NS-Raubkunst vor amerikanischen Gerichten: Aktuelle Entwicklungen der "restitution litigation" in den USA 9783161599712, 9783161599842, 3161599713

Die Restitution von Kunstwerken, die ihren Eigentümern während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg abhandengekommen sin

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German Pages 274 [275] Year 2020

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
§ 1 Einleitung
I. The last prisoners of war
II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts
1. Vineberg v. Bissonnette
2. Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc
III. Gang und Ziel der Darstellung
§ 2 Ein kurzer Überblick über das aktuelle Restitutionsrecht in Deutschland
I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg
1. Die alliierten Restitutionsgesetze
2. Neuere Entwicklungen
3. „Goldregen, Calla und Iris“ von Hermann Max Pechstein
II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen
III. Ergebnis
§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution von Lost Art als „unfinished business“
I. Restitutionsbemühungen während des Zweiten Weltkriegs
II. Das Konzept der external restitution nach Ende des Zweiten Weltkriegs
III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt
1. Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon
2. Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador
3. Estate of Riven Flamenbaum
IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution von NS-Raubkunst
V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers zur Restitution von NS-Raubkunst
1. Erste legislative Maßnahmen
2. Der Erlass des HEAR Act
3. Wissenschaftliche Aufarbeitung
VI. Ergebnis
§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort für Restitutionsklagen
I. No good faith purchaser can obtain good title
1. Grundsatz
a) „Theft“ und „stolen“
b) Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet
2. Keine Mobiliarersitzung
a) Squatter’s rights bei Mobilien?
b) Ausnahme: Dunbar v. Seger-Thomschitz
3. Bedeutung für Raubkunstfälle
II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln
III. Gerichtsstand und FSIA
IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren in den USA
1. United States v. Portrait of Wally
2. Anwendung von civil forfeiture actions bei Restitutionsstreitigkeiten
a) U.S. v. One Tintoretto Painting
b) U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso
c) U.S. v. One Painting entitled ‘Winter’ aka ‘Skaters’ aka ‘Snow’
d) Weitere Fälle
3. Der Schutz des internationalen Kulturgüterverkehrs durch anti seizure acts
4. Bewertung
V. Besonderheiten des US-Prozessrechts
1. Frenk v. Salomon
2. Matter of Peters v. Sotheby’s Inc
VI. Die Bedeutung der restitution litigation für die außergerichtliche Streitbeilegung
1. Goodman v. Searle
2. Meyer v. University of Oklahoma Board of Regents
3. Weitere Verfahren
VII. Ergebnis
§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity
I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten
1. Grundsätze der personal jurisdiction
a) Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. et al
b) Federal oder State Courts?
c) Venue
2. In rem jurisdiction
3. Einfluss der forum non conveniens-Doktrin
a) Grundsatz: Altmann v. Austria
b) Estate of Kainer et al. v. UBS AG et al
II. State immunity und verwandte Fragen
1. Grundzüge der state immunity in den USA
a) Kodifikation im FSIA
b) Rückwirkende Anwendung des FSIA: Altmann v. Austria
2. Die commercial activity exception
a) Grundsatz: commercial activity in den USA
b) Erfordernis des direct effect bei einer commercial activity im Ausland
3. Die expropriation exception
a) Property taken in violation of international law: Simon v. Hungary
b) Act of a sovereign
aa) Orkin v. Swiss Confederation
bb) Williams v. National Gallery, London
cc) Hulton v. Bayerische Staatsgemäldesammlungen
c) Belegenheit des Kunstgegenstands oder commercial activity in den USA
d) Neuere Entwicklungen bei der expropriation exception
aa) Philipp v. Federal Republic of Germany
bb) De Csepel et al. v. Republic of Hungary
4. Weitere Einwände
a) Kein Zuständigkeitsausschluss durch binationale Vereinbarungen
b) International comity?
c) Kein exhaustion requirement unter dem FSIA
d) Schutz der Museumsindustrie
5. Bewertung
III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit von Urteilen unter dem FSIA
1. Vollstreckung in den USA
2. Vollstreckung in Deutschland?
3. Bewertung
IV. Ergebnis
§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht
I. Prämissen des US-Restitutionsrechts
1. Anspruchsgrundlagen
a) Replevin actions
b) Action of detinue/action of trover
c) Weitere Anspruchsgrundlagen
d) Darlegungs- und Beweislast
2. Anzuwendendes Recht
a) Der Rechtswahl unterfallende Aspekte
b) Mögliche choice of law-Regeln
aa) Lex loci des Eigentumstransfers
bb) Rechtsprechungsänderung in Bakalar v. Vavra
cc) Der most significant contact-Test
(1) Abwägungsmaßstäbe
(2) Die Bedeutung rechtspolitischer Erwägungen
(3) Folgen für die Rechtswahl
(4) Ausnahme bei fehlenden minimum contacts
c) Besonderheiten bei Klagen gegen ausländische Staaten und agencies oder instrumentalities
d) Bewertung
II. Die Bedeutung der act of state doctrine
1. Entstehung der act of state doctrine
2. Wirkung in Restitutionsverfahren
3. Ausnahmen zur act of state doctrine
a) Die Bernstein exception
b) Die treaty exception
4. Anwendung in Restitutionsfällen
a) Handeln der NS-Regierung oder Verbündeter
b) Handeln anderer Staaten, insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
aa) Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art
bb) Von Saher v. Norton Simon Museum of Art
5. Ergebnis
§ 7 Verjährung und laches
I. Überblick der Verjährungsvorschriften in den Einzelstaaten
1. Die constructive discovery rule
a) Grundsatz
b) Bedeutung für Restitutionsfälle
2. Die actual discovery rule
a) Grundsatz
b) Orkin v. Taylor
3. Demand and refusal rule im New Yorker Recht
a) Entwicklung der demand and refusal rule
b) Bedeutung im Restitutionsrecht
c) Grenzen der Verjährung
4. Accrual rule im Übrigen
II. Der HEAR Act 2016 als lex Gurlitt Americana
1. Legislatorischer Hintergrund
a) Kalifornische Gesetzgebung als Blaupause
b) Marei von Saher v. Norton Simon Museum of Art
aa) Von Saher I
bb) Exkurs: Bisherige kalifornische NS-Gesetzgebung
cc) Von Saher II
dd) Von Saher III
2. Der Erlass des HEAR Act
a) Anwendungsbereich
b) Aussetzung der Verjährung
aa) Der Begriff der actual discovery
bb) Detroit Institute of Arts v. Ullin und Toledo Museum of Art v. Ullin
c) Rückwirkende Anwendung des HEAR Act
aa) Grundsatz
bb) Rückausnahmen
cc) Sunset-Provision
d) Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen-Bornemisza Collection Foundation
aa) Cassirer I
bb) Cassirer II
cc) Cassirer III
dd) Cassirer IV
3. Konsequenzen des HEAR Act
a) Stärkung der Anspruchsposition von Restitutionsklägern
b) Bedeutung für die Museumsindustrie
aa) Museen als charitable trusts
bb) Paradigmenwechsel nach Erlass des HEAR Act
c) Ausblick
III. Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense
1. Equity aids the vigilant, not the sleeping ones
a) Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse
b) Voraussetzungen für eine Verwirkung des Klagerechts
aa) Delay
bb) Harm
cc) Abwägung
2. Handhabung in Restitutionsfällen
a) Grundsatz
b) Ausschluss durch den HEAR Act?
IV. Ergebnis
§ 8 Schlussbetrachtung
I. Eine gemischte Bilanz
II. Eine „just and fair solution“?
III. ADR als Alternative?
1. Vorteile internationaler ADR-Modelle
2. Keine Realisierungschancen
IV. Ausblick
Appendix
I. Washington Principles
II. Terezín Declaration (Erklärung von Theresienstadt)
III. HEAR Act – Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016
IV. FSIA – Foreign Sovereign Immunities Act
V. Restatement (Second) of Conflict of Laws (Auszüge)
VI. California Legislation
Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Urteile
1. US-amerikanische Urteile
2. Deutsche Urteile
II. Literaturverzeichnis
Sachregister
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NS-Raubkunst vor amerikanischen Gerichten: Aktuelle Entwicklungen der "restitution litigation" in den USA
 9783161599712, 9783161599842, 3161599713

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 458 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Julian Philipp Rapp

NS-Raubkunst vor amerikanischen Gerichten Aktuelle Entwicklungen der restitution litigation in den USA

Mohr Siebeck

Julian Philipp Rapp, geboren 1988; Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg; 2013 ­Erste Juristische Prüfung; 2015 Zweites Juristisches Staatsexamen; 2017 Master of Laws (LL.M.), University of Cambridge (Trinity College); 2017–2018 Anwaltliche Tätigkeit in ­einer Revisionskanzlei am Bundesgerichtshof; 2018 Promotion; derzeit akademischer Rat und Habilitand an der Universität Freiburg. orcid.org/0000-0002-0778-4173

ISBN 978-3-16-159971-2 / eISBN 978-3-16-159984-2 DOI 10.1628/978-3-16-159984-2 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Für L.

Vorwort Auch 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Frage nach der Restitution von Kunstwerken, die ihren Eigentümern während der NS-Zeit entzogen wurden, noch aktuell – nicht zuletzt der Schwabinger Kunstfund legt darüber ein beredtes Zeugnis ab. Die vorliegende Arbeit nimmt dies zum Anlass und untersucht die jüngeren Entwicklungen in der US-amerikanischen Rechtsprechung zur Restitution von NS-Raubkunst. Die Arbeit ist am Institut für deutsches und ausländisches Zivilprozessrecht, Abt. II, an der Universität Freiburg im Breisgau entstanden. Mein herzlicher Dank gebührt meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Alexander Bruns, LL.M. (Duke Univ.), sowie Herrn Professor Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Entstehung dieses Buchs. Den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe des Instituts, dem Verlag Mohr Siebeck und Herrn Dr. Christian Eckl (MPI Hamburg) für die kundige und professionelle Betreuung dieses besonderen Buchprojekts. Besonders danken möchte ich auch der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Freiburg im Breisgau sowie der Studienstiftung ius vivum und Herrn Professor Dr. Haimo Schack, LL.M. (Berkeley), welche die Veröffentlichung dieses Werkes großzügig finanziell gefördert haben. Literatur und Rechtsprechung konnten bis August 2020 berücksichtigt werden. Nach Drucklegung hat der US Supreme Court in den Verfahren Philipp v. Germany und Simon v. Hungary eine mündliche Verhandlung auf den 7. Dezember 2020 terminiert. Die weitere Rechtsprechungsentwicklung wird daher mit Spannung abzuwarten sein. Freiburg im Breisgau, im Oktober 2020

Julian Philipp Rapp

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XI Abbildungsverzeichnis ............................................................................ XVII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................XIX

§ 1 Einleitung .......................................................................................... 1 I. The last prisoners of war ........................................................................ 1 II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts ............................ 5 III. Gang und Ziel der Darstellung ................................................................ 9

§ 2 Ein kurzer Überblick über das aktuelle Restitutionsrecht in Deutschland ................................................................................11 I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................11 II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen ...............................................17 III. Ergebnis .................................................................................................19

§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution von Lost Art als „unfinished business“ .....................................21 I. Restitutionsbemühungen während des Zweiten Weltkriegs ....................21 II. Das Konzept der „external restitution“ nach Ende des Zweiten Weltkriegs ..........................................................................22 III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt ...........................................24 IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution von NS-Raubkunst.................30 V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers zur Restitution von NS-Raubkunst .................................................................................32 VI. Ergebnis .................................................................................................36

§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort für Restitutionsklagen ..........................................................................39 I. No good faith purchaser can obtain good title .......................................40 II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln.....................................................46

X

Inhaltsübersicht

III. IV. V. VI.

Gerichtsstand und FSIA .........................................................................48 Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren in den USA .........48 Besonderheiten des US-Prozessrechts ....................................................61 Die Bedeutung der restitution litigation für die außergerichtliche Streitbeilegung ...........................................................65 VII.Ergebnis .................................................................................................70

§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity....................73 I. Zuständigkeitsbegründung von US-Gerichten ........................................73 II. State immunity und verwandte Fragen ....................................................81 III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit von Urteilen unter dem FSIA....................................................................................115 IV. Ergebnis ...............................................................................................119

§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht .....121 I. Prämissen des US-Restitutionsrechts ...................................................121 II. Die Bedeutung der act of state doctrine ...............................................143

§ 7 Verjährung und laches ................................................................155 I. II. III. IV.

Überblick der Verjährungsvorschriften in den Einzelstaaten ................156 Der HEAR Act 2016 als lex Gurlitt Americana ....................................169 Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense........................201 Ergebnis ...............................................................................................209

§ 8 Schlussbetrachtung ......................................................................211 I. II. III. IV.

Eine gemischte Bilanz ..........................................................................211 Eine „just and fair solution“? ...............................................................214 ADR als Alternative? ...........................................................................216 Ausblick...............................................................................................218

Appendix ....................................................................................................221 Quellen- und Literaturverzeichnis ..............................................................233 Sachregister................................................................................................. 247

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................ XVII Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XIX

§ 1 Einleitung .......................................................................................... 1 I. The last prisoners of war ........................................................................ 1 II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts ............................ 5 1. Vineberg v. Bissonnette ....................................................................... 5 2. Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc................................................ 8 III. Gang und Ziel der Darstellung ................................................................ 9

§ 2 Ein kurzer Überblick über das aktuelle Restitutionsrecht in Deutschland ................................................................................11 I.

Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................11 1. Die alliierten Restitutionsgesetze .......................................................11 2. Neuere Entwicklungen .......................................................................14 3. „Goldregen, Calla und Iris“ von Hermann Max Pechstein .................16 II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen ...............................................17 III. Ergebnis .................................................................................................19

§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution von Lost Art als „unfinished business“ .............................................21 I. Restitutionsbemühungen während des Zweiten Weltkriegs ....................21 II. Das Konzept der external restitution nach Ende des Zweiten Weltkriegs ..........................................................................22 III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt ...........................................24 1. Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon ...........................................24 2. Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador ........................27 3. Estate of Riven Flamenbaum ..............................................................28 IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution von NS-Raubkunst.................30 V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers zur Restitution von NS-Raubkunst .................................................................................32

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Erste legislative Maßnahmen .............................................................32 2. Der Erlass des HEAR Act ..................................................................34 3. Wissenschaftliche Aufarbeitung .........................................................35 VI. Ergebnis .................................................................................................36

§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort für Restitutionsklagen ...................................................................39 I.

No good faith purchaser can obtain good title .......................................40 1. Grundsatz ...........................................................................................40 a) „Theft“ und „stolen“ ......................................................................40 b) Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet ........................41 2. Keine Mobiliarersitzung .....................................................................42 a) Squatter’s rights bei Mobilien?......................................................42 b) Ausnahme: Dunbar v. Seger-Thomschitz .......................................43 3. Bedeutung für Raubkunstfälle ............................................................45 II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln.....................................................46 III. Gerichtsstand und FSIA .........................................................................48 IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren in den USA .........48 1. United States v. Portrait of Wally.......................................................49 2. Anwendung von civil forfeiture actions bei Restitutionsstreitigkeiten ..............................................................53 a) U.S. v. One Tintoretto Painting ......................................................54 b) U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso ...........................................................................55 c) U.S. v. One Painting entitled ‘Winter’ aka ‘Skaters’ aka ‘Snow’ ....................................................................................56 d) Weitere Fälle .................................................................................57 3. Der Schutz des internationalen Kulturgüterverkehrs durch anti seizure acts .......................................................................58 4. Bewertung ..........................................................................................60 V. Besonderheiten des US-Prozessrechts ....................................................61 1. Frenk v. Salomon ...............................................................................63 2. Matter of Peters v. Sotheby’s Inc........................................................63 VI. Die Bedeutung der restitution litigation für die außergerichtliche Streitbeilegung .......................................................................................65 1. Goodman v. Searle .............................................................................66 2. Meyer v. University of Oklahoma Board of Regents ...........................67 3. Weitere Verfahren ..............................................................................68 VII.Ergebnis .................................................................................................70

Inhaltsverzeichnis

XIII

§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity....................73 I.

Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten.........................................73 1. Grundsätze der personal jurisdiction ..................................................73 a) Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. et al. ...................................74 b) Federal oder State Courts? .............................................................77 c) Venue ............................................................................................77 2. In rem jurisdiction .............................................................................78 3. Einfluss der forum non conveniens-Doktrin .......................................78 a) Grundsatz: Altmann v. Austria .......................................................79 b) Estate of Kainer et al. v. UBS AG et al. .........................................80 II. State immunity und verwandte Fragen ....................................................81 1. Grundzüge der state immunity in den USA.........................................82 a) Kodifikation im FSIA ....................................................................82 b) Rückwirkende Anwendung des FSIA: Altmann v. Austria .............84 2. Die commercial activity exception......................................................88 a) Grundsatz: commercial activity in den USA ..................................89 b) Erfordernis des direct effect bei einer commercial activity im Ausland ....................................................................................89 3. Die expropriation exception ...............................................................92 a) Property taken in violation of international law: Simon v. Hungary...........................................................................93 b) Act of a sovereign ..........................................................................96 aa) Orkin v. Swiss Confederation...................................................96 bb) Williams v. National Gallery, London .....................................98 cc) Hulton v. Bayerische Staatsgemäldesammlungen ....................99 c) Belegenheit des Kunstgegenstands oder commercial activity in den USA .................................................................................100 d) Neuere Entwicklungen bei der expropriation exception ...............102 aa) Philipp v. Federal Republic of Germany ................................102 bb) De Csepel et al. v. Republic of Hungary ................................106 4. Weitere Einwände ............................................................................110 a) Kein Zuständigkeitsausschluss durch binationale Vereinbarungen ...........................................................................110 b) International comity?...................................................................111 c) Kein exhaustion requirement unter dem FSIA .............................112 d) Schutz der Museumsindustrie ......................................................113 5. Bewertung ........................................................................................114 III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit von Urteilen unter dem FSIA....................................................................................115 1. Vollstreckung in den USA ...............................................................115 2. Vollstreckung in Deutschland?.........................................................117 3. Bewertung ........................................................................................119

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Inhaltsverzeichnis

IV. Ergebnis ...............................................................................................119

§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht .....121 I.

Prämissen des US-Restitutionsrechts ...................................................121 1. Anspruchsgrundlagen .......................................................................121 a) Replevin actions ..........................................................................122 b) Action of detinue/action of trover ................................................124 c) Weitere Anspruchsgrundlagen .....................................................125 d) Darlegungs- und Beweislast ........................................................126 2. Anzuwendendes Recht .....................................................................126 a) Der Rechtswahl unterfallende Aspekte ........................................128 b) Mögliche choice of law-Regeln ...................................................129 aa) Lex loci des Eigentumstransfers .............................................130 bb) Rechtsprechungsänderung in Bakalar v. Vavra .....................130 cc) Der most significant contact-Test ..........................................135 (1) Abwägungsmaßstäbe ........................................................135 (2) Die Bedeutung rechtspolitischer Erwägungen...................136 (3) Folgen für die Rechtswahl ................................................137 (4) Ausnahme bei fehlenden minimum contacts .....................137 c) Besonderheiten bei Klagen gegen ausländische Staaten und agencies oder instrumentalities ............................................139 d) Bewertung ...................................................................................141 II. Die Bedeutung der act of state doctrine ...............................................143 1. Entstehung der act of state doctrine .................................................144 2. Wirkung in Restitutionsverfahren ....................................................145 3. Ausnahmen zur act of state doctrine ................................................145 a) Die Bernstein exception ...............................................................146 b) Die treaty exception.....................................................................148 4. Anwendung in Restitutionsfällen .....................................................149 a) Handeln der NS-Regierung oder Verbündeter ..............................149 b) Handeln anderer Staaten, insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ...............................................................150 aa) Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art ...........................150 bb) Von Saher v. Norton Simon Museum of Art ...........................151 5. Ergebnis ...........................................................................................152

§ 7 Verjährung und laches ................................................................155 I.

Überblick der Verjährungsvorschriften in den Einzelstaaten ................156 1. Die constructive discovery rule ........................................................156 a) Grundsatz ....................................................................................156 b) Bedeutung für Restitutionsfälle ...................................................157

Inhaltsverzeichnis

XV

2. Die actual discovery rule .................................................................160 a) Grundsatz ....................................................................................160 b) Orkin v. Taylor ............................................................................161 3. Demand and refusal rule im New Yorker Recht...............................163 a) Entwicklung der demand and refusal rule....................................164 b) Bedeutung im Restitutionsrecht ...................................................165 c) Grenzen der Verjährung ...............................................................166 4. Accrual rule im Übrigen ..................................................................168 II. Der HEAR Act 2016 als lex Gurlitt Americana ....................................169 1. Legislatorischer Hintergrund ............................................................169 a) Kalifornische Gesetzgebung als Blaupause ..................................169 b) Marei von Saher v. Norton Simon Museum of Art ........................170 aa) Von Saher I ............................................................................172 bb) Exkurs: Bisherige kalifornische NS-Gesetzgebung................173 cc) Von Saher II ..........................................................................174 dd) Von Saher III .........................................................................175 2. Der Erlass des HEAR Act ................................................................177 a) Anwendungsbereich ................................................................... 179 b) Aussetzung der Verjährung .........................................................181 aa) Der Begriff der actual discovery ............................................182 bb) Detroit Institute of Arts v. Ullin und Toledo Museum of Art v. Ullin ...............................................183 c) Rückwirkende Anwendung des HEAR Act ..................................185 aa) Grundsatz ..............................................................................185 bb) Rückausnahmen ....................................................................186 cc) Sunset-Provision ....................................................................187 d) Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen-Bornemisza Collection Foundation .................................................................187 aa) Cassirer I...............................................................................190 bb) Cassirer II .............................................................................191 cc) Cassirer III ............................................................................191 dd) Cassirer IV ............................................................................193 3. Konsequenzen des HEAR Act ..........................................................194 a) Stärkung der Anspruchsposition von Restitutionsklägern ............195 b) Bedeutung für die Museumsindustrie ..........................................197 aa) Museen als charitable trusts ..................................................198 bb) Paradigmenwechsel nach Erlass des HEAR Act ....................199 c) Ausblick ......................................................................................200 III. Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense........................201 1. Equity aids the vigilant, not the sleeping ones ..................................201 a) Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse ......................202 b) Voraussetzungen für eine Verwirkung des Klagerechts ...............203 aa) Delay .....................................................................................203

XVI

Inhaltsverzeichnis

bb) Harm .....................................................................................204 cc) Abwägung .............................................................................205 2. Handhabung in Restitutionsfällen ....................................................206 a) Grundsatz ....................................................................................206 b) Ausschluss durch den HEAR Act? ..............................................207 IV. Ergebnis ...............................................................................................209

§ 8 Schlussbetrachtung ......................................................................211 I. Eine gemischte Bilanz ..........................................................................211 II. Eine „just and fair solution“? ...............................................................214 III. ADR als Alternative? ...........................................................................216 1. Vorteile internationaler ADR-Modelle .............................................217 2. Keine Realisierungschancen .............................................................218 IV. Ausblick...............................................................................................218

Appendix ....................................................................................................221 I. II. III. IV. V. VI.

Washington Principles .........................................................................221 Terezín Declaration (Erklärung von Theresienstadt) ............................222 HEAR Act – Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016 .........224 FSIA – Foreign Sovereign Immunities Act ..........................................227 Restatement (Second) of Conflict of Laws (Auszüge) ..........................230 California Legislation ..........................................................................231

Quellen- und Literaturverzeichnis ..............................................................233 I.

Urteile ..................................................................................................233 1. US-amerikanische Urteile ................................................................233 2. Deutsche Urteile ..............................................................................239 II. Literaturverzeichnis .............................................................................240 Sachregister ................................................................................................247

Abbildungsverzeichnis 1. 2. 3a/b. 4. 5.

Franz Xaver Winterhalter, Mädchen aus den Sabiner Bergen, um 1833/1834 (S. 5). Max Liebermann, Die Korbflechter, 1900 (S. 8). Albrecht Dürer, Diptychon: Hans und Felicitas Tucher, 1499 (S. 25). Samuhel-Evangeliar, um 1225/1230 (S. 27). Oskar Kokoschka, Portrait of a Youth (Hans Reichel), 1910; (c) Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (S. 44). 6. Egon Schiele, Bildnis Walburga Neuzil, 1912 (S. 49). 7. Jacopo Tintoretto, Heilige Familie mit der Katharina und dem verehrenden Stifter, 16. Jahrhundert (S. 54). 8. Pablo Picasso, Femme en blanc, 1922; (c) Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (S. 55). 9. Gari Melchers, Winter, um 1880–1890 (S. 56). 10. Edvard Munch, Strasse in Kragerø, 1911–1912 (S. 64). 11. Edgar Degas, Paysage avec fumées de cheminées, um 1890 (S. 66). 12. Amadeo Modigliani, Homme assis (appuyé sur une canne), 1918 (S. 75). 13. Gustav Klimt, Adele Bloch-Bauer I, 1907 (S. 84). 14. Henri Matisse, Porträt der Greta Moll, 1908; (c) Succession H. Matisse / VG BildKunst, Bonn 2020 (S. 98). 15. Kuppenreliquiar als Teil des Welfenschatzes, Ende 12. Jahrhundert (S. 102). 16. El Greco (Domenikos Theotokopoulos), The Agony in the Garden, um 1605–1610 (S. 106). 17. Egon Schiele, Sitzende mit angezogenem linken Bein, 1917 (S. 131). 18. Vincent van Gogh, Le Café de Nuit, 1888 (S. 150). 19. Paul Cézanne, Madame Cézanne in the Conservatory, 1891 (S. 150). 20. Oskar Kokoschka, Doppelakt Liebespaar, 1913; (c) Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (S. 158). 21. Vincent van Gogh, Vue de l’Asile et de la Chapelle de Saint-Remy, 1889 (S. 161). 22a/b. George Grosz, Bildnis Max Herrmann-Neisse, 1927/1928 / Das Modell, 1928/1929; (c) Estate of George Grosz, Princeton, N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (S. 167). 23a/b. Lukas Cranach der Ältere, Adam und Eva, um 1530 (S. 170). 24. Vincent van Gogh, Les Bêcheurs, 1889 (S. 183). 25. Paul Gauguin, Rue de Tahiti, 1891 (S. 183). 26. Camille Pissarro, Rue Saint Honoré, Après Midi, Effet de Pluie, 1897/1898 (S. 188). 27a/b. Egon Schiele, Frau mit schwarzer Schürze, 1911 / Modell, das Gesicht verdeckend, 1912 (S. 195). 28. Pablo Picasso, L’acteur, 1904; (c) Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (S. 208).

Abkürzungsverzeichnis A.2d a.A. a.a.O. A.B. A.D.2d/A.D.3d AAM AAMD Abb. ABGB ABl. ACAL AcP ADR aff’d aff’ing sub nom. ALIU Alt. Am. Jur. Trials Anm. App. app. den. App. Div. ATS Ausg. B.C.L. Rev. Bankr. BGB BGBl. BGH BGHZ BRD BR-Drs. Brook. J. Int’l L. BRüG BVerfG bzw. C.A. C.c.

Atlantic Reporter (2nd Series) andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Assembly Bill Appellate Division Reports (2nd/3rd Series) Alliance of American Museums Association of Art Museum Directors Abbildung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt Arts and Cultural Affairs Law Archiv für die civilistische Praxis Alternative Dispute Resolution affirmed affirming sub nomine Art Looting Investigation Unit Alternative American Jurisprudence Trials Anmerkung Appellate appeal denied Appellate Division/Appellate Division Reports (1st Series) Alien Tort Statute Ausgabe Boston College Law Review Bankruptcy Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesrepublik Deutschland Bundesrat-Drucksache Brooklyn Journal of International Law Bundesrückerstattungsgesetz Bundesverfassungsgericht beziehungsweise Court of Appeals Code civil

XX

Abkürzungsverzeichnis

C.D.Cal. C.J. CAfA Cal. Cal.App.4th Cal. Code Civ. Prod. Cal. Ct. App. Cal. Rptr./Cal.Rprt.2d/3d Cal. Sup. Ct. Cardozo Arts & Ent. L.J. Cardozo J. Conflict Resol. Case W. Res. L. Rev. CCP cert. ch. Chap. L. Rev. CHF Cir. CISG Civ. Ct. Colum. J.L. & Arts Conn. Super. Ct. CPLR (NY) Ct. D.C. D.C.Cir. D.C. Code D.Conn. D.D.C. D.Mass. D.Md. D.Or. D.R.I. D.S.C. DDR den. Dep’t DePaul J. Art & Ent. L. DePaul J. Art, Tech.& Intell.Prop.L. DePaul L. Rev. Dept. Dig. diss’d DOJ/D.O.J. Duke L.J.

U.S. District Court for the Central District of California Chief Justice Court of Arbitration for Art California California Appellate Reports (4th Series) California Code of Civil Procedure California Court of Appeal West’s California Reporter (1st/2nd/3rd Series) Supreme Court of California Cardozo Law’s Arts & Entertainment Law Journal Cardozo Journal of Conflict Resolution Case Western Reserve Law Review Central Collection Point certiorari chapter Chapman Law Review Schweizer Franken Circuit Convention on Contracts for the International Sale of Goods Civil Court Columbia Journal of Law & the Arts Connecticut Superior Court Civil Practice Law and Rules (New York) Court District of Columbia U.S. Court of Appeals for the District of Columbia Circuit Code of the District of Columbia U.S. District Court for the District of Connecticut U.S. District Court for the District of Columbia U.S. District Court for the District of Massachusetts U.S. District Court for the District of Maryland U.S. District Court for the District of Oregon U.S. District Court for the District of Rhode Island U.S. District Court for the District of South Carolina Deutsche Demokratische Republik denied Department DePaul Journal of Art & Entertainment Law DePaul Journal of Art, Technology & Intellectual Property Law DePaul Law Review Department Digesten dismissed Department of Justice Duke Law Journal

Abkürzungsverzeichnis E.D.La. E.D.Mich. E.D.N.Y. EGBGB EJIL et al. EWCA Civ F.2d/F.3d F.App’x F.R. F.R.D. F.Supp./F.Supp.2d/F.Supp.3d FBI ff. Fla. Stat. Fn. Fordham Int. L. J. Fordham IPLJ Fordham J. Corp. & Fin. L. Fordham L. Rev. FRCP FS FSIA GBP Geo. J. Int’l L. Golden Gate U.L. Rev. H.R. Rep. HCPO HEAR Act HLKO Hrsg. Hs. HVIRA HVRA i.S.d. i.V.m. ibid. Ill. Comp. Stat. Ind. Code Int’l Found. for Art Res. J. Int’l J. Cult. Prop. Int’l Lawyer IPR IPRax

XXI

U.S. District Court for the Eastern District of Louisiana U.S. District Court for the Eastern District of Michigan U.S. District Court for the Eastern District of New York Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch European Journal of International Law et alii Court of Appeals of England and Wales, Civil Division Federal Reporter (2nd/3rd Series) Federal Appendix Federal Register Federal Rules Decisions Federal Supplement (1st/2nd/3rd Series) Federal Bureau of Investigation folgende Florida Statutes Fußnote Fordham International Law Journal Fordham Intellectual Property, Media & Entertainment Law Journal Fordham Journal of Corporate & Financial Law Fordham Law Review Federal Rules of Civil Procedure Festschrift Foreign Sovereign Immunities Act Britische(s) Pfund Georgetown Journal of International Law Golden Gate University Law Review House Report, United States House of Representatives Holocaust Claims Processing Office Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016 Haager Landkriegsordnung Herausgeber Halbsatz Holocaust Victim Insurance Relief Act of 1999 Holocaust Victims Redress Act of 1988 im Sinne der/des in Verbindung mit ibidem Illinois Compiled Statutes Indiana Code International Foundation for Art Research Journal International Journal of Cultural Property International Lawyer Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts

XXII Jh. JZ Kan. Stat. Ann. Kap. KG KUR KZ L.Ed./L.Ed.2d La. La. Civ. Code Legis. LG lit. M.D.Tenn. m.w.N. Mass. Gen. Laws Md. J. Int’l L. Me. L. Rev. Mem. MFA&A Mich. L. Rev. Misc./Misc.2d/Misc.3d mod. MoMA N.C. N.C.J. Int’l L. N.D.Cal. N.D.Fla. N.D.Ill. N.D.N.Y. N.D.Ohio N.D.Tex. N.E.2d/3d n.F. N.Y./N.Y.2d/N.Y.3d N.Y.S./N.Y.S.2d/N.Y.S.3d N.Y.Sur. N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. NC Sup. Ct. NJ Sup. Ct. NJW No. Nr.

Abkürzungsverzeichnis Jahrhundert Juristenzeitung Kansas Statutes Annotated Kapitel Kammergericht Kunst und Recht Konzentrationslager United States Supreme Court Reports, Lawyers Edition (1st/2nd Series) Supreme Court of Louisiana Louisiana Civil Code Legislation Landgericht littera U.S. District Court for the Middle District of Tennessee mit weiteren Nachweisen Massachusetts General Laws Maryland Journal of International Law Maine Law Review Memorandum Monuments, Fine Arts, and Archives Section Michigan Law Review Miscellaneous Reports (1st/2nd/3rd Series) modified Museum of Modern Art North Carolina North Carolina Journal of International Law U.S. District Court for the Northern District of California U.S. District Court for the Northern District of Florida U.S. District Court for the Northern District of Illinois U.S. District Court for the Northern District of New York U.S. District Court for the Northern District of Ohio U.S. District Court for the Northern District of Texas North Eastern Reporter (2nd/3rd Series) neue Fassung New York Reports (1st/2nd/3rd Series) West’s New York Supplement (1st/2nd/3rd Series) Surrogate’s Court, New York County New York University Journal of International Law and Politics North Carolina Supreme Court Supreme Court of New Jersey Neue Juristische Wochenschrift Number Nummer

Abkürzungsverzeichnis NSDAP NSPA Nw. U. L. Rev. NY NY App. Div. NY Ct. App. NY Sup. Ct. O.J. OLG op. Or. L. Rev. Pa. Cons. Stat. PACHA Pepp. Disp. Resol. L.J. Pepp. L. Rev. pet. Pub. L. R.I. Gen. Laws RabelsZ rec’d reh’g rem’d rev’d RG RM Rn. Rs. Rspr. S. S.Ct. S.D.Ill. S.D.Ind. S.D.N.Y. S.E.2d S. Rep. SA Sec. Serv. Sess. So.2d SPK St. John’s L. Rev. Stat. sub nom. Super. SW.2d

XXIII

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei National Stolen Property Act Northwestern University Law Review New York New York Supreme Court, Appellate Division New York Court of Appeals New York Supreme Court of Judicature Official Journal Oberlandesgericht opinion Oregon Law Review Pennsylvania Consolidated Statutes Presidential Advisory Commission on Holocaust Assets Pepperdine Dispute Resolution Law Journal Pepperdine Law Review petition Public Law Rhode Island General Laws Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht recalled rehearing remanded reversed Reichsgericht Reichsmark Randnummer Rechtssache Rechtsprechung Satz/Seite Supreme Court/Supreme Court Reporter U.S. District Court for the Southern District of Illinois U.S. District Court for the Southern District of Indiana U.S. District Court for the Southern District of New York South Eastern Reporter (2nd Series) Senate Report Sturmabteilung Section Service Session(s) Southern reporter (2nd Series) Stiftung Preußischer Kulturbesitz St. John’s Law Review United States Statutes at Large sub nomine Superior South Western Reporter (2nd Series)

XXIV TBC Tenn. Code Tex. App. Tex. Civ. Prac. & Rem. Code Touro L. Rev. Trinity L. Rev. Tulane L. Rev. u.a. U. Ill. L. Rev. U. Pa. J. Int’l Econ. L. U. Pa. L. Rev. U.S. U.S.C. UCC UCLA Ent. L. Rev. UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. UCLA L. Rev. UdSSR UNESCO Urt. USA v. vac’d Vand. J. Transnat’l L. Var. vgl. VOBl. Vol. W.D.Wash. Wall St. J. Wash. U. Global Stud. L. Rev. Wash. U. L. Rev. Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. WL Wm. Mitchell L. Rev. WTO Yale L.J. ZGB ZPO ZRP

Abkürzungsverzeichnis Thyssen-Bornemisza Collection Foundation Tennessee Code Texas Court of Appeals Texas Civil Practice and Remedies Code Touro Law Review Trinity Law Review Tulane Law Review unter anderem University of Illinois Law Review University of Pennsylvania Journal of International Economic Law University of Pennsylvania Law Review United States Reports United States Code Uniform Commercial Code UCLA (University of California, Los Angeles) Entertainment Law Review UCLA (University of California, Los Angeles) Journal of International Law and Foreign Affairs UCLA (University of California, Los Angeles) Law Review Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Urteil Vereinigte Staaten von Amerika versus vacated Vanderbilt Journal of Transnational Law Variante vergleiche Verordnungsblatt Volume U.S. District Court for the Western District of Washington Wall Street Journal Washington University Global Studies Law Review Washington University Law Review Willamette Journal of International Law and Dispute Resolution Westlaw William Mitchell Law Review World Trade Organization Yale Law Journal Schweizerisches Zivilgesetzbuch Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

§1

Einleitung „Le passé est, par définition, un donné que rien ne modifiera plus. Mais la connaissance du passé est une chose en progrès, qui sans cesse se transforme et se perfectionne.“1

I. The last prisoners of war I. The last prisoners of war

Die Restitution von Kunstwerken, die ihren Eigentümern während oder nach dem Zweiten Weltkrieg und der systematischen Verfolgung und Vernichtung von weiten Teilen der jüdischen Bevölkerung Europas abhandengekommen sind, ist ein schwieriges Unterfangen – nicht nur in ethischer und historischer, sondern vor allem auch in rechtlicher Hinsicht. Auch im Jahr 2020, ein Menschenalter nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, kann die Diskussion um den Umgang mit NS-Raubkunst mitnichten ad acta gelegt werden. Nicht zuletzt der Umgang mit der causa Gurlitt und dem Schwabinger Kunstfund2 zeigt die nach wie vor bestehende Aktualität der Thematik einerseits und die internationale Bedeutung und die Besonderheiten bei der Restitution von looted art3 andererseits exemplarisch auf. Aufgrund der systematischen und in ihrem Umfang in der Menschheitsgeschichte wohl einzigartigen4 Konfiszierung und Plünderung von Kunstwerken in den Jahren 1933–1945 ist die Diskussion um eine Restitution an die Nachkommen der Opfer des Holocaust vielmehr auch im 21. Jahrhundert noch gegenwärtig. Moderne Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Nazi-Regime während des Zweiten Weltkriegs zeitweise etwa 20 % der westlichen Kunst in ––––––––––– 1

Bloch, Apologie pour l‘histoire ou métier d‘historien, S. 36. Dazu umfassend Remy, Der Fall Gurlitt, 2018 (passim); Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363 (2017). Der Abschlussbericht der ‚Taskforce Schwabinger Kunstfund‘ ist abrufbar unter (abgerufen am 06.10.2020). 3 Vgl. die Internetpräsenz (The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, abgerufen am 06.10.2020). 4 Kaye, 14 Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. 243 (2006). Siehe auch die umfassende Darstellung bei Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 11 ff. m.w.N. sowie von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954 (9th Cir. 2010). 2

2

§ 1 Einleitung

Europa verschafft hat,5 was landläufig als „greatest displacement of art in human history“ beschrieben wird.6 Teilweise wird auch von 600.000 bis 650.0007 konfiszierten oder beschlagnahmten Kunstwerken ausgegangen8 bzw. von einem Drittel aller Kunstwerke in privater Hand in Europa.9 Diese Zahlen verdeutlichen, weshalb auch noch 75 Jahre nach Kriegsende um die Restitution von NS-Raubkunst gestritten wird. Allein die Internetseiten lostart.de und lootedart.com – zwei der zentralen Plattformen zur umfassenden Dokumentation und Wiederauffindung von Kunstgegenständen10 – listen mehrere tausend Kunstwerke auf, die noch als kriegsbedingt verloren oder verschollen gelten und potentiellen Rückforderungsansprüchen unterliegen, wobei über die Dunkelziffer oder die Gesamtzahl möglicher Anspruchsberechtigter nur Mutmaßungen angestellt werden können. Nach Kaye sollen z.B. noch etwa 100.000 von NS-Behörden entzogene Kunstwerke vermisst oder verschollen sein.11 Der leichten Übertragbarkeit von Kunstgegenständen und der Intransparenz des internationalen Kunsthandels geschuldet, befinden sich diese über den gesamten Globus verstreut. Viele Kunstgegenstände fanden dabei nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihren Weg über Hehler, Kunstdiebe oder über den Schwarzmarkt in Museen und andere öffentliche Kunsteinrichtungen.12 Andere Kunstgegenstände erblicken, nachdem sie über Jahrzehnte in Privatsammlungen verborgen waren, wieder das Licht der Öffentlichkeit, wenn sie – meist im Rahmen einer Nachlassauseinandersetzung – bei Kunstauktionen zum Verkauf angeboten werden. ––––––––––– 5 Kaye, 14 Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. 243, 244 (2006); einen noch höheren Anteil sieht Graefe, 51 B.C.L. Rev. 473 (2010). Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363 (2017) spricht von der Plünderung von einem Viertel oder bis zu einem Drittel der gesamten europäischen Kunst während des Zweiten Weltkriegs. 6 Sec. 2(1) HEAR Act; Senator Grassley, Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016, S. Rep. No. 114-394 at 2 (2016); Bazyler, Holocaust Justice: The Battle for Restitution in America’s Courts, S. 202. Natürlich existieren auch Restitutionsstreitigkeiten mit anderem historischem Hintergrund, z.B. der berühmte Streit zwischen Griechenland und dem British Museum hinsichtlich der Elgin Marbles; in quantitativer Hinsicht dürfte die Restitution von NS-Raubkunst jedoch mit Abstand die meisten Verfahren hervorgebracht haben. 7 Mullery, 11 Cardozo J. Conflict Resol. 643, 647 (2010). 8 Blocker, 21 Trinity L. Rev. 1, 8 (2016); siehe auch Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 3 m.w.N. 9 Walton, 9 Fordham IPLJ 549, 558 (1999). 1948 verlautbarte die US-Regierung, man habe in 1.500 Verstecken NS-Raubkunst gefunden, vgl. Collins, 54 Me. L. Rev. 115, 125 (2002). 10 Umfassend Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 130 ff. sowie BVerwG Urt. v. 19.02.2015 – 1 C 13.14, NJW 2015, 2358 (Löschung einer Suchmeldung aus der lostart-Datenbank). 11 Kaye, 14 Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. 243, 244 (2006); Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 598 (2018). 12 Vgl. Blocker, 21 Trin L. Rev. 1, 10 (2016); auch Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, IV 23.

I. The last prisoners of war

3

Wie ist mit diesen „last prisoners of war“ umzugehen?13 Die Entscheidung für oder gegen eine Restitution wirft – neben ethischen und gesellschaftlichen Implikationen – dabei eine fundamentale Rechtsfrage auf, die fast allen Restitutionsstreitigkeiten inhärent ist: Wie soll bzw. kann der Konflikt zwischen den Opfern des NS-Regimes und deren Rechtsnachfolgern und einem gutgläubigen (Erst-, Zweit- oder Dritt-)Erwerber des Kunstgegenstands viele Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs rechtlich in einen ‚gerechten‘ Ausgleich gebracht werden? Während der Konflikt zwischen NSOpfern und den Tätern der damaligen Zeit noch klaren Maximen unterliegt und (mit Ausnahme von Fragen der Verjährung und Ersitzung) in den meisten europäischen und amerikanischen Staaten den gleichen Prämissen folgt, gestaltet sich die Abwägungsentscheidung bei einem gutgläubigen Erwerber deutlich schwieriger. Denn dann stehen sich oftmals zwei Unschuldige vor Gericht gegenüber, wobei ein Restitutionsprozess nach seiner Grundkonzeption als adversatorisches Streitverfahren nur einen Gewinner und einen Verlierer kennen kann. Diese Konfliktlage stellt sich in den meisten Restitutionsverfahren, da gerade die öffentlichkeitswirksame Versteigerung eines Kunstwerks oder dessen branchenbekannter Verkauf dazu führt, dass Kunstwerke aus ihrem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf in Privatsammlungen oder Nachlässen wieder das Licht der (Kunst-)Welt erblicken und potentiell Restitutionsberechtigte vom Verbleib des Kunstwerks Kenntnis erlangen. Während die Restitution von NS-Raubkunst14 (bzw. NS-verfolgungsbedingtem Entzug) im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung in Deutschland – von singulären Ausnahmen abgesehen15 – 75 Jahre nach dem Ende des ––––––––––– 13 Diesen Begriff verwendet z.B. Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103 (2002); vgl. zudem die Bezeichnung der Restitution von NS-Raubkunst als unfinished business in: Eizenstat, Imperfect Justice: Looted Assets, Slave Labour, and the unfinished Business of World War II, 2003. 14 ‚Raubkunst‘ soll vorliegend nicht in einem engen Sinne und in Abgrenzung zu Fluchtgut und Beutekunst oder einem verfolgungsbedingten Eigentumsverlust aufgrund eines Verkaufs unter Drohung oder Zwang verstanden werden (zu den daraus folgenden Implikationen siehe noch sub § 4.I. und sub § 7.II.2.a)). Umfassend zu den verschiedenen Formen des Eigentumsverlusts Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 59 ff.; Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 2; für eine Fallgruppenbildung Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 258 f. Siehe ferner Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 59 – Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände der Militärregierung Deutschland – Amerikanisches Kontrollgebiet – vom 10.11.1947 (ABl. der US-Militärregierung v. 10.11.1947, Ausg. G, S. 1.), welches „die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände (Sachen, Rechte, Inbegriffe von Sachen und Rechten) an Personen, denen sie in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus entzogen worden sind,“ zum Gegenstand hat. 15 Z.B. BGH Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 279/10, NJW 2012, 1796 zur Herausgabe der Plakatsammlung Hans Sachs durch das Deutsche Historische Museum.

4

§ 1 Einleitung

Krieges weitgehend beendet ist und Fragen der Restitution und Reparation kriegsbedingter Verluste auf politischer Ebene oder – im Anschluss an die Washingtoner Erklärung16 – mittels alternativer Streitbeilegungsmechanismen zu lösen versucht werden,17 geht man in den USA einen anderen Weg. Dort erlebt die restitution litigation – von vielen Beobachtern in Deutschland eher unbemerkt – eine Renaissance, da Restitutionsgläubiger und deren Rechtsnachfolger ihre Ansprüche auch 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend machen können. Jüngere Entwicklungen in den USA, insbesondere der Erlass des Holocaust Expropriated Art Recovery Act (HEAR Act) im Jahr 2016,18 zeigen vielmehr, dass die gerichtliche Geltendmachung von Restitutionsansprüchen gegenüber Museen oder Privatpersonen ausdrücklich politisch forciert wird. Damit wird ein Gegenmodell zu vielen europäischen Staaten entworfen, die sich für alternative Streitbeilegungsmodelle entschieden haben.19 Diese Grundentscheidung sowie rechtlich und politisch brisante Gerichtsverfahren – z.B. die Rückforderung des Welfenschatzes von der Bundesrepublik Deutschland und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz durch die Nachfahren mehrerer jüdischer Kunsthändler,20 welche derzeit auch den US Supreme Court beschäftigt,21 – machen die USA zum heutigen Epizentrum bei der gerichtlichen Klärung von NS-Kunstrestitutionsverfahren. Sie bieten – ebenso wie aktuelle Entwicklungen im deutschen Kulturgüterschutz22 – Anlass, die restitution litigation in den USA einer näheren Untersuchung zu unterziehen.

––––––––––– 16

Dazu sub § 3.IV. sowie Appendix I. Zur Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz siehe noch sub § 2.II. 18 Dazu umfassend sub § 7.II. 19 Vgl. auch das aktuelle Forschungsprojekt Restatement of Restitution Rules an der Universität Bonn (, abgerufen am 06.10.2020). 20 Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59 (D.D.C. 2017); granting certification 253 F.Supp.3d 84 (D.D.C. 2017); aff’d and rem’d 894 F.3d 406 (D.C.Cir. 2018); rehearing en banc den. 925 F.3d 1349 (D.C.Cir. 2019); den. stay 2019 WL 3229350 (D.C.Cir. 2019); stay granted 436 F.Supp.3d 61 (D.D.C. 2020). Ausführlich zur Entscheidung noch sub § 5.II.3.d)aa). 21 Case No. 19-351, cert. granted 02.07.2020. 22 Z.B. durch den Erlass des novellierten Kulturgüterschutzgesetzes (BGBl. 2016 I S. 1914). 17

II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts

5

II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts

Der Einfluss des US-Rechts auf Restitutionsstreitigkeiten und dessen besondere Stellung im Zusammenhang mit NS-Raubkunst kann dabei exemplarisch verdeutlicht werden anhand der Entscheidung 1. Vineberg v. Bissonnette23

Abb. 1: Franz Xaver Winterhalter, Mädchen aus den Sabiner Bergen, um 1833/1834. Sachverhalt:24 Dr. Max Stern war Inhaber einer bekannten Kunstgalerie in Düsseldorf. Aufgrund seines jüdischen Glaubens wurde ihm nach der Machtübernahme der Nazis zunächst ein Berufsverbot erteilt, Ende des Jahres 1937 wurde er zur Veräußerung seines Geschäftsbetriebs gezwungen. Diese durfte nur durch ein Kunsthaus bzw. einen Kunsthändler erfolgen, der Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste war. Dr. Stern übergab daher mehrere hundert Werke aus seiner Galerie und seiner Privatsammlung an das Auktionshaus Lempertz in Köln, welches diese im Anschluss versteigerte. Durch Flucht und Emigration konnte sich Dr. Stern einer weiteren Verfolgung entziehen. Die Erlöse der Versteigerung25 wurden wie

––––––––––– 23 Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300 (D.R.I. 2007); aff’d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008). Siehe ferner zum Nachlass von Dr. Stern die aktuelle Entscheidung des LG Magdeburg Urt. v. 27.11.2019 – 2 S 599/18, juris, zum Gemälde „Kalabrische Küste“ von Andreas Achenbach. 24 Entnommen aus Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300 ff. (D.R.I. 2007). 25 Zu den Versteigerungen jüdischer Kunstsammlungen umfassend Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem

6

§ 1 Einleitung

seine anderen Besitztümer in Deutschland einbehalten und beschlagnahmt. Im Rahmen der Versteigerung erwarb der Stiefvater der Beklagten Marie-Louise Bissonnette, ein NSDAPMitglied und SA-Offizier, das Gemälde. Die Beklagte – selbst in den USA lebend – hat das Gemälde seit 1959 in Eigenbesitz und erbte es schließlich 1991. Dr. Stern stellte nach Ende des Zweiten Weltkriegs umfassende Nachforschungen nach dem Gemälde an – u.a. schaltete er Annoncen in verschiedenen europäischen Kunstzeitschriften und initiierte Restitutionsverfahren unter Mitwirkung der kanadischen und britischen Militärverwaltung –, konnte das Kunstwerk jedoch nicht zurückerlangen, zumal die Aufzeichnungen des Auktionshauses Lempertz über die Versteigerung während des Kriegs zerstört worden waren. Die Erben von Dr. Stern nahmen die Suche zu Beginn der 2000er Jahre wieder auf, nachdem Unterlagen in dessen Nachlass aufgetaucht waren, welche auf den Verbleib weiterer Gemälde hindeuteten. Sie stellten die noch vermissten Gemälde insbesondere in das Art Loss Register26 ein, welches sie 2005 darüber informierte, dass das Gemälde durch ein Auktionshaus versteigert werden sollte. Daraufhin forderten die Erben das Gemälde von der Beklagten erfolglos zurück und beschritten im Anschluss den Klageweg vor dem Federal District Court for the District of Rhode Island. Entscheidung: Der District Court gab der Klage – wie auch der Court of Appeals for the First Circuit in der Berufungsinstanz – umfassend statt. Die Gerichte entschieden, aufgrund der diversity rule in 28 U.S.C. § 133227 seien vorliegend US-Bundesgerichte für die Herausgabeklage zuständig. Dabei richte sich der gesamte Sachverhalt – auch mögliche Erwerbsakte außerhalb des US-amerikanischen Staatsgebiets – ausschließlich nach amerikanischem Recht, hier dem Sachrecht von Rhode Island.28 Dieses gewährt eine der rei vindicatio partiell vergleichbare replevin action29 zur Rückforderung unrechtmäßig entzogener Mobilien, sofern der Kläger darlegen kann, dass er Eigentümer des Gegenstands ist, ihm dieser unrechtmäßig entzogen wurde und der Beklagte dadurch fehlerhaft besitzt („wrongful possession“).30 Dabei konnte der Nachweis des Eigentums von Dr. Stern durch Auktionskataloge und die Entscheidung eines deutschen Restitutionsgerichts aus dem Jahr 1964 geführt werden. Auch die Frage, ob es sich um eine unrechtmäßige Entziehung des Kunstgegenstandes handelte, wurde vom Gericht klar bejaht: „It is clear that Dr. Stern’s relinquishment of his property was anything but voluntary. […] Dr. Stern’s surrender of the painting […] for auction was ordered by the Nazi authorities and therefore the equivalent of an official seizure or a theft. […] The Nazi party’s actions in this instance are therefore properly classified as loo-

––––––––––– Recht, S. 26 ff., 35 ff. Siehe ferner Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 271, zum „Auktionatorenprivileg“ gem. § 935 Abs. 2 BGB. 26 (abgerufen am 06.10.2020). 27 Dazu noch umfassend sub § 5.I.1. 28 Vgl. Rule 64 FRCP i.V.m. R.I. Gen. Laws. §§ 34-21-1, 34-21-13. Vorliegend erfolgte keine umfassende Analyse des anwendbaren Sachrechts, da die Parteien die Anwendung des Rechts von Rhode Island nicht bestritten hatten und Federal Courts damit keine choice of law-Analyse vornehmen müssen (vgl. Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300, 305 [D.R.I. 2007] mit Verweis auf Arrieta–Gimenez v. Arrieta–Negron 859 F.2d 1033, 1037 [1st Cir. 1988]; Bergin v. Dartmouth Pharmaceutical, Inc. 326 F.Supp.2d 179, 180 [D.Mass. 2004]). Umfassend zum anwendbaren Sachrecht sub § 6.I.2. 29 Dazu noch umfassend sub § 6.I.1.a) 30 Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300, 306 (D.R.I. 2007); aff’d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008).

II. Die Bedeutung des amerikanischen Restitutionsrechts

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ting or stealing.“31 Das Gericht stellte damit den Zwangsverkauf (forced sale/vente forcée) bzw. den verfolgungsbedingten Entzug von Vermögensgegenständen einem Diebstahl gleich. Schließlich ist auch eine wrongful possession seitens der Beklagten gegeben, da das USamerikanische Recht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keinen gutgläubigen Erwerb an Mobilien und keine Mobiliarersitzung kennt.32 Analog zu § 935 BGB gilt dies insbesondere im Falle des Abhandenkommens: „Where pillage has taken place, the title of the original owner is not extinguished.“33 Folglich konnte auch die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger kein Eigentum am Gemälde erwerben: „Because Defendant’s predecessor-in-interest did not have title to the Painting, Defendant cannot lay valid claim to ownership of the Painting.“34 Kern der Entscheidung bildet schließlich die Frage der Verwirkung35 des Klagerechts, da der Herausgabeanspruch erst 70 Jahre nach dem Rechtsverlust geltend gemacht wurde. Eine solche Verwirkung des Klagerechts kommt in den USA dann in Betracht, wenn der Kläger die Geltendmachung seiner Ansprüche nachlässig verzögert, ohne dass es dafür einen nachvollziehbaren Grund gibt (sog. laches-Einwand36). Auch dieses Argument half der Beklagten vorliegend jedoch nicht: Da Dr. Stern selbst sowie unter Vermittlung der British bzw. Canadian Military Mission und des diplomatischen Dienstes die Rückführung seiner Kunstwerke anstrengte, die alliierten Rückerstattungsgesetze in Deutschland und Einrichtungen der alliierten Militärverwaltung in Anspruch nahm sowie durch verschiedene Annoncen in europäischen Zeitschriften versuchte, seine Gemäldesammlung zurückzubekommen, konnte sein Handeln nicht als nachlässig angesehen werden. Auch die Erben unternahmen nach Ansicht des Gerichts alle notwenigen und ihnen zumutbaren Schritte zur Rückerlangung des Kunstwerks, indem sie das Gemälde in diversen Online-Datenbanken registrierten.37 Die Herausgabeklage hatte daher Erfolg und führte zur Restitution des Kunstwerks; der Court of Appeals beschließt sein Urteil mit einem pathetischen Resümee: „A de facto confiscation of a work of art that arose out of a notorious exercise of man’s inhumanity to man now ends with the righting of that wrong through the mundane application of common law principles. The mills of justice grind slowly, but they grind exceedingly fine.“38

––––––––––– 31 Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300, 307 (D.R.I. 2007); auch ein deutsches, mit Restitutionsansprüchen von Max Stern befasstes Gericht sah dies so. 32 Dazu noch umfassend sub § 4.I.1. 33 Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804, 811 (NY Sup. Ct. 1966); James v. United States 366 U.S. 213, 251, 81 S.Ct. 1052 (1961). Zur deutschen Rechtslage Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 275 ff. 34 Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300, 307 (D.R.I. 2007). Die act of state doctrine wurde dagegen nicht thematisiert, siehe dazu umfassend sub § 6.II. 35 Fragen der Verjährung spielten in der Entscheidung keine Rolle, weil die Beklagte diesen Einwand nach Ansicht des Gerichts nicht substantiiert vorgetragen hatte, vgl. Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300, 305 f. (D.R.I. 2007). 36 Dazu noch sub § 7.III. 37 Vineberg v. Bissonnette 548 F.3d 50, 58 (1st Cir. 2008). Schließlich habe die Beklagte auch nicht darlegen können, welche Folgen die verspätete Klageerhebung zu ihrem Nachteil gehabt hätte: „[…] she fails to point to any particular witnesses (or types of witnesses) whom she might have consulted or to any particular documents (or types of documents) that she might have located but for the delayed commencement of the action. She has not even adumbrated the nature of the witnesses or evidence that might have been marshaled if not for the passage of time.“ 38 Vineberg v. Bissonnette 548 F.3d 50, 58 f. (1st Cir. 2008).

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§ 1 Einleitung

2. Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc. Derart unkompliziert gestalten sich Restitutionsverfahren jedoch auch in den USA in der Regel nicht, da sich die Provenienz des Kunstgegenstands selten so zweifelsfrei wie in Vineberg v. Bissonnette nachweisen lässt. Zudem haben die Erben der ursprünglichen Eigentümer häufig damit zu kämpfen, dass sich in Privatbesitz befindende Kunstwerke nicht lokalisieren lassen und zudem schnell von einem Land in ein anderes verschoben werden können. Dies zeigt etwa die aktuelle Entscheidung Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc.:39

Abb. 2: Max Liebermann, Die Korbflechter, 1900. Sachverhalt:40 Gegenstand der Entscheidung sind die Gemälde Die Korbflechter (1900) von Max Liebermann und Nach Hause (1895) von Franz Skarbina. Die Gemälde gehörten David Friedmann, dem Großonkel des Klägers David Toren, und wurden neben 300 weiteren Kunstgegenständen in Friedmanns Villa in Breslau vom NS-Regime konfisziert und später an Hildebrand Gurlitt, dem Vater von Cornelius Gurlitt, veräußert und schließlich 1995 bei dem beklagten Auktionshaus an unbekannte Käufer versteigert. Im Rahmen der causa Gurlitt erfuhr Toren, dass sich unter den im Schwabinger Kunstfund sichergestellten Kunstwerken auch Max Liebermanns Gemälde Zwei Reiter am Strand befand, das Friedmann ebenfalls gehört hatte und Toren – nachdem er Klage gegen die BRD und den Freistaat Bayern vor dem District Court for the District of Columbia eingereicht hatte – auch restituiert wurde.41 In diesem Zusammenhang erhielt Toren Einsicht in eine

––––––––––– 39 In the matter of Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc. 2017 WL 1881089 (NY Sup. Ct. 2017). 40 Entnommen aus In the matter of Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc. 2017 WL 1881089 at *1 ff. (NY Sup. Ct. 2017). 41 Nach gescheiterten Verhandlungen wählte der Erbe den Klageweg vor US-Gerichten, vgl. Toren v. Federal Republic of Germany, et al., No. 14-CV-00359-ABJ (D.D.C. 2014) sowie Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 383 (2017). Siehe ferner , abgerufen am 06.10.2020. 42 Uddin v. N.Y. City Transit Auth. 27 A.D.3d 265, 266 (NY App. Div. 2006). 43 Vgl. Toal v. Staten Island Univ. Hosp. 300 AD.2d 592, 593 (NY App. Div. 2002). 44 Vgl. , abgerufen am 06.10.2020: Der Käufer in Israel – selbst ein Überlebender des Holocaust – übergab das Gemälde an Toren gegen Erstattung des Preises, den er seinerseits bei der Auktion für das Gemälde gezahlt hatte. 45 Unter New Yorker Recht gilt, dass auf eine Herausgabeklage im Grundsatz das Recht des Staates Anwendung findet, in dem sich der Gegenstand befindet, vgl. Garrison Special Opportunities Fund LP v. Fidelity Nat‘l Card Servs., Inc. 130 A.D.3d 546, 548 (NY App. Div. 2015); Wertheimer v. Cirker‘s Hayes Storage Warehouse, Inc. 2001 WL 1657237 at *5 (NY Sup. Ct. 2001). Vgl. aber zur Rechtswahl noch differenziert sub § 6.I.2.b).

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§ 1 Einleitung

häufig allein auf einer Selbstverpflichtung der Museumsindustrie basierende Klärung solcher Streitigkeiten, sondern die bewusste Stärkung der Anspruchsposition von NS-Opfern und deren Nachfahren bei der gerichtlichen Durchsetzung in den Fokus gerückt wird. Das vorliegende Buch nimmt dies zum Anlass, die aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Restitution von NS-Raubkunst in den USA näher zu untersuchen und deren Bedeutung für den internationalen Kunsthandel zu eruieren. Zielsetzung dieses Buchs ist es dabei nicht, die Restitution von NS-Raubkunst an sich (oder von anderen Kunstgegenständen, wie etwa bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte in Namibia46) bzw. die sich daraus ergebenden rechtsethischen und -philosophischen Implikationen aufzuarbeiten oder festzustellen, welchen Beitrag Restitutionsprozesse bei der Wiedergutmachung von NS-Unrecht generell leisten können. Ebenso wenig soll die Geschichte des deutschen Restitutionsrechts oder die Provenienz eines Kunstgegenstands im Einzelfall umfassend diskutiert werden; der schiere Umfang der – meist auf case law basierenden und einer dogmatischen Analyse nur eingeschränkt zugänglichen – US-Rechtsprechung würde dazu mehr als eine Monographie erfordern. Ziel dieses Casebooks soll vielmehr eine Darstellung sein, nach welchen Prämissen und Parametern Restitutionsverfahren vor US-Gerichten behandelt werden, um daraus neue Impulse für die häufig allein auf nationaler Ebene geführte Diskussion zu gewinnen und auch zum Überdenken tradierter deutscher Rechtspositionen, z.B. beim Verjährungsrecht, 47 anzuregen. Dazu wird zunächst das deutsche Restitutionsrecht (§ 2) dem amerikanischen Verständnis zur Restitution von NS-Raubkunst kurz gegenübergestellt (§ 3). Im Anschluss werden die Gründe für die Attraktivität der USA als Justizstandort für Restitutionsstreitigkeiten herausgearbeitet (§ 4), ehe auf Fragen der internationalen Zuständigkeit von US-Gerichten (§ 5), mögliche Anspruchsgrundlagen (§ 6) sowie Aspekte der Verjährung und Verwirkung (§ 7) eingegangen wird. Eingebunden in den Text sind aktuelle Gerichtsentscheidungen, welche den Umgang des US-Rechts mit Restitutionsverfahren exemplarisch aufzeigen können. Die Urteile verdeutlichen dabei nicht nur die ganze Bandbreite möglicher Restitutionsgründe und das Ausmaß des Kulturgüterverlusts zwischen 1933 und 1945, sondern illustrieren auch das Einzelschicksal, das hinter jedem Kunstgegenstand und jedem Eigentümer steht – ein Umstand, der auch bei der rechtlich-nüchternen Aufarbeitung von NS-Restitutionsfällen nicht in Vergessenheit geraten sollte. ––––––––––– 46

Vgl. etwa zu Schadensersatzansprüchen gegen die BRD im Zusammenhang mit der Kolonialzeit in Namibia (Herero und Nama): Rukoko v. Federal Republic of Germany 363 F.Supp.3d 436 (S.D.N.Y. 2019 – pending on appeal). Weiterführend Bullinger/Terker, NJW 2019, 731 ff. m.w.N. 47 Dazu noch sub § 2.I.2 und § 7.I. und II.

§2

Ein kurzer Überblick über das aktuelle Restitutionsrecht in Deutschland „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“1

Betrachtet man sich die geltende deutsche Rechtslage, wird schnell klar, warum die meisten Kläger – neben der (berechtigten oder unberechtigten) Befürchtung, in Deutschland kein neutrales Forum für ihr Restitutionsverfahren vorzufinden – oftmals amerikanische Gerichte wählen und diese das derzeit bedeutendste Streitforum zur Klärung von NS-Restitutionsstreitigkeiten sind. Denn von singulären Ausnahmen abgesehen, ist die gerichtliche Auseinandersetzung um die Restitution von NS-Raubkunst in Deutschland schon seit Jahrzehnten beendet.

I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

1. Die alliierten Restitutionsgesetze Die Restitution von während der NS-Zeit entzogenen Kunstwerken wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst vornehmlich als Aufgabe der Politik angesehen.2 Zur zeitnahen Klärung von Restitutionsstreitigkeiten wurde dabei in den westdeutschen Besatzungszonen ein spezialgesetzliches Rückerstattungsrecht durch die alliierten Gesetzgeber implementiert, z.B. das Gesetz Nr. 59 über die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in der amerikanischen Besatzungszone.3 Diese Gesetze wiesen eine Doppelnatur auf, ––––––––––– 1

Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus 7. Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, VI 193 mit umfangreicher Analyse. Siehe umfassend auch Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 157 ff.; Lillteicher, Raub, Recht und Restitution – Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in der frühen Bundesrepublik, 2007 (passim); zur Entwicklung: Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 70 ff. 3 Gesetz Nr. 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände der Militärregierung Deutschland – Amerikanisches Kontrollgebiet – vom 10.11.1947 (ABl. der US-Militärregierung v. 10.11.1947, Ausg. G, S. 1.); siehe ferner Gesetz Nr. 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungs2

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§ 2 Restitutionsrecht in Deutschland

da es sich einerseits um Recht der Besatzungsmächte, andererseits jedoch auch um eine Spezialmaterie des (nationalen) bürgerlichen Rechts handelte.4 Die darin gewährten, teilweise als Supervindikationsanspruch bezeichneten Anspruchsgrundlagen zielten auf eine vollständige und schnelle Rückerstattung von unrechtmäßig entzogenen Rechtsgütern ab.5 Folglich sahen die Restitutionsgesetze umfangreiche Vindikationsmöglichkeiten vor, wobei insbesondere die Gutglaubensvorschriften des BGB weitgehend außer Kraft gesetzt wurden.6 Kehrseite waren jedoch die ausgesprochen kurzen Anmeldefristen; die zügige Abwicklung war das Gebot der Stunde. Im amerikanischen Kontrollgebiet mussten Rückerstattungsansprüche z.B. bis zum 31.12.1948 (kenntnisunabhängige Ausschlussfrist) geltend gemacht werden;7 auch die Restitutionsgesetze in den anderen Besatzungszonen sahen ähnlich rigide Präklusionsfristen vor. Diese Ausschlussfristen führten selbst dann, wenn der Betroffene an der Geltendmachung seiner Ansprüche ohne sein Verschulden gehindert war, zum Verlust des Restitutionsanspruchs. Dass diese Gesetzgebung gerade bei Kunstgegenständen häufig nicht zu einer gerechten Lösung führen konnte, liegt – zumindest bei einer retrospektiven Betrachtung – auf der Hand; dreieinhalb Jahre nach der Kapitulation des Deutschen Reiches lagen weite Teile Europas noch immer in Trümmern, Kunstwerke waren verschollen oder ins Ausland verschleppt, Beweismittel vernichtet oder unauffindbar. Zudem wurden Sachverhalte im Zusammenhang mit „entarteter Kunst“8 a priori nicht von den alliierten Rückerstattungsgesetzen erfasst, da keine politische Verfolgung im Sinne des Rückerstattungsrechts ge––––––––––– maßnahmen der Militärregierung Deutschland – Britisches Kontrollgebiet – vom 12.05.1949 (VOBl. der britischen Militärregierung, S. 152); Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin für die westlichen Sektoren von Berlin vom 12.05.1949 – Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (REAO) (VOBl. für Groß-Berlin, S. 221); VO Nr. 120 über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte vom 10.11.1947 der Militärregierung Deutschland (Französisches Kontrollgebiet) (ABl. der französischen Oberkommandos in Deutschland Nr. 119 v. 14.11.1947, S. 1219). Zum Gebiet der DDR, vgl. Schwarzmeier, Der NS-verfolgungsbedingte Entzug von Kunstwerken und deren Restitution, S. 193 ff. 4 Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 85 m.w.N. 5 Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 8 f. m.w.N.; Einzelheiten zum Tatbestand der Rückerstattungsgesetze bei Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 161 ff. 6 Einzelheiten bei Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 9 f. m.w.N. 7 Art. 56 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände der Militärregierung Deutschland (Amerikanisches Kontrollgebiet) (s.o. Fn. 3). Weitere Einzelheiten bei Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 174 m.w.N.; Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, VI 200 m.w.N. 8 Vgl. dazu das Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst vom 31.05.1938, RGBl. I S. 612.

I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

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geben sei.9 Ein großer Teil der in alle Welt geflohenen Alteigentümer konnte daher keine Ansprüche nach den alliierten Restitutionsgesetzen geltend machen,10 auch wenn bis Ende des Jahres 1957 annähernd 550.000 Verfahren, zum größten Teil durch eine vergleichsweise Einigung, erledigt wurden.11 Dankbar griffen auch die Gerichte in der Nachkriegszeit die in den Restitutionsgesetzen genannten Ausschlussfristen auf. So vertrat der BGH bereits in den 1950er Jahren die Ansicht, die Restitutionsgesetze in den Besatzungszonen schlössen als lex specialis eine Rückforderung nach allgemeinem bürgerlichen Recht wegen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts aus. Dies gelte jedenfalls für Entziehungsvorgänge, die sich im Rahmen der „allgemeinen Verfolgungsmaßnahmen“ gegen die jüdische Bevölkerung gehalten haben, weil „die gegenüber der allgemeinen 30jährigen Verjährungsfrist des BGB verhältnismäßig kurzen Klagefristen der RE[12]-Bestimmungen ersichtlich gesetzt worden sind, um im Interesse einer baldigen Beruhigung des Wirtschaftslebens die durch die Rückerstattung neuerdings veranlassten umfangreichen Vermögensverschiebungen innerhalb einer angemessenen Frist zum Abschluss zu bringen. Mit diesem Gesetzeszweck wäre es unvereinbar, wenn der REBerechtigte auch außerhalb eines RE-Verfahrens Ansprüche nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen könnte. Eine solche Möglichkeit würde für die RE-Pflichtigen einen Schwebezustand und damit eine starke Rechtsunsicherheit herbeiführen, die bei Abwägung der beiderseitigen und auch allgemeiner Belange nicht gerechtfertigt wäre.“13

Im Anschluss wurde zwar 1957 das Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG)14 für Rückerstattungsansprüche gegen das Deutsche Reich verabschiedet, welches ––––––––––– 9 Details bei Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 227 f.; Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, VI 247 ff. m.w.N.; Kunze, Restitution „Entarteter Kunst“ – Sachenrecht und Internationales Privatrecht, 2000 (passim); Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 260. 10 Schnabel/Tatzkow, Nazi Looted Art – Handbuch Kunstrestitution weltweit, S. 102 ff. 11 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, VI 201 m.w.N. Nach Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 1 konnten in der amerikanischen Besatzungszone bis zum 31.12.1973 lediglich 4.128 Kunstwerke einschließlich ritueller Gegenstände rückerstattet werden. 12 RE = Rückerstattung. 13 BGH Urt. v. 08.10.1953 – IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340, 345; siehe ferner Urt. v. 11.02.1953 – II ZR 51/52, BGHZ 9, 35, 45, sowie im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs BVerwG Urt. v. 18.05.1995 – 7 C 19/94, BVerwGE 98, 261 ff. Insgesamt kritisch zum Begriff der „allgemeinen Verfolgungsmaßnahmen“: Hartung, Kunstraub und Verfolgung, S. 167 f. Vgl. auch Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 216 f. m.w.N. zur Frage des Verhältnisses zwischen dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen. 14 Bundesgesetz zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger (Bundesrückerstattungsgesetz – BRüG) v. 19.07.1957, BGBl. I S. 734.

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§ 2 Restitutionsrecht in Deutschland

eine Ausschlussfrist bis zum 01.04.1959 vorsah.15 Für Ansprüche gegen natürliche oder juristische Personen galten jedoch weiterhin nur die alliierten Rückerstattungsgesetze. 16 Zudem konnte der Berechtigte grundsätzlich nur eine Geldentschädigung und keine Naturalrestitution verlangen (vgl. § 2 BRüG). Es ist daher schon seit Jahrzehnten ruhig geworden vor deutschen Gerichten; die Geltendmachung von Restitutionsansprüchen war spätestens in den 1960er Jahren angesichts der bestehenden BGH-Rechtsprechung aussichtslos. Und selbst unter Anwendung der Vorschriften des BGB wäre Mitte der 1970er Jahre die Verjährung möglicher Herausgabeansprüche eingetreten.17 2. Neuere Entwicklungen Diese von manchen Autoren 18 als bedenkliche Fortschreibung des NS-Unrechts beschriebene Rechtslage dauerte knapp 60 Jahre an, ehe der BGH 2012 seine Rechtsprechung (partiell) änderte. Dabei entschied der Gerichtshof in Bezug auf die Plakatsammlung Hans Sachs, dass den alliierten Rückerstattungsvorschriften jedenfalls dann kein Vorrang gegenüber einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zukommt, wenn der verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstand nach dem Krieg verschollen war und der Berechtigte erst nach Ablauf der für die Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs bestimmten Frist von seinem Verbleib Kenntnis erlangt hat.19 Andernfalls „wären der Berechtigte und seine Rechtsnachfolger von der vorrangig angestrebten Wiedergutmachung durch Rückgabe dauerhaft ausgeschlossen, obwohl diese, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt, tatsächlich und – auf der Grundlage der allgemeinen Gesetze – auch rechtlich möglich ist. Die alliierten Rückerstattungsbestimmungen hätten dem Berechtigten

––––––––––– 15 Vgl. §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2 Bundesrückerstattungsgesetz (siehe vorhergehende Fn.). In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone konnten Rückübertragungsansprüche für bewegliche Sachen (und damit Kunstwerke) auf der Grundlage von § 3 i.V.m. § 1 Abs. 6 Vermögensgesetz vom 03.10.1990 (Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, BGBl. 1990 II S. 889 mit Änderungen) nicht mehr nach dem 30.06.1993 geltend gemacht werden (§ 30a Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 Vermögensgesetz). 16 Weiterführend Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, VI 283 m.w.N. Auch das Bundesentschädigungsgesetz aus dem Jahr 1953 (Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung v. 18.09.1953, BGBl. I S. 1387) zielte nicht auf die Naturalrestitution in Form der tatsächlichen Rückgabe entzogener Kunstgegenstände, sondern lediglich auf eine finanzielle Kompensation der Schäden ab; Einzelheiten bei Anton, a.a.O. VI 290. 17 Vgl. §§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 200 Satz 1 BGB bzw. deren Vorgängerregelungen. 18 Z.B. Hartung, Kunstraub und Verfolgung, S. 168. 19 BGH Urt. v. 16.03.2012 − V ZR 279/10, NJW 2012, 1796, 1797 (Rn. 16 ff.). Vgl. zudem die aktuelle Entscheidung Urt. v. 19.07.2019 – V ZR 255/17, NJW 2019, 3147 zur Frage der Beweislast bei der Ersitzung gestohlener Kunstwerke.

I. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

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damit jede Möglichkeit genommen, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands zu verlangen und auf diese Weise das nationalsozialistische Unrecht perpetuiert.“20

Bemerkenswerterweise sieht man diese Interpretation des deutschen Sachrechts und der alliierten Rückerstattungsgesetze in den USA ganz ähnlich. So entschied der District Court for the Southern District of New York bereits 2009 in einem Restitutionsverfahren über einen Zwangsverkauf während der NSZeit: „If German law applies, the next issue is whether one is talking about the ordinary German Civil Code, which dates back to 1900 and is still in place, or whether the standard that should be invoked is that contained in Military Government Law 59 (‘MGL 59’) […]. But MGL 59 did not displace the German Civil Code. It simply established a limited regime under which claims brought in a particular tribunal, which no longer exists, and by a given deadline, which has passed, were entitled to a special presumption, which is no longer available.“21

Welche Folgen diese (partielle) Rechtsprechungsänderung nach der Entscheidung des V. Zivilsenats haben wird, ist indes offen.22 Dass es zu einer Klagewelle vor deutschen Gerichten kommen wird, wie teilweise angenommen,23 hat sich ersichtlich nicht bewahrheitet. Dies gilt nicht zuletzt, weil sowohl der erstmalige Erwerber als auch dessen Rechtsnachfolger den Kunstgegenstand in einem relativ kurzen Zeitraum ersitzen kann (vgl. §§ 937, 943 BGB) und auch die Verjährungsfristen des BGB (vgl. § 197) einen Herausgabeanspruch unabhängig von den alliierten Restitutionsgesetzen in aller Regel ausschließen. 24 Insbesondere Privatpersonen werden auch in Zukunft nicht befürchten müssen, bei einem Kunstgegenstand mit NS-Vergangenheit gerichtlich belangt zu werden. Gleiches gilt für öffentliche Kunsteinrichtungen, sofern sie nicht vor Gericht auf die Einrede der Verjährung verzichten. Es wundert daher nicht, dass insbesondere das deutsche Recht in der amerikanischen Diskussion als restitutionsfeindlich angesehen und Deutschland und dem Freistaat Bayern auch mit Blick auf die Handhabung der causa Gurlitt international ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt wird.25 Auch der Bundesrat stellte in einer jüngeren Entschließung zum Verlust von Kulturgut in der NS-Zeit fest, „dass die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen der Bundesrepublik Deutschland insbesondere bei Kulturgütern, die als eine der Maßnah––––––––––– 20 BGH Urt. v. 16.03.2012 − V ZR 279/10, NJW 2012, 1796, 1797 (Rn. 20). Befremdlich dazu Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 11: „Das ist eklatant falsch.“ 21 Schoeps v. Museum of Modern Art 594 F.Supp.2d 461, 465 f. (S.D.N.Y. 2009). 22 Näher Wasmuth, NJW 2014, 747 ff. 23 So aber Finkenauer, JZ 2014, 479, 481. 24 Im o.g. BGH-Urteil (v. 16.03.2012 − V ZR 279/10, NJW 2012, 1796) kam es auf Fragen der Verjährung nicht an, weil das beklagte Museum – wohl im Anschluss an die ‚Gemeinsame Erklärung‘ – auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet hatte. 25 Z.B. Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 380 (2017) m.w.N.

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§ 2 Restitutionsrecht in Deutschland

men der Entrechtung den jüdischen Opfern während des Nationalsozialismus entzogen wurden, zu schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führen können.“26 3. „Goldregen, Calla und Iris“ von Hermann Max Pechstein Die Hürden der Kunstrestitution in Deutschland verdeutlicht ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt27 als eines der wenigen, in den letzten Jahren vor deutschen Gerichten geführten Restitutionsverfahren. Darin fordert der Enkel eines bekannten jüdischen Kunstsammlers, der 1942 von den Nazis deportiert und in Auschwitz ermordet wurde, von der Beklagten die Herausgabe des Ölgemäldes Goldregen, Calla und Iris (Schwertlilie) (1918) von Hermann Max Pechstein. Sachverhalt: Nachdem der Leiter der Nationalgalerie in Berlin das streitgegenständliche Ölgemälde 1919 zunächst von Pechstein selbst erworben und 1925 wieder gegen ein oder zwei andere Gemälde beim Künstler eingetauscht hatte, verliert sich die genaue Spur des Kunstwerks. Zwischen den Parteien ist insbesondere streitig, ob und wie der Großvater des Klägers das Gemälde zwischenzeitlich erworben und der Nationalgalerie als Leihgabe zur Verfügung gestellt hatte. 1941/1942 gelangte es unter ebenfalls ungeklärten Umständen in den Besitz des Schwiegervaters der Beklagten. 1967 schenkte dieser das Gemälde seinem Sohn, welcher nach seinem Tod von der Beklagten beerbt wurde. Entscheidung: Wie schon das Landgericht28 wies das OLG die Klage ab, da bereits nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass dem Großvater des Klägers das Gemälde i.S.d. § 935 Abs. 1 BGB abhandengekommen war. Darauf komme es aber nicht entscheidend an; denn jedenfalls seien Herausgabeansprüche nach § 985 BGB und § 1007 BGB spätestens im Jahr 1975 verjährt.29 Der Anwendungsbereich der Verjährungsvorschriften, insbesondere die 30jährige Höchstverjährung gem. §§ 195, 198 BGB a.F., sei auch nicht in den Fällen von NS-Raubkunst im Wege der teleologischen Reduktion einzuschränken.30 Nachdem das OLG Frankfurt die verschiedentlichen – aber vom Gesetzgeber letztlich nie aufgegriffenen – Bemühungen für eine Unverjährbarkeit von Herausgabeansprüchen bei NSRaubkunst analysiert hat, konstatiert es nüchtern: „[Da] der Gesetzgeber trotz dieser Anstöße nicht tätig geworden ist, würde eine Einschränkung der Verjährungsregelungen die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten. Wirkungen einer bereits eingetretenen Verjährung würden rückwirkend wieder beseitigt, und die vom Gesetzgeber mit den Verjährungsvorschriften erstrebten Zwecke einer Befriedung und des Schutzes gutgläubiger Erwerber würden übergangen.“31

––––––––––– 26 BR-Drs. 94/14, S. 2. Siehe weiterführend Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 141 (2011). 27 OLG Frankfurt Urt. v. 08.02.2018 – 1 U 196/16, NJW-RR 2018, 857 – derzeit anhängig beim BGH (V ZR 49/18). 28 LG Frankfurt am Main Urt. v. 02.11.2016 – 2-21 O 251/15, BeckRS 2016, 19204. 29 OLG Frankfurt Urt. v. 08.02.2018 – 1 U 196/16, NJW-RR 2018, 857, 858 (Rn. 23 ff.). 30 OLG Frankfurt Urt. v. 08.02.2018 – 1 U 196/16, NJW-RR 2018, 857, 858 (Rn. 33 ff.). Umfassend auch Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 280 ff. m.w.N. 31 OLG Frankfurt Urt. v. 08.02.2018 – 1 U 196/16, NJW-RR 2018, 857, 858 (Rn. 40). Auch gegenüber den Beweisnöten von Nachfahren von NS-Verfolgten zeigt sich die deutsche Justiz eher unnachgiebig. Vgl. exemplarisch z.B. LG Bonn Urt. v. 25.06.2002 – 18 O

II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen

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Der Kläger legte daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein.32 Indes scheint der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sich bislang noch nicht entscheiden zu können, ob er seine Rechtsprechungslinie aus dem Jahr 2012 fortführen soll oder nicht – auch nach zweieinhalb Jahren liegt noch keine Entscheidung aus Karlsruhe vor.33

II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen II. Derzeitige Konfliktlösungsmechanismen

Wie auch in vielen anderen europäischen Staaten34 werden Restitutionsverfahren daher nicht mehr im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung entschieden, sondern durch alternative Konfliktlösungsmechanismen zu lösen versucht. Deutschland setzte die in der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 199835 niedergelegten Prinzipien zum Umgang mit von den Nationalsozialisten beschlagnahmten oder sonst abhandengekommenen Kunstwerken nicht durch ein Rückerstattungsgesetz, 36 sondern durch die „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“37 um. Die nicht bindende Erklärung soll Leitlinien dafür geben, wann und in welchem Umfang Museen Kunstgegenstände an die Erben der ehemaligen Eigentümer restituieren sollen. Darin wird öffentlichen Einrichtungen insbesondere empfohlen, früheren Eigentümern die entsprechenden Kulturgüter bei einem berechtigten Restitutionsverlangen wie––––––––––– 184/01, NJW 2003, 673 ff. („August Macke im Sperrmüll“): Der Rechtsnachfolger eines 1938 ausgewanderten politisch Verfolgten, der Vermögensgegenstände in Deutschland zurückließ, ist des vollständigen Nachweises des Eigentumserwerbs aller seiner Rechtsvorgänger im Eigentum nicht enthoben. Siehe ferner LG München I Schlussurt. v. 08.12.1993 – 9 O 15935/93, BeckRS 2014, 7326 zum Bild Sumpflegende von Paul Klee. 32 V ZR 49/18. 33 Für eine Nichtzulassungsbeschwerde ist dies eine erstaunlich lange Zeit: Von den im Jahr 2019 erledigten Nichtzulassungsbeschwerden vor dem V. Zivilsenat hatten lediglich zwei von 198 Verfahren eine Entscheidungsdauer von über 24 Monaten, vgl. BGH, Jahresstatistik der Zivilsenate 2019, S. 34, abrufbar unter (abgerufen am 06.10.2020). 34 Einzelheiten bei Birnkrant, 18 Wash. U. Global Stud. L. Rev. 213, 217 ff. (2019). 35 Siehe dazu den Text der Erklärung in Appendix I. Zur Rechtswirkung der Washington Principles im deutschen Recht: BVerwG Urt. v. 24.11.2011– 7 C 12.10, juris Rn. 43. 36 Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, vgl. z.B. den Holocaust (Return of Cultural Objects) Act 2009 (c. 16) im Vereinigten Königreich. Weiterführend Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 301 ff. 37 Abrufbar unter (abgerufen am 06.10.2020); siehe dazu Heidt, Restitutionsbegehren bei NS-Raubkunst, S. 24 ff.; Schack, Kunst und Recht, Rn. 497.

18

§ 2 Restitutionsrecht in Deutschland

der zurückzugeben. Dieser hehre Ansatz muss jedoch mit einem großen caveat versehen werden: Auf dem Rechtsweg sind derartige Ansprüche nicht durchsetzbar; gegenüber privaten Institutionen, Galerien oder Sammlern entfaltet die Erklärung a limine keine Wirkung.38 Auch die korrespondierende „Handreichung zur Umsetzung der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom Dezember 1999“39 konstatiert: „Die auf der Washingtoner Erklärung beruhende ‚Gemeinsame Erklärung von Bund, Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts‘ begründet keine auf dem Rechtsweg durchsetzbaren Ansprüche auf Herausgabe von Kulturgütern. Die Entscheidung im Einzelfall liegt unter Berücksichtigung der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung im Ermessen der betroffenen Einrichtung bzw. deren Träger, ggf. unter Beachtung der jeweils geltenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen.“40

In gleicher Weise ist die Resolution Nr. 1205 des Europarates vom 4. November 199941 nicht von rechtlich bindender Natur und überlässt die Frage der Restitution den jeweiligen Mitgliedsstaaten.42 Folglich hat auch die im Zuge der Washingtoner Erklärung am 14. Juli 2003 zur Schlichtung von Restitutionsstreitigkeiten errichtete Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz (umgangssprachlich auch als Limbach-Kommission nach der ersten Vorsitzenden Jutta Limbach bekannt) allein eine beratende Funktion und kann keine rechtlich bindenden Erklärungen abgeben oder gar rechtsgültige Rückgabeentscheidungen treffen.43 Wird sie von (potentiell) Restitutionsberechtigten oder deren Rechtsnachfolgern angerufen, kann sie den Beteiligten lediglich unverbindliche Vorschlä-

––––––––––– 38

So auch Lenski, JZ 2014, 888, 890 f. Handreichung vom Februar 2001, überarbeitet im November 2007, online unter , abgerufen am 06.10.2020. 40 Handreichung vom Februar 2001 (vorgehende Fn.), S. 27. 41 , abgerufen am 06.10.2020. Siehe zudem European Parliament Resolution on the Return of Plundered Property to Jewish Communities, 1996 O.J. (C 17) 141, Resolution of 16 July 1998 on the Restitution of Property Belonging to Holocaust Victims, 1998 O.J. (C 292) 112, 166. 42 Nr. 10 der Resolution (vorgehende Fn.): „The Assembly invites the parliaments of all member states to give immediate consideration to ways in which they may be able to facilitate the return of looted Jewish cultural property.“ 43 Vgl. zur Rechtsnatur und rechtlichen Stellung der Kommission: VG Magdeburg Urt. v. 31.03.2015 – 6 A 81/15, juris, sowie Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 276 ff.: „Mediatorenrolle“. 39

III. Ergebnis

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ge zur Klärung des Konflikts unterbreiten.44 Nach dem – nicht anspruchslosen – Selbstverständnis der Kommission kann sie dabei „zur Beilegung des Streits Empfehlungen abgeben, die auch moralisch-ethisch begründet werden können.“ 45 In quantitativer Hinsicht ist die Arbeit der Kommission indes überschaubar geblieben; auf der Internetpräsenz46 werden derzeit 18 Empfehlungen geführt (durchschnittlich eine Entscheidung pro Jahr), was angesichts des vorstehend genannten Umfangs von Kunstwerken mit NS-Vergangenheit und der Anzahl der vor US-Gerichten geführten Restitutionsstreitigkeiten47 eher gering ist.

III. Ergebnis III. Ergebnis

Die gerichtliche Auseinandersetzung mit NS-Raubkunst ist in Deutschland, trotz punktuell abweichender Tendenzen in der jüngeren Zeit, durch die alliierten Rückerstattungsgesetze und die Verjährungsvorschriften des BGB abgeschlossen. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Adaption der Washington Principles vielmehr für die Etablierung von Richtlinien und Handreichungen als soft law und die Errichtung einer unabhängigen Kommission, welche den Parteien eine „just and fair solution“48 zur Klärung des Konflikts unterbreiten soll, entschieden. Diese Lösung setzt jedoch zum einen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der betroffenen Kunstinstitutionen und Entscheidungen der Kommission können zum anderen nicht gerichtlich überprüft oder vollstreckt werden. Gegenüber Privaten kann diese Form der Konfliktlösung keine Wirkung entfalten, weshalb insoweit Restitutionsmöglichkeiten generell ausgeschlossen sind und auch in Zukunft sein werden.

––––––––––– 44 Umfassend zur Arbeitsweise der Limbach-Kommission: (abgerufen am 06.10.2020). 45 Vgl. § 1 Abs. 2 der Verfahrensordnung der Beratenden Kommission vom 02.11.2016, (abgerufen am 06.10.2020). 46 Vgl. die bisherigen Empfehlungen auf (abgerufen am 06.10.2020). 47 Sub § 1.I. 48 Siehe dazu den Text der Washingtoner Erklärung im Appendix I.

§3

Das amerikanische Verhältnis zur Restitution von Lost Art als „unfinished business“ Das amerikanische Rechts- und Selbstverständnis setzt dazu einen Kontrapunkt; nicht die alternative Streitbeilegung, sondern die streitige Durchsetzung subjektiver Rechte als restitution litigation soll gefördert werden. Insbesondere die weitreichende Möglichkeit, eine gerichtliche Zuständigkeit auch über ausländische Beklagte und Staaten zu begründen,1 eine pre-trial discovery zur Beweissicherung durchzuführen und das teilweise sehr restitutionsfreundliche Recht in den verschiedenen Bundesstaaten2 machen US-Gerichte für NS-Restitutionsverfahren attraktiv. Historisch lässt sich diese Förderung von Restitutionsprozessen bereits in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückverfolgen.

I. Restitutionsbemühungen während des Zweiten Weltkriegs I. Restitutionsbemühungen

Bereits während des Zweiten Weltkriegs setzten sich die USA für die Bewahrung der europäischen Kunst ein. Grundlage dafür war zunächst die London Declaration vom 05.01.1943, mit der die Unterzeichnerstaaten „issue a formal warning to all concerned, and in particular to persons in neutral countries, that they intend to do their utmost to defeat the methods of dispossession practiced by the governments with which they are at war against the countries and peoples who have been so wantonly assaulted and despoiled. Accordingly, the governments making this declaration […] reserve all their rights to declare invalid any transfers of, or dealings with, property, rights and interests of any description whatsoever […]. This warning applies whether such transfers or dealings have taken the form of open looting or plunder, or of transactions apparently legal in form, even when they purport to be voluntarily effected.“3

Damit brachten die Alliierten bereits zum Ausdruck, dass nicht nur hoheitliche Beschlagnahmen, sondern auch sonstige – scheinbar rechtmäßige – Entziehungstatbestände einem Nichtigkeitsvorbehalt unterliegen und Restitutionsan––––––––––– 1

Dazu ausführlich sub § 5.II.1. bis 3. Dazu ausführlich sub § 4.V. und § 6.I. 3 Multilateral Declaration on Forced Transfers of Property in Enemy Controlled Territory (London Declaration). Siehe umfassend Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 215 ff.; Fiedler, in: Liber Amicorum Siehr, S. 197 ff. 2

22

§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

sprüche nach Ende des Krieges auslösen können.4 Das Bestreben zur Restitution von NS-Raubkunst wurde auf der Konferenz von Bretton Woods (1944) noch einmal bestätigt.5 Nachdem die USA dafür bereits 1943 die sog. Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (auch bekannt als Roberts Commission) gegründet hatten, welche einen breiten Aufgabenbereich zum Schutz des europäischen Kulturraums hatte,6 wurde nur kurze Zeit später die Militäreinheit Monuments, Fine Arts, and Archives Section (MFA&A),7 weitläufig bekannt als Monuments Men, ins Leben gerufen, welche damit beauftragt war, unrechtmäßig entzogene Kunstgegenstände aufzufinden und den Opfern der NS-Diktatur zurückzugeben um damit die Entscheidungen der Roberts Commission in der Realität durchzusetzen. 8 Daneben wurde die Art Looting Investigation Unit (ALIU), welche das US-Militär als geheimdienstliche Spezialeinheit im Zweiten Weltkrieg bei der Suche nach geraubten und versteckten Kunstwerken unterstützte, etabliert.9

II. Das Konzept der external restitution nach Ende des Zweiten Weltkriegs II. Das Konzept der external restitution

Wiederentdeckte Kunstgegenstände innerhalb Deutschlands wurden dabei vom US-Militär an sog. Central Collection Points10 (CCP) verbracht und von dort – sofern eine Eigentumszuordnung möglich war – an den jeweiligen Eigentümer herausgegeben. Unter Präsident Harry S. Truman (1884–1972) wurde auf Grundlage der Potsdamer Konferenz zudem das Prinzip der external ––––––––––– 4

Umfassend Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 159 ff. m.w.N. Dazu Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem zweiten Weltkrieg, S. 83 ff. 6 Dazu Cuba, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 447, 474 (1999); Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 33 ff. m.w.N. 7 Dazu umfassend Howe, Salt Mines and Castles: The discovery of Looted European Art, 1946 (passim); Cunningham, 69 Case W. Res. L. Rev. 427, 434 ff. (2018); Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 67 ff. Nach Rudolph (Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 64 ff.) wurden in der amerikanischen Zone zwischen 1945 und 1949 über eine Million Kunstgegenstände über die MFA&A an die verschiedenen europäischen Staaten restituiert. 8 Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1109 (2002); Cuba, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 447, 474 f. (1999). 9 Siehe umfassend zu MFA&A und ALIU: Kurtz, America and the Return of Nazi Contraband, 2006 (passim). 10 Insbesondere in München, Wiesbaden und Offenbach, vgl. Farmer, The Safekeepers: A Memoir of the Arts at the End of World War II, S. 83 ff., sowie Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 336 ff.; Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 54 f. Zwischen 1946 und 1952 wurden etwa am Münchener CCP 48.751 Kunstgegenstände restituiert (vgl. O’Donnell, 22 EJIL 49, 61 [2011] m.w.N.). 5

II. Das Konzept der external restitution

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restitution entwickelt, wonach wiederentdeckte Kunstwerke, die außerhalb des deutschen Staatsgebiets entzogen wurden, nicht individuell in den einzelnen europäischen Staaten restituiert, sondern den jeweiligen Regierungen des Landes übergeben wurden, in dem man vom Verlust des Kunstwerks ausging.11 Rückgaben an die individuellen Eigentümer oder deren Erben fanden in der Regel nicht statt; vielmehr erfolgte die Restitution durch die Regierungen und Verwaltungen in den einzelnen Staaten selbst12 – dieser Umstand sollte für die weitere Entwicklung des Restitutionsrechts noch von entscheidender Bedeutung sein.13 Unter der Direktive der US Army wurden so nach Ende des Zweiten Weltkriegs zwar etwa 700.000 Kunstgegenstände an verschiedene Staaten zurückgegeben.14 Es wird jedoch aus heutiger Perspektive deutlich, dass diese Herangehensweise in den Wirren der Nachkriegsjahre in vielen Fällen nicht das gewünschte Ergebnis erzielte und viele Kunstgegenstände nicht von ihren ursprünglichen Eigentümern zurückerlangt werden konnten. Dies liegt u.a. daran, weil Kunstgegenstände in Privatbesitz bereits nicht als Raubkunst identifiziert werden konnten, den wahren Berechtigten aufgrund kriegsbedingter Zerstörung Nachweise ihrer Eigentümerstellung fehlten und Kunstwerke von den Sammelpunkten und Lagerstätten gestohlen und auf dem Schwarzmarkt außer Landes gebracht wurden. Zudem betrieben auch die Alliierten untereinander keine kohärente Restitutionspolitik.15 Ein weiteres Problem der external restitution bestand darin, dass die einzelnen europäischen Staaten die Rückgabe an die jeweiligen Eigentümer mit unterschiedlichem Engagement verfolgten; z.B. sollen von den 8.000 bis 9.000 von den USA an die Regierung der Niederlande übergebenen Kunstwerken nur lediglich 500–1000 an die tatsächlichen Eigentümer übergeben worden sein, als die Niederlande den Restitutionsprozess 1951 offiziell für beendet erklärten. 16 Dieser mangelnde Erfolg der external restitution wurde durch die ––––––––––– 11 Vgl. S. Rep. No. 114-394 at 2 (2016); umfassend Armbruster, Rückerstattung der NaziBeute, S. 424 ff.: Etwa 80 % der Rückgaben im Wege der external restitution erfolgten aus dem amerikanischen Kontrollgebiet, weil sich in der französischen und der britischen Zone nur wenige Auslagerungsstätten für geraubte Kulturgüter befunden hatten. Siehe auch Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 1. 12 Vgl. S. Rep. No. 114-394 at 2 (2016); Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 159 (2019). 13 Siehe etwa die Konsequenzen in der Entscheidung von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954 (9th Cir. 2010) (von Saher I – siehe noch sub § 7.II.1.b)aa)); umfassend Demarsin, 28 Cardozo Arts & Ent. L.J. 255, 280 (2010). 14 Überblick bei Holocaust Restitution: Recovering Stolen Art, Jewish Virtual Library (abgerufen am 06.10.2020). 15 Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1109 (2002) m.w.N. 16 Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 160 (2019) mit Verweis auf Nina Siegal, Are the Dutch Lagging in Efforts to Return Art Looted by the Nazis?, NY Times, 12.05.2017,

24

§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

Schwierigkeiten bei der Provenienzforschung, die fehlende Kommunikation und Koordination zwischen den einzelnen europäischen Staaten und die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs inner- und außerhalb Europas verstärkt.17

III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt

Gerade der US-Kunstmarkt war dabei schon früh ein beliebtes Ziel für NSRaubkunst. In den Trümmern Europas erblühte ein Schwarzmarkt mit Kunstwerken unklarer Provenienz, welche bald die USA erreichten. Auch auf anderen Wegen kamen viele Kunstwerke über den Atlantik, etwa durch US-Soldaten, welche die Kunstwerke als Beutekunst nach Beendigung ihres Einsatzes in Europa mitbrachten.18 Denn die allenthalben gefundenen Sammellager von Kunstwerken weckten auch unter den Angehörigen der alliierten Streitkräfte Begehrlichkeiten.19 Folglich mussten sich US-Gerichte in frühen Gerichtsverfahren meist mit Restitutionsfragen bei Kriegstrophäen von US-amerikanischen Soldaten befassen. 1. Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon Dabei erwies sich der breite Zugang20 zu US-amerikanischen Gerichten bei der Restitution von NS-Raubkunst auch für deutsche Museen und Kunsteinrichtungen als vorteilhaft. Dies zeigt eine der frühesten Restitutionsstreitigkeiten ––––––––––– , abgerufen am 06.10.2020). Zur heutigen Rechtslage in den Niederlanden: Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 305 ff. 17 Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 160 (2019). 18 Umfassend zu den Entziehungshandlungen der Alliierten, zu denen kaum verlässliche Schätzungen vorliegen: Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 9 ff. und S. 234 ff. (auch zu den amerikanischen Importbestimmungen während des Zweiten Weltkriegs bezüglich europäischer Kulturgüter) sowie sub § 3.III.2 zum Schicksal des Quedlinburger Domschatzes. Zum Begriff der Beutekunst als „kriegsbedingt verbrachte und verlagerte Kulturgüter“ vgl. Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 257. 19 Einzelheiten bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, IV 9 ff.: Im Anschluss an die amerikanische Besatzungszeit wurde durch die Militärregierung festgestellt, dass jedenfalls 150 Kunstwerke durch Angehörige der US-Streitkräfte gestohlen wurden, wobei man davon ausgehen muss, dass die Dunkelziffer wesentlich höher ist. Siehe zudem die ungewöhnlichen Fälle Price v. United States 69 F.3d 46 (5th Cir. 1995) und Hoffmann et al. v. USA et al. 266 F.Supp.2d 27 (D.D.C. 2003), in denen es um die Frage ging, ob die USA für die Beschlagnahme von u.a. vier von Adolf Hitler gemalten Bildern nach Ende des Zweiten Weltkriegs Schadensersatz zu leisten haben. Ein Anspruch wurde von allen Instanzen abgelehnt. 20 Zu Fragen der internationalen Zuständigkeit noch umfassend sub § 4.III und § 5.

III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt

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vor US-Bundesgerichten, Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon,21 welche amerikanische Gerichte mehr als 12 Jahre lang beschäftigte und auch heute noch eine Grundlage des US-Restitutionsrechts bildet.

Abb. 3a/b: Albrecht Dürer, Diptychon: Hans und Felicitas Tucher, 1499. Sachverhalt:22 Gegenstand des Verfahrens ist ein Porträtdiptychon mit einem Porträt von Hans Tucher (linker Flügel) und Felicitas Tucher (rechter Flügel), welches Albrecht Dürer 1499 als Auftragsarbeit für einen Nürnberger Kaufmann angefertigt hatte. Seit etwa 1824 gehörten die Bilder den Kunstsammlungen zu Weimar bzw. deren Rechtsvorgängern. Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Gemälde zum Schutz vor Zerstörung in das Schloss Schwarzburg in Thüringen ausgelagert. Nachdem dort zunächst amerikanische Truppen stationiert waren, räumten diese gem. dem Londoner Protokoll über die Besatzungszonen23 das Schloss und übergaben es an sowjetische Streitkräfte. Im Zuge des Abzugs kamen die Gemälde abhanden und gelangten auf ungeklärten Wegen – vermutlich als Schmuggelware – in die USA, wo sie der New Yorker Rechtsanwalt Elicofon im Frühjahr 1946 für 450 USDollar von einem heimgekehrten Soldaten erwarb. Für die nächsten 20 Jahre bewahrte er das Diptychon in seiner New Yorker Wohnung auf und zeigte es dort auch Freunden, ehe er 1966 von einem Bekannten über die Herkunft der

––––––––––– 21

Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 358 F.Supp. 747 (E.D.N.Y. 1970); 358 F.Supp. 747 (E.D.N.Y. 1972) (Supplemental Opinion); aff’d 478 F.2d 231 (2nd Cir. 1973); cert. den. 415 U.S. 931; Federal Republic of Germany v. Elicofon 536 F.Supp. 813 (E.D.N.Y. 1978); 536 F.Supp. 829 (E.D.N.Y. 1981); aff’d 678 F.2d 1150 (2nd Cir. 1982). 22 Entnommen aus Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 358 F.Supp. 747 (E.D.N.Y. 1970); 478 F.2d 231 (2nd Cir. 1973); 678 F.2d 1150 (2nd Cir. 1982); Federal Republic of Germany v. Elicofon 536 F.Supp. 829 (E.D.N.Y. 1981). Der Sachverhalt des noch wesentlich komplexeren Verfahrens wurde auf die vorliegend relevanten Punkte reduziert. 23 Protokoll über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von GroßBerlin vom 12.09.1944, ergänzt am 14.11.1944 und am 26.07.1945.

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

Bilder aufgeklärt wurde. Im Anschluss verlangten sowohl die BRD, die Kunstsammlungen zu Weimar als auch die Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach die Herausgabe der Bilder. Elicofon berief sich auf einen gutgläubigen Eigentumserwerb seines Rechtsvorgängers bzw. Ersitzung gem. § 937 BGB aufgrund eines 20jährigen gutgläubigen Eigenbesitzes.24 Da das Sachrecht des Staates New York keinen gutgläubigen Erwerb kennt,25 trug der – wohl im deutschen Recht versierte oder jedenfalls beratene – Elicofon vor, der Soldat, von dem er die Bilder erworben habe, habe diese seinerseits nicht gestohlen, sondern von einem Architekten namens Fassbender, der auf Schloss Schwarzburg gelebt haben soll, erworben.26 Dieser habe die Gemälde als unmittelbarer Besitzer oder Besitzdiener aus dem Lager im Schloss geholt und an den gutgläubigen Soldaten veräußert. Im Kern machte Elicofon damit geltend, dass kein Abhandenkommen der Gemälde nach § 935 BGB vorliegt und sein Rechtsvorgänger gem. §§ 929, 932 BGB gutgläubig Eigentum erworben habe.27 Entscheidung: Nachdem sich der District Court und der Court of Appeals for the Second Circuit zunächst mit – hier nicht weiter relevanten – Fragen der damals streitigen völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch die USA auseinandersetzen mussten,28 ging es in einem zweiten Verfahrenszug um die Begründetheit der Restitutionsklage. Nach einer umfangreichen Analyse des New Yorker und auch des deutschen Sachrechts,29 entschied der District Court, dass § 935 BGB einem gutgläubigen Erwerb in Deutschland entgegengestanden habe und gab der Klage der Kunstsammlungen zu Weimar statt, obwohl der Beklagte – selbst ein Jude, der seine gesamte Familie im KZ verloren hatte – die Kunstgegenstände mehr als 20 Jahre im gutgläubigen Eigenbesitz gehabt hatte. Im Kern stellte der District Court bei seiner Entscheidung darauf ab, dass – selbst wenn der Architekt Fassbender existiert haben sollte, woran es aufgrund der Beweislage erhebliche Zweifel gab – dieser lediglich ein Besitzdiener gewesen sei und der Rechtsvorgänger von Elicofon von diesem nicht habe gutgläubig erwerben können: „We conclude that even if Fassbender had been in charge of the paintings, he nevertheless could not have transferred title to a bona fide purchaser because as a Besitzdiener he would have lacked the element of ‚possession‘ required under BGB s 932.“ 30 Auch eine Ersitzung nach deutschem Recht scheide aus, weil dieses Rechtsinstitut auf Elicofon, der die Gemälde in New York erworben hatte, nicht anwendbar sei.31 Da das New Yorker Recht vielmehr keine dem deutschen Recht vergleichbare Form der Mobiliarersitzung oder des gutgläubigen Erwerbs kennt, wurde der

––––––––––– 24

Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 678 F.2d 1150, 1153 (2nd Cir. 1982). Dazu noch umfassend sub § 4.I.1. 26 Federal Republic of Germany v. Elicofon 536 F.Supp. 829 (E.D.N.Y. 1981). 27 Ausführlich dazu Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 86 f. m.w.N. 28 Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 358 F.Supp. 747 (E.D.N.Y. 1970); 358 F.Supp. 747 (E.D.N.Y. 1972) (Supplemental Opinion); aff’d 478 F.2d 231 (2nd Cir. 1973). 29 Federal Republic of Germany v. Elicofon 536 F.Supp. 829, 839 ff. (E.D.N.Y. 1981). 30 Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 536 F.Supp. 829, 842 f. (E.D.N.Y. 1981). Der BGH geht davon aus, dass es für die Frage des Abhandenkommens allein auf den Besitzherrn ankommt, wenn der Besitzdiener die Sache ohne oder gegen dessen Willen weggibt (näher MüKoBGB/Schäfer, § 855 Rn. 23 m.w.N.). Vgl. auch Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 277 f. 31 Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 536 F.Supp. 829, 845 ff. (E.D.N.Y. 1981): „We need not reach the substantive issues in connection with the doctrine of Ersitzung because under New York choice of law theory, German law is not applicable to determine whether Elicofon acquired title to the paintings.“ 25

III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt

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Herausgabeklage der Kunstsammlungen zu Weimar stattgegeben. Diese Entscheidung wurde 1982 vom Court of Appeals for the Second Circuit32 bestätigt.

2. Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador

Abb. 4: Samuhel-Evangeliar, um 1225/1230.

Ein ähnlicher Sachverhalt liegt auch dem frühen Fall Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador hinsichtlich des Domschatzes der Kaiserpfalz Quedlinburg in Sachsen-Anhalt zugrunde. Dieser gilt als einer der bedeutendsten mittelalterlichen Kunstschätze und besteht aus einem Ensemble kunsthistorisch besonders bedeutsamer Gegenstände (Reliquienschreine, Handschriften, Teppiche usw.), die zu den wertvollsten mittelalterlichen Kunstschätzen der Welt gezählt werden und dem bereits im Jahr 1980 ein Wert von 240 Millionen US-Dollar zugesprochen wurde.33 Die Kunstschätze wurden von dem US-amerikanischen Oberleutnant Joe T. Meador in der Nachkriegszeit entwendet und Stück für Stück als Souvenir in die USA geschickt. Es wird angenommen, dass Meador während seiner Zeit in Deutschland noch andere Kunstgegenstände entwendete, die er auf dem amerikanischen Schwarzmarkt zu Geld machte. Den Domschatz behielt er jedoch ––––––––––– 32

Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 678 F.2d 1150 (2nd Cir. 1982). Einzelheiten bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 881 m.w.N.; ders., Band 1: Illegaler Kulturgüterverkehr, IV Rn. 11; Armbruster Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 247 ff. 33

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

gut versteckt, vermutlich da er sich selbst des außergewöhnlichen Wertes bewusst war.34 Nach dem Tod von Meador versuchten dessen Erben, den Domschatz auf dem Schwarzmarkt zu veräußern, wodurch auch die Domgemeinde St. Servatius in Quedlinburg auf den Verkauf aufmerksam wurde und zunächst das sog. Samuhel-Evangeliar unter Vermittlung eines Kunsthändlers zurückerwerben konnte. Im Anschluss versuchte die BRD mittels einer Restitutionsklage gegen die Meador-Erben35 die Kunstgegenstände zurückzuerhalten. Bevor es jedoch zu einem – mitunter langwierigen – Verfahren vor US-Gerichten kam, einigten sich die Parteien außergerichtlich auf die Herausgabe des Domschatzes gegen Zahlung eines „Aufwendungsersatzes“ in Millionenhöhe an die Erben.36 3. Estate of Riven Flamenbaum Es sind folglich nicht nur Sammler und die Erben von ehemaligen Verfolgten des NS-Regimes, die amerikanische Gerichte zur Restitution von entzogenen Kunstwerken nutzten und noch immer nutzen, sondern insbesondere auch deutsche Museen, die einen während des Zweiten Weltkriegs eingetretenen Rechtsverlust restituieren wollen. ––––––––––– 34

Einzelheiten bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 882 m.w.N. 35 Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador, No. CA3-90-1440-D (N.D.Tex. 1990). 36 Einzelheiten bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 884 ff. m.w.N. Im Anschluss wurden die Meador-Erben in den USA wegen conspiracy to sell stolen property angeklagt, wobei das Verfahren jedoch aufgrund eines formalen Fehlers der Staatsanwaltschaft eingestellt werden musste (vgl. United States v. Meador 1996 U.S. Dist. LEXIS 22058, at *1 [E.D.Tex. 1996]; aff’d 138 F.3d 986 [5th Cir. 1998]). Es sollte dabei nicht die letzte Entscheidung von US-Gerichten zur strafrechtlichen Sanktionierung beim Handel mit NSRaubkunst sein. Ein jüngeres Beispiel ist etwa das Verfahren U.S. v. Aleskerova (300 F.3d 286 [2nd Cir. 2002]), bei dem es um die strafrechtliche Aufarbeitung eines spektakulären Kunstfalles ging: Die Entscheidung handelt von Zeichnungen, die ursprünglich dem Bremer Kunstverein (Träger der Kunsthalle Bremen) gehörten, nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch von sowjetischen Streitkräften geplündert und später – teilweise – vom KGB dem National Fine Arts Museum in Baku (Aserbaidschan) gestiftet wurden. Kurz nach deren Ausstellung im Jahr 1993 verschwanden die Zeichnungen mit anderen 200 Kunstwerken aus dem Museum und tauchten Jahre später wieder in den USA auf. Dort versuchte eine Gruppe von kriminellen Kunsthändlern, die Zeichnungen für mehrere Millionen Dollar an den Bremer Kunstverein (zurück) zu verkaufen. Durch Einschleusen eines Undercover-Agenten flog das Geschäft jedoch auf; die Beteiligten konnten strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen und die Zeichnungen (u.a. von Dürer, Rembrandt und Ruisdael) an den Bremer Kunstverein zurückgegeben werden (vgl. weiterführend , abgerufen am 06.10.2020). Siehe zudem U.S. v. Frederick Schultz 333 F.3d 393 (2nd Cir. 2003) zur Veräußerung ägyptischer Antiquitäten.

III. Folgen für den amerikanischen Kunstmarkt

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Dies zeigt auch ein aktuelles Verfahren des Vorderasiatischen Museums Berlin gegen den Estate of Riven Flamenbaum,37 mit dem dieses erfolgreich die Rückführung einer ca. 3200 Jahre alten Schrifttafel aus der Zeit des assyrischen Königs Tulkulti-Ninurta I. erreichte. Die Schrifttafel wurde Anfang des 20. Jahrhunderts bei Ausgrabungen im heutigen Irak entdeckt und kam – aufgrund der Wirren des Ersten Weltkriegs – über Umwege nach Deutschland. Dort wurde sie seit 1934 im Vorderasiatischen Museum Berlin ausgestellt. Nach der Schließung des Museums 1939 wurde die Tafel eingelagert und ging während des Zweiten Weltkriegs unter nicht näher bekannten Umständen verloren. Vermutlich fiel sie in die Hände russischer Soldaten und wurde von Riven Flamenbaum (selbst jüdischer Überlebender des KZ Auschwitz) auf dem Schwarzmarkt erworben. Dieser siedelte nach New York über und vermachte die Antiquität 2003 seinen Kindern. Das Vorderasiatische Museum in Berlin unternahm selbst keine Nachforschungen und stellte die Tafel nicht auf den einschlägigen lostart-Internetseiten ein. Jedoch informierte einer der Erben, Israel Flamenbaum, das Vorderasiatische Museum Berlin im Jahr 2003 über deren Verbleib. Entscheidung: Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Schrifttafel dem Museum abhandengekommen war. Dennoch hatte das Ausgangsgericht noch zugunsten der Erben entschieden.38 Das Gericht führte unter anderem aus, dass die beklagte Erbengemeinschaft sich zwar nicht auf die spoils of war-Doktrin berufen konnte (wonach das deutsche Museum aufgrund der Beutekunstnahme durch russische Soldaten seine Eigentumsposition unmittelbar verloren hätte).39 Es entschied jedoch, dass der klägerische Anspruch verwirkt sei, weil das Museum keine zumutbaren Nachforschungen zur Wiedererlangung der Tafel unternommen habe: „[…] the museum did not act even after it was provided with reasonably reliable information concerning the tablet’s whereabouts in 1954. As a result of the museum’s inexplicable failure to report the tablet as stolen, or take any other steps toward recovery, diligent good-faith purchasers over the course of more than sixty years were not given notice of a blemish in the title.“40 Dieser Argumentation folgte der New Yorker Supreme Court (Appellate Division) sowie der Court of Appeals nicht und sprach dem Vorderasiatischen Museum Berlin die Schrifttafel zu:41 Zwar sei der Museum insoweit eine Nachlässigkeit bei der Anspruchsdurchsetzung vorzuwerfen; dies könne jedoch entschuldigt werden: „[T]he Museum explained that it did not do so for many other missing items, as it would have been difficult to report each individual object that was missing after the war. Furthermore, the Estate provided no proof to support its claim that, had the Museum taken such steps, the Museum would have discovered, prior to the decedent’s death, that he was in possession of the tablet.“42 Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass den Erben von Flamenbaum durch die verspätete Klageerhebung ein

––––––––––– 37

In re Flamenbaum 27 Misc.3d 1090, 899 N.Y.S.2d 546 (NY Surrogate’s Court, Nassau County 2010); rev‘d 95 A.D.3d 1318, 945 N.Y.S.2d 183 (NY App. Div. 2012); aff‘d 22 N.Y.3d 962, 978 N.Y.S.2d 708, 1 N.E.3d 782 (NY Ct. App. 2013). 38 In re Flamenbaum 27 Misc.3d 1090 (NY Surrogate’s Court, Nassau County 2010). 39 In re Flamenbaum 27 Misc.3d 1090, 1095 ff. (NY Surrogate’s Court, Nassau County 2010). Das Gericht entzog sich daher der Entscheidung, ob die spoils of war-Doktrin generell völkerrechtswidrig und daher nicht anerkennungsfähig ist. Vgl. dazu Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 9 ff. 40 In re Flamenbaum 27 Misc.3d 1090, 1110 (NY Surrogate’s Court, Nassau County 2010). 41 In re Flamenbaum 95 A.D.3d 1318, 945 N.Y.S.2d 183 (NY App. Div. 2012); aff’d 22 N.Y.3d 962 (NY Ct. App. 2013). 42 In re Flamenbaum 22 N.Y.3d 962, 965 f. (NY Ct. App. 2013).

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

Nachteil entstanden sei, weil die Tafel dem Museum unstreitig abhandengekommen war und damit unter New Yorker Recht kein gutgläubiger Erwerb oder eine Ersitzung möglich ist: „[…] although the decedent’s testimony may have shed light on how he came into possession of the tablet, we can perceive of no scenario whereby the decedent could have shown that he held title to this antiquity.“43

IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution von NS-Raubkunst IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution

Diese und verschiedene andere, öffentlichkeitswirksame Verfahren trugen dazu bei, dass insbesondere in den 1990er Jahren das Interesse an der Restitution von NS-Raubkunst in der amerikanischen Öffentlichkeit und Politik erstarkte,44 was nicht zuletzt auch an einer Vielzahl von Klagen von Überlebenden des NS-Regimes gegen Schweizer Banken lag.45 Auch aus wissenschaftlicher Perspektive wurde die – obschon in vielen Bereichen bereits umfassend aufbereitete – Geschichte des Zweiten Weltkriegs in Bezug auf Raubkunst verstärkt unter die Lupe genommen.46 Auch auf internationaler Ebene waren die Vereinigten Staaten früh an der Lösung von Streitigkeiten in Bezug auf während der NS-Zeit abhandengekommene Vermögensgegenstände beteiligt. Während sich die internationale Staatengemeinschaft in den 1970er und 1980er Jahren der Restitutionsfrage bei NSRaubkunst noch nicht dediziert annahm, sondern nur illegalen Kunsthandel an sich sanktionierte,47 fand 1998 – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des welt––––––––––– 43

In re Flamenbaum 22 N.Y.3d 962, 965 f. (NY Ct. App. 2013). Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 131 (2011); siehe ferner Pell, 10 DePaul J. Art & Ent. L. 27, 47 (1999). 45 Vgl. dazu Schubert, 30 Touro L. Rev. 675, 679 m.w.N. (2014). 46 Stellvertretend für die Vielzahl an Publikationen Feliciano, The lost Museum: the Nazi conspiracy to steal the world’s greatest works of art (1997); Nicholas, The rape of Europa: the fate of Europe’s treasures in the Third Reich and the Second World War (1994); Petropoulos, Art as politics in the Third Reich (1996); Aly, Hitler’s beneficiaries: plunder, racial war, and the Nazi welfare state (2005); Dean, Robbing the Jews: the confiscation of Jewish property in the holocaust, 1933–1945 (2008); Evans, The Third Reich in power, 1933–1939 (2005). Für mehr Literatur siehe Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 12. 47 Z.B. die UNESCO Convention on the Means of Prohibiting and Preventing the Illicit Import, Export and Transfer of Ownership of Cultural Property (1970), welche NSRaubkunst nicht spezifisch thematisiert, aber so breit geschrieben ist, dass sie auch auf einige Fälle von NS-Raubkunst angewendet werden kann. Bereits die Haager Landkriegsordnung von 1899/1907 enthielt in Art. 56 Abs. 2 die Bestimmung: „Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden.“ Siehe ferner die UNESCO Convention and Protocol for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict aus dem Jahr 1954, welche allerdings nur – im Anschluss an die Haager Landkriegsordnung – die Beschlagnahme von Kunstwerken in 44

IV. Erstarkendes Interesse an der Restitution

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berühmten Rechtsstreits U.S. v. Portrait of Wally 48 – die Washington Conference on Holocaust-Era Assets statt, an der 44 Staaten, zwölf Nichtregierungsorganisationen sowie der Vatikan beteiligt waren. Diese verabschiedeten die maßgeblich von Stuart Eizenstat entwickelten Washington Principles zur Lösung von Rechtsstreitigkeiten bei NS-Raubkunst, bei denen es sich jedoch um keine rechtsverbindliche Vereinbarung handelt, aus der subjektive Rechte abgeleitet werden können. 49 Auch wurden damit keine völkerrechtlich bindenden und für die Vertragsstaaten einheitlichen Regeln getroffen, wie Kunstwerke zu restituieren sind.50 In Principle 7 heißt es lediglich: „Pre-War owners and their heirs should be encouraged to come forward and make known their claims to art that was confiscated by the Nazis and not subsequently restituted.“ Zudem wurde besonders auf das Ziel einer für alle Beteiligten gerechten und fairen Lösung hingewiesen, ohne diesen Begriff jedoch näher inhaltlich auszufüllen: „[…] steps should be taken expeditiously to achieve a just and fair solution, recognizing this may vary according to the facts and circumstances surrounding a specific case.“51 Das Bestreben zur (individuellen) Restitution von NS-Raubkunst und zur Erreichung von just and fair solutions wurde durch die am 30.06.2009 verabschiedete Terezín Declaration (Erklärung von Theresienstadt) noch einmal bestärkt, welche jedoch ebenfalls keine rechtlich bindenden Vorgaben enthält. Indes wurde darin bereits das Problem der Verjährung von Herausgabeansprüchen adressiert, da die Vertragsstaaten angehalten wurden, rechtliche Streitigkeiten grundsätzlich „on the facts and merits of the claims and all the relevant documents submitted by all parties“ zu entscheiden.52 Die einzelnen Mitgliedstaaten sollten daher verhindern, dass nationale Verjährungsvorschriften eine Restitution von NS-Raubkunst a limine ausschließen.53 Ähnliches gilt für die Vilnius Forum Declaration, 54 eine Bestätigung der Washington Principles ––––––––––– Kriegszeiten sanktionierte, ohne spezielle Mechanismen zur Konfliktlösung bei Herausgabestreitigkeiten vorzugeben. 48 Dazu umfassend sub § 4.IV.1. 49 Präambel: „In developing a consensus on non-binding principles to assist in resolving issues relating to Nazi-confiscated art, the Conference recognizes that among participating nations there are differing legal systems and that countries act within the context of their own laws.“ Siehe umfassend zu den Washington Principles: Falconer, 21 U. Pa. J. Int‘l Econ. L. 383, 390 (2000); Schlegelmilch, 50 Case W. Res. L. Rev. 87, 101 (1999). 50 Kaye, 14 Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. 243, 246 (2006). Umfassend auch Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 104 ff. m.w.N. 51 Siehe den Text im Appendix I. 52 Terezín declaration: Nazi-Confiscated and Looted Art (sub 3) (Text im Appendix II). 53 Insbesondere wurde in der Sache Dunbar v. Seger-Thomschitz entschieden, dass die Terezín declaration einem state law, welches die Möglichkeit der Ersitzung von NS-Raubkunst ermöglicht, nicht entgegensteht (vgl. 615 F.3d 574, 579 [5th Cir. 2010]). 54 Dazu Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 140 (2011).

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

durch den Europarat, welche die Signaturstaaten auffordert, die Grundsätze der Washingtoner Erklärung in nationales Recht umzusetzen.55 Nicht verkannt werden darf jedoch, dass diese Vereinbarungen nur völkerrechtlicher Natur sind, auch insoweit nur einen Minimalkonsens darstellen und Klägern, die die Restitution von Kunstgegenständen auf zivilprozessualem Wege einfordern, wenig Vorteile bieten – abgesehen von moralischen Appellen an den Beklagten, sich an die dort niedergelegten Grundsätze zu halten. Auch wenn teilweise argumentiert wurde, 56 dass z.B. die Formulierung der Terezín Declaration eine Verpflichtung an die beteiligten Staaten enthalte, sicherzustellen, dass die geltend gemachten Ansprüche in der Sache (d.h. ohne Rücksicht auf Verjährungseinreden) geprüft werden, sind dem US-Gerichte – und, soweit ersichtlich, auch Gerichte in anderen Staaten – bislang nicht gefolgt.57 Insgesamt war der Einfluss völkerrechtlicher Abkommen auf die USRechtsprechung daher eher gering,58 was von vielen Autoren vehement kritisiert wird.59

V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers zur Restitution von NS-Raubkunst V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers

1. Erste legislative Maßnahmen Der US-Bundesgesetzgeber60 hat sich vielmehr dafür entschieden, eigenständige legislative Maßnahmen zur Restitution von NS-Raubkunst zu erlassen. Bereits im Holocaust Victims Redress Act of 198861 wurde die Bereitschaft und ––––––––––– 55 Vilnius Forum Declaration on Holocaust Era Looted Cultural Assets (, abgerufen am 06.10.2020). Siehe die Resolution Nr. 1205 des Europarats (bereits sub § 2.II.) sowie O’Keefe, 10 Int’l J. Cult. Prop. 127, 127 (2001) und Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 109 f. 56 Kreder, 105 Nw. U. L. Rev. Colloquy 315, 322 (2011), wonach sich aus der Formulierung der Terezín-Erklärung eine Verpflichtung der Unterzeichnerstaaten ergeben soll, dass stets eine Sachprüfung vor Gericht zu erfolgen hat. 57 Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 119 ff., 149 ff. (2011). 58 Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 118 (2011): „[…] in spite of numerous international declarations proclaiming moral obligations for governments to effectuate the return of Nazi-looted art and cultural property to Holocaust victims and their heirs, United States courts have shown little difficulty dismissing these important international commitments by denying numerous claims for recovery.“ 59 Kreder, 105 Nw. L. Rev. Colloquy 315, 323 (2011) mit Verweis auf die jüngsten Urteile, welche meist zum Nachteil der Nachkommen der von der NS-Zeit Betroffenen ergingen: „The manner in which U.S. courts are dismissing such claims has rendered the United States out of compliance with the very principles it led the world to adopt.“ 60 Zu den Maßnahmen einzelner Bundesstaaten, insb. Kalifornien, siehe noch sub § 7.II.1. 61 Pub. L. No. 105-158, 112 Stat. 5 (1998).

V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers

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der Einsatz der USA zur Restitution von lost Art betont,62 auch wenn das Gesetz keine eigenständigen Heraus- oder Rückgabeansprüche konstituierte. 63 Zehn Jahre später verabschiedete der Kongress den U.S. Holocaust Assets Commission Act of 1998;64 damit wurde insbesondere die Holocaust Commission (Presidential Advisory Commission on Holocaust Assets [PACHA]) geschaffen, welche sich wissenschaftlich mit den während des Holocaust verlorengegangenen Rechtsgütern beschäftige und im Jahr 2000 ihren Abschlussbericht „Plunder and Restitution: The U.S. and Holocaust Victims‘ Assets“ veröffentlichte.65 Der Schwerpunkt der Untersuchung lag indes nicht auf individuellen Restitutionsverfahren, sondern darauf, wie die US-Regierung und USBehörden selbst mit den Vermögenswerten von NS-Opfern in der Nachkriegszeit umgegangen waren.66 In jüngerer Zeit ist sodann der Justice for Uncompensated Survivors Today (JUST) Act of 2017 zu nennen, der das Außenministerium verpflichtet, den Kongress darüber zu informieren, welche Schritte die 47 Signaturstaaten der Terezín Declaration unternommen haben, um Holocaust-Überlebende und deren Erben für Vermögenswerte, die während der NSZeit beschlagnahmt wurden, zu entschädigen.67 Auch andere amerikanische Institutionen haben sich im Nachgang an die Washingtoner Erklärung verstärkt mit der Restitution von Nazi-Raubkunst auseinandergesetzt. Das Nazi-Era Provenance Internet Portal,68 betrieben von der ––––––––––– 62

Holocaust Victims Redress Act, Pub. L. No. 105-158, § 202, 112 Stat. 15 (1998): „[…] all governments should undertake good faith efforts to facilitate the return of private and public property, such as works of art, to the rightful owners in cases where assets were confiscated from the claimant during the period of Nazi rule and there is reasonable proof that the claimant is the rightful owner.“ 63 Orkin v. Taylor 487 F.3d 734, 739 (9th Cir. 2007) („[t]he plain text of the Holocaust Victims Redress Act leaves little doubt that Congress did not intend to create a private right of action“); ähnlich Dunbar v. Seger-Thomschitz 615 F.3d 574, 577 (5th Cir. 2010). Das Gesetz stellte jedoch Geld zur archivarischen Forschung im Zusammenhang mit NS-Raubkunst zur Verfügung; vgl. Holocaust Victims Redress Act, § 103. 64 Pub. L. No. 105-186, 112 Stat. 611. 65 Abrufbar unter , abgerufen am 06.10.2020. Dieser hatte keinen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung (vgl. Demarsin, 37 Brook. J. Int’l L. 117, 147 [2011]). Im gleichen Jahr wurde auch der Nazi War Crimes Disclosure Act (Pub. L. No. 105-246, 112 Stat. 1859) verabschiedet, durch die die Nazi War Crimes Records Interagency Working Group eingerichtet wurde, die Informationen über Kriegsverbrechen in Regierungsunterlagen der Öffentlichkeit verfügbar machen soll. 66 Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 604 (2018). 67 Pub. L. No. 115-171. 68 , abgerufen am 06.10.2020. Dessen Aufgabe ist „[...] to provide a searchable registry of objects in U.S. museum collections that changed hands in Continental Europe during the Nazi era (1933–1945).“ Siehe dazu S. Rep. No. 114-394 at 4 (2016) sowie die Kritik bei Kline, 16 Int‘l Found. for Art Res. J. 56, 64 (2015), wonach

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

American Alliance of Museums (AAM), ist etwa bei der Provenienz-Forschung unterstützend tätig. Die AAM entwickelte zudem nicht-bindende Richtlinien, wie Museen bei Kunstobjekten mit NS-Vergangenheit umgehen sollen.69 Jedenfalls für die amerikanische Museumslandschaft haben diese Richtlinien eine große Bedeutung; in Restitutionsverfahren wird immer wieder auf deren Einhaltung gepocht.70 Daneben ist das 1997 vom Bundesstaat New York errichtete Holocaust Claims Processing Office71 tätig. Dieses betreibt u.a. eine Online-Datenbank, die verschollene Kunstwerke auflistet und mit der Commission for Looted Art in Europe72 bzw. dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste73 vergleichbar ist. 2. Der Erlass des HEAR Act Diese Vorgehensweise – welche zunächst mehr eine ergänzende Funktion zur Einleitung von Restitutionsverfahren hatte, an der materiellen oder prozessualen Rechtslage indes nichts änderte – entwickelte in den letzten Jahren eine neue Dynamik. Nachdem verschiedene Gerichte zum Nachteil von Restitutionsberechtigten entschieden hatten, weil der (dem Grunde nach bestehende) Anspruch verjährt und daher gerichtlich nicht mehr durchsetzbar sei, wurde vermehrt auf die Bedeutung des Verjährungsrechts in Restitutionsstreitigkeiten und die sich daraus ergebenden, immer geringer werdenden Erfolgsaussichten bei einer gerichtlichen Geltendmachung hingewiesen.

––––––––––– AAM und AAMD (Association of Art Museum Directors) die Datenbanken hätten veralten lassen. 69 American Alliance of Museums, Ethics, Standards, and Professional Practices. Unlawful Appropriation of Objects During the Nazi Era (1999), revised 2001; Association of Art Museum Directors, Resolution of Claims for Nazi-Era Cultural Assets (2014), , abgerufen am 06.10.2020. 70 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 14 (1st Cir. 2010): „[…] for works of art with unmistakable roots in the Holocaust era, museums would now be welladvised to follow the guidelines of the American Association of Museums […].“ 71 , abgerufen am 06.10.2020: „[…] as of December 31, 2017, the HCPO has facilitated […] the resolution of cases involving more than 141 works of art.“ Siehe ferner Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 599 (2018). Umfassend zur Tätigkeit der HCPO: Dugot, in: Bazyler (Hrsg.), Holocaust Restitution, S. 271 ff. 72 Siehe Looted Art, ; Commission for Looted Art in Europe, , jeweils abgerufen am 06.10.2020. 73 Siehe , abgerufen am 06.10.2020.

V. Die Einstellung des US-Bundesgesetzgebers

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Kalifornien nahm sich der Problematik bereits zu einem frühen Zeitpunkt an und verabschiedete 2002 ein Gesetz,74 das Restitutionsklagen bei NS-Raubkunst im Wesentlichen dem Anwendungsbereich der allgemeinen Verjährungsvorschriften entzog. Mit dieser Neuregelung in sec. 354.3 des California Code of Civil Procedure konnten Klagen vielmehr verjährungsunabhängig bis zum 31.12.2010 erhoben werden, also insbesondere auch solche, die nach den Grundsätzen der in Kalifornien sonst geltenden discovery rule bereits verjährt gewesen wären.75 Zwar wurde das Gesetz in dem Aufsehen erregenden Verfahren von Saher v. Norton Simon Museum of Art für verfassungswidrig erklärt;76 die Entscheidung führte jedoch dazu, dass der US-Bundesgesetzgeber auf die Problematik aufmerksam wurde. Der Kongress erachtete dabei den Einfluss der Verjährung bei NS-Raubkunst generell als ‚unfair‘, weil viele Familien angesichts der Dimension der NS-Kriegsverbrechen auch Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht in der Lage seien, von ihrer Anspruchsberechtigung Kenntnis zu erlangen oder ihr Eigentum zurückzubekommen.77 Die gesetzgeberische Aktivität des US Congress fand daher ihren vorläufigen Höhepunkt im Erlass des Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016 (HEAR Act: An Act to provide the victims of Holocaust-era persecution and their heirs a fair opportunity to recover works of art confiscated or misappropriated by the Nazis78). Dieses junge Gesetz belässt es nicht bei moralischen Bekundungen, sondern hat bereits jetzt einen erheblichen Einfluss auf den Kunstmarkt, indem es – kurz gesprochen – die Unverjährbarkeit von Herausgabeklagen bei NS-Raubkunst bis ins Jahr 2026 anordnet. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es dabei, den Geschädigten von NS-Verbrechen bzw. deren Rechtsnachfolgern eine Sachentscheidung ungeachtet von Verjährungsfragen zu ermöglichen.79 Die Bedeutung und Wirkweise dieses Gesetzes wird noch ausführlich in § 7.II. dargestellt. 3. Wissenschaftliche Aufarbeitung Auch die amerikanische Literatur hat sich der Thematik in jüngerer Zeit umfassend angenommen. Nachdem Egon Schieles Bildnis Walburga Neuzil (1912) als Leihgabe des Leopold-Museums (Wien) in New York zur Sicherung eines ––––––––––– 74 Art and Artists-Holocaust Era-Limitation of Actions, 2002 Cal. Legis. Serv. Ch. 332 (A.B. 1758) (West); Ca. Legis 332 (2002). Eingeführt als sec. 354.3 Cal. Code of Civil Procedure (Text im Appendix VI). 75 Einzelheiten sub § 7.II.1.a). 76 Einzelheiten sub § 7.II.1.b). 77 S. Rep. No. 114-394 at 2 ff. (2016). 78 Pub. L. No. 114-308 (2016). 79 Der texanische Senator Ted Cruz, der das Gesetz u.a. ins Parlament einbrachte, erklärte: „[They] are resolved in a fair and just manner on the merits, and are not barred by state statutes of limitations and other procedural defenses“ (nachgewiesen bei Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 611 [2018]).

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§ 3 Das amerikanische Verhältnis zur Restitution

Restitutionsverfahrens beschlagnahmt wurde und die sich daran anschließenden Gerichtsverfahren auf nationaler sowie internationaler Ebene große Aufmerksamkeit hervorriefen, 80 wurde die Restitutionsfrage bei NS-Raubkunst auch der US-Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen. Bedeutende historische und rechtswissenschaftliche Arbeiten stammen etwa von Bruce L. Hay (Nazilooted Art and the Law – The American Cases, 2017) oder Hector Feliciano (The Lost Museum: the Nazi conspiracy to steal the world’s greatest works of art, 1997) sowie Joy Nicholas (The rape of Europe: the fate of Europe’s treasures in the Third Reich and the Second World War, 1994).81 In der Datenbank westlaw.com finden sich zudem etwa 100 in rechtswissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierte Artikel über das Thema, vornehmlich aus den letzten 20 Jahren. Auch in der Populärliteratur wird der Thematik von NS-Kunstrestitution verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Beispiel bildet Simon Goodmans 2015 erschienenes Buch The Orpheus Clock, in dem Goodman für das breite englischsprachige Publikum seine Suche nach der von den Nationalsozialisten konfiszierten Kunstsammlung seiner Familie erzählt. Auch jüngere Monographien über das – mitunter nicht einfache – Verhältnis der USA zu NS-Raubkunst, z.B. von Michael J. Kurtz (America and the Return of Nazi Contraband: The Recovery of Europe’s Cultural Treasures, 2006), haben für Aufmerksamkeit gesorgt.

VI. Ergebnis VI. Ergebnis

Die USA haben sich bereits in ihrer Rolle als Alliierte frühzeitig für die Restitution von NS-Raubkunst eingesetzt. Nachdem der US-Gesetzgeber in den darauffolgenden Jahrzehnten zunächst weniger auf die Lösung von NS-Restitutionsstreitigkeiten fokussiert war, wird der Restitution von NS-Raubkunst seit Verabschiedung der Washingtoner Erklärung auf Ebene des Bundes und der Bundesstaaten eine erhebliche Bedeutung beigemessen und die gerichtliche Geltendmachung von Herausgabeklagen durch verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen und zuletzt den Erlass des Holocaust Expropriated Art Recovery (HEAR) Act82 politisch forciert und gefördert. Der US-Bundesgesetzgeber hat sich dabei im Einklang mit den bundesstaatlichen Gesetzen83 – und in Abweichung zum deutschen Recht – dafür entschieden, dass auch gutgläubige Erwerber eines Kunstwerks oder deren Rechtsnach––––––––––– 80

Zu diesem Fall noch umfassend § 4.IV.1. Weitere Literatur siehe oben Fn. 46 ff. 82 Pub. L. No. 114-308 (2016) – am 16.12.2016 von Präsident Obama unterzeichnet. Siehe noch umfassend sub § 7.II. 83 Siehe noch ausführlich sub § 4.I. und § 6.I. 81

VI. Ergebnis

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folger ihre Berechtigung am Kunstgegenstand zeitlich unbeschränkt vor Gericht verteidigen müssen; die Rechtsposition desjenigen, dem das Eigentum zur NS-Zeit entzogen wurde, wird daher typisierend über das Interesse des derzeitigen Besitzers (oder das allgemeine Rechtsbefriedungsinteresse) gestellt, mag dieser auch noch so gutgläubig sein. Durch die gezielte Aufhebung bestehender Verjährungsvorschriften und eine leicht zu begründende und weitreichende Jurisdiktionsgewalt über in- und ausländische Museen und Kunsteinrichtungen haben sich US-Gerichte damit in den letzten 20 Jahren zum Zentrum der gerichtlichen Auseinandersetzung von Kunstrestitutionsverfahren mit NS-Bezug entwickelt. 84 Insbesondere möchte der US-Gesetzgeber erreichen, dass die meisten Streitigkeiten – auch gegenüber gutgläubigen Erwerbern – in der Sache entschieden werden, d.h. auf der Grundlage einer Sachprüfung ohne den Einwand der Verjährung oder Verwirkung.85 Der Status quo der amerikanischen Politik und Gesetzgebung wird vom Court of Appeals for the Ninth Circuit daher wie folgt zusammengefasst: „In sum, U.S. policy on the restitution of Nazi-looted art includes the following tenets: (1) a commitment to respect the finality of ‘appropriate actions’ taken by foreign nations to facilitate the internal restitution of plundered art;[86] (2) a pledge to identify Nazi-looted art that has not been restituted and to publicize those artworks in order to facilitate the identification of prewar owners and their heirs; (3) the encouragement of prewar owners and their heirs to come forward and claim art that has not been restituted; (4) concerted efforts to achieve expeditious, just and fair outcomes when heirs claim ownership to looted art; (5) the encouragement of everyone, including public and private institutions, to follow the Washington Principles; and (6) a recommendation that every effort be made to remedy the consequences of forced sales.“87

––––––––––– 84 Z.B. Republic of Austria v. Altmann 541 U.S. 677 (2004); Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136 (2nd Cir. 2010); Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); DeWeerth v. Baldinger 28 F.3d 1266 (2nd Cir. 1994); Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659 (E.D.La. 2009); Vineberg v. Bissonnette 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008); Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802 (N.D. Ohio 2006); United States v. Portrait of Wally, No. 99 Civ. 9940, 2002 WL 553532 (S.D.N.Y. 2002); Menzel v. List 246 N.E.2d 742 (NY Ct. App. 1969). 85 Umfassend dazu noch sub § 7.II.2.b). 86 Zu dieser Thematik noch sub § 6.II. 87 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 754 F.3d 712, 721 (9th Cir. 2014) – von Saher II.

§4

Die Attraktivität der USA als Justizstandort für Restitutionsklagen Was sind die folglich die Gründe, welche US-Gerichte1 als Forum zur Durchsetzung von Restitutionsklagen von NS-Raubkunst – und anderen Holocaust related claims2 – so attraktiv machen? Neben dem Umstand, dass viele Nachkommen jüdischer Mitbürger nach oder während des Kriegs in die USA übergesiedelt sind, sich viele Kunstgegenstände mit NS-Vergangenheit in den USA als einem der weltweit größten Kunstmärkte befinden und US-Gerichte die Reputation genießen, ein neutrales und – in diesem Feld – klägerfreundliches Forum zu sein, gibt es klare Vorteile, weshalb Restitutionsklagen häufig in den USA angestrengt werden. Nicht zuletzt die vorstehend dargestellten Gesetzesprogramme und die wiederholt hervorgehobene Bedeutung der restitution litigation haben ein Umfeld geschaffen, das potentielle Kläger dazu ermuntert, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten.3

––––––––––– 1 Auch in anderen Ländern haben diverse Restitutionsstreitigkeiten stattgefunden, z.B. City of Gotha and Federal Republic of Germany v. Sotheby’s and Cobert Finance S.A. [1997] EWCA Civ 1897 vor dem Court of Appeal in Großbritannien. Restitutionsgegenstand war das Gemälde Die heilige Familie mit heiligem Johannes, der heiligen Elisabeth und Engeln des niederländischen Malers Joachim Wtewael (1566–1638), das Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem Besitz der Herzogsfamilie von Sachsen-Coburg und Gotha verschwand, über verschiedene Mittelsmänner schließlich in London landete und bei Sotheby‘s zum Verkauf eingeliefert wurde. Im Ergebnis wurde auf Restitution des Gemäldes entschieden (umfassend Carl/Güttler/Siehr, Kunstdiebstahl vor Gericht, 2001 [passim]). 2 Umfassend zu den verschiedenen Klagekomplexen im Zusammenhang mit dem Holocaust (u.a. gegen Banken, Versicherungen usw.): Bazyler, Holocaust justice: the battle for restitution in America‘s courts, 2003 (passim). 3 Daneben ist sicherlich auch das medienwirksame Interesse an NS-Reparationen in den USA zu nennen. Umfassend zu diesen Punkten Bazyler, Holocaust, Genocide, and the Law: A Quest for Justice in a Post-Holocaust World, S. 161 ff.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

I. No good faith purchaser can obtain good title I. No good faith purchaser can obtain good title

1. Grundsatz Ein Grundsatz des US-amerikanischen Sachenrechts, 4 welcher insbesondere für die Restitution von NS-Raubkunst eine erhebliche Bedeutung hat, besteht darin, dass an einer gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Sache weder ein gutgläubiger Erwerb noch ein Eigentumserwerb auf andere Weise, z.B. mittels Ersitzung, möglich ist und daher nicht im Restitutionsverfahren von einem Erwerber eingewandt werden kann. Dabei ist irrelevant, ob der Kunstgegenstand den Besitzer ggf. durch eine Vielzahl konsekutiver Erwerbsakte über Jahrzehnte hinweg mehrfach gewechselt hat – niemand in der Erwerbskette kann Eigentum erwerben:5 „Neither a thief nor a good faith purchaser from the thief, nor even subsequent good faith purchasers, can pass good title.“6 a) „Theft“ und „stolen“ Wichtig ist dabei zu bemerken, dass das common law in den USA den Begriff des Diebstahls erheblich weiter versteht als man bei einem ersten Zugriff meinen könnte. Die Definition geht wesentlich über den § 935 BGB (oder § 242 StGB) unterliegenden Gedanken des Abhandenkommens als unfreiwilliger Besitzverlust des unmittelbaren Besitzers hinaus. Da in der US-Dogmatik auch die strenge Unterscheidung des deutschen Rechts zwischen nichtigen und anfechtbaren Rechtsgeschäften im Grundsatz unbekannt ist, fällt regelmäßig jede Art von rechtsfehlerhafter Transaktion unter die oben genannte Regel, sofern ein Willensmangel auf Seiten des ursprünglichen Eigentümers festgestellt werden kann. Damit werden auch die zur NS-Zeit häufigen Zwangsverkäufe von Juden (forced sale) oder Zwangsversteigerungen als ‚theft‘ klassifiziert. Z.B. wurde in dem bereits beschriebenen Verfahren Vineberg v. Bissonnette7 das streitgegenständliche Gemälde als gestohlen angesehen, weil es Teil der Galerie eines jüdischen Kunsthändlers war, der gezwungen wurde, seine Sammlung ––––––––––– 4

Dieser Terminus ist indes eine Generalisierung, da die einzelnen Bundesstaaten ein jeweils eigenes Sachenrecht-System haben. Zu den signifikanten Abweichungen in den verschiedenen Einzelstaaten vgl. noch sub § 4.I.2. (insbesondere Louisiana). 5 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 22. 6 Hawkins et al., 64 Fordham L. Rev. 49, 50 (1995). Spiegler, in: Bazyler, Holocaust justice: the battle for restitution in America’s courts, S. 212, führt aus: „Underlying any claim for the recovery of Nazi-looted art in the United States is a single, fundamental rule that is at the core of all cultural property cases: no one, not even a good faith purchaser, can obtain good title to stolen property. This simple rule is accepted and applied as a fundamental tenet of property law in the United States.“ 7 529 F.Supp.2d 300, 307 f. (D.R.I. 2009); aff‘d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008) – siehe bereits umfassend sub § 1.III.1. Vgl. zudem zu den verschiedenen Entziehungsformen Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 115 ff. mit umfangreichen Nachweisen.

I. No good faith purchaser can obtain good title

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aufgrund allgemeiner Verfolgungsmaßnahmen gegenüber der jüdischen Bevölkerung versteigern zu lassen. Ähnliches kann im Verfahren Schoeps v. Museum of Modern Art8 beobachtet werden. Verglichen mit dem deutschen Recht geht das US-Recht damit weniger dogmatisch, sondern stark ergebnisorientiert an die rechtliche Qualifikation des Entziehungstatbestandes heran. Auch eine strenge Unterscheidung zwischen einer Entziehung durch – unter Zwang oder wirtschaftlichem Druck zustande gekommenen – Rechtsgeschäft und Hoheitsakt9 wird nicht immer vorgenommen. Folglich wird der Kunstgegenstand auch bei einem Eigentumsentzug ohne Entschädigung, beim Verkauf eines Gemäldes unter Privaten, bei dem der Staat die Auszahlung des Kaufpreises an den Verkäufer unterbunden hat, oder beim Zwangsverkauf zu einem zu geringen Preis 10 in der Regel als ‚stolen‘ qualifiziert. Eine freiwillige Eigentumsaufgabe bei Flucht des Eigentümers scheidet bei NS-Raubkunst daher letztlich immer aus.11 Lediglich eine Veräußerung unter allgemeinem wirtschaftlichem Druck ohne weitergehende Verfolgungsmaßnahmen, um damit z.B. ein Visum finanzieren zu können oder weil sonst Mittellosigkeit eintreten würde, wird in der Regel nicht als Abhandenkommen des Kunstgegenstandes bewertet.12 b) Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet Als Folge der no good title-Doktrin kann ein Käufer oder sonstiger Erwerber im US-Recht kein Eigentum erwerben, wenn sich in der Legitimationskette zum (wahren) Eigentümer ein Dieb bzw. eine Person ohne Eigentumsrecht an der Sache befindet.13 Es gilt der Grundsatz nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet,14 dessen Geltung in mehreren Restitutionsverfahren spezi––––––––––– 8

594 F.Supp.2d 461, 466 (S.D.N.Y. 2009) – siehe noch sub § 4.VI.3. Vgl. für die deutsche Perspektive: Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 24 ff. m.w.N., die zudem noch den Entzug durch Handlungen einzelner Privatpersonen als dritte Kategorie nennt. 10 Ad I: Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966); mod. on other grounds 28 A.D.2d 516, 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); mod. rev’d. 24 N.Y.2d 91, 246 N.E.2d 742, 298 N.Y.S.2d 979 (NY Ct. App. 1969). Ad II: Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1023 (9th Cir. 2010). Ad III: United States v. Portrait of Wally 2002 WL 553532 (S.D.N.Y. 2002). 11 Vgl. Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966). 12 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 22: „The key distinction is that property is stolen when it is physically taken from you or from your premises, or when it is taken using duress applied by the person who receives the property, or someone with a family or institutional relationship to that person. General economic distress is not enough to re-characterize a sale as the theft of property.“ Siehe zudem noch den Fall Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304 (S.D.N.Y. 2018); aff’d 928 F.3d 186 (2nd Cir. 2019) sowie sub § 7.III.2.b). 13 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 140 f. (2nd Cir. 2010). 14 Vgl. Dig. 50,17,54 und 41,1,20 pr. 9

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

fisch hervorgehoben wurde „If the true owner sues in such a case, the court will declare title to be in the true owner, unless the case is otherwise barred by an applicable statute of limitations, laches, or some other legal or equitable defense.“15 Das Risiko des Verlusts eines Kunstgegenstands, der dem wahren Eigentümer einmal abhandengekommen ist, verbleibt daher beim Erwerber und allen Rechtsnachfolgern. Der Konflikt zwischen Eigentümer und Besitzer wird ausschließlich über die Verjährung und sog. equitable defenses – wie die doctrine of laches (Verwirkung des Klagerechts) – geregelt.16 Eine der bedeutendsten Wissenschaftlerinnen für NS-Restitutionsverfahren in den USA, Jennifer Kreder, fasst die dahinter stehende ratio des US-Rechts wie folgt zusammen: „The common law protects theft victims over commercial certainty in part on the philosophy that whereas original owners were unwillingly robbed of the art’s possession, subsequent purchasers made the choice to buy the art from the thief (albeit perhaps in good faith).“17

2. Keine Mobiliarersitzung a) Squatter’s rights bei Mobilien? Während – trotz der weitreichenden Definition von theft und stolen – mit Blick auf die §§ 123, 138, 935 BGB18 noch keine fundamentalen Unterschiede zum deutschen Rechtssystem ausgemacht werden können, zeigt sich eine erste klare Differenzierung bei originären Erwerbstatbeständen. Denn die meisten Rechtsordnungen der USA kennen keine den §§ 937 ff. BGB vergleichbare Form19 der Mobiliarersitzung, unabhängig davon, ob die Sache an einen gutgläubigen Dritten weiterveräußert oder vererbt wurde. Auch insoweit ist irrelevant, wie viele konsekutive Erwerber es gibt bzw. ob diese bei Besitzerwerb im guten Glauben sind oder nicht. Zwar ist auch im US-Recht das Konzept der adverse possession, teilweise auch als squatter’s rights bezeichnet, bekannt.20 Indes wird diese Rechtsfigur des common law und Form der Ersitzung in den allermeisten US-Bundesstaaten nur auf Immobiliarsachenrechte angewendet, während eine Anwendung auf ––––––––––– 15 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 141 (2nd Cir. 2010); Menzel v. List 267 N.Y.S.2d 804, 819 (NY Sup. Ct. 1966); mod. on other grounds 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); mod. rev’d 298 N.Y.S.2d 979 (NY Ct. App. 1969). Bildhaft in Handley Motor Co. v. Wood 75 S.E.2d 312, 316 (NC Sup. Ct. 1953): „Title like a stream cannot rise higher than its source.” 16 Dazu noch ausführlich sub § 7.III. 17 Kreder, 88 Wash. U. L. Rev. 1353, 1362 (2011). 18 Ausnahme: § 935 Abs. 2 BGB. 19 Umfassend aus deutscher Perspektive Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 265 ff. 20 „Adverse possession/prescription is a method whereby a person who was not the owner of property obtains a valid title to that property through the passage of time“ (Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 24).

I. No good faith purchaser can obtain good title

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Mobilien zwar in der Literatur kontrovers diskutiert wird,21 jedoch – von einer sogleich zu besprechenden Ausnahme abgesehen – in Restitutionsfällen noch nicht zur Anwendung gelangt ist.22 Zudem sind die Voraussetzungen für eine adverse possession bei Kunstgegenständen selbst in den Bundesstaaten, in denen eine solche Möglichkeit des Rechtserwerbs existiert, regelmäßig nicht erfüllt. Denn der Eigentumserwerb kraft adverse possession setzt eine qualifizierte Form des Eigenbesitzes voraus: „possession must be hostile and under claim of right, it must be actual, it must be open and notorious, it must be exclusive and it must be continuous.“23 Diese Kriterien werden bei Kunstwerken (jedenfalls in privater Hand) selten erfüllt sein; insbesondere das Erfordernis eines Eigenbesitzes als „open and notorious“, also für die Allgemeinheit – und damit auch den wahren Berechtigten – offen erkennbar zugunsten der eigenen Rechtsposition zu besitzen, kann in den seltensten Fällen erreicht werden.24 Dies ist jedoch notwendig, da das Ersitzungsrecht strukturell einer Verwirkung des Klagerechts25 ähnelt: Wenn ein Dritter für jedermann ersichtlich eine Sache in Besitz nimmt, so dass auch der wahre Berechtigte davon Kenntnis nehmen könnte, darf dieser die Herausgabe der Sache nicht nachlässig verzögern. b) Ausnahme: Dunbar v. Seger-Thomschitz Wie so häufig in der Juristerei bleibt auch diese Regel nicht ohne Ausnahme. So existiert in Louisiana eine weitreichende Möglichkeit der Ersitzung durch adverse oder prescriptive possession, weil der Louisiana Civil Code maßgeb––––––––––– 21 Kline, 16 Int’l Found. for Art Res. J. 56, 62 (2015); Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 25 m.w.N. 22 Henson, 51 DePaul L.Rev. 1103, 1136 (2002); Cuba, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 447, 454 f. (1999). Dabei ist das Verhältnis zwischen adverse possession und den Verjährungsregeln der demand and refusal rule und der discovery rule auch im US-Recht wohl noch nicht abschließend geklärt, vgl. Schlegelmilch, 50 Case W. Res. L. Rev. 87, 105 ff. (1999) mit umfangreichen Nachweisen. Siehe zur deutschen Rechtslage Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 299 ff. m.w.N. 23 Risi v. Interboro Industrial Parks, Inc. 470 N.Y.S.2d 174, 175 (NY App. Div. 1984). Meist liegt die Beweislast beim Besitzer, wobei es eine widerlegliche Vermutung dafür gibt, dass er die Sache als Eigenbesitzer besessen hat (näher Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 24). 24 In Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon stellte der Court of Appeals for the Second Circuit fest: „[c]ourts and commentators have noted that the mere residential display of paintings may not constitute the type of open and notorious possession sufficient to afford notice to the true owner“ (678 F.2d 1150,1164 [2nd Cir. 1982]). Dabei muss der Besitz bis zum Ablauf der Ersitzungsfrist und darüber hinaus bestanden haben, sodass keine zukünftigen Klagen mehr möglich sind, ehe der Besitz zu einem „rightful ownership“ heranreifen kann; vgl. Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1136 (2002) sowie Rabinof v. U.S. 329 F.Supp. 830, 842 (S.D.N.Y. 1971) 25 Dazu noch umfassend sub § 7.III.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

lich vom französischen Recht und dem Code Napoléon beeinflusst wurde.26 Die Folgen für das Restitutionsrecht zeigen sich dabei in der Entscheidung Dunbar v. Seger-Thomschitz:27

Abb. 5: Oskar Kokoschka, Portrait of a Youth (Hans Reichel), 1910; (c) Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2020. Sachverhalt:28 Die Erbin von Raimund Reichel, Claudia Seger-Thomschitz, macht geltend, dieser habe das streitgegenständliche Gemälde von Oskar Kokoschka im Jahr 1939 im Rahmen eines Zwangsverkaufs an den Kunsthändler Otto Kallir verloren. 29 Nachdem Kallir nach New York übergesiedelt war, wurde das Gemälde 1946 von der Mutter von Sarah Blodgett Dunbar in Kallirs Galerie erworben. 1973 erbte Dunbar das Bild. Nachdem sie sich mit einem Herausgabeverlangen von Seger-Thomschitz konfrontiert sah, erhob sie Feststellungsklage, dass sie rechtmäßige Eigentümerin des Gemäldes ist (sog. action to quiet title); widerklagend wird u.a. die Herausgabe des Gemäldes verlangt. Entscheidung: Der örtlich zuständige District Court for the Eastern District of Louisiana und der Court of Appeals for the Fifth Circuit wiesen die Widerklage mit Hinweis auf den

––––––––––– 26

Dazu Herman, The Louisiana civil code: a European legacy for the United States, 1993 (passim). Siehe zudem Art. 524 Louisiana Civil Code zur Herausgabeklage des Eigentümers bei gestohlenen oder abhandengekommenen Gegenständen (weiterführend Sinclair, 89 Tulane L. Rev. 517 ff. [2014]). 27 Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659 (E.D.La. 2009); aff’d 615 F.3d 574 (5th Cir. 2010); cert. den. 562 U.S. 1221, 131 S.Ct. 1511. Siehe aber auch O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862, 872 (NJ Sup. Ct. 1980). 28 Entnommen aus Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659 (E.D.La. 2009). 29 Der Sachverhalt ist im Wesentlichen ähnlich gelagert wie in der Sache Museum of Fine Arts, Boston v. Seger Thomschitz; dazu umfassend sub § 7.I.1.b).

I. No good faith purchaser can obtain good title

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Rechtserwerb der Beklagten aufgrund einer acquisitive prescription ab und sprachen Dunbar das Eigentum am Gemälde zu. Da das Bundesrecht – zumindest vor Erlass des HEAR Act – keine einheitlichen Prämissen im Zusammenhang mit der Restitution von NS-Raubkunst erkennen lasse, sei das Recht des Staates Louisiana unmittelbar anwendbar.30 Der maßgeblich durch das französische Recht geprägte Louisiana Civil Code statuiert dabei in Art. 3491 eine sogar über § 937 BGB hinausgehende Möglichkeit der Mobiliarersitzung: „One who has possessed a movable as owner for ten years acquires ownership by prescription. Neither title nor good faith is required for this prescription.“ Dabei wird gem. Art. 3427 Lousiana Civil Code Eigenbesitz vermutet.31 Vor diesem Hintergrund wurde die Herausgabeklage abgewiesen, da Dunbar das Gemälde seit 1973 in Eigenbesitz habe: „Plaintiff’s possession was open and continuous. Moreover, Plaintiff possessed the painting for herself as evidenced by her acts conveying ownership. In particular, Plaintiff accepted the painting as a bequest from her mother, Plaintiff displayed the painting in her home, and Plaintiff loaned the painting for exhibitions at local and national galleries, further publicizing its location and its ownership. Therefore, Plaintiff has acquired ownership irrespective of her good or bad faith […].“32 Zudem seien auch Klagen aus quasi-contract und unjust enrichment nach zehn Jahren verjährt,33 da die Beklagte unschwer Kenntnis vom Aufenthalt des Gemäldes hätte erlangen können.34

3. Bedeutung für Raubkunstfälle Von dieser Besonderheit des Rechts in Louisiana abgesehen, kommt ein originärer oder derivativer Rechtserwerb bei Raubkunst jedoch regelmäßig nicht in Betracht. Damit ist die Klage des (ursprünglichen) Eigentümers oder dessen Rechtsnachfolgers auch gegen einen gutgläubigen Erwerber aussichtsreich, weil dieser keinen good title für sich beanspruchen kann, wenn das Kunstwerk gestohlen oder ansonsten abhandengekommen ist, 35 was bei einem verfolgungsbedingten Entzug oder einem Zwangsverkauf zu NS-Zeiten regelmäßig angenommen wird. Auch der Zeitablauf allein begründet keinen title am Kunst––––––––––– 30

Dunbar v. Seger-Thomschitz 615 F.3d 574, 576 f. (5th Cir. 2010): „Here, no Act of Congress has articulated ‘rights and obligations of the United States’ in regard to these claims; even the HVRA creates no individual cause of action. […] Where Congress has not acted, federal courts’ power to displace state law with federal common law is severely constrained.“ 31 „One is presumed to intend to possess as owner unless he began to possess in the name of and for another.“ Siehe ferner Art. 3421 Louisiana Civil Code. 32 Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659, 663 (E.D.La. 2009). 33 Vgl. zu den einzelnen Maßstäben der Verjährung State of Louisiana v. City of Pineville 403 So.2d 49, 53 (La. 1981); Minyard v. Curtis Products, Inc. 205 So.2d 422 (La. 1967). 34 Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659, 663 ff. (E.D.La. 2009) zu den Maßstäben für eine Kenntnis des Aufenthaltsorts des Bilds: „Furthermore, the location of the painting at issue has been ascertainable since its sale. Plaintiff’s mother recorded the sale and loaned the painting to local and national galleries for public exhibitions. […] Given this evidence, the Reichel family and its heirs had ample notice of any possible claim to the painting.“ 35 Bibas, 103 Yale L.J. 2437, 2440 (1994); Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 162 (2019); Hayworth, 43 Duke L.J. 337, 345 ff. (1993).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

werk in der Person des Erwerbers. Grenze des Restitutionsverlangens für ein unrechtmäßig entzogenes Kunstwerk bildet daher allein die Verjährung oder die Verwirkung des Klagerechts.36

II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln

Dabei unterliegen Herausgabeklagen in NS-Raubkunstfällen nach Erlass des HEAR Act – auf den in einem späteren Kapitel noch umfassend eingegangen wird37 – derzeit keiner Verjährung, sind mithin, selbst wenn die Verjährung nach dem eigentlich anwendbaren bundesstaatlichen Recht schon eingetreten sein sollte, noch durchsetzbar. Zudem haben auch die einzelnen Bundesstaaten, wie etwa New York oder Kalifornien, teilweise sehr klägerfreundliche Verjährungsregeln. Nach der in New York geltenden demand and refusal rule38 beginnt die Verjährungsfrist bei Herausgabeklagen gegen einen gutgläubigen Erwerber z.B. erst zu laufen, wenn der (vermeintliche) Eigentümer den Besitzer zur Herausgabe aufgefordert und dieser die Rückgabe verweigert hat: „the cause of action against a person who lawfully comes by a chattel arises, not upon the stealing or the taking, but upon the defendant’s refusal to convey the chattel upon demand.“39 Dieser Grundsatz wurde bei einer der ersten Restitutionsstreitigkeiten vor US-Gerichten, dem Verfahren Menzel v. List40 aus dem Jahr 1966, entwickelt. Sachverhalt: 41 Gegenstand des Verfahrens ist die Herausgabe der Gouache Le Paysan a L‘Echelle42 von Marc Chagall. Nachdem die Klägerin Erna Menzel das Gemälde 1932 bei einer Auktion in Belgien für 3.800 Belgische Francs erworben hatte, ließ sie es mit ihren anderen Besitztümern dort zurück, nachdem die Nazis 1940 in Belgien einmarschiert waren. Dort wurde es vermutlich vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) als entartete Kunst

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Sowie ggf. die act of state doctrine; dazu noch sub § 6.II. Dazu noch sub § 7.II. 38 Im Kunstrecht z.B. Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 316 ff. (NY Ct. App. 1991): „The rule in this State is that a cause of action for replevin against the good-faith purchaser of a stolen chattel accrues when the true owner makes demand for return of the chattel and the person in possession of the chattel refused to return it.“ 39 Menzel v. List 267 N.Y.S.2d 804, 809 (NY Sup. Ct. 1966). Die Rule wurde aus Gillet v. Roberts 57 N.Y. 28 (1874) entwickelt, blieb jedoch nicht ohne Kritik (Hawkins et al., 64 Fordham L. Rev. 49, 66 [1995]). 40 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966); mod. on other grounds 28 A.D.2d 516, 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); mod. rev. 24 N.Y.2d 91, 246 N.E.2d 742, 298 N.Y.S.2d 979 (NY Ct. App. 1969). 41 Entnommen aus Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966). 42 Das Gemälde wird auch unter der Bezeichnung Le paysan a l‘Echelle, Nez et Echelle, Le Paysan, L‘echelle sur le Nez und L‘echelle de Jacob geführt, vgl. Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 303 (NY Sup. Ct. 1966). 37

II. Klägerfreundliche Verjährungsregeln

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beschlagnahmt. 43 Nachforschungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs blieben erfolglos, das Gemälde galt als verschollen.44 Erst 1955 tauchte das Bild wieder in Paris auf und wurde dort in einer Kunstgalerie vom Ehepaar Perls gekauft, die es im selben Jahr an Albert List weiterveräußerten,45 wobei die genauen Umstände des Eigentumswechsels während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit nicht mehr mit letzter Sicherheit geklärt werden konnten. Nachdem Frau Menzel – die zwischenzeitlich in die USA übergesiedelt war – Kenntnis vom Aufenthaltsort des Gemäldes erlangt hatte, machte sie 1962 eine Herausgabeklage (replevin action46) gegen den ebenfalls in den USA lebenden Herrn List geltend. Entscheidung: Der New Yorker Supreme Court judizierte, dass die Beschlagnahme des Gemäldes durch den ERR47 außerhalb des deutschen Staatsgebiets erfolgte und daher jedenfalls wegen Verstößen gegen die Haager Landkriegsordnung von 1899/1907 und das Völkergewohnheitsrecht nichtig sei48 und daher auch zivilrechtlich keine Wirkungen entfalten konnte. Weitere Veräußerungstatbestände änderten an diesem Ergebnis nichts, da nach USamerikanischem Verständnis auch kein gutgläubiger Erwerb an der Sache oder ein originärer Erwerb kraft Ersitzung möglich sei. Damit blieb Frau Menzel Eigentümerin des Bildes, das ihr durch die Beschlagnahme abhandengekommen war. Vor Gericht wurde daher vorrangig um die Frage der Verjährung der action in replevin gestritten: Obwohl mehr als 20 Jahre seit dem Verschwinden des Gemäldes vergangen waren, ging der New Yorker Supreme Court – unter Anwendung der demand and refusal rule49 – nicht von einer Verjährung aus, da der Anspruch erst 1962 geltend gemacht und die Rückgabe von Herrn List verweigert wurde und daher erst dann die (in der Regel) dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen hatte.

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Umfassend zur Beschlagnahme entarteter Kunst: Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem zweiten Weltkrieg, S. 25 ff. 44 Menzel v. List 246 N.E.2d 742, 743 (NY Ct. App. 1969). 45 Menzel v. List 246 N.E.2d 742, 744 (NY Ct. App. 1969). 46 Siehe dazu ausführlich sub § 6.I.1.a). 47 Umfassend Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 179 ff. 48 Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 305 ff. (NY Sup. Ct. 1966). Auch ist die Jurisdiktionsgewalt amerikanischer Gerichte nicht wegen eines Verstoßes gegen die act of state doctrine ausgeschlossen (Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 309 ff. [NY Sup. Ct. 1966]). Siehe ausführlich noch sub § 6.II. 49 Dieser Verjährungsansatz hat erhebliche Bedeutung für das Recht der Kunstrestitution, weil viele Herausgabeklagen für Kunstwerke vor New Yorker Gerichten geführt werden. Zwar gewährt das Recht des Staates New York dem Beklagten dabei einen sog. laches defense, wenn er nachweisen kann, dass der Kläger die Klageeinreichung ohne Grund verzögert hat und dem Beklagten dadurch einen Schaden entstanden ist (vgl. im Kunstsektor z.B. Republic of Turkey v. Metropolitan Museum of Art 762 F.Supp. 44, 46 f. [S.D.N.Y. 1990]; Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell, 569 N.E.2d 426, 431 [NY Ct. App. 1991]). Die Darlegungslast liegt jedoch beim Beklagten. Dieser Ansatz ist – vor dem Hintergrund gutgläubiger Erwerber, wie etwa öffentliche Kunstmuseen – auch in den USA nicht ohne Kritik geblieben, da es die Anwendung der demand and refusal rule und der schwierige Einsatz des laches defense dem Kläger erlaubt, Verjährungsvorschriften auszuhebeln („postponing […] demands indefinitely“) und dabei gutgläubigen Käufern zu schaden (so Bibas, 103 Yale L.J. 2437, 2440 [1994]; ausführlich noch sub § 7.III.).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

III. Gerichtsstand und FSIA III. Gerichtsstand und FSIA

Die Beliebtheit amerikanischer Gerichte für Restitutionsverfahren rührt jedoch nicht nur daher, dass die amerikanische Rechtsordnung – mit nuancierten Divergenzen in den Einzelstaaten – im Vergleich zu vielen kontinentaleuropäischen Jurisdiktionen als restitutionsfreundlicher gilt und häufig ein gutgläubiger Erwerb ebenso ausscheidet wie das Eingreifen von Verjährungsvorschriften. Ein bedeutender Vorteil des US-amerikanischen Prozessrechts, der in § 5 umfassend dargestellt wird, liegt auch darin, dass ein Gerichtsstand über den Besitzer des Kunstgegenstands schnell begründet werden kann. Insbesondere die sog. long arm statutes50 ermöglichen eine Jurisdiktionsbegründung bereits bei minimalen geschäftlichen Kontakten in den USA. Dies gilt sowohl für inals auch ausländische Beklagte. Zudem kann unter dem Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA) eine gerichtliche Zuständigkeit für Klagen gegen ausländische Staaten und Museen oder Kunsteinrichtungen in öffentlicher Hand begründet werden. Auch insoweit kann die Ausübung einer einmaligen commercial activity auf dem Staatsgebiet der USA zur gerichtlichen Zuständigkeit von US-Gerichten für Restitutionsklagen führen.51 Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist zudem die – an späterer Stelle noch umfassend dargestellte52 – expropriation exception unter dem FSIA, bei der sich die internationale Zuständigkeit von US-Gerichten für Restitutionsklagen gegen Staaten oder deren agencies and instrumentalities auch dann ergeben kann, wenn Klagegegenstand eine Enteignung unter Verletzung von internationalem Recht ist. Dabei geht die US-Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass die Entziehung eines Kunstgegenstandes während der NS-Zeit unter Verletzung internationalen Rechts erfolgte und damit eine internationale Zuständigkeit über ausländische Staaten und Museen begründen werden kann.

IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren in den USA IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren

Ein weiterer Vorteil für die Restitution von Kunstgegenständen ist schließlich darin zu sehen, dass sich die amerikanische Regierung schon früh für die Sicherung der Durchführung von Restitutionsverfahren in den USA eingesetzt hat. Grundlage dafür bildet meist der – nicht explizit auf Restitutionsstreitigkeiten zugeschnittene – National Stolen Property Act (NSPA),53 durch den die ––––––––––– 50

Dazu noch umfassend sub § 5.I.1. Umfassend sub § 5.II.2. 52 Einzelheiten dazu sub § 5.II.3. 53 18 U.S.C. § 2314–2315. 51

IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren

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US-Bundesregierung gestohlene Kunstgegenstände, die mehr als 5.000 USDollar wert sind und sich im amerikanischen Bundesgebiet befinden, beschlagnahmen und einziehen kann (seize and forfeit).54 Derartige civil forfeiture actions stellen eine sehr effektive Möglichkeit dar, wie ein Kläger seine Rechtsposition sichern kann; dies zeigte sich in der weltbekannten Entscheidung: 1. United States v. Portrait of Wally Dieser beinahe 12 Jahre andauernde Rechtsstreit55 ist einen Meilenstein für die Kunstrestitution in den USA, weil damit die Grundlagen zur Sicherung von Restitutionsverfahren, insbesondere gegenüber europäischen Staaten und Museen, gelegt wurden.

Abb. 6: Egon Schiele, Bildnis Walburga Neuzil, 1912.

––––––––––– 54 19 U.S.C. § 1595a(c) („Merchandise which is introduced or attempted to be introduced into the United States contrary to law shall be treated as follows: (1) The merchandise shall be seized and forfeited if it – (A) is stolen, smuggled, or clandestinely imported or introduced […].“) sowie 18 U.S.C. § 2314. 55 In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum Served on the Museum of Modern Art 677 N.Y.S.2d 872 (NY Sup. Ct. 1998); rev’d People v. Museum of Modern Art (In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum) 688 N.Y.S.2d 3 (NY App. Div. 1999); motion granted 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999); rev’d 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999) sowie das Verfahren auf Bundesebene U.S. v. Portrait of Wally 105 F.Supp.2d 288 (S.D.N.Y. 2000); reargument den. 2000 WL 1890403 (S.D.N.Y. 2000); summary judgment granted 2002 WL 553532 (S.D.N.Y. 2002); summary judgment den. 663 F.Supp.2d 232 (S.D.N.Y. 2009); stipulation and order of settlement and discontinuance, No. 99-CV-09940 (S.D.N.Y. 2010).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Sachverhalt:56 Lea Bondi-Jaray (1880–1969) war eine jüdische Kunsthändlerin in Wien mit besonderem Interesse für die Werke von Egon Schiele und anderen österreichischen Expressionisten. In den 1920er Jahren erwarb sie Schieles Gemälde Bildnis Walburga Neuzil (kurz Wally, 1912) und bewahrte es in ihrer Privatsammlung auf. Nach dem Anschluss Österreichs im Jahr 1938 musste sie ihre Galerie an Friedrich Welz, einen NS-Funktionär, weit unter Marktwert verkaufen. 1939 suchte Welz die Privatwohnung von Bondi-Jaray auf und forderte sie auch zur Übergabe des streitgegenständlichen Gemäldes mit der Begründung auf, es sei Teil des Kaufvertrags über die Galerie gewesen. Da Bondi-Jaray fürchtete, Welz könne ihre geplante Ausreise aus Österreich verhindern, übergab sie ihm das Bild und floh kurz darauf nach London. Nach Kriegsende wurde Welz vom US-Militär verhaftet und die Kunstwerke in seinem Besitz beschlagnahmt. Im Wege der external restitution57 wurden die Kunstgegenstände an den österreichischen Staat (an das Bundesdenkmalamt) übergeben. Dabei gingen die Militärbehörden (wohl) irrtümlich davon aus, dass das Gemälde Dr. Heinrich Rieger, einem ebenfalls bekannten Sammler von Schieles Werken, gehört hatte, dessen Sammlung ebenfalls von Welz aufgekauft wurde und der in Theresienstadt ermordet worden war. Im Begleitschreiben der US-Militärbehörden an das Bundesdenkmalamt wurde jedoch mitgeteilt, dass sich die Provenienz des Kunstwerks nicht zweifelsfrei zurückverfolgen lasse. Im Zuge eines Restitutionsverfahrens zwischen den Erben von Rieger – nunmehr in den USA lebend – und dem österreichischen Staat erklärten sich die Erben 1950 bereit, den größten Teil der Kunstsammlung von Rieger an das Wiener Kunstmuseum Belvedere zu verkaufen. Wally war Teil dieser Vereinbarung; dabei war den Erben Riegers die fehlerhafte Zuordnung des Kunstwerks zum Nachlass nicht bewusst. 1953 wurde Bondi-Jaray in London von dem bekannten österreichischen Kunstsammler Dr. Rudolf Leopold besucht, der sie darüber informierte, dass sich Wally im Belvedere befinde. Bondi erzählte Leopold, dass ihr das Gemälde gehört habe und von Welz unter Drohung abgenommen worden war. Sie bat ihn, dies auch dem Direktorium des Belvedere mitzuteilen und sicherte ihm im Gegenzug zu, sich nach Kunstwerken umzuhören, die Leopold – selbst ein Sammler von Schieles Werken – in London kaufen könnte. Ein Jahr später tauschte Leopold das Gemälde Wally vom Belvedere für ein anderes Kunstwerk von Schiele (Rainerbub) ein, gab es jedoch nicht an Bondi heraus, sondern behielt es selbst. Nachdem Bondi davon erfahren hatte, forderte sie Leopold im Jahr 1957 durch einen Anwalt zur Rückgabe des Gemäldes auf, was dieser jedoch ablehnte. Bondi sah von einer Klageerhebung gegen Leopold ab, da sie davon ausging, die österreichische Justiz würde einen Landsmann gegenüber einer Jüdin begünstigen. In den nächsten Jahren versuchte sie auf verschiedenen Wegen vergeblich, Leopold zur Rückgabe des Gemäldes zu bewegen, ehe sie schließlich 1969 in London verstarb. Leopold übertrug seine Sammlung 1994 an die österreichische Regierung, welche das nach ihm benannte Leopold-Museum in Wien errichtete und seine Sammlung dort ausstellte. 1997 wurde das Gemälde im Zuge einer Kunstleihgabe im Museum of Modern Art (MoMA) in New York als Teil der Ausstellung Egon Schiele: The Leopold Collection ausgestellt. Der Ausstellungskatalog enthielt eine von Leopold fingierte Provenienz mit

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Entnommen aus United States v. Portrait of Wally 105 F.Supp.2d 288 (S.D.N.Y. 2000) und Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 15 f. Vgl. auch Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 342 ff. m.w.N.; zum Thema freies Geleit Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 217 ff. m.w.N. 57 Dazu bereits sub § 3.II.

IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren

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nichtexistenten Namen von Vorbesitzern. 58 Bondi-Jarays Neffe erkannte das Bild, informierte das MoMA über dessen Herkunft und bat darum, dieses bis zur Klärung der Eigentumslage nicht nach Österreich zurückzusenden, was das MoMA jedoch ablehnte. Daraufhin wandten sich die Erben an das New York District Attorney’s Office. Im Januar 1998 erwirkte dieses eine subpoena gegen das MoMA, wonach das Gemälde bei einer Grand Jury abzuliefern sei, die zu entscheiden habe, ob es sich dabei um ‚stolen property‘ handele. Dagegen ging das MoMA gerichtlich durch alle Instanzen der New Yorker Gerichtsbarkeit vor; im September 1999 entschied das höchste New Yorker Gericht schließlich, dass die subpoena rechtswidrig sei, weil die Beschlagnahme von Kunstwerken, welche zu Ausstellungszwecken aus dem Ausland nach New York gebracht werden, nach New Yorker Recht nicht der Beschlagnahme (seizure) unterliegen.59 Damit war das Verfahren auf bundesstaatlicher Ebene beendet. Jedoch hatte der Fall bereits zu viel Aufsehen erregt. Unmittelbar nachdem die subpoena im Staat New York aufgehoben wurde, erging durch das United States Attorney’s Office eine vorläufige Beschlagnahmeanordnung auf Bundesebene, verbunden mit einer civil forfeiture action, um das Gemälde dauerhaft beschlagnahmen und im Anschluss an die Erben von Bondi-Jaray herausgeben zu können.60 Die Begründung für diese Vorgehensweise war, dass das Leopold Museum bundesstaatliches Recht verletzt habe, welches die Einfuhr von Kunstgegenständen, welche bekannterweise gestohlen wurden, verbietet (es handelt sich um die vorstehend genannten Bestimmungen des National Stolen Property Act61). Entscheidung: Daraufhin begann der lange Weg durch die US-amerikanische Bundesgerichtsbarkeit. Der District Court for the Southern District of New York ging zunächst davon aus, dass das Gemälde kein stolen property sei.62 Das Gericht argumentierte, das Gemälde habe seinen Status als ‚stolen‘ verloren, als es von den US-Militärbehörden an das Bundesdenkmalamt im Wege der external restitution übergeben worden sei. Daraufhin erreichte das Attorney’s Office die Möglichkeit, die Antragsschrift zu ergänzen63 und führte aus, dass die US-Militärangehörigen nicht realisiert hätten, dass Wally gestohlen worden war und das Bild niemals Gegenstand eines formalen Restitutionsverfahrens in Österreich gewesen sei.

––––––––––– 58 So ausdrücklich Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 16. Vgl. zur Restitutionspraxis Österreichs umfassend Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 237 f. sowie Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, S. 203 ff. 59 In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum Served on the Museum of Modern Art 677 N.Y.S.2d 872 (NY Sup. Ct. 1998); rev’d People v. Museum of Modern Art (In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum) 688 N.Y.S.2d 3 (NY App. Div. 1999); motion granted 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999); rev’d 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999). 60 Da es sich dabei um ein in rem-Verfahren handelt, wird im US-Recht der streitgegenständliche Vermögensgegenstand als Beklagter angeführt, dem insoweit ein Prozessführungsrecht (standing to sue) zukommt. Folglich wurde der Fall auch als United States v. Portrait of Wally, a painting by Egon Schiele bekannt. 61 Vgl. 18 U.S.C. § 2314 sowie 19 U.S.C. § 1595a sowie oben Fn. 54. Wenig bekannt ist, dass in diesem Zusammenhang auch die Erben von Fritz Grünbaum eine Beschlagnahme des Kunstwerks Tote Stadt III von Egon Schiele bewirkten. Das Verfahren wurde jedoch bereits im Mai 1998 beendet, weil die Erben ihre Erbenstellung nach Fritz Grünbaum nicht nachweisen konnten. Näher dazu Schnabel/Tatzkow, Nazi-looted Art, S. 392 sowie Reif v. Nagy 175 A.D.3d 107, 115 (NY App. Div. 2019). 62 United States v. Portrait of Wally 105 F.Supp.2d 208 (S.D.N.Y 2000). Da der District Court insgesamt vier opinions erließ, wird diese Entscheidung auch als Wally I bezeichnet. 63 United States v. Portrait of Wally 2000 WL 1890403 (S.D.N.Y. 2000) – Wally II.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Im Anschluss hob das Gericht seine erste Entscheidung aus dem Jahr 2000 im April 2002 wieder auf.64 Der District Court entschied nunmehr, dass es sich bei Wally um stolen property handelte, als es in die USA eingeführt wurde und wies auch das übrige Verteidigungsvorbringen des Leopold Museums zurück. Insbesondere bestehe keine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit Österreichs für Restitutionsverfahren aufgrund des Österreichischen Staatsvertrags von 1955;65 auch das Völkerrecht oder die act of state doctrine66 gebiete keine abweichende Beurteilung. Schließlich wurde der laches defense des Museums oder eine Verletzung von Verfahrensrechten nicht für durchgreifend erachtet.67 In den nächsten sechs Jahren erfolgte von beiden Seiten eine umfassende pretrial discovery,68 ehe das Verfahren im Jahr 2009 fortgeführt wurde.69 Der District Court entschied sodann in einem weiteren Urteil, auf Grundlage der vorgelegten Beweismittel ergebe sich, dass Wally von Dr. Leopold unterschlagen worden und daher auch noch stolen property gewesen sei, als es 1997 in die USA eingeführt wurde. Der Begriff stolen im NSPA sei dabei weit auszulegen und umfasse jede Form des Rechtsverlusts ohne oder gegen den Willen des bisherigen Eigentümers.70 Nach Ansicht des Gerichts sei die Beweislage insoweit so eindeutig, dass es eines weiteren trial nicht bedürfe.71 Auch die Sicherstellung des Gemäldes durch die US-Militärbehörden ändere nichts an der Eigentumslage, weil der Reparations, Deliveries, and Restitution Division (RDR) der US-Streitkräfte nicht bewusst gewesen sei, dass Wally gestohlen worden war.72 Das gleiche gelte für das Restitutionsverfahren von BondiJaray gegen Welz, das sich allein um die Wiedererlangung der Galerie drehte.73 Da auch ein gutgläubiger Eigentumserwerb des Belvedere, von Dr. Leopold oder des Leopold-Museums nach österreichischem Recht ausscheide, weil alle Beteiligten die Erwerbshistorie des Gemäldes gekannt bzw. sich dem Ursprung des Bildes grob fahrlässig verschlossen hatten und daher nicht in gutem Glauben gewesen seien, sei der objektive Tatbestand der civil forfeiture action erfüllt.74 Für den Erfolg der forfeiture action mussten die USA jedoch noch darlegen, dass das Leopold Museum – bzw. Dr. Leopold als dessen Namenspatron – auch gewusst habe oder jedenfalls bei Anlegung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass Wally auch dann noch stolen property war, als es in die USA verbracht wurde und damit auch die sub-

––––––––––– 64

United States v. Portrait of Wally 2002 WL 553532 (S.D.N.Y. 2002) – Wally III. Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, gegeben zu Wien am 15. Mai 1955 (BGBl. 1955, S. 725). 66 Dazu noch sub § 6.II. 67 United States v. Portrait of Wally 2002 WL 553532 at *22 ff. (S.D.N.Y. 2002) – Wally III. 68 Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 18; umfassend dazu Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, Rn. 109 ff. 69 United States v. Portrait of Wally 663 F.Supp.2d 232 (S.D.N.Y. 2009) – Wally IV. 70 United States v. Portrait of Wally 663 F.Supp.2d 232, 252 (S.D.N.Y. 2009) mit Verweis auf United States v. Schultz 333 F.3d 393, 399 (2nd Cir. 2003). 71 Umfassend Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 25 ff. 72 Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 29 f. Damit konnte auch die sog. recovery doctrine nicht zur Anwendung gelangen, wonach „one cannot be convicted of receiving stolen goods if, before the stolen goods reached the receiver, the goods had been recovered by their owner or his agent, including the police“ (vgl. United States v. Muzii 676 F.2d 919, 923 [2nd Cir. 1982]). 73 Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 30 f. 74 Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 34 ff. 65

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jektive Seite des NSPA erfüllt sei.75 Einzig für diese Frage ordnete das Gericht ein jury trial an,76 ging jedoch davon aus, dass die US-Regierung bereits derart gewichtige Beweismittel vorgelegt habe, wonach Dr. Leopold die erforderliche Kenntnis gehabt habe, dass es nun an den Beklagten gelegen hätte, das Gegenteil zu beweisen.77 Zu einer finalen Entscheidung durch US-Gerichte kam es daraufhin nicht.78 Die mündliche Verhandlung für das jury trial war auf den 26.07.2010 angesetzt; Rudolf Leopold starb im Juni desselben Jahres. Daraufhin einigten sich das Leopold Museum und die Erben von Lea Bondi-Jaray im Vergleichswege, wonach diese das Gemälde für den geschätzten Marktwert von 19 Millionen US-Dollar an das Museum verkauften und alle Beteiligten die forfeiture action für erledigt erklärten. Wally hängt heute im Leopold Museum in Wien, verbunden mit einem Hinweis, der über die Hintergründe des Gemäldes Auskunft gibt.79

2. Anwendung von civil forfeiture actions bei Restitutionsstreitigkeiten Neben Wally haben US-Bundesbehörden mehrfach civil forfeiture-Verfahren initiiert, um NS-Raubkunst zu beschlagnahmen und an die Erben der ursprünglichen Eigentümer herauszugeben. Dabei wurde nicht nur der National Stolen Property Act, sondern auch eine zollrechtliche Bestimmung (18 U.S.C. § 54580) zur Grundlage genommen, um Kunstwerke mit unklarer Provenienz einzuziehen.

––––––––––– 75 Umfassend zur Beweislast in civil forfeiture actions: Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 23 f. m.w.N. 76 United States v. Portrait of Wally 663 F.Supp.2d 232, 271 f. 77 United States v. Portrait of Wally 663 F.Supp.2d 232, 273: „[…] the Government has met its threshold burden of showing probable cause to believe Dr. Leopold knew Wally was stolen, the Museum will bear the burden of proving at trial that he did not.“ 78 Zu den folgenden Einzelheiten siehe Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 41 m.w.N. 79 Vgl. die Internetpräsenz des Museums, , abgerufen am 06.10.2020. 80 „Whoever fraudulently or knowingly imports or brings into the United States, any merchandise contrary to law, or receives, conceals, buys, sells, or in any manner facilitates the transportation, concealment, or sale of such merchandise after importation, knowing the same to have been imported or brought into the United States contrary to law – Shall be fined under this title or imprisoned not more than 20 years, or both. […] Merchandise introduced into the United States in violation of this section, or the value thereof, to be recovered from any person described in the first or second paragraph of this section, shall be forfeited to the United States. […].“

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

a) U.S. v. One Tintoretto Painting

Abb. 7: Jacopo Tintoretto, Heilige Familie mit der Katharina und dem verehrenden Stifter, 16. Jahrhundert.

Eine solche Vorgehensweise kann etwa im Verfahren U.S. v. One Tintoretto Painting beobachtet werden. 81 Gegenstand der Beschlagnahme ist das Gemälde Heilige Familie mit der Katharina und dem verehrenden Stifter von Jacopo Tintoretto aus dem 16. Jahrhundert, welches in den Wirren des Zweiten Weltkriegs aus der Staatlichen Kunstsammlung Dresden gestohlen wurde.82 1948 soll es angeblich von Isaac Silberberg, der in der russischen Armee gedient hatte, in einem Second-Hand-Shop in Moskau für 20.000 US-Dollar in Rubel (sic!) erworben worden sein. 1979 veräußerte dieser es an den Kunsthändler Raymond Vinokur, der es wiederum – mit der Hilfe eines Geschäftspartners und unter Verwendung falscher Angaben gegenüber den amerikanischen Zollbehörden – in die USA einführte. Nachdem die Zollbehörden Unstimmigkeiten bei den Einfuhrerklärungen entdeckten, gab sich ein verdeckter Ermittler des FBI als interessierter Käufer aus und Vinokur versuchte, das Gemälde für 250.000 US-Dollar an ihn zu veräußern. Dies nahm die US-Regierung zum Anlass, das Bild als defendant in rem gem. 18 U.S.C. § 545 zivilrechtlich zu beschlagnahmen, weil es unerlaubt und durch Angabe falscher Zollerklärungen in die USA eingeführt worden sei. Nachdem das Ausgangsgericht die Beschlagnaheanordnung noch bestätigt hatte, wurde das Verfahren aus formalen Gründen aufgehoben und die US-Be––––––––––– 81 U.S. v. One Tintoretto Painting 527 F.Supp. 1071 (S.D.N.Y. 1981); rev’d 691 F.2d 603 (2nd Cir. 1982). 82 Sachverhalt entnommen aus U.S. v. One Tintoretto Painting 691 F.2d 603 f. (2nd Cir. 1982).

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hörden einigten sich mit Silberberg, der behauptete, nichts von der illegalen Einfuhr in die USA gewusst zu haben, auf die Rückgabe des Gemäldes.83 b) U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso

Abb. 8: Pablo Picasso, Femme en blanc, 1922; (c) Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2020.

Eine ähnliche Entscheidung bildet United States v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso.84 Das 1922 entstandene Gemälde wurde 1926/27 von der Jüdin Charlotte Landsberg und/oder ihrem Ehegatten erworben und 1938/39 – als das Ehepaar Landsberg aus Deutschland floh – zu dem Pariser Kunsthändler Justin K. Thannhauser zur treuhänderischen Verwahrung gesendet. Dieser floh 1940 nach der Okkupation Frankreichs ebenfalls, wobei sein gesamtes Vermögen von den Nazis beschlagnahmt wurde. 1975 erwarb ein New Yorker Kunsthändler das Gemälde von einem Kunsthaus in Paris, der es sogleich an das Ehepaar Alsdorf weiterveräußerte. Als das Gemälde 2002 für einen potentiellen Verkauf in die Schweiz verbracht wurde, wurde ein Kunsthändler auf das Werk aufmerksam, der das Art Loss Register in London informierte. ––––––––––– 83 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 385. 84 U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso 362 F.Supp.2d 1175 (C.D.Cal. 2005). Sachverhalt entnommen aus a.a.O., 1179 ff.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Daraufhin forderte ein Erbe von Frau Landsberg das Gemälde im Jahr 2002 zurück. Obwohl das Art Loss Register auch Frau Alsdorf – nach dem Tod ihres Ehemanns alleinige Besitzerin des Bildes – über die Raubkunstvergangenheit informierte und dafür entsprechende Belege vorlegte, versuchte diese, das Gemälde nach Chicago in die USA zurückzusenden. Neben verschiedenen anderen gerichtlichen Auseinandersetzungen85 leitete die US-Regierung Ende 2004 daher ein zivilrechtliches Beschlagnahmeverfahren ein, weil Frau Alsdorf versucht hatte, bekanntermaßen gestohlenes Eigentum in die USA einzuführen. Daraufhin einigten sich die Beteiligten im Vergleichswege, wobei die Erben auf ihre Ansprüche an dem Gemälde gegen Zahlung von 6,5 Millionen USDollar verzichteten.86 c) U.S. v. One Painting entitled ‘Winter’ aka ‘Skaters’ aka ‘Snow’

Abb. 9: Gari Melchers, Winter, um 1880–1890.

In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass die US-Behörden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des HEAR Act – den Einsatz von civil forfeiture actions bei Kunstwerken mit NS-Raubkunstverdacht noch klarer forcieren. In einem aktuellen, noch nicht abgeschlossenen in rem-Verfahren (U.S. v. One Painting ––––––––––– 85

Einzelheiten bei U.S. v. Oil painting entitled ‘femme en blanc’ 362 F.Supp.2d 1175, 1179 (C.D.Cal. 2005); Bennigson v. Alsdorf BC287294 (Cal. Super. Ct. 2003 – unreported); aff’d, No. B168200 (Cal. Ct. App. 2004); dismissed, No. S124828 (Cal. Sup. Ct. 2005). Siehe auch Alsdorf v. Bennigson, No. 4-cv-5953 (N.D.Ill. 2004). 86 Kreder, 88 Or. L. Rev. 37, 59 (2009).

IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren

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entitled ‚Winter‘ aka ‚Skaters‘ aka ‚Snow‘87) strengten die USA z.B. ein Beschlagnahmeverfahren gegen ein Gemälde des deutsch-amerikanischen Künstlers Gari Melchers an, weil dieses unter Verstoß gegen den NSPA in die USA eingeführt wurde. Der deutsche Verleger und Kunstsammler Rudolf Mosse erwarb das streitgegenständliche Gemälde bei der Großen Berliner Kunstausstellung 1900 unmittelbar vom Künstler. Da der Familie Mosse u.a. das Berliner Tageblatt (eine NSDAP-kritische Zeitung) gehörte, beschlagnahmen und veräußerten die Nationalsozialisten die umfangreiche Kunstsammlung der jüdischen Familie, nachdem diese 1933 aus Deutschland geflohen war. Der weitere Verbleib des Gemäldes blieb zunächst unklar. Wenig später erwarb der amerikanische Unternehmer Bartlett Arkell das Gemälde von einer Galerie in New York City für seine persönliche Sammlung. Später wurde es Teil der Sammlung des Museums, das seinen Namen (Arkell Museum im Bundesstaat New York) trägt, bis es schließlich vom FBI aufgrund seiner unklaren Provenienz beschlagnahmt wurde, mit dem Ziel, es den Nachfahren der Familie Mosse zurückzugeben. d) Weitere Fälle In einem ähnlichen Fall strengte die US-Regierung ein in rem-Verfahren gegen ein Gemälde von Pierre Louis Goudreaux an, das 2013 in einem New Yorker Auktionshaus zum Verkauf angeboten wurde.88 Auch dabei geht es um eine civil forfeiture action wegen Verstoßes gegen verschiedene Bundesgesetze (insb. 18 U.S.C. §§ 2314 und 2315 sowie 19 U.S.C. § 1595a(c)). Das Gemälde soll von deutschen Truppen oder deren Verbündeten aus dem Khanenko-Museum in Kyiv/Ukraine entwendet worden sein. 2013 tauchte es wieder in einem New Yorker Auktionshaus auf und gab eine Privatsammlung in London bzw. Massachusetts als Provenienz an. Nachdem das Khanenko-Museum Ansprüche an dem Bild geltend gemacht hatte und das FBI Erkenntnisse davon erlangte,

––––––––––– 87 U.S. v. One Painting entitled ‚Winter‘ aka ‚Skaters‘ aka ‚Snow‘, Civil Action No. 1:19cv-1271 (MAD/CFH) vor dem N.D.N.Y. Siehe ferner DOJ 18-359 (D.O.J.), 2018 WL 5096261; DOJ 19-106 (D.O.J.), 2019 WL 1471206 zu einem (erfolgreichen) forfeiture-Verfahren vor dem S.D.N.Y. über ein Gemälde von Salomon Koninck (A Scholar Sharpening His Quill, 1639), das von einem chilenischen Sammler in New York zum Verkauf angeboten werden sollte und während des Zweiten Weltkriegs vom Einsatzstab Reichleiter Rosenberg (ERR) in Frankreich bei Adolphe Schloss beschlagnahmt wurde. Vgl. zudem DOJ 18-310 (D.O.J.), 2018 WL 4358038 zur Rückgabe des Gemäldes Deux Femmes dans un jardin (1919) von Pierre Auguste Renoir an die Erben von Alfred Weinberger. 88 U.S. v. The painting formerly entitled A Family Portrait and currently entitled An Amourous Couple or alternatively A Loving Glance by the artist Pierre Louis Goudreaux, Case No. 1:19-cv-02517 (S.D.N.Y. 2019 – pending).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

dass das Gemälde tatsächlich dem Museum gehörte, wurde das (noch nicht abgeschlossene) forfeiture-Verfahren eingeleitet.89 Im Jahr 2012 ließ die US-Bundesregierung zudem das Gemälde Cristo Portacroce Trascinato Da Un Manigoldo von Girolamo Romano (16 Jh.) beschlagnahmen, welches als Leihgabe aus Italien in ein Museum nach Florida gebracht wurde. Nachdem keiner der auf Beklagtenseite Beteiligten (ein italienisches Museum, die Republik Italien und das italienische Kultusministerium) Verteidigungsbereitschaft anzeigten, erging ein Versäumnisurteil 90 und das Gemälde wurde später von den USA an die Erben des ursprünglichen Eigentümers, dem das Gemälde im Rahmen einer Zwangsauktion unter dem VichyRegime in Frankreich entzogen wurde, restituiert.91 3. Der Schutz des internationalen Kulturgüterverkehrs durch anti seizure acts Diese weitreichenden Beschlagnahme- und Verfallsbefugnisse von US-Behörden haben erheblichen Einfluss auf den internationalen Leihverkehr in und mit den USA, insbesondere wenn man die Anzahl von Kunstwerken mit unklarer Provenienz berücksichtigt, die sich noch in öffentlichen Museen befinden.92 Denn selbst wenn die verleihende Institution im Ausland nicht der Jurisdiktionsgewalt von US-Gerichten unterliegen sollte, kann ein in die USA verliehenes Bild als defendant in rem dem Zugriff von US-Behörden und damit – wie etwa im Fall Portrait of Wally93 – der zivilrechtlichen Beschlagnahme unterliegen. Da insoweit bei der US-Regierung die Befürchtung bestand, ausländische Kunstinstitutionen könnten von Leihgaben in die USA dauerhaft Abstand nehmen, reagierte der Gesetzgeber mit dem Erlass einer Immunity from Judicial ––––––––––– 89 In ähnlicher Weise hat das Department for Homeland Security die Möglichkeit einer civil forfeiture action bei Verstößen gegen den NSPA benutzt, um zwei Bilder von Julian Fałat zu beschlagnahmen und nach Polen zurückzubringen (United States v. One Julien Falat Painting Entitled “Off to the Hunt” and One Julian Falat Painting Entitled “The Hunt,” Civil Action No. 10 Civ 9291 [S.D.N.Y. 2010]; dazu Kreder, 88 Wash. U. L. Rev. 1353, 1356 mit Einzelheiten). 90 United States v. Painting Known as “Cristo Portacroce”, No. 4:11-cv-00571 (N.D.Fla. 2012). Leider wird aus der Entscheidung nicht ersichtlich, wieso das Gemälde keinen Schutz vor Beschlagnahme als „cultural object imported for temporary exhibition or display“ (siehe dazu sub § 4.IV.3.) genoss. Pikanterweise war der italienischen Regierung (wohl) bewusst, dass die Provenienz des Gemäldes zweifelhaft ist, was ein Grund dafür sein könnte, dass man sich gegen die Klage nicht verteidigte. 91 Siehe die Einzelheiten des Falles bei , abgerufen am 06.10.2020. 92 Vgl. bereits sub § 1.I. 93 Dazu bereits sub § 4.IV.1. Für die deutsche Rechtslage umfassend Weller, IPRax 2011, 574 ff. sowie z.B. KG Beschl. v. 05.03.2010 – 18 W 2/10, juris.

IV. Schritte zur Sicherung von NS-Restitutionsverfahren

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Seizure Statute:94 Sofern ein Kunstgegenstand aufgrund einer vorausgehenden Leihvereinbarung mit einem amerikanischen Museum in die USA gebracht wird und für eine Ausstellung o.ä. bestimmt ist, die nicht auf Gewinnerzielung angelegt ist,95 erhält das Kunstwerk freies Geleit und unterliegt keinen forfeiture actions, sofern der US-Präsident (bzw. ein von ihm ernannter Delegierter) festgestellt hat, dass es sich um einen bedeutenden Kunstgegenstand (‚object of cultural significance‘) handelt und dessen Ausstellung in den USA im nationalen Interesse liegt. Dabei wird der Terminus ‚work of art or other object of cultural significance‘ grundsätzlich weit verstanden und findet sowohl auf private wie auch hoheitliche Leihgeber Anwendung.96 Liegt die Ausstellung des Kunstwerkes im nationalen Interesse, muss schließlich eine Immunitätsmitteilung im Federal Register bekannt gemacht werden.97 Rechtsfolge ist, dass ausländische Leihgaben gegen jede Form von gerichtlicher Entscheidung von US-Gerichten immun sind98 und eine Jurisdiktionsgewalt in rem daher nicht begründet werden kann. Die Immunität greift auch ein, wenn der Kunstgegenstand als NS-Raubkunst zu klassifizieren ist; daher wurde z.B. die Beschlagnahme von El Grecos Mount Sinai, welches als Leihgabe in die USA kam und einem jüdischen Sammler in Ungarn während ––––––––––– 94

22 U.S.C. § 2459(a): „Whenever any work of art or other object of cultural significance is imported into the United States from any foreign country, pursuant to an agreement entered into between the foreign owner or custodian thereof and the United States or one or more cultural or educational institutions within the United States providing for the temporary exhibition or display thereof within the United States at any cultural exhibition, assembly, activity, or festival administered, operated, or sponsored, without profit, by any such cultural or educational institution, no court of the United States, any State, the District of Columbia, or any territory or possession of the United States may issue or enforce any judicial process, or enter any judgment, decree, or order, for the purpose or having the effect of depriving such institution, or any carrier engaged in transporting such work or object within the United States, of custody or control of such object if before the importation of such object the President or his designee has determined that such object is of cultural significance and that the temporary exhibition or display thereof within the United States is in the national interest, and a notice to that effect has been published in the Federal Register.“ 95 Wobei sich diese Voraussetzung in den letzten Jahren wohl etwas abgeschwächt zu haben scheint, vgl. Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 185 m.w.N. 96 Kühl, Der internationale Leihverkehr der Museen, S. 11 ff. 97 In der Praxis wird die Aufgabe nach 22 U.S.C. § 2459 an den Direktor der US Information Agency übertragen (vgl. Executive Order 12047 – Imported objects of cultural significance vom 23.03.1978). 98 Kühl, Der internationale Leihverkehr der Museen, S. 11 ff. Soweit ersichtlich, stand die Immunitätsentscheidung bislang allein in Delocque-Fourcand v. Los Angeles County Museum of Art, Case No. CV-03-5027 R (Ctx) (C.D.C. 2003) in Streit. Die Klage wurde jedoch vor Erlass eines Urteils zurückgenommen; vgl. zum Fall van Woudenberg, State Imminuty and Cultural Objects on Loan, S. 167 ff. m.w.N.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

der NS-Zeit abhandengekommen war, abgelehnt.99 Damit soll für verleihende Institutionen ein Anreiz für kulturelle Leihgaben und den Zufluss von Kulturgütern in die USA geschaffen werden.100 Auch die personal jurisdiction über ausländische Staaten und Kunstinstitutionen101 wird durch die Immunity from Judicial Seizure Statute beschränkt, indem der Import von Kunstgegenständen nicht als commercial activity im Sinne des FSIA angesehen wird, wobei diese Ausnahme jedoch nicht bei NS-Raubkunst gilt.102 Darüber hinaus steht es – trotz dieser föderalen Regelung – auch den einzelnen Bundesstaaten frei, eigene Immunitätsbestimmungen zu erlassen, die von den Bestimmungen des Bundesgesetzgebers divergieren können. Davon haben die Bundesstaaten in unterschiedlichem Umfang Gebrauch gemacht; ein wichtiges Beispiel ist § 12.03 ACAL (Arts and Cultural Affairs Law) des Staates New York,103 welcher eine sehr weitgehende Ausnahme von Beschlagnahmehandlungen in Bezug auf Leihgaben für Kunstausstellungen vorsieht. Denn im Gegensatz zur föderalen Gesetzgebung muss nach § 12.03 ACAL kein Verwaltungsverfahren zur Erlangung von Immunität durchgeführt werden; die Immunität wird ex lege für jedes work of fine art gewährt, das als Ausstellungsstück aus dem Ausland oder einem anderen US-Bundesstaat nach New York gelangt.104 4. Bewertung Auch wenn US-Behörden hoheitliche Befugnisse zur Sicherung privater Rechte im Grundsatz eher zurückhaltend nutzen, werden Beschlagnahme- und Ein––––––––––– 99

Deutsch v. Metropolitan Museum of Art, No. 0100902/2004, slip op. 55 (NY Sup. Ct. 2004); zum Inhalt des Falles siehe van Woudenberg, State Immunity and Cultural Objects on loan, S. 170 f. Siehe ferner den Fall In re Alterr, Inc., dba Ashkenazie & Co., No. 95-bk3312 (Bankr. N.D.Cal. 1995). 100 Näher Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 182 m.w.N. 101 Ausführlich dazu noch sub § 5.II. 102 Vgl. 28 U.S.C. § 1605(h)(1) sowie die Ausnahme für Nazi-era-claims in 28 U.S.C. § 1605(h)(2)(A) sowie noch sub § 5.II.4.d). 103 „No process of attachment, execution, sequestration, replevin, distress or any kind of seizure shall be served or levied upon any work of fine art while the same is enroute to or from, or while on exhibition or deposited by a nonresident exhibitor at any exhibition held under the auspices or supervision of any museum, college, university or other nonprofit art gallery, institution or organization within any city or county of this state for any cultural, educational, charitable or other purpose not conducted for profit to the exhibitor, nor shall such work of fine art be subject to attachment, seizure, levy or sale, for any cause whatever in the hands of the authorities of such exhibition or otherwise.“ Diese Bestimmung war auch Gegenstand des Verfahrens Portrait of Wally, siehe dazu bereits sub § 4.IV.1. Vergleichbare Bestimmungen finden sich in Texas (Tex. Civ. Prac. & Rem. Code. § 61.081), Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 5-62-8) und Tennessee (Tenn. Code § 28-3-115). 104 Van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 162 f.

V. Besonderheiten des US-Prozessrechts

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ziehungsverfahren bei NS-Raubkunst für zulässig erachtet, sofern zivilrechtliche Mittel nicht ausreichen, um den Eigentumskonflikt vor US-Gerichten klären zu lassen.105 Zwar gewähren umfassende Anti Seizure Acts heutzutage weitgehenden Schutz im internationalen Leihverkehr; auf anderem Wege in die USA (z.B. zum Zweck der Veräußerung) gelangte oder sich dort bereits befindende Kunstwerke werden in der Regel jedoch beschlagnahmt, wenn ein hinreichender Raubkunst-Verdacht besteht. Der Einsatz einer civil forfeiture action ist dabei auch deshalb besonders wirksam, weil der Besitzer diesem von der Exekutive betriebenen Verfahren sog. equitable defenses, wie etwa laches (Verwirkung des Klagerechts), bei der Anspruchsprüfung nicht entgegensetzen kann.106

V. Besonderheiten des US-Prozessrechts V. Besonderheiten des US-Prozessrechts

Schließlich spielen auch die Besonderheiten des US-Zivilprozessrechts eine entscheidende Rolle, warum US-Gerichte häufig als Forum für NS-Restitutionsstreitigkeiten angerufen werden. So kann der Kläger die Gegenseite etwa in Form einer pretrial discovery107 zur umfangreichen Vorlage von Dokumenten (z.B. im Zusammenhang mit einer Provenienzrecherche) zwingen, was bei der Rekonstruktion der Erwerbshistorie des Kunstgegenstands ein entscheidender Vorteil und zudem ein geeignetes Druckmittel zur Herbeiführung einer vergleichsweisen Einigung sein kann.108 In Restitutionsverfahren kommen zudem sog. interrogatories gem. Rule 33 FRCP zum Einsatz, womit der Beklagte verpflichtet werden kann, bestimmte Fragen der Gegenseite unter Eid schriftlich zu beantworten.109 Eine große Rolle für die Attraktivität des US-Rechtssystems in Restitutionsstreitigkeiten haben zudem die in den USA traditionell niedrigen Gerichtskosten (filing fees) und das Anwalts-Gebührensystem. Im Gegensatz zum Unterliegensprinzip, dass vielen europäischen Rechtsordnungen inhärent ist (vgl. § 91 ZPO), werden in erster Instanz grundsätzlich keine Anwaltskosten erstattet (American rule of costs). Damit kann bei einem Restitutionsverfahren mit ––––––––––– 105

Vgl. Kreder, 88 Wash. U. L. Rev. 1353, 1356 (2011). United States v. Portrait of Wally 663 F.Supp.2d 232, 274 (S.D.N.Y. 2009) für den Fall von laches. 107 Dazu umfassend im Zusammenhang mit der Restitution von NS-Raubkunst Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, §§ 36 ff. Für einen Vergleich zwischen US-amerikanischem und europäischem Verfahrensverständnis, vgl. Stürner, in: FS Stiefel 1987, S. 763 ff. 108 Den Klägern gereicht zudem zum Vorteil, dass viele US-Regierungsberichte aus dem Zweiten Weltkrieg nach der Zeit des Kalten Krieges für die Öffentlichkeit erstmals zugänglich gemacht wurden, vgl. Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 598 (2018). Umfassend McCarter Collins, 54 Me. L. Rev. 115, 119, 140 f. (2002). 109 Einzelheiten bei Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 37. 106

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

häufig ungewissem Ausgang ohne unüberschaubares Kostenrisiko prozessiert werden. Durch die dabei übliche Vereinbarung von Erfolgshonoraren (contingent fees)110 kann der Kläger vielmehr einen Fall vor Gericht bringen, wenn er einen Anwalt findet, der bereits ist, das Mandat zu übernehmen, und muss nicht damit rechnen, im Falle des Prozessverlusts auch noch die gegnerischen Anwaltskosten zu tragen.111 Eine fee fällt für den Kläger vielmehr nur bei einem Klageerfolg oder bei einer gütlichen Einigung der Parteien an. Folge ist, dass es in den USA tendenziell einfacher ist, einen Anwalt zu finden, der durch eine Erfolgsbeteiligung auch ein finanzielles Interesse an der Mandatsübernahme hat. Die Vereinbarung von contingent fees erlaubt es der Anwaltschaft, erfolgreiche und nicht erfolgreiche Klagen im Rahmen einer Querfinanzierung zu kombinieren. Dadurch hat sich in den USA eine spezialisierte Anwaltschaft für Kunstrestitutionsverfahren etabliert.112 Eine der größten auf Restitutionsrecht spezialisierten Kanzleien in den USA wirbt etwa auf ihrer Internetpräsenz mit der Aussage: „We have successfully resolved recovery claims on behalf of foreign governments, museums, the heirs of Holocaust victims, the heirs of famous artists and other claimants, and have recovered hundreds of lost and stolen antiquities and artworks […].“113 Diese Ausgestaltung hat jedoch auch Nachteile. Denn die Vereinbarung von Erfolgshonoraren kann dergestalt Fehlanreize setzen, dass bewusst Klagen von Nachfahren von NS-Opfern oder deren Anwälten provoziert werden, um im Erfolgsfalle eine möglichst große Entschädigungssumme bzw. Erfolgsbeteiligung zu erzielen. Geradezu zynisch kommentiert ein Beobachter die wachsende Zahl von NS-Restitutionsverfahren vor US-Gerichten: „The hottest new investment opportunity might surprise you – art restitution claims […] the payout can be phenomenal – possibly in the nine figures. Art and antiques restitution claims may be the tobacco litigation of this decade […].“114 Folge des US-amerikanischen Gebührensystems ist zudem, dass der Kläger den restituierten Kunstgegenstand selbst im Erfolgsfalle teilweise sofort wieder verkaufen muss, um das Anwaltshonorar aufbringen zu können. Auch wenn im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine ersichtlich missbräuchlichen Klagen vor US-Gerichten festgestellt wurden, sondern alle Verfahren ihren Ursprung in einem unberechtigten oder zumindest unter fraglichen Umständen vollzogenen Eigentumsverlust während der NS-Zeit haben, zeigen – vereinzelt gebliebene – Entscheidungen, dass es den Klägern dabei nicht immer nur um die Restitution von vergangenem Unrecht geht. Das kann in zwei aktuellen Entscheidungen verdeutlicht werden. ––––––––––– 110

Vgl. Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 4 m.w.N. Vgl. Rule 54 FRCP, auch zu den möglichen Ausnahmen. Weiterführend Kline, KUR 2015, 37, 40. 112 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 3 f. m.w.N. 113 Herrick, Feinstein LLP: (abgerufen am 06.10.2020). 114 Redman, 31 Fordham Int’l L. J. 781 (2008). 111

V. Besonderheiten des US-Prozessrechts

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1. Frenk v. Salomon115 Sachverhalt: Der jüdische Kunsthändler Paul Westheim besaß eine Kunstsammlung mit über 3.000 Werken vorrangig deutscher Expressionisten, darunter u.a. Paul Klees Opus 18, Otto Muellers Drei Akte, Max Pechsteins Portrait Paul Westheim, Edgar Jenés Plastische Imagination und Erich Heckels The Violinist. Als Westheim 1933 aus Deutschland floh, ließ er seine Kunstsammlung bei Charlotte Weidler, einer Kunstsammlerin in Berlin, zurück. Nachdem Westheim seine Sammlung nach dem Krieg zurückforderte, machte Frau Weidler geltend, die Sammlung sei während des Krieges im Bombensturm vernichtet worden. 1973 erfuhr die Ehefrau und Erbin des inzwischen verstorbenen Westheim, Frau Westheim-Frenk, jedoch, dass die Kunstsammlung nicht zerstört worden war, sondern Frau Weidler vielmehr Gegenstände daraus veräußert hatte. 1973 strengte sie daher ein Gerichtsverfahren gegen Frau Weidler an, welches mit einem Vergleich endete, mit dem Frau Westheim auf alle Ansprüche gegen Frau Weidler oder ihre Erben gegen Zahlung von (nur) 7.500 US-Dollar verzichtete (sog. release agreement). Entscheidung: Die nunmehr von den Erben erhobene, u.a. auf Herausgabe und Schadensersatz gerichtete Klage wurde – obwohl die Gegenseite zugesteht, im Besitz der Bilder gewesen zu sein – abgewiesen. Durch den in den letzten 50 Jahren eingetretenen Wertzuwachs der Kunstwerke erwies sich der 1973 geschlossene Vergleich ex post als nachteilhaft, weshalb Westheims Erben im Rahmen eines zweiten Restitutionsverfahrens versuchten, eine höhere Entschädigungssumme zu erstreiten. Damit hatten sie keinen Erfolg: „Here, the doctrines of contractual release and res judicata apply […]. Ms. Westheim-Frenk chose to settle and discontinue the 1973 Action ‘with prejudice’ on the advice of her New York counsel. […] By its terms, the Release applies to all actions Ms. Westheim-Frenk’s ‘heirs … can, shall or may have’ involving ‘any matter, cause or thing whatsoever from the beginning of the world to the day of the date of these presents.’“116 Das Gericht weigerte sich daher, erneut in eine Sachprüfung einzutreten.117

2. Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. In ähnlicher Weise ist das Verfahren Matter of Peters v. Sotheby’s Inc.118 einzuordnen:

––––––––––– 115 Frenk v. Salomon 2018 WL 4300960 (NY Sup. Ct. 2018); aff’d 173 A.D.3d 490, 100 N.Y.S.3d 25 (NY App. Div. 2019). Siehe zuvor schon 123 A.D.3d 416 (NY App. Div. 2014), 998 N.Y.S.2d 42 (NY App. Div. 2014) sowie 2018 WL 1510424 (NY Sup. Ct. 2018). 116 Frenk v. Salomon 2018 WL 4300960 at *4 f. (NY Sup. Ct. 2018). 117 Frenk v. Salomon 2018 WL 4300960 at *8 (NY Sup. Ct. 2018). 118 Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 821 N.Y.S.2d 61 (NY App. Div. 2006); app. den. In re Peters 8 N.Y.3d 809, 834 N.Y.S.2d 90 (NY Ct. App. 2007).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Abb. 10: Edvard Munch, Strasse in Kragerø, 1911–1912. Sachverhalt:119 Geklagt wird von den Erben von Kurt Glaser gegen das Auktionshaus Sotheby‘s auf Namensnennung des derzeitigen Besitzers von Munchs Gemälde Strasse in Kragerø (1911/1912), welcher das Gemälde bei einer von Sotheby’s durchgeführten Versteigerung erworben hatte. Glaser war seit den 1920er Jahren Direktor des Staatsmuseums Berlin. Im Zuge der Machtergreifung der Nazis floh er in die Schweiz. Der größte Teil seiner Kunstsammlung wurde – nach dem Vorbringen der Kläger – unter Zwang veräußert, um die Flucht aus Deutschland zu finanzieren. Das streitgegenständliche Gemälde blieb dagegen in der Obhut von Glasers Bruder Paul, selbst Kunsthändler, der das Bild ohne Einwilligung seines Bruders an eine Galerie veräußerte. Schließlich erwarb es Albert Otten, ein Industrieller, der behauptete, das Gemälde unmittelbar vom Künstler erworben zu haben. 1937 musste auch Otten Deutschland verlassen, konnte dabei jedoch seine Kunstsammlung zunächst in die Schweiz, dann in die USA überführen. 2002 wurde das Gemälde von der Familie Otten bei Sotheby’s für 1,5 Millionen US-Dollar versteigert. Entscheidung: Wie bereits im Verfahren Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc.120 geht es um die Frage, ob der Kläger einen plausiblen Klagegrund gegen den Erwerber geltend machen kann, der Sotheby’s zur Namensnennung verpflichten würde. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich um ein gestohlenes Gemälde handeln würde. Vorliegend stand jedoch kein NS-bedingter Raub oder ein forced sale im Raum, sondern die unberechtigte Veräußerung durch Glasers Bruder und damit kein verfolgungsbedingter Entzug: „The record evidence indicates that Albert Otten acquired the painting as a result of its transfer from one art dealer to another. As the ‘administrator of the property’ left behind by his brother and a dealer in works of art, Paul Glaser had the authority (apparent or actual) to convey the artwork […]. In short, the record does not support petitioner’s theory that Strasse in Kragero

––––––––––– 119

Entnommen aus Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 821 N.Y.S.2d 61 (NY App. Div. 2006). Bei dem Gemälde handelt es sich wahrscheinlich um das abgebildete Kunstwerk, auch wenn eine exakte Zuordnung sehr schwierig ist, da sich das Bild seit Jahrzehnten in Privatbesitz findet. 120 Bereits sub § 1.III.2.

VI. Die Bedeutung der restitution litigation

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was stolen, and the Otten family’s title is therefore superior to that now claimed by the estate.“121

VI. Die Bedeutung der restitution litigation für die außergerichtliche Streitbeilegung VI. Die Bedeutung der restitution litigation

Trotz der umfangreichen Rechtsprechungstätigkeit von US-Bundes- und bundesstaatlichen Gerichten wird der weit überwiegende Teil der Rechtsstreitigkeiten nicht mit einem rechtskräftigen Urteil abgeschlossen, sondern vielmehr durch eine außergerichtliche Einigung der Parteien. Zwischen 1986 und 2015 gab es mindestens 57 (der Öffentlichkeit bekannt gewordene) Verfahren, in denen eine Restitution vorgerichtlich oder durch Prozessvergleich zwischen den Parteien erfolgt ist,122 wobei die tatsächliche Zahl noch deutlich darüber liegen dürfte, da oftmals Stillschweigen über die vergleichsweise Einigung verabredet wird. So soll allein das Auktionshaus Christie’s in der letzten Dekade über 200 Verfahren vergleichsweise erledigt haben.123 Meist wird dabei eine Entschädigungssumme an die Erben gezahlt124 oder der Kunstgegenstand wird sogar von der entsprechenden Institution freiwillig herausgegeben.125 ––––––––––– 121

Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 35 f., 821 N.Y.S.2d 61 (NY App. Div. 2006) at [5]. Zudem wäre die Klage gegen den Erwerber jedenfalls wegen laches nicht mehr durchsetzbar gewesen: Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 37 f., 821 N.Y.S.2d 61 at [10] (NY App. Div. 2006). 122 Vgl. die von der Kanzlei Herrick, Feinstein LLP erstellte Liste „Resolved Stolen Art Claims“ (online unter , abgerufen am 06.10.2020). 123 Kline, KUR 2017, 13, 17. 124 Vgl. z.B. die Auseinandersetzung zwischen den Erben von Rosa und Jacob Oppenheimer und dem San Diego Museum of Art um das Gemälde Allegorie der Ewigkeit (um 1625–1630) von Peter Paul Rubens, welche im Jahr 2004 durch eine vergleichsweise Einigung erledigt wurde (näher Schnabel/Tatzkow, Nazi-looted Art, S. 265 ff.); gleiches gilt für die Auseinandersetzung zwischen den Erben von Alphonse Kann, einem Pariser Kunstsammler, und der Menil Collection in Houston/Texas bezüglich des Gemäldes Bach mit Alpen von Henri Matisse (näher Schnabel/Tatzkow, a.a.O., S. 336), die Abfindungsvereinbarung zwischen den Erben von Carlotta Landsberg und Marilynn Alsdorf bzgl. des Gemäldes Femme en blanc von Pablo Picasso (näher Benningson v. Alsdorf, Case No. 04 C 5953 [N.D.Ill. 2004] sowie sub § 4.IV.2.b)) und die Einigung zwischen den Erben von Josephine Weinmann und der Yale University Art Gallery bzgl. Gustave Courbets Gemälde Le Grand Pont (näher Schnabel/Tatzkow, a.a.O., S. 423 ff.). 125 Z.B. im Verfahren der Erben des Kunstsammlers André Jean Seligmann und dem Utah Museum of Fine Arts über Francois Bouchers Gemälde Les Amoureux Jeunes, welches das Museum nach umfangreichen Provenienzforschungen an die Erben herausgab (näher Schnabel/Tatzkow, Nazi-looted Art, S. 337) oder die Rückgabe des Gemäldes Portrait von Jean d’Albon an die Erben des Wiener Geschäftsmannes Julius Priester durch das Virginia Museum of Fine Arts (näher Schnabel/Tatzkow, a.a.O., S. 421 f.).

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Ohne Gerichtsdruck kommt eine vergleichsweise Einigung zwischen den Parteien jedoch häufig nicht zustande. In den meisten Fällen wird ein gerichtliches Verfahren initiiert, ehe sich die Parteien zur Vermeidung eines kostenund zeitintensiven Prozesses gütlich einigen.126 Insoweit kann die neuere, restitutionsfreundliche Gesetzgebung und Rechtsprechung ihren Effekt auch dadurch erreichen, dass die Parteien durch die umfangreiche Zuständigkeitsbegründung amerikanischer Gerichte und die Aufhebung von Verjährungsvorschriften zu einer gütlichen Streitbeilegung angehalten werden, um jahrelanges Prozessieren zu vermeiden. Die Bedeutung der außergerichtlichen bzw. gütlichen Streitbeilegung wird daher auch vom US-Bundesgesetzgeber hervorgehoben und ist letztlich ein intendiertes Ziel der gesetzgeberischen Aktivität der letzten Jahre, insbesondere durch den Erlass des HEAR Act.127 Dies kann bei den nachfolgenden Verfahren verdeutlicht werden: 1. Goodman v. Searle

Abb. 11: Edgar Degas, Paysage avec fumées de cheminées, um 1890.

––––––––––– 126 Vgl. z.B. das Verfahren Czartoryski-Borbon v. Turcotte No. 107958/97 (NY Sup. Ct. 1999); appeal withdrawn 264 A.D.2d 545, 697 N.Y.S.2d 228 (NY App. Div. 1999); auch Schnabel/Tatzkow, Nazi-looted Art, S. 417 f. In diesem Verfahren wurde auf Restitution eines Gemäldes von Jan Mostaert (Portrait eines Geschäftsmannes, um 1520) geklagt, das nach dem Vortrag des Klägers im Zuge der Besetzung Polens völkerrechtswidrig entzogen wurde. 127 Sec. 2(8) HEAR Act: „While litigation may be used to resolve claims to recover Naziconfiscated art, it is the sense of Congress that the private resolution of claims by parties involved, on the merits and through the use of alternative dispute resolution such as mediation panels established for this purpose with the aid of experts in provenance research and history, will yield just and fair resolutions in a more efficient and predictable manner.“

VI. Die Bedeutung der restitution litigation

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Das medial inszenierte Verfahren Goodman v. Searle128 handelte von Edgar Degas Gemälde Paysage avec fumées de cheminées/Landscape with Smokestacks (um 1890). Das Gemälde gehörte zunächst Friedrich und Louise Gutmann, welche das Bild auf ihrem Landsitz in den Niederlanden aufbewahrten. 1939 schickte das Ehepaar das Gemälde mit anderen Kunstwerken nach Paris, um es dort vor dem drohenden Einmarsch der Nationalsozialisten in Sicherheit zu bringen. Nachdem diese auch Paris besetzt hatten, wurde das Gemälde zunächst – unter im Einzelnen unklaren Umständen – beschlagnahmt und im Jeu de Paume gelagert. Der dem NS-Regime nahestehende Kunsthändler Hans Wendland erwarb das Gemälde und veräußerte es an seinen Schwager in Basel. Danach verliert sich die Spur des Gemäldes zunächst in der Geschichte. 129 Etwa 40 Jahre später wurde es vom amerikanischen Kunstsammler Daniel Searle erworben. 1996 klagten die Erben der Gutmanns, welche das Gemälde bei einer Ausstellung im Museum of Modern Art zufällig entdeckt hatten, zunächst vor einem Bundesgericht in New York, wobei der Fall zuständigkeitshalber in den Northern District of Illinois transferiert wurde. Dort wurde das Verfahren verglichen, nachdem sich das Gericht weigerte, die Klage auf der Grundlage von laches ohne ein full trial abzuweisen und in einer ersten Einschätzung vielmehr deutlich machte, dass die Klage schlüssig sei und – abhängig vom Ergebnis der Beweisaufnahme – durchaus Aussicht auf Erfolg hätte. Zur Vermeidung eines Prozesses trat Searle 50 % seines Eigentumsanteils an das Art Institute of Chicago ab, 50% an die Erben der Gutmanns, die sich ihrerseits verpflichteten, ihren Miteigentumsanteil an das Art Institute of Chicago zu einem nicht bekannten Preis zu übertragen. 2. Meyer v. University of Oklahoma Board of Regents Dass eine außergerichtliche Einigung ohne Gerichtsdruck regelmäßig nicht erreicht werden kann, zeigt auch der Fall Meyer v. University of Oklahoma Board of Regents et al.: Das Gemälde Shepherdess Bringing in Sheep (1886) von Camille Pissarro gehörte Raoul Meyer, einem reichen Pariser Kunsthändler, dessen Sammlung nach der Besetzung von Paris konfisziert wurde. Nach Meyers Tod versuchte dessen Stieftochter zunächst, das Gemälde 1952 in der Schweiz zurückzuerlangen, wurde mit ihrer Klage jedoch abgewiesen.130 ––––––––––– 128

Goodman v. Searle, Complaint, No. 96-6459 (N.D.Ill. 1996). Einzelheiten bei Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 91 ff. sowie (abgerufen am 06.10.2020). 129 Einzelheiten bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 664 f. 130 Einzelheiten zur Falldarstellung bei , abgerufen am 06.10.2020.

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Auf unbekannten Wegen kam das Gemälde in den Nachkriegsjahren in die Hände einer vermögenden Familie aus den USA, die es der Universität von Oklahoma spendete. Nachdem Meyers Stieftochter auf Herausgabe des Gemäldes klagte, zunächst in New York und schließlich in Oklahoma,131 wurde auch die Regierung in Oklahoma auf den Fall aufmerksam und setzte sich für eine Rückgabe ein.132 Vor diesem Hintergrund einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, wonach das Gemälde im dreijährigen Turnus in einem Museum in Frankreich und im Fred Jones Jr. Museum der Universität Oklahoma ausgestellt wird. Eigentümerin wird die Erbin Meyer, welche es zu Lebzeiten oder durch letztwillige Verfügung an eine französische Kunsteinrichtung vermachen wird.133 3. Weitere Verfahren Die Liste ähnlich gelagerter Fälle lässt sich dabei beliebig fortsetzen. Z.B. wurde das Gemälde Femme Assise (1921) von Henri Matisse den Nachfahren von Paul Rosenberg, einem führenden Kunsthändler in den 1920er/1930er Jahren, dessen Kunstsammlung von den Nazis beschlagnahmt wurde,134 übergeben.135 Die Erben von Paul Rosenberg waren dabei auch in den Rechtsstreit Rosenberg v. Seattle Art Museum.136 involviert, der sich um die Restitution des ––––––––––– 131

Die Klage wurde zunächst vor dem S.D.N.Y. erhoben, der als sehr restitutionsfreundlich gilt. Dieser wies die Klage wegen fehlender Zuständigkeit zunächst ab (Meyer v. Board of Regents of the University of Oklahoma 2014 WL 2039654 [S.D.N.Y. 2014]; rem’d 597 Fed.App‘x. 27 [2nd Cir. 2015]) und verwies den Fall, nachdem der Court of Appeals for the Second Circuit die Klageabweisung aufgehoben hatte, an den Western District of Oklahoma (2015 WL 13653970 [S.D.N.Y. 2015]). 132 Birnkrant, 18 Wash. U. Global Stud. L. Rev. 213, 223 (2019). 133 Kutner, How a Painting Stolen by the Nazis Ended up at the University of Oklahoma, (Sept. 4, 2016), , abgerufen am 06.10.2020. Eine außergerichtliche Einigung konnte auch in Fall Estate of Irene Korhumel v. Estate of I.K. and John Does, Case No. 1:2011cv05557 (N.D.Ill. 2011) bzgl. des Gemäldes Paysage Près de Cagnes von Pierre-Auguste Renoir erreicht werden. 134 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 381 (2017). 135 Lane, Two Nazi-Looted Paintings Set for Return to Heirs of Original Owners, Wall St. J. (May 12, 2015), ; abgerufen am 06.10.2020. Vgl. zudem den Provenienzbericht zu Henri Matisse, „Sitzende Frau / In einem Sessel sitzende Frau / Femme assise“, 1921, 55,5 x 46 cm, Öl auf Leinwand (Stand: 07.07.2014) der Taskforce Schwabinger Kunstfund, , abgerufen am 06.10.2020. 136 42 F.Supp.2d 1029 (W.D.Wash. 1999): Nachdem Paul Rosenberg aufgrund des Einmarschs deutscher Truppen aus Frankreich geflohen war, wurde das Gemälde durch das Vichy-Regime beschlagnahmt und an die Nazis übergeben. Über mehrere Erwerbstatbestände landete das Gemälde bei Virginia Bloedel, die es 1991 dem Seattle Art Museum schenkte.

VI. Die Bedeutung der restitution litigation

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Gemäldes Odalisque von Henri Matisse drehte. Nachdem die museumsinterne Kommission festgestellt hatte, dass das Gemälde der Familie Rosenberg tatsächlich gestohlen worden war, wurde das Bild freiwillig an die Erben zurückgegeben.137 Ein Vergleich nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens fand auch in The Museum of Modern Art and the Guggenheim Foundation v. Julius S. Schoeps et al.138 um die Gemälde Boy Leading a Horse (1906) und Moulin de la Galette (1900) von Pablo Picasso statt. Diese standen im Eigentum von Paul von Mendelsohn-Bartholdy (1875–1935), einem jüdischen Banker und Kunstsammler, und wurden um den Todeszeitpunkt von Mendelsohn-Bartholdy in der Schweiz an den Kunsthändler Justin K. Thannhauser139 veräußert, welcher Moulin de la Galette im Jahr 1963 der Guggenheim Foundation schenkte und Boy leading a Horse an einen Kunden weiterveräußerte, der es schließlich 1964 dem Museum of Modern Art vermachte. Die Erben von Mendelsohn-Bartholdy, darunter der bekannte deutsche Historiker Julius H. Schoeps, forderten von beiden Museen die Gemälde zurück, woraufhin diese negative Feststellungsklage (quiet title action) erhoben. Anders als die Museen dies gewünscht hatten, gab das Gericht der Feststellungsklage jedoch nicht sofort statt, ordnete ein trial an, um die genauen Umstände des Verkaufs an Thannhauser, die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs und die Berechtigung des laches-Einwandes zu klären. Daraufhin kam es zu einer außergerichtlichen Einigung: Gegen Zahlung einer unbekannten Summe an die Erben verblieben die Gemälde in den Museen, über den weiteren Inhalt des Vergleichs wurde Stillschweigen vereinbart.140 ––––––––––– 137 Hay, Nazi-looted art and the law, S. 2; siehe ferner Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 452. 138 Museum of Modern Art v. Schoeps 549 F.Supp.2d 544 (S.D.N.Y. 2008); restyled Schoeps v. Museum of Modern Art 594 F.Supp.2d 461 (S.D.N.Y. 2009); 599 F.Supp.2d 532 (S.D.N.Y. 2009); 603 F.Supp.2d 673 (S.D.N.Y. 2009). 139 Dieser taucht bereits in den Verfahren United States v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso (siehe sub § 4.IV.2.b)) sowie Westfield v. Germany (dazu noch sub § 5.II.2.b)) auf. 140 Schoeps v. Museum of Modern Art 603 F.Supp.2d 674 (S.D.N.Y. 2009). Der District Court konnte dabei seinen Ärger über die Entscheidung der Erben, den Inhalt der Vereinbarung geheim zu halten, kaum unterdrücken, bat er doch die Parteien, diese im Interesse anderer Restitutionskläger offenzulegen: „The Court finds the confidentiality provision of the settlement agreement and the plaintiffs’ objection to disclosure to be against the public interest and a troubling reversal of the parties’ previously stated positions on this issue. From the outset, the parties on both sides portrayed this lawsuit as of considerable public interest because of the importance of establishing the truth concerning the sensitive issues involved. […] Plaintiffs, however, for reasons wholly unexplained and seemingly no more compelling than concealing the amount of money going into their pockets, remain opposed. […] the Court will docket a copy of the settlement agreement, under seal, in the hope that the plaintiffs, after they have had a greater opportunity to reflect on their public responsibilities, not

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§ 4 Die Attraktivität der USA als Justizstandort

Auch im Verfahren zwischen den Erben von Hans-Peter Neumann und dem Museum of Modern Art über das Gemälde Le Repos dans le jardin, Argenteuil (1876) von Claude Monet konnte eine gütliche Einigung erzielt werden:141 Das Kunstwerk wurde in einem Bankschließfach in Berlin verwahrt und dort vermutlich von sowjetischen Militärangehörigen entwendet. 1952 wurde es von einem New Yorker Ehepaar erworben und 1994 dem Museum of Modern Art geschenkt. Nachdem Neumanns Sohn 1997 Herausgabeansprüche geltend machte, einigten sich die Parteien auf eine Zahlung an den Erben, wobei das Gemälde im Gegenzug im Museum of Modern Art verblieb. Über die Vereinbarung wurde ebenfalls Stillschweigen vereinbart.142

VII. Ergebnis VII. Ergebnis

US-Gerichte bieten – politisch erwünscht – ein klägerfreundliches (und in vielen Fällen das einzig verfügbare) Forum zur gerichtlichen Klärung von NSRestitutionsstreitigkeiten. Dabei erweist sich bereits die Grundstruktur des USRechts (bzw. das der Bundesstaaten) als restitutionsfreundlich, weil ein gutgläubiger Erwerb meist nicht möglich ist und auch Formen des originären Eigentumserwerbs, wie etwa eine Mobiliarersitzung, in der Regel ausscheiden.143 Da insbesondere unter Geltung des FSIA auch über ausländische Staaten, Museen und Kunsteinrichtungen relativ leicht die internationale gerichtliche Zuständigkeit begründet werden kann, haben sich US-Gerichte in den letzten Jahren zum Zentrum der gerichtlichen Klärung von Restitutionsstreitigkeiten entwickelt. Flankierend setzt die US-Regierung zivilrechtliche Beschlagnahmeanordnungen effektiv durch, um die Durchführung von Restitutionsverfahren in den USA zu sichern. Mangels gutgläubigen Mobiliarerwerbs oder derivativer Erwerbsmöglichkeiten drehen sich die Restitutionsstreitigkeiten meist um Fragen der Verjährung sowie – insbesondere nach Erlass des HEAR Act – um den Einsatz von equitable defenses (laches als Verwirkung des Klagrechts). Die unsichere An––––––––––– just to the courts of the United States that have made judicial processes so freely available to them, but to the public generally, may yet move to unseal it.“ 141 Entnommen aus Schnabel/Tatzkow, Nazi Looted Art, S. 316 f. 142 Am Nachweis der Erbenstellung scheiterte dagegen die Klage Schoeps v. Andrew Lloyd Webber Art Foundation 851 N.Y.S.2d 74 (NY Sup. Ct. 2007); aff’d 66 A.D.3d 137 (NY App. Div. 2009), mit der der Kläger die Herausgabe des Picasso-Gemäldes Pablo Angel Fernandez de Soto – The Absinthe Drinker aus dem Jahr 1903 mit der Begründung begehrte, er sei Erbe des ehemaligen Eigentümers Paul von Mendelssohn-Bartholdy. Siehe zudem das Verfahren Schoeps et al. v. Bavaria 27 F.Supp.3d 540 (S.D.N.Y. 2014); aff’d 611 Fed.App‘x 32 (2nd Cir. 2015); cert. den. 136 S.Ct. 895 (2016); rehearing den. 136 S.Ct. 1487 (2016) sowie sub § 5.II.2.b). 143 Vgl. zur Ausnahme in Louisiana bereits sub § 4.I.2.b).

VII. Ergebnis

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wendung von Verjährungsvorschriften und die Aussicht auf einen zeit- und kostenintensiven Prozess ermöglicht es dabei häufig, einen für die Erben von NS-Betroffenen finanziell vorteilhaften Vergleich mit dem Beklagten zu erzielen, meist unter Mitwirkung eines auf Kunstrestitution spezialisierten Anwalts. Denn der gutgläubige Erwerber eines Kunstwerkes kann sich auch nach Jahrzehnten nicht sicher sein, den Kunstgegenstand behalten zu dürfen, sofern er nicht eine lückenlose Provenienz darlegen kann, die in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht.

§5

Internationale Zuständigkeit und state immunity „Thus, we are asked for the first time whether seizures of art may constitute ‘takings of property that are themselves genocide.’ […]. The answer is yes.“1

Die Durchsetzung von Restitutionsklagen wirft umfangreiche Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit auf. Da Kunstrestitutionsstreitigkeiten mit NS-Bezug regelmäßig einen Auslandsbezug haben bzw. der Wohnsitz der Parteien in verschiedenen US-Bundesstaaten liegt, stellt sich in nahezu allen Verfahren die Frage, welches Gericht für die Restitutionsklage zuständig ist. Nach US-amerikanischem Prozessrechtsverständnis kann die Zuständigkeit eines US-Gerichts über den Beklagten entweder durch eine personal jurisdiction, die sich aufgrund der Person des derzeitigen Besitzers und potentiellen Restitutionsverpflichteten ergibt, oder einer in rem jurisdiction, die auf dem Belegenheitsort des Kunstwerks basiert, ergeben,2 letztere insbesondere bei Beschlagnahmeund Einziehungsverfahren.3

I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten

1. Grundsätze der personal jurisdiction In den meisten Restitutionsstreitigkeiten kann die gerichtliche Zuständigkeit als personal jurisdiction begründet werden. Es entspringt dabei dem historischen Selbstverständnis der common law-Gerichte, dass bereits die Zustellung der verfahrenseinleitenden Schriftstücke im Hoheitsgebiet eines Staates die Zuständigkeit staatlicher Gerichte begründen kann.4 Im Grundsatz ist dafür irrelevant, ob sich der Beklagte dauerhaft oder nur temporär im Hoheitsgebiet

––––––––––– 1

Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 411 (D.C.Cir. 2018). Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 18. 3 Dazu bereits sub § 4.IV.1. 4 Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 130. 2

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

aufhält.5 Daher kann auch eine transient jurisdiction bei nur vorübergehendem Aufenthalt in den USA begründet werden.6 Neben dem allgemeinen Gerichtsstand der personal jurisdiction, der in der Regel am Wohn- oder Geschäftssitz des Beklagten gegeben ist, existiert noch eine Reihe von normierten (besonderen) Gerichtsständen in den jeweiligen bundesstaatlichen Prozessordnungen. Nachdem der US Supreme Court7 zur Jurisdiktionsbegründung von US-Gerichten das Erfordernis von minimum contacts mit dem Forumstaat statuierte, sind die Anforderungen an eine Zuständigkeitsbegründung häufig in den long arm statutes der Bundesstaaten festgeschrieben.8 Die Zuständigkeitsbegründung kann dabei spezifischer oder allgemeiner Natur sein: specific jurisdiction bezieht sich auf eine Klage im direkten Zusammenhang mit den Kontakten des Beklagten mit dem Forumstaat und kann deutlich leichter begründet werden als eine general jurisdiction, welche nur vorliegt, wenn die Beziehungen zum Forumstaat von so enger und dauerhafter Natur sind, dass der Beklagte quasi mit einem Einwohner des Forumstaats gleichgestellt werden kann.9 Meist reicht bereits ein einmaliger geschäftlicher Kontakt mit dem US-Forum zur Begründung einer specific jurisdiction über den Besitzer, wenn dieser z.B. versucht, das Gemälde im Forumstaat zu verkaufen. a) Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. et al. Wie schnell amerikanische Gerichte für Restitutionsstreitigkeiten international zuständig sein können, zeigt – ebenso wie die Schattenseiten des internationalen Kunsthandels – die aktuelle, medial exponierte10 und bislang noch nicht abschließende Entscheidung Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. et al.11

––––––––––– 5 Restatement (Second) of Conflict of Laws, § 28: „A state has power to exercise judicial jurisdiction over an individual who has present within its territory, whether permanently or temporarily.“ 6 Grundlegend Burnham v. Superior Court 495 U.S. 604 (1990). 7 Grundlegend International Shoe Co. v. Washington 326 U.S. 310, 316 (1945); WorldWide Volkswagen Corp. v. Woodson 444 U.S. 286, 291 f. (1980). 8 Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 131 f. Vgl. zudem z.B. die long arm statutes in § 302 der New Yorker CPLR. 9 Dazu und weiterführend Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 21. 10 Vgl. (abgerufen am 06.10.2020); (abgerufen am 06.10.2020). 11 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 77 N.Y.S.3d 605 (NY Sup. Ct. 2018); aff’d 169 A.D.3d 580 (NY App. Div. 2019).

I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten

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Abb. 12: Amadeo Modigliani, Homme assis (appuyé sur une canne) / Seated Man with a Cane, 1918. Sachverhalt:12 Oscar Stettiner war ein jüdischer Kunsthändler in Paris, zu dessen Sammlung auch das streitgegenständliche Gemälde von Amadeo Modigliani gehörte. Nachdem die Nationalsozialisten 1940 in Paris einmarschiert waren, floh Stettiner ins Ausland; seine Sammlung wurde von NS-Truppen beschlagnahmt und 1944 bei einer Auktion an einen unbekannten Dritten versteigert. Daraufhin verliert sich die Spur des Gemäldes; Stettiners Restitutionsversuche verliefen bis zu seinem Tode erfolglos. Erst knapp fünfzig Jahre später, 1996, wurde das Gemälde – welches zunächst mit einem anderen Kunstwerk von Modigliani verwechselt wurde – in einem Londoner Auktionshaus versteigert und von einer shell company namens IAC nach dem Recht des Staates Panama erworben. Daraufhin verschwand es wieder für die nächsten 12 Jahre. 2008 wurde das Gemälde von den vier Beklagten erfolglos zum Verkauf in New York angeboten und im Anschluss in der Schweiz eingelagert. Nachdem die Erben Stettiners erfolglos die Herausgabe des Bildes von den Beklagten einforderten, strengten sie ein Gerichtsverfahren in den USA an13 und erhoben – nachdem durch die Enthüllungen rund um

––––––––––– 12 Entnommen aus Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 77 N.Y.S.3d 605 (NY Sup. Ct. 2018) sowie Estate of Stettiner 148 A.D.3d 184, 192, 46 N.Y.S.3d 608 (NY App. Div. 2017). 13 Siehe zu diesem komplexen Verfahren ferner: In the Matter of the Application for a Decree Revoking the Limited Ancillary Letters of Administration Issued in the Estate of Oscar Stettiner, Deceased 2015 WL 4722654 (NY Surrogate’s Court 2015); aff’d 148 A.D.3d 184, 46 N.Y.S.3d 608 (NY App. Div. 2017); leave to appeal den. 30 N.Y.3d 907, 93 N.E.3d 1212, 70 N.Y.S.3d 448 (NY Ct. App. 2017) sowie Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 2017 WL 6459269 (NY Sup. Ct. 2017) und 2020 WL 356666 (NY Sup. Ct. 2020).

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

die Panama Papers14 die wahren Besitzverhältnisse am Gemälde bekannt wurden – vor dem New Yorker Supreme Court Herausgabeklage. Beklagte sind der libanesisch-monegassische Kunstsammler und Multimillionär Davide Nahmad, dessen Sohn, die IAC sowie Nahmads New Yorker Kunstgalerie, die von seinem Sohn geführt wird. Entscheidung: Das komplexe – und bis zum heutigen Tage nicht abschließend entschiedene – Verfahren wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Der Supreme Court nahm zunächst seine gerichtliche Zuständigkeit für das Verfahren aufgrund einer personal jurisdiction über alle Beklagten an. Entgegen deren Vorbringen sei unbeachtlich, ob diese im Ausland ansässig seien, weil sie 2008 gemeinschaftlich versucht hatten, das Gemälde in New York zu verkaufen und daher ein ‚business‘ in New York ausgeführt hatten. Dies sei nach New Yorker Recht ein ausreichender geschäftlicher Kontakt, um die gerichtliche Zuständigkeit für das Restitutionsverfahren zu begründen. Dabei sei auch irrelevant, dass der Verkauf allein durch die beklagte Galerie erfolgen sollte, weil deren Handeln der shell company zugerechnet werden könne: „The commission of some single or occasional acts of an agent in a state may be enough to subject a corporation to specific jurisdiction in that state with respect to suits relating to that in-state activity.“15 Eine Besonderheit des vorliegenden Verfahrens bestand jedoch darin, dass das Gemälde formal nicht im Eigentum des Beklagten Davide Nahmad stand, sondern seiner panamaischen shell company. Nahmad handelte dabei ausschließlich über diese Firma sowie die von ihm kontrollierte und von seinem Sohn geführte Kunstgalerie in New York (ohne selbst in Erscheinung zu treten), um die wahren Eigentumsverhältnisse am Gemälde durch ein undurchsichtiges Firmengeflecht zu verschleiern. Dafür fand der Supreme Court klare Worte: „the Court finds that it has acquired personal jurisdiction […] over Defendant Davide Nahmad by and through his conducting business vis-à-vis Defendant IAC and, in so doing, so perverting its corporate form such that this court cannot determine a substantial difference between the two Defendants. The Court also finds that it has acquired personal jurisdiction […] over Defendant Davide Nahmad by and through his alter ego, Defendant IAC, in committing tortious conduct in the State of New York for failure to respond to the demand for the Painting.“16 Neben weiteren, hier nicht relevanten prozessualen Besonderheiten stand zudem die Frage im Raum, ob die Erben eine cause of action geltend machen konnten. Dies wäre a limine ausgeschlossen, wenn die Klage nach Maßgabe des anwendbaren Sachrechts bereits verjährt wäre. Die Beklagten wandten folglich ein, es sollte Schweizer oder französisches Recht zur Anwendung gelangen, weil sich das Gemälde dort befindet bzw. dort konfisziert

––––––––––– 14 Siehe zu den gesamten Ausmaßen des Verfahrens: (abgerufen am 06.10.2020). 15 Estate of Stettiner 148 A.D.3d 184, 192, 46 N.Y.S.3d 608 (NY App. Div. 2017). Zudem hatten die Erben in New York das Gemälde zurückgefordert, was nach New Yorker Recht ebenfalls eine personal jurisdiction begründet (Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 973 [NY Sup. Ct. 2018]). 16 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 976 (NY Sup. Ct. 2018). Der Umstand, dass die Beklagten das Gemälde außerhalb der USA verbracht hatten, änderte daran nichts: „[…] where there is personal jurisdiction over the parties, one party cannot hide its assets outside of New York state so as to render any judgment obtained in New York unenforceable. […] Given that this Court has found personal jurisdiction over the Defendants is proper, the physical absence of Amadeo Modigliani’s Seated Man with a Cane from the State of New York is of no consequence“ (Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 980 [NY Sup. Ct. 2018]).

I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten

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und erstmalig versteigert wurde, wodurch es vermutlich zu einer Verjährung des Herausgabeanspruchs kommen würde. Im Anschluss an die richtungsweisende Entscheidung Bakalar v. Vavra17 entschied der Supreme Court jedoch, der Staat New York habe ein Interesse daran, sein eigenes Sachrecht anzuwenden, weil das Gemälde in New York zum Verkauf angeboten und von den Erben dort die Herausgabe gefordert bzw. ein Gerichtsverfahren angestrengt worden sei.18 Unabhängig von der Frage des anwendbaren Sachrechts geht das New Yorker Gericht zudem davon aus, dass durch den HEAR Act eine Verjährung noch nicht eingetreten sein kann und daher eine Herausgabeklage grundsätzlich möglich ist.19 Nachdem die Klage daher für zulässig erklärt wurde, werden die genauen Erwerbsumstände am Kunstwerk im Rahmen eines trial rekonstruiert.

b) Federal oder State Courts? Im Grundsatz liegt die gerichtliche Zuständigkeit auch für Restitutionsverfahren bei den bundesstaatlichen Gerichten, sofern nicht eine ausdrückliche Zuweisung an die Federal Courts gegeben ist. Letztere können bei Restitutionsstreitigkeiten insbesondere aufgrund einer diversity jurisdiction gem. 28 U.S.C. § 1332(a) zuständig sein, wenn die Parteien aus verschiedenen US-Bundesstaaten stammen oder eine der Parteien eine ausländische Staatsangehörigkeit hat bzw. ein ausländischer Staat selbst als Kläger beteiligt ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Streitwert 75.000 US-Dollar überschreitet, was bei Restitutionsverfahren indes regelmäßig der Fall ist.20 Wird ein ausländischer Staat verklagt und kann sich nicht auf Staatenimmunität unter dem FSIA berufen, sind stets die Federal Courts zuständig (28 U.S.C. § 1330(a)).21 c) Venue Die Frage der örtlichen Zuständigkeit richtet sich, sofern State Courts zuständig sein sollten, nach den dafür maßgeblichen einzelstaatlichen Regelungen, z.B. §§ 501 ff. CPLR in New York. Im Grundsatz kann die gerichtliche Zuständigkeit jedenfalls am Wohn- oder Firmensitz des Beklagten begründet werden. Auch kommt ggf. ein Deliktsgerichtsstand in Betracht. ––––––––––– 17

Dazu noch sub § 6.I.2.b)bb). Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 985 (NY Sup. Ct. 2018). 19 Der HEAR Act schließt die Verjährung unabhängig vom anwendbaren Sachrecht aus: „We reject defendants’ argument that HEAR can be displaced by a choice-of-law analysis“ (Maestracci v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 155 A.D.3d 401, 404, 63 N.Y.S.3d 376 [NY App. Div. 2017]). 20 Ausführlich Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, Rn. 42 ff. 21 „The district courts shall have original jurisdiction without regard to amount in controversy of any nonjury civil action against a foreign state as defined in section 1603(a) of this title as to any claim for relief in personam with respect to which the foreign state is not entitled to immunity either under sections 1605–1607 of this title or under any applicable international agreement.“ 18

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

Die örtliche Zuständigkeit der Federal Courts bestimmt sich nach 28 U.S.C. § 1391. Sie richtet sich nach dem Beklagtenwohnsitz (28 U.S.C. § 1391(b)(1)) oder dem Delikts- oder Belegenheitsort der Sache (28 U.S.C. § 1391(b)(2)). Ausländische Beklagte können grundsätzlich in jedem judicial district verklagt werden (28 U.S.C. § 1391(c)(3)). Wird ein ausländischer Staat verklagt, kann auch er am Delikts- oder Belegenheitsort der Sache (28 U.S.C. § 1391(f)(1)) und jedenfalls im District of Columbia (28 U.S.C. § 1391(f)(4)) gerichtlich belangt werden. Dies gestattet dem Kläger einen gewissen Gestaltungsspielraum für taktische Erwägungen. Denn die Wahl des Forums hat gerade bei den Federal Courts einen erheblichen Einfluss auf die Sachentscheidung, da diese grundsätzlich die choice of law-Regeln sowie das Verjährungsrecht desjenigen Staates anwenden, in dem sie ihren Sitz haben, welche von Bundesstaat zu Bundesstaat erheblich divergieren können.22 Daher wird das Verfahren häufig in New York oder Kalifornien initiiert, weil die dortigen Gerichte als besonders restitutionsfreundlich gelten. 2. In rem jurisdiction Recht eindeutig ist die gerichtliche Zuständigkeit für Restitutionsverfahren bei einer sogenannten in rem jurisdiction am Belegenheitsort zu bestimmen, sofern sich der streitbefangene Kunstgegenstand im Jurisdiktionsbereich amerikanischer Gerichte befindet. Dies ist für Restitutionsstreitigkeiten insbesondere bei forfeiture actions von Bedeutung.23 Auch insoweit kann gem. 28 U.S.C § 1331 die Zuständigkeit von Federal Courts begründet werden, wenn sich die Klage maßgeblich auf Bundesgesetze (z.B. den NSPA) stützt.24 3. Einfluss der forum non conveniens-Doktrin Viele ausländische Beklagte tragen zur Verteidigung vor, einer gerichtlichen Zuständigkeit von US-Gerichten stehe die forum non conveniens-Doktrin entgegen. Damit kann ein Gericht seine dem Grunde nach gegebene Zuständigkeit ermessensabhängig ablehnen, „when it appears that the convenience of the parties and the court and the interests of justice indicate that the action should be tried in another forum.“25 Folglich stellt sich auch in Restitutionsstreitigkeiten ––––––––––– 22

Ausführlich dazu sub § 6.I.2. Siehe zur Frage der örtlichen Zuständigkeit bei forfeiture actions ausführlich U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso 362 F.Supp.2d 1175 (C.D.Cal. 2005). 23 Umfassend bereits sub § 4.IV.1. und 2. 24 Sog. federal question jurisdiction: „The district courts shall have original jurisdiction of all civil actions arising under the Constitution, laws, or treaties of the United States.“ 25 Piper Aircraft Co. v. Reyno 454 U.S. 235, 250, 102 S.Ct. 252, 70 L.Ed.2d 419 (1981). Die Grundsätze des forum non conveniens sind neben dem FSIA uneingeschränkt anwendbar: Verlinden B.V. v. Central Bank of Nigeria 461 U.S. 480, 490 (1983). Die political question

I. Zuständigkeitsbegründung vor US-Gerichten

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häufig die Frage – insbesondere bei der Beteiligung ausländischer Staaten oder Museen –, ob das an sich zuständige Gericht seine Zuständigkeit verneinen sollte, weil es ein besser geeignetes Forum im Ausland zur Streitbeilegung gibt. Die Hürde dafür sind jedoch hoch; erforderlich ist die Existenz eines „adequate alternative forum and that the balance of relevant private and public interest factors favor dismissal,“26 was im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung festgestellt werden muss. a) Grundsatz: Altmann v. Austria Nach diesen Maßstäben hat eine ermessensabhängige Zuständigkeitsbeschränkung durch die forum non conveniens-Doktrin27 in NS-Raubkunst-Fällen nur sehr selten Erfolg, weil in den meisten kontinentaleuropäischen Staaten eine Klage a limine keine Aussicht auf Erfolg hätte, da die Herausgabeansprüche bereits verjährt wären,28 und daher nach US-Verständnis kein gleich geeignetes Forum zur Klärung der Eigentumslage darstellen. Gleiches gilt, wenn das ausländische Forum überhaupt keinen Rechtsbehelf gewährt.29 Teilweise erklärten US-Gerichte ausländische Foren sogar explizit für ungeeignet, wie etwa im Falle Russlands.30 Auch die Wahl ausländischen Sachrechts führt im Grundsatz nicht zur Anwendung der forum non conveniens-Doktrin in Restitutionsfällen, da sich US-Gerichte dazu in der Lage sehen, auch komplexe Fragen ausländischen Rechts mittels sachverständiger Beratung zu lösen.31 Unbeachtlich ist auch der Wohnsitz des Beklagten im Ausland.32 ––––––––––– doctrine (vgl. Baker v. Carr 369 U.S. 187 [1962]) dürfte bei Restitutionsverfahren dagegen generell nicht zur Anwendung gelangen, anders als bei NS-Zwangsarbeiterfällen (umfassend dazu Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 88 ff. m.w.N. aus der US-Rechtsprechung). Grundlegend dafür ist die Entscheidung Alperin v. Vatican Bank 410 F.3d 532, 548 ff. (9th Cir. 2005). 26 Creative Technology, Ltd. v. Aztech Sys. Pte, Ltd. 61 F.3d 696, 699 (9th Cir. 1995). 27 Siehe auch dazu Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 142 ff. 28 Explizit Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187, 1209 (C.D.Cal.2002: „Even though a court may dismiss on forum non conveniens grounds when the foreign forum does not provide the same range of remedies as are available in the home forum, the alternative forum must provide some potential avenue for redress. […] A foreign forum is inadequate when it offers no remedy at all.“); Malewicz v. City of Amsterdam 517 F.Supp.2 322, 340 (D.D.C. 2007). In anderen Fällen der Kunstrestitution sahen sich US-Gerichte dagegen durchaus zur Anwendung der forum non conveniens-Doktrin veranlasst; vgl. z.B. State of Romania v. Former King Michael 212 A.D.2d 422, 622 N.Y.S.2d 705 (NY App. Div. 1995); Ernst v. Ernst 722 F.Supp. 61 (S.D.N.Y. 1989). 29 Vgl. Piper Aircraft Co. v. Reyno 454 U.S. 235, 254, 102 S.Ct. 252 (1981). 30 Vgl. Chabad v. Russian Federation 528 F.3d 934, 950 (D.C.Cir. 2008). 31 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 993 (NY Sup. Ct. 2018: „[…] the courts of this state are fully equipped to obtain translations and apply the laws of a foreign State“). Siehe ferner Piper Aircraft Co. v. Reyno 454 U.S. 235, 254, 102 S.Ct. 252 (1981). 32 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 994 f. (NY Sup. Ct. 2018).

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

Auch im Ausland belegene oder in fremder Sprache verfasste Beweismittel stehen einer Verhandlung vor US-Gerichten nicht entgegen, da diese meist in digitaler Form vorliegen und übersetzt werden können.33 Vollstreckungsprobleme des Urteils im Ausland sprechen ebenfalls nicht gegen die internationale Zuständigkeit.34 Gerade bei US-amerikanischen Klägern dürften zudem – im FSIA und HEAR Act kodifizierte – rechtspolitische Erwägungen für die Ablehnung des forum non conveniens-Einwands im Rahmen der restitution litigation sprechen.35 Insbesondere die Verbindung zwischen geringen bzw. keinen Erfolgsaussichten und hohen Gerichtsgebühren im ausländischen Forum schließen eine Verweisung dorthin in der Regel aus. Klare Worte fand der District Court z.B. in Altmann v. Austria für die Frage, ob ein Restitutionsstreit zwischen einer hochbetagten US-Bürgerin und der Republik Österreich statt in Kalifornien auch vor österreichischen Gerichten stattfinden könne: „Austria does not provide an adequate alternative forum to Plaintiff. Plaintiff’s claims, if asserted in Austria, will most likely be barred by the statute of limitations of thirty years. […] Further, in this action for return of artwork valued at approximately $150 million, Austria’s filing fees, even when reduced pursuant to Plaintiff’s fee petition, also makes Austria an inadequate alternative forum. Austria’s fee structure would require Plaintiff to pay the Austrian courts a filing fee that approximates the sum total of her liquid assets.“36 b) Estate of Kainer et al. v. UBS AG et al. Das Vorbingen des Beklagten, das US-Forum solle seine Zuständigkeit ablehnen, weil es ein besser geeignetes Gericht im Ausland gibt, hat daher in der Regel keinen Erfolg. Soweit ersichtlich, gibt es nur ein aktuelles Verfahren (Estate of Kainer et al. v. UBS AG et al.37), in dem der New York Supreme ––––––––––– 33 Vgl. Philipp v. Germany 248 F.Supp.3d 59, 85 (D.D.C. 2017); Agudas Chasidei Chabad v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6, 29 (D.D.C. 2006). Siehe ferner de Csepel v. Hungary 808 F.Supp.2d 113, 139 (D.D.C. 2011): Die Mehrheit der Zeugen lebt außerhalb Ungarns, sodass sowohl dort als auch in den USA Übersetzer notwendig wären. 34 Agudas Chasidei Chabad v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6, 29 (D.D.C. 2006); 528 F.3d 934, 951 (D.C.Cir. 2008). 35 Z.B. Agudas Chasidei Chabad v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6, 29 f. (D.D.C. 2006). 36 Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187, 1209 f. (C.D.Cal. 2001). Siehe ferner die Bestätigung in 317 F.3d 954, 973 f. (9th Cir. 2002) mit einer partiell anderen Begründungslinie (Prozesskostenvorschuss macht ein ausländisches Forum nicht automatisch inadäquat). 37 Estate of Margaret Kainer et al. v. UBS AG et al. 2017 WL 4922057 (NY Sup. Ct. 2017); aff’d 175 A.D.3d 403, 106 N.Y.S.3d 309 (NY App. Div. 2019). Siehe zudem die vorherige Klage gegen Christie‘s, die wegen Verjährung abgewiesen wurde: Kainer v.

II. State immunity und verwandte Fragen

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Court entschied, dass eine Klage gegen die UBS AG sowie eine Schweizer Stiftung aufgrund der doctrine of forum non conveniens als unzulässig abzuweisen sei. Gegenstand des Verfahrens war jedoch nicht unmittelbar die Restitutionsklage gegen den derzeitigen Besitzer eines Kunstwerks, sondern – neben anderen Streitpunkten – komplexe Fragestellungen rund um die Erbfolge nach Ludwig und Margaret Kainer. Diese waren deutsche Kunstsammler und hatten eine Sammlung mit über 400 Werken, welche von den Nazis beschlagnahmt und im Rahmen einer Judenauktion an unbekannte Dritte veräußert wurden. Nachdem ein Kunstwerk von Edgar Degas (Danseuses, 1896) 2008/2009 wieder im internationalen Kunsthandel auftauchte und von Christie’s in New York versteigert wurde, entbrannte ein Streit über die Erbenstellung – und damit mögliche Erstattungsansprüche – nach dem Ehepaar Kainer. Ein französischer Erbschein aus dem Jahr 2012 weist dabei die Kläger des vorliegenden Verfahrens als Erben aus, wohingegen ein deutscher – inzwischen vom Kammergericht aufgehobener38 – Erbschein aus dem Jahr 1972 eine Schweizer Stiftung als Miterben zu ¾ benennt. Daneben existiert ein Schweizer Erbschein aus dem Jahr 2003, welcher das Kanton Waadt und die Gemeinde Fully zu hälftigen Miterben erklärt. Zwischen den Parteien sind oder waren vor mehreren europäischen Gerichten Verfahren anhängig. Der New Yorker Supreme Court entschied daher, dass keine jurisdiction aufgrund der doctrine of forum non conveniens gegeben ist, da bis auf eine Person alle Parteien ihren Wohnsitz außerhalb der USA haben und im Schwerpunkt Fragen des europäischen Erbrechts im Raume stehen: „These factors clearly demonstrate that New York is an inconvenient forum. Plaintiffs’ rights as heirs to the painting arose in Germany and France, although the painting was allegedly wrongfully sold in New York. The burden on the New York court in applying Swiss and French estate law to determine the underlying issue of the lawful heirs to Kainer’s estate is significant.“39

II. State immunity und verwandte Fragen II. State immunity und verwandte Fragen

Von besonderer Wichtigkeit für die Restitution von NS-Raubkunst erweisen sich Fragen der Staatenimmunität. Denn ein großer Teil der Klagen richtet sich ––––––––––– Christie‘s Inc. 141 A.D.3d 442, 34 N.Y.S.3d 58 (NY App. Div. 2016); leave to appeal denied sub nom. Beck v. Christie’s Inc. 29 N.Y.3d 907 (NY Ct. App. 2017). 38 Dieser wurde inzwischen aufgehoben, vgl. KG Beschl. v. 30.12.2015 – 6 W 46/15, ErbR 2016, 331. Siehe ausführlich zum Hintergrund der Stiftung , abgerufen am 06.10.2020. 39 Estate of Margaret Kainer et al. v. UBS AG et al. 175 A.D.3d 403, 405 (NY App. Div. 2019).

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

entweder unmittelbar gegen ausländische Staaten oder ausländische Museen in öffentlicher Trägerschaft. Nur wenn US-Gerichte auch über diese Gerichtsgewalt ausüben können, erscheint eine Klageerhebung in den USA aussichtsreich. 1. Grundzüge der state immunity in den USA Jahrzehntelang folgten die USA dem Grundsatz: „Non enim una civitas potest facere legem super alteram, quia par in parem non habet imperium.“40 Während von den Anfängen des US-Rechtssystems bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts folglich noch das Konzept der absoluten Staatenimmunität vorherrschte und ein ausländischer Staat gegen jede Form der gerichtlichen Inanspruchnahme in den USA geschützt war,41 wandte sich die US-Gerichtsbarkeit, nachdem Staaten vermehrt auch als private Akteure im internationalen Wirtschaftsverkehr teilnahmen, einer eingeschränkten Immunitäts-Theorie zu, welche 1976 im Erlass des Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA)42 mündete.43 De lege lata ist die Staatenimmunität – im Gegensatz zu Deutschland 44 – damit ausführlich spezialgesetzlich geregelt. a) Kodifikation im FSIA Der FSIA gewährt ausländischen Staaten, agencies und instrumentalities im Grundsatz Immunität vor einem Gerichtsverfahren vor US-Gerichten, sofern keine der in 28 U.S.C. §§ 1605 ff. genannten Ausnahmen eingreift. Ausgehend vom sog. Tate Letter des Attorney General vom 19.05.195245 folgt der FSIA ––––––––––– 40 Bartolus de Saxoferrato, Tractatus represaliarum, 1354, Qu. I/3, § 10 (zitiert nach Berentelg, Die Act-of-State-Doktrin als Zukunftsmodell für Deutschland?, S. 9). Grundlage für diesen Ansatz in den USA war insbesondere die Entscheidung The Schooner Exchange v. Mac Faddon 11 U.S. (7 Cranch) 116 (1812) per C.J. Marshall. 41 Dies war jedenfalls bis 1952 der Fall, vgl. van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 108 m.w.N. 42 90 Stat. 2891; siehe den Text im Appendix IV. 43 Chorazak, 55 Duke L.J. 373, 376 f. (2005). Teilweise wurde vor dem Hintergrund der NS-Verbrechen sogar versucht, weitergehende Ausnahmen von der Staatenimmunität gesetzlich zu verankern. Der Gesetzesvorschlag des Holocaust Survivors Act hatte z.B. vorgesehen, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Immunität vor amerikanischen Gerichten in Bezug auf Klagen von Betroffenen des Zweiten Weltkriegs ganz verlieren sollte, sofern ihnen unter deutschem Recht keine Klagemöglichkeit mehr offensteht. Das Gesetz wurde indes nie verabschiedet. Einzelheiten auf , abgerufen am 06.10.2020. 44 Vgl. aber jüngst BVerfG Beschl. v. 06.05.2020 – 2 BvR 331/18, juris: Die Umschuldung griechischer Staatsanleihen unterliegt als hoheitliche Maßnahme eines ausländischen Staats nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. 45 Siehe dazu Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 49 f. mit Nachweisen. Auszüge bei van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 109 (Fn. 16). Weitere Einzelheiten für die Zeit zwischen 1952 und 1976 bei Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 17 ff., und Hess, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, S. 80.

II. State immunity und verwandte Fragen

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der restrictive theory of foreign immunity, welche Staatenimmunität nur für actae iure imperii, nicht jedoch für actae iure gestionis gewährt.46 Während Hoheitsakte ausländischer Staaten folglich regelmäßig keine gerichtliche Zuständigkeit begründen können,47 ändert sich dies, sofern der ausländische Staat wie ein Privater am Markt agiert und sein Handeln dem eines Privaten gleichzusetzen ist.48 Der FSIA ist dabei die einzige Möglichkeit, einen ausländischen Staat vor einem US-amerikanischen Gericht zu verklagen,49 und ist insoweit in seinem Anwendungsbereich abschließend. Wird die Klage gegen einen ausländischen Staat oder eine ausländische staatliche Entität gerichtet, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit allein nach dem FSIA, sowohl hinsichtlich des Umfangs der Immunität vor staatlichen Gerichten als auch der subject matter jurisdiction und der personal jurisdiction.50 Für Klagen gegen ausländische Staaten sind ausschließlich die Federal District Courts zuständig (vgl. 28 U.S.C. § 1330). Der FSIA nennt dabei insbesondere zwei große (vorliegend relevante) Ausnahmen von der Staatenimmunität, welche dazu geführt haben, dass sich in den letzten Jahren auch vermehrt ausländische Staaten oder Museen in öffentlicher Trägerschaft bei Restitutionsstreitigkeiten vor US-Gerichten verantworten mussten. Dies ist die commercial activity exception und die expropriation bzw. takings exception gem. 28 U.S.C. § 1605(a): „A foreign state shall not be immune from the jurisdiction of courts of the United States or of the States in any case […] (2) in which the action is based upon a commercial activity carried on in the United States by the foreign state; or upon an act performed in the United States in connection with a commercial activity of the foreign state elsewhere; or upon an act outside the territory of the United States in connection with a commercial activity of the foreign state elsewhere and that act causes a direct effect in the United States; (3) in which rights in property taken in violation of international law are in issue and that property or any property exchanged for such property is present in the United States in connection with a commercial activity carried on in the United States by the foreign state; or that property or any property exchanged for such property is owned or operated by an agency or instrumentality of the foreign state and that agency or instrumentality is engaged in a commercial activity in the United States; […].“

––––––––––– 46

Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 72 m.w.N. Zur expropriation exception siehe sogleich sub § 5.II.3. 48 Zarrini, 16 Fordham J. Corp. & Fin. L. 437, 444 (2011) mit Verweis auf Alfred Dunhill of London, Inc. v. Cuba 425 U.S. 682, 711 (1976). 49 Vgl. Zarrini, 16 Fordham J. Corp. & Fin. L. 437, 439 (2011). Zudem Garb v. Republic of Poland 440 F.3d 579 (2nd Cir. 2006). 50 Hess, in: FS Schlosser S. 257, 267; ders. Staatenimmunität bei Distanzdelikten, S. 83, 85. Siehe bereits sub § 5.I.1. 47

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b) Rückwirkende Anwendung des FSIA: Altmann v. Austria Lange Zeit umstritten war in der US-Rechtsprechung jedoch, ob der 1976 erlassene FSIA auch auf Rechtsakte, die zeitlich vor Erlass des Gesetzes stattfanden, Anwendung finden kann oder sich Rechtsstreitigkeiten, die in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückreichen, einzig nach der bis dahin geltenden Theorie der absoluten Staatenimmunität richten. Einer der richtungsweisenden Fälle zur Staatenimmunität bei Kunstrestitutionsstreitigkeiten, welche sich mit dieser Frage auseinandersetzen mussten, bildet die Entscheidung des US Supreme Court in Altmann v. Republic of Austria.51

Abb. 13: Gustav Klimt, Adele Bloch-Bauer I, 1907. Sachverhalt:52 In Streit steht die Restitution mehrerer Gemälde von Gustav Klimt (Bildnis Adele Bloch-Bauer I – auch Woman in Gold genannt – und Adele Bloch-Bauer II, Apfelbaum I, Buchenwald/Birkenwald, Häuser in Unterach am Attersee und Amalie Zucker-

––––––––––– 51

Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 (C.D.Cal. 2001); aff’d and rem’d 317 F.3d 954 (9th Cir. 2002); opinion amended and rehearing den’d 327 F.3d 1246 (9th Cir. 2003); aff’d on other grounds 541 U.S. 677 (2004); rem’d 377 F.3d 1105 (9th Cir. 2004); rem’d 335 F.Supp.2d 1066 (C.D.Cal. 2004). Sieher ferner 538 U.S. 1029 (2003) – granting stay und 539 U.S. 987 (2003) – granting certiorari in part. Umfassend Chorazak, 55 Duke L.J. 373 (2005). 52 Entnommen aus Republic of Austria v. Altmann 142 F.Supp.2d 1187 (C.D.Cal. 2001) und 541 U.S. 677 (2004). Cineastische Bekanntheit erlangte das Verfahren durch den – teilweise von den historischen Begebenheiten erheblich abweichenden – Film Woman in Gold (2015, Regie: Simon Curtis) mit Helen Mirren in der Hauptrolle der Maria Altmann.

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kandl).53 Die Jüdin Adele Bloch-Bauer war eine Vertraute und Förderin von Gustav Klimt. Bis zu ihrem Tod 1925 erwarb sie zahlreiche Bilder Klimts – inklusive Portraits ihrer selbst –, welche bis 1938 in ihrem Haus in Österreich hingen. Testamentarisch bat54 Adele BlochBauer ihren Ehemann und Alleinerben Ferdinand Bloch-Bauer, die Bilder nach ihrem Ableben an die Österreichische Galerie Belvedere in Wien zu übergeben. Ein österreichisches Nachlassgericht entschied jedoch, dass die Bilder nicht zu ihrem Nachlass gehörten, sondern zuvor schon im Eigentum ihres Ehemannes standen, der sein gesamtes Vermögen seinen drei Neffen und Nichten vermachte. Mit dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich fiel auch Ferdinand Bloch-Bauer der systematischen Judenverfolgung zum Opfer. Nachdem er kurz zuvor in die Schweiz geflohen war, wurde die mehrere hundert Gegenstände umfassende Sammlung der Bloch-Bauers beschlagnahmt, sein Unternehmen wurde arisiert und gegen ihn eine (tendenziöse) Steuerstrafe i.H.v. 700.000 Reichsmark erlassen, zu deren Befriedigung hinsichtlich seines gesamten Privatvermögens, inklusive der Gemäldesammlung, der Verfall erklärt wurde.55 Erich Führer, ein dem NS-Regime nahestehender und mit der Liquidation des Vermögens der Bloch-Bauers betrauter Anwalt, veräußerte drei der streitgegenständlichen Gemälde 1941/1943 an das Belvedere in Wien. Die übrigen Gemälde wurden an einen Privatsammler bzw. an die Städtischen Sammlungen in Wien verkauft, welche die Gemälde wiederum an das Belvedere übergaben. Nach Kriegende forderte Ferdinand Bloch-Bauer (bzw. nach dessen Tod seine Erben) die Gemälde zurück. Das Belvedere verweigerte die Rückgabe jedoch mit der – unzutreffenden – Behauptung, es habe die Gemälde als Vermächtnis von Adele Bloch-Bauer bereits vor dem Zweiten Weltkrieg (im Jahr 1926) erlangt.56 1948 forderte der Direktor des Belvedere (Karl Garzarolli), welcher sich der Umstände des Erwerbs der Bilder bewusst war, die Erben Bloch-Bauers auf, ihre Rechte an den Bildern im Belvedere aufzugeben sowie ein weiteres wiedergefundenes Klimt-Gemälde (Häuser in Utterach am Attersee) dem Belvedere zu schenken – im ‚Austausch‘ für Exportgenehmigungen anderer Kunstwerke aus der Sammlung Bloch-Bauer, die die Erben wiedererlangt hatten und ins Ausland überführen wollten.57 Garazolli übte dabei – erfolgreich – Einfluss auf Ministerialbeamte aus, die Exportgenehmigungen solange zurückzuhalten, bis die Erben Bloch-Bauers eingewilligt hatten. Im Gefühl der Ohnmacht, dass andere Möglichkeiten zum Export nicht bestanden, erklärten sich die Erben mit der Übertragung ihrer Eigentumsrechte an den Bildern einverstanden.

––––––––––– 53 In einem weiteren Verfahren (Jorisch v. Lauder, Civil Action 1:07-cv-09428 – S.D.N.Y.) wurde die Restitution von Gustav Klimts Gemälde Blooming Meadow (1904/1905) (W176) begehrt, die Klage jedoch im Laufe des Verfahrens zurückgenommen; vgl. zum Verfahren , abgerufen am 06.10.2020. 54 Diese Formulierung ist – wie sogleich dargestellt wird – von entscheidender Bedeutung. Der Wortlaut des Testaments findet sich bei Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 378: „Meine 2 Porträts und die 4 Landschaften von Gustav Klimt, bitte ich meinen Ehegatten nach seinem Tode der österr. Staats-Gallerie in Wien […] zu hinterlassen.“ 55 Ein ähnliches Vorgehen kann in dem Verfahren Westfield v. Germany beobachtet werden; vgl. noch sub § 5.II.2.b). 56 Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 44. 57 Umfassend zu dieser Praxis Österreichs in der Nachkriegszeit: Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 11.

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Nachdem u.a. aufgrund des Verfahrens Portrait of Wally58 in öffentlichen Museen in Österreich vermehrt Nachforschungen zur Provenienz von Kulturgegenständen angestellt wurden, kam das Handeln des Belvedere – neben vielen anderen Punkten – ans Tageslicht. Der darauf folgende Aufschrei in der österreichischen Bevölkerung führte Ende 1998 zum Erlass des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Kunstrückgabegesetz).59 Dieses billigte den Restitutionsberechtigten jedoch keinen unmittelbaren Anspruch zu (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 Kunstrückgabegesetz60), sondern stellt die Restitutionsentscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des zuständigen Bundesministers.61 Eine der Erben von Ferdinand Bauer-Bloch ist die seit 1945 in Kalifornien lebende Maria Altmann. Nachdem auch sie aufgrund der Nachforschungen im Belvedere davon Kenntnis erlangte, dass eine wirksame Zuwendung der Bilder an das Museum zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hatte, forderte sie den Österreichischen Staat zur Restitution der Gemälde auf, jedoch ohne Erfolg. Die Republik Österreich stellte sich auf den Standpunkt, es habe kein verfolgungsbedingter Entzug vorgelegen, da die Österreichische Staatsgalerie durch ein Vermächtnis im Testament von Adele Bloch-Bauer Anspruch auf die Gemälde habe. Daraufhin rief Altmann die Restitutionskommission in Österreich an. Da die Gemälde – insbesondere Adele Bloch-Bauer I – indes als nationales Kulturgut angesehen wurden (und werden), stimmte die Restitutionskommission gegen eine Rückgabe, mit der Begründung, Adele Bloch-Bauers Testament habe für Ferdinand Bloch-Bauer eine Verpflichtung begründet, die Gemälde dem Belvedere zu übereignen. Nota bene sei bemerkt, dass eines der Kommissionsmitglieder aus Protest gegen diese Entscheidung zurücktrat und behauptete, höhere Ministerialbeamte hätten ihn dahingehend beeinflussen wollen, gegen eine Rückgabe der Gemälde zu stimmen.62 Daraufhin erhob Maria Altmann zunächst eine zivilrechtliche Herausgabeklage in Österreich. Sie hätte dort jedoch einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 1,6 Millionen US-Dollar zahlen müssen, welcher vom Gericht später auf 135.000 US-Dollar reduziert wurde.63 Nachdem die Republik Österreich auch diese Reduzierung des Kostenvorschusses mit Rechtsmitteln angriff und vortrug, Altmann müsse ihr gesamtes Vermögen veräußern, wenn sie die Klage fortsetzen wolle, verfolgte Altmann ihre Klage in Österreich nicht weiter. Sie erhob vielmehr im Jahr 2000 Klage in Kalifornien gegen die Republik Österreich und das Belve-

––––––––––– 58

Siehe bereits sub § 4.IV.1. BGBl. I Nr. 181/1998. Dessen § 1 Abs. 1 lautet: „Die Bundesministerin / Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, jene Kunstgegenstände und sonstiges bewegliches Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, wozu auch die Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung zählen, und aus dem sonstigen unmittelbaren Bundeseigentum unentgeltlich an die ursprünglichen Eigentümer oder an deren Rechtsnachfolger von Todes wegen zu übereignen, welche […] 2. zwar rechtmäßig in das Eigentum des Bundes übergegangen sind, jedoch zuvor Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer Rechtshandlung gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, BGBl. Nr. 106/1946, waren, und sich noch im Eigentum des Bundes befinden; […].“ 60 „Durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wird keinerlei Anspruch auf Übereignung begründet.“ 61 Näher Moll, Ausfuhrverbote für NS-Raubkunst, S. 240 f. 62 Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 45. 63 Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 45. 59

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dere,64 u.a. auf Herausgabe der sechs Bilder sowie Schadensersatz an die Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer. Entscheidung: Kern der weitläufig diskutierten und für das US-amerikanische Verfassungsrecht bedeutsamen Entscheidung ist die Frage, ob sich die Republik Österreich auf Staatenimmunität berufen konnte und die Klage daher bereits unzulässig ist. Dabei waren die Instanzgerichte und schließlich auch der US Supreme Court zunächst mit der bis dato ungeklärten Frage befasst, ob der 1976 erlassene FSIA und dessen Ausnahmebestimmungen (hier: die expropriation exception) auch dann zur Anwendung gelangen, wenn das jurisdiktionsbegründende Verhalten zeitlich vor Erlass des Gesetzes liegt. Es ging folglich um eine rückwirkende Anwendung des Gesetzes,65 was sowohl der District Court als auch der Court of Appeals for the Ninth Circuit und schließlich der US Supreme Court in einer viel beachteten und nicht unumstrittenen 6:3-Entscheidung bejahte.66 Auch in der Sache hatte der District Court keine Schwierigkeiten, vorliegend eine Eigentumsverletzung unter Verstoß gegen internationales Recht im Sinne der expropriation exception des FSIA67 anzunehmen – sowohl die Beschlagnahme der Bilder zur NS-Zeit als auch die unter Zwang erfolgte Übereignung zum Erhalt einer Exportgenehmigung waren vielmehr Paradebeispiele für diese Ausnahmebestimmung unter dem FSIA. 68 Zudem sei das Belvedere als agency/instrumentality Österreichs in eine commercial activity in den USA involviert, da das Museum auch in den USA Kunstbände in englischer Sprache vertrieben und für einen Besuch im Belvedere geworben habe sowie das Gemälde Adele Bloch-Bauer I als Kunstleihgabe in die USA verliehen wurde.69

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Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 (C.D.Cal. 2001). Umfassend zu dieser – hier nicht weiter interessierenden – Fragestellung des US-Verfassungsrechts: Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 46 ff. m.w.N. Frühe Entscheidungen dazu waren The Schooner Exchange v. Mac Faddon 11 U.S. (7 Cranch) 116 (1812); Ex parte Republic of Peru 318 U.S. 578 (1943); Republic of Mexico v. Hoffmann 324 U.S. 30 (1945). 66 Altmann v. Republic of Austria 541 U.S. 677 (2004). Concurring opinions von Scalia, Breyer (joined by Souter); dissenting opinions von Kennedy (joined by Rehnquist und Thomas). Vgl. insbesondere a.a.O., 700: „Nevertheless, we affirm the panel’s judgment because the Act, […] clearly applies to conduct, like petitioners’ alleged wrongdoing, that occurred prior to 1976 and, for that matter, prior to 1952 when the State Department adopted the restrictive theory of sovereign immunity.“ 67 Dazu sogleich ausführlich sub § 5.II.3. 68 Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 1202 ff. (C.D.Cal. 2001): „First, the Nazi ‘aryanization’ of Ferdinand’s art collection by the Nazis is undeniably a taking in violation of international law. […] Next, Plaintiff has established a substantial and non-frivolous claim that a taking in violation of international law occurred when the paintings were ‘donated’ to the Gallery in 1948 in order to secure export licenses for other works of art. These paintings were not taken for a public purpose; Austria’s own laws required their return to their rightful owners. Moreover, Austria’s acknowledged practice of requiring export licenses for works of art stolen by the Nazis singled out aliens for regulation by the state because aliens would be much more likely to seek export of these artworks than would Austrian citizens.“ 69 Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 1204 f. (C.D.Cal. 2001). 65

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Auch mit dem Verweis auf die Due Process Clause70 konnte die gerichtliche Zuständigkeit nicht verneint werden,71 da Österreich und das Belvedere durch die bereits erwähnte Veröffentlichung von Kunstbänden über das Belvedere und die Klimt-Gemälde jedenfalls ‚minimum contacts‘72 mit den USA gehabt hatten, was eine gerichtliche Zuständigkeit von US-Gerichten rechtfertige: „The Gallery’s publication and marketing of these books is designed to solicit tourism by United States citizens in Austria and to attract those visitors to the Gallery, in particular to view the Klimt works. Both the Republic and the Gallery profit from the sales of the books and the resulting United States tourism. Furthermore, it is not only the Gallery’s activities in the forum, but also actions taken by the Government on behalf of the Gallery that support personal jurisdiction.“73 Damit waren US-Gerichte für die Herausgabeklage umfassend zuständig. Epilog: Nachdem der District Court auch weitere Einwendungen der Beklagten gegen die internationale Zuständigkeit abgewiesen hatte, 74 und bereits ein jury trial für November 2005 anberaumt worden war, einigten sich beide Seiten auf die Durchführung eines Schiedsverfahrens in Österreich, welches die Eigentumslage an den Gemälden bindend feststellen sollte.75 Dieses entschied – zur Überraschung vieler Beobachter und wohl auch aufgrund intensiver politischer Verhandlungen im Hintergrund – weit überwiegend zugunsten von Maria Altmann und sprach den Erben fünf der sechs Gemälde zu, da diese Ferdinand BauerBloch gehört hatten, er nicht verpflichtet gewesen sei, sie an das Belvedere zu übereignen und auch die Erklärung der Erben nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an der Eigentumslage nichts geändert habe, weil sie unter Zwang zustande gekommen sei. Damit wurde das Verfahren beendet und die Bilder den Erben ausgehändigt. Adele Bloch-Bauer I hängt heute in der Neuen Galerie in New York.

2. Die commercial activity exception Ausgehend von dem bereits genannten Tate Letter76 folgt der FSIA der sog. restrictive theory of foreign immunity, welche Staatenimmunität im Grundsatz nur für actae iure imperii, nicht jedoch für actae iure gestionis gewährt.77 Dieser – in der Staatengemeinschaft international anerkannte78 – Grundsatz findet ––––––––––– 70

Vgl. das 5th and 14th Amendment zur US-Verfassung. Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187, 1208 (C.D.Cal. 2001): „Accordingly, this Court holds that a foreign state is not a ‘person’ under the Due Process Clause of the United States Constitution.“ 72 Siehe bereits oben sub § 5.I.1. 73 Altmann v. Republic of Austria 317 F.3d 954, 970 (9th Cir. 2002). 74 Vgl. Altmann v. Republic of Austria 335 F.Supp.2d 1066 (C.D.Cal. 2004). 75 Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 65 f. 76 Siehe dazu Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 49 f. mit Nachweisen sowie sub § 5.II.1.a). 77 Hay, Nazi-looted Art and the law, S. 72 m.w.N. 78 Vgl. aus deutscher Perspektive grundlegend BVerfG Beschl. v. 30.04.1963 – 2 BvM 1/62, NJW 1963, 1732 sowie Art. 7(1) des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16.05.1972 (Basler Abkommen), BGBl. 1990 II S. 34: „A Contracting State cannot claim immunity from the jurisdiction of a court of another Contracting State if it has on the territory of the State of the forum an office, agency or other establishment through which it engages, in the same manner as a private person, in an industrial, commercial or 71

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seinen Ausdruck in der commercial activity exception. Danach unterliegt ein ausländischer Staat in NS-Restitutionsfällen insbesondere dann der Gerichtsgewalt von US-Gerichten, wenn die Klage sich gründet auf eine ‘commercial activity carried on in the United States by the foreign state’ oder ‘an act outside the territory of the United States in connection with a commercial activity of the foreign state elsewhere and that act causes a direct effect in the United States’ (28 U.S.C. §1605(a)(2) Alt. 1 und Alt. 3). a) Grundsatz: commercial activity in den USA Die Begründung einer gerichtlichen Zuständigkeit erfordert eine commercial activity im Zusammenhang mit dem Restitutionsgegenstand, die entweder bereits in den USA ausgeübt wird oder zwar in einem anderen Staat stattfindet, jedoch einen direct effect auf die USA hat. Eine commercial activity wird dabei definiert als ‚either a regular course of commercial conduct or a particular commercial transaction or act‘ (28 U.S.C. § 1603(d)). Es muss sich folglich um eine nicht-hoheitliche Tätigkeit handeln.79 Ob eine commercial activity in den USA oder einem anderen Land ausgeübt wird, richtet sich danach, ob ein substantieller Bezug zu den USA besteht (28 U.S.C. § 1603(e)). Erforderlich ist jedoch stets, dass sich die Klage gerade auf diese ausgeübte commercial activity stützt,80 weshalb es notwendig ist, dass der Restitutionsgegenstand zumindest Teil dieser geschäftlichen Aktivität ist. Dies ist in der Regel nicht der Fall, da die Enteignung der Opfer des NS-Regimes in Deutschland oder jedenfalls in Europa stattfand, nicht jedoch in den USA, sodass die commercial activity exception gem. 28 U.S.C. §1605(a)(2) Alt. 1 nicht eingreifen kann. b) Erfordernis des direct effect bei einer commercial activity im Ausland Wenig erfolgversprechend ist auch die Anwendung von 28 U.S.C. § 1605(a)(2) Alt. 3, der eine Ausnahme von der Staatenimmunität auch dann statuiert, wenn eine commercial activity im Ausland ausgeübt wird. Zwar kommen insoweit auch Rechtsgeschäfte in Deutschland oder Europa (etwa der Verkauf des Kunstgegenstands durch eine staatliche Institution) als Anknüpfungsmoment in Betracht. Erforderlich ist jedoch ein direct effect dieser Handlung auf das US-Staatsgebiet. Zur Vermeidung einer ausufernden Jurisdiktionsbegründung stellen die Gerichte hohe Anforderungen an die Bedeutung der geschäftlichen ––––––––––– financial activity, and the proceedings relate to that activity of the office, agency or establishment.“ 79 Malewicz v. City of Amsterdam 362 F.Supp.2d 298, 313 (D.D.C. 2005). 80 Zu den Einschränkungen und Ausnahmen im internationalen Leihverkehr siehe noch § 5.II.4.d).

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Aktivität für die USA, was die Entscheidung Westfield v. Germany81 exemplarisch aufzeigt: Sachverhalt:82 Walter Westfeld (1889–1943) war ein bekannter jüdischer Kunsthändler aus Wuppertal. 1935 wurde er im Zuge der Arisierungswelle gezwungen, seine Galerie an einen deutschen Kunsthändler zu übergeben. Es gelang ihm jedoch, einige Kunstwerke nach Amsterdam und Paris zu versenden und er plante, mit weiteren Teilen seiner Kunstsammlung nach Nashville/Tennessee überzusiedeln, wo bereits sein Bruder lebte. 1938 wurde er wegen verschiedener – angeblich begangener – Delikte verhaftet und zu 3,5 Jahren Haft und 300.000 RM Geldstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde seine Kunstsammlung vom LG Düsseldorf beschlagnahmt und im Auktionshaus Lempertz in Köln versteigert. Der Versteigerungserlös für die mehrere Hundert Kunstwerke umfassende Sammlung von Westfeld wurde dazu verwendet, die verhängte Geldstrafe zu begleichen. Westfeld selbst wurde nach Theresienstadt verschleppt und starb 1943 in Auschwitz. 1952 wurde die Beschlagnahme- und Versteigerungsanordnung auf Betreiben seiner Witwe vom LG Düsseldorf für nichtig erklärt. Anfang 2002/2003 erlangten die Nachfahren von Westfeld, die sich nunmehr Westfield nennen, von den näheren Umständen der Versteigerung Kenntnis, als das Museum of Fine Arts in Boston hinsichtlich eines Gemäldes, das es für Raubkunst aus dem Bestand von Westfeld83 erachtete, nach dessen Erben suchte. 2004 erhoben die Erben Klage gegen die BRD als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reichs und begehen Ersatz für die Kunstsammlung, u.a. aus unlawful conversion.84 Entscheidung: Der District Court und der Court of Appeals for the Sixth Circuit wiesen die Klage als unzulässig ab, da US-Gerichten die gerichtliche Zuständigkeit für Klagen gegen die BRD fehle. Auf den genannten Grundsätzen zum FSIA aufbauend,85 ist Kernfrage dabei zunächst, ob es sich bei der Beschlagnahme und Zwangsversteigerung der Kunstsammlung in Deutschland, welche nach dem Vorbringen des Klägers auch auf Käufer aus den USA ausgerichtet war, um eine commercial activity im Sinne von 28 U.S.C. § 1605(a)(2) handelte. 86 Nach Maßgabe der Supreme Court-Entscheidungen Republic of Argentina v. Weltover und Saudi Arabia v. Nelson87 war dies im vorliegenden Fall abzulehnen, weil die Beschlagnahme und Zwangsversteigerung der Bilder einen Akt hoheitlicher Gewalt (acta iure imperii) darstellt: „That seizure is either an expropriation of property or the satisfaction of a criminal fine or penalty imposed in connection with Mr. Westfeld‘s conviction. If the

––––––––––– 81

Westfield v. Germany 2009 WL 2356554 (M.D.Tenn. 2009); aff’d 633 F.3d 409 (6th Cir. 2011). Umfassende Analyse auch bei van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 121 ff. 82 Entnommen aus Westfield v. Germany 633 F.3d 409 f. (6th Cir. 2011). 83 Es ging um das Gemälde Portrait of a Man and a Woman in an Interior (1665) des Holländischen Malers Eglon van der Neer (1634–1703). Das Boston Museum of Fine Arts und die Westfield Familie einigten sich im Vergleichswege über das Gemälde, welches im Museum verbleibt. Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 91 f. 84 Zu dieser Anspruchsform siehe noch sub § 6.I.1.c). 85 Siehe dazu bereits sub § 5.II.1. 86 Unklar ist, wieso die Erben in diesem Fall nicht die expropriation exception vorgebracht hatten; vgl. Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 70 (Fn. 5). 87 Republic of Argentina v. Weltover 504 U.S. 607 (1992); Saudi Arabia v. Nelson 507 U.S. 349 (1993). Siehe zudem O’Bryan v. Holy See 556 F.3d 361 (6th Cir. 2009); cert. den. 558 U.S. 819 (2009); Garb v. Republic of Poland 440 F.3d 579 (2nd Cir. 2006); Keller v. Central Bank of Nigeria 277 F.3d 811 (6th Cir. 2002).

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seizure is deemed to be an expropriation of property, […] it is an action that can only be taken by a sovereign. If the seizure is deemed to have been effected for the satisfaction of a criminal fine or penalty, akin to forfeiture, it is an action that can only be taken by a sovereign through its police powers and judicial functions.“88 An dieser Qualifikation ändere sich auch nichts aufgrund der Tatsache, dass die Gemälde nach der Beschlagnahme durch ein – privatrechtlich organisiertes – Auktionshaus versteigert wurden. Zudem hätte die Beschlagnahme – selbst wenn man sie als commercial activity qualifizieren wollte – nach Ansicht des Court of Appeals for the Sixth Circuit keinen direct effect auf das Staatsgebiet der USA gehabt. Denn dieses Erfordernis sei nicht im Sinne einer reinen Kausalitätsbeziehung als conditio sine qua non zu verstehen, sondern erfordere einen ‚sort of nexus‘ zwischen der Geschäftstätigkeit im Ausland und den USA.89 Zwar wollte Westfeld seine Kunstsammlung in die USA verbringen, was durch die Beschlagnahme unmöglich gemacht wurde. Der Eigentumsverlust sei jedoch unmittelbar und ausschließlich in Deutschland eingetreten:90 „Germany acted entirely within its borders and the only connection to the United States is because Westfeld planned to send the artwork to Nashville.“91 Folglich hatte die Beschlagnahme, obwohl die Verhinderung der Ausfuhr der Kunstwerke in die USA auch für Westfelds Familie in Nashville mit negativen Konsequenzen verbunden war, lediglich einen indirect effect, der für die Anwendung des FSIA nicht ausreicht.92 Die Klage wurde daher als unzulässig abgewiesen.93

Ganz ähnlich wurde in Schoeps v. Freistaat Bayern94 entschieden. Darin forderten die Erben des Kunsthändlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy vom Freistaat Bayern das Gemälde Madame Soler (1903) von Pablo Picasso zurück. Sie machen geltend, dieser habe es 1934 unter Zwang und aufgrund allgemeiner Verfolgungsmaßnahmen gegen jüdische Mitbürger an den dem NS-Regime nahestehenden Kunsthändler Justin K. Thannhauser95 verloren. Thannhauser siedelte in der Folgezeit nach New York über; dort wurde er in den 1960er Jahren von einem Mitarbeiter der bayerischen Staatsgemäldegalerie besucht, der in Thannhausers Haus auf das Gemälde aufmerksam wurde. In den USA ––––––––––– 88

Westfield v. Germany 2009 WL 2356554 (M.D.Tenn. 2009) at 6* f. Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 85 ff. 90 Westfield v. Germany 633 F.3d 405, 416 (6th Cir. 2011) sowie a.a.O., 415. 91 Westfield v. Germany 633 F.3d 405, 417 (6th Cir. 2011). Sehr kritisch dagegen hinsichtlich der engen Auslegung des FSIA: Zarrini, 16 Fordham J. Corp. & Fin. L. 437, 440 ff. (2011). 92 Ähnlich Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 90 f. 93 Westfield v. Germany 633 F.3d 409, 418 (6th Cir. 2011). 94 Schoeps v. Bavaria 27 F.Supp.3d 540 (S.D.N.Y. 2014); aff’d 611 Fed.App‘x 32 (2nd Cir. 2015); cert. den. 136 S.Ct. 895 (2016); rehearing den. 136 S.Ct. 1487 (2016). Es handelte sich vor dem S.D.N.Y. um den gleichen Richter, der auch in der Sache Schoeps v. Museum of Modern Art 603 F.Supp.2d 674 (S.D.N.Y. 2009, vgl. § 4.VI.3.) entschieden hatte und seinen dortigen Ärger über das Verhalten der Erben, die vergleichsweise getroffene Vereinbarung nicht öffentlich zu machen, auch in diesem Verfahren nur schwer unterdrücken konnte, vgl. Schoeps v. Bavaria 27 F.Supp.3d 540, 546 (S.D.N.Y. 2014): „This is balderdash.“ 95 Dieser taucht bereits im Verfahren U.S. v. One Oil Painting Entitled Femme en Blanc by Pablo Picasso (siehe sub § 4.IV.2.b)) auf. 89

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wurde indes zu keinem Zeitpunkt ein verbindliches Kaufangebot abgegeben; das Gemälde wurde vielmehr 1964/1965 während eines Europa-Aufenthalts von Thannhauser für 1.775.000 CHF an die Bayerische Staatsgalerie verkauft. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht eine Zuständigkeit nach dem FSIA verneint: Denn die Klage basierte nicht auf dem Ankauf des Freistaates Bayern, welcher sich zudem in Europa vollzog, sondern mehrheitlich auf dem Zwangsverkauf in Berlin 1934, welcher jedoch keinen unmittelbaren Effekt auf das US-Bundesgebiet gehabt habe; denn dies erfordere „a degree of closeness between the acts giving rise to the cause of action and those needed to establish jurisdiction that is considerably greater than common law causation requirements.“96 3. Die expropriation exception Während die commercial activity exception daher nur in wenigen Restitutionsverfahren überhaupt zur Sprache kam und meist nicht erfolgreich geltend gemacht werden konnte, weil die der Klage zugrunde liegende Maßnahme (Beschlagnahme, Zwangsversteigerung etc.) als acta iure imperii nicht vom Anwendungsbereich des 28 U.S.C. § 1605(a)(2) umfasst ist oder die Handlung jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss auf das US-Staatsgebiet hatte, hat eine jüngere Rechtsprechungsentwicklung die gerichtliche Zuständigkeit bei Restitutionsklagen durch die expropriation exception des FSIA wesentlich erweitert. Diese zunächst als Retorsionsnorm gedachte Vorschrift vor dem Hintergrund der Enteignungen durch das kubanische Regime in den 1960er Jahren97 ist nunmehr das – völkerrechtlich wohl einzigartige – Einfallstor für Restitutionsklagen gegen Staaten oder staatliche Einrichtungen in den USA und geht weit über das im Völkerecht allgemein anerkannte Konzept der restrictive theory of state immunity hinaus. Gem. 28 U.S.C § 1605(a)(3) verlieren ausländische Staaten und deren agencies und instrumentalities ihre Immunität vor USGerichten für alle Verfahren „in which rights in property taken in violation of international law are in issue and that property or any property exchanged for such property is present in the United States in connection with a commercial activity carried on in the United States by the foreign state; or that property or any property exchanged for such property is owned or operated by an agency or instrumentality of the foreign state and that agency or instrumentality is engaged in a commercial activity in the United States.“

Wurde das Eigentum an einem Kunstgegenstand unter Verletzung des Völkerrechts entzogen, kann die Jurisdiktionsgewalt amerikanischer Gerichte in zwei ––––––––––– 96

Transatlantic Schifffahrtskontor GmbH v. Shanghai Foreign Trade Corp. 204 F.3d 384, 390 (2nd Cir. 2000). Zudem scheiterte die Klage auch daran, dass der Freistaat keine commercial activity im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gemäldes in den USA betrieb, vgl. Schoeps v. Bavaria 27 F.Supp.3d 540, 543 ff. (S.D.N.Y. 2014). 97 Vgl. Hess, in: FS Schlosser S. 257, 267.

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Fallvarianten begründet werden: Hinsichtlich eines ausländischen Staates kommt ein Immunitätsverlust in Betracht, wenn sich das entzogene Kunstwerk oder ein Surrogat desselben in den USA befindet. Dagegen kann die Gerichtsgewalt über eine ausländische agency oder instrumentality – insbesondere Museen in staatlicher Hand – zusätzlich schon begründet werden, wenn diese im Besitz des rechtswidrig entzogenen Kunstgegenstands ist und (irgend)eine commercial activity in den USA betreibt, die mit dem Kunstgegenstand nicht notwendigerweise im Zusammenhang stehen muss. a) Property taken in violation of international law: Simon v. Hungary Zunächst ist zu prüfen, wann bei NS-Restitutionsfällen von ‚property taken in violation of international law‘ gesprochen werden kann. Grundlegend für das Verständnis des FSIA ist dabei der Rechtsstreit Simon v. Hungary.98 Darin machen 14 Nachfahren einer jüdischen Gemeinde in Ungarn u.a. gegen die Republik Ungarn und die ungarische Staatsbahn Magyar Államvasutak Zrt. Schadensersatzansprüche aufgrund der Beschlagnahme und Enteignung von Eigentum der Rechtsvorgänger der Kläger während des Holocaust geltend.99 Gegenstand des komplexen Verfahrens100 ist dabei insbesondere die Frage, ob die Beschlagnahme und Enteignung persönlicher Gegenstände an sich als Teil der Mitwirkung der ungarischen Regierung am Holocaust eine ‚violation of international law‘ im Sinne des 28 U.S.C. § 1605(a)(3) darstellt, da es sich zum einen um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt zwischen dem Staat Ungarn und seinen Mitbürgern handelt und den meisten Restitutionsklägern zum anderen der individuelle Nachweis, dass die konkrete Enteignungshandlung unter Verletzung des Völkerrechts stattgefunden hat, meist nicht gelingt. Dabei hatten US-Bundesgerichte bereits in früheren Entscheidungen einen rechtswidrigen Eigentumsentzug als „nationalization or expropriation of pro––––––––––– 98

Simon v. Republic of Hungary 2012 WL 13069771 (D.D.C. 2012); 2012 WL 13069772 (D.D.C. 2012); 37 F.Supp.3d 381 (D.D.C. 2014); aff’d in part, rev’d in part, rem’d 812 F.3d 127 (D.C.Cir. 2016); 277 F.Supp.3d 42 (D.D.C. 2017); rev’d and rem’d 911 F.3d 1172 (D.C.Cir. 2018); cert. partially granted (Case No. 18-1447, 02.07.2020); 443 F.Supp.3d 88 (D.D.C. 2020) – appeal filed. Für den 07.12.2020 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Supreme Court angeordnet. Siehe auch die aktuelle Entscheidung des US Supreme Court in Bolivarian Republic of Venezuela v. Helmerich & Payne Int’l Drilling Co. 137 S.Ct. 1312, 1316, 197 L.Ed.2d 663 (2017). 99 Simon v. Republic of Hungary 911 F.3d 1172 (D.C.Cir. 2018). Siehe auch die vergleichbaren Verfahren gegen Frankreich in Scalin v. Société Nationale des Chemins de Fer Français 2018 WL 1469015 (N.D.Ill. 2018); Freund v. Republic of France 592 F.Supp.2d 540 (S.D.N.Y. 2008); aff’d sub nom. Freund v. Société Nationale des Chemins de fer Français 391 F.App’x 939 (2nd Cir. 2010). 100 Vgl. etwa zur Frage der Auswirkungen des 1947 geschlossenen Friedensvertrags zwischen Ungarn und den Alliierten auf die Anspruchsdurchsetzung vor US-Gerichten: Simon v. Republic of Hungary 812 F.3d 127, 142 ff. (D.C.Cir. 2016).

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perty without payment of the prompt adequate and effective compensation required by international law“ inclusive „takings which are arbitrary or discriminatory in nature“ definiert.101 Der Court of Appeals for District of Columbia Circuit führte diese Linie in Simon v. Hungary fort und bildete damit die Grundlage für die Interpretation des FSIA in allen aktuellen Restitutionsverfahren: „The alleged takings of property in this case amounted to the commission of genocide, and genocide violates international law. […] The systematic, ‘wholesale plunder of Jewish property’ at issue here, however, aimed to deprive Hungarian Jews of the resources needed to survive as a people. […] Expropriations undertaken for the purpose of bringing about a protected group’s physical destruction qualify as genocide.“102

Damit hat sich der Court of Appeals for the District of Columbia Circuit für eine weitgehende Anwendung der expropriation exception in NS-Restitutionsfällen entschieden: Eine Verletzung von Eigentumsrechten zum Nachteil der jüdischen Bevölkerung durch das Dritte Reich oder einen seiner Verbündeten wird regelmäßig als Teil des Genozids der Juden Europas und daher als eine Verletzung des Völkerrechts bewertet, weil diese Maßnahmen als Bestandteil des Holocaust dazu dienten, die jüdische Bevölkerung in Europa zu vernichten. Einer darüber hinausgehenden Darlegung durch den Restitutionskläger bedarf es folglich nicht, sofern dieser nachweisen kann, dass der Eigentumsverlust Teil der systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs war. Für dieses Ergebnis ist auch irrelevant, dass es sich bei der Beschlagnahme häufig um eine innerstaatliche Maßnahme, d.h. einen Hoheitsakt gegenüber der eigenen Bevölkerung handelt. Zwar liegt eine (jurisdiktionsbegründende) Verletzung des Völkerrechts nach amerikanischem Verständnis und der sog. domestic takings rule103 nicht vor, wenn ein Staat seine eigenen Bürger in seinem eigenen Staatsgebiet enteignet.104 Diese Einschränkung der expropriation ex––––––––––– 101 Zappia Middle East Const. Co. Ltd. v. Emirate of Abu Dhabi 215 F.3d 247, 251 (2nd Cir. 2000) mit Verweis auf H.R. Rep. No. 94-1487 at 19 (1976). 102 Simon v. Republic of Hungary 812 F.3d 127, 137 ff., 142 ff. (D.C.Cir. 2016) – mit einer umfangreichen Analyse. Aus deutscher Perspektive umfassend Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 224 ff. 103 Siehe dazu United States v. Belmont 301 U.S. 324, 332, 57 S.Ct. 758, 81 L.Ed. 1134 (1937); de Sanchez v. Banco Central de Nicaragua 770 F.2d 1385, 1395 ff. (5th Cir. 1985); Siderman de Blake v. Republic of Argentina 965 F.2d 699, 711 (9th Cir. 1992). 104 Vgl. zudem den Fall Cassirer v. Thyssen Bornemisza-Collection Foundation, in dem der District Court – ohne vertiefte Begründung – argumentiert, es liege eine Verletzung des Völkerrechts vor, weil Lily Cassirer nach den Nürnberger Rassengesetzen als Jüdin keine deutsche Staatsangehörige sein konnte (Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157, 1165 [C.D.Cal. 2006]: „[…] since Germany itself did not consider Ms. Cassirer to be a citizen, Ms. Cassirer’s alleged German ‘citizenship’ at the time of the taking does not preclude the application of the expropriation exception in this case.“).

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ception findet jedoch nach Ansicht der Richter des District of Columbia Circuit im Falle eines Genozids – wie vorliegend – keine Anwendung.105 Dies hat weitreichende Konsequenzen: Abweichend von früheren Entscheidungen106 kann damit auch durch rein innerstaatliche Rechtsverletzungen, die nach klassischem Verständnis regelmäßig keine Verletzung des Völkerrechts nach sich ziehen, die Zuständigkeit von US-Gerichten begründet werden.107 Schließlich muss auch nicht der verklagte Staat selbst für den völkerrechtswidrigen Entzug des Kunstgegenstands verantwortlich sein; es reicht nach Ansicht der US-Gerichte aus, wenn irgendein Staat für die völkerrechtswidrige Enteignung verantwortlich ist.108 Folglich erklärten sich US-Gerichte auch für eine Herausgabeklage gegen Spanien für zuständig, obwohl die Enteignung durch das Dritte Reich erfolgte und Spanien darin in keiner Weise beteiligt war, sondern erst Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs in den Besitz des streitgegenständlichen Gemäldes kam.109 Nachdem die Republik Ungarn gegen das letzte Berufungsurteil des Court of Appeals eine petition for writ of certiorari beim Supreme Court einlegte, wurde das Rechtsmittel im Juli 2020 teilweise zugelassen.110 Die Zulassung bezieht sich indes nicht auf die Anwendung der expropriation exception an sich, sondern beschränkt sich auf die Frage, ob US-Gerichte von der Ausübung ihrer Jurisdiktionsgewalt aus Gründen der international comity ermessensabhängig absehen dürfen, wenn die Kläger – wie vorliegend von Ungarn vorgetragen – nicht zunächst alle Rechtsmittel im verklagten Staat ausgeschöpft haben (sog. exhaustion exception).111 ––––––––––– 105

Simon v. Republic of Hungary 812 F.3d 127, 147 ff. (D.C.Cir. 2016): „The domestic takings rule has no application in the unique circumstances of this case, in which, unlike in most cases involving expropriations in violation of international law, genocide constitutes the pertinent international-law violation.“ Siehe ferner de Csepel v. Republic of Hungary 169 F.Supp.3d 143, 166 ff (D.D.C. 2016); Abelesz v. Magyar Nemzeti Bank 692 F.3d 661, 674 ff. (7th Cir. 2012). 106 Vgl. z.B. Siderman de Blake v. Republic of Argentina 965 F.2d 699, 711. 107 Die Argumentation wurde jüngst bestätigt in Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 412 (D.C.Cir. 2018). 108 Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1031 f. (9th Cir. 2010): „In sum, the statute states that the property at issue must have been ‘taken in violation of international law.’ It does not state ‘taken in violation of international law by the foreign state being sued.’ […] For these reasons, we conclude that § 1605(a)(3) does not require that the foreign state against whom suit is brought be the foreign state that took the property at issue in violation of international law.“ 109 Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1031 ff. (9th Cir. 2010). 110 Case No. 18-1447; petition granted limited to Question 1 presented by the petition (, abgerufen am 06.10.2020); zeitgleich wurde auch im Verfahren Philipp v. Germany (Case No. 19-351) ein writ of certiorari zugelassen (vgl. sub § 5.II.3.d)aa)). 111 Dazu noch ausführlich sub § 5.II.4.c).

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b) Act of a sovereign Erforderlich für die expropriation exception ist jedoch stets, dass es sich um einen Eigentumsverlust aufgrund des Handelns eines staatlichen Organs handelt. Darunter fallen insbesondere Verstaatlichungen oder Enteignungen ohne angemessene Entschädigung112 sowie willkürliche oder diskriminierende Wegnahmehandlungen, die entweder von einem staatlichen Organ selbst vorgenommen werden oder durch Private erfolgen, deren Handeln einem Staat zugerechnet werden kann.113 Da der Kunstgegenstand meist durch Beamte des Dritten Reichs, ein Mitglied der NSDAP oder eine der NS-Diktatur nahestehende Privatperson entzogen wurde, kann dieses Kriterium häufig bejaht werden. Wie die folgenden Fälle zeigen, kommt es jedoch teilweise zu schwierigen Abgrenzungsfragen, welche die gerichtliche Zuständigkeit bei Restitutionsverfahren auch vom Zufall abhängig machen: aa) Orkin v. Swiss Confederation114 In diesem Verfahren macht ein Erbe von Margarethe Mauthner115 geltend, eine van Gogh-Zeichnung (Les Saintes – Maries de la Mer) sei von seiner Großmutter unter Zwang an einen Schweizer Kunsthändler (Oskar Reinhardt) weit unter Preis veräußert worden, um ihre Flucht während des Zweiten Weltkriegs finanzieren zu können. Er fordert diese von der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Reinhardt die Zeichnung Jahre später vererbte, und einem Museum sowie einer von Reinhart im Jahr 1945 gegründeten privaten Stiftung zurück. Das Gericht wies die Klage indes wegen fehlender jurisdiction als unzulässig ab: Selbst wenn man Museum und Stiftung als agencies oder instrumentalities der Schweizerischen Eidgenossenschaft unter dem FSIA ansehen wollte, läge keine internationale Zuständigkeit nach 28 U.S.C. § 1605(a)(3) vor. Denn eine Eigentumsverletzung sei nicht durch die Beklagten, sondern deren Rechtsvorgänger Oskar Reinhardt, mithin eine Privatperson, vorgenommen worden, so dass die expropriation exception des FSIA bereits nicht einschlägig sei, auch ––––––––––– 112 Vgl. Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 69 ff., zu den Kriterien, wann eine angemessene Entschädigung vorliegt und inwieweit gegen eine unangemessene oder fehlende Entschädigung Primärrechtsschutz im verklagten Staat eingeholt werden muss. Diese Fragen stellen sich bei einem Erwerbsverlust zwischen 1933–1945 indes nicht, da für die Enteignung jüdischer Mitbürger generell keine adäquaten Kompensationsmechanismen oder Rechtsschutzmöglichkeiten existierten. 113 Vgl. H.R. Rep. 94-1487. 114 Orkin v. Swiss Confederation 2011 WL 167840 (S.D.N.Y. 2011); aff’d 444 Fed.App’x 469 (2nd Cir. 2011). Umfassende Analyse bei van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 132 ff. 115 Siehe dazu bereits Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 (C.D.Cal. 2005); aff’d sub nomine Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); cert. den. 552 U.S. 990 (2007).

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wenn sich die Bilder nun im Besitz einer staatlichen Institution befinden.116 Wäre die gleiche Wegnahmehandlung dagegen durch eine Einrichtung in öffentlicher Hand erfolgt oder wäre das Verhalten Reinhardts einem staatlichen Organ zuzurechnen – was der Kläger vorliegend nicht nachweisen konnte –, wäre die internationale Zuständigkeit dagegen aller Voraussicht nach gegeben. Auch aus der Alien Tort Statute (ATS) gem. 28 U.S.C. § 1350,117 welche US-Gerichte bei besonders völkerrechtswidrigen, deliktsrechtlichen Klagen zum ‚Weltforum‘ macht, ergibt sich nichts anderes, selbst wenn man unterstellen wollte, dass es sich bei der verklagten Stiftung um eine private entity im Sinne der Norm handelt. Denn unter 28 U.S.C. § 1350 muss eine Verletzung des law of nations dargelegt werden, also ein Verstoß gegen die in der gesamten Staatengemeinschaft anerkannten, fundamentalen Grundsätze des Rechts. Daran fehlt es hier: „One cannot cogently cast the Foundation as ‘hostis humani generis, an enemy of all mankind’ guilty of one of the ‘handful of heinous actions’ that meets this standard. Like the other defendants, it is alleged to have done nothing more than accept a bequest or donation of artwork from a collector who purchased it, however opportunistically, many years prior. Plaintiff has not demonstrated that passive receipt of an item acquired in the circumstances of the Mauthner–Reinhart transaction could amount to a violation of any international (or, for that matter, American) law, let alone the subset of laws implicating the ATS.“118

Erfolgte die Wegnahme des Kunstgegenstandes daher durch eine Privatperson oder privatrechtlich verfasste Institutionen, laufen spätere Erwerber in öffentlicher Hand nicht Gefahr, unter der expropriation exception vor US-Gerichten belangt zu werden.

––––––––––– 116 Daher kann auch kein Vergleich zu Entscheidungen gezogen werden, in denen ein anderer Staat den Kunstgegenstand unter Verletzung internationalen Rechts weggenommen hat, vgl. Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019 (9th Cir. 2010); Agudas Chasidei Chabad of United States v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6 (D.D.C. 2006); rev’d in part 528 F.3d 934 (D.C.Cir. 2008); Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 (C.D.Cal. 2001) („the foreign state against whom a claim is made need not be the sovereign that expropriated the property at issue“); aff’d 317 F.3d 954 (9th Cir. 2002); aff’d on other grounds 541 U.S. 677, 124 S.Ct. 2240, 159 L.Ed.2d 1 (2004). 117 „The district courts shall have original jurisdiction of any civil action by an alien for a tort only, committed in violation of the law of nations or a treaty of the United States.“ Siehe aus jüngerer Zeit zur begrenzenden Auslegung der Alien Tort Statute durch den US Supreme Court: Kiobel v. Royal Dutch Petroleum Co. 621 F.3d 111, 116 (2nd Cir. 2010); rehearing den. 642 F.3d 268 (2nd Cir. 2011); cert. granted 565 U.S. 961 (2010); aff’d 569 U.S. 108 (2013). 118 Orkin v. Swiss Confederation 770 F.Supp.2d 613, 618 (S.D.N.Y. 2011).

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bb) Williams v. National Gallery, London

Abb. 14: Henri Matisse, Porträt der Greta Moll, 1908; (c) Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020.

Dieser Ansatz wurde in Williams v. National Gallery, London bestätigt:119 Darin fordern die Erben von Margaret Moll von der National Gallery die Rückgabe des Gemäldes Porträt der Greta Moll (1908) von Henri Matisse, bei dem diese selbst Kunststudentin war. Nachdem das Gemälde den Zweiten Weltkrieg in Berlin unbeschadet überstanden hatte, wollte Moll zu ihrer Tochter nach Wales übersiedeln. Da sie jedoch fürchtete, das Gemälde könnte in den Nachkriegswirren gestohlen werden, plante sie, es zu einem Schweizer Kunsthändler zur Verwahrung senden. Eine ehemalige Studentin von Molls verstorbenem Ehemann, Gertrude Djamarani, erbot sich, das Gemälde in die Schweiz zu bringen. Dort veräußerte sie das Gemälde jedoch abredewidrig und behielt den Verkaufserlös für sich. Nach verschiedenen Veräußerungstatbeständen landete das Gemälde schließlich 1979 in der National Gallery in London. Auch diese Herausgabeklage wurde als unzulässig abgewiesen. Die expropriation exception des FSIA sei schon nicht einschlägig, weil die Wegnahme bzw. Unterschlagung durch eine Privatperson kein staatlicher Hoheitsakt ist, der Wegnahmebegriff des FSIA sich jedoch auf „acts of a sovereign, not a private enterprise, that deprive a plaintiff of property without adequate compensa-

––––––––––– 119

Williams v. National Gallery, London 2017 WL 4221084 (S.D.N.Y. 2017); aff’d 749 Fed.App’x 13 (2nd Cir. 2018); cert. den. 139 S.Ct. 1347 (2019).

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tion“ beziehe.120 Folglich kann auch die einfache Weigerung zur Rückgabe des Gemäldes durch die National Gallery nicht als Wegnahme (taken) definiert werden, weil der Unrechtsgehalt der passiven Entgegennahme eines Kunstgegenstands nicht mit dem einer aktiven Wegnahme beim Berechtigen vergleichbar ist.121 cc) Hulton v. Bayerische Staatsgemäldesammlungen122 Diese Grundlinie wird in einer aktuellen Entscheidung zugunsten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen noch einmal präzisiert. In diesem Verfahren fordern die Kläger als Erben des Galeristen Alfred Flechtheim vom Freistaat Bayern und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen die Restitution von acht aus dessen Sammlung stammenden Kunstwerken von Max Beckmann,123 Juan Gris124 und Paul Klee.125 Flechtheim floh 1933 nach Paris und war – unter im Einzelnen streitigen Umständen – gezwungen, seine Vermögenswerte einer dem NS-Regime nahestehenden Person zu übertragen. Dieser und ein ehemaliger Angestellter in Flechtheims Galerie veräußerten einen großen Teil von Flechtheims Vermögen zum Vorteil von Flechtheims deutschen Gläubigern und dem Dritten Reich. Gleichzeitig wurden große Bestände von Flechtheims Galerie über einen Schweizer Kunsthändler verkauft. Die Kläger tragen vor, dass die in Streit stehenden Kunstwerke auf einem dieser beiden Wege veräußert wurden und nun im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind. Hinsichtlich der sechs Beckmann-Gemälde wurden sie von Günther Franke an das Museum gestiftet, wobei die Beklagten vortragen, dieser habe die Gemälde 1932 oder später käuflich erworben. Die Erwerbsverhältnisse bei den anderen Gemälden bleiben unklar. Hinsichtlich ––––––––––– 120 Williams v. National Gallery, London 2017 WL 4221084 at *3 (S.D.N.Y. 2017) sowie Williams v. National Gallery, London 749 Fed.App’x. 13 at [1] (2nd Cir. 2018). 121 Williams v. National Gallery, London 2017 WL 4221084 at *4 f. (S.D.N.Y. 2017). Zudem liegt in Bezug auf den Ankauf des Gemäldes keine commercial activity der National Gallery in den USA vor (Williams v. National Gallery, London 2017 WL 4221084 at *7 [S.D.N.Y. 2017]). Im Übrigen wäre die Klage nach Ansicht des District Court auch verjährt, weil die Erben spätestens in den späten 1970er/frühen 1980er Jahren Kenntnis davon hatten oder hätten erlangen können, dass sich das Gemälde in der National Gallery befand und von Gertrude Djamarani unterschlagen wurde (Williams v. National Gallery, London 2017 WL 4221084 at *12 [S.D.N.Y. 2017]). Der HEAR Act greift dabei nicht ein, weil das Gemälde erst nach dem Zweiten Weltkrieg abhandengekommen war (vgl. noch sub § 7.II.2.a)). 122 Hulton v. Bayerischen Staatsgemäldesammlungen 346 F.Supp.3d 546 (S.D.N.Y. 2018). Umfassend zum Wirken von Alfred Flechtheim: Bambi/Drecoll, Alfred Flechtheim – Raubkunst und Restitution, 2015 (passim). 123 Duchess of Malvedi (1926), Still Life with Cigar Box (1926), Still Life with Studio Window (1931), Dream – Chinese Fireworks (1927), Champagne Still Life (1929), Quappi in Blue (1926), 124 Cruche et verre sur un table (1916). 125 Grenzen des Verstandes (1927).

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aller Gemälde tragen die Kläger jedoch vor, dass ein Besitzwechsel letztlich nur aufgrund einer verfolgungsbedingten und unter Zwang erfolgten Veräußerung von Flechtheim erfolgt sei. Auch in diesem Fall wies das Gericht die Klage als unzulässig ab. Die expropriation exception gem. 28 U.S.C. § 1605(a)(3) greife nicht ein, weil der Nachweis einer Wegnahme durch einen staatlichen Hoheitsakt nicht erfolgt sei: „Plaintiffs have not alleged that […] the individuals who unlawfully converted Flechtheim’s property following his flight from persecution were acting on behalf of the German state or in any official government capacity.“126 Als entscheidend erwies sich daher – wie auch in den Verfahren Orkin v. Swiss Confederation und Williams v. National Gallery –, dass die Wegnahme oder der Zwangsverkauf nicht durch eine Person mit offizieller Funktion im NS-Staat erfolgte, sondern durch Nutznießer und Profiteure der allgemeinen politischen Situation und die Erben nicht substantiiert darlegen konnten, dass deren Handeln funktional einem Hoheitsakt des Dritten Reichs gleichgesetzt werden kann. Diese Abgrenzung mag für die Qualifikation des Kunstgegenstands als NSRaubkunst von nachrangiger Bedeutung sein; für die Frage der internationalen Zuständigkeit unter dem FSIA ist sie entscheidend. Gleichsam sind die Ergebnisse nicht immer kohärent. Erfolgte die Wegnahme nicht durch eine dem NSRegime zurechenbare Person, sondern ‚nur‘ durch einen Nutznießer oder Sympathisanten der NS-Politik, scheidet eine Zuständigkeitsbegründung unter dem FSIA aus, selbst wenn sich die Wegnahmehandlung bzw. der auf den Eigentümer ausgeübte Druck nicht unterscheidet. Zudem mag es aus der Perspektive des Klägers wenig einsichtig sein, wieso die gerichtliche Zuständigkeit über ein Museum in öffentlicher Hand, das als agency eines Staates qualifiziert werden kann, und über ein privates Museum nach anderen Maßstäben legitimiert wird, obwohl in der Sache die gleichen Ansprüche geltend gemacht werden. c) Belegenheit des Kunstgegenstands oder commercial activity in den USA Wurde festgestellt, dass der Kunstgegenstand durch einen Hoheitsakt und unter Verletzung internationalen Rechts entzogen wurde, ist zur Begründung der Jurisdiktionsgewalt über einen ausländischen Staat gem. 28 U.S.C § 1605(a)(3) weiterhin erforderlich, dass sich das Kunstwerk oder ein Surrogat desselben ––––––––––– 126

Hulton v. Bayerischen Staatsgemäldesammlungen 346 F.Supp.3d 546, 550 f. (S.D.N.Y. 2018), sowie a.a.O., 551: „Naturally, the Court is sympathetic to Plaintiffs’ moral claim to the Paintings: Flechtheim was deprived of treasured works of art as a direct consequence of the Nazi regime’s indefensible and unspeakable Aryanization policies. […] Surely, it would not be hard to justify and articulate an exception to the FSIA that created a carveout for victims like Flechtheim and his heirs to take action against the downstream beneficiaries of such policies. Nevertheless, Congress has chosen not to enact such an exception, and it is not the Court’s proper place to create one […].“

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(z.B. ein dafür eingetauschtes Kunstwerk oder der Veräußerungserlös) in den USA befindet. Dies ist regelmäßig nicht der Fall,127 wenn sich das Kunstwerk im Besitz eines ausländischen Staates oder Museums befindet. Folglich wurde die internationale Zuständigkeit über ausländische Staaten auch in nahezu allen aktuellen Entscheidungen trotz Vorliegens einer Wegnahme unter Verletzung von internationalem Recht abgelehnt.128 Ausländische Staaten können sich bei Restitutionsstreitigkeiten daher auch unter der expropriation exception im Regelfall auf Staatenimmunität berufen; soweit ersichtlich, gibt es noch kein streitiges Endurteil gegen einen ausländischen Staat in Bezug auf NS-Restitutionsfälle.129 Bei ausländischen agencies und instrumentalities – z.B. Kunsteinrichtungen und Museen in öffentlicher Hand – ist es für eine Jurisdiktionsbegründung dagegen ausreichend, wenn die Einrichtung im Besitz des Kunstgegenstandes ist und einer commercial activity in den USA nachgeht, die mit dem Restitutionsgegenstand nicht unmittelbar in Verbindung stehen muss.130 Der Kunstgegenstand muss folglich nicht in den USA präsent sein, eine wirtschaftliche Aktivität des Museums in den USA ist ausreichend. Dabei wird die Annahme einer commercial activity von US-Gerichten schnell bejaht; auch geringe wirtschaftliche Tätigkeiten reichen zur Jurisdiktionsbegründung aus. In Altmann v. Austria131 erachtete der US Supreme Court z.B. die Publikation eines englischsprachigen Kunstbandes über die in Österreich ausgestellten Gemälde sowie die Werbetätigkeit des österreichischen Fremdenverkehrsamts mit Broschüren über Klimts Gemälde für ausreichend in Bezug auf die Annahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S.d. 28 U.S.C. § 1605. In ähnlicher Weise wurde in der Sache Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation132 entschieden: Dort reichte der Kauf und Verkauf von Kunstgegenständen in den USA durch das beklagte spanische Museum, die Werbung des Museums für Ausstellungen in internationalen und auch in den USA verfügbaren Kunstmagazinen und der Leihverkehr mit US-amerikanischen Museen und Kunstsammlern aus, um eine ––––––––––– 127 Dies war lediglich der Fall in Malewicz v. City of Amsterdam 362 F.Supp.2d 298 (D.D.C. 2005); aff’d 517 F.Supp.2d 322 (D.C.Cir. 2007); Einzelheiten bei Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 72 f. 128 Insbesondere in Philipp v. Germany (dazu sub § 5.II.3.d)aa)), de Csepel v. Hungary (dazu sub § 5.II.3.d)bb)) und Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation (dazu sub § 7.II.2.d)). In Altmann v. Austria (oben sub § 5.II.1.b)) findet sich diese klare Differenzierung indes noch nicht. 129 Vgl. jedoch das Versäumnisurteil in der Sache Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation (sub § 5.III.1.) sowie das Verfahren Altmann v. Austria (oben sub § 5.II.1.b)), das durch ein Schlichtungsverfahren in Österreich beendet wurde. 130 Ausdrücklich Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157, 1171 ff. (C.D.Cal. 2006); 580 F.3d 1048, 1059 (9th Cir. 2009); 616 F.3d 1019, 1033 f. (9th Cir. 2010). 131 Altmann v. Austria 317 F.3d 954, 970 (9th Cir. 2002) sowie sub § 5.II.1.b). 132 Dazu noch umfassend sub § 7.II.2.d).

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commercial activity zu begründen. 133 Folglich kann bereits eine allgemeine Werbetätigkeit für das betroffene Museum bzw. geschäftliche Kontakte mit amerikanischen Privatpersonen oder Kunstinstitutionen ausreichen, um diese Tatbestandsvoraussetzung des FSIA zu erfüllen (vgl. 28 U.S.C. § 1603(d)). Daher wurde in fast allen aktuellen Entscheidungen, in denen eine Enteignung durch Hoheitsakt nachgewiesen werden konnte, auch die internationale Zuständigkeit über die beklagten Museen oder Kunsteinrichtungen bejaht.134 d) Neuere Entwicklungen bei der expropriation exception aa) Philipp v. Federal Republic of Germany Die Folgen dieser weitreichenden Rechtsprechung können anhand einer aktuellen – und aus deutscher Perspektive besonders brisanten – Entscheidung verdeutlicht werden: Philipp v. Federal Republic of Germany.135

Abb. 15: Kuppenreliquiar als Teil des Welfenschatzes, Ende 12. Jahrhundert.

––––––––––– 133 Einzelheiten bei Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157, 1172 (C.D.Cal. 2006). 134 Z.B. Philipp v. Germany (dazu sub § 5.II.3.d)aa)), de Csepel v. Hungary (dazu § 5.II.3.d)bb)) und Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation (dazu sub § 7.II.2.d)). 135 Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59 (D.D.C. 2017); granting certification 253 F.Supp.3d 84 (D.D.C. 2017); aff’d and rem’d 894 F.3d 406 (D.C.Cir. 2018); den. rehearing en banc 925 F.3d 1349 (D.C.Cir. 2019); den. stay 2019 WL 3229350 (D.C.Cir. 2019); cert. granted (Case No. 19-351, 02.07.2020); stay granted 436 F.Supp.3d 61 (D.D.C. 2020). Eine mündliche Verhandlung vor dem US Supreme Court wurde auf den 07.12.2020 angesetzt.

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Sachverhalt:136 Die Erben jüdischer Kunsthändler begehren von der BRD und der Stiftung preußischer Kulturbesitz (im Folgenden: SPK) die Herausgabe von Teilen des weltberühmten Welfenschatzes, u.a. aus replevin, conversion und unjust enrichment.137 1929 wurde in Frankfurt a.M. eine Kunstgalerie durch die jüdischen Händler J. & S. Goldschmidt, I. Rosenbaum, and Z. M. Hackenbroch gegründet. Diese erwarben am 5. Oktober 1929 den sog. Welfenschatz, bestehend aus 82 Reliquien und Devotionalien aus dem 11. bis 15. Jahrhundert, die sich bis dato im Braunschweiger Dom befanden. 40 der 82 Kunstgegenstände wurden in Europa und in den USA verkauft; der Rest des Welfenschatzes wurde in den Niederlanden eingelagert. Gegenstand der Klage sind diese 42 Kunstgegenstände, die am 14. Juni 1935 an den preußischen Staat unter Mitwirkung der Dresdner Bank veräußert wurden. Die Kläger machen – in allen relevanten Punkten von der Gegenseite bestritten – geltend, es habe sich dabei um einen Zwangsverkauf unter dem Eindruck von Verfolgungsmaßnahmen gegenüber ihnen und ihren Familien und einem Kaufpreis von ca. einem Drittel des tatsächlichen Werts gehandelt; auch hätten die Kunsthändler nach dem Vorbringen der Kläger nicht frei über den Kaufpreis verfügen können. Zudem sei der Kauf unter direkter Einflussnahme von Hermann Göhring erfolgt, der den Welfenschatz Adolf Hitler im November 1935 als Geschenk überreicht habe. Dagegen trägt die Gegenseite vor, der Preis sei vor dem Hintergrund der damaligen Weltwirtschaftskrise angemessen und die Vertragsverhandlungen und der Vertragsschluss ohne eine unzulässige Beeinflussung der Verkäufer erfolgt. Nach Kriegsende wurde der Welfenschatz zunächst beschlagnahmt und befindet sich seit 1957 im Besitz der SPK im Kunstgewerbemuseum Berlin. Nachdem die SPK einem Rückgabeverlangen durch die Erben entgegentrat, wurde die Limbach-Kommission angerufen, die 2014 zu dem Ergebnis kam, es handele sich nicht um Raubkunst oder einen Zwangsverkauf unter dem Druck rassistischer Verfolgungsmaßnahmen, zumal der Kaufpreis für die damalige Zeit angemessen sei.138 Daraufhin erhoben zwei Erben der Kunsthändler Klage vor dem District Court for the District of Columbia. Entscheidung: Die derzeit vor dem Supreme Court anhängige Klage wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Nachdem der District Court sowohl hinsichtlich der BRD als auch der SPK die Klage in Bezug auf mehrere – nicht alle – der geltend gemachten Ansprüche zuließ und insbesondere feststellte, dass die expropriation exception gem. 28 U.S.C. § 1605(a)(3) nach dem Vorbringen der Kläger erfüllt sei,139 riefen die BRD und die SPK den Court of Appeals for the District of Columbia Circuit an.140 Im Anschluss an seine Entscheidung in Simon v. Hungary141 führte der Court of Appeals zunächst aus, dass auch der an der eigenen Bevölkerung verübte (innerstaatliche) Genozid und eine in diesem Zusammenhang vorgenommene Wegnahme oder Enteignung eine Verletzung des Völkerrechts sein kann.142

––––––––––– 136

Entnommen aus Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59 (D.D.C. 2017); 894 F.3d 406 (D.C.Cir. 2018). 137 Siehe zu den einzelnen Anspruchsgrundlagen noch sub § 6.I.1. 138 Vgl. den Abschlussbericht vom 20.03.2014, (zuletzt am 06.10.2020). 139 Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59, 87 (D.D.C. 2017). 140 Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406 (D.C.Cir. 2018). 141 812 F.3d 145 (D.C.Cir. 2016), siehe bereits sub § 5.II.3.a). 142 Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59, 71 (D.D.C. 2017): „[…] like in Simon, the taking of the Welfenschatz as alleged in the complaint bears a sufficient connection to genocide such that the alleged coerced sale may amount to a taking in violation of international law.“

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Dieser Ansatz wird für den Entzug von Kunstgegenständen im Rahmen allgemeiner Verfolgungsmaßnahmen in Deutschland präzisiert: Auch die Wegnahme von Kunstwerken in den Jahren 1933–1945 als Teil des Genozids an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland stellt grundsätzlich eine Verletzung des Völkerrechts dar, da diese Maßnahmen dazu dienten, der jüdischen Bevölkerung ihre Lebensgrundlage zu entziehen und sie aus der Gesellschaft zu verdrängen: „[W]e are asked for the first time whether seizures of art may constitute ‚takings of property that are themselves genocide.‘ […]. The answer is yes.“143 Da die Kläger vorliegend hinreichende Anhaltspunkte dafür aufzeigen konnten, dass der Verkauf des Welfenschatzes unter Druck und/oder Zwang von staatlicher Seite zustande gekommen war und der Kaufpreis keine angemessene Gegenleistung darstellte, handelte es sich dabei um eine Wegnahme als Bestandteil eines Völkermordes im Sinne der UN-Konvention vom 09.12.1948144 und daher um eine Verletzung von international law im Sinne des FSIA. Dafür sei auch irrelevant, ob es sich um eine direkte Wegnahme oder eine Entziehung im Gewande eines Kaufes handele. Wenig Verständnis zeigen die Richter auch für rechtspolitische Erwägungen der Beklagtenseite: „Germany warns that allowing this suit to go forward will ‚dramatically enlarge U.S. courts’ jurisdiction over foreign countries’ domestic affairs‘. […] But as we have just explained, our conclusion rests not on the simple proposition that this case involves a 1935 transaction between the German government and Jewish art dealers, but instead on the heirs’ specific – and unchallenged – allegations that the Nazis took the art in this case from these Jewish collectors as part of their effort to ‘drive[ ] [Jewish people] out of their ability to make a living.’“145 Gleichfalls wendet sich der Court of Appeals gegen den Einwand Deutschlands, es greife die sog. preemption exception146 unter dem FSIA ein, weil die Klage mit der US-Außenpolitik und deren Bemühungen zur (außergerichtlichen) Restitution von NS-Raubkunst konfligiere. Eine klare federal policy, die sich gegen die individuelle Klärung von Restitutionsstreitigkeiten vor US-Gerichten wendet, gebe es nicht; dies sei auch nicht aus dem Abschluss der Terezín declaration oder den Washington Principles ersichtlich. Im Gegenteil: „the United States has repeatedly made clear that it favors such litigation.“147 Ausgehend von der Entscheidung Simon v. Hungary148 musste jedoch auch vorliegend unterschieden werden, ob sich die Klage unter dem FSIA gegen einen Staat oder eine agency oder instrumentality richtet. Gegen Staaten kann nach der expropriation exception – wie vorstehend ausgeführt – nur vorgegangen werden, wenn sich der entsprechende Kunstgegenstand im Territorium der USA im Zusammenhang mit einer commercial activity befindet.

––––––––––– 143 Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 411 (D.C.Cir. 2018). Siehe ferner: „For purposes of this appeal, however, Germany concedes that the forced sale qualifies as a ‘tak[ing],’ […] and it offers no reason why a taking by forced sale cannot qualify as a genocidal taking.“ (Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 412 [D.C.Cir. 2018]). 144 Vgl. Art. II der Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide: „In the present Convention, genocide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such: […] (c) Deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part; […].“ 145 Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 414 (D.C.Cir. 2018). 146 Dazu noch sub § 7.II.1.a) und b). 147 Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 418 (D.C.Cir. 2018). 148 Simon v. Hungary 812 F.3d 127, 146 (D.C.Cir. 2016).

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Da dies vorliegend nicht der Fall ist, genießt die BRD von Klagen vor US-Gerichten weiterhin Immunität. Dagegen ist die Klage gegen die SPK zulässig, weil diese im Besitz der Kunstgegenstände in Deutschland ist und einer geschäftlichen Tätigkeit in den USA nachgeht, insbesondere durch die Verbreitung von durch die SPK herausgegebenen Büchern, welche auch in den USA erworben werden können.149

Nachdem eine weitere petition for rehearing en banc im Juli 2019 begründungslos zurückgewiesen wurde,150 erhob die Bundesrepublik eine petition for writ of certiorari zum Supreme Court. Dieser ließ das Rechtsmittel am 2. Juli 2020 in vollem Umfang zu.151 Dem Verfahren kommt damit eine besonders exponierte Bedeutung zu, da der Supreme Court seine Rechtsprechungstätigkeit nur äußerst zurückhaltend ausübt. Regelmäßig wird ein writ of certiorari in nur etwa 100 Verfahren pro Jahr gewährt, obwohl das Gericht im gleichen Zeitraum mehrere tausend Anträge erreichen. Mündlich verhandelt wird in noch weniger Fällen, da Verfahren teilweise durch einen schriftlichen per curiam-Beschluss erledigt werden. Es ist daher zu erwarten, dass das Verfahren eine ähnliche Leitbildfunktion wie das Supreme Court-Urteil in Altmann v. Austria152 haben und die Rechtsprechungspraxis amerikanischer Gerichte entscheidend prägen wird. Der Supreme Court wird sich dabei mit zwei Fragen befassen: 1. Ist die expropriation exception des FSIA auch dann einschlägig, wenn die der Klage zugrundeliegende Wegnahme innerhalb des eigenen Staatsgebiets und zum Nachteil der eigenen Staatsangehörigen erfolgte, es sich mithin um einen rein nationalen Sachverhalt handelt? 2. Können Gerichte ihre Jurisdiktionsgewalt in Restitutionsverfahren nach der doctrine of international comity ermessensabhängig verneinen, wenn der Streitgegenstand für den ausländischen Staat von erheblicher historischer und politischer Bedeutung ist und der verklagte Staat ein eigenständiges Konfliktlösungsregime für Restitutionsverfahren entwickelt hat? Gerade die erste Frage wird entscheidende Bedeutung für die zukünftige Restitutionspraxis haben. Sollte der Supreme Court die expropriation exception bei rein nationalen Sachverhalten für unanwendbar erklären, würde er damit die bereits beschriebene, entgegenstehende Rechtsprechung der meisten ––––––––––– 149 Vgl. Philipp v. Federal Republic of Germany 248 F.Supp.3d 59, 74 (Fn. 10) (D.D.C. 2017). 150 Philipp v. Federal Republic of Germany 925 F.3d 1349 (D.C.Cir. 2019) mit einer umfangreichen dissenting opinion von Circuit Judge Katsas. 151 Case No. 19-351 (02.07.2020). Der D.D.C. setzte das Verfahren auf Antrag der Kläger zudem vorläufig aus, da der Fall rechtlich komplexe Fragen unter dem FSIA aufwirft und der weitere Verfahrensgang daher bis zum Erlass der Supreme Court-Entscheidung abgewartet werden soll (vgl. 436 F.Supp.3d 61 [D.D.C. 2020]). Gleichzeitig wurde die petition im Verfahren Simon v. Hungary (Case No. 18-1447) beschränkt zugelassen; vgl. dazu bereits sub § 5.II.3.a). 152 541 U.S. 677 (2004); siehe bereits sub § 5.II.1.b).

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Courts of Appeals153 obsolet werden lassen und den Anwendungsbereich des FSIA in Restitutionsverfahren erheblich verkleinern. Das Urteil, welches vermutlich nach der mündlichen Verhandlung am 07.12.2020 Anfang 2021 veröffentlicht werden dürfte, ist daher mit Spannung abzuwarten. bb) De Csepel et al. v. Republic of Hungary154 Es sind indes nicht nur deutsche Museen, die sich vor US-Gerichten verantworten müssen. Auch Österreich oder die Niederlande waren – wie gezeigt155 – mehrfach in Restitutionsverfahren involviert. Das Gleiche gilt für Ungarn, dessen schwieriges Verhältnis zum Umgang mit Restitutionsverfahren mit NSVergangenheit in dem Verfahren de Csepel et al. v. Republic of Hungary verdeutlicht werden kann.

Abb. 16: El Greco (Domenikos Theotokopoulos), The Agony in the Garden, um 1605–1610.

––––––––––– 153

Siehe bereits sub § 5.II.3.a). De Csepel v. Republic of Hungary 808 F.Supp.2d 113 (D.D.C. 2011); 2011 WL 13244741 (D.D.C. 2011); aff’d in part, rev’d in part 714 F.3d 591 (D.C.Cir. 2013) – de Csepel I; 75 F.Supp.3d 380 (D.D.C. 2014); 169 F.Supp.3d 143 (D.D.C. 2016); aff’d in part, rev’d in part, rem’d with instructions 859 F.3d 1094 (D.C.Cir. 2017) – de Csepel II; cert. den. 139 S.Ct. 784 (Mem); 2020 WL 2343405 (D.D.C. 2020); pending on appeal before D.C.Cir. (2020). 155 Vgl. z.B. die Verfahren U.S. v. Portrait of Wally (sub § 4.IV.1.), Altmann v. Austria (sub § 5.II.2.b)) oder Berg v. Kingdom of Netherlands 2020 WL 2829757 (D.S.C. 2020) – anhängig (sub § 7.II.3.c)). 154

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Sachverhalt:156 Die Erben von Baron Mór Lipót Herzog, einem bekannten jüdischen Bankier und Kunstsammler aus Ungarn, der Zeit seines Lebens und zusammen mit seiner Ehefrau etwa 2.000 Kunstwerke gesammelt hatte (die Herzog Collection galt seinerzeit als eine der größten europäischen Kunstsammlungen und die größte in Ungarn), begehren von der Republik Ungarn und verschiedenen Museen und Universitäten (u.a. der ungarischen Nationalgalerie und dem Szémpmûvészeti Múzeum in Budapest) die Rückgabe von 44 Kunstwerken. Nachdem Ungarn 1940 dem Dreimächtepakt beigetreten war, adaptierte die Regierung eine mit den Nürnberger Rassengesetzen verwandte Ausgrenzungspolitik gegenüber jüdischen Einwohnern und kooperierte mit dem Dritten Reich bei der systematischen Verfolgung jüdischer Mitbürger. Der Versuch der Herzog-Familie, die Kunstsammlung vor der Regierung und den Nazis geheim zu halten, misslang und die Kunstsammlung wurde in Adolf Eichmanns Hauptquartier in Budapest verbracht. Dieser schickte einen großen Teil der Sammlung nach Deutschland, der Rest verblieb im Museum of Fine Arts, Budapest. Der HerzogFamilie gelang die Flucht im Jahr 1944. Nach dem Vorbringen der Kläger – welche für die Herzog-Familie Ansprüche geltend machen – verpflichtete sich die ungarische Regierung zwar in der Nachkriegszeit, mehrere Kunstwerke aus der Herzog-Sammlung an die Erben der Herzog-Familie herauszugeben. In der Realität verblieben die Gemälde jedoch – nach dem im Einzelnen streitigen und komplexen Geschehen – in den Händen des ungarischen Staates bzw. staatlicher Museen. Dies geschah zum Teil, weil die Herzog-Erben nicht die geforderten Auslösesummen für deren Rückgabe bezahlen wollten. Und auch bei den Kunstwerken, die zunächst an die Erben herausgegeben werden sollten, übte die ungarische Regierung nach dem Vorbringen der Kläger unzulässigen Druck aus (inkl. der Drohung, mittels strafrechtlicher Sanktionen gegen die Erben vorzugehen), damit diese die Kunstwerke im Rahmen eines bailment agreement wieder an ungarische Museen ‚zurückgaben‘ und nicht außer Landes verbrachten. Eine weitere Gruppe von Kunstwerken aus der Herzog-Sammlung war über Europa verteilt und wurde unmittelbar an den ungarischen Staat zurückgeführt. 1949 wurde die Republik Ungarn errichtet, welche 1954 alle sich im Besitz staatlicher Museen befindenden Kunstwerke verstaatlichte. Nach der Öffnung Ungarns 1989 erfuhren die Erben, dass ein großer Teil der Herzog-Sammlung in ungarischen Museen ausgestellt wurde, erhielten im Rahmen eines Restitutionsverfahrens jedoch nur sieben Kunstwerke unbedeutender Künstler von der ungarischen Regierung zurück. Der wertvolle Teil, insbesondere Werke von El Greco und Lukas Cranach dem Älteren, verblieb in Ungarn. Klageverfahren vor ungarischen Gerichten blieben letztinstanzlich erfolglos. Die ungarischen Gerichte stellten sich insbesondere auf den Standpunkt, ein Vertrag zwischen den USA und Ungarn aus dem 1973, welcher bestimmte Entschädigungszahlungen an Betroffene der ungarischen NS-Vergangenheit regelte, schließe eine Geltendmachung von Ansprüchen aus, weil Elizabeth Weiss de Csepel, eine Tochter des Herzog-Ehepaares, 1959 eine Entschädigung von 210.000 US-Dollar erhalten habe. Die Erben machen nun die Rückgabe von 44 Kunstwerken in den USA geltend und tragen dazu vor, die Weigerung zur Herausgabe verstoße gegen das bailment agreement und begründe daher u.a. Ansprüche aus conversion und unjust enrichment.157

––––––––––– 156

Entnommen aus de Csepel v. Republic of Hungary 808 F.Supp.2d 113 (D.D.C. 2011); 714 F.3d 591 (D.C.Cir. 2013) – de Csepel I; 859 F.3d 1094 (D.C.Cir. 2017) – de Csepel II. 157 Die Erben stützten sich daher nicht unmittelbar auf eine Wegnahme zwischen 1933– 1945, sondern die Verletzung einer vertraglichen Pflicht der Republik Ungarn im Rahmen des bailment agreement.

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Entscheidung: Auch dieses – noch nicht rechtskräftig abgeschlossene – Verfahren hat die US-Gerichte mehrfach beschäftigt. In einem ersten Verfahrenszug (de Csepel I) wurde über die Einwände Ungarns zur Staatenimmunität unter dem FSIA verhandelt. Dabei entschied der Court of Appeals for the District of Columbia Circuit zunächst – unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils –, aufgrund des bailment agreement zwischen den Parteien sei die commercial activity exception gem. 28 U.S.C. §1605(a)(2) einschlägig; auf die expropriation exception komme es nicht an.158 Auch sei das Verfahren nicht durch den Staatsvertrag von 1973 und erfolgte Entschädigungszahlung an die Herzog-Familie ausgeschlossen, da vorliegend Ansprüche wegen Verletzung des bailment agreement im Raume stehen, die erst 2008 und damit nach Abschluss des Staatsvertrags geltend gemacht wurden, als sich Ungarn endgültig weigerte, die Kunstwerke herauszugeben.159 In einem zweiten Appeal-Verfahren (de Csepel II) entschied der Court of Appeals – nachdem er zwischenzeitlich die Leitentscheidung Simon v. Hungary160 erlassen hatte –, dann jedoch wie folgt: Vorliegend greife die expropriation exception gem. 28 U.S.C. § 1605(a)(3) ein. In Übereinstimmung mit Simon v. Hungary stellte das Gericht fest, dass „Hungary’s seizures of Jewish property during the Holocaust constituted genocide and were therefore takings in violation of international law. […] Hungary’s possession of the Herzog collection stems directly from its expropriation of the collection during the Holocaust.“161 Der individuelle Nachweis eines Bezugs zum Holocaust sei daher nicht notwendig; es reiche aus, wenn der Rechtsverlust im Zusammenhang mit der Beteiligung Ungarns am Genozid der eigenen jüdischen Bevölkerung eingetreten sei. Dieser Ansatz wurde noch einmal erweitert: Nach Ansicht des Court of Appeals sei es auch irrelevant, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht mit einer Beschlagnahme zwischen 1933 und 1945 legitimiert würden, sondern diese nur für die Begründung der internationalen Zuständigkeit unter der expropriation exception herangezogen werde, während für die Herausgabeansprüche auf die Verletzung einer vertraglichen Vereinbarung (bailment agreement) rekurriert werde.162 Vielmehr reiche es aus, wenn der Kunstgegenstand irgendwann

––––––––––– 158 De Csepel v. Republic of Hungary 714 F.3d 591, 597 ff. (D.C.Cir. 2013). Der Court of Appeals (a.a.O., 605 ff.) entschied zudem, dass die Klage auch nicht durch die political question doctrine gesperrt sei. Da es sich um Ansprüche aus einem bailment agreement handele, sei auch – anders als etwa im Verfahren von Saher v. Norton Simon Museum of Art (umfassend sub § 7.II.1.b)) – die act of state doctrine nicht einschlägig, da es sich um eine commercial activity gehandelt habe, der Staat Ungarn folglich wie ein Privater auf dem Markt aufgetreten sei. 159 De Csepel v. Republic of Hungary 714 F.3d 591, 603 (D.C.Cir. 2013) „[…] the Herzog family seeks to recover for breaches of bailment agreements formed and repudiated after World War II, not for the initial expropriation of their property during the war. But because the 1973 Agreement settles claims for property expropriated by Hungary prior to the date of the Agreement, it has no application to bailment agreements allegedly repudiated in 2008. Thus, nothing in the Agreement conflicts with Hungary’s amenability to suit under the FSIA.“ 160 Simon v. Hungary 812 F.3d 127, 142 ff. (D.C.Cir. 2016). Umfassend sub § 5.II.3.a). 161 De Csepel v. Republic of Hungary 859 F.3d 1094, 1101 f. (D.C.Cir. 2017); vgl. auch die dissenting opinion von Senior Circuit Judge Randolph a.a.O., 1110 ff. 162 Vgl. Simon v. Hungary 812 F.3d 127, 141 (zitiert in de Csepel v. Republic of Hungary 169 F.Supp.3d 141, 163 [D.D.C. 2016]). Daraus folgt, dass der FSIA jedenfalls hinsichtlich der Kunstwerke, die bei der Herzog Familie beschlagnahmt und niemals an diese herausgegeben wurden, eingreift, während hinsichtlich der übrigen Kunstwerke weiter zu prüfen ist,

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zwischen 1933 und 1945 Gegenstand einer Wegnahme unter Verletzung des Völkerrechts gewesen sei, ohne dass man die Herausgabeklage explizit darauf stützen müsse. Weder der Grundsatz der international comity163 noch des forum non conveniens164 erfordere vorliegend eine Abweisung der Klage als unzulässig. Wie bereits in Simon v. Hungary165 dargestellt, muss jedoch auch bei der expropriation exception zwischen dem ausländischen Staat und dessen agencies und instrumentalities differenziert werden. Während ersterer nach 28 U.S.C. § 1605(a)(3) seine Immunität nur dann verliert, wenn sich der streitgegenständliche Gegenstand oder ein Surrogat desselben im Hoheitsgebiet der USA befindet, verlieren agencies und instrumentalities, die im Besitz des Kunstgegenstandes sind, ihre Immunität bereits dann, wenn sie in eine commercial activity in den USA involviert sind.166 Da sich die Kunstwerke ausschließlich in Ungarn befinden, scheidet die Republik Ungarn als Beklagte aus, wohingegen die Klage gegen die Museen und die Universität – jedenfalls hinsichtlich der niemals an die Herzog-Familie zurückgegebenen Kunstwerke – zulässig ist, weil diese durch den Vertrieb von in den USA erhältlichen Kunstbänden, Websites auf englischer Sprache und Werbemaßnahmen zum Besuch der Museen einer commercial activity in den USA nachgehen.167 Der Court of Appeals monierte jedoch, der District Court habe die Umstände des Erwerbs der Kunstwerke im Einzelnen noch nicht genau dargelegt und verwies das Verfahren daher an das erstinstanzliche Gericht zurück. Nachdem der Supreme Court eine petition for writ of certiorari abgelehnt hatte,168 wurde zum dritten Mal vor dem District Court verhandelt. Dieser169 entschied Mitte 2020 u.a., dass Teile der Sammlung freiwillig zurückgegeben wurden, während die Mehrheit der Kunstwerke (28) aufgrund des Verhaltens von Ungarn während und nach dem Krieg in den Anwendungsbereich des FSIA fiel. Auch gegen diese Entscheidung ist ein Appeal beim Court of Appeals for the District of Columbia Circuit anhängig (Stand Oktober 2020).

––––––––––– wie die genaue Herausgabe an die Herzog-Familie und (erneute) Wegnahme stattgefunden hat (de Csepel v. Republic of Hungary 859 F.3d 1094, 1104 [D.C.Cir. 2017]). 163 Dazu sub § 5.II.4.b). 164 Dazu bereits sub § 5.I.3. 165 Siehe sub § 5.II.3.a). 166 De Csepel v. Republic of Hungary 859 F.3d 1094, 1104 ff. (D.C.Cir. 2017). 167 Vgl. de Csepel v. Republic of Hungary 808 F.Supp.2d 113, 132 (D.D.C. 2011): „Specifically, the Complaint alleges that the Museums and University have loaned art to museums located in the United States and received reciprocal benefits in exchange; encouraged United States tourism and allowed United States visitors to purchase admission tickets over the internet; published guidebooks in English featuring paintings from the Herzog Collection which are sold to visitors from the United States at the museum gift shop, […]. These examples are more than sufficient to amount to ‘commercial activity’ for jurisdictional purposes under the FSIA.“ 168 Cert. den. 139 S.Ct. 784 (Mem). 169 2020 WL 2343405 (D.D.C. 2020). Weiter hatte sich der District Court mit der Frage zu befassen, ob die Kläger ihre Klage nach Erlass des Berufungsurteils noch ergänzen konnten und das Verfahren auch ohne Ungarn als (notwendige) Prozesspartei fortgesetzt werden konnte. Beides wurde vom District Court bejaht.

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4. Weitere Einwände Richtet sich die Restitutionsklage gegen ausländische Staaten oder deren agencies und instrumentalities, werden gegen die Zulässigkeit der Klage meist weitere, gesetzlich unbenannte Zulässigkeitshindernisse unter dem FSIA vorgebracht. Insbesondere ist die Argumentation verbreitet, Gründe der foreign policy würden eine Befassung von US-Gerichten mit Restitutionsstreitigkeiten gegen ausländische Staaten oder Museen verbieten. Keiner dieser Gründe wurde bislang für durchgreifend erachtet. a) Kein Zuständigkeitsausschluss durch binationale Vereinbarungen Insbesondere stehen völkerrechtliche Vereinbarungen zwischen den USA und dem betroffenen Staat einer Zuständigkeit von US-Gerichten nicht im Wege. In der Rechtssache Portrait of Wally170 setzte sich der District Court for the Southern District of New York mit dem Einwand des Leopold Museums auseinander, auf der Grundlage des österreichischen Staatsvertrages von 1955171 sei allein die Republik Österreich für die Rückerstattung von während der NSZeit konfiszierten Besitztümern zuständig.172 Diese Argumentation überzeugte den District Court nicht, da der Staatsvertrag – welcher auch von den USA unterzeichnet worden war – keine Bestimmung über die ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit österreichischer Gerichte beinhalte: „This argument is without merit. [… The treaty] does not state that the Austrian government has exclusive jurisdiction over such property.“173 Eine gleiche Argumentation findet sich bei de Csepel v. Hungary hinsichtlich des 1973 zwischen den USA und der Republik Ungarn geschlossenen Vertrags zur Entschädigung von Opfern des Zweiten Weltkriegs in Ungarn.174 ––––––––––– 170

Bereits oben § 4.IV.1. Art. 26 des österreichischen Staatsvertrags vom 15.05.1955 (BGBl. Nr. 152 vom 30.07.1955): „1. Soweit solche Maßnahmen noch nicht getroffen worden sind, verpflichtet sich Österreich in allen Fällen, in denen Vermögenschaften, gesetzliche Rechte oder Interessen in Österreich seit dem 13. März 1938 wegen der rassischen Abstammung oder der Religion des Eigentümers Gegenstand gewaltsamer Übertragung oder von Maßnahmen der Sequestrierung, Konfiskation oder Kontrolle gewesen sind, das angeführte Vermögen zurückzugeben und diese gesetzlichen Rechte und Interessen mit allem Zubehör wiederherzustellen […].“ 172 U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *7 (S.D.N.Y. 2002). 173 U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *7 (S.D.N.Y. 2002). Schließlich war der Tatbestand von Art. 26 des Staatsvertrags in diesem Verfahren ohnehin nicht erfüllt, weil der österreichische Staat das Kunstwerk auch nicht „Dienststellen oder Organisationen übertragen [hat], damit [es] für Hilfe und Unterstützung von Opfern der Verfolgung durch die Achsenmächte und für Wiedergutmachung an solche verwendet [wird]“, sondern sich vielmehr in einem Museum befindet. 174 Siehe bereits sub § 5.II.3.d)bb). 171

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b) International comity? Auch das Prinzip der international comity steht der Zuständigkeit von US-Gerichten nicht entgegen. Zwar handelt es sich dabei um eine Maxime des USProzessrechts, die Gerichte zur Beachtung ausländischer Hoheitsakte und Gesetze anhält: „International comity requires recognition of foreign actions, decrees, and proceedings that do not conflict with the interests or policies of the United States. […] This recognition ‚fosters international cooperation and encourages reciprocity.‘“175 Indes gibt es in europäischen Staaten meist keine Restitutionsverfahren mehr, mit Rücksicht auf welche das US-Recht von einer Zuständigkeit absehen könnte. Zudem erfordert der Inhalt des comity-Grundsatzes lediglich die Berücksichtigung ausländischer Hoheitsakte oder Gesetze, macht eine Klage jedoch nicht eo ipso unzulässig, wie dies z.B. in U.S. v. Portrait of Wally ausdrücklich festgestellt wird: „[…] the principle of comity does not operate as a pre-emption doctrine, barring this court from hearing a valid forfeiture action merely because there are foreign laws that might also apply.“176 Schließlich haben die USA – insbesondere bei einer Verbringung des Kunstgegenstands auf amerikanischen Boden – ein erhebliches Eigeninteresse an der Durchführung des Verfahrens: „It is United States law and policy to prohibit knowing transportation of stolen or converted goods into the United States. Even when there is true conflict with the laws of a foreign nation, United States courts will not yield in the name of comity if doing so conflicts with the law or policy of the United States.“177 Da das US-Recht folglich ein Interesse daran hat, seine eigenen Gesetze gerichtlich durchzusetzen, wird ein Verzicht auf die Ausübung von Jurisdiktionsgewalt bei NS-Verfahren kaum anzunehmen sein, hat der US-Gesetzgeber durch Erlass des HEAR Act doch gerade zu verstehen gegeben, dass er die restitution litigation unter Anwendung von US-Recht explizit fördert. Folglich führte auch der Umstand, dass es im Fall de Csepel v. Hungary ein entgegenstehendes Urteil in Ungarn gab 178 oder in Altmann v. Austria eine ablehnende Entscheidung des österreichischen Restitutionskomitees existierte,179 nicht dazu, dass die Klage aus Gründen der international comity abgewiesen wurde. Auch eine Empfehlung der Limbach-Kommission ––––––––––– 175 U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *9 (S.D.N.Y. 2002). Begründet wurde dieser Ansatz in Hilton v. Guyot 159 U.S. 113, 164, 16 S.Ct. 139 (1895). Umfassend zu diesem Konzept im US-Recht: Dodge, 115 Col. L. Rev. 2071 ff. (2015). Siehe jüngst auch Daimler AG v. Bauman 571 U.S. 117, 141 f. (2014) zu einer zu weitgehenden Begründung US-amerikanischer Zuständigkeitsvorschriften („The Ninth Circuit […] paid little heed to the risks to international comity its expansive view of general jurisdiction posed.“). 176 U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *10 (S.D.N.Y. 2002). 177 U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *10 (S.D.N.Y. 2002). 178 De Csepel v. Hungary 169 F.Supp.3d 143, 169 (D.D.C. 2016): Das ungarische Verfahren verstieß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör. 179 S.o. sub § 5.II.1.b).

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wurde vom District Court in Philipp v. Germany nicht für relevant angesehen.180 Die Instanzgerichte haben den Einwand der international comity in Restitutionsverfahren daher nicht für einschlägig erachtet. Nachdem im Verfahren Philipp v. Germany und Simon v. Hungary eine petition for writ of certiorari zu dieser Frage zugelassen wurde, 181 wird nunmehr der Supreme Court abschließend entscheiden, inwieweit die gerichtliche Zuständigkeit aus diesem Grund abgelehnt werden kann. Auch wenn eine Entscheidung des Supreme Court noch aussteht, scheint dieser die sehr weitreichende Jurisdiktionsbegründung der Bundesberufungsgerichte und die daraus resultierenden Konsequenzen für die internationalen Beziehungen der USA zumindest in Frage zu stellen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass US-Gerichte ihre Zuständigkeit in Zukunft auch aus Gründen der international comity ablehnen können. c) Kein exhaustion requirement unter dem FSIA Schließlich ist es – nach Ansicht der meisten US-Bundesgerichte – auch nicht erforderlich, dass sich der Restitutionskläger zunächst darum bemüht, im beklagten Staat bzw. dem Staat als Träger der beklagten Kunstinstitution eine gerichtliche Klärung herbeizuführen und die dort vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten (sofern diese existieren) auszuschöpfen. 182 Nach Ansicht des Court of Appeals for the District of Columbia Circuit lassen weder die Entstehungsgeschichte noch die textliche Fassung des FSIA auf eine solche exhaustion exception schließen. 183 Zudem sei den Klägern ein solches Erfordernis auch nicht zumutbar, da die Wegnahme des Kunstgegenstandes regelmäßig als Bestandteil des Genozids der jüdischen Bevölkerung Europas angesehen wird: „As we have explained, the relevant international-law violation in this case for purposes of § 1605(a)(3) is not the basic prohibition against an uncompensated expropriation of a foreign

––––––––––– 180

Philipp v. Germany 248 F.Supp.3d 59, 80 ff. (D.D.C. 2017). Case No. 19-351 (02.07.2020); vgl. bereits sub § 5.II.3.d)aa); Case No. 18-1447 (02.07.2020); dazu bereits sub § 5.II.3.a). 182 Simon v. Republic of Hungary 812 F.3d 127, 148 f. (D.D.C. 2016); rev’d and rem’d 911 F.3d 1172, 1180 f. (D.C.Cir. 2018). Auch in Cassirer v. Kingdom of Spain 580 F.3d 1019, 1037 (9th Cir. 2010) und de Csepel v. Hungary 169 F.Supp.3d 143, 168 (D.D.C. 2016) wurde ein umfassendes exhaustion requirement im Rahmen des FSIA abgelehnt. 183 Philipp v. Federal Republic of Germany 894 F.3d 406, 414 ff. (D.C.Cir. 2018) (mit Verweis auf Republic of Argentina v. NML Capital, Ltd. 134 S.Ct. 2250, 189 L.Ed.2d 234 [2014]), sowie a.a.O., 415 f.: „Moreover, far from demonstrating that the FSIA leaves room for an exhaustion requirement, the very FSIA provision that Germany relies on, section 1606, forecloses that possibility. By its terms, that provision permits only defenses, such as forum non conveniens, that are equally available to ‘private individual[s],’ 28 U.S.C. § 1606. Obviously a ‘private individual’ cannot invoke a ‘sovereign’s right to resolve disputes against it.’“ Damit wich das Gericht ausdrücklich von der Entscheidung des 7th Circuit in Fischer v. Magyar Allamvasutak Zrt. 777 F.3d 847, 852 (7th Cir. 2015) ab. 181

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national’s property. Rather, the takings of property in this case violate international law because they constitute genocide. In the context of a genocidal taking, unlike a standard expropriation claim, the international-law violation does not derive from any failure to provide just compensation. The violation is the genocide itself, which occurs at the moment of the taking, whether or not a victim subsequently attempts to obtain relief through the violating sovereign’s domestic laws.“184

Die Bundesrichter des District of Columbia wichen damit bewusst von der Rechtsprechung des Seventh Circuit – und dem Wunsch der US-Regierung nach einer zurückhaltenden Zuständigkeitsbegründung185 – ab; denn vom dortigen Court of Appeals wurden im Wesentlichen identische Entschädigungsklagen von Nachfahren ungarischer Juden als unzulässig abgewiesen, weil die Kläger nicht zunächst ungarische Gerichte angerufen hatten und auch nicht darlegen konnten, warum ihnen dies unzumutbar sei.186 Eine zu weitgehende Jurisdiktionsbegründung habe daher zu unterbleiben, da sie der US-Außenpolitik erheblich schade: „If U.S. courts are ready to exercise jurisdiction to right wrongs all over the world, including those of past generations, we should not complain if other countries’ courts decide to do the same.“187 Aufgrund dieser Divergenz in der Rechtsprechung der Bundesberufungsgerichte (Circuit Split) ließ der Supreme Court im Juli 2020 eine petition for writ of certiorari im Verfahren Simon v. Hungary zu,188 weshalb mit Spannung zu erwarten ist, wie sich das höchste amerikanische Gericht in dieser Frage positionieren wird. d) Schutz der Museumsindustrie Eine Einschränkung der Jurisdiktionsgewalt ergibt sich auch nicht aus dem Foreign Cultural Exchange Jurisdictional Immunity Clarification Act.189 Dieses – wohl auf Druck amerikanischer Museen – im Jahr 2018 erlassene Gesetz ergänzt die bereits erwähnten Anti Seizure Statutes190 und verhindert, dass die Einfuhr einer Kunstleihgabe als commercial activity unter dem FSIA ange––––––––––– 184 Simon v. Hungary 812 F.3d 127, 149 (D.C.Cir. 2016), zitiert bei de Csepel v. Hungary 169 F.Supp.3d, 143 168 (D.C.Cir. 2016). 185 Vgl. Brief for the United States as Amicus Curiae, Simon v. Hungary, No. 17-7146, , und Brief for the United States as Amicus Curiae, Philipp v. Germany, No. 19-351, (abgerufen am 06.10.2020). 186 Fischer v. Magyar Allamvasutak Zrt. 777 F.3d 847, 852, 858 (7th Cir. 2015: „[…] comity at the heart of international law required plaintiffs either to exhaust domestic remedies in Hungary or to show a powerful reason to excuse the requirement“); Abelesz v. Magyar Nemzeti Bank 692 F.3d 661, 682 (7th Cir. 2012). 187 Abelesz v. Magyar Nemzeti Bank 692 F.3d 661, 682 (7th Cir. 2012). 188 Case No. 18-1447 (02.07.2020); umfassend bereits sub § 5.II.3.a). 189 130 Stat. 1618; Pub. L. No. 114-319 (zeitgleich mit dem HEAR Act erlassen). 190 Dazu schon § 4.IV.3.

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sehen wird und damit für den verleihenden Staat oder das verleihende Museum jurisdiktionsbegründend in den USA wäre.191 Insoweit bestand die Sorge, dass ausländische Institutionen vor Kunstleihgaben in die USA aufgrund der daraus folgenden Konsequenzen zurückschrecken. Auch die Rechtssache Chabad hatte nachteilhaften Einfluss auf den Leihverkehr.192 Daher wird die Leihgabe eines Kunstwerks an eine US-amerikanische Institution für eine temporäre Kunstausstellung gem. 28 U.S.C § 1605(h)(1) grundsätzlich nicht als zuständigkeitsbegründende commercial activity durch einen ausländischen Staat oder Transporteur angesehen.193 Diese Ausnahme gilt jedoch nur für die expropriation exception und auch dabei nicht, wenn es sich um Nazi-Era claims handelt (vgl. 28 U.S.C. § 1605a(h)(2)):194 Wenn Kunstwerke mit NS-Raubkunst-Vergangenheit als Leihgabe in die USA verbracht werden, ist dies eine commercial activity unter dem FSIA. Europäische Institutionen müssen daher auch in Zukunft damit rechnen, sich bei der Einfuhr von Kunstwerken unklarer Provenienz in die USA nicht auf Immunität vor staatlichen Gerichten berufen zu können. 5. Bewertung Der FSIA ermöglicht es, ausländische Staaten oder ausländische Museen in öffentlicher Trägerschaft vor US-Gerichten in Anspruch zu nehmen. Auch wenn ausländische Staaten aufgrund der Ausgestaltung des FSIA weiterhin nur selten damit rechnen müssen, ihre Staatenimmunität in Restitutionsverfahren vor US-Gerichten zu verlieren,195 kann die internationale Zuständigkeit über ausländische Museen und Kunsteinrichtungen in öffentlicher Hand relativ einfach begründet werden. Jüngere Judikate haben die Enteignung jüdischer Mitbürger – sofern diese durch einen Hoheitsträger erfolgt ist – im Grundsatz stets als Teil des Genozids an der jüdischen Bevölkerung Europas und damit als Verletzung des Völkerrechts qualifiziert, welcher den Gang zu den US-bundesgerichten unter der expropriation exception des FSIA ermöglicht. Die Bedeutung der Verfahren für das Restitutionsrecht einerseits und für die internationalen Beziehungen der USA andererseits verdeutlicht auch der Umstand, dass der US Supreme Court eine petition for writ of certiorari in zwei aktuellen Verfahren zuließ und die Zukunft des Restitutionsrechts in den USA ––––––––––– 191 Insoweit haben sich auch die Ausführungen in Malewicz v. City of Amsterdam 362 F.Supp.2d 298 (D.D.C. 2005); aff’d 517 F.Supp.2d 322 (D.C.Cir. 2007) überholt. 192 Siehe noch sub § 5.III. 193 28 U.S.C. § 1605(h) (Text im Appendix IV.). 194 28 U.S.C. § 1605(h)(2)(A) (Text im Appendix IV.). 195 Vgl. jetzt aber die Entscheidung Simon v. Hungary 443 F.Supp.3d 88 (D.D.C. 2020), in welcher der District Court eine Klage unter dem FSIA gegen die Republik Ungarn zuließ (nicht rechtskräftig). Insgesamt kritisch zum FSIA Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 78 f.

III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit

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damit entscheidend prägen wird. Ob die bestehende, weitreichende Interpretation der expropriation exception vor dem Supreme Court Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.

III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit von Urteilen unter dem FSIA III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit

1. Vollstreckung in den USA Dabei können unter Anwendung des FSIA erstrittene Restitutionsurteile auch in den USA vollstreckt werden, wie die aktuelle Entscheidung Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation196 zeigt. Darin begehrt eine – nunmehr in den USA ansässige – jüdische Religionsgemeinschaft (eine chassidische Gruppe innerhalb des orthodoxen Judentums) die Herausgabe von Kunstgegenständen, die sich im Besitz der Russischen Föderation bzw. dortiger Ministerien und Archive befinden. Gegenstand des Verfahrens ist die sog. Schneerson-Bibliothek mit ca. 12.000 Büchern sowie ein Archiv mit 25.000 Dokumenten. Erstere wurde nach dem Ende des Ersten Weltkriegs von Russland beschlagnahmt. Das Archiv, das sich bei dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1939 in Polen befand, kam zunächst in die Hände von NS-Truppen und nach 1945 schließlich als Trophäenkunst nach Russland. Der Court of Appeals for the District of Columbia Circuit kam dabei zum Ergebnis, dass eine Verletzung der Eigentumsrechte der Chabad unter Verletzung internationalen Rechts schlüssig dargelegt worden sei und daher unter dem FSIA eine Gerichtspflichtigkeit aller Beteiligten auf Beklagtenseite bestehe. 197 Auch der Einwand des forum non conveniens greife nicht durch, da Russland nicht aufzeigen konnte, ein adäquates Forum zur Klärung der Streitigkeit bieten zu können.198 Daraufhin teilten die Russische Föderation und die übrigen Beklagten mit, dass sie am Verfahren nicht länger teilnehmen werden. Im Folgenden erließ der District Court ein Versäumnisurteil199 und verpflichtete Russland antragsgemäß zur Rückgabe der Kunstgegenstände, da die Klägerin sowohl ihre Eigentümerstellung als auch die Verletzung ihres Eigentums ‚in violation of international law‘ (vgl. 28 U.S.C. § 1605(a)(3)) aufzeigen konnte.200

––––––––––– 196

Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6 (D.D.C. 2006); aff’d in part, vac’d in part, rev’d in part 528 F.3d 934 (D.C.Cir. 2008); 729 F.Supp.2d 141 (D.D.C 2010); 798 F.Supp.2d 260, 266 f. (D.D.C. 2011); 915 F.Supp.2d 148, 151 f. (D.D.C. 2013); 128 F.Supp.3d 242 (D.D.C. 2015). Umfassend zum Verfahren , abgerufen am 06.10.2020, sowie Levi, 46 Geo. J. Int’l L. 915, 926 (2015). 197 Chabad v. Russian Federation 528 F.3d 934, 942 ff. (D.C.Cir. 2008): Das Verfahren erging vor der klarstellenden Entscheidung in Simon v. Hungary (vgl. sub § 5.II.3.a)). Dabei war die Klägerin auch nicht verpflichtet, vorrangig die Rechtsmittel in Russland zur Restitution auszuschöpfen (keine exhaustion exception; siehe bereits sub § 5.II.4.c)). 198 Chabad v. Russian Federation 528 F.3d 934, 950 ff. (D.C.Cir. 2008). 199 28 Vgl. U.S.C. § 1608(e) (Text im Appendix IV.). 200 Chabad v. Russian Federation 729 F.Supp.2d 14, 145 ff. (D.D.C. 2010).

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Als Russland jede weitere Teilnahme am Verfahren verweigerte und auch die Zustellung des Versäumnisurteils ablehnte, beantragte die Klägerin vor dem District Court die Vollstreckbarerklärung des Urteils. Dabei befand der District Court zunächst, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen einen ausländischen Staat gem. 28 U.S.C. § 1610201 zur Pfändung von in den USA belegenem Vermögen erfüllt seien (insb. Zustellung und Fristsetzung).202 Die gleichfalls beantragte Verhängung von Sanktionen gegen die Russische Föderation wurde aus formalen Gründen dagegen (noch) abgelehnt.203 Dies rief die US-Regierung auf den Plan, welche in einem sog. letter of interest ihre Bedenken zum Ausdruck brachte, durch eine Vollstreckung des Urteils könne der Kulturgüteraustausch zwischen Russland und den USA erheblich gefährdet werden. Dieser Argumentation folgte der District Court jedoch nicht, da auch ein Court order unter 28 U.S.C. § 1610 zur Vollstreckung des Versäumnisurteils eine anderweitig gewährte Vollstreckungsimmunität – etwa für Kunstleihgaben gem. 22 U.S.C. § 2459(a)204 – nicht beeinträchtige. Zwei Jahre später verhängte der District Court Sanktionen gegen Russland, da sich das Land weiterhin weigerte, das Urteil umzusetzen. Das Gericht erklärte dabei zunächst, es habe die Kompetenz, auch im Rahmen des FSIA Sanktionen zu erlassen,205 und kam zum Ergebnis, dass Russlands anhaltende Weigerung, das Urteil anzuerkennen, den Erlass von civil contempt sanctions rechtfertige.206 Der Einwand der US-Regierung, dass auch auf diplomatischem Wege (seit 1991) versucht werde, den Streit zu lösen und die Verhängung von Sanktionen foreign policy interests verletzen würde, wurde dabei nicht für durchgreifend erachtet. Im Ergebnis setzte das Gericht Strafsanktionen in Höhe von 50.000 US-Dollar pro Tag (!) fest, bis Russland das für vollstreckbar erklärte Urteil umgesetzt und die Kunstgegenstände zurückgegeben hat. 2015207 sprach der District Court der Klägerin in einem weiteren Zwischenurteil die bis dahin aufgelaufenen (und sich stetig erhöhenden) civil sanctions i.H.v. 43.700.000 US-Dollar zu. Dabei fand das Gericht klare Worte für das Vorgehen Russlands und die Effektivität des amerikanischen Gerichtssystems: „Still, defendants did not respond in or to the Court, however, defendants did respond more publicly. […] The only additional responses of which the Court is aware are the bellicose statements of the Russian President, Vladimir Putin, and tit-for-tat litigation instituted in Russian courts. Defendants have given clear indication that

––––––––––– 201

Vgl. 28 U.S.C. § 1610(c) (Text im Appendix IV). Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 798 F.Supp.2d 260, 266 f. (D.D.C. 2011). 203 Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 798 F.Supp.2d 260, 272 ff. (D.D.C. 2011): „The Court is sympathetic to plaintiff, aware of the long road it has traveled and all-too familiar with the difficult trail that lies ahead in attempting to enforce a FSIA judgment. […] The Court hopes […] that the show cause order may prompt Russia to rethink its decision to retain items of immense historical and religious significance, seized during times of great crisis and in violation of international law, in warehouses rather than return them to their rightful owners.“ 204 Siehe dazu bereits sub § 4.IV.3. und Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 798 F.Supp.2d 260, 267 (D.D.C. 2011). 205 Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 915 F.Supp.2d 148, 151 f. (D.D.C. 2013). 206 Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 915 F.Supp.2d 148, 153 (D.D.C. 2013) sowie bereits 798 F.Supp.2d 260, 272 (D.D.C. 2011). 207 Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 128 F.Supp.3d 242 (D.D.C. 2015). 202

III. Exkurs: Vollstreckung und Vollstreckbarkeit

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they do not intend to comply with this Court’s orders. The time has come to give plaintiff some of the tools to which it is entitled under law.“208

Die – noch immer vor Gericht anhängige – Entscheidung hatte dabei weitreichende Konsequenzen für den internationalen Kunstleihverkehr. Zeigte z.B. das Metropolitan Museum of Art seit 1990 in ca. 40 Ausstellungen Leihgaben russischer Museen,209 verleihen die großen russischen Kunstinstitutionen seit der Chabad-Entscheidung keine Bilder mehr in die USA.210 2. Vollstreckung in Deutschland? Ob eine unter dem FSIA erstrittene Restitutionsentscheidung dagegen auch in Deutschland anerkannt und vollstreckt werden könnte, steht auf einem anderen Blatt. Rechtsgrundlage für eine Anerkennung wäre § 328 ZPO.211 Klare Präzedenzfälle liegen noch nicht vor, da – soweit ersichtlich – in keinem US-amerikanischen Verfahren zu NS-Raubkunst versucht wurde, das Urteil in einem europäischen Staat zu vollstrecken, weil die Parteien sich entweder vergleichsweise einigten oder der Beklagte nach Verurteilung freiwillig leistete. Jedoch deutet vieles darauf hin, dass ein Urteil unter dem FSIA in Deutschland nicht anerkennungsfähig wäre. Dafür sprechen insbesondere drei Gründe: So wird in vielen Fällen bereits die internationale Zuständigkeit im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abzulehnen sein. Damit ein vor US-Gerichten erstrittenes Urteil anerkannt werden kann, müsste das ausländische Gericht auch nach deutschen Gesetzen international zuständig sein (Spiegelbildlichkeitsprinzip).212 Weder die weitreichenden long arm statutes der US-Bundesgesetze noch die Begründung einer internationalen Zuständigkeit unter dem FSIA findet jedoch im deutschen Prozessrecht eine unmittelbare Entsprechung. Im Gegenteil: Im deutschen bzw. europäischen Recht reicht die kurzfristige Anwesenheit in der jeweiligen Jurisdiktion bzw. eine – einmalige – geschäftliche Tätigkeit in der Regel nicht zur Begründung einer internationalen Zuständigkeit aus. Insbesondere sind deutsche Gerichte nicht allein deshalb für Klagen ––––––––––– 208 Chabad v. Russian Federation 128 F.Supp.3d 242, 246 f. (D.D.C. 2015). Auch ließ der District Court weder das Argument der US-Regierung, die Entscheidung schade der Außenpolitik der Regierung und der diplomatischen Lösung des Falles, noch das Vorbringen, die Entscheidung schwäche die Position der USA in ausländischen Foren, gelten (a.a.O., 249): „The Court is sensitive to these foreign policy interests. Nonetheless, the Court reaffirms its position that the current posture of this case places is squarely under the FSIA, not yet an enforcement action, and without Executive action to the contrary. The Court is satisfied that this decision is consistent with the Court’s authority and the role of the Judiciary herein.“ 209 Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 2. 210 Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 1 f. 211 Siehe zur Frage der Verbürgung der Gegenseitigkeit gem. § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO: MüKoZPO/Gottwald § 328 Rn. 156 m.w.N. 212 Umfassend dazu MüKoZPO/Gottwald § 328 Rn. 80 m.w.N.

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

gegen ausländische Staaten oder Museen zuständig, weil der in Streit stehende Kunstgegenstand seinem Eigentümer unter Verletzung internationalen Rechts abhandengekommen ist; eine expropriation exception existiert nicht. Vielmehr muss ein in der EuGVVO oder ZPO enumerativ und abschließend aufgeführter Gerichtsstand gegeben sein, um die Zuständigkeit deutscher Gerichte zu begründen. Dabei spricht auch die Distomo-Entscheidung des BGH213 dafür, dass eine ausländische Entscheidung, die – etwa unter der expropriation exception des FSIA – für eine Zuständigkeitsbegründung an staatliche Hoheitsakte anknüpft und damit auch Rechtshandlungen des Dritten Reichs als Rechtsvorgänger der Bundesrepublik Deutschland zum Gegenstand des Verfahrens macht, nicht mit § 328 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 ZPO zu vereinbaren wäre.214 Weiterhin kann auch die Restitutionsentscheidung selbst dem Verdikt der ordre public-Widrigkeit unterliegen. Zwar könnte man die Wertentscheidung des US-Rechts zur fehlenden Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs bei NSRaubkunst mit deutschem Recht noch in Einklang bringen, da sich beide Rechtsordnungen trotz divergierender Definition des Abhandenkommens und der (fehlenden) Möglichkeit einer Mobiliarersitzung insoweit nicht fundamental unterscheiden. Auch muss die Rechtswahlentscheidung zugunsten von USRecht nicht automatisch § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO unterfallen, sofern ein wesentlicher Anknüpfungspunkt zu den USA besteht (vgl. Art. 43, 46 EGBGB215). Jedoch ist die Vorstellung der Unverjährbarkeit von Ansprüchen – abgesehen von wenigen Ausnahmen im Gesetz216 – dem deutschen ordre public fremd.217 Dieser hat sich vielmehr auch bei dem Konflikt zwischen Restitutionsberechtigtem und gutgläubigem Erwerber für eine Rechtsbefriedung durch Verjährung entschieden und damit einen bereits im römischem Recht verankerten Rechtsgedanken fortgeschrieben.218 Schließlich kann im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eingewendet werden, dass die Herangehensweise der US-Gerichte und des US-Gesetzgebers zu Förderung der restitution litigation fundamental mit dem deutschen Ansatz zum Umgang mit NS-Raubkunst sowie der Umsetzung der Washington Prin––––––––––– 213

BGH Urt. v. 26.06.2003 – III ZR 245/98, NJW 2003, 3488. Dieser Gedanke gilt ungeachtet des Umstands, ob die act of state doctrine auch die inhaltliche Überprüfung des ausländischen Hoheitsakts verbietet oder insoweit durch die Bernstein exception auch Rechtshandlungen als acta iure imperii der umfassenden Kontrolle durch US-amerikanische Gerichte unterliegen. Vgl. umfassend zum Themenkreis noch sub § 6.II. 215 Vgl. zu Art. 46 EGBGB aus deutscher Perspektive: Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 141 ff. 216 Z.B. § 902 BGB zur Unverjährbarkeit eingetragener Rechte. 217 Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 61 mit Verweis auf RG Urt. v. 19.12.1922 – III 137/22, RGZ 106, 82, 84. 218 Einzelheiten bei Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 61 ff. mit umfangreichen Nachweisen zur historischen Entwicklung. 214

IV. Ergebnis

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ciples und der Terezín declaration konfligiert. Denn durch eine Anerkennung von US-Urteilen könnten auch Entscheidungen der Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz invalidiert werden, was den Bemühungen des Bundesgesetzgebers der letzten 20 Jahre klar widerspräche. 3. Bewertung Die Vollstreckung von Restitutionsurteilen unter dem FSIA wird in den USA mit Nachdruck verfolgt, so dass sich beklagte Staaten oder Museen davor hüten sollten, sich einer Mitwirkung am Gerichtsverfahren zu entziehen, da dies mit empfindlichen contempt-Strafen und – bei in den USA belegenem Vermögen – weitreichenden Vollstreckungsmaßnahmen geahndet werden kann. Ob ein in den USA erstrittenes Restitutionsurteil dagegen auch in Deutschland anerkennungsfähig und damit vollstreckbar wäre, ist fraglich; mangels klarer Präjudizien kann darüber nur spekuliert werden. Jedoch sprechen gewichtige Gründe – insbesondere die (Un-)Verjährbarkeit von Restitutionsansprüchen, die weitreichende Jurisdiktionsbegründung im US-amerikanischem Zivilprozessrecht sowie die damit verbundene Möglichkeit der inhaltlichen Kontrolle ausländischer Hoheitsakte – dafür, dass eine Restitutionsentscheidung nicht gem. § 328 ZPO anerkannt werden könnte.

IV. Ergebnis IV. Ergebnis

Die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte kann in NS-Restitutionsfällen auch bei internationalen Sachverhalten schnell begründet werden. Durch die long arm-statutes vieler Bundesstaaten reichen bereits minimale geschäftliche Kontakte zum oder Aufenthalte im Staatsgebiet der USA, um eine gerichtliche Zuständigkeit über ausländische Beklagte zu eröffnen. Weiterhin begründet die Belegenheit des Kunstgegenstands – sofern es sich nicht um eine offizielle Kunstleihgabe handelt – häufig eine in rem jurisdiction. Die Federal Courts haben zudem unter dem FSIA eine sehr klägerfreundliche Position eingenommen. Von erheblicher Bedeutung ist die Möglichkeit, eine gerichtliche Zuständigkeit über die expropriation exception zu begründen, da der verfolgungsbedingte Entzug von Kunstgegenständen während der NSZeit regelmäßig als Verletzung internationalen Rechts angesehen wird. Während eine gerichtliche Zuständigkeit über Staaten zwar häufig daran scheitert, dass sich der Kunstgegenstand zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in den USA befindet, kann eine gerichtliche Zuständigkeit bei Museen und Kunsteinrichtungen, die im Besitz des Kunstgegenstandes sind, bereits dann erreicht werden, wenn diese in den USA geschäftlich tätig sind. Der Fall Altmann v.

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§ 5 Internationale Zuständigkeit und state immunity

Austria219 zeigt dabei exemplarisch, dass bereits minimale geschäftliche Kontakte (z.B. ein Kunstband in englischer Sprache) ausreichen, sofern diese auch im Hoheitsgebiet der USA Wirkung entfalten. Es verwundert daher nicht, dass sich derzeit eine ganze Reihe europäischer Museen vor US-Gerichten mit der Provenienz ihres Bestandes auseinandersetzen müssen. Dabei kann die teilweise extrem weitreichende Jurisdiktionsgewalt unter dem FSIA durchaus kritisch bewertet werden, nehmen doch die USA eine Art Weltgerichtsbarkeit ein. Die Interpretation des FSIA ist jedoch auch innerhalb der US-amerikanischen Gerichtsbarkeit noch nicht abschließend geklärt. Nachdem die meisten Courts of Appeals eine sehr klägerfreundliche Position eingenommen haben, gewährte der US Supreme Court in den Verfahren Simon v. Hungary und Philipp v. Germany einen writ of certiorari. Auch wenn sich daraus noch keine unmittelbaren Rückschlüsse für die Erfolgsaussichten der Verfahren ableiten lassen – das Rechtsmittel kann im Ergebnis keinen Erfolg haben –, deutet die Rechtsmittelzulassung angesichts der strengen Voraussetzungen220 darauf hin, dass der Supreme Court die angegriffenen Entscheidungen zumindest kritisch sieht und möglicherweise eine Eingrenzung oder Neuinterpretation des Anwendungsbereichs des FSIA in Restitutionsverfahren vornehmen wird. Weiter gilt es zu beachten, dass auch die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit unter dem FSIA und damit der Restitutionsfähigkeit oftmals von Umständen abhängt, die in keinem Zusammenhang mit der tatsächlichen Eigentumslage an dem Kunstgegenstand stehen. Dies zeigt sich exemplarisch bei der Frage, ob ein act of a sovereign vorliegt. Denn nur sofern die (erstmalige) Wegnahme durch US-Gerichte als hoheitlich eingestuft wird (und nicht etwa durch Private, dem NS-Regime nur nahestehende Personen erfolgt ist), kann der FSIA eingreifen. Gleiches gilt für die Frage, ob sich das verklagte Museum in privater oder öffentlicher Trägerschaft befindet, da nur im letzten Fall die Zuständigkeit unter dem FSIA begründet werden kann. Wenn auch nach USRecht konsistent und nachvollziehbar, führt dieser Ansatz zu nicht immer überzeugenden Differenzierungen bei der Annahme der gerichtlichen Zuständigkeit und macht eine Sachentscheidung damit auch von Faktoren abhängig, die in keinem Zusammenhang mit der Erwerbshistorie des Kunstwerks stehen.

––––––––––– 219

Bereits oben sub. § 5.II.1.b). Vgl. Supreme Court Rule 10: „Review on a writ of certiorari is not a matter of right, but of judicial discretion. A petition for a writ of certiorari will be granted only for compelling reasons.“ 220

§6

Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht „The mills of justice grind slowly, but they grind exceedingly fine.“1

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

Konnte die Zuständigkeit von US-Gerichten nach bundes- oder bundesstaatlichem Recht begründet werden, liegt der Schwerpunkt der gerichtlichen Prüfung auf dem Bestehen eines durchsetzbaren Herausgabeanspruchs. Restitutionsklagen werden dabei im Wesentlichen – auch weil es keine einheitliche bundesgesetzliche Regelung oder eine bindende federal policy bei der Restitution von NS-Raubkunst gibt2 – auf das jeweils anwendbare Recht der Bundesstaaten (inklusive dessen choice of law rules) gestützt. Dieses ist noch immer die wichtigste Rechtsquelle für Restitutionsverfahren.3 1. Anspruchsgrundlagen Aus deutscher Perspektive stellt sich vorrangig die Frage nach einer rei vindicatio4 oder Besitzschutzansprüchen gem. §§ 861, 862, 1007 BGB; ein exaktes Äquivalent dieser Rechtsinstitute ist in den USA nicht bekannt. Die meisten common law-Rechtsordnungen sehen bei unrechtmäßig entzogenen Mobilien keinen dinglichen Herausgabeanspruch, sondern einen deliktischen Restitutionsanspruch als tort action vor. 5 Diese untergliedert sich in verschiedene einzelne Rechtsinstitute, z.B. writ of trespass, action of trover, action of de––––––––––– 1

Vineberg v. Bissonnette 548 F.3d 50, 59 (1st Cir. 2008). Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 969 (9th Cir. 2010). 3 Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 605 (2018). 4 Vgl. die umfassende Prüfung unter deutschem Recht bei Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 147 ff. 5 Umfassend Palmer, Conversion, Trespass and Title to Art works, in: ders., The recovery of stolen Art, S. 33 ff.; siehe zudem die Nachweise bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 46. 2

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

tinue und action of replevin.6 Dabei sind manche tort-Klagen, wie etwa die Geltendmachung von trespass to chattels (Klage wegen Besitzstörung an beweglichen Sachen), allein auf eine finanzielle Kompensation ausgerichtet und kommen für eine Restitution von Kunstwerken nur nachrangig in Betracht.7 Verschiedene Anspruchsgrundlagen können auch kumulativ geltend gemacht werden. Die bedeutendsten Rechtsinstitute für Restitutionsklagen, die in der Mehrheit der untersuchten Entscheidungen geltend gemacht wurden, sind dabei: a) Replevin actions In fast allen Restitutionsfällen wird eine action of replevin zur Anspruchsbegründung herangezogen. Replevin ist eine Rechtsfigur des common law zur Rückerlangung von personal property, „whereby the owner or person claiming the possession of personal goods may recover such personal goods where they have been wrongfully taken or unlawfully detained.“8 Damit kann der Eigentümer oder berechtigte Besitzer sein Recht zum Besitz an einer Sache geltend machen, die ihm entzogen wurde und die der derzeitige Besitzer unrechtmäßig besitzt. Eine action of replevin ist daher auf die Wiederherstellung des Besitzes ausgerichtet und trifft keine bindende Feststellung über die Eigentumslage. Verfahrensgegenstand ist, „whether or not the plaintiff is entitled to the possession of the property, and it is not the purpose to determine whether the plaintiff is the owner of the property“9 – mithin die Frage, wer das bessere Besitzrecht an der Sache hat.10 Die Rechtsquelle – deutschrechtlich gedacht – für eine action of replevin ist entweder eine gesetzliche Anordnung (statutory cause of action) in den statutes der Bundesstaaten oder das common law.11 Um ein Kunstwerk durch eine replevin action zurückzuerlangen, muss der Kläger nachweisen, dass er der berechtigte Besitzer des Werkes ist, welches durch den Beklagten oder dessen Rechtsvorgänger unrechtmäßig entzogen ––––––––––– 6 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 48 mit umfangreichen Nachweisen aus der amerikanischen Literatur. 7 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 48 m.w.N. 8 Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 917 F.2d 278, 290 (7th Cir. 1990); Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300 (D.R.I. 2007); aff’d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008). 9 Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 717 F.Supp. 1374, 1396 (S.D.Ind. 1989). 10 Vineberg v. Bissonnette 529 F. Supp.2d 300 (D.R.I. 2007); aff’d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008). 11 Z.B. definiert sec. 78.01 der Florida Statutes: „Right of replevin. – Any person whose personal property is wrongfully detained by any other person or officer may have a writ of replevin to recover said personal property and any damages sustained by reason of the wrongful taking or detention as herein provided.“ Siehe ferner Buchwalter, 73 Causes of Action 2d 461, § 3.

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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wurde.12 Dies hat in der Regel drei Voraussetzungen: „title or right to possession, the fact that the property is unlawfully detained, and the fact that the defendant wrongfully holds possession.“ 13 Der Kläger muss folglich zunächst darlegen, dass er einen title oder ein sonstiges (besseres) Recht zum Besitz an der Sache hat;14 Eigentum des Klägers muss für die Herausgabeklage nicht unbedingt bestehen (auch wenn dies in der Regel als Besitzrecht geltend gemacht wird), es reicht auch ein sonstiges Besitzrecht. Dabei ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass nach common law-Verständnis weder der Dieb noch irgendein ihm nachfolgender gutgläubiger Erwerber einen title an der Sache erlangen kann.15 Zweitens muss der Kläger darlegen, dass die Sache unrechtmäßig zurückgehalten wird, indem er z.B. aufgezeigt, dass er bzw. sein Rechtsvorgänger niemals den Besitz an der Sache willentlich aufgegeben hat, sondern die Sache vielmehr ohne oder gegen seinen Willen entzogen wurde.16 Dabei liegt die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich beim Kläger.17 Drittens muss nachgewiesen werden, dass der Beklagte die Sache unrechtmäßig in Besitz hat,18 also seinerseits kein besseres Besitzrecht an der Sache vorweisen kann. Dogmatisch steht der Anspruch daher eher einem Besitzschutz- denn einem Eigentumsherausgabeanspruch nahe, auch wenn eine klare Trennung in der US-Rechtsprechung und Literatur nicht vorgenommen wird. Die Klage kombiniert in funktionaler Hinsicht vielmehr possessorische und petitorische Besitzschutzansprüche mit Elementen eines Eigentumsherausgabeanspruchs nach deutschem Verständnis. Im Erfolgsfalle erlässt das Gericht einen sog. writ of replevin, durch den der Kläger die unrechtmäßig entzogene oder zurückgehaltene Sache wieder in Besitz nehmen kann.19 ––––––––––– 12

Vgl. Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 317 f. (NY Ct. App. 1991). 13 Hoffmann, International Art Transactions and the Resolution of Art and Cultural Property Disputes: A United States Perspective, in: ders., Art and Cultural Heritage – Law, Policy and Practice, S. 159, 169; Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 917 F.2d 278, 290 (7th Cir. 1990); Vineberg v. Bissonnette 529 F.Supp.2d 300 (D.R.I. 2007); aff’d 548 F.3d 50 (1st Cir. 2008); Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 (C.D.Cal. 2005); aff’d 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157 (C.D.Cal. 2006). 14 Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 717 F.Supp. 1374, 1397 (S.D.Ind. 1989); näher auch Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1138 (2002). 15 S.o. sub § 4.I.1. 16 Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 717 F.Supp. 1374, 1397 f. (S.D.Ind. 1989). 17 Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1138 (2002) sowie noch sub § 6.I.1.d). 18 Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 717 F.Supp. 1374, 1396 f. (S.D.Ind. 1989); umfassend Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1138 (2002). 19 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 56.

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

b) Action of detinue/action of trover Als weitere Anspruchsgrundlage für die Restitution von Kunstgegenständen bietet sich in mehreren US-Bundesstaaten eine action of detinue an. Dabei handelt es sich um eine Besitzschutzklage des common law, mit dem eine Sache herausverlangt und Schadensersatz für die Vorenthaltung der Sache geltend gemacht werden kann. Eine Pflicht zur Herausgabe besteht, sofern der Besitzer die Sache zwar rechtmäßig erworben hat, aber dem Kläger – der ein besseres Besitzrecht an der Sache hat – rechtswidrig vorenthält; es handelt sich daher um eine „form of action which lies for the recovery, in specie, of personal chattels from one who acquired possession of them lawfully, but retains it without right, together with damages for the detention.“20 Strukturell geht es wiederum um den Nachweis eines besseren Besitzrechts an der Sache gegenüber dem derzeitigen Besitzer, der durch die Zurückhaltung der Sache rechtswidrig handelt.21 Eine Abgrenzung zwischen einer action of detinue und einer action of replevin ist daher en détail schwierig, zumal die Nomenklatur der einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich ist.22 In ähnlicher Weise liegt der action of trover 23 bzw. conversion 24 die Behandlung der Sache eines Dritten als eigene zugrunde (z.B. durch die Verweigerung der Herausgabe),25 wobei die Beeinträchtigung schwerer als bei einer trespass-Klage wiegen muss:26 „conversion is the unauthorized and wrongful exercise of dominion and control over another‘s personal property, to the ex––––––––––– 20

Black’s Law Dictionary, S. 201. Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 53. 22 Vgl. dazu Petrovich, 27 UCLA L. Rev. 1122, 1225 (Fn. 13) (1980): „The common law actions of ‘detinue’ and ‘replevin’ allowed owners to recover specific lost or stolen personal property. Although this form of action is known in some states as an action in either detinue, replevin, claim and delivery, or sequestration, ‘replevin’ is most commonly and conveniently used as a generic label for all actions to recover the property itself as opposed to an action in conversion for damages for the taking of the property.“ 23 Trover wird definiert als eine „common-law action for the recovery of damages for the conversion of personal property, the damages generally being measured by the property’s value.“ (Black’s law dictionary, S. 1347). 24 Das Restatement (Second) of Torts definiert ‘conversion’ in § 222A als „an intentional exercise of dominion or control over a chattel which so seriously interferes with the right of another to control it that the actor may justly be required to pay the other the full value of the chattel.“ Vgl. zudem Graefe, 51 B.C.L. Rev. 473, 480 (2010) sowie Sotheby’s, Inc. v. Shene 2009 WL 762697 (S.D.N.Y. 2009); The Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 (E.D.Mich. 2007), Adler v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F. Supp.2d 1157 (C.D.Cal. 2006). 25 Pearson v. Dodd 410 F.2d 701 (D.C.Cir. 1969); Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 361. 26 United States v. Arora 860 F.Supp. 1091 (D.Md. 1994); Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 361. 21

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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clusion of or inconsistent with the rights of the owner.“27 Entscheidend ist auch insoweit, dass sich der Besitzer ein Eigentumsrecht an der Sache anmaßt, dass ihm nicht zusteht, indem er das Kunstwerk z.B. an einen Dritten zu veräußern versucht. Dabei ist unerheblich, ob der Beklagte glaubte, rechtmäßig zu handeln; er muss allein hinsichtlich der Ausübung der Sachherrschaft vorsätzlich handeln.28 Jedoch kann über eine action of trover bzw. conversion nur eine finanzielle Entschädigung des vollen Wertes der Sache (meist der Marktwert des Gemäldes) geltend gemacht und nicht dessen Herausgabe erreicht werden.29 Einen vergleichbaren Anspruch gewähren zudem constructive trust actions, welche in verschiedenen Restitutionsverfahren angeführt wurden.30 Auch insoweit ist erforderlich, dass eine Partei ein Eigentums- oder Besitzrecht an der Sache hat und vom Beklagten unrechtmäßig – d.h. ohne dazu im Rechtssinne berechtigt dazu zu sein – zurückgehalten wird.31 c) Weitere Anspruchsgrundlagen Weiterhin ziehen manche Gerichte in Restitutionsverfahren Ansprüche aus restitution, unjust enrichment oder quasi-contract in Betracht, welche teilweise synonym verwendet und häufig nicht trennscharf voneinander abgegrenzt werden.32 Ähnlich dem deutschen Bereicherungsrecht besteht ein Anspruch des Klägers, wenn der Beklagte auf dessen Kosten ungerechtfertigt bereichert ist, wobei jeder Vorteil – also insbesondere auch der Besitz an einem Kunstgegenstand – eine solche Bereicherung darstellen kann und der Klage stattgegeben wird, sofern es ungerecht erscheinen würde, dem Beklagten die erlangte Sache ––––––––––– 27

Catania v. Garage De Le Paix, Inc. 542 SW.2d 239, 241 (Tex. App. 1976). Siehe ferner: „Two key elements of conversion are (1) plaintiff’s possessory right or interest in the property; and (2) defendant’s dominion over the property or interference with it, in derogation of plaintiff's rights“ (Colavito v. NY Organ Donor 8 N.Y.3d 43, 50, 827 N.Y.S.2d 96, 860 N.E.2d 713 [NY Ct. App. 2006]). Ausführlich wurde conversion z.B. diskutiert in Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1024 (9th Cir. 2010) und Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); aff’d 403 Fed.App’x. 575 (2nd Cir. 2010). 28 Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 361. 29 Vgl. § 222A Restatement (Second) of Torts sowie Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 362. Indes kann die Rechtslage in den einzelnen Bundesstaaten auch divergieren. Z.B. erfolgte in der Rechtssache DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688, 692 (S.D.N.Y. 1987), rev’d 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987); cert. den. 108 S.Ct. 2823 (1988) (dazu sub § 7.I.3.a)) die Herausgabe eines Gemäldes nach CPLR des Staates New York, die eines spezielle Form der conversion mit Restitutionswirkung vorsehen (zum Fall Mansel, IPRax 1988, 268). 30 Z.B. Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 (C.D.Cal. 2005); aff’d 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157 (C.D.Cal. 2006). 31 Einzelheiten bei Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 6. 32 Restitution wird meist als remedy und nicht als Anspruchsgrundlage verstanden. Die US-Terminologie ist jedoch nicht immer eindeutig (vgl. Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 346 f. m.w.N.). Für den Sonderfall von Ansprüchen aus breach of bailment siehe die Diskussion bei de Csepel v. Hungary (sub § 5.II.3.d)bb)).

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ohne eine Entschädigung für den Kläger zu belassen.33 Im Gegensatz zu replevin actions richtet sich der Anspruch jedoch regelmäßig nicht auf Herausgabe des Bereicherungsgegenstands, sondern auf Wertersatz;34 daher haben Bereicherungsansprüche in Restitutionsfällen nur eine untergeordnete Bedeutung. d) Darlegungs- und Beweislast Grundsätzlich muss dabei der Kläger beweisen, dass er bzw. sein Rechtsvorgänger Eigentümer der Sache ist bzw. ein besseres Besitzrecht hat, der Beklagte unrechtmäßig besitzt und ihm daher ein Herausgabeanspruch zusteht. Jedoch ist die Rechtslage zwischen den einzelnen Bundesstaaten auch insoweit nicht immer eindeutig; klare Leitlinien scheinen sich – nicht zuletzt aufgrund des Einzelfallcharakters von Restitutionsklagen – nur schwer herauszubilden. Z.B. muss das Gericht in manchen Staaten aufgrund der vorgelegten Beweismittel überzeugt sein, dass eine conversion besteht, während in anderen Staaten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht.35 Zudem gibt es in manchen Bundesstaaten eine entscheidende Abweichung hinsichtlich der Beweislastverteilung bei Restitutionsstreitigkeiten: Kann der Kläger beweisen, dass er – oder sein Rechtsvorgänger – zu einem Zeitpunkt berechtigter Besitzer/Eigentümer war und daher eine Wegnahme schlüssig darlegen, dann verlagert sich etwa im New Yorker Recht die Beweislast auf den Beklagten und dieser muss nachweisen, dass der Kunstgegenstand nicht gestohlen wurde und er daher ein (besseres) Besitzrecht hat.36 Teilweise wird de lege ferenda forciert, dass es zu einer vollständigen Umkehrung der Beweislast kommt und der Erwerber den Nachweis über einen rechtmäßigen Erwerb des Kunstgegenstand führen muss.37 Da diese Idee vom Gesetzgeber jedoch nicht aufgegriffen wurde, muss auch weiterhin einzelfallbezogen in jedem Restitutionsverfahren Beweismaß und -last bestimmt werden. 2. Anzuwendendes Recht Gretchenfrage ist bei allen Restitutionsverfahren, welches Sachrecht auf die Bestimmung der Eigentumslage Anwendung findet, da dieses maßgeblich über den Erfolg einer Klage entscheidet. Dieser Umstand erweist sich bei Restituti––––––––––– 33

Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 347. Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 351. 35 Vgl. Merritt v. Fagan 2002 WL 1331839 (Conn. Super. Ct. 2002) einerseits und Vuksich v. U.S. 291 Fed.App’x. 587 (5th Cir. 2008); Poullard v. Smithkline Beecham Corp. 2005 WL 3244192 (D.D.C. 2005) andererseits. 36 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136 (2nd Cir. 2010); Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 320, 569 N.E.2d 426, 567 N.Y.S.2d 623 (NY Ct. App. 1991). Vgl. für das deutsche Recht umfassend Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976 (passim). 37 Henson, 51 DePaul L. Rev. 1103, 1150 (2002). 34

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onsklagen als besonders virulent, weil die Kunstgegenstände in der Regel eine ‚bewegte‘ Erwerbsgeschichte in unterschiedlichen Rechtsordnungen hinter sich haben. Am anzuwendenden Sachrecht wird der Grundkonflikt, ob der Rechtsvorgänger des Beklagten oder des Klägers wirksam Eigentum am Kunstgegenstand erworben oder verloren hat, mit besonderer Nachdrücklichkeit offengelegt. Dies betrifft bei Restitutionsstreitigkeiten insbesondere die Frage, ob das Kunstwerk dem Rechtsvorgänger gestohlen wurde oder sonst abhandengekommen ist38 und ob ein gutgläubiger Erwerb bzw. ein Rechtserwerb kraft Gesetzes in Betracht kommt. In der richtungsweisenden Entscheidung Bakalar v. Vavra39 ging es etwa um ein Gemälde, das während der NS-Zeit in Österreich verschwand, dann in der Schweiz verkauft wurde und über Kalifornien schließlich vom derzeitigen Besitzer in New York erworben wurde. Ähnlich war es in der Cassirer-Entscheidung:40 Nachdem das Kunstwerk in Deutschland beschlagnahmt wurde, fand der erste Erwerbstatbestand in den Niederlanden statt, weitere folgten in Kalifornien und New York; sodann verblieb das Gemälde 25 Jahre in Missouri, wurde in der Schweiz an einen Sammler verkauft und fand seinen Weg schließlich nach Spanien. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die verschiedenen Jurisdiktionen in Bezug auf ihre sachenrechtlichen Grundwertung voneinander unterscheiden – sowohl hinsichtlich der Möglichkeit eines Rechtserwerbs bei abhandengekommenen Sachen bzw. des Erwerbs kraft Ersitzung als auch bei Fragen der Verjährung –, ist die Bestimmung des anzuwendenden Rechts essentiell für die Erfolgsaussichten einer Restitutionsklage. Die Suche nach dem richtigen Sachrecht stellt sich dabei bisweilen als Irrweg durch das Labyrinth des Minotaurus dar, da alle State Courts ihre eigenen choice of law-Regeln haben und die Federal Courts teilweise das jeweilige state law ihres Sitzstaates oder auch federal common law anwenden. Es verwundert daher nicht, dass die choice of law-Regeln in Kunstrestitutionsstreitigkeiten auch in der amerikanischen Literatur als „chaotic palette“ beschrieben werden.41 Die meisten Klagen zur NS-Raubkunst werden dabei vor US-Bundesgerichten verhandelt, weil Kläger oder Beklagter entweder keine US-amerikanische Staatsangehörigkeit oder keinen inländischen Wohnsitz haben (diversity jurisdiction) bzw. ausländische Staaten oder Hoheitsträger Parteien des Verfahrens ––––––––––– 38

Z.B. liegt unter New Yorker Recht in der Regel keine Eigentumsaufgabe durch eine Flucht aus Nazi-Deutschland bei Zurücklassen des Kunstgegenstandes vor: Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966); mod. on other grounds 28 A.D.2d 516, 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); mod. rev. 24 N.Y.2d 91, 246 N.E.2d 742, 298 N.Y.S.2d 979 (NY Ct. App. 1969). 39 Siehe dazu noch sub § 6.I.2.b)bb). 40 Siehe dazu noch sub § 7.II.2.d). 41 So etwa schon Reyhan, 50 Duke L.J. 955 (2001).

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

sind.42 Wird die Klage vor einem Bundesgericht aufgrund einer diversity jurisdiction anhängig gemacht, wendet dieses im Grundsatz das Recht (inkl. IPR) desjenigen Staates an, in dem es seinen Sitz hat.43 Gleichfalls werden die jeweiligen Verjährungsvorschriften des anzuwendenden state law herangezogen.44 Das führt dazu, dass in sehr vielen Restitutionsfällen das Recht von New York und Kalifornien zur Anwendung gelangt, weil diese Bundesstaaten für den internationalen Kunst- und Museumsmarkt die größte Bedeutung innerhalb der USA haben. a) Der Rechtswahl unterfallende Aspekte Bei der Rechtswahlprüfung ist zwischen dem anzuwendenden Sachrecht hinsichtlich der geltend gemachten Restitutionsklage einerseits und der sachenrechtlichen Eigentumszuordnung des Kunstgegenstandes andererseits zu unterscheiden.45 Zunächst ist die Frage zu klären, nach welchem Recht sich die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Herausgabeklage richten. Dabei kommt in der Regel das state law des jeweiligen Sitzstaates zur Anwendung, ohne dass die Gerichte eine nähere Rechtswahlanalyse vornehmen. Es entspricht vielmehr dem Selbstverständnis der US-Gerichte, dass dem Kläger alle remedies am Forum des Gerichts offenstehen. Auch in den Entscheidungen, in denen US-Gerichte letztlich zur Anwendung einer europäischen Rechtsordnung gelangten, werden die Anspruchsvoraussetzungen für die Restitutionsklage daher nicht nach dem BGB oder Code Civil bestimmt, sondern dem jeweils anwendbaren amerikanischen state law entnommen (z.B. replevin oder conversion). Anders – und von größerer Komplexität – gestalten sich Fragen der dinglichen Sachzuordnung, wenn ein Beklagter z.B. gegen eine conversion- oder replevin-Klage einwendet, er habe nach dem Recht eines Drittstaats gutgläubig Eigentum erworben oder ersessen und daher ein besseres Besitzrecht an der Sache.46 Insoweit erfolgt eine Rechtswahlanalyse, die ggf. auch zur Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung führt. Die US-Gerichte gehen dabei – auch dies ist von besonderer Bedeutung für Restitutionsstreitigkeiten – regelmäßig davon aus, dass der gesamte Rechtsstreit von einer Rechtsordnung ––––––––––– 42 Dagegen wird es – auch nach Erlass des HEAR Act – schwierig sein, eine federal question jurisdiction nach 28 U.S.C. § 1331 zu begründen. Umfassend Charron, 2018 Pepp. L. Rev. 19, 63 ff. 43 Siehe Klaxon Co. v. Stentor Electric Manufacturing Co. 313 U.S. 487 (1941). 44 Guaranty Trust Co. v. York 326 U.S. 99 (1945). 45 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 486 f. 46 Es handelt sich dabei wohl um eine Vorfrage, ob rechtsgeschäftlich oder originär Eigentum erworben wurde, vgl. Knott, Der Anspruch auf Herausgabe gestohlenen oder illegal exportierten Kulturguts, S. 70 ff.; Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 488.

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beherrscht wird.47 Liegen folglich mehrere konsekutive Erwerbsakte an einem Kunstwerk in verschiedenen Staaten vor, gelangt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass z.B. New Yorker Recht auf den Fall Anwendung findet, dann bemessen sich alle – auch die im Ausland erfolgten – Erwerbstatbestände nach New Yorker Recht mit der Konsequenz, dass Gutglaubens-, Ersitzungs- oder Verjährungsvorschriften in anderen Rechtsordnungen a limine nicht berücksichtigt werden.48 Die Folge ist eine eigentümliche Zweiteilung, da die Tatbestandsvoraussetzungen eines Herausgabeanspruchs stets nach US-Recht bestimmt werden, das Vorliegen derselben indes ggf. anhand eines ausländischen Sachrechts zu prüfen ist. b) Mögliche choice of law-Regeln Die Applikation der choice of law-Regeln wird dabei – wie ausgeführt – verkompliziert, weil es keine bundeseinheitliche Regelung gibt, sondern sich die Frage des anwendbaren Sachrechts nach den jeweiligen bundesstaatlichen Gesetzen richtet (die in der Regel auch die Federal Courts anwenden, wenn sie in dem entsprechenden Bundesstaat ihren Sitz haben49). Die Rechtslage und die Wahl der choice of law principles ist dabei zwischen den US-Bundesstaaten mehr als opaque. Teile der Bundesstaaten – wie z.B. § 946 California Civil Code50 – knüpfen für die Wahl des anzuwendenden Sachrechts grundsätzlich an das domicile des Eigentümers an (mobilia sequuntur personam).51 Andere Bundesstaaten wenden im Grundsatz die lex rei sitae an,52 wodurch das Sachrecht des Bundesstaates, in dem der Kunstgegenstand belegen ist, zur Anwendung gelangt. Wieder andere Staaten stellen maßgeblich auf die ratio legis der Kollisionsnorm ab und fragen, welche Rechtsordnung für die Beantwortung des Rechtsstreits das überzeugendste ‚Rechtsanwendungsinteresse‘ hat. 53 Folglich hängt die Frage der Anwendung des ‚richtigen‘ Sachrechts in erheblichem Umfang von der Wahl des Forums ab.54 ––––––––––– 47 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 20, auch mit teilweise abweichenden Ansichten in der Literatur. Siehe umfassend Symeonides, 38 Vand. J. Transnat‘l L. 1177 (2005). 48 Beachte aber z.B. auch die Ausnahme in Cassirer v. Thyssen Bornemisza-Collection Foundation sub § 7.II.2.d) (zur Anwendung spanischen und Schweizer Rechts). 49 Klaxon v. Stentor Elec. Mfg. Co. 313 U.S. 487 (1941). 50 „If there is no law to the contrary, in the place where personal property is situated, it is deemed to follow the person of its owner, and is governed by the law of his domicile.“ Siehe ferner z.B. § 55–401 Idaho Statutes; § 47–0701 North Dakota Statutes. 51 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 488 m.w.N. 52 Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 129 m.w.N. 53 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 489 m.w.N. 54 Rule 44.1 der FRCP erlaubt es den Bundesgerichten dabei „to determine the content of foreign law based on ‘any relevant material or source whether or not submitted by a party.’

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aa) Lex loci des Eigentumstransfers Aus deutscher Perspektive wäre es naheliegend, dass auf eine Eigentumsübertragung (oder Ersitzung) das Recht des Staates Anwendung findet, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Erwerbsaktes oder des Zeitraums der Ersitzung befunden hat (vgl. Art. 43 EGBGB). Dieser Ansatz entsprach auch früheren Restitutionsentscheidungen von US-Gerichten, sofern sich das Kunstwerk in den USA befindet. Z.B. wurde in Greek Orthodox Patriarchate of Jerusalem v. Christie's, Inc. ausgeführt: „questions relating to the validity of a transfer of personal property are governed by the law of the state where the property is located at the time of the alleged transfer.“ 55 Auch in der Rechtssache DeWeerth v. Baldinger56 aus dem Jahr 1987 wurde noch nach der lex loci-Regel entschieden: „The law of New York governs all issues in this case, including the question of which party has the superior right to possession of the Monet. New York is the place where the sale of the painting […] occurred and where the Monet is and has been located.“ Im Ergebnis gelangten die US-Gerichte damit regelmäßig zur Anwendung von US-Recht.57 bb) Rechtsprechungsänderung in Bakalar v. Vavra Die umfassende Anwendung einer lex loci-Regel in Restitutionsstreitigkeiten wurde jüngst – ausdrücklich für das in Restitutionsverfahren besonders bedeutsame New Yorker Recht – indes aufgegeben zugunsten einer interest analysis. Leitentscheidung dafür ist Bakalar v. Vavra, in welcher der Court of Appeals for the Second Circuit das Verfahren zur Feststellung des anzuwendenden Sachrechts bei der Restitution von Kunstgegenständen grundlegend neu geordnet hat.58

––––––––––– However, it does not require a court ‘to undertake its own analysis to determine’ the content of foreign law“ (SHLD, LLC v. Hall 2017 WL 1428864 at *4 [S.D.N.Y. 2017] mit Verweis auf In re Nigeria Charter Flights Contract Litig. 520 F.Supp.2d 447, 458 [E.D.N.Y. 2007]). 55 Greek Orthodox Patriarchate of Jerusalem v. Christie’s, Inc. 1999 WL 673347 at *4 (S.D.N.Y. 1999). 56 DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688 (S.D.N.Y. 1987); rev’d 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987); cert. den. 108 S.Ct. 2823 (1988). 57 Z.B. Schoeps v. Museum of Modern Art 594 F.Supp.2d 461, 465 (S.D.N.Y. 2009). 58 Bakalar v. Vavra and Fischer 2008 WL 4067335 (S.D.N.Y. 2008); vac’d and rem’d 619 F.3d 136 (2nd Cir. 2009); 819 F.Supp.2d 293 (S.D.N.Y. 2011); aff’d 500 Fed.App’x 6 (2nd Cir. 2012); cert. den. 569 U.S. 968, 133 S.Ct. 2038; siehe ferner 237 F.R.D. 59 (S.D.N.Y. 2006); 2006 WL 2311113 (S.D.N.Y. 2006); 550 F.Supp.2d 548 (S.D.N.Y. 2008); 851 F.Supp.2d 489 (S.D.N.Y. 2011).

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Abb. 17: Egon Schiele, Sitzende mit angezogenem linken Bein, 1917. Sachverhalt:59 Der Kläger Bakalar begehrt die Feststellung, dass er Eigentümer der Zeichnung Sitzende mit angezogenem linken Bein (1917) von Egon Schiele ist. Das Gemälde stammt, wie auch die Gemälde Tote Stadt III und diejenigen im Verfahren Reif v. Nagy,60 aus der 81 Schiele-Werke umfassenden Sammlung des jüdischen Schauspielers und Wiener Kabarettisten Fritz Grünbaum, einem NS-kritischen Satiriker. Nach dessen Deportation nach Dachau – er starb dort 1941 – wurde er gezwungen, seiner Frau Elisabeth eine Vollmacht zu erteilen, die daraufhin für ihren Mann ein von allen jüdischen Mitbürgern gefordertes Vermögensregister aufstellen musste. Kurz darauf beantragte sie eine Ausfuhrgenehmigung für Grünbaums Kunstsammlung; ob diese tatsächlich dem Speditionsunternehmen Schenker & Co. übergeben wurde und auf diesem Wege Österreich verließ, konnte nicht mit Sicherheit geklärt werden. Offizielle Dokumente legen jedoch nahe, dass sich die Sammlung zum Todeszeitpunkt von Fritz Grünbaum bereits nicht mehr in Wien befand. Möglicherweise waren die Bilder jedoch auch die ganze Zeit im Besitz von Elisabeth Grünbaums Schwester (Frau Lukacs), die den Krieg in Belgien überlebt hatte.61 Wenig später wurde Elisabeth Grünbaum ebenfalls verhaftet und starb 1942 in einem KZ in Minsk. Die genaue Erwerbshistorie des Gemäldes verliert sich sodann. 1956 wurde es von der Galerie Gutekunst in Bern/Schweiz erworben – möglicherweise von der Schwester von Elisabeth Grünbaum oder einem Dritten – und Ende desselben Jahres an die Galerie St. Etienne in New York weiterveräußert. Dort kaufte es der Kläger Bakalar 1963 für 4.300 US-Dollar. Als das Gemälde 2005 über Sotheby’s veräußert werden sollte, meldeten sich die Erben von

––––––––––– 59 Entnommen aus Bakalar v. Vavra 2008 WL 4067335 (S.D.N.Y. 2008) und 619 F.3d 136 (2nd Cir. 2009). 60 Dazu jeweils sub § 4.IV.1. und sub § 7.II.3.a). 61 Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 184.

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Fritz Grünbaum, Vavra und Fischer, und forderten die Rückgabe des Kunstwerks. Herr Bakalar wehrt sich gegen deren Begehren mittels Feststellungsklage, dass er der rechtmäßige Eigentümer des Bildes ist und die Herausgabeansprüche der Gegenseite jedenfalls verjährt wären. Widerklagend machen diese u.a. Ansprüche aus replevin geltend. Entscheidung: Nachdem das Ausgangsgericht noch Schweizer Recht für die Frage des Eigentumstransfers für anwendbar erachtete und dem Käufer Bakalar das Gemälde zusprach, weil nach Schweizer Recht ein gutgläubiger Erwerb möglich gewesen sei und ein Abhandenkommen von Seiten der Beklagten nicht habe dargelegt werden können, vielmehr davon auszugehen sei, dass das Gemälde von Grünbaums Schwägerin an die Galerie Gutekunst veräußert wurde,62 hob der Court of Appeals für the Second Circuit das Verfahren in einem ersten Berufungsurteil (Bakalar I) auf. Nach einer umfassenden Darstellung der unterschiedlichen Schutzkonzepte für den (Alt-)Eigentümer und einen gutgläubigen Erwerber in der Schweiz (vgl. Art. 934 Abs. 1 Satz 1 ZGB63 mit einem fünfjährigen Rückforderungsrecht bei abhandengekommenen Sachen) und New York („an artwork stolen during World War II still belongs to the original owner, even if there have been several subsequent buyers and even if each of those buyers was completely unaware that she was buying stolen goods“64), wendet sich der Court of Appeals einer Rechtswahlanalyse zu. Diese fällt nach Ansicht des Court of Appeals eindeutig zugunsten des New Yorker Rechts aus. In Abkehr von einer älteren Rechtsprechungslinie komme es für die Rechtswahl nicht auf die situs-Regel, sondern eine interest analysis – wie schon im Fall Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon angedeutet65 – an.66 Maßgeblich ist daher nicht allein, wo das Kunstwerk zum Erwerbszeitpunkt belegen ist oder war, sondern welches Rechtssystem das größere Interesse (greater interest) daran hat, sein Sachrecht zur Anwendung zu bringen. Wenig überraschend kommt das Berufungsgericht – wie auch in der überwiegenden Zahl der weiteren Restitutionsstreitigkeiten – zu dem Ergebnis, dass der Staat New York ein größeres Interesse an der Anwendung seines Sachrechts hat als die Schweiz oder etwa Österreich. In New York gelte „a thief cannot pass good title“ und das New Yorker Recht habe daher ein valides Interesse daran, dass New York nicht zum Ort für Hehlerware werde: „The manner in which the New York rule is applied reflects an overarching concern that New York

––––––––––– 62

Bakalar v. Vavra 2008 WL 4067335 at *6 ff. (S.D.N.Y. 2008). „Der Besitzer, dem eine bewegliche Sache gestohlen wird oder verloren geht oder sonst wider seinen Willen abhandenkommt, kann sie während fünf Jahren jedem Empfänger abfordern.“ Beachte jetzt auch die Sonderbestimmung in Art. 934 Abs. 1bis ZGB: „Das Rückforderungsrecht für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, die gegen den Willen des Eigentümers abhandengekommen sind, verjährt ein Jahr, nachdem der Eigentümer Kenntnis erlangt hat, wo und bei wem sich das Kulturgut befindet, spätestens jedoch 30 Jahre nach dem Abhandenkommen.“ Siehe ferner Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 307 f. 64 Turner, 32 Vand. J. Transnat’l L. 1511, 1534 (1999). 65 „In applying the New York rule that a purchaser cannot acquire good title from a thief, New York courts do not concern themselves with the question of where the theft took place, but simply whether one took place. Similarly, the residence of the true owner is not significant for the New York policy is not to protect resident owners, but to protect owners generally as a means to preserve the integrity of transactions and prevent the state from becoming a marketplace for stolen goods“ (Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 536 F.Supp. 829, 846 [E.D.N.Y. 1981]). 66 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 143 (2nd Cir. 2010). Siehe ferner Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 606 f. (2018). 63

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not become a marketplace for stolen goods and, in particular, for stolen artwork.“67 Zudem treffe nach New Yorker Recht den Erwerber die Pflicht darzulegen, dass das Gemälde nicht gestohlen wurde.68 Der Schutz des Eigentümers äußere sich ferner in der für den Kläger sehr günstigen demand and refusal rule im Verjährungsrecht.69 Dagegen sei das Schweizer Recht nicht restitutionsfreundlich, insbesondere da es dem Kläger die Beweislast aufbürde, darzulegen, dass ihm oder seinem Rechtsvorgänger das Gemälde abhandengekommen sei: 70 „Swiss law places significant hurdles to the recovery of stolen art, and almost ‚insurmountable‘ obstacles to the recovery of artwork stolen by the Nazis from Jews and others during World War II and the years preceding it.“71 Zudem seien Schweizer Interessen – im Gegensatz zum US-Recht – vorliegend nicht maßgeblich tangiert: „the resolution of an ownership dispute in the Drawing between parties who otherwise have no connection to Switzerland does not implicate any Swiss interest simply because the Drawing passed through there. While the Drawing was purchased in Switzerland by a Swiss art gallery, which resold it within five months to a New York art gallery, the application of New York law here would not have any adverse effect on the Swiss art gallery. Nor would it affect any other Swiss citizen or Swiss interest.“72 Auch die Anwendung österreichischen Rechts wurde aus ähnlichen Gründen nicht für einschlägig erachtet.73 Vor diesem Hintergrund judizierte der Court of Appeals, dass New York ein erhebliches Interesse an der Anwendung des eigenen Sachrechts habe und dies auch vorliegend umfassend zur Anwendung gelange, d.h. auch für Erwerbsakte außerhalb der USA. Für die oftmals entscheidungserhebliche Frage, ob sich der Beklagte erfolgreich auf eine Verjährung oder Verwirkung des Klagerechts berufen kann, gelte ohnehin, dass sich dies stets nach der lex fori,74 mithin vorliegend New Yorker Recht, und keiner ausländischen Rechtsordnung bestimme. Epilog: Nachdem das Berufungsgericht das Verfahren aufgehoben und an den District Court zurückverwiesen hatte,75 bestätigte dieser sein erstes Urteil unter Anwendung New Yorker Rechts. Zwar hätten die Beklagten nicht dargelegt, wie das Gemälde Grünbaum abhandengekommen sei, während der Kläger nicht habe aufzeigen können, dass das Gemälde 1956 von Grünbaums Schwägerin rechtmäßig und unter New Yorker Recht bindend an die

––––––––––– 67

Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 140 (2nd Cir. 2010) mit Verweis auf Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 305, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966); mod. 28 A.D.2d 516, 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); rev’d as to modification 24 N.Y.2d 91, 298 N.Y.S.2d 979, 246 N.E.2d 742 (NY Ct. App. 1969). Siehe zudem Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 317 (NY Ct. App. 1991). 68 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 142 (2nd Cir. 2010) m.w.N. 69 Dazu noch sub § 7.I.3. 70 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 140 (2nd Cir. 2010): „Swiss law also presumes that a purchaser acts in good faith, and a plaintiff seeking to reclaim stolen property has the burden of establishing that a purchaser did not act in good faith.“ 71 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 140 (2nd Cir. 2010). 72 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 144 f. (2nd Cir. 2010). 73 Einzelheiten bei Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 145 f. (2nd 2010). 74 Vgl. Restatement (Second) of Conflict of Laws § 142 cmt. d (1971) („[T]he local law of the forum determines whether an action is barred by laches.“), zitiert bei Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 303 (S.D.N.Y. 2011). 75 Beachte auch die dissenting opinion von District Judge Korman: 619 F.3d 136, 148 ff. nd (2 Cir. 2010).

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Galerie Gutekunst veräußert wurde.76 Damit stehe das Eigentum an dem Bild grundsätzlich den Erben von Grünbaum zu, da der nach New Yorker Recht beweisbelastete Bakalar nicht nachgewiesen habe, dass kein Abhandenkommen vorlag und er daher keinen valid title am Gemälde vorweisen konnte, die Unaufklärbarkeit hinsichtlich der Veräußerung vielmehr zu seinen Lasten gehe.77 Jedoch war die Herausgabe(wider)klage der Erben von Grünbaum nach Ansicht des Gerichts zu spät erhoben worden, weshalb Bakalars Einwand der Verwirkung des Klagerechts (laches78) durchgreife.79 Den Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern hätte schon seit Jahrzehnten bekannt sein müssen, dass ein Herausgabeanspruch bestand; da sie ihre Ansprüche indes nicht weiterverfolgt hatten, sei ihr Klagerecht verwirkt. Dabei wendet der District Court recht strenge Maßstäbe für die Erben an: Erforderlich sei nicht, dass die Beklagten spezifisch Kenntnis von einer Klage gegen Bakalar gehabt hatten; vielmehr sei ausreichend, dass ihnen die Umstände bekannt waren oder bekannt gewesen sein mussten, die auf eine mögliche Anspruchsberechtigung schließen lassen, ohne dass eine Kenntnis hinsichtlich des aktuellen Besitzers bestanden haben muss.80 Dabei müssen sich die Erben die nachlässige Rechtsverfolgung ihrer Rechtsvorgänger zurechnen lassen;81 haben diese keine Nachforschungen angestellt, wird die Verwirkungsfrist für den Rechtsnachfolger nicht auf null gesetzt:82 „Indeed, as to Vavra and Fischer personally, the applicability of laches is doubtful. […] But ultimately, both Vavra’s and Fischer’s ancestors were aware of their relationship to the Grunbaums and their eventual deaths in concentration camps. Given this knowledge, this Court finds by a preponderance of the evidence that Defendants’ ancestors were aware of – or should have been aware of – their potential intestate rights to Grunbaum property, and Vavra and Fischer are bound by the knowledge of their respective families.“83 Das Klagerecht von Grünbaums Erben war daher verwirkt, weil sich diese die Nachlässigkeit der Rechtsverfolgung durch ihre Rechtsvorgänger in vollem Umfang zurechnen lassen mussten. Diese Entscheidung wurde im Berufungsrechtszug bestätigt.84

––––––––––– 76

Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 299 (S.D.N.Y. 2011): „Accordingly, what little evidence exists – that the Drawing belonged to Grunbaum and was sold by one of his heirs after World War II – suffices to establish by a preponderance of the evidence that the Drawing was not looted by the Nazis. […] Ultimately, as even Bakalar concedes, there is simply no evidence as to how Lukacs acquired the Drawing, nor is there any evidence that might explain why Grunbaum’s relatives did not pursue any claims against Lukacs. Without such evidence, Bakalar cannot meet his burden of proof on this issue.“ 77 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 303 (S.D.N.Y. 2011). 78 Dazu umfassend sub § 7.III. 79 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 303 ff. (S.D.N.Y. 2011); aff’d 500 Fed.App’x 6 (2nd Cir. 2012); cert. den. 569 U.S. 968. 80 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 304 (S.D.N.Y. 2011). 81 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 303 (S.D.N.Y. 2011) mit Veweis auf Bakalar v. Vavra 2006 WL 2311113 at *3 (S.D.N.Y. 2006). 82 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 305 (S.D.N.Y. 2011). 83 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 304 f. (S.D.N.Y. 2011). Dabei sei auch das Schicksal eines individuellen Gemäldes irrelevant: „Thus, where several items are treated collectively for the purposes of knowledge, the current possessor may show a lack of diligence with respect to the collection as a whole, rather than the individual items“ (Bakalar v. Vavra a.a.O.). 84 Bakalar v. Vavra 500 Fed.App’x 6 (2nd Cir. 2012); cert. den. 569 U.S. 968.

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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cc) Der most significant contact-Test In Bakalar v. Vavra wurde damit ein Standardtest für die Rechtswahl in den meisten NS-Restitutionsfällen in den USA entwickelt. Nicht das Recht des Belegenheitsortes ist Maßstab für das auf die Prüfung der Eigentumslage anwendbare Sachrecht, sondern das Recht des Staates, der das größte Interesse an der Anwendung seines Sachrechts auf den konkreten Fall hat. (1) Abwägungsmaßstäbe Die Interessenabwägung muss dabei flexibel anhand der Umstände des Einzelfalles erfolgen: „[the] interest analysis is not rigid, but rather is determined by ‘an evaluation of the facts or contacts which related to the purpose of the particular law in conflict.’“85 Steht am Ende einer umfassenden – und ex ante schwer vorherzubestimmenden – Abwägungsentscheidung fest, welches Sachrecht das größte Rechtsanwendungsinteresse hat, dann richtet sich der Rechtsstreit umfassend nach diesem Recht.86 Dabei gebietet auch das völkerrechtliche Prinzip der comitas nicht die Anwendung ausländischen Rechts bei einer (dauerhaften oder zweitweisen) Belegenheit der Sache im Ausland. Zwar gilt: „Where a cause of action arises in one country, and a potential judgment is obtained against property located in another country, comity ensures that the laws of the nation in which the cause of action arose will be honored.“87 Dies verpflichtet die Gerichte jedoch nicht zur Anwendung ausländischen Sachrechts, sondern nur dazu, das ausländische Recht zur Kenntnis zu nehmen und bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.88 Im Anschluss an die Bakalar v. Vavra-Entscheidung wenden auch andere Bundesstaaten eine Interessenabwägung bei der Wahl des anzuwendenden Sachrechts an. Insbesondere kalifornische Gerichte folgen nunmehr einem vergleichbaren governmental interest test in Restitutionsverfahren: „First, the court determines whether the relevant law of each of the potentially affected jurisdictions with regard to the particular issue in question is the same or different. Second, if there is a difference, the court examines each jurisdiction’s interest in the application of its own law under the circumstances of the particular case to determine whether a true conflict exists. Third, if the court finds that there is a true conflict, it carefully evaluates and compares the nature and strength of the interest of each jurisdiction in the application of its own law

––––––––––– 85 Abu Dhabi Inv. Auth. v. Citigroup, Inc. 2013 WL 789642 at *6 (S.D.N.Y. 2013); aff’d 557 Fed. App’x 66 (2nd Cir. 2014) – für das New Yorker Recht. 86 Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 144 (2nd Cir. 2010). Siehe zudem Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 991 (NY Sup. Ct. 2018) sowie John v. Sotheby’s, Inc. 858 F.Supp. 1283, 1289 (S.D.N.Y. 1994); aff’d 52 F.3d 312 (2nd Cir. 1995): „The Court will apply the laws of the jurisdiction that has the greatest interest in, and is most intimately concerned with, the outcome of a given litigation.“ 87 Gowen v. Helly Nahmad Gallery Inc. 60 Misc.3d 963, 991 f. (NY Sup. Ct. 2018). 88 Gowen v. Helly Nahmad Gallery Inc. 60 Misc.3d 963, 990 (NY Sup. Ct. 2018).

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

to determine which state’s interest would be more impaired if its policy were subordinated to the policy of the other state, and then ultimately applies the law of the state whose interest would be more impaired if its law were not applied.“89

Diese Erwägungen stehen im Einklang mit dem Restatement (Second) of Conflict of Laws.90 § 6 erfordert von den Gerichten bei der Wahl der anzuwendenden sachenrechtlichen Vorschriften eine umfassende Einzelfallanalyse.91 Dies wird durch § 222 bestätigt, wonach bei Fragen der Eigentumszuordnung das Sachrecht Anwendung findet, welches „the most significant relationship to the thing and the parties under the principles stated in § 6“ nachweisen kann. Speziell für die Herausgabe und Übertragung von Mobilien wird in § 244 des Restatement bei der Frage des anwendbaren Rechts auf die „most significant relationship“ rekurriert, wobei auch dem Belegenheitsort eine besondere Bedeutung zugesprochen wird, der im Rahmen des most significant contact-Test – wie ausgeführt – jedoch eher in den Hintergrund rückt. (2) Die Bedeutung rechtspolitischer Erwägungen Dabei wird die Interessenanalyse bei NS-Restitutionsverfahren durch offen rechtspolitische Erwägungen flankiert. Dies zeigte sich bereits in der frühen Entscheidung Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon, in welcher der District Court judizierte, durch die Rechtswahl müsse (auch) verhindert werden, dass New York ein „marketplace for stolen goods“92 werde. Dieser Ansatz wurde vom New Yorker Supreme Court jüngst noch einmal bekräftigt: New York als eines der größten Kunstzentren und einer der bedeutendsten Kunstmärkte weltweit habe „a vested interest in protecting its stream of commerce from those who would seek to profit from plunder and pillage. […] New York markets are not now, and shall not become, a safe harbor for the fruits of property pillaged during the course of the Nazi genocide.“93 In ähnlicher Weise haben sich die ebenfalls mit einer Vielzahl von Restitutionsverfahren befassten kalifornischen Gerichte positioniert.94 ––––––––––– 89 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1155 f. (C.D.Cal. 2015). 90 Restatements of the Law sind vom American Law Institute herausgegebene Abhandlungen, die das Fallrecht der einzelnen Bundesstaaten systematisch darstellen und zu Leitsätzen abstrahieren. Für das Kollisionsrecht gibt es zwei Auflagen aus dem Jahr 1934 und 1971 (mit nachfolgenden Supplements). 91 Siehe den Text im Appendix IV. 92 Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 536 F.Supp 829, 836 (E.D.N.Y. 1981); aff’d 678 F.2d 1160 (2nd Cir. 1982). Siehe bereits sub § 3.III.1. 93 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 991 f. (NY Sup. Ct. 2018). Ähnlich Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d, 311, 317, 567 N.Y.S.2d 623, 569 N.E.2d 426 (NY Ct. App. 1991). 94 Vgl. Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1155 f. (C.D.Cal. 2015).

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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(3) Folgen für die Rechtswahl Der most significant contact test hat zur Konsequenz, dass in der überwiegenden Zahl der Restitutionsstreitigkeiten US-Recht zur Anwendung gelangt, auch wenn die maßgeblichen Erwerbstatbestände außerhalb der USA stattgefunden haben. Insbesondere kommen US-Gerichte meist zur Anwendung von USRecht als das sachnähere, wenn beide Parteien ihren Wohnsitz in den USA haben, sich der Kunstgegenstand dort befindet oder sich das letzte Erwerbsgeschäft dort abgespielt hat. Exemplarisch kann dies an der Entscheidung Autocephalous Greek Orthodox Church of Cyprus v. Goldberg95 verdeutlicht werden: Dort befand sich der Kunstgegenstand zum Zeitpunkt der Veräußerung in der Schweiz und von der Beklagten wurde geltend gemacht, sie habe nach Schweizer Recht gutgläubig Eigentum erworben. Dennoch wandte der District Court ausschließlich das Recht von Indiana auf alle Aspekte des Rechtsstreits an, weil ein most significant contact zu diesem Staat (Wohn- und Geschäftssitz der Beklagten, derzeitige Belegenheit des Kunstgegenstands) bestehe, während die Schweiz kein Interesse an der Anwendung ihres Sachrechts (Aufenthalt des Kunstgegenstands als res in transitu) habe. Damit haben sich US-Gerichte in der Regel auch geweigert, Gutglaubensvorschriften einer europäischen Rechtsordnung auf NS-Raubkunst anzuwenden, wiederum mit der Erwägung, dass der Forumsstaat ein größeres Interesse am Ergebnis des Rechtsstreits habe als der Staat, in dem zu einem früheren Zeitpunkt eine Veräußerung stattgefunden habe.96 Auch dieser Gedanke wird durch Schutzerwägungen im US-Recht legitimiert, da die Anwendung von USRecht den Eigentümer vor einem gutgläubigen Erwerber schützt und zudem „illicit trafficking in stolen art“ vorbeugt.97 (4) Ausnahme bei fehlenden minimum contacts Erforderlich ist jedoch stets – wie auch bei der Begründung der internationalen Zuständigkeit98 – ein Mindestmaß an Verbindung zwischen dem Erwerb des Kunstgegenstands und den USA, was etwa zu verneinen ist, wenn sich das Kunstwerk zu keinem Zeitpunkt in den USA befand und kein relevanter Er-

––––––––––– 95

717 F.Supp. 1374, 1393 (S.D.Ind. 1989); aff’d 917 F.2d 278 (7th Cir. 1990). Siehe auch Schoeps v. Museum of Modern Art 594 F.Supp.2d 461, 466 (S.D.N.Y. 2009): Obwohl das Gemälde in der Schweiz verkauft wurde, fand das Recht des Staates New York Anwendung, weil das Gemälde dorthin verbracht wurde, sich dort seit über 70 Jahren befindet und im Besitz einer großen New Yorker Kunstinstitution ist. Dies spiegelt die Erwägungen in Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 142–146 (2nd Cir. 2010) wider. 97 Sotheby’s Inc. v. Shene 2009 WL 762697 (S.D.N.Y. 2009). 98 Dazu bereits sub § 5.I. 96

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werbsakt auf US-Gebiet stattgefunden hat. Diese Rückbeschränkung der interest analysis zeigt sich z.B. in der Entscheidung Warin v. Wildenstein & Co.99 Gegenstand der Entscheidung ist ein Prätendentenstreit: Die Kläger, Erben des Franzosen Alphonse Kann, machen geltend, dass acht wertvolle Manuskripte während des Zweiten Weltkriegs auf dessen Anwesen in Frankreich von den Nationalsozialisten durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beschlagnahmt und nach Deutschland verbracht worden seien.100 Die Einzelheiten und der weitere Verbleib der Manuskripte nach 1940 sind unklar. Nachdem die französische Regierung die Manuskripte im Wege der external restitution wieder aus Deutschland zurückerlangt hatte, wurden jedenfalls sieben Manuskripte zwischen 1949 und 1952 von der französischen Regierung an Georges Wildenstein, einem damals bekannten Kunsthändler, übergeben, der bei der Commission de Recuperation Artistique – welche für die Kunstrestitution in Frankreich nach Ende des Zweiten Weltkriegs zuständig war – den Verlust von neun Manuskripten geltend gemacht hatte. Ob es sich dabei (auch) um die streitgegenständlichen Manuskripte handelte und Georges Wildenstein die – behauptete – Verwechslung der Manuskripte bekannt war, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagten, Erben von Wildenstein, wenden daher ein, dieser sei bereits seit oder vor 1940 Eigentümer der Manuskripte gewesen; jedenfalls sei die Klage nach französischem Recht verjährt, da die Manuskripte in den Nachkriegsjahren in Frankreich verblieben und erst um 1963 nach New York gelangten, wo sie sich noch heute befinden. Entscheidung: Das Gericht kam unter Anwendung des most significant contact test zu dem Ergebnis, dass vorliegend französisches Sachrecht für die eigentumsrechtliche Bewertung maßgeblich ist, da eine engere Beziehung des Rechtsstreits zu Frankreich besteht: „Plaintiffs reside in France. The manuscripts were allegedly stolen from Kann in France and were given to defendants in France. They remained in France until Georges Wildenstein sent them to the Wildenstein galleries in New York in or around 1963. Any alleged acts of bad faith on the part of Georges Wildenstein or his agents in acquiring the manuscripts would have taken place in France. The records and documentary evidence which plaintiffs must rely on to support their case are located primarily in France or Germany.“101 Das Gericht stellte folglich maßgeblich darauf ab, dass alle wesentlichen Aspekte des Rechtsstreits, alle Erwerbsakte und alle Beweismittel außerhalb der USA belegen sind und bis auf den jetzigen Aufenthaltsort der Gegenstände kein Kontakt zum Staat New York bestanden habe.102 Diese engere Verbindung zu Frankreich lasse daher französisches Recht zur Anwendung gelangen, obwohl New Yorker Recht den Klägern einen wesentlich stärkeren Schutz gewährt, insbesondere durch die Anwendung der demand and refusal rule103 im Verjährungsrecht und die fehlende Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs.

––––––––––– 99 Warin v. Wildenstein & Co. 2001 WL 1117493 at *1 (NY Sup. Ct. 2001); aff’d 293 A.D.2d 348 (NY App. Div. 2002); rec’d and vac’d 297 A.D.2d 214 (NY App. Div. 2002); 13 Misc.3d 1201(A), 824 N.Y.S.2d 759 (NY Sup. Ct. 2006); aff’d 45 A.D.3d 459, 846 N.Y.S.2d 153 (NY App. Div. 2007). 100 Zur Sammlung Alphonse Kann vgl. Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem zweiten Weltkrieg, S. 25. Umfassend zum Kunstraub durch die Nationalsozialisten in Frankreich Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 50 ff. 101 Warin v. Wildenstein 2001 N.Y. Slip Op. 40127(U) at *5 (NY Sup. Ct. 2001). 102 Warin v. Wildenstein 2001 N.Y. Slip Op. 40127(U) at *5 (NY Sup. Ct. 2001). 103 Dazu noch sub § 7.I.3.

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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Auch wenn US-Gerichte eine Restitution von NS-Raubkunst durch den Ausschluss von gutgläubigen Erwerbstatbeständen und Verjährungsvorschriften in ausländischen Rechtsordnungen favorisieren, ist die einzelfallbezogene Anwendung eines abweichenden ausländischen Sachrechts nicht mit dem ordre public unvereinbar. Zwar kann ein US-Gericht den Inhalt eines an sich anwendbaren ausländischen Sachrechts unberücksichtigt lassen, sofern es „some fundamental principle of justice, some prevalent conception of good morals, some deep-rooted tradition of the common weal“ verletzt. Jedoch sei nach Ansicht des Gerichts vorliegend zu berücksichtigen, dass „New York’s enhanced protection for original owners as against good faith purchasers is not a deeply rooted tradition of the common weal, having been introduced into our law only relatively recently pursuant to the 1991 Court of Appeals decision in Solomon R. Guggenheim Foundation v. Lubell […].“104 Im Anschluss kam das – durch zwei französische (Partei-)Gutachter beratene – Gericht zum Ergebnis, dass die Klage nach Ordonance No. 45–824 vom 11.04.1945 (eine mit den deutschen Restitutionsgesetzen vergleichbare Regelung) verjährt sei, weil die Kläger und deren Rechtsvorgänger ihre Ansprüche nicht bis zum 31.12.1947 angemeldet bzw. bis 31.12.1949 bei einem Dritten geltend gemacht hatten. Jedenfalls 1954 (zwei Jahre nach der Übergabe der letzten Manuskripte an Wildenstein durch die Commission de Récupération Artistique) sei die Durchsetzung von Ansprüchen ausgeschlossen gewesen.105 Unter Anwendung französischen Sachrechts wurde die Klage daher abgewiesen.106

c) Besonderheiten bei Klagen gegen ausländische Staaten und agencies oder instrumentalities Bei Klagen gegen ausländische Staaten unter dem FSIA wenden die Federal Courts grundsätzlich Prinzipien des federal common law an. Jedoch vertreten verschiedene Court of Appeals dabei divergierende Ansätze zur Rechtswahl. Der Court of Appeals for the Ninth Circuit ist der Ansicht, dass die choice of law rules anzuwenden sind, die sich unmittelbar aus dem federal common law ––––––––––– 104

Warin v. Wildenstein 2001 N.Y. Slip Op. 40127(U) at *6. (NY Sup. Ct. 2001). Warin v. Wildenstein 846 N.Y.S.2d 153, 155 (NY App. Div. 2007): Auch unter Anwendung des französischen Code Civil wäre eine rei vindicatio oder eine Besitzschutzklage jedenfalls im Jahr 1954 verjährt. Ähnlich tendierte der District Court in der Sache Schoeps v. Museum of Modern Art zur Anwendung deutschen Rechts hinsichtlich eines Zwangsverkaufs in Deutschland, nahm hinsichtlich des nachfolgenden Verkaufs an einen gutgläubigen Dritten in der Schweiz jedoch an, New Yorker Recht habe ein stärkeres Interesse an der Anwendung seines Sachrechts (vgl. Schoeps v. Museum of Modern Art 594 F.Supp.2d 461, 465, 467 [S.D.N.Y. 2009]; umfassend sub § 4.VI.3.). Zum französischen Recht insgesamt Garbers-von Boehm, in: Ebling/Bullinger (Hrsg.) Praxishandbuch Recht der Kunst, S. 303 ff. 106 Ohne nähere Erörterung setzt sich der New Yorker Supreme Court damit in Widerspruch zu dem in den meisten Restitutionsverfahren applizierten Grundsatz, dass sich die Verjährung aufgrund ihrer prozessualen Natur stets nach der lex fori richtet (vgl. umfassend sub § 7.I. und Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 20; Autocephalous Greek Orthodox Church of Cyprus v. Goldberg 717 F.Supp 1374, 1393 [S.D.Ind. 1989]). Dieser Bruch ließe sich nur damit begründen, dass es sich bei den Fristen in Ordonance No. 45–824 vom 11.04.1945 um Ausschluss- und keine Verjährungsfristen handelt, die wiederum materiellrechtlich angeknüpft werden müssen. 105

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

ergeben, da sich die internationale Zuständigkeit insoweit aus einem Bundesgesetz und keinem state law ergibt, der FSIA jedoch seinerseits keine Maßstäbe für die Rechtswahl vorgibt.107 Die sog. Klaxon rule,108 wonach bei diversityFällen grundsätzlich die Kollisionsregeln des Sitzstaats zur Anwendung gelangen, greife daher nicht ein. Das federal common law richtet sich dabei maßgeblich nach dem Restatement (Second) of Conflicts of Law.109 Wie bereits ausgeführt,110 muss dabei gem. §§ 6, 222 Restatement eine umfassende und einzelfallbezogene Abwägung aller relevanten Aspekte des Falles zur Ermittlung des Sachrechts mit der „most significant relationship to the thing and the parties“ vorgenommen werden. Dies deckt sich in weiten Teilen mit dem most significant contact test. Für Fragen der Ersitzung (adverse possession) ist gem. § 246 Restatement jedoch (auch) auf die lex rei sitae abzustellen,111 obwohl Gerichte diesem Umstand bei der Rechtswahlanalyse bislang eher weniger Beachtung geschenkt haben. Andere Circuits traten dieser Sichtweise entgegen und wenden mit der Klaxon rule die choice of law-Regeln des jeweiligen Sitzstaates an.112 Daher hat der District Court for the Central District of California in jüngeren Entscheidungen den Ansatz des Court of Appeals for the Ninth Circuit auch kritisch hinterfragt113 und bei einem Restitutionsverfahren gegen ein spanisches Museum eine Analyse sowohl unter kalifornischem Recht als auch unter federal common law vorgenommen. Dem ist der Court of Appeals for the Ninth Circuit jedoch nicht gefolgt114 und wendet weiterhin ausschließlich federal common law an. Da die für Restitutionsverfahren besonders wichtigen Staaten Kalifor––––––––––– 107 Grundlegend Harris v. Polskie Linie Lotnicze 820 F.2d 1000, 1003 f. (9th Cir. 1987); Liu v. Republic of China 892 F.2d 1419, 1425 (9th Cir. 1989); cert. den. 497 U.S. 1058 (1990). 108 Klaxon Co. v. Stentor Electric Manufacturing Co. 313 U.S. 487 (1941). 109 Schoenberg v. Exportadora de Sal, S.A. de C.V. 930 F.2d 777, 782 (9th Cir. 1991). 110 Siehe oben sub § 6.I.2.b)cc). 111 American Law Institute, Second Restatement of Conflicts, 1971, comment on § 246: „The state where a chattel is situated has the dominant interest in determining the circumstances under which an interest in the chattel will be transferred by adverse possession or by prescription. The local law of this state is applied to determine whether there has been such a transfer and the nature of the interest transferred.“ 112 Z.B. Oveissi v. Islamic Republic of Iran 573 F.3d 835, 841 f. (D.C.Cir. 2009): „applying the forum state’s choice-of-law principles, rather than constructing a set of federal common law principles, better effectuates Congress’ intent that foreign states be ‘liable in the same manner and to the same extent as a private individual’ in FSIA actions.“ Siehe ferner O’Bryan v. Holy See 556 F.3d 361, 381 (6th Cir. 2009); Barkanic v. General Administratior of Civil Aviation of the People’s Republic of China 923 F.2d 957, 959 f. (2nd Cir. 1991). 113 Cassirer v. Thyssen Bornemisza Collection 153 F.Supp.3d 1148, 1154 (C.D.Cal. 2015) mit Verweis auf Sachs v. Republic of Austria 737 F.3d 584 (9th Cir. 2013). 114 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 962 (9th Cir. 2017).

I. Prämissen des US-Restitutionsrechts

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nien und New York jedoch ebenfalls eine interest analysis vornehmen,115 bestehen in der Praxis oftmals keine allzu großen Unterschiede zu den federal common law principles. d) Bewertung Die lex situs-Regel, wonach für einen Rechtserwerb grundsätzlich auf das Recht des Belegenheitsortes zum Zeitpunkt des jeweiligen Rechtsakts abzustellen ist, tritt bei Restitutionsstreitigkeiten gegenüber dem most significant contacts test in den Hintergrund. Leitprämisse ist, welche Rechtsordnung das stärkste Interesse daran hat, dass der Rechtsstreit nach ihrem Sachrecht entschieden wird. Danach gelangt meist das Rechts eines amerikanischen Bundesstaates zur Anwendung, weil diesem das größte Rechtsanwendungsinteresse nachgewiesen werden kann.116 In der weit überwiegenden Zahl der Verfahren wird nach Maßgabe US-amerikanischen Sachrechts entschieden.117 In der Konsequenz wenden amerikanische Gerichte auch auf Sachverhalte, die sich in weiten Teilen im Ausland abgespielt haben, ausschließlich nationales Verfahrens- und Sachrecht an. In der überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle prüfen US-Gerichte den gesamten Sachverhalt unter ausschließlicher Anwendung von US-Recht, wenn sich der Kunstgegenstand in den USA befindet oder jedenfalls für eine bedeutende Zeit befunden hat oder die Parteien einen Wohn- oder Geschäftssitz in den USA haben. Eine europäische Rechtsordnung gelangt nur dann zur Anwendung, wenn es an einem minimum contact zu den USA fehlt, weil kein Erwerbsakt in den USA stattgefunden hat bzw. sich der Kunstgegenstand entweder nie in den USA oder jedenfalls für eine bedeutende Zeitspanne vor Klageeinreichung außerhalb der USA befunden hat.118 Dabei zeigt sich, dass die Rechtswahlentscheidung der US-Gerichte mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist und für die Parteien ex ante trotz der dargelegten Prämissen nur schwer vorhersagbar ist. Stellt man etwa die beiden vorstehend diskutierten Verfahren Bakalar v. Vavra und Warin v. Wildenstein gegenüber, wird klar, wie verschwommen die Abgrenzungskriterien des most significant contact test sind. In beiden Verfahren fanden die relevanten Streitfragen um das Gemälde zwischen den 1940er und 1960er Jahren in Europa statt. In beiden Verfahren standen Fragen des gutgläubigen Erwerbs nach einer europäischen Rechtsordnung im Raum. Der einzige relevante Unterschied besteht darin, dass der letzte Erwerbsakt in Bakalar v. Vavra in den USA stattgefunden ––––––––––– 115

Siehe oben sub § 6.I.2.b)bb) und cc). Ähnlich Müller-Katzenburg, Internationale Standards im Kulturgüterverkehr, S. 160. 117 Insbesondere die – in Restitutionsfällen besonders kritische – Frage der Verjährung wird in den meisten US-Staaten verfahrensrechtlich begriffen, wodurch generell die lex fori zur Anwendung gelangt (vgl. Sotheby’s v. Shene 2009 WL 762697 at *4 [S.D.N.Y. 2009]). 118 Vgl. z.B. noch die Entscheidung Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen-Bornemisza Collection Foundation sub § 7.II.2.d). 116

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

hat, bei Warin v. Wildenstein dagegen noch in Frankreich. Diese Differenzierung führte zur Anwendung verschiedener Rechtsordnungen und entschied damit maßgeblich über die Begründetheit der Klage. Der Zufall wird so zu einem unberechenbaren Faktor für den Erfolg der Restitutionsklage: Denn die Frage, wo der letzte Erwerbsakt hinsichtlich eines Kunstwerks stattgefunden hat, ist für dessen Qualifikation als NS-Raubkunst schlicht irrelevant. Nichtsdestotrotz ist die Vorgehensweise der US-Gerichte meist vorteilhaft für den Restitutionskläger in einem amerikanischen Forum. Denn komplexe Fragen des internationalen Privat- und Sachenrechts, des intertemporalen Rechts und verschiedener (originärer oder derivativer) Erwerbstatbestände sowie der Verjährung nach ausländischem Recht finden in der Urteilsbegründung häufig keinen Niederschlag, da sich die Eigentumslage ausschließlich nach dem Recht eines US-Bundesstaates richtet, das in der Regel keinen gutgläubigen Erwerb und keine Mobiliarersitzung kennt. Dies gilt auch deshalb, weil das für anwendbar befundene Sachrecht abschließend auf die Eigentumslage an dem Kunstgegenstand anzuwenden ist und nicht etwa – was man bei Erwerbstatbeständen in verschiedenen Ländern annehmen könnte – für jeden Erwerbsakt die jeweils maßgebliche Rechtsordnung zum Erwerbszeitpunkt heranzuziehen ist. Damit verengt sich der Prüfungsumfang des Gerichts auf eine Sachprüfung nach Maßgabe des geltenden Rechts und die Erfolgsaussichten der Restitutionsklage werden meist ins Verjährungsrecht verschoben. Häufig kann die materielle Rechtslage durch einen Verweis auf die no thief can obtain good title-Doktrin abschließend diskutiert werden, wenn der Nachweis über das Abhandenkommen des Kunstwerks während der NS-Zeit gelingt. Eine Anwendung europäischer Rechtsvorschriften, die einem gutgläubigen Erwerber ggf. eine bessere Position versprechen, wird von US-Gerichten dabei regelmäßig verneint.119 Doch auch hier zeigt sich kein einheitliches Bild, da die Gerichte z.B. in der Entscheidung von Saher v. Norton Simon Museum of Art überwiegend darauf abstellen, auf die in den Niederlanden erfolgten Übertragungstatbestände fände ausschließlich niederländisches Sachrecht Anwendung.120 ––––––––––– 119 Exemplarisch Autocephalous Greek Orthodox Church of Cyprus v. Goldberg 917 F.2d 278, 287 (7th Cir. 1990): „The court noted that although Switzerland was the place where the conversion of the mosaics took place because the buyer acquired them there, Switzerland’s contacts with the case were too attenuated to justify the application of Swiss law.“ Und selbst in den Verfahren, in denen US-Gerichte zur Anwendung ausländischen Sachrechts gelangten – wie etwa im Fall Portrait of Wally – werden die Tatbestandsvoraussetzungen österreichischen Sachrechts durch US-Gerichte meist abgelehnt, vgl. U.S. v. Portrait of Wally (Wally III) 2002 WL 553532 at *16 f. (S.D.N.Y. 2002) sowie U.S. v. Portrait of Wally (Wally IV) 663 F.Supp.2d 232, 263 (S.D.N.Y. 2009) zu den vom S.D.N.Y. in Betracht gezogenen Möglichkeiten der Ersitzung oder Verjährung nach dem österreichischen ABGB. Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 34 ff. mit Nachweisen. 120 Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 132, sowie sub § 7.II.1.b).

II. Die Bedeutung der act of state doctrine

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Dies zeigt letztlich, dass sich die Entscheidung über die Begründetheit einer Restitutionsklage von der Rechtmäßigkeit der einzelnen Erwerbsakte losgelöst hat, da nach dem geltenden Recht eines Staates über den sich in verschiedenen Ländern vollziehenden (möglichen) Eigentumserwerb einheitlich entschieden wird. Es verwundert daher nicht, dass das geltende Restitutionsrecht von einigen Autoren als restitution roulette bezeichnet wird:121 Angesichts der Unterschiede in den einzelstaatlichen IPR-Regeln, einer mitunter divergierenden Handhabung in der Praxis und dem Fehlen eines vereinheitlichenden Grundsatzurteils durch den Supreme Court hängt es häufig entscheidend von der Wahl des Forums und dem daraus folgenden anzuwendenden Recht ab, ob eine Klage begründet ist oder nicht. Ein Beobachter des US-Restitutionsrechts konstatiert daher: „The current situation can be called restitution roulette because the likely outcome of a claim depends on so many factors other than whether the object was looted by the Nazis.“122

II. Die Bedeutung der act of state doctrine II. Die Bedeutung der act of state doctrine

Ist die Anwendung amerikanischen Rechts aus den vorstehend beschriebenen Gründen für den Restitutionskläger häufig von Vorteil, hat es an anderer Stelle auch erhebliche Nachteile, die sich z.B. in der Anwendung der act of state doctrine zeigen. Danach nehmen US-Gerichte grundsätzlich keine inhaltliche Überprüfung von Hoheitsakten ausländischer Staaten vor und unterziehen diese im Rahmen der Begründetheitsprüfung in der Regel keiner Kontrolle hinsichtlich ihrer Recht- oder Zweckmäßigkeit. Durch diese judikative Zurückhaltung soll die in den Händen des Präsidenten liegende Außenpolitik und das Verhältnis zu anderen Staaten nicht gestört werden.123 Dies kann letztlich als Korrektiv zu der weitreichenden Jurisdiktionsbegründung unter dem FSIA und der Anwendung von US-amerikanischem Sachrecht auf Erwerbsake im Ausland verstanden werden. Da viele Kunstwerke während der NS-Zeit durch staatlichen Hoheitsakt – etwa im Anschluss an die Nürnberger Rassengesetze – entzogen oder beschlagnahmt wurden, hat diese Einschränkung eine erhebliche Bedeutung für die Restitutionspraxis.

––––––––––– 121

Kline, 16 Int’l Found. for Art Res. J. 56, 64 (2015); ders., KUR 2015, 37, 42. A.a.O. 123 Näher Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, Rn. 58 f. Auf die Frage der Staatenimmunität und der gerichtlichen Zuständigkeit hat die act of state doctrine dagegen keinen Einfluss; diese bestimmt sich nach dem FSIA (vgl. sub § 5.II.), welcher der Anwendung der act of state doctrine nicht entgegensteht (Altmann v. Austria 541 U.S. 677, 714). 122

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

1. Entstehung der act of state doctrine Die Wurzeln der act of state doctrine – welche so kein umfassendes Äquivalent in der deutschen Prozessrechtsdogmatik kennt124 – reichen in das Jahr 1897 zur Entscheidung des US Supreme Court in Underhill v. Hernandez125 zurück; darin legte das Gericht die folgende Grundlinie fest: „Every sovereign state is bound to respect the independence of every other sovereign state, and the courts of one country will not sit in judgment on the acts of the government of another, done within its own territory.“ Dieser Ansatz wurde in der berühmten Supreme Court-Entscheidung Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino weiterentwickelt: „The act of state doctrine in its traditional formulation precludes the courts of this country from inquiring into the validity of the public acts a recognized foreign sovereign power committed within its own territory.“126 Fremde Hoheitsakte werden durch US-Gerichte folglich nicht auf ihre Wirksamkeit oder inhaltliche Richtigkeit überprüft, da diese Aufgabe unter der USVerfassung allein dem Präsidenten und der Exekutive zufällt. Die act of state doctrine entspringt damit dem amerikanischen Konzept der Gewaltenteilung (separation of powers) und ist Ausdruck eines „strong sense of the Judicial Branch that it‘s engagement in the task of passing on the validity of foreign acts of state may hinder rather than further this country‘s pursuit of goals […] in the international sphere.“127 Auch wenn Umfang und Anwendungsbereich der act of state doctrine in der amerikanischen Diskussion nach wie vor nicht abschließend geklärt sind,128 besteht über deren grundsätzliche Berechtigung und Bedeutung – auch in Restitutionsfällen – weitgehend Einigkeit. ––––––––––– 124 Einzelheiten bei Berentelg, Die Act-of-State-Doktrin als Zukunftsmodell für Deutschland?, S. 135 ff. Aus deutscher Perspektive wären viele Hoheitsakte während der NS-Zeit – sofern sie nicht in der Nachkriegszeit unmittelbar für nichtig erklärt wurden (wie im Verfahren Vineberg v. Bissonnette, vgl. sub § 1.II.1.) – wegen Verstoßes gegen die Radbruch’sche Formel unwirksam (vgl. Bergmann, Der Verfall des Eigentums, S. 5 f.). 125 Underhill v. Hernandez 168 U.S. 250, 252 (1897). Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die act of state doctrine keine Immunität für den ausländischen Staat gewährt; das Gericht darf eine Sachentscheidung treffen, kann dabei jedoch nicht die Wirksamkeit eines fremden Hoheitsaktes überprüfen, hat dessen Inhalt vielmehr hinzunehmen. 126 Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398, 401 (1964), auch zum Erfordernis eines ‘balancing approach’. Umfassend Schwallie, 11 UCLA J. Int‘l L. & Foreign Aff. 281 ff. (2006); Demarsin, 28 Cardozo Arts & Ent. L.J. 255, 301 ff. (2010). 127 Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398, 423, 84 S.Ct. 923 (1964). Eine andere Herangehensweise hätte dagegen negative Konsequenzen für die US-Außenpolitik: „to permit the vailidity of the acts of one sovereign state to be reexamined and perhaps condemned by the courts of another would very certainly imperil the amicable relations between governments and vex the peace of nations“ (Oetjen v. Cent. Leather Co. 246 U.S. 297, 303 f. [1918]). Siehe ferner Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 286 (2006) m.w.N. 128 Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 285 f. (2006).

II. Die Bedeutung der act of state doctrine

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2. Wirkung in Restitutionsverfahren Als Folge der act of state doctrine kann etwa die Einziehung oder Beschlagnahme von Kulturgütern durch Hoheitsakt nicht auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden, wenn sie von einer ausländischen Regierungsbehörde innerhalb ihres Hoheitsgebiets erfolgt ist. Vielmehr ist die Rechtmäßigkeit des Handelns des ausländischen Staates zu akzeptieren: „the details of such action or the merit of the result cannot be questioned but must be accepted by our courts as a rule for their decision.“129 Dies gilt im Grundsatz auch für Enteignungen von Kunstgegenständen während des Zweiten Weltkriegs130 und zwar unabhängig davon, ob die Handlung des Staates eine Verletzung des Völkerrechts oder des nationalen Rechts darstellt.131 Die act of state doctrine greift zudem auch ein, wenn eine durch Revolution neu etablierte Regierung erst nachträglich durch die USA anerkannt wird; durch die rückwirkende Anerkennung werden alle Hoheitsakte seit Beginn des neuen Regimes als wirksam angesehen.132 In Restitutionsverfahren müssen daher vier Kriterien für die Anwendung der act of state doctrine erfüllt sein: „(1) there was an appropriation by a foreign sovereign government; (2) such government was extant and recognized by the United States at the time of suit; (3) such taking occurred within the territory of that government; and (4) such taking was not violative of a treaty obligation.“133

3. Ausnahmen zur act of state doctrine Es setzte sich allerdings auch in der Rechtsprechung der US-Gerichte der Gedanke durch, dass eine rigide Anwendung der act of state doctrine in Restitutionsverfahren nicht immer zu überzeugenden Ergebnissen führt, da dies zur Konsequenz hätte, dass Rechtsakte des NS-Regimes keiner inhaltlichen Überprüfung vor US-Gerichten unterliegen. Während US-Gerichte die Frage der Wirksamkeit von NS-Gesetzgebung und der Handlungen von NS-Organen in ––––––––––– 129

Ricaud v. American Metal Co. 246 U.S. 304, 309, 38 S.Ct. 312, 62 L.Ed. 733 (1918); siehe ferner zu diesem Themenkreis United States v. Pink 315 U.S. 203, 230 ff., 62 S.Ct. 552, 86 L.Ed. 796 (1942); United States v. Belmont 301 U.S. 324, 326, 330, 57 S.Ct. 758, 81 L.Ed. 1134 (1937). 130 Vgl. Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 702 F.3d 140, 145 (2nd Cir. 2012). 131 „The validity of the foreign state’s act may not be examined even when there is a claim that the taking of property was in violation of ‘customary international law’ or ‘the foreign state’s own laws’“ (Oetjen v. Central Leather Co. 246 U.S. 297, 302 f., 38 S.Ct. 309, 62 L.Ed. 726 [1918]). 132 Vgl. Oetjen v. Central Leather Co. 246 U.S. 297, 302 f., 38 S.Ct. 309, 62 L.Ed. 726 (1918). 133 Demarsin, 28 Cardozo Arts & Ent. L.J. 255, 305 (2010); Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 22. Zur treaty exception sogleich sub § 6.II.3.b).

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

der unmittelbaren Nachkriegszeit meist noch offenließen,134 änderte sich das Meinungsbild dazu in den kommenden Jahren schnell. a) Die Bernstein exception Es entsprach bereits Anfang der 1950er Jahre der Rechtsprechung der US-Gerichte, dass die act of state-Doktrin nicht als Verteidigungsmittel herangezogen werden kann, sofern die Handlung des NS-Regimes oder einer damit assoziierten Organisation im Raum steht.135 Ausgangspunkt dafür war die Entscheidung Bernstein v. N.V. Nederlandische Amerikaansche Stoomvaart-Maatschappi (Bernstein II): In einem ersten Verfahren, Bernstein v. Van Heyghen Frères Société Anonyme (Bernstein I),136 wies der Court of Appeals for the Second Circuit die Herausgabeklage eines jüdischen Schiffseigentümers, der während des Kriegs von staatlicher Seite gezwungen wurde, seine Flotte auf die Beklagte zu übertragen, auf Grundlage der act of state doctrine noch ab. Daraufhin verklagte Bernstein die Übernehmer einer der Schiffslinien auf Schadensersatz und entgangenen Gewinn. Nachdem die Klage zunächst wiederum auf Basis der act of state doctrine abgewiesen wurde, konnte Bernstein ein Schreiben des State Department137 vorlegen, wonach die US-Regierung im Falle des NS-Regimes keine Einwände gegen die Überprüfung ausländischer Hoheitsakte durch US-Gerichte habe. Daraufhin änderte der Court of Appeals seine vorgehende Entscheidung in einem per curiam-Beschluss ab und gab der Klage statt.138 Seit dieser Entscheidung werden Einflüsse des State Department auf ––––––––––– 134

Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 289 (2006). Beispiel: Kleve v. Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft 45 N.Y.S.2d 882, 887 (NY Sup. Ct. 1943): „This is not a case of enforcing German law but rather of necessarily recognizing the force of German law in Germany. Certainly, our courts would not enforce the German law by applying it to the assets of these plaintiffs in this country, but we cannot undo or set at naught what has been done by the German government with the assets of the parties in Germany.“ 135 Umfangreiche Analyse bei Schwallie, 11 UCLA J. Int‘l L. & Foreign Aff. 281, 302 (2006) mit Nachweisen. Siehe die spezielle gesetzliche Ausnahme durch das Second Hickenlooper Amendment in 22 U.S.C. § 2370(e)(2) für völkerrechtswidrige Beschlagnahmungen nach dem 01.01.1959, welche in Restitutionsfällen regelmäßig nicht einschlägig ist (vgl. jedoch die Argumentation bei Agudas Chasidei Chabad v. Russian Federation 528 F.3d 934, 953 [D.C.Cir. 2008] sowie sub § 5.III.). 136 163 F.2d 246 (2nd Cir. 1947); cert. den. 332 U.S. 772 (1947). 137 Press Release, U.S. Department of State, Jurisdiction of U.S. Courts Re Suites for Identifiable Property Involved in Nazi Forced Transfers (Apr. 27, 1949): „The policy of the Executive, with respect to claims asserted in the United States for the restitution of identifiable property (or compensation in lieu thereof) lost through force, coercion, or duress as a result of Nazi persecution in Germany, is to relieve American courts from any restraint upon the exercise of their jurisdiction to pass on the validity of the acts of Nazi officials.“ 138 Bernstein v. N.V. Nederlandsche-Amerikaansche Stoomvaart-Maatschappij 173 F.2d 71 (2nd Cir. 1949); amended 210 F.2d 375 (2nd Cir. 1954).

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die Judikative generell als Bernstein exception oder Bernstein letters bezeichnet.139 Diese Ausnahme öffnete die Türe für „the protection of human rights over state sovereign absolutism.“140 Zwar wurde die Bernstein exception vom US Supreme Court nicht ausdrücklich bestätigt;141 jedenfalls in Bezug auf Handlungen des Dritten Reichs und mit diesem kollaborierenden Regierungen muss jedoch davon ausgegangen werden, dass US-Gerichte auch ausländische Hoheitsakte auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. 142 Dieser Ansatz wird durch mehrere aktuelle Judikate sowohl für das Dritte Reich als auch für das VichyRegime und die ungarische Regierung zur Zeit des Zweiten Weltkriegs bestätigt.143 Explizit führt der New Yorker Supreme Court z.B. aus: „Here, both the United States and the State of New York have historical and public policy driven interests in adjudicating claims involving artwork looted during the Nazi regime such that it weighs against using the Act of State doctrine […].“144 Zudem findet die act of state doctrine keine Anwendung, wenn ein fremder Staat – oder dessen Rechtsnachfolger – den streitgegenständlichen Hoheitsakt selbst nachträglich für unanwendbar oder nichtig erklärt hat, wie dies etwa in der Entscheidung Vineberg v. Bissonnette145 bei einer Beschlagnahmeanordnung und anschließenden Zwangsversteigerung einer Kunstsammlung der Fall gewesen ist. Denn dann besteht bereits kein rechtsgültiger Hoheitsakt eines anderen Staates, der mit dem Urteil des US-Gerichts konfligieren könnte. ––––––––––– 139 Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 290 (2006). Später wurden diese Interventionen auch als „official statement of interest“ bezeichnet. 140 Whisker, The Supremacy of the State in International Law, S. 67. 141 Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398, 419 f. (1964) (“[T]he Court refrained from ruling on the status of the Bernstein exception.“). Siehe ferner Kalamazoo Spice Extraction Co. v. Provisional Military Gov’t of Socialist Eth. 729 F.2d 422, 424 (6th Cir. 1984) („[T]he exception may have doubtful utility since a majority of the Court did not approve its use.“). 142 Vgl. Bernstein v. N.V. Nederlandsche-Amerikaansche Stoomvaart-Maatschappij 210 F.2d 375, 376 (2nd Cir. 1954) sowie First Nat’l City Bank v. Banco Nacional de Cuba 406 U.S. 759, 789 (1972). 143 Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 2011 WL 4430856 sub IV. (S.D.N.Y. 2011); Bodner v. Banque Paribas 114 F.Supp.2d 117, 130 (E.D.N.Y.2000) („The wholesale rejection of the Vichy government at the close of World War II render the Act of State doctrine wholly inapplicable to this case.“); de Csepel v. Republic of Hungary 2011 WL 3855862 at *23 (D.D.C. 2011) (keine Anwendung der act of state doctrine falls „the sovereigns involved are Nazi Germany and their allies in the World War II-era Hungarian government“). 144 Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 988 (NY Sup. Ct. 2018); vgl. schon Menzel v. List 49 Misc.2d 300, 315, 267 N.Y.S.2d 804 (NY Sup. Ct. 1966); mod. 28 A.D.2d 516, 279 N.Y.S.2d 608 (NY App. Div. 1967); rev’d 24 N.Y.2d 91, 298 N.Y.S.2d 979, 246 N.E.2d 742 (NY Ct. App. 1969). 145 Dazu bereits sub § 1.III.1.

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

b) Die treaty exception In der Entscheidung Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino146 schränkte der US Supreme Court die Anwendung der act of state-Doktrin in Form der treaty exception für eine weitere Fallkonstellation ein: Sofern ein völkerrechtlicher Vertrag unter Beteiligung der USA und des betroffenen Staates existiert, der (auch) die Sachfragen des zu entscheidenden Falles behandelt, muss sich das Gericht bei der Prüfung ausländischer hoheitlicher Maßnahmen nicht mit einem Verweis auf die act of state doctrine einer Sachentscheidung enthalten,147 sondern kann den Hoheitsakt auf seine Vereinbarkeit mit dem völkerrechtlichen Vertrag überprüfen. In solchen Fällen liegt nach Ansicht der US-Gerichte kein Konflikt mit der Exekutive vor,148 weil diese durch ihre Zustimmung zum Vertrag ihre Haltung zu der Streitfrage bereits abschließend bekannt gegeben hat.149 Folglich kann ein US-Gericht den Hoheitsakt eines ausländischen Staates auch dann für unwirksam erklären, wenn dieser einen Verstoß gegen eine völkervertragliche Verpflichtung begründet. In Altmann v. Austria 150 entschied der Court of Appeals for the Ninth Circuit daher, die act of state doctrine nicht anzuwenden, weil die dortige Beschlagnahme der Kunstgegenstände Deutschlands und Österreichs Verpflichtungen unter der Haager Landkriegsordnung verletzt habe.151 Gemeint sind damit Art. 46 Abs. 2, 47 und 56 Abs. 2 der Haager Landkriegsordnung, welche den Einzug von Privateigentum oder die Plünderung desselben als Kriegshandlung verbieten.152

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Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398, 428 (1964). Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 291 (2006). 148 Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398, 432 (1964). 149 Vgl. Schwallie, 11 UCLA J. Int’l L. & Foreign Aff. 281, 291 (2006). 150 Näher sub § 5.II.1.b). 151 Altmann v. Austria 317 F.3d 954, 965 (9th Cir. 2002). Umfassend Schwallie, 11 UCLA J. Int‘l L. & Foreign Aff. 281, 300 (2006) zu der Frage, ob der Rückbezug auf die HLKO überzeugt. Aus deutscher Perspektive Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 170 ff. m.w.N.; Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem zweiten Weltkrieg, S. 64 ff.; Armbruster, Rückerstattung der Nazi-Beute, S. 15 ff. 152 Art. 46 Abs. 2: Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden. Art. 47: Die Plünderung ist ausdrücklich untersagt. Art. 56 Abs. 2: Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden. Umfassend zu den Bestimmungen der HLKO Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 200 ff. 147

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4. Anwendung in Restitutionsfällen a) Handeln der NS-Regierung oder Verbündeter Dies zeigt, dass die act of state doctrine bei NS-Restitutionsstreitigkeiten nicht nur Anwendung gelangen kann, wenn das Handeln der NS-Regierung oder verbündeter Staaten im Raume steht. Auch wenn dies von keinem Gericht so explizit ausgesprochen wurde, wird man davon ausgehen müssen, dass verfolgungsbedingte Beschlagnahme- und Einziehungshandlungen durch den NSStaat generell für unwirksam und nichtig erachtet werden, unabhängig davon, ob die Rechtsakte in der Nachkriegszeit formal aufgehoben wurden. Dementsprechend findet sich auch keine Entscheidung, die eine solche Handlung durch deutsche Behörden für rechtsgültig und für die US-Gerichte bindend erklärt; vielmehr gehen die meisten US-Gerichte ohne weitere Erwähnung von deren Nichtigkeit aus. In Menzel v. List wurde die act of state doctrine z.B. nicht für anwendbar erachtet, weil die Beschlagnahme eines Bildes durch eine Maßnahme der NSDAP als Partei, nicht des Dritten Reichs an sich erfolgte und diese zudem einen Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung darstellte.153 Zudem scheitert die Anwendung der act of state doctrine in Restitutionsfällen regelmäßig auch daran, dass die Rechtshandlung außerhalb des jeweiligen Hoheitsgebiets stattfand, z.B. durch Beschlagnahmehandlungen in besetzten europäischen Staaten durch den Einsatzstab Reichleiter Rosenberg (ERR).154 Gleiches gilt auch für die Kriegshandlungen der Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs: In Chabad v. Russian Federation kam die act of state-Doktrin schon nicht zur Anwendung, weil die Beschlagnahme des Restitutionsgegenstandes außerhalb des russischen Staatsgebietes (in der russischen Besatzungszone in Deutschland) erfolgte.155

––––––––––– 153 Menzel v. List 246 N.E.2d 742 (NY Ct. App. 1969). Näher zu diesem Themenkreis auch Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 2011 WL 4430856 at*6 f. (S.D.N.Y. 2011). 154 Auch in United States v. Portrait of Wally 2002 WL 553532 at*8/9 (S.D.N.Y. 2002) wurde die act of state doctrine nicht angewendet, weil schon nicht klar war, ob es sich überhaupt um einen act of state handelt, wenn das Kunstwerk irrtümlich den Besitzer wechselt: „Wally was never legally transferred to the Rieger heirs pursuant to an official Austrian government determination of ownership. Rather, the BDA [Bundesdenkmalamt, Anm. d. Verf.] erroneously attributed it to the Rieger collection and mistakenly shipped it to the Belvedere with the Rieger collection. Although the court might be reluctant to second-guess the public acts of a sovereign, this does not seem to have been such an act.“ 155 Chabad v. Russian Federation 528 F.3d 934, 951 ff. (D.C.Cir. 2008). Umfassend zu diesem Fall schon sub § 5.III.1.

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b) Handeln anderer Staaten, insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aa) Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art Ganz anders gestaltet sich die Sachlage, wenn ein nicht mit Nazi-Deutschland verbündeter Staat die hoheitliche Handlung vorgenommen hat. Sofern der Hoheitsakt innerhalb des jeweiligen Staatsgebiets erfolgte und die Regierung formal von den USA anerkannt wird, entzieht sich die Wirksamkeit des Rechtsakts einer Kontrolle durch amerikanische Gerichte (sofern der Staat damit nicht gegen eine Verpflichtung aus einem völkerrechtlichen Vertrag verstößt). Die Vorgehensweise kann dabei exemplarisch in den Entscheidungen Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art156 und Yale University v. Konowaloff157 gezeigt werden.

Abb. 18: Vincent van Gogh, Le Café de Nuit, 1888. Abb. 19: Paul Cézanne, Madame Cézanne in the Conservatory, 1891. Sachverhalt:158 Pierre Konowaloff macht als Erbe und Ur-Enkel des russischen Industriellen und Kunstsammlers Ivan Morozov Herausgabeansprüche gegen das Metropolitan Museum of Art und die Yale University geltend. Er trägt vor, die Gemälde Le Café de Nuit (1888) von Vincent van Gogh und Madame Cézanne in the Conservatory (1891) von Paul Cézanne

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Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 2011 WL 4430856 (S.D.N.Y. 2011); aff’d 702 F.3d 140 (2nd Cir. 2012); cert. den. 570 U.S. 906 (2013). 157 Yale University v. Konowaloff 5 F.Supp.3d 237, 239 (D.Conn. 2014); aff’d 620 Fed.App’x 60 (2nd Cir. 2015); cert. den. 136 S.Ct. 1494 (2016); siehe ferner 2010 WL 3925262 (D.Conn. 2010); 2011 WL 13238541 (D.Conn. 2011); 2011 WL 13238647 (D.Conn. 2011). Vgl. auch Stroganoff-Scherbatoff v. Weldon 420 F.Supp. 18 (S.D.N.Y. 1976) zur Verstaatlichung von Kunstwerken durch die Sowjetunion in den Jahren 1921 und 1923. 158 Entnommen aus Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 2011 WL 4430856 (S.D.N.Y. 2011); aff’d 702 F.3d 140 (2nd Cir. 2012); Yale University v. Konowaloff 5 F.Supp.3d 237, 239 (D.Conn. 2014); aff’d 620 Fed.App’x 60 (2nd Cir. 2015).

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seien bei seinem Ur-Großvater von der russischen Regierung rechtswidrig beschlagnahmt und dieser enteignet worden. Die Beschlagnahme ereignete sich kurz nachdem Vladimir Lenin und die Bolschewiken nach der Oktoberrevolution 1917 an die Macht kamen. 1918 erließ die neu errichtete Regierung – welche seit 1933 auch von den USA anerkannt wurde – ein Dekret, mit dem sie die Kunstsammlung dreier russischer Bürger (darunter die von Morozov) zum Staatseigentum erklärte, ohne dass diese eine Entschädigung erhielten. Unter – zwischen den Parteien streitigen Umständen – gelangten beide Gemälde in die Hände des US-Amerikaners Stephen Clark. Bis zu seinem Tod im Jahr 1960 verlieh Clark die Gemälde an verschiedene Museen; 1961 wurden sie – wie testamentarisch verfügt – der Yale University bzw. dem Metropolitan Museum of Art zugewendet, welche die Gemälde seitdem in New York bzw. in der Yale University Art Gallery ausstellen. Nachdem Konowaloff 2002 erfuhr, dass sein Großvater Eigentümer der Gemälde gewesen war, forderte er sie seit 2008 von den Museen zurück. Entscheidung: In beiden – im Wesentlichen identischen – Fällen wies das Gericht die Klage auf Grundlage der act of state doctrine ab: „[T]he validity of the foreign state’s act may not be examined even when there is a claim that the taking of property was in violation of customary international law or the foreign state’s own laws.“159 Da sich Konowaloffs Klagen jedoch einzig darauf stützen, dass die Enteignung durch die russische Regierung ein Verstoß gegen das Völkerrecht darstelle und daher nichtig sei, gerade diese Nachprüfung durch amerikanische Gerichte aber nicht möglich ist, konnte die Klage keinen Erfolg haben: „the lawfulness of the Soviet government’s taking of the Painting is precisely what the act of state doctrine bars the United States courts from determining.“160 Dabei sei auch irrelevant, dass die russische Regierung erst 1933 von den USA anerkannt wurde, weil deren Anerkennung alle Hoheitsakte rückwirkend legitimierte.161 Folglich hatte der Rechtsvorgänger durch die Beschlagnahme der Gemälde seine Eigentümerstellung unwiderruflich verloren: „I accept that the Soviet government took ownership of the Painting in 1918 through an official act of state, and accordingly, the Painting’s sale abroad in 1933 – whether legal or illegal, an act of party or an act of state – becomes irrelevant, as Konowaloff lacks any ownership stake in the Painting.“162

bb) Von Saher v. Norton Simon Museum of Art Die Anwendung der act of state doctrine kann für Restitutionskläger zudem von entscheidender Bedeutung sein, wenn in einem anderen Staat ein (rechtsförmliches) Restitutionsverfahren durchgeführt wurde. Dies kann an dem – an anderer Stelle noch ausführlich zu besprechenden163 – Fall von Saher v. Norton Simon Museum of Art verdeutlicht werden: Darin hat der Court of Appeals for the Ninth Circuit entschieden, dass die Herausgabeklage für ein Kunstwerk auf ––––––––––– 159

Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 702 F.3d 140, 145 f. (2nd Cir. 2012). Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 702 F.3d 140, 147 (2nd Cir. 2012). 161 Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 702 F.3d 140, 146 (2nd Cir. 2012) mit Verweis auf Oetjen v. Cent. Leather 246 U.S. 297, 302 f. (1918). 162 Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 2011 WL 4430856 at *5 (S.D.N.Y. 2011). Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, nicht die kommunistische Partei Russlands, sondern der russische Staat selbst habe die Gemälde konfisziert (bestätigt in Konowaloff v. Metropolitan Museum of Art 702 F.3d 140, 147 [2nd Cir. 2012]). 163 Umfassend sub § 7.II.1.b). 160

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§ 6 Herausgabeansprüche nach US-amerikanischem Recht

Grundlage der amerikanischen act of state doctrine ausgeschlossen ist, da das streitgegenständliche Gemälde von der niederländischen Regierung (im Wege der external restitution164) an eine andere Person herausgegeben wurde und niederländische Gerichte diese Entscheidung nachträglich bestätigt und eine Restitution an die Klägerin abgelehnt hatten. Denn bei der Übergabe an den Dritten im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens habe es sich um einen act of state der Niederlande gehandelt,165 der durch amerikanische Gerichte nicht auf seine Wirksamkeit und inhaltliche Richtigkeit überprüft werden könne.166 Gleichfalls stehe einer Restitution an die Klägerin die niederländische Gerichtsentscheidung im Wege, welche eine Restitution des Gemäldes abgelehnt hatte, sowie die Verwaltungsentscheidung der niederländischen Regierung, dass das Restitutionsverfahren bereits rechtskräftig entschieden und damit abgeschlossen sei, da eine Restitution denklogisch voraussetze, dass das amerikanische Urteil den niederländischen Entscheidungen die Wirksamkeit nimmt, was die act of state doctrine jedoch gerade verbietet.167 5. Ergebnis Auch bei der Anwendung von US-Sachrecht können Restitutionsbegehren von NS-Opfern oder ihren Rechtsnachfolgern an der act of state doctrine scheitern. Danach nehmen US-Gerichte – quasi als Komplementärseite zu der weitreichenden Begründung einer internationalen Zuständigkeit – keine inhaltliche Prüfung bei Akten hoheitlicher Gewalt durch ausländische Staaten vor. Zwar wird dieser Rechtsgedanke bei Rechtshandlungen des Dritten Reiches und verbündeter Staaten während des Zweiten Weltkriegs im Grundsatz nicht angewendet. Jedoch können Restitutionsklagen daran scheitern, dass bereits in einem anderen Staat ein formelles Restitutionsverfahren stattgefunden hat, dessen Ergebnis im Widerspruch zu einer Restitution des Kunstgegenstands stünde.168 Dies gilt auch für den Fall, dass der Kläger seine Eigentümerposition zweifelsfrei darlegen kann. ––––––––––– 164

Dazu schon sub § 3.II. „Expropriation of private property is a uniquely sovereign act“ (Oetjen v. Central Leather 246 U.S. 297, 303, 38 S.Ct. 309 [1918]) sowie Ricaud v. American Metal Co. 246 U.S. 304, 309, 38 S.Ct. 312 (1918). 166 Vgl. von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1151 (9th Cir. 2018). 167 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1152 ff. (9th Cir. 2018). Der Court of Appeals fragt sodann, ob im vorliegenden Fall nicht eine Ausnahme zur act of state doctrine gemacht werden muss, weil der Staat in seinem hoheitlichen Handeln mehrheitlich wie ein Privater am Markt aufritt (vgl. sub § 5.II.2.). Dies ist im Falle eines Restitutionsprozesses jedoch nicht der Fall (von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1154 [9th Cir. 2018]). 168 Pikanterweise wurde die act of state doctrine bislang jedoch nur in Verfahren für anwendbar erachtet, in denen sich die Klage gegen ein US-amerikanisches Museum bzw. eine US-amerikanische Universität richtete (vgl. oben sub § 6.II.4.b)), wohingegen sie in den 165

II. Die Bedeutung der act of state doctrine

153

Mag dieser Ansatz vor dem Hintergrund des Schutzes ausländischer Hoheitsakte auch sinnvoll und begrüßenswert sein, zeigt er die Konfliktlage bei Restitutionsbegehren vor US-Gerichten noch einmal exemplarisch auf: Häufig hängt es für den Erfolg des Verfahrens allein von dem zufälligen Umstand ab, ob das dem bisherigen Eigentümer abhandengekommene Kunstwerk bereits Gegenstand eines offiziellen Restitutionsverfahrens war bzw. die Restitutionsentscheidung eines ausländischen Staates als rechtsverbindlicher act of state qualifiziert wird. Auch insoweit hat sich das Restitutionsverfahren von der tatsächlich relevanten Fragestellung – der Raubkunstvergangenheit des Kunstgegenstands – klar entfernt.

––––––––––– Verfahren de Csepel v. Hungary, Altmann v. Austria und Philipp v. Germany – bei denen ebenfalls eine Restitutionsentscheidung des betroffenen Staates im Raume steht (eine ungarische Gerichtsentscheidung, die Entscheidung des österreichischen Restitutionskomitees bzw. eine Empfehlung der Limbach-Kommission) – (noch) nicht zur Anwendung gelangte (näher schon oben sub § 5.II.1.b), 3. und 4.).

§7

Verjährung und laches „Vigilantibus non dormientibus aequitas subvenit.“

Zentrale Frage in allen Restitutionsstreitigkeiten ist, ob die Ansprüche des Klägers in zeitlicher Hinsicht noch durchsetzbar sind. 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Verjährungseinrede auch in den USA der zentrale Einwand gegen eine Herausgabeklage.1 Nach common law-Verständnis in den USA gilt, dass Verjährungsvorschriften nur gegen den Rechtsbehelf wirken, jedoch keinen Einfluss auf die Existenz des Rechts oder Anspruchs haben („to bar the remedy, not to extinguish the right or cause of action“2), was auch in § 142 des Restatement (Second) of Conflicts of Law zum Ausdruck kommt.3 Im Gegensatz zu vielen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen wird die Frage der Verjährung somit nicht zum materiellen Recht gezählt, sondern unterliegt grundsätzlich der lex fori;4 die Anwendung der Verjährungsvorschriften richtet sich daher in der Regel nach dem Recht des Forum-Staats.5 Dies schließt es regelmäßig aus, dass ein US-Gericht – selbst wenn es zur Anwendung ausländischen Sachrechts kommen sollte – die dort maßgeblichen Verjährungsvorschriften zur Frage der Anspruchslegitimation heranzieht.6

––––––––––– 1

Redman, 15 UCLA Ent. L. Rev. 203, 211 (2008). Umfassende Analyse zu Fragen der Verjährung und Verwirkung im deutschen Recht bei Piekenbrock, Befristung, Verjährung, Verschweigung und Verwirkung, 2006 (passim). 2 Brent v. Bank of Washington 35 U.S. 596, 617 (1836). 3 Text im Appendix V. 4 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 3: Internationales Kulturgüterprivat- und Zivilverfahrensrecht, S. 473 m.w.N. Siehe ferner O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862 (NJ Sup. Ct. 1980) und Johnson v. Ventra Group, Inc. 191 F.3d 732, 746 (6th Cir. 1999): „Under Michigan’s common law choice of law rule, statutes of limitation are considered procedural and are governed by the law of the forum.“ 5 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 20. Z.B. Autocephalous Greek Orthodox Church of Cyprus v. Goldberg 717 F.Supp. 1374, 1393 (S.D.Ind. 1989): „Because in Indiana statutes of limitations are procedural in nature, Indiana choice-of-law rules state that the statute of limitations of the forum state, Indiana, will apply.“ 6 Vgl. aber auch Malewicz v. City of Amsterdam (362 F.Supp.2d 298 [D.D.C. 2005]; aff’d 517 F.Supp.2d 322 [D.C.Cir. 2007]) zur Frage der Verjährung nach niederländischem Recht.

156

§ 7 Verjährung und laches

I. Überblick der Verjährungsvorschriften in den Einzelstaaten I. Überblick der Verjährungsvorschriften

Verjährungsbeginn und -ende bemessen sich grundsätzlich nach dem anwendbaren state law;7 sollte dies im Einzelfall nicht maßgeblich sein, ist auf federal common law zurückzugreifen. Damit wird die Türe zu einem bunten Feld verschiedener Verjährungsregime aufgestoßen. Denn es gibt – grob gesprochen – vier verschiedene Regelungskonzepte im Recht der US-Bundesstaaten, die en détail stark divergieren: die constructive discovery rule, die actual discovery rule, die demand and refusal rule und die kenntnisunabhängige (Ablauf-)Verjährung (accrual rule). 1. Die constructive discovery rule a) Grundsatz Die meisten Bundesstaaten wenden die sog. (constructive) discovery rule bei Herausgabeklagen von Kunstwerken an, welche in Teilen dem § 199 BGB unterliegenden Verjährungskonzept entspricht. 8 Danach beginnt die Verjährungsfrist erst zu laufen, wenn der Kläger Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von seiner Anspruchsberechtigung und der Identität des derzeitigen Besitzers oder dem Aufenthaltsort des Kunstwerks hat („after the original owner discovers or should have discovered through the use of reasonable diligence the possessor or location of a piece of stolen art“).9 Die discovery rule wurde dabei erstmals in O’Keeffe v. Snyder10 vom Supreme Court von New Jersey auf das Restitutionsrecht angewendet. In NS-Raubkunst-Streitigkeiten erfordert die due-diligence-Rule daher vom Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger, dass dieser Nachforschungen über den Verbleib des Kunstgegenstandes anstellt, weil er andernfalls Gefahr läuft, dass seine Ansprüche verjährt sind.11 Die Beweislast hinsichtlich des Verjährungseintritts liegt regelmäßig beim Besitzer als Begünstigtem; dieser muss darlegen, dass der Kläger positive Kenntnis hinsichtlich seines Anspruchs hatte oder (zumutbare) Nachforschungen über den Verbleib des Kunstgegenstandes unterlassen hat,12 wobei den Kläger unter Umständen eine sekundäre Darle––––––––––– 7

Vgl. Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 606 (2018), insb. Fn. 77 mit Einzelheiten. Z.B. O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862, 868 ff. (NJ Sup. Ct. 1980). 9 Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 607 (2018) mit Verweis auf Redman, 15 UCLA Ent. L. Rev. 203, 219 (2008). Siehe ferner Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 162 (2019). 10 O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862, 868 ff. (NJ Sup. Ct. 1980); umfassend zur Sonderrolle New Jerseys hinsichtlich der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs und des Beginns der Verjährungsfrist: Kreder/Schell, 30 DePaul J. Art & Ent. L. 1, 12 ff. (2020) m.w.N. 11 Vgl. O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862, 870 (NJ Sup. Ct. 1980). 12 O’Keeffe v. Snyder 416 A.2d 862, 868 ff. (NJ Sup. Ct. 1980): „Under the discovery rule, the burden is on the owner as the one seeking the benefit of the rule to establish facts 8

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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gungslast trifft und dem Gericht ein gewisser Ermessensspielraum bei der Bewertung der Nachforschungsmaßnahmen zukommt.13 Die Verjährungsfrist bei der Herausgabe von Mobilien beläuft sich dabei regelmäßig auf einen Zeitraum von zwei bis sechs Jahren ab (positiver oder potentieller) Kenntnis über die Anspruchsberechtigung.14 Die discovery rule ermöglicht dem Kläger nur in engen Grenzen eine Vorhersage über die Erfolgsaussichten seiner Klage, weil ex ante kaum zu sagen ist, ob der Kläger oder dessen Rechtsvorgänger ‚sufficiently diligent‘ bei seinen Nachforschungen war und ob der Beklagte einen Sorgfaltsverstoß darlegen kann, zumal im Recht der Bundesstaaten verschiedene Sorgfaltsmaßstäbe in nuancierter Abstufung niedergelegt sind. So ist z.B. unklar, ob allein das Einsehen öffentlicher Register und lost art-Datenbanken ausreichend ist, um dem Sorgfaltsmaßstab zu genügen, oder die Anspruchsberechtigten darüber hinaus auch andere Erkenntnisquellen, wie z.B. ein catalogue raisonné oder Verkaufsbewegungen im internationalen Kunstmarkt berücksichtigen müssen. Gleichsam gibt es keine einheitlichen Maßstäbe, inwieweit zwischen im Kunsthandel versierten Personen einerseits und unkundigen Laien andererseits zu differenzieren ist bzw. ob unterschiedliche Sorgfaltsmaßstäbe bei in- und ausländischen Klägern bestehen. Daher wird auch in der amerikanischen Literatur häufig kritisiert, dass der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab sowie der Umfang der Nachforschungsobliegenheiten für den Restitutionskläger vor Prozessbeginn kaum prognostiziert werden kann.15 b) Bedeutung für Restitutionsfälle Die Konsequenzen der constructive discovery rule im Restitutionsprozess können im Verfahren Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz16 verdeutlicht werden:

––––––––––– that would justify deferring the beginning of the period of limitations.“ Umfassend zur (constructive) discovery rule auch bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 923 ff. m.w.N. 13 Redman, 15 UCLA Ent. L. Rev. 203, 219 (2008). 14 Z.B. zwei Jahre in Kansas (Kan. Stat. Ann. § 60–513); siehe dazu Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 162 (2019). 15 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 942 ff. m.w.N. 16 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 (D.Mass. 2009); aff’d 623 F.3d 1 (1st Cir. 2010); cert. den. 131 S.Ct. 1612 (2011); reh’g den. 131 S.Ct. 2176 (2011).

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§ 7 Verjährung und laches

Abb. 20: Oskar Kokoschka, Doppelakt Liebespaar, 1913; (c) Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2020. Sachverhalt:17 Streitgegenständlich ist das Gemälde Doppelakt Liebespaar, das 1914/15 von Oskar Reichel, einem bekannten Wiener Kunstsammler, unmittelbar beim Maler Oskar Kokoschka erworben und auf mehreren Ausstellungen in der Neuen Galerie in Wien gezeigt wurde. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 verschlechterten sich die Lebensverhältnisse für die dort lebenden Juden erheblich; daher veräußerte Reichel das Kunstwerk – neben anderen Werken Kokoschkas – unter im Einzelnen unklaren Umständen an den jüdischen Kunsthändler Otto Kallir, der selbst Opfer der NS-Verfolgung war und nach Paris floh, wohin auch das Gemälde verschickt wurde. Kallir siedelte später nach New York über, gründete dort die Galerie St. Etienne und veräußerte das Gemälde 1945 an die Galerie Nierendorf. 1947/1948 erwarb es Sarah Reed Blodgett, welche es 1973 dem Museum of Fine Arts (MFA), Boston, testamentarisch vermachte, wo es seitdem öffentlich ausgestellt ist. Nachdem Claudia Seger-Thomschitz als Alleinerbin von Reichels Sohn Raimund das Gemälde zurückforderte, erhob das MFA 2007 Feststellungsklage mit dem Inhalt, dass es der rechtmäßige Eigentümer des Gemäldes sei. Widerklagend machte Seger-Thomschitz Herausgabeansprüche aus replevin und conversion geltend. Entscheidung: Wie bereits der District Court entschied der Court of Appeals for the First Circuit zugunsten des Museums. Das Gericht enthielt sich dabei einer Sachentscheidung, sondern wies die Widerklage bereits wegen Verjährung ab. Nach Ansicht des Court of Appeals ist nicht österreichisches Recht, sondern das des Staates Massachusetts, welches der (constructive) discovery rule folgt und eine dreijährige Verjährungsfrist für tort und replevin

––––––––––– 17

Entnommen aus Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 (D.Mass. 2009).

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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actions vorsieht, anwendbar. 18 Den Einwand der Erbin, sie habe erst ab 2003 überhaupt Kenntnis vom Aufenthaltsort des Gemäldes haben können, ließ das Berufungsgericht dabei nicht gelten. Vorliegend sprachen alle Gründe dafür, dass der Aufenthaltsort des Bildes bereits Jahre früher durch einfache Recherchen hätte entdeckt werden können: „In contrast to many missing art cases, the location of the Painting has been no secret in this case. The Painting has long been on public display at the MFA, a major international museum. Since 2000, the MFA has listed the Painting in a provenance database on its publicly accessible website. Several published books and at least one catalogue raisonné of Kokoschka’s works identify the MFA as the current holder of the Painting.“19 Weiter führt das Gericht aus, die Erben von Reichel hätten bereits in den 1980er Jahren Nachforschungen unternommen und wüssten daher, dass das Gemälde einmal Reichel gehört hatte.20 Der Einwand der Beklagten, man habe erst 2003 von der Existenz des Gemäldes erfahren, als ein Wiener Museum wegen der Restitution eines anderen Gemäldes aus der Sammlung Reichel an sie herantrat, wurde daher nicht gehört: „provenance information for the Painting, including the fact of Dr. Reichel’s prior ownership, was available on the MFA’s website, in the Getty Provenance Index, in several catalogues raisonnés of Kokoschka’s works, and in a book published in Vienna in 2003 that ‘included a picture of the Painting, traced its provenance from Reichel to the MFA, […] and described the sale of the work to Kallir and its subsequent exhibition in the United States at the Galerie St. Etienne’ […].“21 Der Court of Appeals legte an die Möglichkeit der Kenntniserlangung folglich strenge Maßstäbe an, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, den individuellen Fähigkeiten und Fachkenntnissen der Beteiligten: „Although the availability of some of these sources may not have been obvious to Seger–Thomschitz, who is a nurse with no specialized training in Nazi-era art claims, that fact does not excuse her delay. It was her burden under Massachusetts law to discover from the relevant professional communities whether she had a cognizable legal claim.“22 Zudem: Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellen wollte, dass sie erst 2003 Kenntnis gehabt hatte, wäre die Klage verjährt, weil die erstmalige Anspruchsgeltendmachung im Jahr 2007 nicht innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gem. Mass. Gen. Laws ch. 260, § 2A erfolgte.23 Kernfrage der Entscheidung war daher, ob der vom Museum erhobene Verjährungseinwand aus equity-Gründen ausgeschlossen werden sollte, weil das MFA durch die Weigerung der Rückgabe eines Kunstwerks mit NS-Vergangenheit dem illegalen Kunsthandel Vorschub leiste. Dem trat der District Court mit dem Argument entgegen, das Museum habe starke Beweise dafür vorgelegt, dass die Veräußerung 1939 freiwillig erfolgt sei; dafür spreche insbesondere, dass die Kinder von Reichel den Verkauf des Kokoschka – im Gegensatz

––––––––––– 18

623 F.3d 1, 6 (1st Cir. 2010) sowie Mass. Gen. Laws ch. 260, § 2A: „Except as otherwise provided, actions of tort, actions of contract to recover for personal injuries, and actions of replevin, shall be commenced only within three years next after the cause of action accrues.“ 19 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 7 (1st Cir. 2010). 20 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 8 (1st Cir. 2010). Nach Ansicht des District Court bestand „ample notice of any possible claim to the Painting decades before the filing of this lawsuit“ (Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 at *8 [D.Mass. 2009]). 21 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 8 f. (1st Cir. 2010). 22 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 8 f. (1st Cir. 2010). 23 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 at *9 (D.Mass. 2009).

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§ 7 Verjährung und laches

zu anderen Gemälden – nie angezweifelt hätten.24 Schließlich habe das Museum nach der Aufforderung von Seger-Thomschitz über 18 Monate hinweg die Provenienz des Gemäldes untersucht, wobei die um Jahrzehnte verspätete Klageerhebung durch Seger-Thomschitz zu einem erheblichen Beweismittelverlust auf Seiten des Museums (verstorbene Zeugen etc.) geführt habe.25 Auch den Einwand, das Verjährungsrecht des Staates Massachusetts solle zugunsten des federal common law nicht angewendet werden, weil es nach der foreign affairs preemption mit einer federal policy im Widerspruch stehe, ließ der Court of Appeals nicht zu;26 eine „express federal policy against the applicability of state statutes of limitations to claims for the recovery of lost, stolen, or confiscated art“ gebe es – trotz diverser Maßnahmen des Bundesgesetzgebers und der Unterzeichnung der Terezín und Vilnius declaration – nicht.27 Schließlich wandte sich das Gericht auch dagegen, vorliegend von den Verjährungsvorschriften abzusehen, weil es sich bei dem MFA um ein durch Steuergelder finanziertes Unternehmen mit öffentlichem Bildungsauftrag handelt.28 Damit verblieb das Bild im Museum of Fine Arts, Boston.

2. Die actual discovery rule a) Grundsatz Andere Bundesstaaten, u.a. Kalifornien, sind klägerfreundlicher und wenden bei Restitutionsverfahren die actual discovery rule an. Danach beginnt die Verjährungsfrist erst zu laufen, wenn der Kläger (oder sein Rechtsvorgänger) tatsächliche Kenntnis von seiner Anspruchsberechtigung und der Belegenheit der Sache hat. Im Gegensatz zur constructive discovery rule gibt es somit keine besonderen Sorgfaltsanforderungen auf Seiten des (Alt-)Eigentümers; ihn trifft – bis zur Grenze der Anspruchsverwirkung – keine Pflicht, den Belegenheitsort des Kulturguts oder den aktuellen Besitzer ausfindig zu machen oder sonstige ––––––––––– 24 Einzelheiten bei Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 at *6 (D.Mass. 2009). 25 Museum of Fine Arts v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 at *6 (D.Mass. 2009). 26 Dazu noch sub § 7.II.1.a) und b). Die Entscheidung erging vor Erlass des HEAR Act. 27 623 F.3d 1, 13 (1st Cir. 2010): „Even if there were an express federal policy disfavoring overly rigid timeliness requirements, the Massachusetts statute of limitations would not be in ‘clear conflict’ with that policy.“ Siehe ferner American Ins. Assn. v. Garamendi 539 U.S. 396, 123 S.Ct. 2374, 156 L.Ed.2d 376 (2003) sowie die Entscheidung von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954 (9th Cir. 2009), in welcher der Court of Appeals for the Ninth Circuit eine kalifornische Verjährungsgesetzgebung bei Restitutionsfällen mit Hinweis auf die foreign affairs preemption des Bundes für verfassungswidrig erklärt hatte (sub § 7.II.1.b)aa)). 28 Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 623 F.3d 1, 10 f. (1st Cir. 2010) mit umfangreichen Einzelheiten zu den kompetenzrechtlichen Fragestellungen. Dennoch wurde die Entscheidung – und insbesondere das Verhalten des MFA – von vielen Autoren kritisiert, da das Museum damit die Washington Principles und die Terezín declaration leerlaufen ließe (etwa Kreder, 20 Chap. L. Rev. 1, 18 [2017]). Unter dem HEAR Act wäre eine Entscheidung, die die Herausgabe des Gemäldes allein mit Hinweis auf die abgelaufene Verjährungsfrist abweist, ohnehin nicht mehr möglich. Vgl. dazu noch sub § 7.II.2.b).

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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Nachforschungen zu unternehmen.29 Die Verjährungsfrist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Eigentümer den Belegenheitsort des Kunstwerks und den derzeitigen Besitzer ermittelt hat, unabhängig davon, ob er diesen bei zumutbaren Nachforschungen bereits früher hätte feststellen können. Insbesondere die derzeit in Kalifornien geltende discovery rule 30 erweist sich dabei für den Kläger als vorteilhaft, da die sechsjährige Verjährungsfrist für den Herausgabeanspruch gem. sec. 338(c) California Civil Code erst zu laufen beginnt, wenn der Anspruchsberechtigte von der Existenz und dem Belegenheitsort des Gegenstands sowie seiner möglichen Anspruchsberechtigung Kenntnis erlangt.31 Der kalifornische Gesetzgeber reagierte mit dieser Regelung auf frühere Restitutionsstreitigkeiten, die an den bis dahin geltenden, rigideren Vorschriften in Kalifornien scheiterten, z.B. in: b) Orkin v. Taylor32

Abb. 21: Vincent van Gogh, Vue de l’Asile et de la Chapelle de Saint-Remy, 1889. Sachverhalt: 33 Streitgegenständlich ist das Spätwerk Vue de l’Asile et de la Chapelle de Saint-Remy von Vincent van Gogh (1889). Nach dessen Tod im Folgejahr ging das Gemälde zunächst an seine Schwägerin, die das Gemälde 1906/1907 an den deutschen Kunsthändler

––––––––––– 29 Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 948. 30 Vgl. von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 969 (9th Cir. 2010). 31 Umfassend zur kalifornischen Gesetzgebung noch sub § 7.II.1.a) sowie im Appendix VI. Damit ist der kalifornische Gesetzgeber der Leitentscheidung in Naftzger v. The American Numismatic Society 49 Cal.Rptr.2d 784 (Cal. Ct. App. 1996) gefolgt. 32 Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 (C.D.Cal. 2005); aff’d sub nomine Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); cert. den. 552 U.S. 990 (2007). 33 Entnommen aus Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007).

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§ 7 Verjährung und laches

Paul Cassirer34 veräußerte. Kurze Zeit später erwarb Margarete Mauthner, eine frühe Bewunderin und Förderin van Goghs, das Gemälde. Nicht geklärt werden konnte vor den amerikanischen Gerichten, unter welchen Umständen Mauthner den Besitz am Gemälde verlor, als sie 1939 nach Südafrika floh und dabei ihre Kunstsammlung in Deutschland zurückließ;35 es spricht jedoch vieles dafür, dass dies unfreiwillig und unter dem Eindruck von Verfolgungsmaßnahmen gegen jüdische Mitbürger erfolgte. 1963 wurde das Gemälde bei Sotheby’s in London versteigert, wo es der Vater des bekannten Filmstars Elizabeth Taylor für 92.000 GBP erwarb. Spätestens seit den 1970er Jahren ist allgemein bekannt, dass sich das Gemälde im Besitz von Elizabeth Taylor befindet, die es in den 1990er Jahren auch öffentlich zum Verkauf angeboten hatte. Nachdem im Jahr 2002 wieder im Internet bekannt wurde, dass Taylor das Gemälde verkaufen wollte, forderten die Kläger, Erben von Margarete Mauthner, Taylor im Jahr 2003 zur Herausgabe auf, da das Gemälde Mauthner während der NS-Zeit unrechtmäßig entzogen worden sei, und erhoben im Folgejahr Klage in Kalifornien. Entscheidung: Das Gericht nahm an, dass die u.a. auf conversion und replevin (in Kalifornien auch claim and delivery genannt) gestützte Klage jedenfalls verjährt sei, auch wenn man das Vorbringen der Kläger als wahr unterstellen wollte. Der Erie-Doktrin36 folgend, musste der Federal District Court das Verjährungsrecht des Staates Kalifornien anwenden. Nach dem zum Zeitpunkt des Erwerbs geltenden kalifornischen Recht, das der constructive discovery rule folgte,37 war die Herausgabeklage vorliegend verjährt, da die Kläger spätestens nach der (einer breiten Öffentlichkeit bekannten) Ersteigerung im Jahr 1963 vom Aufenthaltsort des Gemäldes hätten Kenntnis erlangen können: „[…] the latest possible accrual date of the Orkins’ cause of action was the date on which they first reasonably could have discovered, through investigation of sources open to them, their claim to and the whereabouts of the van Gogh painting. […] In fact, the complaint alleges – and demonstrates by attachment – that Taylor bought the painting at a publicized auction in 1963, that Taylor was listed as the owner of the painting in a publicly available 1970 catalogue raisonné, and that Taylor publicly offered the painting for sale in 1990. Had the Orkins investigated any of those publicly-available sources, they could have discovered both their claim to the painting and the painting’s whereabouts long before the 2002 internet rumor was posted.“38

––––––––––– 34

Vgl. dazu auch den Fall Cassirer v. Thyssen Bornemisza Collection Foundation (sub § 7.II.2.d)). 35 Vgl. Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007). 36 304 U.S. 64 (1938) – der Court of Appeals for the Ninth Circuit sah sich dabei mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass das kalifornische Verjährungsrecht 1983 geändert worden war und bzgl. des Verjährungsbeginns bei gestohlenen Sachen noch keine bindende Entscheidung des kalifornischen Court of Appeals vorlag. Einzelheiten bei Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 110 f. 37 Vgl. Orkin v. Taylor 487 F.3d 734, 741 mit Verweis auf Naftzger v. American Numismatic Society 49 Cal.Rptr.2d 784 (Cal. Ct. App. 1996). 38 Orkin v. Taylor 487 F.3d 734, 741 f. (9th Cir. 2007); auch Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 at *5 (C.D.Cal. 2005). Nach Ansicht des Court of Appeals kann auch aus dem federal common law kein weitergehender Herausgabeanspruch hergeleitet werden; insbesondere gewähre der Holocaust Victims Redress Act of 1998 kein besonderes, über die im common law etablierten Klagemöglichkeiten hinausgehendes Klagerecht: „The plain text of the Holocaust Victims Redress Act leaves little doubt that Congress did not intend to create a private right of action“ (Orkin v. Taylor 487 F.3d 734, 739 f. [9th Cir. 2007] mit einer

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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3. Demand and refusal rule im New Yorker Recht Noch großzügiger ist das Recht des Staates New York, welches die sog. demand and refusal rule bei replevin claims anwendet. Diese Regel wurde in Kunststreitigkeiten zunächst im Fall Menzel v. List entwickelt39 und in späteren Entscheidungen präzisiert. Danach gilt: „The rule in this State is that a cause of action for replevin against the good-faith purchaser of a stolen chattel accrues when the true owner makes demand for return of the chattel and the person in possession of the chattel refuses to return it.“40 Die (in der Regel dreijährige) Verjährungsfrist beginnt damit erst zu laufen, nachdem der Eigentümer den Erwerber des Kunstgegenstands zur Herausgabe aufgefordert und dieser das Begehren zurückgewiesen hat (sog. Anforderungsverjährung). Nachforschungsobliegenheiten des Klägers bestehen insoweit nicht; dieser kann den Beginn der Verjährungsfrist vielmehr selbst hinauszögern, da diese erst mit einem Herausgabeverlangen durch den Kläger zu laufen beginnt, unabhängig davon, ob dies nur einige Jahre oder Jahrzehnte nach dem schädigenden Ereignis erfolgt. Grenze ist allein der – als Korrektiv im Einzelfall heranzuziehende – laches-Einwand41 des Beklagten, mit dem die Verwirkung des Klagerechts geltend gemacht werden kann. ––––––––––– umfangreichen Auseinandersetzung des case law des US Supreme Court zu dieser Fragestellung und insbesondere mit Verweis auf die Entscheidung Cort v. Ash 422 U.S. 66 [1975]). 39 Menzel v. List 267 N.Y.S.2d 804, 809 (NY Sup. Ct. 1966, bereits sub § 4.II.): „In replevin, as well as in conversion, the cause of action against a person who lawfully comes by a chattel arises, not upon the stealing or the taking, but upon the defendant’s refusal to convey the chattel upon demand.“ Dieser Ansatz wurde wiederum aus Gillet v. Roberts 57 N.Y. 28 (1874) entwickelt (ad 34: „An innocent purchaser of personal property from a wrongdoer shall first be informed of the defect in his title, and have an opportunity to deliver the property to the true owner, before he shall be made liable as a tortfeasor for a wrongful conversion.“), blieb jedoch nicht ohne Kritik (vgl. Hawkins et al., 64 Fordham L. Rev. 49, 66 [1995]). 40 Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 317 f. (NY Ct. App. 1991). 41 Das Recht des Staates New York kennt den sog. laches defense als Verwirkung des Klagerechts, wenn der Beklagte nachweisen kann, dass der Kläger die Klageeinreichung ohne Grund verzögert und der Beklagte dadurch einen Nachteil in der Prozessführung erlitten hat (vgl. z.B. Republic of Turkey v. Metropolitan Museum of Art 762 F.Supp. 44, 46 f. [S.D.N.Y. 1990]; Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 569 N.E.2d 426, 431 [NY Ct. App. 1991]). Die Gerichte haben bislang (zu neueren Entwicklungen siehe sub § 7.III.2.) bei der Restitution von NS-Raubkunst jedoch hohe Anforderungen bei einem laches defense angelegt (Minkovich, 27. Colum J.L. & Arts 349, 374 [2004]). Dieser Ansatz ist – vor dem Hintergrund der schwachen Rechtsposition eines gutgläubigen Erwerbers, wie etwa öffentlichen Kunstmuseen – auch in den USA nicht ohne Kritik geblieben, da es die Anwendung der demand and refusal rule und der schwierige Einsatz des laches defense dem Kläger erlaubt, Verjährungsvorschriften letztlich auszusetzen und damit bewusst gutgläubigen Käufern zu schaden (so Bibas, 103 Yale L.J. 2437, 2440 [1994]).

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§ 7 Verjährung und laches

a) Entwicklung der demand and refusal rule Historisch war die umfassende Applikation der demand and refusal rule auf NS-Restitutionsverfahren indes keine Selbstverständlichkeit, wie die frühe Entscheidung DeWeerth v. Baldinger42 zeigt. Sachverhalt: Die in der BRD lebende Gerda Dorothea DeWeerth klagt gegen Edith Baldinger aus New York auf Herausgabe des Gemäldes Champs de blé à Vétheuil (1879)43 von Claude Monet. 1943 übersandte DeWeerth das Gemälde, das sie von ihrem Vater geerbt hatte, an ihre in Süddeutschland lebende Schwester zur sicheren Aufbewahrung während des Krieges. 1945 wurden in das Haus der Schwester amerikanische Soldaten einquartiert, wobei das Gemälde unter ungeklärten Umständen spurlos verschwand. Obwohl das Kunstwerk als verschollen gemeldet wurde, blieben Nachforschungen erfolglos. Nachdem Frau DeWeerth 1981 über einen catalogue raisonné erfuhr, dass das Gemälde zunächst in die Schweiz gelangt und schließlich von einer Galerie in New York an die gutgläubige Frau Baldinger veräußert worden war, verklagte sie die Galerie erfolgreich auf Offenlegung des Namens des Erwerbers. Im Anschluss erhob sie Klage gegen Frau Baldinger auf Herausgabe des Gemäldes, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Frau Baldinger keine Kenntnis von der Provenienz des Kunstwerks hatte. Entscheidung: In einem ersten Verfahren gelangte der District Court zur Anwendung New Yorker Rechts als lex loci delicti, da Frau Baldinger das Gemälde in New York in Besitz hält und trotz Herausgabeverlangen nicht zurückgibt, was – unterstellt man die Begründetheit der Klage – den Tatbestand der conversion erfüllen würde. Der Umstand, dass das Gemälde in Deutschland gestohlen oder veräußert wurde, sei für die Anwendung deutschen Rechts nicht ausreichend, zumal dessen Applikation nach Ansicht des Gerichts die Gefahr entgegensteht, dass durch die Gutglaubensvorschriften des BGB die Integrität des New Yorker Kunstmarkts unterlaufen werden könnte.44 Folglich gab der District Court der Klage zunächst statt, da die dreijährige Verjährungsfrist nach der in Menzel v. List entwickelten demand and refusal rule ab Aufforderung zur Rückgabe des Kunstgegenstands noch nicht verstrichen war, alle Indizien des Falles dafür sprachen, dass das Gemälde von amerikanischen Soldaten entwendet wurde und es keine Anhaltspunkte für einen Verkauf durch Frau DeWeerth oder ihre Schwester gab.45 Dem trat der Court of Appeals for the Second Circuit in einer ersten Entscheidung (DeWeerth I) mit der Begründung entgegen, auch das New Yorker Verjährungsrecht erfordere in Restitutionsstreitigkeiten eine Nachforschungsobliegenheit („obligation to attempt to

––––––––––– 42

DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688, 693 (S.D.N.Y. 1987); rev’d 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987) – DeWeerth I; 804 F.Supp. 539, 541 (S.D.N.Y. 1992); rev’d 38 F.3d 1266, 1276 (2nd Cir. 1994) – DeWeerth II. Umfassend auch Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 294 f. m.w.N. 43 Monet malte eine ganze Serie ähnlicher Bilder in Vétheuil. Das streitgegenständliche Gemälde aus dem Jahr 1879 wird daher häufig fälschlicherweise mit dem Gemälde Champ de Blé aus dem Jahr 1881 verwechselt, welches sich seit 1947 im Cleveland Museum of Art befand und vor einigen Jahren bei Sotheby’s versteigert wurde (vgl. ; , aufgerufen am 06.10.2020). 44 DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688, 693 (S.D.N.Y. 1987). 45 DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688, 693 (S.D.N.Y. 1987).

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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locate stolen property“).46 Da Frau DeWeerth nach Ansicht des Gerichts keine ausreichenden Nachforschungen unternommen hatte, wurde die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.47 Vier Jahre später entschied der New Yorker Court of Appeals in dem Grundsatzurteil Guggenheim v. Lubell 48 jedoch, dass der Court of Appeals in seinem Urteil DeWeerth I falsch entschieden habe und das New Yorker Recht keine besonderen Nachforschungsobliegenheiten an den bisherigen Eigentümer stelle: „We have reexamined the relevant New York case law and we conclude that the Second Circuit should not have imposed a duty of reasonable diligence on the owners of stolen art work for purposes of the Statute of Limitations. While the demand and refusal rule is not the only possible method of measuring the accrual of replevin claims, it does appear to be the rule that affords the most protection to the true owners of stolen property.“49 Daraufhin klagte DeWeerth erneut auf Grundlage von Rule 60(b)(5) und (b)(6) FRCP,50 die die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ermöglichen, wenn das Urteil auf einer Entscheidung beruht, die ihrerseits aufgehoben wurde. In einem zweiten Urteil (DeWeerth II) entschied der District Court, dessen Entscheidung nach der Lubell-Entscheidung letztlich fehlerhaft abgeändert wurde, erneut zugunsten von Frau DeWeerth. 51 Wiederum wurde das Urteil in der Berufungsinstanz aufgehoben, nicht jedoch aus Gründen der Verjährung, sondern weil der – wohl in seiner richterlichen Kompetenz gekränkte – Court of Appeals Verfahrensfehler im Wiederaufnahmeverfahren sah.52 Nach der Entscheidung DeWeerth II ist jedoch klar, dass es nach New Yorker Recht keine Nachforschungsobliegenheiten für den Beginn der Verjährungsfrist53 in NS-Restitutionsverfahren gibt.

b) Bedeutung im Restitutionsrecht Als Folge der Verfahren DeWeerth v. Baldinger und Guggenheim v. Lubell gilt spätestens seit 1991, dass die Verjährungsfrist in New York erst zu laufen beginnt, nachdem der Kläger den Erwerber zur Herausgabe aufgefordert und dieser die Rückgabe verweigert hat, da der Besitz ohne Besitzrecht nach New Yorker Recht so lange für rechtmäßig gehalten wird, bis der Besitzer von einem ––––––––––– 46

DeWeerth v. Baldinger 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987) at [15]. DeWeerth v. Baldinger 836 F.2d 103, 112 (2nd Cir. 1987): „Most indicative of DeWeerth’s lack of diligence is her failure to conduct any search for 24 years from 1957 until 1981. Significantly, if DeWeerth had undertaken even the most minimal investigation during this period, she would very likely have discovered the Monet, since there were several published references to it in the art world.“ 48 Guggenheim Found. v. Lubell 569 N.E.2d 426, 429 (NY Ct. App. 1991). 49 Guggenheim Found. v. Lubell 77 N.Y.2d 311, 317 (NY Ct. App. 1991). 50 „On motion and just terms, the court may relieve a party or its legal representative from a final judgment, order, or proceeding for the following reasons: […] (5) […] it is based on an earlier judgment that has been reversed or vacated; or applying it prospectively is no longer equitable; or (6) any other reason that justifies relief.“ 51 DeWeerth v. Baldinger 804 F.Supp. 539, 541 (S.D.N.Y. 1992). 52 DeWeerth v. Baldinger 38 F.3d 1266, 1276 (2nd Cir. 1994). Vgl. zudem die abweichende Meinung des Richters Owen bei DeWeerth v. Baldinger 38 F.3d 1266, 1278 f. (2nd Cir. 1992). 53 Anders sieht dies bei Fragen der Verwirkung aus; vgl. dazu noch sub § 7.III. 47

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§ 7 Verjährung und laches

Herausgabeverlangen Kenntnis erlangt und damit bösgläubig wird. 54 Damit kann der Beginn der Verjährungsfrist letztlich über Jahrzehnte ausgedehnt werden; wird der derzeitige Besitzer nicht zur Rückgabe aufgefordert, besteht für den Kläger kein Verjährungsrisiko, auch wenn sein nachlässiges Verhalten im Rahmen der Verwirkung des Klagerechts (laches) berücksichtigt und ein infinites Prozessieren damit zum Teil wieder eingeschränkt wird.55 Wenn man davon ausgeht, dass der Kläger unmittelbar nach der Weigerung des Beklagten, das Kunstwerk herauszugehen, Klage einreicht, gibt es im New Yorker Recht damit faktisch keine Verjährung in Restitutionsstreitigkeiten. Umgekehrt besteht für den gutgläubigen Erwerber – der nach common law nie einen good title erwerben kann – die anhaltende Gefahr einer Inanspruchnahme durch die Rechtsnachfolger des Eigentümers. In der Praxis hat diese Regel für den Kläger enorme Vorteile, da er erst umfangreiche Nachforschungen zur Provenienz des Kunstgegenstands anstellen und den Besitzer dann zur Herausgabe auffordern kann, wenn er die für eine Klage erforderlichen Beweismittel beisammen hat. Dieses Vorgehen birgt für den Restitutionsberechtigten jedoch auch das Risiko in sich, dass das Kunstwerk ins Ausland oder in einen USBundesstaat, in dem die demand and refusal rule nicht gilt, veräußert wird. c) Grenzen der Verjährung Entscheidend für die Verjährung nach New Yorker Recht ist damit nicht der Entzug des Kunstgegenstands, sondern das vorprozessuale Verhalten des Klägers in der Jetztzeit. Wie sehr sich die Verjährungsfrage damit von der Begründetheit des Restitutionsbegehrens entfernt hat, zeigt die aktuelle Entscheidung Grosz v. Museum of Modern Art:56

––––––––––– 54 Vgl. N.Y.C Transit Auth. v. N.Y. Historical Soc’y 635 N.Y.S.2d 998, 1001 (NY Sup. Ct. 1995); aff’d 656 N.Y.S.2d 731 (NY App. Div. 1997). 55 Vgl. dazu noch ausführlich sub § 7.III. 56 Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); motion to amend and reconsideration den. 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); aff’d 403 F.App’x 575 (2nd Cir. 2010); cert. den. 565 U.S. 819 (2011).

I. Überblick der Verjährungsvorschriften

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Abb. 22a/b: George Grosz, Bildnis Max Herrmann-Neisse (The poet Max HermannNeisse), 1927/1928 / Das Modell (Self-portrait with a Model), 1928/1929; (c) Estate of George Grosz, Princeton, N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2020. Sachverhalt:57 George Grosz war ein deutsch-amerikanischer Künstler, dessen Werke insbesondere der Neuen Sachlichkeit und dem Dadaismus zugerechnet werden und in der NSZeit als ‚entartete Kunst‘ galten. Grosz – ein Kritiker des NS-Regimes – verließ Deutschland 1933 und siedelte in die USA über, 1938 wurde seine deutsche Staatsangehörigkeit eingezogen und seine in Deutschland verbliebenen Vermögenswerte beschlagnahmt. Die Erben von George Grosz machen u.a. Herausgabeansprüche gegen das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) in Bezug auf die Werke Bildnis Max Herrmann-Neisse, Das Modell und Republikanische Automaten sowie Schadensersatzansprüche auf der Grundlage von conversion, replevin und constructive trust58 geltend. Nachdem Grosz die Bilder zwischen 1920–1929 fertiggestellt hatte, befanden sie sich zunächst bei Groszs Kunstagenten Alfred Flechtheim, der als Jude nach London übergesiedelt war und 1937 verstarb. Die Kläger tragen vor, alle drei Gemälde seien Flechtheim zwischen 1937 und 1938 von der NSDAP nahestehenden Kunsthändlern abgenommen bzw. unter Verschleierung der wahren Herkunft an (verschiedene) Dritte weiterverkauft worden.59 Alle Kunstwerke fanden ihren Weg nach New York und befinden sich – als Ankauf oder Schenkung – seit 1946/1952/1954 im Besitz des MoMA, das sich schon früh darum bemühte, entartete Kunst anzukaufen, wohlwissend, welche Erwerbshistorie die Gemälde teilweise hatten.60 Entscheidung: Leider konnte sich der District Court nicht mit den spannenden inhaltlichen Fragen des Falles auseinandersetzen. Denn die Erben hatten ihre Ansprüche zu spät geltend gemacht. Grosz selbst war schon 1953 bekannt, dass das MoMA das Gemälde Bild-

––––––––––– 57

Entnommen aus Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010). Dazu bereits § 6.I.1.c). 59 Einzelheiten bei Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473, 477 ff. (S.D.N.Y. 2010). 60 Vgl. Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 159 f. (insb. Fn. 2). 58

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§ 7 Verjährung und laches

nis Max Herrmann-Neisse ausstellte, glaubte aber, gegen den Verlust des Gemäldes rechtlich nichts ausrichten zu können.61 Die nächsten 50 Jahre passierte nichts. Die Erben hatten vielmehr erst Ende 2003 ihre Ansprüche gegenüber dem MoMA eingefordert (demand), welche nach den Feststellungen des Gerichts im Juli 2005 endgültig vom Museum zurückgewiesen wurden (refusal), jedoch erst 2009 ihre Ansprüche bei Gericht anhängig gemacht62 und damit die dreijährige Verjährungsfrist der New Yorker demand and refusal rule (zwischen Zurückweisung des Herausgabeverlangens und klageweiser Geltendmachung) verstreichen lassen.63

4. Accrual rule im Übrigen Neben der constructive/actual discovery rule oder der demand and refusal rule wenden Teile der US-Bundesstaaten eine einfache Ablaufverjährung an. 64 Nach dieser traditional accrual rule beginnt die Verjährungsfrist bereits im Zeitpunkt der Entstehung des Herausgabeanspruchs (unrechtmäßige Entziehung des Kunstgegenstands) zu laufen, ohne dass es auf die Kenntnis des Eigentümers oder dessen Rechtsnachfolger ankommt. Der Eigentümer muss vielmehr innerhalb der Verjährungsfrist alle Anspruchsvorrausetzungen in Erfahrung bringen, um den Anspruch geltend machen zu können. Damit sollen potentiell Anspruchsberechtigte zu aktiven Nachforschungen angeregt werden.65 Vorausgesetzt bei der accrual rule wird jedoch meist, dass sich das Kunstwerk im jeweiligen Jurisdiktionsbereich (also nicht etwa im Ausland) befindet und nicht arglistig versteckt („fraudulently concealed“) wurde.66 Diese equity rule soll den Verjährungseinwand des Besitzers verhindern, der den Kunstgegenstand dem tatsächlichen Eigentümer bewusst vorenthalten hat, um ihn an der Geltendmachung von Ansprüchen zu hindern; in diesen Fällen wird der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt und das Verjährungsrecht der accrual rule nähert sich der (constructive) discovery rule an.67 In Restitutionsstreitigkeiten hat die accrual rule indes nur eine nachrangige Bedeutung, da sich der Großteil der Verfahren auf Kalifornien, New York und die dortigen Federal Courts verteilt. ––––––––––– 61

Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 160 mit Einzelheiten. Einzelheiten bei Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473, 484 ff. (S.D.N.Y. 2010). 63 Ob unter dem HEAR Act eine erneute Klage möglich ist, ist dagegen fraglich (vgl. zu den Fällen der Rückwirkung des HEAR Act: Cunningham, 69 Case W. Res. L. Rev. 427, 443 f. [2018] – ablehnend). 64 Nachweise bei Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 26. Ein Beispiel ist die Entscheidung The Detroit Institute of Arts v. Ullin (ausführlich sub § 7.II.2.b)bb)). 65 Vgl. DeWeerth v. Baldinger 836 F.2d 103, 109 (2nd Cir. 1987). 66 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 39; ausführlich Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 908 f. 67 Weiterführend Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 909 f. m.w.N. 62

II. Der HEAR Act 2016

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II. Der HEAR Act 2016 als lex Gurlitt Americana II. Der HEAR Act 2016

Die größte Herausforderung bei der Rückforderung unrechtmäßig entzogener Kunstwerke während der NS-Zeit stellt somit der Verjährungseinwand des Beklagten dar. Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, hängt der Klageerfolg maßgeblich davon ab, welches bundesstaatliche Verjährungsrecht zur Anwendung gelangt. Während der Kläger etwa unter Anwendung der demand and refusal rule oder der actual discovery rule auch im Jahr 2020 noch gute Chancen bei der Durchsetzung seiner Ansprüche hat, wird man bei Anwendung der accrual rule und auch der constructive discovery rule regelmäßig zu einer Verjährung des Klagerechts kommen. Da die Einzelstaaten Verjährungsbeginn und -dauer zudem unterschiedlich definieren, hängt es vom – historisch betrachtet – willkürlich determinierten Verjährungsrecht ab, ob das Gericht in eine Sachprüfung eintritt oder nicht.68 Abermals kommt die Durchsetzung von Restitutionsansprüchen einem Roulette-Spiel gleich, weil allein der zufällige Umstand des anzuwendenden Verjährungskonzepts maßgeblich über den Erfolg der Klage entscheidet. Darauf ist auch der US-Bundesgesetzgeber aufmerksam geworden und hat durch den Erlass des Holocaust Expropriated Art Recovery (HEAR) Act 2016 69 neue Möglichkeiten für die Restitution von NS-Raubkunst eröffnet. Insbesondere reagierte der US-Kongress damit auf die dargestellten, divergierenden Verjährungskonzepte in den einzelnen Bundesstaaten und den Umstand, dass Klagen allein auf Grundlage der Verjährung ohne Sachprüfung des Restitutionsbegehrens abgewiesen werden. 1. Legislatorischer Hintergrund a) Kalifornische Gesetzgebung als Blaupause Kalifornien nahm bereits früh eine Vorreiterrolle bei der Restitution von NSRaubkunst ein und verabschiedete 2002 ein Gesetz,70 das derartige Restitutionsklagen im Wesentlichen dem Anwendungsbereich der allgemeinen Verjährungsvorschriften entzog. Mit der Neuregelung in sec. 354.3 des California Code of Civil Procedure konnten Klagen vielmehr verjährungsunabhängig bis zum 31.12.2010 erhoben werden. Das kalifornische Recht in sec. 338(2) California Code of Civil Procedure („The cause of action in the case of theft […] of an article of historical, interpretive, scientific, or artistic significance is not deemed to have accrued until the discovery of the whereabouts of the article ––––––––––– 68

Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 621 (2018). Pub. L. No. 114-308 (2016) – am 16.12.2016 von Präsident Obama unterzeichnet. 70 Art and Artists-Holocaust Era-Limitation of Actions, 2002 Cal. Legis. Serv. Ch. 332 (A.B. 1758) (West); Ca. Legis 332 (2002). Eingeführt als sec. 354.3 Cal. Code of Civil Procedure (Text im Appendix VI). 69

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§ 7 Verjährung und laches

by the aggrieved party […].“) schon vorsah, dass die Verjährungsfrist im Falle eines Kunstdiebstahls erst mit der tatsächlichen Kenntnis des Klägers vom Aufenthaltsort des Kunstgegenstandes beginnt, betraf diese Neuregelung insbesondere Klagen, die nach den Grundsätzen der in Kalifornien sonst geltenden discovery rule bereits verjährt gewesen wären. Diese Bestimmung des California Code of Civil Procedure wurde 2009 in dem Aufsehen erregenden Restitutionsverfahren Marei von Saher v. Norton Simon Museum of Art für verfassungswidrig erklärt. b) Marei von Saher v. Norton Simon Museum of Art71

Abb. 23: Lukas Cranach der Ältere, Adam und Eva, um 1530.

––––––––––– 71

Marei von Saher v. Norton Simon Museum of Art at Pasadena 2007 WL 4302726 (C.D.Cal. 2007); aff’d in part, rev’d in part, remanded 578 F.3d 1016 (9th Cir. 2009); amended and superseded on denial for rehearing en banc 592 F.3d 954 (9th Cir. 2009) – von Saher I; cert. den. 564 U.S. 1037, 131 S.Ct. 3055 (2011); 862 F.Supp.2d 1044 (C.D.Cal. 2012); rev’d and remanded 754 F.3d 712 (9th Cir. 2014) – von Saher II; cert. den. 135 S.Ct. 1158 (Mem); 2015 WL 12910626 (C.D.Cal. 2015); 2016 WL 7626149 (C.D.Cal. 2016); 2016 WL 7626153 (C.D.Cal. 2016); aff’d 897 F.3d 1141 (9th Cir. 2018) – von Saher III; cert. den 139 S.Ct. 2616 (Mem).

II. Der HEAR Act 2016

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Sachverhalt:72 Marei von Saher73 begehrt die Rückgabe von zwei Gemälden von Lukas Cranach dem Älteren (Adam und Eva, um 1530) von dem beklagten Museum in Pasadena/Kalifornien. Von Saher ist die Erbin von Jacques Goudstikker (1897–1940), einem weltbekannten niederländischen Kunstsammler um die Zeit des Zweiten Weltkriegs, der die Gemälde 1931 in Berlin bei einer von der russischen Regierung durchgeführten Auktion erworben hatte. Bei dieser Auktion wurden auch Gemälde der russischen Stroganoff-Familie versteigert, wobei die Gemälde nach Ansicht der Klägerin nicht aus deren Sammlung, sondern einer Kirche in der Ukraine stammten. Als die Nazis 1940 in die Niederlande einmarschierten, ließ Goudstikker seine Gemäldesammlung mit etwa 1.200 Kunstwerken zurück, nur ein Notizbuch mit den Beständen seiner Sammlung behielt er. Nach dem Vorbringen der Klägerin ‚kaufte‘ Alois Miedl (ein Hermann Göring nahestehender NS-Funktionär) – nachdem er auf Goudstikkers Mutter, die in den Niederlanden verblieben war, erheblichen Druck ausgeübt hatte – dessen Galerie für einen Bruchteil des Wertes und ließ die Gemälde auf Görings Landsitz Carinhall74 bei Berlin verbringen. Dort verblieben die Bilder bis ca. Mai 1945 und wurden um 1946 von den Alliierten im Wege der external restitution an die niederländische Regierung übergeben. Die Goudstikker-Familie initiierte in der Nachkriegszeit ein Restitutionsverfahren, das jedoch nicht die von Miedl/Göring beschlagnahmten Gemälde umfasste75 und ließ – weil sie das Verfahren für unfair erachtete – Restitutionsfristen in den Niederlanden verstreichen. 1961 trat ein Mitglied der Stroganoff-Familie an die niederländische Regierung mit der Behauptung heran, die Cranachs gehörtem seiner Familie und wären bereits 1920 unrechtmäßig von der sowjetischen Regierung beschlagnahmt und in Berlin versteigert worden. Im Vergleichswege gab die niederländische Regierung die Gemälde 1966 an George Stroganoff gegen eine Geldzahlung von 60.000 Gulden heraus, der die Gemälde 1971 an Norton Simon veräußerte. Dieser brachte die Bilder wiederum in das Norton Simon Museum of Art in Pasadena ein. 1996 strengte von Saher– zunächst erfolglos – ein Restitutionsverfahren gegen die niederländische Regierung an. Einige Jahre später änderten die Niederlande jedoch vor dem Hintergrund der Washington Principles ihre Restitutionspraxis und gaben von Saher 200 Werke aus dem Bestand von Goudstikker zurück, die sich noch im Besitz der Niederlande bzw. niederländischer Museen befanden. Eine Restitution oder Kompensation für die streitgegenständlichen Kunstwerke fand nicht statt, da diese bereits in Kalifornien ausgestellt waren. Nachdem von Saher im Jahr 2000 an das Norton Simon Museum of Art herantrat, folgten mehrere Jahre erfolgloser Verhandlungen, bis das Museum schließlich eine gütliche Einigung mit der Begründung (endgültig) verweigerte, die Stroganoff-Familie sei der einzig rechtmäßige Eigentümer der Gemälde gewesen und daher sei das Museum über George Stroganoff legitimiert Eigentümer geworden. 2007 erhob von Saher Klage gegen das Norton Simon Museum of Art, u.a. aus replevin und conversion. Sie stützte ihre Klage dabei maß-

––––––––––– 72 Entnommen aus von Saher v. Norton Simon Museum of Art 2007 WL 4302726 (C.D.Cal. 2007); 578 F.3d 1016 (9th Cir. 2009); 754 F.3d 712 (9th Cir. 2014). 73 Siehe bereits sub § 6.II.4.b)bb). Von Saher soll in mehr als 50 Restitutionsprozesse involviert gewesen sein, die vergleichsweise erledigt wurden (vgl. Kline KUR 2017, 13, 17). 74 Dazu Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz – Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, S. 49, 61. 75 Die niederländische Regierung erachtete den Verkauf der Galerie als freiwillig und frei von verfolgungsbedingtem Zwang und sah sich daher als rechtmäßige Eigentümerin der Gemälde an.

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§ 7 Verjährung und laches

geblich auf sec. 354.3(c) California Code of Civil Procedure,76 welche die Verjährung für bis zum 31.12.2010 erhobene Restitutionsklagen in Bezug auf NS-Raubkunst aussetzte.

aa) Von Saher I In einem ersten Verfahrensgang musste darüber entschieden werden, ob sec. 354.3 California Code of Civil Procedure in der damaligen Fassung verfassungsrechtlich zulässig war oder ob Kalifornien seine Gesetzgebungskompetenzen überschritten hatte. Der Court of Appeals for the Ninth Circuit bejahte diese im US-amerikanischen Verfassungsrecht höchst umstrittene Frage. Zwar verstoße die Regelung nicht gegen eine gegenwärtige foreign policy der USA;77 jedoch habe Kalifornien unter der foreign affairs doctrine keine Gesetzgebungskompetenz, weil die spezifische Regelung von NS-Restitutionsverfahren Sache des Bundes und der vom Präsidenten ausgeübten Außenpolitik sei: „In sum, the scope of § 354.3 belies any purported state interest in regulating stolen property or museums or galleries within the State. By enacting § 354.3, California has created a world-wide forum for the resolution of Holocaust restitution claims. While this may be a laudable goal, it is not an area of ‘traditional state responsibility’ […].“78 Vielmehr haben Restitutionsbemühungen zur Widererlangung von NS-Raubkunst – wie die umfassende Analyse des Court of Appeals zeigt – schon seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den Händen des Bundes gelegen, der sich auch in den letzten Jahrzehnten in vielfältiger Weise für diese Thematik eingesetzt hat, z.B. durch den Erlass von Gesetzen und den Beitritt zu internationalen Abkommen.79 Daher könne ein einzelner Bundesstaat keine speziell auf NS-Restitutionsverfahren zugeschnittene Verjährungsregelung erlassen: „It is beyond dispute that there was no role for individual states to play in the restitution of Nazilooted assets during and immediately following the war. Recent Administrations and Congresses continue to address problems facing Holocaust survivors and their heirs. […] This history of federal action is so comprehensive and pervasive as to leave no room for state legislation.“80 Diesem Ansatz widerspräche es, wenn Kalifornien als „world-wide forum for the resolution of Holocaust restitution claims“ weitreichend in die Restitutionspraxis anderer Staaten eingreifen würde: „Section 354.3, at its core, concerns restitution for injuries inflicted by the Nazi regime during World War II. Claims brought under this statute, including the instant claim, would require California courts to review acts of restitution made by foreign governments.“81 Damit hatte das Urteil keinen Bestand und das Verfahren wurde an den District Court zurückverwiesen.

––––––––––– 76

Siehe den Text im Appendix VI. Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 960 ff. (9th Cir. 2010). Der Court of Appeals differenzierte dabei zwischen conflict preemption and field preemption; während erstere einen Konflikt mit einer federal foreign policy beschreibt, rekurriert letztere auf ein „subject within the exclusive power of the federal government.“ Umfassend zu den dogmatischen Hintergründen Hay, Nazi-looted Art and the Law, S. 127 f. 78 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 965 (9th Cir. 2010). 79 Siehe dazu sub § 3.IV. und § 3.V. Die Entscheidung des Court of Appeals hat starke Kritik aus der Wissenschaft hervorgerufen, vgl. nur Kreder, 105 Nw. L. Rev. Colloquy 315, 324 ff. (2010-2011). 80 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 968 (9th Cir. 2010); vgl. auch die dissenting opinion von Circuit Judge Perguson at 970 ff. 81 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954, 967 (9th Cir. 2010). 77

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bb) Exkurs: Bisherige kalifornische NS-Gesetzgebung Die umstrittene,82 aber vom Supreme Court nicht beanstandete Entscheidung83 schrieb dabei das Garamendi-Urteil des Supreme Court 84 und das Urteil Deutsch v. Turner Corp. 85 des Court of Appeals for the Ninth Circuit fort. Diese Verfahren setzten sich mit zwei Aspekten der vom kalifornischen Gesetzgeber erlassenen sog. Holocaust legislation auseinander, welche ebenfalls für kompetenzwidrig erklärt wurde. Während des Zweiten Weltkriegs hatten verschiedene Versicherungsunternehmen jüdischen Versicherungsnehmern die Policen unrechtmäßig gekündigt und Gelder einbehalten. Der kalifornische Holocaust Victim Insurance Relief Act of 1998 (HVIRA)86 verpflichtete daher in Kalifornien tätige Versicherer, Listen über alle zwischen 1920 und 1945 ausgegebenen Versicherungspolicen zu veröffentlichen, weil eine Bestimmung im California Insurance Code es als unfair business practice ansah, wenn ein Versicherer die Zahlung auf die berechtigte Forderung eines Holocaust-Überlebenden verweigerte.87 Sec. 354.5 California Code of Civil Procedure sah darüber hinaus eine Verlängerung der Verjährungsfristen für Klagen von Überlebenden des Holocaust vor und statuierte besondere Klagerechte gegen Versicherungsunternehmen. In verschiedenen Verfahren wurde von der Versicherungsindustrie u.a. geltend gemacht, das Gesetz verletze eine Vereinbarung zwischen den USA und der deutschen Regierung über die Regelung derartiger Streitigkeiten im Rahmen der Commission on Holocaust Era Insurance Claims. Daraufhin entschied der Supreme Court in seiner Garamendi-Entscheidung, das Gesetz sei „preempted by the President’s authority to conduct foreign relations“ und erklärte es daher mangels Gesetzgebungskompetenz für nichtig.88 Ähnlich wurde in Deutsch v. Turner Corp., einem der sog. slave-labor-Prozesse, entschieden, in dem von einem ungarischen Juden von der Hochtief AG Schadensersatz wegen Sklavenarbeit zur Zeit des Zweiten Weltkriegs verlangt wurde. Der Kläger stützte sich dabei auf sec. 354.6 California Code of Civil ––––––––––– 82 Z.B. Demarsin, 28 Cardozo Arts & Ent. L.J. 255, 287 ff. (2010); Kreder, 105 NW. U. L. Rev. Colloquy 315, 325 (2011). 83 Cert. den. 564 U.S. 1037 (2011). 84 539 U.S. 396 ff. (2003). 85 Deutsch v. Turner Corp. 324 F.3d 692 (9th Cir. 2003). 86 H.R. 4826, 105th Congress (1997–1998). 87 Vgl. American Ins. Assn. v. Garamendi 539 U.S. 396, 408 f. (2003). 88 American Ins. Assn. v. Garamendi 539 U.S. 396, 420 (2003): „[R]esolving Holocaustera insurance claims that may be held by residents of this country is a matter well within the Executive’s responsibility for foreign affairs. Since claims remaining in the aftermath of hostilities may be ‘sources of friction’ acting as an ‘impediment to resumption of friendly relations’ between the countries involved, there is a ‘longstanding practice’ of the national Executive to settle them in discharging its responsibility to maintain the Nation’s relationships with other countries.“

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§ 7 Verjährung und laches

Procedure, welche eine spezifische cause of action für derartige Ansprüche vorsah und bestehende Verjährungsfristen verlängerte. Auch diese Bestimmung wurde vom Court of Appeals for the Ninth Circuit mit ähnlichen Erwägungen wie in der Garamendi-Entscheidung des Supreme Court für verfassungswidrig erklärt.89 cc) Von Saher II Die von Saher I-Entscheidung hatte daher zur Folge, dass eine Zuständigkeit der Bundesstaaten speziell für Klagen wegen NS-Raubkunst nicht gegeben ist. Nach Erlass dieses ersten Berufungsurteils reagierte der kalifornische Gesetzgeber jedoch umgehend und ergänzte sec. 338 California Code of Civil Procedure noch im selben Jahr: Nach der Neuregelung verjährt eine Restitutionsklage gegen ein Museum oder eine Kunstgalerie generell – und nicht mehr spezifisch auf NS-Verfahren ausgerichtet – erst sechs Jahre nach der tatsächlichen Kenntnis des Anspruchsstellers über die Anspruchsberechtigung (actual discovery),90 wobei die Bestimmung rückwirkend auch auf alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Anwendung findet, sofern der Entzug des Gegenstands nicht mehr als 100 Jahre zurückliegt.91 Diese Bestimmung erwies sich als nicht kompetenzwidrig im Sinne der ersten von-Saher-Entscheidung, da sie nicht spezifisch auf Restitutionsklagen von NS-Raubkunst ausgerichtet ist. Damit ging das Verfahren in die zweite Runde. Nachdem der District Court die Klage erneut (und man liest zwischen den Zeilen: mit Abneigung gegen die erste Entscheidung des Court of Appeals) mit Verweis auf die foreign affairs preemption92 abgewiesen hatte, wurde das Urteil im Berufungsverfahren erneut aufgehoben.93 Der Court of Appeals kam zu dem Ergebnis, von Sahers Klage verstoße nicht gegen eine federal policy des Bundes im Zusammenhang mit NS-Raubkunst. Denn die Cranachs seien niemals Bestandteil eines offiziellen Restitutionsverfahrens in den Niederlanden gewesen; bei der Übergabe an Stroganoff handelte es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um ein förmliches Rückerstattungsverfahren, weil dafür bereits 1951 die Fristen abgelaufen seien, während eine Übergabe an Stroganoff erst 1961/1966 stattgefunden habe. Vielmehr stimme von Sahers Klage sogar mit der Handhabung von Restitutionsstreitigkeiten durch den Bundesgesetzgeber überein: „Not only do we find an absence of conflict between Von Saher‘s claims and federal policy, but we believe her claims are in concert with that policy. Von Saher is just the sort of heir that the Washington Principles and Terezin Declaration encouraged to come forward to make claims, again, because the Cranachs were

––––––––––– 89 Deutsch v. Turner Corp. 324 F.3d 692, 716 (9th Cir. 2003); siehe ferner Steinberg v. Int‘l Comm‘n on Holocaust Era Ins. Claims 133 Cal.App.4th 689, 34 Cal.Rptr.3d 944, 953 (Cal. Ct. App. 2005). 90 Siehe den Text im Appendix VI. 91 Sec. 338(c)(3)(B) California Code of Civil Procedure. 92 Vorliegend machte das Museum geltend, eine Restitution der Gemälde an von Saher würde den Prozess der external restitution und die Ergebnisse der Terezín declaration beeinträchtigen; vgl. von Saher v. Norton Simon Museum of Art 754 F.3d 712, 720 f. (9th Cir. 2014). 93 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 754 F.3d 712, 721 ff. (9th Cir. 2014). Die petition for writ of certiorari wurde vom Supreme Court abgelehnt (135 S.Ct. 1158 [Mem]). Beachte jedoch die dissenting opinion von Circuit Judge Wardlaw at 727 ff.

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never subject to internal restitution proceedings. Moreover, allowing her lawsuit to proceed would encourage the Museum, a private entity, to follow the Washington Principles, as the Terezin Declaration urged. Perhaps most importantly, this litigation may provide Von Saher an opportunity to achieve a just and fair outcome to rectify the consequences of the forced transaction with Göring during the war, even if such a result is no longer capable of being expeditiously obtained.“ 94 Das Verfahren wurde daher zum zweiten Mal an den District Court zurückverwiesen.

dd) Von Saher III Nach mehreren Zwischenverfahren95 entschied dieser jedoch wiederum, dass die Klage unbegründet sei, weil der niederländische Staat Eigentum an den Gemälden erlangt hatte und daher auch das Norton Simon Museum of Art als Rechtsnachfolger einen good title an den Kunstwerken habe. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass das Norton Simon Museum seinen Anspruch über Stroganoff vom niederländischen Staat ableitet, kommt es für die Eigentumslage entscheidend darauf an, ob dieser Eigentümer der Bilder war.96 Dafür untersuchte das Gericht umfassend die niederländische Rechtslage und kam – unter Anwendung von niederländischem Sachrecht – zu dem Ergebnis, der niederländische Staat habe unter Royal Decree E133 Eigentum an den Bildern erworben, weshalb die Herausgabeklage unbegründet sei.97 Denn nach diesem in der Nachkriegszeit erlassenen Gesetz fiel ‚Feindeseigentum‘ – hier die im Haus von Göring aufgefundenen und an die niederländische Regierung übergebenen Kunstschätze – ipso iure dem niederländischen Staat zu als Kompensation für die erlittenen Kriegsschäden. Da nach niederländischem Recht die Übereignung von Goudstikker an Miedl/Göring nur anfechtbar, aber nicht nichtig war, habe es sich vorliegend um ‚Feindeseigentum‘ der Nationalsozialisten gehandelt, das mit der Rückgabe automatisch in das Eigentum des niederländischen Staates übergegangen sei.98

––––––––––– 94

Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 754 F.3d 712, 723 ff. (9th Cir. 2014). Auch ein Verstoß gegen die act of state doctrine (dazu bereits sub § 6.II.) konnte vom Court of Appeals (noch) nicht festgestellt werden: Zwar müsse berücksichtigt werden, dass sich es bei der Übergabe der Gemälde durch die niederländische Regierung an Stroganoff um einen Hoheitsakt handeln könnte, der von US-Gerichten nicht auf seine Rechtmäßigkeit überprüft wird. Jedoch habe der District Court noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, um abschließend zu beurteilen, ob nicht eine Ausnahme zur act of state doctrine eingreife, insbesondere die sog. commercial exception (vgl. von Saher v. Norton Simon Museum of Art 754 F.3d 712, 725 ff. [9th Cir. 2014]). 95 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 2015 WL 12910626 (C.D.Cal. 2015); vgl. zudem 2016 WL 7626149 (C.D.Cal. 2016). 96 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 2016 WL 7626153 at *8 (C.D.Cal. 2016). 97 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 2016 WL 7626153 at *14 (C.D.Cal. 2016). Umfassende Kritik zur Vorgehensweise bei Kline, KUR 2017, 13, 15 f. 98 Einzelheiten bei von Saher v. Norton Simon Museum of Art 2016 WL 7626153 at *8 ff. (C.D.Cal. 2016).

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§ 7 Verjährung und laches

Diese Entscheidung wurde vom Berufungsgericht bestätigt.99 Jedoch verwahrte sich der Court of Appeals – in klarer Abweichung zum Urteil des District Court100 – dagegen, die Entscheidung ausschließlich auf der Grundlage von niederländischem Recht zu treffen. Vielmehr sei der Anspruch nach der amerikanischen act of state doctrine ausgeschlossen. 101 Denn essentielle Vorbedingung für die Eigentümerstellung der von Saher sei, dass die Übergabe des Bildes von der niederländischen Regierung an Stroganoff sowie die ablehnenden Restitutionsentscheidungen der Niederlande annulliert werden müssten.102 Da ein Handeln staatlicher Stellen gegeben war, lag bei der Übergabe an Stroganoff jedoch ein act of state vor, der durch amerikanische Gerichte gerade nicht auf seine Wirksamkeit und inhaltliche Richtigkeit – insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Berechtigung von Stroganoff – überprüft werden könne:103 „[…] the conveyance of the Cranachs to Stroganoff in consideration of his restitution claim constitute an official act of state that gives effect to the Dutch government’s ‚public interests.‘“104 Aus den gleichen Gründen stehe einer Entscheidung zugunsten der Klägerin entgegen, dass ein niederländisches Berufungsgericht eine Restitution des Gemäldes an von Saher in den 1990er Jahren abgelehnt und die niederländische Regierung daraufhin entschieden hatte, dass das Restitutionsverfahren der von Saher durch dieses Urteil formal beendet sei und keine weitere Sachprüfung erfolgen werde.105 Der Court of Appeals fragt sodann, ob im vorliegenden Fall nicht eine Ausnahme von der act of state doctrine gemacht werden muss. In Betracht kommt dabei insbesondere eine commercial exception, sofern der Staat in seinem hoheitlichen Handeln mehrheitlich wie ein Privater am Markt aufritt.106 Dies ist bei einem Restitutionsverfahren jedoch nicht der Fall,107 da ein solches nur von staatlichen Stellen durchgeführt werden kann.

––––––––––– 99 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141 (9th Cir. 2018); die petition for writ of certiorari wurde jüngst vom US Supreme Court abgelehnt (139 S.Ct. 2616 [Mem]). 100 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1149 (9th Cir. 2018): „Whatever the exact legal effect of those decrees – and irrespective of whether the district court correctly interpreted their meaning under Dutch law – we cannot avoid the conclusion that the post-war Dutch system adjudicated property rights by expropriating certain items from the Nazis and restoring rights to dispossessed Dutch citizens.“ 101 Insoweit setzt sich der Court of Appeals in einen gewissen Widerspruch zu seinen Ausführungen in von Saher II, wonach die Bilder nie Bestandteil eines offiziellen Restitutionsverfahrens gewesen seien (vgl. oben sub § 7.II.1.b)cc)). 102 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1149 (9th Cir. 2018). 103 „Expropriation of private property is a uniquely sovereign act“ (Vgl. Oetjen v. Central Leather Co. 246 U.S. 297, 303, 38 S.Ct. 309 [1918]; Ricaud v. American Metal Co. 246 U.S. 304, 38 S.Ct. 312, 62 L.Ed. 733 [1918]). 104 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1151 (9th Cir. 2018). Damit war auch irrelevant, ob Goudstikker selbst durch die Auktion in Berlin Eigentum an den Bildern erworben hatte. 105 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1152 ff. (9th Cir. 2018). 106 Vgl. Alfred Dunhill of London, Inc. v. Republic of Cuba 425 U.S. 682, 704 f., 96 S.Ct. 1854 (1976): „In their commercial capacities, foreign governments do not exercise powers peculiar to sovereigns. Instead, they exercise only those powers that can also be exercised by private citizens.“ 107 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1154 (9th Cir. 2018); auch das sog. Second Hickenlooper Amendment greift nicht ein (vgl. bereits sub § 6.II.3.a)).

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Damit musste auch der Court of Appeals – der seine Sympathie für von Saher zum Ausdruck brachte – die Klage abweisen: „Our judiciary created the act of state doctrine for cases like this one. In applying it, we presume the validity of the Dutch government’s sensitive policy judgments and avoid embroiling our domestic courts in re-litigating long-resolved matters entangled with foreign affairs. Without question, the Nazi plunder of artwork was a moral atrocity that compels an appropriate governmental response. But the record on remand reveals an official conveyance from the Dutch government to Stroganoff thrice ‘settled’ by Dutch authorities. For all the reasons the doctrine exists, we decline the invitation to invalidate the official actions of the Netherlands.“108

2. Der Erlass des HEAR Act Als Folge des von Saher-Verfahrens sind die US-Bundesstaten nicht berechtigt, spezifische Ausnahmen von ihren Verjährungsvorschriften für Herausgabeklagen im Zusammenhang mit NS-Raubkunst zu machen. Daher nahm sich der Kongress unmittelbar nach Erlass der letzten von Saher-Entscheidung der Thematik selbst an. 109 Denn wie ausgeführt, 110 verjähren Herausgabeklagen bei Mobilien (insbesondere aus replevin und conversion) in den meisten US-Bundesstaaten in zwei bis sechs Jahren,111 weshalb Restitutionsverfahren, die nicht der demand and refusal rule oder der actual discovery rule folgen, faktisch aussichtslos sind. Der Kongress erachtete den Einfluss des Verjährungsrechts bei NS-Raubkunst jedoch als ungerecht, weil viele Anspruchsberechtigte angesichts des Ausmaßes der Kriegsverbrechen der Nazis selbst Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht in der Lage waren, ihre Anspruchsberechtigung in Erfahrung zu bringen, geschweige denn ihr Eigentum zurückzuerhalten.112 Auch in der Rechtswissenschaft hatten sich schon in den 1990er Jahren Fürsprecher für einen Ausschluss der Einrede der Verjährung formiert.113 Erklärtes Ziel des HEAR Act („An Act to provide the victims of Holocaustera persecution and their heirs a fair opportunity to recover works of art confis––––––––––– 108

Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 897 F.3d 1141, 1154 (9th Cir. 2018). HEAR Act s. 2(7) mit Verweis auf von Saher v. Norton Simon Museum of Art 592 F.3d 954 (9th Cir. 2009): „In light of this precedent, the enactment of a Federal law is necessary to ensure that claims to Nazi-confiscated art are adjudicated in accordance with United States policy as expressed in the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, the Holocaust Victims Redress Act, and the Terezin Declaration.“ 110 Siehe oben sub § 7.I.1. bis 4. 111 Cuba, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 447, 455 (1999); vgl. Cal. Code of Civ. Proc. sec. 338(c) (California – drei Jahre); D.C. Code sec. 12-301(2) (District of Columbia – drei Jahre); Fla. Stat. sec. 95.11(3)(i) (Florida – vier Jahre); 735 Ill. Comp. Stat. 5/13-205 (Illinois – fünf Jahre); Ind. Code sec. 34–11–2–7(3) (Indiana – sechs Jahre); NY CPLR 214(3) (New York – drei Jahre); 42 Pa. Cons. Stat. sec. 5524(3) (Pennsylvania – zwei Jahre); La. Civ. Code Ann. Art. 3492 (Louisiana – ein Jahr). Siehe weitere Nachweise bei Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 10 sowie zur Verjährung von Ansprüchen aus constructive trust a.a.O., § 12 m.w.N. 112 S. Rep. No. 114-394, at 2 ff. (2016). 113 Umfassend Cuba, 17 Cardozo Arts & Ent. L.J. 447 (1999). 109

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cated or misappropriated by the Nazis“) ist es daher, den Geschädigten von NS-Verbrechen eine Sachentscheidung ungeachtet von Verjährungsfragen zu ermöglichen.114 Gem. sec. 3 HEAR Act sollen Restitutionsstreitigkeiten nach den in den Washington Principles, dem Holocaust Victims Redress Act und der Terezin Declaration niedergelegten Prämissen beurteilt werden und eine Entscheidung nicht allein auf Grundlage des Verjährungseinwands des Beklagten, sondern in einer „just and fair manner“ erfolgen.115 Dafür schließt der HEAR Act eine Anwendung von bundesstaatlichen Verjährungsvorschriften bei NS-Restitutionsverfahren grundsätzlich aus. Bundeseinheitlich unterliegen derartige Verfahren einer sechsjährigen Verjährungsfrist, die erst bei einer tatsächlichen Kenntnis des Klägers von der Belegenheit des Kunstwerks und seiner Anspruchsberechtigung zu laufen beginnt: „a civil claim or cause of action against a defendant to recover any artwork or other property that was lost during the covered period because of Nazi persecution may be commenced not later than 6 years after the actual discovery by the claimant or the agent of the claimant of (1) the identity and location of the artwork or other property; and (2) a possessory interest of the claimant in the artwork or other property.“116

Erfasst werden dabei nur Herausgabeansprüche (z.B. aus replevin) für den Verlust von Kunstgegenständen aufgrund einer Verfolgung durch das NS-Regime, jedoch keine Schadensersatzklagen.117 Auch wird die Beweis- oder Substantiierungslast im Restitutionsprozess nicht verändert, 118 obwohl dieser Aspekt von den Gerichten nicht einheitlich gehandhabt wird.119 Ebenso wird die Möglichkeit eines civil forfeiture-Verfahrens under the National Stolen Property Act (NSPA) – wie im Verfahren Portrait of Wally120 – vom HEAR Act nicht berührt.121 Der HEAR Act wird – nicht zuletzt aufgrund seiner Unterstützung sowohl von Republikanern als auch von Demokraten (die Abstimmung ergab ein heute ––––––––––– 114 Der texanische Senator Ted Cruz, der das Gesetz mit anderen ins Parlament einbrachte, erklärte: „[They] are resolved in a fair and just manner on the merits, and are not barred by state statutes of limitations and other procedural defenses“ (nachgewiesen bei Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 611 [2018]). 115 Siehe zudem den Abschlussbericht des Committee on the Judiciary, S. Rep. No. 114394 (2016), S. 6. Umfassend zu den rechtlichen und ethischen Fragestellungen auch Cronin, 92 St. John‘s L. Rev. 509, 550 (2018); Kuehner Gray, 2019 U. Ill. L. Rev. 363, 400 (2019). 116 Sec. 5(a) des HEAR Act (Text im Appendix III). 117 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 32 f. mit umfassenden Nachweisen. 118 Zustimmend Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 184 ff. (2019) mit einer umfassenden Auseinandersetzung der Gesetzgebungshistorie, die gegen eine solch breite Anwendung spricht.: „Courts should reject the inchoate notion that the Act somehow recalibrates foundational principles of property law and burden of proof rules, and effectively requires courts to find for claimants in disputes over art that changed hands under the Nazis.“ 119 Siehe noch sub § 7.II.3.a). 120 Bereits sub § 4.IV.1. 121 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 33.

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kaum vorstellbares, einstimmiges bipartisan approval)122 – als gesetzgeberischer Erfolg gefeiert.123 Trotz der kurzen Zeit seit Inkrafttreten und des beschränkten Anwendungsbereichs hat der HEAR Act bereits erheblichen Einfluss auf Restitutionsklagen vor amerikanischen Gerichten,124 da auch als verjährt geltende Ansprüche unter Umständen wieder mit Erfolg gerichtlich geltend gemacht werden können. a) Anwendungsbereich Jedoch lässt der HEAR Act – nicht zuletzt aufgrund seiner unpräzisen Sprache – eine ganze Reihe an Fragen offen; bereits der Titel als Holocaust Expropriated Art Recovery Act mutet verwirrend an, da es nicht allein um die Restitution von während des Holocaust verlorengegangenen Kulturgütern geht. Zeitlich findet das Gesetz auf einen verfolgungsbedingten Entzug zwischen dem 01.01.1933 und dem 31.12.1945 Anwendung. 125 Eine geographische Beschränkung findet sich nicht, sodass das Kunstwerk irgendwo in der Welt verloren gehen konnte. Auch der Begriff des Kunstwerks ist dabei denkbar weit gefasst und beinhaltet neben Gemälden auch Zeichnungen, Skulpturen, Bücher etc.126 Wann ein Eigentumsverlust infolge einer Verfolgungsmaßnahme („because of Nazi persecution“) eingetreten ist, wird ebenfalls nur vage umschrieben: „’Nazi persecution’ means any persecution of a specific group of individuals based on Nazi ideology by the Government of Germany, 127 its allies 128 or agents, members of the Nazi Party, or their agents or associates, during the covered period.“129 Diese Formulierung lässt z.B. offen, ob auch ein ‚einfaches‘ Opfer des NS-Regimes, das nicht einer bestimmten Gruppe von Verfolg-

––––––––––– 122

Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 165 (2019). Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 158 (2019). 124 Z.B. in Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen-Bornemisza Collection Foundation sub § 7.II.2.d); vgl. auch Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 595 (2018): „Regardless of whether the HEAR Act will ultimately prove beneficial, it has already proven consequential.“ 125 Sec. 4(3) HEAR Act. 126 Definiert in sec. 4(2) HEAR Act. Die Bestimmung ist wohl – anders als noch im Gesetzgebungsverfahren vorgesehen – abschließend (Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 618, 627 f. [2018]). Zur Frage, ob auch Photographien und Fotoarchive davon umfasst sind Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 29 f. 127 Zu den Implikationen mit der Staatenimmunität und dem FSIA siehe bereits sub § 5.II.3.b). 128 Darunter dürfte z.B. das Mussolini-Regime, das Vichy-Regime und die ungarische Regierung fallen (Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 32). 129 Sec. 4(5) HEAR Act. 123

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ten (z.B. Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, geistig oder körperlich Behinderte) zugeordnet werden kann, vom Gesetz umfasst ist.130 Auch die Formel ‚based on Nazi ideology‘ ist recht unscharf und lässt sich letztlich unter nahezu jede Form des Eigentumsverlusts während der NS-Zeit subsumieren. 131 Der gerichtlichen Klärung bedarf weiter die Frage, wer als agent oder associate des NS-Regimes anzusehen ist. Ist dies nur, wer in einem formalen Abhängigkeits- oder Näheverhältnis zur NS-Diktatur stand, oder auch ein opportunistischer Nutznießer, der in den Kriegswirren seinen Vorteil suchte, die Nazi-Ideologie an sich jedoch ablehnte? Die ersten Judikate unter dem neuen Gesetz deuten darauf hin, dass der Gesetzgeber eine möglichst weite Auslegung favorisiert, sodass letztlich jeder Eigentumsverlust zwischen 1933 und 1945 vom HEAR Act umfasst ist, sofern ein Zusammenhang zwischen dem Rechtsverlust und einer Verfolgungsmaßnahme durch das NS-Regime oder seinen Verbündeten hergestellt werden kann. Folglich fällt nicht nur der Entzug des Kunstgegenstands durch eine hoheitliche Maßnahme oder aufgrund von Rechtsgeschäften mit dem Regime nahestehenden Personen in den Anwendungsbereich des HEAR Act, sondern wohl auch der Rechtsverlust durch eine Veräußerung an Private vor dem Hintergrund allgemeiner Verfolgungsmaßnahmen gegenüber jüdischen Mitbürgern oder zur Finanzierung der Flucht aus Deutschland. Zwar enthält der HEAR Act – anders noch als die Gesetzesbegründung – keine Definition von „lost due to Nazi persecution“. Indes ist die Formulierung sehr weitreichend und kann jede Form des unrechtmäßigen Verlustes umfassen, zumal dem US-Recht eine klare dogmatische Abgrenzung zwischen nichtigem und anfechtbarem Rechtsgeschäft fremd ist. Insoweit formuliert auch die Gesetzesbegründung: „The term ‘unlawfully lost’ includes any theft, seizure, forced sale, sale under duress, or any other loss of an artwork or cultural property that would not have occurred absent persecution during the Nazi era.“132 Zudem nimmt der HEAR Act in sec. 2(6) auf den Fall Detroit Institute of Arts

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Näher Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 30. Vgl. dazu Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 618, 628 (2018). 132 Holocaust Expropriated Art Recovery Act, S. 2763, 114th Cong. § 4. 131

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v. Ullin,133 bei dem es um den Privatverkauf an drei Kunsthändler ging, sowie die Terezín declaration Bezug.134 Für eine weitreichende Anwendung des HEAR Act, der auch Verkäufe an Private vor dem Hintergrund allgemeiner politischer Verfolgungsmaßnahmen umfasst, hat sich daher auch der Court of Appeals für the Second Circuit in einem aktuellen Urteil ausgesprochen135 und dabei die Abgrenzung zwischen ‚verfolgungsbedingten‘ und ‚regulären‘ Verkäufen zu einem geringeren Preis aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Situation offengelassen. Demnach ist der Anwendungsbereich des HEAR Act bereits dann eröffnet, wenn der Kläger darlegen kann, dass er oder sein Rechtsvorgänger das Kunstwerk während der NS-Zeit verloren hat und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Verlust nicht eingetreten wäre, wenn die Nationalsozialisten nicht an der Macht gewesen wären.136 b) Aussetzung der Verjährung Herzstück des HEAR Act bildet dessen sec. 5(a), wonach die Restitutionsklage innerhalb von sechs Jahren geltend gemacht werden kann, „after the actual discovery by the claimant or the agent of the claimant of (1) the identity and location of the artwork or other property; and (2) a possessory interest137 of the claimant in the artwork or other property.“ Abweichendes Bundes- oder einzelstaatliches Recht wird durch die Bestimmung abschließend verdrängt. 138 Auch das IPR der Einzelstaaten wird insoweit ausgeschlossen, als es durch dessen Anwendung zu einer anderen Verjährungsregel für die Restitutionsklage kommen könnte.139 Dass das Verjährungsrecht europäischer Rechtsordnungen ab initio nicht zur Anwendung gelangen kann, ergibt sich bereits aus dem Zweck des Gesetzes. Da die Verjährung im common law vielmehr prozes––––––––––– 133

Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 at *1 (E.D.Mich. 2007). Siehe noch sub § 7.II.2.b)bb). Auch während des Gesetzgebungsverfahrens sprach man sich für einen breiten Anwendungsbereich des HEAR Act aus (vgl. S. Rep. No. 114-394 at 9 [2016]), insbesondere durch Bezugnahme auf die vorhergehenden Gerichtsurteile, bei denen es um Restitutionsverfahren gegenüber privaten Käufern ging, die keine offizielle Funktion im NSStaat bekleideten (vgl. S. Rep. No. 114-394 at 5 [2016] mit Verweis auf Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 [D.Mass. 2009]; aff’d 623 F.3d 1 [1st Cir. 2010]; cert. denied 131 S.Ct. 1612 [2011]; rehearing den. 131 S.Ct. 2176 [2011]; Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802 [N.D.Ohio 2006]). 134 Vgl. sec. 2 HEAR Act. 135 Zuckerman v. Metro. Museum of Art 307 F.Supp.3d 304 (S.D.N.Y. 2018); aff’d 928 F.3d 186 (2nd Cir. 2019); siehe dazu noch umfassend sub § 7.III.2.b). 136 Kritisch Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 181 (2019). 137 Auch bei der Auslegung dieses Merkmals bestehen Unsicherheiten; siehe umfassend Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 177 ff. (2019). 138 Sec. 5(a) HEAR Act. Siehe Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 37 ff., zum Einfluss der Gesetzgebung in den einzelnen Bundesstaaten. 139 Maestracci v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 155 A.D.3d 401, 404 (NY App. Div. 2017).

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§ 7 Verjährung und laches

sual verstanden wird, greift der Verjährungsausschluss – unabhängig vom anwendbaren Sachrecht – auch gegenüber ausländischen Beklagten ein. aa) Der Begriff der actual discovery Herausgabeklagen in NS-Restitutionsverfahren verjähren damit innerhalb von sechs Jahren nachdem der Kläger tatsächliche Kenntnis von seiner möglichen Anspruchsberechtigung erlangt hat. Dabei wird der Begriff der actual discovery – insoweit folgt das Gesetz in weiten Teilen dem kalifornischen Verjährungsmodell140 – eng gefasst: Die Verjährungsfrist beginnt erst, nachdem der Kläger (oder einer seiner agents) sowohl von der Identität und dem derzeitigen Belegenheitsort des Kunstgegenstandes141 erfahren hat, als auch davon, dass ihm insoweit Ansprüche zustehen könnten („possessory interest“). Erst wenn beide Punkte erfüllt sind, beginnt die Verjährungsfrist von sechs Jahren zu laufen. Wie dies im Einzelfall zu verstehen ist, bedarf indes noch einer weiteren gerichtlichen Klärung. Jedoch ist davon auszugehen, dass es angesichts der gesetzgeberischen Intention für eine Kenntnis nicht ausreicht, dass der Kläger seine Anspruchsberechtigung bei entsprechenden Nachforschungen hätte erkennen können oder sich diese sogar aufdrängte, solange keine tatsächliche Kenntnis („actual knowledge“) vorliegt. Das Gesetz statuiert folglich keine Nachforschungsobliegenheiten; die Verjährungsfrist beginnt erst, wenn sich der Kläger aller Umstände tatsächlich bewusst und ihm auch ohne besondere Fachkenntnisse klar ist, dass ein Herausgabeanspruch gegen einen Dritten bestehen kann. Das Verjährungsmodell unter dem HEAR Act bietet damit im Vergleich zur accrual oder constructive discovery rule142 einen entscheidenden Vorteil für den Restitutionskläger, da es für den Beklagten nur sehr schwer möglich sein wird zu beweisen, wann der Kläger positive Kenntnis über alle anspruchsbegründenden Tatsachen hatte, solange er den Besitzer nicht zur Herausgabe des Kunstgegenstandes auffordert. Zur Begrenzung dieses faktischen Ausschlusses der Verjährungsfristen wird in der amerikanischen Literatur zwar teilweise ein Anscheinsbeweis dahingehend diskutiert, die Ausstellung eines Kunstwerks in einem Museum über einen längeren Zeitraum begründe eine Vermutung für die tatsächliche Kenntnis über den Aufenthaltsort des Kunstwerks.143 Dieser Ansatz dürfte mit dem Gesetzeszweck des HEAR Act, der den Verjährungseinwand des Beklagten weitgehend ausschließen möchte, indes nicht zu vereinba––––––––––– 140

Bereits sub § 7.I.2. und § 7.II.1.a). Siehe auch die Spezialvorschrift in sec. 5(b) HEAR Act. 142 Dazu bereits sub § 7.I.1. und 4. sowie Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 166 (2019) mit Verweis auf Orkin v. Taylor 487 F.3d 734, 741 f. (9th Cir. 2007); Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659, 663 f. (E.D.La. 2009); Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802, 806 f. (N.D.Ohio 2006). 143 Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 37 m.w.N. 141

II. Der HEAR Act 2016

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ren sein. Ein geschickt agierender Kläger wird die Einrede der Verjährung daher regelmäßig mit dem Einwand entkräften können, ihm sei erst kurz vor Anspruchsstellung/Klageerhebung seine Anspruchsberechtigung klar geworden. bb) Detroit Institute of Arts v. Ullin und Toledo Museum of Art v. Ullin Der Gesetzgeber wendet sich mit dieser Wertentscheidung insbesondere gegen klageabweisende Restitutionsurteile wie in Detroit Institute of Arts v. Ullin144 und Toledo Museum of Art v. Ullin:145

Abb. 24: Vincent van Gogh, Les Bêcheurs, 1889. Abb. 25: Paul Gauguin, Rue de Tahiti, 1891. Sachverhalt:146 Die Jüdin Martha Nathan erbte von ihrem Mann mehrere Gemälde, darunter Les Bêcheurs (1889) von Vincent van Gogh und Paul Gauguins Rue de Tahiti (1891). Nachdem sie 1937 vor den Nazis nach Paris geflohen war, kehrte sie 1938 für eine kurze Zeit nach Deutschland zurück und war gezwungen, ihr Haus sowie sechs (andere) Gemälde weit unter Marktwert an das Städel-Museum in Frankfurt zu verkaufen. Zurück in Frankreich veräußerte sie die streitgegenständlichen Gemälde – welche sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Basel befanden – an drei jüdische Kunsthändler für 40.920 bzw. 30.000 Schweizer Franken. Der Gauguin wurde von den Händlern unmittelbar an das Toledo Museum of Art veräußert. Durch ein Nachlassvermächtnis des Kunstsammlers Robert Tannahill gelangte das Kunstwerk Les Bêcheurs 1969 in den Besitz des Detroit Institute of Arts.

––––––––––– 144

The Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 (E.D.Mich. 2007). Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802 (N.D.Ohio 2006). 146 Entnommen aus The Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 (E.D.Mich. 2007); Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802 (N.D.Ohio 2006). 145

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§ 7 Verjährung und laches

Die Erben von Martha Nathan machen geltend, sie habe die Gemälde unter dem Eindruck der allgemeinen politischen Zwangslage weit unter Wert veräußern müssen, um ihre Flucht aus Deutschland finanzieren zu können. Nachdem sie sich für eine Restitution – erfolglos – an die Museen gewandt hatten, erhoben diese Feststellungsklage vor dem District Court for the Northern District of Ohio bzw. Eastern District of Michigan in Form einer quiet title action, um ihre Eigentümerstellung verbindlich feststellen zu lassen. Entscheidung: In beiden Fällen hatte der District Court bereits Zweifel, ob ein verfolgungsbedingter Entzug vorliegt,147 da die Veräußerung außerhalb von Deutschland stattfand, die Parteien sich kannten, die Kunsthändler selbst vor den Nazis fliehen mussten, keine Beschlagnahme stattfand und von Martha Nathan oder ihren Erben in der Nachkriegszeit kein Restitutionsverfahren zur Rückgabe der Bilder angestrengt wurde – im Gegensatz zu den an das Städel übergebenen Gemälden. Dies könne jedoch im Ergebnis dahinstehen. Nachdem das Gericht im Fall des van Gogh zur Anwendung des Sachrechts des Staates Michigan gelangte,148 war für die Verjährungsfrist maßgeblich auf Mich. Comp. Laws § 600.5805(10) abzustellen, wonach eine Herausgabeklage innerhalb von drei Jahren verjährt.149 Dabei folgt das Recht von Michigan einer strengen accrual rule;150 Mich. Comp. Laws § 600.5827151 definiert insoweit, dass die Verjährungsfrist kenntnisunabhängig ab dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zu laufen beginnt. Danach war die Herausgabeklage nach Ansicht des Gerichts im Jahr 1941 verjährt – während der Hochphase des Zweiten Weltkriegs.152 Ein ähnliches Ergebnis folgte in der Entscheidung Toledo Museum of Art v. Ullin unter Anwendung des Rechts von Ohio; § 2305.09(B) des Ohio Revised Code sieht eine vierjährige Herausgabefrist bei personal property vor und folgt der constructive discovery rule: Die Verjährungsfrist beginnt, wenn der Kläger „discovers or, in the exercise of reasonable care, should have discovered the complained-of injury.“153 Auch nach diesem Maßstäben war die Herausgabeklage der Erben von Martha Nathan im vorliegenden Fall verjährt: „Even if Defendants were not imputed with Martha Nathan’s knowledge, they too should have made inquiry into the Painting’s provenance well before 2002. Martha Nathan passed away in 1958, at which time an accounting of her estate was made and additional Holocaust-related claims were made by her Executor. […] The public debate surrounding Nazi-era assets should have led the Nathan heirs to inquire into the location of her former assets. Based upon Martha Nathan’s own previous claims, as well as those of her estate, the heirs knew she was persecuted by the Nazis and sustained wartime losses. This knowledge would have led a reasonable person to make further inquiries.“154

––––––––––– 147

Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 805, 807 (N.D.Ohio 2006); The Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 at *1 f. (E.D.Mich. 2007). 148 Es kommt das state law zur Anwendung, in dem der Federal Court seinen Sitz hat (vgl. Guaranty Trust Co. v. York 326 U.S. 99 [1945]). 149 The Detroit Institute of Arts v. Ullin 2007 WL 1016996 at *2 (E.D.Mich. 2007). 150 Dazu bereits sub § 7.I.4. 151 „The claim accrues at the time the wrong upon which the claim is based was done regardless of the time when damage results.“ 152 Dieses Ergebnis zeigt, dass klassische Verjährungsvorschriften bei der Restitution von Kunstwerken oftmals zu keinen sinnhaften Ergebnissen führen. Zustimmend Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 608 (2018). 153 Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 805, 807 (N.D.Ohio 2006) m.w.N. 154 Toledo Museum of Art v. Ullin 477 F.Supp.2d 802, 807 (N.D.Ohio 2006).

II. Der HEAR Act 2016

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Derartige Entscheidungen, die entweder zu einer kenntnisunabhängigen Verjährung führen oder eine Obliegenheit für den Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger statuieren, Nachforschungen über den Verbleib des Kunstgegenstandes zu unternehmen, selbst wenn dieser keine tatsächliche Kenntnis von möglichen Restitutionsgegenständen hat, werden unter dem HEAR Act nicht mehr möglich sein.155 Wäre sec. 5 HEAR Act bereits zur Zeit der Urteilsverkündung in Kraft gewesen, hätte in beiden Verfahren eine Sachprüfung erfolgen müssen. c) Rückwirkende Anwendung des HEAR Act aa) Grundsatz Der Bundesgesetzgeber ist bei Erlass des HEAR Act über den Verjährungsausschluss bei laufenden Verfahren hinausgegangen. Gem. sec. 5(d) gelangen die Vorschriften des HEAR Act auch rückwirkend zur Anwendung: Das Gesetz findet sowohl auf Verfahren, die nach Inkrafttreten des Gesetzes am 16.12.2016 vor Gericht anhängig gemacht wurden, als auch auf bereits rechtshängige und noch nicht abschließend entschiedene Klagen Anwendung, unabhängig davon, ob der Anspruch nach dem zum Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblichen Recht bereits verjährt gewesen wäre.156 Mehr noch: Es leben sogar Klagen, die nach dem anwendbaren einzelstaatlichen Recht bereits verjährt gewesen wären und nicht rechtshängig gemacht wurden, wieder auf. Hatte der Kläger vor Erlass des HEAR Act Kenntnis von seiner Anspruchsberechtigung gem. sec. 5(a) und waren die Ansprüche aufgrund des anzuwendenden Rechts bereits verjährt, dann fingiert sec. 5(c)(1), dass der Kläger erst ab dem Zeitpunkt des Erlasses des HEAR Act am 16.12.2016 Kenntnis von seiner Anspruchsberechtigung hatte und ab diesem Zeitpunkt sechs Jahre Zeit hat, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Das gleiche gilt, wenn der Kläger vor dem 16.12.2016 Kenntnis seiner Anspruchsberechtigung hatte und die Klage nach einer – ggf. kürzeren – einzelstaatlichen Bestimmung bei Inkrafttreten des HEAR Act noch nicht verjährt war; auch dann beginnt eine sechsjährige Verjährungsfrist ab dem 16.12.2016 von Neuem zu laufen (sec. 5(c)(2) HEAR Act).157 Jedenfalls bis Ende des Jahres 2022 haben Kläger daher die Möglichkeit, ihre Ansprüche ohne das Risiko eines Verjährungseinwandes durch die Beklagtenseite geltend zu machen. Damit haben auch Restitutionskläger, deren Ansprüche bislang aufgrund eingetretener Verjährung nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden konnten, die Möglichkeit, eine gerichtliche Sachentscheidung herbeizuführen. Kehrseite dieser weitreichenden rückwir––––––––––– 155

Kreder, 20 Chap. L. Rev. 1, 16 f. (2017). Vgl. sec. 5(d)(1) HEAR Act. 157 Einzelheiten bei Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 168 ff. (2019). 156

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§ 7 Verjährung und laches

kenden Anwendung ist, dass auch der gutgläubige Besitzer, der sich bislang auf eine gesicherte Rechtsposition kraft Verjährung des Herausgabeanspruchs berufen konnte, weiterhin nicht vor Herausgabeverlangen geschützt ist. Dies ist letztlich eine – aus amerikanischer Sicht – konsequente Fortschreibung des common law-Grundsatzes „neither a thief nor a good faith purchaser from the thief, nor even subsequent good faith purchasers, can pass good title.“158 bb) Rückausnahmen Damit ist der Bundesgesetzgeber sehr weit gegangen und ermöglicht auch Klägern, die ggf. seit Jahrzehnten Kenntnis von einer Anspruchsberechtigung hatten, eine gerichtliche Geltendmachung. Dass dies auch für den US-Gesetzgeber eine – auch verfassungsrechtlich159 – bedenklich weite Rückwirkung statuiert, zeigt die Rückausnahme in sec. 5(e) HEAR Act: Waren die Ansprüche bei Inkrafttreten des HEAR Act verjährt, hatte der Kläger (bzw. sein Rechtsvorgänger) bereits am 01.01.1999 oder später Kenntnis und waren die Ansprüche in einem Zeitraum von mindestens sechs Jahren nicht verjährt (und hätten daher gerichtlich mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können),160 bleibt es bei der eingetretenen Verjährung und der Anspruch lebt nicht wieder auf. Mit anderen Worten: Hatte der Kläger vor Erlass des HEAR Act jedenfalls sechs Jahre Zeit, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen und hat dies nicht getan, dann kommt ihm der HEAR Act nicht mehr zugute. Damit sollen insbesondere gutgläubige Erwerber von Kunstwerken geschützt werden. 161 Vor dem Hintergrund, dass in vielen Bundesstaaten – insbesondere bei Anwendung der discovery rule – jedoch nur eine zwei- bis dreijährige Verjährungsfrist vorsehen ist, 162 werden Kläger häufig auch bei einer Vorkenntnis noch die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung haben, zumal der Nachweis positiver (Vor-)Kenntnis auf Seiten des Klägers nur schwer zu führen ist. In Teilen der Literatur wird daher eine gegenteilige Lesart von sec. 5(e) HEAR Act vertreten; ausreichend sei, wenn der Kläger am oder nach dem 01.01.1999 Kenntnis von seiner Anspruchsberechtigung hatte und die Klage zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der ersten sechs Jahre nach Kenntnis nicht verjährt war.163 Der HEAR Act beabsichtige nicht, bestehende, kürzere Ver––––––––––– 158

Hawkins et al., 64 Fordham L. Rev. 49, 50 (1995). Siehe bereits sub § 4.I.1. Umfassend Cunningham, 69 Case W. Res. L. Rev. 427, 452 ff. (2018) zu den verfassungsrechtlichen Fragen einer Rückwirkung. 160 Die Gerichte müssen daher inzidenter den Kenntniszeitpunkt und das maßgebliche Verjährungsrecht überprüfen, um über die Anwendbarkeit des HEAR Act entscheiden zu können (umfassend dazu Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 631 f. [2018]). 161 Vgl. dazu Hawkins et al., 64 Fordham L. Rev. 49, 96 (1995). 162 Nur 13 Bundesstaaten haben eine Verjährung von 6 Jahren oder länger; vgl. Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 170 (2019). 163 Vgl. Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 170 f. (2019) mit umfangreichen Nachweisen zur Gesetzgebungshistorie. 159

II. Der HEAR Act 2016

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jährungsfristen zu verlängern,164 worauf die vorstehend beschriebene Anwendung von sec. 5 jedoch faktisch hinauslaufe. Allerdings sind die Gerichte dem bislang nicht gefolgt165 und es spricht vieles dafür, dass dieser Auslegung sowohl der – insoweit klare – Wortlaut als auch der breite Anwendungsbereich des HEAR Act sowie der Wille des Gesetzgebers zur Holocaust restitution entgegensteht. cc) Sunset-Provision Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der US-Gesetzgeber keine indefinite Anwendung des HEAR Act im Sinn hatte; die Aussetzung der Verjährung ist durch eine sogenannte sunset-Provision als selbstbeschränkendes Gesetz ausgestaltet und verliert ihre Gültigkeit am 01.01.2027, mit Ausnahme für diejenigen Rechtsstreitigkeiten, die an diesem Tag oder davor rechtshängig gemacht wurden. Nach dem 01.01.2027 eingeleitete Verfahren unterfallen wieder – wie vor Erlass des HEAR Act – dem jeweils anwendbaren state oder federal law.166 Dem US-Gesetzgeber schwebte damit vor, ein zehnjähriges Zeitfenster zwischen dem 16.12.2016 und 01.01.2027 zu schaffen, in dem möglichst alle Restitutionsberechtigten ihre Ansprüche innerhalb von sechs Jahren ab Kenntnis geltend machen sollen. Ob der Kongress damit auch beabsichtigte, nach diesem Zeitfenster – mehr als 80 Jahre nach Kriegsende – einen Schlussstrich unter die gerichtliche Durchsetzung von NS-Raubkunst vor amerikanischen Gerichten zu setzen, ist indes offen. Sunset-Provisions sind in der US-Gesetzgebung keine Seltenheit und können nachträglich aus dem Gesetz gestrichen oder verlängert werden. Die Gesetzgebungshistorie deutet jedenfalls nicht darauf hin, dass der US-Gesetzgeber Restitutionsprozesse nach Auslaufen der HEAR Act unmittelbar beenden wollte. Es spricht vieles eher dafür, dass der US-Gesetzgeber in den nächsten Jahren eine Zwischenevaluation des Gesetzes vornehmen wird, um über das weitere Vorgehen entscheiden zu können, was auch von den politischen Gegebenheiten in Senat und Repräsentantenhaus abhängen wird. d) Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen-Bornemisza Collection Foundation Ein Beispiel für die mitunter komplexen Auslegungsschwierigkeiten unter dem HEAR Act bildet das Verfahren Cassirer v. Kingdom of Spain and Thyssen––––––––––– 164

Unklar insoweit S. Rep. No. 114-394 at 11 (2016). Vgl. nur de Csepel v. Hungary 859 F.3d 1094, 1109 (D.C. Cir. 2017). 166 Damit bliebe noch eine Klagemöglichkeit in New York und ggf. Kalifornien aufgrund des eher laxen Verjährungsrechts (s.o. sub § 7.I.2. und 3.). Vgl. Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 172 ff. (2019) zur fehlenden Kohärenz zwischen dem HEAR Act und der New Yorker demand and refusal rule. 165

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§ 7 Verjährung und laches

Bornemisza Collection Foundation167 als einer der ersten Anwendungsfälle des neuen Gesetzes:

Abb. 26: Camille Pissarro, Rue Saint Honoré, Après Midi, Effet de Pluie, 1897/1898. Sachverhalt:168 Die Cassirers waren eine jüdische Familie, die bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in Deutschland lebten; Julius Cassirer war ein erfolgreicher Geschäftsmann. 1889 kaufte er das Gemälde Rue Saint Honoré, Après Midi, Effet de Pluie (1897/1898) von Camille Pissarro, 1924 vererbte er es an seinen Sohn Fritz, dieser vererbte es zwei Jahre

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Cassirer v. Kingdom of Spain et al. 2006 WL 8423211 (C.D.Cal. 2006); 461 F.Supp.2d 1157 (C.D.Cal. 2009); aff’d in part, rev’d in part, rem’d 580 F.3d 1048 (9th Cir. 2009) – Cassirer I; order for rehearing en banc 590 F.3d 981 (9th Cir. 2009); diss’d in part, aff’d in part 616 F.3d 1019 (9th Cir. 2010); cert. den. 564 U.S. 1037, 131 S.Ct. 3057 (Mem); 2012 WL 12875771 (C.D.Cal. 2012); 2012 WL 12882881 (C.D.Cal. 2012); aff’d in part, rev’d in part and rem’d 737 F.3d 613 (9th Cir. 2013) – Cassirer II; 2014 WL 5510996 (C.D.Cal. 2014); 2015 WL 12672087 (C.D.Cal. 2015); 153 F.Supp.3d 1148 (C.D.Cal. 2015); rev’d and rem’d 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017) – Cassirer III; cert. den. 138 S.Ct. 1992 (Mem); C.D.Cal. 2019 – findings of facts and conclusions of law (derzeit noch nicht veröffentlicht), online verfügbar bei , abgerufen am 06.10.2020; aff’d 2020 WL 4746626 (9th Cir. 2020) – Cassirer IV. 168 Entnommen aus Cassirer v. Kingdom of Spain et al. 580 F.3d 1048 (9th Cir. 2009); 616 F.3d 1019 (9th Cir. 2010); 737 F.3d 613 (9th Cir. 2013); 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017). Umfassende Analyse auch bei van Woudenberg, State immunity and cultural objects on loan, S. 121 ff.

II. Der HEAR Act 2016

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später an seine Frau Lilly. 1939 verließ Lilly Cassirer Deutschland; sowohl ihre Ausreise als auch die Mitnahme von Gegenständen stand unter Erlaubnisvorbehalt. Der mit der Bewertung der Kunstgegenstände von Lilly Cassirer betraute und der Nazi-Regierung nahestehende Münchener Kunsthändler Jakob Scheidwimmer verweigerte Lilly Cassirer die Mitnahme des Gemäldes und zwang sie, es für einen sehr geringen Preis von 900 Reichsmark an ihn zu veräußern,169 wobei das Geld auf ein Sperrkonto eingezahlt wurde und Lilly Cassirer fürchtete, Deutschland bei einer Weigerung des Verkaufs nicht mehr verlassen zu können. Scheidwimmer veräußerte das Gemälde sodann an einen anderen Kunsthändler weiter und das Gemälde kam in die Niederlande, wurde von der Gestapo jedoch wieder nach Deutschland zurückgebracht und Ende des Zweiten Weltkriegs (1943) bei einer Auktion von einem anonymen Käufer ersteigert. Das Bild gelangte in eine private Kunstgalerie in den USA,170 wo es 1951/1952 zunächst an einen Sammler in Los Angelos und dann in St. Louis und 1976 wiederum an einen Kunsthändler in New York veräußert wurde. Das Gemälde hatte auf der Rückseite ein spezielles Label, das für im Kunsthandel versierte Personen unverkennbar auf die Cassirer-Familie hinwies.171 1976 wurde das Gemälde von Baron Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza – einem der bekanntesten Kunsthändler der damaligen Zeit – erworben und blieb bis 1992 überwiegend in der Schweiz. 1988 wurde die Kunstsammlung von Baron Thyssen-Bornemisza dem spanischen Staat zunächst als Dauerleihgabe überlassen und später von diesem käuflich erworben und in das Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid eingebracht;172 seit 1992 kann das Gemälde dort öffentlich besichtigt werden. Nach Ende des Krieges schlossen Lilly Cassirer und die BRD eine Vereinbarung, wonach diese für erlittene Verluste 120.000 DM Schadensersatz bekam, wobei man davon ausging, dass das Gemälde im Zweiten Weltkrieg zerstört worden sei.173 Daher wurden nach 1958 auch keine Nachforschungen über das Gemälde von Seiten der Erben unternommen. Erst im Jahr 2000 erlangte Claude Cassirer, Enkel und Erbe von Lilly Cassirer, davon Kenntnis, dass das Gemälde nicht im Krieg zerstört worden war, sondern sich in einer Ausstellung des Thyssen-Bornemisza Museums in Madrid befand.174 Nach Versuchen zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Spanien erhob Claude Cassirer 2005 Klage in Kalifornien gegen das Königreich Spanien und die Thyssen-Bornemisza Collection Foundation (TBC)175 und machte geltend, das Gemälde sei seiner Großmutter während des Krieges unrechtmäßig entzogen worden. Entscheidung: Dieser 15 Jahre andauernde, erbittert geführte und erst im Sommer 2020 endgültig abgeschlossene Rechtsstreit brachte vier grundlegende Berufungsurteile (Cassirer I-IV), darunter auch ein äußerst seltenes rehearing en banc durch ein elfköpfiges Richter-

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Einzelheiten bei Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1023 (9th Cir. 2010). Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1053 (9th Cir. 2010). 171 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Found. 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017), 2018 WL 1729149 at *8. (C.D.Cal. 2019). 172 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Found. 153 F.Supp.3d 1148, 1151 (C.D. Cal. 2015), rev’d and rem’d 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017). 173 Einzelheiten bei Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Found. 2015 WL 12672087 at *2 (C.D.Cal. 2015). 174 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Found. 153 F.Supp.3d 1148, 1152 (C.D.Cal. 2015), rev’d and rem’d 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017). 175 Cassirer v. Kingdom of Spain 2006 WL 8423211 at *1 (C.D.Cal. 2006). 170

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panel176 am Court of Appeals for the Ninth Circuit hervor. Es zeigt die Komplexität von NSRestitutionsverfahren geradezu exemplarisch auf.

aa) Cassirer I Im ersten Verfahrensgang musste geklärt werden, ob für die Klage jurisdiction to adjudicate unter dem FSIA bestand, da sich die Klage gegen einen ausländischen Staat und ein ausländisches Museum richtete. Der District Court entschied, dass die commercial activity der TBC im Rahmen der expropriation exception177 in den USA ausreiche, um nach dem FSIA die internationale Zuständigkeit über die Beklagten zu begründen.178 Dafür genüge es, wenn das beklagte Museum gegenüber US-Bürgern mit dem Besuch einer Ausstellung werbe.179 Der Court of Appeals for the Ninth Circuit stimmte dieser Entscheidung – wenn auch mit einer divergierenden Begründung – in einem ersten Rechtsmittelverfahren überwiegend zu (inkl. rehearing en banc).180 Dass Lilly Cassirer des Kunstwerk unfreiwillig durch die Handlung einer dem NS-Regime nahestehenden Person verloren hatte, war zwischen den Parteien unstreitig. Vorliegend bestand jedoch die Besonderheit, dass die völkerrechtswidrige Wegnahme in Deutschland durch einen deutschen Staatsangehörigen stattgefunden hatte, jedoch Spanien auf Herausgabe verklagt wurde. Nach Ansicht des Court of Appeals sei unter der expropriation exception des FSIA jedoch nicht erforderlich, dass der Kunstgegenstand gerade von dem Staat weggenommen worden sei, der nun als Erwerber auf Rückgabe des Kunstgegenstandes verklagt werde.181 Vielmehr reiche es aus, dass der betroffene Kunstgegenstand von irgendeinem Staat unter Verletzung internationalen Rechts weggenommen wurde, um den Anwendungsbereich des FSIA gegenüber allen Erwerbern zu eröffnen. Schließlich erfordere der FSIA auch nicht, dass zunächst die Rechtsbehelfe im verklagten Staat ausgeschöpft werden, ehe eine Klage gegen diesen vor US-Gerichten angestrengt werden kann.182

––––––––––– 176 590 F.3d 981 (9th Cir. 2010). Nach Knibb, Federal Court of Appeals manual, § 34:6 f. findet ein rehearing en banc in weniger als einem Prozent aller appeal-Verfahren vor den Bundesgerichten statt. 177 Dazu schon sub § 5.II.3. 178 Cassirer v. Kingdom of Spain 461 F.Supp.2d 1157, 1178 (C.D.Cal. 2006); aff’d in part, rev’d in part 580 F.3d 1048 (9th Cir. 2009); rev’d en banc 616 F.3d 1019 (9th Cir. 2010): „The Court concludes that Defendants have engaged such numerous commercial contacts with the United States that the ‘commercial activity’ element of the expropriated property exception is easily established [… T]here are sales to United States residents of reproductions of the Painting, […] and hundreds of other contacts involving the purchase and sale of merchandise [...] some of which are directly related to Pissarro and even the Painting itself.“ 179 Vgl. Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1033 (9th Cir. 2010). 180 Vgl. Cassirer v. Kingdom of Spain 580 F.3d 1048 (9th Cir. 2009). Vgl. auch die dissenting opinion von Circuit Judge Gould und Chief Judge Kozinski in Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1030 ff. (9th Cir. 2010). 181 Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1031 f. (9th Cir. 2010): „In sum, the statute states that the property at issue must have been ‘taken in violation of international law.’ It does not state ‘taken in violation of international law by the foreign state being sued.’ […] For these reasons, we conclude that § 1605(a)(3) does not require that the foreign state against whom suit is brought be the foreign state that took the property at issue in violation of international law.“ 182 Cassirer v. Kingdom of Spain 616 F.3d 1019, 1034, 1037 (9th Cir. 2010).

II. Der HEAR Act 2016

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bb) Cassirer II Damit wurde das Verfahren an den District Court zurückverwiesen. Nachdem Claude Cassirer zwischenzeitlich verstorben war, traten dessen Erben in den Rechtsstreit ein und trafen mit der Beklagtenseite die Vereinbarung, dass der Prozess gegen Spanien nicht weitergeführt werde, während die TBC ihre (weiteren) Einwände gegen die Zulässigkeit der Klage fallen ließ.183 In einem zweiten Urteil entschied der District Court, dass die Ansprüche der Erben verjährt seien, weil sec. 354.3 California Code of Civil Procedure184 verfassungswidrig sei, wie der Court of Appeals for the Ninth Circuit in dem zwischenzeitlich ergangenen von Saher I-Urteil entschieden hatte.185 Auch die daraufhin vom kalifornischen Gesetzgeber erlassene Neufassung von sec. 338(c)(3) California Code of Civil Procedure,186 welche auf bereits anhängige Verfahren rückwirkend Anwendung findet, hielt der District Court für nicht anwendbar, da die Bestimmung u.a. wegen field preemption187 gegen die Bundesverfassung verstoße. Dem trat der Court of Appeals im Anschluss an seine von Saher II-Entscheidung188 entgegen. Sec. 338(c)(3) California Code of Civil Procedure sei – im Gegensatz zu dessen Vorgängernorm – nicht verfassungswidrig und konfligiere nicht mit einer foreign policy des Bundes, da nicht NS-Raubkunstverfahren im Speziellen, sondern Verfahren zur Kunstrestitution an sich geregelt würden: „Section 338(c)(3) extends the statute of limitations for preexisting claims concerning a class of artwork that is unrelated to foreign affairs on its face. It does not require that those claims arise out of wartime injuries, or from any other specific source that might implicate the federal government’s foreign affairs power.“189

cc) Cassirer III Wieder landete das Verfahren vor dem District Court. Nachdem über fast zehn Jahre hinweg nur Fragen der internationalen Zuständigkeit geklärt worden waren, trat der District Court 2015 in die Sachprüfung ein. Er entschied zunächst,190 dass das Gemälde der TBC zustehe, weil diese es unter spanischem Recht ersessen habe. Das Gericht unternahm dabei eine intensive Rechtswahlprüfung, sowohl am Maßstab des federal common law191 als auch nach kalifornischem Recht,192 und kam dabei zum Ergebnis, dass Spanien das größte Rechtsan-

––––––––––– 183

Vgl. Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Found. 737 F.3d 613, 616 (9th Cir. 2013). 184 Siehe sub § 7.II.1.a) und b). 185 Von Saher v. Norton Simon Museum of Art 578 F.3d 1016, 1026 ff. (9th Cir. 2009); as amended by 592 F.3d 954 (9th Cir. 2010). Umfassend zur Thematik bereits sub § 7.II.1.b)aa). 186 Siehe den Gesetzestext im Appendix VI. 187 Dazu bereits sub § 7.II.1.b)aa). 188 Bereits sub § 7.II.1.b)cc). 189 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 737 F.3d 613, 618 f., 621 (9th Cir. 2013) – Cassirer II. 190 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1167 f. (C.D.Cal. 2015), rev’d and rem’d 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017). 191 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1154 (2015). Siehe umfassend dazu bereits sub § 6.I.2.c). 192 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1155 f. (C.D.Cal. 2015).

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§ 7 Verjährung und laches

wendungsinteresse habe und dies eine Ersitzung durch die TBC ermögliche.193 Zudem wäre der Anspruch auf Herausgabe des Werkes nach Ansicht des District Court auch unter sec. 338(c) des California Code of Civil Procedure verjährt, da eine rückwirkende Anwendung dieser Vorschrift zulasten der TBC nicht möglich sei.194 Nach erneuter Berufungseinlegung gelangte das Verfahren wiederum vor den Court of Appeals for the Ninth Circuit (Cassirer III). Dieser entschied, dass jedenfalls der neu eingeführte – und während des Berufungsrechtszuges erlassene – HEAR Act einer Verjährung des Anspruchs entgegenstünde und das Erstgericht die Frage der Ersitzung unzutreffend beantwortet habe. Die Cassirer-Entscheidung war dabei eine der ersten, die unter dem neuen HEAR Act erging.195 Der Court of Appeals konnte daher einige Grundfragen zum HEAR Act klären; er entschied insbesondere, dass sich durch dessen Verabschiedung die Rechtswahlprüfung der Gerichte ebenso wenig ändere wie die Möglichkeit, sich auf einen Rechtserwerb kraft Ersitzung nach einer ausländischen Rechtsordnung zu berufen, sofern deren Sachrecht zur Anwendung gelangt.196 Im Anschluss bestätigte das Berufungsgericht die Einschätzung des District Court, wonach der Rechtsstreit nach spanischem Recht zu entscheiden sei, weil nach den choice of law principles des federal common law zu diesem Staat die engste Verbindung besteht.197 Zwar habe auch Kalifornien ein erhebliches Interesse daran, den Eigentümer des Gemäldes bzw. dessen Rechtsnachfolger zu schützen und das Kunstwerk habe sich über Jahrzehnte in den USA und auch in Kalifornien befunden. Dieser Ansatz überwiege jedoch nicht das Interesse des spanischen Rechts, welches ein erhebliches Interesse daran habe, dass die TBC nach den Vorschriften des Código Civil durch die Ausstellung des Gemäldes in Spanien Eigentum ersessen habe. Denn jedenfalls in den knapp 20 Jahren vor Klageerhebung habe sich das Gemälde ausschließlich dort befunden. Daher spreche auch § 246 des Restatement (Second) of Conflicts of Law198 für die Anwendung von spanischem Sachrecht als lex loci. Der Court of Appeals kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der District Court das spanische Sachrecht nicht korrekt angewendet habe. Zwar komme ein Rechtserwerb der TBC nach

––––––––––– 193

Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1160 (C.D.Cal. 2015). 194 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1167 (C.D.Cal. 2015). 195 Vgl. Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 960 (9th Cir. 2017) – Cassirer III. 196 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 959 f., 964 f. (9th Cir. 2017): „HEAR does not bar claims based on the substantive law that vests title in a possessor, that is, the substantive law of prescription of title.“ 197 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 963 (9th Cir. 2017) unter Verweis auf § 6 Abs. 2 und § 222 des Restatement (Second) of Conflicts of Law: „Considering the relevant policies of ‘interested states,’ Spain’s interest in having its substantive law applied is significant. In a highly publicized sale, Spain provided TBC public funds to purchase the Collection, including the Painting. TBC, an instrumentality of Spain, has possessed the Painting for over twenty years and displayed it in the Museum.“ Umfassend zur Rechtswahl bereits sub § 6.I.2. 198 Vgl. auch American Law Institute, Restatement (Second) of Conflicts of Law, 1971, comment on § 246: „The state where a chattel is situated has the dominant interest in determining the circumstances under which an interest in the chattel will be transferred by adverse possession or by prescription. The local law of this state is applied to determine whether there has been such a transfer and the nature of the interest transferred.“

II. Der HEAR Act 2016

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Art. 1955 Código Civil in Betracht, wonach eine Mobilie nach drei bzw. sechs Jahren ersessen werden kann (sog. usucapio). Jedoch machten die Cassirer-Erben geltend – und der Court of Appeals stimmte diesem Argument zu –, dass nach Art. 1956 Código Civil bzw. der relevanten Bestimmungen des Código Penal199 eine Ersitzung nicht rechtzeitig vor Klageerhebung 2005 stattgefunden hätte, sofern die TBC gewusst habe oder habe wissen müssen, dass es sich um ein gestohlenes Kunstwerk handelte und dieses dennoch entgegengenommen habe. Da der District Court das relevante spanische Sachrecht daher nur unzureichend gewürdigt habe, wurde das Urteil wiederum aufgehoben und das Verfahren an den Distrcit Court zurückverwiesen.200

dd) Cassirer IV Damit landete der Fall in der vierten – und derzeit letzten – Verfahrensrunde vor dem District Court: Nachdem nun Fragen der internationalen Zuständigkeit, der Staatenimmunität, der Verjährung und des anwendbaren Sachrechts in extenso entschieden worden waren, stand als letzte Frage im Raum, ob die Thyssen-Bornemisza Collection Foundation nach Art. 1955 ff. Código Civil Eigentum am Gemälde ersessen hat. Dies wurde vom District Court letztendlich wiederum bejaht: Zwar habe Baron von Thyssen-Bornemisza kein Eigentum in New York erwerben und auch nicht unter Schweizer Recht das Gemälde ersitzen können, da er nicht in gutem Glauben war, sondern die näheren Umstände des Kaufs ihn – als weltbekannten Kunstsammler – vielmehr gezwungen hätten, nähere Nachforschungen über die Provenienz des Gemäldes anzustellen.201 Jedoch habe die TBC das Gemälde nach Art. 1955 ff. Código Civil ersessen, weil sie keine tatsächliche Kenntnis davon gehabt habe, dass das Gemälde gestohlen bzw. Lilly Cassirer im Rahmen eines Zwangsverkaufs abgenommen worden war und ihr nach spanischem Recht auch die Kenntnis des Barons nicht zugerechnet werden könne.202 Nach knapp 15 Jahren wies der District Court die Klage daher zum vierten Mal ab, auch wenn das Urteil letztlich im Widerspruch zu den Washington Principles und der Terezín Declaration stehe: „TBC’s refusal to return the Painting to the Cassirers is inconsistent with the Washington Principles and the Terezín Declaration. However, the Court has no alternative but to apply Spanish law and cannot force the Kingdom of Spain or TBC to comply with

––––––––––– 199 Einzelheiten bei Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 966 ff. (9th Cir. 2017) – Cassirer III. 200 Einzelheiten bei Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 973 ff. (9th Cir. 2017) – Cassirer III. Daneben hatte der Court of Appeals eine ganze Reihe anderer Rechtsfragen zu klären – insbesondere, ob die im Jahr 1958 getroffene Entschädigungsvereinbarung zwischen Lilly Cassirer und der BRD einer Klage im Wege steht (Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 959, 977 [9th Cir. 2017] – verneint) und die möglichen Implikationen der EMRK (vgl. Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 862 F.3d 951, 980 f. [9th Cir. 2017] – Cassirer III). 201 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation, findings of facts and conclusions of law (C.D.Cal. 2019), page 20 ff. (, abgerufen am 06.10.2020). Dagegen konnte der District Court nicht feststellen, dass der Baron positive Kenntnis vom Ursprung des Gemäldes hatte, da er das Gemälde von einem angesehenen Kunsthändler für einen realistischen Marktpreis erworben hatte. 202 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation, findings of facts and conclusions of law (C.D.Cal. 2019) (vorherige Fn.), page 26 ff.

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its moral commitments. Accordingly, after considering all of the evidence and the arguments of the parties, the Court concludes that TBC is the lawful owner of the Painting and the Court must enter judgment in favor of TBC.“203 Diese Entscheidung wurde in einem kurzen Urteil vom Court of Appeals bestätigt;204 das Bild verbleibt im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid.

3. Konsequenzen des HEAR Act Mag die Intention des Gesetzgebers auch gewesen sein, die Rechtsposition des Restitutionsklägers zu verbessern, zeigt die Cassirer-Entscheidung, dass der Ausschluss des Verjährungseinwandes noch nichts über die Erfolgsaussichten der Klage aussagt, da diese auch an anderer Stelle scheitern kann, was für den Anspruchsberechtigen im Zeitpunkt der Klageerhebung indes nur schwer absehbar ist. Restitutionsverfahren erweisen sich als zeit- und kostenintensiv und zudem als instanzenlastig. Es verwundert daher nicht, dass auch der Einfluss des HEAR Act auf das US-Restitutionsrecht gespaltene Reaktionen hervorgerufen hat. Ein Beobachter in der US-amerikanischen Literatur konstatiert: „Congress’s intent behind HEAR will not be achievable unless the Act’s provisions are amended so that the Act addresses other hurdles that commonly arise in art restitution cases, which can impact a claimant’s chances at obtaining a just and fair resolution of his or her claim.“205 Zudem sind in der US-amerikanischen Literatur vermehrt auch kritische Stimmen zu vernehmen, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und der darin verankerten Rückwirkung auf das einzelstaatliche Verjährungsrecht auseinandersetzen.206 Auch wird der HEAR Act vermehrt für seine unpräzise Sprache und die damit einhergehenden Auslegungsschwierigkeiten kritisiert.207 ––––––––––– 203 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation, findings of facts and conclusions of law (C.D.Cal. 2019) (Fn. 201), page 34. 204 Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 2020 WL 4746626 at [3]: Insbesondere wies der Court of Appeals – unter Berücksichtigung mehrerer Urteile des spanischen Tribunal Supremo – die Argumentation der Kläger zurück, der District Court habe die Maßstäbe des spanischen Rechts an die Kenntnis des Museums inkorrekt angewendet. Jedenfalls gelte, dass die findings des District Court nicht grob fehlerhaft seien, was für eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung notwendig gewesen wäre. 205 Joy, 49 Golden Gate U.L. Rev. 3, 6 (2019). 206 Z.B. Charron, 2018 Pepp. L. Rev. 19, 66 f. (wonach der HEAR Act gegen das 10th Amendment verstößt); Lazerow, 51 Int‘l Lawyer 195 (2018) (unzulässige echte Rückwirkung bei bereits verjährten Ansprüchen). Anders dagegen Kreder/Schell, 30 DePaul J. Art & Ent. L. 1, 39 ff., 52 ff. (2020); a.a.O., 68: „The HEAR Act is constitutional and does not violate the principles of federalism.“ Siehe ferner die aktuellen Analyse Burris, 45 N.C.J. Int’l L. 277, 306 ff. (2020). 207 Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 158 f. (2019): „All in, an Act meant to streamline claims to recover Nazi-looted art may well end up making such litigation costlier and more time-consuming for parties and courts as litigants argue for their preferred meaning of the Act’s terms.“

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a) Stärkung der Anspruchsposition von Restitutionsklägern Dessen ungeachtet sind die Auswirkungen des Gesetzes für die Restitutionspraxis in den USA von enormer Bedeutung. Auch wenn der HEAR Act – wie ausgeführt208 – keine eigenständiges Klagerecht begründet, wird damit die Position der Restitutionskläger gestärkt. Dies zeigt sich z.B. in der aktuellen Entscheidung Reif v. Nagy:209

Abb. 27a/b: Egon Schiele, Frau mit Schwarzer Schürze, 1911 / Modell, das Gesicht verdeckend, 1912. Sachverhalt:210 Gegenstand des Verfahrens sind zwei Gemälde von Egon Schiele. Kläger sind die Erben des Wiener Kabarettisten und Kunstsammlers Fritz Grünbaum, dessen Kunstsammlung schon Gegenstand im Verfahren Bakalar v. Vavra211 war. Grünbaum wurde nach dem Anschluss Österreichs vor seiner Flucht verhaftet und kam im KZ Dachau ums Leben. Während seiner Inhaftierung wurde er gezwungen, seiner Frau (die später ebenfalls ermordet wurde) eine Vollmacht auszustellen, damit diese in seinem Namen eine Inventarliste über sein Eigentum aufstellen konnte. Seine Kunstsammlung, u.a. bestehend aus 81 Kunstwerken von Egon Schiele, war für eine Ausfuhr mit Schenker & Co., A.G. vorbereitet. Dennoch blieben die Bilder (wohl) auch in der folgenden Zeit in Österreich und wurden (wohl) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt außer Landes verbracht. Die genaue Belegenheit der Kunstwerke zum Ende des Krieges und in der Nachkriegszeit konnte nicht mehr rekonstruiert werden.

––––––––––– 208 S.o. sub § 7.II.2.a) sowie sec. 5(f) HEAR Act: „Nothing in this Act shall be construed to create a civil claim or cause of action under Federal or State law.“ 209 Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 80 N.Y.S.3d 629 (NY Sup. Ct. 2018); mostly aff’d 175 A.D.3d 107, 106 N.Y.S.3d 5 (NY App. Div. 2019). Siehe ferner Reif v. Nagy 149 A.D.3d 532, 52 N.Y.S.3d 100 (NY App. Div. 2017). 210 Entnommen aus Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 80 N.Y.S.3d 629 (NY Sup. Ct. 2018). 211 Umfassend sub § 6.I.2.b)bb).

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Die Beklagten, ein Kunsthändler und eine von diesem geführte Kunstfirma mit Sitz in London, machen geltend, Eigentümer der Bilder zu sein. Diese seien von Grünbaums Schwägerin an eine Schweizer Galerie verkauft worden. Dieses Vorbringen hat den – bereits in Bakalar v. Vavra – erläuterten Hintergrund, dass 65 Schiele-Werke aus Grünbaums Sammlung am 08.09.1956 einer Schweizer Galerie zum Verkauf angeboten wurden, nur wenige Wochen nachdem die Restitutionsfrist in Österreich abgelaufen war. Mit Ausnahme von einem Bild wurde bei der Transaktion keine Provenienz genannt. Nur ein Jahr später wurden die Werke vom Kunstsammler Otto Kallir erworben, der die Kunstsammlung seinerseits weiterveräußerte. Der Beklagte Nagy kaufte zunächst einen 50%igen Anteil am Gemälde Frau mit Schwarzer Schürze im Jahr 2005, gab diesen wegen Zweifeln an der Provenienz jedoch wieder zurück. Nachdem Herausgabeansprüche der Erben von Grünbaum im Verfahren Bakalar v. Vavra mit dem Argument abgewiesen wurden, das Klagerecht sei verwirkt (laches),212 erwarb er den Anteil 2013 wieder. Ebenso kaufte er das Werk Modell, das Gesicht verdeckend, wobei der Kaufvertag die unklare Provenienz des Kunstwerks betont („The heirs of Fritz Grunbaum claim ownership of the Painting on the theory that it was stolen from Mr. Grunbaum when he was deported to a German concentration camp during World War II.“) und Nagy versprach, aus diesem Grund keinen Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen.213 Nachdem die Beklagten Ende 2015 – erfolglos – zur Rückgabe der Kunstwerke aufgefordert worden waren, erhoben die Erben von Grünbaum Herausgabeklage vor dem New Yorker Supreme Court. Entscheidung: Im Anschluss an Bakalar v. Vavra kam das Gericht zum Ergebnis, dass trotz der im Ausland stattgefundenen Erwerbsakte umfassend New Yorker Recht auf den Sachverhalt Anwendung findet und daher eine action in replevin möglich ist.214 Jedoch handelte es sich vorliegend – wie auch im Verfahren Bakalar v. Vavra215 – um einen reinen Indizienprozess mit verschiedenen Parteigutachten, welche die Ereignisse vor rund 70 Jahren in letzter Konsequenz nicht mehr aufklären konnten. Nach einer Analyse der bestehenden Rechtsprechung zum HEAR Act und dessen Genese216 kam der New Yorker Supreme Court jedoch zu einem weitreichenden Schluss: Der HEAR Act solle alle Gerichte dazu anhalten „to be mindful of the difficulty of tracing artwork provenance due to the atrocities of the Holocaust era, and to facilitate the return of property where there is reasonable proof that the rightful owner is before us.“217 Daraus folgt nach Ansicht des Gerichts, dass Restitutionsverfahren durch den Erlass des HEAR Act auch in materieller Hinsicht erleichtert werden, obwohl das Gesetz über Fragen der Beweis- und Substantiierungslast überhaupt keine Aussage trifft; 218 die Argumentation des Gerichts bleibt insoweit verschwommen. Dennoch ging der Supreme Court von einer Beweislasterleichterung für Grünbaums Erben aus, auch wenn der genaue Verbleib der Gemälde während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit nicht aufgeklärt werden konnte: „We accept that Artworks were the property of Mr. Grunbaum, and that the entirety of Mr. Grun-

––––––––––– 212

Vgl. Bakalar v. Vavra 500 Fed. App’x. 6 (2nd Cir. 2012) sowie § 6.I.2.b)bb). Reif v. Nagy 175 A.D.3d 107, 119 (NY App. Div. 2019). 214 Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 322 (NY Sup. Ct. 2018) – obwohl sich die Bilder im Wesentlichen außerhalb der USA befanden. 215 Siehe oben sub § 6.I.2.b)bb). 216 Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 324 (NY Sup. Ct. 2018): „HEAR Act compels us to help return Nazi-looted art to its heirs.“ 217 Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 325 (NY Sup. Ct. 2018). 218 Siehe bereits sub § 7.II.2.a). 213

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baum‘s property was looted by the Nazis during World War II. […] Plaintiffs have therefore established to this Court’s satisfaction that they have a prima facie case of both replevin and conversion.“219 Das Berufungsgericht stimmte diesem Ergebnis 2019 zu: Die Gesamtumstände ließen darauf schließen, dass Grünbaum der Eigentümer der Bilder war und diese nicht von seiner Ehefrau wiedererlangt bzw. an deren Schwester geschickt wurden.220 Auch eine freiwillige Übergabe lag nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor, da Grünbaum sein Eigentum an den Bildern zu keinem Zeitpunkt freiwillig aufgegeben hatte und auch die erteilte Vollmacht unter Zwang zustande gekommen und daher nichtig sei.221 Folglich wurden die Bilder den Erben von Grünbaum zugesprochen.

Auch wenn die Begründung des New Yorker Supreme Court aufgrund der vorstehenden Ausführungen bedenklich ist, dürfte die Entscheidung im Ergebnis gerechtfertigt sein. Sie muss insbesondere vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Beklagte beim Erwerb der Bilder nicht in gutem Glauben war. Neben dem Umstand, dass dieser vom Art Loss Register und den Anwälten der Kläger im Vorfeld des Verkaufs auf die Restitutionsbemühungen der Grünbaum-Erben hingewiesen wurde bzw. ihm die Ansprüche der Grünbaum-Erben sogar positiv bekannt waren, bezahlte er aufgrund der schon damals bestehenden Provenienzunsicherheiten einen deutlich unter dem Marktwert liegenden Preis.222 Ob andere Gerichte dieser Entscheidung des New Yorker Supreme Court folgen werden, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob dem Restitutionskläger Beweiserleichterungen aufgrund des HEAR Act zukommen,223 wird sich dagegen noch zeigen. b) Bedeutung für die Museumsindustrie Der HEAR Act hat daher für Erwerber von Kunstwerken unklarer Provenienz, insbesondere für in- und ausländische Museen, Galerien und Kunsthändler, erhebliche Auswirkungen, da sich die Gefahr einer gerichtlichen Inanspruchnahme deutlich erhöht hat. ––––––––––– 219

Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 325 (NY Sup. Ct. 2018). Wie genau der Erlas des HEAR Act die bestehende Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast letztlich modifizieren soll, bleibt unklar. 220 Einzelheiten bei Reif v. Nagy 175 A.D.3d 107, 120 ff. (NY App. Div. 2019). 221 Reif v. Nagy 175 A.D.3d 107, 129 (NY App. Div. 2019) mit Verweis auf Bakalar v. Vavra 619 F.3d 136, 141 (2nd Cir. 2010): „[…] Grunbaum no longer had any rights to his property, as only his Aryan Trustee could transfer Grunbaum’s property at will. […] Accordingly, neither Grunbaum or Elisabeth ever reacquired possession or control of the Artworks.“ 222 Reif v. Nagy 61 Misc.3d 319, 328 f. (NY Sup. Ct. 2018). Daher konnte auch der lachesEinwand nicht zum Tragen kommen (näher Reif v. Nagy 175 A.D.3d 107, 130 [NY App. Div. 2019] mit Einzelheiten). 223 Die Washington Principles (Nr. 4) würden eine solche Interpretation durchaus stützen: „In establishing that a work of art had been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted, consideration should be given to unavoidable gaps or ambiguities in the provenance in light of the passage of time and the circumstances of the Holocaust era.“

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aa) Museen als charitable trusts Dies betrifft im Wesentlichen Museen und andere Kunsteinrichtungen. Nach US-amerikanischem Verständnis sind Museen – von denen die Mehrheit nicht in öffentlicher Trägerschaft ist224 – meist als charitable trusts oder non-profit corporations ausgestaltet. 225 Ungeachtet der Pflicht zur Provenienzforschung226 ist es einem Museum aufgrund seiner Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit nicht möglich, ein Kunstwerk unklarer Herkunft sofort herauszugeben oder in Vergleichsverhandlungen mit dem Kläger zu treten, wenn der Anspruch eindeutig verjährt ist.227 Museen haben insoweit eine fiduciary duty, alle verfügbaren Verteidigungsmittel zu erheben228 und auch die Einrede der Verjährung und Verwirkung geltend zu machen, sofern dies aussichtsreich erscheint.229 Ein prominenter Vertreter der Branche, der General Counsel des The J. Paul Getty Trust, argumentierte ganz offen, Museen sollten sich stets auf eine Verjährung des Anspruchs berufen, weil dieses Rechtsinstitut dazu diene, die bestehenden Rechtsverhältnisse zu sichern und Restitutionsstreitigkeiten zu einem Zeitpunkt zu lösen, in dem die dafür notwendigen Beweismittel noch vorhanden sind.230 Vor Erlass des HEAR Act war daher vermehrt zu beobachten, dass sich die betroffenen Museen und andere Kunstinstitutionen proaktiv gegen eine Inanspruchnahme wandten, indem sie ein Gericht zur Klärung der Rechtsverhältnisse anriefen und mittels declaratory judgment die Feststellung ihres Eigentums bzw. der Verjährung möglicher Herausgabeansprüche begehrten.231 Diese quiet title action – also die verbindliche Feststellung der Rechtslage zugunsten des Klägers bei gleichzeitigem Anspruchsausschluss von Dritten auf die ––––––––––– 224 Der US-Bundesregierung gehört nur das Smithsonian Institute und die National Gallery, vgl. Kline, 16 Int‘l Found. for Art Res. J. 56, 57 (2015); ders., KUR 2015, 37: Auch auf Museen, die sich in Trägerschaft eines Bundesstaates oder einer Gemeinde befinden, hat der US-Bundesgesetzgeber im Vergleich zu vielen europäischen Staaten nur einen sehr geringen Einfluss. 225 Graefe, 51 B.C.L. Rev. 473, 493 (2010). 226 Vgl. bereits sub § 3.IV. und V. 227 Frankel/Forrest, 23 DePaul J. Art., Tech. & Intell. Prp. L. 279 (2013). 228 So insbesondere Frankel/Forrest, 23 DePaul J. Art Tech. & Intell. Prop. L. 279 (2013) (strittig). Umfassend zum Themenkomplex Graefe, 51 B.C.L. Rev. 473 (2010). 229 Vgl. z.B. den Fall Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz 2009 WL 6506658 (D.Mass. 2009); aff’d 623 F.3d 1 (1st Cir. 2010); cert. den. 131 S.Ct. 1612 (2011), reh’g den. 131 S.Ct. 2176 (2011); umfassend sub § 7.I.1.b). 230 Clark, Nazi Era Claims and Art Museums: The American Perspective, in: Collections: A Journal for Museum and Archives Professionals, Vol. 10 (3), Summer 2014, 349, 353. 231 Schubert, 30 Touro. L. Rev. 675, 689 (2014) m.w.N.; zu den prozessualen Voraussetzungen Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 5. Dies betraf z.B. die Fälle Toledo Museum of Art v. Ullin, Detroit Institute of Art v. Ullin, Museum of Modern Art and the Guggenheim Foundation v. Julius S. Schoeps, Museum of Fine Arts, Boston v. Seger-Thomschitz, sowie – wenn auch unter Beteiligung von Privatpersonen – Bakalar v. Vavra.

II. Der HEAR Act 2016

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Sache – ist nicht ohne Kritik in der US-Literatur geblieben, da sich die Museen dabei bewusst auf Verjährung und Verwirkung berufen232 und durch die Erhebung dieser technical defenses letztlich eine Sachentscheidung verhindern.233 Damit konnte dem Vorwurf, man habe NS-belastete Kulturgüter im Bestand und wolle diese nicht an die Erben der rechtmäßigen Eigentümer restituieren, öffentlichkeitswirksam entgegengetreten werden, auch wenn die in den Washington Principles verfolgten Ziele („a just and fair solution“) letztlich makuliert werden. bb) Paradigmenwechsel nach Erlass des HEAR Act Durch die erhebliche Erweiterung der Klagemöglichkeiten unter dem HEAR Act könnte sich dieses Paradigma in naher Zukunft auflösen: Aufgrund kostspieliger Verfahren mit nunmehr offenen Erfolgsaussichten sowie einem starken öffentlichen Interesse an der Klärung von NS-Restitutionsstreitigkeiten spricht einiges dafür, dass Museen und Kunsteinrichtungen zukünftig eher geneigt sein werden, in Vergleichsverhandlungen mit den Anspruchsstellern zu treten und eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.234 Eine verstärkte Hinwendung zur vergleichsweisen Erledigung von Restitutionsstreitigkeiten scheint dabei auch vom Gesetzgeber bei Erlass des HEAR Act intendiert worden zu sein.235 In diesem Zusammenhang werden sicher auch politische Erwägungen eine Rolle spielen, da potenzielle Rückforderungsansprüche dem Ansehen öffentlicher Museen erheblich schaden können. Ob der HEAR Act insoweit ausschließlich zu einer „just and fair solution“ für die Betroffenen des Holocaust oder deren Erben beiträgt oder – wie teilweise befürchtet 236 – auch Miss––––––––––– 232 Z.B. Kreder, 88 Or. L. Rev. 37 ff. (2009); ders., 159 U. Pa. L. Rev. PENNumbra 253 ff. (2011); Demarsin, 37 Brook. J. Int‘l L. 117, 160 ff., 185 (2011). 233 Dies kann zu einem dauerhaften Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum führen. Denn durch die Abweisung der Klage aufgrund von Verjährung wird nur diese in der Durchsetzung gehindert, der Besitzer erwirbt dadurch jedoch nicht das Eigentum. Lazerow (Holocaust Art Disputes, S. 25) weist folglich darauf hin, dass die Klageabweisung für den Beklagten nur ein halber Sieg sei, weil er den Gegenstand nicht mehr verkaufen könne, ohne gegen eine „implied warranty“ im Sinne von § 2–312 UCC oder Art. 41 CISG zu verstoßen, was die Sache faktisch zu einer res extra commercium mache (dazu umfassend Weidner, Kulturgüter als res extra commercium im internationalen Sachenrecht, 2001 [passim]). Indes dürfte diese Argumentation jedenfalls bei einem Museum irrelevant sein, da die dort ausgestellten Kunstwerke in der Regel nicht zum Verkauf stehen. 234 Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 626 (2018) – siehe zur außergerichtlichen Streitbeilegung umfassend sub § 4.VI. 234 Kaye, 14 Willamette J. Int’l L. & Dis. Res. 243, 244 (2006); Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 626 (2018). 235 Vgl. die Gesetzesbegründung zum HEAR Act sub § 7.II.2. 236 Vgl. die Stimmen bei Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 626 (2018), insb. Fn. 214 und 215.

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brauchspotential schüren kann, weil Klagen fingiert werden, um Museen vor dem Hintergrund des Kostenrisikos amerikanischer Gerichtsverfahren und eines möglichen Imageschadens in kostspielige Vergleiche zu drängen, wird sich noch zeigen. c) Ausblick Der Erlass des HEAR Act hat sich in der Kunstszene weit über die USA hinaus herumgesprochen, sodass in den nächsten Jahren mit einer steigenden Zahl von Restitutionsstreitigkeiten vor US-Gerichten gerechnet werden kann. So begehrt etwa in der 2018 anhängig gemachten Rechtssache Berg v. Kingdom of Netherlands u.a.237 der Erbe eines ehemaligen jüdischen Kunsthändlers in den Niederlanden die Restitution von 143 Gemälden, die – so das Klagevorbringen – im Rahmen eines Zwangsverkaufs von den Nazis und ihren Kollaborateuren während der Besetzung der Niederlande zwischen 1940 und 1942 entwendet wurden. Die Gemälde, darunter viele alte holländische Meister aus der Schule von Rembrandt, befinden sich derzeit im Besitz der Niederlande sowie verschiedener privater und staatlicher Museen. Das noch laufende Verfahren hat dabei eine besondere politische Brisanz, weil die Kunstwerke nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den US-Streitkräften an die niederländische Regierung zum Zwecke der Restitution an die ehemaligen Eigentümer herausgegeben wurden, die niederländische Restitutionskommission eine Rückgabe in

––––––––––– 237

Berg v. Kingdom of Netherlands 2020 WL 2829757 (D.S.C. 2020) – anhängig. Das Verfahren befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium. In einer ersten Court order (2020 WL 2829757) entschied der District Court for the District of South Carolina, die Klage als unzulässig abzuweisen, da die Niederlande, deren Ministerien und das niederländische Restitutionskomitee Immunität unter dem FSIA genießen, wohingegen bei den weiter verklagten Museen – soweit sie sich in staatlicher Hand befinden – zwar die expropriation exception grundsätzlich einschlägig sei. Indes erfordere die due process clause einen minimum contact mit den USA zur Jurisdiktionsbegründung, was vorliegend nicht gegeben sei („Thus, the Court finds that Plaintiff’s allegations of general marketing activity like sales of tickets, books, and the like, as well as artwork loans, even when conducted regularly, are insufficient to warrant South Carolina’s assertion of general jurisdiction over the museums in causes of action not related to that activity.“ [2020 WL 2829757 at *15, D.S.C. 2020]) und in South Carolina zudem kein venue bestehe, weil die wirtschaftliche Betätigung nicht explizit auf diesen Bundesstaat ausgerichtet sei (a.a.O., at* 16). Ob diese Entscheidung Bestand haben wird, ist fraglich, wurde in Altmann v. Austria und Cassirer v. Kingdom of Spain doch bereits eine kurzfristige geschäftliche Aktivität der verklagten Museen innerhalb der USA für ausreichend erachtet (vgl. ausführlich sub § 5.II.3.c)). In beiden Entscheidungen wird vielmehr davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des FSIA und die Klagezustellung zur Jurisdiktionsbegründung ausreichen und sich aus der due process clause keine weiteren Voraussetzungen für die gerichtliche Zuständigkeit über ausländische Staaten entnehmen lassen (umfassend Hatch, 141 Am. Jur. Trials 189, § 21 m.w.N.).

III. Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense

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mehreren Verfahren jedoch verweigerte (lediglich eines von 189 Gemälden wurde restituiert).238

III. Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense III. Laches als Anspruchsausschluss und equitable defense

1. Equity aids the vigilant, not the sleeping ones Da der Verjährungseinwand nach Erlass des HEAR Act für derzeit laufende und noch kommende Restitutionsstreitigkeiten grundsätzlich ausgeschlossen ist, bleibt nur noch ein letztes Verteidigungsvorbringen für den Beklagten: die Verwirkung des Klagerechts durch nachlässige Prozessführung (laches). 239 Dieses aus dem equity law folgende Verteidigungsrecht ist insbesondere bei der demand and refusal rule in New York, welche die Verjährung bereits vor Erlass des HEAR Act in den seltensten Fällen eingreifen ließ, von besonderer Wichtigkeit. Denn handelt es sich beim gegenwärtigen Besitzer nicht um einen Gesamtrechtsnachfolger desjenigen, der den Kunstgegenstand während des Zweiten Weltkriegs erlangt hat, sondern um einen gutgläubigen Käufer (z.B. ein Museum), gilt es die komplexe Interessenlage – die Wiedergutmachung von NS-Unrecht und den Entzug des Kunstgegenstandes beim Erwerber, dem (wenn überhaupt) allenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Vorbesitzer zusteht – auszubalancieren. Dabei ist zu beachten, dass die Verjährungsfrist im Kaufmängelgewährleistungsrecht der USA in der Regel vier Jahre ab Übereignung beträgt und ein gutgläubiger Erwerber daher in den seltensten Fällen

––––––––––– 238 Nach von Saher v. Norton Simon Museum of Art (siehe sub § 7.II.1.b)) dürfte die Entscheidung der niederländischen Restitutionskommission als act of state indes nicht angreifbar sein, sofern es sich um ein förmliches Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Ein ähnlich brisantes Verfahren ist Khochinsky v. Republic of Poland, Case No. 18-1532 (D.D.C.2019 – pending), in dem mittelbar das Verhältnis Polens zu seiner historischen Rolle während der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg im Mittelpunkt steht. Als ein in den USA lebender Nachfahre polnischer Juden von der Republik Polen Ersatz für Landenteignungen gefordert hatte, erhob Polen verschiedene Anschuldigungen gegen diesen und strengte ein Auslieferungsverfahren an (welches abgelehnt wurde). Dafür fordert der Kläger nunmehr Schadensersatz. Erstinstanzlich wurde das Verfahren wegen fehlender subject-matter jurisdiction abgewiesen. 239 „The doctrine of laches […] is a shield of equitable defense rather than a sword for the investiture or divestiture of legal title or right“ (Halcon Int’l, Inc. v. Monsanto Australia Ltd. 446 F.2d 156, 159 [7th Cir. 1971]). Für Restitutionsfälle bzw. den internationalen Kunsthandel wurde die Bedeutung des laches-Einwandes in Solomon R. Guggenheim Foundation v. Lubell (153 A.D.2d 143 [NY Sup. Ct. 1990]); leave to appeal granted 554 N.Y.S.2d 992 [NY App. Div.]; aff’d 77 N.Y.2d 311 [NY Ct. App. 1991]) hervorgehoben.

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§ 7 Verjährung und laches

Regress beim Verkäufer nehmen kann,240 er mithin das Kunstwerk bei einer Verurteilung entschädigungslos herauszugeben hat. a) Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse Die Funktionsweise des laches-Einwands in Restitutionsfällen wurde in der grundlegenden Entscheidung Wertheimer v. Cirker‘s Hayes Storage Warehouse, Inc.241 hervorgehoben: Sachverhalt: Darin fordert der Erbe und Enkel von Pierre Wertheimer das Gemälde La Seine – La passerelle de l‘Institut, au fond, les quais et le Louvre (1902) von Camille Pissarro zurück. Werthheimer ließ das Kunstwerk in Frankreich zurück, nachdem die Nationalsozialisten in Paris einmarschiert waren. Der Kläger macht geltend, das Gemälde sei – neben anderen Kunstwerken – Jacques Ehrlich anvertraut worden, als die Wertheimer-Familie das Land verlassen musste, und dieser habe es in den Wirren des Krieges widerrechtlich unterschlagen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Ehrlich in Frankreich strafrechtlich verurteilt und die Wertheimer-Familie konnte einen Teil ihrer Kunstsammlung wiedererlangen bzw. wurde von dritter Seite entschädigt. Der Pissarro blieb indes verschollen und landete über mehrere Veräußerungstatbestände in den USA; dort wurde er von einer New Yorker Kunstgalerie für 500.000 US-Dollar erworben. Nachdem das Gemälde erneut zum Verkauf angeboten werden sollte, erwirkte Wertheimers Enkel zunächst eine temporary restraining order, wodurch das Gemälde in den Galerieräumen verbleiben musste, bis die Eigentumslage geklärt werden konnte, und forderte im Anschluss das Gemälde heraus. Entscheidung: Der New Yorker Supreme Court entschied, dass ein Herausgabeanspruch grundsätzlich besteht, da unter der New Yorker demand and refusal rule noch keine Verjährung des Anspruchs eingetreten sei.242 Jedoch sei das Klagerecht durch eine nachlässige Prozessführung wegen laches verwirkt: Das Kunstwerk wurde bereits 1947 in der „List of Property Removed from France During the War 1939-45“ erfasst. Nachdem Pierre Wertheimer Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre in einzelnen europäischen Staaten noch Nachforschungen angestellt hatte, stellte die Familie weitere Untersuchungen ein und wurde daher nicht darauf aufmerksam, dass das Gemälde in den 1950er Jahren in New York zum Verkauf angeboten und in den darauffolgenden Jahren mehrfach weiterveräußert wurde. Dieses Zuwarten über mehrere Jahrzehnte wertete das Gericht als nachlässige – und unentschuldigte – Verschleppung der Geltendmachung des Anspruchs: „With respect to the unreasonableness of the delay, plaintiff does not even attempt to justify his lack of diligence. The Wertheimer family literally did nothing to recover the Pissarro painting since the early 1950s. The last act taken by the Wertheimers with respect to the painting was to absolve Germany in 1960 from any responsibility for the painting’s disappearance. […] Wertheimer

––––––––––– 240

Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 16 m.w.N. und Verweis auf § 2–725 UCC; nach Lazerow (a.a.O.) liegt in den USA kein Fall vor, in dem die NS-Provenienz des Kunstwerks vom Käufer innerhalb von vier Jahren entdeckt wurde. Siehe beispielhaft Springfield Library v. Knoedler Archivum 341 F.Supp.2d 32 (D.Mass. 2004). 241 2001 WL 1657237 (NY Sup. Ct. 2001); aff’d 752 N.Y.S.2d 295 (NY App. Div. 2002) mit Verweis auf ein obiter dicta in Greek Orthodox Patriarchate of Jerusalem v. Christie's, Inc. 1999 WL 673347 at *1 (S.D.N.Y. 1999), in dem der District Court entschieden hatte, dass die Klage bei Anwendung von New Yorker Recht verjährt gewesen wäre. 242 Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse, Inc. 2001 WL 1657237 at *5/*6 (NY Sup. Ct. 2001).

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was made aware by his grandmother in the early 1970s that some of the family property had been looted during the war. Plaintiff and his family did not report the Pissarro painting missing to the Art Loss Registry, or contact galleries or museums regarding the painting.“243 Da diese Verfahrensverzögerung zu einem erheblichen Beweismittelverlust für den Beklagten (verstorbene Zeugen, unauffindbare Dokumente etc.) geführt habe, sei das Klagerecht verwirkt und der Kläger konnte das Gemälde daher trotz eines im Grundsatz bestehenden Herausgabeanspruchs nicht zurückerlangen.244

b) Voraussetzungen für eine Verwirkung des Klagerechts Der laches-Einwand hat dabei zwei Grundvoraussetzungen; es muss dargelegt werden, „(1) that the plaintiff has unreasonably delayed filing suit, and (2) that the defendant has suffered harm as a result of that delay.“245 Beide Voraussetzungen unterliegen – nicht zuletzt, da es sich um ein equitable remedy handelt – dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses muss unter Abwägung der Position von Kläger und Beklagtem entscheiden, ob ersterer die Prozesseinleitung zum Nachteil des letzteren unzulässig verzögert hat und dies eine Abweisung der Klage rechtfertigt. aa) Delay Eine nachlässige Prozessführung liegt vor, wenn der Kläger sein Klagebegehren trotz bestehender Kenntnismöglichkeiten nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt hat („to sleep on its rights“), was jeweils einzelfallabhängig zu bewerten und insoweit kaum ex ante absehbar ist. Zwar statuieren Teile der US-Bundesstaaten – insbesondere unter der actual discovery rule und der demand and refusal rule 246 – auf der Ebene des Verjährungsrechts im Grundsatz keine Nachforschungsobliegenheiten für den Restitutionsberechtigten. Dieser Umstand kann für den laches-Einwand dagegen durchaus Bedeutung entfalten, z.B. für die Frage, ob sich eine mögliche Anspruchsberechtigung durch die Einsicht in ein öffentliches Kunstregister oder einen catalogue raisonné ergeben hät––––––––––– 243 Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse, Inc. 2001 WL 1657237 at *7 (NY Sup. Ct. 2001); aff’d 300 A.D.2d 117, 752 N.Y.S.2d 295 (App. Div. 2002): „The uncontradicted evidence establishes that, for nearly half a century prior to the commencement of this action in 2000, the Wertheimers failed to take any steps to recover the painting. In this regard, we note that the family did not make any inquiries, either directly or through an agent, based on a New York gallery’s advertisement of the painting for sale in a prominent art journal in 1951, notwithstanding that plaintiff’s grandfather then lived in New York. Significantly, the New York gallery did not sell the painting until 1954, and even after the sale the gallery could have identified the buyer to an inquirer, as it voluntarily did […] nearly 50 years later.“ 244 Die Entscheidung ist in der Literatur auf Widerstand gestoßen, vgl. Minkovich, 27 Colum J.L. & Arts 349, 370 f. m.w.N. (2004). 245 269 Associates v. Yerkes 449 N.Y.S.2d 593, 597 (NY Civ. Ct. 1982). Vgl. auch Lazerow, Holocaust Art Disputes, S. 41 („unreasonable delay and resulting detriment“). 246 Dazu bereits sub § 7.I.2. und 3.

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te.247 Ebenso ist relevant, ob sich dem Kläger z.B. durch seine Familienhistorie oder sonstige Erkenntnisquellen (etwa die Restitution eines anderen Kunstwerks) aufdrängen musste, dass Rückforderungsansprüche bestehen können. Gleiches gilt, wenn neue Dokumente im Rahmen einer Nachlassauseinandersetzung nahelegen, dass Ansprüche gegen Dritte in Betracht zu ziehen sind. Dabei wird eine nachlässige Prozessführung dem Restitutionskläger meist generationenübergreifend zugerechnet: Handelte bereits der Rechtsvorgänger nachlässig, wird der jetzige Kläger nicht damit gehört, dass ihm selbst keine Verzögerung bei der Anspruchsgeltendmachung vorgeworfen werden kann Nach diesen Maßstäben wurde die Restitutionsklage z.B. in den Verfahren Matter of Peters v. Sotheby’s Inc.248 und Bakalar v. Vavra249 als verwirkt abgewiesen, weil die Restitutionskläger (bzw. deren Rechtsvorgänger) den derzeitigen Besitzer durch die Einsicht in ein Lost-Art-Register oder auch eine einfache Online-Recherche unschwer hätten ausfindig machen können, jedoch untätig geblieben sind. Auch in Zukunft werden Gerichte – nicht zuletzt durch die Verjährungsaussetzung im Rahmen des HEAR Act250 – stärker darauf achten, wann dem Kläger seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine gerichtliche Geltendmachung seines Anspruches erstmals möglich gewesen wäre. bb) Harm Als zweite Tatbestandsvoraussetzung muss sich die nachlässige Prozessführung zum Nachteil des Beklagten ausgewirkt haben. „Harm“, zum Teil als „injury or prejudice to the good-faith purchaser“ umschrieben,251 ist dabei als unbestimmter Rechtsbegriff ebenfalls vielschichtig und kann insbesondere beim Verlust von Beweismitteln – etwa dem Versterben von Zeugen oder dem Verlust von Kaufverträgen, Inventarlisten oder Fotografien252 – zum Tragen kom––––––––––– 247 Vgl. z.B. Menzel v. List 246 N.E.2d 742, 745 (NY Ct. App. 1969). Siehe ferner Autocephalous Greek Orthodox Church v. Goldberg & Feldman Fine Arts 917 F.2d 278, 283 (7th Cir. 1990). 248 Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 37 f., 821 N.Y.S.2d 61 at [10] (NY App. Div. 2006). Siehe bereits sub § 4.V.2. 249 Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 305 (S.D.N.Y. 2011). Siehe bereits sub § 6.I.2.b)bb). 250 Zur Frage, ob dieser den laches-Einwand generell ausschließt, vgl. sub § 7.III.2.b). 251 Nachweise bei Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht, Band 2: Zivilrecht – Guter Glaube im internationalen Kunsthandel, S. 1047. Vgl. zudem Robins Island Preservation Fund, Inc. v. Southold Development Corporation 959 F.2d 409 at [115] (2nd Cir. 1992): „A defendant may suffer prejudice either because it would be inequitable, in light of a change in defendant’s position, to allow plaintiff’s claim to proceed or because the delay makes it difficult to garner evidence to vindicate his or her rights.“ 252 Vgl. zu verstorbenen Zeugen Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 303 ff. (S.D.N.Y. 2011); Wertheimer v. Cirker’s Hayes Storage Warehouse 300 A.D.2d 117, 752 N.Y.S.2d 295 (NY App. Div. 2002).

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men. Gleiches gilt bei einer signifikanten Änderung der Rechtsposition des Beklagten in Bezug auf das Kunstwerk 253 – etwa wenn dieser einen größeren Geldbetrag in die Restaurierung des Kunstgegenstandes gesteckt hat.254 Der (finanzielle) Verlust des Gemäldes an sich rechtfertigt dagegen nicht die zweite Stufe des laches-Tests.255 Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Rechtsposition des Beklagten 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Versterben der letzten Zeitzeugen nachteilig beeinträchtigt wird. Kann der Beklagte daher darlegen, dass er im Zeitpunkt einer erstmals möglichen Geltendmachung des Anspruchs noch Beweismittel zugunsten seiner Rechtsposition verfügbar gehabt hätte, diese jedoch aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr in den Prozess einführen kann, ist die zweite Stufe des laches-Test erfüllt. Ein Erfolg ist jedoch keinesfalls garantiert; vielmehr kann die Anwendung dieses Prüfungspunkts bei NS-Restitutionsstreitigkeiten auch zu zufälligen Ergebnissen führen. Denn ist zwischen dem Zeitpunkt der erstmalig möglichen Geltendmachung des Anspruchs und der tatsächlichen Klageerhebung kein weiterer Beweismittelverlust eingetreten – etwa, weil alle Zeugen bereits zuvor verstorben waren –, dann ist dem Beklagten durch die verzögerte Geltendmachung kein Schaden entstanden und der laches-Einwand kann nicht eingreifen. cc) Abwägung Werden beide Stufen des laches-Einwandes bejaht, ist oftmals davon auszugehen, dass das Klagerecht verwirkt ist und der Herausgabeanspruch abgewiesen wird. Dies ist jedoch kein Automatismus; als equitable defense unterliegt der Einwand der Verwirkung einer tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalles. Der Richter hat daher die Situation von Kläger und Beklagtem gegenüberzustellen und abzuwägen, welche Rechtsposition bei einem Klagezuspruch trotz verspäteter Geltendmachung bzw. einer Klageabweisung trotz bestehenden Herausgabeanspruchs stärker beeinträchtigt wäre. Die Abwägungsentscheidung erfolgt am Maßstab der Billigkeit und ist daher ex ante kaum abzusehen.

––––––––––– 253 Harley-Davidson, Inc. v. O’Connell 13 F.Supp.2d 271 (N.D.N.Y. 1998); Tri-Star Pictures, Inc. v. Unger 14 F.Supp.2d 339 (S.D.N.Y. 1998); O’Dette v. Guzzardi 611 N.Y.S.2d 294 (NY App. Div. 1994). 254 Vgl. das obiter dictum in Zakaessian v. Zakaessian 70 Cal.App.2d 721(Cal. Ct. App. 1945). 255 Minkovich, 27. Colum J.L. & Arts 349, 351 (2004).

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2. Handhabung in Restitutionsfällen a) Grundsatz Abgesehen von den Entscheidungen Wertheimer v. Cirker‘s Hayes Storage Warehouse,256 Matter of Peters v. Sotheby‘s Inc.257 und Bakalar v. Vavra 258 waren US-Gerichte bislang eher zurückhaltend, einem Opfer von NS-Raubkunst oder dessen Rechtsnachfolger den laches-Einwand entgegenzuhalten und so – trotz nicht eingetretener Verjährung – eine Sachentscheidung im Grundsatz zu unterbinden, auch wenn Gerichte mehrfach angedeutet haben, dass der Kläger die Klageerhebung ungebührlich verzögert habe,259 daraus jedoch kein Schaden für den Beklagten entstanden sei, 260 weil kein weitergehender Beweismittelverlust eingetreten ist (sondern die Beweismittel bereits im Zeitpunkt der erstmals möglichen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs nicht mehr vorhanden waren). Dies gilt insbesondere, weil viele in den letzten Jahren erhobene Klagen erst durch die verbesserten Möglichkeiten der Provenienzforschung überhaupt geltend gemacht werden konnten.261 Insbesondere durch das Nazi-Era Provenance Internet Portal262 können potentielle Eigentümer oder deren Nachfahren Kenntnis über verschollene Kunstgegenstände und deren Besitzer erlangen und dadurch z.B. vergleichsweise Vereinbarungen mit Museen, in denen das entsprechende Kunstwerk ausgestellt ist, erreichen.263 Zudem haben viele Regierungen in jüngerer Zeit erstmals ihre Archive über die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Nachkriegszeit für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.264 Es ist jedoch damit zu rechnen, dass US-Gerichte dem laches-Einwand in Zukunft stärkere Bedeutung schenken werden. Nachdem mehr Material zur Provenienzforschung zur Verfügung steht, gilt es, diese Quellen zu nutzen, da die Kläger sonst in naher Zukunft befürchten müssen, ihrer Klage aufgrund von laches verlustig zu gehen,265 auch wenn die Gerichte dies stets auf der Grund––––––––––– 256 2001 WL 1657237 (NY Sup. Ct. 2001); aff’d 752 N.Y.S.2d 295 (NY App. Div. 2002) sowie Solomon R. Guggenheim Found. v. Lubell 569 N.E.2d 426 (NY Ct. App. 1991). 257 34 A.D.3d 29, 37 f., 821 N.Y.S.2d 61 at [10] (NY App. Div. 2006). Siehe bereits sub § 4.V.2. 258 819 F.Supp.2d 293, 305 (S.D.N.Y. 2011). Siehe bereits sub § 6.I.2.b)bb). 259 Z.B. DeWeerth v. Baldinger 836 F.2d 103, 110 ff. (2nd Cir. 1987). 260 Minkovich, 27. Colum J.L. & Arts 349, 374 (2004). 261 Minkovich, 27. Colum J.L. & Arts 349, 351 (2004). 262 , abgerufen am 06.10.2020. 263 Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 161 (2019). 264 S.o. sub § 3.IV. und V. Für viele Opfer der NS-Diktatur und deren Nachfahren ist es daher zum ersten Mal möglich, den Besitzer und Aufenthaltsort der Kunstwerke überhaupt bestimmen zu können, vgl. Feliciano, The lost Museum, S. 3, 128. 265 So auch Minkovich, 27. Colum J.L. & Arts 349, 375 f. (2004): „However, plaintiffs should not be permitted to wait decades before filing suit against good faith purchasers if

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lage des Einzelfalles werden entscheiden müssen.266 Denn in neueren Judikaten tendieren Gerichte durchaus zu einer strikteren Anwendung des laches-Tests, wenn die Rechtsvorgänger des Klägers keine ausreichenden Nachforschungen unternommen haben.267 Folglich wird das Rechtsinstitut der Verwirkung wohl das nächste große Thema bei Restitutionsklagen in den USA sein. b) Ausschluss durch den HEAR Act? Dabei ist noch nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit der Rückgriff auf den laches-Einwand in den Bundesstaaten, welche dieses equitable remedy kennen, durch sec. 5(a) HEAR Act ausgeschlossen wird.268 Teile der US-Literatur wenden mit Blick auf die Terezín declaration und den Umstand, dass Klagen nach der gesetzgeberischen Intention stets on the merits gehört werden sollten, ein, dass auch der laches-Einwand durch den HEAR Act insgesamt ausgeschlossen werden sollte.269 Dies gelte insbesondere, da die Anwendung von equitable defenses im Ermessen des jeweiligen Gerichts stehe und daher der Anwendungsbereich des HEAR Act verwässert werde.270 Dieser Argumentation ist der Court of Appeals for the Second Circuit in der aktuellen Entscheidung Zuckerman v. The Metropolitan Museum of Art271 jedoch nicht gefolgt.

––––––––––– they rely solely on declassified documents to discover the current location of their missing art.“ 266 Maßgebliche Parameter sind z.B., ob es sich um eine Privatperson oder eine im Kunstsektor versierte Institution handelt, da sich Individualpersonen bei der Provenienzforschung insbesondere mit der Kostenlast der Recherche und sprachlichen und administrativen Hürden konfrontiert sehen. 267 Vgl. Matter of Peters v. Sotheby’s Inc. 34 A.D.3d 29, 37 f., 821 N.Y.S.2d 61 at [10] (NY App. Div. 2006) sowie sub § 4.V.2 und Bakalar v. Vavra 819 F.Supp.2d 293, 305 (S.D.N.Y. 2011) sowie sub § 6.I.2.b)bb). 268 Umfassend zur Gesetzgebungshistorie Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 633 (2018); Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 174 ff. (2019). Anders noch im Gesetzgebungsverfahren, wo „any defense at law or equity relating to the passage of time (including the doctrine of laches)“ ausgeschlossen werden sollte. Dies fand jedoch keinen Niederschlag im Gesetzesentwurf (vgl. S. Rep. 114-394 [2016]). 269 Frankel/Sharoni, 42 Colum. J.L. & Arts 157, 176 ff. (2019) argumentieren, dass der HEAR Act nach seinem Gesetzeszweck laches defenses ausschließen soll. A.A. Cunningham, 69 Case W. Res. L. Rev. 427, 462 (2018): „While HEAR provides a fair exception barring claimants who knowingly waited to file claims, HEAR does not explicitly state that its exception replaces the doctrine of laches.“ 270 So auch Barnes, 56 Colum. J. Transnat’l L. 593, 634 (2018). 271 Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304 (S.D.N.Y. 2018); aff’d 928 F.3d 186 (2nd Cir. 2019); cert. den. (2. März 2020).

208

§ 7 Verjährung und laches

Abb. 28: Pablo Picasso, L‘acteur, 1904, (c) Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2020. Sachverhalt:272 Paul Friedrich Leffmann kaufte das weltberühmte, auf etwa 100 Millionen US-Dollar taxierte Gemälde L‘acteur (1904) von Pablo Picasso im Jahr 1912. Nach Erlass der Nürnberger Rassengesetze 1935 waren Leffmann und seine Frau Alice gezwungen, ihre Unternehmen und sonstigen Besitztümer in Deutschland zu verkaufen. Unter großen finanziellen Verlusten flohen die Leffmanns 1937 nach Italien und versandten das Gemälde in die Schweiz. Nachdem auch in Italien anti-jüdische Politik adaptiert wurde, versuchte Leffmann das Kunstwerk zu veräußern, um seine Flucht – zunächst in die Schweiz und sodann nach Brasilien – zu finanzieren und verkaufte es 1938 für 12.000 US-Dollar an die Pariser Kunsthändlerin Käte Perls.273 Nach dem Krieg kehrten die Leffmanns in die Schweiz zurück und konnten Teile ihres Vermögens – dasjenige, das sie bereits in Deutschland verloren hatten – durch Restitutionsprozesse zurückerlangen. Das Gemälde wurde von ihnen dagegen nicht zurückgefordert, wanderte in die USA und wurde über eine Galerie an einen Kunstmäzen verkauft, der es schließlich im Jahr 1952 dem Metropolitan Museum of Art schenkte. Spätestens seit 1967 wurde das Gemälde in den offiziellen Katalogen des Metropolitan Museum of Art geführt und bei der Provenienz auch die Leffmanns aufgeführt. Die Klägerin, Nachlassverwalterin

––––––––––– 272 Entnommen aus Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304 (S.D.N.Y. 2018). 273 Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 928 F.3d 186, 191 (2nd Cir. 2019).

IV. Ergebnis

209

der Leffmann-Familie, macht geltend, Herr Leffmann habe das Gemälde unter Zwang verkaufen müssen, da er den Verkaufserlös für seine Ausreise dringend benötigte. Entscheidung: Nach einer umfassenden choice of law-Analyse und Bewertung des Zwangsverkaufs (Fluchtgut) unter italienischem und New-Yorker-Recht durch den District Court274 entschied der Court of Appeals – ohne auf die näheren Einzelheiten zur Veräußerung einzugehen275 –, dass die Klage jedenfalls wegen laches nicht durchsetzbar sei: „It is eminently understandable that the Leffmanns did not bring any claim for the Painting during the course of World War II and even, perhaps, for a few years thereafter, given their specific circumstances. However, it is simply not plausible that the Leffmanns and their heirs would not have been able to seek replevin of the Painting prior to 2010. […] Although that – concededly incomplete – provenance was included in the Met’s published catalogue, none of the Leffmanns’ heirs demanded that the Painting be returned. […] This time interval has resulted in ‘deceased witness[es], faded memories, and hearsay testimony of questionable value,’ as well as the likely disappearance of documentary evidence.“276 Ein Haupteinwand von Zuckerman ist jedoch, dass die doctrine of laches vorliegend durch die Anwendung des HEAR Act generell nicht eingreifen kann. Auch diesen Einwand lässt der Court of Appeals nicht gelten. Ausgehend von der Gesetzgebungshistorie deute nichts auf einen generellen Ausschluss von laches hin. Der Sinn und Zweck des Gesetzes spreche vielmehr dagegen: „While the HEAR Act revives claims that would otherwise be untimely under state-based statutes of limitations, it allows defendants to assert equitable defenses like laches. […] Allowing defendants to assert a laches defense, despite the introduction of a nationwide statute of limitations designed to revive Holocaust-era restitution claims, comports with the overall legislative scheme advanced by the HEAR Act. One of the stated purposes of the HEAR Act is to ensure that claims to recover art lost in the Holocaust era are ‘resolved in a just and fair manner.’ HEAR Act § 3(2). But the HEAR Act does not allow potential claimants to wait indefinitely to bring a claim. To do so would be neither just nor fair.“277 Damit wurde die Klage ohne nähere Sachprüfung abgewiesen.278

IV. Ergebnis IV. Ergebnis

Durch den Erlass des HEAR Act können NS-Restitutionsstreitigkeiten bis ins Jahr 2026 vor Gericht gebracht werden und unterliegen dort keiner Verjährung. ––––––––––– 274 Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304, 316 (S.D.N.Y. 2018): Dabei lässt das Gericht eine engere Rechtswahlanalyse zunächst offen, weil es keinen Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen feststellt, prüft jedoch hilfsweise die Anwendung der New Yorker choice of law principles und kommt unter Anwendung der Prinzipien in Bakalar v. Vavra (vgl. sub § 6.I.2.b)bb)) zur Anwendung New Yorker Rechts, weil dieses das größere Interesse an der Lösung des Rechtsstreits hat (Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304, 323 f. [S.D.N.Y. 2018]). 275 Der S.D.N.Y. hatte noch entschieden, die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass die Veräußerung „under duress“ erfolgt sei, vgl. Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 307 F.Supp.3d 304, 307 (S.D.N.Y. 2018). 276 Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 928 F.3d 186, 193 ff. (2nd Cir. 2019). 277 Zuckerman v. Metropolitan Museum of Art 928 F.3d 186, 196 ff. (2nd Cir. 2019). 278 Heftige Kritik bei Kreder/Schell, 30 DePaul J. Art & Ent. L. 1 ff., insbesondere 63 ff. (2020).

210

§ 7 Verjährung und laches

Damit möchte der US-Gesetzgeber sicherstellen, dass die Verfahren „on the merits“ gelöst und der Verteilungskonflikt zwischen den Erben des Restitutionsberechtigten und dem – häufig gutgläubigen – Erwerber des Kunstgegenstandes auf Grundlage des materiellen Rechts entschieden wird. Durch diesen Anreiz zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens werden die USA auch in den nächsten Jahren das Zentrum der juristischen Auseinandersetzung um die Restitution von NS-Raubkunst sein, weil viele Erben nunmehr erstmals die Gelegenheit erhalten, vor Inkrafttreten des HEAR Act bereits verjährte Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Der Erlass des HEAR Act schließt es auch aus, dass etwa das Verjährungsrecht kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen zur Anwendung gelangt, zumal Verjährungsfragen nach US-Verständnis prozessual verstanden werden und sich damit nach der lex fori richten. Angesichts des breiten und in Teilen unpräzisen Wortlauts dürfte der Anwendungsbereich des HEAR Act in Restitutionsverfahren schnell eröffnet sein. Und auch über den 01.01.2027 hinaus wird es Erben von NS-Raubkunst möglich sein, in Staaten mit einem sehr liberalen Verjährungsrecht – insbesondere New York und Kalifornien – ihre Ansprüche mit (einer theoretischen) Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Doch auch dieses Zeitfenster beginnt sich langsam, aber stetig zu schließen. Jüngere Urteile, insbesondere nach Erlass des HEAR Act, zeigen, dass sich die Rechtsverteidigung des Beklagten im Schwerpunkt auf den Vorwurf einer nachlässigen Prozessführung und einer daraus folgenden Verwirkung des Klagerechts (laches) verschiebt. Durch öffentlich einsehbare Kunstregister, verbesserte Möglichkeiten der Provenienzrecherche und der archivarischen Forschung einerseits und das Versterben der letzten Zeitzeugen der NS-Diktatur andererseits wird ein weiteres Zuwarten auf Klägerseite in Zukunft öfter mit der Verwirkung des Klagerechts sanktioniert werden. Restitutionsverfahren vor US-Gerichten werden damit mehr und mehr zu einem Glücksspiel, da das Eingreifen von equitable defenses kaum abschätzbar ist. Die mit dem HEAR Act verbundene Hoffnung auf Rechtsklarheit kann damit nicht erreicht werden, da sich nur die Bewertungsparameter für eine Klageabweisung auf das Nachkriegsverhalten der Beteiligten im Rahmen des laches-Einwands verschoben haben. Ob damit einer „just and fair solution“ letztlich mehr oder weniger Güte getan wird als vor Erlass des Gesetzes, bleibt fraglich.

§8

Schlussbetrachtung „Manches Herrliche der Welt / Ist in Krieg und Streit zerronnen; / Wer beschützet und erhält, / Hat das schönste Los gewonnen.“1

I. Eine gemischte Bilanz I. Eine gemischte Bilanz

Was bleibt, ist die Frage, welche Vorteile das US-Recht bei der Restitution von NS-Raubkunst verspricht und insbesondere, ob eine „just and fair solution“ im Sinne der Washington Principles für die Restitutionsberechtigten erreicht werden kann. Dabei muss eine gemischte Bilanz gezogen werden: Prima vista bieten die USA ein gerichtliches Forum, in dem eine Restitutionsklage – anders als in den meisten europäischen Staaten – jedenfalls nicht von vornherein aussichtslos ist. Der weitgehende Ausschluss von Verjährungsvorschriften durch den HEAR Act und der im common law verbreitete Grundsatz no thief can pass good title, der in den meisten Restitutionsfällen zur Anwendung gelangt, ermöglicht es auch noch Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs, die Herausgabe von Kunstgegenständen mit Erfolg geltend zu machen. Dies wurzelt nicht zuletzt auch in der von den Vereinigten Staaten selbst empfundenen, moralischen Verpflichtung, den Opfern des Holocaust ein Forum für ihre Ansprüche zu bieten. Gleichsam schwingt dabei ein bisweilen recht deutlich zutage tretendes Überlegenheitsgefühl des US-amerikanischen Rechtssystems mit,2 welches von den beteiligten Akteuren in das Narrativ von US-Gerichten als ‚Monuments Men der Moderne‘ gefasst wird. NS-Opfer und deren Rechtsnachfolger erhalten damit ein öffentliches Forum und haben perspektivisch auch die Möglichkeit der streitigen Anspruchsdurchsetzung oder einer außergerichtlichen Streitbeilegung, während eine gerichtliche Anspruchsverfolgung in Deutschland wohl auch in Zukunft a limine keine Erfolgsaussichten verspricht. Der damit erzeugte, auch gegenüber Privaten bestehende Gerichtsdruck ist dem Erzielen einer gütlichen Einigung zwi––––––––––– 1

J.W. v. Goethe, Beschildeter Arm, gegen ein vorüberziehendes Wetter Bücher beschützend (1826). 2 Gleicher Befund bei Schönenberger, Restitution von Kulturgut, S. 237 f.; Raach, Herausgabeklagen in internationale Kulturleihgaben, S. 94 m.w.N. Siehe ferner Shapiro, 34 Wm. Mitchell L. Rev. 1147 ff. (2008).

212

§ 8 Schlussbetrachtung

schen den Parteien sicherlich nicht abträglich, wie die Zahl der im Vergleichswege erledigten Restitutionsverfahren zeigt.3 Auch hat sich die – insbesondere von Museen und Galerien vorgebrachte – Befürchtung, US-Gerichte würden durch eine große Anzahl unberechtigter Klagen überflutet, um den Beklagten durch die Prangerwirkung eines NS-Restitutionsverfahrens in einen kostspieligen Vergleich zu drängen und damit aus dem Leiden der NS-Betroffenen finanzielles Kapital zu schinden, nicht bewahrheitet. Ein derart missbräuchliches Vorgehen konnte bislang in keinem der untersuchten Fälle festgestellt werden. Schließlich kann man der politisch forcierten Förderung der restitution litigation auch keine pauschale Benachteiligung ausländischer Staaten oder Museen attestieren. Zwar besteht durch eine weitreichende Auslegung des FSIA häufig keine Immunität ausländischer Museen und Kunsteinrichtungen. Die untersuchten Entscheidungen richteten sich jedoch mehrheitlich gegen inländische Beklagte (ca. 65 %), die Möglichkeit der Klageerhebung vor US-Gerichten wurde von in- und ausländischen Klägern gleichermaßen wahrgenommen und beim Klageerfolg gab es zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede. Jedoch ist die Rechtslage auch hier noch im Fluss, wie die anstehenden Entscheidungen des US Supreme Court in den Verfahren Philipp v. Germany und Simon v. Hungary zeigen.4 Betrachtet man das Ergebnis der streitigen Restitutionsverfahren, muss nüchtern konstatiert werden, dass die Erfolgsaussichten der Klage jedoch von so vielen anderen Faktoren abhängen als der – eigentlich maßgeblichen – Frage des Rechtsverlusts zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Dies liegt zunächst an der Rechtszersplitterung zwischen den US-Bundestaaten: Trotz einer teilweisen Vereinheitlichung durch den HEAR Act und den FSIA obliegt es dem einzelstaatlichen Recht, wie das Restitutionsverfahren durchzuführen ist. Insbesondere bei der Frage des anzuwendenden Sachrechts, des relevanten Beweismaßes sowie der Bedeutung ausländischer Gerichts- und Kommissionsentscheidungen weist das Restitutionsrecht der Bundesstaaten Inkonsistenzen auf. Auch mag man der gerichtlichen Würdigung komplexer und fremdsprachiger Sachverhalte, die sich vor meist mehr als 75 Jahren in Europa abgespielt haben, nicht immer und in allen Details Folge leisten. Die Erfolgsaussichten der Klage werden daher maßgeblich dadurch bestimmt, wo sich das Kunstwerk im Moment der Entdeckung/Klageerhebung befindet bzw. an welchem Gericht die internationale Zuständigkeit über den Beklagten begründet werden kann. Damit wird einerseits einer strategischen Forumwahl die Türe geöffnet und die Begründetheit des Restitutionsverlangens entfernt sich andererseits von den tatsächlichen Umständen des Falles hin zu Entscheidungsparametern, die nichts mit den Umständen des ursprünglichen Rechtsverlusts zu tun haben. Gleichsam macht es die in den Händen des Tat––––––––––– 3 4

Siehe dazu bereits sub § 4.VI. Siehe dazu bereits sub § 5.II.3.a) und § 5.II.3.d.aa).

I. Eine gemischte Bilanz

213

richters liegende Abwägungsentscheidung, ob das Klagerecht z.B. unter der doctrine of laches als verwirkt abzuweisen ist, für den Kläger ex ante kaum möglich, die Erfolgsaussichten des Verfahrens abzusehen. Die dargestellten, in Begründung und Ergebnis teilweise erheblich divergierenden Judikate in den einzelnen Bundesstaaten und Circuits machen die Rückforderung von Kunstgegenständen vielmehr häufig zu einer Art restitution roulette, dessen Ergebnis sich vorab nicht bestimmen lässt. Ob die US-Gerichte damit mehr Licht als Schatten in die komplexe Auflösung des Konflikts zwischen den Rechtsnachfolgern eines Restitutionsberechtigten und einem gutgläubigen Erwerber gebracht haben, ist fraglich. Zudem sind die Hürden, welche zum Erfolg der Klage überwunden werden müssen, in der Praxis nach wie vor hoch. Die von Saher- und das CassirerVerfahren5 zeigen exemplarisch, dass sich die Parteien in zeit- und kostenintensive sowie instanzenlastige Prozesse stürzen, am Ende dann aber doch verlieren, weil das Klagerecht entweder verwirkt ist, ein ausländischer staatlicher Hoheitsakt der Restitution entgegensteht oder die Anwendung ausländischen Sachrechts die Ersitzung des Kunstgegenstandes ermöglicht. So hob der Court of Appeals die klageabweisende Entscheidung des District Court in Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation dreimal auf, ehe er die Abweisung der Klage in einem vierten Urteil schließlich doch bestätigte. Daher sind die Restitutionskläger bei den streitig zu Ende geführten Restitutionsverfahren auch nur in geringem Umfang erfolgreich gewesen; der Anteil (zumindest teilweise) erfolgreicher Gerichtsverfahren dürfte 15 % nicht übersteigen. Soweit ersichtlich, wurde insbesondere noch kein US-Museum rechtskräftig zur Restitution eines Kunstgegenstands verurteilt. Die beschränkten Erfolge der Kläger in jüngerer Zeit und die limitierte Effektivität der US-Gesetzgebung scheinen selbst die US-Gerichte zu sehen, welche den Parteien auch bei fortgeschrittenen Restitutionsverfahren verstärkt eine gütliche Einigung ans Herz legen. Z.B. richtete der District Court in seiner Entscheidung Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation einen eindeutigen Appell an die Prozessparteien: „the Court recommends that, before the next phase of litigation commences […the parties] pause, reflect, and consider whether it would be appropriate to work towards a mutuallyagreeable resolution of this action, in light of Spain’s acceptance of the Washington Conference Principles and the Terezín Declaration, and, specifically, its commitment to achieve ‘just and fair solutions’ for victims of Nazi persecution.“6

Folglich kann der Effekt der amerikanischen Gesetzgebung auch mehrheitlich darin gesehen werden, durch den aufgebauten Gerichtsdruck eine gütliche Streiterledigung zwischen den Parteien zu fördern. ––––––––––– 5

Siehe oben sub § 6.II.1.b) sowie § 7.II.2.d). Cassirer v. Thyssen-Bornemisza Collection Foundation 153 F.Supp.3d 1148, 1168 (C.D.Cal. 2015). 6

214

§ 8 Schlussbetrachtung

Der Erlass des HEAR Act wird US-Gerichte auch in den kommenden Jahren zum Zentrum von NS-Restitutionsstreitigkeiten machen und einen erheblichen Einfluss auf den internationalen Kunstmarkt haben. Der weitreichende Verjährungsausschluss macht die restitution litigation 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch attraktiv, auch wenn das Fenster zur Rückforderung durch eine Verwirkung des Klagerechts kraft Zeitablaufs (laches) kleiner und kleiner wird. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Zahl der Restitutionsstreitigkeiten vor US-amerikanischen Gerichten in naher Zukunft noch einmal zunehmen wird, darunter auch sensible Verfahren unter Beteiligung ausländischer staatlicher oder staatsnaher Institutionen – wie etwa der Stiftung preußischer Kulturbesitz.7 Andererseits spricht vieles dafür, dass die nächsten Jahre bis zum Auslaufen des HEAR Act am 01.01.2027 die letzte Hochphase bei der gerichtlichen Klärung von NS-Restitutionsstreitigkeiten sein werden und die Aufarbeitung von NS-Unrecht vor Gericht damit auch in den USA an ihrem Ende angelangt ist, selbst wenn in einzelnen Bundesstaaten (New York, Kalifornien) noch über dieses Datum hinaus ein Restitutionsprozess angestrengt werden kann, ohne dass die Verjährungseinrede einem Anspruch per se entgegensteht.

II. Eine „just and fair solution“? II. Eine „just and fair solution“?

Eine „just and fair solution“ in NS-Restitutionsverfahren – wie sie etwa die Washingtoner Erklärung vorsieht – kann daher auch unter amerikanischem Recht nur eingeschränkt erreicht werden. Vielleicht legt der Streifzug durch das US-amerikanische Restitutionsrecht das ernüchternde Ergebnis nahe, dass dieser hehre, letztlich jedoch konturlose Rechtsgedanke von keiner Rechtsordnung dieser Welt erfüllt werden kann. Der Konflikt zwischen dem Restitutionsberechtigten (bzw. dessen Rechtsnachfolger) und einem gutgläubigen Dritten, der den Gegenstand seit Jahrzehnten in Eigenbesitz hat, zeigt die Grenzen dessen, was eine Rechtsordnung zu leisten vermag, geradezu exemplarisch auf. Jedem adversatorisch geführten Rechtsstreit ist der Obsiegens-/Unterliegensgedanke letztlich inhärent, der durch eine Wertungsentscheidung zugunsten einer Seite aufgelöst werden muss. Oder wie es in Menzel v. List heißt:8 „The resolution of these problems is made the more difficult in view of the fact that one of two innocent parties must bear the loss.“ Auch wenn man daher aus deutscher Perspektive die US-amerikanische Grundwertung zum Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs, einer Mobiliarersitzung und der Verjährung nicht gutheißen mag und stattdessen die Rechtsbefriedung durch Verjährung und Ersitzung anpreist, zeigt sich doch ein entscheidender Vorteil: NS-Unrecht wird vor Gericht öffentlich diskutiert, die Schat––––––––––– 7 8

Dazu bereits schon sub § 5.II.3.d)aa). 267 N.Y.S.2d 804, 809 (NY Sup. Ct. 1966).

II. Eine „just and fair solution“?

215

tenseiten der europäischen Kunst- und Museumslandschaft in der Nachkriegszeit – die manches Land möglichst schnell ad acta legen möchte – werden aufgearbeitet und individuelles und kollektives Fehlverhalten während und nach dem Krieg wird offengelegt. Dagegen scheinen manche Museen bemüht zu sein, über dieses Kapitel europäischer Geschichte möglichst schnell den Schleier des Vergessens zu legen. Dabei zeigen gerade die Verfahren Altmann v. Austria und Portrait of Wally,9 dass nicht nur die Schergen der NS-Zeit maßgeblich an der Entrechtung jüdischer Mitbürger beteiligt waren, sondern auch in der Nachkriegszeit durch eine teilweise systematische Verhinderung der Kunstrestitution bestehende Eigentumsverletzungen perpetuiert wurden und manche Kunsteinrichtungen auch heute noch unwillig sind, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Es darf zudem nicht vergessen werden, dass maßgeblich auch deutsche Museen von der amerikanischen Rechtslage profitieren und die darin gewährten Rechtspositionen umfassend nutzen. Dies zeigt sich etwa im Verfahren University of Kassel v. Chatalbash, in dem die Universität Kassel erfolgreich sieben Miniaturen aus dem Gebetbuch von Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, die bislang als verschollen galten, zurückfordern konnte.10 Gleiches gilt im Verfahren United States v. Six Paintings Seized from Paul Gorzocoski III d/b/a Northfield Auctions,11 in welchem die USA im Auftrag des Freistaates Bayern und zur Sicherung der Eigentumsposition der bayerischen Staatsgemäldesammlungen sieben Gemälde beschlagnahmten, die aus dem Nachlass eines US Army-Veteranen stammten und in einem Auktionshaus versteigert werden sollten. Auch konnte durch die Anwendung der demand and refusal rule12 erreicht werden, dass das Augsburger Geschlechterbuch aus dem 16. Jahrhundert, welches 2004 zur Versteigerung bei Sotheby’s in New York eingeliefert wurde, durch das Land Baden-Württemberg bzw. die Staatsgalerie zurückerlangt werden konnte.13 ––––––––––– 9

Dazu bereits sub § 4.IV.1. und § 5.II.1.b). Das Verfahren wurde durch eine außergerichtliche Einigung nach Klageeinreichung erledigt, vgl. die Pressemitteilung der Universität Gesamthochschule Kassel vom 21.08.1998, , abgerufen am 06.10.2020. 11 United States v. Six Paintings Seized from Paul Gorzocoski III, Civ. No. 08-cv-10161RWZ (D.Mass. 2008) – erledigt durch außergerichtliche Einigung. Siehe ferner The Netherlands v. Ian Woodner, No. 89-cv-07425 (LLS) (S.D.N.Y. 1989) zum Streit der niederländischen Regierung mit einem New Yorker Kunstmagnaten über Hans Baldung Griens Kunstwerk Virgin and Child. 12 Dazu bereits sub § 7.I.3. 13 Sotheby‘s, Inc. v. Shene 2009 WL 762697 (S.D.N.Y. 2009) sowie 2005 WL 3533138 (S.D.N.Y. 2005): Das Buch wurde während des Zweiten Weltkriegs in der Waldenburg gelagert und galt Jahrzehnte als verschollen, ehe es ein Buchsammler, der das Werk 2001 in Missouri ersteigert hatte, bei Sotheby’s einlieferte. Vermutlich wurde das Werk – neben anderen Artefakten – von einem Angehörigen der US-Streitkräfte nach Ende des Zweiten Weltkriegs entwendet. Im Restitutionsstreit zwischen dem derzeitigen Besitzer und dem Land 10

216

§ 8 Schlussbetrachtung

Vor diesem Hintergrund und dem Leitbild der Washington Principles erscheint es umgekehrt überaus bedenklich, dass Max Liebermanns Gemälde Zwei Reiter am Strand als Teil des Schwabinger Kunstfundes trotz klarer Zuordnung als NS-Raubkunst erst restituiert wurde, nachdem der restitutionsberechtigte Erbe Klage gegen die BRD und den Freistaat Bayern vor dem District Court for the District of Columbia eingereicht hatte, weil deutsche Behörden über 21 Monate hinweg nicht auf Schreiben des vom Kläger bestellten Anwalts reagiert hatten.14 Ob Deutschland damit seiner Verpflichtung aus der Washingtoner Erklärung gerecht geworden ist, kann bezweifelt werden.

III. ADR als Alternative? III. ADR als Alternative?

Aufgrund der aufgezeigten Inkonsistenzen in der Rechtsprechung hat sich auch in der US-amerikanischen Literatur vermehrt der Gedanke durchgesetzt, dass der Status quo bei der streitigen Klärung von NS-Restitutionsverfahren letztlich nicht immer zu überzeugenden Ergebnissen führt.15 Der Aufwand und die Kosten eines Gerichtsverfahrens, verbunden mit dem ungewissen Ausgang des Prozesses und den zahlreichen Hürden tatsächlicher und rechtlicher Art, machen die Restitution von NS-Raubkunst auch heute zu einem Vabanquespiel, bei dem – sollte keine gütliche Einigung erreicht werden – weniger die Anspruchslegitimation der Erben der NS-Opfer als vielmehr Zufälligkeiten über die Erfolgsaussichten des Falles entscheiden: „the legal framework is inadequate and unyielding; litigation is too time consuming and costly; and burdens and standards of proof of ownership and title are too hard to discharge […].“16 Vor diesem Hintergrund wird von amerikanischen Rechtswissenschaftlern auf die Bedeutung der Washington Principles hingewiesen, die die unterzeich––––––––––– Baden-Württemberg konnte sich dieses durchsetzen, da es die Provenienz lückenlos nachweisen konnte. 14 Vgl. Toren v. Federal Republic of Germany, et al., No. 14-CV-00359-ABJ (D.D.C. 2014) sowie den Provenienzbericht der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ zu Max Liebermann „Reiter am Strand“ / „Zwei Reiter am Strand“, 72 x 92 cm, Öl auf Leinwand (Stand: 25.07.2014) (, abgerufen am 06.10.2020) und Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 383 (2017). Siehe ferner , abgerufen am 06.10.2020, sowie bereits sub § 1.II.2. 15 Etwa Keim, 3 Pepp. Disp. Resol. L.J. 295, 296 (2003). 16 Mullery, 11 Cardozo J. Conflict Resol. 643, 667 (2010). Die Nachteile des US-Kostensystems (contingency fee), wonach der Kläger im Erfolgsfalle genötigt sein kann, das Kunstwerk sofort wieder zu verkaufen, um die Anwaltskosten zu decken, werden in der US-amerikanischen Literatur dagegen kaum diskutiert.

III. ADR als Alternative?

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nenden Staaten dazu anhalten, alternative Mechanismen zur Streitbeilegung zu entwickeln:17 Damit könne besser verdeutlicht werden, dass es sich bei NSRaubkunstfällen nicht um ‚gewöhnliche‘ Rechtsstreitigkeiten handelt, weil diese in moralischer, politischer und emotionaler Hinsicht eine multipolare Konfliktlage aufweisen.18 1. Vorteile internationaler ADR-Modelle Daher kam in der US-amerikanischen Literatur schon früh der Gedanke von bindenden Schiedsgerichten auf internationaler Ebene als alternatives Streitforum auf;19 insbesondere für Kunstwerke in öffentlicher Hand ist eine Orientierung am Dispute Settlement Body der WTO angedacht.20 Diese könnten den Besonderheiten von NS-Raubkunst und den beteiligten Akteuren besser gerecht werden und mit fachlich versierteren Spezialisten besetzt sein, welche die spezifischen Details von Kunstrestitutionsverfahren zu würdigen in der Lage sind. Durch eine expert determination sollen etwa Fragen zur Provenienz eines Kunstwerks von einem oder mehreren unabhängigen Experten entschieden werden.21 Dieses Vorgehen hätte wiederum den Vorteil, dass das Verfahren flexibler und schneller auf die Umstände des Einzelfalles reagieren kann.22 Weiterhin wird vorgebracht, ein internationales Kunstschiedsgericht könnte ein neutrales Forum zur Verfügung stellen,23 wodurch sich komplexe Fragen der internationalen Zuständigkeit und der Staatenimmunität erledigten. Diese Vorgehensweise würde zudem verhindern, dass der Erfolg einer Restitutionsklage mehrheitlich davon abhängt, welches Sach- und Verjährungsrecht zur Anwendung gelangt. 24 Vorteil eines solches Schiedsgerichts wäre insbesondere auch, dass der Schiedsspruch nach der UN-Konvention über die Anerken-

––––––––––– 17

Umfassend Mullery, 11 Cardozo J. Conflict Resol 643 (2010), insbesondere S. 654: „The Washington Principles clearly advocate avoidance of litigation to resolve these claims and recommend that nations develop ADR mechanisms to settle restitution claims.“ Nach Mullery stellt das Fehlen der Bereitstellung von bindenden ADR-Mechanismen daher einen Verstoß gegen die Washington Principles dar (a.a.O., 654 ff.). 18 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 381 (2017) m.w.N. 19 Keim, 3 Pepp. Disp. Resol. L.J. 295, 297 (2003); grundlegend bereits Lemer, 31 N.Y.U. J. Int‘l L. & Pol. 15 (1998). Aus deutscher Perspektive: Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung, S. 240 f. m.w.N. 20 Birnkrant, 18 Wash. U. Global Stud. L. Rev. 213, 232 ff. (2019), der darin eine Verwirklichung der Ziele der Terezín declaration sieht. 21 Vgl. Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 380 (2017) m.w.N. 22 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 380 (2017). 23 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 380 (2017). 24 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 380 (2017): Damit wird auch die Gefahr sich wiedersprechender Entscheidungen verhindert.

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§ 8 Schlussbetrachtung

nung und Vollstreckung von Schiedssprüchen 25 weltweit vollstreckt werden kann.26 Indes können diese – tatsächlich oder vermeintlich bestehenden – Vorteile des Schiedsverfahrensrechts nicht über eine Sache hinwegtäuschen: Der Grundkonflikt zwischen den Erben der Restitutionsberechtigten auf der einen Seite und dem Erwerber oder dessen Rechtsnachfolger auf der anderen bleibt bestehen. Ob durch die Errichtung von Schiedsgerichten daher der Weg zu einer „just and fair solution“ geebnet wird, ist mehr unbewiesene Hypothese denn gesicherte Prognose. 2. Keine Realisierungschancen Dennoch favorisiert ein Teil der US-amerikanischen Literatur die Vereinbarung eines bindenden völkerrechtlichen Vertrags zur Errichtung eines internationalen Kunstschiedsgerichts – ein Gedanke, der vor dem Hintergrund des als intransparent bemängelten Verhaltens Deutschlands und des Freistaats Bayern in der causa Gurlitt jüngst noch einmal frischen Aufwind erhalten hat.27 Allerdings wird sich dieser Wunsch zur Errichtung eines supranational bindenden Schiedsgerichts in absehbarer Zeit nicht realisieren lassen, hat doch die internationale Staatengemeinschaft bislang kein Interesse bekundet, sich einer solchen Vereinbarung rechtsverbindlich zu unterwerfen. Auch die Errichtung eines (nationalen) Court of Arbitration for Art in den USA nach dem Vorbild des niederländischen CAfA28 erscheint derzeit ausgeschlossen, da der US-Bundesgesetzgeber durch den Erlass des HEAR Act klar zu erkennen gegeben hat, dass er das streitige Restitutionsverfahren vor Gericht aktiv fördern möchte und allein in diesem Rahmen eine gütliche Einigung zwischen den Parteien für aussichtsreich erachtet. Es wird daher auch in Zukunft die gerichtliche Auseinandersetzung sein, die NS-Restitutionsverfahren in den USA prägen wird.

IV. Ausblick IV. Ausblick

Trotz der dargelegten Unzulänglichkeiten und Inkonsistenzen des US-Restitutionsrechts sollte die gerichtliche Klärung von NS-Raubkunstverfahren vor amerikanischen Gerichten auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten zum Nachdenken anregen. Abgesehen von den singulären Entscheidungen der Limbach-Kommission ist der öffentliche Diskurs um die Restitution von NS-Raubkunst in öffentlicher und privater Hand oftmals verstummt – trotz ––––––––––– 25

New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958; vgl. dazu das Ausführungsgesetz (BGBl. 1961 II S. 121). 26 Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 387 f. (2017). 27 Vgl. nur Elie, 18 Cardozo J. Conflict Resol. 363, 384 ff. (2017). 28 Siehe dazu (abgerufen am 06.10.2020).

IV. Ausblick

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des nach wie vor bestehenden Ausmaßes des Kulturgüterverlusts zwischen 1933 und 1945. Dabei kann man die derzeitigen NS-Restitutionsverfahren in den USA durchaus als Imperativ an europäische Museen deuten, den eigenen Bestand im Einklang mit den Washington Principles auf NS-Raubkunst zu untersuchen. Jedenfalls vor amerikanischen Gerichten werden sie bei einem Unterlassen dieser Maßnahme nicht auf Verständnis stoßen. Inzwischen hat sich der Wirbel um den Schwabinger Kunstfund wieder gelegt, Reformvorschläge zur Abschaffung einer Verjährung der Vindikation de lege ferenda29 oder zur Verlängerung der Ersitzungs- und Verjährungsfristen bei NS-Raubkunst30 nach dem Vorbild der Schweiz31 haben sich in Deutschland nicht durchgesetzt. Der Gesetzentwurf des Freistaats Bayern „zum Ausschluss der Verjährung von Herausgabeansprüchen bei abhandengekommenen Sachen, insbesondere bei in der NS-Zeit entzogenem Kulturgut (KulturgutRückgewähr-Gesetz – KRG)“32 als lex Gurlitt wurde letztlich nie Realität und scheint auch in Zukunft keine Chance auf Umsetzung zu haben. Ohne Verjährungsverzicht der betroffenen Institution33 bleiben gerichtliche Restitutionsverfahren in Deutschland damit ausgeschlossen. Ob diese Rechtssicherheit durch eine relativ schnelle Mobiliarersitzung und das Verjährungskonzept im deutschen Recht auch bei NS-Restitutionsfällen stets zu überzeugenden und gegenüber anderen Konfliktlösungsmodellen überlegeneren Ergebnissen führt, ist – und bleibt – ebenso fraglich wie der umfassende Schutz des ursprünglichen Eigentümers im US-Recht. Doch die Auflösung dieser Konfliktlage ist ein weites Feld, auf die auch dieses Buch keine abschließende Antwort zu geben vermag. Daher möge jeder Leser selbst über die Richtigkeit der folgenden Worte von Hugo Grotius entscheiden: „Dagegen muss alles, was in einem ungerechten Krieg erlangt ist, zurückgegeben werden, sowohl von denen, die es zuerst ergriffen haben, als von denen, die es von ihnen erlangt haben; denn niemand kann mehr Recht übertragen, als er selbst besitzt […].“34

––––––––––– 29

Dazu bereits Siehr, ZRP 2001, 346; Remien AcP 201 (2001), 730, 737. Vgl. den Vorschlag bei Finkenauer, JZ 2014, 479, 488: Erhöhung der Ersitzungsfrist in § 937 BGB auf 30 Jahre und der Verjährungsfrist in § 197 BGB auf 75 Jahre. 31 Art. 728 Abs. 1ter ZGB (30jährige Ersitzungsfrist bei Kulturgütern); vgl. auch Art. 934 Abs. 1bis ZGB, der die Verjährung bei abhandengekommenem Kulturgut von fünf auf 30 Jahre erhöht. 32 BR-Drs. 2/14. Gleiches gilt hinsichtlich eines Wiederauflebens der Restitutionsgesetze der Alliierten (vgl. bereits sub § 2.I.1.); siehe dazu Ernst, in: FS Schrage, S. 115, 127; Lage/Oehler, ZRP 2014, 86, 88. 33 Vgl. BGH Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 279/10, NJW 2012, 1796, 1798 – Plakatsammlung Hans Sachs. 34 Grotius, De iure belli ac pacis libri tres, Buch III, Kap. 16, sub I.: „At quae bello iniusto quaeruntur restituenda diximus, nec ab iis tantum qui ceperunt, sed et ab aliis ad quos res quoquo modo pervenit, nemo enim plus iuris ad alium transferre potest, quam ipse habuit […]“ (übersetzt von Schätzel, S. 539). 30

Appendix Appendix

I. Washington Principles Verabschiedet auf der Washington Conference on Holocaust Era Assets, Washington/DC, USA, 3. Dezember 1998 In developing a consensus on non-binding principles to assist in resolving issues relating to Nazi-confiscated art, the Conference recognizes that among participating nations there are differing legal systems and that countries act within the context of their own laws. 1. Art that had been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted should be identified. 2. Relevant records and archives should be open and accessible to researchers, in accordance with the guidelines of the International Council on Archives. 3. Resources and personnel should be made available to facilitate the identification of all art that had been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted. 4. In establishing that a work of art had been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted, consideration should be given to unavoidable gaps or ambiguities in the provenance in light of the passage of time and the circumstances of the Holocaust era. 5. Every effort should be made to publicize art that is found to have been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted in order to locate its pre-War owners or their heirs. 6. Efforts should be made to establish a central registry of such information. 7. Pre-War owners and their heirs should be encouraged to come forward and make known their claims to art that was confiscated by the Nazis and not subsequently restituted. 8. If the pre-War owners of art that is found to have been confiscated by the Nazis and not subsequently restituted, or their heirs, can be identified, steps should be taken expeditiously to achieve a just and fair solution, recognizing this may vary according to the facts and circumstances surrounding a specific case. 9. If the pre-War owners of art that is found to have been confiscated by the Nazis, or their heirs, cannot be identified, steps should be taken expeditiously to achieve a just and fair solution. 10. Commissions or other bodies established to identify art that was confiscated by the Nazis and to assist in addressing ownership issues should have a balanced membership. 11. Nations are encouraged to develop national processes to implement these principles, particularly as they relate to alternative dispute resolution mechanisms for resolving ownership issues.

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II. Terezín Declaration (Erklärung von Theresienstadt) Terezín Declaration on Holocaust Era Assets and Related Issues vom 30.06.2009 – Auszüge: Aware that Holocaust (Shoah) survivors and other victims of Nazi persecution have reached an advanced age and that it is imperative to respect their personal dignity and to deal with their social welfare needs, as an issue of utmost urgency, Having in mind the need to enshrine for the benefit of future generations and to remember forever the unique history and the legacy of the Holocaust (Shoah), which exterminated three fourths of European Jewry, including its premeditated nature as well as other Nazi crimes, Noting the tangible achievements of the 1997 London Nazi Gold Conference, and the 1998 Washington Conference on Holocaust-Era Assets, which addressed central issues relating to restitution and successfully set the stage for the significant advances of the next decade, as well as noting the January 2000 Stockholm Declaration, the October 2000 Vilnius Conference on Holocaust Era Looted Cultural Assets, Recognizing that despite those achievements there remain substantial issues to be addressed, because only a part of the confiscated property has been recovered or compensated, Taking note of the deliberations of the Working Groups and the Special Session on Social Welfare of Holocaust Survivors and their points of view and opinions which surveyed and addressed issues relating to the Social Welfare of Holocaust Survivors and other Victims of Nazi Persecution, Immovable Property, Nazi Confiscated Art, Judaica and Jewish Cultural Property, Holocaust Education, Remembrance and Research, which can be found on the weblink for the Prague Conference and will be published in the Conference Proceedings, Keeping in mind the legally non-binding nature of this Declaration and moral responsibilities thereof, and without prejudice to applicable international law and obligations, 1. Recognizing that Holocaust (Shoah) survivors and other victims of the Nazi regime and its collaborators suffered unprecedented physical and emotional trauma during their ordeal, the Participating States take note of the special social and medical needs of all survivors and strongly support both public and private efforts in their respective states to enable them to live in dignity with the necessary basic care that it implies. 2. Noting the importance of restituting communal and individual immovable property that belonged to the victims of the Holocaust (Shoah) and other victims of Nazi persecution, the Participating States urge that every effort be made to rectify the consequences of wrongful property seizures, such as confiscations, forced sales and sales under duress of property, which were part of the persecution of these innocent people and groups, the vast majority of whom died heirless. 3. Recognizing the progress that has been made in research, identification, and restitution of cultural property by governmental and non-governmental institutions in some states since the 1998 Washington Conference on Holocaust-Era Assets and the endorsement of the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, the Participating States affirm an urgent need to strengthen and sustain these efforts in order to ensure just and fair solutions regarding cultural property, including Judaica that was looted or displaced during or as a result of the Holocaust (Shoah). 4. Taking into account the essential role of national governments, the Holocaust (Shoah) survivors’ organizations, and other specialized NGOs, the Participating States call for a coherent and more effective approach by States and the international community to ensure the fullest possible, relevant archival access with due respect to national legislation. We also encourage States and the international community to establish and support research and education programs about the Holocaust (Shoah) and other Nazi crimes, ceremonies of re-

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membrance and commemoration, and the preservation of memorials in former concentration camps, cemeteries and mass graves, as well as of other sites of memory. 5. Recognizing the rise of Anti-Semitism and Holocaust (Shoah) denial, the Participating States call on the international community to be stronger in monitoring and responding to such incidents and to develop measures to combat anti-Semitism. […] Nazi-Confiscated and Looted Art Recognizing that art and cultural property of victims of the Holocaust (Shoah) and other victims of Nazi persecution was confiscated, sequestered and spoliated, by the Nazis, the Fascists and their collaborators through various means including theft, coercion and confiscation, and on grounds of relinquishment as well as forced sales and sales under duress, during the Holocaust era between 1933-45 and as an immediate consequence, and Recalling the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art as endorsed at the Washington Conference of 1998, which enumerated a set of voluntary commitments for governments that were based upon the moral principle that art and cultural property confiscated by the Nazis from Holocaust (Shoah) victims should be returned to them or their heirs, in a manner consistent with national laws and regulations as well as international obligations, in order to achieve just and fair solutions, 1. We reaffirm our support of the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art and we encourage all parties including public and private institutions and individuals to apply them as well, 2. In particular, recognizing that restitution cannot be accomplished without knowledge of potentially looted art and cultural property, we stress the importance for all stakeholders to continue and support intensified systematic provenance research, with due regard to legislation, in both public and private archives, and where relevant to make the results of this research, including ongoing updates, available via the internet, with due regard to privacy rules and regulations. Where it has not already been done, we also recommend the establishment of mechanisms to assist claimants and others in their efforts, 3. Keeping in mind the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, and considering the experience acquired since the Washington Conference, we urge all stakeholders to ensure that their legal systems or alternative processes, while taking into account the different legal traditions, facilitate just and fair solutions with regard to Nazi-confiscated and looted art, and to make certain that claims to recover such art are resolved expeditiously and based on the facts and merits of the claims and all the relevant documents submitted by all parties. Governments should consider all relevant issues when applying various legal provisions that may impede the restitution of art and cultural property, in order to achieve just and fair solutions, as well as alternative dispute resolution, where appropriate under law. […]

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III. HEAR Act – Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016 130 Stat. 1524, Public Law 114–308, 114th Congress: An Act to provide the victims of Holocaust-era persecution and their heirs a fair opportunity to recover works of art confiscated or misappropriated by the Nazis. Be it enacted by the Senate and House of Representatives of the United States of America in Congress assembled, Sec 1. Short title. This Act may be cited as the “Holocaust Expropriated Art Recovery Act of 2016”. Sec. 2. Findings. Congress finds the following: (1) It is estimated that the Nazis confiscated or otherwise misappropriated hundreds of thousands of works of art and other property throughout Europe as part of their genocidal campaign against the Jewish people and other persecuted groups. This has been described as the “greatest displacement of art in human history”. (2) Following World War II, the United States and its allies attempted to return the stolen artworks to their countries of origin. Despite these efforts, many works of art were never reunited with their owners. Some of the art has since been discovered in the United States. (3) In 1998, the United States convened a conference with 43 other nations in Washington, DC, known as the Washington Conference, which produced Principles on Nazi-Confiscated Art. One of these principles is that “steps should be taken expeditiously to achieve a just and fair solution” to claims involving such art that has not been restituted if the owners or their heirs can be identified. (4) The same year, Congress enacted the Holocaust Victims Redress Act (Public Law 105–158, 112 Stat. 15), which expressed the sense of Congress that “all governments should undertake good faith efforts to facilitate the return of private and public property, such as works of art, to the rightful owners in cases where assets were confiscated from the claimant during the period of Nazi rule and there is reasonable proof that the claimant is the rightful owner.” (5) In 2009, the United States participated in a Holocaust Era Assets Conference in Prague, Czech Republic, with 45 other nations. At the conclusion of this conference, the participating nations issued the Terezin Declaration, which reaffirmed the 1998 Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art and urged all participants “to ensure that their legal systems or alternative processes, while taking into account the different legal traditions, facilitate just and fair solutions with regard to Nazi-confiscated and looted art, and to make certain that claims to recover such art are resolved expeditiously and based on the facts and merits of the claims and all the relevant documents submitted by all parties.”. The Declaration also urged participants to “consider all relevant issues when applying various legal provisions that may impede the restitution of art and cultural property, in order to achieve just and fair solutions, as well as alternative dispute resolution, where appropriate under law.”. (6) Victims of Nazi persecution and their heirs have taken legal action in the United States to recover Nazi-confiscated art. These lawsuits face significant procedural obstacles partly due to State statutes of limitations, which typically bar claims within some limited number of years from either the date of the loss or the date that the claim should have been discovered. In some cases, this means that the claims expired before World War II even ended. (See, e.g., Detroit Institute of Arts v. Ullin, No. 06–10333, 2007 WL 1016996 (E.D. Mich. Mar. 31, 2007).) The unique and horrific circumstances of World War II and the Holocaust make statutes of limitations especially burdensome to the victims and their heirs. Those seeking

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recovery of Nazi-confiscated art must painstakingly piece together their cases from a fragmentary historical record ravaged by persecution, war, and genocide. This costly process often cannot be done within the time constraints imposed by existing law. (7) Federal legislation is needed because the only court that has considered the question held that the Constitution prohibits States from making exceptions to their statutes of limitations to accommodate claims involving the recovery of Nazi-confiscated art. In Von Saher v. Norton Simon Museum of Art, 592 F.3d 954 (9th Cir. 2009), the United States Court of Appeals for the Ninth Circuit invalidated a California law that extended the State statute of limitations for claims seeking recovery of Holocaust-era artwork. The Court held that the law was an unconstitutional infringement of the Federal Government’s exclusive authority over foreign affairs, which includes the resolution of war-related disputes. In light of this precedent, the enactment of a Federal law is necessary to ensure that claims to Nazi-confiscated art are adjudicated in accordance with United States policy as expressed in the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art, the Holocaust Victims Redress Act, and the Terezin Declaration. (8) While litigation may be used to resolve claims to recover Nazi-confiscated art, it is the sense of Congress that the private resolution of claims by parties involved, on the merits and through the use of alternative dispute resolution such as mediation panels established for this purpose with the aid of experts in provenance research and history, will yield just and fair resolutions in a more efficient and predictable manner. Sec. 3. Purposes. The purposes of this Act are the following: (1) To ensure that laws governing claims to Nazi-confiscated art and other property further United States policy as set forth in the Washington Conference Principles on NaziConfiscated Art, the Holocaust Victims Redress Act, and the Terezin Declaration. (2) To ensure that claims to artwork and other property stolen or misappropriated by the Nazis are not unfairly barred by statutes of limitations but are resolved in a just and fair manner. Sec. 4. Definitions. In this Act: (1) Actual Discovery. – The term “actual discovery” means knowledge. (2) Artwork or other Property. – The term “artwork or other property” means – (A) pictures, paintings, and drawings; (B) statuary art and sculpture; (C) engravings, prints, lithographs, and works of graphic art; (D) applied art and original artistic assemblages and montages; (E) books, archives, musical objects and manuscripts (including musical manuscripts and sheets), and sound, photographic, and cinematographic archives and mediums; and (F) sacred and ceremonial objects and Judaica. (3) Covered Period. – The term “covered period” means the period beginning on January 1, 1933, and ending on December 31, 1945. (4) Knowledge. – The term “knowledge” means having actual knowledge of a fact or circumstance or sufficient information with regard to a relevant fact or circumstance to amount to actual knowledge thereof. (5) Nazi Persecution. – The term “Nazi persecution” means any persecution of a specific group of individuals based on Nazi ideology by the Government of Germany, its allies or agents, members of the Nazi Party, or their agents or associates, during the covered period.

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Sec. 5. Statute of Limitations. (a) In General. – Notwithstanding any other provision of Federal or State law or any defense at law relating to the passage of time, and except as otherwise provided in this section, a civil claim or cause of action against a defendant to recover any artwork or other property that was lost during the covered period because of Nazi persecution may be commenced not later than 6 years after the actual discovery by the claimant or the agent of the claimant of – (1) the identity and location of the artwork or other property; and (2) a possessory interest of the claimant in the artwork or other property. (b) Possible Misidentification. – For purposes of subsection (a)(1), in a case in which the artwork or other property is one of a group of substantially similar multiple artworks or other property, actual discovery of the identity and location of the artwork or other property shall be deemed to occur on the date on which there are facts sufficient to form a substantial basis to believe that the artwork or other property is the artwork or other property that was lost. (c) Preexisting Claims. – Except as provided in subsection (e), a civil claim or cause of action described in subsection (a) shall be deemed to have been actually discovered on the date of enactment of this Act if – (1) before the date of enactment of this Act – (A) a claimant had knowledge of the elements set forth in subsection (a); and (B) the civil claim or cause of action was barred by a Federal or State statute of limitations; or (2) (A) before the date of enactment of this Act, a claimant had knowledge of the elements set forth in subsection (a); and (B) on the date of enactment of this Act, the civil claim or cause of action was not barred by a Federal or State statute of limitations. (d) Applicability. – Subsection (a) shall apply to any civil claim or cause of action that is – (1) pending in any court on the date of enactment of this Act, including any civil claim or cause of action that is pending on appeal or for which the time to file an appeal has not expired; or (2) filed during the period beginning on the date of enactment of this Act and ending on December 31, 2026. (e) Exception. – Subsection (a) shall not apply to any civil claim or cause of action barred on the day before the date of enactment of this Act by a Federal or State statute of limitations if – (1) the claimant or a predecessor-in-interest of the claimant had knowledge of the elements set forth in subsection (a) on or after January 1, 1999; and (2) not less than 6 years have passed from the date such claimant or predecessor-in-interest acquired such knowledge and during which time the civil claim or cause of action was not barred by a Federal or State statute of limitations. (f) Rule of Construction. – Nothing in this Act shall be construed to create a civil claim or cause of action under Federal or State law. (g) Sunset. – This Act shall cease to have effect on January 1, 2027, except that this Act shall continue to apply to any civil claim or cause of action described in subsection (a) that is pending on January 1, 2027. Any civil claim or cause of action commenced on or after that date to recover artwork or other property described in this Act shall be subject to any applicable Federal or State statute of limitations or any other Federal or State defense at law relating to the passage of time.

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IV. FSIA – Foreign Sovereign Immunities Act 90 Stat. 2891, Public Law 94–583, 94th Congress: An Act to define the jurisdiction of United States courts in suits against foreign states, the circumstances in which foreign states are immune from suit and in which execution may not be levied on their property, and for other purposes (Auszüge). 28 U.S.C. § 1602. Findings and declaration of purpose. The Congress finds that the determination by United States courts of the claims of foreign states to immunity from the jurisdiction of such courts would serve the interests of justice and would protect the rights of both foreign states and litigants in United States courts. Under international law, states are not immune from the jurisdiction of foreign courts insofar as their commercial activities are concerned, and their commercial property may be levied upon for the satisfaction of judgments rendered against them in connection with their commercial activities. Claims of foreign states to immunity should henceforth be decided by courts of the United States and of the States in conformity with the principles set forth in this chapter. 28 U.S. Code § 1603. Definitions. For purposes of this chapter – (a) A “foreign state”, except as used in section 1608 of this title, includes a political subdivision of a foreign state or an agency or instrumentality of a foreign state as defined in subsection (b). (b) An “agency or instrumentality of a foreign state” means any entity – (1) which is a separate legal person, corporate or otherwise, and (2) which is an organ of a foreign state or political subdivision thereof, or a majority of whose shares or other ownership interest is owned by a foreign state or political subdivision thereof, and (3) which is neither a citizen of a State of the United States as defined in section 1332 (c) and (e) of this title, nor created under the laws of any third country. (c) The “United States” includes all territory and waters, continental or insular, subject to the jurisdiction of the United States. (d) A “commercial activity” means either a regular course of commercial conduct or a particular commercial transaction or act. The commercial character of an activity shall be determined by reference to the nature of the course of conduct or particular transaction or act, rather than by reference to its purpose. (e) A “commercial activity carried on in the United States by a foreign state” means commercial activity carried on by such state and having substantial contact with the United States. 28 U.S. Code § 1604. Immunity of a foreign state from jurisdiction. Subject to existing international agreements to which the United States is a party at the time of enactment of this Act a foreign state shall be immune from the jurisdiction of the courts of the United States and of the States except as provided in sections 1605 to 1607 of this chapter. 28 U.S. Code § 1605. General exceptions to the jurisdictional immunity of a foreign state. (a) A foreign state shall not be immune from the jurisdiction of courts of the United States or of the States in any case – […] (2) in which the action is based upon a commercial activity carried on in the United States by the foreign state; or upon an act performed in the United States in connection with a commercial activity of the foreign state elsewhere; or upon an act outside the territory of

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the United States in connection with a commercial activity of the foreign state elsewhere and that act causes a direct effect in the United States; (3) in which rights in property taken in violation of international law are in issue and that property or any property exchanged for such property is present in the United States in connection with a commercial activity carried on in the United States by the foreign state; or that property or any property exchanged for such property is owned or operated by an agency or instrumentality of the foreign state and that agency or instrumentality is engaged in a commercial activity in the United States; […] (h) Jurisdictional Immunity for Certain Art Exhibition Activities. – (1) In general. – If – (A) a work is imported into the United States from any foreign state pursuant to an agreement that provides for the temporary exhibition or display of such work entered into between a foreign state that is the owner or custodian of such work and the United States or one or more cultural or educational institutions within the United States; (B) the President, or the President’s designee, has determined, in accordance with subsection (a) of Public Law 89–259 (22 U.S.C. 2459(a)), that such work is of cultural significance and the temporary exhibition or display of such work is in the national interest; and (C) the notice thereof has been published in accordance with subsection (a) of Public Law 89–259 (22 U.S.C. 2459(a)), any activity in the United States of such foreign state, or of any carrier, that is associated with the temporary exhibition or display of such work shall not be considered to be commercial activity by such foreign state for purposes of subsection (a)(3). (2) Exceptions. – (A) Nazi-era claims. – Paragraph (1) shall not apply in any case asserting jurisdiction under subsection (a)(3) in which rights in property taken in violation of international law are in issue within the meaning of that subsection and – (i) the property at issue is the work described in paragraph (1); (ii) the action is based upon a claim that such work was taken in connection with the acts of a covered government during the covered period; (iii) the court determines that the activity associated with the exhibition or display is commercial activity, as that term is defined in section 1603(d); and (iv) a determination under clause (iii) is necessary for the court to exercise jurisdiction over the foreign state under subsection (a)(3). (B) Other culturally significant works. – In addition to cases exempted under subparagraph (A), paragraph (1) shall not apply in any case asserting jurisdiction under subsection (a)(3) in which rights in property taken in violation of international law are in issue within the meaning of that subsection and – (i) the property at issue is the work described in paragraph (1); (ii) the action is based upon a claim that such work was taken in connection with the acts of a foreign government as part of a systematic campaign of coercive confiscation or misappropriation of works from members of a targeted and vulnerable group; (iii) the taking occurred after 1900; (iv) the court determines that the activity associated with the exhibition or display is commercial activity, as that term is defined in section 1603(d); and (v) a determination under clause (iv) is necessary for the court to exercise jurisdiction over the foreign state under subsection (a)(3).

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(3) Definitions. – For purposes of this subsection – (A) the term “work” means a work of art or other object of cultural significance; (B) the term “covered government” means – (i) the Government of Germany during the covered period; (ii) any government in any area in Europe that was occupied by the military forces of the Government of Germany during the covered period; (iii) any government in Europe that was established with the assistance or cooperation of the Government of Germany during the covered period; and (iv) any government in Europe that was an ally of the Government of Germany during the covered period; and (C) the term “covered period” means the period beginning on January 30, 1933, and ending on May 8, 1945. 28 U.S. Code § 1606. Extent of liability. As to any claim for relief with respect to which a foreign state is not entitled to immunity under section 1605 or 1607 of this chapter, the foreign state shall be liable in the same manner and to the same extent as a private individual under like circumstances; but a foreign state except for an agency or instrumentality thereof shall not be liable for punitive damages; if, however, in any case wherein death was caused, the law of the place where the action or omission occurred provides, or has been construed to provide, for damages only punitive in nature, the foreign state shall be liable for actual or compensatory damages measured by the pecuniary injuries resulting from such death which were incurred by the persons for whose benefit the action was brought. […] 28 U.S. Code § 1608. Service; time to answer; default. […] (e) No judgment by default shall be entered by a court of the United States or of a State against a foreign state, a political subdivision thereof, or an agency or instrumentality of a foreign state, unless the claimant establishes his claim or right to relief by evidence satisfactory to the court. A copy of any such default judgment shall be sent to the foreign state or political subdivision in the manner prescribed for service in this section. 28 U.S. Code § 1609. Immunity from attachment and execution of property of a foreign state. Subject to existing international agreements to which the United States is a party at the time of enactment of this Act the property in the United States of a foreign state shall be immune from attachment arrest and execution except as provided in sections 1610 and 1611 of this chapter. 28 U.S. Code § 1610. Exceptions to the immunity from attachment or execution. (a) The property in the United States of a foreign state, as defined in section 1603(a) of this chapter, used for a commercial activity in the United States, shall not be immune from attachment in aid of execution, or from execution, upon a judgment entered by a court of the United States or of a State after the effective date of this Act, if […] (b) In addition to subsection (a), any property in the United States of an agency or instrumentality of a foreign state engaged in commercial activity in the United States shall not be immune from attachment in aid of execution, or from execution, upon a judgment entered by a court of the United States or of a State after the effective date of this Act, if […] (c) No attachment or execution referred to in subsections (a) and (b) of this section shall be permitted until the court has ordered such attachment and execution after having determined that a reasonable period of time has elapsed following the entry of judgment and the giving of any notice required under section 1608(e) of this chapter. […]

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Appendix

V. Restatement (Second) of Conflict of Laws (Auszüge) § 6. Choice-Of-Law Principles. (1) A court, subject to constitutional restrictions, will follow a statutory directive of its own state on choice of law. (2) When there is no such directive, the factors relevant to the choice of the applicable rule of law include (a) the needs of the interstate and international systems, (b) the relevant policies of the forum, (c) the relevant policies of other interested states and the relative interests of those states in the determination of the particular issue, (d) the protection of justified expectations, (e) the basic policies underlying the particular field of law, (f) certainty, predictability and uniformity of result, and (g) ease in the determination and application of the law to be applied. […] § 142. Statute of Limitations (1988 Revision). Whether a claim will be maintained against the defense of the statute of limitations is determined under the principles stated in § 6. In general, unless the exceptional circumstances of the case make such a result unreasonable: (1) The forum will apply its own statute of limitations barring the claim. (2) The forum will apply its own statute of limitations permitting the claim unless: (a) maintenance of the claim would serve no substantial interest of the forum; and (b) the claim would be barred under the statute of limitations of a state having a more significant relationship to the parties and the occurrence. […] Property § 222. The General Principle. The interests of the parties in a thing are determined, depending upon the circumstances, either by the “law” or by the “local law” of the state which, with respect to the particular issue, has the most significant relationship to the thing and the parties under the principles stated in § 6. § 244. Validity and Effect of Conveyance of Interest in Chattel. (1) The validity and effect of a conveyance of an interest in a chattel as between the parties to the conveyance are determined by the local law of the state which, with respect to the particular issue, has the most significant relationship to the parties, the chattel and the conveyance under the principles stated in § 6. (2) In the absence of an effective choice of law by the parties, greater weight will usually be given to the location of the chattel, or group of chattels, at the time of the conveyance than to any other contact in determining the state of the applicable law. § 246. Acquisition by Adverse Possession or Prescription of Interest in Chattel. Whether there has been a transfer of an interest in a chattel by adverse possession or by prescription and the nature of the interest transferred are determined by the local law of the state where the chattel was at the time the transfer is claimed to have taken place.

Appendix

231

VI. California Legislation 1. California Code of Civil Procedure (2020) (Auszüge): Chapter 3. The Time of Commencing Actions Other Than for the Recovery of Real Property. Sec. 338. Within three years: […] (c) (1) An action for taking, detaining, or injuring goods or chattels, including an action for the specific recovery of personal property. (2) The cause of action in the case of theft, as described in Section 484 of the Penal Code, of an article of historical, interpretive, scientific, or artistic significance is not deemed to have accrued until the discovery of the whereabouts of the article by the aggrieved party, his or her agent, or the law enforcement agency that originally investigated the theft. (3) (A) Notwithstanding paragraphs (1) and (2), an action for the specific recovery of a work of fine art brought against a museum, gallery, auctioneer, or dealer, in the case of an unlawful taking or theft, as described in Section 484 of the Penal Code, of a work of fine art, including a taking or theft by means of fraud or duress, shall be commenced within six years of the actual discovery by the claimant or his or her agent, of both of the following: (i) The identity and the whereabouts of the work of fine art. In the case where there is a possibility of misidentification of the object of fine art in question, the identity can be satisfied by the identification of facts sufficient to determine that the work of fine art is likely to be the work of fine art that was unlawfully taken or stolen. (ii) Information or facts that are sufficient to indicate that the claimant has a claim for a possessory interest in the work of fine art that was unlawfully taken or stolen. (B) This paragraph shall apply to all pending and future actions commenced on or before December 31, 2017, including an action dismissed based on the expiration of statutes of limitation in effect prior to the date of enactment of this statute if the judgment in that action is not yet final or if the time for filing an appeal from a decision on that action has not expired, provided that the action concerns a work of fine art that was taken within 100 years prior to the date of enactment of this statute. (C) For purposes of this paragraph: (i) “Actual discovery,” notwithstanding Section 19 of the Civil Code, does not include constructive knowledge imputed by law. […] (iv) “Duress” means a threat of force, violence, danger, or retribution against an owner of the work of fine art in question, or his or her family member, sufficient to coerce a reasonable person of ordinary susceptibilities to perform an act that otherwise would not have been performed or to acquiesce to an act to which he or she would otherwise not have acquiesced. (v) “Fine art” has the same meaning as defined in paragraph (1) of subdivision (d) of Section 982 of the Civil Code. (vi) “Museum or gallery” shall include any public or private organization or foundation operating as a museum or gallery. […] (5) A party in an action to which paragraph (3) applies may raise all equitable and legal affirmative defenses and doctrines, including, without limitation, laches and unclean hands.

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Appendix

2. California Code of Civil Procedure (2009) (Auszüge): Chapter 4. General Provisions as to the Time of Commencing Actions. Sec. 354.3. (a) The following definitions govern the construction of this section: (1) “Entity” means any museum or gallery that displays, exhibits, or sells any article of historical, interpretive, scientific, or artistic significance. (2) “Holocaust-era artwork” means any article of artistic significance taken as a result of Nazi persecution during the period of 1929 to 1945, inclusive. (b) Notwithstanding any other provision of law, any owner, or heir or beneficiary of an owner, of Holocaust-era artwork, may bring an action to recover Holocaust-era artwork from any entity described in paragraph (1) of subdivision (a). Subject to Section 410.10, that action may be brought in a superior court of this state, which court shall have jurisdiction over that action until its completion or resolution. Section 361 does not apply to this section. (c) Any action brought under this section shall not be dismissed for failure to comply with the applicable statute of limitation, if the action is commenced on or before December 31, 2010.

Quellen- und Literaturverzeichnis I. Urteile I. Urteile

1. US-amerikanische Urteile Abelesz v. Magyar Nemzeti Bank 692 F.3d 661 (7th Cir. 2012). Abu Dhabi Inv. Auth. v. Citigroup, Inc. 2013 WL 789642 (S.D.N.Y. 2013); aff’d 557 Fed. Appx. 66 (2nd Cir. 2014). Adler v. Taylor 2005 WL 4658511 (C.D.Cal. 2005); aff’d sub nomine Orkin v. Taylor 487 F.3d 734 (9th Cir. 2007); cert. den. 552 U.S. 990 (2007). Agudas Chasidei Chabad of U.S. v. Russian Federation 466 F.Supp.2d 6 (D.D.C. 2006); aff’d in part, vac’d in part, rev’d in part 528 F.3d 934 (D.C.Cir. 2008); 729 F.Supp.2d 141 (D.D.C 2010); 798 F.Supp.2d 260 (D.D.C. 2011); 915 F.Supp.2d 148 (D.D.C. 2013); 128 F.Supp.3d 242 (D.D.C. 2015). Alfred Dunhill of London, Inc. v. Republic of Cuba 425 U.S. 682, 96 S.Ct. 1854 (1976). Alperin v. Vatican Bank 410 F.3d 532 (9th Cir. 2005). Alsdorf v. Bennigson No. 4-cv-5953 (N.D.Ill. 2004). Altmann v. Republic of Austria 142 F.Supp.2d 1187 (C.D.Cal. 2001); aff’d and rem’d 317 F.3d 954 (9th Cir. 2002); opinion amended and rehearing den’d 327 F.3d 1246 (9th Cir. 2003); aff’d on other grounds 541 U.S. 677 (2004); 377 F.3d 1105 (9th Cir. 2004); 335 F.Supp.2d 1066 (C.D.Cal. 2004). Sieher ferner 538 U.S. 1029 (2003) – granting stay und 539 U.S. 987 (2003) – granting certiorari in part. Am. Ins. Ass’n v. Garamendi 539 U.S. 396 (2003). Arrieta–Gimenez v. Arrieta–Negron 859 F.2d 1033 (1st Cir. 1988). Autocephalous Ch. v. Goldberg Feldman Arts 717 F.Supp. 1374 (S.D.Ind. 1989); aff’d 917 F.2d 278 (7th Cir. 1990). Bakalar v. Vavra 2008 WL 4067335 (S.D.N.Y. 2008); vac’d and rem’d 619 F.3d 136 (2nd Cir. 2009); 819 F.Supp.2d 293 (S.D.N.Y. 2011); aff’d 500 Fed.App’x. 6 (2nd Cir. 2012); cert. den. 569 U.S. 968, 133 S.Ct. 2038; siehe ferner 2006 WL 2311113 (S.D.N.Y. 2006); 550 F.Supp.2d 548 (S.D.N.Y. 2008); 851 F.Supp.2d 489 (S.D.N.Y. 2011). Baker v. Carr 369 U.S. 187 (1962). Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino 376 U.S. 398 (1964). Barkanic v. General Administratior of Civil Aviation of the People’s Republic of China 923 F.2d 957 (2nd Cir. 1991). Bennigson v. Alsdorf No. BC287294, Cal. Super. Ct. 2003 (unreported); aff’d, No. B168200 (Cal. Ct. App. 2004); dismissed, No. S124828, (Cal. Sup. Ct. 2005). Berg v. Kingdom of Netherlands 2020 WL 2829757 (D.S.C. 2020) – anhängig. Bergin v. Dartmouth Pharmaceutical, Inc. 326 F.Supp.2d 179 (D.Mass. 2004). Bernstein v. N.V. Nederlandsche-Amerikaansche Stoomvaart-Maatschappij 173 F.2d 71 (2nd Cir. 1949); amended 210 F.2d 375 (2nd Cir. 1954).

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Bernstein v. Van Heyghen Frères Société Anonyme 163 F.2d 246 (2nd Cir. 1947); cert. den. 332 U.S. 772 (1947). Bodner v. Banque Paribas 114 F.Supp.2d 117 (E.D.N.Y.2000). Bolivarian Republic of Venezuela v. Helmerich & Payne Int’l Drilling Co. 137 S.Ct. 1312, 197 L.Ed.2d 663 (2017). Brent v. Bank of Washington 35 U.S. 596 (1836). Burnham v. Superior Court 495 U.S. 604 (1990). Cassirer v. Kingdom of Spain et al. 2006 WL 8423211 (C.D.Cal. 2006); 461 F.Supp.2d 1157 (C.D.Cal. 2009); aff’d in part, rev’d in part, rem’d 580 F.3d 1048 (9th Cir. 2009) – Cassirer I; order for rehearing en banc 590 F.3d 981 (9th Cir. 2009); diss’d in part, aff’d in part 616 F.3d 1019 (9th Cir. 2010); cert. den. 564 U.S. 1037; 2012 WL 12875771 (C.D.Cal. 2012); 2012 WL 12882881 (C.D.Cal. 2012); aff’d in part, rev’d in part and rem’d 737 F.3d 613 (9th Cir. 2013) – Cassirer II; 2014 WL 5510996 (C.D.Cal. 2014); 2015 WL 12672087 (C.D.Cal. 2015); 153 F.Supp.3d 1148 (C.D.Cal. 2015); rev’d and rem’d 862 F.3d 951 (9th Cir. 2017) – Cassirer III; cert. den. 138 S.Ct. 1992 (Mem); C.D.Cal. 2019 – findings of facts and conclusions of law, online verfügbar , abgerufen am 06.10.2020; aff’d 2020 WL 4746626 (9th Cir. 2020) – Cassirer IV. Catania v. Garage De Le Paix, Inc. 542 S.W.2d 239 (Tex. App. 1976). Charash v. Oberlin College 14 F.3d 291 (6th Cir. 1994). Colavito v. NY Organ Donor 8 N.Y.3d 43, 827 N.Y.S.2d 96, 860 N.E.2d 713 (NY Ct. App. 2006). Cort v. Ash 422 U.S. 66 (1975). Creative Technology, Ltd. v. Aztech Sys. Pte, Ltd. 61 F.3d 696 (9th Cir. 1995). Czartoryski-Borbon v. Turcotte No. 107958/97 (NY Sup. Ct. 1999); appeal withdrawn 264 A.D.2d 545, 697 N.Y.S.2d 228 (NY App. Div. 1999). Daimler AG v. Bauman 571 U.S. 117 (2014). De Csepel v. Republic of Hungary 808 F.Supp.2d 113 (D.D.C. 2011); 2011 WL 13244741 (D.D.C. 2011); aff’d in part, rev’d in part 714 F.3d 591 (D.C.Cir. 2013); 75 F.Supp.3d 380 (D.D.C. 2014); 169 F.Supp.3d 143 (D.D.C. 2016); aff’d in part, rev’d in part, rem’d with instructions 859 F.3d 1094 (D.C.Cir. 2017); cert. den. 139 S.Ct. 784 (Mem); 2020 WL 2343405 (D.D.C. 2020); pending on appeal before D.C.Cir. (2020). De Sanchez v. Banco Central de Nicaragua 770 F.2d 1385 (5th Cir. 1985). Deutsch v. Metropolitan Museum of Art, No. 0100902/2004 (NY Sup. Ct. 2004). Deutsch v. Turner Corp. 324 F.3d 692 (9th Cir. 2003). DeWeerth v. Baldinger 658 F.Supp. 688 (S.D.N.Y. 1987); rev’d 836 F.2d 103 (2nd Cir. 1987); cert. den. 108 S.Ct. 2823 (1988) – DeWeerth I; 804 F.Supp. 539 (S.D.N.Y. 1992); rev’d 38 F.3d 1266 (2nd Cir. 1994) – DeWeerth II. Dunbar v. Seger-Thomschitz 638 F.Supp.2d 659 (E.D.La. 2009); aff’d 615 F.3d 574 (5th Cir. 2010); cert. den. 562 U.S. 1221. Ernst v. Ernst 722 F.Supp. 61 (S.D.N.Y. 1989). Estate of Irene Korhumel v. Estate of I.K. and John Does No. 1:2011cv05557 (N.D.Ill. 2011). Estate of Margaret Kainer v. UBS AG 2017 WL 4922057 (NY Sup. Ct. 2017); aff’d 175 A.D.3d 403, 106 N.Y.S.3d 309 (NY App. Div. 2019). Ex parte Republic of Peru 318 U.S. 578 (1943). First Nat’l City Bank v. Banco Nacional de Cuba 406 U.S. 759 (1972). Fischer v. Magyar Allamvasutak Zrt. 777 F.3d 847 (7th Cir. 2015).

I. Urteile

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Frenk v. Salomon 2018 WL 4300960 (NY Sup. Ct. 2018); aff’d 173 A.D.3d 490, 100 N.Y.S.3d 25 (NY App. Div. 2019). Siehe zuvor schon 123 A.D.3d 416 (NY App. Div. 2014); 998 N.Y.S.2d 42 (NY App. Div. 2014); 2018 WL 1510424 (NY Sup. Ct. 2018). Freund v. Republic of France 592 F.Supp.2d 540 (S.D.N.Y. 2008); aff ’d sub nom. Freund v. Société Nationale des Chemins de fer Français 391 F.App‘x 939 (2nd Cir. 2010). Garb v. Republic of Poland 440 F.3d 579 (2nd Cir. 2006). Garrison Special Opportunities Fund LP v. Fidelity Nat’l Card Servs., Inc. 130 A.D.3d 546 (NY App. Div. 2015). Gillet v. Roberts 57 N.Y. 28 (1874). Goodman v. Searle No. 96-6459 (N.D.Ill. 1996). Gowen v. Helly Nahmad Gallery, Inc. 60 Misc.3d 963, 77 N.Y.S.3d 605 (NY Sup. Ct. 2018); aff’d 169 A.D.3d 580 (NY App. Div. 2019) sowie 2017 WL 6459269 (NY Sup. Ct. 2017) und 2020 WL 356666 (NY Sup. Ct. 2020). Grosz v. Museum of Modern Art 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); motion to amend and reconsideration den. 772 F.Supp.2d 473 (S.D.N.Y. 2010); aff’d 403 F.App’x 575 (2nd Cir. 2010); cert. den. 565 U.S. 819 (2011). Guaranty Trust Co. v. York 326 U.S. 99 (1945). Halcon Int’l, Inc. v. Monsanto Australia Ltd. 446 F.2d 156 (7th Cir. 1971). Handley Motor Co. v. Wood 75 S.E.2d 312 (NC Sup. Ct. 1953). Harley-Davidson, Inc. v. O’Connell 13 F.Supp.2d 271 (N.D.N.Y. 1998). Harris v. Polskie Linie Lotnicze 820 F.2d 1000 (9th Cir. 1987). Hilton v. Guyot 159 U.S. 113, 16 S.Ct. 139 (1895). Hoffmann v. USA 266 F.Supp.2d 27 (D.D.C. 2003). In re Alterr, Inc., dba Ashkenazie & Co., No. 95-bk-3312 (Bankr. N.D.Cal. 1995). In re Flamenbaum 27 Misc.3d 1090, 899 N.Y.S.2d 546 (NY Surrogate’s Court, Nassau County 2010); rev’d 95 A.D.3d 1318, 945 N.Y.S.2d 183 (NY App. Div. 2012); aff’d 22 N.Y.3d 962, 978 N.Y.S.2d 708, 1 N.E.3d 782 (NY Ct. App. 2013). In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum Served on the Museum of Modern Art 677 N.Y.S.2d 872 (NY Sup. Ct. 1998); rev’d People v. Museum of Modern Art (In re Grand Jury Subpoena Duces Tecum) 688 N.Y.S.2d 3 (NY App. Div. 1999); motion granted 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999); rev’d 719 N.E.2d 897 (NY Ct. App. 1999). In re Nigeria Charter Flights Contract Litig. 520 F.Supp.2d 447 (E.D.N.Y. 2007). In the Matter of the Application for a Decree Revoking the Limited Ancillary Letters of Administration Issued in the Estate of Oscar Stettiner, Deceased 2015 WL 4722654 (NY Surrogate’s Court 2015); aff’d 148 A.D.3d 184, 46 N.Y.S.3d 608 (NY App. Div. 2017); leave to appeal den. 30 N.Y.3d 907, 70 N.Y.S.3d 448 (NY Ct. App. 2017). In the matter of Toren v. Villa Grisebach Auctions, Inc. 2017 WL 1881089 (NY Sup. Ct. 2017). International Shoe Co. v. Washington 326 U.S. 310 (1945). James v. United States 366 U.S. 213, 81 S.Ct. 1052 (1961). John v. Sotheby’s, Inc. 858 F.Supp. 1283 (S.D.N.Y. 1994); aff’d 52 F.3d 312 (2nd Cir. 1995). Johnson v. Ventra Group, Inc. 191 F.3d 732 (6th Cir. 1999). Jorisch v. Lauder, Civil Action 1:07-cv-09428 (S.D.N.Y.). Kainer v. Christie’s Inc. 2015 WL 6566578 (NY Sup. Ct. 2015); aff’d 141 A.D.3d 442, 34 N.Y.S.3d 58 (NY App. Div. 2016); leave to appeal den’d sub nom. Beck v. Christie’s Inc. 29 N.Y.3d 907 (NY Ct. App. 2017). Kalamazoo Spice Extraction Co. v. Provisional Military Gov’t of Socialist Eth. 729 F.2d 422 (6th Cir. 1984). Keller v. Central Bank of Nigeria 277 F.3d 811 (6th Cir. 2002).

236

Quellen- und Literaturverzeichnis

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I. Urteile

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I. Urteile

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2. Deutsche Urteile BVerfG, Beschl. v. 30.04.1963 – 2 BvM 1/62, NJW 1963, 1732. BVerfG, Beschl. v. 06.05.2020 – 2 BvR 331/18, juris. RG, Urt. v. 19.12.1922 – III 137/22, RGZ 106, 82. BGH, Urt. v. 11.02.1953 – II ZR 51/52, BGHZ 9, 35. BGH, Urt. v. 08.10.1953 – IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340. BGH, Urt. v. 26.06.2003 – III ZR 245/98, NJW 2003, 3488. BGH, Urt. v. 16.03.2012 − V ZR 279/10, NJW 2012, 1796. BGH, Urt. v. 19.07.2019 – V ZR 255/17, NJW 2019, 3147. BVerwG, Urt. v. 18.05.1995 – 7 C 19/94, BVerwGE 98, 261. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 – 7 C 12.10, juris. BVerwG, Urt. v. 19.02.2015 – 1 C 13.14, NJW 2015, 2358. KG, Beschl. v. 05.03.2010 – 18 W 2/10, juris. KG, Beschl. v. 30.12.2015 – 6 W 46/15, ErbR 2016, 331. OLG Frankfurt, Urt. v. 08.02.2018 – 1 U 196/16, NJW-RR 2018, 857; vorgehend LG Frankfurt am Main, Urt. v. 02.11.2016 – 2-21 O 251/15, BeckRS 2016, 19204. LG Bonn, Urt. v. 25.06.2002 – 18 O 184/01, NJW 2003, 673. LG Magdeburg, Urt. v. 27.11.2019 – 2 S 599/18, juris. LG München I, Schlussurt. v. 08.12.1993 – 9 O 15935/93, BeckRS 2014, 7326. VG Magdeburg, Urt. v. 31.03.2015 – 6 A 81/15, juris

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– federal common law 139 f. – interest analysis 132 f., 135, 138, 141 – lex fori 133, 139, 141, 155, 210 – lex loci 130, 141, 164, 192 – lex rei sitae 129, 140 – mobilia sequuntur personam 129 Art Loss Register 55 f., 197, 203 Ausschlussfristen 12 f. außergerichtliche Streitbeilegung 65– 70 bailment agreement 107 f. Bakalar v. Vavra 126 f., 130–135, 141 f., 195–198, 206 f., 209 Besitzdiener 26 Beweislast 41 f., 126 f., 196 f. Bundesrückerstattungsgesetz 13 f. California Code of Civil Procedure 34 f., 169–174, 191 f., Appendix VI Cassirer v. Kingdom of Spain 94 f., 101 f., 123–127, 187–194 catalogue raisoné 157, 159, 162, 203 charitable trust 197 f. civil contempt sanctions 116 f. civil forfeiture action 49–53, 56–61, 78, 91, 111 Código Civil 192 f. comity, siehe international comity commercial activity exception 83, 87– 92, 108 – siehe auch Staatenimmunität – commercial activity 89 – direct effect 89–91 Commission de Recuperation Artistique 138

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Sachregister

constructive discovery rule 156 f., 160– 162, 181–184 constructive trust 125 conversion 124 f. de Csepel v. Hungary 80, 95, 106–113, 125, 147 defendant in rem 54 f., 58 demand and refusal rule 46, 133, 138, 163–168 – siehe auch laches – Entwicklung 164 f. detinue, action of 121 f., 124 f. Detroit Institute of Art v. Ullin 183 f. discovery rule – actual ~ 160 f. – constructive ~ 156 f. Distomo-Entscheidung 118 diversity jurisdiction 6, 77, 127 f. due process 88, 200 Dunbar v. Seger-Thomschitz 43–45 Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg 46 f., 138 entartete Kunst 12 f., 46 f., 167 Erfolgshonorar 62 Ersitzung 14, 26 f., 30 f., 42–47, 127– 130, 142 f., 192 f., 213 f. Exportgenehmigung 85, 87 expropriation exception 48, 87, 90– 109, 112–119, 190, 200 – act of a sovereign 96–100, 120 – Belegenheit der Sache 100 f. – commercial activity 100–102 – exhaustion requirement 95, 112 f. – Genozid 94 f., 103 f., 104, 108 – property taken in violation of international law 93–95 – Verletzung innerstaatlichen Rechts 95, 105 f. external restitution 22–24, 51 federal common law 127, 139–141, 156, 191 f. federal policy 104, 121, 160, 174 f. Federal Rules of Civil Procedure 62, 129, 165 filing fees 61 f.

forced sale 7, 40 f., 44 f., 64, 103 f., 139, 180 foreign affairs doctrine 172–174, 177, 191 Foreign Sovereign Immunities Act 48, 81–88, Appendix IV – siehe auch commercial activity exception – siehe auch expropriation exception – rückwirkende Anwendung 84–88 forum non conveniens 78–81, 112, 115 Frankreich 57 f., 68, 93, 142, 183, 202 FSIA, siehe Foreign Sovereign Immunities Act good title 41 f., 45, 132, 142, 186 Grosz v. Museum of Modern Art 166– 168 Gurlitt 1, 8 f., 15, 68, 169, 216–219 Haager Landkriegsordnung 30, 47, 148 f. HEAR Act 4, 34 f., 169–200, Appendix III – Anwendungsbereich 179–181 – Ausnahmen vom Anwendungsbereich 186 f. – Ausschluss der Verjährung 178 – Begriff der actual discovery 181 f. – Entstehungshintergrund 169–176 – rückwirkende Anwendung 185–187 – Sunset provision 187 – Tatbestandsvoraussetzungen 179– 181 – Ziele 178 Holocaust Claims Processing Office 34 Holocaust Expropriated Art Recovery Act, siehe HEAR Act Holocaust Victim Insurance Relief Act 173 Holocaust Victims Redress Act 32 f. interest analysis, siehe anwendbares Recht international comity 95, 105 f., 111– 113, 135 Italien 58, 208 f.

Sachregister just and fair solution 19, 66, 175, 178, 209–211, 213–217 Konowaloff-Fälle 150 f. Kunstrückgabegesetz 86 Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon 24–27

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Philipp v. Germany 102–106, 112, 120 political question doctrine 78, 108 pre-action discovery 9 prescriptive possession, siehe adverse possession pretrial discovery 61 quiet title action 44, 69, 198 f.

laches 201–209 – siehe auch demand and refusal rule – siehe auch Verjährung – Abwägungsmaßstäbe 205 – Ausschluss durch den HEAR Act 207–209 – delay 203 f. – harm 204 f. Leopold Museum 35, 50–53 letter of interest 116 Limbach-Kommission 18, 103, 112 London declaration 21 long arm statutes 48, 74, 100, 117–119 Louisiana Civil Code 43–45 Menzel v. List 46-48 Mobiliarersitzung 42 f., 48, 74, 100, 117–119 Monuments Men 22 most significant contact test 135–141 – Abwägungsmaßstäbe 135 f. – minimum contacts 137 f. – rechtspolitische Erwägungen 136 f. National Stolen Property Act 49 f., 52 f., 57 f., 78, 179 Nazi-Era Provenance Internet Portal 33, 206 Niederlande 23 f., 103, 127, 143, 174– 176 no thief can pass good title 142, 211 NSDAP 6, 57, 96, 149, 167 NSPA, siehe National Stolen Property Act Nürnberger Rassengesetze 25, 94, 107, 144, 208 ordre public 118 f., 139 Orkin v. Taylor 161–162 Österreich 50–52, 85–88, 101, 110 f. 131–133, 142 f.

rehearing en banc 189 f. Reif v. Nagy 195–197 replevin action 6, 46 f., 122–124, 162 f., 177 f. res in transitu 137 Restatement (Second) of Conflict of Laws 74, 124 f., 140, 155, Appendix V restitution 125 f. Restitutionsgesetze, aliierte 11–13 Roberts Commission 22 sanctions, siehe civil contempt sanctions Schweiz 30, 67–69, 75 f., 98 f., 131– 133 Simon v. Hungary 93–95, 120 slave labour 174 Spanien 95, 127, 189–192 spoils of war doctrine 29 squatter’s rights, siehe Mobiliarersitzung Staatenimmunität 81–113 – siehe auch commercial activity exception – siehe auch expropriation exception – siehe auch FSIA – absolute Theorie 82, 84 – restriktive Theorie 83, 88 f. – Tate letter 82 f. State Courts 77 state immunity, siehe Staatenimmunität Stiftskirche-Domgemeinde of Quedlinburg v. Meador 27 f. subpoena 49, 51 Terezín Declaration 31–33, 119, 160, 193, 213, Appendix II theft 40 ff. Toledo Museum of Art v. Ullin 183 f.

250 Toren v. Villa Grisebach Auctions, Ins. 8 f. trespass to chattels 121 f. trover, action of 121 f., 124 f. U.S. v. Portrait of Wally 35 f., 41, 49– 53, 60 f., 106, 110 f., 149 Ungarn 80, 93–95, 106–110 Unverjährbarkeit 118 f. venue 77 f. Vereinbarung, binationale 110 f. Verjährung 155–169 – siehe auch accrual rule – siehe auch demand and refusal rule, – siehe auch discovery rule – siehe auch HEAR Act – siehe auch laches Versäumnisurteil 116 Verwirkung, siehe laches Vichy-regime 58, 68, 147, 179 Vilnius Forum Declaration 31, 160

Sachregister Vineberg v. Bissonnette 5–7 von Saher v. Norton Simon Museum of Art 35, 37, 151 f., 170–176 Wally, siehe U.S. v. Portrait of Wally Washington principles 17, 31, 171, 216 f., Appendix I – siehe auch just and fair solution Welfenschatz 102–104 writ of certiorari 105, 112–114, 120, 174–176 Zuckerman v. The Metropolitan Museum of Art 207–209 Zuständigkeit – in rem jurisdiction 78 – personal jurisdiction 73–78, 83 – transient jurisdiction 74 – minimum contacts 74 Zwangsverkauf 7, 15, 44 f., 100, 103, 193