeidin. Dit vndirscheidit he vnd ordint ez alse ein allis volgit deme anderin. Vgl. Waz ist gnade? […] Noch der gnade volgin di tuginde […] Dise tuginde […] sin zweigerleige. Eine gotlich […] Di anderin daz sin mensliche tuginde […] vnd dise sin auch zweigerleige. Di einin gehorin zu der fornuft, daz ist wisheit, fornuft, cunst vnd cluicheit, vnd di in disin sint beslozzin, di heizint fornuftliche tuginde. Di anderen gehorin zu den willin vnd zu den anderen creften; der heubit sint genant gerechtikeit, sterke vnd mezikeit. In den sint file andere beslozzin vnd dit (O, H2; di Strauch) heizin sitliche tuginde […] Noch den tugindin volgin di gabe des heligen geistes […] vndir disen sint zu deme erstin di fruchte des geistes. […] Disir fructe nennit sente Paulus zvelfe […] Hi noch folgin di selikeit vnd der lon der selikeit. Achte selikeit sint beschribin vnd sibin lon. S. 69,20–71,36 (33) ij. Quasi stella matutina in medio nebule etc. Me i s ti r e c k a r t wisit hi sine meistirschaft wi got ist vbir wesin vnd wirkit vbir wesin vnd wi got ist vbir allis daz man gesprechin oder gedenkin mac vnd bewisit daz bit glichnissen alse bi der sele vnd bi dem nu der ewekeit vnd lerit ouch wi di sele sal bi dem ewigin worte sin eyn biwort. Vgl. vnd neme daz andere, daz got etwaz ist daz fon noit vbir wesin sin muiz. […] Got wirkit pobin wesin in der wide […] vnd meinit daz man bi dem worte sal sin ein biwort. S. 73,18–76,22; zu nu der ewekeit vgl. ›Paradisus‹ Pr. 4, Strauch, S. 14,38: daz ist daz nu der ewekeit; ›Paradisus‹ Pr. 14, Strauch, S. 35,28 f.: di kennit he alle mit ein andir in eime bestentlichin gegenwerdigime nv der ewikeit. (34) iij. Considerauit semitas domus sue et panem etc. Hi lerit me i s ti r e c k ar t wi man forsteit bi deme hus di sele vnd bi den stigin di crefte der sele vnd wi sich di dri crefte der sele einin vnd gizin sich in dri gotliche duginde. Vgl. Dit huis meinit genzliche di sele vnd di stige des husis di crefte der sele. […] Der hohisten crefte sint dri. Di erste ist bekentnisse, di andere irascibilis, di dritte ist wille. wan sich di sele zuhit an daz bekentnisse der rechtin warheit, ain di einvaldigin craft da man got ane bekennit […] vnd wan sich daz gotliche licht guzit in di sele, so wirdit di sele mit gode foreinit alse ein licht mit lichte. so heizit ez ein licht des glaubin, vnd daz ist ein gotliche tugint. S. 77,18–78,38 (35) iiij. In omnibus requiem quesiui. Hi lerit b r ud i r i o h an f ra nk e der lesemeistir wi got ruwite an sinen werkin du he si geschuf, alse eyn werc[3rb]meistir tut wan he sine kunst di he in dem herzin hat brengit in daz bilde vnd wi di sele ruwin sal in gode. Vgl. Alse ein meistir sin werc in di materien brengit alse he ez in sime herzin hatte, so ruwit he an deme werke. Also ruwite got noch allin sinen werkin […] In einir anderin wis mac ich sprechin daz di ewige wisheit ruwe habe gesucht in der heligin stait, daz ist in der sele di da steit in der geginwertikeit godis. S. 80,10–32 (36) v. In omnibus requiem quesiui. Hi bewisit me i s t ir e ck ar t daz der schepper allir creature meinte ruwe du he di creature schuf vnd daz di sele ouch an al iren werkin suchit ruwe si wissis oder inwissis nicht vnd allir creature naturliche begerunge meinit ruwe vnd daz bewisin si an iren werkin. Vgl. Vragite man mich, daz ich endeliche berichten solde waz der schepher gemeinit hette du her alle dinc geschuf, ich spreche: ruwe. […] Vragite man mich zu dem dritten mal waz di sele suchte mit al vrin begerungen, ich spreche: ruwe. Vragite man mich zu deme vierdin male waz alle creature suchten an vren naturlichin begerungen, ich spreche: ruwe. S. 81,19–25

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(37) vj. Que est ista que ascendit quasi aurora consurgens. In disir predigate lerit m e is t i r e c ka r t vnd bewisit dri wirdikeit vnsir vrowin daz erste von irre gebort daz andir von irme heilegin lebine vf ertriche daz dritte von der wirdekeit daz si godis mudir ist. Vgl. An disin wortin sulle wir mirkin dri edilkeit oder wirdikeit vnsir vrauwin. Di erste, vre geburt. […] Di andere wirdikeit vres heligin lebines vf ertriche […] Di dritte wirdikeit di si hait, daz si godis mudir ist. S. 83,36–84,2 (38) vij. Diliges dominum deum tuum ex toto corde tuo et ex tota anima tua. Hi lerit br udi r a lbra cht vo n dr if o r te der lesemeistir von drigirleige minne di di sele habin sal zu vnsime herrin ihesu christo. Vgl. Sente Bernhart sprichit daz di vollincumene sele sal habin driualdige minne zu gode ihesu christo. S. 88,1 f. (39) viij. Maiorem hac dilectionem nemo habet ut animam suam ponat. Hi [3va] bewisit br ud i r gi s ilh e r der lesemeistir dri edilkeit der libe for allin creftin. Vgl. Groze der libe ligit […] an grozirme adile. Groze der minne ligit an drin dingin. S. 88,31–33 (40) ix. Non est deus preter te deus israel. Hi bewisit b r udi r he r m a n der lesimeistir vo n l of e ia daz fornuft dri edilkeit hait an ir vor allin creftin. Vgl. Diz allir hohiste werc ist bekentnisse vnd hait dri edilkeit an vme fon allin werkin. Ein ist daz ez daz erste ist […] Di andere edilkeit ist daz alle werc werdin geworcht in disime werke. Daz der phil daz zil triffit, daz inist fon siner craft nicht, sunder fon der craft der fornuft di vn tribit […] di dritte edilkeit. S. 89,30–90,2 (41) x. Hec est uita eterna ut cognoscant te solum uerum deum et quem misisti ihesum Christum. In disir predigade dispitirit br u d ir gi s il h e r v on s lat he i m, der lesimeistir was zu kolne vnd zu erforte, widir di barfuzin vnd bewisit daz diz werc der fornuft edilir ist dan diz werc dez willin in deme ewigin lebine, vnd brichit di bant der barfuzin id est argumenta meistirliche. Vgl. Di meistire krigin vndir ein andir wedir ewige selikeit me lige an deme werke der fornuft oder an dem werke des willin. S. 90,28–30 (42) xj. Non sunt condigne passiones huius temporis etc. Hi bewisit me i s ti r e ck a r t daz zweigirleige lidin ist. Mit dem einen lidene hi in der zit fordinit man lon. Mit dem anderin lidine in dem himmilriche nimit man daz lon in. Daz ist mit der lidinden fornuft. Vgl. Dit ist fon lidunge dirre werlinde: Ez ist lidunge einir andirn werlint. Vnse lebin ist geteilit in zwei: daz eine ist lidin, daz andere ist wirken (wirken H2, Strauch; werdin O). Wirkin ist da mide wir alle vnse lon fordinen; lidin ist ein innemen des lonis. S. 93,20–25; vgl. auch ›Paradisus‹ Pr. 41, Strauch, S. 90,33–35: wille gibit sich vz vnd fornuft nimit in vnd inphehit vnd beheldit. Aristoteles sprichit: ›fornuft ist ein inneminde craft‹; S. 92,33: Aber fornuft in deme ewigin lebine nimit daz lon in. (43) xij. Qui videt me videt et pa[3vb]trem meum. Hi lerit br udi r h e lw i c f on ge r m a r, der lesemestir waz zu erforte, wi der lidindin fornuft oder der mugilichin fornuft daz allis eyn ist, wi ez ir mugilich si daz si daz gotliche licht in ir lidit da fon di sele selic ist in himmilriche vnd wi man kume fon bekentnisse des sonis zu bekentnisse des vadir. Vgl. Bekentnisse vnd sehin hait groiz vnderscheit. Hi bekennit man, aber in deme himmilriche sal man sehin. […] Ez sint zwo bekentliche crafte noch deme vbersten der sele. Eine di wirkinde fornuft, di andere ein lidinde oder ein muglich fornuft. Di wirkinde fornuft inmac got nicht irkennen weder fon nature noch fon gnadin […] Aber di lidinde fornuft inmac got nicht bekennen fon nature, mer si formac ez fon gnadin […] Da fon dan daz dise craft got in sich inphahin mac vnd sin werc lidit […] also hait di sele eine muglichkeit daz si got in vr lidit […] Man sal mirkin wi man fon bekentnisse des sonis cumit zu deme bekentnisse des vader. S. 95,18–96,10

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(44) xiij. Estote parati quia nescitis quando dominus veniet. Hi lerit br u d ir e ck a r t r u be lector wilche wis di sele sich bereidin sal, daz ist itzunt oder zuhant vnd bewisit warumme man ez nicht vfzihin sal vnd wi di zwo crefte der sele, fornuft vnd wille got nemin sollin. Vgl. Hirumme sal sich der mensche itzunt bereidin vnd sal alle wege bereide sin […] Dise siden der sele sullin alle wege vf irhabin sin: Di bekentliche craft got neminde vber alle materien vnd bildungen vnd der wille got begrifinde sunder maze. S. 98,33–99,37 (45) xiiij. Renouamini spiritu mentis vestre. Hi bewisit br u d ir e ck ar t r u be lector wan di sele ist geschaffin zu dem bilde godis vnd in ist diz bilde an ir nicht wi ez geschehe daz diz bilde vollinkumin an ir werde wedir in dem wesine der sele oder in den creftin [4ra] der sele oder in den werkin der crefte. Vgl. Waz man sprichit fon der sele, alse si ist ein bilde godis […] Hirumme invinde ich daz bilde der drivaldikeit nirgin alse eginliche alse in mime gemude, da di crefte flizin fon dem wesine der sele. S. 100,19; S. 102,2 f. (46) xv. Beatus homo quoniam inuenit sapientiam. Me i s ti r e c ka r t d e r a l d e sagit hi von zwegirleige wisheit vnd von zweigirleige selekeit di von in kumit, dat ist von gotlicher wisheit vnd von forgenclicher vnd wertlicher wisheit. Vgl. Ez ist zweigirhande wisheit. Also ist auch zweigirhande selikeit di fon der wisheit cumit. Ein wisheit ist forgenclich. S. 104,3–5 (47) xvj. Elizabet pariet tibi filium et uocabis nomen eius ioannem. In disir predigade bewisit m e i s t ir e c k ar t wilche wis der engil sich offinbarit den menschen vnd der sele vnd wi di sele sin sal in der gnade wirkin sal. Vgl. Zwegirhande wis offinbarit sich der engil […] Bi drin dingin muge wir mirkin ob di gnade in der sele si. S. 106,21 f.–107,15 (48) xvij. Quis putas puer iste erit? Hi bewisit me i s ti r e ck a r t wi got di helege driualdekeit gewirkit habe an disime kinde vnd wi he mit der sele wirke biz daz he si brengit in ewikeit. Vgl. Darumme mac man an disin wortin mirkin di helige driualdikeit. […] darumme nimit man den heiligen geist vf bi der hant di daz werc geworcht hait an disime kinde. Daz erste daz wir mirkin mugin, daz ist den menschin an dem got wirkin sal sin werc, da he sprichit: ›Ein kint‹. S. 108,9–23 (49) xviij. Sancti per fidem vicerunt regna. Hi lerit me i s ti r e ck a r t daz man obirwindin sal virleige riche, daz man vnsis herrin ihesu christi riche obirwindin sal mit craft der minne. Vgl. Vier kunicriche habin di heligin vbirwondin vnd di sulle wir auch vberwindin. […] Daz virde riche ist vnsis herrin ihesu christi, daz sulle wir vbirwindin mit craft der minne. S. 110,24–30 (50) xix. Qui manet in me et ego in eo hic feret fructum multum. Hi bewisit me i s ti r [4rb] e c k a r t wilche wis di sele frucht brenge di da wonit in gode vnd in der got wonit. Vgl. Christus sprichit: ›wer da blibit in mir vnd ich in vme, der brengit groze frucht‹. […] Nu sulle wir prufin wilich di lude sin di alsus wonint in gode. […] Sente Bernhart wil daz ez file grozir si daz got in vns si, dan daz wir in gode sin. […] Ein gewis zeichin ist daz daz got in der sele alsus wone daz di sele geruwic si. S. 111,24–112,23 (51) xx. Dimissa turba ascendit ihesus in montem. Me i s ti r e c k a r t lerit hi daz di sele vfstigin sal pobin ir nature di godis lere inphahin wil vnd di hohe gotlicher nature schauwin wil vnd der godelichin suzzikeit smeckin wil. Vgl. Wer godis lere inphahin wil, der muiz vf gein vnd vbergein alle creature vnd vr forzihin. Wer godis lere inphahin wil, der muiz sich samenen vnd inslizin in sich selbir […] Di sele di hait crefte […] di sal he vbergein […] Daz andere, daz he geit vf den berc, vnd (O, H2; daz Strauch) meinit

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daz got da wisit di hohe vnd di suzikeit siner nature. S. 113,25–34. Das Verbum uˆfstıˆgen ist in den deutschen Schriften Eckharts nicht belegt. (52) xxj. Predica verbum. Hi lerit b r ud i r h e l w ic vo n g e r ma r lector wilche wis di sele daz ewige wort vz ir spreche vnd gebere. Vgl. Eia edile sele, haist du daz wort in dir, sprichis herfure! Wanne wirt dit wort forbracht? […] also sal di sele di daz ewige wort inphahin sal, – di sal vzgetribin habin alle we […] vnd daz si gebere. S. 116,3–10 (53) xxij. Querite primum regnum dei. Br u d i r a lb ra ch t vo n dr if o r te lesemeistir lerit hi waz zu deme suchene godis richis gehorit vnd waz in allir meist da zu furderit. Vgl. Zu deme suchine gehorint dru dinc […] Wan ein iclich mirke in vme selbin waz vn hi zu allir meist furdere oder helfe. S. 116,13–117,33. (54) xxiij. Omnes querebant eum tangere, quia uirtus de illo exibat. Hi lerit m e is t ir ha ne de r c arm ellita wilche wis di sele gesu˚nt werde di got rurit wan etliche richint got etliche. Vgl. Hirumme waz ez not, alle di gesunt woldin werdin, di muisten vn rurin in etlicher maze. […] Ez sint einirleige lude di richint got. […] So sint ander lude di horint got. S. 118,21–30 (55) xxiiij. Nisi granum frumenti cadens in terram mortuum fuerit. In disir predigade lerit m e i s t ir [4va] e c k a r t wi di sele ir selbir intwerdin sal vnd allin creaturen ob si inphenclich sal werdin gotliches wesines vnd gotliches lebines. Vgl. Also muiz di sele sterbin, sal si inphenclich werdin einis anderin wesines. S. 120,9 f.; zu intwerden vgl. RdU, DW V, S. 281,8 f.: Und ie wir meˆr des unsern entwerden, ie meˆr wir in disem gewærlıˆcher werden; S. 283,2–4: Man sol sich selber und mit allem dem sıˆnen in einem luˆtern entwerdenne willen und begerennes legen in den guoten und liebesten willen gotes. Entwerden verwendet Eckhart nur in den ›Reden der Unterweisung‹. (56) xxv. Illumina oculos meos. Hi lerit s e n te d y on is i us daz di sele muz habin drigirleige licht di da kumin sal zu dem luterin bekentnisse godis. Vgl. Ez ist drigirleige licht daz di sele habin sal di da cumen sal in ein lutir bekentnisse godis. S. 121,20 f. (57) xxvj. Puella surge. Hi vf dit wort lerit m e is t ir e ck a r t di sele vf stein vnd sich richtin in got mit iren creftin durch viere edilkeit di si vindit in gode. Vgl. Mit deme einigin worte lorte got di sele daz si sal vfstein fon allin liplichin dingin […] Durch vier dinc sal di sele wonen pobin ir selbir. […] Daz dritte, daz di sele vf sal stein durch di samintheit di si in gode vindit. S. 122,29–123,16 (58) xxvij. Puella surge. Vf dit wort lerit m e is t ir e ck a r t wi got mit sinir geistlichkeit wirkit in sich der sele geistlichkeit vnd bewisit daz mit glichnissen vnd lerit waz da zu forderit vnd ouch hinderit. Vgl. Sal gotliche vollincumenheit wirkin in der sele, so muiz di sele ein geist sin, alse got ein geist ist. […] Dru hindirnisse sint daz di sele nicht foreinit sich mit gode. S. 124,23–36 (59) xxviij. Homo quidam erat diues et induebatur. Hi bewisit m e is ti r e c ka r t daz alliz daz got wirkit daz he daz wirkit in virnuftikeit vnd wi he blibit vngenant fon allin sinen creaturen vnd wi sin rich[4vb]heit ligit an funf stuckin vnd wi alle creature sich mit gode forenint vnd daz di sele blibit ewecliche in den willen da si inne stirbit. Vgl. Hirumme blibit he vnforstandin […] also alse got in vme selbir ist, also inmochte he sich keinir creature gegebin zu forsteine, daz ist, di creature formochte ez nicht begrifin. […] Di richheit godis ligit an funf dingin […] wi sich got foreinit mit den dingin. […] Albertus sprichit: ›In deme willin da der mensche ane stirbit, da sal he ewicliche ane blibin‹. S. 126,1–35

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(60) xxix. Domine rex omnipotens in dicione tua cuncta sunt posita. Hi sagit m e is t i r e c ka r t fon gotlicher herschaft vnd war ane di lige vnd wi daz vbirste gut ist geordinit zu der sele vnd wi di sele sinen influiz inphehit vnd wi di sele mit ime minnit vnd kennit. Vgl. Gewalt vnd herschaft lit an zwein dingin. […] wan daz vbirste guit ist also geordinit zu der sele daz si ez nicht inphehit sundir daz mittil […] so forsteit si mit ime, so minnit si mit ime, so bekennit si mit ime. S. 127,6–128,19 (61) xxx. Vidi ciuitatem sanctam ierusalem nouam descendentem de celo etc. Hi bewisit me i s ti r e c k a r t wi di sele glichit sich ierusalem vnd wo fon si helic wirdit vnd wi daz gotliche licht fu˚nfleige ludin irschinit. Vgl. Dise stat bezeichint ein icliche sele. […] darumme ist si genant ierusalem. […] Daz andere, daz he sprichit daz di stat helic si. […] He sprichit auch: ›daz gotliche licht irschinit funfleige ludin‹. S. 128,26–130,27 (62) xxxj. Ecce nova facio omnia. Hi an disime sermon lerit e i n ba r f u zz i n le s e me i s ti r wi sich di sele haldin sal di ein glich nochvolgin wil habin der di in deme ewigin lebene sin. Abir di brudere vnd lesemeistire in predigire ordine inhaldin nicht einis wortis daz her sezzit [5r] vnd sprichit daz daz allir hohiste werc vnd diz groiste der seligin in himmilriche daz si minne. Ez ist bekentnisse sprechin di predigire vnd habin wor wan Christus sprichit: Hec est uita eterna ut cognoscant te solum verum deum et quem misisti ihesum Christum. Vgl. Der nu eine foreinunge wil habin mit den in dem ewigin lebine, der muz hi ein glich nochvolgin habin des lebines. S. 131,26–28 (63) xxxij. Estote misericordes sicut pater vester celestis misericors. Hi an disin wortin lerit br u di r f lore n ciu s der lesemeistir wi got fon siner gotlichen barmeherzekeit gibit vns dri gabe, di da sin vbir alliz daz got gegebin mac. Daz ist di gabe der gnade vnd di gabe sines lichamin vnd die gabe der ewegin selikeit. Vgl. Andir gabe der ist vil di vns got fon sinir barmherzikeit gibit, di geistlich sint. So gibit he vns sundirlichin dri gabe. Di erste ist di gabe der gnade. Di andere der licham vnsis herrin. Di dritte ist ewige selikeit. S. 134,14–16 (64) xxxiij. Consolaciones tue letificauerunt animam meam. Hi lerit br u d i r e ck a r t r u be , wi innekeit vnd andacht vnd gnade vnd gotlich troist vndirscheit habin. Vgl. Innekeit vnd andacht vnd gnade vnd gotlich troist di habin groiz vndirscheit. S. 139,1 f.

Varianten: 1,1 bewisit H2 / wisit O 1,1 der (1) O, H2 / den Strauch 1,2 nuiz (iz u¨ber u) O; nu˚tz H2 1,2 vnsis O / vnsers H2 1,2 lichtliche O / lichtecliche H2 2,2 vttrech H2 4,1 gabriel fehlt H2 5,1 franke H2 6,2 geburt O, H2 / gebet Strauch 7,1 reddit H2 / etc. O 7,1 franke H2 7,1 diz O / daz H2 9,2 ordine wi H2 / ordine vz wi O 10,1 An H2 / Hi an O 13,3 geteilit H2 / ingeteilit O, Strauch 16,1 In disir predigade O / Hye H2 17,2 mac O / in mag H2 17,3 muge got sehin O / got sehen moge H2 18,1 se. H2 / seminat Strauch, fehlt O 20,1 xx H2, fehlt O, Strauch 21,2 swene O / zwene H2 22,1 da Strauch / daz O, H2 23,1 23 H2 / xxij O, Strauch 23,1 In O / An H2 23,4 lichamen O / lychame H2 24,1 24 H2 / xxiij O, Strauch 24,1 vnsis O / vnsers H2 24,3 inbizint O / enphisint H2 25,1 xxv H2 / xxiiij O, Strauch 26,2 nach haben: di vn vindin sal O, H2, fehlt Strauch 27,2 inphahin O, Strauch / in sich enphahen H2 27,2 zwolf H2, Strauch / zwel O 28,1 hi O, fehlt H2 29,3 sundirlichen O / suenderliche H2 29,3 dar vm O, dar vmme H2 / dar vur Strauch 29,4 zorne H2 / zorni O 30,1 xxx H2 / xxix O, Strauch 32,2 daz (2) H2, Strauch / da O 32,2 gnade / gnaden H2 32,5 acht O / echten H2 33,2 gesprechin O / gesprochen hat H2 33,3 bit O / mit H2 33,4 bi dem O / bi den H2 34,1 f. forsteit bi deme hus O / by dem hu˚s versteit H2 34,2 sele (2) O / selen H2 34,3 gotliche

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O / gotlichin H2 36,2 al O / allen H2 36,2 f. oder inwissis nicht O / ober wiszis nit H2 36,3 an iren O / an allen iren H2 38,2 albracht O / Elbrat H2 41,2 dispitirit O / dispitet H2 41,3 dez O / deis H2 42,1 Hi bewisit O, fehlt H2 42,3 lidinden Strauch / lydendin H2, lidinen O 43,2 lidindin Strauch / lydendin H2, lidinin O 45,1 vestre H2, / nostre O, Strauch 45,2 ist (1) O / hat H2 45,3 vollinkumin an ir O / an ir vollenkomen H2 46,1 sagit H2, Strauch / sahit O 46,3 von O, fehlt H2 48,2 der Strauch, fehlt O, H2 50,2 brenge O / brengit H2 54,2 nach etliche fehlt vermutlich horint got O, H2, Strauch 55,2 intwerdin O / nit werden H2 55,3 gotliches (2) O / gotliche H2 56,1 Illumina oculos meos. Hi lerit sente dyonisius O / Hie lerit sanctus Dyonisius. Illumina oculos meos H2 58,2 da zu O / zu H2 59,3 rich[4vb]heit O 61,1 decelo O, fehlt H2 62,3 inhaldin O / in haben H2.

Die Predigtu¨berschriften erscheinen zun2chst nicht besonders auff2llig. Sie geben neben dem Bibelvers das Thema der Predigt an. In der Regel sind es sogar wo¨rtliche Zitate aus der Predigt. Es gibt eine einzige Predigt, zu der der Tituli-Autor eine deutende Erkl2rung hinzufu¨gt. Es ist die Eckhart-Predigt ›Non sunt condigne passiones huius temporis‹ (Strauch Pr. 42; DW IV,1: Predigt Steer 94): hi bewisit meistir Eckart daz zweigirleige lidin ist. mit dem einin lidene hi in der zit fordinit man lon. mit dem anderin lidine in dem himmilriche nimit man daz lon in, daz ist mit der lidinden fornuft (Strauch, S. 5,6–9). Die Unterscheidung von zweierlei Leiden entnimmt der Tituli-Autor dem Predigttext Eckharts: Dit ist fon lidunge dirre werlinde: ez ist lidunge einir andirn werlint (Strauch, S. 93,20). Auch der zweite Satz entstammt Eckharts Predigttext, doch mit einem Unterschied. Statt mit dem einin lidene heißt es bei Eckhart: mit wirkin: wirkin ist da mide wir alle unse lon fordinen; lidin ist ein innemen des lonis (Strauch, S. 93,21 f.). Ist dies nicht eine eklatante Umdeutung von Eckharts Predigttext? W2hrend Eckhart ausfu¨hrt, all unseren Lohn wu¨rden wir mit Wirken verdienen, h2lt der Tituli-Autor dafu¨r: mit lidene in der zit fordinit man lon und glaubt dabei auch noch Eckharts Predigtausfu¨hrungen korrekt wiederzugeben. Und er hat nicht Unrecht, denn Eckhart erkl2rt im Fortgang der Predigt, wie es mit unserem Wirken in der Zeit bestellt ist: unse irarnen [»verdienen«] lit an wirkine, und daz ist cleine und enge [»aber das ist winzig«], und darumme inhait he unse lon nicht geleit in wirkin, mer in lidin (Strauch, S. 93,24 f.). Die Diskrepanz zwischen ihm und ¨ berraschend aber ist, daß Eckhart ist also nur eine scheinbare, nicht eine tats2chliche. U er hinzufu¨gt: den Lohn im Himmel nehme man ein mit dem anderin lidine, d. h. mit der lidinden fornuft. Diese Apposition hat in der Predigt Eckharts keine Grundlage. Es ist nicht schwer zu erkennen, daß sie aus dem Titulus der nachfolgenden Predigt des Helwic von Germar (Strauch Pr. 43) entnommen wurde. Dieser lautet: hi lerit brudir Helwic fon Germar, der lesemester waz zu Erforte, wi der lidindin fornuft oder der mugilichin fornuft, daz allis eyn ist, wi ez ir mugilich si daz si daz gotliche licht in ir lidit, da fon di sele selic ist in himmilriche (Strauch, S. 5,10–13). Der Tituli-Autor harmonisiert ganz offensichtlich die Predigten Eckharts und Helwics; nicht nur das, auch die beiden vorausgehenden Predigten des Hermann von Loveia daz fornuft dri edilkeit hait und des Giselher von Slatheim daz diz werc der fornuft edilir ist dan diz werc dez willen erscheinen in sein Konzept einbezogen. Er stellt die vier Predigten Strauch 40–43 zu

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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einem Zyklus zusammen mit dem Thema: ›Von der Vernunft‹. Bis in geradezu gleichlautende Aussagen sind sie aufeinander abgestimmt: 1. Hermann von Loveia (Strauch Pr. 40): diz allir hohiste werc ist bekentnisse und hait dri edilkeit an ume (Strauch, S. 89,30 f.). Der Titulus-Autor ersetzt Hermanns bekentnisse durch vernunft: daz fornuft dri edilkeit hait. 2. Giselher von Slatheim (Strauch Pr. 41): wille gibit sich uz und fornuft nimit in … (Strauch, S. 90,33 f.). Aristoteles sprichit: ›fornuft ist ein inneminde craft‹ (Strauch, S. 90,34 f.). ich bekenne des wol daz minne nutzir ist in disime lebine, wan si fordinit daz lon. aber fornuft in deme ewigin lebine nimit daz lon in (Strauch, S. 92,32 f.). 3. Meister Eckhart (Strauch Pr. 42): wirkin ist da mide wir alle unse lon fordinen; lidin ist ein innemen des lonis (Strauch, S. 93,21f.). unse irarnen lit an wirkine, und daz ist cleine und enge, und darumme inhait he unse lon nicht geleit in wirkin, mer in lidin (Strauch, S. 93,24 f.). 4. Helwic von Germar (Strauch Pr. 43): ›visio est tota merces. daz angesichte Godis daz ist der sele lon zu male‹. bekentnisse und sehin hait groiz underscheit. hi bekennit man, aber in deme himmilriche sal man sehin (Strauch, S. 95,17–19). ez sint zwo bekentliche crefte noch deme ubersten der sele. eine di wirkinde fornuft, di andere ein lidinde oder ein muglich fornuft (Strauch, S. 95,27–29). aber di lidinde fornuft inmac Got nicht bekennen fon nature, mer si formac es fon gnadin (Strauch, S. 95,36 f.). also hait di sele eine muglichkeit daz si Got in ur lidit, der si vollinbrengit und also uz ir selbin irhebit, daz si un bekennen mac (Strauch, S. 96,6 f.). Es braucht nicht mehr zu u¨berraschen, daß der ›Paradisus‹-Kompilator im Angesicht der ihm vorliegenden vier Vernunft-Predigten zu Eckharts Predigt ›Non sunt condigne passiones huius temporis‹ dem Satz mit dem anderin lidine in dem himmilriche nimit man daz lon in erl2uternd und deutend hinzufu¨gt: daz ist mit der lidindin fornuft (Strauch, S. 5,9). Eckhart wird nun nicht, wie man meinen mo¨chte, interpretatorische Gewalt angetan. Seine deutsche Predigt hat eine lateinische Vorg2nger-Predigt in Sermo XI,2.87 In ihr fu¨hrt Eckhart in aller Klarheit aus, »daß wir durch Leiden kein Verdienst erwerben«88 und »daß das Verdienst sich auf die Tat« bezieht, »der Lohn aber auf das Leiden, insofern Leiden ein Empfangen ist«.89 Eckhart fordert dann die Predigtbru¨der auf, in ihren Predigten das folgende vorzutragen: »Demgem2ß sage: hieraus

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Sermo XI,2, LW IV, S. 109–115. Sermo XI,2 n. 116, LW IV, S. 109,9: Nota primo, quod passionibus non meremur. Sermo XI,2 n. 117, LW IV, S. 109,14–110,1: Nota secundo, quod meritum respicit actum, praemium vero e contrario passionem, prout pati est recipere.

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wird deutlich, daß die Seligkeit wesentlich und urspru¨nglich im Intellekt ist, dessen Wesen Leiden und Empfangen ist, nicht im Willen, dessen Wesen Handeln ist, denn hier – n2mlich im Willen – gibt es Verdienst im eigentlichen Sinne. Zweitens fu¨hre aus, daß einige (Lehrer) beweisen, die Seligkeit bestehe nicht im Leiden, sondern im Tun, deshalb, weil die Seele im beseligenden Akt am meisten Gott 2hnlich wird.«90 Der Titulus-Autor ist nicht sehr weit von Eckhart entfernt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er Eckharts lateinischen Sermo XI,2 gekannt hat. 3. Er hat nicht nur die 31 im ›Paradisus‹ versammelten Eckhartpredigten gekannt, er kannte wohl auch noch andere deutsche Predigten Eckharts und von seinem lateinischen Werk sehr wahrscheinlich den ›Liber parabolarum Genesis‹. Dies ist aus dem Titel zu erschließen, den er der ganzen Predigtsammlung gegeben hat: Dit buchelin heizit ein paradis der fornuftigin sele. Der Ausdruck vernu¨nftige seˆle findet sich in der ›Paradisus‹-Sammlung nur ein einziges Mal, in der Eckhart-Predigt ›Quae est ista‹ (›Paradisus‹ Pr. 37; Predigt Steer 93, DW IV,1, S. 124–137): Daz meinet eine ieglıˆche vernu¨nftige seˆle, diu von rehter waˆrheit keine ruowe vindet an den creˆatuˆren.91 In anderen Predigten ist er noch dreimal zu belegen. Die programmatische Weite, die der Titel der ›Paradisus‹-Predigtsammlung aufreißt, ist aus den deutschen Predigten Eckharts nicht herauszusehen, wohl aber aus dem ›Liber parabolarum Genesis‹ bei der Auslegung von Gn 2,9: Lignum etiam vitae in medio paradisi lignumque scientiae boni et mali (»[Gott ließ aus dem Erdboden aufsprießen] den Baum des Lebens mitten im Paradies und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bo¨sen«).92 Jeder gelehrte Dominikanerbruder, auch der ›Paradisus‹-Autor, wußte, daß man in den ›Etymologien‹ Isidors eine erste und verbindliche Erkl2rung des Wortes paradisus finden konnte.93 Im 14. Buch las er: Paradisus est locus in orientis partibus constitutus, cuius vocabulum ex Graeco in Latinum vertitur hortus: porro Hebraice Eden dicitur, quod in nostra lingua deliciae interpretatur. Quod utrumque iunctum facit hortum deliciarum; est enim omni genere ligni et pomiferarum arborum consitus, habens etiam et lignum vitae. Eckhart bezieht sich im ›Liber parabolarum Genesis‹ auf Isidor: Paradisus enim ›hortus deliciarum‹ est.94 Wichtig an der Exegese Eckharts von Gn 2,9 ist, daß er 1. das lignum vitae den intellectualia zuordnet und das lignum scientiae boni et mali den sensibilia,95 2. daß er sie mit der 90

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Sermo XI,2 n. 117, LW IV S. 110,2–6: Iuxta quod dic quod hinc patet beatitudinem esse substantialiter et originaliter in intellectu, cuius est pati et recipere, non in voluntate, cuius est agere. Sed ibi cadit meritum proprie, scilicet in voluntate. Secundo dic quomodo aliqui probant beatitudinem non esse in pati, sed in agere, eo quod in actu beatifico maxime anima assimilatur deo. Steer Pr. 93, DW IV,1, S. 128,39 f. Der Bezug zwischen dem ›Paradisus‹-Titel und dem ›Liber parabolarum Genesis‹ ist als erstem Wolfgang Klimanek im Zuge der Kommentierungsarbeit der Predigt 93 aufgefallen. Die anschließenden gemeinsamen Sondierungen haben Klimaneks Entdeckung als u¨berzeugend erwiesen. Isidori Hispalensis Episcopi Etymologiarum sive Originum libri XX, hg. von Wallace M. Lindsay, 2 Bde., Oxford 1911, Bd. 2, l. XIV c. 3. n. 2. In Gen. II n. 154, LW I, S. 624,13–625,2: Et hoc est quod hic dicitur homo ›ad imaginem dei‹ constitutus positus in paradiso voluptatis. Paradisus enim ›hortus deliciarum‹ est. In Gen. I n. 203, LW I, S. 351,14–16: ›ex omni ligno paradisi comede‹, quantum ad intellectualia; ›de ligno autem scientiae boni et mali ne comedas‹, quantum ad sensibilia, in quibus est bonum et malum.

Die dominikanische Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹

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Frage nach dem Vorrang von Verstand und Wille verbindet und 3. daß er eine Antwort auf die Frage gibt, worin die Seligkeit bestehe. In der Tabula zum ›Liber parabolarum Genesis‹ sind die Fragen angeku¨ndigt: »Dort findet man fu¨nf kurze und gute Beweisgru¨nde dafu¨r, daß der Verstand vor dem Willen den Vorrang hat und einen sechsten, der beweist, daß die Seligkeit in der intellektuellen Schau besteht«.96 Wer geleitet von der Anku¨ndigung der Tabula die Auslegung zu Gn 2,9 aufschlug und studierte – und man darf annehmen, daß dies der ›Paradisus‹-Autor getan hat –, der konnte mu¨helos alle drei Elemente in ihr entdecken, die in dem Titel ›Paradisus anime intelligentis‹ stecken, und zwar in der Zusammenfassung von Eckharts Exegese: »Aus dem Gesagten erhellt erstens, weshalb es heißt: ›der Baum des Lebens‹ und ›der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bo¨sen‹ wurden ›mitten im Paradies‹ hervorgebracht, denn im geistigen Bereich (der Seele) gibt es zweierlei, Verstand und Wille. Zweitens erhellt auch, warum er den ›Baum des Lebens‹ zuerst nennt. Er ist das Sinnbild des Verstandes, der die Wurzel des Lebens der vernu¨nftigen Seele ist.«97 Eckhart schließt die Auslegung von Gn 2,9 (Lignum etiam vitae in medio paradisi lignumque scientiae boni et mali) mit der conclusio ab: »Hieraus erhellt auch, daß die Seligkeit, die ja das ewige Leben ist, in der geistigen Schau oder der Erkenntnis Gottes seinem Wesen nach besteht, nach dem Wort: ›das ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, erkennen‹«.98 Nicht von ungef2hr hat Giselher von Slatheim das Bibelwort Io 17,3 zum Textwort seiner bendelin-Predigt (Strauch 41) gew2hlt. Nach dem Namen des ›Paradisus‹-Kompilators zu fragen, scheint nicht angemessen zu sein. Er wollte anonym bleiben. Sicher ist er ein Dominikanerbruder gewesen, der ganz aus dem Zentrum Eckharts denkt. Die große Zahl von Predigten, die er in seine Sammlung aufnimmt, ausgew2hlt nach thematischem Gesichtspunkt,99 nicht nach einem memorialen, ist ein weiterer Beweis dafu¨r, und schließlich auch sein Verhalten dem Wortlaut der Predigten Eckharts gegenu¨ber, den er nicht anzutasten wagt; nur im Tituli-Text formuliert er freier.

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In Gen. II n. 7, LW I, S. 466,11–13: Ibi invenies quinque rationes breves et bonas probantes quod intellectus est praestantior quam voluntas et sextam probantem quod beatitudo consistit in intellectu. In Gen. II n. 82, LW I, S. 543,9–13: Ex praemissis patet primo, propter quod lignum vitae et lignum scientiae boni et mali dicuntur producta in medio paradisi, id est Æinæ regione intellectuali duo quaedam, intellectus et voluntas. Patet etiam secundo, quare praemittit lignum vitae, quod intellectum figurat, qui est ›radix‹ vitae animae rationalis. Es ist zu vermuten, daß der urspru¨ngliche lateinische Titel ›paradisus animae rationalis‹ hieß, der ins Deutsche mit ›Paradies der vernu¨nftigen Seele‹ u¨bersetzt und dann ins Lateinische mit ›paradisus anime intelligentis‹ ru¨cku¨bersetzt wurde. In Gen. II n. 83, LW I, S. 545,4–6: Hinc etiam patet quod beatitudo, cum sit vita aeterna, proprie consistit in intellectu sive in cognitione dei per essentiam, secundum illud Ioh. 17 [Io 17,3]: ›haec est vita aeterna, ut cognoscant te solum verum deum‹. Niklaus Largier hat im Nachwort der zweiten Auflage der ›Paradisus anime intelligentis‹-Ausgabe [Anm. 18] u¨berzeugend nachgewiesen, daß die Sammlung als ganze thematisch strukturiert ist: »Der Redaktor des ›Paradisus‹ hat, wie sich bei genauer Lektu¨re erweist, eine Auswahl von Predigten getroffen und diese inhaltlich sehr eng zusammenzufu¨hren gesucht. Dabei hat er thematische Gruppen geschaffen und die Predigten anhand gewisser Motivverbindungen aneinander gereiht, die die ganze Sammlung als koh2renten theologischen Entwurf lesbar machen« (S. 174).

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Es sind fu¨nf Beobachtungen, die vermuten lassen, daß er ganz in der N2he Helwics von Germar steht, wenn er nicht selbst Helwic von Germar ist. Seine Stellung innerhalb des ›Paradisus anime intelligentis‹ ist einzigartig. Fu¨r Kurt Ruh ist er »nach Eckhart der bedeutendste Kopf der ›Paradisus‹-Autoren«.100 Bernard McGinn z2hlt die Predigten 43 und 52 »zu den theologisch vollendetsten der Sammlung«.101 Von Helwic heißt es zudem in der Predigt ›Paradisus‹ 43: Hi lerit brudir helwic fon germar, ¨ ber Helwic von Germar als Kompilator der ›Paradider lesemestir waz zu erforte. U sus‹-Sammlung ließe sich ihre Anbindung an den Namen ›Erfurt‹ als der langj2hrigen Wirkungsst2tte Eckharts gut verstehen. 1. Die Predigtu¨berschriften der beiden Predigten Helwics (Strauch 43 und 52) unterscheiden sich von allen anderen dadurch, daß sie keine zitathaften Themenangaben sind, sondern frei formulierte Kurzfassungen des Inhalts der ganzen Predigt. 2. In der Vorstellung der lıˆdenden vernunft stimmen Helwic von Germar und der Verfasser der Predigt-Tituli u¨berein. 3. Helwics scharfe Unterscheidung zwischen Erkenntnis und Schauen (hi bekennit man, aber in deme himmilriche sal man sehin, Strauch, S. 95,18 f.) zeigt einen Reflex in den Tituli zu zwei Predigten Eckharts, in Strauch 28 (Modicum et non videbitis me. meister Eckhart sezzit hi vier sinne uffe dit wort, wi di sele sich fugin sal di da Got sehin sal Strauch, S. 3,22 f.) und Strauch 51 (di sele … di … die hohe gotlicher nature schauwin wil Strauch, S. 6,2 f.). Helwic betont, daß di wirkinde fornuft inmac Got nicht irkennen weder fon nature noch fon gnadin (Strauch, S. 95,29 f.); er »widerspricht« darin Dietrich von Freiberg.102 4. Das Geburtsmotiv ist bei den Dominikanern allenthalben weit verbreitet, doch Helwic »entwickelt […] es« in der Predigt 52 »auf seine ganz eigene Art«:103 di sele hait eine craft di sundir materien und sundir zit und stat wirkit. Alse di sele in der hohistin craft steit alleine, so sprichit der vadir ein wort in di craft und gebirt sinen son in di craft und inphehit sich selbin in sich selber in dise craft. also wirt daz ewige wort inphangin in der sele (Strauch, S. 115,29–33). Der Titulus-Text klingt hier an Helwics spezielle Lehre von der Geburt des ewigen Wortes in der Seele an. 5. Anders als die anderen ›Paradisus‹-Predigten »schließt Helwic seine Predigt nicht mit einer didaktischen, sondern einer appellativen Wendung«:104 eia edile sele, haist du daz wort in dir, sprichis herfure! wanne wirt dit wort forbracht? alse ein licht der worheit luchtit ez in den geist und durch den geist in den creftin der sele und in den werkin und sidin und wandelungin (Strauch, S. 116,3–6). 100

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Kurt Ruh, Geschichte der abendl2ndischen Mystik. Band 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik, Mu¨nchen 1996, S. 403. Bernard McGinn, Die Mystik im Abendland. Band 4: Fu¨lle. Die Mystik im mittelalterlichen Deutschland (1300–1500). Aus dem Englischen u¨bersetzt von Bernardin Schellenberger, Freiburg [usw.] 2008, S. 546. Ebd., S. 546. Ebd., S. 546. Ebd., S. 547.

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Jedenfalls: der Initiator und Veranstalter der Predigtsammlung muß ein intimer Kenner Eckharts gewesen sein, dem selbst die lateinischen Schriften zug2nglich waren, allen voran der ›Liber parabolarum Genesis‹, jene Schrift Eckharts, die in der Oxforder Sammlung Cod. Laud Misc. 222 an erster Stelle stand.105 Ihn zu den »Eckhartisten« zu rechnen, die sowohl in Ko¨ln wie in Erfurt gewirkt haben, ist zumindest erw2genswert.106

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Loris Sturlese, Un nuovo manoscritto delle opere latine di Eckhart e il suo significato per la ricostruzione del testo e della storia del Opus tripartitum, Freiburger Zeitschrift fu¨r Philosophie und Theologie 32 (1985), S. 145–154. Zu diesem Beitrag Erg2nzendes und Weiterfu¨hrendes: Georg Steer, Meister Eckharts deutsche reden und predigten in seiner Erfurter Zeit, in: Meister Eckhart in Erfurt [Anm. 41], S. 34–55, hier S. 46–55.

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In kaffin in got Zur Rezeption des ›Paradisus anime intelligentis‹ in der Oxforder Handschrift MS. Laud Misc. 479

Erfurt – Ko¨ln – Mainz – Frankfurt – Straßburg – Basel: Daß die Rezeption der deutschen Predigten Meister Eckharts und der seiner Lehre und Predigtweise verpflichteten Dominikanerlesemeister mit den Wirkungsst2tten seiner pastoralen und administrativen T2tigkeit verbunden war, kann nicht u¨berraschen. Aber wie wichtig waren die Verkehrswege an der Rheinschiene entlang, die von Ko¨ln u¨ber Mainz, mit einem Abstecher nach Straßburg, bis nach Basel fu¨hrten, oder die Ausbreitung der Erzdio¨zese Mainz, die sowohl das Rheinland als auch Erfurt umfaßte? Was hatte die seit 1303 geltende Abgrenzung der Dominikanerprovinzen der Teutonia und der Saxonia fu¨r die Rezeptionsvorg2nge zu bedeuten, die die Etablierung eines neuartigen mystischen Schrifttums in der Handschriftentradition bestimmt haben? In welchen Etappen erfolgte die Rezeption der in eine schriftliche Form gebrachten Einzelpredigten und der Sammlungen, die aus den Einzeltexten, teilweise mit und teilweise ohne tiefere redaktionelle Eingriffe, kompiliert wurden? Bleiben Zielpublikum und Gebrauchskontext gleich? Welche Mo¨glichkeiten bieten die erhaltenen Handschriften, um den Prozeß der Tradierung, Redaktion, Kompilation und Rezeption historisch zu situieren und in chronologischen, regionalen und sozialen Zusammenh2ngen zu erfassen? Das sind Fragen, die im Zusammenhang der deutschen Mystik in letzter Zeit vor allem im Hinblick auf die Problematik der kritischen Edition der Werke Meister Eckharts ero¨rtert wurden, aber auch allgemein einer anders gelagerten Sichtweise in der Medi2vistik entsprechen. Das Interesse gilt heute nicht nur dem Originalwerk eines Meister Eckhart oder Giselher von Slatheim, sondern auch der konkreten Form, in der die ihnen zugeschrieben Texte in einer Sammlung wie dem ›Paradisus anime intelligentis‹ enthalten sind.1 1

Zusammenfassendes zur bisherigen Erforschung der Sammlung bei Kurt Ruh, Deutsche Predigtbu¨cher des Mittelalters, in: Beitr2ge zur Geschichte der Predigt. Vortr2ge und Abhandlungen, hg. von Heimo Reinitzer, Hamburg 1981 (Vestigia Bibliae 3), S. 11–30, ND in: Kleine Schriften. Bd. 2: Scholastik und Mystik im Sp2tmittelalter, hg. von Volker Mertens, Berlin/New York 1984, S. 296–317, hier S. 312–317; Ders., ›Paradisus anime intelligentis‹ (›Paradis der fornuftigen sele‹), in: 2VL, Bd. 7, 1989, Sp. 298–303; Ders., Geschichte der abendl2ndischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik, Mu¨nchen 1996, bes. S. 267 f., 273–282; sowie in dem Nachwort von Niklaus Largier zum Nachdruck von: Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998, S. 171–188 (Literaturverzeichnis

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I Als Entstehungsort der in zwei Handschriften unter dem Titel ›Paradisus anime intelligentis‹ u¨berlieferten Sammlung von 64 vorwiegend mystisch-scholastisch ausgerichteten Predigten namhafter Lesemeister und Magister gilt, so die mehrheitlich vertretene Forschungsmeinung der letzten Jahrzehnte, der Dominikanerkonvent in Erfurt. Seine Aussage, daß nur Erfurt, das Studienzentrum der Dominikanerprovinz Saxonia, in Frage komme, begru¨ndet Kurt Ruh mit einem Hinweis auf die Zusammensetzung des Textcorpus aus Predigten, die nach seiner Ansicht haupts2chlich in Erfurt oder w2hrend der Jahre von Meister Eckharts Provinzialat in der Saxonia 1303–1311 entstanden sein du¨rften, und auf die »fraglos thu¨ringische Schreibsprache der beiden Basishandschriften«.2 Ein zweiter mo¨glicher Entstehungsort, der erstmals von Georg Steer als Alternative in Erw2gung gezogen wurde, ist Ko¨ln, Eckharts letzte Wirkungsst2tte (1323/1324–1327), wo in den Jahren 1326–1329 der Prozeß gegen ihn gefu¨hrt wurde.3 W2hrend die erste These das Werk als ein im Geist des Erfurter Lokalpatriotismus verfaßtes »Erinnerungsbuch« auffaßt, wird bei der zweiten These die Zusammenstellung des ›Paradisus anime intelligentis‹ als eine Propagandaaktion der Ko¨lner »Eckhartisten« zu Eckharts Rehabilitierung in der Zeit unmittelbar nach der Verurteilung verstanden.4 Das erste der fu¨r die Lokalisierung in Erfurt verwendeten Argumente wird in seiner Ausschließlichkeit durch die von Ruh selbst genannte Tatsache relativiert, daß einige

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S. 199–202) [zit.: Strauch]. Siehe auch Georg Steer, Meister Eckharts deutsche reden und predigen in seiner Erfurter Zeit, in: Meister Eckhart in Erfurt, hg. von Andreas Speer und Lydia Wegener, Berlin/ New York 2005 (Miscellanea mediaevalia 32), S. 34–55, bes. S. 46–54; Wolfgang Beck, Eine ›Erfurter ¨ berlieferung der Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹, in: Hauspostille‹. Zu Herkunft und U Mittelalterliche Sprache und Literatur in Eisenach und Erfurt. Beitr2ge der Erfurter Tagung am 23. 8. 2006 anl2sslich des 70. Geburtstags von Rudolf Bentzinger, hg. von Martin Schubert [u. a.], Frankfurt a. M. 2008, S. 104–121. Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], S. 274; vgl. S. 273 und 276, Anm. 108. Georg Steer, Geistliche Prosa, in: Die deutsche Literatur im sp2ten Mittelalter, 1250–1370. 2. Teil: Reimpaargedichte, Drama, Prosa, hg. von Ingeborg Glier, Mu¨nchen 1987 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anf2ngen bis zur Gegenwart 3/2), S. 306–370, hier S. 329–332. Alessandra Saccon, Predicazione e filosofia: il caso del »Paradisus anime intelligentis«, in: Filosofia in volgare nel medioevo. Atti del Convegno della Societa` Italiana per lo Studio del Pensiero Medievale (S. I. S. P. M.), Lecce, 27–29 settembre 2002, hg. von Nadia Bray und Loris Sturlese, Lo¨wen 2003 (Textes et e´tudes du Moyen Aˆge 21), S. 81–105, hier S. 83–86. Vgl. Loris Sturlese, Die Ko¨lner Eckhartisten. Das Studium generale der deutschen Dominikaner und die Verurteilung der Thesen Meister Eckharts, in: Die Ko¨lner Universit2t im Mittelalter. Geistige Wurzeln und soziale Wirklichkeit, hg. von Albert Zimmermann und Gudrun Vuillemin-Diem, Berlin/New York 1989 (Miscellanea mediaevalia 20), S. 192–211, bes. S. 208, wo zwischen einer eventuellen Entstehung der Predigtsammlung in Erfurt und ihrer Verbreitung im Rahmen der »T2tigkeiten der Eckhartisten« unterschieden wird; Burkhard Hasebrink, Studies on redaction and use of the ›Paradisus anime intelligentis‹, in: De lAHome´lie au sermon. Histoire de la pre´dication me´die´vale, hg. von Jacqueline Hamesse und Xavier Hermand, Lo¨wen 1993 (Publications de lAInstitut dAE´tudes Me´die´vales 14), S. 143–158, hier S. 156. Fu¨r einen Zusammenhang zwischen der Entstehung der ›Paradisus‹-Sammlung und der Reaktion im Orden auf die H2resievorwu¨rfe gegen Meister Eckhart pl2diert neuerdings Beck [Anm. 1], S. 117–120.

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der Predigten »nicht in Erfurt gehalten wurden, sondern sp2ter in schriftlicher Gestalt dorthin gelangt sind« (1996, S. 276). Hinzu kommt, daß seine Datierung der ›Paradisus‹-Predigten in die Zeit von Meister Eckharts zweitem Aufenthalt in Erfurt auf Grund von neueren Beobachtungen zu einer Reihe der von Eckhart verfaßten Predigten nicht unangefochten bleiben kann.5 Das zweite Argument, das sich auf die Schreibsprache der zwei erhaltenen Handschriften und damit auf die regionale Einordnung dieser Textzeugen bezieht, steht in einem schroffen Gegensatz zur Einsch2tzung dieser Handschriften in der bisherigen Forschung. Philipp Strauch hatte im Zusammenhang einer umfangreichen Sprachuntersuchung zur Oxforder Handschrift auf das »mehrfache Hervortreten eines rheinfr2nkischen, insbesondere hessisch-nassauischen Idioms« aufmerksam gemacht, das fu¨r die Herkunft des Codex ausschlaggebend sei.6 In ihrer Katalogbeschreibung von 1993 bestimmt Nil¸fer Kr¸ger die Schreibsprache der Hamburger Handschrift zwar großr2umig und undifferenziert, aber ganz korrekt als »westmitteldeutsch – rheinfr2nkisch«.7 Bei Ruhs Angaben zur Schreibsprache handelte es sich zun2chst wohl um einen Gedankensprung: Gemeint war wohl die Tatsache, daß eine ostmitteldeutsch-thu¨ringische Vorlage in solchen Schreibungen wie Æouæ fu¨r au, he »er«, ur »ihr«, ume »ihm« und for- »ver-« immer noch durchscheint, obwohl sie in den in einem westmitteldeutschen Bereich geschriebenen Handschriften, deren genaue Lokalisierung noch aussteht und unten zu ero¨rtern sein wird, mit den zentralhessischen Formen der Schreiber gemischt sind.8 Was wir in den ›Schwester5

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Ria [Maria Joanna Adriana] van den Brandt, Godsontvankelijkheid en ›fornuftikeit‹. De Eckhartpreken uit de Paradisus anime intelligentis, Diss. Nimwegen, Nimwegen 1993, Zusammenfassung S. 175–186. Vgl. Dies., Die Eckhart-Predigten der Sammlung Paradisus anime intelligentis n2her betrachtet, in: Albertus Magnus und der Albertismus. Deutsche philosophische Kultur des Mittelalters, hg. von Maarten J. F. M. Hoenen und Alain de Libera, Leiden [usw.] 1995 (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters 48), S. 173–187. Siehe auch Saccon [Anm. 4], S. 87 f. Strauch, S. XII–XIII. Die heutige Sprachwissenschaft rechnet dieses Gebiet traditionsgem2ß zum ›Rheinfr2nkischen‹ in einem allgemeinen Sinne, aber sie legt gro¨ßeren Wert als fru¨her auf die Trennung der hessischen Dialekte (mit Unterteilungen Zentral- bzw. Mittelhessisch, Osthessisch und Nieder- bzw. Nordhessisch) vom su¨dlich der Rhein-Main-Schranke liegenden rheinfr2nkischen (oder su¨dhessischen) Bereich. Was Strauch das »nassauisch-hessische Idiom« nennt, wird heute als Zentralhessisch bezeichnet. Vgl. Peter Wiesinger, Die Stellung der Dialekte Hessens im Mitteldeutschen, in: Sprache und Brauchtum. Bernhard Martin zum 90. Geburtstag, hg. von Reiner Hildebrandt und Hans Frie¨ bersichtskarte bertsh‰user, Marburg 1980 (Deutsche Dialektgeographie 100), S. 68–148 (bes. die U Taf. 24, s. u. Abb. 2); Hans Ramge, Aspekte einer Sprachgeschichte des Hessischen, in: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, hg. von Werner Besch [u. a.], 3. Teilband, Berlin/New York 22003, S. 2729–2744. Nil¸fer Kr¸ger, Die theologischen Handschriften der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg. Bd. 3: Quarthandschriften und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228), Stuttgart 1993 (Katalog der Handschriften der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg 2/3), S. 146. Sp2ter nimmt Ruh noch deutlicher Stellung zu der Frage des Schreibdialekts der Oxforder Handschrift O: »Ich habe, nicht ganz unerfahren in diesem Gesch2ft, die Sprache von O immer als thu¨ringisch bestimmt und sehe keinen Grund, von dieser Einsicht Abstand zu nehmen«; Ders., Rezension zum Nachdruck von Strauch [Anm. 1], ZfdA 128 (1999), S. 113–115, hier S. 114. Zur Notwendigkeit einer schreibsprachlichen Untersuchung siehe neuerdings Saccon [Anm. 4], S. 84; Steer [Anm. 1], S. 47 f. mit Anm. 61; Beck [Anm. 1], passim. Die unten referierten Ergebnisse stehen in diametraler Opposition zur Position Kurt Ruhs, wie er sie i. J. 1999 formulierte.

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handschriften‹ Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479 (Sigle: O) und Hamburg, Staats- und Universit2tsbibliothek, Cod. theol. 2057 (Sigle: H2) vor uns haben,9 sind also Zeugnisse fu¨r die Rezeption der ›Paradisus anime intelligentis‹-Sammlung in der Region zwischen Mainz und Frankfurt oder etwas weiter no¨rdlich (aber nicht in Ko¨ln). Die Erkenntnis, daß wir es mit der sekund2ren Rezeption der Predigtsammlung in einer anderen Region zu tun haben, l2ßt sich mit der Feststellung aus textkritischer Seite gut vereinbaren, daß *OH2 eine sekund2re Textstufe der Textentwicklung des Sammelwerks vertritt.10 Eine Besonderheit der Sammlung ist der Titel, der in beiden Handschriften lateinisch und deutsch gesetzt wird und programmatisch auf den besonderen Inhalt des Predigtjahrgangs zielt: Dit buchelin heizit ein paradis der fornuftigin sele O fol. 1r (Abb. 4) Explicit paradisus anime intelligentis O fol. 114r Das buch heist das paradiß der selen vnd ist gesatz dem conuent zu sant katherinen H2 fol. 1r (Abb. 5)11 Explicit libellus qui dicitur paradysus anime intelligentis H2 fol. 172r12

Beide Handschriften stellen ein Register oder Inhaltsverzeichnis an den Anfang des Werks, das zu jeder der in einem Temporale (Prima pars) mit anschließendem Sanctorale (Pars secunda) vereinigten Predigten das Bibel-Lemma,13 eine Angabe zum Prediger (bis auf ein Versehen und den namenlosen ›Barfu¨ßer-Lesemeister‹ immer namentlich genannt) und einige Worte zum Inhalt bietet. Diese Spuren bewußter redaktioneller T2tigkeit beschr2nken sich also nicht nur auf den Umgang mit den Formulierungen des Textes im einzelnen, sondern haben sich auch auf die Gestaltung der Sammlung zu einem bestimmten Handschriftentyp, dem liturgisch geordneten Pre9

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Ich zitiere die Textzeugen des ›Paradisus anime intelligentis‹ der Einfachheit halber nach den Siglen der ¨ berlieferung. Siehe Wolfgang Klimanek, Verzeichnis der in DW IV benutzten TextMeister Eckhart-U zeugen und ihrer Siglen, Forschungsstelle fu¨r geistliche Literatur des Mittelalters, Universit2t Eichst2tt 2005, unter: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/Hss-DW.htm (abgerufen am 14. Februar 2008). Freimut Lˆser, Eckhart Rube OP, in: 2VL, Bd. 8, 1992, Sp. 290–293, hier Sp. 291; Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], S. 274/276, Anm. 108, besonders die Bemerkungen zur Textqualit2t der Exzerpte bei Nikolaus von Landau. Vgl. Georg Steer, Predigten und Predigtsammlungen Meister Eckharts in Handschriften des 14. Jahrhunderts, in: Deutsche Handschriften 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985, hg. von Volker Honemann und Nigel F. Palmer, Tu¨bingen 1988, S. 399–407, hier S. 406 (»Eckhartpredigten in *OH2 also in doppelter Textbrechung«); Hasebrink [Anm. 4], S. 152, der ebenfalls die zweistufige Textentwicklung hervorhebt. Die Vermutung, daß die Londoner Eckhart-Handschrift Lo4 eine »Vorstufe« des ›Paradisus anime intelligentis‹ bezeugt (Ruh 1989 [Anm. 1], Sp. 299), hat sich als ein Irrtum erwiesen; siehe Freimut Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn. Bekannte und bisher unbekannte Predigten Meister Eckharts im Lichte eines Handschriftenfundes, ZfdA 115 (1986), S. 206–227. Diese ¨ berlieferung des ›Paradisus anime intelligentis‹ im engeren Sinne. Handschrift geho¨rt nicht zu der U Dieser Eintrag, der Titelangabe mit Besitzvermerk verbindet, du¨rfte zur gleichen Zeit wie der Text der Handschrift entstanden sein. Auf die Frage nach der Identifizierung des ›Katharinenklosters‹, die in der Forschung noch nicht gestellt wurde, komme ich am Schluß dieser Untersuchungen zuru¨ck (S. 95–97). Abbildung bei Steer [Anm. 1], S. 36, Abb. 1. ¨ berschrift zum zweiten Teil des Registers wird dafu¨r der terminus technicus verwendet: Incipiunt In der U themata secunde partis (O). Die Lesung von H2 ist fehlerhaft: Incipit thema secunde partis.

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digtjahrgang mit Register, ausgedehnt. Sie machen damit auf die besondere Eigenart dieser Predigtsammlung als ein in sich geschlossenes Werk aufmerksam und haben in der neueren Forschung den Anlaß geboten, das Werk als eine programmatisch konzipierte Einheit zu lesen.14 Die zwo¨lf Prediger, die im ›Paradisus anime intelligentis‹ versammelt sind und unter denen Meister Eckhart dadurch hervorragt, daß genau die H2lfte der Predigten seinem Oeuvre zuzurechnen sind, du¨rften alle in den Jahren um 1300 in der Provinz Saxonia t2tig gewesen oder durch Beziehungen zum Erfurter Studium generale dort bekannt gewesen sein. Dabei ist zu beachten, daß die meisten von ihnen nur auf Grund der Angaben in der ›Paradisus‹-Sammlung und auf Grund des Inhalts ihrer hier u¨berlie¨ bersichtlichkeit halber seien sie hier ferten Predigten u¨berhaupt zu verorten sind. Der U nach dem Wortlaut des Registers und unter Verwendung der durch Strauch eingefu¨hrten Z2hlung, die die in den Handschriften separat gez2hlten Predigten des Temporale und des Sanctorale in einer Reihe zusammenfaßt, aufgelistet:15 1. Meister Eckhart mester Eckart der alde (1, 4, 8, 10 meister Eckart, 15, 16, 19, 20, 21, 22, 24, 26, 27, 28, 33, 34, 36, 37, 42, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 55, [56], 57, 58, 59, 60) 2. Florentius von Utrecht brudir Florencius fon Uttrecht der undir lesemeister was zu Erforte zu den predigerin (2, 31 der lesemeister brudir Florencius fon Utrecht, 63 bruder Florencius der lesemeistir) 3. Hane der Karmelit meister Hane der calmellita (3, 30, 54)16 4. Johannes Franke brudir Johan Franco der lesemeister der predigir (5, 7, 18 brudir Johan Franke lector, 29 lesemeister Franke. brudir Johan, 35 brudir Johan Franke der lesemeister)

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Zum Forschungsstand siehe Largiers Nachwort zum Nachdruck von Strauch [Anm. 1], bes. S. 171 f. Siehe auch Van den Brandt 1993 [Anm. 5], S. 34–36 und passim; Saccon [Anm. 4], S. 89–104; Niklaus Largier, Das Glu¨ck des Menschen. Diskussionen u¨ber beatitudo und Vernunft in volkssprachlichen Textes des 14. Jahrhunderts, in: Nach der Verurteilung von 1277. Philosophie und Theologie an der Universit2t von Paris im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Studien und Texte, Berlin/New York 2001 (Miscellanea mediaevalia 28), S. 827–855, hier S. 842–844. Zitiert nach der Oxforder Handschrift. Die Abweichungen der Hamburger Handschrift sind rein orthographisch: immer die Schreibweise Meister Echard und Echard Rube; fu¨r Albrecht von Treffurt beim ersten Vorkommen Bru˚der Elbrat von driforte der lesemeister (Nr. 38, vgl. bru˚der albracht von dreforte Nr. 53); Helewig von Germar (Nr. 52). Bei Hane (= Johannes) dem Karmeliten ko¨nnte es sich eventuell um einen bo¨hmischen DominikanerPrior (!) und professor sacre theologie handeln, der als Johannes dictus carmelita bezeugt ist; siehe den ersten Hinweis auf diese Neuentdeckung bei Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Bewegung. Das mittelalterliche Erfurt als Wirkungszentrum der Dominikaner im Licht neuerer Funde, in: Meister Eckhart in Erfurt [Anm. 1], S. 56–74, hier S. 73 f. Zur bisherigen Forschungslage siehe den Beitrag von Antje Willing in diesem Band.

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5. Thomas von Apolda brudir Thomas von Apolde der prediger (6) 6. Eckhart Rube brudir Eckart Rube der lesemeister in predigir ordine waz (9, 23, 32, 44 brudir Eckart Rube lector, 45, 64) 7. Bruder Erbe brudir Erbe der prediger und lesemeister (11) 8. Giselher von Slatheim brudir Gisilher fon Zlathem lector (12, 14 brudir Gisilher lector, 25 brudir Gisilher von Slatheim der lesemeister, 39 brudir Gisilher der lesemeistir, 41 brudir Gisilher von Slatheim der lesimeister was zu Kolne und zu Ertforte) 9. Hermann von Loveia brudir Herman fon Loveia lector (13, 17 brudir Herman der lector von der Loveia, 40 brudir Herman der lesimeistir von Lofeia) 10. Albrecht von Treffurt brudir Albracht von Driforte der lesemeistir (38, 53) 11. Helwig von Germar brudir Helwic fon Germar der lesemester waz zu Erforte (43, 52 brudir Helwic von Germar lector) 12. Ein Barfu¨ßer-Lesemeister ein barfuzzin lesemeistir (62) Es handelt sich, wenn man den Neufund zu Meister Hane beru¨cksichtigt, um elf Dominikaner und einen namenlosen Barfu¨ßer-Lesemeister. Die Studienzentren der Teutonia und der Saxonia, Ko¨ln und Erfurt, sind beide genannt. Neben den beiden Hauptu¨berlieferungen existiert ein weiteres, sehr bemerkenswertes Textzeugnis aus dem westmitteldeutschen Bereich in der Predigtsammlung des Nikolaus von Landau, Zisterziensermo¨nch in Kloster Otterberg bei Kaiserslautern, der in seinem 1341 abgeschlossenen, vierb2ndigen Predigtwerk ›Sermones novi‹ ausfu¨hrliche Exzerpte und mehrere Einzelpredigten aus einer Handschrift des ›Paradisus anime intelligentis‹ u¨bernahm. W2hrend die B2nde 3 und 4 nicht nachgewiesen werden ko¨nnen (und nach Ruh und Lˆser mo¨glicherweise gar nicht in Angriff genommen wurden), haben sich die beiden ersten B2nde der Originalhandschrift zusammen mit einem Register u¨ber das gesamte Werk in der Murhardschen und Landesbibliothek Kassel als 4Z Mss. theol. 11–12 (= K1a–b, aus der Bibliothek des Zisterzienserklosters Scho¨nau bei Heidelberg) erhalten. Eine Abschrift nach der Kasseler Handschrift, die aus dem Bu¨cherbestand der Benediktinerabtei Komburg bei Schw2bisch-Hall stammt und heute in der Wu¨rttembergischen Landesbibliothek in Stuttgart (Cod. theol. et philos. 4o 88 = St6) aufbewahrt wird, u¨berliefert einen Teil der Predigten aus Bd. 1–2

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der ›Sermones novi‹.17 Untersuchungen zum Text des Nikolaus von Landau lassen erkennen, daß die ›Sermones novi‹ aus textkritischer Sicht, wie schon oben bemerkt (Anm. 10), hinter die Oxforder und Hamburger Handschriften auf eine Textstufe des ›Paradisus anime intelligentis‹ zuru¨ckgehen, in der einige der gemeinsamen Fehler von O und H2 noch nicht vorhanden waren. Lhnlich du¨rfte es sich mit zwei weiteren kompilatorisch entstandenen Werken aus den 1340er Jahren verhalten, der ›Postille‹ Hartwigs von Erfurt (vor 1343?) und den ›Heiligenleben‹ Hermanns von Fritzlar (1343–1349), deren Anleihen aus Predigten des ›Paradisus anime intelligentis‹ einer Rezeptionsphase der Predigtsammlung zugeho¨ren, die der in O und H2 bezeugten ¨ berlieferung vorauszugehen scheint.18 U Angesichts der aus unterschiedlichen Perspektiven formulierten Aussagen zu den Vorstufen von O und H2, die in der Forschung festzustellen sind, scheint es ratsam, zwischen der gemeinsamen Vorlage von O und H2 (*OH2), dem pr2sumptiven »Original« oder der »Erstredaktion« des ›Paradisus anime intelligentis‹ (mit oder ohne Register) und der von einigen Forschern postulierten umfangreicheren Predigtsammlung Meister Eckharts, die der ›Paradisus‹-Sammlung in ihrer erhaltenen Zusammensetzung vorausgegangen sein soll, konzeptionell zu unterscheiden.19 Daß beide erhaltene Textzeugen im Westen entstanden sind, muß nicht bedeuten, daß die Predigtsammlung nicht auch in Thu¨ringen gelesen wurde. In diese Richtung weist der Hinweis von Freimut Lˆser auf eine Stelle in dem nach 1477 angelegten mittelalterlichen Bibliothekskatalog der Kartause Salvatorberg in Erfurt: [D.] 182. Paradisus anime in vulgari cum quibusdam profundissimis et misticis sermonibus in vulgari. Hic iste libellus, qui intitulatur Paradisus anime, est de virtutibus moralibus et theologicalibus. Vide superius D. 6.20 17

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Siehe Hans Zuchhold, Des Nikolaus von Landau Sermone als Quelle fu¨r die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises, Halle a. d. Saale 1905 (Hermaea 2; ND Vaduz 1972); Josef Quint, Neue Hand¨ berlieferung Meister Eckharts und seiner Schule, Stuttgart/Berlin 1940 (Meister schriftenfunde zur U Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, Untersuchungen 1), S. 218–222 (zur Stuttgarter Handschrift St6); Kurt Ruh, Nikolaus von Landau OCist, in: 2VL, Bd. 6, 1987, Sp. 1113–1116; Freimut Lˆser, in: Cıˆteaux 1098–1998. Rheinische Zisterzienser im Spiegel der Buchkunst. Ausstellungskatalog des Landesmuseums Mainz, Wiesbaden 1998, S. 132 f. (mit Farbabbildungen aus beiden Handschriften). Matthias Lexer zitiert die Kasseler Handschrift von Nikolaus von Landau in seinem Mittelhochdeutschen Handwo¨rterbuch, Bd. 2–3, Leipzig 1876–1878, als »Pred. Cass.«. Zu Hartwig von Erfurt siehe Volker Mertens, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 532–535; Strauch, S. XXI, XXIIIf.; s. u. zu ›Paradisus‹ Pr. 3 (Hane der Karmelit), Pr. 24, Pr. 28 (beide Meister Eckhart) und Pr. 41 (Giselher von Slatheim). Zu Hermann von Fritzlar siehe Wilfried Werner/Kurt Ruh, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 1055–1059 (Sp. 1059 zu ›Paradisus‹ Pr. 32 Eckhart Rube). Auf eine solche Unterscheidung zielt Ruhs Charakterisierung des Werks im Verfasserlexikon als eine »mystische Predigtsammlung des fru¨hen 14. Jhs. aus dem Erfurter Dominikanerkloster, redigiert bald nach 1340« (Ruh 1989 [Anm. 1], Sp. 298). Vgl. Loris Sturlese, Hat es ein Corpus der deutschen Predigten Meister Eckharts gegeben? Liturgische Beobachtungen zu aktuellen philosophiehistorischen Fragen, in: Meister Eckhart in Erfurt [Anm. 1], S. 393–408, der die Heranziehung eines liturgisch geordneten »Predigtbuches« mit den deutschen Predigten Meister Eckharts fu¨r wahrscheinlich h2lt. Siehe den Beitrag von Georg Steer in diesem Band. Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. 2. Band: Bistum Mainz, Erfurt, bearb. von Paul Lehmann, Bd. 2, Mu¨nchen 1928 (ND 1969), S. 320; dazu Lˆser [Anm. 16], S. 74;

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Anders als Lˆser lese ich diese Stelle jedoch als die Bezeugung einer Handschrift, die ¨ bersetzungen von Ps.-Albertus Magnus, ›Paradisus animae‹ enteine der deutschen U halten hat,21 die eventuell mit einem zweiten deutschen Text, einer Sammlung von nicht n2her zu identifizierenden mystischen Predigten, zusammengebunden war. Die syntaktische Fu¨gung mit cum, die Wiederholung der Angabe in vulgari und der Hin¨ berliefeweis des Bibliothekars der Kartause, Jakob Volradi (†1498), auf weitere U rungszeugen des pseudo-albertinischen Traktats unterstu¨tzen diese Auffassung. Die Textbasis fu¨r die bisherige Forschung zum ›Paradisus anime intelligentis‹ bildet der 1919 erschienene Textabdruck der Oxforder Handschrift durch Philipp Strauch, der eine (im einzelnen fehlerhafte) Abschrift der Handschrift nach den Regeln der Deutschen Texte des Mittelalters wiedergibt, die der junge Eduard Sievers bei der Gelegenheit seiner Entdeckung der Handschrift im Jahre 1871 erstellt hatte.22 Diese Ausgabe mit ihrer vorbildlichen Einleitung (mit einem textgeschichtlichen Kommentar zu den einzelnen Predigten und ausfu¨hrlichen Quellennachweisen) und ihrem Glossar darf trotz der Ungenauigkeiten in der Wiedergabe der Handschrift als eine ungewo¨hnlich gelungene Editionsleistung gelten. Sie ist aber leider ohne Kenntnis der Hamburger Handschrift H2 entstanden, auf die im Jahre 1930 Wolfgang Stammler zum ersten Mal aufmerksam machte.23 Sie ist immerhin eine der wenigen Textausgaben, in denen man Predigten Meister Eckharts in der historisch u¨berlieferten Form und unter Verzicht auf die von Quint eingefu¨hrte, vermeintlich leichter lesbare anachronistische Sprachnormalisierung lesen kann. Strauch weist zwar in seinem textgeschichtlichen Kommentar auf Sekund2ru¨berlieferung des ›Paradisus anime intelligentis‹ bei Nikolaus von Landau, Hartwig von Erfurt und Hermann von Fritzlar hin und zieht sie an problematischen Textstellen heran, aber weder die Varianten aus den Handschriften ¨ berlieferung der ›Paradisus‹-Predigten außerdieser Werke noch die Zeugnisse fu¨r die U halb des ›Paradisus anime intelligentis‹-Komplexes konnten bei der von ihm vorgezo-

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siehe auch Beck [Anm. 1], S. 120 f. Der Verweis bezieht sich auf den Katalogeintrag D. 6 secundo (S. 309), eine Handschrift mit Heinrich Seuses ›Horologium‹, Bonaventuras ›Soliloquium‹ (hier als Imago vitae bezeichnet) und dem pseudo-albertinischen ›Paradisus animae‹ (mit Verweis auf D. 18). Bertram Sˆller, ›Paradisus animae‹, in: 2VL, Bd. 7, 1989, Sp. 293–298. Die dort als in Druck befindlich erw2hnte Dissertation ist nie erschienen. Zur Geschichte der Entdeckung siehe zuletzt Gilbert Fournier, Zur Handschrift und Edition, im Nachwort zum Nachdruck von Strauch [Anm. 1], S. 188–197, hier S. 192 f. Die ersten Vero¨ffentlichungen aus der Oxforder Handschrift stehen bei Eduard Sievers, Predigten von Meister Eckart, ZfdA 15 (1872), S. 373–439, hier S. 373–418 (19 Predigten Meister Eckharts) und bei Wilhelm Preger, Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter, 3 Bde., Leipzig 1874–1893, hier Bd. 2, 1881, S. 439–468 (14 Predigten); sie sind durch die Ausgabe von Strauch u¨berholt. Lexer [Anm. 17] zitiert die Eckhart-Texte aus dem ›Paradisus anime intelligentis‹ nach SieversA Text unter der Sigle »Hpt. 15« mit Seiten- und Zeilenzahl. Wolfgang Stammler, Studien zur deutschen Mystik, ZfdPh 55 (1930), S. 291–300, hier S. 291 (Nennung der Handschrift ohne weitere Angaben). Beschreibung der Handschrift, die lange Zeit als Kriegsverlust galt und erst 1990 wieder zug2nglich wurde, bei Kr¸ger [Anm. 7], S. 146–152. Zur Geschichte der ausgelagerten Hamburger Handschriften siehe Otto-Ernst Krawehl, Verlagert – verschollen – zum Teil restituiert. Das Schicksal der im 2. Weltkrieg ausgelagerten Best2nde der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg, Zeitschrift des Vereins fu¨r Hamburgische Geschichte 83 (1997), S. 237–277.

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genen Editionsmethode systematisch beru¨cksichtigt werden. Nur fu¨r die Predigten Meister Eckharts, die heute in den B2nden 1 bis 4,2 (Faszikel 1–2) der Stuttgarter ¨ berliefeEckhart-Ausgabe in kritischen Editionen vorliegen, sind die Varianten der U rung in vollem Ausmaß beru¨cksichtigt worden, und dort notwendigerweise auf Grund eines von dem ›Paradisus anime intelligentis‹ eher wegfu¨hrenden Erkenntnisinteresses.24 An dem ›Paradisus anime intelligentis‹ sind verschiedene Aspekte hervorzuheben. Es liegt hier ein ›geschlossener‹, durch ein liturgisch angelegtes Register zu einer formalen Gesamtheit strukturierter Predigtjahrgang mit mystisch-scholastisch ausgerichteten Predigten vor, der auf jeden Fall vor 1341 und mo¨glicherweise etwas fru¨her zusammengestellt sein du¨rfte.25 Im Unterschied zu anderen 2hnlich strukturierten Werken wie den ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau und der ›Postille‹ des Hartwig von Erfurt, deren Verfasser den ›Paradisus anime intelligentis‹ gekannt haben, werden die Predigten in diesem Werk (bis auf Nr. 56 und 62) immer einem namentlich genannten Prediger zugewiesen. Zweimal werden die Prediger als meister bezeichnet (Meister Eckhart, Meister Hane der Karmelit), die anderen zehn als lesemeister oder lector. Bei Florentius von Utrecht wird durch die Bezeichnung als undir lesemeister26 in Erforte zu den predigerin eine ordensinterne, dominikanische Perspektive ero¨ffnet. Die beiden Haupthandschriften sind aus pal2ographischen Gru¨nden in der Mitte des 14. Jahrhunderts (d. h. um 1350/1360 bzw. etwa im Zeitraum 1340–1365/1370) zu datieren,27 in den Jahrzehnten unmittelbar nach der Entstehung der Sammlung. Sie wurden aber nach Ausweis des Schreibdialekts nicht in Thu¨ringen, nicht im Erfurter Raum geschrieben, sondern sie bezeugen eine Rezeption der »intellektuellen Kultur insbesondere der Dominikanerprovinz Saxonia und des Erfurter Geisteslebens« (Largier) im 24

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26 27

Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke [zit.: DW], Bd. 1–3: Meister Eckharts Predigten, hg. und u¨bers. von Josef Quint, Stuttgart [1. Lieferung 1938] 1958–1976; Bd. 4,1–4,2 [Fasz. 1–2]: Meister Eckharts Predigten, hg. und u¨bers. von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Freimut Lˆser, Stuttgart 1997–2003. Der terminus ante quem ist von der Datierung der Predigtsammlung des Nikolaus von Landau abh2ngig. Vgl. Ruh 1981/1984 [Anm. 1], S. 312, der die Redaktion in einem gewissen Abstand zum Tod Meister Eckharts sehen mo¨chte und die ›Paradisus‹-Sammlung »fru¨hestens ca. 1340« ansetzt; Steer [Anm. 3], S. 330 (»bald nach der Publizierung der Bulle [i. J. 1329]«); Ruh 1989 [Anm. 1], Sp. 298 (»bald nach 1340«); Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], S. 274 (»in den (sp2ten) dreißiger Jahren«); Largier [Anm. 1], S. 171 (»in den sp2ten dreißiger Jahren«); Beck [Anm. 1], S. 117 (»noch in die Lebenszeit Eckharts, und zwar vor seiner Verurteilung zu datieren«). Vgl. Freimut Lˆser in diesem Band, S. 239; Beck [Anm. 1], S. 115 mit Anm. 54. Die Angabe zur Datierung der Hamburger Handschrift bei Fournier [Anm. 22], S. 189 (»erste H2lfte des 15. Jahrhunderts«), ist falsch. Wahrscheinlich wurde er durch die widerspru¨chlichen Angaben in der in diesem entscheidenden Punkt unzuverl2ssigen Beschreibung der Handschrift durch Kr¸ger [Anm. 7], S. 146, irregeleitet: »14. Jh., Mitte« (in der Kopfzeile), »pal2ographische Merkmale machen eine Entstehung 1. H2lfte 15. Jh. wahrscheinlich« (weiter unten auf derselben Seite). Die Datierung in das 15. Jh. geht auf Emil Henricis handgeschriebene Beschreibung vom 9. Juli 1902 zuru¨ck; Handschriftenarchiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057 (http://dtm.bbaw.de/HSA/startseite-handschriftenarchiv.htm; letzter Zugriff 14. Februar 2008). Vgl. Klimanek [Anm. 9], unter Eckhart-Handschrift H2 (»2. H2lfte 14. Jh.«).

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Westen,28 und zwar nicht in Straßburg oder in Ko¨ln, wo von der Ordensgeschichte her Zusammenh2nge gesucht wurden, sondern in Hessen und am Mittelrhein. Wo genau diese Rezeption zu verorten ist und was es zu bedeuten hat, daß es mit Nikolaus von Landau zu einer sehr fru¨hen westmitteldeutschen Rezeption der dominikanischen Predigt im Zisterzienserorden (Otterberg und Scho¨nau) und sp2ter bei Benediktinern (Komburg) gekommen ist, wissen wir nicht. Die Bibliotheksheimat der beiden Haupthandschriften, die mit der Mainzer Kartause (O) und mit einem nicht mit letzter Sicherheit zu identifizierenden Katharinenkloster (H2) in Verbindung zu bringen sind, erlaubt vorerst keine eindeutige Antwort auf diese Fragen. Unten wird zu erw2gen sein, ob die Reichsstadt Frankfurt am Main, die neben einem Katharinenkloster eines der wichtigsten Dominikanerklo¨ster der Teutonia beherbergte, die entscheidende Schalt¨ berlieferung der ›Paradisus anime intelligentis‹-Sammlung gebildet haben stelle in der U ko¨nnte. Der vorliegende Beitrag mo¨chte versuchen, fu¨r die weitere Erforschung einiger dieser Aspekte dadurch eine Grundlage zu bilden, daß die Oxforder Handschrift, die den Anlaß fu¨r das Kolloquium im Jahre 1998 geboten hat, einmal gru¨ndlich unter mo¨glichst vielen Gesichtspunkten beschrieben wird. Im letzten Teil wird ein Inhaltsverzeichnis der Predigtsammlung nach dieser Handschrift geboten, das nicht den Ehrgeiz hat, neue Erkenntnisse zum Inhalt der Sammlung zu bieten, sondern analog zu der Beschreibung der Hamburger Handschrift durch Nil¸fer Kr¸ger zur Orientierung ¨ berlieferung innerhalb des ›Paradisus anime u¨ber die einzelnen Predigten und ihre U intelligentis‹-Komplexes dienen soll. Es sollen auch bibliotheksgeschichtliche und technische Aspekte der Handschrift zur Sprache kommen, die nur sehr indirekt zur Beleuchtung des geistigen Lebens im Erfurter Dominikanerkonvent in seiner Glanzzeit beitragen ko¨nnen.

II Die Handschrift MS. Laud Misc. 479 befindet sich seit der ersten H2lfte des 17. Jahrhunderts im Besitz der Bodleian Library in Oxford.29 Sie geho¨rt zu der dritten von insgesamt vier Schenkungen des Kanzlers der Universit2t und Erzbischofs von Canterbury William Laud (1573–1645), die im Jahre 1639 u¨bermittelt wurde und – so das ›Registrum Benefactorum‹ fu¨r dieses Jahr – aus 559 mittelalterlichen und fru¨hneuzeitlichen Handschriften und einem mexikanischen Zauberstab bestand.30 Aus dem

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Das Zitat nach Largiers Nachwort im Nachdruck von Strauch [Anm. 1], S. 173. Fu¨r bisherige Beschreibungen der Handschrift s. u. S. 99. Library Records b. 903, pag. 354. Siehe William Dunn Macray, Annals of the Bodleian Library Oxford with a Notice of the Earlier Library of the University. 2., erweiterte Ausgabe, Oxford 1890 (ND 1984), S. 84 f. Die Zahl der Handschriften in der dritten Schenkung wird unterschiedlich angegeben; ich richte mich nach Henry O. Coxe, Laudian Manuscripts, Oxford 1858–1885 (Bodleian Library Quarto Catalogues 2). Reprinted […] with corrections and additions, and an historical introduction by Richard

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Besitzeintrag Lauds auf fol. 1r geht hervor, daß die Handschrift im Jahre 1638 von ihm erworben wurde.31 Schwerpunkte der Sammelt2tigkeit Lauds waren Handschriften der lateinischen und griechischen Kirchenv2ter und Handschriften in orientalischen Sprachen, was sich kaum allein durch die Verfu¨gbarkeit solcher Codices in der bewegten Zeit des Dreißigj2hrigen Kriegs in Europa erkl2ren l2ßt. Die kirchenpolitische Stellung des anglikanischen und ko¨nigstreuen Erzbischofs, dem vielfach eine bedenkliche N2he zum Katholizismus vorgeworfen wurde, war in erster Linie durch seine Konzeption der Einheit von Kirche und Staat und durch seine Hervorhebung der Bedeutung der Sakramente gepr2gt.32 Die Erkl2rung fu¨r seine Ambition, eine große Sammlung von Handschriften der Bibel und der Kirchenv2ter als Verm2chtnis fu¨r seine Universit2t zusammenzufu¨hren, du¨rfte im Kontext dieser kirchengeschichtlichen Interessen zu suchen sein, auch wenn nicht deutlich wird, in welchem Maße perso¨nliche Pr2ferenzen beim Zustandekommen einer solchen Sammlung ausschlaggebend sein konnten.33 Das Interesse an alten Sprachen und an Fremdsprachen, das nicht nur durch die Zusammensetzung der Sammlung, sondern auch durch die Schenkungsbriefe und in der Anlage der Schenkungslisten des ›Registrum Benefactorum‹ bezeugt ist, steht vornehmlich im Zusammenhang mit den philologischen Anstrengungen, die fu¨r das Verst2ndnis der Bibel und der Kirchenv2ter no¨tig waren.34

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William Hunt, Oxford 1973, S. xxviii (»559 volumes«). Der Zauberstab, u¨ber den zuletzt Macray, S. 84 f. berichtete, ist nicht mehr aufzufinden. Vgl. die Liste der Erwerbungen fu¨r das Jahr 1638 in: A Summary Catalogue of Western Manuscripts in the Bodleian Library at Oxford. Vol. 1: Historical Introduction and Conspectus of Shelf-Marks, hg. von Richard William Hunt, Oxford 1953 (ND 1980), S. 132–134; Coxe/Hunt [Anm. 30], S. xxiv. Unter Erwerbungsjahr ist wohl der Termin, als die Handschriften von seinem Bibliothekar in Lambeth Palace, London, registriert wurden, zu verstehen. Zu William Laud siehe zuletzt: John Gallagher, William Laud (7 October 1573 – 10 January 1645), in: Pre-Nineteenth-Century British Book Collectors and Bibliographers, hg. von William Baker und Kenneth Womack, Detroit [usw.] 1999 (Dictionary of Literary Biography 213), S. 207–214; Anthony Milton, in: Oxford Dictionary of National Biography. From the Earliest Times to the Year 2000, hg. von H. C. G. Matthew und Brian Harrison, 60 Bde. und Indexband, Oxford 2004 [= DNB], hier Bd. 32, S. 655–670; Diarmaid MacCulloch, Reformation. EuropeAs House Divided, 1490–1700, ¨ ber Lauds Schenkungen an die Bodleiana siehe Macray [Anm. 30], London [usw.] 2004, S. 517–520. U S. 83–88; Falconer Madan/H. H. E. Craster, A Summary Catalogue of Western Manuscripts in the Bodleian Library at Oxford, Bd. 2, Teil 1, Oxford 1922, S. 12–69; Coxe/Hunt [Anm. 30], S. ix–xxxxvii. ¨ ber seine Schenkungen von Handschriften und gedruckten Bu¨chern an St JohnAs College siehe John F. U Fuggles, A History of the Library of St. JohnAs College, Oxford from the Foundation of the College to 1660, B. Litt. thesis University of Oxford 1975 [Typoskript], S. 139–144; Ders., William Laud and the Library of St JohnAs College, Oxford, The Book Collector 30 (1981), S. 19–38, bes. S. 34–37. Nur selten lassen sich perso¨nliche Interessen erkennen, wie z. B. in dem ungewo¨hnlich ausfu¨hrlichen Eintrag durch Lauds Kaplan, William Dell, in MS. Laud Misc. 117, der den Verfasser Anselm von Canterbury ausdru¨cklich als Erzbischof von Canterbury bezeichnet und ihn damit als Amtsvorg2nger des gegenw2rtigen Besitzers kenntlich macht: Ad finem habetur Epistola cujusdam Cardinalis ad Anselmum Archiepiscopum Cantuarensem (fol. iiv). ¨ ber das Studium von orientalischen Sprachen im karolinischen Zeitalter siehe Mordechai Feingold, U Oriental Studies, in: The History of the University of Oxford. Bd. 4: Seventeenth-Century Oxford, hg. von Nicholas Tyacke, Oxford 1997, S. 449–503.

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Daß es sich bei dem ›Paradisus anime intelligentis‹ um eine deutschsprachige Predigtsammlung handelt, scheint den Bibliothekaren zun2chst entgangen zu sein, und dies trotz der auff2lligen Betonung der Vielfalt der Sprachen, die in Lauds Sammlungen enthalten waren, die in mehreren Quellen zur Geschichte der Bibliothek in dieser Zeit begegnet. Eine Inschrift an der Decke von Selden End, dem 1640 errichteten Westflu¨gel des Handschriftensaals der Bodleiana, nennt 16 Sprachen, die in den Codices der Sammlung vertreten sind.35 Der Schenkungsbrief des Kanzlers vom 28. Juni 1639 z2hlt 13 Sprachen in hierarchischer Anordnung auf, die in den Sammlungen Lauds vertreten sind, und nennt neben angels2chsischen, chinesischen und armenischen Codices auch drei in deutscher Sprache: Nam Septingenta et amplius (ni fallor) iam a me accepistis: Et nunc misi supra quingenta septuaginta quinque Quorum sexdecem Hebraica sunt et Syriaca: Arabica quinquaginta quinque: Persica quindecim, Græca viginti sex: Latina Quadringenta triginta novem: Gallica tria, cum tribus Italicis: Anglicana et Anglo-Saxonica duodecim: Germanica tria, cum vno Chinensi et vno Armenico.36

Zu den Germanica tria ist die Handschrift des ›Paradisus anime intelligentis‹, wie man zun2chst meinen mo¨chte, nicht mitzurechnen, denn der Brief bezieht sich auf drei andere deutschsprachige Handschriften, die in dem in 14 Sprachen untergliederten Verzeichnis der dritten Schenkung im ›Registrum Benefactorum‹ fu¨r das Jahr 1639 unter dem Stichwort libri germanici aufgez2hlt sind:37 Imperii Germanici Ordinationes quaedam antiquae 4to. Vitae Sanctorum fol. Hen. Regenboden Compendium Theologicum 4to

Heute werden diese drei Handschriften unter den Signaturen MS. Laud Misc. 741 (Magdeburger Rechtsbu¨cher), MS. Laud Misc. 443 (›Der Heiligen Leben‹) und MS. Laud Misc. 521 (Hugo Ripelin: ›Compendium theologicae veritatis‹ in deutscher ¨ bersetzung) aufbewahrt.38 Der Codex des ›Paradisus anime intelligentis‹ wird in U der Akzessionsliste an anderer Stelle unter den lateinischen Handschriften verzeichnet. 35

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Die Inschrift wurde i. J. 1962 erneuert. Sie ist auf dem Kupferstich des Selden End von 1675 gut lesbar: David Loggan, Oxonia illustrata sive omnium celeberrimae istius universitatis collegiorum, aularum, bibliothecae Bodleianae, scholarium publicarum theatrum Scheldoniani nec non urbis totius scenographia, Oxford 1675, Taf. VII. Register of Convocation 1628–1640: Oxford University Archives, NEP/Supra/Register R, fol. 165v–166r (vorgelegt am 1. Juli 1639); The Works of the Most Reverend Father in God, William Laud, D. D. sometime Lord Archbishop of Canterbury. Bd. 5/1: History of his Chancellorship, &c., hg. von James Bliss, Oxford 1853, S. 225; R. W. Hunt, in: Coxe/Hunt [Anm. 30], S. xxviii–xxix. Vgl. Fournier [Anm. 22], S. 191. Library Records b. 903, pag. 354. Vgl. die fu¨r die Aufnahme der Handschriften in die Bodleiana vorbereiteten Verzeichnisse Library Records d. 1054, fol. 106r; Library Records e. 641, fol. 57v; Library Records e. 644, fol. 43r. Obwohl die drei Handschriften einen Teil der dritten Schenkung an die Bodleiana bilden, die i. J. 1639 stattfand, weisen Lauds Erwerbungseintr2ge unterschiedliche Jahreszahlen auf: 1636, 1637 und 1638. Vgl. Coxe [Anm. 30], Sp. 525, 319, 376 (die Erwerbungsjahre nur im Nachdruck verzeichnet); Robert

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Fast alle Handschriften deutscher Provenienz in der Sammlung Laud geho¨ren zu der außerordentlich umfangreichen Gruppe von westeurop2ischen, griechischen und orientalischen Handschriften, die William Laud in den 1630er Jahren durch seine Agenten in England und auf dem Kontinent zusammenkaufte. Es ist im einzelnen unbekannt, wie es dazu kam, daß der Erzbischof und sein kunstinteressierter und bibliophiler Zeitgenosse Thomas Howard, Earl von Arundel (1585–1646),39 beide in der Lage waren, in den Jahren 1636–1639 eine gro¨ßere Anzahl von Handschriften aus den gleichen deutschen Bibliotheken, n2mlich der Mainzer Kartause, Kloster Eberbach im Rheingau und der Wu¨rzburger Dombibliothek, zu erwerben. Aber alles deutet darauf hin, daß entweder sie beide oder ihre Agenten eine Vereinbarung u¨ber die Verteilung der in Deutschland erworbenen Handschriften trafen.40 W2hrend die von Laud gekauften Handschriften, darunter mehr als 100 B2nde aus der Mainzer Kartause, die zu seinen Erwerbungen fu¨r das Jahr 1638 z2hlen,41 heute alle in Oxford liegen, werden die aus Deutschland stammenden Handschriften aus der Sammlung Arundel, zu denen ungef2hr 60 Codices aus dem ehemaligen Besitz der Kartause zu rechnen sind, seit 1833 im British Museum (heute British Library) aufbewahrt. Lauds Brief an die Bodleian Library vom 28. Juni 1639 erw2hnt, daß viele der Handschriften ihm vom Earl von Arundel geschenkt wurden, als dieser von seiner beru¨hmten, im Auftrag der englischen Krone unternommenen Deutschlandreise des Jahres 1636 zuru¨ckkehrte, die ihn u¨ber Den Haag, Frankfurt am

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Priebsch, Deutsche Handschriften in England. Bd. 1: Ashburnham-Place, Cambridge, Cheltenham, Oxford, Wigan. Bd. 2: Das British Museum, mit einem Anhang u¨ber die Guildhall-Bibliothek, Hildesheim/New York 1979 (ND in einem Band der Ausgabe Erlangen 1896–1901), Bd. 1, S. 149–151, 146, 148 und 148 f. Fu¨r moderne Beschreibungen von MS. Laud Misc. 443 und MS. Laud Misc. 521 vgl. Der Heiligen Leben. Bd. 1: Der Sommerteil, hg. von Margit Brandt [u. a.], Tu¨bingen 1996 (TTG 44), S. XXXIX–XLIII; Georg Steer, Hugo Ripelin von Straßburg. Zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des ›Compendium theologicae veritatis‹ im deutschen Sp2tmittelalter, Tu¨bingen 1981 (TTG 2), S. 370–376; Andrew G. Watson, Catalogue of Dated and Datable Manuscripts c.435–1600 in Oxford Libraries, 2 Bde., Oxford 1984, hier Bd. 1, S. 99, Nr. 607 mit Bd. 2, Abb. 210 (MS. Laud Misc. 521, datiert 1375). Zu Thomas Howard siehe zuletzt Richard Ovenden, Thomas Howard, second Earl of Arundel (7 July 1585 – 24 September 1646), in: Baker/Womack [Anm. 32], S. 155–163; R. Malcolm Smuts, in: DNB [Anm. 32], Bd. 28, S. 439–447 (mit Literatur). Fu¨r eine eingehendere Erl2uterung der Umst2nde dieser Erwerbungen vgl. meine Ausfu¨hrungen zur Bibliothek des Zisterzienserklosters Eberbach in: Nigel F. Palmer, Zisterzienser und ihre Bu¨cher. Die mittelalterliche Bibliotheksgeschichte von Kloster Eberbach im Rheingau unter besonderer Beru¨cksichtigung der in Oxford und London aufbewahrten Handschriften, Regensburg 1998, S. 31–46. Siehe auch ¨ ber das Schicksal Mainzer Bibliotheken w2hR. W. Hunt, in: Coxe/Hunt [Anm. 30], S. xxiii–xxiv. U rend des Dreißigj2hrigen Kriegs siehe Ludwig Frohnh‰user, Gustav Adolf und die Schweden in Mainz und am Rhein, Archiv fu¨r hessische Geschichte und Altertumskunde NF. 2 (1899), S. 1–234; Gustav Binz, Literarische Kriegsbeute aus Mainz in schwedischen Bibliotheken, Mainzer Zeitschrift. Mittelrheinisches Jahrbuch fu¨r Arch2ologie, Kunst und Geschichte 12/13 (1917/1918), S. 157–165; HermannDieter M¸ller, Der schwedische Staat in Mainz 1631–1636. Einnahme, Verwaltung, Absichten, Restitution, Mainz 1979 (Beitr2ge zur Geschichte der Stadt Mainz 24); Fournier [Anm. 22], passim. Sigrid Kr‰mer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, 3 Teile, Mu¨nchen 1989 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz: Erg2nzungsband 1/1–3), Teil 2, S. 547–549. W2hrend Laud erst 1638 in den Besitz der Handschriften aus der Mainzer Kartause gekommen ist, werden in den Besitzvermerken der Handschriften aus Eberbach und Wu¨rzburg die Erwerbungsjahre 1636, 1637 und 1638 genannt.

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Nigel F. Palmer

Main, Wu¨rzburg und Nu¨rnberg nach Linz fu¨hrte, um dort mit Kaiser Ferdinand u¨ber die Restitution der kurpf2lzischen L2nder zu verhandeln.42 Diese Aussage schließt nicht aus, daß der Erzbischof oder seine Agenten an den Verhandlungen u¨ber die Erwerbung von Handschriften aus den ausger2umten Klo¨stern beteiligt waren. Die Handschrift des ›Paradisus anime intelligentis‹ besteht aus zwei Teilen, fol. 1–113 mit der deutschen Predigtsammlung und fol. 114–201 mit einer Sammlung von lateinischen Texten, die sich mehrheitlich mit Fragen der Kontemplation und des Aufstiegs zu Gott befassen. Beide Teile werden in der Akzessionsliste der Bodleian Library fu¨r das Jahr 1639 genannt: Paradisus Animae intelligentis De gradibus contemplacionis. 4to

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Fu¨r beide Teile l2ßt sich durch Besitzeintr2ge nachweisen, daß sie aus der Mainzer Kartause stammen, die im Jahre 1320 im Peterstal bei Eltville im Rheingau gegru¨ndet wurde, 1323/1324 auf den Michaelsberg vor den Toren der Stadt Mainz umzog, und deren umfangreiche mittelalterliche Handschriftenbibliothek heute zum gro¨ßten Teil auf die Stadtbibliothek Mainz, die Bodleiana und die British Library verteilt ist.44 Der erste Teil der Handschrift enth2lt auf fol. 64v einen deutschen Besitzvermerk der Kartause, der auch in anderen deutschsprachigen Handschriften von der gleichen Hand und mit gleichem Wortlaut, u. a. auf fol. 138v der Oxforder Handschrift mit der ¨ bersetzung von Hugo Ripelins ›Compendium theologicae veritatis‹ (MS. Laud Misc. U 521), bezeugt ist und den die Verfasser der Mainzer Handschriftenkataloge mit guten Gru¨nden um 1500 ansetzen.45 Am Schluß des ersten Teils, oben auf der leeren Ver42 43

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Palmer [Anm. 40], S. 38 f.; Fournier [Anm. 22], S. 191. Library Records b. 903, pag. 353. Vgl. die alten Verzeichnisse der Sammlung Laud: Library Records d. 1054, fol. 98r; Library Records e. 641, fol. 48r; Library Records e. 644, fol. 55r. Zur Mainzer Kartause und ihrer Bibliothek siehe Heinrich Schreiber, Die Bibliothek der ehemaligen Mainzer Kartause. Die Handschriften und ihre Geschichte, Leipzig 1927 (Zentralblatt fu¨r Bibliothekswesen, Beiheft 60; ND Wiesbaden 1968); Johannes Simmert, Die Geschichte der Kartause zu Mainz, Mainz 1958 (Beitr2ge zur Geschichte der Stadt Mainz 16); Kr‰mer [Anm. 41], Teil 2, S. 547–549; Gerhard List/Gerhardt Powitz, Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz. Bd. 1: Hs I 1 – Hs I 150, Wiesbaden 1990, S. 10–14; Annelen Ottermann, in: Gutenberg: aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Katalog zur Ausstellung der Stadt Mainz anl2sslich des 600. Geburtstages von Johannes Gutenberg 14. April – 3. Oktober 2000, hg. von der Stadt Mainz, Mainz 2000, S. 276–284; Uta Goerlitz, Monastische Buchkultur und geistiges Leben in Mainz am ¨ bergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Kartause St. Michael und das Benediktinerkloster St. Jakob U (Zum Entstehungsfeld der Mainzer Augustinus-Handschrift »I 9«), in: Die Mainzer Augustinus-Predigten. Studien zu einem Jahrhundertfund, hg. von Gerhard May und Geesche Hˆnscheid, Mainz 2003 (Vero¨ffentlichungen des Instituts fu¨r Europ2ische Geschichte Mainz, Abt. fu¨r Abendl2ndische Religionsgeschichte, Beiheft 49), S. 21–53. Zur Erschließung der Mainzer Handschriften siehe Gerhardt Powitz, Der Handschriftenkatalog der Stadtbibliothek Mainz 1980 – 2005, in: 200 Jahre Stadtbibliothek Mainz, hg. von Annelen Ottermann und Stephan Fliedner, Wiesbaden 2005 (Vero¨ffentlichungen der Bibliotheken der Stadt Mainz 52), S. 159–171. Zu MS. Laud Misc. 521 vgl. Steer [Anm. 38], S. 372 mit Abb. 36. Fu¨r ein weiteres Beispiel des deutschsprachigen Exlibris siehe Gerhard List, Die Handschriften der Stadtbibliothek Mainz. Bd. 2: Hs I 151 – Hs I 250, Wiesbaden 1998, S. 338, Abb. 6.

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soseite des letzten Blattes (113v) – fol. 113a du¨rfte urspru¨nglich als Pergamentspiegel gedient haben –, steht ein zweiter, lateinischer Besitzvermerk der Kartause, der etwa im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts eingetragen wurde.46 Der zweite Teil der Handschrift, der unten auf fol. 114r den u¨blichen lateinischen Besitzvermerk der Kartause enth2lt (s. u.), l2ßt sich im Unterschied zum ersten Teil in den in Mainz aufbewahrten mittelalterlichen Bibliothekskatalogen der Kartause als Einzelband nachweisen. Fournier identifiziert die Handschrift mit der Signatur M. VII. S [= Secundus] im 2lteren Katalog von 1470 (Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 577, fol. 273r) und mit M. VII. P [= Primus] in einem ju¨ngeren, vor 1520 fertiggestellten Katalog (Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 576, fol. 167r).47 Seit den Untersuchungen von Heinrich Schreiber wissen wir, daß die Mainzer Kartause wie einige andere Klo¨ster des Ordens u¨ber eine ansehnliche Sammlung von deutschen Bu¨chern verfu¨gte, die zwar nicht in den erhaltenen Katalogen verzeichnet waren, aber eigene, mit dem Buchstaben X anfangende Signaturen erhielten. Auf Grund einer Zusammenstellung der Signaturen auf elf erhaltenen B2nden, die von X. I. T [= Tertius] bis X. XVII. T reichen, und einer Liste von zwo¨lf weiteren Handschriften, von denen die Signaturen nicht erhalten sind, sch2tzt er den Umfang der deutschsprachigen Handschriftenbibliothek auf ann2hernd 100 B2nde.48 Zu den Handschriften, die ihre Signaturen verloren haben, rechnet Schreiber die Oxforder Handschrift des ›Paradisus anime intelligentis‹. Fournier, der diese Handschriften in einem noch ungedruckten Beitrag noch einmal untersucht hat,49 konnte die Beobachtung machen, daß sie fast alle die gleichen deutschsprachigen Besitzvermerke enthalten. Schreiber bezeichnete die deutsche Bu¨chersammlung als die »Laienbibliothek« (S. 45) und ging davon aus, daß diese Handschriften auf einem eigenen Pult aufgestellt waren. Die Tatsache, daß die deutschen Handschriften im Bibliothekskatalog fehlen, ko¨nnte aber auch so gedeutet werden, daß sie an einem anderen Ort, z. B. im Laienrefektorium oder -dormitorium, aufbewahrt wurden. W2hrend die These, daß die Sammlung von deutschen Bu¨chern als eine ›Sondersammlung‹ fu¨r die Laienbru¨der zu verstehen 46

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Dieser Eintrag vertritt einen mehrmals bezeugten, aber etwas selteneren Typ, bei dem die Kartause als domus montis sancti michaelis prope Magunciam bezeichnet wird. Vgl. den im Wortlaut identischen Besitzeintrag von derselben Hand in der lateinischen Handschrift MS. Laud Misc. 492, fol. 58r. Ein weiterer identischer Besitzeintrag ist in der Handschrift Basel, UB, B X 6 enthalten, die sp2ter an die Basler Kartause kam und dort mit einem eigenh2ndigen Eintrag durch den Prior Heinrich Arnoldi (1407–1487) versehen wurde. Die Datierung dieser Besitzvermerke in das sp2tere 15. Jahrhundert – aber, wie der Basler Eintrag nahelegt, noch vor 1487 – beru¨cksichtigt sowohl den pal2ographischen ¨ berlegung, daß die Eintr2ge dieser Art, die in fast allen Handschriften aus der Eindruck als auch die U Kartause vorkommen, nicht im Zusammenhang mit ihrer Erwerbung, sondern mit der Neuordnung der Bibliothek stehen du¨rften, die durch die um 1466/1470 erfolgte Katalogisierung bezeugt ist. Fournier [Anm. 22], S. 192. Vgl. Guido Hendrix, Hugo de Sancto CaroAs Traktaat De doctrina cordis. Handschriften, receptie, tekstgeschiedenis en authenticiteitskritiek, Lo¨wen 1995 (Documenta Libraria 16/1), S. 124 f., dessen Ergebnisse bezu¨glich der Identifizierung der Mainzer Exemplare des ›De doctrina cordis‹ sich mit Fourniers Vorschl2gen gut vereinbaren lassen. Schreiber [Anm. 44], S. 45–48. Ich beziehe mich auf den Vortrag, den Herr Fournier 1998 auf der Oxforder Tagung hielt.

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sei, nicht widersprochen blieb,50 haben die besten Kenner der Mainzer Best2nde, List und Powitz, Schreibers Forschungsergebnis best2tigt; dieser Meinung haben sich auch Hasebrink und Fournier angeschlossen.51 Die Zuweisung solcher Handschriften wie unserer Predigtsammlung und der ›Com¨ bersetzung an eine separat aufgestellte Laienbibliothek pendium theologicae veritatis‹-U in der Mainzer Kartause fu¨gt sich gut in das Gesamtbild der Bu¨cherpflege bei den Kart2usern in Deutschland am Ausgang des Mittelalters ein, wie sie z. B. aus den vergleichbaren, aber jeweils an die Besonderheiten der lokalen Situation angepaßten Verh2ltnissen in den Kart2userklo¨stern in Ko¨ln, Basel, Buxheim, Gu¨terstein (bei Urach) und Schnals (Su¨dtirol) bezeugt ist.52 Es sollte aber bei der Erw2gung eines solchen Gebrauchskontexts mit beru¨cksichtigt werden, daß die Kart2user bei ihrem Eintritt ins Kloster h2ufig Bu¨cher der verschiedensten Art mit sich brachten, die in den Besitz der Bibliothek u¨bergingen, und daß gerade eine st2dtische Kartause wie Mainz, die eine bedeutende Stellung im religio¨sen Leben der Stadt innehatte, Bu¨cherschenkungen von frommen Go¨nnern erhalten haben wird.53 Es w2re nicht ganz unproblematisch, aus dem um 1500 eingetragenen deutschsprachigen Besitzvermerk die Folgerung zu ziehen, daß eine solche, gut 140 Jahre alte Handschrift mit mystischen Predigten tats2chlich von den Bauern- und Handwerkerso¨hnen, die als Laienbru¨der die gesamte manuelle Arbeit zu leisten und die in ihren Lauren abgesondert lebenden Mo¨nche zu verpflegen hatten, als bevorzugte Lektu¨re verwendet wurde. Es ist aber zu beru¨cksichtigen, daß eine Kartause nicht nur Profeßmo¨nche und Konversen (Laienbru¨der), sondern auch die sozial unterschiedlich zusammengesetzte Gruppe der Redditen (redditi clerici und redditi laici), Donatbru¨der und Pr2bendare beherbergte, die ohne vorgeschriebene Arbeitsverpflichtungen im Kloster lebten und als Mitglieder der

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Steer [Anm. 38], S. 474 mit Anm. 10. List/Powitz, Kat. Mainz, Bd. 1 [Anm. 44], S. 12 mit Anm. 7; Hasebrink [Anm. 4], S. 156 f.; Fournier [Anm. 22], S. 192. Vgl. Richard Bruce Marks, The Medieval Manuscript Library of the Charterhouse of St. Barbara in Cologne, 2 Bde., Salzburg 1974 (Analecta Cartusiana 21–22), hier Bd. 1, S. 24 f.; Wolfram D. Sexauer, Fru¨hneuhochdeutsche Schriften in Kart2userbibliotheken. Untersuchungen zur Pflege der volkssprachlichen Literatur in Kart2userklo¨stern des oberdeutschen Raums bis zum Einsetzen der Reformation, Frankfurt a. M. [usw.] 1978 (Europ2ische Hochschulschriften I, 247), mit Untersuchungen zur Situation in Basel, Buxheim und Gu¨terstein; Walter Neuhauser, Beitr2ge zur Bibliotheksgeschichte ¨ sterreich, Bd. 1, hg. von James Hogg, Salzburg 1980 der Kartause Schnals, in: Die Kart2user in O (Analecta Cartusiana 83), S. 48–126, hier S. 56–60; Volker Honemann, Deutsche Literatur in der Laienbibliothek der Basler Kartause 1480–1520, ungedruckte Habilitationsschrift FU Berlin 1982; Roland Deigendesch, Die Kartause Gu¨terstein. Geschichte, geistiges Leben und personales Umfeld, Leinfelden 2001 (Schriften zur su¨dwestdeutschen Landeskunde 39). Siehe auch Goerlitz [Anm. 44], S. 37–40. Die Quellenlage erlaubt leider keine Aussage zu den wichtigen Kartausen in Straßburg und Nu¨rnberg. Vgl. die Beispiele fu¨r Bu¨cherschenkungen an die Utrechter Kartause bei J. Peter Gumbert, Die Utrechter Kart2user und ihre Bu¨cher im fru¨hen fu¨nfzehnten Jahrhundert, Leiden 1974, S. 123–133; an die Ko¨lner Kartause bei Marks [Anm. 52], Bd. 1, S. 3–10, 13–17. Bei Sexauer [Anm. 52], S. 47, steht das bemerkenswerte Diktum: »Die Kartausen-Bibliothek stellt – besonders in der ersten Aufbauphase – zun2chst immer ein Spiegelbild der Leseinteressen der o¨rtlichen Umgebung dar, nicht der Mo¨nche.«

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Klostergemeinschaft Zugang zu der Laienbibliothek gehabt haben du¨rften.54 Von ihrem laikalen Stand her wu¨rden die Laien der Mainzer Kartause am Ende des Mittelalters eine Parallele zu den Schwestern des Nonnenkonvents bieten, die als Adressaten der um 1350/1370 entstandenen Hamburger Schwesterhandschrift des ›Paradisus anime intelligentis‹ in Erw2gung zu ziehen sind (s. o. Anm. 11). Mit diesen Fragen nach dem Gebrauchskontext der Predigtsammlung und nach dem Publikum, das der Redaktor der Sammlung tats2chlich erreicht hat, beru¨hren wir zentrale Fragen der Eckhart- und Mystikforschung. Zur Diskussion stehen die Thesen, daß Eckharts Predigten in der durch die ›Paradisus anime intelligentis‹-Sammlung bezeugten Phase seiner T2tigkeit nicht an Nonnen, sondern an fratres docti gerichtet waren und daß der Redaktor unserer Sammlung die Predigten durch seine ku¨rzenden, gezielt vorgenommenen Eingriffe zu einem Predigthandbuch fu¨r diese gleiche Zielgruppe, die fratres docti des Dominikanerordens, umgearbeitet hat, das »im Rahmen der deutschen Dominikanerstudien und einer bestimmten theologischen Lehrmeinung eine ganz bestimmte Eckhartrezeption zu propagieren […] suchte«.55 Die Predigten des Zisterziensers Nikolaus von Landau, die eine umfangreiche Rezeption der ›Paradisus‹-Predigten bezeugen, lassen durch ihre ausfu¨hrlichen lateinischen Einleitungen und Einschaltungen (u. a. mit gelehrten Zitaten) ein gebildetes Zielpublikum erkennen. Lhnliches gilt, wenn auch in beschr2nktem Umfang, fu¨r die Oxforder und Hamburger Handschriften und ihre Vorlage. Zwei lateinische Randglossen mit deutlich scholastischem Charakter in den Predigten 9 und 62 und die Erkl2rung videlicet predicatorum am Rande von Predigt 62, wo im deutschen Text von vnse groisten meistere die Rede ist (O fol. 73v = Abb. 8, H2 fol. 109r = Abb. 9), die auf die gemeinsame Vorlage *OH2 zuru¨ckzufu¨hren sind, lassen erkennen, daß eine erste Phase der ›Paradisus anime intelligentis‹-Rezeption in einem lateinisch gebildeten Milieu, wahrscheinlich unter Dominikanern, stattgefunden hat.56 Erst in einer sekund2ren Rezeptionsphase ist in der Handschriftenu¨berlieferung zu beobachten, wie der mystisch-scholastischen Predigtsammlung bei der »religious education of laymen« eine Rolle zukommt.57 Ein in ungewo¨hnlich unbeholfener Schrift ausgefu¨hrter Randvermerk in kaffin in got in der Oxforder Handschrift (s. u. S. 108, Abb. 1), der wahrscheinlich noch ins 14. Jahrhundert geho¨rt und durch die Hervorhebung von dem 54

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Neben maximal 16 Laienbru¨dern (conversi, fratres laicales) fu¨r die manuelle Arbeit durfte eine fu¨r zwo¨lf Profeßmo¨nche eingerichtete Kartause bis zu sieben Redditen oder Donaten aufnehmen. Die Pr2bendare (oder Pfru¨ndner) sind gelegentlich als Wohlt2ter der Kartause bezeugt. Alle drei Gruppen werden von Simmert fu¨r die Mainzer Kartause nachgewiesen. Vgl. Simmert [Anm. 44], S. 39–46; Sexauer [Anm. 52], S. 35. Hasebrink [Anm. 4], S. 157; Largier [Anm. 1], S. 187 (Zitat). Siehe unten S. 108. Die Glosse widerworf der minne: .i. obiectum, die in O und H2 in der Predigt des Barfu¨ßer-Lesemeisters bezeugt ist (Strauch, S. 132,38/133,1), steht auch bei Nikolaus von Landau, wo sie als obiectum caritatis ausfu¨hrlicher formuliert und durch ein lateinisches Aristoteles-Zitat erg2nzt wird; vgl. Zuchhold [Anm. 17], S. 95. In dieser Predigt stehen zwei weitere lateinische Einschaltungen: exemplum de albo et nigro (132,4 OH2, Verweis auf ein nicht ausgefu¨hrtes Exemplum) und hic contrariantur minores predicatoribus (132,37 nach mach ich, H2 fol. 162r, fehlt in O). Hasebrink [Anm. 4], S. 145.

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Motiv der go¨ttlichen Schau auf kontemplative und mystische Leserinteressen schließen l2ßt, bezeugt die Lektu¨re der Handschrift durch einen ungeschulten Leser (oder Leserin). Zu dieser Phase der Rezeption du¨rften auch die zahlreichen unbeholfenen Kreuze geho¨ren, die von einem (illiteraten?) Leser als Nota-Zeichen eingetragen wurden, eventuell auch die Fratzen und sonstige unbeholfene Markierungen (s. u. S. 107 f.). Die Hamburger Handschrift enth2lt nichts direkt Vergleichbares, aber es gibt dort vier Stellen, an denen eine weniger geu¨bte Hand Zahlenreihen im Text hervorgehoben hat.58 Daß eine Rezeption bei gelehrten Laien schon gegen Mitte des 14. Jahrhunderts ¨ bernahmen einzelner Stellen der ›Paradisus‹-Predigten in mo¨glich war, geht aus den U dem Hermann von Fritzlar – Hartwig von Erfurt-Komplex hervor,59 aber sie ist fu¨r die erhaltenen Handschriften in dieser Zeit noch nicht konkret nachzuweisen. Zwei weitere deutschsprachige Handschriften aus den Best2nden der Mainzer Kartause mu¨ssen hier genannt werden, weil sie mit der ›Paradisus‹-Sammlung inhaltlich vergleichbare Texte enthalten und fu¨r die Beurteilung der Frage nach laikaler Rezeption von Belang sind. Der Londoner Sammelband British Library, Arundel MS. 214 enth2lt auf fol. 79r–98v ein Fragment der ›St. Georgener Predigten‹ (Mitte 14. Jh.)60 und bietet damit ein weiteres Zeugnis fu¨r das Interesse an inhaltlich anspruchsvollen, aber in diesem Falle noch nicht scholastisch gepr2gten 2lteren deutschsprachigen Predigten.61 Fu¨r die ›St. Georgener Predigten‹ gilt ebenso wie fu¨r die Oxforder Handschrift, daß die Zuweisung an eine Sondersammlung fu¨r die Laien in der Mainzer Kartause nicht fu¨r die Zeit ihrer Entstehung oder fu¨r die erste Rezeptionsphase, sondern nur fu¨r das Ende des 15. Jahrhunderts wahrscheinlich zu machen ist. Die Schreibsprache von Arundel MS. 214 weist nicht in die Gegend um Mainz, sondern eher in den o¨stlichen Teil des mitteldeutschen Gebiets,62 und es darf deswegen angenommen werden, wie oben fu¨r O vermutet wurde, daß die Handschrift entweder bei einer Bu¨cherstiftung oder als mitgebrachter Buchbesitz an die Kartause gelangte. Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 221 enth2lt eine reichhaltige Sammlung von vorwiegend deutschsprachigen, teilweise aber auch lateinischen Gebeten, geistlichen Lehren, ¨ berschall‹, Aufz2hlungen und Kurztraktaten, darunter das mystische Lied ›Von dem U 58

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H2 fol. 72v ses (zu Strauch, S. 61,27 ses stocke); fol. 83v VII gabe (zu S. 70,3 die gabe dez heiligen geistes); fol. 86r VIII seligket (zu S. 72,14 f.); fol. 87r XXIIII meistere (zu S. 73,11 f.). Siehe unten im Verzeichnis der ›Paradisus‹-Predigten Nr. 3, 24, 28, 32, 41. Priebsch [Anm. 38], Bd. 2, S. 43f; Schreiber [Anm. 44], S. 47; Kurt Otto Seidel, ›Die St. Georgener ¨ berlieferungs- und Textgeschichte, Tu¨bingen 2003 (MTU 121), Predigten‹. Untersuchungen zur U S. 21–23. Auch die Laienbru¨der der Basler Kartause verfu¨gten u¨ber Texte der deutschen Mystik, z. B. die Sermones Eckardi (mittelalterliche Signatur laut Katalog: E j) und die Basler Handschrift mit mystischen Predigten, ¨ ffentliche Bibliothek der Universit2t, cod. B XI 10 (Signatur: E xxvj), wie aus der U ¨ bersicht bei O Sexauer [Anm. 52], S. 160–170, hervorgeht. Seidel [Anm. 60] bezeichnet die Handschrift als »rheinfr2nkisch mit teilweise ins Su¨drheinfr2nkische bis ins Alemannische weisendem Lautstand« (S. 23) und verweist u. a. auf die ph-Schreibungen wie schephere, scharphin, inlautendes Ædæ in striden, godes, blude, und Æoæ fu¨r ou in ogin, hobit. Schreibungen wie her neben er und nicht/niht neben nit, die von Seidel nicht beru¨cksichtigt werden, lassen eine N2he zum Ostmitteldeutschen vermuten.

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Bertholds von Regensburg ›Von den Zeichen der Messe‹ und die Eckhart-Predigt ›Dum medium silentium tenerent omnia‹ (Pr. 101, DW IV,1, S. 279–367; Pfeiffer Pr. 1).63 Schrift und Wasserzeichen lassen erkennen, daß die Handschrift im 14. Jahrhundert, eventuell sogar noch in der Mitte oder im dritten Viertel des Jahrhunderts entstanden sein muß.64 Die Bibliothekssignatur P lxxviii auf dem Titelschild geho¨rt zu einem Signaturensystem, das Schreiber fu¨r die Zeit um 1436 belegt, und damit fu¨r eine Zeit, als die Laienbibliothek der Kartause noch nicht nachweislich von der Hauptbibliothek fu¨r die Profeßmo¨nche getrennt war.65 Sprache und Einbandmakulatur las63

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Quint [Anm. 17], S. 134 f. (Eckhart-Hs. Mz1); Peter R¸ckert, Beschreibung der Handschrift Mainz I, 221, maschinenschriftliche Hauptseminararbeit, Universit2t Wu¨rzburg WS 1985/1986 [Exemplar in der Stadtbibliothek Mainz]; Werner Williams-Krapp, Bilderbogen-Mystik. Zu ›Christus und die min¨ berlieferung, in: U ¨ berlieferungsgeschichtliche Editionen und nende Seele‹. Mit Edition der Mainzer U Studien zur deutschen Literatur des Mittelalters. Kurt Ruh zum 75. Geburtstag, hg. von Konrad Kunze [u. a.], Tu¨bingen 1989 (TTG 31), S. 350–364; List, Kat. Mainz, Bd. 2 [Anm. 45], S. 261–271; Ulrike Bodemann, in: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters, Bd. 3,2, Mu¨nchen 1998, S. 112 f. (ohne Abb.). Vgl. Ottermann [Anm. 44], S. 280 (mit Farbabbildung von fol. 6r); Rudolf Bentzinger unter Mitarbeit von Gayane Balmanukyan [u. a.], Dit ist dye bezeichnunge der heiligen messe. Bertholds von Regensburg Traktat aus der Mainzer Handschrift Hs I 221, in: Septuaginta quinque. Festschrift fu¨r Heinz Mettke, hg. von Jens Haustein [u. a.], Heidelberg 2000, S. 1–24, ¨ berlieferung und bes. S. 3–11 (dort auch weitere Literatur); Ulrich Bruchhold, Medizin der Seele. U Gebrauch deutschsprachiger Beichttexte im 13. und 14. Jahrhundert, Diss. masch. Mu¨nchen 2007, S. 309–321; Judith Theben, Mystische Lyrik des 14. und 15. Jahrhunderts, Diss. masch. Freiburg i. Br. 2008, S. 144–147. Die immer wieder in der Literatur vertretene (und keineswegs unglaubhafte) Datierung ins 3. Jahrhundertviertel stu¨tzt sich auf die Wasserzeichenanalyse R¸ckerts [Anm. 63] v. J. 1985/1986, der das Wasserzeichen ›Zwei Kreise u¨bereinander – daru¨ber Kreuz‹ auf fol. 17 und 59 mit einem fu¨r Straßburg 1365 belegten Typ in der Wasserzeichenkartei Piccard im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv identifizierte, heute: »Piccard-Online« (Bestand J 340 des HStA Stuttgart, unter: http://www. piccard-online.de; abgerufen am 22. Januar 2008), Nr. 161704 [Ho¨he 112 mm, Breite 38 mm]. Meine Untersuchung der Handschrift hat ergeben, daß sie drei verschiedene Wasserzeichen aufweist: (1) Wasserzeichenpaar A1–2 fol. 1–64, 89–112, 121–128 ›Zwei Kreise u¨bereinander – daru¨ber Kreuz‹ [fol. 5/6 bzw. 15/16: Ho¨he ca. 108–110 mm, Breite 32 bzw. 30 mm, Großregalformat], mo¨glicherweise identisch mit »Piccard-Online« Nr. 161702, ohne Ort 1356 [Ho¨he 108 mm, Breite 31 mm, Großregalformat]. Vgl. Ernst Kirchner, Die Papiere des XIV. Jahrhunderts im Stadtarchive zu Frankfurt a. M. und deren Wasserzeichen, Frankfurt a. M. 1893, Nr. 54 (Frankfurter Archivalien aus den Jahren 1336–1369, als »sehr h2ufig vorkom¨ ber die Lhnlichkeit mit dem Wasserzeichen der Doppelbl2tter fol. 174/181, mend« bezeichnet). U 184/193 und 185/192 im zweiten Teil der Oxforder ›Paradisus‹-Handschrift s. u. S. 109. Die Wasserzeichen der beiden Handschriften sind sich sehr 2hnlich, aber es handelt sich um unterschiedliche Papierformate und damit um unterschiedliche Scho¨pfsiebe. (2) Wasserzeichen B fol. 65–88 ›Zwei Kreise u¨bereinander – daru¨ber Kreuz‹ [fol. 65/66: Ho¨he ca. 82–84 mm, Breite 25 mm, Großregalformat], vergleichbar mit »Piccard-Online« Nr. 22483, Lucca 1367 [Ho¨he 82 mm, Breite 26 mm, wohl Kanzleiformat]. Vgl. Kirchner Nr. 55 (1336–1369). (3) Wasserzeichen C fol. 113–120: ›Kreis – einkonturig – daru¨ber einkonturiger Stern‹ [fol. 116/117: Ho¨he ca. 47–50 mm, Breite 23 mm, Kanzleiformat], vergleichbar mit »Piccard-Online« Nr. 161587–88, Xanten 1366 [Ho¨he 74 bzw. 73 mm, Breite 29 bzw. 23 mm], 161589–90, Wesel 1366 [Ho¨he 72 bzw. 75 mm, Breite 24 bzw. 26 mm] und 21799, Regensburg 1358 [Ho¨he 87 mm, Breite 28 mm, Großregalformat]; Kirchner [s. o.], Nr. 39 (»Reichsapfel«, Frankfurter Archivalie v. J. 1354). Wasserzeichen C vertritt einen sehr seltenen Typ, fu¨r den Piccard nur die fu¨nf genannten Belege aus dem Zeitraum 1358–1366 nennen konnte; hinzu kommt der Frankfurter Beleg v. J. 1354. Eine sehr pr2zise Datierung des Papiers scheint nicht mo¨glich zu sein. Man wird aber trotzdem davon ausgehen ko¨nnen, daß die Handschrift in etwa im Zeitraum 1350–1370 entstanden ist. Schreiber [Anm. 44], S. 31–34, Rekonstruktionsversuch der 2lteren Handschriftenaufstellung S. 194–197; S. 46 zu der Signatur P lxxviii.

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sen erkennen, daß die Handschrift mit großer Wahrscheinlichkeit in Mainz entstanden ist.66 W2hrend das allgemeine Niveau theologischer Reflexion verh2ltnism2ßig niedrig ist, lassen die lateinischen Gebete am Anfang der Handschrift (u. a. mit Angaben quomodo cantandum est et legendum per circulum anni fol. 5r) an eine religio¨se Gemeinschaft als Zielgruppe bei der Planung des Inhalts durch den Schreiber denken. Ein Besitzvermerk in ziemlich unbeholfener Schrift, der hinter der am Schluß der Handschrift beigebundenen (aber teilweise auf dem gleichen Papier geschriebenen) Eckhart-Predigt eingetragen wurde, zeigt, daß der Band sich im Besitz des am 18. Juli 1428 verstorbenen Mainzer Patriziers Friedrich (zum) Eselweck befunden hat, fu¨r den enge famili2re und auch sonstige Verbindungen zu der Kartause nachgewiesen sind: Friedrich zum eselwecke ist diz bu˚ch Hie hat ez ein ende got vns sine gnade sende Amen – (fol. 128r).67 Ein vergleichbarer Eintrag in lateinischer Sprache, ab Eselweck venit, befindet sich in einer Mainzer Handschrift der ›Dekalog-Erkl2rung‹ Marquards von Lindau (Hs I 128, Signatur der Laienbibliothek X VIII P).68 Ob es sich dabei um Friedrich oder um ein anderes Familienmitglied handelt, entzieht sich in diesem Falle unserer Kenntnis. W2hrend zwei weitere Mitglieder der alteingesessenen Mainzer Patrizierfamilie der Eselweck, Petrus und Johannes, die Simmert als die So¨hne Friedrichs nachweist, als Kart2user in Trier und Mainz (sp2ter in Basel) bezeugt sind, wissen wir u¨ber Friedrich, daß er i. J. 1421 zwei Ho¨fe an die Mainzer Kartause verkaufte und 1428 zusammen mit seinen Eltern im Kreuzgang der Kartause bestattet wurde. Eine am 1. Dezember 1428 vom Prior der Trierer Kartause St. Alban ausgestellte Urkunde bezeugt den Verkauf einer Roggengu¨lt an die Mainzer Kartause, die aus dem Besitz ihres Mitbruders Herrn Petrus Eselweck von Mainz stammte und die dieser de Patre suo videlicet Friderico Eselweck laico ciue Moguntiensi erhalten habe. Die Bezeichnung des Mainzer Bu¨rgers als Frideric[us] Eselweck laic[us] ist in diesem Kontext wohl so zu deuten, daß Friedrich in sp2teren Jahren als »Laie«, beispielsweise als Pr2bendar, in die familia der Kartause eingetreten ist, denn es w2re sonst keiner Erw2hnung wert, daß der ciuis Moguntiensis zum Laienstand geho¨rt habe.69 Von Johannes Eselweck (1429–1432 Prior in Basel), dem zweiten Sohn Friedrichs, ist durch die Chronik der Basler Kartause bekannt, daß er sich neben anderen Bu¨chererwerbungen durch die

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Zur Einbandmakulatur siehe List, Kat. Mainz, Bd. 2 [Anm. 45], S. 261 f., zur Schreibsprache (»Rheinfr2nkisch«) Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 8–10. ¨ ber Friedrich, Petrus und Johannes Eselweck siehe Schreiber [Anm. 44], S. 85, 91 f.; Simmert U [Anm. 44], S. 115 f. mit Nr. 42 Anm. 4; Fritz Viktor Arens, Die Inschriften der Stadt Mainz von fru¨hchristlicher Zeit bis 1650. 1 Teil: Der Mainzer Dom, Stuttgart 1958 (Die Deutschen Inschriften 2, Heidelberger Reihe 2), S. 439 und 445 (zum Grabstein im Kreuzgang der Kartause mit dem Todestag Friedrichs i. J. 1428). Schreiber h2lt Petrus und Johannes zu Unrecht fu¨r die Bru¨der Friedrichs, w2hrend sie in Wirklichkeit seine Kinder waren (Simmert, a. a. O.). Auch die in den Quellen so nicht zu verifizierende Angabe, daß Friedrich »Kart2user« gewesen sei, geht auf Schreiber zuru¨ck. Wolfgang Dobras (Stadtarchiv Mainz) habe ich fu¨r Hinweise zu danken. List/Powitz, Kat. Mainz, Bd. 1 [Anm. 44], S. 230. ¨ ber Mainz, Stadtarchiv, Best. 13, Nr. 263 (Ingrossaturbuch der Mainzer Kartause, 17. Jh.), fol. 76v–77r. U Pr2bendare in Mainz siehe Simmert [Anm. 44], S. 44–46.

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Anschaffung von drei lateinischen Handschriften aus Mainz fu¨r die Basler Kartause verdient machte.70 Das Beispiel der Hs I 221 bezeugt eine ›literarische Interessengemeinschaft‹ fu¨r mystisch-aszetische Schriften zwischen einem Laien, der als Mitglied einer wohlhabenden Patrizierfamilie bezeugt ist, und den Mainzer Kart2usern. Daru¨ber, ob die Handschrift als Schenkung bzw. Verm2chtnis an die Kartause kam oder von Friedrich Eselweck ›mitgebracht‹ wurde, als er, wie zu vermuten ist, am Ende seines Lebens in die Kartause eintrat, ko¨nnen wir nur spekulieren. Ein Blick auf den zweiten Teil der Oxforder Handschrift l2ßt erkennen, daß neben der Mo¨glichkeit, daß die Konversen und sonstigen Laien der Mainzer Kartause an der Lektu¨re einer mystisch-scholastischen Predigtsammlung interessiert waren, ein zus2tzlicher mo¨glicher Gebrauchskontext in Erw2gung zu ziehen ist, und zwar die Privatlektu¨re im Rahmen der Meditationspraktiken und theologischen Studien der Profeßmo¨nche. Zwischen den Leseinteressen der beiden sozialgeschichtlich auseinander zu haltenden Gruppen wird man nicht immer strikt trennen du¨rfen. Die beiden im 2ußeren Format identischen Teile des Sammelbandes du¨rften zwar erst im 17. Jahrhundert zusammengekommen sein. Es ist aber trotzdem bemerkenswert, daß der beigebundene lateinische Teil weitere mystische Schriften aus der Kartause enth2lt, die dadurch inhaltlich – per contrarium – an den ›Paradisus anime intelligentis‹ anschließen, daß sie eine von der Position der deutschsprachigen Predigtsammlung grunds2tzlich verschiedene Lehrmeinung im Hinblick auf die Erfahrung Gottes vertreten. Er kann dazu dienen, um daran zu erinnern, daß gerade die kontemplative Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts in lateinischer Sprache, die mit zu den Voraussetzungen fu¨r das Aufkommen eines deutschsprachigen mystischen Schrifttums zu rechnen ist, im Kart2userorden gepflegt wurde.71 Es muß ausdru¨cklich betont werden, wenn der zweite, lateinische Teil von O im Sinne von Mitu¨berlieferung herangezogen wird, daß die beiden Handschriftenfaszikel im Mittelalter nie zusammengebunden waren. Die inhaltlichen Beziehungen, die zwischen beiden Teilen festzustellen sind, sind mit großer Vorsicht zu deuten und sind nur bedingt tragf2hig fu¨r weitere Schlußfolgerungen. Es wird sich zeigen, daß die Entste70

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Basel, UB, B VI 8, B VII 11 und B VIII 16. Vgl. Basler Chroniken, 8 Bde., hg. von der historischen [und antiquarischen] Gesellschaft in Basel, Basel 1872–1945, hier Bd. 1, hg. von Wilhelm Vischer und Alfred Stern, S. 287 f.; Schreiber [Anm. 44], S. 91 mit Anm. 2, S. 92; Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 4 mit Anm. 6. Vgl. Gustav Meyer/Max Burckhardt, Die mittelalterlichen Handschriften der Universit2tsbibliothek Basel. Beschreibendes Verzeichnis, 3 Bde. mit 2 Registerb2nden, Basel 1960–1998, hier Bd. 1, S. 591. Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], S. 91–105 (zu Hugo von Balma OCart), 164–183 (»Kart2user-Mystik im sp2ten 13. Jahrhundert«). Vgl. Francis Ruello, Statut et roˆle de lAIntellectus et de lAAffectus dans la The´ologie Mystique de Hugues de Balma, in: Kart2usermystik und -mystiker. Dritter internationaler Kongress u¨ber die Kart2usergeschichte und -spiritualit2t, Bd. 1, hg. von James Hogg, Salzburg 1981 (Analecta Cartusiana 55/1), S. 1–46; Philippe Dupont, LAascension mystique chez Guiges du Pont, in: ebd., Bd. 1, S. 47–80. Vgl. Erich Kleineidam, Die Spiritualit2t der Kart2user im Spiegel der Erfurter Kart2user-Bibliothek, in: Die Kart2user. Der Orden der schweigenden Mo¨nche, hg. von Marijan Zadnikar in Verbindung mit Adam Weinand, Ko¨ln 1983, S. 185–202.

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hung des lateinischen Faszikels in Mainz pr2zise nachzuweisen ist. Er bietet wegen der thematischen Verwandtschaft im Inhalt auf einem trotz der Verwendung eines anderen Schrifttyps, der n2her bei der Hamburger ›Paradisus‹-Handschrift steht, recht gut vergleichbaren Anspruchsniveau und im identischen Format einen wichtigen Einblick in das intellektuelle und spirituelle Umfeld, in dem die Rezeption der Predigtsammlung in der Mainzer Kartause zu sehen ist.72 Fol. 114r–201v der Oxforder Handschrift enth2lt eine Sammlung von mystisch-aszetischen Exzerpten und Traktaten in lateinischer Sprache, die in einem Zusammenhang mit einigen anderen Handschriften der Mainzer Kartause stehen. Die Handschrift wurde von einer Hand in einer fu¨r die erste H2lfte des 14. Jahrhunderts typischen Kursivschrift geschrieben, teilweise auf Pergament, teilweise auf Papier (Wasserzeichendatierung 2. Viertel bis Mitte 14. Jh., s. u. S. 110). Die wichtigsten Texte sind: [Thomas Gallus], ›De septem gradibus contemplationis‹; eine anonyme Textsammlung ›De contemplatione‹; [Gerardus Leodiensis], ›De doctrina cordis‹ (mit nachtr2glicher Zuschreibung an Albertus Magnus); Richard von St. Viktor, ›Benjamin major‹; Ders., ›De quatuor gradibus violentae caritatis‹; Exzerpt aus Gregor dem Großen, Ezechielkommentar; ›Marienpredigt Maria optimam partem‹. Einige dieser Texte stehen in anderer Reihenfolge (und in zwei verschiedenen Abschriften) in der wohl etwas sp2ter entstandenen Mainzer Handschrift Stadtbibliothek, Hs I 48 (2. H. 14. Jh.), die ebenfalls aus der Mainzer Kartause stammt und mit Sicherheit dort geschrieben wurde, – teilweise wohl als Abschrift der Oxforder Handschrift.73 Neue kontemplative Texte, die in der Mainzer Handschrift hinzukommen, sind: der ›Theologia mystica‹-Traktat Hugos von Balma u¨ber Viae Sion lugent,74 der ›Stimulus amoris‹,75 Hugo Ripelin, ›De fructibus spiritualibus‹ (Exzerpt aus dem ›Compendium theologicae veritatis‹) und das ›Soliloquium‹ Bonaventuras. Andere gemeinsame Texte stehen in der Basler Hand¨ ffentliche Bibliothek der Universit2t, B IX 6 (Anfang 14. Jh.), die sich schon schrift, O fru¨h im Besitz des Basler Predigerklosters befunden hat. Es bestehen aber auch enge Bezu¨ge zu einer weiteren Basler Handschrift des 14. Jahrhunderts, B X 6, die bis ins 72

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Zum Begriff der ›kodexu¨bergreifenden Mitu¨berlieferung‹ siehe Bernhard Schnell, Zur Bedeutung der ¨ berlieferungs- und Wirkungsgeschichte, in: U ¨ berlieferungsgeschichtliche Bibliotheksgeschichte fu¨r eine U Prosaforschung. Beitr2ge der Wu¨rzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung, hg. von Kurt Ruh, Tu¨bingen 1985 (TTG 19), S. 221–230. ¨ berlieferung bei List/PoVgl. den Hinweis auf die O und Hs I 48 gemeinsame ›De doctrina cordis‹-U witz, Kat. Mainz, Bd. 1 [Anm. 44], S. 102. Hugues de Balmes, The´ologie mystique. Introduction, texte latin, traduction, notes et index de Francis Ruello. Introduction et apparat critiques de Jeanne Barbet, Paris 1995 (Sources chre´tiennes 408). Vgl. Harald Walach, Notitia experimentalis Dei – Studien zu Hugo de Balmas Text »Viae Sion lugent« und ¨ bersetzung, Salzburg 1994 (Analecta Cartusiana 98/1); Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], deutsche U S. 91–105; Carthusian Spirituality. The Writings of Hugh of Balma and Guigo de Ponte, englische ¨ bers. und Einleitung von Dennis D. Martin. Vorwort von John Van Engen, New York 1997 U (Classics of Western Spirituality). ¨ berlieferung, deutsche U ¨ bersetzungen, RezepFalk Eisermann, ›Stimulus amoris‹. Inhalt, lateinische U tion, Tu¨bingen 2001 (MTU 118), S. 122 mit Verweis auf den Zusammenhang mit Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 181. Eisermann nennt 15 Handschriften des ›Stimulus amoris‹ aus dem Besitz der Mainzer Kartause.

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sp2te 15. Jahrhundert der Bibliothek der Mainzer Kartause geho¨rte und erst zu diesem Zeitpunkt nach Basel kam (s. o. Anm. 46).76 Der inhaltliche Zusammenhang zwischen dem ›Paradisus anime intelligentis‹ und den genannten Handschriften der Kart2userbibliothek ergibt sich deutlich aus dem ersten Text des beigebundenen Faszikels, in dem der Aufstieg zu Gott, der als Rahmenthema fu¨r die ganze lateinische Textsammlung fungiert, in der Form eines mystischen Stufenschemas geschildert wird. Es handelt sich um den Traktat ›De septem gradibus contemplationis‹ des dem Pariser Augustinerchorherrenstift St. Viktor zugeho¨rigen Kanonikers Thomas Gallus Vercellensis (ca. 1190–1246), dem die Mainzer Kart2user offensichtlich eine besondere Bedeutung zugemessen haben. Dieses Werk war in ihrer Bibliothek mindestens achtmal vorhanden und bietet eine auf Ps.-Dionysius Areopagita beruhende Uminterpretation des beru¨hmten Dictums von Lgidius von Assisi u¨ber den Aufstieg zu Gott, nach dem dieser u¨ber sieben Stufen zu geschehen habe: ignis, unctio, ecstasis, contemplatio, gustus, requies, gloria.77 Bei der Behandlung der contemplatio geht es unter anderem um den Vorrang der affectio (›Liebe‹, ›Leidenschaft‹) vor dem Intellekt: Cum enim animus contemplatiuus in eterna specula se leuauerit, intelligencia et affectio sursum pariter feruntur, in diuina se mutuo permouentes, illa speculando, hec desiderando. Precurrente autem intelligencia nec ingredi queunte, affectio intrans vnitur spiritui. Intermisso vero intellectu conatu suo, a superessenciali diuina bonitate hylariter excipitur, que se gustantibus ac desiderantibus dulciter immittit et iocunde superfulget. Ad quorum immediatam participacionem non potest anima peruenire, nisi secundum intellectum et ab omnibus fantasiis fuerit expurgata et secundum affectum ab omnibus malibus delectationibus presencium remota. (fol. 114v)

Damit vertritt Thomas Gallus schon im zweiten Jahrhundertviertel eine tendenziell anti-intellektualistische Position, die in die N2he des franziskanischen Voluntarismus kommt, der im ›Paradisus anime intelligentis‹ als Gegenposition zur dominikanischen Lehrmeinung u¨ber den Vorrang des Intellekts im Hinblick auf die Einung des Menschen mit Gott formuliert wird.78 Erst im Rahmen der Kontroversen zwischen Bonaventura und Thomas von Aquin, die um die Jahrhundertmitte einsetzen, erfolgt der terminologische Wandel, nach dem es u¨blich wird, die Seelenkraft der voluntas als der affectus oder die potentia affectiva zu definieren.79 W2hrend mehrere Elemente, die in 76 77

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Meyer/Burckhardt [Anm. 70], Bd. 2, 1966, S. 136–147 (B IX 6), 476–485 (B X 6). Eine kritische Ausgabe fehlt, aber die erste der drei bekannten Fassungen ist in den 2lteren Ausgaben der Schriften Bonaventuras gedruckt, z. B. S. Bonaventura, Opera, 7 Bde., Rom 1588–1596, hier Bd. 7, S. 104 f. Die Oxforder Handschrift bietet den Text in der dritten, geku¨rzten Fassung, in welcher der dionysische Wortschatz vereinfacht wiedergegeben wird; zu den drei Fassungen siehe: S. Bonaventura, Opera omnia, 10 Bde., Quaracchi 1882–1902, hier Bd. 8, S. CXIV. Zur Frage der Autorschaft siehe J. Huijben, Theoria metrica. Een Latijnsch dichtwerk over de contemplatie, Ons Geestelijk Erf 1 (1927), S. 386–428, hier S. 404–410; Gabriel Thðry, Thomas Gallus et Egide dAAssise. Le traite´ »De septem gradibus contemplationis«, Revue ne´oscolastique de philosophie 36 (1934), S. 180–190. Dazu zusammenfassend Largier [Anm. 1], S. 172. Vgl. Marianne Schlosser, Cognitio et amor: Zum kognitiven und voluntativen Grund der Gotteserfahrung nach Bonaventura, Paderborn [usw.] 1990 (Vero¨ffentlichungen des Grabmann-Instituts zur Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie NF. 35), S. 53–55.

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den mystischen Vorstellungen der ›Paradisus‹-Predigten eine Rolle spielen, schon bei Thomas Gallus genannt sind (wie z. B. synderesis, gustus, quies, abstractio omnium mundanorum), fehlt hier wie auch in den anderen lateinischen Traktaten der Handschrift die fu¨r die sp2tere Dominikanermystik entscheidende Vorstellung von der Gottesgeburt in der Seele. Auf die ›Sieben Stufen‹ folgt in der Handschrift eine Kompilation von weiteren Texten u¨ber die contemplatio (fol. 115v–127v), die zahlreiche weitere Zahlenreihen und Stufenschemata zu diesem und verwandten Themen bringen. Im Zentrum steht eine prozeßhafte Konzeption des mystischen Aufstiegs, in der die Liebe eine besondere Rolle spielt. Diese Texte schließen sich in ihren Formulierungen an die Schriften von Augustinus, Bernhard, Wilhelm von St. Thierry und Richard von St. Viktor an. Das kontemplative Schrifttum, das in diesem Teil der Handschrift vorherrscht, artikuliert eine deutlich andere Position als die dominikanischen Lehrmeinungen, die dem ›Paradisus anime intelligentis‹ zugrundeliegen. Eine Sonderstellung unter den Texten, die in den Handschriften der Mainzer Kartause u¨berliefert sind, kommt dem dritten Haupttext des lateinischen Faszikels in O zu, dem Traktat ›De doctrina cordis‹ von Gerardus Leodiensis (Gerhard von Lu¨ttich), der in elf Handschriften aus dem Besitz der Kartause bezeugt ist und deswegen ganz besonders gesch2tzt gewesen sein du¨rfte.80 Die Version in unserer Handschrift und in Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 48, fol. 102v–147v bietet die sieben Einzeltraktate, aus denen das Werk zusammengesetzt ist, in einer ungewo¨hnlichen Reihenfolge und enth2lt am Anfang in einem kurzen Vorwort, das vom Schreiber der Oxforder Handschrift verfaßt sein du¨rfte, die Angabe, daß der erste Traktat ›De scissione cordis‹ (u¨ber die »sieben Zeichen der ekstatischen Liebe« ) der Bequemlichkeit halber an den Anfang gesetzt wurde, w2hrend in dem Exemplar eines Dominus Fulzo ad Gradus mehrere andere Traktate diesem Stu¨ck vorangehen, die in der vorliegenden Kompilation an sp2terer Stelle eingefu¨gt worden seien.81 Bei Fulzo handelt es sich um den Mainzer 80

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Hendrix [Anm. 47], Bd. 1, S. 24 f. Ich beziehe mich auf die Druckausgabe des ›Liber de doctrina cordis‹: Speculum concionatorum ad illustrandum pectora auditorum in septem libros distributum […] auctore F. Gerardo Leodiensis Ordinis Fr. Prædicatorum Lectore celleberrimo, Neapel 1607, und auf die Editionen einzelner Teile bei Guido Hendrix, Het Leidse handschrift BPL 2579 en de tekstoverlevering van het traktaat De doctrina cordis, Ons Geestelijk Erf 54 (1980), S. 158–181, hier S. 168–173 (Prolog); Ders., Les Postillae de Hugues de Saint-Cher et le traite´ De doctrina cordis, Recherches de the´ologie ancienne et me´die´vale 47 (1980), S. 114–130, hier S. 118–129 (›De scissione cordis‹); Ders., De apercione cordis, De impedimentis and De custodia linguae. Three Pseudo-Bernardine texts restored to their true author, Hugh of St. Cher, ebd. 48 (1981), S. 172–197, hier S. 183–196 (aus ›De apercione cordis‹ und ›De custodia cordis‹); Hendrix [Anm. 47], Bd. 1, S. 371–405 (›De stabilitate‹), S. 414–433 (›De scissione‹). Faksimile: Le manuscrit Leyde Bibliothe`que de lAUniversite´, BPL 2579, te´moin principal des phases de re´daction du traite´ De doctrina cordis a` attribuer au dominicain franc¸ais Hugues de Saint-Cher (pseudo-Ge´rard de Lie`ge). E´dition en fac-simile´. Introduction de Guido Hendrix, 2 Bde., Gent 1980 (De doctrina sive praeparatione cordis 1). Vgl. Nigel F. Palmer, The authorship of the De doctrina cordis, in: A Companion to the Doctrine of the Heart: Latin and Vernacular Contexts, hg. von Denis Renevey und Christiania Whitehead, Exeter 2010 [im Druck]. Hic incipit tractatus valde delicatus de cordis cissione. in hoc loco positus causa comoditatis. et sic anticipatus. cum in ipso exemplari scilicet domini fulzonis ad gradus precedant plures alii tractatus ad istum tamquam in suppremum tendentes. […] et sic precedentes tractatus continentur in .vi. quinternis ipsius exemplaris [preter vom Schreiber durchgestrichen] Æminus am Rand hinzugefu¨gtæ duobus foliis Item in eodem exemplari.

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Kanoniker Fulzo de Longa Curia, der als (Mit-)Aussteller einer Mainzer Urkunde vom 23. Oktober 1301 u¨ber ein Zinsgesch2ft bezeugt ist, in welcher er als Volzo dictus de longa curia canonicus ecclesie Marie ad gradus magunt. bezeichnet wird.82 Er war also ein Kanoniker des Stifts St. Maria ad gradus, sp2ter unter dem Namen Liebfrauenkirche bekannt, das bis 1807 neben dem Mainzer Dom stand.83 Aus diesem Eintrag geht hervor, daß die durch Umstellungen und Einschu¨be charakterisierte Fassung des ›De doctrina cordis‹ in Mainz entstanden sein muß, wobei unsicher bleibt, ob der Redaktor, der auf ein Handschriftenexemplar aus dem Besitz eines Kanonikers zuru¨ckgreifen konnte, der gut 20 Jahre vor der Gru¨ndung der Kartause in den Jahren 1320–1323/1324 urkundlich bezeugt ist, in der Kartause t2tig gewesen sein kann. Inhaltlich wu¨rden seine kompilatorische Arbeit und die Auswahl der Texte bestens zu der Spiritualit2t der Kart2user passen. Eine weitere Besonderheit dieser Version besteht in der vom Redaktor hergestellten Assoziation mit den Liebestraktaten Richards von St. Viktor. ›Benjamin major‹ und ›De quatuor gradibus violentae caritatis‹ werden mit einem entsprechenden Verweis unmittelbar an den ›De doctrina cordis‹ angefu¨gt. Daß diese Akzentuierung gezielt vorgenommen wurde, geht aus der Umformulierung der Einleitung zu einem Abschnitt aus dem vierten Traktat, ›De stabilitate cordis‹, hervor. Hier wird n2mlich mit Verweis auf Richard die Bedeutung von affectus und amor divinus, die in der umgearbeiteten Fassung eingefu¨gt und neben intellectus und fides gestellt werden, nachdru¨cklich hervorgehoben: Dicto super que stabiliri debet intellectus noster Æatque per que noster affectus debet decencius adornari æ, restat dicere que ad fidei confirmationem Æet deinde ad amoris diuini inflammacionemæ habent animum stabilire Æet in sequenti tractatu, scilicet Magistri Rychardi, affectum habent polire, ordinare et sublimare atque subdare seu humiliare, resolui, vniri et absorberi sancte feliciter et beateæ. Nota autem quod inter multa quatuor sunt, que fidem nostram valde confirmant et stabilem reddunt. Primum est miraculorum confirmacio … (fol. 172r–v)84

Die vom Redaktor erg2nzten Textstellen lassen einen deutlichen Bezug zur Kontroverse u¨ber das gegenseitige Verh2ltnis von affectus und intellectus auf dem Weg zu Gott

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tractatus iam prenominatos precedunt plures alii tractatus scilicet de obedientia. de custodia lingue. de discreta locutione. de animi stabilitati. et quod quatuor causant instabilitatem. scilicet stulcia. culpa. etc Æet de cord[ ] custodi[ ] de pace [ ] am Rand, teilweise abgeschnittenæ hec continentur. in tribus quinternis. Item precedunt jstos. Itinerarius. et Rychardus de contemplacione vterque lucidus et compendiosus (fol. 127r). Vgl. Mainz, StB, Hs I 48, fol. 102v (mit der Lesart duobus foliis minus, die nur aus der Position der Randkorrektur in O zu erkl2ren ist) und List/Powitz, Kat. Mainz, Bd. 1 [Anm. 44], S. 102. Darmstadt, Hessisches Staatsarchiv, Urkk. Rheinhessen, Mainz Stadt Nr. 147; in Auszu¨gen gedruckt in: Hessische Urkunden. Aus dem großherzoglich hessischen Haus- und Staatsarchive zum Erstenmal hg. von Ludwig Baur, 5 Bde., Darmstadt 1860–1873, hier Bd. 2, S. 610 f. Fu¨r den Hinweis auf diese Urkunde bin ich Wolfgang Dobras (Stadtarchiv Mainz) zu besonderem Dank verpflichtet. Fulzo ist eine Variante des h2ufigen Namens Fulco, der mit westmitteldeutscher Senkung von /u/ zu /o/ auch als volzo geschrieben werden kann. Schon Schreiber [Anm. 44], S. 60 f. verweist auf die Fulzo-Stelle in O. Margarethe Dˆrr, Das Mariengredenstift in Mainz. Geschichte, Recht und Besitz, Diss. masch. Mainz 1954.

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erkennen, die unter Verwendung der von Thomas Gallus eingefu¨hrten Termini in dem ›Theologia mystica‹-Traktat Hugos von Balma (1289–1304 bezeugt) in einer spezifisch kart2usischen Tradition faßbar wird.85 Dieser Traktat wurde nachweislich in der Mainzer Kartause gelesen. Damit ist auch ein deutlicher Bezug zur Streitfrage u¨ber den von den Franziskanern behaupteten Vorrang des Willens vor dem Intellekt im ›Paradisus anime intelligentis‹ gegeben. Es handelt sich bei ›De doctrina cordis‹ um einen immer noch zu wenig bekannten, aber recht bedeutenden Vertreter der aszetisch-moraltheologischen Literatur des 13. Jahrhunderts, der in der Tradition der monastischen Theologie steht, wie sie von den Viktorinern vertreten wurde, aber zeitgem2ß durch die Hervorhebung der Reueund Bußthematik Bezu¨ge zur Pastoraltheologie des Dominikanerordens aufweist.86 Viktorinische Tradition klingt an in der Abhandlung u¨ber die septem signa amoris extatici, die den Hauptteil des (siebten) Traktats ›De scissione cordis‹ ausmacht, der in der Oxforder Handschrift an die Spitze geru¨ckt wird. Zahlreiche Anleihen aus den ›Postillae‹ Hugos von St. Cher (1230–1235), die zu Unrecht als Anlaß verwendet wurden, um in diesem den Verfasser des Traktats zu sehen, lassen eine N2he zur exegetischen Tradition (unter Bevorzugung des Hohen Liedes) erkennen, wie sie an der Universit2t und an den Ordensstudien gepflegt wurde. Der Verfasser war allem Anschein nach ein Zisterzienser, der um 1250 in der Region zwischen Nivelles und Lu¨ttich t2tig war.87 Daß das Werk gerade in den kontemplativen Mo¨nchsorden beliebt war, ist daran abzulesen, daß fu¨r Clairvaux fu¨nf Handschriften des ›De doctrina cordis‹ nachzuweisen sind88 – und wie oben schon erw2hnt elf fu¨r die Mainzer Kartause. Das Werk l2ßt sich mu¨helos in das Gesamtbild kart2usischer Spiritualit2t einordnen, wie sie nicht nur anhand der literarischen Tradition – mit Hugo von Balma und Guigo du Pont –, sondern auch aus bibliotheksgeschichtlichen Untersuchungen zu gewinnen ist: »Kart2user sind fromm, nicht wissenschaftlich. Auch in diesem Punkt beru¨hren sie sich mit der Devotio moderna; und so ist es kein Zufall, daß die wenigen zeitgeno¨ssischen

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Hinzufu¨gungen des Redaktors stehen in spitzen Klammern. Vgl. ›Liber de doctrina cordis‹ 1607 [Anm. 80], S. 230. Der Schlußteil des ›Theologia mystica‹-Traktats ist gerade auf diese Streitfrage, die der Verfasser als eine quaestio difficilis bezeichnet, fokussiert: Et quaeritur utrum scilicet anima, secundum suum adfectum, possit aspirando vel desiderando moveri in Deum, sine aliqua cogitatione intellectus praevia vel concomitante? Ed. Ruello/Barbet [Anm. 74], Bd. 2, S. 182. Vgl. Ruello [Anm. 71], passim; Ruh, Geschichte, Bd. 3 [Anm. 1], S. 92–101. Der Traktat Hugos von Balma ist in Mainz, StB, Hs I 48 und Hs I 173 u¨berliefert. Zum theologischen Inhalt des ›De doctrina cordis‹ siehe Andrð Wilmart, Ge´rard de Lie`ge: un traite´ ine´dit de lAamour de Dieu, Revue dAasce´tique et de mystique 12 (1931), S. 349–430; Hendrix 1995 [Anm. 47], Bd. 1, S. 331–440; Denis Renevey, Household chores in »The Doctrine of the Heart«. Affective spirituality and subjectivity, in: The Medieval Household in Christian Europe, c. 850–c. 1550, hg. von Cordelia Beattie [u. a.], Turnhout 2003 (International medieval research 12), S. 167–185. ¨ ber die Autorschaftsfrage siehe Palmer [Anm. 80], passim. Fu¨r die Zuschreibung an Albertus Magnus U (MS. Laud Misc. 479, fol. 201v), die nur in Mainzer Hss. bezeugt ist, siehe Hendrix [Anm. 47], Bd. 1, S. 197. Hendrix [Anm. 47], Bd. 1, S. 90–92 und 134–136.

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Texte der [Utrechter] Klosterbibliothek meist diesen Kreisen entstammen, w2hrend die gelehrte Theologie fast vo¨llig fehlt zugunsten der Kontemplation.«89 Die in der Handschrift festzustellende Symbiose von der Pastoraltheologie des 13. Jahrhunderts in ›De doctrina cordis‹ mit der 2lteren Tradition der monastischen Theologie, die in den Werken von Richard von St. Viktor, Thomas Gallus und Hugo von Balma eine anti-intellektualistische Position mit der Fo¨rderung einer stark ausgepr2gten Liebesmystik verbindet, l2ßt einen Rezeptionsbereich erkennen, in dem eine Besch2ftigung mit den damit kontrastierenden Positionen der ›Paradisus anime intelligentis‹-Predigten durchaus von Interesse sein konnte. Zum Schluß werde ich versuchsweise eine neue Hypothese zur Lokalisierung der westmitteldeutschen ›Paradisus anime intelligentis‹-Rezeption in Erw2gung bringen – eine Hypothese, die sich notwendigerweise auf Indizien unterschiedlicher Tragf2higkeit stu¨tzen muß. Die Hamburger Handschrift H2, die in einer Variante des zentralhessischen Schreibdialekts geschrieben ist, die sich nur wenig von O unterscheidet, stammt laut Besitzvermerk aus einem conuent zu sant katherinen (H2 fol. 1r), dessen Ordenszugeho¨rigkeit nicht erw2hnt wird.90 Die zahlreichen ›Katharinenklo¨ster‹ der Dominikanerinnen, an die man zuerst denken mo¨chte,91 scheinen wegen der Schreibsprache und wegen der abweichenden Formulierungen ihrer insgesamt sehr gut bezeugten und standardisierten Besitzvermerke als Provenienz der Handschrift nicht in Frage zu kommen. Wenn man die Suche auf den hessischen Bereich begrenzt und die wenigen Katharinenklo¨ster der weiteren Umgebung außer Acht l2ßt, bei denen man neben der Angabe des Patroziniums eine weitere Spezifizierung erwarten wu¨rde (wie z. B. bei den Zisterzienserinnen in St. Katharinen bei Bad Kreuznach oder Namedy bei Andernach), dann kommt in dieser Region nur ein einziges Kloster in Frage, und zwar das Katharinenkloster in Frankfurt am Main, das 1344 als adeliges Frauenkloster fu¨r Deutschordensschwestern unter der Oberaufsicht des Mainzer Erzbischofs gestiftet und der Regel des Deutschen Ordens unterstellt wurde.92 Die Frankfurter Deutschordenskommende 89 90

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Gumbert [Anm. 53], S. 315. Die Handschrift stammt aus dem Besitz des Frankfurter Sammlers Zacharias Conrad von Uffenbach (1683–1734) und kam u¨ber Johann Christian Wolf (1689–1770) an die Stadtbibliothek Hamburg; vgl. Konrad Franke, Zacharias Conrad von Uffenbach als Handschriftensammler. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts, Archiv fu¨r Geschichte des Buchwesens 7 (1965), S. 1–207; Eva Horv·th, in: Von Rittern, Bu¨rgern und von Gottes Wort. Volkssprachige Literatur in Handschriften und Drucken aus dem Besitz der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg, Ausstellungskatalog, Kiel/ Hamburg 2002 (Schriften aus dem Antiquariat Dr. Jo¨rn Gu¨nther, Hamburg 2), S. 11–15. Das Katharinenpatrozinium war bei Dominikanerinnen ungemein beliebt, wie z. B. die entsprechenden Klo¨ster in Augsburg, Colmar, Freiburg, Nu¨rnberg, Sankt Gallen, Schwernberg (Oberbayern), Straßburg und Trier bezeugen. Vgl. Friedrich Bothe, Geschichte des St. Katharinen- und Weißfrauenstiftes zu Frankfurt am Main. Ein Beitrag zur Geschichte der Wohlfahrtspflege, Frankfurt a. M. 1950, S. 50–100; Karl H. Lampe, Beitr2ge zur Geschichte der Deutschordensschwestern, Zeitschrift fu¨r Ostforschung 16 (1967), S. 45–78, hier S. 53 f.; Bernhard Demel, Die Sachsenh2user Deutschordens-Kommende von den Anf2ngen bis zum Verkauf an die katholische Gemeinde Frankfurt am Main im Jahre 1881 – Versuch einer Gesamt-

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Sachsenhausen war an der Gru¨ndung beteiligt, zahlreiche Schwestern des Konvents sind im Sachsenh2user Anniversarienbuch verzeichnet, aber in welchem Maße Deutschordenspriester, Weltkleriker oder andere Ordensleute (z. B. Dominikaner) an der Betreuung der Nonnen beteiligt waren, geht aus den Quellen nicht hervor. Beziehungen zum Dominikanerkloster sind durchaus wahrscheinlich, denn es bestanden bei beiden Institutionen bedeutende Kontakte zur st2dtischen Fu¨hrungsschicht.93 Ein Deutschordenspriester und Kustos der Sachsenh2user Deutschordenskommende nennt sich als Verfasser des mystischen Traktats ›Der Franckforter‹ (›Theologia Deutsch‹), der heute fu¨r einen Zeitgenossen oder Nachfolger Taulers (gest. 1361) gehalten wird und dessen Werk deswegen ungef2hr zeitgeno¨ssisch mit der westmitteldeutschen ›Paradisus ¨ berlieferung sein du¨rfte.94 Ein zweites Werk, das in der neuesten anime intelligentis‹-U Literatur mit Frankfurt und – mit Vorbehalt, aber durchaus glaubhaft – mit der Deutschordenskommende Frankfurt-Sachsenhausen in Verbindung gebracht wurde, ist das ›St. Pauler Evangelienreimwerk‹.95 Sicher ist, daß die einzige Handschrift dieses Werks, das sich ausdru¨cklich an lateinunkundige Leser wendet (V. 10 779 f.) und in ¨ bersetzungstechnik und Syntax dem gesicherten Deutschordensschrifttum nahesteht, U um die Mitte des 14. Jahrhunderts fu¨r die Tischlektu¨re in einer religio¨sen Gemeinschaft des zentralhessischen Raums angefertigt wurde. Als mo¨gliche Adressaten zieht der Herausgeber Johannes Fournier besonders die Schwestern des Katharinenklosters in Betracht.96

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u¨bersicht, Archiv fu¨r mittelrheinische Kirchengeschichte 23 (1971), S. 37–72, hier S. 53 f.; Erentraud Gruber, Deutschordensschwestern im 19. und 20. Jahrhundert. Wiederbelebung, Ausbreitung und T2tigkeit, 1837–1971, Bonn–Bad Godesberg 1971 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 14), S. 5. Kr‰mer [Anm. 41], Teil 1, S. 246, nennt zwei sp2tmittelalterliche lateinische Handschriften, ohne zwischen dem Katharinenkloster und dem Weißfrauenstift zu unterscheiden (Lat. 4o98 ist Druckfehler fu¨r Lat. 8o98). Fu¨r ein sp2tmittelalterliches Bu¨cherverm2chtnis an das Katharinenkloster, das einen Psalter und ein Exemplar von Otto von Passau, ›Die 24 Alten‹, umfaßte, siehe Walter Karl Z¸lch/Gustav Mori, Frankfurter Urkundenbuch zur Fru¨hgeschichte des Buchdrucks, Frankfurt a. M. 1920, S. 57 (Hartmann Becker 1476); Klaus Wolf, Kommentar zur ›Frankfurter Dirigierrolle‹ und zum ›Frankfurter Passionsspiel‹, Tu¨bingen 2002, S. 490, Anm. 838. Fu¨r die Beziehungen des Deutschen Ordens zu den Dominikanern siehe Arno Mentzel-Reuters, Arma spiritualia. Bibliotheken, Bu¨cher und Bildung im Deutschen Orden, Wiesbaden 2003 (Beitr2ge zum Buch- und Bibliothekswesen 47), S. 82–85. Vgl. Karl Bertau, Die ›Goldene Schmiede‹ zwischen Rittern und Reuerinnen, in: Mittelalterliche Literatur und Kunst im Spannungsfeld von Hof und Kloster. Ergebnisse der Berliner Tagung 9. – 11. Oktober 1997, hg. von Nigel F. Palmer und Hans-Jochen Schiewer, Tu¨bingen 1999, S. 113–140. Wolfgang von Hinten, ›Der Franckforter‹ (›Theologia Deutsch‹). Kritische Textausgabe, Mu¨nchen 1982 (MTU 78), S. 2 f.; Ute Mennecke-Haustein, ›Theologia Deutsch‹, in: Dictionnaire de spiritualite´ asce´tique et mystique, Bd. 15, Paris 1991, Sp. 459–463. Johannes Fournier (Hg.), Das St. Pauler Evangelienreimwerk. Bd. 1: Text. Bd. 2: Untersuchungen, Bern [usw.] 1998 (Vestigia Bibliae 19–20); zur Frage nach dem Zusammenhang mit dem Deutschen Orden Bd. 2, S. 189–197. Weiterhin ist zu beru¨cksichtigen, daß die Hamburger ›Paradisus‹-Handschrift Spiegelbl2tter im Einband enth2lt, die mit einem hebr2ischen Text (Gesetzesauslegung mit Zitaten aus Dt 24,5 und 24,7) beschriftet sind, der nach Kr¸ger [Anm. 7], S. 146, ins 15. Jh. zu datieren ist. Dieser Tatbestand ließe sich bei der Annahme einer Provenienz aus dem Frankfurter Katharinenkloster angesichts der Gro¨ße der ju¨dischen Gemeinde in der Handelsstadt Frankfurt problemlos erkl2ren.

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W2hrend die Oxforder Handschrift keinerlei Indizien enth2lt, die den unmittelbaren Hinweis auf ein bestimmtes Kloster geben ko¨nnten, wird man auch hier aus sprachlichen Gru¨nden in erster Linie die Wetterau als Schreibheimat der Handschrift in Erw2gung ziehen. Es handelt sich um eine schlichte, aber sorgf2ltig ausgefu¨hrte Gebrauchshandschrift, im selben relativ kleinen Format (ca. 186 a 133 mm, Schriftraum 141 a 93 mm) wie das Faszikel mit individuell gef2rbten lateinischen Texten aus der Mainzer Kartause geschrieben, mit der sie seit dem 17. Jahrhundert zusammengebunden ist – also eine Lesehandschrift. Dazu paßt die Unregelm2ßigkeit des Pergaments (s. u. bei der Handschriftenbeschreibung) und das einfach gehaltene Niveau der traditionellen gotischen Buchschrift mit minimaler Verzierung. Das sind alles Zu¨ge, die bestens zu einer in und fu¨r den Dominikanerorden entstandenen Predigtsammlung passen, so daß man unter Beru¨cksichtigung der Herkunft des Werks aus dem Erfurter Predigerkloster, der Schreibsprache von O und der Argumente, die fu¨r die Anfertigung der eng verwandten Schwesterhandschrift H2 fu¨r den Gebrauch in einem Frankfurter Frauenkloster sprechen, nicht zuletzt an das 1233 gegru¨ndete Frankfurter Dominikanerkloster als mo¨gliche Schreibheimat der Oxforder Handschrift zu denken haben wird. Diese These wu¨rde nahelegen, daß auch die gemeinsame Vorlage von O und H2, die aus unten auszufu¨hrenden Gru¨nden in ihrer durch zentralhessische Eigenheiten und ostmitteldeutsche Relikte gepr2gten Schreibsprache der Handschrift O recht 2hnlich gewesen sein du¨rfte, in Frankfurter Dominikanerkreisen entstanden w2re. Obwohl das Frankfurter Dominikanerkloster das gro¨ßte der Frankfurter Klo¨ster war und als Tagungsort einer Reihe von Provinzialkapiteln der Ordensprovinz Teutonia auch im Orden eine gewisse Bedeutung gehabt haben muß, erlauben die Quellen kein sehr anschauliches Bild von den Zust2nden und vom Geistesleben im 14. Jahrhundert.97 Die n2chsten Nachbarn im Dominikanerorden waren Mainz und Marburg. Das Dominikanerinnenkloster in Friedberg war den Frankfurter Dominikanern unterstellt. Das Kloster verfu¨gte u¨ber Bettelbezirke in Gelnhausen, Seligenstadt, Aschaffenburg, Mu¨nzenberg und Rockenberg (beide Lkr. Friedberg) und hatte Absteigequartiere fu¨r die Bru¨der in diesen Orten. Die Hypothese, daß die Oxforder Handschrift und ihre Vorlage beide in Frankfurter Dominikanerkreisen entstanden sein ko¨nnten, w2re so zu verstehen, daß diese ganze Region als Schaltstelle bei der Vermittlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ an ein neues Publikum an Rhein und Main gedient h2tte. Die Hauptzeugen dieser Rezeption sind die Handschriften O und H2 und die Predigten des Nikolaus von Landau.

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¨ berblick siehe Roman Fischer, Das Dominikanerkloster in Frankfurt am Main, Fu¨r den neuesten U Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 54 (2003), S. 53–70. Vgl. Heinrich Hubert Koch, Das Dominikanerkloster zu Frankfurt am Main, 13. bis 16. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1892; Heinrich Weizs‰cker, Die Kunstsch2tze des ehemaligen Dominikanerklosters in Frankfurt a. M. Textband und Abbildungen, Mu¨nchen 1923, bes. Textband, S. XV–XXV; Kurt Beck, Das Dominikanerkloster in Frankfurt am Main, Frankfurt a. M. 1977.

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Das Ziel meiner weiteren Ausfu¨hrungen besteht darin, erstmals eine wirklich detaillierte Beschreibung der Handschrift vorzulegen und gezielt einigen weiteren Fragen zur Schreibsprache und Zusammensetzung der Handschrift nachzugehen, die zur Absicherung der Provenienz, Datierung und Kontextualisierung in der Bibliothek der Mainzer Kartause dienen sollen.

III Beschreibung von MS. Laud Misc. 479 1. Der Gesamtkodex im heutigen Zustand Pergament und Papier. i + 202 Bll. Fol. 58 und 113 wurden bei der Foliierung (Mitte 19. Jh.) versehentlich doppelt gez2hlt. Ca. 186 a 133 mm. 2. Viertel bis Mitte 14. Jh. (beide Teile). Die Handschrift besteht aus zwei Faszikeln, die sp2testens 1638/1639 zusammengebunden wurden. Einband Braunes Kalbsleder auf Pappdeckeln von 1638/1639 durch den Londoner Buchbinder Richard Badger mit dem in Gold gepr2gten Wappen Erzbischof Lauds (VD und RD). Der Band wurde i. J. 1955 repariert, neu geheftet und mit einem neuen Buchru¨cken versehen (vgl. den Restaurierungsvermerk im ru¨ckw2rtigen Deckel). Die Lagen des ersten Faszikels wurden bei der Neubindung im 17. Jh. unter Verwendung der alten Einstiche neu geheftet, w2hrend fu¨r das zweite Faszikel neue Einstiche gemacht werden mußten. Die Bl2tter des zweiten Faszikels wurden damals an den 2ußeren R2ndern etwas zurechtgeschnitten (geringfu¨giger Text- bzw. Buchstabenverlust auf fol. 114v, 115r/v, 116v, 130r, 139v, 173v, 200r, 201r/v), um den Buchblock auf eine identische Gro¨ße mit dem ersten Faszikel zuru¨ckzuschneiden. Der Buchblock des zweiten Faszikels wurde oben am Ru¨cken abgeschr2gt – mo¨glicherweise um die Anbringung eines Kapitals zu erleichtern; dies beweist, daß dieser Teil urspru¨nglich einen eigenen, separaten Einband hatte. Fol. 114–116 weisen Besch2digung durch M2usefraß an der 2ußeren oberen Ecke auf, die vor der Bindung von 1638/1639 entstanden sein muß. Das heutige Vorsatzblatt (fol. i) und das leere Blatt am Schluß der Handschrift (fol. 202) sind unbeschriebene Pergamentbl2tter, die bei der Bindung des 17. Jahrhunderts als Vorsatzbl2tter beigefu¨gt wurden. Die Vereinigung der beiden Faszikel in einem Band geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf diesen Buchbinder zuru¨ck. Das letzte Blatt des ersten Teils, fol. 113a, ist leicht besch2digt, verschmutzt und weist Wurmlo¨cher auf, die auf fol. 114 keine Entsprechungen haben, so daß anzunehmen ist, daß dieses Blatt vorher den Schluß eines gebundenen Codex mit Holzdeckeln gebildet hat. Entsprechende Spuren fehlen auf fol. 1. Die Vorsatzbl2tter des Vorg2ngerbandes, die bei einem gebundenen Codex selbstverst2ndlich vorhanden gewesen sein mu¨ssen, fehlen am Anfang, weswegen offenbleiben muß, ob der Originalcodex, wie am ehesten zu erwarten, nur die Predigtsammlung enthielt. Das in der Sammlung Laud u¨bliche Titelschild und die 2ußere Signierung am Buchru¨cken du¨rften bei der Restaurierung i. J. 1955 verloren gegangen sein, falls sie noch vorhanden waren.

Eintr‰ge (17. bis 19. Jh.) Liber Guilelmi Laud Archiepiscopi Cantuarensis & Cancellarii vniuersitatis Oxoniensis. 1638. / (fol. 1r = Abb. 4). Besitzvermerk Erzbischof Lauds (um 1638/1639). O Pai–1 (fol. 1r = Abb. 4); O. pai – (fol. 2r); C. D. (fol. 114r, wiederholt 115r = Abb. 3). Anweisungen fu¨r den Buchbinder (1638/1639).

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F.10. (Vorderspiegel). Alte Signatur der Sammlung Laud (Aufstellung von 1641); vgl. Madan/ Craster, Bd. 2/1 [Anm. 32], S. 44. Laud 479 – MS. Laud 479 (Vorderspiegel). Signatur der Bodleian Library (Aufstellung um 1810–1812); vgl. Madan/Craster, ebd. MS. Laud misc. 479 (Vorderspiegel). Heutige Signatur. S. C. 1047 (Aufkleber im Vorderspiegel). Laufende Nummer in der Bestandsliste von Madan/ Craster (S. C. = »Summary Catalogue«).

Literatur Edward Bernard, Catalogi librorum manuscriptorum Angliæ et Hiberniæ in unum collecti, Bd. 1/1–2/2, Oxford 1697, Bd. 1/1, S. 64; Coxe [Anm. 30], Sp. 346 f.; Priebsch [Anm. 38], Bd. 1, S. 148; Madan/Craster, Bd. 2/1 [Anm. 32], S. 44; Strauch, S. VII–XX; Klimanek [Anm. 9], Eckhart-Handschrift O.

2. Teil I: ›Paradisus anime intelligentis‹ (fol. 1–113a) Beschreibstoff 116 Bll. (fol. 58 und 113 sind doppelt und werden als 58a und 113a gez2hlt). Pergament. 186 a 113 mm (Schriftraum durchschnittlich 141 a 93 mm). Lagen: (V+2) + IV + V + (IV+2) + (III+2) + 3IV. Die F2rbung auf fol. 113av l2ßt erkennen, daß dieses Blatt in einem Vorg2ngerband als Pergamentspiegel im ru¨ckw2rtigen Buchdeckel gedient hat. i. fol. 1–12. Quinternio mit zwei eingefu¨gten zus2tzlichen Einzelbl2ttern (fol. 4 und 9). ii. fol. 13–20. Quaternio. iii. fol. 21–30. Quinternio. iv. fol. 31–40. Quaternio mit zwei zus2tzlichen Einzelbl2ttern (fol. 34 und 39). v. fol. 41–48. Trinio mit zwei zus2tzlichen Einzelbl2ttern (Bll. 43 und 46). vi. fol. 49–56. Quaternio. vii. fol. 57–63. (Fol. 58 ist doppelt.) Trinio mit zwei zus2tzlichen Einzelbl2ttern (fol. 58a und 61). viii. fol. 64–72. Quaternio mit zus2tzlichem Einzelblatt (fol. 69). ix. fol. 73–80. Quaternio. x. fol. 81–86. Trinio. xi. fol. 87–98. Quaternio mit vier zus2tzlichen Einzelbl2ttern (fol. 91–94). xii. fol. 99–106. Quaternio. xiii. fol. 107–113a. (Fol. 113 ist doppelt.) Quaternio. Der Beschreibstoff ist haupts2chlich Kalbspergament, teilweise aber (in der zweiten Lage) wohl Schafspergament. Die Qualit2t ist insgesamt eher als minderwertig zu bezeichnen. In der ersten Lage sind die Bl2tter auf beiden Seiten des Pergaments so stark geschliffen, daß es sehr schwer f2llt, Haar- und Fleischseite voneinander zu unterscheiden. Die zweite Lage, ein Quaternio, ist aus du¨nnerem Pergament. Unregelm2ßigkeiten auf den 2ußeren R2ndern von fol. 14–19 in der zweiten Lage lassen vermuten, daß wenigstens bei den drei inneren Doppelbl2ttern die volle Breite der Tier-

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haut (nur ca. 266 mm!) fu¨r das Doppelblatt verwendet wurde. Die Bl2tter der zweiten Lage sind HF HF FH FH \/ HF HF FH FH angeordnet. Fu¨r Lagen iii–vii wurden vergleichsweise weniger intensiv bearbeitete Bl2tter, wahrscheinlich Kalbspergament, verwendet, so daß im Unterschied zur ersten Lage die Haarseite an der Porung immer deutlich zu erkennen ist. Die Bl2tter sind hier im Gegensatz zur Gregory-Regel HF HF HF HF HF \/ FH FH FH FH FH angeordnet, d. h. immer mit der Haarseite nach außen. Solche Unregelm2ßigkeiten sind in einer Handschrift dieser Art ungewo¨hnlich. Besitzvermerke (15. Jh.)

Dieß Buche ist der Carthuser By Mentz (fol. 64r am unteren Rand) Iste liber pertinet ad domum montis sancti michaelis prope Magunciam ordinis carthusiensis (113v)

Beschriftung Eine Hand. Textualis im Stil des 14. Jahrhunderts (2. Viertel bis Mitte).98 Rubriken und Rubrizierung von derselben Hand. 32 Zeilen auf einer Seite, zweispaltig fu¨r das Register, ab fol. 5r (mit dem Schluß des Registers) einspaltig. Die Liniierung wurde mit brauner Tinte ausgefu¨hrt. Es handelt sich um eine vereinfachte Variante der gotischen Buchschrift ohne kalligraphischen Anspruch, sparsam in der Verwendung von Verzierungen, mit relativ großen Zwischenr2umen zwischen den einzelnen Buchstaben und Wo¨rtern. Die Verwendung von Bogenverbindungen bleibt niveaubedingt auf die Kombination de beschr2nkt. Runde Buchstaben und Schaftenden sind manchmal gebrochen. a ist zweisto¨ckig, h2ufig u¨berho¨ht, manchmal etwas altertu¨mlich geschrieben mit einem offenen oberen Bogen. Fu¨r d wird immer die runde, unziale Form verwendet. f und Schaft-s stehen auf der Zeile. Der Querbalken von f und t (und weniger h2ufig von g und r) weist h2ufig einen vertikalen Zierstrich auf. g hat einen kurzen, hochgezogenen Unterbogen, der nur wenig unter die Zeile hinunterreicht. h hat einen spitzen Bogen, der manchmal vertikal, manchmal schr2g unter die Zeile verl2ngert wird. Gelegentlich setzt die Oberl2nge von h oder l mit einem Zierstrich von links her ein. i steht mit und ohne i-Strich. Nur an hervorgehobenen Stellen (wie z. B. am Anfang von Predigt 4, Abb. 1) wird an den Oberl2ngen von ll ein horizontaler Zierstrich angebracht. Fu¨r r und s werden die u¨blichen runden und aufrechten Varianten verwendet, wobei das runde Schluß-s h2ufig u¨berho¨ht geschrieben wird. v hat einen Ansatz von links her. Fu¨r z wird immer die geschw2nzte Form mit einer unter die Zeile verl2ngerten nach links gebogenen Kralle verwendet. Fu¨r die Großbuchstaben werden einfache Formen verwendet. Die Interpunktion bleibt auf der Satzebene auf die Verwendung von rubrizierten Großbuchstaben und dem Punkt beschr2nkt. Abku¨rzungen werden in verh2ltnism2ßig großer Zahl verwendet, sowohl bei den lateinischen Lemmata als auch beim deutschen Text, so daß man annehmen kann, daß das Zielpublikum, das der Schreiber im Auge hatte, aus geschulten Lesern bestand. Die h2ufigsten sind A fu¨r ir, er oder ri (in spHchit und spHcht), p¯ (pre-) und der Nasalstrich. Verschiedene wortgebundene Abku¨rzungen wie v¯ (vnde), gH (geist), nae (nature), p¯digH (predigade) und die nomina sacra kommen hinzu.

Rubrizierung

¨ berschriften, auch die Einteilung in Pars prima und Pars secunda; Z2hlung der Predigten und U Paragraphenzeichen; Unterstreichung der Predigtlemmata im Kapitelverzeichnis; Hervorhebung 98

Recht gut vergleichbar ist die Handschrift Gotha, Forschungsbibliothek, Memb. II 20, ein deutschsprachiges Evangelistar mit Passionsharmonie (Schriftraum 150/160 a 95/100 mm, ostfrk.), das u. a. wegen eines auf das Jahr 1345 bezogenen Nachtrags in das 2. Viertel des 14. Jahrhunderts gesetzt und mit Wu¨rzburg in Verbindung gebracht wird. Schriftraum, Schreibniveau und Buchstabenformen stimmen weitgehend mit O u¨berein. Falk Eisermann (Berlin) habe ich fu¨r Hinweise zu danken.

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der Autorit2ten (z. B. SH aug9 ); Initialen mit minimaler Verzierung. Die zahlreichen roten Paragraphenzeichen, die eine Untergliederung der Einzelpredigten auf einer ho¨heren Ebene als der der Einzels2tze erzeugen, bleiben in der Ausgabe von Strauch vollkommen unberu¨cksichtigt und stimmen nicht mit seiner Paragrapheneinteilung u¨berein.

Inhalt

1ra–5r Verzeichnis von 64 deutschsprachigen Predigten mit Verfasser- und Inhaltsangaben (1ra) ›Dit buchelin heizit ein paradis der fornuftigin sele.‹ (rot, am oberen Rand) j (rot, am linken Rand) 2Ecce dies veniunt. In disir predigade wisit mester eckart der alde der [!] grozin nuiz der zukunft vnsis herren wan for der zit muystin alle lude zu der helle. … .ij. (rot, am Rand) Benedictus qui venit in nomine domini. In disr predigade lerit brudir florencius fon vttrecht der vndir lesemeister was zu erforte zu den predigerin wi bequemelich ez waz … (2vb) ›Incipiunt themata secunde partis‹ (rot) .j (rot, am rechten Rand) Scimus quoniam diligentibus. deum omnia cooperantur in bonum Hi bewisit lesemeister eckart rube daz vndirscheit da da ist swischin der gnade vnd tuginden beide di da heizin virtutes theologice daz sint gotliche duginde … (3ra) ij. (rot, am linken Rand) ¶Quasi stella matutina in medio nebule etc. Meister Eckart wisit hi sine meisterschaft wi got ist vbir wesin vnd wirkit vbir wesin … Fol. 1r–4v sind zweispaltig, 5r einspaltig beschriftet. Predigten 19–20 wurden bei der Z2hlung versehentlich zu einer Nummer zusammengefaßt. 5r–56r ›Paradisus anime intelligentis‹, erster Teil (Temporale) (5r) ›prima p….a….r….s.. – De aduentu domini‹ (rot) .j. (rot, am rechten Rand) 2Ecce dies veniunt dicit dominus et suscitabo dauid germen iustum. Dise wort sprichit Jeremias. Nemit war di dage kumint sprichit der herre vnd ich wil irweckin di gerechtin worzelin dauidis … ¨ berschrift prima pars am oberen Rand (prima jeweils auf der VersoAuf vielen Seiten steht die U und pars auf der Rectoseite). Siebenmal dient eine liturgische Angabe zu einem bestimmten ¨ berZeitabschnitt oder zu einem Festtag des ›De tempore‹-Zyklus (Advent bis Ostern) als U schrift am Anfang der Predigten, sonst meist nur ›Sermo de tempore‹. 56r–113r ›Paradisus anime intelligentis‹, zweiter Teil (Sanctorale) (56r) ›Explicit prima pars Incipit pars secunda‹ (rot) .j. (rot, am rechten Rand) ›Sermo de sanctis‹ (rot) 3Scimus quoniam diligentibus deum omnia cooperantur in bonum Dise wort sprichit sente pauwil. Di got lip han den sint alle dinc beholfin … (113r) ›Explicit paradisus anime intelligentis‹ ¨ berschrift Secunda pars am oberen Rand (Secunda jeweils auf der Auf vielen Seiten steht die U Verso- und pars auf der Rectoseite). Als Rubrik neben den einzelnen Predigten steht meist nur Sermo de sanctis (manchmal nur de sanctis). Drei Marienpredigten sind durch Sermo de (beata) virgine als solche markiert, bei Predigt 48 steht De sancto johanne. Einmal steht einfach Sermo, bei fu¨nf Predigten fehlt die Rubrik. 113v, 113ar–v leer

Schreibsprache Die wichtigsten orthographischen Merkmale, die den zentralhessischen Charakter der Handschrift im Gegensatz zu der u¨blichen Schreibweise in den angrenzenden Gebieten des Moselfr2nkischen, Nordhessischen, Thu¨ringischen, Osthessischen, Ostfr2nkischen und des (su¨dlich der Rhein-Main-Schranke liegenden) Rheinfr2nkischen erkennen lassen, seien im Folgenden zusammengestellt (Karte Abb. 2).99 99

Bei allen Belegen fu¨hre ich zum Vergleich die Schreibung der Schwesterhandschrift H2 an, die sich zwar in manchen Schreibungen von O unterscheidet, aber trotzdem regional kaum anders einzuordnen ist. Siehe auch die detaillierten Angaben zur Phonologie der Handschrift O bei Strauch, S. XIII–XIX, und ¨ berblick u¨ber die Schreibsprache bei Beck den w2hrend der Drucklegung dieses Aufsatzes erschienenen U

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Konsonanten – Unverschobenes Æpæ neben h2ufigem Æphæ im Anlaut, im Inlaut und in der Gemination,100 z. B. pert 18,25 (phert H2), 20,20 (pert H2) neben phert 62,29 (= H2) und phaphe 63,17 (paffe H2); scherpir 29,11 (scherpher H2); schepper 4,23 (= H2), gescheppin 35,27 (= H2) neben geschepphin 35,35 (gescheppin H2), 64,8 (= H2), opperit 8,3 (opphert H2); O und H2 schreiben beide geschaffin 35,26 und geschepnusse 2,18 (geschepnisse H2), geschepnisse 39,11. Schreibungen mit ostmd. Æfæ oder Æpfæ sind nicht belegt. – Unverschobenes Ætæ neben verschobenem Æzæ in dit/diz,101 aber sonst fast immer die verschobenen Schreibungen bei mhd. z. Vgl. dit Besitzvermerk fol. 1r, diz 1,21 (fu¨r mhd. daz, vgl. daz H2), dit 3,23 (= H2), 4,8 (= H2), diz 5,4 (1) (dis H2), diz 5,4 (2) (= H2), dit 6,19 (= H2), diz 13,36 (dit H2); daz 1,8 (= H2), seltener das 8,25 (daz H2); waz 2,16 (= H2). Nur sehr selten wird die unverschobene t-Schreibung bei mhd. daz verwendet: dat 5,26 (daz H2), 20,10 (daz H2); wat und it sind nicht belegt. Einmal steht bit 57,35 (= H2) fu¨r mhd. biz neben sonstigem biz 5,33 (= H2), 14,37 (= H2), 35,7 (= H2);102 davon zu unterscheiden ist die einmalige Schreibung der Pr2position bit 4,13 (= H2) fu¨r mhd. mit.103 Die von beiden Handschriften geteilten, wenn auch vereinzelten bit-Schreibungen fu¨r biz und mit sind Indizien fu¨r eine im westmitteldeutschen Gebiet geschriebene Vorlage der Handschriften O und H2. – Anlautend stehen neben der Normalschreibung Æt-æ fu¨r mhd. t- zahlreiche Schreibungen mit Æd-æ, so z. B. dage 1,25 (= H2), 7,18 (= H2) neben tage 7,34 (dage H2), duginde 4,5 (toginde H2)

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[Anm. 1], der zu 2hnlichen Ergebnissen kommt. Thomas Klein (Bonn) war so freundlich, diesen Teil meiner Ausfu¨hrungen zu lesen und einige sehr wertvolle Bemerkungen beizusteuern; dafu¨r mo¨chte ich ihm ganz herzlich danken. Walther Mitzka, Hessen in althochdeutscher und mittelhochdeutscher Dialektgeographie, PBB 75 (1953), S. 131–157, hier S. 146; Ramge [Anm. 6], S. 2737 (3. 2. 2. 1). Vgl. Ernst Wuelcker, Lauteigentu¨mlichkeiten des Frankfurter Stadtdialects im Mittelalter, PBB 4 (1877), S. 1–47, hier S. 41 f.; ¨ ber den Sprachstand in den Frankfurter Urkunden in der ersten H2lfte des XIV. Irene Liffgens, U Jahrhunderts, Diss. masch. Frankfurt a. M. 1925, S. 40 f.; Ursula [Jakobiak] Heinen, Die Sprache des Frankfurter Passionsspiels von 1493, M. A. dissertation University of Texas 1963 [Typoskript], S. 3, Anm. 12 und S. 14 f.; Hugo Stopp, Lokalisierung, in: Das Mittelrheinische Passionsspiel der St. Galler Handschrift 919. Neu hg. von Rudolf Sch¸tzeichel. Mit Beitr2gen von Rolf Bergmann, Irmgard Frank und Hugo Stopp und einem vollst2ndigen Faksimile, Tu¨bingen 1978, S. 185 f.; Rudolf Steffens, Zur Graphematik domanialer Rechtsquellen aus Mainz (1315–1564). Ein Beitrag zur Geschichte des Fru¨hneuhochdeutschen anhand von Urbaren, Stuttgart 1988 (Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung 13), S. 140–144. Wuelcker [Anm. 100], S. 43 f.; Liffgens [Anm. 100], S. 54; Hans Rueff, Rezension zu E. Wolter, Das St. Galler Spiel vom Leben Jesu (1912) und Rudolf Hˆpfner, Untersuchungen zu dem Innsbrukker, Berliner und Wiener Osterspiel (1913), Anzeiger fu¨r deutsches Altertum und deutsche Literatur 38 (1919), S. 66–74, hier S. 68, wo dit als »wetterauisch« bezeichnet wird; Mitzka [Anm. 100], S. 155 f.; G¸nter Feudel (Hg.), Das Evangelistar der Berliner Handschrift Ms. germ. 4o 533, 2 Bde., Berlin 1961 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Vero¨ffentlichungen des Instituts fu¨r deutsche ¨ berlieferung der ›HesSprache und Literatur 23/1–2), hier Bd. 2, S. 163; Barbara Lenz-Kemper, Zur U sischen Reimpredigten‹. Zwei unbekannte Fragmente, ZfdA 134 (2005), S. 336–362, hier S. 342. Hans Rueff (Hg.), Das Rheinische Osterspiel der Berliner Handschrift Ms. germ. fol. 1219. Mit Untersuchungen zur Textgeschichte des deutschen Osterspiels, Berlin 1925 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Go¨ttingen, philol.-hist. Kl., NF. 18/1), S. 8–10 (Belege fu¨r bit = mhd. biz aus Rheinhessen und dem no¨rdlichen Teil der Pfalz einschließlich Mainz, w2hrend Frankfurt, Friedberg und Hanau angeblich biz schreiben); Mitzka [Anm. 100], S. 10 (Belege fu¨r bit aus Frankfurt). Vgl. die Belege fu¨r diese im allgemeinen als mittelfr2nkisch-niederfr2nkisch einzuordnende Wortform in Frankfurter Urkunden aus den Jahren 1327–1340 bei Rudolf Sch¸tzeichel, Zur Geschichte einer aussterbenden lautlichen Erscheinung (bit ›mit‹), Zeitschrift fu¨r Mundartforschung 23 (1955), S. 201–236, hier S. 220.

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neben tuginde 4,6 (= H2), 18,32 (tu˚ginde H2); inlautend steht meistens Æ-d-æ, nur gelegentlich Æ-t-æ, z. B. predigade 1,2 (predigate H2) neben predigate 4,28 (p¯gH H2), gestetigit 10,25 (= H2) neben gestedigit 11,18 (gestetiget H2), und ohne Ausnahme Æ-ld-æ (altin 21,34 ist ein Abschreiboder Druckfehler Strauchs fu¨r die handschriftliche Schreibung aldin), aber in der Gemination immer Æ-tt-æ, z. B. bei den recht h2ufigen Wo¨rtern dritte und hatte; auslautend steht die Normalschreibung Æ-tæ. Damit halten sich die Schreiber an den wmd. Normalgebrauch, ohne daß eine weitere Differenzierung mo¨glich w2re.104 – Abfall des t vor d-Anlaut eines folgenden Wortes, nach Spiranten (besonders im Superlativ) und auch sonst, z. B. is 91,35 (ist H2), nich 87,15 (nit H2), allir jemerlichis 7,32 (allir iemerlichis H2).105

Vokale – Regelm2ßig Æiæ fu¨r mhd. ˆı, z. B. wisit 1,2 (bewiset H2), und Æuæ oder Æuiæ fu¨r mhd. uˆ, z. B. hus 4,16 (hu˚s H2) neben huis 17,23 (hu˚s H2); Æieæ fu¨r ˆı, das in beiden Handschriften gelegentlich vorkommt, ist mo¨glicherweise als ein omd. Relikt zu werten, kann aber genausogut als der wmd. Vokalnachschlag durch Æeæ aufgefaßt werden, z. B. liebe 31,7 (lybe H2), wien 123,26 (= H2), sien 126,33 (= H2).106 – Regelm2ßig Æeiæ fu¨r mhd. ei, daneben aber zahlreiche Belege mit Æeæ, z. B. mester 1,2 (meister H2) neben meister 1,23 (= H2), schedin 47,23 (scheiden H2), underschede 101,11 (underscheide H2) neben underscheit 101,13 (= H2).107 – Normalschreibung Æouæ (bzw. Æowæ) neben Æauæ fu¨r mhd. ou, im Bereich der systematisch ausgewerteten Textprobe (Register und Predigten 1–10) im Verh2ltnis 115a Æou, owæ: 15a Æauæ; z. B. ouch 1,28 (= H2) neben seltenerem auch 2,26 (ouch H2), houbit 1,21 (hu˚bit H2), getouft 14,8 (= H2) neben gedauft 9,4 (getouft H2), unglouplich 16,22 (= H2), augin 20,29 (ougen H2), vrowin 3,38 (= H2), besonders h2ufig schowit 12,28 (= H2). Seltener Æoæ fu¨r mhd. ou, z. B. zoge 94,15 (zouge H2), gelobin 118,24 (geloubin H2), und Æouæ fu¨r mhd. o, z. B. geloubin 9,27 (gelouben H2), 105,18 (= H2).108 Die H2ufigkeit von Æouæ in O, wo H2 die wmd. u¨bliche Schreibung Æauæ vorzieht, ist wahrscheinlich als Relikt einer omd. Vorstufe zu erkl2ren. – Die Schreibung Æu˚æ fu¨r mhd. uo, wo O immer Æuæ schreibt, ist fu¨r H2 charakteristisch.109

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Strauch, S. XVII. Vgl. Wuelcker [Anm. 100], S. 35–38 (Frankfurt schreibt Æd-æ neben Æt-æ, Æ-d-æ und Æ-tæ); Eduard Sievers (Hg.), Oxforder Benedictinerregel, Programm Tu¨bingen 1887, S. XIV–XIX; Liffgens [Anm. 100], S. 47–52; Rueff [Anm. 102], S. 10–12; Stopp [Anm. 100], S. 188 f.; Steffens [Anm. 100], S. 155–159. Belege bei Strauch, S. XVII. Vgl. Sievers [Anm. 104], S. XIX. Feudel [Anm. 101], Bd. 2, S. 36; Heinen [Anm. 100], S. 2. Zu Vokalnachschlag durch Æeæ in Frankfurter Urkunden (erste H2lfte des 14. Jahrhunderts) siehe Liffgens [Anm. 100], S. 5 (nach kurzem i), 16 (nach langem i). Belege bei Strauch, S. XIV. Vgl. Wuelcker [Anm. 100], S. 25; Liffgens [Anm. 100], S. 18 (bescheden neben bescheiden); Heinen [Anm. 100], S. 10 (nur zweimal Æeæ, sonst immer Æeiæ); Steffens [Anm. 100], S. 101–103. Wuelcker [Anm. 100], S. 26 f. (Frankfurt hat Æauæ und Æouæ nebeneinander, außerdem Æoæ und Æaæ); Liffgens [Anm. 100], S. 18 f. (Normalschreibung Æouæ, nur gelegentlich Æoæ in den Frankfurter Urkunden); Heinen [Anm. 100], S. 12 f. (Normalschreibung Æauæ, nur gelegentlich Æoæ im ›Frankfurter Passionsspiel‹ von 1493); Stopp [Anm. 100], S. 179 f.; Steffens [Anm. 100], S. 106 f. (Æauæ die h2ufigere Schreibung in Mainzer Urkunden); Ramge [Anm. 6], S. 2736 (3. 2. 1. 2); Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 8 f. Wuelcker [Anm. 100], S. 25 (mehrere Belege fu¨r Æu˚æ = /u/ in der ersten H2lfte des 14. Jhs.); Liffgens [Anm. 100], S. 23 (zahlreiche Belege fu¨r Æu˚æ neben Æuæ in Frankfurter Urkunden in der Zeit vor 1350); Heinen [Anm. 100], S. 12 (ein Beleg fu¨r Æu˚æ).

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– Senkung von u zu Æoæ und i zu Æeæ, z. B. son 8,6 (= H2), wonder 10,18 (= H2), mede 9,5 (= H2) neben mide 10,33 (mede H2).110 – Æaæ fu¨r o und Æoæ fu¨r aˆ, z. B. wanen 122,32 (wonen H2) neben wonin 123,31 (wonen H2), hot 42,16 (hat H2) neben hait 42,24 (hat H2).111 – Sehr h2ufig Æiæ als Vokalnachschlag in allen Kombinationen, z. B. hait 4,38 (hat H2), missedait 8,8 (missetat H2), waiz = mhd. was 11,14 (waz H2), seis 1,11 (ses H2), beiden = mhd. be¨ten 8,9 (= H2), beisten = mhd. bezzisten 11,6 (besten H2), vorsteit 4,16 (vHsteit H2), gein = mhd. geˆn 8,17 (= H2), steitlichen112 = mhd. stætelıˆchen 54,15 (stetlichen H2), noit 8,9 (not H2), geboit 27,7 (gebot H2), luistliche 62,5 (lu˚stliche H2), huis 17,23 (hu˚s H2), muystin 1,3 (mu˚sten H2), guit 9,26 (gu˚t H2).113 Die i-Schreibungen sind auch in der Handschrift H2 belegt, aber sie sind dort ziemlich selten; H2 neigt im Unterschied zu O eher zur Verwendung von Æeæ als L2ngenzeichen (z. B. hiemelriche 7,22, dieser 7,22), was in O nur sehr selten zu belegen ist (z. B. schriet = mhd. schrit 124,6. 7, ieme 11,26).

Morphologie – In der 2. Pers. Pl. Pr2s. steht ausschließlich die Inflektionsendung -it, w2hrend in Mainzer und rheinfr2nkischen (su¨dhessischen) Quellen in der Regel zahlreiche ent-Schreibungen belegt sind; vgl. z. B. nemit 55,3 (nemet H2), sullit 98,28 (sollit H2), fornuwit 100,3 (vornu˚wit H2).114 – Fu¨r das Verbalpr2fix mhd. ver- steht in der Regel for-, z. B. fornuftigen 1,1, fornuftikeit 2,38 f., forenit 9,15, daneben als seltener vorkommende Sonderschreibungen vor-, fur-, vir-, die in der systematisch ausgewerteten Textprobe (Register und Predigten 1–10) jeweils nur dreimal, einmal und zweimal belegt sind: vorsprechin 8,6 (= H2), vorlazin 8,13 (vHlazen H2), vornuftikeit 14,20 (vHnunftekeit H2, vgl. vornunftekeit 15,11 H2); fureinit 24,3 (voreinit H2); virnuftikeit 6,26 (vornunftekeit H2), virborgin 26,27 (vHborgen H2). Es du¨rfte sich bei der Schreibung for- bzw. vor- um ein Relikt aus einer omd. Vorstufe handeln, w2hrend H2 mit vH (= ver-/vir-) die im Wmd. u¨bliche Form bevorzugt. Fu¨r mhd. er- steht regelm2ßig ir-, nur ausnahmsweise er-, z. B. erkennen 2,26 (irkennen H2) neben irkennen 2,27 (= H2), erloist 11,7 (irlost H2) und erlosine 11,7 (erlosene H2) neben irloist 11,9 (irlost H2). Das Pr2fix mhd. zer- ist in diesem Text zu selten verwendet worden, um als Lokalisierungskriterium eine Rolle zu spielen, vgl. jedoch zustorit 27,13 (zu˚ storit H2).115 – Eine besondere Aussagekraft haben die Variationen bei den Personalpronomina. Die Formen he und her (ganz selten er) stehen wie in anderen zentralhessischen Quellen nebeneinander, und 110

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Liffgens [Anm. 100], S. 5 (Æeæ fu¨r i), 10 f. (Æoæ fu¨r u); Heinen [Anm. 100], S. 8 (Æeæ fu¨r i), S. 9 f. (Æoæ fu¨r u); Stopp [Anm. 100], S. 174–177; Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 8. Liffgens [Anm. 100], S. 8 f. (Æaæ fu¨r mhd. o), 13 (Æoæ fu¨r mhd. aˆ); Heinen [Anm. 100], S. 5 (Æoæ fu¨r mhd. aˆ), S. 9 (Æaæ fu¨r mhd. o). Strauch schreibt steˆitlichen, ohne daß der Zirkumflex eine Entsprechung in der Handschrift h2tte. Vermutlich handelt es sich bei den Akzenten, die an verschiedenen Stellen in der Ausgabe stehen, um Hinzufu¨gungen in SieversA Abschrift, die von Strauch mißverstanden wurden. Die Handschrift hat keine Akzente. Belege bei Strauch, S. XV–XVI. Vgl. Wuelcker [Anm. 100], S. 30; Heinen [Anm. 100], S. 2 (Æaiæ neben Æaeæ fu¨r aˆ, Æoiæ fu¨r oˆ); Liffgens [Anm. 100], S. 2 (Æaiæ), 4 (Æeiæ), 7 (Æoiæ), 11 (mit einem einzigen Beleg fu¨r Æoiæ fu¨r mhd. u in broichen), 13 f. (Æaiæ fu¨r aˆ), 15 (Æeiæ fu¨r eˆ), 16 (Æoiæ fu¨r oˆ), 17 (keine Belege fu¨r uˆ+i); Steffens [Anm. 100], S. 181 f., 186 f., 192 f. (Mainz der su¨dlichste Belegort fu¨r Æuiæ), 198 f., 224 f.; Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 8 f. Rueff [Anm. 102], S. 6–8; Heinen [Anm. 100], S. 39 (-et), S. 41 (bei schwachen Verben neben der Normalschreibung -et gelegentlich -ent); Stopp [Anm. 100], S. 213; Lenz-Kemper [Anm. 101], S. 342. ¨ bersicht bei Fournier Zu den Verbalpr2fixen im hessisch-rheinfr2nkischen Schreibgebrauch vgl. die U [Anm. 95], S. 36 f. Fu¨r Frankfurter Urkunden siehe Liffgens [Anm. 100], S. 26 (Normalschreibung ver-/ vir-, weniger h2ufig vor-). Heinen [Anm. 100], S. 7, bringt Belege fu¨r vor- in der Handschrift des ›Frankfurter Passionsspiels‹ von 1493. Siehe auch Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 9 (zu˚- und zu-).

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zwar mit einer deutlichen Pr2ferenz fu¨r he, das in dem Schlußteil und im Register fast ausschließlich verwendet wird.116 Weitere Pronominalformen mit r-Verlust sind in der Handschrift nicht bezeugt. Die Verteilung von he, her und er geht aus der folgenden Tabelle hervor, die auf Textproben aus verschiedenen Teilen der Sammlung beruht: Register (1,2–7,13) Pr. 1 (7,14–9,17) Pr. 2 (9,18–11,41) Pr. 3 (12,1–13,37) Pr. 4 (14,1–18,9) Pr. 5 (18,10–19,8) Pr. 6 (19,9–21,28) Pr. 32 (69,6–73,3) Pr. 33 (73,4–77,11) Pr. 34 (77,12–79,36) Pr. 41 (90,24–92,35) Pr. 42 (93,1–95,11) Pr. 43 (95,12–98,15) Pr. 44 (98,16–99,38) Pr. 61 (128,20–131,18) Pr. 62 (131,19–133,30) Pr. 63 (133,31–138,39) Pr. 64 (139,1–20)

he 13a (13a H2) – (1a H2) 30a (22a H2) 5a (6a H2) 18a (18a H2) 6a (6a H2) 16a (16a H2) 3a (4a H2) 48a (46a H2) 9a (11a H2) 10a (10a H2) 19a (19a H2) 17a (17a H2) 14a (13a H2) 19a (19a H2) 30a (30a H2) 46a (45a H2) 2a (2a H2)

her 1a (1a H2) 26a (25a H2) 36a (43a H2) 6a (5a H2) 5a (5a H2) 1a (1a H2) 3a (2a H2) 3a (2a H2) 2a (3a H2) 9a (7a H2) – (– H2) 1a (1a H2) 2a (2a H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (1a H2) – (– H2)

er – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) 1a (3a H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2) – (– H2)

Die H2ufung der her-Belege am Beginn der Predigtsammlung mit absteigender Frequenz ab Predigt 4 ko¨nnte vorlagenbedingt sein oder sie ko¨nnte auf einen Schreiber zuru¨ckgehen, der sich erst allm2hlich an den fremden Schreibdialekt seiner Vorlage gewo¨hnen konnte. Bei den 401 Stellen, die in der Tabelle beru¨cksichtigt sind, weichen O und H2 nur 21a in ihrer Schreibung fu¨r das Pronomen he(r) voneinander ab.117 Diese Tatsache ist nur so zu erkl2ren, daß die Schreiber der beiden erhaltenen Handschriften das unmotivierte Wechseln der beiden Pronominalformen akzeptiert und ihre Vorlage in diesem Punkt litteratim wiedergegeben haben. Die u¨berraschend geringe Varianz w2re auch als ein Indiz zu sehen, daß O und H2 nicht u¨ber mehrere Zwischenstufen miteinander verwandt sind, sondern direkt nach einer und derselben Vorlage abgeschrieben wurden. Das seltene Auftreten von er macht eine Lokalisierung der Handschriften in Mainz oder im Rheingau recht unwahrscheinlich.118 116

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Vgl. Liffgens [Anm. 100], S. 46 (he, seltener her in Frankfurter Urkunden); G¸nther Rˆnnebeck, Studien zum dialekt-geographischen Unterschied von he und er, Teuthonista 3 (1926/1927), S. 170–172; Rueff [Anm. 102], S. 4 f.; Heinrich Bach, Die thu¨ringisch-s2chsische Kanzleisprache bis 1325. 1 Teil: Vokalismus. 2. Teil: Druckschwache Silben, Konsonantismus, Formenlehre, Kopenhagen 1937–1943, Bd. 2, S. 142 f.; Mitzka [Anm. 100], S. 156 f.; Feudel [Anm. 101], Bd. 2, S. 158, 160 (mit weiterer Literatur zur omd. u¨blichen Schreibung he); Heinen [Anm. 100], S. 34 (her und er nebeneinander in Frankfurt um 1493); Thomas Klein, He, her, er – de, der. Zu den -r-Pronomina im Mitteldeutschen, in: Sprache und Literatur des Mittelalters in den nideren landen. Gedenkschrift fu¨r Hartmut Beckers, hg. von Volker Honemann [u. a.], Ko¨ln/Wien 1999 (Niederdeutsche Studien 44), S. 141–155; Bentzinger/Balmanukyan [Anm. 63], S. 10 (vorwiegend er in der Handschrift Mainz, StB, Hs I 221 aus der Mainzer Kartause); Lenz-Kemper [Anm. 101], S. 342. her] he 8,11; 9,20; 11,19. 27; 12,22; 71,7; 78,27 (2a); he] her 10,6. 27. 38; 11,2 (3a). 3. 5; 16,19; 75,6; 134,6; he] er 76,27; ez] er 76,25 (Fehler in O). Einige weitere Unterschiede in der Anzahl der Belege sind durch Auslassungen in O oder H2 bedingt. Vgl. die Belege bei Rueff [Anm. 102], S. 4 f.

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Die Streuung der he- und her-Schreibungen am Anfang der Handschrift l2ßt einen abrupten ¨ bergang zwischen dem Register und Predigt 1 erkennen, der nicht zuf2llig entstanden sein U ¨ berwiegen der he-Belege im Register (in beiden Handschriften kann. Das deutlich ausgepr2gte U je nur einmal her) stimmt mit der Pr2ferenz der Schreiber von O und H2 in dem Schlußteil des Werks u¨berein, was mo¨glicherweise dadurch zu erkl2ren ist, daß in der Vorlage *OH2 der Registerteil nicht am Anfang der Schreibt2tigkeit, sondern als Nachtrag (oder, falls mehrere Schreiber an der Handschrift beteiligt waren, vom selben Schreiber) geschrieben wurde. In der Opposition he : her du¨rfte sich ein thu¨ringisch-hessischer Gegensatz widerspiegeln. Fu¨r mhd. ir, in und ime kennt die Handschrift eine Vielfalt von Formen: ir, er und ur (bzw. in flektierter Stellung ire und ure, irre und urre, iris und uris, irme und urme, iren, yren, uren und urin); in, yn, und un; ime, yme, ieme, eme und ume. Bei den Formen mit Æuæ anstatt Æiæ muß es sich um Relikte aus einer omd. Vorstufe handeln.119 Am Anfang der Handschrift stehen fast nur die i-haltigen Formen. Ab Predigt 7 steht h2ufiger eme (erstmals 22,34). Bis auf wenige Ausnahmen im Register und in Predigten 1–2 (ume 8,26 [eme H2], 10,14 [fehlt H2]. 16 [eme H2], un 2,29 [In H2], 10,22 [en H2]. 23 [en H2], einmal sogar ur = her 10,9 [er H2]) geht der Schreiber erst mit Predigt 12 dazu u¨ber, die u-haltigen Formen zu verwenden (z. B. ume 31,3 [eme H2], urme 31,21 [irme H2], un 32,15 [in H2]), die teilweise neben den Pronominalformen mit Æiæ stehen, aber in anderen Partien (z. B. in den Predigten 41–44) deutlich u¨berwiegen. Die Schwesterhandschrift H2 zieht im Gegensatz zu O eme als Normalschreibung fu¨r mhd. ime vor und verwendet auch sonst h2ufiger e-haltige Formen (z. B. er, erer, eris, auch en 75,33, 76,2. 10, vgl. aber un 75,32 [= O]); fu¨r e-Schreibungen in O siehe eme 2,18 (ime H2), 22,34 (= H2), 24,4 (= H2). Die e-Schreibungen beim Pronomen werden als Ergebnis der Abschw2chung des /i/ in druckschwacher Stellung gedeutet.120 Wortgebundene Einzelschreibungen, die zum sprachlichen Profil der Handschrift beitragen, sind: die Normalschreibung nicht (ausnahmsweise nit 35,37 [= H2]) im Unterschied zu nit in H2;121 nummer und ummer, z. B. 12,36 (= H2), 11,9 (= H2);122 ockir(it), z. B. 103,30 (uckerit H2), 134,24 (ockir H2). 35 (ockirt H2); die Normalschreibung oder, z. B. 1,17 (ader H2), im Unterschied zu ader in H2;123 sal, z. B. 1,24 (= H2); und besonders die sehr ungewo¨hnliche Schreibung schussin = mhd. zwischen, die mo¨glicherweise aus der Vorlage u¨bernommen wurde, u. a. 10,27, 19,27, 45,7 (ausnahmsweise swischen 4,3), wo H2 fast immer zwosschen schreibt (aber je einmal tu˚ssin 31,37, zwusschen 50,20, und zu˚ssin 80,14); vgl. swene = zwene 2,35 (zwene H2), 32,4 (zwene H2) und swetracht 45,2 (wohl vorlagenbedingt swertraicht H2).124 119

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Karl Weinhold, Mittelhochdeutsche Grammatik, Paderborn 21883 (ND 1967), S. 517–525, § 476–479; Bach [Anm. 116], Bd. 2, S. 143 f.; Feudel [Anm. 101], Bd. 2, S. 159 f.; Maria Walch/Susanne H‰ckel, Flexion der Pronomina und Numeralia, Heidelberg 1988 (Grammatik des Fru¨hneuhochdeutschen, hg. von Hugo Moser [u. a.], Bd. 7), S. 74 ff. Feudel [Anm. 101], Bd. 2, S. 21, mit Verweis auf vereinzelte Belege in 2lteren omd. Sprachdenkm2lern (›Jenaer Martyrologium‹, ›Evangelienbuch des Matthias von Beheim‹). Fu¨r Belege aus dem Frankfurter Raum siehe Wuelcker [Anm. 100], S. 13–15; Heinen [Anm. 100], S. 8 (en ›ihn‹), S. 35 (im/ime/eme, in/en/ine). Die Lautung nicht als Regelform ist nicht hessisch, sondern innerhalb des Mitteldeutschen nur omd. Vgl. Heinen [Anm. 100], S. 20 (Normalschreibung nit, die Form nicht nur im Reim); Werner Besch, Sprachlandschaften und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert. Studien zur Erforschung der sp2tmittelalterlichen Schreibdialekte und zur Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache, Mu¨nchen 1967 (Bibliotheca Germanica 11), S. 201 f. mit Karte 57. Heinen [Anm. 100], S. 11. Heinen [Anm. 100], S. 9; Stopp [Anm. 100], S. 175. Strauch, S. XIII, verweist auf Belege fu¨r die Schreibungen schussin und zwßin in: »Hessisches Urkundenbuch 1 Abt 2,1 S. 405,9 und S. 423,30«; ich konnte diese Belege nicht verifizieren. Fu¨r Mainzer Schreibungen (u. a. zwu´ssen und zu˚schen) siehe Steffens [Anm. 100], S. 152. Frankfurter Schreibungen

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Insgesamt lassen die angefu¨hrten orthographischen Eigenheiten eine Lokalisierung der Handschriften O und H2 im zentralhessischen Raum o¨stlich von Mainz einschießlich der Gegend um Frankfurt und der Wetterau zu, w2hrend der westliche Bereich um Mainz und der Rheingau als Schreibheimat ausscheiden. Auch die gemeinsame Vorlage dieser Handschriften, die wie O und H2 zahlreiche omd. Relikte enthalten haben muß, du¨rfte eine westmd.-ostmd. Sprachmischung aufgewiesen haben. Eine eindeutige Zuweisung nach Frankfurt am Main, dessen Katharinenkloster oben als erste Bibliotheksheimat von H2 in Erw2gung gezogen wurde, ist durch die Analyse der Schreibsprache nicht zu leisten, aber eine Lokalisierung von O und H2 in dieser Gegend bleibt durchaus mo¨glich und wahrscheinlich und wu¨rde zu dem von Wuelcker [Anm. 100] erarbeiteten Gesamtbild des Frankfurter Stadtdialekts im Mittelalter gut passen. Der Vergleich mit anderen zeitgeno¨ssischen und sp2teren Frankfurter Quellen spricht nicht gegen diese Hypothese.125 Ganz vereinzelt konnten Spracheigenheiten beobachtet werden, die mit der These, daß O und H2 von hessischen Schreibern nach einer im zentralhessischen Raum entstandenen sprachlich gemischten westmd.-ostmd. Vorlage geschrieben wurden, schwer vereinbar sind. Dazu geho¨ren die Schreibungen bit fu¨r »mit« (OH2 – einmal im Register) und tu˚ssen fu¨r »zwischen« (H2), die aber so vereinzelt sind, daß sie fu¨r eine ¨ berAussage u¨ber die Beschaffenheit von *OH2 oder von den Vorlagen, die dieser U lieferung vorausgehen, keine Beweiskraft haben. Die Sprachuntersuchung hat keine dialektalen Besonderheiten zu Tage gebracht, die als ripuarische Interferenzen und damit als Unterstu¨tzung fu¨r die einleitend erw2hnte These von Ko¨ln als Ausgangsort ¨ berlieferung gedeutet werden ko¨nnten. der U Randeintr‰ge

– Nota-Zeichen (noo, noa, Noa) am Rand: fol. 1va, 3ra, 8v, 19r (am oberen Rand), 19v, 20r, 25v, 71r, 73v, 89v, 90r, 107v, 112v – Kreuz am Rand: fol. 2ra–b, 9r, 10v, 15r, 28r, 28v, 34r, 34v, 35r, 40r, 43r, 74r, 75v, 87r, 97r – Korrektur am Rand: 6r, 24r, 26r, 26v, 36r, 44r, 46r, 47r, 47v, 51v, 52r, 58v, 61v, 67v, 76v, 77v, 88r, 90v, 92r, 100v, 101r

125

sind bei Wuelcker [Anm. 100], S. 43 (zusschen 1388, cusschen 1393) und bei Liffgens [Anm. 100], S. 7 (zwoschen, zossen, zwuschin, zuschen, schuschen) erw2hnt. Fu¨r die unverschobene Form tusschen, thussin, tussin (usw.), die nur im Ripuarischen und am Mittelrhein, besonders in der Gegend um Koblenz, bezeugt ist, siehe Rudolf Sch¸tzeichel, Mundart, Urkundensprache und Schriftsprache. Studien zur Sprachgeschichte am Mittelrhein, Bonn 1960 (Rheinisches Archiv 54), S. 104–107; Otto Behaghel, Geschichte der deutschen Sprache, Berlin/Leipzig 51928, S. 421, mit Verweis auf Belege in rheinhessischen Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts (u. a. 1361 in Gau-Algesheim, Kreis Mainz-Bingen). Vgl. z. B. die ›Frankfurter Dirigierrolle‹ (1. H. 14. Jh.), deren hessische Schreibsprache n2her bei H2 steht (u. a. Æauæ, Æu˚æ, Æieæ in diesen, i-Nachschlag nicht belegt, 2. Pers. Sg. has V. 345 neben hast V. 500, 2 Pers. Pl. Pr2s. -et, er fu¨r mhd. er, nit, ver-), und das ›Frankfurter Passionsspiel‹ von 1493, das sprachlich etwas n2her bei O einzuordnen ist (u. a. Æauæ, Æuæ, Æiæ als Vokalnachschlag, z. B. hait V. 3, noit V. 156, doit V. 16, 2. Pers. Pl. Pr2s. -et, aber -ent V. 208, er neben he, ime neben eme, dit neben dis/disz, ver-). Zitiert nach: Frankfurter Dirigierrolle. – Frankfurter Passionsspiel. Mit den Paralleltexten der ›Frankfurter Dirigierrolle‹, des ›Alsfelder Passionsspiels‹, des ›Heidelberger Passionsspiels‹, des ›Frankfurter Osterspielfragments‹ und des ›Fritzlarer Passionsspielfragments‹, hg. von Johannes Janota, Tu¨bingen 1997 (Die Hessische Spielgruppe 1).

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– in kaffin in got, in sehr unbeholfener Schrift am unteren Rand (fol. 10r = Abb. 1; Verweis auf die Textstelle und sal stein in eime inkaffine in disin richtum godis (15,6, fol. 11r) – Zeichnung (Blatt?) am Rand: fol. 11v am inneren Rand, 30r am unteren Rand, 111v am 2ußeren Rand – Maniculus am Rand: fol. 12v, 52v – Markierung am Rand: fol. 15v (Ziffer 7?), 46v (Kugeln), 70v (Kugel), 71r (Kugel) – Ko¨pfe: 19r (am unteren Rand), 52r (am 2ußeren Rand), 62v (am 2ußeren Rand), 68v (am unteren Rand), fol. 91r (am 2ußeren Rand) – ¨ abstractum (fol. 19r), am inneren Rand, durch ein Verweiszeichen auf das Wort abe ge¨zogen (25,17) bezogen; fehlt in H2 – ¨ quadrangulum (fol. 22r), am inneren Rand, durch ein Verweiszeichen auf das Wort vierececht (29,23) bezogen. In H2 steht die Glosse im Text: Wie sie einen cirkel .i. quadrangulum. virecht gemachen. (fol. 32r). – videlicet predicatorum (fol. 73v = Abb. 8), am Rand, bezogen auf den Satz Di krischen meistere gemenliche vnd vnse groisten meistere vz [= videlicet] den ich geleule [= geleube] vnd volge di sprechin daz die nature vnd der kerne vnd daz wesin der ewigin selikeit in deme werke der fornuft lige (91,1–3); in H2 steht die Glosse auf fol. 109r (= Abb. 9) nicht am Rand, sondern im Text, und zwar an der Stelle, wo in O die Abku¨rzung fu¨r videlicet versehentlich stehen geblieben ist. – der sele ez (fol. 82r), am unteren Rand; Wiederholung von 101,33 f. – a und b (fol. 84r), am 2ußeren Rand, auf die Textstellen 104,4 (ein wisheit) und 104,7 (ein riche mensche) bezogen –¨ .i. obiectum (fol. 107r), am 2ußeren Rand, bezogen durch ein Verweiszeichen auf den Satz ¶wan willich dinc man irkenin sal des sache muiz man irkennen vnd daz ende des dingis. ¨ dazu ez ist Nu ist got alleine der eiginliche wider worf der minne alse di varwe ist der gegin worf des augin (Strauch, S. 132,37–133,2); in H2 steht die Glosse nicht am Rand, sondern im Text, und wird dort sachgem2ß auf das Wort weder worff bezogen (No ist got alleine der eigenliche id est obiectum. wider worff der minne. H2 fol. 161r–v).

3. Teil II: Lateinische Textsammlung u¨ber die Kontemplation und den Aufstieg zu Gott (fol. 114–201) Beschreibstoff 88 Bll. Pergament und Papier. 187 a 132 mm (Schriftraum durchschnittlich 147 a 110 mm, fol. 201v: 170 a 118 mm). Lagenformel: V + IV + 4V + VI + 2V. xiv. xv. xvi. xvii. xviii. xix. xx. xxi. xxii.

fol. 114–123. Quinternio. Pergament. Nicht liniiert. fol. 124–131. Quaternio. Pergament. Lagen xv–xvi sind liniiert. fol. 132–141. Quinternio. Pergament. fol. 142–151. Quinternio. Papier. Lagen xvii–xxi sind nicht liniiert. fol. 152–161. Quinternio. Papier. fol. 162–171. Quinternio. Papier. fol. 172–183. Sexternio. Papier. fol. 184–193. Quinternio. Papier. fol. 194–201. Quinternio. Papier (fol. 194–195 und 200–201) und Pergament (fol. 196–199). In neuerer Zeit (wahrscheinlich bei der Restaurierung im Jahre 1955) wurde die Lage neu zusammengesetzt. Fol. 194–195 wurden als Einzelbl2tter eingefu¨gt, w2hrend fol. 200–201 durch einen Papierstreifen zu einem Doppelblatt zusammengeleimt wurden. Bei dieser Lage sind nur die Pergamentbl2tter liniiert.

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Es handelt sich bei den Papierbl2ttern um einen dicken, stark gerippten norditalienischen Import guter Qualit2t aus Fabriano oder Genua, der auf Grund der Wasserzeichen in das zweite Viertel bis Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren ist. Das erste Wasserzeichen, das in allen Papierlagen belegt ist, ist ein sehr ungewo¨hnlicher – und deswegen gut zu identifizierender – ›Turm – ohne Zinnen – ohne Beizeichen‹, den Briquet nur einmal (und ohne Nebenvarianten) als Nr. 15852 (Genua 1334–1336) belegt; vgl. Briquet, Papier et filigranes 1888, Nr. 570 (»tour avec une porte ouverte«); Mo¶in/Traljic Nr. 7126.126 Das zweite Wasserzeichen, ›Zwei Kreise u¨bereinander – daru¨ber Kreuz‹, kommt dreimal vor (fol. 174/181, 184/193, 185/192) und ist vergleichbar mit Briquet Nr. 3165 (Bologna 1329, weitere Belege Pisa 1330/1331, Montpellier 1336). Kirchner Nr. 54, deren Varianten in Frankfurter Archivalien fu¨r die Jahre 1336–1369 belegt sind, kommt dem Wasserzeichen unserer Handschrift sehr nahe; s. o. Anm. 64. Siehe auch »Piccard-Online« Nr. 161703 (Mu¨nchen 1348), 161706 (Mu¨nchen 1336), 161712 (Bologna 1367) und 0223923 (Bologna 1338); Leipzig, Universit2tsbibliothek, Mss. 1180 und 1209; Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Cod. Quart. 38. Das Wasserzeichen scheint in seiner 2ußeren Form und Gro¨ße, soweit ich durch den Vergleich von Zeichungen und Messungen feststellen konnte, mit dem Wasserzeichenpaar A1–2 der oben S. 87, Anm. 64 behandelten Mainzer Handschrift I 221 identisch zu sein, die ebenfalls im Umfeld der Mainzer Kartause geschrieben wurde und fu¨r die auf Grund des dort enthaltenen ›Turm‹-Wasserzeichens eine Datierung in das dritte Jahrhundertviertel vorgeschlagen wurde. W2hrend fu¨r die Oxforder Handschrift kleinformatige Papierbo¨gen in Quart gefaltet wurden (Blattgro¨ße 187 a 132 mm), handelt es sich bei der Mainzer Handschrift um ein großformatiges Papier in Oktav (Blattgro¨ße 206 a 144 mm), womit ich den Verdacht, daß es sich um das ›gleiche‹ Papier handeln ko¨nnte, als entkr2ftet betrachte. Zur Verwendungsgeschich126

Zu den Wasserzeichen siehe Charles Schmidt, Me´moire sur les filigranes de papier employe´s a` Strasbourg de 1343 a` 1525, Mu¨lhausen 1877; Charles-Mo"se Briquet, Papiers et filigranes des archives de Geˆnes 1154 a` 1700, Genf 1888 (Extrait des Atti della Societa` Ligure di Storia Patria, Bd. 19/2, 1887), ND in: BriquetAs Opuscula. The Complete Works of Dr. C. M. Briquet, without Les Filigranes, hg. von E´mile Joseph Labarre, Hilversum 1955 (Monumenta chartæ papyraceæ historiam illustrantia 4); Kirchner [Anm. 64]; Friedrich Keinz, Die Wasserzeichen des XIV. Jahrhunderts in Handschriften der k. bayer. Hof- und Staatsbibliothek, Mu¨nchen 1896 (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 20, Abt. 3), S. 481–524, Taf. I–XXXVIII; ZonghiAs Watermarks (Aurelio & Augusto Zonghi – Andrea Federico Gasparinetti), hg. von gmile Joseph Labarre, Hilversum 1953 (Monumenta chartæ papyraceæ historiam illustrantia 3); Vladimir A. Mo¶in/Seid M. Traljic, Filigranes des XIIIe et XIVe ss. – Vodeni znakovi XIII. i XIV. vijeka, 2 Bde., Zagreb 1957; Charles-Mo"se Briquet, Les Filigranes. Dictionnaire historique des marques du paper de`s leur apparition vers 1282 jusquAen 1600, ND hg. von Allan Stevenson, 4 Bde., Amsterdam 1968; LikhachevAs Watermarks. An English-Language Version, hg. von J. S. G. Simmons und Bð Van Ginneken-Van de Kasteele, 2 Bde., Amsterdam 1994 (Monumenta chartæ papyraceæ historiam illustrantia 15); Wasserzeichenkartei »Piccard-Online« [Anm. 64]; Le filigrane degli archivi genovesi, unter: http://www.linux.lettere.unige.it/briquet (abgerufen am 18. Dezember 2005; am 22. Januar 2008 nicht mehr zug2nglich). Zu Piccards Regel fu¨r die Zeitspanne zwischen terminus a quo und Beschriftung siehe Alois Haidinger, Datieren ¨ sterreichischen Akademie der mittelalterlicher Handschriften mittels ihrer Wasserzeichen, Anzeiger der O Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 139 (2004), S. 5–30, hier S. 17 mit Anm. 34. Zur Frage des Papierformats siehe J. Peter Gumbert, Sizes and formats, in: Ancient and Medieval Book Materials and Techniques (Erice, 18–25 September 1992), hg. von Marilena Maniaci und Paola F. Munaf#, Vaticanstadt 1993 (Studi e Testi 357–358), Bd. 1, S. 227–263, hier S. 240 mit Anm. 29; Paul Needham, Res papirea: Sizes and formats of the late medieval book, in: Rationalisierung der Buchherstellung im Mittelalter und in der fru¨hen Neuzeit. Ergebnisse eines buchgeschichtlichen Seminars, Wolfenbu¨ttel, 12.–14. November 1990, hg. von Peter R¸ck und Martin Boghardt, Marburg 1994 (elementa diplomatica 2), S. 123–145, hier S. 125. Christoph Mackert (Leipzig) habe ich fu¨r Informationen zu den Handschriften in Leipzig und Weimar zu danken, Peter Gumbert (Leiden) und Paul Needham (New York) fu¨r die Beantwortung meiner Fragen zum Papierformat.

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te des ›Zwei Kreise‹-Wasserzeichens siehe Briquet, Papier et filigranes 1888, S. 191 (mit Belegen des Typs aus Genueser Archivalien fu¨r den Zeitraum 1306–1398); Kirchner [Anm. 64], S. 22 (Herstellung in Fabriano); Keinz [Anm. 126], S. 494 f.; Le filigrane degli archivi genovesi, Nr. 15 (»Due cerchiA«); weitere Belege bei Schmidt Taf. III Nr. 22 (1357), Briquet, Papier et filigranes 1888, Nr. 53 (1338), Keinz Nr. 22–23 (1340–1400 bzw. 1360), Zonghi Nr. 360 (1339), Mo¶in/Traljic Nr. 2022 (1328) und 2024 (1334), Likhachev Nr. 287 (1337) und 331 (1358), »Piccard-Online« mit zahlreichen Belegen, vor allem aus dem Zeitraum 1320–1346 (u. a. Nr. 22412 – Bologna 1320, 22404 – Lucca 1331, 16190–91 – Wu¨rzburg 1338).127 Alle Papierlagen sind aus gefalteten halben Bo¨gen zusammengesetzt und weisen damit Quartformat auf. Ohne die Beschneidung der 2ußeren R2nder zu beru¨cksichtigen, ergibt das eine minimale Bogengro¨ße von 264 a 374 mm. Wenn man mit Gumbert und Needham [Anm. 126] mit einem Standardformat fu¨r normales Papier im Kanzleiformat von ca. 310/320 a 440/450 mm rechnet, bedeutet dies, daß die Papierlagen dieser Handschrift ungewo¨hnlich stark beschnitten sind. Vermutlich wurde das Format der Pergamentlagen xiv–xvi gew2hlt, ohne das Format des fu¨r die sp2teren Lagen verwendeten billigeren Materials zu beru¨cksichtigen. Fu¨r die Datierung der Handschrift du¨rfte nicht in erster Linie das variantenreiche ›Zwei Kreise‹-Wasserzeichen, sondern der sehr genau zu identifizierende Turm ausschlaggebend sein. Wenn man beru¨cksichtigt, daß Piccards Regel, daß unter normalen Umst2nden Schreibpapiere gewo¨hnlicher Qualit2ten und Formate innerhalb einer Zeitspanne von drei bis vier Jahren beschriftet wurden, nur fu¨r den Zeitraum 1360–1630/1650 gilt, und fu¨r die fru¨here Periode stattdessen eine Zeitspanne von fu¨nf bis acht Jahren ansetzt, ergibt sich eine Wasserzeichendatierung fu¨r das zweite Faszikel der Handschift von ca. 1331–1338.

Beschriftung Eine Hand. Buchkursive im Stil des 2. Viertels bzw. Mitte 14. Jh. 26–39 Zeilen auf einer Seite, einspaltig. Bis auf die erste Lage wurden alle Pergamentbl2tter mit brauner Tinte liniiert. Randglossen, Korrekturen und Maniculi durchgehend von der Hand des Schreibers. Fehlerhafte Stellen sind teilweise durch den Randvermerk corrige markiert (z. B. fol. 127r). Die einzelnen Traktate der Sammlung, teilweise auch ihre Unterabteilungen, sind auf fol. 104r–102r von einer zweiten Hand mit arabischen Ziffern von 1–30 durchgez2hlt. Unten auf jeder Versoseite steht eine ausfu¨hrliche Reklamante, die den Anfang der folgenden Rectoseite wiederholt.

Rubrizierung

¨ berschriften (fol. 114r–115v, 116v, Rote Initialmajuskeln (nur fol. 114r mit Verzierung); rote U 118r).

Besitzvermerk

Codex Cartusiensium prope Maguncie (fol. 114r am unteren Rand).

Inhalt

1. fol. 114r–115v

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[Thomas Gallus], ›De septem gradibus contemplationis‹ ›Tractatus de gradibus contemplacionis‹ (rot). Inc.: 6Contemplatorum aquilinos obtutus acui et spiritualem palatum perfundi … Expl.: et per hos ad septimum armoniacus fit ascensus tam delectabilis quam admirabilis. Explicit tractatus de vij contemplationis gradibus Edition: S. Bonaventura, Opera, 1588–1596 [Anm. 77], Bd. 7, S. 104 f. Entspricht Mainz, StB, Hs I 48, fol. 91r–v und 244ra–va.

Zur Vergleichbarkeit der Wasserzeichen in Mainz, StB, Hs I 221 s. o. Anm. 64.

›In kaffin in got‹ 2. fol. 115v–116v

3. fol. 116v–118r

4. fol. 118r

5. fol. 118r–119r

6. fol. 119v–120v

7. fol. 120v–121v

111 ›De contemplatione‹ (rot) Inc.: 2Dictum de contemplacione. Primo tangitur de preminencia vite contemplatiue ad activam. Secundo distinguetur contemplatio a meditacione seu consideracione simplici et cogitacione et tangetur de speciebus consideracionis. Circa primum notandum quod xij sint in quibus vita contemplatiua preminenciam videtur habere respectu actiue … Expl.: Non est in loco nostro consuetudo ut minores ante tradamus ad nupcias Entspricht Mainz, StB, Hs I 48, fol. 91v–92v und 244va–245rb. Bernhard von Clairvaux, ›De consideratione‹, Exzerpte, u. a. quatuor species contemplacionis ›De speciebus contemplacionis et consideracionis‹ (rot). Inc.: 2Consequenter distinguenda est contemplacio a simplici consideracione et cogitacione et tangendum de speciebus consideracionis et contemplacionis. Notandum est ergo quod beatus bernardus ijo libro de consideracione distinguit inter contemplacionem et consideracionem hiis verbis. Consideracionem non idem per omnia quod contemplacionem intelligi volo … Expl.: pauenda abyssus iudiciorum feruorem exigit caritatis [!] eternitas perseuerenciamque sustinendi Edition: S. Bernardi Opera, hg. von Jean Leclerq, 8 Bde., Rom 1957–1977, Bd. 3, S. 393–493, hier S. 414–492. Entspricht Basel, UB, B IX 6, fol. 1ra– 1va; Mainz, StB, Hs I 48, fol. 92v–94r. Ps.-Bernhard von Clairvaux, ›Octo gradus quibus viri contemplativi ascendunt‹ (rot) Inc.: 2Item beatus bernardus distinguit octo gradus quibus viri contemplatiui ascendunt loquens fratribus de monte dei. Primus. perfecta obedientia. Secundus est corpus suum in seruitutem redigere … Expl.: Octauus est transformari a claritate in claritatem tanquam a domini spiritu Amen / vbi tranquilitas pacis ad quam nos perducat Christus. Amen. Exzerpt aus Wilhelm von St. Thierry. Edition: Epistola ad fratres de MonteDei par Guillaume de Saint-Thierry, hg. von M.-M. Davy, Paris 1940 (E´tudes de philosophie me´die´vale 29), S. 83 (Kap. 26 = I 5). Entspricht Basel, UB, B IX 6, fol. 8ra. ›Quod xij sunt que preparant ad contemplacionem‹ (rot) Inc.: 2Yn summa notandum est quod xij videntur esse que hominem preparant ad divinorum contemplacionem que xij resultant ex contemplacione Richardi prehabita in exemplari istius. Primum est [ex] exercitacio in operibus actiue. Nam quam cito peccator reconciliatur deo. non dignus est videre eius faciem cuius figura est … Expl.: Jo. xi. videns eum cecidit ad pedes eius. Eiusdem xij. vnxit pedes iesu lacrimis [la] extersit capillis etc Der Text bricht mit dem 6. Punkt ab. Entspricht Basel, UB, B IX 6, fol. 7va–8ra (vollst2ndig); Mainz, StB, Hs I 48, fol. 94r–102v und 147r–155v (zweimal vollst2ndig). Exzerpt aus einer Auslegung von Gn 18,1 (gedeutet als quies, exitus de corpore isto, fervor caritatis, cordis elevacio) ¨ berschrift. Inc.: Secundum est quies quod tangitur ibi Sedenti etc. Ohne U Tren. iij. Sedebit solitarius etc. Io. xj. Maria autem domi sedebat … Expl.: Meditacio mirabilis essencie dei et caste veritatis inspectio. Oratio munda et valida Jubilus laudis. et desiderium ardens in deum [›Septem gradus animae‹], in Anlehnung an Augustinus, ›De quantitate animae‹

112

8. fol. 121v–122r

9. fol. 122r–127r

10. fol. 127r

11. fol. 127r–173v

Nigel F. Palmer ¨ berschrift. Inc.: 2Augustinus vij gradus tangit in libro de quantitate Ohne U anime in quorum vltimo ponit contemplacionem. Ad primum gradum operaciones arbustis communes. ut quod anima presencia sua corpus viuificat et colligit in vnum … ›De quantitate animae‹, Kap. 33. Edition: PL 32, Sp. 1073. [›De triplici visione corporali‹] ¨ berschrift. Inc.: 2Et distingwntur ibi in glosa tres species visionis. Ohne U scilicet corporalis. ymaginaria. et intellectualis. Corporalis est cum quedam corporaliter videntur dei munere. que alij videre nequeunt. ut balthasar vidit manum scribentem … Entspricht Basel, UB, B IX 6, fol. 8va. [›De gloria animae et corporis et gaudiis coelestibus‹] ›Quedam ad contemplacionem vtilia require in tractatu spei. capitulo de rebus sperandis subsequente‹. Inc.: 2Sciendum est de rebus sperandis quod gloria anime et gloria corporis sunt speranda de quibus ysa. lxi. [122v] In terra sua duplicia possidebunt … Et notandum quod xij que valere possunt ad cognoscendum quod valde magna erit gloria fidelium. licet hic humiles sint et abiecti Primum est quod deus ita care vendit gloriam suam … [124r] 2Et notandum quod xij erunt intellectus post generalem resurrectionem que possunt intelligi xij fructus ligni vite de quibus Apocalypsis vltimo legitur. Primus est sanitas absque infirmitate … [124v] 2Et notandum quod gaudium electorum perueniet quasi ex sex partibus. Primum a beata trinitate. Secundum a loci amenitate … Expl.: Tercia dos anime est delectacio. que est visionis effectus et amoris Amen Am Ende der ersten Freude auf fol. 125r wird Frater Wydo cartusiensis als Autorit2t zitiert, was die Entstehung des Traktats bzw. dessen Quelle bei den Kart2usern sehr wahrscheinlich macht. Augustinus, [›Quomodo quis velit velle more‹], Exzerpt aus ›Quaestiones XVII in Matthaeum‹ ›Item Augustinus in tractatu Quis libenter moriatur‹. Inc.: 2Qui iam habet sanam fidem et videt quomodo sibi perueniendum sit. ad hoc proficit ut libenter de hac vita discedat … Expl.: ut perfecti sint velint et perfecti sint. Idem in eodem Ornatus et Sordes pari modo fuge quia alterum delicias. alterum gloriam redolet Edition: PL 35, Sp. 1376. Entspricht Mainz, StB, Hs I 48, fol. 102v und 249vb. [Gerardus Leodiensis], ›De doctrina cordis‹, Exzerptsammlung Vorbemerkung: Hic incipit tractatus valde delicatus de cordis cissione … (s. o. S. 92, Anm. 81) [127v] ›Incipit ergo sicut dictum est tractatus de scissione cordis‹ Inc.: 2Dicto de eleuacione de eiusdem scissione dicendum est ad quod inuitat nos deus per Johelem 81 Scindite corda vestra Scissionem autem cordis quam facit contricio pretermittentes ad tractandum de illa … Expl.: ei non creditur cum paucioribus testibus vmquamcumque incredibili crederetur. Et hec dicta de fulcimentis fidei sufficiant Edition: ›Liber de doctrina cordis‹, Neapel 1607 [Anm. 80]. Vgl. fol. 201v mit Zuschreibung an Albertus Magnus. Zur Verfasserschaft s. o. S. 92 f. Entspricht Mainz, StB, Hs I 48, fol. 102v–147r; weitere Exzerpte in Basel, UB, B X 6, fol. 128v–133v. Die Exzerpte aus den sieben Traktaten stehen in der Reihenfolge: ›De scissione‹, ›De datione‹, ›De elevatione‹, ›De praeparatione‹ (Anfang fehlt, mit Einfu¨gung auf fol. 153r u¨ber Blasphemie, ab fol. 157v mit Exzerpten aus ›De custodia‹ und ›De datione‹ kompiliert),

›In kaffin in got‹

12. fol. 174r–186r

13. fol. 186r–198v

14. fol. 198v–199r

15. fol. 199v–201v

16. fol. 201v

113 ›De stabilitate‹, ›De custodia‹, weitere Exzerpte aus ›De praeparatione‹ (›De ornamentis animae‹), ›De stabilitate‹. Vgl. die Kurzbeschreibung dieser Handschrift bei Hendrix [Anm. 47], Bd. 1, S. 71 f. (mit falscher Datierung »XVex.«). Richard von St. Viktor, ›Benjamin major‹ (stark u¨berarbeitet) ›Item ut intellectus clarius illuminetur et affectus calidius inflammetur a caritate infrascripti tractatus magistri Richardi scilicet de contemplatione et dilectione diligencius intueantur‹ Inc.: 2Richardus vero de sancto victorie in libro contemplacione distinguit inter contemplacionem et meditacionem hiis verbis Sciendum est quod eandem rem aliter per cogitacionem intuemur aliter per meditacionem rimamur … Expl.: Item Danielis x Vidi visionem hanc magnam et non remansit in me fortitudo. Explicit tractatus contemplacionis Edition: PL 196, Sp. 63–192. Entspricht Basel, UB, B IX 6, fol. 1va–7va; Mainz, StB, Hs I 48, fol. 147r–155v. Richard von St. Viktor, ›De quatuor gradibus violentae caritatis‹. ›Incipit tractatus caritatis eiusdem richardi de sancto victore‹. Inc.: Vulnerata caritate ego sum. vrget me caritas de caritate loqui … Expl.: In quarto gradu resuscitatur. Hoc nobis prestare dignetur qui est benedictus in secula seculorum. Amen Edition: Ives, E´pıˆtre a` Se´verin sur la charite´. Richard de Saint-Victor, Les quatre degre´s de la violente charite´, hg. von Gervais Dumeige, Paris 1955 (Textes philosophiques du Moyen Age 3), S. 89–186. Entspricht Basel, UB, B X 6, fol. 78r–87v; Mainz, StB, Hs I 48, fol. 234r–242r. Gregorius der Große, Ezechielkommentar, Exzerpt ›Gregorius super ezechielem‹. Inc.: Abij amarus in indignacione spiritus mei. Mentem quam spiritus sanctus replet in amaritudinem temporaliter et delectacionem eternorum commouet … [199r] Idem Et mensus est thalamum vno calamo in longum et vno calamo in latum … Expl.: vt requiescat interim in bono opere proximi que adhuc non valet contemplari wltum dei. Tu autem domine miserere nostri. Amen. Deo gracias Edition: Sancti Gregorii Magni Homiliae in Hiezechihelem prophetam, hg. von Marcus Adriaen, Turnhout 1971 (CCL 142), S. 165 f. (I, Hom. X,43) und 242 f. (II, Hom. III,8–9). Entspricht Basel, UB, B X 6, fol. 87v–88r. ›Marienpredigt Maria optimam partem‹ ¨ berschrift. Inc.: 2Maria optimam partem elegit … [Lc 10,42] Sicut Keine U dicit beatus bernardus in sermone hodierne festivitatis. Hodie terra nostra preciosum direxit in celum vt dando et recipiendo felici amicitiarum federe copulentur humana diuinis. terrena celestibus. yma summis. Mirabile autem satis videtur quod ewangelium lectum de Maria magdalena peccatrice assumitur pro Maria genitrice … Expl.: Quam communicationem homo hac in via potest inchoare donec adimpleatur in patria ad quam nos perducat qui sine fine viuit et regnat deus in secula seculorum Amen [Gerardus Leodiensis], ›De doctrina cordis‹ (Exzerpt mit nachgetragener Zuschreibung an Albertus Magnus) ›Infrascripta ascribuntur alberto magno‹. Inc.: Preparate corde [!] vestra domino. Nota quod septem instructiones circa cordis dispositionem fiunt in scripturis … Expl.: Recipe ergo christum hospitem lassum et wlneratum in cor tuum. Ipse enim super tH et ad. Je xiiij. Quis (bricht ab) S. o. Nr. 11. Schluß des Prologs.

114

Nigel F. Palmer

IV. Verzeichnis der Predigten (fol. 5r–113r) Das Verzeichnis ist in Anlehnung an die Katalogbeschreibung von H2 durch N. Kr¸¨ berlieferung des ›Paradisus anime intelligentis‹ ger [Anm. 7] angelegt. Es zielt auf die U im engeren Sinne unter Beru¨cksichtigung der Prim2r-, Exzerpt- und Streuu¨berlieferung und verzichtet deswegen auf ausdru¨ckliche Nennung der Textzeugen, die textgeschichtlich nicht zu diesem Komplex geho¨ren. Die in diesem Band publizierte These von Georg Steer, daß der Textblock von sechs Predigten am Anfang einer in der Handschrift Nu¨rnberg, Stadtbibliothek, Cent. VI, 55 (N4) u¨berlieferten Predigtsammlung als Streuu¨berlieferung des ›Paradisus anime intelligentis‹ zu identifizieren ist, hat mich veranlaßt, auch diesen Textzeugen in meine Liste aufzunehmen.128 Es handelt sich um die Predigten Nr. 13, 30, 40, 49, 56 und 63. Fu¨r die weitere Parallel- und Exzerptu¨berlieferung wird jeweils auf eine Fundstelle in der Sekund2rliteratur und auf die vollst2ndige Zusammenstellung der Handschriftenparallelen durch Steer (in diesem Band) verwiesen.129 Es werden jeweils folgende Angaben verzeichnet: der Name ¨ berschrift und Initium, Nachweis der Textabdrucke, Predigtanlaß, des Predigers, U Sekund2rliteratur, Nachweis der Parallelu¨berlieferung (ggf. mit Literaturangaben), Li¨ berlieferung außerhalb des ›Paradisus anime intelligentis‹. Bei den Preteratur zur U digtanl2ssen richte ich mich nach der alten Dominikanerliturgie.130

128 129

130

Vgl. seinen Aufsatz in diesem Band, bes. S. 17–67. Zur Handschrift vgl. Quint [Anm. 17], S. 147 f. S. 18–25. Mehrfach zitierte Publikationen werden in Kurzform angegeben: DW = Meister Eckhart, Die deutschen Werke [Anm. 24]; Morvay/Grube = Karin Morvay/Dagmar Grube, Bibliographie der deutschen Predigt des Mittelalters. Vero¨ffentlichte Predigten, Mu¨nchen 1974 (MTU 47); Preger [Anm. 22]; Sievers [Anm. 22]; Steer [Beitrag in diesem Band]; Strauch [Anm. 1]; Zuchhold [Anm. 17]; CAO = Corpus antiphonalium officii, hg. von Renatus-Joannes Hesbert, 6 Bde., Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta, series maior, fontes 7–12); Theisen = Joachim Theisen, Predigt und Gottesdienst. Liturgische Strukturen in den Predigten Meister Eckharts, Frankfurt a. M. / Bern 1990 (Europ2ische Hochschulschriften I, 1169). Meine Blattangaben zu der Stuttgarter Handschrift der ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau (St6), u¨ber die die bisherige Literatur nur sp2rliche Angaben enth2lt (s. o. Anm. 17), beruhen haupts2chlich auf Steers Beitrag in diesem Band. Ich danke den Kollegen von der ›Forschungsstelle fu¨r geistliche Literatur des Mittelalters (Meister-EckhartZentrum)‹ an der Kath. Universit2t Eichst2tt-Ingolstadt, besonders Rudolf Weigand und Heidemarie Vogl, fu¨r ihre Unterstu¨tzung. Sie haben mir nicht nur in alle dort gesammelten Materialien Einblick gew2hrt, sondern mir auch in seltener Großzu¨gigkeit vielf2ltige Reproduktionen in elektronischer Form und als Kopien zur Verfu¨gung gestellt. Vgl. das Verzeichnis der Lesungen an den Sonntagen des ›De tempore‹-Zyklus bei Maura OACarroll, The Lectionary for the Proper of the year in the Dominican and Franciscan rites of the thirteenth century, Archivum Fratrum Praedicatorum 49 (1979), S. 79–103. Fu¨r die sonstigen Fest- und Wochentage richte ich mich nach: Missale Predicatorum per sacre theologie magistrum eiusdem ordinis admodum peritissimum. medullitus perspectum. diligentissimeque correctum […], Lu¨beck: Stephan Arndt 1502 [Exemplar: Bodleian Library, MS. Laud Misc. 283]. Fu¨r die Predigten Meister Eckharts (DW Pr. 1–86) ist auf die differenzierten Angaben in der kommentierten Ausgabe durch Niklaus Largier (Hg.), Meister Eckhart: Werke I–II, Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek des Mittelalters 20–21) hinzuweisen, die hier nicht in extenso wiederholt sind und in denen vor allem die Forschungsergebnisse von Quint (in den Anmerkungen zu DW I–III) und Theisen beru¨cksichtigt sind. Siehe auch Sturlese [Anm. 19].

›In kaffin in got‹

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(5r–6v) 1. Meister Eckhart: .j. ›De aduentu domini‹ 2Ecce dies veniunt dicit dominus … (Ier 23,5) Salomon sprichit ein gut bode von eime verrin lande ist also kalt wazzir … Sievers, S. 373–396; Strauch, S. 7–9; DW IV,1, S. 22–28 (Pr. 87). – Dom. XXV post Trin. (Epistellesung der Messe) bzw. Dom. I adv. (Capitulum bei der Vesper am Vortag, zu Laudes, Terz und zweiter Vesper) (Ier 23,5–8).131 – Vgl. Morvay/Grube, S. 76. – H2 6v–8v; Exzerpte bei Nikolaus von Landau, K1a 4rb–vb, 16vb– 17ra, 17vb (Zuchhold, S. 84 f., 94, 96; DW IV,1, S. 1 f.), St6 5r–5v, 16v–17r, 18r (DW IV,1, S. 4). – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. DW IV,1, S. 1–4; Steer, S. 18. (6v–8v) 2. Florentius von Utrecht: .ij. ›De aduentu domini‹ 2Benedictus qui uenit … (Mt 21,9) He ist gebenedigit in sime wesine daz he inphangin hait von sinem vadere … Strauch, S. 9–11. – Dom. I adv. (Mt 21,1–9). – Vgl. Morvay/Grube, 102 f.; Peter Schmitt, in: 2VL, Bd. 2, 1980, Sp. 750 f. – H2 9r–11v. – Zur Exzerptu¨berlieferung in einer Solothurner Handschrift vgl. Schmitt, Sp. 751; Steer, S. 23. (8v–10r) 3. Hane der Karmelit: .iij. ›Sermo de aduentu‹ 3Gaudete in domino semper … (Phil 4,4) di glose sprichit in gode daz si ein werc des heilegen geistes … Strauch, S. 12 f. – Dom. IV adv. (Phil 4,4–7). – Vgl. Morvay/ Grube, S 103 f.; Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 429–431; Lˆser [Anm. 16], S. 73 f. – H2 11v–13v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 20ra–21va, St6 185r–187v (Zuchhold, S. 43–47); Parallelu¨berlieferung bei Hartwig von Erfurt, vgl. Strauch, S. XXI; Morvay/Grube, S. 104 (mit 6 Handschriften von Nr. 3, die alle zu diesem Komplex geho¨ren); Sepp‰nen, Sp. 430 (ohne zus2tzliche Handschriften); Steer, S. 23. (10r–13v) 4. Meister Eckhart: .iiij. ›Item sermo de aduentu domini‹ 4In illo tempore. Missus est angelus gabriel … (Lc 1,26) In wilchir zit. In den seis manden du johannes baptista. Was in siner mudir libe … Sievers, S. 377–381; Strauch, S. 14–18; DW II, S. 227–245 (Pr. 38). – Feria IV post dom. III adv. (Lc 1,26–38), In commemoratione beatae Mariae virg. in adventu, In annunciatione beatae Mariae virg. (25. M2rz); vgl. DW II, S. 227, Anm. 1; Theisen, S. 222. – H2 13v–18v. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung vgl. DW II, S. 224; Steer, S. 18. (13v–14r) 5. Johannes Franke: .v. ›Sermo de tempore‹ 3Fiat michi secundum verbum tuum. (Lc 1,38) Fiat daz ist daz allir edilste wort … Preger, Bd. 2, 457 f.; Strauch, S. 18 f. Vgl. Morvay/Grube, S. 104–106; Volker Honemann, in: 2VL, Bd. 2, 1980, Sp. 800–802. – Fu¨r die Perikope Lc 1,26–38 s. o. zu Nr. 4. – H2 18v–19v; Nikolaus von Landau K1a 42vb–43va (Zuchhold, S. 59 f.), St6 32v–33v. – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. Morvay/Grube, S. 105 f.; Honemann, Sp. 801 (ohne zus2tzliche Handschriften); Steer, S. 23. (14r–16r) 6. Thomas von Apolda: .vj. ›De nativitate domini‹ 2Pver natus est nobis … (Is 9,6) An disin wortin mogen mir mirkin dru dinc an den man die allir groste minne prufin mac … Strauch, S. 19–21. – In nocte natalis Domini (25. Dez., Is 9,2–7). – Vgl. Morvay/Grube, S. 106; Freimut Lˆser, in: 2VL, Bd. 9, 1995, Sp. 809–811. – H2 19v–22v. r (16 –17r) 7. Johannes Franke: vij ›Sermo de tempore‹ 3Ipse spiritus reddit testimonium … (Rm 8,16) Groiz duchte di aldin heligin daz got ir vadir genant waz … Preger, Bd. 2, 458 f.; Strauch, S. 21 f. – Dom. VIII post Trin. (Rm 8,12–17). – Vgl. Honemann [s. o. Nr. 5]. – H2 22v–24r. 131

Vgl. Sturlese [Anm. 19], S. 398 mit Anm. 26, der u. a. auf eine unvero¨ffentlichte Studie von J. Theisen verweist, die mir nicht zug2nglich war. Fu¨r das dominikanische Stundengebet habe ich ein fru¨hneuzeitliches Brevier herangezogen: Breviarium iuxta ritum sacri ordinis Praedicatorum S. P. N. Dominici, Rom 1611, S. 115 f.

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Nigel F. Palmer

(17r–17v) 8. Meister Eckhart: viij. 2Post dies octo vocatum est nomen eius iesus … (Lc 2,21) Den namen iesus insprichit niman der heilege ist in werkes dan … Sievers, S. 381f; Strauch, S. 23; DW IV,1, S. 32–35 (Pr. 88). – In Circumcisione Domini (1. Jan., Lc 2,21). – H2 24r/v. – Fu¨r Exzerpte in N1 siehe DW IV,1, S. 29; Steer, S. 18. (17v–20r) 9. Eckhart Rube: ix. ›Sermo de tempore‹ 2Angelus domini apparuit … (Mt 2,19) An disin wortin muge mir mirkin dru dinc. Zu dem ersten waz der engil si … Preger, Bd. 2, S. 464–468; Strauch, S. 23–26. – In vigilia Epiphaniae (5. Jan., Mt 2,19–23). – Vgl. Morvay/Grube, S. 106 f.; Freimut Lˆser, in: 2VL, Bd. 8, 1992, Sp. 290–293. – H2 24v–28v. – Zur Exzerptu¨berlieferung in der Zu¨rcher Handschrift Zentralbibliothek, Cod. Car. C 98 siehe Lˆser, Sp. 291; Steer, S. 22. (20r–20v) 10. Meister Eckhart: .x. ›Sermo de tempore.‹ 2Angelus domini apparuit … (Mt 2,13) Ein meistir sprichit daz di schrift ist an irme sinne alse ein vlizinde wazzir … Sievers, S. 382 f.; Strauch, S. 26 f.; DW IV,1, S. 38–42 (Pr. 89). – In vigilia Epiphaniae (5. Jan., Mt 2,19–23). – H2 28v–29v. (20v–23r) 11. Bruder Erbe: .xj. ›Sermo de tempore‹ 2Hic est filius meus dilectus … (Mt 3,17/ Lc 3,22) Allir wonder wondirlichste … ist daz zwo geburte sint vnd ein einic son … Preger, Bd. 2, S. 444–446; Strauch, S. 27–30. – In octava Epiphaniae (13. Jan., Mt 3,13–17). – Vgl. Morvay/Grube, S. 107; Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 2, 1980, Sp. 571 f. – H2 29v–33r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 53rb–va (Zuchhold, S. 119 f.); St6 46r–v. – Zur Exzerptu¨berlieferung in einer Solothurner Handschrift siehe Morvay/Grube, S. 107; Steer, S. 25. (23r–25r) 12. Giselher von Slatheim: xij ›Sermo de tempore‹ 2Vbi est qui natus est rex iudeorum. … (Mt 2,2) Di meistere sprechin wan der comete irschine an deme ostin … Preger, Bd. 2, S. 447–450; Strauch, S. 30–33. – In Epiphania Domini (6. Jan., Mt 2,1–12). – Vgl. Morvay/Grube, S. 107; Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 46 f. – H2 33r–36r. (25r–27r) 13. Hermann von Loveia: xiij ›Sermo de tempore‹ 2Vbi est qui natus est rex iudeorum (Mt 2,2) Dit kint ist ein adamas daz da zoch di hertin herzin … Strauch, S. 33–35. – In Epiphania Domini (6. Jan., Mt 2,1–12). – Vgl. Morvay/Grube, S. 108 f.; Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 1072–1074. – H2 36v–38v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau, K1a 140ra–vb (Zuchhold, S. 29–32), St6 59v–60r; Streuu¨berlieferung N4 101r–107v (vgl. Steer, S. 40 f.). – Zur Parallelu¨berlieferung in einer Solothurner Handschrift siehe Sepp‰nen, Sp. 1071; Steer, S. 24. (27r–28v) 14. Giselher von Slatheim: .xiiij. ›Dominica infra octavam epifonie‹ [sic!] 3Puer iesus proficiebat etate … (Lc 2,52) He nam zu an aldere biz daz he quam zu der groze … Preger, Bd. 2, S. 450–452; Strauch, S. 35–37. – Dom. infra octavam Epiphaniae (Lc 2,42-52). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 12]. – H2 38v–41v. (28v–30v) 15. Meister Eckhart: xv ›Sermo de tempore‹ 2Sedebat iesus docens in templo … (Lc 2,46/Mt 26,55) Daz he saiz daz meinit ruwe. wan wer da sitzit der ist bereitir lutir dinc fore zu brengine … Sievers, S. 383–386; Strauch, S. 37–39; DW IV,1, S. 54–71 (Pr. 90A). – Dom. infra octavam Epiphaniae (Lc 2,42–52); vgl. DW IV,1, S. 54, Anm. – H2 41v–44r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 112rb–113va (DW IV,1, S. 43 f.; Zuchhold, S. 101, 102–105). – Zur ¨ berlieferung der Fassung B siehe DW IV,1, S. 44f; Steer, S. 18. U v (30 –33r) 16. Meister Eckhart: xvj ›Sermo de tempore‹ 2Voca operarios et redde illis mercedem suam … (Mt 20,8) Bi disime herrin der di werclude ladit in sinen win gartin ist bezechint unsir herre … Sievers, S. 386–389;

›In kaffin in got‹

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Strauch, S. 39–42; DW IV,1, S. 84–98 (Pr. 91). – Dom. in Septuagesima (Mt 20,1–16). – H2 44r–47v. – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. DW IV,1, S. 72 f.; Steer, S. 18. r (33 –35v) 17. Hermann von Loveia: vij. [sic!] 2Vobis datum est nosse mysteria regni dei (Lc 8,10) Ez ist drigirlege lebin ¶Daz erste ist ein vihelich lebin … Strauch, S. 42–44. – Dom. in Sexagesima (Lc 8,4–15). – Vgl. ¨ berlieferung in N5 vgl. Steer, S. 24. – Sepp‰nen [s. o. Nr. 13]. – H2 47v–51r. – Zur U ¨ berschrift fehlt in O. U (35v–37v) 18. Johannes Franke: xviij ›Sermo de tempore‹ 2Exiit qui seminat (Lc 8,5) Daz ewige wort daz da ist ein sewer sines selbis bekentnisses in di sele … Preger, Bd. 2, S. 459–461; Strauch, S. 44–46. – Dom. in Sexagesima (Lc 8,4–15). – Vgl. Honemann [s. o. Nr. 5]. – H2 51r–54r. v (37 –39r) 19. Meister Eckhart: xix ›Sermo de tempore‹ 2Populi eius qui in te est misereberis … (Os 14,4) Vnd ein wort nem ich daz der phariseus begerte daz vnsir herre mit yme eze … Strauch, S. 46–48; DW I, S. 117–124 (Pr. 7). – Feria VI in jejuniis Quattuor temporum (Os 14,1–9). – H2 54r–56r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 67vb–68ra. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW I, S. 116; Steer, S. 18. (39r–40v) 20. Meister Eckhart: .xx. ›Sermo de tempore‹ 2Sta in porta … (Ier 7,2) ¶Der himmelische vadir sprichit ein wort vnd sprichit daz ewicliche vnd in deme worte forzerit He alle sine nature v [= vnd] sine macht … Strauch, S. 48–50; DW I, S. 312–321 (Pr. 19). – Feria V post dom. III in Quadragesima (Ier 7,1–7). – H2 56r–58v. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW I, S. 308–311; Steer, S. 18 f. (40v–42r) 21. Meister Eckhart: xxj ›Sermo de tempore.‹ 2Vir meus mortuus est. (IV Rg 4,1) Daz funkelin der fornuftikeit an der sele ist daz hoiste … Strauch, S. 50–52; DW II, S. 210–223 (Pr. 37). – Feria III post dom. III in Quadragesima (IV Rg 4,1–7). – H2 58v–61r; Exzerpte bei Nikolaus von Landau K1b 70va–71ra; St6 128r–v. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW II, S. 205–207; Steer, S. 19. (42r–44r) 22. Meister Eckhart: xxij. ›Sermo de tempore‹ 2Adolescens tibi dico surge (Lc 7,14) Bi disir widiwin neme wir di sele wan der man toit was auch der son toit … Strauch, S. 52–54; DW II, S. 316–330 (Pr. 43). – Feria V post dom. IV in Quadragesima/Dom. XVI post Trin. (Lc 7,11–16). – H2 61r–63r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 151r–152r; St6 127r–128r. – Zur weiteren Parallelund Exzerptu¨berlieferung siehe DW II, S. 310–312; Steer, S. 19. (44r–45v) 23. Eckhart Rube: xxiij ›De corpore christi‹ 3Accipite et manducate … (I Cor 11,24) ¶He sprichit nemit nicht raubit noch stelit noch keufit. sundir nemit … Strauch, S. 55 f. – Feria V in coena Domini (I Cor 11,20–32). – Vgl. Lˆser [s. o. Nr. 9]. – H2 63v–66v. – Zur Parallelu¨berlieferung in N5 vgl. Lˆser, Sp. 291; Antje Willing, Literatur und Ordensreform im 15. Jahrhundert. Deutsche Abendmahlsschriften im Nu¨rnberger Katharinenkloster, Mu¨nster 2004 (Studien und Texte zum Mittelalter und zur fru¨hen Neuzeit 4), S. 186–190; Steer, S. 22. (45v–48r) 24. Meister Eckhart: xxiiij ›Item sermo‹ 2Homo quidam fecit cenam magnam etc (Lc 14,16) ¶Wer des morginis wirtschaft machit der ladit allir leige lude … Strauch, S. 57–59; DW I, S. 342–352 (Pr. 20b). – Feria V in coena Domini (man begeit hude den tac der abintwirtschaft 57,5 f.), aber mit dem Evangelium von Dom. II post Trin. (Lc 14,16–24); vgl. Theisen, S. 188. – H2 66v–69v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 13va–14ra (Zuchhold, S. 113–115); St6 180r–181r; Parallelu¨berlieferung bei Hartwig von Erfurt, vgl. Strauch, S. XXIII; DW I, S. 340. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW I, S. 340 f.; Steer, S. 19.

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(48r–49r) 25. Giselher von Slatheim: xxv 2Conturbati discipuli existimabant se spiritum videre … (Lc 24,37) Man lisit in deme ewangelio Daz vnsir herre mit beslozzinir ture quam zu sinen iungerin … Preger, Bd. 2, S. 452–454; Strauch, S. 59–61. – Feria III post Pascha (Lc 24,36–47). – Vgl. Sepp‰nen ¨ berschrift fehlt in O. [s. o. Nr. 12]. – H2 70r–71v. – U r v (49 –49 ) 26. Meister Eckhart: xxvj ›Sermo de tempore‹ 2Maria stunt zu deme grabe vnd weinite. (Io 20,11) Ez waz wonder also sere alse si betrubit was daz si wenin mochte … Sievers, S. 389 f.; Strauch, S. 61; DW II, S. 589–590 (Pr. 56). – Feria V post Pascha (Io 20,11–18). – H2 71v–72v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1b 62rb–vb. – Das lateinische Lemma fehlt in O und H2. (50r–50v) 27. Meister Eckhart: xxvij ›Sermo de tempore‹ 2Cvm sero factum esset … (Io 20,19/Mt 20,8/Mt 27,57) Alse der tac liplicher freude vellit [aus vellint verbessert] … Sievers, S. 390 f.; Strauch, S. 61 f.; DW IV,1, S. 101–105 (Pr. 92). – Dom. in octava Paschae (Io 29,19–31). – H2 72v–74r. v (50 –52r) 28. Meister Eckhart: xxviij ›Sermo de tempore‹ 2Modicum et non videbitis me etc (Io 16,16) Di beistin meistere sprechin daz der kerne der selikeit lige an bekentnisse … Strauch, S. 62–64; DW III, S. 187–198 (Pr. 70). – Dom. II post octavas Paschae (Io 16,16–22).132 – H2 74r–76v; Parallelu¨berlieferung bei Hartwig von Erfurt, vgl. Strauch, S. XXIV; DW III, S. 182. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW III, S. 181 f.; Steer, S. 19. (52r–53r) 29. Johannes Franke: xxix Nunc quidem tristiciam habetis … (Io 16,22) ¶Vil ist der dinge. dar umme wir vns betrubin mugin … Preger, Bd. 2, S. 461 f.; Strauch, S. 64 f. – Dom. II post octavas Paschae ¨ berschrift fehlt in O. (Io 16,16–22). – Vgl. Honemann [s. o. Nr. 5]. – H2 76v–77v. – U (53r–53v) 30. Hane der Karmelit: .xxx. 2Emitte spiritum tuum et creabuntur etc (Ps 103,30) Ein meister sprichit. Ez ist ein vngeschaffin geist daz ist got … Strauch, S. 65 f. – In die sancto Pentecostes; Emitte spiritum wird an diesem Tag bei den Dominikanern (aber nicht bei den Karmelitern) als Allelujavers gesungen. – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 3]. – H2 77v–78v; Nikolaus von Landau K1a 274r–vb (Zuchhold, S. 108–110); St6 153r–154r; Streuu¨berlieferung N4 107v–109r (vgl. Steer, S. 40 f.). – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe Strauch, S. XXIV; Quint, Untersuchungen 1 [Anm. 17], S. 8, 126, 148, 180; Sepp‰nen, Sp. 430; Steer, S. 24. – ¨ berschrift fehlt in O. U (53v–56r) 31. Florentius von Utrecht: xxxj ›De tempore‹ 2Tres sunt qui testimonium dant in celo … (I Io 5,7) ¶Ein iclich werc hait dru dinc an ime. ein begin. Ein mittil vnd ein ende … Strauch, S. 66–69. Vgl. Schmitt [s. o. Nr. 2]. – Dom. in octava Pasche (I Io 5,4–10). – H2 78v–82r; Nikolaus von Landau K1a 251vb–252rb (Zuchhold, S. 134–136). Zur weiteren Parallelu¨berlieferung in N5 vgl. Quint [Anm. 17], S. 156 f.; Steer, S. 23. (56r–58ar)133 32. Eckhart Rube: i. ›Sermo de sanctis‹ 3Scimus quoniam [sic!] diligentibus deum … (Rm 8,28) Troist vnd gemach vnd vngemach vnd ioch sunde nicht den di di libe habin … Strauch, S. 69–73. – In communi unius vel plurimorum apostolorum (Rm 8,28–39). – Vgl. Lˆser [s. o. Nr. 9]. – H2 82r–86v; Parallelu¨berlieferung bei Hermann von Fritzlar, vgl. Strauch, S. XXIV; Lˆser, Sp. 291; Steer, S. 22. – Mit dieser Predigt f2ngt in O und H2 das Sanctorale an. 132

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Vgl. Sturlese [Anm. 19], S. 408, der den Predigtanlaß m. E. zu Unrecht als Dom. II post Pascham (= Dom. I post octavas Paschae) identifiziert. Fol. 58a wurde bei der Blattz2hlung u¨bersprungen. Ab dieser Stelle stimmt die in der Ausgabe von Strauch verwendete Z2hlung mit der Handschrift nicht mehr u¨berein, denn fol. 58a wird dort als 59 gez2hlt. Auch Morvay/Grube halten sich an die falsche, von Strauch eingefu¨hrte Blattz2hlung.

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(58r–61v) 33. Meister Eckhart: ij. ›Sermo de sanctis.‹ 2Qvasi stella matutina … (Sir 50,6) ¶Nu neme ich daz leiste tempil godis waz [aus vnd korrigiert] ist got vnd tempil godis … Strauch, S. 73–77; DW I, S. 141–158 (Pr. 9). – S. Augustini episc. et conf. (28. Aug., Sir 50,1–11). – H2 86v–91v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 5ra–rb (Zuchhold, S. 86 f.); St6 6r. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW I, S. 138; Steer, S. 19 f. (61V–64r) 34. Meister Eckhart: .iij. ›Sermo de sanctis‹ 2Considerauit semitas domus sue … (Prv 31,27) In deme buch der wisheit stent dise wort geschribin. vnd mac man si predigin fon .S. elizabet … Dit huis meinit genzliche di sele … Strauch, S. 77–79; DW II, S. 132–147 (Pr. 32). – S. Elizabeth viduae (fon einir iclichen heligin sele vnd sundirlichen fon sente Elizabet, 19. Nov., Prv 31,10–31); vgl. DW II, S. 132, Anm. 1. – H2 91v–95r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 146rb–vb (Zuchhold, S. 16–18); St6 67v–68v. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW II, S. 126–129; Steer, S. 20. (64r–65r) 35. Johannes Franke: iv. ›De beata virgine‹ 3In omnibus requiem quesiui … (Sir 24,11) Dise wort sint geschribin in deme buche der wisheit von vnsir vrauwin vnd fon einer iclichin heiligin sele … Preger, Bd. 2, S. 463 f.; Strauch, S. 80 f. – In assumptione beatae Mariae virg. (15. Aug., Sir 24,7–15). – Vgl. Honemann [s. o. Nr. 5]. – H2 95r–96v. (65r–67v) 36. Meister Eckhart: v. ›De beata virginis‹ [sic!] 3In omnibus requiem quesiui etc (Sir 24,11) Dise wort wolle wir zu disim male tudin alse di ewige wisheit cosit mit der sele … Strauch, S. 81–83; DW III, S. 10–29 (Pr. 60). – In assumptione beatae Mariae virg. (15. Aug., Sir 24,7–15). – H2 96v–100r. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW III, S. 3–5; Steer, S. 20. (67v–70r) 37. Meister Eckhart: vj ›Sermo de beata virgine‹ 2Qve est ista que ascendit quasi aurora … (Cant 6,9) An disin wortin sulle wir mirkin dri edilkeit oder wirdikeit vnsir vrauwin … Sievers, S. 391–395; Strauch, S. 83–86; DW IV,1, S. 124–137 (Pr. 93). – In assumptione beatae Mariae virg. (15. Aug., Antiphon des Stundengebets zur Laudes). – H2 100r–104r. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW IV,1, S. 106–107; Steer, S. 20. (70r–71v) 38. Albrecht von Treffurt: vij. ›Sermo de sanctis‹ 2Diliges dominum deum tuum … (Mt 22,37) Minnen fon allime herzin daz ist on allin irretum fornufticlich … Strauch, S. 86–88. – Dom. XVIII post Trin. (Mt 22,34–46). – Vgl. Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 1, 1978, Sp. 207. – H2 104r–106r. v (71 –72v) 39. Giselher von Slatheim: viij. 2Maiorem hac dilectionem [sic!] nemo habet … (I Io 4,16) ¶Daz habint wol bedacht di heiligen mertelere … Preger, Bd. 2, S. 454–455; Strauch, S. 88 f. – Feria VI post dom. III ¨ berschrift in Quadragesima (Io 4,5–42). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 12]. – H2 106r–107r. – U fehlt in O. (72v–73v) 40. Hermann von Loveia: ix ›Sermo de sanctis‹ 2Non est deus preter te deus israel … (IV Rg 5,15) Got sprichit alse vil alse der alle dinc sihit … Strauch, S. 89 f. – Feria II post dom. III in Quadragesima (IV Rg 5,1–15). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 13]. – H2 107r–108v; Streuu¨berlieferung N4 89r–91v (vgl. Steer, S. 40 f.). – Zur Parallelu¨berlieferung in N4 vgl. Sepp‰nen, Sp. 1071; Steer, S. 24. (73v–75r) 41. Giselher von Slatheim: x ›Sermo de sanctis‹ 2Hec est uita eterna … (Io 17,3) Di meistere krigin vndir ein andir wedir ewige selikeit … Strauch, S. 90–92. – In vigilia Ascensionis Domini (Io 17,1–11). Sepp‰nen [s. o. Nr. 12]. – H2 108v–111r; Parallelu¨berlieferung bei Hartwig von Erfurt,

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vgl. Strauch, S. XXXVII; Sepp‰nen, Sp. 46 f. – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. Sepp‰nen, Sp. 46; Steer, S. 23. (75r–77r) 42. Meister Eckhart: .xj. ›Sermo de sanctis‹ 2Non sunt condigne passiones huius temporis … (Rm 8,18) SH Augustinus sprichit. Si sint vnwirdic … Sievers, S. 395–398; Strauch, S. 93–95; DW IV,1, S. 142–149 (Pr. 94). – Dom. IV post Trin. (Rm 8,18–23). – H2 111r–114r. (77r–79v) 43. Helwic von Germar: xij ›Sermo de sanctis‹ 2Qvi uidet me videt et patrem meum … (Io 14,9) SH augustinus sprichit. Visio est tota merces. Daz angesichte godis daz ist der sele lon zu male … Preger, Bd. 2, S. 439–442; Strauch, S. 95–98. – S. Philippi et Jacobi apost. (1. Mai, Io 14,1–14). – Vgl. Morvay/Grube, S. 109; Lauri Sepp‰nen, in: 2VL, Bd. 3, 1981, Sp. 980 f. – H2 114r–118r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 87rb–88ra (Zuchhold, S. 41 f.). (79v–80v) 44. Eckhart Rube: xiij ›Sermo de sanctis‹ 2Estote parati … (Mt 24,44) ¶Waz da inphahin sal des ez nicht inhait daz muiz da zu berudit [sic!] werdin … Strauch, S. 98 f. – In communi unius confessoris (Mt 24,42–47); S. Gregorii papae (12. M2rz), S. Ambrosii episc. (4. April), S. Martialis episc. et conf. (30. Juni), S. Germani episc. et conf. (31. Juli), S. Clementis papae et mart. (23. Nov.). – Vgl. Lˆser [s. o. Nr. 9]. – H2 118r–120r. (80v–84r) 45. Eckhart Rube: xiiij ›Sermo de sanctis‹ 2Renovamini spiritu mentis vestre … (Eph 4,23) ¶Got ist alleine nuwe vnd inwirdit nicht fornuwit … Strauch, S. 100–103. – Dom. XIX post Trin. (Eph 4,23–28). – Vgl. Lˆser [s. o. Nr. 9]. – H2 120v–125v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 3va–4rb (Zuchhold, S. 80–84); St6 4r–5r. – Zur Parallelu¨berlieferung in der Zu¨rcher Handschrift Zentralbibliothek, cod. Car. C 98 siehe Lˆser, Sp. 291; Steer, S. 22. (84v–86r) 46. Meister Eckhart: xv ›Sermo de sanctis‹ 2Beatus homo qui inuenit sapienciam. (Prv 3,13) Ez ist zweigirhande wisheit. Also ist auch zweigir hande selikeit … Sievers, S. 398–401; Strauch, S. 104–106; DW IV,1, S. 178–201 (Pr. 95A). – S. Elizabeth viduae (sente .N. … darumme forzech sente elizabeth 105,25 f.); Prv 3,13 (In communi unius martyris, Prv 3,13–20) ist nachtr2glich als neues Schriftwort der A-Redaktion an Stelle von Prv 31,26 (S. Elizabeth 19. Nov., S. Mariae Magdalenae 22. Juli, S. Annae 26. Juli, S. Marthae 27. Juli) gesetzt worden, so G. Steer, in: DW IV,1, S. 178, Anm. 1. – H2 125v–129r. – Zur weiteren Parallel- (Lo4) und Exzerptu¨berlieferung siehe DW IV,1, S. 150–155 (unter Beru¨cksichtigung des ›Exempels vom versilberten Kupferpfennig‹ und der Fassung B mit dem Initium Os suum aperuit sapientiae [Prv 31,26]); Steer, S. 20, 42. (86r–87r) 47. Meister Eckhart: xvj Elizabeth parit tibi filium … (Lc 1,13) ¶Dise wort sprach der engil du he sich offinbarte zacharias … Sievers, S. 401–403; Strauch, S. 106 f.; DW IV,1, S. 210–218 (Pr. 96). – In vigilia S. Johannis baptistae (23. Juni, Lc 1,5–17). – H2 129r–131r. – Zur weiteren Parallel¨ berschrift fehlt in O. und Exzerptu¨berlieferung siehe DW IV,1, S. 202; Steer, S. 20. – U (87r–89r) 48. Meister Eckhart: xvij ›de sancto iohanne‹ 2Qvis putas puer iste erit … (Lc 1,66) An disin wortin sulle wir mirkin dru dinc. Daz erste di wirdikeit des meistiris … Strauch, S. 108–110; DW III, S. 422–433 (Pr. 82). – S. Johannis baptistae (24. Juni, Lc 1,57–68). – H2 131r–134r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1b 91vb (DW III, S. 417). – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung siehe DW III, S. 417; Steer, S. 21. (89r–90r) 49. Meister Eckhart: xviij ›Sermo‹ 2Sancti per fidem uicerunt regna … (Hbr 11,33) ¶Vier kunicriche habin di heligin vbirwondin … Sievers, S. 403 f.; Strauch, S. 110f.; DW II, S. 150–155 (Pr. 33). – S. Fabiani et Sebastiani mart. (20. Jan., Hbr 11,33–39), S. Gordiani et Epimachi mart. (10. Mai), S.

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Marci et Marcellani mart. (18. Juni), S. Hippolyti sociorumque eius (13. Aug.); vgl. Theisen, S. 278. – H2 134r–135v; Streuu¨berlieferung N4 94r–97r (vgl. Steer, S. 40 f.). – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung in Lo4 und N1 vgl. DW II, S. 148; Steer, S. 21. (90r–91v) 50. Meister Eckhart: xix 2Qvi manet in me … (Io 15,5) Dise wort teilin sich in tru ¶Daz erste ist wer immir blibit oder wonit … Sievers, S. 404–406; Strauch, S. 111–113; DW IV,1, S. 224–229 (Pr. 97). – In communi unius vel plurimorum apostolorum (Io 15,5–7), S. Marci evang. (25. April), S. Vitalis mart. (28. April), In vigilia S. Simonis et Judae apost. (27. Okt.). – H2 135v–138r. – ¨ berschrift fehlt in O. U (91v–93r) 51. Meister Eckhart: xx ›Sermo de sanctis‹ 2Dimissa turba ascendit in montem … (Mt 5,1) ¶Got larte. Augustinus. Der da lerit der hait sinen stul in deme himmele ¶Wer godis lere inphahin wil der muiz vf gein vnd vber gein alle creature vnd vr forzihin … Sievers, S. 406–408; Strauch, S. 113–115; DW III, S. 239–254 (Pr. 72). – In festo Omnium Sanctorum (1. Nov., Mt 5,1–12), S. Primi et Feliciani mart. (9. Juni), S. Abdon et Sennen mart. (30. Juli), S. Cosmae et Damiani mart. (27. Sept.); vgl. Theisen, S. 263. – H2 138r–140r. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW III, S. 232–234; Steer, S. 21. (93r–93v) 52. Helwic von Germar: xxj ›De sanctis‹ 2Predica uerbum … (II Tim 4,2) ¶Der son des himmelischin vader ist wol geheizin [aus genant emendiert] ein wort … Preger, Bd. 2, S. 442 f.; Strauch, S. 115 f. – In festo beati Dominici conf. (5. Aug., II Tim 4,1–8), In translatione beati Dominici conf. (24. Mai). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 43]. – H2 140r–141r. (93v–95v) 53. Albrecht von Treffurt: xxij ›Sermo de sanctis‹ 2Qverite primum regnum dei (Mt 6,33) ¶Zu deme suchine gehorint di [sic!] dinc di vnsir herre bewisit in deme ewangelio … Strauch, S. 116–118. – Dom. XV post Trin. (Mt 6,24–33). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 38]. – H2 141r–143v. v (95 –97r) 54. Hane der Karmelit: xxiij ›Sermo de sanctis‹ 2Omnes querebant eum tangere … (Lc 6,19) ¶Du got den erstin menschin geschuf den hatte he also wol geordinet … Strauch, S. 118–120; Antje Willing, in diesem Band, S. 201–218. – In communi plurimorum martyrum (Lc 6,17–23); S. Fabiani et Sebastiani mart. (20. Jan.), S. Nerei, Achillei et Pancratii (12. Mai), Decem milium martyrum (22. Juni), S. Mauritii et sociorum eius mart. (22. Sept.), S. Dionysii et sociorum eius (9. Okt.), In vigilia Omnium Sanctorum (31. Okt.). – Vgl. Sepp‰nen [s. o. Nr. 3]. – H2 143v–146r. – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe Strauch, S. XXVII; Quint, Untersuchungen 1 [Anm. 17], S. 79; Sepp‰nen, Sp. 430; Steer, S. 24. (97r–98r) 55. Meister Eckhart: xxiiij ›de sanctis‹ Nisi granum frumenti cade(ns) in terram … (Io 12,24) ¶Di meistere sprechin daz diz wesinkorn also gar sterbe daz ez forlise sin gesteltnisse … Sievers, S. 408–410; Strauch, S. 121 f.; DW IV,1, S. 234–244 (Pr. 98). – In commemoratione Omnium Sanctorum (1. Nov., Io 12,24–26). – H2 146r–147v. – Zum Exzerpt in Ba2 siehe DW IV,1, S. 230; Steer, S. 21. (98r–99r) 56. [Meister Eckhart]: xxv. ›sermo de sanctis‹ 2Illumina oculos meos. (Ps 13,4) SH. dyonisius sprichit Ez ist drigirleige licht daz di sele habin sal … Preger, Bd. 2, S. 455 f.; Strauch, S. 121 f.; textkritische Ausgabe fu¨r DW IV,2 vorgesehen (Pr. 115A). – In sabbato post dom. II in Quadragesima und Dom. II post Trin. (Offertorium der Messe, vgl. die Verwendung als Antiphon CAO Nr. 3183). – H2 147v–149r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1b 19ra–vb; Streuu¨berlieferung N4 98r–101r (vgl. Steer, S. 40 f.). – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe Morvay/Grube, S. 94 (T 79 Kraft von Boyberg); Steer, S. 25. – Das Register verzichtet auf eine Identifizierung des Predigers und nennt stattdessen Dionysius als den Urhe-

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ber der Lehre: xxv Illumina oculos meos Hi lerit sente dyonisius daz di sele muz habin drigir leige licht di da kumin sal zu dem luterin bekentnisse godis (fol. 4va). Vgl. die Zuschreibung an Kraft von Boyberg in Ba1. (99r–100r) 57. Meister Eckhart: xxvj ›de sanctis‹ 2Pvella surge (Lc 8,54) ¶Mit deme einigin worte lorte got di sele daz si sal vf stein … Sievers, S. 410–412; Strauch, S. 122–124; DW III, S. 454–465 (Pr. 84). – Dom. XXIV post Trin. (Mt 9,18–26, vgl. Lc 8,41–56); vgl. Theisen, S. 200; Largier [Anm. 130], S. 734. – H2 149v–151r. Zur weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. DW III, S. 450; Steer, S. 21. (100r–101r) 58. Meister Eckhart: xxvij ›Sermo de sanctis‹ 2Pvella surge … (Lc 8,54) Di hant godis daz ist der helige geist … Strauch, S. 124 f.; DW III, S. 468–471 (Pr. 85). – Dom. XXIV post Trin.; s. o. zu Nr. 57. – H2 151r–152v. (101r–102r) 59. Meister Eckhart: xxviij ›de sanctis‹ 2Homo quidam erat diues … (Lc 16,19) Dit mac man zweigerhande forstan ¶Zu dem erstin fon der grundelosin gotheit … Strauch, S. 125–127; DW III, S. 378–388 (Pr. 80). – Feria V post dom. II in Quadragesima (Lc 16,19–31); vgl. Theisen, S. 81. – H2 152v–155r; Exzerpte bei Nikolaus von Landau K1a 48vb–49ra, 55rb–vb (Zuchhold, S. 53–55, 55–58); St6 40r–v (DW III, S. 373). – Zur weiteren Parallel- und Exzerptu¨berlieferung siehe DW III, S. 371–375; Steer, S. 21. (102r–103r) 60. Meister Eckhart: xxix 2Domine rex omnipotens in dicione tua cuncta sunt posita (Est 13,9) Gewalt vnd herschaft lit an zwein dingin. An vriheit vnd an vil gudir vnd schonir dinge daz man di besitze in vride … Sievers, S. 413–415; Strauch, S. 127 f.; textkritische Ausgabe fu¨r DW IV,2 vorgesehen (Pr. 116A). – Feria IV post dom. II in Quadragesima (Est 13,7–11). – H2 155r–156v; Exzerpte bei Nikolaus von Landau K1a 68vb–69rb, 69va-b, 79rb (Zuchhold, S. 64 f.). Zur ¨ berschrift fehlt in O und H2. weiteren Parallelu¨berlieferung vgl. Steer, S. 21 f. – U (103r–105v) 61. Meister Eckhart: xxx ›de dedicacionibus‹ 2Vidi ciuitatem sanctam ierusalem (Apc 21,2) Sente iohannes sach ein stat. Di stat bezeichint zwei dinc. Daz eine daz si veste ist … Sievers, S. 415–418; Strauch, S. 128–131; DW II, S. 594–606 (Pr. 57). – In anniversario dedicationis ecclesiae (Apc 21,2–5). – H2 156v–160r. – Zur weiteren Parallelu¨berlieferung siehe DW II, S. 591; Steer, S. 22. (105v–107v) 62. Ein Barf¸sser-Lesemeister: xxxj. ›de dedicacione‹ 2Ecce noua facio omnia (Apc 21,5) ¶Wan man sprichit. schauwit da bewisit man etwaz wondirlichis … Strauch, S. 131–133. – In anniversario dedicationis ecclesiae (Apc 21,2–5). – Vgl. Morvay/Grube, S. 110. – H2 160v–163v; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1b 17ra–b (Zuchhold, S. 94–96); St6 17r–v. (107v–112v) 63. Florentius von Utrecht: xxxij ›de sanctis‹ 2Estote misericordes … (Lc 6,36) ¶Ez inist kein tir in ez inhabe eine sundirliche eginlichekeit … Strauch, S. 133–138. Vgl. Schmitt [s. o. Nr. 2]. – Dom. IV post Trin. (Lc 6,36–42). – H2 163r–171r; Exzerpt bei Nikolaus von Landau K1a 4ra (Zuchhold, S. 82); St6 4v; Streuu¨berlieferung N4 91v–94r (vgl. Steer, S. 40 f.). Zur Exzerptu¨berlieferung in Me2 siehe Steer, S. 23. (112v–113r) 64. Eckhart Rube: xxxiij 2Consolaciones tue letificauerunt animam meam (Ps 93,19) ¶Innekeit vnd andacht vnd gnade vnd gotlich troist di habin groiz vndirscheit … Strauch, S. 139. – Anlaß unbekannt. – ¨ berschrift fehlt in Freimut Lˆser, in: 2VL, Bd. 8, 1992, Sp. 290–293. – H2 171r–172r. – U beiden Handschriften.

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Abbildungen

1. Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 10r, Randglosse in kaffin in got. Breite des Schriftraums: 84 mm. Reproduktion mit Genehmigung der Bodleian Library, University of Oxford.

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2. Stellung und Gliederung der Dialekte Hessens. Aus: Wiesinger [Anm. 6], Taf. 24.

›In kaffin in got‹

3. Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 115r. Thomas Gallus, ›De septem gradibus contemplationis‹, Vermerk fu¨r den Buchbinder C D (1638/1639). Schriftraum: 147 a 96 mm. Reproduktion mit Genehmigung der Bodleian Library, University of Oxford.

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4. Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 1r. Erste Seite mit dem Anfang des Registers und Werktitel, Besitzvermerk Erzbischof Lauds, Vermerk fu¨r den Buchbinder (1638/1639). Schriftraum: 141 a 94 mm. Reproduktion mit Genehmigung der Bodleian Library, University of Oxford.

›In kaffin in got‹

5. Hamburg, Staats- und Universit2tsbibliothek, Cod. theol. 2057, fol. 1r. Erste Seite mit dem Anfang des Registers und Werktitel/Besitzvermerk. Schriftraum: 126 a 95 mm. Reproduktion mit Genehmigung der StUB Hamburg.

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6. Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 56r. Anfang des Sanctorale, Predigt 32 (Eckhart Rube). Schriftraum: 142 a 96 mm. Reproduktion mit Genehmigung der Bodleian Library, University of Oxford.

›In kaffin in got‹

7. Hamburg, Staats- und Universit2tsbibliothek, Cod. theol. 2057, fol. 82r. Anfang des Sanctorale, Predigt 32 (Eckhart Rube). Schriftraum: 125 a 90 mm. Reproduktion mit Genehmigung der StUB Hamburg.

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8. Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 73v. Predigt 41 (Giselher von Slatheim), mit Randglosse videlicet predicatorum. Schriftraum: 145 a 96 mm. Reproduktion mit Genehmigung der Bodleian Library, University of Oxford.

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9. Hamburg, Staats- und Universit2tsbibliothek, Cod. theol. 2057, fol. 109r. Predigt 41 (Giselher von Slatheim), mit Glosse im Text videlicet predicatorum (Zeile 8). Schriftraum: 129 a 94 mm. Reproduktion mit Genehmigung der StUB Hamburg.

Dialog der Varianten

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Burkhard Hasebrink

Dialog der Varianten Untersuchungen zur Textdifferenz der Eckhartpredigten aus dem ›Paradisus anime intelligentis‹

1. Einleitung Die Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹1 hat in ihrer u¨berlieferten Form eine durchaus zwiesp2ltige Beurteilung in der Eckhartforschung erfahren. Auf der einen Seite spielt die Sammlung fu¨r die Frage der Echtheit von Predigten Meister Eckharts eine herausragende Rolle, zumal das Register der Sammlung mit seinen namentlichen Zuschreibungen einen »exzellenten Bezeugungswert«2 besitzt. Auf der an¨ berlieferung des ›Paradisus‹ in den beiden deren Seite war seit jeher klar, daß die U Schwesterhandschriften O (Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479) und H2 (Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057) keinen authentischen Text der Eckhartpredigten bot, sondern vor allem durch vielfache Ku¨rzungen gekennzeichnete Abschriften. Diese Unterscheidung zwischen Echtheit und Authentizit2t ist zwar konstitutiv fu¨r die Edition der deutschen Predigten bis hin zum vierten Band, der von Wolfgang Klimanek, Freimut Lˆser und Georg Steer herausgegeben wurde,3 doch ist die Bedeutung der Sammlung fu¨r die Textkonstituierung der Predigten von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Texte einiger Predigten sind in der kritischen Ausgabe sogar ausschließlich nach den Handschriften des ›Paradisus‹ hergestellt, wobei dann zus2tzlich zwischen ¨ berlieferung zu unterscheiden ist. den verschiedenen Stufen innerhalb der ›Paradisus‹-U Modellhaft werden mindestens drei dieser Stufen (O und H2, *OH2 und die Vorlage von *OH2) angenommen.4 Diese Ausgangssituation fu¨hrte in textphilologischer Hinsicht die Besch2ftigung mit der Sammlung in zwei Richtungen. Das Interesse an der Edition eines mo¨glichst autor1

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4

Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998 [zit.: Strauch]. Georg Steer, Echtheit und Authentizit2t der Predigten Meister Eckharts. Schwierigkeiten und Mo¨glichkeiten einer kritischen Edition, in: Germanistik – Forschungsstand und Perspektiven. Vortr2ge des deutschen Germanistentages 1984, hg. von Georg Stˆtzel, T. 2: Lltere Deutsche Literatur, Neuere Deutsche Literatur, Berlin/New York 1985, S. 41–50, hier S. 49. Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke [zit.: DW], Bd. 1–3: Meister Eckharts Predigten, hg. und u¨bers. von Josef Quint, Stuttgart 1957–1976; Bd. 4,1–4,2 [Fasz. 1–2], hg. und u¨bers. von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Freimut Lˆser, Stuttgart 2003. Vgl. den Beitrag von Georg Steer in diesem Band.

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Burkhard Hasebrink

nahen Textes brachte einerseits eine Marginalisierung des Textstatus der Predigten in der Oxforder und Hamburger Handschrift mit sich, andererseits bestand fu¨r die spezifische Art und Weise, in der die Eckhartpredigten repr2sentiert waren, erho¨hter Erkl2rungsbedarf. Denn wie auch immer die Erkl2rung fu¨r die Entstehung und Funktion der Sammlung aussehen mochte, schien doch die Frage naheliegend, ob sich die Entste¨ berlieferungsumst2nde in der Textgeschichte der Predigten selbst widerhungs- und U spiegeln. Anl2sse, in diese Richtung zu suchen, gab es genug, denn der ›Paradisus anime intelligentis‹ u¨berliefert nicht nur Predigten Meister Eckharts, sondern pr2sentiert sie in einer Weise als Dokumentation der Autorschaft eines herausragenden dominikanischen Predigers und Lesemeisters, die in ihrer Einzigartigkeit den Rang der Sammlung begru¨ndet.5 Diese Pr2sentation findet aber ihren Ausdruck nicht nur in der Dominanz der Eckharttexte im ›Paradisus‹, sondern auch in der Darstellung Eckharts im Register als exzellenten Repr2sentanten dominikanischer gelehrter Predigt in der Volkssprache. Diese Darstellung, auch sie in dieser Form des Registers fu¨r eine deutsche Predigtsammlung ho¨chst ungewo¨hnlich, hat den Charakter einer Inszenierung, da sie zum Teil Informationen beinhaltet, die nicht auf die Benutzung der Sammlung verweisen, sondern auf Wissen u¨ber die Lmter der Prediger im Orden und ganz dezidiert auf die Abgrenzung dominikanischer von franziskanischer Lehre. Was man erwarten ko¨nnte, n2mlich eine inhaltliche Abgrenzung innerhalb der Gruppe der dominikanischen Prediger, um nicht zu sagen eine Profilierung der Aussagen Eckharts, findet im Register jedoch nicht statt.6 Stattdessen bemu¨ht sich das Register derart eindeutig um Erfurt als Wirkungsst2tte Eckharts und seiner Mitbru¨der, die nach dem bisherigen Wissensstand in der Mehrzahl wie Eckhart aus dem thu¨ringischen Gebiet stammen, daß es aufhorchen l2ßt. Eine Reihe gewichtiger Anhaltspunkte, Kurt Ruh hat sie zur imposanten These des ›Erinnerungsbuches‹ des Erfurter Konventes zusammengefu¨gt, weisen heute auf Erfurt als ¨ berlieferung der EckEntstehungsort hin.7 Ohne eine umfassende Aufarbeitung der U 5

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7

»Die Sammlung, die innerhalb der mittelalterlichen deutschen Predigtliteratur nicht ihresgleichen hat«, so Georg Steer, Geistliche Prosa, in: Die deutsche Literatur im sp2ten Mittelalter 1250–1370. T. 2: Reimpaargedichte, Drama, Prosa, hg. von Ingeborg Glier, Mu¨nchen 1986 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anf2ngen bis zur Gegenwart 3/2), S. 306–370, hier S. 330. Vgl. Lauri Sepp‰nen, Studien zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Beitr2ge zur Erforschung der Sprache der mittelhochdeutschen Mystik und Scholastik, Helsinki 1964 (Me´moires de la Socie´te´ Ne´ophilologique de Helsinki 27). Vgl. Kurt Ruh, Meister Eckhart. Theologe, Prediger, Mystiker, Mu¨nchen 21989; Ders., Geschichte der abendl2ndischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik, Mu¨nchen 1996; Ders., Rezension zu: Meister Eckhart. Lebensstationen – Redesituationen, hg. von Klaus Jacobi, Berlin 1997 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens NF 7), ZfdA 127 (1998), S. 460–472. Vgl. jetzt die Untersuchungen von Wolfgang Beck, ¨ berlieferung der Predigtsammlung ›Paradisus anime Eine ›Erfurter Hauspostille‹. Zu Herkunft und U intelligentis‹, in: Mittelalterliche Sprache und Literatur in Eisenach und Erfurt. Beitr2ge der Erfurter Tagung am 23. 8. 2006 anl2sslich des 70. Geburtstags von Rudolf Bentzinger, hg. von Martin Schubert [u. a.], Frankfurt a. M. [usw.] 2008 (Kultur, Wissenschaft, Literatur. Beitr2ge zur Mittelalterforschung), S. 104–121.

Dialog der Varianten

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hartpredigten, die trotz intensiver, jahrzehntelanger Recherchen, wie sie heute vor allem von Lˆser vorangefu¨hrt werden, weiterhin aussteht, sind wirklich neue Einsichten kaum zu erwarten. Doch liegt das Problem nicht allein auf der Ebene u¨berlieferungsgeschichtlicher Faktizit2t. Wenn man davon ausgeht, auch dafu¨r gibt es gute Gru¨nde, daß die Sammlung, so unsicher man in wichtigen Details weiterhin ist, erst nach der Ko¨lner Zeit Meister Eckharts, mithin wahrscheinlich nach seinem Tod im Jahr 1328 zusammengestellt wurde, dann wird man ›Erfurt‹ nicht auf eine reine Ortsangabe beschr2nken ko¨nnen. Selbst fu¨r den unwahrscheinlichen Fall, daß die Sammlung ohne Kenntnis des Verfahrens gegen Meister Eckhart, der Bulle ›In agro domimico‹ und der damit zu¨ berlieferungsbeschr2nkungen entstanden sein sollte, wird man sammenh2ngenden U den ›Paradisus‹, auch wenn man ihn nicht fu¨r eine ›Verteidigung‹ h2lt, nicht außerhalb dieses Kontextes lesen ko¨nnen; sie w2re dann um so mehr eine – vom Orden her betrachtet – ›unpolitische Apologie‹. Die vorliegende Untersuchung vermag aber den skizzierten Horizont nicht auszuschreiten. Ihr weitaus bescheideneres Ziel ist es, einen Einblick in die Textgeschichte der von Josef Quint in seiner Eckhartausgabe edierten Predigten der Sammlung zu geben, insofern sich diese Geschichte u¨ber die Textvarianz erschließen l2ßt, wie sie durch die Hss. O und H2 dokumentiert ist. Das bedingt gegenu¨ber den insgesamt im ›Paradisus‹ u¨berlieferten Predigten eine betr2chtliche Einschr2nkung, die weniger durch die Prominenz der behandelten Predigten als durch das Untersuchungsinteresse bedingt ist, unterschiedliche Formen der Textbewegung abzugrenzen und an Beispielen vorzustellen, nicht jedoch eine vollst2ndige Darbietung der Textgeschichte aller Predigten zu gew2hren. Eine solche Arbeit w2re nur sinnvoll im Rahmen eines umfassenden ¨ berlieferungsgeschichte der deutschen Predigten Meister EckProjekts zur Text- und U harts und seiner im ›Paradisus‹ vertretenen Mitbru¨der. Wu¨nschenswert w2re ein solches Projekt allemal. Eine weitere Einschr2nkung kommt hinzu: Unter den Subjekten der Textgeschichte dominieren die Personen des Autors und des Redaktors. Welche aktuellen Theorien u¨ber die diskursspezifische Konstruktion von Autor, Autorschaft und Autorisierung inzwischen diese Gro¨ßen haben diskussionswu¨rdig bis fragwu¨rdig werden lassen, kann hier nicht ero¨rtert werden; soweit ich es sehe, hat die Eckhartforschung diese Diskussion bislang nicht eigens als theoretisches Problem zum Gegenstand gemacht.8 Im Fall des ›Paradisus‹ kommt man um dieses Feld nicht herum, denn es fehlt, was im allgemeinen die Frage nach dem Autor, Kompilator, Redaktor oder Schreiber zumeist 8

Vgl. Jan-Dirk M¸ller, Auffu¨hrung – Autor – Werk. Zu einigen blinden Stellen gegenw2rtiger Diskussion, in: Mittelalterliche Literatur und Kunst im Spannungsfeld von Hof und Kloster. Ergebnisse der Berliner Tagung, 9.–11. Oktober 1997, hg. von Nigel F. Palmer und Hans-Jochen Schiewer, Tu¨bingen 1999, S. 149–166, hier S. 166: der »Spielraum [der] Variation« sei zu interpretieren, nicht der Einzeltext; Klaus Grubm¸ller, Ver2ndern und Bewahren. Zum Bewußtsein vom Text im deutschen Mittelalter, in: Text und Kultur. Mittelalterliche Literatur 1150–1450, hg. von Ursula Peters, Stuttgart/Weimar 2001 (Germanistische Symposien: Berichtsbd. 23), S. 8–33.

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Burkhard Hasebrink

von literaturtheoretischen Voru¨berlegungen entlastet: die Identifizierung durch einen Namen. In der Monographie Lˆsers u¨ber ›Eckhart in Melk‹ ist diese Identifizierung zu einem beeindruckenden Portr2t des Melker Laienbruders Lienhart Peuger ausgearbeitet, das pr2zise seine T2tigkeit als Redaktor, Kompilator und Schreiber vorstellt.9 Dagegen l2ßt sich nur bedingt von dem Redaktor des ›Paradisus‹ sprechen. Lˆser unterscheidet zwischen dem »anonymen Sammler«,10 dem »Redaktor« der ›Paradisus‹-Sammlung (»der hochgebildete Redaktor des ›Paradisus‹«)11 und dem »Redaktor der Vorlage von O und H2«.12 Dahinter steht das mindestens dreistufige Modell der Anlage der Sammlung, ihrer Abschrift und der Abschriften dieser Abschrift in O und H2, wobei die Identit2t des Sammlers und des ›Paradisus‹-Redaktors noch eine Frage fu¨r sich darstellt. Noch diese Differenzierung arbeitet notgedrungen mit nicht verifizierbaren Reduktionen und Implikationen; u¨ber mo¨gliche Zwischenstufen, u¨ber die Zahl der an der Redaktion einer Stufe Beteiligten, u¨ber die Koh2renz und Intentionalit2t der verschiedenen Eingriffe und Bearbeitungen ist damit noch nichts gesagt. Auch die Mo¨glichkeit, daß die ›Paradisus‹-Handschriften Varianten aufweisen, die auf eine Vorstufe der ›Paradisus‹-Sammlung zuru¨ckgehen (und diese Vorstufe hat sich durchaus herauskristallisiert), darf nicht außer Betracht bleiben. Schließlich ist nicht auszuschließen, daß sich diese Mo¨glichkeit auf eine bestimmte Gruppe von Predigten oder auf einen einzelnen Text beschr2nken kann. Dazu tritt ein weiteres Problemfeld: Das Spannende an der Untersuchung eines Redaktors liegt in der Annahme, daß er zwar keinen eigenen Text verfaßt, aber ihn doch analog zu einem Autor bearbeitet, d. h. seine Arbeit am Text 2hnlichen, vor allem auktorial verantworteten Sinn- oder Koh2renzkriterien unterwirft. Bedenken gegen eine solche Eingrenzung gehen in zwei Richtungen: a) Wenn man von der Funktionsbestimmung der Sammlung als ›Predigthandbuch‹ ausgeht, u¨berrascht es nicht mehr, daß Textdifferenzen quantitativ wie qualitativ auf diesen Funktionstyp bezogen sind. Predigten verhalten sich gegenu¨ber ihrer kommunikativen Funktion, das folgt schon aus ihrem Gattungsverst2ndnis, keinesfalls neutral; und auch wenn wir in den allermeisten F2llen u¨ber die konkrete Rezeption nichts sagen ko¨nnen, haben wir einerseits einige Anhaltspunkte u¨ber ihren ›Sitz im Leben‹ (in diesem Fall der dominikanischen Predigtpraxis), und andererseits textinterne, textpragmatische Indikatoren, die zwar keine einmalige Kommunikationssituation zu identifizieren erlauben, wohl aber ein Situationsprofil zu erschließen helfen, in das die Predigt als Sprachhandlung ›paßt‹. Ein Funktionswandel der Predigt und der damit korrespondierende Wechsel des textintern indizierten Situationsprofils geben aufgrund beschreibbarer Textdifferenzen wichtige Anhaltspunkte dafu¨r, wie eine Predigt als Sprachhandlung u¨berhaupt gelingt. 9

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Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Melk. Studien zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ›Von der sel wirdichait vnd aigenschafft‹, Tu¨bingen 1999 (TTG 48). Ebd., S. 266. Ebd., S. 298. Ebd., S. 298.

Dialog der Varianten

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Doch liegen entsprechende Ver2nderungen wie in erster Linie die Ku¨rzungen auf derselben Ebene wie sinnver2ndernde Bearbeitungen (oder auch individuelle Schreibfehler)? Liegen nicht vielmehr standardisierte, wenn auch in der Ausfu¨hrung individuell variierende Verfahren vor, die eben den Teil des Redaktors betreffen, den er nicht mit dem Autor gemeinsam hat? Folgen diese Verfahren, unter denen die Entsubjektivierung eine wichtige Rolle spielt, nicht Diskursregeln fu¨r die Tradierung von Predigten, fu¨r die letztlich die Identit2t des Redaktors nicht die erste Adresse ist? b) Das Interesse am authentischen Autor-Text sucht die Predigten von den Spuren ¨ berlieferungsprozesses zu reinigen. Ganz analog du¨rfte man vorgehen, wenn man des U eine Bearbeitung untersucht; auch hier sucht man nach einem ›Eigenen‹, das dem redigierten Text eingeschrieben ist. Die wichtigste Frage du¨rfte in unserem Zusammenhang doch sein, ob der ›Paradisus‹-Redaktor inhaltlich den Eckhartpredigten eine eigene Ausrichtung gab, die im Zusammenhang mit der Hervorhebung der dominikanischen Lehre von dem Vorrang der Vernunft steht, wie sie im Register zum Ausdruck gebracht wird. Es gibt Spuren einer derartigen Bearbeitung. Aber diese Spuren sind in den u¨berlieferten Textfassungen derart von Spuren anderer Textmutationen u¨berlagert, daß eine zweifelsfreie Grenzziehung h2ufig nicht mo¨glich ist. Doch soll man darauf verzichten, diese Spuren zu verfolgen, weil sie weder auf einen identifizierbaren Redaktor oder eine generelle Bearbeitungsabsicht fu¨hren noch sich immer sicher von mechanischen Ku¨rzungen oder gar u¨berlieferungsbedingten Textverderbnissen abgrenzen lassen?13 Wenn man die u¨berlieferten Textzeugen nicht dazu benutzt, aus ihnen einen mo¨glichst authentischen Predigttext zu gewinnen, sondern beide Stufen der Textgeschichte in Beziehung zueinander zu setzen, dann ko¨nnte die Differenz ein Ansatz fu¨r das Verst2ndnis von Eckhartpredigten sein, der im Idealfall ein h i st or is che s Sensorium fu¨r die Identifizierung brisanter Kernpunkte seiner Lehre bietet.14 Die Varianten der ¨ berlieferung w2ren dann die textgeschichtlichen Stimmen, in deren Dialog der auU thentische Text durch die Formen seiner Aneignung und Weitergabe angereichert 13

14

Wenn ich hier von ›Fassungen‹ spreche, verwende ich also als Kriterium nicht den intentionalen Aspekt, den ›Formulierungs- und Gestaltungswillen‹ im Sinne Joachim Bumkes; vgl. etwa Joachim Bumke, Der ¨ berlegungen zur U ¨ berlieferungsgeschichte und Textkritik der ho¨fischen Epik im 13. Jahrunfeste Text. U hundert, in: ›Auffu¨hrung‹ und ›Schrift‹ in Mittelalter und Fru¨her Neuzeit, hg. von Jan-Dirk M¸ller, Stuttgart/Weimar 1996 (Germanistische Symposien: Berichtsbd. 17), S. 118–129, hier S. 124. Ich gehe vielmehr im textlinguistischen Bezugsrahmen von unterschiedlichen Fokussierungen bei gleichzeitig homologen textuellen Koh2renzstrukturen aus. Ich gehe am Schluß des Aufsatzes noch ausfu¨hrlicher auf diese Frage ein. Vgl. jetzt auch Hans-Jochen Schiewer, Fassung, Bearbeitung, Version und Edition, in: Deutsche Texte des Mittelalters zwischen Handschriftenn2he und Rekonstruktion. Berliner Fachtagung 1.–3. April 2004, hg. von Martin J. Schubert, Tu¨bingen 2005, S. 35–50. Regina D. Schiewer formuliert in ihrem Bericht u¨ber die Oxforder Tagung: »So ist die vermeintlich schlechte Textqualit2t der Eckhartschen Paradisus-Predigten auch eine Chance, bei einer historisch orientierten Interpretation im Vergleich unterschiedlicher Fassungen thematisch brisante Stellen neu zu bewerten bzw. dank der Varianz der Texte unterschiedliche Deutungsans2tze aus denselben Predigten entstehen zu sehen«, vgl. Regina D. Schiewer, Predigtforschung im Aufwind, JOWG 12 (2000), S. 291–309, hier S. 300.

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Burkhard Hasebrink

wird.15 Der paradigmatische Spielraum, den diese Varianz ausfu¨llt, mag so begrenzt sein, daß er fu¨r die Werkinterpretation vernachl2ssigt werden kann. Doch wenn Verstehen bedeutet, gerade Lhnliches voneinander abzugrenzen, sollte man sich nicht die Mo¨glichkeit nehmen lassen, die u¨berlieferten Varianten als ein historisches Tableau von Lhnlichkeiten zu nutzen, auch wenn sie mehr auf kleine Unterschiede als auf große Linien stoßen lassen. Die programmatische Betonung der anima intelligens, wie sie im Titel und im Register zum Ausdruck gebracht wird, darf u¨berdies nicht dazu fu¨hren, das Interesse an der Bearbeitung auf die Vernunftproblematik zu beschr2nken.16 So sehr das Register die Einheitlichkeit dominikanischer Lehre demonstriert, kann es doch die thematische und funktionale Heterogenit2t der Sammlung nicht u¨berdecken, und es ist auch nicht davon auszugehen, daß die zusammengetragenen Predigten in einem Akt radikaler Umarbeitung vereinheitlicht worden w2ren. Als Beispiel kann die dominikanische Diskussion um das Verh2ltnis von intellectus agens und intellectus possibilis in ihrer Funktion fu¨r die beseligende Gottesschau dienen.17 Ein enger Bezug zur Thematik der Sammlung, wie er im Titel zum Ausdruck kommt, w2re damit gegeben, so daß die Vermutung auf der Hand liegt, bei der Anlage der Sammlung sei diese auch in die Volkssprache getragene Diskussion nicht nur eigens beru¨cksichtigt, sondern mo¨glicherweise in einer bestimmten Position zur Geltung gebracht worden. In der Frage nach dem Rangverh2ltnis von intellectus possibilis und intellectus agens scheint Eckhart, wie er in dieser Sammlung repr2sentiert ist, keine eindeutige Position einzunehmen. Auf der Basis der eingehenden Untersuchung der Sammlung durch Ria van den Brandt18 hebt Hoenen hervor, daß Eckhart in der Predigt ›Paradisus‹ 21 (Quint Pr. 37) wie Dietrich von Freiberg den intellectus agens als Kraft der Gotteserkenntnis der Seele sehe: Philosophus: ›di sele hait in dirre craft muglichkeit alle dinc zu werdine geistliche.‹ in der wirkinden craft glichit si sich deme vadere und wirkit alle dinc in eime nuwin wesine. (Strauch Pr. 21, S. 52,8–10) Die Autoren stu¨tzen ihre Argumentation auf eine sp2tere Stelle derselben Predigt, in der Eckhart den intellectus agens auf das ›Morgenlicht‹ bezieht, in dem die Engel alle Dinge in Gott sehen, und den intellectus possibilis auf das ›Abendlicht‹, in dem der Engel alle Dinge in seinem natu¨rlichen Licht sieht: nu glichit sich fornuftikeit in der muglichin craft deme naturlichin lichte der engle, daz da ist daz abintlicht. in der wirkinden craft treit si alle dinc in deme morginlichte (Strauch Pr. 21, S. 52,19–21).

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Vgl. nochmals M¸ller, Auffu¨hrung [Anm. 8], S. 166: »Statt eines Einzeltextes ist ein Ensemble von Texten und der Spielraum seiner Variation zu interpretieren.« Zum Verh2ltnis von lateinischem und deutschem Titel vgl. Anm. 32 des Beitrages von Georg Steer im vorliegenden Band. Vgl. Maarten J. F. M. Hoenen, Scholastik und Seelsorge in den Predigten der Sammlung Paradisus anime intelligentis. Ein Beitrag zur Wissensvermittlung im Mittelalter, Recherches de The´ologie et Philosophie me´die´vales. Forschungen zur Theologie und Philosophie des Mittelalters 73 (2006), S. 69–98. Ria van den Brandt, Godsontvankelijkheid en ›fornuftikeit‹. De Eckhartpreken uit de Paradisus anime intelligentis, Nimwegen 1993, S. 114–119.

Dialog der Varianten

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In der Predigt ›Paradisus‹ 42 (Steer Pr. 94) hingegen scheint Eckhart die unmittelbare Gottesschau einem passiven Erkennen zuzuschreiben. Das bedeutete eine Bevorzugung des intellectus possibilis und das Verst2ndnis der unmittelbaren Gottesschau als ¨ berformung des von allen Vorstellungsbildern und Begriffen frei geworAkt passiver U denen Intellekts, eine Position, wie sie Eckhart im Traktat ›Von der wirkenden und mo¨glichen Vernunft‹ zugeschrieben wird.19 Daß Eckhart mit Thomas von Aquin und im Unterschied zu Dietrich von Freiberg, so Burkhard Mojsisch, den »Vorrang des intellectus possibilis gegenu¨ber dem intellectus agens«20 lehre, galt bislang als unstrittig. In diesem Sinne hatte Niklaus Largier wie zuvor Quint auch die zuerst genannte Stelle von ›Paradisus‹ Pr. 21 (Quint Pr. 37) interpretiert.21 Es geht mir nicht um die Beurteilung dieser divergierenden Interpretationen. Mir ¨ berlieferung von kommt es darauf an, daß dazu mo¨glicherweise ein Blick auf die U Nutzen sein ko¨nnte. Denn wenn ich es nach der Edition Quints richtig sehe, fehlt an der fraglichen Stelle der Predigt ›Paradisus‹ 21 (Quint Pr. 37) das Wort muglichkeit aus dem Meisterspruch sowohl in der Handschriftengruppe B7B9N1 als auch in der Str1, nach der Franz Pfeiffer diese Predigt ediert hatte. Quint hat es folglich aus den ›Paradisus‹-Handschriften in den kritischen Text u¨bernommen und die Lesart von B7B9 (und mit Einschr2nkungen von N1) zu werdine, n2mlich wirckende, als »verderbt«22 bezeichnet. Kurzum: W2hrend B7B9N1 den Meisterspruch auf die wirkende Kraft beziehen, erlaubt es die Lesart der ›Paradisus‹-Handschriften, ihn auf die mo¨gliche Kraft zu beziehen, ohne daß jedoch dann im zweiten Satz, auf den Hoenen seine Interpretation vorrangig stu¨tzt,23 eine Differenz der Textzeugen in bezug auf die wirkende Kraft feststellbar w2re. Hier geht der ›Paradisus‹ keine eigenen Wege. 19

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22 23

Vgl. Niklaus Largier, »intellectus in deum ascensus«. Intellekttheoretische Auseinandersetzung in Texten der deutschen Mystik, DVjs 69 (1995), S. 423–471, hier S. 432 f.; Norbert Winkler, Dietrich von Freiberg und Meister Eckhart in der Kontroverse mit Thomas von Aquin. Intellektnatur und Gnade in der Schrift Von der wirkenden und der vermo¨genden Vernunft, die Eckhart von Gru¨ndig zugeschrieben wird, in: Dietrich von Freiberg. Neue Perspektiven seiner Philosophie, Theologie und Naturwissenschaft. Freiberger Symposion 10.–13. M2rz 1997, hg. von Karl-Hermann Kandler [u. a.], Amsterdam 1999 (Bochumer ¨ bersetzung und Kommentar). Studien zur Philosophie 28), S. 189–266 (S. 229–266: Neuhochdeutsche U Burkhard Mojsisch, Meister Eckhart. Analogie, Univozit2t und Einheit, Hamburg 1983, S. 35. ¨ bersetzungen, hg. von Niklaus DW II, S. 220 f., Anm. 2; Meister Eckhart Werke I–II. Texte und U Largier, Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek deutscher Klassiker 91–92; Bibliothek des Mittelalters 20–21) [im Folgenden: EW], hier EW I, S. 996 f., Anm. zu 402,18–404,7; Largier, intellectus [Anm. 19], mit ausfu¨hrlichen Literaturhinweisen. Als Beleg fu¨r den Rang der mo¨glichen Vernunft fu¨r die Gotteserkenntnis wird auch allgemein die Predigt Pfeiffer 3 herangezogen, siehe Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts. Bd. 2: Meister Eckhart, hg. von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857 (ND Aalen 1962), S. 16–24. Zur intellekttheoretischen Position dieser Predigt siehe Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 116 f.; Largier, intellectus [Anm. 19], S. 436 f. Zu dieser Predigt jetzt Georg Steer, Meister Eckharts Predigtzyklus von der eˆwigen geburt. Mutmaßungen u¨ber die Zeit seiner Entstehung, in: Deutsche Mystik im abendl2ndischen Zusammenhang. Neu erschlossene Texte, neue methodische Ans2tze, neue theoretische Konzepte. Kolloquium Kloster Fischingen 1998, hg. von Walter Haug und Wolfram Schneider-Lastin, Tu¨bingen 2000, S. 253–281. DW II, S. 220 f., Anm. 2. Maarten J. F. M. Hoenen, Predigt 37: ›Vir meus servus tuus mortuus est‹, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 2, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 2003, S. 89–110.

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Daß wir in der Fassung des ›Paradisus‹ in der Tat einem gebildeten Redaktor begegnen, der an einer solchen Stelle mitgedacht hat, zeigt die Einleitung des Meisterwortes. W2hrend die u¨brigen Handschriften (auch die n2her zu OH2 stehende Hs. Str3) den kritischen Text (DW II, S. 220,2 f.: Nuˆ sprichet ein heidenischer meister) stu¨tzen, verku¨rzt der ›Paradisus‹ auf den gel2ufigen lateinischen Titel fu¨r Aristoteles: Philosophus. Eine dritte Beobachtung: Im Kontext der augustinischen Metaphorik von ›Morgenlicht‹ und ›Abendlicht‹ gibt es eine beachtenswerte Ku¨rzung in der Predigt ›Paradisus‹ 21.24 Der Text lautet bei Quint: Mit der wu¨rkenden kraft soˆ treget si alliu dinc uˆf in got und ist alliu dinc in dem morgenliehte (Quint Pr. 37, DW II, S. 223,4 f.). Im ›Paradisus‹ ist uˆf in got und ist alliu dinc geku¨rzt, so daß die spezifische Bewegung des Aufsteigens und Eingehens (uˆf in got) fehlt. Immerhin l2ßt es der Text trotz dieser Ku¨rzung zu, dem Text einen Vorrang der wirkenden Vernunft als Erkenntnis im ›Morgenlicht‹ zu entnehmen. Man kann zweifellos auch eine Lu¨cke durch Homo¨oteleuton (alliu dinc) konstatieren, wenn man nicht auch an anderen Stellen dieser Predigt den Eindruck gewinnen ko¨nnte, daß gerade der Immanenz-Gedanke des Inneseins der Ku¨rzung zum Opfer f2llt. Eine belegbare redaktionelle Absicht ko¨nnen diese Beobachtungen wohl kaum plausibel machen. Aber sie zeigen, daß es andererseits durchaus angebracht ist, mit Textver2nderungen zu rechnen, die den Text nicht einfach ›verderben‹, sondern ein Verst2ndnisspektrum ero¨ffnen, das an zentralen Punkten mitten in die Interpretation fu¨hrt. Dazu eine letzte Bemerkung: In der Predigt ›Paradisus‹ 36 (Quint Pr. 60) sagt Eckhart, ›Cherubim‹ bezeichne die Weisheit; das sei die Erkenntnis, die Gott in die seˆle trage und die Seele an got leite: Aber in got enmac si sie niht bringen (DW III, S. 22,3). Erst die oberste Kraft, die Minne, breche in Gott, fu¨hre die Seele in Gott und vereine sie mit Gott. Diese Stelle, darauf werde ich sp2ter zuru¨ckkommen, ist prominent in bezug auf das Verh2ltnis von Liebe und Erkenntnis. Sie zeigt zudem die Pr2zision, mit der Eckhart Pr2positionen im Gebrauch unterscheidet. Wenn also in unserem Ausgangstext (›Paradisus‹ Pr. 21) uˆf in got fehlt, ob absichtlich geku¨rzt oder nicht, geht damit eine betonte Modifizierung der Gottesschau als ein Eingehen in Gott verloren. Insgesamt erkl2rt sich aus diesen ausfu¨hrlichen Voru¨berlegungen folgendes Vor¨ berlieferungskontext des ›Paradisus‹ zu referieren gehen: Im n2chsten Schritt wird der U sein, da er erst die Voraussetzung fu¨r eine Isolierung spezifischer Varianten und deren Vergleich mit dem kritischen Text als maßgebliche Bezugsgro¨ße erlaubt. In einem weiteren Schritt wird der Funktionswandel der Predigten durch ihre Bearbeitung fu¨r ¨ bergang geht eine Formieein Predigthandbuch zu dokumentieren sein; mit diesem U rung einher, die nach Maßgabe vergleichbarer Untersuchungen fu¨r die Kanonisierung u¨berlieferter Predigten kennzeichnend zu sein scheint. In einem vierten Teil wird es um die Frage gehen, inwieweit sich aus dem angesprochenen ›Dialog der Varianten‹ Textver2nderungen herauskristallisieren lassen, die sich bestimmten Koh2renzkriterien zu24

Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 118, Anm. 197.

Dialog der Varianten

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ordnen lassen und damit auch in thematischer Hinsicht von ›Bearbeitung‹ zu sprechen erlauben. Eine kurze Schlußu¨berlegung fragt nach dem texttheoretischen Status der Ku¨rzung.

¨ berlieferungskontext des ›Paradisus‹ 2. Der U Zweifellos gehen die beiden erhaltenen Handschriften O und H2 auf eine gemeinsame Vorstufe *OH2 zuru¨ck, die ihrerseits nicht mit der Erstredaktion der Sammlung identisch ist. In engster Verwandtschaft zu dieser Sammlung steht das Predigtcorpus des Nikolaus von Landau, eines Mo¨nches aus dem Zisterzienserkloster Otterberg bei Kaiserslautern. Nikolaus von Landau plante nach eigenen Angaben ein Musterbuch in vier B2nden, doch sind von seinen ›Sermones novi‹ nur zwei B2nde erhalten (Kassel, Murhardsche und Landesbibliothek, Mss. Theol. 11 und 12 = K1a und K1b).25 Der erste ¨ ber die Vorlage Predigtband wurde nach eigenen Angaben 1341 abgeschlossen: »U N[ikolaus]A kann es keine Zweifel geben: Es ist die Erfurter Sammlung ›Paradisus anime intelligentis‹«, wie Ruh in seinem Verfasserlexikonartikel konstatierte.26 Diese Einsch2tzung hat Steer erneut best2tigt; in seinem Stemma (vgl. den Beitrag in diesem Band) wird die Erstredaktion des ›Paradisus‹ einerseits durch O und H2 und andererseits durch Nikolaus von Landau und zudem durch Texte aus der Eckharthandschrift N4 (Nu¨rnberg, StB, Cent. VI, 55) repr2sentiert. Bewegte man sich in diesem streng abgegrenzten Bezirk, ließe sich da, wo Nikolaus von Landau, N4 und die ›Paradisus‹-Handschriften zusammengehen, vom Redaktor des ›Paradisus‹ sprechen, w2hrend *OH2 die Arbeit eines weiteren Redaktors dokumentierte. Diese strikte Abgrenzung aber wird dadurch in Frage gestellt, daß Nikolaus von Landau in seinem Corpus auch Eckhartpredigten bietet, die nicht im ›Paradisus‹ enthalten sind.27 Damit ru¨ckt eine Vorstufe in den Blick, die einen umfassenderen Predigtbestand aufweist, als er in O und H2 dokumentiert ist. Eine solche Vorstufe hat Lˆser auch durch die Untersuchung der Ru¨ckverweise anvisiert. Auf der Basis der 1986 von Nigel F. Palmer neuentdeckten Handschrift Lo4 (London, Victoria and Albert Museum, Cod. L. 1810–1955) konnte Lˆser zeigen, daß die immer schon erkannten Ku¨rzungen des ›Paradisus‹ in besonderem Maße 25

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Hans Zuchhold, Des Nikolaus von Landau Sermone als Quelle fu¨r die Predigt Meister Eckharts und seines Kreises, Halle a. d. Saale 1905 (Hermaea 2). Kurt Ruh, Nikolaus von Landau OCist, in: 2VL, Bd. 6, 1987, Sp. 1113–1116, hier Sp. 1115. Aus der kritischen Ausgabe die Predigten Quint 18 (vgl. DW I, S. 294); Quint 34 (vgl. DW II, S. 157); Quint 36b (vgl. DW II, S. 195); Quint 45 (vgl. DW II, S. 355); Quint 61 (vgl. DW III, S. 30–32); Quint 62 (vgl. DW III, S. 52). Grundlegend ist die Untersuchung von Karl Brethauer, Neue Eckharttexte. Eine Nachlese bei Nikolaus von Landau, ZfdA 70 (1933), S. 68–80. Die ›Sermones novi‹ stehen danach der Eckharthandschrift B7 (Berlin, SBB–PK, Ms. germ. 8Z 4) sehr nahe, die auch elf der Eckhart¨ berlieferung Meister Eckharts I, PBB predigten des ›Paradisus‹ u¨berliefert. Vgl. Philipp Strauch, Zur U 49 (1925), S. 355–402; Freimut Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn. Bekannte und bisher unbekannte Predigten Meister Eckharts im Lichte eines Handschriftenfundes, ZfdA 115 (1986), S. 206–227.

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die Ru¨ckverweise betreffen.28 Daß die getilgten Ru¨ckverweise sich jedoch nicht nur auf Predigten des ›Paradisus‹, sondern auch auf Predigten außerhalb der Sammlung beziehen lassen,29 fu¨hrte zu der spannenden Hypothese, daß der Redaktor des ›Paradisus‹ fu¨r die Anlage seiner Sammlung eine gezielte Auswahl vorgenommen hat. Lˆser nimmt also an, »daß ein Komplex urspru¨nglich eng zusammengeho¨riger Predigten bestanden haben muß, der umfangreicher war als das, was der Redaktor des ›Paradisus‹ in seine Sammlung aufzunehmen bereit war«.30 Reste dieses umfangreicheren Komplexes ko¨nnte, so vermutet Lˆser weiter, Nikolaus von Landau bewahrt haben.31 Zu fragen w2re, ob dieser Komplex bereits zumindest einen Teil der Predigten des ›Paradisus‹ enthalten ko¨nnte, die nicht Eckhart zugeschrieben werden. Zu dieser Vermutung gibt der Umstand Anlaß, daß nicht nur die Hss. Lo4 und N1,32 die zur Streuu¨berlieferung des ›Paradisus‹ z2hlen,33 einige dieser Predigten aufweisen, sondern auch die von Lˆser untersuchten Melker Eckharthandschriften des Melker Laienbruders Lienhart Peuger.34 Die Grundlage fu¨r die Herausarbeitung einer spezifischen Bearbeitung der Eckhart¨ berblick ableiten ko¨nnen, zwar predigten im ›Paradisus‹ ist, das wird man aus diesem U einerseits der Vergleich der Fassung der Predigten im ›Paradisus‹ mit dem kritischen Text, doch fu¨hrte dies mo¨glicherweise zu irrtu¨mlichen Ergebnissen, wenn man nicht erstens die Herstellung des kritischen Textes in den Blick n2hme und zweitens besonders die dem ›Paradisus‹ eng verwandten Textzeugen beru¨cksichtigte. Der Vergleich des ›Paradisus‹-Textes mit dem Text der kritischen Ausgabe wird also die Parallelu¨berliefe¨ berlieferung der Predigten bei rung nicht aus den Augen verlieren du¨rfen, wobei der U Nikolaus von Landau eine besondere Bedeutung zukommt.

3. Der Funktionswandel der Eckhartpredigten Im Zentrum der Aufbereitung der Predigten fu¨r ein Predigthandbuch steht, wie sich fu¨r den ›Paradisus‹ gut belegen l2ßt, die bis zur Eliminierung fu¨hrende Bearbeitung der textuell repr2sentierten Situationalit2t der Predigt. Es geht dabei also nicht etwa um die

28 29

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Vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 212 f. Als Beispiel nennt Lˆser Ru¨ckverweise der Predigten Quint 70, DW III (›Paradisus‹ Pr. 28) und Quint 72, DW III (›Paradisus‹ Pr. 51) auf die Predigt Quint 71, DW III. Vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 214, Anm. 23. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 214. Vgl. ebd., S. 214, Anm. 25. Gedruckt in: Meister Eckhart und seine Ju¨nger. Ungedruckte Texte zur Geschichte der deutschen Mystik, hg. von Franz Jostes. Mit einem Wo¨rterverzeichnis von Peter Schmitt und einem Nachwort von Kurt Ruh (ND der Ausgabe von Freiburg [Schweiz] 1895), Berlin/New York 1972 (Collectanea Friburgensia 4). Vgl. Kurt Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ (›Paradis der fornuftigen sele‹), in: 2VL, Bd. 7, 1989, Sp. 298–303, hier Sp. 299. Vgl. Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9].

Dialog der Varianten

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Rekonstruktion des urspru¨nglichen ›Sitzes im Leben‹ der Predigten, um den Ort ihrer Entstehung oder um ihr prim2res Publikum. ›Situationalit2t‹ zielt vielmehr auf standardisierte Elemente der sprachlichen Herstellung einer Kommunikationssituation, die der Predigt als persuasive Rede im allgemeinen und der Eckhartpredigt als inzitative Rede im besonderen zuzuschreiben sind. ›Situationalit2t‹ verstehe ich demnach als Funktion der textuellen Konstruktion, die vorrangig mit den Mitteln temporaler, lokaler und personaler Deixis die Relevanz eines Textes fu¨r ein angenommenes oder zu erschließendes kommunikatives Ereignis deutlich werden lassen. In diesem Abschnitt mo¨chte ich zeigen, wie sich die Situationalit2t der Eckhartpredigten im ›Paradisus‹ ver2ndert hat, um damit einerseits die These vom Predigthandbuch zu untermauern und um andererseits daraus Ru¨ckschlu¨sse auf das spezifische Redeprofil der Eckhartpredigten zu ziehen. 3.1. Die Ru¨ckverweise Beginnen mo¨chte ich mit dem wohl bedeutendsten textpragmatischen Verbindungselement der Predigten Eckharts, den Ru¨ckverweisen, die seit langem in ihrer Bedeutung fu¨r die innere Chronologie der Predigten, ihrer thematischen Bezu¨ge und damit fu¨r die Echtheitsfrage erkannt sind.35 Die Ru¨ckverweise unter den Predigten bilden ein intertextuelles Geru¨st, das fu¨r die Positionierung einzelner Predigten maßgeblich ist und damit das Corpus der deutschen Predigten Eckharts als Werkeinheit zu strukturieren (und zu konstruieren) hilft. Die Ru¨ckverweise o¨ffnen im Einzelfall aber nicht nur die Predigt auf einen intertextuellen Raum hin, sondern holen auch umgekehrt Gedanken und Argumentationen aus anderen Texten in die jeweilige Predigt hinein, so daß sich die Predigten wechselseitig erhellen. Fu¨r die deiktische Textfunktion der Predigt, die eine Kommunikationssituation der Predigt als solche erst bestimmt, sind die Ru¨ckverweise von großer Wichtigkeit. Insofern die Ru¨ckverweise zumeist in der IchForm gehalten sind, pr2sentiert sich Eckhart als Prediger, der in seinen Predigten seine Lehre jeweils anzitieren, ausbreiten, wachrufen oder vertiefen kann. Damit u¨bernehmen die Ru¨ckverweise die Funktion der Vergegenw2rtigung: In der jeweiligen Predigt verdichten sich u¨bergreifende Themen und Gedankeng2nge, werden diese variiert und aktualisiert. Die Ich-Form der Lußerung stellt zudem eine Selbstautorisierung dar: Die Ru¨ckverweise sind Selbstzitate, die sich von der Zitation der Meister in der fu¨r Eckhart gewohnten selbstbewußten Art und Weise abhebt. Fu¨r den Textstatus der Predigten hat das bedeutsame Konsequenzen. Sie erscheinen vor diesem Hintergrund als Aktualisierungen eines u¨bergeordneten Intertextes, der nicht mit der Summe aller Predigten identisch ist, sondern sich erst u¨ber die Dialogizit2t der Texte konstituiert. Das klingt 35

Max Pahncke, Untersuchungen zu den deutschen Predigten Meister Eckharts, Halle a. d. Saale 1905. ¨ bersicht bei Freimut Lˆser, Einzelpredigt und Gesamtwerk. Autor- und Redaktortext Vgl. dazu die U bei Meister Eckhart, editio 6 (1992), S. 43–63, hier S. 49. Unter Ru¨ckverweisen verstehe ich im weiteren Lußerungen in der Ich-Form mit einer finiten Verbform von sprechen und in der Regel Temporaladverbien, etewenne, nuˆ und (ouch) meˆ.

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abstrakt, doch gibt es kaum eine Eckhartinterpretation, die nicht u¨ber die Analyse einzelner Predigten hinaus genau diesem Intertext auf der Spur w2re. Die Ku¨rzung von Ru¨ckverweisen im ›Paradisus‹ brachte Lˆser zu dem Schluß: »Die Tilgung von Ru¨ckverweisen kann somit als geradezu charakteristisch fu¨r die Vorstufe der Hss. O und H2 gelten«.36 Im Fall der Hs. Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 278 (E2) hatte Quint – darauf weist Lˆser in der entsprechenden Anmerkung hin – dezidiert von einer planm2ßigen Tilgung aller Ru¨ckverweise und Subjektivismen gesprochen.37 Die Bearbeitung von Subjektivismen (personale Deixis), darauf wird noch einzugehen sein, scheint allgemein kennzeichnend fu¨r den Funktionswandel im Zuge mittelalterlicher Predigtu¨berlieferung zu sein. In diesem Sinne wertete Lˆser im Bamberger Vortrag die Ku¨rzungen der Ru¨ckverweise im ›Paradisus‹, wobei er u¨ber den fru¨heren Aufsatz hinaus weitere, so knappe wie treffsichere Beobachtungen zu der Bearbeitung im ›Paradisus‹ vorstellte.38 Im Folgenden mo¨chte ich die von Ruh geforderte und von Lˆser aufgenommene ›Kleinarbeit‹39 fortfu¨hren (an einen fru¨heren Beitrag zur Sammlung anknu¨pfend)40 und die entsprechenden Ru¨ckverweise im einzelnen auffu¨hren, um ein genaueres Bild von dem Umgang mit den Ru¨ckverweisen im ›Paradisus‹ zu skizzieren. Ich gehe dabei von zwei unbearbeiteten, fu¨nf bearbeiteten und zehn geku¨rzten Ru¨ckverweisen in den von Quint edierten Predigten aus.41 3.1.1 Die unbearbeiteten Ru¨ckverweise ›Paradisus‹ Pr. 4:42 In der Predigt Quint 38 heißt es: Ich spriche etwenne von zwein brunnen. Aleine ez wunderlıˆche luˆte, wir mu¨ezen sprechen naˆch unserm sinne. (DW II, S. 243,5 f.) Eckhart zielt auf die grundlegende Unterscheidung von generatio des Sohnes und creatio der Gescho¨pfe, wobei er den brunnen der generatio auch als Quelle der Gnade versteht. Eckhart nutzt den einleitenden, unbestimmten Ru¨ckverweis,43 um

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Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 213. Zur Streichung von Ru¨ckverweisen in Me1 vgl. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 50. ¨ bersichtlichkeit wegen verweise ich an den entVgl. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 56–60. Der U sprechenden Stellen jeweils gesondert auf diesen Beitrag. Vgl. Ruh, Meister Eckhart [Anm. 7], S. 63. Vgl. Burkhard Hasebrink, Studies on redaction and use of the Paradisus anime intelligentis, in: De lAhome´lie au sermon. Histoire de la pre´dication me´die´vale. Actes du Colloque international de Louvainla-Neuve (9–11 juillet 1992), hg. von Jacqueline Hamesse und Xavier Hermand, Louvain-la-Neuve 1993 (Publications de lAInstitut dAE´tudes Me´die´vales; Textes, E´tudes, Congre`s 14), S. 143–158. Aufstellung der Ru¨ckverweise aus den von Quint edierten Paradisuspredigten bei Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 212, Anm. 19. Die Schilderung vom Auftritt des Franziskanergenerals in der Predigt Quint 70, DW III, S. 188,2–6. (›Paradisus‹ Pr. 28) z2hle ich nicht zu den Ru¨ckverweisen im eigentlichen Sinn. Im Bamberger Vortrag spricht Lˆser summarisch von drei unver2nderten und vier im Wortlaut bearbeiteten Ru¨ckverweisen (Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 57). Als Anordnungsprinzip w2hle ich die Reihenfolge der Predigten im ›Paradisus‹, weil mir die Abfolge der Predigten in der Sammlung eine wichtige Folie bei der Beurteilung der Textdifferenz zu sein scheint. Zu Parallelen vgl. DW II, S. 243, Anm. 3.

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diese Unterscheidung mit der Metapher der zwei Quellen einzufu¨hren.44 Mit der Ku¨rzung des Ru¨ckverweises w2re auch die Tilgung dieser Exposition verbunden gewesen; offensichtlich l2ßt sich hier die Ich-Rede nicht ohne gravierende Koh2renzprobleme herauslo¨sen. Im Gegensatz dazu steht die Ku¨rzung des Ru¨ckverweises daˆ ich nuˆ von sprach (DW II, S. 230,1) im ersten Teil der Predigt, der sich als Teilsatz syntaktisch gesehen problemlos ku¨rzen l2ßt. ›Paradisus‹ Pr. 33: Der zweite unbearbeitete Ru¨ckverweis findet sich in der »Schlu¨sselpredigt«45 der Sammlung, der Predigt Quint 9. Es ist die einzige Eckhartpredigt aus dem ›Paradisus‹, aus der ein inkriminierter Satz entnommen ist.46 Der Ru¨ckverweis leitet zudem genau die Aussage ein, in der die zentrale ›Doktrin‹ des ›Paradisus‹ ausgesprochen ist – der Vorrang der Vernu¨nftigkeit vor dem Willen: Ich sprach in der schuole, daz vernu¨nfticheit edeler wære dan wille, und gehœrent doch beidiu in diz lieht (DW I, S. 152,9 f.). Als Kontrahent zitiert Eckhart anschließend einen anderen meister, der die franziskanische Gegenposition des Vorrangs des Willens formuliert.47 Der durch den Ru¨ckverweis eingeleitete Satz referiert also nicht nur die inhaltliche Differenz der Positionen; der universit2re Streit reflektiert auch die Frontstellung von Dominikanern und Franziskanern, wie sie im Register der Sammlung aufgebaut wird. Diese Predigt ist im Register nicht nur namentlich Meister Eckhart zugeschrieben, sondern auch als Dokument seiner meisterschaft (Strauch, S. 4,11) eigens hervorgehoben. Durch die Ich-Form im Verweis auf die schuole wird daher mit der »Schlu¨sselpredigt« (Ruh) Eckhart selbst zum dominikanischen Vork2mpfer der Pr2valenz der Erkenntnis. 3.1.2 Die bearbeiteten Ru¨ckverweise ›Paradisus‹ Pr. 4: Die erste Ver2nderung eines Ru¨ckverweises liegt in dieser Predigt vor, die neben dem bereits aufgefu¨hrten unbearbeiteten Ru¨ckverweis einen noch anzufu¨h44

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Vgl. Michael Egerding, Die Metaphorik der sp2tmittelalterlichen Mystik. Bd. 2: Bildspender – Bild¨ ber das empf2nger – Kontexte: Dokumentation und Interpretation, Paderborn [usw.] 1997, S. 140. U Bildfeld (brunne, entspringen) ist Egerding auf eine Parallelstelle gestoßen, die Quint entgangen ist: Der seˆle engenu¨eget ouch enkeine wıˆs niht, der sun gotes enwerde denne in ir geborn. Und daˆ entspringet gnaˆde. (Quint Pr. 11, DW I, S. 177,4–6) Ruh, Meister Eckhart [Anm. 7], S. 70. DW I, S. 148,5–7: Got enist guot noch bezzer noch allerbeste. Wer daˆ spræche, daz got guot wære, der tæte im als unrehte, als ob er die sunnen swarz hieze. In der Bulle ›In agro dominico‹ ist dieser Satz als zweiter Zusatzartikel (und damit als Artikel 28) aufgenommen. Der systematische Kontext dieser Abweisung des bonum ist in Eckharts Transzendentalienlehre zu suchen, in der das bonum dem unum nachgeordnet ist. Das unum, wie sich mit Sermo XXIX ›Deus unus est‹ (Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die lateinischen Werke [zit.: LW], Bd. 1–5, hg. von Ernst Benz [u. a.], Stuttgart 1956–2006, hier LW IV, S. 263–270) argumentieren l2ßt, ist ho¨her, fru¨her und einfacher als das Gute (Sermo XXIX n. 299, LW IV, S. 266,4); und Gott als der Eine ist intellectus se toto (Sermo XXIX n. 300, LW IV, S. 267,5): ganz und gar Intellekt. Siehe auch Quint Pr. 70, DW III, S. 188,2 f., und die dritte Pariser Quaestio ›Utrum laus dei in patria sit nobilior eius dilectione in via‹ des franziskanischen Magister actu regens Gonsalvus Hispanus. Vgl. Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 272 f.

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renden geku¨rzten und zudem zwei textinterne Ru¨ckverweise enth2lt. Der Text lautet in der Predigt Quint 38: Ich sprach etwenne ein wort: der der werlt allerminnest haˆt, der haˆt ir allermeist (DW II, S. 240,8–241,1). Im ›Paradisus‹ ist sprach durch spreche (Pr. 4, Strauch, S. 17,3) ersetzt. Durch den Tempuswechsel wird das iterative Moment des etwenne verst2rkt; die sentenzartige Aussage (ein wort) mit dem Paradox vom Haben und Nicht-Haben, wie er chiastisch zugespitzt auch im Kommentar zum Johannesevangelium zu finden ist (In Ioh. n. 397, LW III, S. 338,11 f.: Habens enim habet et non habens habet),48 wird eher als gel2ufiges Lehrelement denn als einmal vorgetragene Lußerung aufgefaßt. Lˆser hat diesen Ru¨ckverweis, dessen Referenz Quint nicht hatte benennen ko¨nnen, nun auf eine Predigt u¨ber Mt 13,44 in der von Lienhart Peuger geschriebenen Handschrift Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 705 (371/G33 = Me2) bezogen; eine Predigt, die Lˆser mit guten Argumenten Eckhart zuschreibt.49 ›Paradisus‹ Pr. 20: Die Predigt Quint 19 enth2lt folgenden Ru¨ckverweis: als ich nuˆ sprach von den engeln, die daˆ sitzent bıˆ gote in dem koˆre der wıˆsheit und des brandes (DW I, S. 317,4 f.). Zwar bleibt der Ru¨ckverweis erhalten (syntaktisch ist von ihm ein Objekt abh2ngig, so daß eine Ku¨rzung auch eine Erneuerung der Koh2sion erforderlich gemacht h2tte), doch er wird durch Streichung der temporalen Deixis (nuˆ) ver2ndert.50 Die Ku¨rzung temporaler Deixis ist signifikant fu¨r den Funktionswandel der Predigten im ›Paradisus‹, indem sie den Bezug zum Kontext der Entstehungszeit unterbricht und damit als Indikator einer Dekontextualisierung zu werten ist. Wie bedeutsam die Markierung zeitlicher N2he sein kann, hat Lˆser am Verh2ltnis von Quint Pr. 19 und Pr. 37 aufgezeigt. Danach bezieht sich die Predigt Nr. 19 (›Paradisus‹ Pr. 20) mit drei Ru¨ckverweisen auf die Predigt Nr. 37 (›Paradisus‹ Pr. 21); beide Predigten geho¨ren liturgisch in die Woche nach dem dritten Fastensonntag.51 Genau eine solche minutio¨se Rekonstruktion erlaubt der Text nach dem ›Paradisus‹ nicht mehr; die u¨brigen beiden Ru¨ckverweise auf die Predigt Quint 37 sind g2nzlich geku¨rzt (vgl. 3.1.3). ›Paradisus‹ Pr. 28: Der n2chste Fall ist insofern ungewo¨hnlich, als bei der Bearbeitung des Verweises die Ich-Rede durch die Nennung des Namens Meister Eckharts ersetzt ist.52 In der Predigt Quint 70 lautet der Text (DW III, S. 191,8–192,1): Ein pfaffe sprach: ›ich wo¨lte, daz iuwer seˆle in mıˆnem lıˆchamen wære.‹ Doˆ sprach ich: ›wærlıˆche, soˆ wære si ein tœrinne dar inne.‹ »Das ›Ich‹ des Predigers wird durch einen bewuß48 49

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Vgl. DW II, S. 241, Anm. 1. Freimut Lˆser, Nachlese. Unbekannte Texte Meister Eckharts in bekannten Handschriften, in: Die deutsche Predigt im Mittelalter. Internationales Symposium am Fachbereich Germanistik der Freien Universit2t Berlin vom 3.–6. Oktober 1989, hg. von Volker Mertens und Hans-Jochen Schiewer, Tu¨bingen 1992, S. 125–149, hier S. 141–145; Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 236–239. Lˆser hatte bei seiner Auflistung diesen Ru¨ckverweis als unbearbeitet eingestuft und sprach daher von drei unbearbeitet gebliebenen Ru¨ckverweisen (vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 212). Freimut Lˆser, Predigt 19: ›Sta in porta domus domini‹, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 1, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 1998, S. 117–149, hier S. 140 und S. 146–149. Vgl. zu diesem wie zu den beiden folgenden F2llen Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 57, Anm. 50.

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ten Redaktor, der sich selbst als Prediger verstehen mag, zum ›Er‹«:53 ein phaphe sprach zu meister Eckarde: ›ich wolde daz uwir sele in mime libe were.‹ du sprach he: ›werliche! so were si ein toiren dar inne‹ (Strauch, S. 63,17–19).54 Der Dokumentationscharakter der Sammlung, wie er durch das Register mit seinen Namenszuschreibungen zum Ausdruck gebracht wird, bem2chtigt sich hier des Predigttextes selbst. Das Interessante aber ist, daß zu Beginn dieser Predigt von einem universit2ren Streit in Paris die Rede ist, in dem genau das strittig ist, was das Register des ›Paradisus‹ in den Vordergrund ru¨ckt: das Verh2ltnis von Erkenntnis und Wille fu¨r die Erlangung der Seligkeit. Durch zielgenaue Ku¨rzung bleibt im ›Paradisus‹ allein die dominikanische Position erhalten; von der Widerrede (DW III, S. 188,2 f.: Ein groˆzer pfaffe kam niuwelıˆche ze Parıˆs, der was daˆ wider und ruofte und donte gar seˆre) und deren Abweisung (Z. 3 f., Doˆ sprach ein ander meister wol bezzer dan alle, die von Parıˆs bezzer hielten) bleibt keine Spur. An die Stelle des von Eckhart hochgelobten anonymen Besten aller meister l2ßt der ›bewußte Redaktor‹ im zweiten Wortwechsel einen Namen treten: Meister Eckhart selbst. ›Paradisus‹ Pr. 48: In der Predigt Quint 82 ist der Ru¨ckverweis im ›Paradisus‹ s2uberlich in eine unperso¨nliche Formulierung umgearbeitet: statt als ich ouch meˆ gesprochen haˆn (DW III, S. 428,1) bietet der ›Paradisus‹ alse ez auch me gesprochin ist (S. 109,28 f.). Nach Quint handelt es sich hier um einen textinternen Ru¨ckverweis. Auch hier ist eine ›Entsubjektivierung‹ bzw. Transformation der Ich-Rede in eine Passivkonstruktion zu konstatieren. ›Paradisus‹ Pr. 61 (Quint Pr. 57): Eine analoge Umformulierung erf2hrt ein Ru¨ckverweis in der Predigt Quint 57: Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen, daz diu seˆle niht luˆter enmac werden, si enwerde wider getriben in ir eˆrste luˆterkeit, als si got geschaffen hat (DW II, S. 599,1–3) lautet entsprechend ez ist dicke gesprochin daz di sele inmac nicht luter werdin, si inwerde widir getribin in ur erste lutirkeit, alse si Got geschaffin hait (Strauch, S. 129,28–30).55 Die Unbestimmtheit des Ru¨ckverweises (meˆ) erscheint im ›Paradisus‹ verst2rkt (dicke); sie erschwert eine eindeutige Referenz. Der Ru¨ckverweis zielt offensichtlich nicht auf einen einzelnen Pr2text, sondern auf eine Fokussierung der Aussage im Ensemble der Predigten. Quint bezog diesen Ru¨ckverweis auf die Predigt Quint 22,56 so daß es sich bei der den Ru¨ckverweis enthaltenden Predigt um eine Predigt aus der Ko¨lner Zeit Eckharts handeln wu¨rde. Ruh hingegen hatte aufgrund der Orientierung an der Theologie des Pseudo-Dionysius Areopagita (Friedensbegriff, Auslegung von ›Heiligkeit‹ nach ›De divinis nominibus‹, kataphatische Theologie und Lichtmetaphysik) eine Zuordnung zur Erfurter Zeit vorgenommen.57 Gestu¨tzt wu¨rde diese Zuordnung mo¨glicherweise durch den Bezug des Ru¨ckverweises auf eine Predigt aus der 53 54 55 56 57

Ebd., S. 57, Anm. 50. Vgl. Sepp‰nen, Terminologie [Anm. 6], S. 101, Anm. 2. Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 50, Anm. 18. Vgl. DW II, S. 599, Anm. 1. Vgl. Kurt Ruh, Dionysius Areopagita im deutschen Predigtwerk Meister Eckharts, Perspektiven der Philosophie 13 (1987), S. 207–223 (auch als Sonderdruck, Amsterdam 1987), hier S. 210 f.; Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 281.

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mitteldeutschen Eckharthandschrift Lo4 (Nr. 7: 131vb–133vb): die Predigt ›Sente Peter sprichet‹ u¨ber I Pt 3,18, die Lˆser Meister Eckhart zugewiesen hat (Predigt Steer 113).58 Diese Predigt geho¨rt zu dem von Lˆser anvisierten (mitteldeutschen) Predigtkomplex, aus dem zumindest die Melker Eckharthandschriften Peugers, Lo4 und der ›Paradisus‹ gescho¨pft haben ko¨nnten. Daß aber die Tilgung personaler Deixis im ›Paradisus‹ durchaus nicht konsequent vorangetrieben ist, die Ich-Rede des Predigers also durchaus erhalten bleiben kann, illustriert eine weitere Lußerung dieser Predigt. Der Satz: Go¨tlıˆchiu werk suln wir verstaˆn aˆne arbeit, als ich iu sagen wil (DW II, S. 600,7) wird durch die ›Paradisus‹-Handschriften zuverl2ssig wiedergegeben. Daß Gott sein Werk nicht jeweils in der Zeit wirkt, sondern daß alles, was Gott schuf, im ewigen, stets neuen Wort gesprochen ist, veranschaulicht Eckhart mit einem perso¨nlich formulierten Spiegelgleichnis: Wie sich mein Antlitz, so Eckhart, jeweils neu aˆne mıˆne arbeit (DW II, S. 600,10) im Spiegel spiegelt, so ist Gottes Werk ein stets neues Abbild des ewigen go¨ttlichen Urbildes.59 Die exemplarische Ich-Rede dieser Passage mag einen Eingriff in das einleitende als ich iu sagen wil verhindert haben. 3.1.3 Die geku¨rzten Ru¨ckverweise ›Paradisus‹ Pr. 4: In der Predigt Quint 38 ist der Ru¨ckverweis daˆ ich nuˆ von sprach (DW II, S. 230,1) im ›Paradisus‹ geku¨rzt.60 Er bezieht sich thematisch auf die Geburt in der Vernu¨nftigkeit als Haupt der Seele. Wie auch in den meisten der folgenden F2lle macht die Ku¨rzung des syntaktisch als Teilsatz oder Parenthese realisierten Ru¨ckverweises keine ›Heilung‹ der grammatischen Form des Satzes erforderlich. ›Paradisus‹ Pr. 20: In der Predigt Quint 19 sind zwei Ru¨ckverweise geku¨rzt. Der Ru¨ckverweis als ich nuˆ sprach (DW I, S. 314,5 f.) bezieht sich auf den Vorrang der Erkenntnis vor der Liebe. Nach Quint ist dieser Ru¨ckverweis nicht eindeutig auf eine Belegstelle zu beziehen. Mo¨glicherweise verweist er auf die Predigt Quint 7 (›Paradisus‹ Pr. 19), die in der ›Paradisus‹-Sammlung dieser Predigt unmittelbar vorangeht. Der zweite geku¨rzte Ru¨ckverweis als ich nuˆ sprach (DW I, S. 316,5) stellt einen Bezug zu ›Paradisus‹ Pr. 24 her. Thematisch bezieht sich dieser Verweis auf das paulinische Dictum der plenitudo temporis: alle zıˆt (DW I, S. 316,4) meint in paradoxer Transzendierung die Zeit jenseits aller zeitlichen Kategorien. Quint geht von einem textinternen Ru¨ckverweis aus.61 ›Paradisus‹ Pr. 22: Wie sehr die Ru¨ckverweise predigtu¨bergreifende Isotopieebenen aufzeigen, dokumentiert auch der folgende geku¨rzte Ru¨ckverweis aus der Predigt 58

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Vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 219–223; Lˆser, Nachlese [Anm. 49], S. 135; Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 91 f. »Das Erscheinen des Spiegelbildes geschieht nicht nur unabh2ngig vom Willen des Betrachters, sondern auch ohne sein Zutun, ohne jede Mu¨he oder Arbeit«, siehe Mauritius Wilde, Das neue Bild vom Gottesbild. Bild und Theologie bei Meister Eckhart, Freiburg (Schweiz) 2000 (Dokimion 24), S. 53. Ebenfalls geku¨rzt ist der Ru¨ckverweis in E1. DW I, S. 316, Anm. 2.

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Quint 43: Ich haˆn es ouch meˆ gesprochen: ein bilde, als ez ein bilde ist, des ez ein bilde ist, daz enkan nieman gesundern (DW II, S. 329,2 f.). Ein Bild kann man, insofern es ein Bild ist, nicht von dem trennen, von dem es ein Bild ist. Im ›Paradisus‹ ist nicht nur der Ru¨ckverweis geku¨rzt. Der Satz lautet hier: ein bilde alse ez ein bilde ist, daz inkan niman gescheˆdin (Strauch, S. 54,30). Als Bild ist die Seele gotvar, so daß sie Gott uˆzer ir geb2ren kann: Im ›Paradisus‹ ist nicht nur im Ergebnis die Vorstellung zuru¨ckgedr2ngt, daß die Seele Gott geb2re, sondern auch das entscheidende bildtheoretische Argument durch Ku¨rzung besch2digt. Als Bezugstext fu¨r diesen Ru¨ckverweis gilt die Predigt Quint 16b.62 Diese Predigt gilt als ein zentrales Dokument der Bildlehre Eckharts.63 Wie eng die Ku¨rzung der Ru¨ckverweise insgesamt mit der Ku¨rzung personaler Deixis (Entsubjektivierung) zusammenh2ngt, zeigt eine Ku¨rzung einige S2tze weiter: Das betonte, gegen etlıˆche meister gerichtete Ich spriche (DW II, S. 329,7) ist ebenfalls geku¨rzt. ›Paradisus‹ Pr. 24: In der Predigt Quint 20B sind wiederum z wei Ru¨ckverweise geku¨rzt. Der erste dieser Ru¨ckverweise, von dem ich meˆ gesprochen haˆn (DW I, S. 347,10), ist thematisch an die Vorstellung vom ›Knecht‹ als vernu¨nfticheit gebunden und wird auf die Predigt Quint 37 (›Paradisus‹ Pr. 21) bezogen: Vernu¨fticheit ist eigenlıˆcher ›kneht‹ dan wille oder minne (DW II, S. 216,1).64 Wir beru¨hren damit eine der zentralen Fragen der ›Paradisus‹-Sammlung, die Frage nach dem Vorrang von Erkenntnis oder Wille. Auch hier ist ein Kernpunkt der Lehre Gegenstand des Ru¨ckverweises. Es macht aber nicht den Eindruck, daß die thematische Ebene auf die Ku¨rzung des Ru¨ckverweises Einfluß h2tte. Da es sich um einen selbst2ndigen Relativsatz handelt, bleibt das Fehlen des Ru¨ckverweises auch ohne Folgen fu¨r die Koh2sion des Textes. Die entsprechende Passage bietet auch die Predigt ›Imposuerunt illi‹ des Nikolaus von Landau.65 Der Ru¨ckverweis fehlt auch bei Nikolaus von Landau, so daß man in diesem Fall annehmen kann, daß die Ku¨rzung auf der Stufe einer gemeinsamen Vorlage entstanden ist. Aufgrund der umstellenden und abweichenden Bearbeitung bei Nikolaus von Landau ist jedoch die Vergleichbarkeit eingeschr2nkt.66 Die zweite einschl2gige Ku¨rzung betrifft den Ru¨ckverweis Ich haˆn ez meˆ gesprochen (DW I, S. 350,11–351,1). Auch er hat die vernu¨nfticheit zum Gegenstand, die diesmal als ›Mann in der Seele‹ aufgefaßt ist.67 Wiederum gilt die Predigt Quint 37 (›Paradisus‹ 62 63

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Pahncke, Untersuchungen [Anm. 35], S. 21; DW II, S. 329, Anm. 2. Vgl. Loris Sturlese, Mystik und Philosophie in der Bildlehre Meister Eckharts. Eine Lektu¨re von Pred. 16a Quint, in: Festschrift Walter Haug und Burghart Wachinger, Bd. 1, hg. von Johannes Janota [u. a.], Tu¨bingen 1992, S. 349–361; Susanne Kˆbele, Predigt 16b: ›Quasi vas auri solidum‹, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 1, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 1998, S. 43–74; Wilde, Das neue Bild [Anm. 59]. Pahncke, Untersuchungen [Anm. 35], S. 33; DW I, S. 347, Anm. 6; Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 212 und 214, Anm. 22. Vgl. DW I, S. 340. Vgl. Zuchhold, Sermone [Anm. 25], S. 114 (synoptischer Abdruck). Zum ›wahren Menschen‹ als ›Mann in der Seele‹ vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 49 f. Zum Verh2ltnis der Mann-Frau-Metaphorik zum Thema der Vernu¨nftigkeit vgl. ebd. S. 88–97. Es geht um die Predigten ›Paradisus‹ 21, 22 und 24.

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Pr. 21) als Bezugstext.68 Bei Nikolaus von Landau ist die entsprechende Passage nicht aufgenommen. ›Paradisus‹ Pr. 28: Um die Streitfrage nach dem Stellenwert von Erkenntnis und Minne geht es auch in der Predigt Quint 70 (›Paradisus‹ Pr. 28). Sie z2hlt zu den Predigten, die offensichtlich bald nach dem ersten Pariser Magisterium Eckharts, also bald nach 1302/1303, in Erfurt entstanden. Anzufu¨hren ist einerseits die bereits oben angesprochene Ku¨rzung des Verweises auf den Auftritt des Franziskanergenerals Gonsalvus Hispanus (DW III, S. 188,2 f.: Ein groˆzer pfaffe kam niuwelıˆche ze Parıˆs …). Insofern es sich aber nicht um einen intertextuellen Verweis im Rahmen des Predigtwerkes Eckharts handelt, z2hle ich ihn nicht zu den Ru¨ckverweisen im eigentlichen Sinn. Zum anderen fehlt ein Ru¨ckverweis, der ein Augustinuszitat einleitet: Ich haˆn etwenne gesprochen, daz sant Augustıˆnus sprichet (DW III, S. 189,3 f.). Im ›Paradisus‹ sind der Ru¨ckverweis und die Konjunktion daz pr2zise getilgt. Bezogen wird dieser Ru¨ckverweis auf die Predigt Quint 71.69 Der Gegenstand des Ru¨ckverweises (Paulus sieht im Nichts Gott) wird in dieser Predigt breit entfaltet.70 ¨ bungen ist fu¨r ›Paradisus‹ Pr. 34: Die Kritik an instrumentalisierten monastischen U Eckhart angesichts seiner Lehre der Gelassenheit unausweichlich. In der Predigt Quint 32 leitet der Ru¨ckverweis Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen (DW II, S. 139,2) eine entsprechende Kritik ein: die vil vastent und vil wachent und groˆziu werk tuont und niht enbezzernt ir gebrechen und ir site, daˆ daz waˆre zuonemen ane liget, die triegent sich selben und sint des tiuvels spot (DW II, S. 139,2–4). Der Ru¨ckverweis du¨rfte sich vorrangig auf die Predigt Quint 33 (›Paradisus‹ Pr. 49) beziehen, doch weist Quint weitere enge Parallelen nach, darunter in den fru¨hen ›Reden der underscheidunge‹.71 In welcher Phase der Ru¨ckverweis geku¨rzt wurde, l2ßt sich nicht eruieren; Nikolaus von Landau hat zwar ein Textstu¨ck dieser Predigt in die Predigt ›Et cum eiecisset demonium locutus est mutus‹ inseriert, doch betrifft das nicht die fragliche Stelle.72 Eckhart geht es offensichtlich nicht um den Hinweis auf eine genaue Parallele, sondern um die Kennzeichnung eines zentralen, immer wieder behandelten Themas. W2hrend Eckhart durch die Ru¨ckverweise ein dichtes Gewebe zentraler Themen in den Predigten aufscheinen und damit sein Predigtwerk als Ganzes Gestalt gewinnen l2ßt, verlagert sich ¨ berlieferung der Schwerpunkt. Ihr Interesse ist nicht die Rekonstruktion nach in der U Echtheitskriterien, wie sie die Edition heute bestimmt, sondern die gebrauchsfunktionale Aktualisierbarkeit jenseits der besonderen Entstehungssituation. Die Ru¨ckverweise als markante, werkumspannende Koh2renzsignale werden in dem Moment entbehrlich, wo die Autorfunktion nicht mehr l2nger diese Koh2renz garantiert, sondern 68 69 70

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Vgl. Pahncke, Untersuchungen [Anm. 35], S. 33; DW I, S. 351, Anm. 1. DW III, S. 189; Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 214, Anm. 23. Vgl. Burkhard Hasebrink, Predigt Nr. 71: ›Surrexit autem Saulus‹, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 1, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 1998, S. 219–245. Vgl. DW II, S. 139, Anm. 3; Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 214, Anm. 22. Vgl. Zuchhold, Sermone [Anm. 25], S. 16–18; DW II, S. 129.

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ihre Rolle von u¨berlieferungskonstituierenden Faktoren wie der Funktion eines Predigthandbuches u¨bernommen wird. ›Paradisus‹ Pr. 36: In der Predigt Quint 60 ist der Ru¨ckverweis Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen (DW III, S. 16,2) nicht allein im ›Paradisus‹ geku¨rzt. Doch w2hrend in den u¨brigen ku¨rzenden Handschriften E1, St1b und Sab auch der folgende, abh2ngige daz-Satz geku¨rzt ist, erscheint dieser abh2ngige Satz im ›Paradisus‹ sorgf2ltig zu einem Hauptsatz (Tilgung der Konjunktion, Umstellung des finiten Verbs) umgearbeitet. ›Paradisus‹ Pr. 51: Auch in der Predigt Quint 72 fehlt der Ru¨ckverweis Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen (DW III, S. 250,7), nicht nur im ›Paradisus‹. Mo¨glicherweise muß man mit unabh2ngig voneinander entstandenen Ku¨rzungen rechnen. Der Ru¨ckverweis fehlt auch in der Gaesdoncker Hs. Ga und der Straßburger Hs. Str2.73 Diese beiden Handschriften schließen sich wiederum, so Quint, jeweils mit anderen, die Predigt vollst2ndig u¨berliefernden Handschriften zusammen (Ga mit dem Basler Taulerdruck BT und Str2 mit der Buxheimer Hs. Bra3), die in beiden F2llen den Ru¨ckverweis bieten. Der Ru¨ckverweis, der sich offensichtlich auf die Predigt Quint 71 bezieht,74 konnte ohne Folgen fu¨r die syntaktische Koh2sion geku¨rzt werden. 3.1.4 Ru¨ckverweise in den Predigten Steer 87–100 ›Paradisus‹ Pr. 46 (Steer Pr. 95): Fu¨r die Echtheit und damit die Aufnahme der Predigten in die kritische Ausgabe spielten die Ru¨ckverweise eine zentrale Rolle, wie noch zuletzt aus dem Vorwort zum vierten Band der ›Deutschen Werke‹ hervorgeht. Quint hatte von den 31 Eckhart namentlich zugeschriebenen Predigten des ›Paradisus‹ 18 in seine Ausgabe aufgenommen, ohne indes die u¨brigen Eckhart zugeschriebenen Predigten damit fu¨r unecht erkl2rt zu haben.75 Wie die Predigt Steer 95 (›Paradisus‹ Pr. 46) zeigen kann, ist das Ph2nomen der Ru¨ckverweise nicht g2nzlich auf die von Quint edierten Predigten beschr2nkt. Die Herausgeber des vierten Bandes haben die Predigt in zwei Fassungen ediert; die Fassung A wird vertreten durch die Handschriften des ›Paradisus‹, die Londoner Handschrift Lo4 und die Gruppe der Peuger-Handschriften aus Melk.76 Der Fassung B liegt nicht nur ein anderes, »urspru¨ngliches«77 Schriftwort (Prv 31,26) zugrunde, sondern sie enth2lt auch einen klaren Ru¨ckverweis: Ich haˆn gesprochen von zweierleie wıˆsheit (DW IV,1, S. 179,8).78 Interessanterweise fehlt dieser Ru¨ckverweis nicht nur in den Handschriften des ›Paradisus‹, sondern in allen Textzeugen der Fassung A. Ihr Text lautet: Ez ist zweierhande wıˆsheit, alsoˆ ist ouch 73 74 75

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Vgl. auch DW III, S. 235. Vgl. DW III, S. 250, Anm. 3. Darauf weisen die Herausgeber des vierten Bandes in der Begru¨ndung der Echtheit der ersten Predigt dieses Bandes, der Predigt Steer 87 (›Paradisus‹ Pr. 1), ausdru¨cklich hin (DW IV,1, S. 17 f.). ¨ berlieferungslage, zur Filiation und partiellen Kontamination, zur Echtheitsfrage und zum Aufbau Zur U ¨ bersicht bei vgl. die ausfu¨hrliche Darstellung in DW IV,1, S. 150–177. Zu den Melker Texten vgl. die U Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 258. DW IV,1, S. 178, Anm. 1. Vgl. DW IV,1, S. 179, Anm. 3.

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zweierhande sælicheit, diu von der wıˆsheit kumet (DW IV,1, S. 179,8–10). In diesem Fall ist die Ku¨rzung des Ru¨ckverweises kein Merkmal des ›Paradisus‹; sie ist offenbar vor Anlage der Sammlung erfolgt, wenn man ausschließen will, daß die Ku¨rzung in den jeweiligen Handschriften unabh2ngig voneinander erfolgt ist.79 Dann wiese diese Ku¨rzung in die Richtung jener ›mitteldeutschen Gruppe‹, die Spamer umrissen und Lˆser jetzt u¨berzeugend konkretisiert hat.80 ›Paradisus‹ Pr. 47 (Steer Pr. 96): Eine Schlu¨sselrolle fu¨r die Frage nach der Echtheit und damit fu¨r die Aufnahme in die Stuttgarter Ausgabe spielte ein Ru¨ckverweis aus der Predigt Steer 96, der in den Handschriften des ›Paradisus‹ zwar fehlt, in dem gegen¨ berlieferungsstrang mit den Handschriften Lo4, B6 und B7, die diese u¨berstehenden U Predigt anonym u¨berliefern, indes erhalten geblieben ist (vgl. DW IV,1, S. 216,38) – der Beweisgang von Lˆser ist ein Meisterwerk philologischer Zuschreibungskunst und damit der (Re)konstruktion eines Œuvres.81 3.2 Bearbeitung deiktischer Bezu¨ge außerhalb der Ru¨ckverweise ›Paradisus‹ Pr. 1: Ein erstes Beispiel fu¨r die Streichung der Ich-Rede des Predigers bietet die Predigt Steer 87. Die fu¨r Eckhart so kennzeichnende emphatische Wahrheitsbeteuerung,82 in diesem Fall die Formulierung ich nime ez ouch uˆf mıˆne seˆle (DW IV,1, S. 23,26), fehlt im ›Paradisus‹; die Hss. K1a (Nikolaus von Landau) und Me2 haben an dieser Stelle eine (gro¨ßere) Lu¨cke.83 Die vergleichbare Beteuerung Wan daz ist waˆr (DW IV,1, S. 23,24 f.; Y1: ouch ist das war), die den vorangehenden Satz einleitet, blieb hingegen erhalten. Die Verdopplung personaler Deixis (ich, mıˆne) verst2rkt den subjektiven Charakter der Lußerung, der bei der Aufbereitung der Predigt fu¨r ein Predigthandbuch entbehrlich wird. Auf der Ebene dieser Bearbeitung geht es also keinesfalls um eine Stilisierung der Person Eckharts oder gar um eine Bewahrung seiner authentischen Redeweise. Daß personale Deixis unabh2ngig von der Person des Autors von Ku¨rzung betroffen ist, illustriert ein zweiter Fall in dieser Predigt, in dem die metakommunikativen, im weiteren Sinne appellativen Lußerungen geku¨rzt sind. Der kritische Text lautet: Ein wort suln wir noch merken, daz er ouch sprichet: ›ich wil erwecken den saˆmen Daˆvıˆdes oder die vruht‹. Daz mac man pru¨even, daz der engel ru¨erte in einer stunde des tages daz wazzer (DW IV,1, S. 26,54–56). Im ›Paradisus‹ lautet der entsprechende Abschnitt: Daz wort [wort durch Strauch erg2nzt] her ouch sprichit: ›ich wil irweckin in den samin Davidis oder di frucht‹. der engil rurte in einer stu˚nde des dagis 79

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Daß auch Lienhart Peuger Ru¨ckverweise ku¨rzte, hat Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 200 f. herausgearbeitet. ¨ berlieferung der Pfeifferschen Eckharttexte, PBB 34 (1909), S. 307–420, hier Vgl. Adolf Spamer, Zur U S. 344 f.; Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 268 f. Vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 209–213; ihm folgend DW IV,1, S. 208: »Von hohem Zeugniswert fu¨r die Echtheit der Predigt ist die Ru¨ckverweisformel als ich ouch meˆ gesprochen haˆn (Z. 38), die Eckhart im gleichen Sinnkontext auch in der Predigt 81 […] verwendet«. Zu den Wahrheitsbeteuerungen vgl. Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 215 und Anm. 26. ¨ bersicht in DW IV,1, S. 5. Vgl. die graphische U

Dialog der Varianten

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daz wazzir (Strauch, S. 8,36 f.). Diesmal l2ßt sich der stemmatische Ort der Ku¨rzung pr2ziser bestimmen: ein wort suln wir noch merken fehlt im ›Paradisus‹ und bei Nikolaus von Landau, w2hrend fu¨r den Rest des Textbeispiels ›Paradisus‹ und Nikolaus von Landau getrennte Wege gehen. ›Paradisus‹ Pr. 4: Wie pr2zise temporale Deixis im ›Paradisus‹ der Ku¨rzung zum Opfer fallen kann, zeigt ein Beispiel, das einem Ru¨ckbezug Eckharts auf seine eigene Lektu¨re entstammt: Aus diesem Ru¨ckbezug in der Predigt Quint 38 (DW II, S. 232,1 f.: Ich las niuwelıˆche in einem buoche) fehlt im ›Paradisus‹ genau niuwelıˆche.84 Diese Ku¨rzung temporaler Deixis macht diesen Beleg besonders aussagekr2ftig, da er nicht, wie vergleichbare, oben genannte Ku¨rzungen von nuˆ und niuwelıˆche, an die Ku¨rzung von Ru¨ckverweisen gebunden ist. Die Predigt Quint 38 ist schon deswegen interessant, weil sie das Motiv der Gottesgeburt in der Seele mit der Vorstellung vom ›Haupt der Seele‹ als vernu¨nfticheit verknu¨pft (DW II, S. 229,4–230,1; S. 233,1 f.). Die abschließende Gebetsbitte greift dieses Motiv der Gottesgeburt noch einmal auf: Daz wir gotes alsoˆ begern, daz er in uns geborn werden welle, des helfe uns got. Aˆmen (DW II, S. 245,10 f.). W2hrend in der Hs. O nur die letzten beiden Schlußworte durch ein etc. ersetzt sind, setzt die ebenfalls durch etc. markierte Ku¨rzung in H2 bereits nach dem zweiten daz ein. Mit dem Motiv der Gottesgeburt geht auch der entscheidende Bezug zu den als anwesend Angesprochenen (in uns) verloren. ›Paradisus‹ Pr. 15: Die Predigt Steer 90 ist in zwei Fassungen ediert. Die Fassung A repr2sentiert den ›Paradisus‹ und die ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau. Ein Vergleich mit der Fassung B l2ßt eine 2ußerst interessante und stabile Differenz in bezug auf temporale Deixis zutage treten, die hier ausfu¨hrlich dokumentiert sein soll. Die Predigt folgt nach dem Muster der Homilie dem Schrifttext Io 8,2: sedens docebat eos. »Den Hauptteil der Predigt bildet die Exegese von ›docens‹.«85 Dieser Hauptteil (Christus lehre, was er selber sei: verstantnisse) ist nochmals dreigeteilt: Es geht um viererlei Wissen, viererlei Vermo¨gen und im Zuge der Par2nese um viererlei Lehren. Die Darlegung der vierfachen kunst und wıˆsheit Christi (DW IV,1, S. 58,35 f.) hat in der B-Fassung die Einleitung Eyaˆ, nuˆ merket disiu wort mit vlıˆze. Diz sprichet ein hoˆher meister von den ku¨nsten (DW IV,1, S. 58,33 f.). Der Appell zur Aufforderung fehlt in der A-Fassung ebenso wie die Zitateinleitung. Die in dem Zeitadverb nuˆ angesprochene Gegenwart ¨ berraschende, spielt in der B-Fassung insgesamt eine bedeutder Sprechzeit, das ist das U same Rolle, w2hrend die entsprechende Deixis in der A-Fassung systematisch geku¨rzt bzw. redigiert zu sein scheint. Diese Differenz gewinnt dadurch an Brisanz, daß durch die Ku¨rzung nicht nur die Gegenwart als Sprechzeit und als Funktion der Situationalit2t der Predigt betroffen ist, sondern auch die Thematisierung der Gegenw2rtigkeit des Wirkens Gottes im nuˆ des Sprechens. Die Unterscheidung des vierfachen Wissens fehlt im Folgenden in der A-Fassung (vgl. DW IV,1, S. 59 f.); sie setzt erst wieder mit Unterscheidung der dem Wissen jeweils entsprechenden kunst bzw. vermu¨gentheit (DW IV,1, 84 85

Vgl. Lˆser, Predigt 19 [Anm. 51], S. 140 (Ru¨ckverweis in Quint Pr. 18 auf Quint Pr. 19). DW IV,1, S. 52.

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S. 60,79) ein. Daß Christus am go¨ttlichen Wissen teilhat und er deshalb erkennen kann, was der Vater getaˆn haˆt und nuˆ tuot und noch tuon sol (DW IV,1, S. 59,39 f.), fehlt in der A-Fassung ebenso wie die u¨berzeitliche Aktualit2t des zweiten, u¨bernatu¨rlichen Wissens: Doch waˆ sıˆn seˆle was, daˆ schouwete si got ane, als si hiute des tages tuot (DW IV,1, S. 60,62 f.). Doch argumentiert man hier auf sehr unsicherem Boden, da diese Stellen im Rahmen der gro¨ßeren Lu¨cke zu sehen sind. Im n2chsten Fall ist aber die Differenz erheblich pr2ziser zu bestimmen. Die A-Fassung setzt mit der Unterscheidung der dem vierfachen Wissen zugeordneten kunst (die B-Fassung spricht hier von vermu¨gentheit) wieder ein. Beide Fassungen benennen die eˆwige vu¨rsihticheit (DW IV,1, S. 61,82 f.) als das dem go¨ttlichen Wissen eigene Vermo¨gen. Damit erkennt Christus, so die B-Fassung, allez daz geschehen ist und nuˆ ist und iemer meˆ werden sol und noch geschehen mohte, ob er wolde und doch niemer ze liehte enkumet (DW IV,1, S. 61,83–86). Der A-Fassung fehlt genau der Bezug der go¨ttlichen Providenz zum nuˆ und damit zur Situation des Sprechens: Christus erkenne niht aleine daz daˆ ist und werden sol, meˆr: ouch allez daz, daz got vermohte, ob er wolde (2hnlich Nikolaus von Landau, s. DW IV,1, S. 43 [81]). Auch bei der zweiten kunst, der u¨bernatu¨rlichen Erkenntnis, fehlt an entsprechender Stelle genau dieses nuˆ: Mit diesem Vermo¨gen erkenne Christus allez, daz ie geschach und nuˆ ist und iemer meˆ geschehen sol (DW IV,1, S. 62,100–102). Der Text in der A-Fassung lautet hingegen: Christus erkannte allez, daz got ie geschuof und daz er noch schaffen wil (2hnlich Nikolaus von Landau, siehe DW IV,1, S. 43 [100]). Noch deutlicher wird diese Varianz im Fall des Erkennens, das Christus mit den Engeln gemeinsam hat; sie tragen in sich das Bild aller Dinge. Hierin – so die B-Fassung – erkennt Christi Seele alliu gegenwertigiu dinc und diu nuˆ werdent, aber diu niht, diu noch werden suln (DW IV,1, S. 64,117 f.). Genau die den Situations- und Gegenwartsbezug tragenden Worte gegenwertic und nuˆ fehlen in der A-Fassung: Christi Seele vernehme alliu gescheheniu dinc und niht diu geschehen suln (2hnlich Nikolaus von Landau, s. DW IV,1, S. 43 [107]). Nur ein ¨ bergang zu den viererlei Lehren, bleibt dieses nuˆ erhalten. Der einziges Mal, beim U Appell zur Aufmerksamkeit Nuˆ merket mit vlıˆze, waz er uns leˆrte mit disen ku¨nsten (DW IV,1, S. 66,130 f.) ist allerdings in der A-Fassung unperso¨nlicher formuliert: Nuˆ sol man merken, waz er uns leˆret mit disen ku¨nsten (2hnlich Nikolaus von Landau, s. DW IV,1, S. 43 [131]). Drei dieser Lehren werden stereotyp eingeleitet: Nuˆ merket, waz er uns leˆrte bzw. leˆret (DW IV,1, S. 67,151; S. 69,171; S. 70,187). In der A-Fassung fehlt wiederum jeweils der sprachpragmatisch dominante Imperativ nuˆ merket; hier heißt es (ebenfalls stereotyp): Waˆz leˆret er uns mit der […] kunst […]. Der Fokus verschiebt sich auf Kosten der appellativen Textfunktion auf den thematischen Aspekt – in der A-Fassung interessiert weniger die aktuelle Predigtsituation als die theologische Argumentation. Da auch die ›Sermones novi‹ diese Predigt enthalten, kann man vermuten, daß hier tats2chlich die Bearbeitung seitens des Redaktors des ›Paradisus‹ greifbar wird. Das soll allerdings nicht heißen, daß nicht schon die u¨berlieferte Fassung B »aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen anonymen Bearbeiter«86 zuru¨ckgeht. Schließlich ließe sich 86

DW IV,1, S. 46.

Dialog der Varianten

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innerhalb der A-Fassung weiter differenzieren: Dort heißt es in bezug darauf, was Christus uns mit dem u¨bernatu¨rlichen Vermo¨gen lehre, im edierten Text: Daˆ mite leˆret er uns, daz wir u¨bergaˆn allez daz natiurlich ist (DW IV,1, S. 67,152 f.). Die einleitenden Worte Daˆ mite leˆret er uns bieten Nikolaus von Landau und die B-Fassung identisch, w2hrend sie in O und H2 geku¨rzt sind.87 ›Paradisus‹ Pr. 16: Die Predigt Steer 91 ist vollst2ndig nur in der Londoner Hs. Lo4 u¨berliefert. Sie dient der Edition als Leithandschrift.88 Dieser Hs. steht eine Handschriftengruppe gegenu¨ber, zu der neben den ›Paradisus‹-Handschriften O und H2 auch eine Gruppe Melker Handschriften z2hlt, doch nur eine von ihnen, die Hs. ¨ berlieferungsbefund ist desMe2, bietet den Text in beachtlichem Umfang.89 Dieser U wegen aufschlußreich, weil er, folgt man dem abgedruckten Stemma,90 eine gemeinsame Vorstufe der Melker Handschriften und der Handschriften O und H2 zu sehen erlaubt. Inwieweit diese Vorstufe mit dem von Lˆser anvisierten umfassenderen, mitteldeutschen Predigtkomplex in Verbindung steht, den der ›Paradisus‹ in reduzierter Weise repr2sentieren ko¨nnte, muß dahingestellt bleiben. Es l2ßt sich aber eine in unserem Zusammenhang wichtige Ku¨rzung dieser Vorstufe benennen, die sich nicht auf personale Deixis, sondern auch auf den Unterweisungscharakter der Predigt bezieht. Von der Ku¨rzung sind aber nicht nur pragmatische Aspekte der Predigt betroffen, sondern eine fu¨r Eckhart kennzeichnende Wendung. Die entsprechende Passage lautet in der Edition: Ein meister sprichet, daz got die werlt und alliu dinc haˆt gemachet durch den menschen und den menschen durch sich. Ich wil ez im aber næher legen, daz er sich haˆt gemachet durch sich, und den menschen durch sich, und sich durch den menschen (DW IV,1, S. 84,6–8). Im ›Paradisus‹ lautet der entsprechende Text: fon dem erstin sprichit ein meistir: Got hait di werlint und alle di dinc di in der werlinde sint gemachit durch den menschen und den menschin durch sich (Strauch, S. 39,13–15).91 Die Ku¨rzung ko¨nnte man einerseits als Entsubjektivierung und als Verzicht auf Erl2uterung oder andererseits als Aussparung einer inhaltlich stark redundanten Aussage und somit als texto¨konomisch gerechtfertigtes Straffen auffassen. Doch geht Eckhart entscheidend u¨ber die Lehre des Meisters Petrus Lombardus92 hinaus. In den ›Sentenzen‹ des Lombarden geht es um die Positionierung des Menschen in der Mitte zwischen Welt und Gott: Positus est ergo homo in medio.93 Genau diese Positionierung hebt Eckhart auf, indem er durch Umkehrung eine chiastische Struktur erzeugt: Gott hat den menschen durch sich ›gemacht‹, hier folgt Eckhart den ›Sentenzen‹, um dann ein reziprokes Ver87

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Vgl. zu dieser Predigt jetzt Walter Haug, Predigt 72: ›Videns Iesus turbas‹, in: Lectura Eckhardi. Predigten Meister Eckharts von Fachgelehrten gelesen und gedeutet, Bd. 2, hg. von Georg Steer und Loris Sturlese, Stuttgart 2003, S. 111–137. Vgl. DW IV,1, S. 80. ¨ bersicht DW IV,1, S. 74. Vgl. die graphische U DW IV,1, S. 79. In dieser Fassung ist der Bezug zu dem ersten der drei voraufgehenden Punkte der Disposition, dem geschepfnisse aller creˆatuˆren, explizit. Vgl. DW IV,1, S. 84, Anm. 3. Zit. nach DW IV,1, S. 84, Anm. 3.

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h2ltnis aufzubauen: und sich durch den menschen. Dieser Gedanke der wechselseitigen Konstituierung anstelle der dienenden Unterordnung, wie ihn die ›Sentenzen‹ artikulieren, bleibt dem ›Paradisus‹ verschlossen. Es gibt einen 2hnlichen Fall, in dem die Ku¨rzung personaler Deixis mit der Streichung einer spezifischen theoretischen Weiterentwicklung eines Gedankens durch Eckhart verknu¨pft ist. Es geht um die Frage des Lohns; Lohn ist alles, was Gott ist und vermag. Ich stelle den Text des ›Paradisus‹ und den kritischen Text nebeneinander: Steer Pr. 91: Und ob alliu diu kraft, diu an allen seˆlen ist, geleget wære an eine seˆle, si enmo¨hte daz minste loˆn niht enpfaˆhen, daz von dem minsten werke komet, daz got geboten haˆt in der eˆwigen liebe, diu seˆle mu¨este zerglıˆten und sterben. Ich setze mıˆne seˆle ze pfande an dem ju¨ngesten tage ze der helle ze gebenne, daz diz waˆr sıˆ, daz ich nuˆ sprechen wil: ob alliu diu kraft aller seˆlen und aller engel und aller creˆatuˆren zemaˆle geahtet wære uˆf eine seˆle, si enmo¨hte daz minste loˆn eines guoten gedanken niht enpfaˆhen, der in der eˆwigen liebe gedaˆht wirt, si mu¨este zerglıˆten und zervliezen und sterben. (DW IV,1, S. 95,91–98)

›Paradisus‹ Pr. 16: ich spreche, daz alle sele mit allin urin creftin werin ein sele, si in mochte nicht inphahin noch irlidin daz lon daz fon deme minnisten werke gevellit daz Got gebodin hait in der ewigin minne, di sele inmuˆiste zuglıˆdin und forwerdin und zuflıˆzin. (Strauch, S. 41,24–27)

Die Argumentation nach dem kritischen Text: Wu¨rde die Kraft aller Seelen auf eine einzige Seele konzentriert, dann ko¨nnte sie doch nicht auch nur den geringsten Lohn empfangen, der von dem geringsten Werk kommt, das Gott geboten hat. Schon der geringste Lohn w2re zuviel fu¨r diese Seele: Sie mu¨ßte ›zergleiten‹ und sterben. Eine emphatische Wahrheitsbeteuerung leitet eine Steigerung ein, die in die N2he inkriminierter Aussagen fu¨hrt, in denen die Bedeutung 2ußerer Werke relativiert wird: Wenn die Kraft aller Seelen und dazu aller Engel und aller Kreaturen g2nzlich auf eine einzige Seele versammelt w2ren, reichte das nicht, um den geringsten Lohn aus einem guten Gedanken, der in der ewigen Liebe gedacht wird, empfangen zu ko¨nnen – diese Seele mu¨ßte ›zergleiten‹, zerfließen und sterben. Die entsprechende Ku¨rzung hat Lˆser als »Streichung des Gedankens durch den ›Paradisus‹-Redaktor«94 charakterisiert, der die Brisanz der Wendung von den guten Werken zu den guten Gedanken wohl erkannt habe, schließt aber ausdru¨cklich auch einen mechanischen Verlust durch Homo¨oteleuton-Lu¨cke nicht aus (solche Verluste hat Quint in großer Zahl in den Apparaten dokumentiert). In seinem Buch u¨ber ›Meister Eckhart in Melk‹ hat Lˆser zudem glaubhaft gemacht, »daß Peuger in Melk eine Vorlage zur Verfu¨gung hatte, die den Text so u¨berlieferte wie Lo4«.95 Die

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Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn [Anm. 27], S. 215, mit zentralen Vergleichsstellen aus den Predigten und der Bulle. Lˆser, Meister Eckhart [Anm. 9], S. 90 f.

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parallelen Ku¨rzungen der Melker Gruppe scheinen also unabh2ngig vom ›Paradisus‹ entstanden zu sein. Um so eher du¨rfte fu¨r den ›Paradisus‹ ein mechanischer Verlust auszuschließen zu sein, wenn man annimmt, daß im ›Paradisus‹ die Passage im Ganzen ver2ndert ist. Die auff2llige Einleitung ich spreche daz w2re dann kein redaktioneller Zusatz: die Wahrheitsbeteuerung ist offensichtlich nicht g2nzlich geku¨rzt, sondern in der vo¨llig reduzierten Form des ich spreche daz an den Anfang der Passage gesetzt. Wie das Register zeigt, wurde diese Predigt fu¨r Meister Eckhart in Anspruch genommen; die Umstellung der Ich-Rede bindet aber eine Aussage an Eckhart, die nach der kritischen Ausgabe und somit nach Lo4 von Eckhart als revisionsbedu¨rftig eingestuft wurde. Ein solches Vorgehen, das nicht nur ku¨rzt, sondern Formeln der Selbstautorisierung verstellt, ist mit ›Entsch2rfung‹ noch zuru¨ckhaltend umschrieben. In einem weiteren Fall reicht temporale Deixis direkt ins Zentrum eckhartschen Denkens: Die Geburt des Sohnes vollzieht sich nicht in zeitlicher Einmaligkeit, sondern ereignet sich in jedem Augenblick neu: Dar umbe ist sıˆn geburt hiute alsoˆ niuwe, als doˆ ez sich eˆrste begunde (DW IV,1, S. 97,108). Der ›Paradisus‹ verst2rkt diese Aktualit2t der Sohnesgeburt noch: darumme ist sin geburt hude dissis tagis also nuwe alse du sich ez fon erst begonde (Strauch, S. 41,38 f.). Hier kann sich das ganze Potential der Deixis entfalten: Die Zeitangabe bezieht sich auf jede beliebige Sprechsituation, nicht auf eine historisch bestimmte Predigtsituation. Die Gegenwart dieses hiute ist stets gleich neu. ›Paradisus‹ Pr. 19 (Quint Pr. 7): Ausgehend von Os 14,4 konzentriert sich diese Predigt auf die Barmherzigkeit als das ho¨chste und reinste Wirken Gottes oberhalb von Liebe und Vernunft. Im ›Paradisus‹ sind betr2chtliche Ku¨rzungen vorgenommen, die uns noch im Zusammenhang mit der Problematik des Rangstreites von Erkenntnis und Liebe besch2ftigen werden. Betrachtet man jedoch die umfangreichste dieser Ku¨rzungen genauer, sto¨ßt man auf einen in diesem Zusammenhang aufschlußreichen Umstand. Ich zitiere den im ›Paradisus‹ geku¨rzten Text nach der Ausgabe Quints: Ich spriche: noch bekantnisse noch minne eneiniget niht. Minne nimet got selben, als er guot ist, und entviele got dem namen gu¨ete, minne enku¨nde niemer vu¨rbaz. Minne nimet got under einem velle, under einem kleide. Des entuot vernu¨nfticheit niht; vernu¨nfticheit nimet got, als er in ir bekant ist; daˆ enkan si in niemer begrıˆfen in dem mer sıˆner gruntloˆsicheit. Ich spriche […] (DW I, S. 122,8–123,3). Auf diese Passage werde ich noch zuru¨ckkommen; hier gilt es zu bedenken, ob die Ku¨rzung dieser prominent gewordenen Stelle nicht dem keineswegs redundanten Inhalt gilt, sondern der doppelten Selbstpr2sentation des sprechenden Ich. ›Paradisus‹ Pr. 22 (Quint Pr. 43): Pr2zise ist die Tilgung personaler Deixis auch in einem anderen Fall zu beobachten. Thematisch befinden wir uns wieder bei der Streitfrage, ob die Seligkeit eher an der vernu¨nfticheit oder am willen liege. Nachdem Eckhart die Meister anfu¨hrt, die sælicheit in vernu¨nfticheit (DW II, S. 329,7) suchten, f2hrt er fort: Ich spriche: sælicheit enliget noch an vernu¨nfticheit noch an willen, meˆr: dar obe, daˆ liget sælicheit, daˆ sælicheit liget als sælicheit (DW II, S. 329,7–330,1). Es u¨berrascht nicht: Im ›Paradisus‹ fehlt exakt diese selbstbewußte Abgrenzung Eckharts, ich spriche,

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mit der er die These, daß sælicheit eben weder an Vernunft noch an Wille liege, als seine eigene These herausstellt. ¨ berlieferungslage ›Paradisus‹ Pr. 24 (Quint Pr. 20B): Eine besonders verwickelte U weist die Predigt u¨ber das Gastmahl auf (Lc 14,16); Quint edierte zwei Fassungen. Auch diese Predigt bietet ein Beispiel fu¨r die gezielte Ku¨rzung einer metakommunikativen Lußerung (ich zitiere wieder nach Quint): Alsoˆ eigenlıˆche nimet diu kraft des heiligen geistes daz luˆterste und daz kleineste und daz hœheste, daz vu¨nkelıˆn der seˆle, und treget ez alles uˆf in dem brande, in der minne, als ich nuˆ spriche von dem boume (DW I, S. 344,9–12). Das temporale nuˆ stellt in diesem Fall eine kataphorische Proform dar, die auf das Folgende vorausweist.96 Im ›Paradisus‹ fehlt der als-Satz (vgl. Strauch, S. 57,33); die Konjunktion als wird zum Vergleichspartikel alse, womit der Anschluß an den folgenden Satz hergestellt wird. Nikolaus von Landau bietet die entsprechende Passage in seiner Predigt ›Imposuerunt illi‹:97 Die Text2nderung kann also einer Textstufe zugeschrieben werden, auf die sowohl die ›Paradisus‹-Handschriften als auch Nikolaus von Landau zuru¨ckgehen. Die Postille Hartwigs von Erfurt hingegen, die bei dieser Predigt in enger Verwandtschaft zu den ›Sermones‹ des Nikolaus von Landau wie zum ›Paradisus‹ zu sehen ist,98 stu¨tzt hingegen den kritischen Text. ›Paradisus‹ Pr. 28 (Quint Pr. 70): Von dieser Predigt und ihren Ku¨rzungen, besonders der Ru¨ckverweise, war bereits mehrfach die Rede. Sie spielt in der Debatte um die Frage, worin der Kern der sælicheit liege, eine große Rolle. Temporale Deixis (niuwelıˆche) weist der geku¨rzte narrative Einschub auf, der den Auftritt eines hohen Klerikers schildert: Ein groˆzer pfaffe kam niuwelıˆche ze Parıˆs, der was daˆ wider und ruofte und donte gar seˆre (DW III, S. 188,2 f.). Die ganze Ku¨rzung (DW III, S. 188,2–6) faßte Quint, so die entsprechende Kennzeichnung im Apparat, als Homo¨oteleuton-Lu¨cke auf. Unabh2ngig davon paßt diese Ku¨rzung in das Profil eines Adaptationsprozesses, dem situationsindizierende Elemente zum Opfer fallen. – Eine weitere Bearbeitung personaler Deixis fu¨hrt in das thematische Zentrum dieser Predigt. Das der Predigt zugrunde liegende Schriftwort Io 16,16 (modicum et non videbitis me) legt Eckhart in vierfacher Weise aus. Der dritte sin zielt auf die unvermittelte und bildlose Gotteserkenntnis der Seele: Das ›Kleine‹ (modicum), das der Schau entgegensteht, sind Bilder und Mittel der Erkenntnis. Nachdem Eckhart diesen Bedingungszusammenhang allgemein ero¨rtert hat, wechselt er in die Ich-Rede: Sol ich ouch got bekennen, daz muoz geschehen aˆne bilde und aˆne allez mittel (DW III, S. 194,11 f.) Im ›Paradisus‹ lautet der 96

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In der Parallelfassung lautet die Entsprechung: Ein glıˆchnisse wil ich sprechen (DW I, S. 329,5). Sprachliche Bilder bezeichnet Eckhart vornehmlich als glıˆchnisse, so Wilde, Das neue Bild [Anm. 59], S. 33, S. 68 und Anm. 7: »In den Predigten des ›Paradisus‹ u¨brigens macht Eckhart u¨berdurchschnittlich h2ufig vom Begriff glıˆchnisse Gebrauch.« In diesem Fall dient glıˆchnisse konkret als Lquivalent fu¨r exemplum, wie auch beispielsweise in der Predigt ›Paradisus‹ 58: daz nehiste glichnisse daz man vinden kan, daz ist lip und sele (Strauch, S. 124,31 f.). Entsprechend spricht Sermo XI vom Exemplum in unione corporis et animae (Sermo XI n. 117, LW IV, S. 111,3). Vgl. DW I, S. 340; Zuchhold, Sermone [Anm. 25], S. 113. Vgl. DW I, S. 340.

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Text: sal di sele Got bekennen, daz muz geschehin an alliz mittil (Strauch, S. 63,33 f.). Ganz gezielt ist das ich durch di sele substituiert. Von dieser Substitution ist der spezi¨ bergang in inzitative Rede betroffen, die den Rezipienten der Predigt u¨ber ein fische U exemplarisches, allgemeines Ich und u¨ber das kollektive Wir in die Position des Sub¨ bergang wird im ›Paradisus‹ durch die beschriebene jekts der Aussage einsetzt. Dieser U Substitution allerdings nur verzo¨gert. Die folgenden Ausfu¨hrungen (DW III, S. 194,13–195,2: Sol ich got bekennen aˆne mittel und aˆne bilde und aˆne glıˆchnisse, soˆ muoz got vil naˆhe ich werden und ich vil naˆhe got) ko¨nnen auf die Ich-Rede nicht verzichten; die bildlose Gotteserkenntnis wird als Einswerdung beschrieben, in der Ich und Gott ganz nahe kommen und ich mit Gott wirke, daß ich in der Wirkeinheit mit Gott zugleich das wirke, daz mıˆn ist (DW III, S. 195,3).99 Diese exemplarische Ich-Rede beh2lt der ›Paradisus‹ ebenso wie den Schlußsatz dieses Abschnittes (DW III, S. 195,4f: Daz ist uns gar trœstlich, und enhæten wir niht anders, ez so¨lte uns reizen ze minnenne got) bei. ›Paradisus‹ Pr. 33 (Quint Pr. 9): Das vielleicht scho¨nste Beispiel fu¨r die Verschr2nkung der u¨berzeitlichen Aktualit2t des ewigen Nun mit der Gegenwart der Sprechsituation findet sich in der ›Quasi stella matutina‹-Predigt. Eckhart kommt von der Ungeteiltheit und Ganzheit der Seele auf die Ungeteiltheit der Zeit: Nime ich ein stu¨cke von der zıˆt, soˆ enist ez weder der tac hiute noch der tac gester. Nime ich aber nuˆ, daz begrıˆfet in im alle zıˆt. Daz nuˆ, daˆ got die werlt inne machete, daz ist als naˆhe dirre zıˆt als daz nuˆ, daˆ ich iezuo inne spreche, und der ju¨ngeste tac ist als naˆhe disem nuˆ als der tac, der gester was. (DW I, S. 143,7–144,3)100 Unverkennbar spielt Eckhart hier mit den Verwendungsmo¨glichkeiten des nuˆ als Bezeichnung fu¨r das jede Zeit u¨bersteigende nunc aeternitatis101 wie als deiktischer Verweis auf die eigene Sprechsituation. Doch auch innerhalb der Ich-Rede ist zu unterscheiden. Erstens steht ich exemplarisch fu¨r ein allgemeines ›man‹; es besitzt fo¨rmlich den Charakter eines Indefinitpronomens. Der Regelzusammenhang (nime ich ein stu¨cke von der zıˆt, soˆ enist ez weder der tac hiute noch der tac gester) verlo¨re nicht an Geltung, wenn man das ich durch ein entsprechendes Indefinitpronomen oder durch die bei Eckhart sehr beliebte Formel ein mensche ersetzte. Zweitens verweist ich deiktisch auf den Prediger selbst und damit (unabh2ngig von 99

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Die entsprechende Passage bei Pfeiffer lautet: Sol mıˆn seˆle got bekennen aˆne mitel, soˆ muoz daz von noˆt sıˆn, daz duˆ bıˆ ich sıˆst, und ich bıˆ duˆ (zit. nach DW III, S. 201,11 f.; zur Einsch2tzung der bei Pfeiffer gebotenen ›Fassung‹ der Predigt vgl. DW III, S. 182 f.). Der Text der Predigt nach der Nu¨rnberger Hs. N1 geht an dieser Stelle einen entscheidenden Schritt weiter, denn er spricht nicht nur von N2he und Beisein, sondern von Identit2t. Im Anschluß an den zitierten Satz (… und ich vil naˆhe got) heißt es in N1: Got muste ich hie werden vnd ich werden got (zit. nach DW III, S. 195). Vgl. Friedrich Ohly, Du bist mein, ich bin dein. Du in mir, ich in dir. Ich du, du ich, in: Ders., Ausgew2hlte und neue Schriften zur Literaturgeschichte und zur Bedeutungsforschung, hg. von Uwe Ruberg und Dietmar Peil, Stuttgart 1995, S. 145–176, hier S. 174, Anm. 120. Vgl. Quint Pr. 38 (›Paradisus‹ Pr. 4): Ich las niuwelıˆche in einem buoche – der ez gegru¨nden ku¨nde! –, daz got die werlt iezuo machet als an dem eˆrsten tage, doˆ er die werlt geschuof (DW II, S. 232,1–3). Quint vermutet wohl mit Recht, daß Eckhart hier das beru¨hmte XI. Kapitel der ›Confessiones‹ des Augustinus im Sinn gehabt habe. Etwa In Ioh. n. 214, LW III, S. 179,13–180,9.

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Mu¨ndlichkeit und Schriftlichkeit) auf die konkrete Sprechsituation. Dieses ich ist nicht durch einen indefiniten Ausdruck ersetzbar. Vor diesem Hintergrund ist der Text des ›Paradisus‹ ho¨chst aufschlußreich, denn er unterscheidet genau zwischen diesen beiden Verwendungsmo¨glichkeiten, insofern man eine pr2zise Ku¨rzung als Indiz fu¨r eine solche Unterscheidung gelten lassen will. Bleibt das durch einen indefiniten Ausdruck ersetzbare ich unangetastet, erfolgt im anderen Fall ein sauberer Eingriff: das nuˆ, daˆ ich iezuo inne spriche wird zum nu itzunt (Strauch, S. 73,27). Dadurch entf2llt der Relativsatz und iezuo (bzw. itzunt) wird zur n2heren Bestimmung des nuˆ. In dieser pleonastischen Form haben wir eine durch Ku¨rzung kreierte Konkretisierung des Nun der Sprechsituation: Es ist im Unterschied zum nunc aeternitatis das ›Nun jetzt‹. Eckhart spricht im Sermo XV,1 selbst vom nunc hodie (Sermo XV,1 n. 153, LW IV, S. 146,2) bzw. in der Predigt Quint 77 vom zu u¨bersteigenden nuˆ der zıˆt (DW III, S. 335,8).102 So wie das nunc aeternitatis ein ›immer‹ impliziert, so das exemplarische Ich ein ›jeder‹, w2hrend auf der anderen Seite ich und nuˆ ihre referentielle Unbestimmtheit durch den Bezug zur Sprechsituation der Predigt verlieren. – An dieser Stelle ist auf eine umgekehrte Konstellation in der Lquivalenz von ich und verallgemeinerndem wer aufmerksam zu machen. Es geht um den einzigen Satz der Eckhartpredigten des ›Paradisus‹, der in der Bulle ›In agro dominico‹ aufgenommen ist: Secundus articulus. Quod deus non est bonus neque melior neque optimus; ita malo dico, quandocunque voco deum bonum, ac si ego album vocarem nigrum (Bulle art. 28, Appendix art. 2).103 Auch im ›Gutachten‹ ist die Ich-Form (ego) belegt; Eckhart hat diese Aussage verteidigt und damit zugleich ihre Form autorisiert. Die fragliche Stelle in dieser Predigt lautet: Wer daˆ spræche, daz got guot wære, der tæte im als unrehte, als ob er die sunnen swarz hieze (DW I, S. 148,6 f.). In der wer-der-Form ist der Satz auch in OH2 u¨berliefert.104 In der Nu¨rnberger Hs. N1 fehlt interessanterweise genau dieser inkriminierte Satz. Quint konnte an dieser Stelle bei der Textkonstituierung nur auf den Basler Taulerdruck (BT), auf OH2 und die Hs. B6 zuru¨ckgreifen. Die Handschrift B6 bietet eine u¨berraschende Variante dieses Satzes: Ic spreke also onrecht wanneer ic got goet heit als of ic die sonne wit of swart hiet. Mir geht es nicht darum, daß hier offensichtlich zwei Dinge vermischt werden, n2mlich daß es erstens falsch w2re, die Sonne schwarz und zweitens Weißes schwarz zu nennen.105 Mir geht es um die Ich-Rede in B6: Sollte sie ¨ berlieferung in Ersetzung des verallgemeinernden Relativpronomens im Zuge der U eingefu¨gt worden sein? Oder haben wir hier Spuren des ›authentischen‹ Textes vor uns, wie er auch in den lateinischen Parallelen bezeugt ist?

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Vgl. den ausfu¨hrlichen Kommentar Largiers in EW I, S. 999–1004. Acta Echardiana Nr. 65, LW V, S. 599,93 f. Nach dem ›Paradisus‹: der da spreche daz Got guit were, der redete ume also unrecht alse ob her di sonnen hize blech oder swarz (Strauch, S. 74,29 f.). Ruh u¨bersetzt: »Wer da sagt, Gott sei gut, der t2te ihm ebenso unrecht, wie wenn ich [!] die Sonne schwarz nennen wu¨rde«. (Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 278) Vgl. dazu wiederum DW I, S. 148, Anm. 3.

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Ein Beispiel fu¨r die besonders intensive Verwendung personaler Deixis bietet schließlich ein Satz, mit dem Eckhart die monothematische Struktur seiner Predigten hervorhebt. Nachdem er im Zuge der Wort-fu¨r-Wort-Auslegung sich dem quasi des Schriftwortes Quasi stella matutina in medio nebulae (Sir 50,6) zugewendet und dieses quasi in der Terminologie der schuole als bıˆwort klassifiziert hat, f2hrt Eckhart im emphatischen Ton (insofern Emphase eine Form der brevitas darstellt) fort: Diz ist, daz ich in allen mıˆnen predigen meine (DW I, S. 154,8 f.). Die ›Schlu¨sselpredigt‹ des ›Paradisus‹ ist insgesamt stark vom Hervortreten des sprechenden Ich gepr2gt. Aber an dieser Stelle, an der das Pronomen allein auf Eckhart selbst verweist und jeder Allgemeinheit entbehrt, also nicht mehr als Platzhalter bzw. Substituens fu¨r jeden anderen denkbaren Prediger dienen kann, kommt es zur Auslassung. Man wird nicht zuletzt eine solche Auslassung mitbedenken wollen, wenn es um die Funktion des ›Paradisus‹ geht. Wenn man es als Erinnerungsbuch auffassen wollte, das Eckhart gewidmet ist, dann stellt es eine Form der Erinnerung dar, in der die ›authentische‹ Rede gebrochen ist: An die Stelle der Selbstinszenierung des Predigers tritt die Inszenierung der Predigt als Zitat in einem nicht eine Situation abbildenden, sondern sie ermo¨glichenden Text, den die Sammlung selbst darstellt. ›Paradisus‹ Pr. 34 (Quint Pr. 32): Die Zwischenstellung des Menschen zwischen Zeit und Ewigkeit ist thematischer Ausgangspunkt dieser Predigt.106 Insofern die Seele mit ihren obersten Kr2ften Gott beru¨hrt, ist sie als Bild Gottes dem Bild gleich, das Gott von sich selbst ist. Die Seele, so folgert Eckhart mit Augustinus, steht so hoch u¨ber allen geschaffenen Dingen, daß nichts Verg2ngliches in sie eintreten ko¨nne ohne Vermittlung (DW II, S. 137,4: aˆne underscheit)107 und ohne Boten: die Sinne. Ihre Disziplinierung, die fu¨r die monastische Kultur von großer Bedeutung ist, scheint Eckhart jedoch relativieren zu wollen. Zwar fordert auch er, der Mensch solle sorgf2ltig seine Augen ›hu¨ten‹, damit sie nichts hineintragen, was der Seele sch2dlich sei. Doch f2hrt Eckhart fort: Ich bin des gewis: swaz der guote mensche sihet, des wirt er gebezzert (DW II, S. 138,5 f.). Denn sehe der Mensch Schlechtes, danke er Gott, daß er ihn davor bewahrt habe, und bitte fu¨r den, an dem das Schlechte ist, daß Gott ihn bekehre. Sehe der Mensch hingegen Gutes, wu¨nsche er ohnedies, daß es an ihm selbst vollbracht werde. Es ist das erste Mal in dieser Predigt, daß sich der Sprecher in der Ich-Form zu Wort meldet. Die Textdifferenz zum ›Paradisus‹ ist signifikant; in seiner Fassung der Predigt ist genau dieses ich ersetzt, wenn es heißt: daz ist gewis: waz der gude mensche sihit, des wirdit he gebezzerit (Strauch, S. 78,17 f.). Es geht Eckhart in der Tat um eine eigene Deutung des Sehens vor dem Hintergrund der Kritik falsch verstandener Disziplin und Askese: Diz sehen sol zwivalt sıˆn: daz man abetuo, daz schedelich sıˆ, und daz wir zuobu¨ezen, des uns gebrichet (DW II, S. 139,1 f.). Nicht die Kontrolle des Blicks ist sein Thema, sondern die Beurteilung des Gesehenen; ein 106

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Vgl. die Predigt Steer 95, DW IV,1, S. 180 f., Anm. 5. Zur Quellenfrage vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 68, Anm. 111. Vgl. DW II, S. 137, Anm. 3.

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wichtiger Schritt in der Geschichte der Visualit2t. Eckhart zielt nicht auf das Sehen als Sinneswahrnehmung und optische Vermittlung, als Bote, sondern auf das Sehen, insofern es bereits verbunden ist mit Akten des Unterscheidens und Urteilens. Die bereits dargestellte Ku¨rzung des nun folgenden Ru¨ckverweises Ich haˆn ez ouch meˆ gesprochen ¨ bungen wie Fasten und Wachen ein(DW II, S. 139,2), der die Kritik klo¨sterlicher U leitet, liegt auf eben dieser Linie: An die Stelle der Selbstautorisierung einer dezidierten Abgrenzung und Umdeutung tritt der als unperso¨nliche Gewißheit inszenierte Anspruch auf Wahrheit der Aussage. Nicht ver2ndert wird jedoch sp2ter eine Mutmaßung: Ein Ich wæne (DW II, S. 143,5) bleibt unangetastet. ›Paradisus‹ Pr. 37 (Steer Pr. 93): In ganz 2hnlicher Weise ist eine Ku¨rzung in der folgenden Eckhartpredigt des ›Paradisus‹ aufzufassen, in der in besonderer H2ufung Augustinus namentlich zitiert wird. Eckhart bietet hier eine feinsinnige Argumentation zur Suche nach Ruhe. Wie die Taube zur Arche Noah zuru¨ckkehrt, weil sie kein Land fand, so kehrt auch die vernu¨nftige seˆle (DW IV,1, S. 128,39)108 zu ihrem Scho¨pfer zuru¨ck. Als ›Taube‹ ist aber auch die Seele im Hohenlied bezeichnet; damit ist Minne und deren Ziel, die gu¨ete, Thema: Diu seˆle enminnet ouch niht dan gu¨ete von natuˆre. Dar umbe spriche ich und ez ist waˆr: ein ieglich mensche trete mit verstantnisse in sıˆn herze, er vindet, daz er niht liep enhaˆt dan volkomene gu¨ete. (DW IV,1, S. 129,42–44)109 Verstantnisse ist hier nicht der Minne u¨bergeordnet, sondern die Wahrheit erstrebende Erkenntnis wirkt mit der einigenden Kraft der Minne gemeinsam und findet darin Ruhe: Suoche got, er ist beide waˆrheit und gu¨ete (DW IV,1, S. 130,53).110 Die Version des ›Paradisus‹ gewinnt ihr Profil vor dem Hintergrund der Diskussion um den Vorrang von Erkenntnis und Liebe, Wille und Vernunft. Wieder ist die Selbstautorisierung geku¨rzt: di sele inminnit auch nicht fon nature dan gude. ez ist war, ein iglich mensche trede mit fornuftikeit in sin herze, he vindit daz he nicht minnet dan vollincumene gude. (Strauch, S. 84,34–36)111 Der Versuch Eckharts, das Wirken von Erkenntnis und Liebe auszugleichen, steht im Kontrast zur Position des Giselher von Slatheim, der in ›Paradisus‹ Pr. 41 vehement gegen die Meinung eines (wohl franziskanischen) Meisters zu Felde zieht, die Vereinigung im ewigen Leben sei ein gro¨ßeres Verdienst der Minne als der Vernunft. Sein drittes Gegenargument greift dasselbe Theorem auf, das Eckhart heranzieht, weist es aber entschieden zuru¨ck: daz dritte: ›minne einigit me dan fornuft‹, sprichit der meister. daz nimit he fon sente Dyonisius worte, der da sprichit daz minne si ein eininde craft und ein saminde craft allis gudis, di da einit den de da lib hait, mit deme daz he lib hait und meinit, daz si alzumale ein werdin. dit sprichit disir meistir. 108 109

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Zum Terminus vgl. DW IV,1, S. 128, Anm. 17. Vgl. Nikolaus von Landau: Die sele su˚chet auch gu˚de und minne von naturen. Es ist eine gantze warheit. ein iegelich mensche trede in sin hertze und in sin verstentnu˚sse. er vindet daz er lieber hat. danne vollen kommene gu˚de. (zit. nach DW IV,1, S. 106 [42]) Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 141 f. (»De kracht van de liefde: verheffing en eenwording«). Der Vergleich mit der Taube der Arche findet sich auch in der Predigt ›In omnibus requiem quesivi‹ des Johannes Franke, ›Paradisus‹ Pr. 35 (Strauch, S. 81,10 f.).

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dit enist alzumale nicht also. minne inmeinit des nicht. ez inist urre nature nicht, ez inist nicht in si geplanzit. si inmac ez nicht gewollin: so muiste ich min wesin forlisin, des inmeinit minne nicht. (Strauch, S. 92,15–22)112 Giselher relativiert die einigende Kraft der Minne, indem er sie allein auf daz guit (Strauch, S. 92,22) bezieht, worin Liebender und Geliebter eins werden, w2hrend die Vernunft mit dem, was sie erkennt, g2nzlich eins werde: nu spreche ich aber, fornuft gemeinit weder ur noch ume, mer si wirt genzlichin ein mit deme daz si kennit (Strauch, S. 92,24 f.). Wenn auch die Sammlung keinen Zweifel an der grunds2tzlichen Differenz zwischen Dominikanern und Franziskanern in Fragen der Einigung und Gottesschau l2ßt, so bietet sie doch auch innerhalb des dominikanischen Lagers durchaus heterogene Meinungen. Nachweisliche Eingriffe bis hin zu direkten Umkehrungen, darauf wird noch zuru¨ckzukommen sein, ko¨nnen nicht u¨bersehen lassen, daß eine Einebnung jeglicher Unterschiedlichkeit keineswegs stattgefunden hat. Die beiden folgenden Predigten im ›Paradisus‹, die Predigt Nr. 38 ›Diliges dominum deum tuum‹ (Mt 22,37) Albrechts von Treffurt und die Predigt Nr. 39 ›Maiorem hac dilectionem‹ (Io 15,13) Giselhers von Slatheim, ko¨nnen geradezu als Predigten u¨ber die Liebe gelten.113 ›Paradisus‹ Pr. 46 (Steer Pr. 95A): Die Predigt ›Beatus homo qui invenit sapientiam‹ (Prv 3,13) enth2lt einen Rat, der sich auf die Suche nach innicheit bezieht. Man wird an die Diskussion um die vita activa und die vita contemplativa denken wollen, wenn ein werk als Hindernis von innicheit verstanden wird: Mıˆn raˆt ist, daz man vor und naˆch innicheit suoche, und swenne man ein werk tuon welle, daz man daz redelıˆche tuo. Wolte ein prediger innicheit suochen an der predige, er mo¨hte sıˆne rede niht wol getuon. Mir genu¨eget wol, daz ich halb alsoˆ vil innicheit hæte in der predige, als ich haben mac, als ich si bedenke. (DW IV,1, S. 183,70–77) Dieser Rat fehlt in der B-Fassung; die Herausgeber schließen nicht aus, daß es sich um eine Interpolation des A-Redaktors handelt.114 Den Predigern wird empfohlen, vor und nach der Predigt innicheit zu suchen, sich aber beim Predigen nicht auf die ›Ruhe des Herzen‹, sondern ganz auf das werk, die Predigt, zu konzentrieren. Dieser Rat klingt in der Tat wie eine Korrektur einer reinen Verinnerlichung, die sich wiederum als Kritik an einem sich in ›2ußeren Werken‹ und aszetischen Praktiken erscho¨pfenden Klosterleben verstanden hatte. Die A-Fassung vereinigt die Melker Gruppe, die Londoner Hs. Lo4 und den ›Paradisus‹. Dessen Handschriften bieten aber einen stark geku¨rzten Text: Die Konkretisierung des allgemeinen Rates auf die Predigt fehlt ihnen ebenso wie die diesen Punkt abschlie112 113

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Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 36, Anm. 83. Der Eintrag zu ›Paradisus‹ Pr. 38 in der Tabula lautet nach dem Schriftwort: hi lerit brudir Albracht von Driforte der lesemeistir von drigirleige minne, di di sele habin sal zu unsime herrin Ihesu Christo (Strauch, S. 4,32 f.). Zur folgenden Predigt lautet der entsprechende Eintrag nach dem lateinischen Schriftwort: hi bewisit brudir Gisilher der lesemeistir dri edilkeit der libe for allin creftin (Strauch, S. 4,35 f.). In bezug auf die Freiheit spricht Giselher explizit von einem Vorzug der Minne: Die Minne w2hle frei, w2hrend sich die Erkenntnis von der Wahrheit gefangen nehmen lasse (vgl. ›Paradisus‹ Pr. 39, Strauch, S. 88,33–89,5). Einschr2nkend betont Giselher jedoch, daß diese Freiheit zum Schaden gereiche, insofern sich die Minne nicht von der Weisheit leiten lasse. Vgl. DW IV,1, S. 183, Anm. 9.

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ßende Bemerkung des Sprechers. Ob sich die Ich-Rede auf Eckhart bezieht oder auf einen anonymen Redaktor: Erneut ist die explizite Markierung der Sprecherposition und damit die Spur einer deiktisch anvisierten Redesituation im ›Paradisus‹ einer Ku¨rzung zum Opfer gefallen. Eine besonders dichte Indizierung von Situationalit2t bietet die B-Fassung der Predigt Steer 95 im Kontext der Frage nach der Bindung des Menschen an seine Natur, w2hrend Gott u¨ber alle natuˆre (DW IV,1, S. 188,152) ist, so daß er – im Sinne der Konvertibilit2t der Transzendentalien – mit verschiedenen Namen bezeichnet werden kann. Im Unterschied dazu ist der Mensch in der von Gott geschaffenen Natur beschlossen: Sein aktuelles Sein im Hier und Jetzt kennt keine Alternative: Ich staˆn iezunt hie, ich enbin niht ein lewe (DW IV,1, S. 188,145 f.). Nicht um die Markierung einer einmaligen Predigtsituation geht es, sondern um die allgemeine Bindung an die Natur und damit an die Existenz in Raum und Zeit. Und doch liegt die Signifikanz dieser Bindung in der thematisierten Gegenwart des sprechenden Ich: Der Prediger wird zum Exempel seiner eigenen Predigt. Diese Passage fehlt insgesamt in der A-Fassung, so daß keine Ru¨ckschlu¨sse auf eine spezifische Bearbeitung des ›Paradisus‹ mo¨glich sind. 3.3 Markierte Ku¨rzungen, Latinisierungen, Zitateinleitungen, Exempla Im Zuge der untersuchten Transformation sind weitere Textbewegungen zu beschrei¨ berlieferung ben, die u¨ber diesen konkreten Fall hinaus spezifisch fu¨r die schriftliche U volkssprachiger Predigten zu sein scheinen. Um diese Untersuchung nicht weiter anschwellen zu lassen, beschr2nke ich mich auf einige wenige Beispiele. Sie lassen deutlich werden, daß mit der Inkorporierung der Eckhartpredigten in ein Predigthandbuch die Volkssprachlichkeit der Texte eine Bedeutungsverschiebung erf2hrt. Ein Text macht in der Regel nicht zum Problem, daß er in der Sprache verfaßt ist, in der er verfaßt ist. So ergeht es auch den deutschen Predigten Eckharts, die ihre Sprache handhaben, ohne diese Handhabung zu reflektieren oder zu kontrastieren. Eine Ausnahme bilden die Schriftworte, deren Bedeutung sicherlich eine ganz eigene Aufmerksamkeit verdienten, bilden sie doch die Bru¨cke zur liturgischen Verankerung der Predigten.115 Diese scheinbare Selbstverst2ndlichkeit – wir wissen, daß es um die Volkssprachlichkeit der Predigten nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Inkriminierung Diskussionen gab116 – verliert ihre Geltung in dem Moment, wo die Predigten in den Gattungskontext einer Predigtsammlung eingebracht werden, dessen Regeln von der Anlage bis zur Tabula der lateinischen Schriftkultur verpflichtet sind. Die Predigt, die sich der Volkssprache bedient, um sich an ein Publikum zu wenden, das des Lateinischen unkundig ist, kehrt wieder in die Sph2re lateinischer Wissensaufbereitung zuru¨ck, 115

116

Lateinische Schriftworte finden sich im Rahmen von untergliedernden Dispositionen auch innerhalb einzelner Predigten, z. B. in der Predigt Steer 87, DW IV,1, S. 2647 f.: Et in caritate perpetua dilexi te (Ier 31,3) und DW IV,1, S. 26,50: vere languores nostros ipse tulit (Is 53,4). Vgl. Burkhard Hasebrink, Grenzverschiebung. Zur Kongruenz und Differenz von Latein und Deutsch bei Meister Eckhart, ZfdA 121 (1992), S. 369–398.

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von der sie ihren Ausgang nahm. Vereinzelte Latinisierungen, die Strauch in einem eigenen kleinen Register zusammenstellte, bilden keine isolierten Einsprengsel, sondern sind Indikatoren eines grunds2tzlich lateinischen Denk- und Darstellungskontextes – die Volkssprache wird zum Zitat konserviert. Mit meinem ersten Beispiel greife ich u¨ber das Corpus der Eckhartpredigten hinaus. Es stammt aus der Predigt ›Paradisus‹ 3 Hanes des Karmeliten. Diese Predigt ist auch in den ›Sermones novi‹ des Nikolaus von Landau u¨bernommen, so daß wir im detaillierten Vergleich das Profil des Textes aus OH2 herausarbeiten ko¨nnen. Ich gehe dabei von der Voraussetzung einer engen Verwandtschaft zwischen dem Text bei Nikolaus von Landau und dem Text in OH2 aus. Die entsprechende Passage lautet in den ›Sermones novi‹: ›Sermones novi‹: S. Augustinus sprichet: damide sie schauwet, domide smacket sie. und daz ist daz bilde, domide got die sele nach ime selber gebildet hat. Also det s. Paulus, do er in den dritten hymmel gezu¨cket wart und die heymelichekeit (godes) sach, wande domide er sach, domide horte er, und domide er horte, domide sach er. (Zuchhold, S. 45,3–14)

›Paradisus‹ Pr. 3: Augustinus: ›da si mide schowit, da mide smeckit si‹ et e contrario. und daz ist daz bilde da mide Got di sele noch ime selber gebildit hait. Alsus teit sente Paulus, du her in den dritten himmil gezuckit wart und sach di heimelichkeit Godis. wan da mide he sach, da mide horte he et e contrario. (Strauch, S. 12,36–13,3)

W2hrend im ersten Beleg der Formel et e contrario auch bei Nikolaus von Landau kein vollst2ndiger Text vorzuliegen scheint, l2ßt sich am zweiten Beispiel die Funktion dieser Formel genau rekonstruieren: Sie bezeichnet eine chiastische Figur der Umkehrung, wie sie in der mittelalterlichen Poetik als commutatio bekannt war.117 Die Umkehrungsformel et e contrario findet sich zudem in der Eckhartpredigt ›Paradisus‹ 57 (Quint Pr. 84). Die Seele, so argumentiert Eckhart in dieser Predigt, mu¨sse oberhalb ihrer Natur wirken, solle sie Gott begreifen, denn jedes Ding wirke sich selbst und damit gem2ß seiner Natur. Nicht die Seele begreife Gott, sondern der unermeßliche Gott, der in der Seele ist, der begreift Gott, der unermeßlich ist. Gott begreift Gott – die tautologische Formulierung als Ausdruck der reinen Selbstreferentialit2t go¨ttlichen Vollzugs. Eckhart illustriert diesen Gedanken vom Wirken gem2ß der eigenen Natur anhand eines in Frageform vorgebrachten Vergleichs: Warumbe enwu¨rket diu natuˆre des apfelboumes niht wıˆn, und warumbe enwu¨rket der wıˆnstock niht epfel? (DW III, S. 460,5 f.) Der ›Paradisus‹ formuliert: warum inwirkit di nature des aphilbaumis nicht wien et e contrario? (Strauch, S. 123,26 f.) Auch in diesem Fall wird die Figur der Gegenu¨berstellung bzw. der Umkehrung in der Wiederholung durch die Formel et e contario exakt bezeichnet. Das zweite Beispiel einer Latinisierung braucht nur kurz angesprochen zu werden; es betrifft die Abku¨rzung etc., fu¨r die in der lateinischen Pal2ographie verschiedene Ku¨rzel bekannt sind. Strauch hat diese Abku¨rzung nicht in sein kleines Register der »lateini117

Vgl. Burkhard Hasebrink, ein einic ein. Zur Darstellbarkeit der Liebeseinheit in mittelhochdeutscher Literatur, PBB 124 (2002), S. 442–465.

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schen Worte und Wendungen« mit aufgenommen,118 doch verdient sie in unserem Zusammenhang insofern Aufmerksamkeit, als sie nicht nur eine Ku¨rzung markiert und damit als gezielte Bearbeitung erkennbar werden l2ßt, sondern zudem auf ein spezielles Wissen rekurriert, das die zutreffende Auflo¨sung der Formel durch den Benutzer der Sammlung erlaubt. Besonders die Abku¨rzung der Gebetsschlu¨sse zeigt zudem, daß bei den Rezipienten die Kenntnis bestimmter schematisierter Predigtelemente vorausgesetzt wird.119 Als drittes Beispiel mag der lateinische Kurztitel eines Exemplums dienen, der sich in der Predigt des anonymen Barfu¨ßer-Lesemeisters, der Predigt ›Paradisus‹ 62, findet. Dieses Exemplum steht im Kontext der Selbstvernichtung des Menschen, der Gott erkennen soll: und ie he sich me irguzit uf Got, ie he me sich selber fornichtit und in ume me zu nichte wirt. wan wa ungliche dinc bi ein ander sint, da schinit ein iclich me an ume selbir. e xem p lu m d e a l b o e t n igr o. und wan ni nicht unglicher wart dan schepher und geschepnisse, darumme ie me ein Godis bekennit, ie me he an ume selbin fornichtit und forwirdit (Strauch, S. 132,1–6).120 Da das von Nikolaus von Landau montierte Textstu¨ck nicht das Exemplum enth2lt, lassen sich u¨ber dessen Herkunft keine Vermutungen anstellen. Es entspricht indes seinem Typ nach jener Indizierung eines Exempels, wie sie sich in den lateinischen Sermones Eckharts findet (z. B. Sermo LIV,2 n. 531, LW IV, S. 447,9: exemplum in oculo). Thematisch du¨rfte das Exemplum auf die vo¨llige Ungleichheit von Scho¨pfer und Scho¨pfung zielen, fu¨r die der in der Logik diskutierte kontr2re Gegensatz von Weiß und Schwarz zur Veranschaulichung herangezogen wird. Das Ausschlaggebende an dieser Opposition ist ihre Transponierung von der Ebene des sachlichen Gegensatzes des Kontr2ren auf die sprachlogische Ebene des Widerspruchs, auf dem der Schwarz-Weiß-Kontrast kontradiktorische Gegens2tzlichkeit anzeigen kann.121 Der lateinische Kurztitel exemplum de albo et nigro ruft also weniger passendes Anschauungsmaterial auf, sondern verweist vielmehr auf den epistemologischen Kontext der theologischen Spekulation u¨ber das Verh2ltnis zwischen Scho¨pfer und Gescho¨pf.122 In diesem Zusammenhang verdient auch ein nur scheinbar gegenl2ufiges Ph2nomen Beachtung: die Bearbeitung narrativer Exempla bzw. narrativer Darstellung. In der Predigt ›Paradisus‹ 48 (Quint Pr. 82) l2ßt sich eine solche Bearbeitung aufzeigen; sie steht im Zusammenhang mit der oben ausfu¨hrlich vorgestellten Ru¨cknahme personaler 118 119 120

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Strauch, S. 170. Hinzu kommen die Abku¨rzungen der Schriftworte; vgl. etwa: ›Paradisus‹ Pr. 19, Strauch, S. 46,35. Diese Predigt findet sich nach bisherigem Kenntnisstand nur in OH2 sowie mit einem Exzerpt bei Nikolaus von Landau (Zuchhold, Sermone [Anm. 25], S. 94–96). Vgl. Christoph Huber, Wort sint der dinge zeichen. Untersuchungen zum Sprachdenken der mittelhochdeutschen Spruchdichtung bis Frauenlob, Mu¨nchen 1977 (MTU 64), S. 125 f. Eckhart verwendet nicht selten swarz und wıˆz als Kennzeichnung von Ungleichheit und Gegensatz: Waz ist widersatzunge? Liep und leit, wıˆz und swarz daz haˆt widersatzunge, und diu enblıˆbet in wesene niht (Quint Pr. 8, DW I, S. 136,1 f.). Joch die obersten engel, in dem daz sie uˆfklimment und got ru¨erent, daz ist als unglıˆch wider dem, daz in gote ist, als wıˆz und swarz (Quint Pr. 53, DW II, S. 536,2–4). Als wıˆz und swarz underscheiden ist – ir einez enmac das ander niht gelıˆden, daz wıˆze enist niht swarz –, alsoˆ ist iht und niht (Quint Pr. 58, DW II, S. 615,7–9). Vgl. auch Wilde, Das neue Bild [Anm. 59], S. 257–260.

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Deixis.123 Es geht um die Vereinigung der Seele in Gott; dieser Seele entgleitet die Gnade und sie wirkt in Gott go¨ttlich: Quint Pr. 82: Daˆ wirt diu seˆle wunderlıˆche bezoubert und kumet von ir selber, als der einen tropfen wazzers gu¨zze in eine bu¨tten vol wıˆnes, daz si von ir selber niht enweiz und wænet, daz si got sıˆ, als ich iu ein mære sagen wil. Ein kardenaˆl vraˆgete sant Bernharten: ›war umbe sol ich got minnen und welche wıˆs?‹ Doˆ sprach sant Bernhart: ›daz wil ich iu sagen. Got ist diu sache, dar umbe man in minnen sol. Diu wıˆse ist aˆne wıˆse‹, wan got ist niht; niht alsoˆ, daz er aˆne wesen sıˆ: er enist weder diz noch daz, daz man gesprechen mac; er ist ein wesen ob allen wesen. (DW III, S. 430,4–431,3)

›Paradisus‹ Pr. 48: da wirdit di sele wondirliche bezobirit und cumit fon ir selber, alse der einen trophin wazzeris guze in eine budin vol winis, daz si fon ur selber nicht inweiz und wenit daz si Got si. ein cardenal fragite sente Bernhardin: ›warumme sal man Got minnen und wilche wis?‹ Bernhart: ›Got ist di sache, darum man un sal lip habin. di wise ist one wise, wan Got inist noch diz noch daz, daz man gesprechin mac, he ist ein wesin pobin alle wesin‹. (Strauch, S. 110,13–18)124

Mit diesem Beispiel habe ich bereits u¨bergeleitet zu einem weiteren markanten Eingriff, der Ku¨rzung von Zitateinleitungen. Auch hier verzichte ich auf ausfu¨hrliche Dokumentation.125 Hingewiesen hatte ich bereits auf die Substituierung der Zitateinleitung Nuˆ sprichet ein heidenischer meister (DW II, S. 220,2 f.) durch den gel2ufigen lateinischen ›Ehrentitel‹ Philosophus im ›Paradisus‹. Auffallend ist, daß das Attribut ›heidnisch‹ nicht selten geku¨rzt ist.126 Besonders markant ist dies in Predigt Quint 37. Hier heißt es: Sant Augustıˆnus sprichet – und mit im ein ander, heidenischer meister – von zwein antlu¨tzen der seˆle (DW II, S. 218,2–4). In der Predigt ›Paradisus‹ 21 lautet der entsprechende Text: Augustıˆnus sprichit fon zwein antlitzen der sele (Strauch, S. 51,31 f.). Der gezielte Hinweis auf den zitierten ›heidnischen‹ Meister, Avicenna, geht somit verloren. Insgesamt ist festzuhalten, daß analog zu lateinischen Predigtentwu¨rfen eine Reduktion stattfindet, die im Fall der Zitateinleitung oft nur den Namen der zitierten Autorit2t unangetastet l2ßt.127 123 124

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Vgl. Hasebrink, Studies [Anm. 40], S. 153 f. Zur Verwendung des beru¨hmten Bernhardzitats aus ›De diligendo Deo‹ I,1 (Diu wıˆse ist aˆne wıˆse) auch in der Predigt ›Paradisus‹ 33 vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 63. Als Beispiel verweise ich auf die Predigt Steer 90A, DW IV,1, S. 56,16: Ez sprichet ouch Albertus; dagegen ›Paradisus‹ Pr. 15, Strauch, S. 37,15: Albertus. In derselben Predigt DW IV,1, S. 63,108: Sant Dionysius der sprichet; dagegen Strauch, S. 38,2: Dyonisius. Ein Beispiel: Dar umbe sprichet ein heidenischer meister (Quint Pr. 9, DW I, S. 149,3), dagegen: darumme sprichit ein meister (›Paradisus‹ Pr. 33, Strauch, S. 74,32). Dieses Beispiel ist deswegen besonders sinnig, weil Eckhart in dieser Predigt systematisch von den ›heidnischen Meistern‹ zu den ›heiligen Meistern‹ fortzuschreiten gedenkt (vgl. DW I, S. 152,2–5). Ein anderes Beispiel: Ein heidenischer meister sprichet (Quint Pr. 20B, DW I, S. 346,3, nach dem ›Liber de causis‹, prop. 6); dagegen: ein meister sprichit (›Paradisus‹ Pr. 24, Strauch, S. 58,9). Vgl. auch die Varianten von OH2 zu Quint Pr. 70, DW III, S. 191,1 f.: Ez sprichet nochdenne ein heidenischer meister. Im Fall der Predigt Steer 95 unterscheiden sich die Fassungen A (der auch die Predigt ›Paradisus‹ 46 zuzurechnen ist) und die Fassung B in der Einleitung von sechs ›Dingen‹, die zur Weisheit fu¨hren. W2hrend die Fassung B diese sechs Punkte einem Meister zuschreibt (DW IV,1, S. 182,58–60: Ein meister wart gevraˆget, wie man komen sol ze der wıˆsheit. Under andern stu¨cken beschrıˆbet er sehs, diu der

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Burkhard Hasebrink

4. Vernunftthematik, Selbstreflexivit2t, Sohnschaft In der ausdauernd gefu¨hrten Diskussion um den ›Tod des Autors‹ kam es immer wieder zu dem Mißverst2ndnis, daß eine diskursanalytische Kritik am Autorkonzept sich selbst in die paradoxe Lage bringe, die doch unumsto¨ßliche Evidenz eines empirischen Autors bestreiten zu mu¨ssen. Man ko¨nnte diesen Einwand auf eine textgeschichtliche Untersuchung u¨bertragen, um auch hier auf die Notwendigkeit zu pochen, von empirischen Bearbeitern und Redaktoren ausgehen zu mu¨ssen, auch wenn ¨ berlieferung nicht mehr namentlich identifizieren sie sich hinter der Anonymit2t der U lassen. Eine diskursanalytische Untersuchung verfolgt jedoch ein anderes Ziel. Ihr geht es in erster Linie nicht um den empirischen Autor, Schreiber oder Redaktor, sondern um die Aufarbeitung eines Regelzusammenhangs, einer semantisch-symbolischen Ordnung, in der Instanzen wie ein Autor oder ein Redaktor selbst nur ein Element bilden. Wenn man von einem Autor als ›Ursprung‹ eines ›Werkes‹ ausgeht, stellt sich der Tradierungsprozeß zwangsl2ufig als Verwundung dar; eine kritische Edition macht sich dann zum Ziel, diese Verwundungen nach bestem Wissen zu heilen, um dem Text des Autors mo¨glichst nah zu kommen. Wenn ich im Folgenden versuche, Bear¨ berlieferung der Eckhartpredigten im ›Paradisus‹ abzuheben, dann beitungen aus der U nicht mit dem Ziel, analog zum Autor das spezifische Profil eines Redaktors bestimmen zu wollen, sondern mit der Absicht, im Dialog der Varianten ein Spannungsverh2ltnis sichtbar werden zu lassen, daß keine Verderbnis darstellt, sondern als Deutungshorizont den Texten von Anfang an inh2rent ist. Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, daß es im Zuge der Tradierung Formationsregeln zu geben scheint, die den ver2nderten Status der Texte, ihren neuen ›Sitz im Leben‹, betreffen. Analog dazu wird es auch bei der Frage nach Eingriffen in Aussage und Argumentation der Predigten weniger um die Unterscheidung zwischen ›authentischem Text‹ und ›Bearbeitung‹ gehen als vielmehr um die Ausfaltung eines Spektrums der Diskussion, die sich Fragen nach der mo¨glichen und wirkenden Vernunft, der Gnade, der Selbstreflexivit2t und nicht zuletzt nach dem Vorrang von Wille und Vernunft fu¨r die Vereinigung mit Gott widmet. Innerhalb dieser Diskussion muß man Positionen benennen und etwa vom ›Redaktor‹ sprechen, auch wenn man weiß, ¨ berlieferung eine Maske gibt, mit daß man damit bestimmten Knotenpunkten der U der Prozesse der Textmutation personifiziert werden. Beginnen mo¨chte ich mit der Erinnerung an einen der spektakul2rsten F2lle, den Lˆser bereits ausfu¨hrlich vorgestellt und kommentiert hat.128 Es handelt sich dabei

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mensche sol haben), lautet der Text in der Fassung A lapidar: Der ze dirre wıˆsheit komen sol, der muoz haben sehs dinc an im (DW IV,1, S. 182,59 f.). Die lateinische Vorlage, das ›Didascalicon‹ Hugos von St. Viktor (vgl. DW IV,1, S. 173 und S. 182, Anm. 8), ist in der B-Fassung zumindest anonym pr2sent. Vgl. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 58–60 (mit Hinweisen zu vergleichbaren Eingriffen bei Hermann von Loveia, Hane dem Karmeliten und Florentius von Utrecht). Der von Lˆser aus Predigt Quint 80 (›Paradisus‹ Pr. 59) angefu¨hrte Fall einer vernunftbetonenden Ku¨rzung ist insofern anders zu beurteilen, als zwar von der Aussage, Gott sei u¨berwesenlich und u¨berlobelich und u¨berredelich und u¨berverstentlich (DW III, S. 382,6 f.) u¨berredelich und u¨berverstentlich geku¨rzt werden, man hier aber eine

Dialog der Varianten

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um die Predigt Quint 60 ›In omnibus requiem quaesivi‹ (›Paradisus‹ Pr. 36), eine vermutlich sp2te Predigt, in der Eckhart eine Lehre vertritt, in der die Programmatik des ›Paradisus‹ geradezu in ihr Gegenteil verkehrt wird. Die Pariser Quaestionen Eckharts stehen fu¨r seine Orientierung an der Intellektualit2t. In der ersten Quaestio kehrt Eckhart das Verh2ltnis von Sein und Erkennen um; Gott erkennt nicht, weil er ist, sondern er ist, weil er erkennt. Erkenntnis wird damit zur Grundlage des Seins.129 Die dritte Quaestio, eine Quaestio des Gonsalvus Hispanus, enth2lt elf Gegenthesen Eckharts, in denen dieser sich gegen die franziskanische Position vom Vorrang des Willens vor der vernu¨nftigen Schau ausspricht.130 Um die gegenteilige Position in der Predigt u¨ber die Ruhe in ihrer argumentativen Funktion verst2ndlich werden zu lassen, referiere ich kurz den Gedankengang. Aus dem ›Proslogion‹ Anselms von Canterbury zitiert Eckhart vier Anleitungen, wie die Seele zur Ruhe gelangen ko¨nne.131 Der vierte Punkt fordert, daß die Seele in Gott ruhen solle (und nicht Gott in der Seele). Denn in der Seele vermo¨ge Gott sein Werk nicht zu wirken, da alles, was in die Seele kommt, von Maß umgriffen wird.132 Nicht die Erkenntnis, die selbst in der Seele durch Maß und somit durch Einschließung und Ausschließung begrenzt sei, sondern die Minne trete als oberste Kraft hervor, um die Seele mit der Erkenntnis und all ihren Kr2ften in Gott zu fu¨hren und sie mit Gott zu vereinigen. Man ko¨nnte sich fragen, wie Eckhart zu dieser Umdeutung und der These von dem Vorrang der Minne kommt. Sie ko¨nnte damit zusammenh2ngen, daß Eckhart sich hier an den Engelscho¨ren der Cherubim und Seraphim orientiert (vgl. DW III, S. 22,1 f.); Eckhart deutet ›Cherubim‹ hier als ›Erkenntnis‹ und offensichtlich ›Seraphim‹ als ›Liebe‹.133 Aber stellen wir das kurz zuru¨ck. Fu¨r unseren Kontext ist die von Lˆser aufgedeckte Bearbeitung ausschlaggebend: »Der Redaktor dagegen wahrt das Programm der von ihm angelegten Sammlung, manipuliert Eckharts Text, greift sinnver2ndernd ein, so daß wieder bekantnisse als oberste kraft erscheint.«134 So klar der Befund ist, so sehr l2ßt er aufhorchen. Denn der Redaktor manipuliert nicht einfach einen Text im Sinne der Sammlung, sondern er rekonstruiert damit eine Position, die Eckhart auch in einer vorausgehenden Predigt der Sammlung, der Predigt ›Paradisus‹

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134

Ku¨rzung zur Vermeidung von Rekurrenz in Betracht ziehen muß. Vgl. DW III, S. 380,2–4: Her uˆf sprichet ein heidenischer meister in dem buoche, daz daˆ heizet daz lieht der liehte: got ist u¨berwesenlich und u¨berredelich und u¨berverstentlich, daz natiurlich verstaˆn ist. Hier sind die Pr2dikate nicht geku¨rzt. Der ›Paradisus‹ spricht dieses Zitat aus dem ›Liber de causis‹ wiederum dem philosophus zu. Vgl. auch Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 126, Anm. 233. Vgl. Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 269–272. Vgl. ebd., S. 272 f. Vgl. DW III, S. 18, Anm. 2. Es folgt eine Definition von maˆze: Maˆze ist, daz etwaz inner im besliuzet und etwaz uˆzer im besliuzet (Quint Pr. 60, DW III, S. 21,4 f.). Mit Augustinus vergleicht Eckhart die bildlose Erkenntnis mit der Erkenntnis der Engel in der Predigt ›Paradisus‹ 51 (Quint Pr. 72, DW III, S. 242,4–243,6). In der Predigt ›Paradisus‹ 21 setzt Eckhart die vernu¨nfticheit insgesamt mit der obersten heˆrschaft der Engel, den Throˆni, Cherubıˆn und Seraphıˆn in ein Gleichheitsverh2ltnis (Quint Pr. 37, DW II, S. 216,6–217,5). Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 81, Anm. 41. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 35], S. 58.

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21, selbst vertreten hatte.135 Dieser Redaktor greift, wie immer deutlicher zu sehen ist, durchaus gezielt ein. Er bereinigt, entsch2rft, verschiebt. Aber er verf2lscht nicht. Wenn man u¨ber seine Motive spekulieren wollte, ko¨nnte man an dieser Stelle fragen, ob er hat glauben ko¨nnen, einen korrupten Text vor sich zu haben, den er bessert. Man ko¨nnte methodisch anders formulieren: Die Textdifferenz spiegelt unmittelbar eine Differenz bei Eckhart selbst, die in engem Zusammenhang mit der Engellehre steht und den Vorrang der Liebe aus der Position der Seraphim ableitet.136 In der Predigt ›Paradisus‹ 21 hatte Eckhart die Cherubim zu ›Erkenntnis‹ in Bezug gesetzt, die Seraphim aber nicht in traditionellem Sinne zu ›Liebe‹, sondern zur vernu¨nfticheit: Disen glıˆchet sich vernu¨nfticheit und beheltet got in ir (DW II, S. 217,3 f.). Von dieser Warte der Predigt ›Paradisus‹ 21 aus manipuliert der Redaktor nicht, sondern korrigiert. Ob er sich Gedanken gemacht hat u¨ber die Authentizit2t des ihm vorliegenden Textes? Die Frage nach spezifischen Textver2nderungen bei der Frage nach dem Verh2ltnis von Vernunft und Wille bzw. Liebe mo¨chte ich mit Blick auf die Gruppe der Predigten ›Paradisus‹ 19 bis 22 fortsetzen.137 Ein thematisches Band dieser Predigten stellt die Frage nach dem Verh2ltnis zwischen Erkenntnis und Wille dar. Die Predigt ›Paradisus‹ 19 (Quint Pr. 7) weist in OH2 eine Reihe von zumeist erl2uternden Plusstu¨cken gegenu¨ber dem kritischen Text auf.138 Vereinzelte Ku¨rzungen beschr2nken sich in den ersten zwei Dritteln des Textes, insofern sie nicht als Homo¨oteleuton-Lu¨cken anzusehen sind, auf rekurrente Textpassagen zumeist innerhalb eines Satzes. Thema ist die Barmherzigkeit: Gott wirke, so Eckhart, sein ho¨chstes Werk, die Barmherzigkeit, darin, daß er die Seele in das Ho¨chste setze. Ausgehend von I Io 4,16 wendet sich 135 136

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Vgl. Hasebrink, Studies [Anm. 40], S. 150. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 138–140, nimmt die Deutung von ›Cherubim‹ und ›Seraphim‹ als Ausgangspunkt fu¨r ihre Analyse und verweist auf den Sermo VI ›Deus caritas est‹, in dem Eckhart ebenfalls ausgehend von Ps 79,2 den Vorrang der Liebe lehrt (vgl. Sermo VI n. 52, LW IV, S. 51,1–5). Eine instruktive Interpretation dieser Eckhartpredigten bietet Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 88–94, wobei sie auch sehr sorgf2ltig die Textdifferenz zwischen dem kritischen Text und dem ›Paradisus‹ vermerkt. Ich knu¨pfe an diese Untersuchung an, lege aber den Schwerpunkt auf die Profilierung der Bearbeitung im ›Paradisus‹. Eckhart unterscheidet zwischen der Vereinigung im Sein und im Werk: Leib und Seele sind vereint im Sein, w2hrend die Seele und das Auge im Werk, im Sehen, vereint sind. Der kritische Text f2hrt an dieser Stelle fort: Alsoˆ haˆt diu spıˆse, die ich izze, ein wesen mit mıˆner natuˆre, niht vereinet an einem werke, und meinet die groˆzen einunge, die wir mit gote suln haˆn an einem wesene, niht an einem werke (DW I, S. 119,4–6). Das Essen ist ein Bild fu¨r die Transformation, die zur Seinseinheit fu¨hrt (vgl. Quint Pr. 20A, DW I, S. 331,8 f.: Bıˆ luˆterer waˆrheit! Diu seˆle tritet meˆ in got dan kein spıˆse in uns, meˆr: ez wandelt die seˆle in got). Die Fassung des ›Paradisus‹ pointiert diese Unterscheidung zwischen Wirkeinheit und Seinseinheit noch: aber di spise di ich ezze, di hait ein wesin mit mıˆnir nature, nicht foreinit an eime werke, mer foreinit an eime wesine, und meinit die grozin einunge di wir mit Gode sullin habin mit eime wesine, nicht mit eime werke (Strauch, S. 47,16–19). Im Sermo XI verweist Eckhart auf diesen Vergleich mit der bu¨ndigen Formel: Exemplum in unione corporis et animae (Sermo XI n. 117, LW IV, S. 111,3). Daran sei zu behandeln, daß die wahre Unio in einem von beiden Teilen reines Leiden erfordere. Genau das hatte man Eckhart vorgehalten (vgl. DW I, S. 119, Anm. 2) – die Fassung im ›Paradisus‹ nimmt davon nichts zuru¨ck.

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Dialog der Varianten

Eckhart dann dem eng mit dem ›Paradisus‹ verbundenen Thema des Verh2ltnisses von Minne und Erkenntnis zu. Der Liebe spricht er ab, die Seele mit Gott zu einigen, vielmehr binde sie zusammen, was bereits geeint sei. Die vernu¨nfticheit jedoch, das sagten die besten Meister, n2hme Gott entblo¨ßt, wie er reines Sein in sich selbst sei (vernu¨nfticheit und bekantnisse sind synonym gebraucht). Eckhart jedoch grenzt sich u¨berraschend ab (von dieser Stelle war im Kontext der ›Entsubjektivierung‹ bereits die Rede): Ich spriche: noch bekantnisse noch minne eneiniget niht (DW I, S. 122,8 f.). Die Liebe n2hme Gott unter einem Fell, unter einem Kleid und auch die Vernunft ko¨nne Gott nicht begreifen in dem Meer seiner Grundlosigkeit. Noch einmal betont Eckhart: Ich spriche: u¨ber disiu beidiu, bekantnisse und minne, ist barmherzicheit; daˆ wu¨rket got barmherzicheit (DW I, S. 123,3 f.). Zwar formuliert auch der ›Paradisus‹: uber dise beide ist barmherzikeit, uber bekentnisse und uber minne (Strauch, S. 48,15 f.),139 doch fehlt vo¨llig die Abgrenzung Eckharts und seine gravierende Kritik an der einigenden Macht des Intellekts, den Eckhart, wie das Folgende zeigt, ebenso wie den Willen hier als Seelenkraft versteht, die aus dem Grund der Seele ausbricht. Auch dieser Gedanke vom Ausbruch aus dem Grund der Seele fehlt im ›Paradisus‹. Was immer die Motive dessen gewesen sind, der diese Ku¨rzung vornahm: Die Relativierung der Erkenntnis, wie sie Eckhart hier vornimmt, tritt im ›Paradisus‹ nur abgeschw2cht zu Tage. Auch der Registereintrag zu dieser Predigt bekr2ftigt den hohen Stellenwert der Barmherzigkeit, ohne ihn aber explizit gegen die Vernunft zu setzen: hi bewisit meistir Eckart di sele di in Gode sin, und wi Got barmherzicliche mit un wirkit und wi sin barmherzikeit ist uber alle sine werc (Strauch, S. 2,28–30). Die Ku¨rzung erscheint als Umschrift, die zwar den Rang der Barmherzigkeit unangetastet l2ßt, zugleich aber den Eindruck vermeidet, dem Intellekt ko¨nne seine programmatische Vorrangstellung streitig gemacht werden. Den Vorrang der bekantnisse vor der minne thematisiert auch die Predigt ›Paradisus‹ 20 (von deren Ru¨ckverweisen und Beziehungen zur Predigt ›Paradisus‹ 21 bereits die Rede war): Diu bekantnisse diu lœset abe, wan diu bekantnisse ist bezzer dan diu minne (Quint Pr. 19, DW I, S. 314,6 f.). Die Minne sei blind ohne Erkenntnis; nehme ich Gott, insofern er gut ist, nehme ich nicht Gott, sondern – in der Raummetaphorik des einleitenden Schriftwortes – die ›Pforte‹. Der Vergleich des kritischen Textes mit der Version des ›Paradisus‹ ist aufschlußreich: Quint Pr. 19: Dar umbe ist diu bekantnisse bezzer, wan si leitet die minne. Aber minne wil begerunge, meinunge. Einen einigen gedank enleget diu bekantnisse niht zuo, meˆr: si lœset abe und scheidet sich abe und loufet vor und ru¨eret got bloˆz, und begrıˆfet in eine in sıˆnem wesene. (DW I, S. 315,3–7)

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›Paradisus‹ Pr. 20: darumme ist bekentnisse bezzir dan minne, wan ez leidit di minne. abir minne wil begerunge und menunge. einen einigen gedanc inlidit daz bekentnisse nicht. zu dem erstin losit ez abe und leufit fore und rurit Got bloz und begrifit yn eine in sime wesine. (Strauch, S. 49,18–21)

Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 121, Anm. 211.

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Burkhard Hasebrink

Die Differenzen sind klein, aber signifikant. In OH2 ist hinter bezzir zus2tzlich eingefu¨gt: dan minne. Daß es im Folgenden die Erkenntnis ist, die keinen einzigen Gedanken dazu legt, diesen Text bietet nur OH2.140 Quint w2hlt diu bekantnisse fu¨r den kritischen Text; in den u¨brigen Handschriften ist das Nomen pronominal substituiert. S2uberlich wird im Text des ›Paradisus‹ die Priorit2t der bekantnisse ausformuliert. Der Gedanke von einem Grund und zwei aus ihm ausbrechenden Seelenkr2ften fu¨hrt auch in der Predigt ›Paradisus‹ 21 (Quint Pr. 37) zu einer auffallenden Varianz. Anders als in der Predigt Quint 7 ist in dieser Predigt der Grund der Seele als vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit bestimmt. Terminologisch mahnt auch der kritische Text zur Vorsicht: Eckhart spricht vom vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit als houbet in der seˆle (DW II, S. 211,1), zum anderen (nach Augustinus) vom Antlitz der Seele, das in Gott gerichtet ist: Daˆ geschihet diu geburt, daˆ wirt der sun geborn (DW II, S. 219,4). Doch er unterscheidet auch vernu¨nfticheit und verstantnisse, wenn er eine der drei Auslegungen der ›zwei So¨hne‹ (IV Rg 4,1) wie schon bei David von Augsburg141 auf verstantnisse und wille bezieht: Nuˆ sprechen wir von den ›zwein su¨nen‹ in einem andern sinne, daz ist: verstantnisse und wille. Verstantnisse brichet ze dem eˆrsten uˆz vernu¨nfticheit, und wille gaˆt dar naˆch uˆz in beiden. Daˆ von niht meˆ (DW II, S. 219,8–10)! W2hrend man vernu¨nfticheit sonst auch als Erkenntnis im Unterschied zu wille oder minne bezeichnen kann (DW II, S. 216,1), scheint bei dieser Auslegung der ›zwei So¨hne‹ vernu¨nfticheit mit vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit identisch zu sein und bezeichnet das Haupt, den Grund, aus dem die Seelenkr2fte heraustreten. Der ›Paradisus‹ enth2lt an dieser Stelle diese pr2zise Unterscheidung nicht: Nu spreche wir in eime anderen sinne fon den zvein sunen. daz eine ist forstentnisse, daz andere wille. forstentnisse brichit zu dem erstin uz [hier fehlt: vernu¨nfticheit], aber wille und minne geint dar noch. (Strauch, S. 52,4–6) Nicht zuletzt ist eine Auslassung zu vermerken, die nach Quint eine Homo¨oteleuton-Lu¨cke darstellt. Die avancierte Aussage, daß die Vernu¨nftigkeit Gott fernab von jedem Akzidentiellen als luˆter wesen, als reines Sein, erfaßt, wie sie sich nur an dieser Stelle in der Predigt findet, geht damit verloren. In seiner ersten Pariser Quaestio hatte Eckhart argumentiert, daß Gott nicht erkennt, weil er ist, sondern ist, weil er erkennt; das Sein, das den Gescho¨pfen zukomme, sei in Gott nicht seinem Wesen nach, sondern nur wie in seiner Ursache: deshalb sei Gott nicht das Sein, sondern die Lauterkeit des Seins.142 Durch die Ku¨rzung dieser Bestimmung Gottes als luˆter wesen, die in der Pariser Quaestio durchaus mit der Intellektualit2t Gottes vereinbar war, wird die Fokussierung auf die vernu¨nfticheit erheblich verst2rkt. Um die Textdifferenz zu dokumentieren, stelle ich wiederum die Texte gegenu¨ber:

140 141

142

Vgl. Sepp‰nen, Terminologie [Anm. 6], S. 23. Vgl. Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts. Bd. 1: Hermann von Fritzlar, Nikolaus von Straßburg, David von Augsburg, hg. von Franz Pfeiffer, Leipzig 1845 (ND Aalen 1962), S. 276,2 f. Quaest. Paris. n. 9, LW V, S. 45,10 f.: et ideo in deo non est esse, sed puritas essendi.

Dialog der Varianten

Quint Pr. 37: Vernu¨nfticheit dringet uˆf in daz wesen, eˆ si bedenke gu¨ete oder gewalt oder wıˆsheit oder swaz des ist, daz zuovellic ist. Daz gote zuogelegt ist, dar ane enkeˆret si sich niht; si nimet in in im; si versinket in daz wesen und nimet got, als er ist luˆter wesen. Und enwære er niht wıˆse noch guot noch gereht, si næme in doch, als er ist luˆter wesen. (DW II, S. 216,2–6)

173 ›Paradisus‹ Pr. 21: fornuftikeit tridit uf in daz wesin, er si bedenkit gude oder wisheit oder was des ist daz zuvellic ist, daz man Gode zu legit; dar ane inkerit si sich nicht: si forsinkit in daz wesin. (Strauch, S. 51,23–25)

Wie brisant es ist, es fu¨r unrichtig zu erkl2ren, Gott als gut zu bezeichnen, zeigt im u¨brigen der einzige Satz aus der bıˆwort-Predigt Quint 9 (›Paradisus‹ Pr. 33), der in der Bulle verurteilt wurde (art. 28).143 Auch die Bestimmung Gottes als luˆter wesen fu¨hrt zu der bıˆwort-Predigt, in der in einem erneuten Perspektivenwechsel die Hyperessentialit2t Gottes herausgestellt wird. Auch wenn man die ›Lu¨cke‹ im ›Paradisus‹ nicht als gezielte Bearbeitung verstehen will, legt sie doch eine Spur, die zu zentralen Interpretationsfragen nach dem Verh2ltnis der Transzendentalien, ihrer Konvertibilit2t mit dem Sein und dem Sein Gottes u¨ber allem Sein fu¨hrt. Noch einmal wird uns das hierarchische Bild vom ›Haupt der Seele‹, dem apex mentis, besch2ftigen. Es begegnet bereits in der Predigt u¨ber die Gottesgeburt, der Predigt ›Paradisus‹ 4 (Strauch, S. 14,20 f.: in deme heubite der sele, daz ist in vornuftikeit: da geschihit di gebort inne; S. 15,11: in deme heubite der sele, in fornuftikeit). Doch geht es in der Predigt ›Paradisus‹ 4 ebensowenig um das Rangverh2ltnis von Erkenntnis und Wille wie um die Frage des Ausbruchs der Seelenkr2fte aus dem Grund der Seele. Eine Differenzierung zwischen der vernu¨nfticheit als ›Haupt der Seele‹ und der vernu¨nfticheit als oberster Seelenkraft artikuliert diese Predigt nicht; ihr Thema ist die Geburt Gottes im Innersten der Seele ›in der Fu¨lle der Zeit‹. Anders in der Predigt ›Paradisus‹ 22 (Quint Pr. 43). Sie versteht vernu¨nfticheit wiederum als ›Mann in der Seele‹ (wie auch die Predigt ›Paradisus‹ 21): Vernu¨nfticheit ist daz oberste teil der seˆle, daˆ si haˆt ein mitesıˆn und ein ˆıngeslozzenheit mit den engeln in engelischer natuˆre (DW II, S. 317,7 f.). Die Vernu¨nftigkeit ist zugleich ›St2tte‹ der Gottesgeburt: Diu seˆle enhaˆt niht, daˆ got ˆın gesprechen mu¨ge, dan vernu¨nfticheit (DW II, S. 322,7–323,1). Die Vernu¨nftigkeit, so argumentiert Eckhart, ist die einzige Kraft, die allein ›Mann‹ ist; nur sie vermag das Einsprechen Gottes aufzunehmen. Dagegen grenzt er den Willen ab, der nicht empf2ngt, sondern sein Wirken nach außen richtet. Entsprechend ist die Rangfolge: Der eˆrste uˆzbruch von der seˆle ist vernu¨nfticheit, dar naˆch wille, dar naˆch alle die andern krefte (DW II, S. 324,4 f.). Doch obwohl vernu¨nfticheit als oberster Teil verstanden wird, scheint Eckhart weiter zu hierarchisieren: Sol gnaˆde in vernu¨nfticheit komen, soˆ muoz vernu¨nfticheit und wille u¨ber sich selben komen (DW II, S. 325,7–9). 143

Entsprechend bemerkenswert ist in Quint Pr. 9 die Ku¨rzung des Satzes diu seˆle, diu got minnet, diu nimet in under dem velle der gu¨ete (DW I, S. 152,1 f.). Vgl. die entsprechende Ku¨rzung in Quint Pr. 7 (›Paradisus‹ Pr. 19).

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Genau daran schließt Eckhart denselben Spruch aus ›De spiritu et anima‹ wie in ›Paradisus‹ Pr. 19 an: ez ist neizwaz gar heimlıˆches, daz dar u¨ber ist, daz ist daz houbet der seˆle. Daˆ geschihet diu rehte einunge zwischen gote und der seˆle (DW II, S. 325,12–326,1). Und genau diese Aussage vom ›Haupt der Seele‹, wo sich die Unio zwischen Gott und Seele vollzieht, ist im ›Paradisus‹ geku¨rzt.144 Die Predigt ›Paradisus‹ 4 ist ein Beleg dafu¨r, daß das Bild des apex mentis nicht generell der Ku¨rzung zum Opfer f2llt, aber es dr2ngt sich doch der Eindruck auf, daß es Spuren einer markanten Verschiebung gibt. W2hrend die Priorit2t der Erkenntnis vor Willen und Minne herausgestrichen wird, werden bisweilen spezifische Aussagen zur Vereinigung, zum reinen Sein Gottes, zur ›Heimlichkeit‹ des Grundes der Seele oder zur Selbstreflexivit2t der Gottesgeburt abgeschw2cht oder geku¨rzt. So ist ein zweites Mal die Aussage von der Vereinigung und die signifikante Verbindung von Gottesgeburt und Vereinigung geku¨rzt: Quint Pr. 43: Swenne diu seˆle dar inne lebet, daˆ si gotes bilde ist, soˆ haˆt si geburt; in dem liget rehtiu einunge; daz enkunnen alle creˆatuˆren niht gescheiden. Trutz gote selben, trutz den engeln, trutz den seˆlen und allen creˆatuˆren, daz si daz mu¨gen gescheiden, daˆ diu seˆle ein bilde gotes ist! Daz ist rehtiu einunge, daˆ liget rehtiu sælicheit. (DW II, S. 329,3–7)

›Paradisus‹ Pr. 22: wan di sele darinne lebit daz si Godis bilde ist, daz inkan niman gescheidin trotz allin creaturen, daz si daz mugin geschedin, da di sele ein bilde Godis ist. daz ist rechte einunge. (Strauch, S. 54,30–33)

Ein Beispiel zur Gottesgeburt thematisiert nicht nur die absolute Selbstbezu¨glichkeit ihrer performativen Dynamik, sondern inszeniert sie im Wechselspiel der pr2positionalen Bestimmungen auch syntagmatisch. Dem Text im ›Paradisus‹ fehlt nicht nur das entscheidende Moment der Selbstreflexivit2t: Quint Pr. 43: Wan got gebirt sich uˆz im selben in sich selben und gebirt sich wider in sich. (DW II, S. 320,3 f.)

›Paradisus‹ Pr. 22: wan Got gebirit uz sich selber in sich selber. (Strauch, S. 53,13 f.)

Eine weitere Ku¨rzung betrifft die Identifizierung der Seele mit dem Sohn im Vollzug der Gottesgeburt. Im kritischen Text lautet die entsprechende, im ›Paradisus‹ fehlende Passage: Got sprichet sich selben in sıˆnem sune. In dem spruche, daˆ er sich sprichet in sıˆnem sune, in dem spruche sprichet er in die seˆle. (DW II, S. 322,2–4) Sicherlich spielt hier auch der wiederholende, ein Thema immer wieder neu aufnehmende, einkreisende und neu perspektivierende Gestus der Predigt eine Rolle. Daß Gott seinen Sohn in die Seele gebiert, so daß sie lebendig wird, diesen vorangehenden Satz enth2lt auch der Text des ›Paradisus‹. Aber die weitergehende Gleichsetzung sowie die Betonung der Gleichzeitigkeit spart der ›Paradisus‹ aus. 144

»De DWtekst benadrukt meer dan de PAItekst dat er boven fornuftikeit en wille nog iets is – namelijk ›daz houbet der sele‹ (325,13)! – waar de ware vereniging tussen God en de ziel is«, siehe Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 93, Anm. 94.

Dialog der Varianten

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Von diesen Ku¨rzungen, die, man mo¨chte fast sagen, der Predigt ihre Spitze nehmen, heben sich umso deutlicher zwei kleine, vereinzelte Zus2tze ab, die sich nun gerade auf die vernu¨nfticheit und die Erkenntnis beziehen. Im ersten Fall lautet der kritische Text: ›Man‹ enmeinet keine kraft dan vernu¨nfticheit (DW II, S. 323,3). Dem Text in OH2 ist ein betontes alleine angefu¨gt: man inmeinit keine craft wan fornuftikeit alleine (Strauch, S. 53,28 f.). Im zweiten Fall heißt es bei Eckhart: Ie meˆ der mensche bekennet, ie baz er bekennet (DW II, S. 323,6–324,1). Dagegen formuliert der ›Paradisus‹ amplifizierend: ie meˆ der mensche bekennit, ie me he bekennen mac und io baz he bekennit (Strauch, S. 53,31 f.). Diese beiden an sich marginalen Zus2tze verst2rken indes vor dem Hintergrund unserer Beobachtungen zu den Predigten ›Paradisus‹ 19 bis 22 die Annahme, daß im ›Paradisus‹ Spuren einer Umschrift zu greifen sind, die durchaus nicht generell ›dogmatisch bereinigend‹ sind, aber nicht zuletzt durch gezielte Ku¨rzungen den Akzent von der Unio als go¨ttlichem Selbstvollzug, in dem die Seele als Bild und Sohn Gottes integriert ist, verschieben zugunsten einer behutsamen, aber unverkennbaren Hervorhebung der Rolle der Vernu¨nftigkeit und Erkenntnis, ohne dabei der Unterscheidung zwischen der obersten Seelenkraft und dem ›Haupt der Seele‹, dem vu¨nkelıˆn der vernu¨nftigkeit, in ihrer jeweiligen Perspektivierung immer gerecht zu werden.145 Ein letzter Blick auf die Diskussion um das vu¨nkelıˆn. Die n2chste Eckhartpredigt der Sammlung, die Predigt ›Paradisus‹ 24 (Quint Pr. 20B), handelt erneut vom vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit. Dabei ist explizit vom vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit nur im kritischen Text die Rede; der ›Paradisus‹ spricht nur vom funkelin.146 Die A-Fassung dieser Predigt, darauf weist Largier in seinem Stellenkommentar hin, verneint ausdru¨cklich die Meinung einiger Meister, dieses vu¨nkelıˆn sei eine Kraft der Seele: und enist niht ein kraft der seˆle, als etlıˆche meister wolten (DW I, S. 333,2 f.).147 In der Predigt Quint 20B fehlt eine solche Abgrenzung. Die fehlende Abgrenzung gegenu¨ber der Lehrmeinung der meister trifft lediglich auf Nikolaus von Landau zu,148 nicht ¨ berraschende, liegt aber keineswegs jedoch auf 20B.149 Dieses Fehlen, das ist das U am ›Paradisus‹, im Gegenteil: Der ›Paradisus‹ bietet, allerdings vorgezogen und dadurch in einem anderen Kontext, einen von Quint als sekund2r eingestuften Zusatz, der exakt auf die A-Fassung verweist: etliche sprechinn ez si ein craft; des inist nicht (Strauch, S. 58,30 f.). Abgesehen von der Frage, ob hier nicht die ›Paradisus‹-Gruppe gegen die beiden Berliner Handschriften (B6 und B7) einen urspru¨nglicheren Text bieten ko¨nnte: Hat also der Redaktor den Unterschied zwischen Seelenkraft und See145 146 147

148 149

Zu dieser Unterscheidung vgl. EW I, S. 849 f. Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 118, Anm. 197. Vgl. DW I, S. 333, Anm. 3; EW I, S. 930: »Im Unterschied zur Pr. 20A ist hier der Seelenfunke mit der obersten Vernunft identifiziert, wobei die Ausfu¨hrungen vor allem dort etwas unklar bleiben, wo der Prediger das Verh2ltnis des Fu¨nkleins zu den Seelenvermo¨gen ero¨rtert. […] Es ist wahrscheinlich, daß die vorliegende Predigt bei der Aufnahme ins Par. an., was ja doch eine bestimmte Zielrichtung und eine klare Parteinahme fu¨r die Priorit2t des Intellekts bedeutete, entsprechend abge2ndert wurde.« Zuchhold, Sermone [Anm. 25], 115,3 f.: die meystere sprechent, sie heisze sinderesis. Vgl. DW I, S. 348,10 f.: Die meister sprechent, ez sıˆ ein kraft in der seˆle, diu heizet sinderesis, des enist niht.

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lenfu¨nklein konsequent durchgehalten? Offensichtlich nicht. Denn sobald er wieder in die Linearit2t des Textes zuru¨ckgefunden hat, bezeichnet er die Vernu¨nftigkeit gegen die Parallelu¨berlieferung unbeeindruckt als craft (Strauch, S. 58,36). Bei der Frage nach der Geschaffenheit des Fu¨nkleins betont Eckharts Verteidigung im Prozeß die Perspektivit2t, unter der jeweils von Geschaffenheit oder Ungeschaffenheit zu reden ist.150 Die Antwort der Predigt Quint 20B, daß das Fu¨nklein aˆne underscheit geschaffen ist von gote, ein u¨berswebende lieht und ein bilde go¨tlıˆcher natuˆre und von gote geschaffen (DW I, S. 348,8–10), fehlt in OH2.151 Auf welcher rekonstruierbaren Stufe der Textu¨berlieferung diese Ku¨rzung erfolgt ist, l2ßt sich diesmal recht genau angeben. Nikolaus von Landau bietet den entsprechenden Abschnitt stark bearbeitet in seiner Predigt ›Imposuerunt illi‹, so daß die in OH2 zutage tretende Ku¨rzung nicht der gemeinsamen Vorlage des Textes aus OH2 und der ›Sermones novi‹ zuzuschreiben ist. Bedenkt man aber, daß Nikolaus von Landau statt aˆne underscheit geschaffen nun sunderlichen geschaffen bietet, ko¨nnte man sich durchaus eine Vorstellung vom Motiv dieser Ku¨rzung bilden: Insofern Scho¨pfung gerade als Setzung von Unterschiedlichkeit begriffen werden kann, ist die anscheinend singul2r gebrauchte Wendung aˆne under¨ berblick stelle ich scheit geschaffen eine spannungsreiche Paradoxie.152 Zum besseren U die jeweiligen Fassungen nochmals nebeneinander: Quint Pr. 20A: In einem andern sinne soˆ ist dirre kneht die engel.

Ze dem dritten maˆle soˆ ist, als mich bedu¨nket, dirre kneht

›Paradisus‹ Pr. 24: ich spreche fon eime anderin knechte, daz ist der engil. ich spreche, ez ist ein licht obine in der sele […] e t l i c h e sprechin, e z s i e in craft; d e s in i s t n i c h t . noch spreche wir fon eim knechte

daz vu¨ n k e l ˆı n de r s eˆ le ,

daz ist f o r n uf t ik e i t. da rurit di sele englische nature und ist ein bilde Godis. […] si glichit sich auch den gudin englin in d i r re cra f t dit da stede wirkin in Gode und nemint [Got] in Gode und tragin alle werc widir in Got (Strauch, S. 58,27–37)

150 151 152

Quint Pr. 20B: Ich spriche von einem andern knehte, daz ist der engel.

Noch sprechen wir von einem knehte, von dem ich meˆ gesprochen haˆn, daz ist ve r n u¨ nft ic heit in dem umbekreize der seˆle, daˆ si ru¨eret engelische natuˆre und ist ein bilde gotes. […] Si glıˆchet sich ouch den guoten engeln, die daˆ stæte wu¨rkent in gote und nement in gote und tragent alliu ir werk wider in got und nement got von gote in gote.

Vgl. Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 337 f.; Wilde, Das neue Bild [Anm. 59], S. 305–309. Vgl. Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 89. Das adverbielle sunderlichen bei Nikolaus von Landau halte ich terminologisch fu¨r bedeutsam. Offensichtlich stellt der Zisterzienser die Analogie der Vernu¨nftigkeit zu den Engeln heraus, die es auszeichnet, jeweils eine eigne species zu sein: specialiter du¨rfte man hier wohl als lateinisches Lquivalent zu sunderlichen annehmen. Zu Eckharts Verh2ltnisbestimmung von Intelligenzen und Engeln im Unterschied zu Dietrich von Freiberg vgl. Winkler, Dietrich von Freiberg [Anm. 19], S. 253, Anm. 89.

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Dialog der Varianten daz daˆ ist g e s ch a f f e n von gote und ist ein lieht, oben ˆıngedru¨cket, und ist ein bilde go¨tlıˆcher natuˆre, […] u nd e n is t ni h t e i n k raf t d e r s eˆ l e , a ls e t lıˆ c h e me is t e r w o l t e n . (DW I, S. 332,2–333,3)

[Nikolaus von Landau:] sie ist s u nd e rli ch e n ge s ch a f f e n von gotde und ist ein werbende lieht und ein ingedru¨cket bilde gotlicher naturen, daz die sele an ir dreit. die meystere sprechent, sie heisze sinderesis. (Zuchhold [Anm. 25], S. 114,35–115,4)

[…] daz v u¨ n ke l ˆı n d er vern u¨ n f ti ch e it , daz daˆ aˆ ne u nd e r s ch e i t ge s ch a f f e n ist von gote, ein u¨berswebende lieht und ein bilde go¨tlıˆcher natuˆre und von gote geschaffen. Diz lieht treget diu seˆle in ir. Die meister sprechent, ez sıˆ ein kraft in der seˆle, diu heizet sinderesis, des enist niht. (DW I, S. 347,9–348,11)

Die Untersuchung der Textdifferenz im Spektrum von Vernunft und Wille, ›Haupt der Seele‹ und Fu¨nklein will ich mit der Predigt abschließen, die in besonderer Weise die Bestimmung Gottes als Vernu¨nftigkeit repr2sentiert, die Predigt ›Paradisus‹ 33 (Quint Pr. 9). Zun2chst gibt es ein Detail zu vermerken, das die Bestimmung des Fu¨nkleins als vernu¨nfticheit betrifft. Wie in der Gruppe der Predigten ›Paradisus‹ 19 bis 22 behandelt Eckhart das Verh2ltnis von Erkenntnis und Wille. In seiner Eckhartmonographie hat Ruh diese Predigt ausfu¨hrlich vorgestellt.153 Nachdem Eckhart Vernu¨nftigkeit als Tempel Gottes (Paulus) bestimmt hat, geht er zur Seele u¨ber: Nuˆ nemen wirz in der seˆle, diu ein tro¨pfelıˆn haˆt vernu¨nfticheit, ein vu¨nkelıˆn, ein zwıˆc (DW I, S. 151,1 f.). Damit formuliert Eckhart analog zur Vernu¨nftigkeit Gottes die Vernu¨nftigkeit des Fu¨nkleins, der essentia animae. Im ›Paradisus‹ findet sich eine markante Differenz: Nu neme wir in der sele, di einen trophin hait, ein funkelin, einen zvic (Strauch, S. 75,17 f.). Ich habe hier Strauch nicht ganz korrekt zitiert; er hat, durch Kursivierung kenntlich gemacht, an der entsprechenden Stelle fornuftikeit nach N1 und Pfeiffer eingefu¨gt. Doch schon das Fehlen der Proform ez (wir ez) zeigt, daß der Bezug zur Vernu¨nftigkeit als Tempel Gottes nicht mehr existiert. Ein von Quint im Variantenapparat vermerkter Zusatz, den allein die Hamburger Hs. H2 bietet, unterstreicht noch einmal die spezifische Akzentuierung der Vernunftthematik im ›Paradisus‹. Wie in kaum einem anderen Texteingriff gibt sich in dieser Ich-Rede ein Redaktor als ›Autor‹ zu erkennen. Wieder geht es um den Vorrang der Vernu¨nftigkeit gegenu¨ber dem Willen und damit um die Relativierung der gu¨ete: Daˆ von enbin ich niht sælic, daz got guot ist. Ich enwil des niemer begern, daz mich got sælic mache mit sıˆner gu¨ete, wan er enmo¨hte ez niht getuon. (DW I, S. 153,9–11) Der zweite dieser S2tze fehlt in OH2 (wie in B8 und N1). Diese Relativierung, man denke an die Bulle, ist hochbrisant. Eckhart geht aber unbeirrt weiter – und mit ihm ein anderer, wenn der Text in H2 nicht gar im textkritischen Sinne authentisch ist (ich stelle den kritischen Text und den Text nach H2 gegenu¨ber):154 153 154

Vgl. Ruh, Meister Eckhart [Anm. 7], S. 63–71. Herrn Steer danke ich ganz herzlich fu¨r die ausfu¨hrliche Erl2uterung seiner Einsch2tzung des textkritischen Wertes dieses Zusatzes.

178 Daˆ von bin ich aleine sælic, daz got vernu¨nftic ist und ich daz bekenne. (DW I, S. 153,11 f.)

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da von bin ich alleine selig daz got vernuftig ist vnd daz ich daz bekenne. Ich gebe gode orlop daz he nummer guet getue dan in vernuftekeit vnd daz ich daz bekenne. (H2, fol. 90v)

Gott die Erlaubnis zu geben, nur in Vernu¨nftigkeit Gutes zu tun: Darin artikuliert sich vor dem Hintergrund der Diskussion um die gu¨ete Gottes ein auf Vernunft basierendes Selbstbewußtsein, wie es von Eckhart selbst kaum sch2rfer formuliert werden ko¨nnte. Kaum anders w2re Ruh mehr darin zuzustimmen, daß der ›Paradisus‹ keine ›EckhartRechtfertigung‹ darstellt.155 An dieser Stelle wird die Zuspitzung Eckharts sogar weitergetrieben. So stellt dieser Zusatz nach den bisherigen Untersuchungen die herausragendste Propagierung der Vernunftprogrammatik durch Textbearbeitung dar. Man mag versucht sein, hier von einem individuellen Zusatz des Schreibers von H2 zu sprechen, der nicht dem ›eigentlichen‹ Redaktor der Sammlung zugeschrieben werden kann. In der Tat wu¨rde damit der Schreiber von H2 ins Rampenlicht ru¨cken. Doch wahrscheinlicher ist, daß O den Zusatz durch Homo¨oteleuton verloren hat, er also (noch?) in *OH2 gestanden hat. Die Textdifferenz zwischen dem in OH2 u¨berlieferten Text des ›Paradisus‹ unter Einbeziehung der ›Sermones novi‹ mit dem kritischen Text zu vergleichen, um Konturen einer mo¨glichen Bearbeitung abzuheben, 2hnelt bisweilen dem Versuch, aus einem Haufen von Scherben wieder ein Gef2ß zusammensetzen zu wollen, ohne jedoch genau zu wissen, ob es sich u¨berhaupt um die Scherben eines Ganzen handelt. Mein Ziel ist nicht, ein solches Ganzes plausibel zu machen, sondern zu zeigen, daß angesichts der h2ufig beklagten Textqualit2t von OH2 es doch nicht wenige Scherben sind, die sich ineinander fu¨gen. Neben der Vernunftthematik ist es gerade die Dynamik der Selbstreflexivit2t, die von Ku¨rzungen betroffen ist.156 Natu¨rlich kann auch eine solche Ku¨rzung der Vermeidung von Wiederholung dienen oder ein Abschreibefehler aufgrund gleicher Satzenden sein. Dies ist beispielsweise in der Predigt u¨ber die Gottesgeburt, der Predigt ›Paradisus‹ 4 (Quint Pr. 38), der Fall. Im kritischen Text heißt es: Wære aber, daz zıˆt die seˆle beru¨eren mo¨hte, so enmo¨hte got niemer in ir geborn werden, und si enmo¨hte niemer in gote geborn werden (DW II, S. 231,3–5). Der letzte Teilsatz (und si enmo¨hte niemer in gote geborn werden) fehlt in OH2 (wie in der Einsiedler Hs. E1 und danach bei Pfeiffer). Quint konstatiert eine Homo¨oteleuton-Lu¨cke, doch ist zudem zu bedenken, daß schon zu Beginn der Predigt Eckhart die Reziprozit2t der Geburt hervorgehoben hatte (DW II, S. 227,8–228,1: ich spræche: dar umbe, daz got geborn werde in der seˆle und diu seˆle in gote geborn werde). Eine 2hnliche Form der brevitas stellt auch ein Satz in der Predigt ›Paradisus‹ 20 (Quint Pr. 19) dar, in dem zwei Teils2tze zu 155

156

»Ich glaube indes nicht an diese These einer Eckhart-Rechtfertigung im ›Paradisus‹«, Ruh, Geschichte [Anm. 7], Bd. 3, S. 278. Bereits dargestellt wurde die Textdifferenz zu Quint Pr. 43, DW II, S. 320,3 f. und DW II, S. 322,2–4. Zur Selbstbezu¨glichkeit des Intellekts vgl. jetzt auch Wilde, Das neue Bild [Anm. 59], S. 117 f.

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Dialog der Varianten

einem zusammengezogen werden (DW I, S. 317,6: daˆ sprichet got in die seˆle und sprichet sich alzemaˆle in die seˆle; Strauch, S. 50,1 f.: da sprichit sich Got in di sele). Eine eigene Brisanz kommt jedoch einer Ku¨rzung in der Predigt Quint 9 zu. Im Anschluß an die Meinung, daß Gott Vernu¨nftigkeit sei, die allein im Vollzug ihrer eigenen Erkenntnis lebt, faßt Eckhart zusammen: Got in sıˆn selbes bekantnisse bekennet sich selben in im selben (DW I, S. 150,7). Diese fu¨r Eckhart so kennzeichnende Weise, den dynamischen Selbstvollzug in variierender wie erweiternder Wiederholung gleichsam sprachspielerisch umzusetzen, geht im ›Paradisus‹ verloren. An den Schluß dieser Untersuchung stelle ich die Predigt ›Paradisus‹ 51 (Quint Pr. 72).157 Walter Haug hat diese Predigt fu¨r ›Lectura Eckhardi II‹ mit fundierten Argumenten neu ediert, analysiert und sie in den thematischen wie zeitlichen Kontext der Predigten Quint 70, 71 und 80 gestellt.158 Sehr ansprechend ist die These, daß Eckhart mit der Predigt 72 die bei Quint voraufgehenden Predigten aufgreift und neu gestaltet. Wie unverkennbar durch Ku¨rzung eine Umschrift erzielt wird, zeigt der folgende Fall (ich stelle zum Vergleich auch den von Haug edierten Text hinzu): Quint Pr. 72: Diu seˆle ist gebildet naˆch gote; aber die meister sprechent, daz der sun ist ein bilde gotes, und diu seˆle ist gebildet naˆch dem bilde. Soˆ spriche ich meˆ: der sun ist ein bilde gotes obe bilde; er ist ein bilde sıˆner verborgenen gotheit. Daˆ der sun ein bilde gotes ist und daˆ der sun ˆıngebildet ist, dar naˆch ist diu seˆle gebildet. (DW III, S. 244,2–245,2)

Text nach Haug: Diu seˆle ist gebildet naˆch gote, s pr iche t di u ge s chr if t d e r w aˆ r h e it ;159 aber die meister sprechent, daz der sun ist ein bilde gotes, und diu seˆle ist gebildet naˆch dem bilde. Soˆ spriche ich meˆ: der sun ist ein bilde gotes obe bilde; er ist ein bıˆlde sıˆner verborgenen gotheit. Daˆ der sun ein bilde gote ist und daˆ der sun ˆıngebildet ist, dar naˆch ist diu seˆle gebildet. (S. 116,9–13)

›Paradisus‹ Pr. 51: di sele ist gebildit noch Gode, der son ist ein bilde Godis. (Strauch, S. 114,16 f.)

Wir befinden uns mit dieser Passage im Zentrum der Bildlehre Eckharts. Eckhart hatte Augustinus zitiert und mit ihm drei Formen der Erkenntnis unterschieden: der leiblichen Erkenntnis, der geistigen, bildhaften Erkenntnis und der geistigen Erkenntnis ohne Bilder und Gleichnisse, die sich den obersten Engelscho¨ren gleicht. Wo Gott sich in der Ho¨he in die Seele ohne Bilder gebe, da solle, so Eckhart, die Seele widerbildet werden, ›u¨berbildet‹160 werden in das Bild, das Gottes Sohn ist. Handelt es sich um ¨ bersteigen jeder Bildlichkeit Voeine Widerspru¨chlichkeit? Wie kann es, wenn das U raussetzung der Unio ist, wie kann es dann in ihr noch ein Bild-Sein geben? Inwiefern die Forderung nach bildloser Gottesschau in Verbindung mit der Lehre der imago dei 157

158 159 160

Vgl. die ausfu¨hrliche Analyse bei Van den Brandt, Godsontvankelijkheid [Anm. 18], S. 79–83 mit dem Aufweis wichtiger Differenzen der Fassungen. Siehe Haug, Predigt 72 [Anm. 87]. Gesperrter Text nach der Buxheimer Hs. Bra3. ¨ bersetzung in Anlehnung an das lateinische Bezugswort transfiguratus. Haugs U

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eine paradoxale Dynamik entfaltet, ist zuletzt ausfu¨hrlich von Wilde untersucht worden.161 In unserem Zusammenhang ist entscheidend, daß Eckhart genau auf diese Formel des bilde u¨ber bilde162 zusteuert, w2hrend der Text im ›Paradisus‹ diese Ausfaltung durch gezielte Ku¨rzung unterbindet. Eckharts Argumentation ist antithetisch aufgebaut (darauf baut Haug seine textkritische Entscheidung); und seine offensive ¨ berleitung zur eigenen These (soˆ spriche ich meˆ) ko¨nnte schon aufgrund der Form U in der Ich-Rede geku¨rzt worden sein. Damit wird die Vielschichtigkeit des Eingriffs offenkundig: Nicht nur Ich-Rede und die so selbstbewußte wie spezifische Abgrenzung von den Meistern f2llt der Ku¨rzung anheim, sondern vor allem die Umformung der Bildlehre in eine Bildkonzeption, in der die spannungsreiche Struktur des Bildseins als bilde obe bilde bereits aufgenommen ist. Erkl2rungsbedu¨rftig sind zudem der Abbruch der Predigt 72 und die Zufu¨gung eines Redaktors. Haug hat die spannende Vermutung entwickelt, daß der Zusatz: als sente Paulus da he nit in sach da sach he got ein Eigenzitat zu sein scheint, das sich auf die Predigt Quint 71 beziehen ko¨nnte. Dann h2tte diesem Redaktor auch diese Predigt, die nicht im ›Paradisus‹ u¨berliefert ist, vorgelegen. Doch ko¨nnte sich der Zusatz nicht ebenso auf die Predigt 70 mit dem Augustinus zugeschriebenen Zitat: doˆ sant Paulus niht ensach, doˆ sach er got (DW III, S. 189,4) beziehen? Anscheinend ist dies wiederum ein Zitat aus Predigt Quint 71. Doch bevor man ein direktes Zitat aus Quint Pr. 71 in Quint Pr. 72 annimmt und damit die Predigt ›Surrexit autem Saulus de terra‹ in die Gruppe der ›Paradisus‹-Predigten einordnet, l2ge es meines Erachtens n2her, diesen Zusatz auf die Predigt Quint 70 zu beziehen: Es handelt sich ja um die Predigt ›Paradisus‹ 28, die in der Sammlung der Predigt Quint 72 (›Paradisus‹ Pr. 51) vorausgeht. Der Redaktor ko¨nnte also sich durch die Aussage: swer got sehen wil, der muoz blint sıˆn an die Predigt Quint 70 erinnert gefu¨hlt haben. Auch wenn diese Aussage dem Wortlaut nach auf Predigt Quint 71 zielt, so ist sie der Sache nach fast eine Kurzfassung der Predigt 70, in der es ja auch um ›Gott sehen‹ geht.

5. Ku¨rzung – eine Schlußu¨berlegung Wenn man ein Charakteristikum im Umgang mit den Eckhartpredigten im ›Paradisus‹ bestimmen wollte, das jenseits funktionaler, thematischer oder unbestimmter Differenzen anzusiedeln w2re, wu¨rde man als Grundprinzip der Textadaptation die Ku¨rzung nennen. Ku¨rzung hat als brevitas poetologischen wie rhetorischen Status, wurde aber meines Wissens bislang nicht auf textlinguistischer Basis neu beschrieben. Dabei z2hlt die Ku¨rzung zu einem der wichtigsten Verfahren einer texttransformierenden Schriftkultur, die in verschiedenen Diskursen selbst2ndig existierende Texte zu Sammlungen integriert. Insofern bedient sich eine Kompilation beinahe zwangsl2ufig neben der 161 162

Vgl. Wilde, Das neue Bild [Anm. 59]. So in der einschl2gigen Predigt 16b. Vgl. Kˆbele, Predigt 16b [Anm. 63], S. 64 f.

Dialog der Varianten

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Auswahl der Ku¨rzung. Hat man wie in der Eckhartphilologie nicht die Kompilation, sondern das Kompilierte im Blick, erscheint Ku¨rzung zwangsl2ufig als ›Verderbnis‹: Durch sie geht ja der ›authentische‹ Text verloren. Eine »Ablo¨sung vom Authentizit2tsprinzip«163 l2ßt aber die ›Paradisus‹-Sammlung selbst als Text verstehen, der verschiedenen Kriterien der Textualit2t genu¨gt und sich dadurch einer einsinnigen Funktionsbestimmung entzieht.164 Koh2sion (Anordnung nach konventionellen Ordnungsmustern wie Kirchenjahr und Heiligenfeste), Koh2renz (Vernunftthematik, Gnadenthematik, Dionysiusrezeption), Intentionalit2t (Ruh: Erinnerungsbuch), Akzeptabilit2t (Abgrenzung von Franziskanern sichert ordensinterne Akzeptanz), Informativit2t (die internen Divergenzen sorgen durch Diskontinuit2t fu¨r hohe Informativit2t), Situationalit2t (Eckharts fru¨he Zeit in Erfurt/Zeit nach der Verurteilung Eckharts) und Intertextualit2t (dominikanische Theologie und Predigt) – s2mtliche Merkmale der Textualit2t lassen sich fu¨r den ›Paradisus‹ als sinnvolle Einheit nachweisen. Wenn man die Sammlung heuristisch als Text verstehen wollte, dann wandelt sich der Status der einzelnen Predigten gravierend. Sie werden zu Megazitaten in einem aus Zitaten komponierten Text: Erst unter dieser Hinsicht werden die Ku¨rzungen nicht nur legitim, sondern zwingend. Sie sind nicht Verderbnisse eines in seiner Authentizit2t zu bewahrenden Textes, sondern Bedingungen neuer Textproduktion. Doch ist es wichtig, gerade den spezifischen Textstatus einer solchen Sammlung sichtbar werden zu lassen. Offenbar sind Aspekte pragmatischer Koh2renz von so großem Gewicht, daß sie Inkoh2renzen auf thematischer Ebene nicht nur verschmerzen lassen, sondern mo¨glicherweise geradezu herausstellen wollen. Auch sind Formierungsprozesse wirksam, die zu personalisieren in eine falsche Richtung fu¨hren wu¨rde. Insofern bleibt d er Redaktor des ›Paradisus anime intelligentis‹, auch wenn man ihn als Garant von Koh2renz in der Ku¨rzungspraxis nicht missen mo¨chte, mo¨glicherweise eine Fiktion. Wenn man die Varianz eines Textes nicht als Verwundung versteht, sondern als Entfaltung eines diskursiven Deutungsrahmens, wird das besondere Funktionsprofil einer solchen Bearbeitung erkennbar. Wir beno¨tigen ein Autorkonzept, um den Aufbau von Argumentationsg2ngen zu verstehen, die an Schriftworten und Meisterzitaten ansetzen, um dann in Schritten der Auslegung und Umdeutung, aber auch des Widerspruchs und der Transgression als eigen gekennzeichnete Thesen zu entwickeln und ¨ berdamit Intertextualit2t im Text zu entfalten. Eckhart bedient sich der Topik der U bietung sehr gern; seine ›Ku¨hnheit‹ ist texttheoretisch deswegen so spannend, weil er die Regeln argumentativer Textkonstitution meisterhaft zur Anwendung bringt, sie aber zugleich in der Bildung von simultan gu¨ltigen Antithesen, Paradoxien und Tautologien massiv unterl2uft. Seine ›Ku¨hnheit‹ hebt die Sprache noch in ihrer Anwendung aus den Angeln: Auch der Text lebt aus der gegenl2ufigen Bewegung von Einfaltung und Ausfaltung. Es scheint, als schr2nke die Bearbeitung der Eckhartpredigten 163 164

Schiewer, Predigtforschung [Anm. 14], S. 300. Zu den folgenden Kriterien der Textualit2t vgl. Robert-Alain de Beaugrande/Wolfgang Ulrich Dressler, Einfu¨hrung in die Textlinguistik, Tu¨bingen 1981 (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 28).

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Burkhard Hasebrink

des ›Paradisus‹ diese Dynamik auf unterschiedlichen Ebenen ein, aber nicht, um im Spiel von These und Antithese selbst wiederum zu erwidern, sondern um die Predigten zuru¨ckzubinden an die Bedingungen des Diskurses, dessen epistemologische Grundlagen die Eckhartpredigten so unverhohlen bloßlegen. Auch das ist ein Grund, die Instanz des Redaktors nicht zu sehr zu personalisieren. ¨ berlieferung aufzeigen, Schließlich ko¨nnte uns die Vertiefung in die Varianz der U wie sehr uns Ordnungskategorien wie Systematik und Chronologie den Blick verstellen ko¨nnen fu¨r Ambivalenzen und Verschiebungen, Umbenennungen und Inkongruenzen. Daß zentrale Theorieteile sich nicht selten einem systematischen Zugang entziehen und um so vager werden, je genauer man sie zu fassen sucht (und die Diskussionen um die Gnade, die Vernu¨nftigkeit, die Ungeschaffenheit des Seelengrundes, die Sohnschaft, das Bild-Sein, die Analogie und nicht zuletzt um den Gottesbegriff selbst bo¨ten dafu¨r zahlreiche Beispiele), h2ngt mo¨glicherweise auch damit zusammen, daß es zumindest in den Predigten um eine weder chronologisch noch systematisch zu kategorisierende Dynamik geht, die Auseinandersetzung mit den u¨berlieferten Schrift- und Meisterworten stets von neuem auf die Gegenwart des Sprechens und die in ihr sich in ihrer ganzen Fu¨lle entfaltende Gegenwart des innersten Grundes von Sprache zu zentrieren. Es liegt auf der Hand, daß dieser Zentrierung mit jedem argumentativen Neuansatz sofort eine Dezentrierung entgegensetzt wird und somit in der Performanz der Predigt eine Vielfalt erzeugt wird, die stets neu die Rede von der Einfaltigkeit dementiert. In diesem Sinne stehen die Eckhartpredigten trotz ihrer auf unterschiedlichen Ebenen liegenden Varianz gegen die These der Varianz mittelalterlicher Texte; aber nicht, weil sie in der Textproduktion und der Textu¨berlieferung nicht ganz aus dieser Varianz heraus lebten, sondern weil sie in dieser fast zwanghaften Entfaltung immer nur eine Ausfaltung jener Gegenwart sehen ko¨nnen, derer sich das sprechende Ich – selbst ein Sprachspiel – in diesem uns so aussichtslos anmutenden Bemu¨hen stets zu vergewissern sucht.

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›wo ist daz wo?‹

Annette Volfing

wo ist daz wo? ›Paradisus anime intelligentis‹ Pr. 12 (Giselher von Slatheim)

I Die 12. Predigt in der Sammlung ›Paradisus anime intelligentis‹1 bietet einen systema¨ berblick u¨ber die verschiedenen Gegenwartsweisen Christi. Diese Predigt tischen U fu¨hrte in der Forschung bislang ein stiefmu¨tterliches Dasein. Dies l2ßt sich damit erkl2ren, daß die Sammlung als Ganze bislang eher wenig Beachtung fand und daß ›Paradisus‹ Pr. 12 zudem kein besonderes Profil hat: Diese Predigt geho¨rt nicht zum Eckhart-Corpus, ist in ihrer Grundeinstellung eher ›scholastisch‹ als ›mystisch‹ und bezieht sich nur indirekt auf den fu¨r die Sammlung grundlegenden Gegensatz zwischen Vernunft und Willen. Nachteilig du¨rfte sich auch das Urteil Kurt Ruhs ausgewirkt haben, der als einer der wenigen Forscher, die sich mit den nicht-Eckhartischen Predigten der Sammlung besch2ftigt haben, den Text als »eine schlecht geordnete und wohl auch schlecht u¨berlieferte Predigt« taxiert.2 ¨ berraAngesichts dieser ungu¨nstigen Ausgangslage erweist sich die Lektu¨re als U schung: Die Struktur der Predigt ist stimmig und die ihr zugrunde liegende Konzeption sogar einfallsreich. Inhaltlich bietet die Predigt eine erweiterte, zeitgeno¨ssische Antwort auf die von den Heiligen Drei Ko¨nigen gestellte Frage Ubi est qui natus est rex Judeorum? (Mt 2,2). Im Bibeltext geht es dabei um nicht mehr als die Einholung einer lokalen Auskunft: Die in Jerusalem angekommenen Ko¨nige wollen wissen, wo der neugeborene Ko¨nig der Juden zu finden ist. In Bethlehem lautet die pr2zise Antwort (Mt 2,5; 2,8). Giselher von Slatheim, der Autor dieser Predigt, nimmt aber die Aufgabe auf sich, diese Frage nicht nur in bezug auf eine einzige historische Situation, n2mlich die Geburt Christi auf Erden, zu beantworten. Vielmehr zieht er alle drei Substanzen Christi mit in Betracht: Leib, Seele und go¨ttliches Wesen.3 Nur in dieser Dreiheit lasse sich die Frage vollst2ndig kl2ren: 1

2

3

Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998 (im Folgenden: Strauch). Kurt Ruh, Geschichte der abendl2ndischen Mystik. Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik, Mu¨nchen 1996, S. 394. Vgl. Petrus Lombardus, Sententiae, 2 Bde., Grottaferrata–Rom 1971–1981 (Spicilegium Bonaventurianum 4–5), 3.2.2: De unione Verbi et carnis mediante anima.

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Annette Volfing

in Gode ist etwaz aldis, daz ist sin lip di fon aldin vederin hi for geworzelit ist, fon Adam, und etwaz nuwis, daz was di sele, und etwaz ewigis alse di gotheit. der nu di kunige berichtite wo he were an deme aldin, an deme nuwin, an deme ewigin, der wisite si rechte noch. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,27–30)

Hier werden die ersten zwei Substanzen (Leib und Seele, die zusammen die menschliche Natur Christi ausmachen) allegorisch als das Alte und das Neue Testament gedeutet: an deme aldin und an deme nuwin heißen in diesem Satz ›mit dem Leib‹ und ›mit der Seele‹.4 Dem triadischen Programm gem2ß wird der erste und gro¨ßte Teil der Predigt dem Leib Christi gewidmet, dies aber in Zusammenh2ngen, in denen sich die zeitlichr2umliche Zuordnung des Leibes verkompliziert. Giselher untersucht, inwiefern es u¨berhaupt sinnvoll ist, die Frage wo? in zwei besonderen Kontexten zu stellen: einerseits in bezug auf den verkl2rten Leib, der irdische Tu¨ren und himmlische Sph2ren durchf2hrt, und andererseits in bezug auf die Bedingungen der Mo¨glichkeit eucharistischer Realpr2senz angesichts der vielen gleichzeitig gehaltenen Messen. Diese zwei Problemgebiete sind diametral entgegengesetzt und erg2nzen sich zugleich in ihrer Beispielhaftigkeit. Der zweite Teil der Predigt befaßt sich mit der r2umlichen Existenz der ko¨rperlosen Seele Christi in der Ho¨lle, der dritte Teil schließlich mit der raumlosen Gegenwart Christi in der Seele des Gl2ubigen. Die Geburt Christi in Bethlehem und die Anbetung der Ko¨nige werden als Episoden nicht n2her untersucht, da sie in diesem Zusammenhang keine Probleme aufgeben. Trotzdem entfernt sich die Predigt ihrem Inhalt nach nicht grundlegend aus dem ›weihnachtlichen‹ Kontext. Die Geburt Christi bleibt als thematische Voraussetzung pr2sent, weil das Wort durch die Inkarnation in die zeit-r2umliche Ordnung eintrat und die Frage nach dem wo sich nur als Folge der Menschwerdung stellen l2ßt. Da Giselhers Antwort auf die biblische Frage sich nicht nur auf die historische Vergangenheit (Ho¨llenfahrt, Himmelfahrt) beschr2nkt, sondern auch eine Perspektive auf das gegenw2rtige Andachtsleben der Zuho¨rer (in der Eucharistie, in der go¨ttlichen Einwohnung in der Seele) ero¨ffnet, wird die biblische Vorgabe spielerisch erweitert: Die in der Predigt enthaltenen Ausku¨nfte gelangen u¨ber ihre bloßen Ortsangaben weit hinaus und geraten zu Unterweisungen der gegenw2rtigen Gl2ubigen. Ermuntert durch die Gleichsetzung mit den Ko¨nigen werden diese ihrerseits motiviert, nach Christus zu suchen. In seinem Ansatz zu den einzelnen Problemgebieten stu¨tzt sich Giselher durchgehend auf Themen und Motive aus der ›Summa Theologiae‹ (ST) des Thomas von ¨ bernahmen stammen aus verstreuten Teilen der ST: vor allem Aquin.5 Die stofflichen U 4

5

Vgl. Rm 7,5 f.: Cum enim essemus in carne, passiones peccatorum, quae per legem erant, operabantur in membris nostris, ut fructificarent morti. Nunc autem soluti sumus a lege mortis, in qua detinebamur, ita ut serviamus in novitate spiritus, et non in vetustate litterae. St Thomas Aquinas, Summa Theologiae. Latin Text and English Translation, Introduction, Notes, Appendices and Glossaries, hg. von Thomas Gilby [u. a.], 61 Bde., London/New York 1963–1976 (im Folgenden: ST).

›wo ist daz wo?‹

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aus Abschnitten u¨ber die Engel (1a. 52 f.), u¨ber die Eucharistie (3a. 75 f.) und u¨ber die Heiligen Drei Ko¨nige (3a. 36). In dieser Hinsicht unterscheidet sich ›Paradisus‹ Pr. 12 von ›Paradisus‹ Pr. 25, die ebenfalls Giselher von Slatheim zugeschrieben ist: Letztere erweist sich als Umarbeitung einer einzigen quaestio aus dem (vielleicht) von Reginald von Priverno zusammengestellten ›Supplementum‹ (Sup) zur ST.6 Der von Thomas von Aquin u¨bernommene Stoff in ›Paradisus‹ Pr. 12 wurde stark popularisiert. Besonders deutlich ist Giselhers Tendenz, hier die ›leichteren‹, aber vielleicht irrefu¨hrenden Argumente aus den Einw2nden gegenu¨ber den schwierigeren Schlußfolgerungen zu bevorzugen. Die drei Teile der Predigt sind nach der Lehre von den drei Substanzen Christi gegliedert: Ko¨rper, Seele und go¨ttlicher Natur.7 Dieses Schema beruht auf der thomistischen Analyse r2umlicher Existenz (esse in loco) nach drei verschiedenen Wesenseinheiten: Ko¨rpern, Engeln und Gott. Ko¨rper (und darunter der menschliche Leib Christi) haben eine ›zirkumskriptive‹ Gegenwart kraft ihrer Ausdehnung im Raum: D. h., sie werden von ihrem Raum erhalten und eingegrenzt. Die Engel (denen die Seele Christi in diesem Zusammenhang vergleichbar ist) werden nur in dem Maße zur r2umlichen Gegenwart gebracht, wie sie eine Funktion an einer ausgedehnten Substanz ausu¨ben: Sie wirken dann auf ein begrenztes r2umliches Kontinuum, ohne es zu fu¨llen. Dies nennt man die ›definitive‹ Gegenwart. Der menschlichen Seele wird auch eine definitive Gegenwartsweise in dem von ihr informierten Leib zugeschrieben. Nur Gott (hier, die go¨ttliche Natur Christi) ist allgegenw2rtig: Sic igitur patet quod diversimode esse in loco convenit corpori, et angelo, et Deo. Nam corpus est in loco circumscriptive, quia commensuratur loco; angelus autem non circumscriptive, cum non commensuretur loco, sed definitive, quia ita est in uno loco quod non in alio; Deus autem neque circumscriptive neque definitive, quia est ubique. (ST 1a. 52,2)

Am schwierigsten und philosophisch anspruchsvollsten ist ohne Zweifel der erste Teil dieser Predigt. Die Behandlung der Eucharistie knu¨pft hier in etwas eigenartiger Weise an die Konkomitanzlehre und an die thomistische Lehre von Substanz und Akzidenzien bei der Transsubstantiation an. Dieser Teil hat auch Bezugspunkte zu einer kleinen Gruppe scholastisch orientierter Predigten in der Sammlung: Die schon erw2hnte Predigt ›Paradisus‹ 25, ebenfalls von Giselher, besch2ftigt sich ausschließlich mit der r2umlichen Existenz des verkl2rten Leibes Christi, w2hrend sich ›Paradisus‹ Pr. 23 6

7

Lauri Sepp‰nen, Studien zur Terminologie des ›Paradisus anime intelligentis‹. Beitr2ge zur Erforschung der Sprache der mittelhochdeutschen Mystik und Scholastik, Helsinki 1964 (Me´moires de la Societe´ Ne´ophilologique de Helsinki 27), S. 219–225; Supplementum tertiae partis Summae Theologiae, in: Thomas Aquinas, Summa Theologiae, Alba/Rom 1962 (Editiones Paulinae), S. 2375–2777. Dieses Schema bietet auch das Aufbauprinzip fu¨r die Predigt ›Paradisus‹ 6, in welcher Thomas von Apolda die drei Sinne diskutiert, in welchen man die Geburt Christi verstehen kann: alse dri personen sint in der gotheit und ein substantia oder wesin, also ist in Christo ein persone und dri substancie oder wesin, daz ist gotheit, sele und lip, und noch disin drin substancien oder wesin hait her dri gebort. die ersten von deme vadere an der gotheit, die anderen von der mudir an der mensheit, di dritten von deme heiligen geist in des gudin menschin sele. (›Paradisus‹ Pr. 6, Strauch, S. 19,19–24)

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Annette Volfing

(Eckhart Rube) und ›Paradisus‹ Pr. 63 (Florentius von Utrecht) mit der Eucharistie und mit der Konkomitanzlehre befassen. Was ›Paradisus‹ Pr. 12 aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, daß die verschiedenen, mehr oder weniger komplizierten theologischen Einzelprobleme in eine breitere Konzeption eingebettet werden. Obwohl die Lehre von den drei christlichen Substanzen und das System der drei Gegenwartsweisen etabliertes Gedankengut darstellen, liegt in ihrer Kombination ein innovativer Ansatz. Die Koppelung beider Schemata fungiert als Gliederungsprinzip, nach dem die Problematisierung des Terminus wo systematisch entwickelt wird. Die Entscheidung, diesen Terminus in den Vordergrund zu ru¨cken, hat Giselher offensichtlich nicht aus Thomas von Aquin hergeleitet. W2hrend n2mlich Thomas viel Gebrauch von den Ausdru¨cken localiter und esse in loco macht, kommt die interrogative Form ubi in den entsprechenden quaestiones der ST kaum vor, obwohl sie in der Diskussion der Eucharistie einmal als zu den neun genera accidentium geho¨rig erw2hnt wird.8 Die wiederholte Betonung dieses Terminus, mit abwechselndem interrogativen und substantivischen Gebrauch (wie z. B. in den schon erw2hnten Formulierungen daz wo des aldin und daz wo des nuwin), ist nicht ohne poetischen Widerhall und kommt sogar gewissen Zu¨gen religio¨ser Spekulation in den Werken der Spruchdichter Frauenlob und Heinrich von Mu¨geln gleich. Auf einer Ebene ist der substantivische Gebrauch vom wo als Teil des Prozesses der Etablierung volkssprachlicher Lquivalente fu¨r die aristotelischen praedicamenta anzusehen; auf einer anderen spiegelt er das heranwachsende Interesse gelehrter volksprachlicher Dichter an der Mo¨glichkeit wider, diese praedicamenta auf Christus, und besonders auf den Leib Christi, anzuwenden. Rein formal bildet Frauenlobs ›Marienleich‹ vielleicht die naheliegendste Parallelstelle. Dort macht Maria bei ihrer expositio der praedicamenta in Bezug auf Christus auch substantivischen Gebrauch vom Terminus wo.9 Aber auch im etwas sp2teren allegorischen Werk ›Der meide kranz‹ (MK) Heinrichs von Mu¨geln (nach 1355) wird die r2umliche Existenz Christi bewußt hervorgehoben.10 In ihrer Rede betont die Personifikation Geometria, daß es ihr mo¨glich w2re, die r2umliche Ausdehnung der Glieder Christi zu messen: nie lib an mine linie wart. da got sin kint in menschen art sant, ich maß im sin gelit nach rechter linien art gesit. (MK V. 405–408) 8

9

10

ST 3a. 76, 5, iii: Præterea, in hoc sacramento, sicut dictum est, corpus Christi est cum sua quantitate dimensiva et cum omnibus suis accidentibus. Sed esse in loco est accidens corporis, unde et ubi connumeratur inter novem genera accidentium. Ergo corpus Christi est in hoc sacramento localiter. Frauenlob (Heinrich von Meissen), Leichs, Sangspru¨che, Lieder, auf Grund der Vorarbeiten von Helmuth Thomas hg. von Karl Stackmann und Karl Bertau, Go¨ttingen 1981 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Go¨ttingen, philol.-hist. Kl., 3. Folge 119), I,16,7. Ein weiteres Beispiel des substantivischen Gebrauchs von wo bietet auch V,100,6: sie claget ouch, daz ir nicht erkennet wenn und wa der wu¨nne. Heinrich von Mu¨geln, Der meide kranz, hg. von Karl Stackmann, in: Die kleineren Dichtungen Heinrichs von Mu¨geln. Zweite Abteilung, Berlin 2003 (DTM 84), S. 47–203 (im Folgenden: MK).

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›wo ist daz wo?‹

Dieses Vermo¨gen, den Ko¨rper Christi als ein ander dink messen zu ko¨nnen, gilt sogar als Ho¨hepunkt ihrer Selbstdarstellung und als Begru¨ndung fu¨r ihren Anspruch auf einen Platz in der Krone Mariens: sint das min zirkellinien ban den schepher der naturen kan messen sam ein ander ding, des bin ich aller ku¨nste ring und mag ouch in der kronen stan der meide gotes ane ban, sint ich den sichtiglichen maß, der vor uß allem zirkel was. (MK V. 411–418)

Die Menschwerdung Christi impliziert ko¨rperliche groze (›Ausdehnung‹) und stat (›Raum‹) und sie unterscheidet dadurch den Sohn vom Vater. Daß diese Eigenschaften gerade nicht fu¨r den Vater gelten, wird im Prolog zu MK betont: naturen hant dich nie begreif, das sie dir, schepher, gebe stat. (MK V. 10 f.)

Indem er die Form einer volkssprachlichen Predigt ausnutzt, um u¨ber die r2umliche Existenz des Ko¨rpers und der Seele Christi nachzudenken, partizipiert Giselher an einer breiten spekulativen Diskussion, die Bezu¨ge zur volksprachlichen Dichtung wie auch zur lateinischen Dogmatik aufweist.

II Bei der detaillierten Analyse der verschiedenen Teile der Predigt enthu¨llt sich hinter dem Gewebe von u¨berlieferten und umgestalteten scholastischen Spitzfindigkeiten die thematische Einheit des Textes. Einfu¨hrung Die Predigt f2ngt etwas u¨berraschend mit einer Bemerkung zum Wesen der Kometen an: di meistere sprechin, wan der comete irschine an deme ostin, daz si ein zeichin daz di gudin herschaft sullin habin ubir di bosin; abir alse he irschinit an dem weisten, so ist he ein zechin daz di bosin sollin herschaft habin uber di gudin. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,15–18)

Die Relevanz dieser Ausfu¨hrungen fu¨r die Bibelstelle erweist sich erst in den n2chsten S2tzen mit der Erw2hnung der Ko¨nige und des Leitsternes: wedir dirre sterre ein comete were, alse etliche meistere wollin, oder nicht, wi ez darumme was, so halde wir uns an unsin cristenen gloubin. dise dri kunige warin meistere von kunsten, den dirre sterre irschein an dem osten, der in waz ein zeichin daz der geborin was den der sterre bezeichinte, der herre was ubir himmil und ubir erdin. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,18–22)

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Annette Volfing

Giselher weigert sich, eine eindeutige Antwort darauf zu geben, ob dieser Stern ein Komet war, und begnu¨gt sich mit der Aussage, daß es fu¨r die Interpretation keinen Unterschied machen wu¨rde, da sein Erscheinen im Osten tats2chlich den Sieg des Guten u¨ber das Bo¨se bekanntgegeben habe, genau wie bei einem Kometen. Hier unterscheidet sich Giselher von Thomas, der die Identifikation des Sterns mit einem Kometen beharrlich in Abrede stellt (ST 3a. 36, 7, ad iii); doch gibt Thomas zu, man ko¨nne den Stern so interpretieren, als w2re er ein Komet gewesen, da beide Ph2nomene Ausku¨nfte u¨ber die kommende Herrschaft eines großen Ko¨nigs erteilen:11 Et tamen non omnino aberat significatio cometarum, quia cæleste regnum Christi »comminuit et consumit universa regna terræ, et ipsum stabit in æternum« (Dn 2,44). (ST 3a. 36, 7, ad iii)

Obwohl die von Thomas erw2hnte significatio nicht identisch mit derjenigen in der Predigt ist, konvergieren beide Bedeutungen darin, daß sie die gleiche Interpretation von Leitstern und Komet billigen. Diese Bemerkungen zum Wesen des Sternes wirken vielleicht etwas abwegig im Kontext des folgenden Diskussionsinhalts. Dennoch mag die Betonung der genauen Ortsangabe analog sein zur Rechtfertigung des christologischen Gebrauchs vom Terminus wo. Fu¨r die Interpretation eines Kometen sei es (laut Giselher) von grundlegender Bedeutung, ob er im Osten oder im Westen erscheine; und der Leitstern lasse sich ebenso deuten. Bei der Interpretation eines Himmelsko¨rpers, der auf die Herrschaft Christi hindeutet, sei die Frage wo? also nicht nur berechtigt, sondern sogar unentbehrlich; und daraus ko¨nne man folgern, die Frage wo? sei ebenfalls wichtig und berechtigt in bezug auf Christus selbst. Als n2chstes wendet sich die Predigt der Tatsache zu, daß die Heiligen Drei Ko¨nige sich nur auf den go¨ttlichen Leitstern verließen, bis sie nach Jerusalem gelangten, danach aber, vielleicht to¨richterweise, um menschlichen Rat baten, indem sie nach dem Ort des neugeborenen Ko¨nigs fragten: du si quamin zu Jerusalem und vrogiten wo he were, du si menslichin troist suchtin und rait, du forlorin si gotlichin troist zu hant. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,22–24)

Thomas w2gt auch die Mo¨glichkeit ab (ST 3a. 36, 8, iii und ad iii), die Ko¨nige h2tten dadurch falsch oder tadelnswert gehandelt, kommt aber zum Schluß, daß dies nicht der Fall sei, erstens weil der Stern nach der Ankunft in Jerusalem nicht l2nger sichtbar gewesen sei und zweitens weil die o¨ffentliche Bekanntmachung der Geburt Christi angemessen gewesen sei. Giselher unterscheidet sich also nochmals von Thomas, wohl um die Heiligen Drei Ko¨nige als Exemplum fu¨r die didaktische Pointe zu benutzen, daß man sich besser auf Gott verlasse als auf die Menschen:

11

In MK 473–482 erw2hnt die Personifikation Astronomia Kometen in lockerer Anknu¨pfung an Weihnachten; zur Interpretation dieser Stelle siehe Annette Volfing, Heinrich von Mu¨geln, ›Der meide kranz‹. A Commentary, Tu¨bingen 1997 (MTU 111), S. 135–137.

›wo ist daz wo?‹

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wan Got ist alleine ein barmherzic vadir und ein got ganzis troistis etc. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,26 f.)

Dieses didaktische Ende der Einfu¨hrung spiegelt sich in dem Ende des dritten Teils und damit der gesamten Predigt wider, wie noch zu zeigen ist. Erster Teil: Der Leib Christi Die Diskussion des Leibes Christi im ersten Teil f2ngt mit der Darstellung einer heidnisch-philosophischen, von Aristoteles und Boethius abgeleiteten Definition von stait oder locus an: daz wort Æwoæ daz vreˆgit noch der stait. di hedenischin und di krischin meistere wollin daz lipliche dinc alleine habin stait und nicht geistliche. stait ist ein ummecreiz oder ein ummecirkil der groze, und stait ist noch der maze des daz dinne bestait wirt. waz groze hait und maze, daz ist bestadit. waz ist sin stait? di luft da rurit den lip al umme und der lip di luft an allin endin, also daz ein iclich lip fullit sine stait … (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,30–36).

Dies ist eigentlich eine Definition der zirkumskriptiven Gegenwartsweise; die Formulierung geht aber davon aus, daß dies die einzige Gegenwartsweise ist und daß das interrogative wo sich nur auf ko¨rperliche Dinge beziehen kann. Im zweiten Teil der Predigt wird diese Haltung der Meinung der heligen explizit gegenu¨bergestellt, aber in diesem ersten, ›ko¨rperlichen‹ Teil gelten di hedenischin und di krischin meistere noch als die Autorit2ten. Lhnliche Darstellungen ihrer Position findet man in etwas knapperen Formulierungen bei Thomas, wie z. B.: esse in loco est mensurari loco, et contineri a loco, ut patet per Philosophum in Physic. (ST 1a. 52, 1, iii)

Diese herko¨mmliche Auffassung vom esse in loco basiert auf zwei grundlegenden Prinzipien: erstens, daß zwei Ko¨rper nicht gleichzeitig im selben Raum zugegen sein ko¨nnen, und zweitens, daß ein Ko¨rper sich nicht gleichzeitig in mehreren nicht verbundenen R2umen oder Orten aufhalten kann.12 Beide werden von Thomas als anerkanntes Gedankengut dargelegt: Plura enim corpora non possunt esse simul in eodem loco, quia replent locum (ST 1a. 52, 3, i)

und, als Gegenprinzip: nullum corpus potest esse simul in pluribus locis (ST 3a. 75, 1, iii).

Diese Prinzipien werden im Folgenden Regel I und Regel II genannt. Giselher best2tigt beide Regeln:

12

Sepp‰nen [Anm. 6], S. 224 f.

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Annette Volfing

daz zvene libe nicht mit ein andir mugin gesin an einer stat noch ein lip in zvein stedin (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,36 f.)

und betont, daß es meistens tats2chlich der Fall war, daß der Leib Christi sich nur an einem Ort befand: daz ist gewis daz sin lip was an einir stait (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,37 f.)

und daß er diesen Raum vo¨llig fu¨llte, ohne ihn mit irgendeinem anderen Ko¨rper teilen zu mu¨ssen: und [daz sin lip was] in siner [stait], alse min lip ist. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,38)

Dann kommt Giselher aber zu zwei Beispielen, die den Regeln anscheinend widersprechen, n2mlich der Himmelfahrt und der Eucharistie. 1. Die Himmelfahrt Bei der Himmelfahrt wird Regel I, die die gemeinsame Gegenwart zweier Ko¨rper in einem Raum verbietet, gebrochen, weil die ko¨rperliche Form Christi die solide Himmelssph2re durchfuhr, ohne sie zu brechen. Thomas behandelt dasselbe Paradox in ST 3a. 57, 4, ii,13 obwohl Giselher seinen Stoff vielleicht eher aus Sup 83, der in ›Paradisus‹ Pr. 25 umgearbeiteten quaestio, u¨bernimmt.14 Jedenfalls wird das Paradox in beiden quaestiones mit einem Hinweis auf Gottes Vermo¨gen, Wunder zu wirken, abgetan.15 In beiden F2llen wird darauf verwiesen, daß Christus diese Regel mehrmals brach: sowohl bei seiner Geburt wie nach der Auferstehung, als er sich durch geschlossene Tu¨ren bewegte (Io 20,19). Diese letzte Episode bildet außerdem den Ausgangspunkt fu¨r ›Paradisus‹ Pr. 25, in welcher Giselher sich nochmals mit dem Problem befaßt wi daz mochte gesin daz sin lichame beseze di selbin stat di ein andir lichame besaz, und doch geschedin blibi von deme lichamen (›Paradisus‹ Pr. 25, Strauch, S. 59,30–32). Das Problem wird schlicht damit gelo¨st, daß die Himmelfahrt als Wunder bezeichnet wird:

13

14

15

ST 3a. 57, 4, ii: Præterea, duo corpora non possunt esse in eodem loco. Cum igitur non sit transitus de extremo in extremum nisi per medium, videtur quod Christus non potuisset ascendere super omnes cælos nisi cælum divideretur. Sup 83, 2, iii: Praeterea, corpus caeleste non potest dividi, ad minus quantum ad substantiam sphaerarum … Si ergo corpus gloriosum non potest simul esse cum alio corpore in eodem loco ratione subtilitatis, nunquam a cælum empyreum ascendere poterit. ST 3a. 57, 4, ad ii: Ad secundum dicendum quod, quamvis de natura corporis non sit quod possit esse in eodem loco cum alio corpore, tamen potest hoc Deus facere per miraculum quod in eodem loco possint esse: sicut et fecit corpus Christo ut de clauso utero beatæ Virginis exiret, et quod intravit januis clausis, sicut dicit beatus Gregorius [PL 76, Sp. 1197]. Sup 83, 2, ad iii: Ad tertium dicendum quod corpus gloriosum transibit sphaeras caelorum sine eorum divisione, non ex vi subtilitatis, sed ex divina virtute, quae eis ad nutum in omnibus subveniet.

›wo ist daz wo?‹

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wi daz gesin mochte, da habin di meistere vil rede fon, abir ir keines rede inmochte mime sinne gnugin, wan daz ich ez mit einen wondere begrifen daz ez also were und daz ez Got wol formochte. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,7–10)

Diese Regel vermag Gott also nach Belieben aufzuheben. Die Flexibilit2t der Regel I steht im scharfen Kontrast zur Festigkeit der Regel II, die die gleichzeitige Gegenwart eines Ko¨rpers in mehreren, verschiedenen R2umen verbietet – diese letztere Regel, die Sepp‰nen als das primum principum der »Wesenseinheit« beschreibt, ist unab2nderlich.16 Auch Gott vermag sie nicht zu durchbrechen. Sowohl in ›Paradisus‹ Pr. 25 wie in ›Paradisus‹ Pr. 12 betont Giselher den Unterschied zwischen den zwei Regeln: Regel I kann von Gott, aber nicht von den Gescho¨pfen aus eigener Kraft umgestoßen werden, Regel II hingegen ist wirklich unab2nderlich. In ›Paradisus‹ Pr. 25 heißt es: ez inist nicht muglich eime lichame zu sine an zvein stedin. wan eime ist daz egin daz ez ungeteilit si und ume volgit geschedin von allin. daz informac Got nicht daz ein ein si und doch geteilit. [Regel II] ez ist aber muglich daz zvene lichame sin an einir stat; ez inist aber nicht muglich keinir nature, mer wir gebin ez der gotlichin craft. [Regel I] (›Paradisus‹ Pr. 25, Strauch, S. 60,37–61,3)

und in ›Paradisus‹ Pr. 12: ez informochte daz ewige deme aldin nicht zu gebene daz ez mit ein ander zu Betlehem und zu Jerusalem were gewest. [Regel II] da mide enist nicht gotlich craft forkurzit der alle dinc formac, mer daz dinc inhait der craft nicht daz iz an ume muge geschehin, daz icht und nicht mit ein andir mugin gesin, daz zvene libe mit ein andir mugin gesin in einir stat, alse he was noch der uffirstandunge, also daz he fuir durch alle di himmile und durch den himmil der untelich und unzubrechlich ist und veste ist und nicht for gewichin mac alse di luft mime liebe. [Regel I] (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,38–31,7)

Als Folge dieser Unab2nderlichkeit der Regel II ist offensichtlich, daß das zweite Problemgebiet, die Eucharistie, schwieriger zu behandeln ist: Obwohl das Wunderbare eine Rolle in der Lo¨sung spielen muß, genu¨gt es diesmal nicht, den Verstoß gegen die Regel einfach als wondere zu beschreiben. Die Leichtigkeit, mit welcher das Problem der Auferstehung gelo¨st wurde, dient rhetorisch dazu, die Schwierigkeit der entgegengesetzten Situation, der Eucharistie, zu unterstreichen. 2. Die Eucharistie Die offizielle (thomistische) Lo¨sung zum Problem der Eucharistie kann kurz zusammengefaßt werden:17 Localiter sei der natu¨rliche, verkl2rte Leib Christi immer nur an 16 17

Sepp‰nen [Anm. 6], S. 224. Auf den Einwand, der Leib Christi ko¨nne nicht gleichzeitig im Himmel und in den eucharistischen Gestalten zugegen sein (ST 3a. 75, 1, iii: Præterea, nullum corpus potest esse simul in pluribus locis, cum nec angelo hoc conveniat: eadem enim ratione posset esse ubique. Sed corpus Christi est verum corpus, et est in cælo. Ergo videtur quod non sit secundum veritatem in sacramento altaris, sed solum sicut in signo), gibt Thomas folgende Antwort (ST 3a. 75, 1, ad iii): Ad tertium dicendum quod corpus Christi non est eo modo in sacramento sicut corpus in loco, quod suis dimensionibus loco commensuratur: sed quodam speciali modo,

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Annette Volfing

einem Ort zugegen, n2mlich im Himmel. In den eucharistischen Gestalten sei der Leib Christi nicht localiter zugegen, sondern sacramentaliter: Als Folge der Transsubstantiationslehre werde nur die Substanz der Gestalten in Leib und Blut verwandelt. Und da quantitas oder Ausdehnung nicht zur Substanz geho¨re, habe der gewandelte Leib keine lokale Gegenwart. R2umlich gegenw2rtig seien nur die Akzidenzien des Brotes und des Weines. Das Opfer des sakramentalen Leibes und Blutes in der Eucharistie spiegele das Opfer des natu¨rlichen Leibes Christi am Kreuze wider, sei aber nicht mit diesem identisch. Giselher greift auf Teile dieser Erkl2rung zuru¨ck, obwohl er den Unterschied zwischen dem verkl2rten, im Himmel zirkumskriptiv gegenw2rtigen Leib und dem eucharistischen, nicht r2umlich pr2senten Leib Christi nie ausdru¨cklich betont. Durch erl2uternde Bemerkungen zu diesem Unterschied, wie man sie zum Beispiel bei Florentius von Utrecht findet, h2tte Giselhers Darstellung sicher an Klarheit gewonnen. Florentius sagt: daz auch der lichame unsis herrin an vil stedin gesıˆn mac mit ein ander, daz ist auch fon der forwandelunge, wan di forwandelunge alleine da ist in di nature und in daz wesin des lichamin, und also inhait der lichame keine ordenunge zu keinir stat. dar umme mac he gesıˆn an vil stedin mit ein andir. man insal nicht weˆnin daz unsis herren lichame her nider cume fon deme himmele in des pristirs hende. queˆme sin lichame her nidir mit sıˆnir groˆze alse he daˆ ist, soˆ inmochte he in deme himmele di wile nicht gesıˆn, wan kein lichame mit sıˆnir groˆze inmac mit ein andir gesin an zwein stedin. (›Paradisus‹ Pr. 63, Strauch, S. 136,4–11)

Stattdessen setzt Giselher bei der Transsubstantiation an. Was er diesbezu¨glich zu sagen hat, ist an und fu¨r sich anspruchslos und gibt keinen Anlaß zu Kontroversen. Er erkl2rt, wie nur die Substanz des Brotes gewandelt werde, w2hrend die Akzidenzien blieben. Da groze (›Ausdehnung‹) zu den Akzidenzien geho¨re, nehme sie nicht an der Verwandlung teil; der substantielle Leib Christi in den eucharistischen Gestalten sei also ohne groze – und, so wird angedeutet, folglich auch ohne stat. Deshalb werde die Regel II also doch nicht gebrochen: daz godis lichame da ist zu male uf tusint altarin, daz ist wol moglich, wan di wort di der prister sprichit, wandelin nicht wan di brotheit in den lichamen unsis herren; one groze. di sinewellikeit und di wize und waz man da sihit und smeckit, licht und svere, daz enist nicht brotheit, mer ez ist ein aneval des brodis. groze ist ouch ein aneval des liebis, si in ist der lip nicht. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,11–16)

In seinem Bemu¨hen, die Problematik zu veranschaulichen, bedient sich Giselher auch beispielhafter Hinweise auf den lıˆp des sprechenden Ichs. Dieser lıˆp gilt ihm als Maßstab ko¨rperlicher Norm, an welchem der Sonderfall des Leibes Christi erl2utert wird:

qui est proprius huic sacramento. Unde dicimus quod corpus Christi est in diversis altaribus, non sicut in diversis locis, sed sicut in sacramento. Per quod non intelligimus quod Christus sit ibi solum sicut in signo, licet sacramentum sit in genere signi: sed intelligimus corpus Christi hic esse, sicut dictum est, secundum proprium modum huic sacramento.

›wo ist daz wo?‹

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daz ist gewis daz sin lip was an einir stait und in siner, alse min lip ist. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 30,37 f.); [der] himmil der untelich und unzubrechlich ist und veste ist und nicht for gewichin mac alse di luft mime liebe. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,6 f.); also cumit he fon einir stait zu der anderin, daz he daz mittil nicht durchverit alse mıˆn lıˆp muˆiz. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,38–32,2)

Im Kontext der Eucharistie wird diese rhetorische Praxis zu einem argumentum ex impossibile ausgebildet – d. h., daß die Unmo¨glichkeit der Pr2misse durch eine unannehmbare Schlußfolgerung bewiesen wird:18 were min lieb one groze, so were ich also wol zu Rome alse hi. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,17)

Die Schlußfolgerung (so were ich also wol zu Rome alse hi) ist unannehmbar, weil sie implizit dem Sprecher-Ich die go¨ttliche Allgegenwart zuschreibt.19 Dadurch wird klargemacht, daß ein normaler Ko¨rper der groze nicht entbehren kann (obwohl die groze nur ein aneval des Ko¨rpers ist), und daß es außerhalb des eucharistischen Kontextes kaum sinnvoll w2re, daru¨ber nachzudenken, wie der Leib des sprechenden Ichs ohne Ausdehnung existieren ko¨nnte. Auf die grundlegende Frage, wie es mo¨glich ist, daß bei der Transsubstantiation die Akzidenzien bestehen, w2hrend die brotheit gewandelt wird, gibt Giselher keine Antwort außer der kurzen Aussage waz den aneval inthalde, daz ist gotliche craft. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,17 f.) In der ausfu¨hrlicheren Darstellung des Aquinaten (ST 3a. 77) wird aber klargemacht, daß allein das Akzidens der quantitas (d. h. der groze) auf wunderbare Weise ohne die Substanz weiterexistieren kann, w2hrend ihm die anderen Akzidenzien als quasi-Substanz inh2rieren. Bis auf diesen Punkt hat Giselher eine ziemlich koh2rente Lo¨sung zum Problem der Eucharistie geboten. Im letzten Satz dieses Teils macht er aber einen etwas r2tselhaften Hinweis auf die Meinung gewisser Meister, der eucharistische Leib Christi habe doch stait – d. h., sei doch localiter zugegen. Wer diese Meister sind, wird nicht ganz klar – mit ihrem besonderen Ansatz zur Eucharistie unterscheiden sie sich offensichtlich von den am Anfang dieses Teiles erw2hnten hedenischin und krischin Meistern. Ob Giselher ihrer Meinung zustimmt oder sie ablehnt, bleibt offen:

18 19

Logisch folgen sowohl falsche wie wahre S2tze aus einer unwahren Pr2misse. Eine 2hnliche Argumentationsstruktur benutzt Thomas in ST 3a. 75, 1, iii (siehe Anm. 17): Præterea, nullum corpus potest esse simul in pluribus locis, cum nec angelo hoc conveniat: eadem enim ratione posset esse ubique. (Zusammenfassend: Wenn Ko¨rper oder Engel die F2higkeit h2tten, sich gleichzeitig an mehreren St2tten aufzuhalten, wu¨rden sie teil an der Allgegenw2rtigkeit Gottes haben, was unannehmbar w2re. Also ko¨nnen sie diese F2higkeit nicht haben.) Die Erl2uterung zu dieser Stelle in der Edition (Bd. 58, S. 55) lautet: »This argument from angelology is very compressed […] An angel is where he operates. Since his power of operation is finite, there is a definite local limit to the field of his action on bodies. Only God can be everywhere.«

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Annette Volfing

nu wollin di meistere deme libe doch stait gebin und sprechin: alleine fon der craft des sacramentis nicht me gewandelit werde dan di broitheit in den lip, so hait doch die groze ein naturliche nochvolgunge deme liebe alse ein iclich groze volgit urme libe naturliche. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,18–21)

¨ bersetzung von concomitantia naturalis – Giselher Ein naturliche nochvolgunge ist die U versucht also, die Konkomitanzlehre mit in die Diskussion zu bringen, vielleicht ohne ganz zu verstehen, was sich daraus u¨berhaupt ergeben ko¨nnte, denn concomitantia naturalis hat normalerweise nichts zu tun mit der Frage nach der stat eines Leibes. Stattdessen dient die Konkomitanzlehre im Kontext der Eucharistie dazu, zwei Prinzipien zu best2tigen: erstens, daß alle drei Substanzen Christi (d. h. Seele, go¨ttliche Natur sowie der Leib) in der Eucharistie gegenw2rtig seien, und zweitens, daß unter jeder sakramentalen Gestalt Leib und Blut gegeben seien. In diesem Sinne wird der Terminus naturliche nochvolgunge auch anderswo in der Sammlung gebraucht, zum Beispiel bei Florentius von Utrecht: wan der pristir sprichit dise wort ›hoc est etc.‹ fon der craft der worte so inist da nicht me dan der lichame, aber fon einir naturlichin noˆchvolgunge. wan lip und sele und gotheit mit ein ander foreinit sin, so ist da diz bluit und di sele und di gotheit. also sal man auch fornemin fon den wortin di man sprichit uber den wıˆn: ›hic est calix sanguinis‹. fon craft der worte so inwirdit nicht meˆ gewandelit dan der win zu Christi blude; aber fon einir naturlichin nochvolgunge, id est naturalis concomitancia, so ist da werliche Got und mensche Ihesus Christus. (›Paradisus‹ Pr. 63, Strauch, S. 135,22–29)

Die einzige Ausnahme zu dieser Regel w2re die hypothetische Situation, in welcher ein Priester eine Messe am urspru¨nglichen Karfreitag gesprochen h2tte: und hette ein apostolus messe gesprochin an dem carfrıˆtage du Christus tot was an dem cruce, alse he di wort gesprochin hette: ›dit ist min lichame‹, so were da gewest der lichame one bluit, wan daz zu dem mal uz deme lichamen gegozzin was. he were auch gewesit one sele, wan si auch du fon deme libe gescheidin was. aber di gotheit were da gewest, wan di fon libe noch fon sele ni gescheidin inwart. und also sal man auch fornemin fon dem blude. (›Paradisus‹ Pr. 63, Strauch, S. 135,29–35)20

Außerhalb des engen Kontexts der Eucharistie wird der Terminus concomitantia naturalis auch in einem allgemeineren Sinne gebraucht, um zu beschreiben, wie Akzidenzien der Substanz folgen, in welcher sie inh2rieren; und nach diesem allgemeineren Gebrauch w2re es vielleicht legitim, dem eucharistischen Leibe Christi gewisse Akzidenzien zuzuschreiben. Thomas, zum Beispiel, erlaubt die Mo¨glichkeit, daß die quantitativen Dimensionen Christi in den eucharistischen Gestalten als Folge der concomitancia naturalis zugegen seien (ST 3a. 76, 3); dies bedeute aber nicht, daß der Leib Christi tats2chlich per modum dimensionum oder localiter zugegen sei. Diese Mo¨glichkeit wird zwar erwogen: 20

Vgl. ST 3a. 76, 2: Unde, si tunc [tempore passionis et mortis] fuisset hoc sacramentum celebratum, sub speciebus panis fuisset corpus Christi sine sanguine, et sub specie vini sanguis sine corpore: sicut erat in rei veritate.

›wo ist daz wo?‹

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Præterea, in hoc sacramento, sicut dictum est, corpus Christi est cum sua quantitate dimensiva et cum omnibus suis accidentibus. Sed esse in loco est accidens corporis, unde et ubi connumeratur inter novem genera accidentium. Ergo corpus Christi est in hoc sacramento localiter (ST 3a. 76, 5, iii),

aber anschließend verworfen. Die Konkomitanzlehre besage zwar, daß die Akzidenzien in der Eucharistie bei der Substanz bleiben – dies treffe aber nur auf die intrinsischen Akzidenzien zu, nicht auf die extrinsischen. Die Eigenschaft, an einem bestimmten Ort zu sein, sei ein extrinsisches Akzidens: Ad tertium dicendum est quod accidentia corporis Christi sunt in hoc sacramento, sicut supra dictum est, secundum realem concomitantiam. Et ideo illa accidentia corporis Christi sunt in hoc sacramento quæ sunt ei intrinseca. Esse autem in loco est accidens per comparationem ad extrinsecum continens. Et ideo non oportet quod Christus sit in hoc sacramento sicut in loco. (ST 3a. 76, 5, ad iii)

Nichtsdestoweniger scheint es, daß Giselher, oder wenigstens die meistere, deren Ansicht er zitiert, genau das behaupten, was Thomas eben verneint hat und was der ganzen vorausgehenden Diskussion widerspricht: n2mlich, daß die Lehre der concomitantia naturalis dazu dient, die stat oder die r2umliche Existenz des eucharistischen Leibes Christi zu beweisen. Dies aber ist genau die Schlußfolgerung, die Giselher eher vermeiden sollte, wenn er vorhat, die Unab2nderlichkeit der Regel II beizubehalten. An diesem Punkt ließe sich einwenden, daß Giselher seine mutmaßliche Mißbilligung der Meister nicht genu¨gend klar macht. Vielleicht ist der Predigttext hier unvollst2ndig. Der Hinweis auf die Meinung der Meister w2re dann nicht kommentarlos vorgebracht, sondern wu¨rde eher als Stichwort fu¨r den Prediger fungieren, der dann ein quasi-improvisiertes Gegenargument auszufalten h2tte. Andererseits ist die weit einfachere Erkl2rung der Substanzen und Akzidenzien vo¨llig ausgearbeitet, und die Predigt als Ganzes gibt eher den Eindruck eines fertigen Lesetexts als jenen einer Reihe von Stichwo¨rtern oder Regieanweisungen. Da diese Predigt ja auch dazu tendiert, gerade diejenigen Argumente zu bevorzugen, die Thomas von Aquin verwirft, ist die Meinung der Meister wahrscheinlich als positive Erg2nzung zum schon entworfenen Modell gedacht – obwohl die Logik dieses Satzes etwas unbefriedigend ist. Zweiter Teil: Die Seele Christi und die Ho¨llenfahrt Im zweiten Teil der Predigt befaßt sich Giselher mit dem Problem der Lokalisierung der Seele: Wie ist die Aussage mo¨glich, die ko¨rperlose Seele Christi sei in der Ho¨lle gewesen? Dies wird dann erkl2rt durch eine Darstellung der definitiven Gegenwartsweise der Engel: Wenn man geistigen Substanzen wie den Engeln eine r2umliche Gegenwart (esse in loco) als Folge ihres wirkurs2chlichen Einflusses an lokalisierten Dingen zuschreiben kann, gilt das ebenfalls fu¨r eine von ihrem Leibe getrennte menschliche Seele. Dieser Ansatz kommt auch bei Thomas vor, bewegt sich jedoch nahe an einem Zirkelschluß: In ST 3a. 52, 1, ad iii beweist Thomas die Ho¨llenfahrt

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mit dem Hinweis auf die r2umliche Bewegung der Engel, w2hrend er in ST 1a. 53, 1 (Sed contra) die Mo¨glichkeit der Engelsbewegung durch Analogie mit der Ho¨llenfahrt begru¨ndet. ¨ berzeugung der alten Als Anfang dieses Teils wiederholt Giselher nochmals die U Meister, nur ko¨rperliche Dinge seien lokalisierbar: hedenische meistere und krische meistere wollint daz geistliche dinc nicht stait inhabin. si insint nirgin, sprechin si, und sint doch. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,25–27)

Dies stimme aber nicht u¨berein mit der christlichen Offenbarung, in welcher bekanntgemacht werde, die Engel bef2nden sich an bestimmten Orten: mer unsi heligin meistere sprechin daz si stat habin; si gebin stat den engilen. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,27 f.)

Diesen scheinbaren Konflikt erw2hnt auch Thomas in ST 1a. 8, 2, i und ad i. Gegen die Aussage des Boethius incorporalia non sunt in loco (i) macht Thomas auf die definitive Gegenwartsweise aufmerksam: incorporalia non sunt in loco per contactum quantitatis dimensivæ sicut corpora, sed per contactum virtutis (ad i). Der Ort eines Engels ist also mit dem Raum seines Einflusses identisch: nu sprechin di heligin, da he wirkit an liplichin dingin, da ist sin stait. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,30 f.)

Wie Thomas behauptet Giselher, die Engel h2tten nur begrenztes Vermo¨gen und ko¨nnten deshalb nur auf einen begrenzten Raum wirken. Da sie nicht gleichzeitig an allen Orten t2tig sein ko¨nnten, teilen sie nicht die wahre Ubiquit2t Gottes (vgl. ST 1a. 8, 2): alse he eine stat irluchtit oder bewegit sin zu kerin zu deme werke, da ist he bestait, alse daz he di wile nicht mac gewirkin an einir anderin stait. daz ist da fon daz sin craft gemezegit ist. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,31–33)

Die Art und Weise, wie die Engel von einem Ort zum anderen gelangen, ist fu¨r die Ho¨llenfahrt relevant, da das Glaubensbekenntnis mit den Worten descendit ad inferos eigentlich das wohin statt des wo Christi hervorhebt. In seiner Behandlung der Ho¨llenfahrt macht auch Thomas Gebrauch von der Analogie mit der Bewegung der Engel. Einerseits ko¨nnte man einwenden, Non autem videtur quod secundum animam solam ad infernum descenderit, quia anima, cum sit incorporea, non videtur quod localiter possit moveri: hoc enim est corporum, ut probatur in VI Physic.; descensus autem motum corporalem importat. (ST 3a. 52, 1, iii)

Dem w2re zu entgegnen: Ad tertium dicendum quod anima Christi non descendit ad inferos eo genere motus quo corpora moventur, sed eo genere motus quo angeli moventur, sicut in Prima Parte habitum est. (ST 3a. 52, 1, ad iii)

›wo ist daz wo?‹

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Laut Thomas ko¨nnen die Engel sich diskontinuierlich oder kontinuierlich bewegen; Giselher konzentriert sich aber auf den Teil des Arguments, der durch eine Analogie zwischen Engelsbewegung und menschlichem Denken die Mo¨glichkeit der diskontinuierlichen Bewegung hervorhebt: Sed anima nostra sua cogitatione potest transire de uno extremo in aliud, non pertranseundo medium; possum enim cogitare Galliam et postea Syriam nihil cogitando de Italia, quæ est in medio. Ergo multo magis angelus potest de uno extreme transire ad aliud non per medium. (ST 1a. 53, 2, ii)

Dasselbe Argument wiederholt Giselher: der engil cumit von einir stait zu der anderin ubir tusint mile in eime ouginblicke, also daz he daz mittil nicht durchwadin noch durchfarin indarf. alse min gedanc gedenkit von wizir varwe zu svarzir, di da ein ummevanc sint allir varwe, alse daz ich an daz mittil daz schussin wiseme und swarzime ist, (daz ist allirleige varwe, roit, geil, grune und allirleige varwe), nicht indenke: also cumit he fon einir stait zu der anderin, daz he daz mittil nicht durchverit alse mıˆn lıˆp muˆiz. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 31,33–32,2)

Bei Giselher ersetzen die Farben des Regenbogens die verschiedenen geographischen Orte der ST, was die Analogie schw2cht. Im Kontext der r2umlichen Bewegung ist der Gedankensprung von Frankreich nach Syrien sinnvoller als der Gedankensprung von der Farbe Weiß zur Farbe Schwarz, die ja nicht ubir tusint mile voneinander entfernt liegen. Leider wird sogar die bessere, geographische Fassung der Analogie von Thomas verworfen, mit der Begru¨ndung, an verschiedene Orte zu denken sei etwas ganz anderes als sich an verschiedenen Orten aufzuhalten: Ad secundum dicendum quod dum angelus movetur localiter applicatur ejus essentia diversis locis, animæ autem essentia non applicatur rebus quas cogitat, sed potius res cogitatæ sunt in ipsa; et ideo non est simile. (ST 1a. 53, 2, ad ii)

Wir haben also nochmals ein Beispiel davon, wie Giselher irrefu¨hrenden, aber leicht zug2nglichen Stoff aus der ST inkorporiert und auf die ›echten‹ Schlußfolgerungen des Aquinaten verzichtet. Es folgen dann einige Bemerkungen zur Engellehre, die an und fu¨r sich nur wenig mit der Ho¨llenfahrt, oder mit Christus u¨berhaupt, zu tun haben. Zuerst wiederholt Giselher, mit einer kleinen Variation in der Begru¨ndung, die Lehre des Aquinaten, daß die Engel nie zusammen wirken.21 Dann vertritt er die Meinung, daß r2umliche Gegenwart fu¨r die Engel zwar mo¨glich, aber nicht wesentlich sei: Wenn die materielle Welt nicht geschaffen worden w2re, h2tten die Engel trotzdem subsistieren ko¨nnen. Zuletzt werden all diese Beobachtungen (mit wechselnder Berechtigung) auf die Ho¨llenfahrt bezogen: also was di sele Christi in der helle, du si di helle irluchte und irloiste di irlosit soldin und mochtin werdin. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,13 f.) 21

Vgl. ST 1a. 52, 3.

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Annette Volfing

Dritter Teil: Die go¨ttliche Natur Christi Im dritten Teil der Predigt, der die Gegenwartsweise Christi an deme ewigin behandelt, beruft sich Giselher auf das herko¨mmliche Prinzip der kausalen Existenz Gottes in seinen Gescho¨pfen:22 [he ist] in allin creaturen innewendigir in mit sime wesine wan si un selbin sin, wan sin wesin ist ein sache fon deme alle wesin vlizin allir creature. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,15–17)

Hier wird nicht unterschieden zwischen der go¨ttlichen Natur der zweiten Person der Trinit2t und der go¨ttlichen Natur Gottes im allgemeinen, popul2ren Sinn. Christ an deme ewigin wird in der normalerweise zum Vater geho¨renden Scho¨pferrolle dargestellt. Durch diese Betonung der Scho¨pferrolle Christi entsteht eine Kontinuit2t zur vorgehenden Behandlung der Engellehre: Da im zweiten Teil die r2umliche Existenz der Engel best2tigt wurde, ist Giselher nun in der Lage, Gott r2umliche Existenz auf Grund seiner Rolle als Scho¨pfer und Erhalter, nicht nur der ko¨rperlichen Dinge, sondern auch der Engel, zuzuschreiben: wo ein iclich dinc wirkit, da muiz iz sin. darumme sprechen wir in unsime geloubin daz he hait geschaffin di gesichticlichin und unsichticlichen dinc. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,17–19)

In diesem Zusammenhang wird der Glaube verworfen, Gott habe die ko¨rperlichen Substanzen nicht selber geschaffen, sondern einem anderen Gott diese Aufgabe u¨berlassen: daz ist wider di ketzir, di da sprachin di gesichticlichin dinc hette ein andir got gemachit. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,19 f.)

Dies ist keine bloße Nebenbemerkung, sondern eine emphatische Behauptung des Engagements Gottes mit seiner Scho¨pfung: Gott habe seine Scho¨pfert2tigkeit keineswegs delegiert und sei nicht zu besch2ftigt, um seine Gescho¨pfe durch creatio continua zu erhalten oder Aufsicht u¨ber die Handlungen der Einzelnen zu fu¨hren: daz ist ouch wider di ketzir, di da sprachin: ›Got hat so vile zu tune dort obine mit sinen geistlichen creaturen daz her nummir her nider gelugite zu disin liplichin dingin‹. he ist ouch in allin dingen mit siner gewalt, daz he si beheldit an urme wesine, daz si icht zu nichte werdin. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,21–25)

¨ bergang zur letzten, moraldidaktischen Dadurch gewinnt Giselher einen glatten U Pointe zum Predigtthema: daß Gott in seiner Scho¨pfung nicht nur als allgemeine causa existiere, sondern eine besondere Gegenwartsweise in der Seele der tugendhaften Gl2ubigen genieße:

22

Vgl. ST 1a. 8, 2.

›wo ist daz wo?‹

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abir sundirlichen ist he in guden luden mit sinir gnade in deme bekentnisse und in der minne. (›Paradisus‹ Pr. 12, Strauch, S. 32,25 f.)

Die Gegenu¨berstellung von bekenntnis und minne hier und in den folgenden S2tzen bietet natu¨rlich einen wichtigen Anknu¨pfungspunkt zu einem der Grundthemen der Sammlung: Vernunft versus Wille. Dennoch begnu¨gt sich Giselher mit der Beteuerung, beide facultates sollten Gott als ihr Objekt haben – er beteiligt sich nicht an der relativen Bewertung der beiden. Wichtiger ist der Anknu¨pfungspunkt zu einem anderen prominenten Thema in der Sammlung, n2mlich der Geburt Christi innerhalb jedes Einzelnen. So erkl2rt Meister Eckhart: warumme beiden wir, warumme vasten wir, warumme tun wir alle unse werc, warumme sin wir getouft, warumme ist Got mensche worden, daz diz hoiste was? ich spreche, darumme daz Got geborin werde in der sele und di sele in Got geborin werde (›Paradisus‹ Pr. 4, Strauch, S. 14,6–9),

und Thomas von Apolda sagt: An der dritten geburt ist Christus geheizin ein luchtinde schin, wan her di sele an der he geborin wirt, irluchtit mit bekentnisse, daz si su˚nde bekennit und sich hudit. (›Paradisus‹ Pr. 6, Strauch, S. 21,3–5)

Giselher selber spricht eher von der Existenz Gottes als von der Geburt Gottes in der Seele; dennoch ist die Lhnlichkeit zu den eben zitierten Stellen so deutlich, daß man wohl berechtigt w2re, von einer weiteren thematischen Deutung der Geburt Christi zu sprechen. Die Verbindung zwischen Predigttext und ›weihnachtlicher‹ Bibelstelle l2ßt sich also auf noch einer Ebene rechtfertigen: In diesem dritten Teil geht es nicht nur um das Wort ubi, sondern auch um natus.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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Antje Willing

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

Der Registereintrag XXIII. Omnes querebant eum tangere, quia virtus de illo exibat. hi lerit meister Hane der carmellita wilche wis di sele gesu˚nt werde di Got rurit, wan etliche richint Got, etliche…1 in Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 4rb (= O) weist die 54. Predigt der dominikanischen Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹ einem Karmeliten-Magister Hane zu.2 Ein Pruder han wird als Autor dieser Predigt im Codex Cent. VI, 46h, fol. 3v (= N2; aus dem Nu¨rnberger Dominikanerinnenkloster St. Katharina) der Stadtbibliothek Nu¨rnberg und im Codex III. 1.4Z 41, fol. 195r (= Mai4) der Universit2tsbibliothek Augsburg genannt. Ein zweiter, aus dem Nu¨rnberger Katharinenkloster stammender Codex, Cent. IV, 40 (= N1) der Stadtbibliothek Nu¨rnberg, schreibt dagegen die Predigt auf fol. 48r einem Bruder Heinreich zu. Nach dieser Vorlage wurde sp2ter in N2 das han durch Heynreich ersetzt.3 Die Korrektur in N2 du¨rfte Philipp Strauch dazu gefu¨hrt haben, in meister Hane der carmellita den englischen KarmelitenMagister Henricus de Hanna († 1299) zu sehen.4 Mehr Wahrscheinlichkeit hat allerdings der Identifizierungsvorschlag Ludwig Grasers:5 Er sieht in Hane bzw. han eine 1

2 3 4

5

Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998 [zit.: Strauch], S. 6,10–12. Der Registereintrag zur 54. Predigt der Sammlung unterscheidet sich in O von den u¨brigen Registereintr2gen: Er ist als einziger unvollst2ndig und bricht bei der Zitierung eines Kernsatzes der Predigt ab, durch den die Thematik der Predigt angerissen wird (sonst wird sie in den Registereintr2gen von O expliziert). – Hane ist in O als Autor zweier weiterer Predigten genannt: der Predigt 3 (fol. 1ra: III. Gaudete in domino semper. in disr predigade lerit meister Hane der calmellita daz mit seis stucken di sele uf ir hohistis kumit; Strauch, S. 1,10 f.) und Pr. 30 (fol. 2va/b: XXIX. Emitte spiritum tuum et creabuntur. meister Hane der calmellita lerit wi sich des menschin geist richtin sal noch Godis geiste und noch engelischin geisten und noch redelichin menschelichen geisten, di den heilegen geist inphaen sal tegeliche; Strauch, S. 3,29–32). Ebenso in Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057. Zu den Korrekturen in N2 siehe S. 203 f. Vgl. Strauch, S. IX f. und besonders S. XXVII: »Die Predigt steht, Bruder Heinrich (d. i. Heinrich von Hanna) zugeschrieben, noch in den beiden Nu¨rnberger Handschriften Cent. IV 40 Bl. 48a und VI 46h Bl. 3b.« Strauchs These ist u¨bernommen in Karin Morvay/Dagmar Grube, Bibliographie der deutschen Predigt des Mittelalters. Vero¨ffentlichte Predigten, Mu¨nchen 1974 (MTU 47), S. 103, Nr. 209. Ludwig Graser, Meister Hane der Karmelit, Zulassungsarbeit Universit2t Wu¨rzburg 1969. Neuestens hat Freimut Lˆser die Identit2t Hanes mit einem bo¨hmischen Dominikanerprior erwogen: Meister Eckhart in Bewegung. Das mittelalterliche Erfurt als Wirkungszentrum der Dominikaner im Licht neuerer Funde, in: Meister Eckhart in Erfurt, hg. von Andreas Speer und Lydia Wegener, Berlin/New York 2005 (Miscellanea mediaevalia 32), S. 656–674.

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Antje Willing

Abku¨rzung fu¨r Johannes und identifiziert den Predigtautor mit dem Ko¨lner Magister und Karmelitenprior Johannes Vogele (bezeugt bis 1348).6

I Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten ist in insgesamt elf Handschriften u¨berliefert: H2 M35 M36 Mai4 Mai8 Me2 Me3 N1 N2 O S8

Hamburg, SUB, Cod. theol. 2057, fol. 143v–146r Mu¨nchen, UB, 8Z Cod. ms. 279, fol. 147r–148r Mu¨nchen, UB, 4Z Cod. ms. 479, fol. 147v–148v Augsburg, UB, Cod. Oett.-Wall. III. 1.4Z 41, fol. 195r–196r Augsburg, UB, Cod. Oett.-Wall. III. 1.4Z 29, fol. 110r–111r Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 705, fol. 315ra Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 1569, fol. 97v–98r Nu¨rnberg, Stadtbibliothek, Cod. Cent. IV, 40, fol. 48r/v Nu¨rnberg, Stadtbibliothek, Cod. Cent. VI, 46h, fol. 3v–5v Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, fol. 95v–97r Salzburg, Stiftsbibliothek St. Peter, Cod. b IV 19, fol. 299r–300r

Die drei 2ltesten Codices (O, H2, N1) sind um die Mitte des 14. Jahrhunderts im rheinfr2nkischen bzw. (west-)mitteldeutschen Sprachgebiet entstanden, alle anderen im 15. Jahrhundert im bairisch/o¨sterreichischen Sprachraum.7 Ein homogeneres Bild zeigt die Provenienz der Codices: Fast alle Textzeugen befanden sich im bzw. seit dem 15. Jahrhundert im Besitz geistlicher oder weltlicher Laien oder waren zumindest fu¨r Laien bestimmt. Aus Laienbru¨derbibliotheken stammen vier Codices: Eintr2ge in O auf fol. 65r und 140v weisen die Handschrift als Besitz der Mainzer Kartause (der Carthuser by Mentz) aus; die mittelalterliche Bibliothekssignatur T. 13 am Buchru¨cken des Codex S8 fu¨hrt in die Bibliothek der Laienbru¨der des Benediktinerstiftes St. Peter zu Salzburg (der Codex kam mit dem Laienbruder Paulus Krauß in das Stift, der 1462 Profeß ablegte8). Lienhart Peuger schließlich, der 1420 im Benediktinerstift Melk Profeß ablegte, fer6 7

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Vgl. Lauri Sepp‰nen, Hane der Karmelit, in: 2VL, Bd. 3, Sp. 429–431, hier Sp. 429 f. Vgl. Strauch, S. XII ff.; Nil¸fer Kr¸ger, Die theologischen Handschriften der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg. Bd. 3: Quarthandschriften und kleinere Formate (Cod. theol. 1751–2228), Hamburg 1993 (Katalog der Handschriften der Staats- und Universit2tsbibliothek Hamburg 2/3), S. 146, und Karin Schneider, Die deutschen mittelalterlichen Handschriften. Beschreibung des Buchschmucks von Heinz Zirnbauer, Wiesbaden 1965 (Die Handschriften der Stadtbibliothek Nu¨rnberg 1), S. 49. Vgl. Gerold Hayer, Deutsche Evangelistare des sp2ten Mittelalters in der Stiftsbibliothek St. Peter zu Salzburg, in: Deutsche Bibelu¨bersetzungen des Mittelalters. Beitr2ge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv. Unter Mitarbeit von Nikolaus Henkel hg. von Heimo Reinitzer, Bern [u. a.] 1991 (Vestigia Bibliae 9/10), S. 314–324, hier S. 322, Anm. 17.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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tigte Me2 und Me3 fu¨r die Melker Laienbru¨der an.9 Weitere vier Codices befanden sich ehemals im Besitz von Frauenklo¨stern: Der Besitzvermerk auf fol. 1r in H2 (Das buch heist das paradiß der selHn vnd ist gesatz dem conuent zu Sant Katherinen) weist die Handschrift als Geschenk an ein Dominikanerinnenkloster aus;10 N1 ist durch die mittelalterliche Signatur E. XVI, durch den Besitzeintrag auf fol. 1r (Das puch gehort in das kloster Kather ) sowie durch ein im Vorderdeckel eingeklebtes Inhaltsverzeichnis von der Hand der Kunigund Niklasin11 als Besitz des Nu¨rnberger Dominikanerinnenklosters St. Katharina ausgewiesen. In das Nu¨rnberger Katharinenkloster weist auch der Besitzeintrag in N2, fol. 96v (Das puch gehort in das closter zu sant Katherein prediger ordens in Nur). Bei der Herstellung von N2 ist offensichtlich die Handschrift N1 herangezogen worden. Darauf weisen Korrekturen, die eine Nachtragshand in N2 nach der Vorlage N1 vorgenommen hat (die bereits genannte Korrektur von han zu Heynreich ist hierbei am augenf2lligsten):12 Z. 64 f. ir leben ser geneiget ist ze den creaturen N1] ir leben ist sere geneigt auf creatur N2; ir leben sere geneigt ist Mai4. Z. 65 f. ich mein nicht alein den menschen N1] ich enmein nicht den menschen allein N2; ich enmein nicht den menschen Mai4. Z. 75 f. di dinch di si nicht von got scheident N1] die ding die sie von nicht von got scheiden N2; die ding die sie von nicht scheiden Mai4. Z. 78 f. er vermach chein stark werch N1] er en(ver-)mag kein starck werck N2; er enmag kein stark werk Mai4.

Daß N1 allerdings nicht die einzige Vorlage war, nach der N2 korrigiert worden ist, zeigen folgende Korrekturen: Z. 91–93 darvm ist si zu nemen di minne di bescheidenheit enthalte sie dan wider N1Mai4] darumb ist jn zu nemen diese my¨nne vnd dan wider alle gute werck zu wurcken N2. Z. 24–26 von ir weisheit so lern wir noch naturlich chunst phaffen N1] von irer weisheit sy lernten wir naturliche kunst N2; von irer weisheit so lernen wir naturliche kunst Mai4.

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Zu Lienhart Peuger und zur Laienbru¨derbibliothek in Melk vgl. Freimut Lˆser, Lienhart Peuger OSB, in: 2VL, Bd. 7, Sp. 534–537; Ders., ›Von der seˆle werdikeit und eigenschaft‹, in: 2VL, Bd. 8, Sp. 1063–1066 und Ders., Meister Eckhart in Melk. Studien zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ›Von der sel wirdichait vnd aigenschafft‹, Tu¨bingen 1999 (TTG 48). gesazt dem conuent… bedeutet hier ›dem Konvent als Eigentum gegeben, geschenkt‹ (vgl. Lexer, Mhd. HWb. II, Sp. 896). Kunigund Niklasin war von 1428 bis zu ihrem Tod 1457 Buchmeisterin im reformierten Nu¨rnberger Katharinenkloster. In ihre Amtszeit f2llt die Katalogisierung der Klosterbibliothek (der mittelalterliche Bibliothekskatalog ist erhalten in Nu¨rnberg, StB, Cod. Cent. VII, 79, fol. 88r–167v). – Die naheliegende Vermutung, daß auch der Besitzeintrag in H2 in das Nu¨rnberger Katharinenkloster weisen ko¨nnte, ist unwahrscheinlich: Die Formulierung ist gesazt ist fu¨r die Nu¨rnberger Bibliotheksvermerke ebenso ungewo¨hnlich wie die Auslassung der Angabe von Orden und Ort des Klosters. Zu dieser Frage siehe jetzt auch den Beitrag von Nigel F. Palmer in diesem Band. Bei der folgenden Wiedergabe sind durch Durchstreichung Tilgungen, durch Unterstreichung Nachtr2ge in der Handschrift gekennzeichnet. Die Zeilenangaben beziehen sich auf die Edition der Predigt am Schluß dieses Beitrages. – Die Korrekturhand in N2 hat auf den letzten leeren Seiten des Codex (fol. 174r–175r) einen Auszug aus Jan van Ruusbroecs ›Buch von den 12 Tugenden‹ abgeschrieben.

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Antje Willing

Wahrscheinlich u¨ber das oberpf2lzische Birgittenkloster Gnadenberg – seine Schwestern kamen vorwiegend aus Nu¨rnberg, Augsburg und Ulm – ist Mai4 in den Besitz des Klosters Maihingen gelangt.13 Den aus dem Nu¨rnberger Katharinenkloster stammenden Codices N2 und Mai4 ist eine ›Schreiberwarnung‹ gemeinsam, die einem in beiden Handschriften u¨berlieferten Textblock voran- bzw. nachgestellt ist: Ditz puch ist swer vnd vnbekant manigen menschen. dorumb sol man es nit gemeyn machen. des pitt ich durch got. wann es ward auch mir verbotten. wer ymancz der es straffen wolte der sol es werlich schuld geben seiner plintheit. wer aber icht hie jnne das man straffen mo¨cht jn der warheit. So sol man da wissen das es nicht schuld ist meins vngelaubens Sunder es ist schuld meiner vnbekantnu¨sz dorumb pild man es zu dem pesten.14

Die gleiche Warnung findet sich bereits in drei Codices des 14. Jahrhunderts am Schluß des sogenannten Traktates ›Von den zwei Wegen‹ des Johannes Franke von Ko¨ln (ihm werden fu¨nf Predigten im ›Paradisus‹ zugeschrieben): Diz buoch ist sweˆre und unbekant manegen liuten. daˆ von sol man ez niht gemeine machen, des bit iuch dur got, wand ez wart ouch mir verboten. weˆr aber ieman der ez straˆfen wolte, daz weˆre geweˆrlich schult sıˆner blintheit, wan ez ist luˆter waˆrheit. weˆr aber iht hier inne dem niht mit worten genuoc enweˆre, dar umbe sol man ez niht verkeˆren, want uns gebristet worten swaˆ wir von go¨tlıˆcher naˆtuˆre reden son. doch treit ez sıˆne meinunge luˆterlich in der waˆrheit mit Kristoˆ und in Kristoˆ. des sıˆ er gebenedicht unde gelobet immer meˆ eˆweclich. aˆmen.15

In den Handschriften des 14. Jahrhunderts steht die Warnung im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen Meister Eckhart und dem Verbot des dominikanischen Generalkapitels in Toulouse (1328), vor Laien subtilia zu predigen.16 Die theologische Argumentation dient hier nicht nur zur Rechtfertigung, u¨ber komplizierte theologische Sachverhalte zu sprechen, sondern ist zugleich auch eine Rechtfertigung der ausgefu¨hrten Theologie selbst, deren Wahrheitsgehalt von der Unzul2nglichkeit des menschlichen Sprachvermo¨gens nicht beeintr2chtigt werde. Im 15. Jahrhundert hat das Verfahren gegen die Schriften Meister Eckharts an Brisanz verloren: In den Handschriften dieser Zeit ger2t die Warnung von einer theologischen Rechtfertigung des Autors zu einer Rechtfertigung des Schreibers, der sich dem Verbot der Verbreitung subtiler Materien unterwirft und eventuelle Versto¨ße dagegen damit entschuldigt, daß er selbst 13

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Vgl. Karin Schneider, Die Handschriften der Universit2tsbibliothek Augsburg. 2. Reihe: Die deutschen Handschriften. Bd. 1: Deutsche mittelalterliche Handschriften der Universit2tsbibliothek Augsburg. Die Signaturgruppen Cod. I. 3 und Cod. III. 1, Wiesbaden 1988, S. 358. Von dem Birgittenkloster Gnadenberg (1426 gestiftet) aus wurde 1473 das Birgittenkloster Maihingen (gegru¨ndet 1459) neu besiedelt (vgl. N. Tore Nyberg, Gnadenberg, in: Lexikon fu¨r Theologie und Kirche, Bd. 4, Sp. 100 f.). Der Wortlaut der Warnung nach N2, fol. 2r; dasselbe Kolophon auch in Mai4, fol. 194r (zitiert in: Gottsuchende Seelen. Prosa und Verse aus der deutschen Mystik des Mittelalters, hg. von Wolfgang Stammler, Mu¨nchen 1948 [Germanistische Bu¨cherei], S. 8, Nr. I). Zitiert nach Franz Pfeiffer, Predigten und Spru¨che deutscher Mystiker I, ZfdA 8 (1851), S. 209–258, hier S. 251. Die Warnung ist u¨berliefert in Basel, UB, Cod. B XI 10; Mu¨nchen, BSB, Cgm 214 und Straßburg, BNU, Cod. 2715 (all. 618). Vgl. Acta capitulorum generalium ordinis praedicatorum. Bd. 2: Ab anno 1304 usque ad annum 1378, hg. von Benedikt Maria Reichert, Rom 1899 (MOPH 4), S. 180,1–5.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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als Laie zu unwissend ist, die theologische Subtilit2t der von ihm abgeschriebenen Schriften erkennen zu ko¨nnen. Fu¨r zu hoch und schwer verst2ndlich und deshalb fu¨r den ungelehrten Laien nicht geeignet gelten in N2 und Mai4 die Schriften des nachfolgenden Textblockes: das sogenannte ›Geistbuch‹, der ›Traktat von der Minne‹ und der Traktat ›Von der Edelkeit der Seele‹ sowie die Predigten ›Emitte spiritum tuum‹ und ›Omnes querebant tangere‹ Hanes des Karmeliten (›Paradisus‹ Pr. 30 und 54) und die anonyme Predigt ›Illumina oculos meos‹ (›Paradisus‹ Pr. 56). In beiden Handschriften nennt sich im Anschluß an den Traktat ›Von der Edelkeit der Seele‹ der Schreiber in einem Kolophon (Ditz buch heisset der einslag. Bittent got fu¨r den armen Closner der es geschriben hat vnd auch fu¨r den der esz gemacht hat wan das jn mynne geschechen ist. AmEn.).17 In N2 findet sich diese Schreibernennung ein zweites Mal auf fol. 173v, hier allerdings verbunden mit der Angabe, wann und wo das Buch fertiggestellt wurde, sowie mit der bereits kopierten ›Schreiberwarnung‹: Ditz puch hat ein end das da zu hoch vnd vnuerstentlich ist vil menschen. Dorumb pitt ich durch die ewigen vnbegriffenlichen warheit, dz sich nymant doran stosz zu seinem ewigen schaden. vnd wer nicht verstet, das beuelch dem vnbegriffenlichen verstentnusz. vnd ich beger das jr fu¨r den armen closner bittet der es gemacht hat geschriben vnd geendett jn Nu¨remberg an sant Maria Madalena tag anno 61.18

In Mai4 ist auf fol. 227v ebenfalls ein armer Klausner als Schreiber genannt, allerdings ohne die Wiederaufnahme der ›Schreiberwarnung‹, ohne Datierungs- und Ortsangabe und nach dem Traktat ›Der inslac‹: ditz puch heisset der einschlag. Bittent got fur den armen closner der es geschriben hat … amen.19 N2 und Mai4 du¨rften also auf eine gemeinsame Vorlage zuru¨ckgehen, aus der sie das Kolophon in unterschiedlicher Weise abgeschrieben haben; dabei hat der Schreiber von N2 die Datierung der Vorlage (1461) ebenso u¨bernommen wie die Nennung des Vorlagenschreibers. Im Besitz von – wahrscheinlich weltlichen – Laien befanden sich schließlich auch die Textzeugen M35, M36 und Mai8 der Predigt: In M35 nennt sich auf fol. 182r die Schreiberin des Hauptteils des Codex: margret newmerin an dem Renbeg der erbergen frFwn tachter an dem Renbeg (in Landshut); sie war vermutlich auch die Besitzerin der Handschrift.20 M36 stammt ebenfalls aus Landshut und enth2lt die gleichen Texte in gleicher Anordnung wie M35 (M36, fol. 1r–164r entspricht M35, fol. 1r–163r);21 ein

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Zitiert nach N2, fol. 67r; dasselbe Kolophon steht in Mai4 auf fol. 227v (vgl. Schneider, Augsburg [Anm. 13], S. 361). Dieses Kolophon steht in der Handschrift N2 am Ende des o. g. Textblockes (vgl. Schneider, Nu¨rnberg [Anm. 7], S. 162). Zitiert nach Schneider, Augsburg [Anm. 13], S. 362. Gisela Kornrumpf/Paul-Gerhard Vˆlker, Die deutschen mittelalterlichen Handschriften der Universit2tsbibliothek Mu¨nchen, Wiesbaden 1968 (Die Handschriften der Universit2tsbibliothek Mu¨nchen 1), S. 299. Vgl. Kornrumpf/Vˆlker [Anm. 20], S. 117.

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Antje Willing

großer Teil dieser Texte findet sich auch in Mai8.22 Die Handschriften M36 und Mai8 du¨rften daher ebenfalls im Besitz von Laien gewesen sein. ¨ berlieferungskontext der Predigt Hanes des Karmeliten schließlich zeigt folDer U gendes Bild: Sieben Handschriften u¨berliefern die Predigt unter dem Bibelwort Mt 14,3623 (N1, N2, Mai4, Mai8, S8 und M35, M36), nur in den Schwesterhandschriften O und H2, die als einzige die Predigt als Teil des ›Paradisus‹ u¨berliefern, ist ihr Lc 6,19 (entspricht inhaltlich Mt 14,36) vorangestellt. Mt 14,36 war offensichtlich das der Predigt origin2re Bibelwort: Darauf weist nicht nur die Mehrzahl der Textzeugen, darauf weist zudem, daß der Redaktor des ›Paradisus‹ zwar dieses Bibelwort durch Lc 6,19 ersetzt, es aber in der Mitte der Predigt wiederaufgenommen hat (Sente Matheus sprichit: ›alle lude gertin un zu rurine‹; ›Paradisus‹ Pr. 54, S. 118,26), um damit die Ausfu¨hrungen u¨ber das richin Gotis einzuleiten. Die Handschriften M35, M36, Mai8 und S8 bieten eine stark geku¨rzte und redigierte Fassung der Predigt, die hier zudem in engem Verbund mit drei weiteren Texten u¨berliefert ist: dem Meister Eckhart zugeschriebenen ›Traktat von den 24 Zeichen eines wahrhaften Grundes‹, einem Text ›Von Gelassenheit‹ und der ebenfalls Meister Eckhart zugeschriebenen Predigt ›Aemulor enim vos dei aemulatione‹ (Pfeiffer Pr. 26).24 Die Schreiber der Handschriften Mai8 und S8 haben offensichtlich diese vier Texte als ¨ berschrift in S8 (Hye hebt sich an ein gute ler von einen Traktat aufgefaßt, denn die U den vnuerstanden etc.) bzw. Mai8 (Ein gutte ler vnverstanden) bezieht sich auf alle vier fortlaufend geschriebene Texte, und in beiden Handschriften beginnt erst nach diesen ¨ berschrift (S8, fol. 301v: Von frid; Mai8, fol. 113v: Dicz ist in Texten mit einer neuen U welcher weisz der mensch mag nemen …) ein anderer Text.25 In Me2 und Me3 sind nur Auszu¨ge aus der Predigt u¨berliefert. Sie sind in den zweiten Teil eines zweib2ndigen Predigtwerkes integriert, das Predigten unter anderen von Meister Eckhart und Nikolaus von Dinkelsbu¨hl bzw. des sogenannten Nikolausvon-Dinkelsbu¨hl-Redaktors enth2lt (Me2),26 sowie in den von Lienhart Peuger kompilierten Traktat ›Von der seˆle werdikeit und eigenschaft‹ (Me3).27 22

23 24

25

26 27

Vgl. die Handschriftenbeschreibungen in Kornrumpf/Vˆlker [Anm. 20], S. 117–130 (M36) und S. 299–305 (M35). Mt 14,36: Et quicumque tetigerunt, salvi facti sunt. – Alle di in rurten wurden gesunt an iren suchten. Abgedruckt in: Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts. Bd. 2: Meister Eckhart, hg. von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857 (ND Aalen 1962), S. 100 f. Lhnlich fortlaufend und ohne Absetzung sind die vier Texte in M35 und M36 geschrieben. Hier ist der Beginn der Texte jeweils mit einer rubrizierten Initiale gekennzeichnet. Der erste Band ist erhalten in Melk, Stiftsbibl., Cod. 1865 (Me1). Vgl. hierzu Lˆser, ›Von der seˆle werdikeit‹ [Anm. 9], Sp. 1063 und Lˆser, Peuger [Anm. 9], Sp. 535 ff. – Der in Me3 unikal u¨berlieferte Traktat ist ediert von Pfeiffer [Anm. 24], Tr. 3, S. 397,25–34; Neuedition in Lˆser, Meister Eckhart in Melk [Anm. 9], S. 330–497. Freimut Lˆser konnte Lienhart Peuger nicht nur als Schreiber des Traktats ›Von der seˆle werdikeit und eigenschaft‹ nachweisen, sondern auch als denjenigen, der »aus seinen eigenen, nicht immer vollst2ndig erhaltenen Abschriften von Eckharts deutschen Werken den Traktat kompiliert« hat (v. a. aus den beiden Predigtb2nden Me1 und Me2). Daß in den Traktat neben den Versatzstu¨cken aus den deutschen Werken Meister Eckharts auch »die beiden nicht-eckhartschen Bestandteile (ein Dictum von Nikolaus von Dinkelsbu¨hl und ein Exzerpt aus einer Predigt Hanes des Karmeliten aus dem ›Paradisus anime intelligentis‹)« hineingeraten sind, erkl2rt Lˆser

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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¨ berblick zeigt, daß sich die U ¨ berlieferung der Predigt Hanes des Karmeliten Der U vor allem auf das 15. Jahrhundert – rund ein Jahrhundert nach der vermuteten Entstehungszeit des ›Paradisus‹ – konzentriert und daß sie vorwiegend im dominika¨ berlieferung nischen Milieu stattgefunden hat. Geographisch konzentriert sich die U allerdings nicht im thu¨ringischen oder Ko¨lner Raum (beide gelten als mo¨gliche Entstehungsgebiete des ›Paradisus‹), sondern im bayrisch/o¨sterreichischen Raum. Nur die drei 2ltesten, aus dem 14. Jahrhundert stammenden Textzeugen der Predigt (O, H2, ¨ berlieferungszusammenhang mit dem ›Paradisus‹ auf: In O N1) weisen einen engeren U und H2 ist die Predigt als Teil der Sammlung u¨berliefert, in N1 im Verbund mit weiteren elf Predigten aus dem ›Paradisus‹.

II ¨ berlieferung des Predigttextes l2ßt sich in drei Gruppen einteilen: Den vollst2nDie U digen und dem Predigtoriginal wohl am n2chsten kommenden Text bieten die drei 2ltesten Handschriften O, H2, N1 sowie die ju¨ngeren Handschriften N2 und Mai4; einen stark redigierten Text bieten die vier Handschriften M35, M36, Mai8 und S8; ¨ berlieferungsgruppen Predigtauszu¨ge finden sich in Me2 und Me3. Innerhalb dieser U ko¨nnen aufgrund text- und u¨berlieferungsgeschichtlicher Kriterien weitere Untergruppen ermittelt werden, die sich graphisch in folgendem Stemma darstellen lassen:28

28

»als Flu¨chtigkeitsfehler beim Kompilieren des umfangreichen Textes« (Lˆser, ›Von der seˆle werdikeit‹ [Anm. 9], Sp. 1063 f.). Wegen ihres geringen Umfanges ist von einer Einordnung der Predigtbruchstu¨cke in Me2 und Me3 abgesehen. Zu Me2 und Me3 siehe S. 207–208.

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Antje Willing

O und H2 sind in der Forschung zum deutschen Predigtwerk Meister Eckharts hinl2nglich als Schwesterhandschriften bestimmt worden, die auf eine gemeinsame Vorlage (X1) zuru¨ckgehen. Best2tigt wird dieser Befund auch von der Textkritik der Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten. So heben Sonderlesarten ¨ berlieferung ab: von OH2 beide Handschriften von der u¨brigen U Z. 8 f. gotheit OH2] driualticheit N1Y2Me2Me3, hey¨ligen driualtikeit Y1. Z. 18 wolde an sich nemen OH2] ab wolt nemen N1Y1Me2Me3. Z. 35/39/54/70 sich OH2] tod N1Y1. Z. 92 flihine OH2] nemen N1Y1. Z. 114 her adam OH2] er … der erst mensch N1Y1.

Zudem unterscheiden sich O und H2 durch einige wenige, doch signifikante Lesungen, die eine direkte Abh2ngigkeit beider Handschriften voneinander ausschließen: Z. 40 f. da mide si behaldin mochtin blibin O] da mede sie behalden mochtin werdin H2. Z. 41 f. ledin si abe di gerechlichkeit vris lebines O] ledin sie abe die gebrechlickeit ıeris lebenis H2. Z. 58 di hant also vnordenliche minne O] di en also ordenliche minne H2.

Der dritte, aus dem 14. Jahrhundert stammende Textzeuge N1 erweist sich durch besondere Lesarten als unabh2ngig von X1 und von denjenigen Textzeugen des 15. Jahrhunderts, die den Predigttext vollst2ndig u¨berliefern (Y1 = Mai4, N2):29 Z. 5 wissent daz N1] wist Y1, wann Me2Me3, fehlt X1Y2. Z. 25 lerne wir noch naturliche kunst X1, sy lernten wir naturliche kunst N2, so lernen wir naturliche kunst Mai4, noch weyshait von in lernent die grossen maister Y2, wir noch … natu¨rleiche chunst lernen Me2Me3] lern wir noch naturlich chunst phaffen N1. Z. 33 f. cumint si zu der predigade X1Y1, choment sy czw dem goczwort Y2] chument si zu dem sermon N1. Z. 40 f. da mide si behaldin mochtin blibin OY1, da mede sie behalden mochtin werdin H2] do in si behalten mohten werden N1. Z. 47 f. lebetin noch di hednischin phaffin X1, lebten noch heidnisch meister Y1] lebenten noch di heidnischen meister vnd pfaffen N1. Z. 61 wan di creaturin sezin sich X1Y1] wan di creatur seczet sich N1. Z. 64 f. ser geneiget ist ze den creaturen N1] fehlt (auf creatur erg2nzt von sp2terer Hand in N2) X1Y1. Z. 84 zu allin gudin dingin X1Y1] zu allen guten werchen N1. Z. 100 dan nowe nemint si di notdurft des libes X1, denn nur die notturft des leibes Y1] dan naturlich di nothdurft des leibes N1. Z. 107 vber di nature tredin X1Y1, v¨ber sein natur treten Me2Me3] vber dein natur treten N1. Z. 117 sy¨e wissen nicht Y1, fehlt X1] si enwizzent noch enwissent nicht N1. Z. 119 f. vil oder wenik N1] oder wenig Y1, fehlt X1.

Eine N1 und X1 gegenu¨ber Y1 (N2Mai4) gemeinsame Lesart verbindet N1 und X1 zu ¨ berlieferungszweig: einem gemeinsamen, von Y1 geschiedenen U 29

Im folgenden sind die Lesarten von Y2 nur angegeben, wenn Y2 den Text u¨berliefert und dieser nicht einer starken inhaltlichen Redaktion unterworfen ist.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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Z. 30 richint (ruchent N1) X1N1] ruren Y1Y2.

N2 und Mai4 stellen sich hier, obgleich sie zusammen mit X1N1 den vollst2ndigen Predigttext u¨berliefern, zu der Lesung derjenigen Textzeugen, die den redigierten Pre¨ berlieferungszweig digttext bieten. Die Vorlage von N1 muß daher einem anderen U angeho¨ren als die Vorlage, auf die Y1 zuru¨ckgeht. Weiter zeigen folgende X1 und N1 gegenu¨ber Y1 gemeinsame Lesarten, daß die Vorlage von X1 mit N1 verbunden ist: Z. 14 kunne X1N1] kinde Y1. Z. 42 gerurit X1N1] gerugt Y1. Z. 50 kerinde X1N1] gerend Y1. Z. 59 f. fugin X1N1] keren Y1. Z. 82 werde X1N1] gu¨te Y1.

Fu¨r X1 und N1 kann daher eine gemeinsame Vorstufe X angesetzt werden, die sich durch die Lesung richint gegenu¨ber ruren von derjenigen Vorlage unterscheidet, auf die N2Mai4 (Y1) zuru¨ckgehen. Die letztgenannten Lesarten erweisen N2 und Mai4 ebenso wie die u¨berlieferungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten beider Handschriften (Schreiberkolophone und Textbestand beider Handschriften, s. o.) als eng miteinander verwandt. Durch das Fehlen des zweiten Schreiberkolophons in Mai4 konnte bereits ausgeschlossen werden, daß Mai4 direkte Vorlage von N2 war. N2 wiederum kommt durch eine Textverderbnis nicht als direkte Vorlage von Mai4 in Betracht: Mai4 u¨berliefert (wie OH2N1) den der Predigt wohl origin2ren Satz darvmb ist sie zu nemende die mynne die bescheidenheit enthalte sie dan wider (vgl. Z. 91–93). In N2 stand urspru¨nglich nur darumb ist dan wider; erst eine sp2tere Hand hat diesen verderbten Satz durch folgende Erg2nzung zu reparieren versucht: darumb ist jn zu nemen diese my¨nne vnd dan wider alle gute werck zu wurcken. Die Handschriften Mai8, S8 und M35, M36 u¨berliefern nahezu wortgleich eine redigierte Fassung der Predigt, interpoliert zwischen die Traktate ›Von den 24 Zeichen‹, ›Von Gelassenheit‹ und einen Auszug aus Pfeiffer Pr. 26. Da diese Texte in den Handschriften als geschlossene Texteinheit erscheinen (s. o.), stu¨tzt sich die Filiation dieser Handschriften außer auf die Textkritik der Predigt Hanes auch auf die Textkritik dieser Texte. Die enge Verwandtschaft von M35 und M36 ist – wie bereits erw2hnt – durch ihren identischen Textbestand belegt. Die direkte Abh2ngigkeit beider Textzeugen voneinander erweist sich durch eine Dittographie im Auszug aus Pfeiffer Pr. 26, die sich in beiden Handschriften findet: so penugt vns das vns an nichtew penugt vns das vns an nichtew penugt M35, fol. 151r und M36, fol. 151r. Folgende Textverderbnisse, die M36 gegenu¨ber M35 hat, weisen M35 als direkte Vorlage von M36 aus: (aus dem ›Traktat von den 24 Zeichen‹) das funfzehent sy schawent M35] fehlt M36. da cheren sich sy von M35] da cheren sich syon M36.

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Antje Willing

(aus dem Traktat ›Von Gelassenheit‹) ir solt got leib vnd sel geben auf M35] ir solt got laib vnd geben auf M36.

Der Vergleich beider Handschriften mit Mai8 und S8 zeigt, daß M35M36 n2her an S8 als an Mai8 stehen. Eine gemeinsame Vorlage Y3 fu¨r S8 und M35M36 ist durch die ¨ berzahl der signifikanten Lesarten legitimiert, die S8 mit M35M36 gemeinsam sind: U (aus dem ›Traktat von den 24 Zeichen‹) ob ir ewch vntter ein ander mynnet Mai8] ob ir trew vnd minn zu´ ein ander habt S8M35M36. sie geprawchen sich in gotlicher gegenwurtikeit Mai8] sy enphahent vnd genitent sich go´tlichait S8M35M36. volkumen vnd gerecht Mai8] volkommen vnd werait S8M35M36. vnd heben an in got alzeit ein gut leben Mai8] fehlt S8M35M36. (aus ›Paradisus‹ Pr. 54) Z. 8 f. in die krafft der sele Mai8] jn die obristen kreft der sel S8M35M36. Z. 50 f. wan wer es got vnd nicht fleisch Mai8] wan wa´r es gu´t oder vleis S8M35M36. (aus Pfeiffer Pr. 26) des enmag die sel nicht thun Mai8] des mugen sy die sel nicht getun S8M35M36.

Allerdings finden sich auch Lesarten, die Mai8 und M35M36 gegenu¨ber S8 gemeinsam sind: (aus dem ›Traktat von den 24 Zeichen‹) awsz aller pild formung vnd sich entpurt haben Mai8M35M36] fehlt S8. das ist ir grunt der diemutt Mai8M35M36] fehlt S8. (aus ›Paradisus‹ Pr. 54) Z. 23 Aristoteles vnd plato wan Mai8M35M36] Aristotiles vnd plato sprechent S8. (aus dem Traktat ›Von Gelassenheit‹) sih nit an mein pein mer deinen gotlichen willen Mai8M35M36] siech an mein pein mer den deinen go´tleichen willen S8. (aus Pfeiffer Pr. 26) den himel sullen engel Mai8M35M36] den himel fu´llent engl S8. helff vnsz got Mai8M35M36] verleich vns die heylig driualtikait S8.

Gegenu¨ber M35M36 zeigen sich wiederum Mai8 und S8 durch folgende zum Teil bessere Lesarten miteinander verbunden: (aus dem ›Traktat von den 24 Zeichen‹) ein gutte ler vnverstanden Mai8; hye hebt sich an ein gute ler von den vnuerstanden etc. S8] fehlt M35M36. hat er die so geet er an schaden durch mit seiner vernufft das erst zeichen Mai8S8] fehlt M35M36. (aus ›Paradisus‹ Pr. 54) Z. 20 da von rurt wir in mit mitleyden Mai8S8] da von rurt wir jnn mit leyden M35M36. (aus dem Traktat ›Von Gelassenheit‹) vnbereit Mai8S8] vnd beraitt M35M36. dem frumen menschen Mai8S8] dem menschen der frum ist M35M36.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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(aus Pfeiffer Pr. 26) die ander krafft Mai8S8] die nider kraft M35M36. weycher lwfft Mai8S8] waicher lust M35M36.

Die jeweilige Eigenst2ndigkeit von Mai8, S8 und M35M36 erweist sich schließlich durch folgende Sonderfehler: (aus dem ›Traktat von den 24 Zeichen‹) lucifer in der helle Mai8; das erkant lucifer in der hell S8] das er erchant Lucifer in der hell M35M36. (aus ›Paradisus‹ Pr. 54) Z. 30 etlich lewt Mai8; ainerlay´ hant lew´t S8] ainer hand lewtt M35M36. (aus dem Traktat ›Von Gelassenheit‹) greiffen ir leib mFnleich an M35M36] greyffen iren leip warlich an Mai8; greiffen iren leib waidenleich an S8. (aus Pfeiffer Pr. 26) war vmb pet wir vast Mai8; warumb pert wir vast S8] warumb vast wir pett wir M35M36.

Eine allen vier Handschriften gemeinsame Textverderbnis schließlich zeigt, daß sie von einer gemeinsamen Vorlage Y2 abstammen: In Mai8S8M35M36 sind zwar fu¨nf Arten des Ho¨rens bzw. Beru¨hrens Gottes angeku¨ndigt, doch nur vier Arten ausgefu¨hrt; die Ausfu¨hrung zur dritten Art des Ho¨rens fehlt in allen vier Handschriften. Durch die bereits genannte Lesart richint (ruchent) OH2N1 zu ruren Y1Y2 zeigt sich, daß Y1 und Y2 von einer gemeinsamen Vorlage Y abh2ngen. Freimut Lˆser hat nachgewiesen, daß Lienhart Peuger den Traktat ›Von der seˆle werdikeit und eigenschaft‹ (Me3) aus den Handschriften Me1 und Me2 kompiliert hat, die ebenfalls von seiner Hand stammen.30 Auf die direkte Abh2ngigkeit von Me2 und Me3 weist folgender ihnen gemeinsamer Fehler: Z. 68 f. ein streit zwissen der sel vnd dem geist XY1] ein strikch twischen der sel vnd dem geist Me2Me3.

Andererseits kann die in Me2 und Me3 unterschiedliche Lesung Z. 11 f. chain sucht noch chrankchait Me2] chain sucht der crankchait Me3.

nicht als Trennfehler zwischen beiden Handschriften gewertet werden, sondern muß interpretiert werden als Ver- oder Umschreibung dessen, was Peuger zuvor selbst geschrieben hatte. Der erste Teil des Exzerptes in Me2Me3 (Z. 2–16) stammt aus dem Predigteingang, den alle Textzeugen der Predigt u¨berliefern. In diesem Teil bieten Me2Me3 eine Sonderlesung, die ihre Unabh2ngigkeit von den u¨brigen Textzeugen begru¨ndet: Z. 8 cheten ging von der (hey¨ligen Y1) driualticheit (gotheit X1) XY] chetten das ist ein wolgearnte schikchung gie von der driualtichait Me2Me3. 30

Vgl. Lˆser, ›Von der seˆle werdikeit‹ [Anm. 9], Sp. 1063.

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Antje Willing

Die Eigenst2ndigkeit von Me2Me3 gegenu¨ber den u¨brigen Textzeugen wird durch ¨ berlieferungsgruppen der Predigt Trennfehler zwischen Me2Me3 und den einzelnen U gestu¨tzt. So hat Me2Me3 folgende zu Y1 verschiedene Lesungen: Z. 10 f. alzo daz si gehorsam warin den u˚berstin creftin X, das sy albeg gehorsam waren den obristen kreften Y2, das sy den obristen geharsam warn Me2Me3] fehlt Y1. Z. 107 uber di nature tredin X1Y1] vber dein natur treten N1, v¨ber sein natur treten Me2Me3.

aber auch zu N1 und/bzw. X1 verschiedene Lesungen: Z. 7 an un XY2] jn jn Y1Me2Me3. Z. 18 di suche wolde an sich nemen X1] di seuch ab wolt nemen N1Y1, dy chrankchait ab ze nemen Me2Me3. Z. 26 gerurirt X] berurt Y1Me2Me3.

Da in Me2Me3 die Predigtauszu¨ge von sehr geringem Umfang sind31 und da eine etwa gleich große Anzahl von Lesarten Me2Me3 entweder zum X- oder zum Y-Zweig der Predigtu¨berlieferung stellen, ist eine zweifelsfreie Zuordnung zu einem dieser beiden ¨ berlieferungszweige nicht mo¨glich. Allerdings kann festgehalten werden, daß Me2 U und Me3 in keiner direkten Verbindung zur Y2-Redaktion stehen ko¨nnen, da beide Handschriften Auszu¨ge aus der Predigt Hanes u¨berliefern, die der ku¨rzenden Y2-Re¨ berlieferung mu¨ßten daktion fehlen.32 Bei einer Einordnung in den Y-Zweig der U ¨ berlieferungsstufe angesiedelt werden, die dem Predigtoridaher Me2Me3 auf einer U ginal n2her steht als die Y2-Redaktion.

III Die heidenischen meister sprechent, daz got die creˆatuˆren alsoˆ geordent haˆt, daz ie einiu ist ob der andern und daz die obersten die nidersten ru¨erent und di nidersten die obersten. Daz dise meister gesprochen haˆnt mit beslozzenen worten, daz sprichet ein ander offenbaˆre und sprichet, daz diu g u l d ˆı n k e t e n e ist diu luˆter bloˆze natuˆre, diu gehœhet ist in got und der niht ensmecket, daz uˆzer im ist, und diu got begrıˆfet. Ein ieglıˆchiu ru¨eret die andern, und diu oberste haˆt irn vuoz gesast uˆf der nidersten scheitele. Alle creˆatuˆren enru¨erent got niht naˆch der geschaffenheit, und daz geschaffen ist, daz muoz gebrochen sıˆn, sol daz guot her uˆz komen.33

31

32 33

Das Exzerpt in Me2 umfaßt Z. 2–29, 49 f., 68 f., 71–76 bzw. 106 f. der N1Y1-Fassung der Predigt und zugleich Z. 2–16 der Y2-Fassung; das weitaus ku¨rzere Exzerpt in Me3 umfaßt nur Z. 5–12, 68 f. der N1Y1- und Z. 5–12 der Y2-Fassung. Die beiden Plusstellen, die Me2Me3 gegenu¨ber den u¨brigen Predigthandschriften haben (dar vmb ist dy sel nach den obristen chrefften ein geist vnd nach den nydristen ein sel Me2Me3 und vnd wann er nichts wais ze pu¨ezzen vnd chainn streit im hertzen hat so ist er gesunt warn Me2) ko¨nnen fu¨r die Textkritik der Predigt Hanes nicht herangezogen werden, solange nicht sicher auszuschließen ist, daß sie keine Versatzstu¨cke aus anderen Texten sind. Es sind dies Z. 17–28, 49 f., 71–76 und Z. 106 f. des Predigttextes nach N1Y1. Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke, Bd. 1: Meister Eckharts Predigten, hg. und u¨bers. von Josef Quint, Stuttgart 1957, S. 211,7–212,5. Hervorhebung A. W.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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Mit diesen Worten umschreibt Meister Eckhart in seiner Predigt ›Vidi supra montem Syon‹ (Quint Pr. 13) das Konzept der catena aurea, nach dem die Kreaturen, entsprechend ihrer reinen Natur, die »außerhalb ihrer kreaturhaften Entfaltung in der Welt« liegt, »in eine Hierarchie eingespannt seien, in der die eine u¨ber der anderen stehe und zugleich die oberste die niederste beru¨hre.«34 In der 74. Predigt, die Franz Jostes aus N1 abgedruckt hat,35 ist diese Hierarchie der Scho¨pfung unter der Autorit2t des Ps.-Dionysius Areopagita auf die Rangordnung der menschlichen Seelenvermo¨gen u¨bertragen: Sanctus Dyonisius dicit, daz got alle dink hat gemacht an ein ordenung als an einer keten: also beweget di oberst kraft di nidersten und di niderst di obersten. […] Also ist ez um di kreft der selen: die oberst, di do got zuhanget, die beweget alle di nidersten; waz an den nidersten geschiht, daz ku´mt mit bekantnu´zz an di obersten. Dorum heizt di oberst kraft ein meister einen bru´nnen, der nimmer verlischet. Du´rch di bekantnu´zz der selen, di si an diser kraft hat, wie tief der mensche vellet, si enbeschelte alle zeit die su´nden. […] wie verre dis kraft gefu´rt wirt von got, si bekennet doch got und smaket noch gotlicher edelkeit. Dor um enmak si nimmer verleschet werden noch verblendet gentzlich (Jostes Pr. 74, S. 77,33–78,9).

In 2hnlicher Weise u¨bertr2gt auch Hane der Karmelit das Konzept der catena aurea von der Scho¨pfung auf die Erschaffung des Menschen; in seiner Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ heißt es: Da got den ersten menschen geschuff, do het er in alzo wol geordent, daz chein seuch an in moht gevallen, wan ein guldein cheten ging von der driualticheit in di obersten creft der seln vnd durchginch di nidersten creft, alzo daz si gehorsam warn den obersten creften (Z. 5–11). Die Goldene Kette verankere die Hierarchie der Seelenvermo¨gen, die im paradiesischen Menschen Bestand hatte: die Unterordnung des intellectus unter die trinitarische Gottheit sowie die Unterordnung der memoria wie der voluntas unter den Intellekt, alzo daz si gehorsam warn den obersten creften. Dem menschlichen Intellekt kommt hier besondere Bedeutung zu: Denn nach der ps.-dionysischen Lehre von den Engelscho¨ren kommt der intellectus der ho¨chsten Stufe der himmlischen Hierarchie gleich, dem Chor der Seraphim und Cherubim, die in n2chster N2he zu Gott stehen und deren Namen »Entflammer/Erhitzer« (Seraph) und »Fu¨lle der Erkenntnis/Ergießung des Wissens« (Cherub) die F2higkeiten zur L2uterung und zur Gottesschau bedeuten.36 Die guldein cheten … der driualticheit gibt das zweifache Thema der Predigt Hanes an: den Weg, den der Mensch gehen soll, um seine Rangstufe in der Scho¨pfungshierarchie wiederzuerlangen, welche er nach dem Su¨ndenfall verloren hat, also seinen 34

35

36

Meister Eckhart. Werke 1: Predigten, hg. und komment. von Niklaus Largier, Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek des Mittelalters 20; Bibliothek deutscher Klassiker 91), S. 880. Meister Eckhart und seine Ju¨nger. Ungedruckte Texte zur Geschichte der deutschen Mystik, hg. von Franz Jostes. Mit einem Wo¨rterverzeichnis von Peter Schmitt und einem Nachwort von Kurt Ruh, Freiburg (Schweiz) 1895 (ND Berlin/New York 1972), Nr. 74, S. 77,28–78,11. ¨ bersetzung der hebr2ischen Namen nach: Pseudo-Dionysius Areopagita. U ¨ ber die himmlische Die U ¨ ber die kirchliche Hierarchie, eingeleitet, u¨bersetzt und mit Anmerkungen versehen von Hierarchie. U G¸nter Heil, Stuttgart 1986 (Bibliothek der griechischen Literatur 22), S. 43. Zu den Engelscho¨ren vgl. Ps.-Dionysius Areopagita, De coel. hier. VII (ebd., S. 43 ff.).

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stufenweisen Aufstieg zuru¨ck zu seinem Ursprung, zu Gott. Und zweitens den Weg des intellectus, seinen Primat gegenu¨ber den anderen Seelenvermo¨gen wiederzugewinnen und zu behaupten, um letztlich u¨berwunden zu werden durch die Wiederherstellung seiner urspru¨nglichen Unterordnung unter Gott. Die Vorrangstellung des Intellekts erkl2rt Hane zu Beginn seiner Predigt an dem Beispiel der beiden griechischen Philosophen Aristoteles und Plato: Von deren hervorragender Vernunftt2tigkeit und Wissenschaft, so Hane, profitierten die theologischen Lehrer (vgl. Z. 23–28), zu denen sich der Prediger mit den worten wir phaffen (Z. 26) selbst rechnet. Im Verlauf seiner Predigt nimmt Hane auf diesen Primat immer wieder Bezug; die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten fu¨gt sich so in die Predigtsammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ ein, deren Titel programmatisch fu¨r die Auswahl des Predigtcorpus ist. Schließlich ist mit der guldein cheten auch das Konzept der Predigt angesprochen: Mehrere (drei-)stufige Modelle des Seelenaufstieges und der Gotteserkenntnis reihen sich wie die Glieder einer Kette aneinander und sind ineinandergeflochten. Die Stufenwege der Seele zu Gott, die Hane in seiner Predigt beschreibt, sind jeweils nach dem Grad der Ausrichtung von Geist und Seele des Menschen auf Gott konzipiert. Hane verwendet hier geist und sele synonym mit intellectus und voluntas; in seiner Predigt handelt er vom obersten und niedersten Seelenvermo¨gen des Menschen, nicht aber vom mittleren Seelenvermo¨gen, der memoria.37 Die erste und niederste Stufe des Weges des Menschen zu Gott bezeichnet Hane als ›Riechen Gottes‹; hier gingen die Menschen ze der messe und gebent ir almuzen, ir ander leben daz ist der werlt: Chument si zu dem sermon, des verdreuset si (Z. 32–34). Gekennzeichnet sei diese Stufe durch die 2ußerliche religio¨se Pflichterfu¨llung, bei der Geist/ intellectus und Seele/voluntas des Menschen auf das Kreatu¨rliche gerichtet seien, denn ir ander leben daz ist der werlt (Z. 32 f.). Auf der zweiten Stufe – mit dem zweiten Sinnesvermo¨gen des Menschen als ›Ho¨ren Gottes‹ bezeichnet – sei der Geist des Menschen auf Gott, seine Seele aber auf die Kreatur gerichtet: Die Menschen, di gerne gocz wort horent (Z. 37), richteten ihr Leben nicht nach dem Geho¨rten, denn sonst liessen si ab di stuck irs geprechliches lebens, dar an si gerurt werden (Z. 41 f.). Die T2tigkeit des Intellekts auf dieser Stufe sei wie die der heidnischen meister vnd pfaffen (Z. 48), deren Vertretern Aristoteles und Plato Hane schon zuvor Tribut gezollt hatte, reine Intellektt2tigkeit: H2tten die heidnischen Philosophen nach der Menschwerdung Gottes gelebt, sie h2tten das Wort Gottes gerne geho¨rt, denn ihr ganzes Streben sei auf die Erkenntnis der ho¨chsten Dinge gerichtet gewesen (vgl. Z. 47–50). Die ho¨chste Stufe des ersten Weges des Menschen zu Gott benennt Hane mit demjenigen menschlichen Sinnesvermo¨gen, das der Erkenntnis am dienlichsten ist: 37

Sofern sie auf die Kommunion anspielen, die nach kirchlichem Verst2ndnis auch memoria des Leidens und Erlo¨sertodes Christi ist, nehmen folgende Stellen auf die memoria Bezug: Darvm waz es not allen den, di behalten suln werden, di musten in [d. i. Gott, A. W.] ruren in etlicher mazze, e dan er vf ertrich chom (Z. 19–22) und Alz si sich mit got schullen vereinen ze etlicher mazze alzo uil alz si mugent, daz ist in swerlich, wan der mittel, den si habent, der ist in ein hindernuz (Z. 84–87).

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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mit dem ›Sehen Gottes‹. Zugleich ist diese letzte Stufe des ersten Weges der Beginn einer weiteren Stufentrias: Demnach fu¨hren dreierlei Weisen des Sehens den Menschen zu Gott. In der ersten Weise sehe der Mensch Gott schemenhaft in eim dunsternuez (Z. 57). Wie auf der Stufe des ›Riechens Gottes‹ seien hier der intellectus und die voluntas des Menschen auf die Kreatur gerichtet, denn wen si sich ze got scholen fugen, so sint si sich vebent in der vnordenlichen minne, wan di creatur seczen sich zwissen si vnd got, nit wesenlich, sunder mit irm pild (Z. 59–62).38 Gott zu erkennen sei dem Menschen auf dieser Stufe nur durch analoge Gotteserkenntnis mo¨glich, vermittels einer ann2hernden Erkenntnis des Scho¨pfers durch das Geschaffene. Die Kreatur sei hier nicht nur Mittlerinstanz des Erkenntnisweges, sondern sie mindere zugleich den Wert dieser Erkenntnisart, da sie sich hindernd zwischen Mensch und Gott stelle, denn der geist wer gern dar ab [d. i. von der Kreatur, A. W.], vnd di sel wil doch dar beleiben: Alzo ist ein streit zwissen der sel vnd dem geist in dem einualtigen wesen (Z. 66–69).39 Die zweite, ho¨here Art des Sehens Gottes sei das mittelbare Sehen Gottes, in dessen Genuß diejenigen Menschen k2men, di got minnent vber alle dinch (Z. 72 f.) und zugleich die Dinge liebten, di si nicht von got scheident: Daz ist der mittel, dar in si got sehent (Z. 75 f.). Wie auf der Stufe des ›Ho¨rens Gottes‹ sei hier der Geist des Menschen auf Gott, seine Seele aber auf die Kreatur gerichtet. Ein solcher Mensch sei auf dem Weg der Genesung, wenn auch noch krank; und wie der Kranke sei er durch drei Eigenarten gekennzeichnet: Er vermach chein stark werch; daz er tut, daz tut er mit vngelust. Daz ander ist, daz im sauer dinch wol smekent. Daz dritt ist, daz im chein gut speis wol smecket noch irm werd (Z. 78–82). Zwar habe auf dieser Stufe der Intellekt den Vorrang gegenu¨ber den anderen Seelenvermo¨gen wiedergewonnen, doch ko¨nne er 38

39

Lauri Sepp‰nen setzt die unordenliche minne bei Hane mit dem fu¨r Bernhards Liebeslehre zentralen Begriff der amor curvatus gleich. Die u¨brigen Stufen der Gottesliebe in Hanes Predigt mo¨chte Sepp‰nnen mit den vier Liebesgraden Bernhards in ›De diligendo Deo‹ VIII, 23–XI, 30 parallelisieren (vgl. Lauri Sepp‰nen, Studien zur Terminologie des Paradisus anime intelligentis. Beitr2ge zur Erforschung der Sprache der mittelhochdeutschen Mystik und Scholastik, Helsinki 1964 [Me´moires de la Socie´te Ne´ophilologique de Helsinki 27], S. 213, Anm. 1), was allerdings problematisch ist: Erstens k2me eine vollst2ndige Parallelisierung zahlenm2ßig nur vermittels der Zusammenfassung der ersten beiden Stufen Hanes zustande und ließe zudem außer acht, daß bei Hane das Hauptgewicht nicht auf der Gottesliebe, sondern auf der menschlichen Erkenntnist2tigkeit und -f2higkeit, auf dem Intellekt liegt. Zweitens siedelt Hane – im Gegensatz zu Bernhard, bei dem dem Ho¨ren hinsichtlich der Gottesschau die wesentliche Bedeutung zukommt, nicht dem Sehen (vgl. ›Sermones super Canticum canticorum‹ 28,5: Auditus invenit quod non visus. Oculum species fefellit, auri veritas se infudit) – das Ho¨ren Gottes auf einer niedrigeren Stufe der Gotteserkenntnis an als das Sehen. Anders als bei Bernhard ist bei Hane die paulinische fides ex auditu fu¨r die Seligkeit des Menschen nicht entscheidend, sondern die durch den Gesichtssinn gestu¨tzte intellektuelle Gotteserkenntnis. Sepp‰nens Interpretation des mittelbaren Sehens Gottes als analoge Gotteserkenntnis, die denjenigen zukomme, die auf dem Stufenweg fortgeschritten und durch die Tugend der Demut ausgezeichnet sind (vgl. Sepp‰nen [Anm. 38], S. 214), beruht auf der Predigtstelle doch sehin si Got mit urme geiste, wan ur lebin sere geneigit ist (Strauch, S. 119,7 f.). Sepp‰nen u¨bersetzt geneiget mit ›demu¨tig‹, was durch die Lesart in N1 (… wan ir leben ser geneiget ist ze den creaturen) jedoch ausgeschlossen werden kann. Die Rede ist hier von der Verbundenheit zum Kreatu¨rlichen; die Parallele zwischen ›Gott in einer Finsternis sehen‹ und ›Gott Riechen‹ ist offensichtlich.

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seine Stellung nicht ohne weiteres behaupten: di bescheidenheit [hat] obernhant genumen, doch ist ir sel geneiget ze minnen di dinch, di got nicht ensint. Darvm ist jn zu nemen di minne, di bescheidenheit enthalte si dan wider (Z. 89–93). Die dritte Art des Sehens Gottes, das unmittelbare Sehen Gottes komme dem Menschen im Zustand der Gelassenheit zu, in dem er von jeglicher Minne zur Kreatur frei sei. Anschließend setzt Hane unmittelbares Sehen und ruren voneinander ab: Daz da siht, daz hat ein mittel, daz da ruret, daz hat chein mittel. Wild du got ruren, so solt du vber dein natur treten (Z. 105–107).40 Wiederum flicht Hane hier zwei Stufenwege zu Gott ineinander, indem die ho¨chste Stufe des einen zur niedersten Stufe des anderen wird. Gott ruren kann der Mensch nach Hane auf zweierlei Weise. Entweder durch ein einualtiges ruren, sofern die analoge Gotteserkenntnis durch die unmittelbare Erkenntnis Gottes ersetzt werde. Diese Menschen choment […] ze der freiheit irs geistes, di er hat in dem paradise, der erst mensch (Z. 113 f.). Der Intellekt habe nun den Status des ho¨chsten Vermo¨gens in der menschlichen Seele wiedergewonnen und sei selbst wieder der Herrschaft des dreifaltigen Gottes unterstellt – die Wohlgeordnetheit des Menschen durch die guldein cheten … der driualticheit (Z. 7 f.) ist restituiert. Die zweite Art, Gott zu ruren, sei das smackende ruren: In ihm wu¨rden die Menschen gezogen in eim liht, daz si einen mant, etliche minner oder me, daz si nicht ze ir bescheidenheit chunnen chumen, alz lang biz man ein Aue Maria chund gesprechen (Z. 122–126).41 Umschrieben ist hier der mystische Raptus, in dem der Mensch seines intellektuellen Seelenvermo¨gens enthoben ist. Wie im einualtigen ruren sei auch hier die urspru¨ngliche Unterordnung des menschlichen Intellekts unter Gott wiederhergestellt, wenn auch auf eine andere Weise: Die T2tigkeit des Intellekts sei aufgehoben und ersetzt durch das go¨ttliche Licht, denn daz liht ist alzo verre vber den geist, alz der geist ist vber di natur (Z. 126 f.). Auf beiden Stufen der unmittelbaren Gotteserkenntnis sei die eigenst2ndige Intellektt2tigkeit des Menschen ausgesetzt, im Zustand des smackenden rurens allerdings befinde sich der Mensch in einer zeitlich begrenzten absoluten Unwissenheit: di weil du in disem liht pist, so enweistu nicht; alz du ez hast verlorn, so weist du wol (Z. 128–130). Auf beiden Stufen der unmittelbaren Gotteserkenntnis jedoch, so betont Hane, bleibe dem Menschen ein entscheidender Mangel, der eine wesenhafte Vereinigung des Menschen mit Gott ausschließe: Noch42 gebricht dir: Daz ist, daz du mensch pist (Z. 130 f.).43 40

41

42 43

Strauch hat die Unstimmigkeit dieses Satzes konstatiert und alternativ die Lesungen daz man da rurit oder daz du rurist vorgeschlagen (vgl. Strauch, S. 119, Apparat zu Z. 28). Die Unstimmigkeit des Satzes beschr2nkt sich allerdings darauf, daß er zwar unmittelbar an die Ausfu¨hrung u¨ber das mittellose Sehen ¨ berleitung vom Stufenmodell des Sehens Gottes zu dem des Beru¨hrens Gottes anschließt, jedoch als U Gottes dient. Ob die Dauer der Entru¨ckung – sie ist in allen Handschriften mit einem mant angegeben – der Predigt origin2r war, ist zu bezweifeln. Wahrscheinlich liegt hier die Verschreibung von moment(um) zu monat/ manot/mant zugrunde, die bereits in X und Y1 gestanden haben du¨rfte. Noch hat hier die Bedeutung ›gleichwohl‹ (vgl. Lexer, Mhd. HWb. II, Sp. 99). Die hier nachgezeichnete Verflechtung verschiedener Stufenwege in Hanes Predigt l2ßt Lauri Sepp‰nen unberu¨cksichtigt: Er erkennt in der Predigt ein vierstufiges Modell, das die drei Stufen der natu¨rlichen Gotteserkenntnis (1. Riechen, 2. Ho¨ren, 3. Sehen Gottes) umfasse und in der unmittelbaren Gottes-

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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IV Von der kunstvollen Verkettung der verschiedenen Stufenwege zu Gott und von der betonten Vorrangstellung des Intellekts unter den menschlichen Seelenvermo¨gen ist in der stark ku¨rzenden Y2-Redaktion der Predigt kaum etwas geblieben. Von den ver2ndernden Eingriffen des Redaktors blieben nur der Predigteingang, die Wohlgeordnetheit des Menschen durch die Goldene Kette bei seiner Erschaffung (Z. 5–22) und die Hochsch2tzung der naturlich chunst der heidnischen Philosophen Aristoteles und Plato (Z. 23–28) verschont. Ein erstes Mal greift der Redaktor bei Hanes Ausfu¨hrung zum ersten Stufenweg ein: Die erste Stufe der Gotteserkenntnis, die in X als ruchen gotes (Z. 30) bezeichnet ist, gestaltet der Y2-Redaktor zu fu¨nf Arten des ruren gotes aus. Die fu¨nf Arten des ruren gotes (die formal dem ›Ho¨ren Gottes‹ der vollst2ndigen Predigtfassung N1Y1 entsprechen) sind in Y2 als verschiedene Arten, das Gotteswort zu ho¨ren, als verschiedene Weisen des Glaubens ausgestaltet (wobei allen Handschriften von Y2 die dritte Art des Ho¨rens fehlt; s. o.): Die einen Menschen gingen zwar in den Gottesdienst und u¨bten 2ußerlich religio¨se Werke, doch ho¨rten sie das Gotteswort ungerne und wollten ihm nicht folgen (vgl. Y2, Z. 30–36). Die anderen ho¨rten das Wort Gottes gerne, g2ben vor, nach ihm handeln zu wollen, t2ten es jedoch nicht (vgl. Y2, Z. 48–53). Die dritten ho¨rten es gerne, h2tten den Willen, nach ihm zu handeln, vermo¨chten es aber aus aigen minn nicht (vgl. Y2, Z. 71–75). Nur die letzte Art, das Gotteswort zu ho¨ren, bedeutet auch ein eigentliches ruren Gottes: wenn der Mensch Gottes Wort gerne ho¨re, nach ihm handeln wolle und ko¨nne (vgl. Y2, Z. 98–104). Das mystische Stufenschema der Predigt Hanes ist in Y2 zu einer Hierarchie der verschiedenen Arten religio¨ser Pflichterfu¨llung reduziert, an deren Ende weder ein mystischer Raptus noch auch die visio beatifica steht. Textgeschichtlich liegt der Ausgangspunkt dieser die spekulative Mystik revidierenden Umgestaltung der Predigt in der Lesart ruren gotes statt ruchen gotes, die den Y-Zweig von dem 2lteren X-Zweig der Predigtu¨berlieferung trennt. Ruren statt ruchen bieten bereits die Handschriften N2 und Mai4 (Y1), die auch weitere Lesarten mit der ku¨rzenden Predigtfassung Y2 teilen (s. o.), die den Predigttext allerdings in voller L2nge u¨berliefern. In den beiden Handschriften der Y1-Gruppe findet sich zudem die – urspru¨nglich aus der Zeit des Prozesses gegen Meister Eckharts Schriften stammende – ›Schreiberwarnung‹ des Lesers vor subtilia, die in diesen Handschriften des 15. Jahrhunderts bereits eine die theologische Brisanz der Texte, vor denen gewarnt wird, abschw2chende Umformung erfahren hat (s. o.). Auch in Y1 ist also bereits eine gewisse Tendenz zur Revision spekulativer Mystik zu beobachten, die allerdings nicht in die einzelnen Texte der Handschriften eingreift. In den Handschriften der Y2-Gruppe hingegen macht sich die Mystikrevision in massiven Texteingriffen bemerkbar, die eine Schreiberwarnung, wie erkenntnis durch das lumen raptus (4. smackendes ruren) gipfele. Das ›Sehen Gottes‹ sei dabei in vier Grade aufgef2chert und gesteigert: in das Sehen in einer Finsternis, in das mittelbare Sehen (die ungeordnete Minne zur Kreatur ist durch die von Gott erhobene ratio superior bereinigt) und das unmittelbare Sehen (Erkenntnis der von Gott eingegossenen Ideen). Vgl. Sepp‰nen [Anm. 38], S. 213 ff.

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Antje Willing

sie Y1 u¨berliefert, u¨berflu¨ssig werden l2ßt: Die Predigtredaktion Y2 war offenbar fu¨r ein Laienpublikum bestimmt, das nach keinen subtilia verlangte.44 Das entscheidende Kriterium fu¨r die Gottesn2he des Menschen ist in Y2 sein Wille, Gott zu folgen; die intellektuellen Vermo¨gen des Menschen haben hierbei keinerlei Relevanz. Der Primat des Intellekts unter den menschlichen Seelenvermo¨gen – dominierendes Thema in der Predigtfassung N1Y1 – ist in der Y2-Redaktion ersetzt durch den Primat der voluntas. Durch diese Umakzentuierung sind in der Y2-Redaktion auch Hanes Ausfu¨hrungen u¨ber die analoge und die unmittelbare, also u¨ber die durch den Intellekt vermittelte Gotteserkenntnis, herausgefallen (sofern sie nicht am vom Redaktor unberu¨hrten Beginn der Predigt standen). Dieser Wechsel vom Primat des intellectus zum Priat der voluntas wurde offensichtlich dadurch ermo¨glicht, daß die Predigt nicht im Kontext mit der dominikanischen Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹ u¨berliefert worden war: Denn anders ¨ berlieferungszweig X, in dem Hanes Predigt zusammen mit elf anderen Preals im U digten, die sp2ter Eingang in diese Sammlung gefunden haben, u¨berliefert ist (wie in N1) oder als Teil der Predigtsammlung (wie in OH2), steht die Predigt im Y-Zweig ¨ berlieferungszusammenhangs mit dem ›Paradisus anime intelligentis‹. außerhalb des U In Mai4 ist Hanes Predigt 54 neben den ›Paradisus‹-Predigten 30 (ebenfalls Hane) und 56 (anonym) im Verbund mit dem mystischen ›Geistbuch‹ und den mystischen Traktaten ›Von der Minne‹ und ›Von der Edelkeit der Seele‹ u¨berliefert. Ebenso in N2 (s. o.), doch enth2lt N2 anders als Mai4 haupts2chlich Traktate und Predigten der spekulativen dominikanischen Mystik des 14. Jahrhunderts (Meister Eckhart, Ps.Meister Eckhart, Johannes von Sterngassen, Eckhart von Gru¨ndig etc.). In den Handschriften der Y2-Redaktion schließlich steht Hanes Predigt als einzige Predigt aus dem ›Paradisus‹ zusammen mit ps.-eckhartischen Traktaten und Predigtstu¨cken (›Traktat von den 24 Zeichen eines wahrhaften Grundes‹, ›Von Gelassenheit‹ und die Predigt ›Aemulor enim vos in aemulatione‹ [Pfeiffer Pr. 26]; s. o.) unter erbaulichen, nicht spekulativen Kleintexten und Traktaten. Die Transformierung der Predigt Hanes in Y2 von einer mystischen Predigt zu einer Predigt, die zur Rechtgl2ubigkeit anleitet, erscheint als eine Angleichung des Textes an ¨ berlieferungszusammenhang. seinen U

44

Eine 2hnliche Mystikrevision ist auch bei Predigten des Gerhard Comitis zu bemerken, eines Nu¨rnberger Dominikaners, der mit der Ordensreform des 15. Jahrhunderts eng verbunden war: In seiner vierten Abendmahlspredigt (Edition: Nu¨rnberger Eucharistiepredigten des Gerhard Comitis, hg. und kommentiert von Antje Willing, Erlangen/Jena 2003 [Erlanger Studien 128], S. 67–93), die er in den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts vor den Schwestern des Nu¨rnberger Katharinenklosters gehalten hat, rezipiert er den ›Eucharistietraktat‹ Marquards von Lindau derart, daß er dessen mystische Lehre zu einer Anleitung zur Rechtgl2ubigkeit umgestaltet. Vgl. Antje Willing, Literatur und Ordensreform im 15. Jahrhundert. Deutsche Abendmahlsschriften im Nu¨rnberger Katharinenkloster, Mu¨nster [u. a.] 2004 (Studien und Texte zum Mittelalter und zur fru¨hen Neuzeit 4), S. 233–254.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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Edition Die Textkritik der Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten hat gezeigt, daß N1 gegenu¨ber OH2 (X1) und N2Mai4 (Y1) einen dem Predigtoriginal wohl recht nahe stehenden Text u¨berliefert: Obgleich auch N1 keinen fehlerfreien Text bietet, zeichnet sich dieser Textzeuge gegenu¨ber X1 und Y1 durch die Vollst2ndigkeit des Textes aus. Die Edition der N1Y1-Fassung der Predigt folgt daher N1 als Leithandschrift. Da vier der elf Textzeugen den Predigttext in einer stark geku¨rzten und redigierten Fassung (Y2) bieten, ist diese in der Edition der langen Predigtfassung (N1Y1) gegenu¨bergestellt; beide Textfassungen sind jeweils mit einem gesonderten textkritischen Apparat versehen. Die Y2-Redaktion der Predigt ist in keinem der vier Textzeugen original u¨berliefert. Als Leithandschriften einer Edition der Y2-Redaktion kommen jedoch sowohl S8 wie auch Mai8 aufgrund gravierender und sinnentstellender Textverderbnisse nicht in Betracht: Statt Aristoteles vnd Plato (Mai8M35M36) hat S8 Aristotiles vnd Plato sprechent; statt gu´t oder vleis (S8M35M36) hat Mai8 got vnd nicht fleisch. M35 und M36 hingegen u¨berliefern den Text der Y2-Redaktion ohne derartige Fehler. Da zudem M36 als Abschrift von M35 erwiesen werden konnte, dient zur Edition der Y2-Redaktion M35 als Leithandschrift. Sofern andere Textzeugen Lesarten bieten, die der der jeweiligen Leithandschrift vorzuziehen sind, ist der Text der Leithandschrift nach der Lesart des entsprechenden Textzeugen gebessert. In jedem Fall ist der Eingriff in den Text der Leithandschrift durch Kursivierung gekennzeichnet und unter Angabe aller Lesarten im textkritischen Apparat legitimiert. Konjekturale Zus2tze – sie haben sich nur in wenigen F2llen als notwendig erwiesen, wo N1 eindeutig Textverderbnis aufweist, die durch keinen der anderen Textzeugen behoben werden konnte – sind durch < > und Kursivierung gekennzeichnet und unter Angabe aller Lesarten im textkritischen Apparat legitimiert. Die in den Leithandschriften verwendeten Abbreviaturen sind die im 14. und 15. Jahrhundert u¨blichen; sie wurden stillschweigend aufgelo¨st. Die Graphie der Leithandschrift ist beibehalten (allerdings ist konsequent rundes s bzw. z gesetzt), nur die Groß- und Kleinschreibung der Namen sowie die Interpunktion ist zum Zwecke einer besseren Lesbarkeit des Textes dem Neuhochdeutschen angeglichen. Der Lesartenapparat verzeichnet alle relevanten Lesarten; dabei ist bei u¨bereinstimmender Lesung mehrerer Textzeugen die Lesung der erstgenannten Handschrift gegeben. Me2 und Me3 sind im Apparat nur beru¨cksichtigt, sofern sie Lesarten bieten; das Fehlen von Text in Me2Me3 ist im Lesartenapparat nicht eigens verzeichnet. Zur Entlastung des textkritischen Apparates sind sprachgeographische Varianten, die einzelne Textzeugen konsequent aufweisen, semantisch nicht differenzierende Lesarten und bloße Wortumstellungen nicht in den Lesartenapparat aufgenommen. Sie werden im folgenden einmalig verzeichnet:

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Antje Willing

Sprachgeographische Varianten 4 worden – seuchen] wurden von irer chrankchait gesunt Me2. seuchen] sichtagen Y1. 7 seuch – gevallen] suchide mochte gevallin an vn X1, suchte jn jn gefallen mocht Y1, chrankchait in in vallen mocht Me2Me3. seuch] suchide X1, suchte Y1, chrankchait Me2Me3. 11 seue ch] suche X1, suchte Y1, sucht noch chrankchait Me2, sucht der chrankchait Me3. 13 f. totlich seue ch] tot suchide X1, todlich sucht Y1, to¨dleiche chrankchait Me2. 27 f. seuche] suchide X1, sichtagen Y1, sucht Me2. 133 f. seuchen] suchten Y1. 45 sunder] an N2, sunder (daru¨ber von anderer Hand an) Mai4. 50 sunder] an N2. 98 sunder] an Y1. 116 sunder] an N2. 73 vber] pobin X1. 127 vber] pobin X1. vber di natur] pobin der nature X1. 13 gebot vbertrat] pott v¨bergy¨eng Y1Me2Me3. 6 geschuff ] peschueff Me2Me3. 26 gerue rt] berurt Y1Me2. 76 der mittel] diz mittil X1, das mittel Y1. 86 f. der mittel … den] daz mittil daz X1Y1. 123 mant] mu˚nt O, monat Y1. 30 einerhand] einirleige X1, einerlei (von anderer Hand am Rand drey¨erley¨ nachgetragen N2) Y1. 56 dreierlei] drigirhande X1Y1. 108 zweierlei] zweigirhande X1, jn czwey¨erlei Y1.

Lesarten ohne Bedeutungsrelevanz 31 di] dise Y1. 34 di] dise X1Y1. 63 des] das N2. 76 daz] dicz Y1. 100 dan] denn Y1.

Wortumstellungen 18 ab wolt nemen] wolde an sich nemen X1, wolt abnemen Y1. 19 was – menschen] gefallen was jn dem ersten menschen Y1, in dem ersten menschen gevallen was Me2. 20 not allen den] allen den nat Me2. 42 dar an si] da si ane X1. 48 f. gern – horn] godis wort gerne horin X1. 68 f. der sel vnd dem geist] deme geiste vnd der sele X1. 73 minnent – dinch] v¨ber alle ding lieb haben Me2. 115 alle geistlich leut haben] habin alle geistliche lude X1Y1. 120 gesunt worden] wordin gesunt X1. 124 f. chunnen chumen] komen kunnen Y1. 133 gesunt worn] wordin gesunt etc. X1.

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N1Y1

Y2

Bruder Heinreich sprach disen sermonen. Vnd dicz spricht sanctus Matheus an dem lezten wort dez ewangelii: Alle di in rurten, di worden gesunt von irn seuchen. Wissent daz: Da got den ersten menschen geschuff, do het er in alzo wol geordent, daz chein seuch an in moht gevallen, wan ein gul-

[147r] Vnd das spricht sand Matheus an dem leczten wort des ewangely: Alle, die in rurten, die wurden gesundt. Do got den ersten menschen peschuef, da het er in als wol geordent, das chain siechtag in in geuallen mocht, wann der genaden ein guldein

Lesartenapparat zu N1Y1. Zuweisung: Omnes querebant eum tangere quia virtus de illo exibat. hi lerit meister Hane der carmellita wilce wis di sele gesu˚nt werde di Got rurit, wann etliche richint got etliche … Registereintrag in X1; BRuder han (von anderer Hand zu hey¨nreich korrigiert N2) sprach dise lere Y1; keine Zuweisung in Me2Me3. 2 f. vnd dicz – ewangelii] Dar vmb stet schriben Mathey xiiij Me2, fehlt X1. 3 f. alle di – seuchen] OMnes querebant eum tangere quia uirtus de illo exibat et sanabat omnes X1. 3 rurten] an ru¨erten Me2. 5 wissent daz] wist Y1, wann Me2Me3, fehlt X1. 6 do] den X1. het … geordent] arnt Me2Me3. in] fehlt X1. 7 an in] jn jn Y1Me2Me3. Lesartenapparat zu Y2: 2 das Mai8M35] dicz S8M36. sand] fehlt S8.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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dein cheten ging von der driualticheit in di obersten creft der seln vnd durchginch di nidersten creft alzo, daz si gehorsam warn den obersten creften. Do enmoht chein seuech gevallen, wider in den leip noch in di sel. Aber do er daz gebot vbertrat, do vil er in totlich seue ch, vnd als mensch chunne mit im. Dez enmoet nit leiden di gruntloz parmherczikeit, di sich gemeinet allen creaturen: Si enwol chumen vnd wolde sich wisen, daz si di seuch ab wolt nemen, dar in di natur was gevallen mit dem ersten menschen. Darvm waz es not allen den, di behalten suln werden, di musten in ruren in etlicher mazze, e dan er vf ertrich chom. Aristotiles und Plato, wan si in nicht enrurten, darve m warn si nicht gesunt, wan von ir weisheit so lern wir noch naturlich chunst, e Æwir æ phaffen. Hetten si in gerurt mit gelauben, so wern si gesunt worden von irm seu-

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cheten gie von der driualtichait in die obristen kreft der sel Adamas pis an die nideristen, das sy albeg gehorsam waren den obristen kreften. Hiet er pehalten das gepot, chain tot noch chain we mocht an in nicht geuallen sein. Aber da er das gepot vbertrat, da fiel der tod vnd alles anhangencz we in in vnd in vns [147v] allew. Das macht nicht geleiden die minn gotes: Sy chom vnd lost vns.

Vnd davon rurt wir inn mit mitleyden, e er auf erd chom. Aristoteles vnd Plato, wann sy in nicht rurten, davon pelibens noch siech, vnd heten doch soleich weishait, das noch weishait von in lernent die grossen maister.

Lesartenapparat zu N1Y1: 8 cheten] chetten das ist ein wolgearnte schikchung Me2, chetten wol gearnter schikchung Me3. driualticheit] gotheit X1, hey¨ligen (h. Mai4) driualtikeit Y1. 9 obersten] fehlt X1. 10 f. alzo daz – creften] das sy den obristen geharsam warn Me2Me3, fehlt Y1. 11 do enmoht] vnd dar vmb mocht Me2, da von … mocht Me3. 11 f. seue ch – sel] sucht noch chrankchait weder in sel noch in leib Me2, sucht der chrankchait weder in leib noch in sel Me3. 12 wider – sel] noch in lip noch in sele O, in lip noch in sele H2Y1. 12 f. aber do er Y1Me2] du aber he O, do he aber H2, do er do N1, vntz das er Me3. 14 als mensch chunne mit im] alle menslich kunne X1, alle menschlich kinde mit jnn Y1, als menschleichs geslae cht mit im Me2. 15 dez] daz X1, aber des Me2. 15 f. nit – parmherczikeit] dy parmhertzichait gots nicht leiden Me2. 15 leiden] gelidin X1. 15 f. parmherczikeit] barmherzikeit godis X1. 16–18 di sich – wolt nemen] dy sich aller creatur gemainsambt vnd santt seinn sun dy chrankchait ab ze nemen Me2. 17 enwol] wolt N2. wolde X1Y1] fehlt N1. 18 ab … nemen] an sich nemen X1. dar] dy Me2. 19 mit dem ersten menschen] fehlt X1. mit] jn Y1Me2. 20 darvm] hirumme X1Y1, vnd dar vmb Me2. allen den di] alle di X1, alle die Y1. 20 f. behalten suln] gesunt woldin X1. 21 f. di musten – mazze] das sy in in ettleicher mazz ru¨erten Me2. 22 e dan – chom] ee er cham Me2, fehlt X1. 23 f. Aristotiles – enrurten] aber Aristotoles vnd plato peru¨erten in nicht Me2. 24 nicht] auch nicht Me2. 24 f. wan von – chunst] wie wol wir noch von irer weishait natu¨rleiche chunst lernen Me2. 24 wan] fehlt X1Y1. 25 so lern wir noch] sy (zu so gebessert) lernten wir N2, so leren wir Mai4. so] fehlt X1. 26 wir] fehlt (von Jostes ergFnzt) XY1Me2. phaffen] fehlt X1Y1Me2. 26 f. in – gelauben] in aber im glauben peru¨ert Me2. mit gelauben] mit dem glauben Y1. Lesartenapparat zu Y2: 8 von] vor S8. driualtichait] heiligen dryvaldikeit Mai8. obristen] fehlt Mai8. 9 an] in Mai8. 11 chain tot] das chain tod S8. 12 mocht – sein] an in mocht gefallen sein Mai8. 14 in in S8] an in Mai8, ein in M35M36. 20 vnd] fehlt Mai8. mitleyden Mai8S8] leyden M35M36. 23 Aristoteles] Aristoles Mai8. Aristoteles vnd Plato] Aristotiles vnd plato sprechent S8.

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che. Gelaub ist alzo einualtig, daz man nicht dar ze chumen mach mit red. Ez sint einerhand leut, di ruchent got, daz ist daz minste von dem menschen. Di leut gent ze der messe und gebent ir almuzen, ir ander leben daz ist der werlt: Chument si zu dem sermon, des verdreuset si. Di leut sint tod. So sint ander leut, di horent got: Daz sint di, di gerne gocz wort horent. Vnd di sint auch tot, wan daz ist von natur. Wan horten si ez in der minne, da mide si behalten mohten werden, so liessen si ab di stuck irs geprechliches lebens, dar an si gerurt werden. Nu lazent si es varen, darvm wil ich genczlich prue uen, daz es natur ist. Daz lustlichs leben, daz indert ist sunder di gnad, daz ist vbung in eim lautern claren verstantnue z [48rb] von natur. Lebenten noch di heidnischen meister vnd pfaffen, si solten gern daz gotes wort horn, wan si warn ir verstantnue z cherent nach dem oebersten sunder gelaub. Vnd hie pei bruff ich auch, daz es natur ist gocz wort horn, sunder daz ob sich der

Antje Willing

Es sind ainerhand lewtt, die rurent got aber an: Sy gent gein chirchen vnd gebent almosen. Choment sy czw dem goczwort, des verdrewsset sy hart: Sy gent davon vnd mogens nicht gehoren, wann sy sind von got nicht. Vnd ir peruren mocht sy nicht gesunt, wann sy peleibent in dem ewigen tod. So sind denn ander menschen, die horent geren das goczwort vnd was man von got saget recht geren, vnd tu¨nt schon darczw. Vnd da ist sein auch dann weder minner noch mer.

Sy horent geren von got, [148r] sy wellent aber darnach nicht tun. Nw, was ist dann ir horen nucz? Ir horen ist rechtew natur, wann war es gut oder fleiss, so richten sy ir leben nach dem horen. Vnd von dem peruren peleibens lang

Lesartenapparat zu N1Y1: 28 f. gelaub – red] Sanctus matheus sprichit alle lude gertin vn zu rurine X1. 30 einerhand] einirleige X1, einerlei (von anderer Hand am Rand drey¨erley¨ nachgetragen N2) Y1. ruchent] richint X1, ruren Y1. 32 f. ir ander] vnd vr andir X1, aber ir ander Y1. 33 daz] fehlt Y1. 34 dem sermon] der predigade X1Y1. 35 tod] sich X1. 37 horent] ruren Y1. got] fehlt H2. 38 di di] leut die Y1. gerne X1Y1] fehlt N1. vnd] fehlt X1Y1. 39 tot] sich X1. daz] ez X1. 40 da mide X1Y1] do in N1. 41 werden] blibin (durch u¨bergeschriebenes b aus blidin gebessert O) OY1. so] da H2. 41 f. di stuk – lebens] di gegrechlichkeit (gebrechlickeit H2) vris lebines X1, die stuck irs lebens Y1. geprechliches] geprenliches N1. 42 gerurt] gerugt Y1. 43 darvm] nu X1, da bey¨ Y1. wil ich] mag man Y1. genczlich] fehlt X1Y1. 44 prue uen] mercken Y1. 45 lustlichs] lustsamiste O, lue tsamiste H2. daz indert ist Y1] fehlt X. indert Y1] einic N1. di] fehlt X1N2. 46 daz ist] lebin ist X1. vbung] fehlt X1. 46 f. verstantnue z] bekentnisse X1. 47 noch di] noch Y1. 48 meister vnd] fehlt X1. vnd pfaffen] fehlt Y1. si X1Y1] di N1. 49 daz] fehlt Y1. 49 f. wan si – gelaub] wann ir verstentichait was nach den obristen dingen aber sy heten des gelaubens nicht (wann – nicht fehlt Me3) Dar vmb ist dy sel nach den obristen chrefften ein geist vnd nach den nydristen ein sel Me2Me3. 49 wan si warn ir] wan sein wer ir Y1. warin ir X1] warn ir ir N1. 50 cherent] gerend Y1. 51–53 vnd hie pei – rihtet] fehlt X1. 51 bruff] merck Y1. auch] fehlt Y1. 52 ob] fehlt N2. Lesartenapparat zu Y2: 30 ainerhand] etlich Mai8, ainerlay hant S8. aber] fehlt Mai8S8. 31 vnd] fehlt Mai8. 32 choment] vnd kumen Mai8. 34 von got] awsz got Mai8. 37 die] die da S8. 38 geren] fehlt Mai8S8. 40 weder] fehlt Mai8. 51 gut oder fleiss] got vnd nicht fleisch Mai8.

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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mensch dar nach rihtet. Di leute sint auch tod, di got alzo horen. Es sint auch leut, di sehent got. Di sint dreierlei: Di ersten, di sehent got von verren in eim dunsternue z. Daz sint di leut, di got dinent. Di habent alzo vnordenlich minne ze den creaturen: Wen si sich ze got scholen fugen, so sint si sich ve bent in der vnordenlichen minne, wan di creatur seczen sich zwissen si vnd got, nit wesenlich, sunder mit irm pild. Doch sehent si got mit irm geist, vnd des ist wenich, wan ir leben ser geneiget ist ze den creaturen – ich mein nicht alein den menschen, mer auch ander creaturen. Der geist wer gern dar ab, vnd di sel wil doch dar beleiben: Alzo ist ein streit zwissen der sel vnd dem geist in dem einualtigen wesen. Dis leue t sint auch tot. Di andern, di got sehent, di sehent in clerlich vnd doch mit eim mittel. Daz sint di, di got minnent vber alle dinch: Westen si icht, daz wider got wer, daz legten si ab. Nochdan minnent si di dinch, di si nicht von got scheident: Daz ist der mittel, dar in si got sehent. Dis leut lebent vnd sint chranch, in ist alz den sichen. Der sich hat dreu stuk an im: Er

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siech oder ewichleich, tunt sy im nit pas.

Die vierden rurent got. Wamit? Sy horen das goczwort geren vnd gent im ferr nach vnd rewert ir sundt vnd schickent sich so vast czw pesserung. Aber aignew minn mogens nicht gelassen: irs leibs, irs gutes vnd der andern ding.

Lesartenapparat zu N1Y1: 53 di H2N1] dise OY1. 53 f. sint auch tod Y1] sint auch sich X1, fehlt (Jostes ergFnzt di sint tot) N1. 53 auch] fehlt X1. 55 di sehent] di fehlt X1. di sint] vnd die sind Y1. 56 got] vn X1. 57 dunsternue z] vinstirnisse X1. di leut] di fehlt X1. 58 habent] en H2. 59 scholen] solten (am Rand sulen nachgetragen N2) Y1. 59 f. fugen] keren Y1. 60 der] fehlt Y1. 61 seczen Y1] sezin X1, seczet N1. 62 sunder] den Y1. 63 irm geist] dem geist Y1. 63 f. vnd des ist wenich] fehlt X1. 64 f. ze den creaturen] fehlt (auf creatur am Rand von anderer Hand nachgetragen N2) X1Y1. 65 f. alein den menschen] allein von anderer Hand nach menschen nachgetragen N2, alein fehlt Mai4. 67 vnd] aber Y1. doch dar] daran Y1, fehlt X1. 68 f. alzo – wesen] vnd also ist ein strikch (!) twischen der sel vnd dem geist in dem ainigen wesen Me2Me3. 68 alzo] vnd alsus X1. streit] strikch (!) Me2Me3. 69 einualtigen] ainigen Me2Me3. 70 tot] sich X1. 71 di got sehent] wann ettleich sehen got Me2. got] jn (von anderer Hand durch got ersetzt Mai4) Y1. 72 daz sint di di] als dy sind dy Me2. di di] di X1Y1. 73 minnent] my¨nnen vnd lieb (aus lieben gebessert N2) haben Y1, lieb haben Me2. 73 f. westen – si ab] vnd ob sy westen dy ding dy wider got wae rn sy liezzen sy Me2. 74 f. nochdan – dinch] vnd haben dannoch dy ding lieb Me2. 74 nochdan] noch den (zu den noch umgestellt) N2. 75 f. nicht von got scheident] fon gode nicht intschedint X1, von nicht von got (am Rand von anderer Hand nachgetragen) scheiden N2, von nicht scheiden Mai4, von got nicht scheiden Me2. 78 den] deme O. sich] fehlt X1. hat dreu stuk] dru dinc hait an vme O. stuk] dinc X1. Lesartenapparat zu Y2: 73 czw] nach S8.

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vermach chein stark werch; daz er tut, daz tut er mit vngelust. Daz ander ist, daz im saue r dinch wol smekent. Daz dritt ist, daz im chein gut speis wol smecket noch irm werd. Alzo ist disen leuten: Alein lebent si, in ist doch swer zu allen guten werchen. Alz si sich mit got schullen vereinen ze etlicher mazze alzo uil alz si mugent, daz ist in swerlich, wan der mittel, den si habent, der ist in ein hindernuz. Dis leut habent daz sorchlichest leben: Alein [48va] hat di bescheidenheit obernhant genumen, doch ist ir sel geneiget ze minnen di dinch, di got nicht ensint. Darvm ist jn zu nemen di minne, di bescheidenheit enthalte si dan wider. Darvm sint si in bekorung: Swaz ir vielicheit vernement, daz rizet si zu der minnen. Si muzen sten in grozer hut, oder si vallent schir wider in den tot. Di sehent got clerlich mit mittel. Di dritten sehent got clerlich sunder mittel. Daz sint di, di dise minne gelazzen hant, dan nur nement si di nothdurft des leibes.

Antje Willing

In ist not hut. Sy sind weder gar siech noch gesunt. Die funften rurent got. Wamit? Da stent sy auf von dem zart vnd von der flebichait irer natur, vnd was sy horent, das volbringet sy mit fleis vnd mit ernst. Die sind salikch als got selber spricht: Sy horent das goczwort vnd pehaltent es. Vnd davon werdent sy gesundt ewichleich.

Daz Æda æ siht, daz hat ein mittel, daz da ruret, daz hat chein mittel. Wild du got ruren, so solt du vber dein natur treten.

Lesartenapparat zu N1Y1: 79 vermach] enmag (von anderer Hand u¨ber en- ist ver- nachgetragen N2) Y1. 80 ist] fehlt X1Y1. 82 wol] fehlt X1. werd] gu¨te Y1. 83 doch] den noch Y1. 84 werchen] dingin X1Y1. alz] wan Y1. 84 f. mit got schullen vereinen] sullin mit gode einigin X1. 85 ze] mit X1. mazze] czeit Y1. 87 habent] die haben Y1. 88 daz sorchlichest] ein sorclich X1. 90 ir sel] vr (nachgetragen) di sele O. 90 f. ze minnen di dinch] die ding zu my¨nnen Y1. 91–93 jn zu nemen – dan wider] dan wider (von anderer Hand ergFnzt zu jn zu nemen diese my¨nne vnd dan wider alle gute werck zu wurcken) N2. 91 jn (nachgetragen von anderer Hand) N2] si X1Mai4. 92 nemen] flihine X1. enthalte si Mai4] inhalde si X1, di halt sich N1, fehlt N2. 93 wider] fehlt Y1. bekorung Y1] bekorungin X1, becherung N1. 96 di] disz leut Y1. 100 nur nement si] nowe nemint si X1, naturlich N1, nur Y1. 105 da] Strauch liest daz man da? oder daz du rurist? und druckt daz man da sihit X1, man N1Y1. ein] fehlt X1. 105 f. daz da – ruren] fehlt Y1. 106 f. wild du – treten] dar vmb wer got well ru¨ern der sol v¨ber sein natur treten vnd wann er nichts wais ze pu¨ezzen vnd chainn streit im hertzen hat so ist er gesunt warn Me2. 107 dein] di X1Y1. Lesartenapparat zu Y2: 94 in ist Mai8S8] ist in M35M36. 99 von der] fehlt Mai8. andacht Mai8. 103 vnd davon] vnd fehlt Mai8.

101 mit fleis] mit fleysz vnd mit

Die Predigt ›Omnes querebant eum tangere‹ Hanes des Karmeliten

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Zweierlei weis rurt man got, nicht daz gotlich wesen. Daz ein ruren daz ist einvaltig, alzo alz ein hant di andern rurt: Di hitz, di ein hant hat, di gemeinet si der ander. Alzo tut got den, di jn da einualtig rurent, vnd hiemit choment si ze der freiheit irs geistes, di er hat in dem paradise, der erst mensch. Di freiheit solten alle geistlich leut haben. Darvm sprechent si di worheit sunder vorht. Si wissent nicht auzen dez si in dem herczen nicht enhabent. Daz sint di, di got einualticlich rurent. Dise leut enhabent chein streit, vil oder wenik. Dis sint gesunt worden. Di andern rurent got mit einem smackenden ruren alzo, daz si werdent gezogen in eim liht, daz si sint einen mant, etliche minner oder me, daz si nicht ze ir bescheidenheit chunnen chumen, alz lang biz man ein Aue Maria chund gesprechen. Daz liht ist alzo verre vber den geist, alz der geist ist vber di natur. Di weil du in disem liht pist, so enweistu nicht; alz du ez hast verlorn, so weist du wol. Noch gebricht dir: Daz ist, daz du mensch pist. Di got ruren mit disem smackenden ruren, di sint gesunt worn von allen iren seu[48vb]chen, alz S. Matheus spricht.

Lesartenapparat zu N1Y1 108 rurt] so rurit X1, wirt getilgt und daru¨ber rurt nachgetragen N2. nicht] aber (am Rand von anderer Hand nachgetragen) nicht N2. 110 alz] das Y1. di X1Y1] daz (Jostes ergFnzt zu daz hitz [daz?]) N1. 111 hant X1N2] fehlt N1Mai4. 112 jn da Y1] vn X1, fehlt (in von Jostes ergFnzt) N1. 113 er] her adam X1. 114 der erst mensch] fehlt X1. 116–120 si wissent nicht – wenik] fehlt X1. 116 f. wissent nicht Y1] enwizzent noch enwissent nicht N1. 117 dez si] das sie von anderer Hand am Rand nachgetragen N2. 118 di got] die fehlt Y1. 119 vil] fehlt Y1. 121 f. smackenden Y1] smeclichin X1, seiniclichen (Strauch liest senlichen; Jostes liest semtlichen und bessert zu senlichen) N1. 123 daz X1Y1] di N1. 123 f. etliche minner oder me X1] oder etlichen minner N1, oder my¨nner Y1. 125 alz – Aue maria] zu eime aue maria X1, alsz lang bisz man ein aue maria Y1. lang Y1] fehlt X1. 126 chund gesprechen] mocht sprechen Y1, fehlt X1. 129 ez] icht (davor von anderer Hand am Rand dz nachgetragen N2) Y1. du X1Y1] fehlt (von Jostes ergFnzt) N1. 132 di got – ruren] di alsus got rurint smecliche X1. smackenden Y1] smecliche X1, seinlichen (aus sinlichen gebessert) N1.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Predigen in dominikanischen Konventen ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

Die Sammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ und damit die Hamburger Handschrift Theol. 2057 ist in aller Munde oder wenigstens doch Gegenstand einer eigenen Tagung gewesen, die sich in diesem Band niederschl2gt. »Mit der im 14. Jahrhundert 2usserst zierlich geschriebenen Hamburger Pergamenthandschrift Theol. 2205 12o [dagegen] hat sich die Forschung m. W. bisher nicht befasst, und doch erheischt sie unsere Aufmerksamkeit«. So begann Philipp Strauch seinen Beitrag u¨ber die von ihm so genannten ›Ko¨lner Klosterpredigten des 13. Jahrhunderts‹. Er publizierte ihn im Niederdeutschen Jahrbuch im Jahr 19111 – acht Jahre vor seiner Ausgabe des ›Paradisus anime intelligentis‹.2 In der Folge gab es Versuche Gabriel Lˆhrs, im Rahmen der Heimatbestimmungen deutscher Dominikaner auch einige der Prediger der Ko¨lner Sammlung anhand von Urkundenmaterial zu identifizieren,3 den Abdruck einer Predigt Ulrichs von Straßburg,4 einen knappen Hinweis auf eine Parallelu¨berlieferung zweier weiterer Predigten durch Eva L¸ders,5 eine Arbeit u¨ber das Ko¨lner Dominikanerinnenkloster St. Gertrud, die die Predigtsammlung erw2hnt, dabei aber einige Arbeitshypothesen Strauchs vorschnell als Erkenntnisse festschreibt,6 und Volker Honemanns/Dagmar Ladisch-Grubes Verfasserlexikon-Artikel ›Ko¨lner Klosterpredig1

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Philipp Strauch, Ko¨lner Klosterpredigten des 13. Jahrhunderts, Jahrbuch des Vereins fu¨r niederdeutsche Sprachforschung. Niederdeutsches Jahrbuch 37 (1911) (Festschrift fu¨r Ch. Walther), S. 21–48 [zit.: Strauch, ›Klosterpredigten‹]. Paradisus anime intelligentis (Paradis der fornuftigen sele). Aus der Oxforder Handschrift Cod. Laud. Misc. 479 nach E. SieversA Abschrift hg. von Philipp Strauch, Berlin 1919 (DTM 30); 2. Aufl. hg. und mit einem Nachwort versehen von Niklaus Largier und Gilbert Fournier, Hildesheim 1998 [zit.: Strauch, ›Paradisus‹]. ¨ ber die Heimat einiger deutscher Prediger und Mystiker aus dem Dominikanerorden, Gabriel Lˆhr, U ZfdA 82 (1948/50), S. 173–178; Ders., Beitr2ge zur Geschichte des Ko¨lner Dominikanerklosters im Mittelalter. Teil 2: Quellen, Leipzig 1922 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens in Deutschland 16/17). Jeanne Daguillon, Ulrich de Strasbourg, pre´dicateur. Un sermon ine´dit du XIIIe sie`cle, La Vie spirituelle 1926, Supple´ment, S. 84–98. ¨ berlieferung der St. Georgener Predigten. Eine Folge von Einzelbeitr2gen. III:1, Eva L¸ders, Zur U Studia Neophilologica 32 (1960), S. 123–187, hier S. 150; zur Handschrift aus dem Augustinerinnenkloster Nazareth in Geldern inzwischen auch: Kurt Otto Seidel, ›Die St. Georgener Predigten‹. Unter¨ berlieferungs- und Textgeschichte, Tu¨bingen 2003 (MTU 121), S. 26–28, hier Nr. 8 suchungen zur U und 9. Jutta Prieur, Das Ko¨lner Dominikanerinnenkloster St. Gertrud am Neumarkt, Ko¨ln 1983, S. 89 und 404–419.

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ten‹,7 dessen Angaben freilich notgedrungen alle auf Strauch beruhen. Sonst hat sich die Forschung bis heute mit der Sammlung nicht befaßt.8 Insbesondere fehlt eine Untersuchung ihrer Inhalte und Bedeutung. Schlimmer: Seit Strauchs Publikation ist die einzige Handschrift abhanden gekommen, seit 1945 verschollen; und das gilt trotz der zuletzt erfolgten Ru¨ckerstattungen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Hamburg auch heute noch. Ich habe mich also in die mißliche Lage gebracht, u¨ber etwas schreiben zu sollen (und zu wollen), u¨ber das wir nichts – oder doch nur sehr wenig – wissen. Oder um es mit jenem Albert-Zitat aus Eckharts Pariser ›Sermo paschalis‹ von 1294 zu sagen: Albertus saepe dicebat: »hoc scio sicut scimus, nam omnes parum scimus.«9 Aber auch dies wenige bedarf einer Ordnung: In einem ersten Schritt werde ich versuchen, das, was wir u¨ber die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ wissen, zusammenzutragen. In einem zweiten Abschnitt werden diese ›Klosterpredigten‹ mit der Sammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ verglichen. Ein kurzer dritter Teil gilt ¨ berlieferung, ein vierter dem redaktionellen Bearbeitungscharakter beider Sammder U lungen. Der letzte Punkt (V) behandelt das Verh2ltnis der zwei ›Hauptprediger‹ beider Sammlungen zueinander: Meister Gerhard und Meister Eckhart. Im Anhang werden zwei ungedruckte Predigten Meister Gerhards aus zwei neuentdeckten Textzeugen wiedergegeben.

I Das wenige, was wir u¨ber die sogenannten ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ wissen, haben wir Strauchs Mitteilungen zu verdanken. Die verschollene Pergamenthandschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert, lag Strauch noch »i[m] rote[n] Originaleinband« vor, hat 136 Bl2tter (in 17 Lagen) und ist, kleinformatig wie sie ist, auch entsprechend »zierlich geschrieben«, mit etwa 20 Zeilen pro Seite. Sorgf2ltige Anlage und Korrekturen von gleicher Hand deuten auf eine (oder mehrere) schriftliche Vorlage(n). Woher die Handschrift urspru¨nglich stammt, l2ßt sich nicht sagen. Ein Besitzeintrag des 15. Jahrhunderts lautet: Dat boich ist der suster zo Camp jn der clusen intgen boppart (Tertiarie¨ ber die Uffenbach-Wolfsche Sammlung gerinnen von Kamp gegenu¨ber Boppard). U 7 8

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Volker Honemann/Dagmar Ladisch-Grube, ›Ko¨lner Klosterpredigten‹, in: 2VL, Bd. 5, Sp. 49–54. Die erw2hnte Tagung fand 1998 statt. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Tagungsbandes (2009) hat sich meines Wissens die Forschungslage kaum ver2ndert. LW V, S. 145,5 f. Als LW zitiert werden: Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, hg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die lateinischen Werke, Bd. 1–5, hg. von Ernst Benz [u. a.], Stuttgart 1956–2006. Weiterhin zitiere ich aus: Die deutschen Werke [zit.: DW], Bd. 1–3 und 5, hg. und u¨bers. von Josef Quint, Stuttgart 1958–1976; Bd. 4,1, hg. von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Freimut Lˆser, Stuttgart 1997–2003. Außerdem benutzte Ausgaben: Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts. Bd. 2: Meister Eckhart, hg. von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857 (ND Aalen 1962); Meister Eckhart. Werke, hg. von Niklaus Largier, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1993 (Bibliothek des Mittelalters 20–21); Meister Eckhart und seine Ju¨nger. Ungedruckte Texte zur Geschichte der deutschen Mystik, hg. von Franz Jostes, Freiburg (Schweiz) 1895 (ND Berlin 1972 mit einem Nachwort von Kurt Ruh und einem Wo¨rterverzeichnis von Peter Schmitt).

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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langte der Codex in den Besitz der Hamburger Bibliothek. Die Hs. schließt fol. 135v–136v, so Strauch, mit »einige[n] bedeutungslose[n] geistliche[n] Betrachtungen, von anderer Hand wohl nur geschrieben, um den Rest der 17. Lage zu fu¨llen«.10 Daneben enth2lt sie, von der Haupthand aufgezeichnet, 40 Predigten. Aber auch u¨ber die meisten Prediger wissen wir wenig. Den Anfang machen fu¨nf kurze Texte (fol. 1r–13r), laut Rubrum als sermones des rode[n] prior[s] oder Prior Rufus bezeichnet. Strauch konnte bei den Ko¨lner Dominikanern einen Prior dieses Namens nicht nachweisen, ging aber davon aus, daß er »dem bekannten Ko¨lner Geschlechte« angeho¨rte.11 Jutta Prieur hat in ihrer Arbeit u¨ber das Dominikanerinnenkloster St. Gertrud erneut auf das in Ko¨ln gut belegte Geschlecht der Rufus oder Rode (den vermo¨gensten Zweig der Familie Cleingedank) hingewiesen und dessen freundschaftliche Beziehungen zu den Dominikanern hervorgehoben (eine Schenkung und ein Testament im Jahr 1331).12 Bei n2herem Hinsehen l2ßt sich allerdings fu¨r das Jahr 1303 in Ko¨ln ein Hermannus, Sohn des Petrus Rufus, als Prior nachweisen – freilich bei den Augustiner-Eremiten.13 Wenn man nicht annehmen will, daß dieselbe Familie zur gleichen Zeit einen nachweisbaren Prior bei den Augustinern und einen nicht nachweisbaren bei den Dominikanern stellte, ko¨nnte es sich bei dem Prior Rufus der Predigtsammlung um den Augustiner-Prior gehandelt haben. Gegen eine dominikanische Provenienz der Predigtsammlung ist damit noch nichts gesagt. Die Wechselbeziehungen zwischen Dominikanern und Augustiner-Eremiten sind in letzter Zeit immer deutlicher geworden.14 Konkrete Beziehungen zwischen den Ko¨lner Augustinern und Dominikanern zur fraglichen Zeit sind bezeugt. Am 24. Januar 1327 treten der lector principalis des Ko¨lner Augustiner-Generalstudiums, Bruder Hugo, und ein weiterer Augustiner als Zeugen bei der Verlesung von Meister Eckharts Appellation auf.15 Sicherer sind die Fakten beim zweiten Prediger, der in der Sammlung mit einem Text vertreten (fol. 13r–15r) und als Prior de wizenburg benannt ist. Lˆhr ist zweifellos 10

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Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 26. Die fu¨nfzehnseitige Handschriftenbeschreibung, die Emil Henrici am 25. Januar 1913, also nach Strauchs Publikation im Manuskript vorlegte (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften), bietet leider kaum zus2tzliche Informationen. Immerhin: Blattgro¨ße 10 a 7,5 cm; beschriebener Raum 7,5 a 5cm; Einband des 15. Jh.s; Schluß: nur Beginn einer »Betrachtung, deren Fortsetzung mit fehlenden Bl2ttern verloren ist«. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 26. Prieur [Anm. 6], S. 408. Vgl. Helga Johag, Die Beziehungen zwischen Klerus und Bu¨rgerschaft in Ko¨ln zwischen 1250 und 1350, Bonn 1977 (Rheinisches Archiv 103), S. 287. Vgl. Karl Heinz Witte, Der Meister des Lehrgespr2chs und sein ›In-principio-Dialog‹. Ein deutschsprachiger Theologe der Augustinerschule des 14. Jahrhunderts aus dem Kreise deutscher Mystik und Scholastik. Untersuchung und Edition, Mu¨nchen/Zu¨rich 1989 (MTU 95) und besonders Ders., Der ›Traktat von der Minne‹, der Meister des Lehrgespr2chs und Johannes Hiltalingen von Basel. Ein Beitrag zur Geschichte der Meister-Eckhart-Rezeption in der Augustinerschule des 14. Jahrhunderts, ZfdA 131 (2002), S. 454–487. Vgl. Adolar Zumkeller, Das Ko¨lner Augustinerkloster und sein Generalstudium im 14. Jahrhundert – eine Keimzelle der theologischen Fakult2t der neuen Universit2t, in: Die Ko¨lner Universit2t im Mittelalter. Geistige Wurzeln und soziale Wirklichkeit, hg. von Albert Zimmermann, Berlin/New York 1989 (Miscellanea mediaevalia 20), S. 357–365.

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im Recht, wenn er ihn mit Theodericus Theutonicus de Colonia, primus fundator domus fratrum nostrorum in Wissemburgo identifiziert. Das Kloster Weißenburg im Elsaß wurde 1288 gegru¨ndet. Der genannte Dietrich aus Ko¨ln starb dort im Jahr 1334. Bis zu seinem Tod hatte er, Johannes Meyers ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ zufolge, dem Orden 63 Jahre gedient.16 Glu¨cklicherweise hat Strauch aus dem Ko¨lner Sermon gerade jenes kleine Exzerpt gedruckt, in dem der Prediger von sich selbst sagt: ich hain gode zweijr iare min dan vu˚nzich iair gedienit.17 Damit ergibt sich als Entstehungsjahr der Predigt das Jahr 1319 (1334 – 63 + 48). Die n2chste und damit schon die siebte Predigt (fol. 15r–18r) ist mit sermo fratris Johannis nigri u¨berschrieben, und damit als Werk eines Ordensbruders kenntlich gemacht. Ein Ko¨lner Dominikaner gleichen Namens l2ßt sich urkundlich nicht belegen, wohl aber ein bekanntes Ko¨lner Geschlecht der Schwartze vom Hirtz.18 Im Jahr 1327 tritt der Ko¨lner Dominikaner Godefridus dictus Niger im Prozeß gegen Meister Eckhart als Zeuge auf. Im selben Jahr erscheint er auch als Treuh2nder in Ko¨ln.19 Die Ko¨lner Provenienz der Predigt des Johannes Nigri l2ßt sich auch an ihrem Inhalt festmachen: Ein kurzes von Strauch gedrucktes Exzerpt aus der Predigt erw2hnt ausdru¨cklich dat bizdum van Colne.20 Die achte Predigt der Sammlung (fol. 18r–22r) ist dem Frater Henricus de sanctis virginibus zugeschrieben. Strauch sieht in ihm einen clericus, vicarius aut canonicus perillustris collegiatae St. Ursulae et sociarum martyrum.21 Zweifel an dieser Identifizierung sind angebracht.22 Helga Johag reiht den Prediger ohne Angabe von Gru¨nden und ohne Identifizierungsversuch unter die Ko¨lner Dominikaner ein.23 Mir scheint eine Identifizierung mit Heinrich von Lo¨wen erw2genswert: Henricus de Calstris de Lovania war 1297 Lektor des Ko¨lner studium generale.24 Die ›Miracula‹, gegen Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden, berichten von seiner besonderen Marienverehrung (im Inhaltsverzeichnis vielleicht zu lesen, bzw. zu konjizieren: Henricus de sancta virgine ?) und auch davon, daß die Gottesmutter in seiner Gestalt auff dem hof zu ko¨lenn zu den predigern […] predigett.25 Diese sogenannte ›Ko¨lner Predigt‹ Heinrichs von Lo¨wen 16 17 18 19 20 21

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¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173. Lˆhr, U Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 43, Exzerpt 4. ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173; Prieur [Anm. 6], S. 408; Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 27. Lˆhr, U ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173. Lˆhr, U Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 26. Ebd., S. 27; 2hnlich Prieur [Anm. 6], S. 409; Zweifel an dieser Identit2t sind schon bei Honemann/ Ladisch-Grube [Anm. 7] angedeutet, Sp. 52. Auch fu¨r eine Identifizierung mit Heinrich von Ko¨ln bzw. Henricus de Cervo (br. Heynrich genant vanme Hirtze) besteht kein Anlaß: Dieser urkundet erst in der zweiten H2lfte des 14. Jahrhunderts; vgl. Lˆhr, ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 177. U Johag [Anm. 13], S. 279. Vgl. Walter Senner, Johannes von Sterngassen OP und sein Sentenzenkommentar. Teil I: Studie, Berlin 1995 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens NF 4), S. 128. Vgl. Peter Kesting, Heinrich von Lo¨wen, in: 2VL, Bd. 3, Sp. 779; besonders jedoch: Stephanus Axters, De zalige Hendrik van Leuven, O. P., als geestelijk auteur, Ons Geestelijk Erf 21 (1947), S. 225–256.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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ist in mehreren Handschriften u¨berliefert, die Predigt des Henricus de sanct [ …] virgin […] wurde glu¨cklicherweise von Strauch gedruckt. Ein Vergleich – auch mit den anderen Werken Heinrichs von Lo¨wen – bietet sich fu¨r zuku¨nftige Forschungen an. Der folgende Text (fol. 22v–24v) wird einem frater Johannes de … zugesprochen. Die Herkunftsbezeichnung ist ausradiert. Honemann/Ladisch-Grube votieren deshalb dafu¨r, eine Identit2t mit Johannes von Sterngassen auszuschließen, da in diesem Fall »kaum ein Anlaß bestanden h2tte, den Namen zu tilgen«.26 Lhnlich liegt der Fall bei Johannes Franco, der in der Sammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ mit fu¨nf Predigten vertreten ist. Schon Strauch hatte in der Edition des ›Paradisus‹ darauf hingewiesen, daß dieser Johannes Franco »mo¨glicherweise zu Ko¨ln Beziehungen hat«,27 und Lˆhr hat den genannten Prediger des ›Paradisus‹, in dessen Inhaltsverzeichnis als brudir Johann Franco, der lesemeister der predigir bezeichnet, mit dem Ko¨lner Dominikaner Franco Vlagge (nachweisbar zwischen 1318 und 1334) identifizieren wollen.28 Die Basler Handschrift des ›Zweierlei-Wege-Traktats‹ (andernorts Meister Eckhart zugeschrieben) weist diesen explizit dem Johannes Franke von Koelne [!] zu.29 Beziehungen zwischen Ko¨ln und dem ›Paradisus‹, auch personeller Natur, sind belegt. Man braucht nur an Giselher von Slatheim zu denken, der nach Ausweis des Inhaltsverzeichnisses der ›Paradisus‹-Sammlung lesimeister was zu Kolne und zu Ertforte.30 Und so w2re es sicher reizvoll, im Verfasser des ›Zweierlei-Wege-Traktats‹ Johann Franco aus Ko¨ln den Verfasser der ›Paradisus‹-Predigten und den Ko¨lner Dominikaner Franco Vlagge zu sehen. »Ob wir es hier« aber, so Walter Senner, »mit einer Person, zweien oder noch mehreren zu tun haben, ist mit den bisherigen Informationen nicht sicher feststellbar.«31 Noch weniger Grund haben wir, den (oder die?) genannten Johannes Franke mit dem Johannes de … der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ in eins zu setzen. Denn auch hier mu¨ßte man sich fragen, was zur Tilgung der Herkunftsbezeichnung in der Ko¨lner Sammlung gefu¨hrt haben ko¨nnte.32 Einen guten Grund fu¨r diese Tilgung sehe ich dagegen bei Frater Johannes de Dur[en], denn der wurde im Jahr 1301 auf dem in Ko¨ln abgehaltenen Generalkapitel von seinem Amt als Cursor des Generalstudiums 26 27 28 29 30

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Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 51. Strauch, ›Paradisus‹, S. IX. Predigten Frankes: Nr. 5, 7, 18, 29, 35. ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 174. Lˆhr, U Volker Honemann, Franke, Johannes, in: 2VL, Bd. 2, Sp. 800–802. ¨ brigens hat Walter Senner [Anm. 24], S. 130 f. ein weiteres ArStrauch, ›Paradisus‹, Pr. 41, S. 5. U gument fu¨r eine Bindung Giselhers nach Ko¨ln beigebracht: »Auch wenn der ›Paradisus animae intelligentis‹ wahrscheinlich in Erfurt entstanden ist, weist doch die außerhalb des Corpus u¨berlieferte Predigt [des Giselher] Des heiligen kruzes tac alse iz funden wart auf das seltene Patrozinium ›Kreuzauffindung‹ der Ko¨lner Dominikanerkirche hin.« Vgl. Thomas Kaeppeli, Scriptores Ordinis Praedicatorum Medii Aevi, 4 Bde., Rom 1970–1993, hier Bd. 2, S. 45, Nr. 1311. Senner [Anm. 24], S. 131. Die Lage wird dadurch noch komplizierter, daß auch die Musikwissenschaft den beru¨hmten Musiktheoretiker Franco von Ko¨ln bisher nicht eindeutig identifizieren konnte. Vgl. Wolf Frobenius, Der Musiktheoretiker Franco von Ko¨ln, in: Zimmermann [Anm. 15], S. 345–356, und Heinrich H¸schen, Franco von Ko¨ln, in: 2VL, Bd. 2, Sp. 825–827. Kein Grund fu¨r eine solche Tilgung ist auch bei Johannes Piccardi de Lichtenberg zu erkennen, 1303–1305 Lektor in Ko¨ln, anschließend Sentenziar in Paris und Provinzial der Teutonia. Zu ihm: Senner [Anm. 24], S. 129.

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abgelo¨st und nach Utrecht strafversetzt, weil er »bo¨sartige Spottverse« u¨ber den verstorbenen Provinzial Conrad von Trebensee und andere Mitbru¨der verfaßt hatte.33 Der Verfasser des n2chsten Textes (Nr. 10, fol. 24r–28r) fu¨hrt wieder auf sicheren Boden. Frater Godefridus de kelse (Kels bei Du¨ren), in einer Urkunde am 24. Juni 1304 als tot bezeichnet, »muß ein angesehenes Mitglied des Ko¨lner Klosters gewesen sein, da er vor dem Ko¨lner Erzbischof Sifrid […] mit mehreren Mitgliedern des Ko¨lner Domkapitels einen Streitfall entscheidet«.34 Text Nr. 11 (fol. 28r–29v) stammt nach Ausweis der Handschrift von einem minir ¨ ber den Prediger bru˚der. Das Wort minir wurde nachtr2glich auszuradieren versucht. U ist nichts zu erfahren. Wohl aber u¨ber die Sammlung, deren Redaktor und Benutzer. Denn die Rasur zeigt, daß auch hier die Bezeichnung eines unliebsamen Predigers nachtr2glich unterdru¨ckt werden sollte. Die Tatsache, daß eine Predigt eines Franziskaners in eine dominikanische Sammlung aufgenommen wurde, verbindet die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ zudem mit dem ›Paradisus anime intelligentis‹. Auch dort gibt es bekanntlich eine Predigt eines barfuzzin lesemeistir[s]. Bei Text 12 (fol. 29v–30r) handelt es sich dem Rubrum zufolge um Bru˚der Kirstians sermon. Lˆhr erw2gt Identit2t mit den Dominikanern Christianus Sprimunder (in Ko¨ln 1328–1330 bezeugt) oder Christan van der Lu˚ven (1331).35 Damit w2re dieser Text deutlich sp2ter anzusetzen als die anderen. Aber der Name ist unter den Ko¨lner Dominikanern selten und tats2chlich in den Jahren zuvor nicht nachzuweisen.36 Text 13 (fol. 30r–32r) geho¨rt noch einmal Godefridus de Kelse. Die Texte 14 und 15 (fol. 32r–37v und 37v–43v) werden beide jeweils als byschof Ailbrets Sermon gefu¨hrt. Die Bezeichnung deutet darauf hin, daß hier nicht die fru¨he Zeit Alberts in Ko¨ln (um und nach 1243) gemeint ist, sondern daß dem Schreiber oder der Schreiberin der Handschrift und deren Quellen der 1260 zum Bischof von Regensburg ernannte, 1262 von diesem Amt zuru¨ckgetretene und seit 1270 st2ndig in Ko¨ln weilende Albertus Magnus vor Augen steht. Schneyer h2lt Alberts Urheberschaft an diesen Texten fu¨r sicher: Text 14, von Strauch glu¨cklicherweise abgedruckt, ist keine Predigt, sondern eine Sammlung von Ausspru¨chen Alberts zum Textwort benedicamus patrem. Gedanken aus diesem deutschen Text, so Schneyer, begegnen auch »in dem acht Predigten umfassenden [lateinischen] Zyklus [Alberts] u¨ber das gleiche Thema Benedicamus patrem«.37 In die unmittelbare zeitliche und perso¨nliche N2he Alberts fu¨hrt ein weiterer, sp2˚ lricus ¨ berschrift: frater U terer Text der Handschrift: Nr. 29 (fol. 79r–83r) tr2gt die U 33 34

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Ebd., S. 129. ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173; vgl. Ders., Beitr2ge [Anm. 3], S. 68, Nr. 133; Prieur Lˆhr, U [Anm. 6], S. 409; Kaeppeli [Anm. 30], Bd. 2, S. 47; Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 51 f. ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173; Prieur [Anm. 6], S. 409; Honemann/Ladisch-Grube Lˆhr, U [Anm. 7], Sp. 52. Vgl. Johag [Anm. 13], S. 278 ff. Johannes Baptist Schneyer, Predigten Alberts des Großen in der Hs. Leipzig, Univ. Bibl. 683, Archivum Fratrum Praedicatorum 34 (1964), S. 45–106, hier S. 48.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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provincialis. Gemeint ist Ulrich Engelbrecht (Engelberti) von Straßburg, 1272 zum deutschen Ordensprovinzial gew2hlt, 1277 auf eigenen Wunsch von diesem Amt entpflichtet, gestorben 1277. Ulrich war Albert, wie Briefe aus der Zeit seines Provinzialats belegen, freundschaftlich verbunden. Der Text der Predigt, von Jeanne Daguillon glu¨cklicherweise gedruckt [Anm. 4], zeigt stark pseudo-dionysische Zu¨ge, wie sie auch Ulrichs Hauptwerk De summo bono pr2gen.38 Unmittelbar auf die Albertus Magnus zugeschriebenen Texte folgen zwei Predigten ohne Verfassernamen. Bei der ersten (Nr. 16, fol. 43v–45v) ist er ausradiert, bei der zweiten (fol. 45v–46v) fehlt er. Ein Benutzer hat die Namen und Bezeichnungen mißliebiger Prediger offenbar systematisch getilgt. Das war schon bei Johannes de … feststellbar, beim minir bru˚dir, und nun hier. Daß man den Namen eines verurteilten Ordensbruders in einer Ko¨lner Predigtsammlung sp2ter getilgt hat, ist immerhin vorstellbar; und so war der Frage nachzugehen, ob hier nicht zwei Predigten Meister Eckharts vorlagen. Das Material ist ausgesprochen du¨rftig. Strauch hat nur Beginn und Schluß der ersten Predigt sowie ein sehr kurzes Exempel daraus gedruckt. Der von Strauch mitgeteilte Beginn lautet: Du salt got minnen van alle dime herzin, van alle diner selen inde van allin dinen creichtin [Mt 22,37], want got is die minne. godis minne is ein vu˚r inde die minne is ein burne des levenis inde vu˚dunge des rechtin sprungis van der minnen.39

Weder dieser Predigtbeginn noch der von Strauch wiedergegebene knappe Schlußsatz der Predigt sind mit einer Eckhart-Predigt identisch.40 Vom Text selbst hat Strauch nur zwei S2tze bekannt gemacht: also alse der bu˚rne den man leidit mit pifin, de is riche an sime sprunge. alse die piffin brechint, so virlusit de burne sinen ganc. also is die minne.41

Das beru¨hrt sich entfernt mit einem Exempel, das auch Eckhart in den ›Reden der underscheidunge‹ anfu¨hrt: Ein mensche hæte gerne geleitet einen brunnen in sıˆnen garten und sprach: ›daz mir daz wazzer wu¨rde, des enahte ich zemaˆle niht, waz ku¨nnes diu rinne sıˆ, daˆ durch ez mir wu¨rde, weder ˆısenıˆn oder hu¨lzıˆn oder beinıˆn oder rostic, sıˆ, daz mir daz wazzer wu¨rde.‹42

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Dazu: Alain de Libera, Ulrich de Strasbourg, lecteur dAAlbert le Grand, Freiburger Zeitschrift fu¨r Philosophie und Theologie 32 (1985), S. 105–136; Loris Sturlese, Ulrich Engelbrecht (Engelberti) von Straßburg OP, in: 2VL, Bd. 9, Sp. 1252–1256. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 23. Texte mit gleichem oder 2hnlichem Textwort: Pr. 63–67, DW III; Jostes [Anm. 9], Nr. 40, S. 35–37.; LW IV, Sermo VI, 1, S. 50–56; Albrecht von Treffurt, Strauch, ›Paradisus‹, Pr. 38: ›Diliges dominum ¨ berlieferung Meister deum tuum ex toto corde tuo‹; Josef Quint, Neue Handschriftenfunde zur U Eckharts und seiner Schule, Stuttgart/Berlin 1940 (Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, Untersuchungen 1), S. 24. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 44, Exzerpt 10. DW V, S. 307,7–308,1.

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Freimut Lo¨ser

Eckhart verwendet den Vergleich mehrfach, aber er ist auch sonst verbreitet, etwa bei Hugo von Trimberg,43 bei Heinrich dem Teichner und anderen,44 und die Parallele ist absolut ungenu¨gend, um etwa Eckharts Autorschaft an dieser Predigt zu belegen. Etwas mehr gibt der zweite Text (Nr. 17, fol. 45v–46v) her. Zwar besitzen wir heute davon u¨berhaupt nur die ersten Zeilen, abgedruckt von Strauch: Got sprach zu˚ sinen iungeren [Io 16,7]: it is uch gu˚it, dat ich van uch vare, want ir inmu˚th den heiligen geist niet intfain, also lange alse ir mich mensliche minnit. Intzwivilt des niet, got inhedde in wale gegeven, inwolde he, want si inmothen in niet intfain, sint godis menscheit des geistis hindernisse was.45

Dies beru¨hrt sich recht genau mit Aussagen, die sich in einer Predigt zum gleichen Textwort finden, die handschriftlich Meister Eckhart zugeschrieben wird, die bisher aber nicht kritisch ediert ist: Diese Predigt (Pfeiffer Pr. 76,1 ›Expedit vobis ut ego vadam‹) besagt: Ouch hinderent sich guote geistlıˆche liute rehter vollekomenheit, daz si belıˆbent mit ir geistes geluste uˆf dem bilde der menscheit unsers herren Jeˆsuˆ Kristıˆ, und hie mit hinderent sich guote liute. […] Wan den ist sıˆn menscheit ein hindernisse, ob sie mit luste dar an gehaftent.46

Es ko¨nnte sich demnach bei Text 17 der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ durchaus um eine geku¨rzte Version der Predigt Pfeiffer 76,1 handeln. Vor einem Vorliegen der kritischen Edition mit allen bekannten Textzeugen l2ßt sich die Frage nicht entscheiden; und auch danach bleiben die Probleme bestehen, es sei denn, die verschollene Handschrift der ›Klosterpredigten‹ taucht wieder auf. Mehr gibt das du¨rftige gedruckte Material nicht her. Aber ein Ergebnis hat der Blick auf die Texte mit dem ausradierten Verfassernamen doch: Entweder wurde vor zwei Predigten Eckharts der Name des Verfassers getilgt; oder – was wahrscheinlicher und noch aussagekr2ftiger ist – in der Sammlung, die neben Albertus Magnus die ›Prominenz‹ des Ko¨lner Predigerklosters versammelt, fehlen ausgerechnet die Predigten Meister Eckharts. Welchen Grund dies haben ko¨nnte, darauf wird zuru¨ckzukommen sein. Zuvor muß noch ein Prediger besprochen werden. Er spielt in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ in etwa die Rolle, die Meister Eckhart im ›Paradisus anime intelligentis‹ zukommt. So wie Eckhart mit insgesamt 30 ihm dort namentlich zugewiesenen Predigten die ›Paradisus‹-Sammlung dominiert, so setzt der letzte Prediger der Ko¨lner Sammlung hier den bestimmenden Akkord: Auf die beiden namenlosen Texte Nr. 16 und 17 folgt ab fol. 46v eine Reihe von 22 Predigten, unterbrochen nur von der vorhin schon erw2hnten Predigt Ulrichs von Straßburg (Nr. 29, fol. 79r), die allesamt als 43 44

45 46

Vgl. den Nachweis in DW V, S. 375. Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Melk. Studien zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ›Von der sel wirdichait vnd aigenschafft‹, Tu¨bingen 1999 (TTG 48), Register. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 23. Pfeiffer [Anm. 9], S. 240,19–35.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Meister Gerards sermon oder Sermo magistri Gerardi bezeichnet werden. Senner hat darauf hingewiesen, es ko¨nne sich wohl kaum um Gerhard von Sterngassen handeln, der eben nicht Magister war.47 Strauch nahm Identit2t mit Gerhard von Minden an, den »Heinrich von Herford […] neben Ulrich von Strassburg, Dietrich von Freiberg und anderen zu den beru¨hmtesten Theologen […] in der zweiten H2lfte des 13. Jahrhunderts« z2hlte.48 Dagegen kann man mit Senner ins Feld fu¨hren, daß auch Gerhard von Minden den magister-Titel nicht fu¨hrte, sondern als Bakkalar in Paris starb.49 Ob der magister Gerardus der Ko¨lner Predigten dagegen mit dem Magister Gira ld u s Coloniensis OP, den Johannes Meyer im ›Liber de viris illustribus‹ erw2hnt, identisch ist, kann nur vermutet werden.50 Sicher hingegen ist: Ein »ma g is te r gera rd us O.P. wird 1300 in einem Ko¨lner Prozeß mehrmals als Zeuge erw2hnt«.51 Damit endlich ist der Me is t er Gera rd der Sammlung urkundlich in Ko¨ln belegt, was zum Charakter seiner Predigten paßt, denn der Inhalt dieser Predigten weist ebenfalls nach Ko¨ln. In einem von Strauch gedruckten Exzerpt heißt es: manich schif ilit ze Colne, der su˚melich niemer ingein dar inku˚mit.52 Auch die sammlungsexternen, gerade nicht ko¨lnischen ¨ berlieferungstr2ger der Predigten Gerhards, die ich inzwischen entdeckt habe (s. u.), U stu¨tzen diese Lesart, was die Ko¨lner Provenienz des Textes zus2tzlich sichert. Wie schon Strauch festgestellt hat, geho¨rte Gerhard dem Dominikanerorden an. Zwei seiner Predigten gelten dem Heiligen Dominikus. In einer dieser Predigten heißt es u¨ber Dominikus: dat diese persone diesen ordin anevienc, da der werilde alse viele nutz is ave ku˚men, dat was eine sunderliche gave vanme hiemele.53 Als erstes Fazit ergibt sich: 1. Strauch spricht zurecht von ›Ko¨lner Klosterpredigten‹. Nicht nur die Sprache der Handschrift und die lokalen Anspielungen der Predigten weisen nach Ko¨ln. Alle inzwischen vorgenommenen Identifizierungen der Prediger best2tigen den Befund. 2. Es handelt sich um dominikanische Predigten. Fast alle Prediger lassen sich mit dem Ko¨lner Kloster und dem Generalstudium in Verbindung bringen. Gesicherte Ausnahme ist ein minir bru˚der, mo¨glicherweise ein Augustiner-Prior, dessen Familie freilich mit den Dominikanern verbunden ist.

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48 49

50 51

52 53

Vgl. schon die Zweifel bei Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 53; Senner [Anm. 24], S. 128, Anm. 362; ebd. wird auch eine Identifizierung mit dem wesentlich sp2teren fr. Gerardus Hientins de Antverpia (Mag. theol. ca. 1350 in Avignon durch p2pstliche Promotion) ausgeschlossen. Einer Identit2t mit Gerhard von Sterngassen (dort als Gerardus Coloniensis Teuto gefu¨hrt) steht schon Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 29, skeptisch gegenu¨ber. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 29. Senner [Anm. 24], S. 129, Anm. 362. Senner h2lt auch fest: »Ein in Paris Promovierter kann dieser Magister gerardus nicht gewesen sein, da er in der Liste dieser Magistri fehlt.« Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 53. ¨ ber die Heimat [Anm. 3], S. 173; Ders., Beitr2ge [Anm. 3], S. 68; Senner [Anm. 24], S. 128; Lˆhr, U Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 53. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 26 und S. 48. Ebd., S. 28.

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3. Als zeitlicher Schwerpunkt der Predigten ist eindeutig das ausgehende 13. Jahrhundert zu fixieren. Die Sammlung ist allerdings sp2ter zusammengestellt worden. Die meisten beigebrachten urkundlichen Belege der Prediger sind auf die Jahrhundertwende konzentriert. Dazu kommen als fru¨here Texte diejenigen des Albertus Magnus und derjenige Ulrichs von Straßburg, wohl aus der Zeit seines Provinzialats (zwischen 1272 und 1277). Den datierbaren Schlußpunkt markiert ein Text des Priors von Weißenburg von 1319. Nur wenn man die vagen Identifizierungsvorschl2ge fu¨r Bru˚der Kirstian akzeptierte, k2me ein Indiz fu¨r die Zeit um 1330 hinzu. 4. ›Hauptprediger‹ ist der dominikanische magister gerardus, der um 1300 in Ko¨ln auch urkundlich belegt ist. 5. Die Handschrift selbst liegt nicht mehr vor. Man hat nur Strauchs Datierung in das 14. Jahrhundert.

II Ein Vergleich mit der zweiten großen dominikanischen Predigtsammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ bietet sich an: Was die Ord nu ng un d An lag e der Sammlung betrifft, so f2llt der ›einfachere‹ Charakter der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ auf: Ein Ru¨ckentitel von ju¨ngerer Hand spricht von Sermones sacre variorum. Eine Ordnung, etwa nach dem Jahr oder den Tagen der Heiligen, ist nicht feststellbar. Die Sammlung l2ßt vielmehr die Texte der einzelnen Autoren beieinander (oder zumindest nahe beieinander). Fu¨nf Predigten des Prior Rufus machen den Anfang, dann kommen Einzeltexte einzelner Autoren, zwei Texte des Godefridus de Kelse, die zwei einzelne umrahmen, zwei Texte von Albertus Magnus, zwei namenlose, dann die 22 des Magister Gerhard mit dem eingelagerten Text Ulrichs von Straßburg. Eine andere Ordnung (auch etwa eine thematische) ist nicht erkennbar. Die Anlage der Sammlung ist offenbar an den Autoren orientiert. Ein mo¨glicher Schluß bei derart geschlossenem Auftreten von Einzelblo¨cken: der Sammlung standen verschiedene Quellen, kleinere Sammlungen etwa von Einzelautoren zur Verfu¨gung. Zum Vergleich die ›Paradisus‹-Sammlung: Teil I (bis Predigt 31) folgt wohl eher beil2ufig dem Kirchenjahr. Die Mehrzahl der Predigten ist nur als de tempore ausgewiesen.54 Teil II (der Heiligenzyklus) scheint noch ›unverbindlicher‹ geordnet. ¨ berschriften »außer 3 Marienpredigten und einer u¨ber Johannes den T2ufer In den U lautet die Zuweisung jeweils nur de sanctis. Es ging dem Sammler«, so Kurt Ruh, »keineswegs um Bereitstellung von Predigten im Ablauf des Kirchenjahrs, […] sondern um Dokumentation«.55 Wenn dies zutr2fe,56 so wu¨rde es die Sammlung des ›Paradisus‹ 54

55 56

So jedenfalls Kurt Ruh, ›Paradisus anime intelligentis‹ (›Paradis der fornunftigen sele‹), in: 2VL, Bd. 7, 1989, Sp. 298–303, hier Sp. 300. Ebd. Nachtrag: Ich halte das inzwischen erfolgte Votum Sturleses fu¨r eine urspru¨nglich liturgische Ordnung der Predigten Eckharts (mithin der Vo rl age des ›Paradisus‹-Redaktors) mit meiner oben formulierten

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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mit den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ verbinden. Dem ›Paradisus‹-Redaktor ging es aber um mehr. Die Ordnung ist thematisch orientiert; und freier zu reihende sermones de sanctis im Teil II bieten sich fu¨r eine solche thematische Ordnung besser an als Jahrespredigten. Das Inhaltsverzeichnis macht dies deutlich: Incipiunt t he ma t a secunde partis. Diese Themen folgen offenbar nicht willku¨rlich aufeinander, sondern wurden geordnet, was die Reihe der Texte 37 bis 44 zeigen mag: dr i wirdikeit unsir vrowin – d r i girleige minne – d r i e d il ke it der libe – daz f o r nu f t d r i e di lk e it hait – daz diz werc der f o r n uf t edilir ist dan diz werc des willen – lidinde f o r n uf t – [von] der lidindin fornuft oder der mugilichin fornuft – wi di zwo crefte der sele, f or nu f t und wille, Got nemin sullen.57

Von diesen Predigten stammen nur zwei von Meister Eckhart, die anderen von verschiedenen anderen Predigern; so dr2ngt sich die Frage auf, ob tats2chlich erst ein Redaktor die offensichtliche Ordnung in der Abfolge sekund2r so angelegt haben kann. Erschiene es nicht denkbar, daß Texte der Sammlung schon von ihrer Genese her aufeinander bezogen sind, etwa wenn sich eine Gruppe von Predigern mit einem u¨bergreifenden Thema (gestellt von Eckharts Predigten!) unter verschiedenen Aspekten befaßt? Sicher kann man sagen: Die Sammlung des ›Paradisus‹ orientiert sich an den Th emen, das Inhaltsverzeichnis stellt diese Themen – womo¨glich sp2ter angelegt und gar nicht unbedingt immer den tats2chlichen Predigtinhalt richtig gewichtend? – in den Vordergrund. Die Anordnung spiegelt den themenorientierten Ansatz. Die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ sind schlichter nach dem Autorprinzip gereiht. Auf einer einfacheren Ebene werden allerdings Beru¨hrungspunkte der Ordnungsstrukturen erkennbar; jede der Sammlungen hat gewissermaßen einen ›Hauptprediger‹. Bei den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ ist dies mit 22 von 40 Predigten Meister Gerhard, beim ›Paradisus‹ mit ca. 30 von 64 Predigten Meister Eckhart. Prior Rufus ist in der Ko¨lner Sammlung mit fu¨nf Texten vertreten, Eckhart Rube im ›Paradisus‹ mit sechs (dazu kommen dann Giselher von Slatheim und Johannes Franke mit je fu¨nf ). Albert der Große und Godefridus de Kelse folgen in der Ko¨lner Sammlung mit je zwei Texten; im ›Paradisus‹ stehen an dieser Stelle mehrere Prediger, die jeweils mit drei und zwei Texten dokumentiert sind. Einzelne Predigten finden sich hier wie dort. Von der Menge der Texte her gesehen gibt es in beiden Sammlungen einige ›Minderprediger‹, eine klare ›Nummer zwei‹ und eine zentrale Figur, die alles u¨berragt: Hier Gerhard, dort Eckhart. Nach dem Verh2ltnis dieser beiden Prediger zueinander wird also zu fragen sein (s. u. Abschnitt V). In beiden Sammlungen steht mitten unter den Dominikanern ein Franziskaner. Aber in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ wird dessen Bezeichnung nachtr2glich aus-

57

These von 1998 (Zeitpunkt der Tagung) weiterhin fu¨r vereinbar. Vgl. Loris Sturlese, Hat es ein Corpus der deutschen Predigten Meister Eckharts gegeben? Liturgische Beobachtungen zu aktuellen philosophiehistorischen Fragen, in: Meister Eckhart in Erfurt, hg. von Andreas Speer und Lydia Wegener, Berlin/New York 2005 (Miscellanea mediaevalia 32), S. 393–408, hier 397–399. Strauch, ›Paradisus‹, S. 4 f.

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radiert, weil ein sp2terer Benutzer unter den Ordensbru¨dern wohl der Meinung war, ein minir bru˚dir habe hier nichts verloren. Das heißt, das Prinzip wurde nicht verstanden, oder war gar nicht so zu verstehen wie im ›Paradisus‹, denn in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ wird die franziskanische Predigt nicht kommentiert. Dies geschieht nur im ›Paradisus‹, wo bekanntlich im Inhaltsverzeichnis ein Franziskaner als Kontrastfolie der Dominikaner pr2sentiert wird: abir di brudere und lesemeistere in predigere ordine inhaldin nicht einis wortis daz her sezzit und sprichit daz daz allir hohiste werc und diz groiste der seligin in himmilriche daz si minne. ez ist bekentnisse, sprechin di predigere, und habin wor.58

Im Inhaltsverzeichnis des ›Paradisus‹ wird aber (was gerne u¨bersehen wird) weiter auch hervorgehoben, daß ein bes ti mm ter dominikanischer Prediger die Argumente des Franziskaners widerlegt habe. Die Predigt des Franziskaners bildet also die Kontrastfolie vor allem fu¨r diesen Prediger. Dabei handelt es sich, was mir ho¨chst beachtenswert erscheint, gerade um jenen Predigerbruder, der in Ko¨ln u nd Erfurt t2tig war, jemand also, der die Ko¨lner Sammlung und die Aufnahme einer franziskanischen Predigt in die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ gekannt und dadurch die ›Paradisus‹-Sammlung beeinflußt haben kann, wo es heißt: in disir predigade [Nr. 41] dispitirit brudir Gisilher von Slatheim, der lesimeister was zu Kol n e u n d zu Ert for te, widir di barfuzin und bewisit daz diz werc der fornuft edilir ist dan diz werc dez willen in deme ewigin lebine, und brichit di bant der barfuzin id est argumenta meisterliche.59 Giselher, in Erfurt und Ko¨ln t2tig, also widerlegt di barfuzin. Medium der Auseinandersetzung sind dabei aber weniger die Predigttexte selbst. Es ist das Inhaltsverzeichnis, vom Redaktor der Sammlung angelegt, das die Streitpunkte hervorhebt und die Themen der Sammlung formuliert. Ein derartiges Inhaltsverzeichnis fehlt den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹. Diese Samm¨ berschriften gewissermaßen schon den lung deutet zwar durch die recht genauen U Weg an. Was aber fehlt, ist eine Wiedergabe der Predigtt hem en. Die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ sind an einer recht genauen Einordnung der Aut o ren interessiert. Neben dem einfachen Bruder steht der magister, der prior, der byschof und der provincial. Das Inhaltsverzeichnis des ›Paradisus‹ ist aber auch in diesem Punkt noch pr2ziser. Von Giselher heißt es ausdru¨cklich: der lesimeister wa s . Thomas von Apolda wird nur als der prediger (Nr. 6) gefu¨hrt, Hane als meister Hane der calmellita (Nr. 30); Eckhart heißt meister Eckart oder (besonders h2ufig am Beginn der Sammlung) meister Eckart der alde. Dies ko¨nnte bedeuten, daß er damit vom ju¨ngeren Eckart Rube abgegrenzt werden soll. Das Inhaltsverzeichnis des ›Paradisus‹ differenziert also sehr genau und es wurde von einem Bruder mit hervorragender Kenntnis der Lmter der einzelnen Prediger angelegt. Bei den Predigern handelt es sich um Lektoren des Ordens. Diese werden auch zeitlich genau eingeordnet, was man bisher nicht beru¨cksichtigt hat. 58 59

Strauch, ›Paradisus‹, Pr. 62, S. 6 f. Strauch, ›Paradisus‹, S. 5.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Von Giselher von Slatheim hatte es gerade geheißen, daß er lesimeister wa s zu Kolne und zu Ertforte (Nr. 41). Lhnlich heißt es von Eckhart Rube: der lesemeister in predigir ordine wa z (Nr. 9). Helwic von Germar wird genauso vorgestellt: der lesemeister waz zu Erforte (Nr. 43). Und von Florentius von Utrecht heißt es, zu Beginn der Sammlung beim Eintrag zur zweiten Predigt, daß er undir lesemeister was zu Erforte zu den predigerin.60 Insgesamt von vieren der Prediger wird also gesagt, daß sie Lesemeister ware n. Das kann nur heißen, daß sie entweder nicht mehr am Leben waren, oder aber das Lektorenamt nicht mehr bekleideten, als das Inhaltsverzeichnis angelegt wurde. Dem stehen vier Prediger gegenu¨ber, bei denen der Hinweis auf ein e hem al ig es Lektorenamt fehlt: Johannes Franke wird als lesemeister der predigir, lesemeister und lector gefu¨hrt (Nr. 5, 18, 29). Dazu kommen brudir Erbe der prediger und lesemeister (Nr. 11), brudir Albrecht von Driforte der lesemeistir (Nr. 38) und brudir Herman fon Loveia lector (Nr. 13, 2hnlich Nr. 17 und 40). Nun kann zur gleichen Zeit – hier zum Zeitpunkt der Anlage des ›Paradisus‹-Registers – in einem Konvent nur ein Bruder als Lektor (das heißt als Leiter des Studiums) amtieren. Albrecht von Driforte geho¨rt offensichtlich nach Erfurt. Herman von Loveia dagegen ist um 1300 als Zeuge fu¨r die Wahrheit der Gesichte im ›Legatus divinae pietatis‹ der Gertrud von Helfta nachweisbar und zwar in seiner Eigenschaft als le ct or ordinis Fratrum Praedicatorum i n Lipzi a .61 Und Johannes Franke, wenn man die schon eingangs ero¨rterten mo¨glichen Beziehungen bedenkt, w2re eben doch in Ko¨ln zu lokalisieren. Fehlt nur noch Bruder Erbe, der als Lektor in einem vierten Haus (Magdeburg?) zu lokalisieren w2re. L2se man das Inhaltsverzeichnis so gleichzeitig als Liste ehemaliger und aktueller [!] Lektoren des Ordens an vier H2usern, dann k2me der dominikanischen Sammlung des ›Paradisus‹ u¨ ber reg i o nal e Bedeutung zu, und zwar eine gro¨ßere als den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹. Ein weiterer Unterschied ist evident. Im Inhaltsverzeichnis des ›Paradisus‹ werden nahezu ausnahmslos Predigten von Le kt o ren dokumentiert. Die Sammlung ist am ak ad emi sch en Leh rb etr ie b interessiert, und die Sprache des Redaktors spiegelt diese Leitvorstellung: Giselher dispitirt […] wider di barfuzin, er brichit ire bant […] id est argumenta (s. o.). Auf die »Latinisierung« des ›Paradisus‹, etwa in einigen Predigten Eckharts, habe ich schon fru¨her hingewiesen: Warumbe enwu¨rket diu natuˆre des apfelboumes niht wıˆn, und warumbe enwu¨rket der wıˆnstock niht epfel? sagt Eckhart. In der Redaktion des ›Paradisus‹ lautet der zweite Halbsatz: et e contrario.62 In einer 60

61 62

Dazu eine Bemerkung: Strauch hatte argumentiert, Preger lasse Florentius »das Amt eines Unterlesemeisters, das es nie gegeben hat, bekleiden.« Undir bedeute – gut thu¨ringisch u¨brigens – »unser« (Strauch, ›Paradisus‹, S. VIII, Anm. 2). Damit war ein Argument fu¨r die Zusammenstellung der Sammlung, mindestens jedoch des Inhaltsverzeichnisses in Erfurt gewonnen. Nun ist sp2testens in der zweiten H2lfte des 14. Jahrhunderts aber das Amt eines sublector selbstverst2ndlich nachzuweisen (vgl. den Beleg bei Senner [Anm. 24], S. 128). Anl2ßlich seiner zweiten und dritten Predigt (Pr. 31 und Pr. 63) wird Florentius allerdings ausdru¨cklich als lesemeister gefu¨hrt, nicht als ›Unterlesemeister‹. So bleibt wohl doch keine andere Mo¨glichkeit: Er wird im Inhaltsverzeichnis zu Beginn als »unser« Lektor in Erfurt bezeichnet. Hinweis so schon bei Strauch, ›Paradisus‹, S. IX und Anm. 6. Pr. 84, DW III, S. 460,5 f. Weitere Beispiele im Beitrag von Burkhard Hasebrink in diesem Band.

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anderen Predigt findet sich in der ›Paradisus‹-Redaktion der Zusatz et sic probat pri¨ berlieferung: Daˆ von mum.63 In einer dritten Predigt tradiert die sammlungsexterne U sprichet der meister in dem buoche, daz daˆ heizet ein lieht der liehte. Der Redaktor des ›Paradisus‹ weiß: Philosophus dicit in libro qui dicitur lumen luminum.64 Bei einer solchen Akademisierung der Sprache nimmt es nicht wunder, daß der Redaktor auch solche Predigten ausgew2hlt hat, die eine N2he zum Lehrbetrieb erkennen lassen. So hat schon Kurt Ruh betont, Eckharts im ›Paradisus‹ prominent u¨berlieferte ›Quasi stella matutina‹-Predigt mache »einen gelehrten Eindruck. Paris, der dortige Universit2tsbetrieb, die Disputationen, die Konkurrenzk2mpfe zwischen den Ordenstheologen sind nah und gegenw2rtig.«65 Anders ist dies in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹; zwar findet sich auch hier einmal eine Reminiszenz an den Schulbetrieb Dit wort sprach bischof Albret: […] wilt sich ein scholere zu˚me eirsten male setzen bi sinis meisters siden, alse he leren sal, dat is ein zeighen, dat he ku˚me zu˚ eren su˚le werden. he sal sich zu˚ vu˚zen setzen.66 Der Text ist als Erinnerung eines Albert-Schu¨lers inszeniert. Aber der Lehrbetrieb interessiert nicht als solcher. Es geht um die Schule des Heiligen Geistes: darumbe wolde der heilige geist ku˚men an der morgenstunde, dat wir quemen zu˚ siner scholen […] dat wir in geiner ander scholen inbegerin, dat is dat wir in geine genu˚gde an ertschen dingen in su˚ken.67 Die ›Paradisus‹-Sammlung mag in einzelnen Ausnahmef2llen auch Predigten enthalten, die im Rahmen der cura monialium entstanden; als solche und als ganze wendet sie sich an die gelehrten Mitbru¨der und diskutiert die Themen, die hier von Interesse sind. Die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ hingegen dokumentieren schlicht Predigten von Ordensmitgliedern (hier ist kein Bruder als Lektor oder Lesemeister benannt); und diese Texte haben sich eindeutig an Nonnen gerichtet. Trotz Strauchs sehr beschr2nktem Auswahlabdruck sind zahlreiche F2lle nachweisbar. Nur zwei Beispiele: du inmait ouch niet zu˚ retheme namen heischen vrouwe, du unhavis alle die dinc virwunnen, die dich hinderen mu˚gen. Und: un vrage ich dich iuncvrouwe, du da inme cloistere bist, of du wolt lazen dat cloisterleven, dat du ere inde rigdum diser werilde haves inde wale ezzen inde wale drinken? ich sprechen: nein ich! 68 Der Fakt, daß einige der Predigten sich sichtlich an Nonnen richten, hat in der Forschung freilich zu einer etwas sehr eindeutigen Festlegung gefu¨hrt. Jutta Prieur behauptet: Bereits in den Jahren vor 1300 predigten hochqualifizierte Dominikaner in der Gertruden¨ berlieferung – Albertus Magnus und kirche (es sind sogar Sermone erhalten, die – nach der U Ulrich Engelberti vor den Nonnen hielten).69

63 64 65 66 67 68 69

Pr. 60, DW III, S. 11,2. Pr. 80, DW III, S. 382,5. Kurt Ruh, Meister Eckhart. Theologe, Prediger, Mystiker, Mu¨nchen 21989, S. 71. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 42. Ebd. Beispiele bei Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 27 f. und 45 (Exzerpt 21). Prieur [Anm. 6], S. 89.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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¨ berlieferung l2ßt gerade diese Aussage nicht zu. So lassen sowohl Strauch als Die U auch Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7] die Frage bewußt offen, ob die Predigten sich unbedingt an die Nonnen von St. Gertrud wenden. Wahrscheinlich mag das sein, beweisbar ist es nicht. Die Themen der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ sind vielf2ltig und disparat. Fragen wie im ›Paradisus‹ u¨ber die Vorherrschaft von fornuft oder Wille oder u¨ber das Wesen der Gnade spielen allerdings keine Rolle. Die acht Seligkeiten und zehn Dinge, die Gott haßt, finden sich ebenso wie sieben Zeichen der Liebe. Eine zentrale Rolle spielt die Abwehr der Su¨nden, spielen Fasten, Wachen und penitencie als Fundamente der Tugend. Daneben geht es aber auch um das Wesen der Gottesminne und um zwo¨lf Nutzen der Seele. Einzelnes ist noch scholastisch gef2rbt, in anderem, insbesondere bei Ulrich von Straßburg und Meister Gerhard, zeigt sich ein stark von Pseudo-Dionysius gepr2gter Einschlag. Fu¨r die Predigten Meister Gerhards will ich abschließend wenigstens noch eine kurze Sichtung der Themen versuchen (s. u. V). Zuvor aber eine Bemerkung zu den Quellen der Ko¨lner Sammlung und zum Charakter der Bearbeitung. Die Quellen scheinen mir ebenso vielf2ltig wie die Themen. Leider sind nur einige wenige Texte von Strauch gedruckt worden. Aber schon die L2nge der Texte, die wir dank Strauchs Angabe der Incipits mit den Foliozahlen kennen, ist aussagekr2ftig genug. Da gibt es eine ganze Reihe von kurzen Texten, die sich mit nur zwei, drei Seiten (a` 20 Zeilen von 5 cm Breite!) begnu¨gen. Bru˚der Kirstians ›sermon‹ hat gar auf einer einzigen Seite (29v) der kleinformatigen Handschrift Platz. Wir haben es also in einigen F2llen mit bloßen Skizzen zu tun. Lhnlich liegt der Fall im ›Paradisus‹, dessen Predigt 8 beispielsweise (jetzt als Predigt 88 in DW IV, S. 29–35, mit insgesamt 15 Textzeilen [!] kritisch ediert) nicht mehr darstellt als eine Predigtskizze Eckharts.70 Lhnliche Skizzen begegnen hier wie dort. Daneben stehen in beiden Sammlungen aber auch vollst2ndig und in schriftlicher Form ausgearbeitete Predigttexte. Manche der Ko¨lner Texte, besonders Meister Gerhards, nehmen 10, 12, 13 Seiten in Anspruch, einer erstreckt sich gar u¨ber 21.71 Von daher l2ßt sich annehmen, daß das Material, das beiden Sammlern zur Verfu¨gung stand, 2hnlich disparat strukturiert war. Neben kurzen Skizzen der Prediger fanden die Sammler auch ausgearbeitete Predigten vor. Diese wurden dann freilich – und dies wieder in beiden Sammlungen – durch die Redaktoren geku¨rzt. Schon Strauch hat hervorgehoben, daß es in der Ko¨lner Sammlung »dem Aufzeichner nur auf das Wesentliche an[kam]«, daß »die Form des Excerpts« gew2hlt wurde, daß die »formelhaften Eing2nge sowie die Schlussformeln in Wegfall kommen«.72 Gerade im vorliegenden Tagungsband werde ich nicht 70

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Weitere Beispiele: Die ›Paradisus‹-Predigten 5 (Johannes Franke), 26 (Meister Eckhart: Pr. 56, DW II), 64 (Eckhart Rube). Auch Prior Rufus stehen einmal 10 Seiten zur Verfu¨gung, der zweite sermon des Albertus Magnus ist 12 Seiten lang. Einen guten Eindruck vom Umfang ermo¨glicht der Vergleich der hier im Anhang abgedruckten Texte. Gerhards Predigt 26 fu¨llt im verschollenen Hamburger Codex acht Seiten, die Predigt 38 elf. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 30.

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belegen mu¨ssen, daß sich die Redaktion des ›Paradisus‹ genauso kennzeichnen l2ßt. Schon Quint hat auf die st2ndigen Ku¨rzungen ganz allgemein hingewiesen; die Schlußformeln der Predigten werden nur abgeku¨rzt gegeben, oder sie fehlen ganz. Die Redaktion nimmt ganze Textteile heraus usw. So fehlt, um nur das auff2lligste Beispiel zu nennen, in der Predigt 72 ›Videns Iesus turbas‹ in DW III der gesamte aus sammlungsexternen Handschriften bekannte Schlußteil (in der Edition Quints immerhin vier Seiten); der Text selbst ist zudem, so Quint, »von Lu¨cken« durchsetzt.73 Es wurde schon fru¨her festgestellt74 und auch im Rahmen der Tagung mehrfach daru¨ber gesprochen, daß diese Ku¨rzungen im ›Paradisus‹ teilweise der ›dogmatischen Bereinigung‹ von Eckhart-Predigten dienen.75 Ich stelle als weiteres Beispiel einem Abschnitt aus Predigt 43 die Version des ›Paradisus‹ (nach O, fol. 44r) gegenu¨ber: Pr. 43, DW II, S. 329 Swenne diu seˆle dar inne lebet, daˆ si gotes bilde ist, soˆ haˆt si geburt; in dem liget rehtiu einunge; daz enkunnen alle creˆatuˆren niht gescheiden. Trutz gote selben, trutz den engeln, trutz den seˆlen und allen creˆatuˆren, daz si daz mu¨gen gescheiden, daˆ diu seˆle ein bilde gotes ist!

›Paradisus‹ Pr. 22 (O, fol. 44r)76 wan di sele dar inne lebit daz si Godis bilde ist, daz inkan niman gescheidin trotz allin craturen, daz si daz mugin geschedin, da di sele ein bilde Godis ist.

Solche Ku¨rzungen dienen mitunter auch der Manipulation von Aussagen im Sinn des Redaktors,77 besonders dort, wo das Verh2ltnis zwischen vernu¨nfticheit und willen oder Aussagen u¨ber die vernu¨nfticheit betroffen sind, die die ›Paradisus‹-Redaktion – durchaus entgegen Eckharts eigenen Differenzierungen – ja bekanntlich besonders ›hoch h2lt‹. Andere Lußerungen Eckharts werden (mo¨glichst unauff2llig) ›kassiert‹, ›kaschiert‹ oder ›u¨bertu¨ncht‹. So fehlt in der redigierten Version von Predigt 20b (›Paradisus‹ Pr. 24) Eckharts Feststellung, daß auch das vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit geschaffen sei.78 Und am Ende der Predigt 7 (›Paradisus‹ Pr. 19) l2ßt der Redaktor des ›Paradisus‹ 73 74

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Pr. 72, DW III, S. 250,8–254,6 fehlen; Zitat ebd., S. 235. Vgl. schon Ruh [Anm. 65], S. 63 und besonders Freimut Lˆser, Einzelpredigt und Gesamtwerk. Autorund Redaktortext bei Meister Eckhart, editio 6 (1992), S. 43–63. Burkhard Hasebrink hat seinen Beitrag in diesem Band zur Hauptsache den redaktionellen Ver2nderungen gewidmet und kommt zu mustergu¨ltig differenzierten Ergebnissen. Die folgenden Hss.-Siglen O, N1 und E1 stehen fu¨r: Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 479, Nu¨rnberg, StB, Cent. IV, 40 und Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277. Wenn ich von Redaktor spreche, ist natu¨rlich die von mir schon fru¨her vorgenommene Differenzierung in mehrere Stufen zwischen der Vorlage von O und H2, weiteren Bearbeitungsstufen, dem Sammler der Predigten etc. mitzudenken. Vgl. dazu insbesondere auch den Beitrag von Burkhard Hasebrink in diesem Band. Pr. 20b, DW I, S. 348,2–10.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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gezielt Eckharts l2ngere Aussage beiseite, weder minne noch bekantnisse einigten die Seele mit Gott, denn vernu¨nfticheit nimet got, als er in ir bekant ist; daˆ enkan si in niemer begrıˆfen in dem mer sıˆner gruntloˆsicheit.79 Schon die Ku¨rzung weniger Worte kann den Text im Sinn des Redaktors ver2ndern und Eckharts Aussagen manipulieren, etwa wenn der Redaktor in gut dominikanischem Sinn – anders als Eckhart – dem bekantnisse die alles u¨berragende Rolle bei der Gotteserkenntnis zuweist. Ich habe dafu¨r vor l2ngerer Zeit ein Beispiel gegeben.80 Hier ein weiteres aus der noch nicht kritisch edierten Predigt 60 (›Domine rex‹) des ›Paradisus‹: ›Paradisus‹, S. 128,12–18 he [Gott] ist auch ein lutir einvaldikeit, und ie du einvaldigir bist, ie du di einvaldikeit baz forsteist. und wir sullin rechte einvaldic werdin, daz ist daz wir gescheidin sin fon allin dingin und fon uns selbin, ime zu bekenninde unse sinne und alle di werc der crefte der sele, wan alleine di ubirste craft, daz forstentnisse: di lezit alleine Got wirkin mit Gode:

so wirkit he vollincumeliche sine glicheit an ir und wirkit si an sich.

N1 (bzw. E1) Er ist auch ein lauter einvalticheit vnd ie der mensch einualtiger ist ye der mensch di einvalticheit baz verstet. vnd (wir) svln reht einvaltig werden, daz ist daz wir gescheiden sein von allen dingen vnd von vns selben, zu bechennen vnser sinne vnd alle (die werk der) creft der sel wan allein di oberst craft daz ist di verstantnuez: (la dc) allein werchen mit got. Noch dan stet einer (lidigen) sel daz ze laszen vnd laz got allein werchen an hindernuez so werchet got volchomenlich sein glicheit an ir vnd werchet si an sich.

Eckhart sagt (wie in N1/E1 tradiert), man solle die oberste Kraft (= forstentnisse) mit Gott wirkin lassen, man solle schließlich aber auch das forstentnisse laszen (im Sinne ¨ berlieferung von davon ablassen). Diese Aussage ist nur in der sammlungsexternen U bewahrt. Der Redaktor des ›Paradisus‹ streicht diese Stelle; bei ihm erscheint forstentnisse so als ubirste craft, die allein Gott mit Gott wirken lasse. Ein vergleichbares Vorgehen des Redaktors der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ ist bislang ¨ berlieferungszeunicht feststellbar. Allerdings standen hier bisher sammlungsexterne U ¨ gen nicht zur Verfugung, so daß die Methode des Vergleichs (s. u. Abschnitt IV) aus-

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Pr. 7, DW I, S. 121,14–124,7, Zitat ebd., S. 123,1–3. Vgl. auch das Vorgehen des Redaktors in Pr. 37, DW II, S. 219,8–10. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 74], S. 58 f. Dazu jetzt ausfu¨hrlicher: Punkt 4 des Beitrags von Burkhard Hasebrink in diesem Band.

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fiel. Doch schon die sammlungsimmanente Betrachtung der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ fu¨hrte zu ersten Ergebnissen: Strauch hat hervorgehoben, die »exzerpierende Methode« ließe sich am besten »daran erkennen, dass bisweilen von dem Prediger in dritter Person geredet wird, so wenn es mitten in einem Sermon des Weissenburger Priors heisst: der bru˚der sprach und in gleicher Weise Meister Gerhard in seinen eigenen Predigten citiert wird«:81 Du˚ sprach meister Gerart van grozeme wundere. here, sprach he […].82 Ich habe 1992 ein 2hnliches Vorgehen des ›Paradisus‹-Redaktors beschrieben, etwa wenn in einer Reihe von Textabschnitten aus Eckhart-Predigten das Ich des Predigers zuru¨ckgenommen und perso¨nliche Aussagen ins Allgemeine gewendet werden, so wenn es mehrfach heißt ez ist gesprochen statt ich haˆn gesprochen, oder wenn im ›Paradisus‹ nicht Eckharts Wendung Ich bin des gewis steht, sondern Daz ist gewis. Das ›Ich‹ des Predigers wird im ›Paradisus‹ vereinzelt, genauso wie in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ zum ›Er‹: Bei Eckhart heißt es: Ein pfaffe sprach: »ich wo¨lte, daz iuwer seˆle in mıˆnem lıˆchamen wære.« Doˆ sprach ich: […] Der Redaktor des ›Paradisus‹ macht daraus: ein phaphe sprach zu meister Eckarde: »ich wolde daz uwir sele in mime libe werde.« du sprach he: […]83 Solche Eingriffe kann man auch beim Redaktor der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ beobachten, wenn Meister Gerhard in seiner eigenen Predigt plo¨tzlich in der dritten Person auftritt: ein pfaffe stunt einis up inde sprach: geistliche lude solden wonen in der wustenungen. du˚ saminde meister Gerart beide geistliche inde weriltliche lude inde bewisdin dat: dat van aneginne der werilde alle die gode ie heimelich waren, dat si der heilige geist uz dreif der werilde ze nutze inde ze besseringen.84

Sowohl in der Ko¨lner Sammlung als auch im ›Paradisus anime intelligentis‹, wird der Text also stellenweise jeweils aus der Position des redenden Subjekts des Predigers in die eines Objekts der Redaktoren transponiert. Der Prediger selbst wird vom Redner zum Gegenstand der ›Erz2hlung‹, vom Akteur zum Gegenstand der Ordensgeschichtsschreibung. Damit soll keineswegs behauptet werden, daß beide Sammlungen vom selben Redaktor bearbeitet wurden; solche Gemeinsamkeiten ko¨nnen auch eine andere Erkl2rung finden. Aber ebenso auff2llig wie die Gemeinsamkeiten bei der Anlage der Sammlung bleiben sie. Im letzten Fall werfen sie auch ein Licht auf das komplexe Verh2ltnis zwischen Mu¨ndlichkeit und Schriftlichkeit in den Predigten. Wenn ein Prediger in der eigenen Predigt so zitiert wird: Doˆ sprach er, so ist das einerseits ein Mu¨ndlichkeitssignal; vom Prediger wird noch einmal explizit berichtet, er habe etwas gesagt. Andererseits ist die Wendung Doˆ sprach er aber auch ein Schriftlichkeitssignal. 81 82 83

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Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 30. Ebd., S. 47, Exzerpt 31. Lˆser, Einzelpredigt [Anm. 74], S. 57, Anm. 50. Vgl. auch den Beitrag von Burkhard Hasebrink in diesem Band. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 45, Exzerpt Nr. 18.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Sie l2ßt den Redaktor selbst als Narrator einer Szene hervortreten, legt die Anwesenheit dieses Narrators w2hrend der Predigt nahe, macht aus ihm einen ›Zeugen‹ der Predigt und verleiht so der Szene auch die Autorit2t und Bezeugungskraft des Redaktors. Gleichzeitig spiegelt sich aber auch eine gewisse Distanz. Die Szene wird aus der Unmittelbarkeit eines redenden Subjekts genommen und im Bericht der dritten Person gewissermaßen objektiviert. Damit wird letztlich weniger Mu¨ndlichkeit fingiert, als vielmehr Schriftlichkeit als solche und als transponierte Mu¨ndlichkeit decouvriert. Anders – und sehr viel unmittelbarer – ist das Verh2ltnis Mu¨ndlichkeit/Schriftlichkeit auf den ersten Blick scheinbar bei einem Text der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹: Text 14 (fol. 32r–37v), als Byschof Ailbrets sermon bezeichnet, ist keineswegs eine einheitliche Predigt. Jeder Absatz beginnt mit Formulierungen wie Ouch sprach he dit wort, An einer zit sprach he, Ouch sprach he ein wort, Nu an einer zit sprach he oug. Es lag nahe, darin eine »Sammlung von Ausspru¨chen Alberts« zu sehen, wie dies etwa Strauch und Honemann/Ladisch-Grube tun.85 Demnach h2tte man hier eine Sammlung mu¨ndlicher Lußerungen Alberts vor sich, von Schu¨lern und Predigtho¨rern nachtr2glich aufgezeichnet und zusammengetragen.86 Zu problematisieren bleibt dabei freilich die Frage nach Volkssprache und Latein. Der Anfang von Text 14 lautet: Benedicamus patrem et filium cum sancto spiritu, und es sei daran erinnert, daß so auch die lateinische Predigtreihe beginnt, in der Schneyer Aussagen und Gedanken unserer Ausspru¨che entdeckt hat. An d em e l a ti n e dat da vu˚re ge sc hr ie ven steit, f2hrt unsere Einleitung fort und verweist wieder auf ihre eigene Schriftlichkeit, so wart viele gu˚dis gesprochen van meistere Albrethe. Das heißt, die volkssprachliche ›Blu¨tenlese‹ von Albert-Dicta (oder -Scripta?) hat s chr if tl i ch e l atei n is che Quellen. Lhnlich ist dies auch bei einigen ›Predigten‹ des ›Paradisus‹ der Fall. Nach Lauri Sepp‰nen und Dietrich Schmidtke sind die Predigt 25 Giselhers von Slatheim und die Predigt 63 des ¨ bersetzungen« von Quaestiones des ThoFlorentius von Utrecht nichts anderes als »U 87 mas von Aquin. Aber diese lateinische Quelle wird nicht genannt. In den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ ist dies anders: An deme latine […] so wart viele gu˚dis gesprochen van meister Albrethe heißt es ausdru¨cklich, und: Etzeliche sine wort du˚n wir schriven umbe gu˚it, dat id uns blive in unseme gehuchenisse.88 Damit ist das Ziel der Sammlung klar formuliert. Gehuchenisse, Erinnerung, ist das zentrale Wort. Alberts Tod im Jahr 1280 ist schon einige Zeit vergangen. Die Sammlung seiner Dicta/Scripta und ihre Umsetzung in die Volkssprache mo¨chte ihn im Ged2chtnis bewahren. Kurt Ruh hat fu¨r die ›Paradisus‹-Sammlung postuliert: »[E]s geht […] darum, die illustre Schar bedeutender M2nner des Ordens […] in einem Erinnerungsbuch zu bewahren.«89 Eben dies bringen die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹, 85 86

87 88 89

Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 30; Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], S. 52. Vgl. auch Franz Pfeiffer, Predigten und Spru¨che deutscher Mystiker I, ZfdA 8 (1851), S. 209–258, hier S. 215–219. Dietrich Schmidtke, Thomas von Aquin, in: 2VL, Bd. 9, Sp. 822–838, hier Sp. 829. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 34, Nr. 14, Z. 29 f. Ruh, ›Paradisus‹ [Anm. 54], Sp. 298–303.

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anders als das in anderer Hinsicht so deutliche Inhaltsverzeichnis des ›Paradisus‹, auch explizit zum Ausdruck: dat id uns blive in unseme gehuchenisse. Freilich geht es in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ weniger um die »illustre Schar bedeutender M2nner«. Gehuchenisse gilt dem wort mehr als dem Prediger: Etzeliche sine wort du˚n wir schriven […] want selich sint si, die dat wort horent inde dat behaldent.90 Damit bin ich am Ende des Vergleichs und ziehe wiederum ein kurzes Fazit: Wir besitzen zwei große dominikanische Predigtsammlungen, von ihrem Aufbau ebenso verwandt wie von der Art ihrer Redaktion, die eine mit ihren akademischen Themen und der gelehrteren Sprache den gelehrten Bru¨dern gewidmet, die andere den Predigten der cura monialium; die eine von manchen in Ko¨ln, von anderen in Erfurt lokalisiert (sicher aber mit u¨berregionalen Quellen und u¨berregionaler Bedeutung), die andere mit Sicherheit in Ko¨ln entstanden; die eine mit nur teils liturgisch, teils thematisch geordneten Predigten der großen lesemeister des Ordens, die andere im wesentlichen als Dokumentation großer Ko¨lner Prediger an Autoren orientiert, die eine mit dem ›Hauptprediger‹ Meister Eckhart, die andere mit den Predigten Meister Gerhards im Zentrum. Die Tatsache, daß in der Ko¨lner Sammlung entweder nur zwei Predigten Eckharts mit getilgtem Verfassernamen u¨berliefert sind oder – was wahrscheinlicher ist – daß Predigten Eckharts ganz fehlen, mag daran liegen, wie vermutet wurde, daß die Sammlung »zu einer Zeit angelegt wurde, als eine Nennung seines Namens nicht opportun war«.91 Es ko¨nnte aber auch andere Gru¨nde haben, z. B. ganz einfach den, daß die Ko¨lner Sammlung zu einer Zeit zusammengestellt wurde, in der Eckhart nicht in Ko¨ln war. Das Nebeneinander beider Sammlungen kann viele Gru¨nde haben: zeitliche Abfolge (wobei der ›Paradisus‹ sicher sp2ter zu denken w2re), Entstehung an zwei verschiedenen Orten, unterschiedliche thematische und inhaltliche Schwerpunkte, Konkurrenz, Fraktionen unter den Predigern. Sehr auff2llig ist jedenfalls, daß es bei ¨ berschneidung von aller Vergleichbarkeit in Anlage und Redaktionsart nicht zu einer U Predigten oder auch nur Predigern kommt. Die Autoren sind entweder in der einen oder in der anderen Sammlung vertreten. Keiner kommt in beiden vor. So gesehen gibt es keine Gemeinsamkeiten beider Sammlungen.

III ¨ berlieferung der Predigten. Bei den Handschriften, die einAnders ist dies bei der U zelne Predigten, nicht beide Sammlungen als jeweils ganze tradieren, kommt es zu frappanten Beru¨hrungen. Drei F2lle sind mir bisher bekannt geworden. Den einen bildet die Handschrift Berlin SBB–PK, Ms. germ. 4o 1079 (Quints B10) aus Nazareth in Geldern, wie Eva L¸ders nachgewiesen hat, mit Beziehungen zu Ko¨ln. Im deutlich abgegrenzten letzten Teil der Handschrift (des 15. Jahrhunderts) finden sich zwei Predigten Meister Gerhards (Nr. 37 vor der auch bei Strauch gedruckten Nr. 22), gefolgt 90 91

Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 34, Nr. 14, Z. 30 f. Honemann/Ladisch-Grube [Anm. 7], Sp. 50.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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u. a. von mehreren Predigten des ›Paradisus‹ (Pr. 57, 59 und 15).92 In allen F2llen schließt sich B10 mit anderen Handschriften gegen die ›Paradisus‹-Hss. O und H293 zusammen. Das heißt: Es fußt auf Texten, die den Zustand der ›Paradisus‹-Predigten tradierten, wie er war, bevor er durch die Vorlage(n) der Sammlungs-Handschriften ver2ndert wurde. ¨ berschneidungen der Predigten begegnet in Melk. Die dortiDer zweite Fall von U gen Handschriften des Laienbruders Lienhart Peuger tradieren, was erst vor einiger Zeit bekannt wurde, neben einer Fu¨lle von Eckhart-Predigten eben auch zwei Predigten Meister Gerhards, die Nummern 26 und 38.94 Dort sind diese mitten unter die Predigten Eckharts geraten, die sonst in mitteldeutschen Handschriften (Sievers-Texte) oder in der großen Nu¨rnberger Sammlung (Jostes) u¨berliefert werden.95 Sie werden – fu¨r die sonst verl2ßlichen Melker Zuschreibungen eine der wenigen Ausnahmen – sogar unter dem Namen Eckharts gefu¨hrt, und sind so in exzerpierter Form in eine Spruchsammlung geraten, die aus Eckharts Werken zusammengestellt wurde. An Predigten des ›Paradisus‹ finden sich acht in der Melker Predigtsammlung (sechs von Eckhart, eine von Florentius von Utrecht, eine Hanes des Karmeliten).96 Der dritte Fall h2ngt mit den Melker Textzeugen verwandtschaftlich eng zusammen. In der thu¨ringischen Handschrift Lo4, vor nunmehr 20 Jahren in London entdeckt,97 begegnen eben auch die beiden in Melk u¨berlieferten Texte (Nr. 26 und 38) Gerhards in einer langen Reihe von anonym u¨berlieferten Eckhart-Predigten (darunter wieder die mitteldeutschen Sievers-Predigten, Nu¨rnberger Jostes-Texte und sieben Texte aus dem ›Paradisus‹). Die Melker Textzeugen und die Londoner Handschrift sind zwar erst im 15. Jahrhundert entstanden, aber sie repr2sentieren, miteinander und mit anderen ¨ berlieferung der ›Paradisus‹-PredigTextbezeugungen verwandt, eine pr2redaktionelle U ten. Das heißt, es muß Quellen gegeben haben, die einen Schnittpunkt der Predigten Eckharts und Gerhards bildeten, ein Schnittpunkt, der vor der Redaktion der ›Paradisus‹-Sammlung und vor der Bearbeitung der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ anzusetzen ist.

IV ¨ berlieferung erlaubt Der Vergleich von sammlungsexterner und sammlungsinterner U fu¨r beide Sammlungen Ru¨ckschlu¨sse auf das Verhalten der Redaktoren. Eine Konfron92

93 94 95 96 97

›Paradisus‹ Pr. 57 = Pr. 84, DW III; ›Paradisus‹ Pr. 59 = Pr. 80, DW III; ›Paradisus‹ Pr. 15 = Pr. 90, DW IV,1; vgl. zur Hs.: L¸ders [Anm. 5], S. 150 ff.; vgl. jetzt auch Seidel [Anm. 5], S. 27. Zu O: Anm. 76, H2 = Hamburg, SUB, cod. theol. 2057. Mel, fol. 126va, Me2, fol. 299vb. Vgl. Lˆser, Meister Eckhart in Melk [Anm. 44], S. 194 und 235. N2here Angaben ebd. Ebd., Register, S. 597 f. und 602. London, Victoria and Albert Museum, cod. 1810–1955; dazu: Freimut Lˆser, Als ich meˆ gesprochen haˆn. Bekannte und bisher unbekannte Predigten Meister Eckharts im Lichte eines Handschriftenfundes, ZfdA 115 (1986), S. 206–227.

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tation all der neuentdeckten sammlungsexternen Textzeugen mit den von Strauch gedruckten Predigtanf2ngen, Schlu¨ssen und Exzerpten, l2ßt beispielsweise das ku¨rzende Verfahren des Redaktors der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ deutlicher hervortreten. So sieht man, daß die durch den Redaktor gestrichenen Schlußformeln der Predigten in ¨ berlieferung bewahrt bleiben. So beendet B10 die Predigt der sammlungsexternen U 37: Dat […] onse ziel alsoe verhauen moete warden bauen alle erdsche genvchte in die ewelike stedicheit der gotliker anschouwunge des mote ons got helpen.98 Und die Melker Handschrift schließt die Predigt 26: Das verleich vns der selb vnser herr ihesus christus, der mit dem vater vnd mit dem heiligen geist almaechtiger vnd ewiger got ist. Amen.99 Auch fu¨r Predigt 22 kann man jetzt B10 mit der Fassung der Ko¨lner Sammlung vergleichen. Das Ergebnis: Der Redaktor der in der Hamburger Handschrift u¨berlieferten ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ ku¨rzt zwar (besonders gegen Ende) einzelne Predigten. Manipulative, sinnver2ndernde Eingriffe in den Text, wie wir sie beim Redaktor des ›Paradisus‹ feststellen konnten, liegen hier aber nicht vor. Facettenreicher gestaltet sich deshalb der Vergleich der genannten sammlungsexternen Textzeugen mit der ›Paradisus‹-Redaktion. Ich habe schon vor einiger Zeit festgestellt, daß der ›Paradisus‹-Redaktor mehr als die H2lfte der Ru¨ckverweise in den Eckhart-Predigten tilgt. Dieser Befund war aus dem Vergleich haupts2chlich mit der Londoner Handschrift hervorgegangen.100 Hier mo¨chte ich dagegen kurz auf die Bedeutung der schon erw2hnten Handschrift aus Geldern (Eckhart-Sigle B10 = Berlin, SBB–PK, Ms. germ. 4Z 1079) zu sprechen kommen. Dazu zun2chst ein Blick auf die Predigt ›Paradisus‹ 59, von Quint als Predigt 80 kritisch herausgegeben, nur scheinbar auf breiter handschriftlicher Basis. Bei n2herem Blick erweisen sich die meisten von Quint benutzten Handschriften n2mlich als Fragmente. Der betreffende Text basiert auf wenigen Handschriften, wobei sich zwei Gruppen feststellen lassen: Die ›Paradisus‹-Handschriften O und H2 auf der einen, B10 und damit verwandte Hss. und Fragmente auf der anderen Seite. Die Predigt ist zentral fu¨r das Verh2ltnis zwischen Meister Eckhart und Albertus Magnus. Denn von vier namentlichen Nennungen Alberts in Eckharts deutschem Werk begegnen in dieser Predigt allein drei. Eckhart, glaubt Quint, nenne Albert an diesen drei Stellen bischof Albreht und so steht es in Quints Text.101 Bischof Albreht wird Albertus Magnus aber, wie gezeigt, stets in den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ genannt. In der Handschrift, der Quint hier folgt, B10, gehen nun zwei dieser Ko¨lner Predigten der ›Paradisus‹-Predigt, in der Albert zitiert wird, voran. Das heißt: Die Zitation als bischof Albreht ko¨nnte vom Gebrauch der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ beeinflußt sein. Die B10-Gruppe bietet womo¨glich einen 98

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B10, fol. 170r; vgl. ebd., fol. 171v mit dem in der Ko¨lner Sammlung (Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 38) fehlenden Schluß von Predigt 22: Dat wi synre ewelic gebrucken moeten des help ons got. Mel, fol. 127ra. Lˆser, Als ich [Anm. 97], S. 210–214. Ebd., S. 212, Anm. 19 habe ich alle in der ›Paradisus‹-Sammlung unbearbeiteten, bearbeiteten und getilgten Ru¨ckverweise zusammengestellt. Burkhard Hasebrink untersucht sie detailliert in seinem Beitrag in diesem Band. Pr. 82, DW III, S. 384,4; 385,1 f.; 387,5.

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›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

im Wortlaut ver2nderten Text, der von ihrer Mi t u¨ b erl i efer un g beeinflußt ist. Die Gegengruppe um O, H2 und Nikolaus von Landau spricht denn auch, hier wohl Eckharts eigener Rede eher gem2ß, einfach von Albertus. Das zweite Beispiel aus einer weiteren Predigt zeigt hingegen umgekehrt, wie Quint einen ku¨rzenden Eingriff des ›Paradisus‹-Redaktors in den Rang eines kritisch edierten Textes erhob. Die Predigt ›Paradisus‹ 57 (Pr. 84, DW III) beruht auf fu¨nf Handschriften:102 Einerseits OH2 (und verwandt damit: Nu), andererseits wieder B10 (und diesmal auch eine Melker Handschrift). Daß B10 und die Melker Textzeugen »schlecht« sind, hat Quint immer wieder betont. Und es trifft durchaus zu, daß sie ihre Texte mitunter stark ver2ndern, oft radikal ku¨rzen, zum Teil entstellen. Aber im vorliegenden Fall verh2lt sich die Sache komplizierter. Im folgenden Beispiel wird der noch allen Hss. gemeinsame Text (Mitte), dann der darauf folgende Text nach Quints Edition (links) und nach dem Text der Melker Handschrift Me2 (Cod. 705) (rechts) wiedergegeben (Lesarten der Hs. B10 in den Anmerkungen): ›Paradisus‹ Pr. 57 = Pr. 84, DW III, S. 456,2–457,4: diu volkomenheit gotes enmohte sich niht enthalten, er enlieze uˆz im vliezen creˆatuˆren, den er sich gemeinen mohte, die sıˆne glıˆchnisse enpfaˆhen mohten […] und sint als unmæzlıˆche uˆzgevlozzen, daz meˆ engel sint dan griez oder gras und loubes.

Durch die alle vliuzet uns lieht und gnaˆde und gaˆbe her nider. Daz selbe, daz durch alle dise creˆatuˆren oder106 natuˆren vliuzet, daz biutet got der seˆle ze enpfaˆhenne. 102 103 104 105

106 107

das der engel mer ist dan gras vnd gries vnd tropphen wazzer ye warn sind103 vnd ein yeder engel hat sein sunder natur104 also das chainer dem andern gleich ist vnd durch dy natur alle flewst vns her ab paide liecht vnd gab105 vnd das selb als das durch dy natur all flewst raicht got der sel zw enphahen.107

Angaben zu allen folgenden Hss.: DW III, S. 450. warn sind ] gewart B10. natuer sonderlingen B10. vnd durch … gab/ Dver alle dese naturen vliet dat Dat ons hier neder comet Licht ende gaue in menniger cu˚nne maniren B10. creˆatuˆren oder fehlt in allen Hss. außer Nu. vnd das selb … enphahen / Ende al dat doer al dese naturen comet dat bud god der zielen ontfae die moghe B10.

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Quint h2lt »das Textplusstu¨ck, das Me2 und B10 hinter gras bieten, […] fu¨r einen sekund2ren Zusatz«, der »inhaltlich nicht recht in den Zusammenhang paßt« (DW III, S. 457, Anm. 1). Aber die Gedanken des »Zusatzes« finden sich erstens auch mehrfach bei Eckhart. In einer (bisher allerdings unbekannten) Predigt sagt er beispielsweise: ein yeder [Engel] hat sein natur vnd seinn himel und anderw2rts (Pr. 70, DW III, S. 191,6–8) lehrt er: Ez sint vil himel; ieglicher haˆt […] sıˆnen engel, der im zuogeordent ist. So¨lte er an einem andern himel wu¨rken, daˆ er niht zuo geordent enist, er enku¨nde niht daˆ mite.108 Zweitens: Die Aussage paßt in den Zusammenhang, der den Aspekt der manicvaltige[n] wollust (S. 456,2) betont, die die Seele in gote vindet; das Beispiel von der je sunder[en] natur der Engel hebt die Perspektive der Vielheit, Geteiltheit und jeweiligen Abgesondertheit (sunderheit) hervor, die erst und nur in Gottes samentheit, auf die Eckhart sp2ter (S. 459,1) zu sprechen kommt, in Eins gesetzt und aufgehoben ist. Drittens: Eckhart selbst greift die Formulierung von der sunder[en] natur der Engel im unmittelbar folgenden Text wieder auf: die Stelle, die Quint wiedergibt (Daz selbe, daz durch alle dise creˆatuˆren oder natuˆren vliuzet), macht doch nur Sinn, wenn zuvor von der je sunder[en] natuˆr der Engel die Rede war, denn daß mit »natuˆren wiederum die Engel […] gemeint [sind]«, bemerkt auch Quint (S. 457, Anm. 2). Quints Text ist an dieser Stelle also revisionsbedu¨rftig. Nicht NuOH2, deren Vorlage hier wieder geku¨rzt ist, sondern Me2B10 u¨berliefern Eckharts Text. Genauso gilt dies fu¨r den gesamten Schluß der Predigt (Pr. 84, DW III, S. 464,2 – 465,6 = Schluß). Auch dort tradieren Me2 und B10 den urspru¨nglichen Text, nicht NuOH2, denen Quint folgt, obwohl er S. 451 betont hat, daß der »Schlußteil der Predigt […] allerdings, wie durchg2ngig in den OH2-Texten Ku¨rzungen aufweist«. Durch die Textku¨rzungen ist die ›Paradisus‹-Redaktion besonders am Ende von Predigten als Leitfassung kritischer Texte ungeeignet. Im vorliegenden Fall bleiben von einem vierstufigen Aufstiegssystem, das dem Gang der vorherigen Predigtteile exakt entspricht, in O und H2 nur vier radikal geku¨rzte und uminterpretierte ›Schritte‹. Ich will es einmal in aller ¨ berlieferungslage nur auf O Drastik formulieren. Ein ›kritischer‹ Text, der wegen der U und H2 beruht, gibt in keinem Fall den Text Meister Eckharts wieder. Es ist immer der Text einer Redaktion, oft wesentlich geku¨rzt. In der Sprache des Films: ein ›redactorAs cut‹. Der ›directorAs cut‹ ist in solchen F2llen nicht zu haben. Aber neben der ›Paradisus‹-Redaktion gibt es andere Redaktionen, die Eckhart genauso nah oder fern sein ko¨nnen. Wann immer mo¨glich, sollte der Editor, der es mit ›Paradisus‹-Predigten zu tun hat, alle diese Redaktionen synoptisch edieren und – wie im Beispiel eben – kommentieren. Dies ist im Fall der bereits von Quint edierten Eckhart-Predigten aus der ›Paradisus‹-Sammlung nicht geschehen. Sie alle bedu¨rfen der Revision!

108

Eckharts bislang unbekannte Predigt bei Lˆser, Melk [Anm. 44], S. 236–239; die hier zitierte Stelle ebd., S. 236; zu 2hnlichen Aussagen Eckharts vgl. DW III, S. 200,23 f. (Pr. 70 Anhang); S. 403,12 ff. (Pr. 81); S. 412 Anm. 31.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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V Aber zuru¨ck zu den ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und abschließend zu ihrem Verh2ltnis gegenu¨ber Meister Eckhart. Es war der Fund der Londoner Eckhart-Handschrift im Jahr 1986,109 der eine Verbindung nahelegte: 22 ihrer Texte waren als anderw2rts gedruckte Predigten Eckharts identifizierbar, vier nicht. Bei zweien dieser vier konnte nachgewiesen werden, daß es sich um bis dahin unbekannte Predigten Eckharts handelte.110 Blieben zwei weitere unidentifizierte Texte; in den Handschriften aus Melk waren diese explizit Eckhart zugeschrieben. In beiden Predigten gab es Beru¨hrungen mit Werken Eckharts in Wortwahl, Inhalt und Doktrin. Der eine der beiden Texte zum Beispiel sagte: dis habe ich uch nicht gesait, darvmme, das ir es wiszt, dan darvmme, das ir wiszt, das nach vel ist, das ir nicht wiszt.111 War das nicht – in leicht abgewandelter Form – eben jenes Albert-Wort, das Eckhart andernorts zitierte, ein Zitat, das fru¨her zu der Annahme gefu¨hrt hatte, Eckhart habe Albert noch perso¨nlich gekannt, weil er in einer lateinischen Predigt eben von ihm berichtete: Et Albertus saepe dicebat, hoc scio sicut scimus, nam omnes parum scimus? Und ging dem nicht unmittelbar eine Ansicht voran, die – fast wo¨rtlich – aus der Eckhart-Predigt Pfeiffer 2 bekannt war: Czu¨ dem ersten, hieß es in der Predigt der Londoner Hs., samment sy dy synne yn dy behaldu¨nge, dy synne, dy gespreit syn in manchen stu¨cken, dy besamment sy in dy behaldu¨nge. Eckhart sagt: wan ein ieclıˆchiu zerspreitetiu kraft ist unvollekommen. Her umbe, wil si indewendic krefteclıˆche wirken, soˆ muoz si wider heim ruofen allen iren kreften und si samenen von allen zerspreiten dingen in ein innewendic wu¨rken.112 Doch diese Parallelen der letzten zwei unidentifizierten Londoner Texte zu Eckhart fu¨hrten auf die falsche Spur; beide Texte waren anhand einiger weniger bei Strauch gedruckter Exzerpte schließlich eindeutig als ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Meister Gerhards zu identifizieren.113 Was aber war mit den Parallelen zwischen diesen Gerhardund anderen Eckhart-Texten? Direkt vor den Predigten Gerhards in der Ko¨lner Sammlung war der Name des Verfassers getilgt. Wie, wenn es sich dabei um Eckhart handelte, wie, wenn fu¨r die folgenden Texte ›Meister Gerhard‹ nichts weiter war als ein ›Deckname‹ fu¨r Meister Eckhart? Diese Hypothese l2ßt sich ausschließen; und zwar aus folgendem Grund: Von den 22 in der Ko¨lner Sammlung Meister Gerhard zugewiesenen Texten sind bei Strauch immerhin drei komplett gedruckt, aus einer Reihe anderer gibt er einige kurze Exzerpte wieder, drei weitere Predigten sind inzwischen ¨ berlieferung bekannt. Von allen Gerhard-Predigten aus der sammlungsexternen U druckte Strauch, zwar knapp, die Incipits. Keine einzige dieser Predigten ließ sich 109 110 111 112

113

Lˆser, Als ich [Anm. 97]. Ebd. Lo4, fol. 151rb. Lo4, fol. 151rb. Pfeiffer [Anm. 9], S. 13,20–23; inzwischen (ohne Lnderung im Wortlaut) kritisch ediert als Pr. 102, DW IV,2, hier S. 416,81–83. ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 26 und 38, abgedruckt im Anhang; identifiziert bei Lˆser, Als ich [Anm. 97], S. 226.

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als anderw2rts u¨berlieferter, bekannter oder gar gedruckter Text Eckharts erweisen. Was aber bleibt, sind auff2llige Parallelen in Texten Gerhards und Eckharts. Sie betreffen bestimmte Ansichten zu Einzelproblemen genauso wie die Verwendung von Beispielen oder manche Grundlinien der Theologie. Die mynste sunde, sagt Meister Gerhard in der Predigt 22, wie sie jetzt – außer in der verschollenen Hamburger Hs. – in B10 vorliegt, die wi ye gededen, di en mach ons die priester noch die paiwes nyet vergeuen dan god alleen. Want sunde te vergeuen, dat ist alsoe groet, dat it nyemant doen en mach dan god alleen.114 Von Meister Eckhart behauptet die sogenannte ›Gute Klosterlehre‹, eine Sammlung von Ausspru¨chen, die auf Collationes zuru¨ckgehen, er habe gelehrt, so geint wir mit dem gloueuen an dem paiffs. Dz is wair: der vermach up ertry¨ch, dz geyn vermach als vil, als he alleyn. […] Nu is dz wair, dz he mir my¨n sunden mach vergeuen mit cleynre bueyssen; euer id mois seir an mir ly¨gen.115 In eben dieser ›Klosterlehre‹ ist auch ein angeblicher Ausspruch Eckharts u¨ber M2nner und Frauen aufgezeichnet: Nu ist dz sicher, dz geyn vrauwe priester in mach werden noch sy¨n; ind doch so mach eyn vraewe comen bouen eynen man. Want die hait got also wail gemacht als eynen man.116 Meister Gerhard sagt in einem der wenigen von Strauch gedruckten Exzerpte: der minste man, de is mere van naturen dan die meiste vrouwe. Noch dan sien wir dicke, dat die vrouwe mit iere andait mere genade irkrigit dan der man.117 Auch ein Beispiel, das den Menschen auf der ›Spur Gottes‹ mit Jagdhunden vergleicht, wird von den beiden Predigern in einem ganz 2hnlichen Sinn verwendet: Meister Gerhard: also lange alse die jagehunde niet insint ku˚men up dat spu˚re, so gient si wale algemegheliche samen in der kuppelen bi deme jegere. mer also schiere alse si ku˚ment up dat spu˚re, so brechent si sich van ein. mer gewinnent si des dieris einen roch, so loufent si inde bielent. is ever dat si dat dier gesient, so loufent si, dat si sich in in selver zebrechent. Alsus sprech ich: also lange alse der mensche niet inwirt geware Godis genaden, so in agtit he Godis wort niet.118 Meister Eckhart: Ich wil iu sagen ein mære: ein mensche vraˆgete einen guoten menschen, waz daz meinte, daz in etwenne als wol geluste ze andaˆht und ze gebete, und ze einem andern maˆle engeluste es in niht. Doˆ antwurte er im alsoˆ: der hunt, der den hasen gesihet, und er in gesmecket und er uˆf daz spor kumet, soˆ loufet er dem hasen naˆch; aber die andern sehent disen loufen, und loufent ouch sie, und die verdriuzet schiere und laˆzent abe. Alsoˆ ist ez umbe einen menschen, der got gesehen haˆt und sıˆn gesmecket haˆt: der enlæzet niht abe, er loufet alwege.119

Die Argumentationsstruktur ist nicht identisch; in beiden F2llen ko¨nnte der Vergleich aus der mittelalterlichen ›Lebenswelt‹ abgeleitet sein, unabh2ngig voneinander. Und: 114 115

116

117 118 119

B10, fol. 170r; vgl. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 37. Adolf Spamer, Texte aus der deutschen Mystik des 14. und 15. Jahrhunderts, Jena 1912, S. 86,28–31 und S. 88,1–3. Ebd., S. 84,16–19. Das ist durchaus eine bei Eckhart auch im kritisch edierten Werk belegbare Ansicht: ¨ berhaupt wird man ku¨nftig der ›Klostervgl. Pr. 6, DW I, S. 106,7 ff. und Pr. 27, DW II, S. 48,1 ff. U lehre‹ mit Blick auf Eckhart mehr Aufmerksamkeit schenken mu¨ssen. Eine Arbeit ist in Vorbereitung. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 45, Exzerpt 21. Ebd., S. 47, Exzerpt 32. Pr. 59, DW II, S. 633,2–8.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Eckhart spricht in diesem Zusammenhang von einem mære. Man ko¨nnte also auch annehmen, daß er sich mit seiner Verwendung des Motivs von den Jagdhunden und der ›geistlichen Jagd‹ an einem weiter verbreiteten Exempel orientiert, das auch Gerhard bekannt war. Lhnlich verh2lt es sich mit der Lehre der drei Erkenntnist2tigkeiten. Meister Gerhard sagt in seiner von mir in der Londoner Handschrift entdeckten Predigt 26: Dryerhande wis gebet sich got czu¨ irkennen. Das eyne das ist an der schrift, das ander ist ein geistlich bekentnisz ynwendig an der sele, das dritte ist in der warheit su¨nder falsch vnd su¨nder lydunge vnd su¨nder glichnisz. […] bekenestu¨ got in der schrift, so bekenestu¨ o¨n als ein scheppher vnd ein anegang aller creaturn. Bekenestu¨ o¨n an der sele ynwendig, so bekennestu¨ o¨n an eyner volkomenheit aller creaturn. Bekenstu¨ o¨n an der warheid, nochdan kondes du¨ o¨n nu¨mmer so verre bekennen, es sy mir [=mehr] eyn vnbekentnisz dan ein bekentnisz.120

Meister Eckhart spricht in der ›Paradisus‹-Predigt 51 (Pr. 72, DW III) ebenfalls von drıˆerleie bekantnisse. Daz eˆrste ist lıˆplich, daz nimet bilde als daz ouge: daz sihet und nimet bilde. Daz ander ist geistlich und nimet doch bilde von lıˆplıˆchen dingen. Daz dritte ist inwendic in dem geiste, daz bekennet sunder bilde und glıˆchnisse.121 Alois Haas hat auf Eckharts Unterscheidung der drei Erkenntnist2tigkeiten (in seiner lateinischen Terminologie operatio animalis, intellectualis und divina) hingewiesen, aber auch darauf, daß Eckhart sich an den entsprechenden Stellen auf Augustinus beruft. Und: Noch sachgem2ßer entspricht der eckhartschen Triade die dreifache Stufung der Erkenntnis nach Hugo und Richard von Sankt Viktor: sie unterscheiden cogitatio, meditatio und comtemplatio derart untereinander, daß sich das erstgenannte Erkenntnisvermo¨gen auf die sensibilia, das zweite auf die intelligibilia und das dritte auf die intellectibilia (die geistige Welt, Gott) richtet.122

Man sieht, daß Meister Gerhard, wohl unter Ru¨ckgriff auf dieselben Gew2hrsleute, Eckharts Ansichten in diesem Punkt teilt. Auch in einem weiteren Punkt gibt es eine deutliche Beru¨hrung. Am Ende der eben zitierten Stelle aus seiner Predigt 26 hatte Meister Gerhard postuliert, man ko¨nne selbst auf der ho¨chsten Stufe der Erkenntnis Gott nu¨mmer so verre bekennen, es sei denn mehr eyn vnbekentnisz dan ein bekentnisz. Auch das ist bei Eckhart vergleichbar formuliert: Er ist ouch sunder wıˆse, daz ist: in unbekantheit,123 sagt Eckhart etwa; oder er spricht vom vnbekantniss der verborgenen gothait […] vnd dis vinsterniss enbegraiff das nit.124 Oder es heißt bei ihm: Die verborgen fynsternuß des vngesichtigen liechtes der 120 121 122

123 124

Lo4, fol. 150vb. Pr. 72, DW III, S. 242,4–243,2; vgl. ebd., Anm. 3 mit dem Hinweis auf Pr. 61, DW III, S. 37 ff. Alois M. Haas, Nim din selbes war. Studien zur Lehre von der Selbsterkenntnis bei Meister Eckhart, Johannes Tauler und Heinrich Seuse, Freiburg (Schweiz) 1971 (Dokimion 3), S. 23, Anm. 37. Vgl. auch die Schilderung von vier Kr2ften in der ›Paradisus‹-Predigt 17 (S. 43) bei Hermann von Loveia. Pr. 80, DW III, S. 381,7. Pr. 15, DW I, S. 253,1 f.

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Freimut Lo¨ser

ewigen gotheyt ist vnbekant vnnd wirt auch nymmer bekant.125 Dies ist natu¨rlich gut pseudo-dionysisch gedacht. Und man sieht, daß der Einfluß des Dionysius nicht nur in den Predigten Eckharts im ›Paradisus anime intelligentis‹ deutlich zu greifen ist, sondern daß er auch die Predigten der Ko¨lner Sammlung durchzieht, greifbar nicht nur in Ulrichs von Straßburg Predigt u¨ber die drei Gesichte, sondern eben auch in den Predigten Meister Gerhards. In einer anderen Predigt, Nr. 22, die jetzt auch in der Berliner Handschrift vorliegt, sagt Gerhard, der Seele werde von Gott eine overvluziche maze gegeben, und: Du salt dat wizen, dat de begrif diner selen van naturen also cleine is, dat du Got niemer inkans begrifen als he is. mothene dine sele gegrunden, so inwere he niet ein ewich Got, noch du inweris niet eweliche selich mit ieme.126 Eckhart bittet in den ›Reden der underscheidunge‹, daz dıˆn rıˆchtuom ervu¨lle mıˆne armuot und alliu dıˆn unmæzicheit ervu¨lle mıˆne ˆıtelkeit und dıˆn unmæzlıˆchiu, unbegriffenlıˆchiu gotheit ervu¨lle mıˆne alze snœde verdorbene menscheit.127 Damit ist das Stichwort armuot gefallen. Und es wird schon nicht mehr wunder nehmen, daß Meister Gerhard sich auch hier mit Eckhartschem Vokabular und Eckhartschen Gedanken beru¨hrt: Dit selve is an den, die gerne prelate werin of heirschaf hedden, dat si su˚kint alle die sachin, warumbe dat it gu˚it si inde warumbe dat is nutzelich si, inde willint, dat it bessir si inde sichere si dan willinclich armu˚de. de armu˚de minnit, de su˚kit allit dat ieme her zu˚ helpen mach inde dat wieder den richdum is inde wieder die ere.128

Das stammt von Gerhard, nicht von Eckhart. Die Gemeinsamkeiten beider dominikanischen Prediger sind unu¨bersehbar, und man ko¨nnte den Vergleich fortfu¨hren. Ich will stattdessen nur ein Stu¨ck aus einer Predigt mitteilen: van deme sin wir sunder middel inde na dem su˚ne, de da is ein bielde des vader inde ein gelantz, des bielde sin wir sunder middel. […] wir sin ouch gebieldet na deme hieligen geiste sunder middel, de da is die minne des vader inde des su˚nis. des bielde sin wir sunder middel. hedde he uns geschaffen van einicher materien, so mothe he sig intschuldigen inde mothe sprechen, da in mothe niet bezzers uz werden. Nu sagit uns die heilige geschriethe, dat he uns hait geschaffen van niethe. Darumbe inmothe he uns niet geschaffen dan na ieme selver. also verre alsit mu˚gelich was der creaturen zu˚ intfaine, alsus sin wir ane middil van Gode geschaffen inde ane middil na Gode gebieldit inde sunder middil wieder in Got geordint, also dat tuschen uns inde ieme nietz niet in sal sin. Darumbe wart Got selve mensche, dat he uns sunder middil brethe wieder zu˚ ieme selver […] su˚le wir immerme sunder middel ku˚men in unsen u˚rsprunc, da wir uz gevlozin sin? […] up in virvliezen al so, dat wir sunder middil stein in siner intgegenwordicheide.

Das stammt aus Gerhards Predigt 30129 und auf die Angabe von Parallelen bei Eckhart kann man hier, quasi sunder mittel argumentierend, wohl verzichten. Die Predigt Gerhards schließt: 125 126 127 128 129

Pr. 51, DW II, S. 476,13–477,1. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 37,46–49. DW V, S. 267,4–7. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 41. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 38,14–40.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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So der mensche der Gotlicher minnen me hait so he lutere inde vriere in ieme selvere is inde dar na dat he vri is, dar na sint ouch sine werc intfenclich. also dat ein mensche mothe uzer deme huiz gain up diesen kirchof, dat he me lonis neme dan ein ander de zu˚ sente Jacobe gıenge. dit sprech ich durch einis menschen wille of durch zweijere.130

Die Art, manche Gedanken in zugespitzter Form zu 2ußern, hat Gerhard ebenso mit Eckhart gemein wie das Bewußtsein, fu¨r wenige Verst2ndige zu predigen. Man braucht nur an den beru¨hmten Schluß von Eckharts Armutspredigt zu denken,131 an die noch beru¨hmtere Opferstock-Stelle,132 oder an den Schluß der großen ›Reich-Gottes-Predigt‹ Jostes Pr. 82, der in diesem Zusammenhang gerne u¨bersehen wird: Dis red ist nieman gesagt, denn der si hat mit leben oder eintweder besitzt mit mu´gen seins hertzen.133 Der Nachweis von Parallelen zwischen den beiden dominikanischen Predigern l2ßt nur einen Schluß zu. Eckhart steht in vielen Punkten seiner Lehre (auch am Beginn seiner Armutslehre) nicht allein. Er ist nur vor dem Horizont der gesamten zeitgeno¨ssischen Dominikanerpredigt erkl2rbar. Sein Ordensbruder Gerhard hat vieles mit ihm gemein. Umso aufschlußreicher sind die Differenzen; sie sind erheblich: Eckhart hat sich mehrfach gegen falsch verstandene Werkgerechtigkeit gewandt, und dabei zu Formulierungen gefunden, die in Satz 16–19 der Bulle aufgegriffen wurden. So kritisiert er in der bekannten ›Bu¨rglein-Predigt‹ diejenigen, die mit eigenschaft gebunden sint an gebete, an vastenne, an wachenne und aller hande uˆzerlıˆcher u¨ebunge und kestigunge.134 Demgegenu¨ber betont Meister Gerhard: du˚ ich dit geistliche leven ane vienc, du˚ was dat min wille, dat ich vasten inde wachen inde alle lifliche arebeit allewege umbe got wolde liden. in deme willen inde in der ordenungen stain ich allewege stede.135 Gerhard beschreibt Fasten, Wachen und Kasteien mehrfach als ein vu˚ndemunt aller du˚geden und f2hrt fort: dar up sprichit eine helige: de du˚gede samint sunder dit vu˚ndemunt, de deit als de ein huis zimbert up sant, dat velt schiere.136 W2hrend Eckhart falsch verstandene Werkgerechtigkeit ablehnt, weil sie beim Vordringen zu Gott letztlich nur ein Hindernis aufbaut, ist es Gerhard darum zu tun, seine Zuho¨rerinnen auf einer einfacheren 130 131

132

133 134

135 136

Ebd., Nr. 30, S. 39,21–26. Wer dise rede niht enverstaˆt, der enbeku¨mber sıˆn herze niht daˆ mite … (Pr. 52, DW II, S. 506; vgl. ebd., Pr. 52, S. 487). Swer dise predie haˆt verstanden, dem gan ichz wol. Weˆre hie nieman gewesen, ich mu¨este si disem stocke geprediet haˆn. […] Ich spriche bıˆ der waˆrheit, daz dise liute mu¨ezent verirret blıˆben noch niemer mu¨gent ervolgen noch erkriegen, daz die andern ervolgent, die gote naˆch volgent in armu¨ete und in ellendekeit. (Pfeiffer [Anm. 9], Pr. 56, S. 181,19 ff.; die Predigt ist inzwischen als Nr. 109 kritisch ediert in DW IV,2 (die zitierte Stelle – ohne Bedeutungs2nderungen – ebd., S. 774); vgl. zu Lhnlichem bei Eckhart: DW II, S. 516, Anm. 63). Jostes [Anm. 9], S. 98,6 f. Pr. 2, DW I, S. 28,8 ff. Vgl. dazu Freimut Lˆser, Der niht enwil und niht enweiz und niht enhaˆt. Drei u¨bersehene Texte Meister Eckharts zur Armutslehre, in: Contemplata aliis tradere. Studien zum Verh2ltnis von Literatur und Spiritualit2t. Festschrift fu¨r Alois M. Haas zum 60. Geburtstag, hg. von Claudia Brinker [u. a.], Bern [usw.] 1995, S. 391–439, hier S. 402 f.; RdU, DW V, S. 201,5–12 und 204,5–10; Pr. 68, DW III, S. 145. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 48, Exzerpt 34. Ebd., S. 44, Exzerpt 14.

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Freimut Lo¨ser

Ebene am scheinbar sichereren Weg teilhaben zu lassen: alsus, sagt er in einer anderen Predigt, sal ein iewelich mensche in ieme selvere geordint sin, dat he drucke sine vielicheit mit harder penitencien inde halde sich intgegin sine nesten mit gu˚den sieden.137 Das Verh2ltnis zum Mitmenschen hat auch Eckhart thematisiert, und er greift dabei mitunter zu sehr anspruchsvollen Forderungen: Und minnest duˆ hundert mark meˆ in dir dan in einem andern, dem ist unreht. Haˆst duˆ einen menschen lieber dan den andern, dem ist unreht; […] und haˆst duˆ die sælicheit lieber in dir dan in einem andern, im ist unreht. ›Got segene? Waz saget ir? Sol ich die sælicheit niht in mir lieber haben dan in einem andern?‹ Ez ist vil geleˆrter liute, die diz niht enbegrıˆfent, und du¨nket sie gar swære; aber ez ist nicht swære, ez ist gar lıˆhte.138

Meister Gerhard z2hlt offenbar zu jenen geleˆrten liuten, die diz niht enbegrıˆfent, mehr noch: er z2hlt sich selbst in ganz bewußter Abgrenzung dazu: Sumelichen haint gesprochen, dat man sich me vrouwen su˚le einer ander vrouden dan der sinre. des inis niet. ich vrouwen mich me vu˚nf schillinge in mime budele dan hundert ma(r)ch in einis anderis kisten.139

Gerhard mo¨gen manche Formulierungen und Forderungen seines Ordensgenossen als u¨berzogen erschienen sein. Er ist insgesamt ›handfester‹. Und als Konsequenz daraus ergibt sich auch, daß er sich – anders als Eckhart – an ein weniger anspruchsvolles, reduziertes Konzept der Wissensvermittlung gebunden fu¨hlt. Eckhart hat die offensichtlich kritisierte ›Ho¨he‹ der von ihm vermittelten Lehre im ›Buch der go¨ttlichen Tro¨stung‹ verteidigt: man sol von groˆzen und von hoˆhen dingen mit groˆzen und mit hoˆhen sinnen sprechen […]. Man habe ihm vorgehalten, daz man soˆgetaˆne leˆre nicht ensol sprechen noch schrıˆben ungeleˆrten. Dar zuo spriche ich: ensol man niht leˆren ungeleˆrte liute, soˆ enwirt niemer nieman geleˆret.140 Ganz im Gegensatz dazu ermahnt Meister Gerhard sein Publikum: alse dieser dinge [beispielsweise, daß Gott nichts sei] gedenct ein mensche in ieme selvere: wat geit dich dis ane, id is dir zu˚ ho, la id varen, wan wu˚rdis duis bescheiden van wisen luden, so hielzt duit vu˚r eine wairheit: diese gedenke sint dalis sunde. werit also, dat du mit vrevele drane woldis bliven, so werit ketzeria.141

Die Abwehr solcher Arten von ketzeria ist Gerhard ein besonderes Bedu¨rfnis. Am Ende seiner Predigt 18, die Strauch glu¨cklicherweise gedruckt hat, die man bisher aber nicht beachtet hat, sagt er: Su˚meliche sprechint, dat die sele si gotlicher naturen inde sprechint ouch, dat si wieder zu˚ gode ku˚me, also dat si alzemale niet inwerde. dat sint unreine ketzere.142 137 138 139 140 141 142

Ebd., S. 45, Exzerpt 15. Pr. 30, DW II, S. 102,3–103,1; vgl. ebd., Anm. 1. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 45, Exzerpt 17. DW V, S. 60,25–29. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 45, Exzerpt 15. Ebd., S. 44, Exzerpt 11.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Man ko¨nnte darin einen Reflex Ko¨lner Verh2ltnisse in den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts sehen, etwa eine Auseinandersetzung mit der sogenannten ›Sekte vom Freien Geist‹, deren Lehren durch ein heute in Greifswald aufbewahrtes Protokoll – wie immer gefiltert – so lauteten: Ebenso werden die genannten Bru¨der, die im Geist leben, wenn sie zum vollkommenen Status der Freiheit gelangt sind, so vollst2ndig und ko¨rperlich verwandelt, daß sie eins mit Gott gemacht werden, und Gott ganz und ko¨rperlich mit ihnen ist, so daß die Engel im Spiegel der Dreifaltigkeit nicht zwischen Gott und der Seele unterscheiden ko¨nnen, die in der Freiheit des Geistes lebt, wegen der genannten Einung zwischen ihnen.143

Man kann aber auch ein anderes mo¨gliches Ziel der gerhardschen Angriffe ausmachen: seinen Ordensbruder Eckhart. Su˚meliche sprechint, dat die sele si gotlicher naturen lautet der erste Vorwurf der ›Ketzerei‹ durch Gerhard. Bei Eckhart heißt es in der ›Paradisus‹-Predigt 21 (Pr. 37, DW II): Daz vu¨nkelıˆn der vernu¨nfticheit […] ist als vil als ein vu¨nkelıˆn go¨tlıˆcher natuˆre, ein go¨tlich lieht, ein zein und ein ˆıngedru¨cket bilde go¨tlıˆcher natuˆre.144 Eckharts Formulierung mag u¨brigens auch dem Redaktor der ›Paradisus‹-Sammlung zu radikal gewesen sein, er hat sie jedenfalls ›entsch2rft‹: Statt vu¨nkelıˆn go¨tlıˆcher natuˆre heißt es bei ihm: funkelin gotlichis lichtes. In der Predigt 3 ›Nunc scio vere‹ formuliert Eckhart: swaz an gote ist, daz ist got; daz enmac im niht entvallen. Ez wirt gesast in go¨tlıˆche natuˆre, wan go¨tlich natuˆre ist soˆ kreftic, swaz dar ˆın geboten wirt, daz wirt alzemaˆle dar ˆın gesast.145 Im ›Liber benedictus‹ heißt es vom guten Menschen, er tritet in alle die eigenschaft go¨tlıˆcher natuˆre.146 Und in der Predigt 81 formuliert Eckhart: Ich spriche joch genzlıˆche, daz si [die Seele] got boben ir niht gelıˆden enmac. Wære diu seˆle als verre uˆfgezogen u¨ber alliu dinc an ir hœhste vrıˆheit, daz si got ru¨erte an sıˆne bloˆze go¨tlıˆche natuˆre, si engeruowete niemer, got der enbræhte sich in sie und sie in got.147 Die These, die Gerhard als ketzerisch angreift, dat di sele si gotlicher naturen, ist also eine These, die sein Ordensbruder Eckhart verku¨ndet hat. Der zweite, damit zusammenh2ngende Vorwurf Gerhards lautet, es werde behauptet, daß die Seele wider zu˚ gode ku˚me, also dat si alzemale niet inwerde. Dazu ist Eckharts Predigt 1 ›Intravit Iesus in templum‹ zu vergleichen: Swenne diu seˆle kumet in daz ungemischte lieht, soˆ sleht si in ir nihtes niht soˆ verre von dem geschaffenen ihte in dem nihtes nihte, daz si mit nihte enmac wider komen von ir kraft in ir geschaffen iht. Und got der understaˆt mit sıˆner ungeschaffenheit ir nihtes niht und entheltet die seˆle in sıˆnem ihtes ihte. Diu seˆle haˆt gewaˆget ze nihte ze werdenne.148

143

144 145 146 147 148

Walter Senner, Meister Eckhart in Ko¨ln, in: Meister Eckhart. Lebensstationen – Redesituationen, hg. von Klaus Jacobi, Berlin 1997, S. 207–238, hier S. 225. Pr. 37, DW II, S. 211,1–3. Pr. 3, DW I, S. 57,1–3. DW V, S. 43,19. Pr. 81, DW III, S. 401,3–6.; vgl. ebd., S. 402,1. Pr. 1, DW I, S. 14,2–6.

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Freimut Lo¨ser

Ebenso deutlich sind die Beziehungen zwischen Gerhards Kritik und einer Aussage des Traktats ›Von abegescheidenheit‹, den Kurt Ruh Eckhart zuletzt freilich mit guten Gru¨nden abgesprochen hat: soˆ diu seˆle daˆ zuo kumet, soˆ verliuset si irn namen und ziuhet sie got in sich, daz si an ir selber ze nihte wirt, als diu sunne daz morgenroˆt an sich ziuhet, daz ez ze nihte wirt.149 Auch Meister Gerhard zieht den Sonnen-Vergleich heran, um den Sachverhalt in seinem Sinn ›klarzustellen‹: alleine die sele eweliche in gode gewest si, so is si doch eweliche eine creature gewest, e si got ie geschu˚fhe inde sal also wieder ze gode ku˚men, dat si ein wesen in ir selver eweliche sal behalden. also als de sunnen schin des manis schin in ieme zu˚it inde sines schines niet inwirt berouvet in ieme selvere, also sal got die sele alzemale in sich treckin, also dat si ein lieth inde eine clairheit mit ieme wirt inde wirt doch darumbe ieris wesens niet berouvet.150

Damit bin ich am Ende des Vergleiches. Ich hoffe, daß in der Gesamtheit deutlich geworden ist, daß die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und die Sammlung des ›Paradisus anime intelligentis‹ nicht isoliert zu sehen sind, daß auch die Predigten der Meister Gerhard und Eckhart nicht beziehungslos nebeneinanderstehen, daß es neben Eckhart und den Predigern des ›Paradisus‹ die Predigten der Ko¨lner Sammlung sind, die unsere Aufmerksamkeit verdienen. Insbesondere die erhaltenen Predigten Gerhards verdienen eine Edition und eingehendere Untersuchungen; dies vor allem deshalb, weil sie sich vielf2ltig mit den Predigten Meister Eckharts beru¨hren: im Konsens pseudo-dionysischer Betrachtungsweise, in der Verwendung 2hnlicher Beispiele und Gew2hrsleute, in einigen zentralen Aussagen. Hier u¨berwiegt noch die Gemeinsamkeit dominikanischer Predigt. In der kritischen Distanz zeigt sich aber auch: Es hat in Ko¨ln offenbar nicht nur ›Eckhartisten‹ gegeben. Die Sammlung der ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ spiegeln Auseinandersetzungen unter den deutschen Dominikanern. Die Tatsache, daß kein Prediger in beiden Sammlungen begegnet, erkl2rt sich mo¨glicherweise daraus, daß konkurrierende Gruppen jeweils eine eigene Dokumentation anlegten. In der einen wird Eckharts Werk verschwiegen oder gar unterdru¨ckt und er wird – freilich ohne Namensnennung und nur den ›Insidern‹ erkennbar – angegriffen; in der anderen wird er als prominentester Prediger in den Vordergrund gestellt und durch Texteingriffe des Redaktors ›enth2retisiert‹. Sicher aus Ko¨ln stammen dabei die ›Ko¨lner Klosterpredigten‹.151 Im Vergleich mit ihnen l2ßt sich, denke ich, die Eigenart des ›Paradisus anime intelligentis‹ sch2rfer konturieren. 149

150 151

DW V, S. 428,1–3. An 2hnlichen Stellen aus den (noch) nicht kritisch edierten, teils Eckhart handschriftlich zugeschriebenen Werken ist Pfeiffer Nr. 97, S. 314,20 ff. und Jostes [Anm. 9], S. 60,13 ff. heranzuziehen. Strauch, ›Klosterpredigten‹, S. 44, Exzerpt 11. ¨ berlegung zu einer verschollenen, im mittelalterlichen Auf der Oxforder Tagung habe ich hier kurz eine U Katalog aber genannten Handschrift (D18) der Erfurter Kartause Salvatorberg erstmals vorgetragen. Ihre Bezeichnung lautet: Paradisus anime in vulgari cum quibusdam profundissimis et misticis sermonibus. Ein¨ berlieferungsgemeinschaft des pseudo-Albertspru¨che (insbesondere Nigel F. Palmers), die das als U schen Tugendtraktats ›Paradisus anime‹ mit (cum!) mystischer Predigt deuten, mu¨ssen zur Kenntnis

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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Anhang: Die bisher ungedruckten ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 26 und 38 Meister Gerhards aus zwei neuentdeckten handschriftlichen Zeugnissen152 Meister Gerhard, ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 26 London, Victoria & Albert Museum, cod. 1810–1955, fol. 150va–152rb ›Von libhabunge‹ ›Den myne sele lib hat, czeige dich mir vnd sage mir: wo spisztu myne schaff vnd wo legistu¨ dich nedir an dem mittentage?‹ [Ct 1,7] ›Den myne sele lib hat‹ mit alsus getaner libe, dy da ist ein gnaden riches leben vnd dy da ist ein ho¨ edel ge [150vb]ru¨chte myner sele vnd dy da ist ein genu¨gelich richtum vnd ein schatcz, der nicht vorarmen mag, vnd ist ein licht in dem lichte, vnd ist ein vorsmag vnd ein vindunge der ewigen salde, der wir noch wartende sin, ›den myn sele mit alsus getaner libe lib hat, wise dich mir.‹ Dryerhande wis gebet sich got czu¨ irkennen. Das eyne das ist an der schrift, das ander ist ein geistlich bekentnisz ynwendig an der sele, das dritte ist in der warheit su¨nder falsch vnd su¨nder lydunge vnd su¨nder glichnisz. Das ist wedir dy dry wege, dy¨ ich uch wel sagen: bekenestu¨ got in der schrift, so bekenestu¨ o¨n als ein scheppher vnd ein anegang aller creaturn. Bekennestu¨ o¨n an der sele ynwendig, so bekennestu¨ o¨n an eyner volkomenheit aller creaturn. Bekenstu¨ o¨n an der warheid, nochdan kondes du¨ o¨n nu¨mmer so verre bekennen, es sy mir eyn vnbekentnisz dan ein bekentnisz. Sage mir: Wo mete spisztu, uff das mich der spize [151ra] deste bas geluste, vnd sage mir: wen spisztu¨, das wise, ab ich der schaff ein sy, vnd sage mir: wo spisztu, uf das das ich nicht erre ge uf der weide, vnd sage mir: wo spisztu¨ al, du mynneclicher geist, das mich der erbeit icht vordry¨ze. Wo mete spiszt er? Das ist mit o¨m selbir. Were nu¨ ein herre, der also milde were vnd sine schaff also lib hette, das er sich selbir gebe o¨n czu¨ essen czu¨ eyner spise, vnd dy spise also getan were, das alle gelust vnd alle genu¨gu¨nge daran fu¨nden worde, so were dy glichnisse volkomen. Also tut vnser herre: Er spiszt vns mit o¨m selbir. Das ist war, das er vns spiszt an dem sacramento, das mochte vns cleine helffen, es sy dan also, das er vorbas trete in dy sele vnd sterke sy vnd troste sy vnd spise sy mit o¨m selbir. Dry ding tu¨t deze geistliche spise: Das erste ist, daz sy sament, [151rb] das ander, das sy grosz macht, das dritte, das sy beheldet. Czu¨ dem ersten samment sy dy synne in dy behaldu¨nge, dy synne, dy gespreit syn in manchen stu¨cken, dy besamment sy¨ in dy behaldu¨nge. Da hat sy sy ynne. Dy behaldu¨nge wirt gesamment in dy bescheydenheit. Dy bescheydenheit set das ding an, was es sy vnd worczu¨ es sy vnd was da von komen moge. Deze dry ding hat bescheydenheit an o¨r. Dy besche¯deit [!] wirt gesament in dy vornu¨nft, da begrift sy das anegenge mit dem ende su¨nder vorwart. Dy vornu¨nft wirt gesamment in dy bekentnisz, da wirt sy ein licht mit dem lichte. Dis habe ich uch nicht gesait, darvmme das ir es wiszt, dann darvmme das ir wiszt, das nach vel ist, des ir nicht wiszt. Das ander ist, das dy¨ spise groz macht. Sente Augustinus spricht, das wir gewandelt werden an deze [151va] spise, darvmme tet sy gentczlich vnd gerlich das alde leben, daz sy vind in dir vnd macht dich leben in orme leben. Das dritte, das dy spise behaldet; also das dy spise hat lebende gemacht, also heldet sy dich an erre craft.

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genommen werden. Das 2ndert nichts an der Tatsache, daß die Schreiber der Predigtsammlung ›Paradisus anime intelligentis‹ eine gemeinsame Vorlage gehabt haben mu¨ssen. Meine These in: Freimut Lˆser, Meister Eckhart in Bewegung. Das mittelalterliche Erfurt als Wirkungszentrum der Dominikaner im Licht neuerer Funde, in: Meister Eckhart in Erfurt [Anm. 56], S. 56–74, hier S. 74. Zu den Handschriften: Lˆser, Als ich [Anm. 97] und Ders., Meister Eckhart in Melk [Anm. 44]. Zu beachten ist, daß die Melker Fassung (wie dort fast durchgehend) stark geku¨rzt ist.

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Freimut Lo¨ser

›Sage mir, wen spistu¨?‹: Er sprach in der wisheit buche, das er spise dy cleynen, das sin dy jenen, nach dem das richtum vnd ere vnd gemach uff sy geworfen wirt, dannoch bekennen sy, das alles ein nicht ist, vnd sten alle wege vnd beten der almosen von syner hand, das ist: sine gnade. Das sin werlich dy weisen, dy er spiszt. Dy andern sint dy ienen, dy yn noten vnd in erbeit sin. Vnser herre sprach: ›Komt czu¨ mir, dy in noten vnd in erbeit sin, ich sal u¨ch spisen.‹ Din sele sal begern, das sy gespiszt werde von gote, uf das das sy keyn ander spise noch weide su¨che. Also als das war [151vb] ist, das der lichnam wel syne genu¨ge haben, solde er in hu¨ndirt hellen bo¨rn, also mu¨sz der geist sine genu¨ge haben an gote, adir er sucht sy werlich andirswo. Sanctus Augustinus spricht: ›Herre, des ist lang, das ich ny gesmackte noch begerte lebender spise. Wo von quam das? Das quam mir nicht da von, das ich o¨r czu¨ vel hette, das ich o¨r obirdrosig sy worden. Es quam mir da von, das ich o¨r itel was. Jo man desir spise me hat, jo man o¨r me gert.‹ ›Herre‹, sprach er, ›ich wel dir me wu¨nders sagen: Mir was also eyme, der sich kratczt vnd ru¨ft, vnd o¨m ein grosz smercze da von komt, also habe ich mich geruft an den creaturn vnd ist ein grosz smercze darnach komen‹. Das dritte, dy da gespiszt werden, das [sin] iene, dy da liblich werken to¨gentliche werk, dy sullen vnsern hern beten, das er sy spise, uf das daz sy nicht vorczwifeln vnd uf daz daz [152ra] sy nicht alczu¨ arm sin. Der groszte schade, den ich vinde an guten luten, das ist, das sy vorczwifeln, vnd su¨nder haben gute hoffenu¨nge. Du¨ salt gote vel wol getru¨wen, der dich hat bracht von eyme bosen leben in ein gu¨t leben, das lichte sy dich damete czu¨ behalden; ist das du blibest in dem guten leben, so saltu des hymmilrichs also sicher sin als du¨ bist, das got lebet. Also als got sin selbis nicht vorlou¨ken mag, also mag er dir das hymmilrich nicht vorsagen. Nu¨ mochtis du vragen: Herre, was weis ich, ab ich in eyme guten leben sy? Wan du dich nicht weist in keyn keynwertigen hou¨bt su¨nden, so bistu¨ in gutem leben. Bistu¨ in hou¨bt su¨nden, das du es nicht weist, fugistu ynniclich dich czu¨ gote, antwedir er gebet dir sy czu¨ bekennen adir er gebet sy dir vnbekant. ›Sage mir: wo legistu dich nedir? An dem mittage.‹ Der mittag das ist bekentnisz [152rb] vnd licht der heyligen dryfaldikeit, da alle creaturn in gote rasten vnd got in allen creaturn rast.

Meister Gerhard, ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 26 Melk, Stiftsbibl., cod. 1865, fol. 126va–127ra Wann wer in rechter lieb andaechtichleichen pett, der lat den zw im, dem das gepet zwe geho¨rt. Das ist got, des tempel dy sel ist, dy im puech der lieb spricht: ›Ertzaig dich mir, den mein sel lieb hat.‹ Wann den mein sel lieb hat, der ist ein gnadenreichs leben vnd ein edle speis meiner sel. Er ist auch ein [126vb] genuegsamer reichtumb vnd ein schatz, der nicht mag arm wern. Vnd ist ein liecht im liecht vnd ein su¨ezzer gesmachen vnd ein vinden der ewigen saelichait, des wir noch wartund sein. Wann got geit sich in dreyerlay weis zw erchennen. Das ist in der heiligen geschrifft, vnd in einer inwendigen erchantnus der sel, vnd in der warhait sunder gleichnus der inpildung. Wan wer got in der geschrifft erchennt, der erchennt in einn anvang an anheben vnd einn scheppher aller creatur. Vnd wer in inwendig der sel erchennt, der erchennt in ein volcho¨menhait aller creatur. Vnd wer in in der warhait erchennt, der mag in als vil nymer erchennen, oder es sey dannoch mer ein vnerchantnus dann ein erchennen. Darvmb spricht dy sel der lieb [!] ›Herr, wo speistu deine schaff, das ich an der selben waid nicht irr gee?‹ Da von spricht sand Augenstin: ›Herr, es ist lang, das ich der lemtigen speis nicht gesmekcht han, war vmb geschach es? Wann es cham da von nicht, das ich ir ze vil het, sunder das ich ir ze eitel was. Wann mir was als aim, der sich chratzt, dar aws im hin nach ein grasser smertzen chu¨mbt. Also han ich mich chratzt vnd gerawfft mit den creaturn, dar nach mir ein grasser smertzen cho¨men ist von der misstat meiner schuld.‹ Vnd dar vmb, wer das po¨s verwirfft vnd pleibt in tugenten gueter werch vnd pett [127ra] jm geist der warhait vnd pehu¨ett got den tempel seiner sel vor su¨nten, der sol wissen, das in der gesegent herr, der in dem namen gots her awff erden cho¨men ist vnd sich vns in menschleicher persan ertzaigt hat

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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mit gueten ebenpilden vnd vns den rechten weg zw dem ewigen leben gelernt hat, in von dem tempel seins go¨tleichen ansehens nicht wirt awstreiben. Das verleich vns der selb vnser herr ihesus christus, der mit dem vater vnd mit dem heiligen geist almaechtiger vnd ewiger got ist. Amen.

Meister Gerhard, ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 38 London, Victoria & Albert Museum, cod. L 1810–1955, fol. 144va–146va ›Von dem brutigam‹ ›Mitten an der nacht wart ein geruffte: »Set der brutegam komt, get o¨m czu¨ kein.«‹ [Mt. 25,6] Nymant ist, der das moge wissen, ab er noch y den ersten schret czu¨ gote sy gegan; su¨nder sal er hoffen, der in gutem willen vnd vbu¨nge guter wercke alle czit ist. Czu¨ dem ersten mal saltu v¨s gen von den su¨nden. Czu dem andern mal saltu vs gen von der vngeordenten libe dins selbis. Da lyt an ane vang [144vb] alles gebrechen, wan were sy geordent, du mochtis nvmmer so vel gessen noch getrinken noch geslafen, das du¨ icht su¨ndigetis. Darvmme mochte got ny gesu¨ndigen, wan er an erdischen dingen keyne gnu¨gede hatte. Ordenu¨nge aller dinge, das ist das aller beste, das im hymmilriche adir in ertriche ist. Wiltu dem brutegam nicht czu kein gen, so saltu begern genu¨gede aller vnordenunge.153 Wan wiltu dich hy nicht vorsynne noch dyne gebrechen abe lege, er sal dich hy nach wol besynne: Fugistu dich nicht czu setczen in den hymmel, er fuget dich in der helle grund, da du¨ syne gerechtikeit salt also cziren also sente Peter in dem hymmel. Czu¨ dem dritten mal saltu¨ v¨s gen von boser gewonheit vnd huten alle edilkeit der gedanken, worte vnd werke. Da von spricht Salomon: ›Der des cleyn nicht acht, der vorluszt alle czit‹. Also ein scheiff vol sandes, das nicht ertrinket also schir also ein ge [145ra]laden schyff mit anker steyn, also vorflu¨szt man dicke von boser gewonheit in hou¨btsu¨nde, vnd werden also gewonlich also tegeliche su¨nde. Sanctus Jeronimus spricht: ›Mochtis du¨ alle deze werlt irloze mit eyner tegelichen su¨nde, du¨ soldest o¨r nicht thu¨.‹ Czu¨ dem virden so saltu¨ v¨s gen mit bekentnisse dins selbis. Da von spricht sanctus Augustinus: ›Wan du¨ dir behaist, darvmme missehaistu mir. Missehaistu¨ dir, so behaistu¨ mir. Nach dan sal der tag komen, in dem du mir vnd dir salt behayn, mir czu¨ rache, dir czu¨ pyn‹. Nu¨ worvmme so quam deser brutegam? Su¨meliche spreche: uf das sine boten warhaftig warn fu¨nden adir worden fu¨nden. Dy andern wollen, das er durch der rechten lu¨te gebet queme, wan dem gerechten wirt nicht vorsait. Su¨nder werlich darvmme quam er, das er sine ewige vnsichtige go¨tliche libe mit syner sichtigen menscheit vns offenbarte. Er [145rb] wuste wol, wy vel er vns lib hatte, wir wissens nicht. An allen dingen, dy er vns y gewiszte, da was nicht syner libe, su¨nder es was eyne beczeichnu¨nge siner ewigen libe, dy er vns sal wissen, als wir czu¨ o¨m kome. Ou¨ch quam er durch das, das er vnser menschliche natur voreynte mit syner gotheit vnd dy selbe natur geret vor dy natur obir alle creaturn. Dis ist das hoste, daz du¨ v¨mmer von gote gedenken kanst, adir vmmer mer begern, das din cranke natur ist mit o¨m also ho geho¨t. Wan sanctus Augustinus spricht, das des engels licht nicht vort mochte gan, davon wart din sele geschaffen, dy ku¨me eyn fu¨nken bekentnisz hat wider genu¨gede lichtis der engele. Das ist din ho¨stis, das du ko¨mst czu¨ dem lichte go¨tliches bekentnisz; doch ist das bekentnisz also cleine, das du dy mynste warheit nicht kanst begrife, dy dy engele luttirlich durch schowen. Das ander ist vnser velicheit, das ist erbeit vnd pin, dy nam [145va] er an sich behalbir su¨nden vnd ho¨te dy natur obir alle engele, vnd bist also gehoet mit o¨m, das du nummer machst gedenken nach gewen, das er vmmer edeler creatur geschepphe dan du¨ bist. Ou¨ch quam er uff das, das vnser libhafte synne genu¨gede vnd gebruchunge hetten an sy¨ner menscheit, als vnser sele an der gotheit.154 153 154

vn u¨ber der Zeile nachgetragen. menscheit gestrichen, daru¨ber gotheit.

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Freimut Lo¨ser

Nu¨ pru¨fe ein glichnisse: Bekenestu155 des menschen leben dar an, das er spricht vnd get? Nein. Sunder es sin czeichen des lebens, su¨nder das leben, das in dem menschen ist, das kanstu nicht gesen. Also saltu¨ in dem hymmele bekennen dy gotheit. Sich, das kanstu noch engel nvmmer bekennen. Hy von spricht sanctus Augustinus: ›Wir sullen ingen mit der sele in dy gotheit vnd mit den libhafte synnen in dy menscheit vnd sullen guten smak vnd weide vinden.‹ Nu¨ ist gesait, wy vnd warvmme der brutegam sy komen, su¨nder dis hilft dir alles nicht, [145vb] du¨ flizest dich dann, das du¨ ko¨mest da du¨ oen vindest. Got der komt nvmmer czu¨ dir, wan er stet stete an siner gotheit, dy nvmmer sich hoet noch neiget. Nu¨ merke, wy got geho¨t ist in der wirdikeit vnd in der ere obir alle wirdikeit der engele. Nem marien also ho¨, das sy nummer moge czu¨ o¨m gereichen, also saltu gedenken in dyner betrachtu¨nge: nicht das er setcze in keyner ho¨ obir alle engele vnd creaturn, su¨nder in also hocher wirdekeit, czu¨ der kein creatur gereichen kan. Noch er boueget sich nvmmer czu keyner creatur; mochte er das gethu¨n, so were er nicht got. Darvmme, also vel, also du dich ho¨st mit togende in syne gotliche wirdikeit obir dyne menschliche krangheit, also vel bistu¨ o¨m neher. Nu¨mmer komes du¨ da, du¨ en vindest an dir sin dan dry¨ ding, dy an o¨m sint: Das erste ist lutter reynikeit. Ich sage nicht von der libhaften reynikeit. [146ra] Wann wer eyne su¨nde tu¨t, der hat got vorkebist. Das ist go¨tliche reynikeit, das du¨ nu¨mmer gedenkes keiner flecke, keiner su¨nde. Hyvon spricht konig David: ›Sy sullen gen von der gu¨te in dy gu¨te‹, nicht das du stigis von der gedult czu¨ der demu¨tikeit, von der demu¨tikeit czu¨ der libe, su¨nder das ist dy rechte glose: ab du¨ reyne bist, das du dich fliszes, das du¨ morne czu¨ groser reynikeit komest, vnd also vort stiges von tage czu¨ tage, bis bis [!] du¨ begrifes dy ho¨ste reynikeit, so bistu o¨m aller glichst. Manch schiff lyt czu¨ kolne, das su¨meliche nu¨mmer darin komen, ettislich blibet vndir wilen verre uf czen mile gelein. Also manchen su¨nderlichen grad hat dy reynikeit mit deme, das eyne dy andern obir get. Hir in alle disser werlde machstu nicht czwey¨ menschen vinden, dy deze reynikeit haben glich; das sin dy stule, von den man leszt, dy in dem hymmele sin, das der eyne neher sy gote dan der ander, [146rb] der mit groser reynikeit den andern obir get. Nu¨ mochtestu sprechen: ›sal ich alle czit an eyme strite sin?‹ Ja. Nummer sal dir gnu¨gen in desem leben, du komes uff also grosze reynikeit, mit der du dich oem aller meist glichen mochst. Vnd also vel nehet sich got dir, recht als das land, das stete stet, vnd das schiff czu¨ o¨m geczogen wirt, also stet got stille in syner gotheit. Su¨nder wiltu¨ czu¨ o¨m komen, so saltu dich mit deser reynikeit czu¨ o¨m czyen. Das ander ist sin go¨tliche wisheit, mit der alle ding wil ordinen vnd berichten mit naturlichem vorstentnisz, wan das truget dicke dich, als du gut vnd vbil wild vndirscheiden, was es von o¨m selbir sy, ist es von natur vnstete, darvmme saltu¨ din essen, din trinken, din slaffen, din wachen ordinen noch siner gerechtikeit, das volbrengende sint mit geloueben vnd mit go¨tlichen togenden. Das dritte ist flizende mildikeit obir alle creatur mit libhaben. Also saltu¨ uff o¨n mit aller mildikeit dins [146va] herczen vorfliszen sin, das du o¨n lib habes obir alle creatur vnd was du lib hast, das du¨ es wider ordinst czu¨ o¨m vnd dich selber durch o¨n, das du¨ an dem gemache dins libes nicht suchst dan din notdorfft vnd alleine gotis.

Meister Gerhard, ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ Nr. 38 Melk, Stiftsbibl., cod. 705, fol. 299vb–300va Dar vmb hebt awff ewer hawbt vnd merkcht als geschriben stet Matthei xxvo: ›Zw mitter nacht ward ein geschray: Nembt war, der prewtigan chu¨mbt, get im enkegen‹. Es mag nyembt gwissen, ob er noch den ersten trit recht zw got ye kangen sey. Dar vmb sol man des ersten aws gen von su¨nten vnd von vngearnter lieb vnd sein selbs, an dem [300ra] der anvang aller prechen leit. wann wer der sel prewtigan taegleich mit tugenten nicht enkegen chu¨mbt vnd sich versawmbt ab zelegen sein prechen, den wirt er fu¨ern in der hell grunt, da er sein 155

Vor Bekenestu: bekentne gestrichen.

›Ko¨lner Klosterpredigten‹ und ›Paradisus anime intelligentis‹

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grechtichait als wol vinden wirt als sand Peter im himmel. Dar vmb sol man aws gen von po¨ser gwanhait vnd sol gedankchen, wart vnd werch in huet haben. Wann wer chlainer ding nicht achtt, der chu¨mbt dar nach in po¨se gewanhait. Dar vmb sol man aws gen mit erchantnus sein selbs missuallen. wann der prewtigan ist darvmb cho¨men, das sein poten warhaft funden wurden vnd durch der grechten pet willen vnd sunder dar vmb, das er vns sein vnsichtige go¨tleiche lieb mit seiner menschait offenbart. Er cham auch dar vmb, das er vnser menschleiche natur veraint mit seiner go¨tleichen natur vnd also von aller creatur geert wurd. Da von sand Augenstin spricht: ›Das ist vnser aller ho¨chsts, das wir cho¨men zw dem liecht go¨tleicher erchantnus.‹ Vnd dy erchantnus ist dannoch als chlain, das wir dy mynnist warhait nicht pegreiffen mu¨gen, dy yetzund dy engel lawter peschawn. Das ander ist, das christus der prewtigan arbait vnd pein an su¨nt an sich nam vnd erhueb dy natur v¨ber all engel. Vnd also ist vnser natur mit im erho¨cht warn, das wir nicht gedenkchen du¨rffen, das er chain edlere [300rb] creatur peschaff dann wir sein. Er ist auch dar vmb cho¨men, das vnser leipleich synn ein genuegs prawchen hieten an seiner menschait als vnser sel an seiner gothait hat. Wann wir erchennen des menschen leben an dem nicht, so er spricht ›vnd get im enkegen‹ [!], sunder es ist ein tzaihen des lebens. Wann als das leben im menschen nicht gesehen wirt, also su¨llen wir auch dy gothait versten, der wir weder sehen noch erchennen mu¨gen. Dar awff spricht sand Augenstin: ›Wir su¨llen mit der sel in dy gothait gen vnd su¨llen mit des leibs synn aws gen in die menschait Ihesu Christi.‹ Vnd wie wol wir nw wissen, war vmb der sel prewtigan cho¨men ist, das hilfft vns nichts, wir haben dann fleis da hin ze cho¨men, da wir in vnwandelpaern vinden in seim go¨tleichen wesen, da er v¨ber alle wirdichait der engel vnd aller heiligen also erho¨cht ist, das chain creatur zw im geraihen mag. Wann mo¨cht er sich zw der creatur verpinten, so waer er nicht got. Dar vmb als vil wir vns mit tugenten in sein go¨tleiche wirdichait erho¨hen v¨ber vnser menschleiche chrankchait, als vil sey wir im nahenter. Dar vmb su¨llen wir tuen als Dauid spricht: ›Sy gen von tugenten zw tugenten‹. Als ob er spraech: Wer rain ist, der sol so¨lhen fleis haben, das er alle tag ettwas zw gro¨sserer rainchait cho¨men mu¨g, vntz das er dy war rainchait pegreiff, mit der man im am nahentisten cho¨m. Wann dy war rainchait hat manigen [300va] grad, der ainer ho¨her ist dann der ander. Als im himel ain heilig mit seiner rainchait got naehenter ist dann der ander. Dar vmb sol der mensch albeg in eim streit sten vnd sol nymer ein genu¨egen haben in disem leben, er cho¨m dann awff grasse rainchait, in der sich got zw im fu¨eg als das scheff zw lant sich fu¨egen tuet.

Handschriftenregister

Siglen der Handschriften, die deutsche Werke Meister Eckharts enthalten, nach www.eckhart.de (Zusammenstellung durch Wolfgang Triebel, Meister Eckhart 1260–1328, unter Quellen/ Textzeugen/Textzeugen, abgerufen am 3. Mai 2009); www.meister-eckhart-gesellschaft.de/HssDW.htm (Zusammenstellung durch Wolfgang Klimanek, abgerufen am 3. Mai 2009). Augsburg, Universit2tsbibliothek Cod. III.1.4Z 29 (= Mai8) 202, 205–206, 209–211 Cod. III.1.4Z 41 (= Mai4) 201–206, 208–209, 217–218 ¨ ffentliche Bibliothek der Universit2t Basel, O B VI 8 89 B VII 11 89 B VIII 16 89 B IX 6 90, 111–113 B X 6 83, 90, 112–113 B X1 10 (= Ba1) 86, 204 Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Ms. germ. 4Z 1079 (= B10) 246, 248–250, 252, 254 Ms. germ. 4Z 1084 (= B6) 44, 46, 152, 160, 175 Ms. germ. 8Z 4 (= B7) 44, 46–47, 141, 152, 175 Ms. germ. 8Z 12 (= B1) 44 Cologny–Genf, Bibliotheca Bodmeriana Cod. Bodmer 59 (= Bra3) 151, 179 Darmstadt, Hessisches Staatsarchiv Urkk. Rheinhessen, Mainz Stadt Nr. 147 93 Einsiedeln, Stiftsbibliothek Cod. 277 (= E1) 178, 242–243 Cod. 278 (= E2) 144 Gaesdonck, Bibliothek des Bischo¨flichen Gymnasiums Collegium Augustinianum Cod. 16 (= Ga) 151 Gotha, Forschungsbibliothek Memb. II 20 100

Hamburg, Staats- und Universit2tsbibliothek Cod. theol. 2057 (= H2) 17, 25, 27, 29, 32, 48, 52, 71–73, 76–78, 85–86, 90, 95–97, 101, 126 (Abb. 5), 128 (Abb. 7), 130 (Abb. 9), 133, 141, 153, 155, 177–178, 201–203, 207–208, 227, 248–250 Cod. theol. 2205 227, 247–248, 250, 252 Heidelberg, Universit2tsbibliothek Cod. Pal. germ. 114 22 Innsbruck, Universit2ts- und Landesbibliothek Ink. 175 / 8 B (Pergamentstreifen im Einband) 21 Kassel, Universit2tsbibliothek, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek 4Z Ms. theol. 11–12 (= K1a/b) 32, 39–42, 45–46, 51, 74, 141–142, 152 4Z Ms. theol. 94 (= K2) 26 Leipzig, Universit2tsbibliothek Ms. 1180 109 Ms. 1209 109 London, British Library Arundel MS. 214 86 London, University College MS. Germ. 11 (= Lo1) 44 London, Victoria & Albert Museum L 1810–1955 (= Lo4) 40, 42, 44, 47, 49, 72, 141–142, 148, 151–152, 155–157, 163, 247–248, 251, 253, 259, 261 Maastricht, Stadsarchief en -bibliotheek Ms. 479 (= Nu) 249–250

266 Mainz, Stadtarchiv Best. 13, Nr. 263 88 Mainz, Stadtbibliothek Hs I 48 90, 92–94, 110–113 Hs I 128 88 Hs I 173 94 Hs I 221 (= Mz1) 86–89 105, 109 Hs I 576 83 Hs I 577 83 Maria Stein, s. u. Solothurn, Zentralbibliothek Melk, Stiftsbibliothek Cod. 705 (371; G 33) (= Me2) 44, 47, 146, 152, 202–203, 206, 211–212, 247, 249–250, 262 Cod. 1569 (615; L 27) (= Me3) 47, 202–203, 206, 211–212 Cod. 1865 (586; L5) (= Me1) 44, 47, 206, 211, 247–248, 260 Siehe auch im Personen-, Orts- und Werkregister unter dem Stichwort ›Melk‹ Mu¨nchen, Bayerische Staatsbibliothek Cgm 214 (= M9) 204 Mu¨nchen, Universit2tsbibliothek 4Z Cod. ms. 479 (= M36) 202, 205–206, 209–211 8Z Cod. ms. 279 (= M35) 202, 205–206, 209–211 Nu¨rnberg, Stadtbibliothek Cent. IV, 40 (= N1) 44, 47, 159–160, 201–203, 207, 209, 212, 218–219, 242–243, 247 Cent. VI, 46h (= N2) 201–205, 208–209, 217–218 Cent. VI, 55 (= N4) 32, 40–42, 45–46, 49–51, 114, 141 Cent. VII, 79 203 Oxford, Bodleian Library MS. Laud Misc. 117 79 MS. Laud Misc. 181 90

Handschriftenregister MS. Laud Misc. 222 67 MS. Laud Misc. 283 114 MS. Laud Misc. 443 80–81 MS. Laud Misc. 479 (= O) 17, 25–29, 32, 44, 48, 69–122, 123 (Abb. 1), 125 (Abb. 4), 127 (Abb. 6), 129 (Abb. 8), 131 (Abb. 3), 133, 141, 153, 155, 178, 201–202, 207–208, 242, 248–250 MS. Laud Misc. 492 83 MS. Laud Misc. 521 80–82 MS. Laud Misc. 741 80 Library Records b. 903 78, 80, 82 Library Records d. 1054 80, 82 Library Records e. 641 80, 82 Library Records e. 644 80, 82 Oxford University Archives, NEP/Supra/ Register R 80 Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter, Bibliothek Cod. b IV 19 (= S8) 202, 206, 209–211 St. Florian, Stiftsbibliothek Cod. XI 123 (= Fl) 45 Solothurn, Zentralbibliothek Cod. S 353 (heute Maria Stein, bei Basel) 23–25, 51, 115–116 Straßburg, Bibliothe`que nationale et universitaire Ms. 2715 (all. 618) (= Str2) 151, 204 Stuttgart, Wu¨rttembergische Landesbibliothek Cod. theol. et philos. 4Z 88 (= St6) 32, 74, 114 Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek Cod. Quart. 38 109 ¨ sterreichische Nationalbibliothek Wien, O Cod. 2728 (= W2) 28, 45 Wolfenbu¨ttel, Herzog August Bibliothek Cod. Guelf. 1066 Helmst. (= Wo1) 42, 44 Zu¨rich, Zentralbibliothek Cod. Car. C 98 22, 116, 120

Personen-, Orts- und Werkregister

Adam 8–9 Lgidius von Assisi 91 Albertus Magnus 3–5, 7, 12, 90, 94, 112–113, 167, 228, 232–234, 236–237, 240–241, 245, 248–249, 251 Ps.-Albertus Magnus, ›Paradisus animae‹ 40, 76 Albrecht von Treffurt 17, 24, 26, 29, 58, 60, 73–74, 119, 121, 163, 233, 239 Ambrosius 6 Andernach-Namedy 95 Anselm von Canterbury 79 ›Proslogion‹ 169 Aristoteles 14, 85, 140, 189, 214, 217, 219 Arnoldi, Heinrich 83 Arundel, s. u. Howard, Thomas Aschaffenburg 97 Augsburg 95, 204 Augustinus 1, 6–7, 14, 92, 150, 161–162, 165, 167, 169, 172, 179–180, 253 ›Confessiones‹ 159 ›De quantitate animae‹ 111–112 ›De spiritu et anima‹ 174 ›Quaestiones XVII in Matthaeum‹ 112 Avicenna 167 Avignon 235 Babenhausen, Philipp 44 Bad Kreuznach, s. u. St. Katharinen Badger, Richard 98 Barfu¨ßer-Lesemeister 2, 17, 24, 26, 29, 61, 72, 74, 85, 122, 166, 232, 238 Basel 28, 69 Dominikanerkloster 28, 90 Kartause 84, 86, 88–89, 91 St. Maria Magdalena an den Steinen 51 Basler Taulerdruck (BT) 151, 160 Bernhard von Clairvaux 92 ›De consideratione‹ 111

›De diligendo Deo‹ 167, 215 ›Sermones super Cantica Canticorum‹ 215 Ps.-Bernhard, ›Octo gradus quibus viri contemplativi ascendunt‹ 111 Berthold von Moosburg 3–4, 13–14 Berthold von Regensburg, ›Von den Zeichen der Messe‹ 82 Bethlehem 184 Boethius 189, 196 Bonaventura, ›Soliloquium‹ 76, 90 Ps.-Bonaventura, s. u. ›Stimulus amoris‹ Bulle ›In agro dominico‹ 135, 145, 160, 255 Buxheim 84, 151 Christan van der Lu˚ven 232 Clairvaux 94 Cleingedank, Ko¨lner Familie 229 Colmar 95 Comitis, Gerhard 218 Conrad von Trebensee 232 David von Augsburg 172 ›De contemplatione‹ 90, 111 ›De doctrina cordis‹, s. u. Gerardus Leodiensis ›De gloria animae et corporis et gaudiis coelestibus‹ 112 ›De spiritu et anima‹, s. u. Augustinus ›De triplici visione corporali‹ 112 Dell, William 79 Den Haag 81 Dietrich von Freiberg 5, 14, 66, 138–139, 176, 235 Ps.-Dionysius Areopagita 2–7, 10, 13–15, 91, 121, 147, 162, 167, 181, 213, 241, 254 ›Dionysius sprichet‹ (Par. an. 56) 17, 25–26, 40–41, 60, 205 Dominikus 235

268 Eberbach 81 Meister Eckhart 1–15, 17–22, 25–26, 28–32, 35, 37, 40–45, 47, 51–65, 67, 69–72, 75–77, 85, 87–88, 101, 114–122, 133–182, 199, 204, 206, 208, 213, 217–218, 228, 230–231, 233–234, 237–244, 246–248, 250–258 ›Buch der go¨ttlichen Tro¨stung‹ 29, 256 Kommentar zum Johannesevangelium 146 ›Liber parabolarum Genesis‹ 64–67 ›Pariser Quaestionen‹ 145, 169, 172 ›Rede der underscheidunge‹ 150, 233, 254–255 Sermo VI ›Deus caritas est‹ 170 Sermo XXIX ›Deus unus est‹ 145 Sermo LIV,2 ›Implevit eum dominus‹ 166 ›Sermo paschalis‹ 7, 228 (zugeschr.) ›Von abegescheidenheit‹ 258 (zugeschr.) ›Traktat von den 24 Zeichen‹, s. u. ›Diu zeichen eines waˆrhaften grundes‹ Eckhart von Gru¨ndig, ›Von der wirkenden und mo¨glichen Vernunft‹, s. u. ›Traktat von der Seligkeit‹ Eltville 82 Engelbrecht (Engelberti), Ulrich, von Straßburg 227, 233–236, 240–241, 254 Bruder Erbe 17, 25–26, 29, 54, 74, 116 Erfurt 26–28, 30–31, 66–67, 69–71, 74, 101, 134–135, 141, 147, 150, 181, 231, 238–239, 246 Dominikanerkloster 30, 70, 75, 97 Kartause Salvatorberg 40, 258 –, Bibliothekskatalog 75 Studium generale des Dominikanerordens 73 Eriugena, Johannes Scotus 6 Eselweck, Friedrich 88–89 Eselweck, Johannes 88 Eselweck, Petrus 88 ›Exempel vom versilberten Kupferpfennig‹ 20, 120 Kaiser Ferdinand I. 82 Florentius von Utrecht 2, 6–10, 12, 17, 23, 26, 29, 40, 43, 53, 56, 61, 73, 77, 101, 115, 118, 122, 168, 186, 192, 194, 239, 245, 247

Personen-, Orts- und Werkregister Franco, Johannes, s. u. Franke (Franco), Johannes Franco von Ko¨ln, Musiktheoretiker 231 Franke (Franco), Johannes 2, 5–7, 9–10, 12, 17, 23, 26, 29, 53–57, 73, 115, 117–119, 162, 204, 231, 237, 239, 241 Frankfurt a. M. 69, 72, 78, 81, 96, 102–104, 106–107, 109 Deutschordenskommende Sachsenhausen 95–96 Dominikanerkloster 97 St. Katharina (Deutschordensschwestern) 95–96, 107 ›Der Frankfurter‹ (›Theologia deutsch‹) 96 ›Frankfurter Dirigierrolle‹ 107 ›Frankfurter Passionsspiel‹ 103–104, 107 Franziskaner, anonymer, s. u. Barfu¨ßer-Lesemeister Frauenlob 186 Freiburg i. Br. 95 Friedberg 102 Dominikanerinnen 97 Fulzo de Longa Curia (ad Gradus) 92–93 Gau-Algesheim 107 ›Geistbuch‹ 205, 218 Geldern, Kloster Nazareth 227, 246, 248 Gelnhausen 97 Gerardus Leodiensis, ›De doctrina cordis‹ 83, 90, 92–95, 112–113 Gerhard, Meister 228, 232, 235–237, 241, 244, 246–247, 251–263 Gerhard von Minden 235 Gerhard von Sterngassen 235 Gertrud von Helfta, ›Legatus divinae pietatis‹ 239 Meister Giraldus, Coloniensis 235 Giselher von Slatheim 7, 11, 17, 22–23, 26, 29, 54, 56, 58, 62–63, 65, 69, 74–75, 116, 118–119, 129–130 (Abb. 8–9), 162–163, 183–199, 231, 237–239, 245 Gnadenberg 204 Godefridus de Kelse 235–237 Godefridus dictus Niger 230 Gonsalvus Hispanus 145, 150, 169 Gregor der Große, Ezechielkommentar 90, 113 Gregor von Nyssa 6 Greifswalder Protokoll u¨ber die Sekte vom Freien Geist 257

Personen-, Orts- und Werkregister Gu¨terstein 84 Guido, s. u. Wydo Guigo du Pont 94 ›Gute Klosterlehre‹ 252 Hamburger Stadtbibliothek 76, 95 Hanau 102 Hane, Johannes, Dominikanerprior 73 Hane der Karmelit 2, 6–8, 10, 17, 23, 26, 29, 40–41, 43, 53, 56, 60, 73–75, 77, 115, 118, 121, 165, 168, 201–225, 238, 247 Hartwig (Hartung) von Erfurt, ›Postille‹ 23, 47, 75–77, 86, 115, 117–119, 158 ›Der Heiligen Leben‹ 80 Heinrich von Herford 235 Heinrich von Ko¨ln, s. u. Henricus de Cervo Heinrich von Lo¨wen, Verfasser der sog. ›Ko¨lner Predigt‹ 230–231 Heinrich von Mu¨geln 186–188 Heinrich der Teichner 234 Heinricus de Hanna 201 Helwic von Germar 6, 11, 17, 24, 26, 29, 58, 60, 62–63, 66, 73–74, 120–121, 239 Henricus de Calstris 230 Henricus de Cervo 230 Henricus de Sanctis Virginibus 230 Hermann von Fritzlar, ›Heiligenleben‹ 22, 75–76, 86, 118 Hermann von Loveia 5, 7, 9, 12, 17, 24, 26, 29, 40–41, 43, 51, 54–55, 58, 62–63, 74, 116–117, 119, 168, 239, 253 Hientins, Gerardus, de Antverpia 235 Hohes Lied 162 Howard, Thomas, Earl von Arundel 81 Bruder Hugo 229 Hugo von Balma, ›Theologia mystica‹ 89–90, 94, 95 Hugo Ripelin, ›Compendium theologicae veritatis‹ 90 ›Compendium theologicae veritatis‹, dt. 80, 82, 84 Hugo von St. Cher 94 Hugo von St. Viktor 253 ›Didascalicon‹ 47, 168 Hugo von Trimberg 234 ›Illumina oculos meos‹ (Par. an. 56), s. u. ›Dionysius sprichet‹ Isidor von Sevilla, ›Etymologiae‹ 64

269 Jan van Ruusbroec, ›Dat boec vanden twaelf dogheden‹ 203 ›Jenaer Martyrologium‹ 106 Jeremias 1 Jerusalem 183, 188 frater Johannes de …, Verfasser der ›Ko¨lner Predigt‹ Nr. 9 231 Johannes de Dur[en], Frater 231 Johannes von Sterngassen 218, 231 Johannes der T2ufer 236 Kamp, Tertiarinnen 228 St. Katharinen 72, 78, 95 Kels 323 Kirstian, Bruder 232, 236, 241 Koblenz 107 Ko¨ln 31, 44, 67, 69–70, 72, 74, 78, 84, 107, 135, 147, 202, 204, 207, 229–233, 235, 238–239, 246, 258, 262 Augustiner-Eremiten 229 Dominikanerkloster 234 St. Gertrud (Dominikanerinnen) 227, 229, 241 St. Ursula 230 ›Ko¨lner Klosterpredigten‹ 44, 227–263 Komburg 74, 78 Kraft von Boyberg 122 Krauß, Paulus 202 Landshut 205 Laud, William 78–82, 98, 125 (Abb. 4) Leipzig (Lipzia) 239 ›Liber de causis‹ 167 Linz 82 London British Museum (British Library) 81–82 Lambeth Palace 79 Lu¨ttich 94 Magdeburg 239 Magdeburger Rechtsbu¨cher 80 Maihingen 204 Mainz 69, 72, 81, 82, 86, 88–90, 95, 97, 103–107 Kartause 78, 81–94, 97–98, 100, 105, 109, 202 –, Bibliothekskataloge 83 St. Maria ad gradus (Liebfrauenkirche) 93 Stadtbibliothek 82

270 Marburg 97 Maria 10, 186–187 ›Marienpredigt Maria optimam partem‹ 90, 113 Marienpredigten 236 Marquard von Lindau 88, 218 ›Evangelienbuch des Matthias von Beheim‹ 106 Maximus Confessor 6 Melk 28, 42, 44–45, 47, 136, 142, 151, 155–157, 163, 202–203, 247, 249, 251, 259 Meyer, Johannes, ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ 230, 235 Mu¨nzenberg 97 Namedy, s. u. Andernach-Namedy Nazareth, s. u. Geldern Newmerin, Margret 205 Niger, s. u. Godefridus Nigri, Johannes 230 Niklasin, Kunigun 203 Nikolaus von Dinkelsbu¨hl 45, 206 Nikolaus-von-Dinkelsbu¨hl-Redaktor 206 Nikolaus von Kues 14 Nikolaus von Landau, ›Sermones novi‹ 39–42, 44, 46–47, 49, 51, 72, 74–78, 85, 97, 114–122, 141–142, 149,–150, 152–155, 158, 162, 165–166, 175–176, 178, 249 Nivelles 94 Arche Noah 162 Nu¨rnberg 82, 84, 95, 204–205 St. Katharina (Dominikanerinnen) 201, 203–204, 218 Origenes 6 Otterberg 74, 78, 141 Otto von Passau, ›Die 24 Alten‹ 96 Oxford, Bodleian Library 78–82, 99 ›Paradisus animae‹, s. u. Ps.-Albertus Magnus ›Paradisus anime intelligentis‹ (Titel) 29, 50, 64 Paris 4, 147, 150, 158, 231, 235, 240 St. Viktor 91 Paulus 4, 150, 165, 177, 180 Petrus Lombardus 155, 183 Peuger, Lienhart 45, 136, 142, 146, 148, 151–152, 156, 202–203, 206, 211, 247

Personen-, Orts- und Werkregister Piccardi, Johannes, de Lichtenberg 231 Plato 214, 217, 219 Plotin 3 Proclus 3, 14 Regenboden, Hen. 80 Regensburg 232 Reginald von Priverno 185 Richard von St. Viktor 92, 95, 253 ›Benjamin major‹ 90, 93, 113 ›De quatuor gradibus violentae caritatis‹ 90, 93, 113 Rochenberg 97 Rode, Ko¨lner Familie 229 Rube, Eckhart 6–7, 10–12, 17, 22, 26, 29, 54, 56–58, 61, 73–74, 101, 116–118, 120, 122, 127–128 (Abb. 7–7), 186, 237–239, 241 Rufus, Ko¨lner Familie 229 Rufus, Prior 229, 236–237, 241 Rufus, Hermannus 229 Sachsenhausen, s. u. Frankfurt a. M., Deutschordenskommende Salomon 6 Salzburg, St. Peter (Benediktiner) 202 St. Gallen 95 ›St. Georgener Predigten‹ 5, 86 St. Katharinen (bei Bad Kreuznach) 95 ›St. Pauler Evangelienreimwerk‹ 96 Schnals 84 Scho¨nau 74, 78 Schwartze vom Hirtz, Ko¨lner Familie 230 ›Schweizer Predigten‹ 5 Schwernberg 95 Seligenstadt 97 Seuse, Heinrich, ›Horologium sapientiae‹ 76 Siegfried (Sifrid) von Westerburg, Erzbischof von Ko¨ln 232 Sprimunder, Christianus 232 ›Stimulus amoris‹ 90 Straßburg 28, 44, 69, 78, 84, 95 Tauler, Johannes 3–4, 14, 96 s. u. Basler Taulerdruck (BT) ›Theologia deutsch‹, s. u. ›Der Frankfurter‹ Thomas Gallus, ›De septem gradibus contemplationis‹ 90–92, 94–95, 110, 131 (Abb. 3)

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Personen-, Orts- und Werkregister Thomas von Apolda 9, 10, 17, 25–26, 29, 54, 74, 115, 185, 199, 238 Thomas von Aquin 3, 5, 11–12, 91, 139, 184–186, 188–191, 193–197, 245 Toulouse 204 ›Traktat von der Minne‹ 205, 218 ›Traktat von den 24 Zeichen‹, s. u. ›Diu zeichen eines waˆrhaften grundes‹ ›Traktat von der Seligkeit‹ 139, 218 Trier 95 Kartause 88 Uffenbach, Zacharias Conrad von 95, 228 Ulm 204 Ulrich von Straßburg, s. u. Engelbrecht, Ulrich, von Straßburg ˚ lricus provincialis 232–233 frater U Utrecht 232 Kartause 84, 95

Vlagge, Franco 231 Vogele, Johannes 202 Volradi, Jakob 40, 76 ¨ berschall‹ 86 ›Von dem U ›Von der Edelkeit der Seele‹ 205, 218 ›Von der seˆle werdikeit und eigenschaft‹ 206, 211 ›Von Gelassenheit‹ 206, 209–210, 218 Weißenburg 230 Prior de wizenburg 229 Wilhelm von St. Thierry 92, 111 Wolf, Johann Christian 95, 228 Wu¨rzburg 81–82, 100 Wydo Cartusiensis 112 ›Diu zeichen eines waˆrhaften grundes‹ (›Traktat von den 24 Zeichen‹) 206, 209–210, 218 ›Zweierlei-Wege-Traktat‹ (Johannes Franke von Ko¨ln zugeschrieben) 231