Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten [1 ed.] 9783428541614, 9783428141616

Ein Staat kann in unterschiedlicher Weise Kirchen und Religionsgemeinschaften begegnen, sich dieser Begegnung jedoch nic

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Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten [1 ed.]
 9783428541614, 9783428141616

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Kanonistische Studien und Texte Band 61

Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten Herausgegeben von Wilhelm Rees, María Roca und Balázs Schanda

Duncker & Humblot · Berlin

REES/ROCA/SCHANDA (Hrsg.)

Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten

Kanonistische Studien und Texte begründet von Dr. A l b e r t M . K o e n i g e r † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn fortgeführt von Dr. Dr. H e i n r i c h F l a t t e n † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn und Dr. G e o r g M a y Professor für Kirchenrecht, Kirchenrechtsgeschichte und Staatskirchenrecht an der Universität Mainz herausgegeben von Dr. A n n a E g l e r Akademische Direktorin i. R. am FB 01 Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Mainz und Dr. W i l h e l m R e e s Professor für Kirchenrecht an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Band 61 REES/ROCA/SCHANDA (Hrsg.)

Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten

Neuere Entwicklungen im Religionsrecht europäischer Staaten

Herausgegeben von Wilhelm Rees, María Roca und Balázs Schanda

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0929-0680 ISBN 978-3-428-14161-6 (Print) ISBN 978-3-428-54161-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-84161-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Ein Staat kann in unterschiedlicher Weise Kirchen und Religionsgemeinschaften begegnen, er kann sich jedoch dieser Begegnung nicht entziehen. So sind im Lauf der Geschichte in den einzelnen Ländern Europas unterschiedliche Systeme der Beziehungen von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften entstanden. Sie reichen von einer sehr engen Verbindung in Gestalt einer Staatskirche bis hin zu einem System strikter, ja kirchen- und religionsfeindlicher Trennung. Dazwischen gibt es eine breite Palette von Staaten, die – bei grundsätzlicher Trennung und religiös-weltanschaulicher Neutralität – in zahlreichen Bereichen eine enge Kooperation pflegen und damit das Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Öffentlichkeit akzeptieren und unterstützen. Durch dieses Handeln bringen sie zum Ausdruck, dass sie den religiös-weltanschaulichen Bereich nicht in das Private abdrängen wollen. Das Verhältnis von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften ist mit Blick auf die Europäische Union und nicht zuletzt auf die in den Jahren 2004 und 2007 erfolgten Erweiterungen (Osterweiterungen) unter religionsrechtlichen Aspekten zu einem interessanten Thema geworden. Mehr und mehr hat das entstehende EU-Recht einen mittelbaren bzw. unmittelbaren Bezug auf Religion, auf das religiöse und kulturelle Erbe sowie auf das Grund- und Menschenrecht der Religionsfreiheit in seiner individuellen und korporativen Form genommen. Dreh- und Angelpunkt eines europäischen Religionsverfassungsrechts ist und bleibt Art. 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), in dem sich die Union nicht nur zur Achtung jenes Status verpflichtet hat, den Kirchen und religiöse Gemeinschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, sondern auch dazu, mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften – in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags – einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog zu führen. Im vorliegenden Sammelband zeichnen 41 Kolleginnen und Kollegen aus Österreich, Deutschland und dem nicht-deutschsprachigen europäischen Ausland in deutscher und englischer Sprache wohl erstmals auf einer breiteren europäischen Basis die neueren Entwicklungen in der Verhältnisbeziehung von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften in einigen europäischen Ländern nach und leisten so einen aktuellen Beitrag zur europäischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Sie geben wesentliche Impulse für das Gelingen einer

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Vorwort

guten Beziehung zwischen Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften und machen zugleich deutlich, in welchen Bereich und in welche Richtung Rechtsentwicklungen notwendig erscheinen. Die Herausgeberin und die beiden Herausgeber danken allen Autor(inn)en für die Beiträge, ohne die der Sammelband nicht zustande gekommen wäre. Sie danken auch den zahlreichen Geldgebern, die durch ihre finanzielle Unterstützung zum Erscheinen des Bandes einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Es sind dies die Diözese Bozen-Brixen, die Diözese Eisenstadt, die Diözese Feldkirch, die Diözese Graz-Seckau, die Diözese Innsbruck, die Diözese St. Pölten, die Erzdiözese Salzburg, die Gemeinnützige Privatstiftung des St.Josef-Vereins, Klagenfurt, das Institut für Praktische Theologie der Universität Innsbruck, die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, das Militärordinariat für Österreich und der Verband der Diözesen Deutschlands. Dankbar sind sie auch fr. Walter Weinberger OSB, Stift Kremsmünster, für die Redaktion und Erstellung der Druckvorlage. Großer Dank gilt auch der Mitherausgeberin der Reihe „Kanonistische Studien und Texte, Frau Akademische Direktorin i. R. Dr. Anna Egler, für die wohlwollende Zustimmung zur Aufnahme des Sammelbandes in die Reihe sowie dem Verlag Duncker & Humblot, Berlin, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die stets entgegenkommende fachliche Betreuung. Innsbruck, Madrid, Budapest, am 9. Mai 2013 Wilhelm Rees, María Roca, Balázs Schanda

Inhaltsverzeichnis Johann Bair Das Ausschließlichkeitsrecht im Lichte der Beschwerdesache des Kulturvereins der Aleviten in Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Burkhard Josef Berkmann Neue Fragen zum Kirchenaustritt in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sophie van Bijsterveld Religion and the Secular State – the Netherlands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Blandine Chelini-Pont und Sylvie Toscer-Angot Religion und Laizität in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zoila Combalía The Right to Freedom of Expression in Islam: A Comparative Perspective 101 Paloma Durány Lalaguna The Protection of the Family in the International Organizations: The European Case . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Anna Echterhoff Die COMECE als Partner im Dialog mit der Europäischen Union . . . . . . . . . 159 Barbara Gartner Das neue österreichische Israelitengesetz: Eine historische Annäherung . . . 183 Beatriz González Moreno The Fulfillment of the 1979 Agreements between Spain and the Holy See 213 Alejandro González-Varas Jbáñez Parents’ Right to Educate their Children in Spain: Religious Contents in Public Schools and Financing of Private Ones . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Monica-Elena Herghelegiu Church and State in Romania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Záboj Horák Zur rechtlichen Situation der Theologischen Fakultäten in Tschechien . . . . 293

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Inhaltsverzeichnis

Matti Kotiranta The Recent Developments in the Relationship between State and Religious Communities in Finland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Jan Lipski Vermögensrechtliche Autonomie der Kirche als Element der Garantie der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit am Beispiel Polens 333 Øystein Lund New Developments in the Relationship between State and Religious Communities in Norway . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Elif Medeni Neuere Entwicklungen um den islamischen Religionsunterricht und die islamische LehrerInnenausbildung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Luis Miguez Macho Crucifixes in State-School Classrooms and Human Rights: Should the European Court of Human Rights Impose a Uniform Version of the Principle of the Secular Nature of the State? (A Legal Reflection on the “Case Lautsi”) . 387 Hamideh Mohagheghi Neue Aspekte in der Beziehung zwischen Muslime und Staat in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Susana Mosquera Comparing European and Inter-American Human Rights Mechanisms: A Different Approach to Protect Freedom of Expression and Freedom of Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 Stefan Muckel Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Erfordernisses der Gewähr der Dauer durch „die Zahl ihrer Mitglieder“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Stefan Mückl Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Katharina Pabel Die religiöse Beschneidung von Jungen im Lichte der Grundrechte in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Stanislav Přibyl Zwei offene Fragen der staatskirchenrechtlichen Entwicklung in der Slowakei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Wilhelm Rees Neuere Fragen um Schule und Religionsunterricht in Österreich . . . . . . . . . . 499

Inhaltsverzeichnis

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María Roca Neue Probleme bei der Auslegung des Begriffes „Unverletzlichkeit“ im Vertrag zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten vom 3. Januar 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Andrej Saje Religionsfreiheit in der Republik Slowenien nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über Religionsfreiheit im Jahr 2007 – zwischen Theorie und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Balázs Schanda Ein neues Religionsrecht in Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 Mathias Schiltz Kirche und Staat in Luxemburg: Jüngere und jüngste Entwicklungen im gegenseitigen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 Stefan Schima Neuerungen im österreichischen Anerkennungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 Patrick Roger Schnabel und Katrin Hatzinger Der Dialog zwischen der Europäischen Union und den Kirchen nach Art. 17 III AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Karl W. Schwarz Protestantische Theologenausbildung in mitteleuropäischer Perspektive (SOMEF). Religionsrechtliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667 Piotr Stanisz Relations between the State and Religious Organizations in Contemporary Poland from Legal Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687 Marcin Stębelski Ausgewählte Aspekte der verfassungsrechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705 Rik Torfs New Aspects in the Relationship between State and Religious Communities in Belgium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 Arnd Uhle Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749 Heinrich de Wall Der Begriff der Religionsgemeinschaft im Deutschen Religionsverfassungsrecht – aktuelle Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789

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Inhaltsverzeichnis

Wolfgang Wieshaider Religiöse Tradition und Rechtspersönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813 Fabian Wittreck Perspektiven der Religionsfreiheit in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 Diana Zacharias Der postmortale Schutz religiöser Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 881

Das Ausschließlichkeitsrecht im Lichte der Beschwerdesache des Kulturvereins der Aleviten in Wien Johann Bair Am 1. Dezember 2010 stellte der österreichische VfGH in der Beschwerdesache des Kulturvereins der Aleviten in Wien, Viyana Alevi Kültür Birligi,1 fest, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid 2 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) vom 25. August 2009, so weit damit der Antrag vom 19. März 2009 „auf Anerkennung als Islamische-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“, „in eventu auf Anerkennung als Islamische-Alevitische Bekenntnisgemeinschaft“ abgewiesen wird, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden ist. Darüber hinaus stellte der VfGH in diesem Erkenntnis aber auch fest, dass die beschwerdeführende Partei durch die Abweisung ihres weiteren Antrags „auf Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nach Art. 9 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)3 verletzt wurde. Wie kam der VfGH zu diesem Ergebnis? ___________ 1

VfGH, Erk. v. 1. 12. 2010, B 1214/09. BMUKK-13.500/0002-KA/2009. 3 BGBl. 210/1958. Nach dem in Österreich im Verfassungsrang (BGBl. 59/1964) stehenden Art. 9 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Gedanken-, Gewissensund Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. Nach Abs. 2 darf die Religions- und Bekenntnisfreiheit nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind. 2

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Johann Bair

I. Die Beschwerdesache 1. Beschwerdeführende Partei In ihrer VfGH-Beschwerde brachte die beschwerdeführende Partei insbesondere vor, dass die Anhänger des alevitischen Islam in Österreich keine anerkannte Religionsgesellschaft vertrete. Die gesetzlich anerkannte Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) sehe in den Aleviten keine Anhänger des Islam. Zwischen der alevitischen Glaubenslehre und der durch die IGGiÖ vertretenen Glaubenslehre bestünden fundamentale Unterschiede, die schon darin erkennbar seien, dass für die Aleviten der Koran ein Glaubensbuch und eben kein Gesetzbuch sei. Aufgrund der geschichtlichen Entwicklung und des unterschiedlichen Glaubensvollzugs sei die Entfaltung der Islamisch-Alevitischen Glaubenslehre und Identität durch die in Österreich lebenden Anhänger des alevitischen Islam nur in organisatorischer Selbständigkeit möglich. Eine solche verhinderten das Gesetz vom 15. Juli 1912, betreffend die Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft (IslamG)4 und die Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 2. August 1988, betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IslamVO),5 die eine Zwangsgemeinde für islamische Glaubensformen vorschrieben. Da niemand Anhänger eines gesetzlich anerkannten religiösen Bekenntnisses sein könne, ohne zugleich Mitglied der entsprechenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft zu sein, könne Anhänger des Islam daher nur eine Person sein, die der IGGiÖ angehöre. Aufgrund des IslamG, der IslamVO und Entscheidungen6 des VfGH komme es dem Grundsatz der „Einheitsgemeinde“ entsprechend allein der IGGiÖ zu, als einzige anerkannte islamische Religionsgesellschaft in Österreich alle Anhänger des Islam in Österreich zu vertreten.

2. Stellungnahme der IGGiÖ Aus der im Erkenntnis des VfGH dargestellten Stellungnahme der IGGiÖ zum Antrag der beschwerdeführenden Partei bei der BMUKK lässt sich erken___________ 4 RGBl. 159/1912 i. d. F. BGBl. 164/1988. Die maßgebliche Bestimmung des IslamG lautet: „Artikel I. Den Anhängern des Islams wird […] die Anerkennung als Religionsgesellschaft […] gewährt.“ 5 BGBl. 466/1988. Die maßgebliche Bestimmung der IslamVO lautet: § 1. Die Anhänger des Islams führen als anerkannte Religionsgesellschaft die Bezeichnung „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“. 6 Erwähnung fanden: VfSlg 11.574/1987 (Aufhebung der Wortfolgen „nach hanefitischem Ritus“ im IslamG), 11.624/1988 (Aufhebung der VO des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 2. Mai 1979 betreffend Genehmigung zur Errichtung der ersten Wiener Islamischen Religionsgemeinde und der Verfassung der IGGiÖ).

Ausschließlichkeitsrecht der Aleviten in Wien

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nen, dass die IGGiÖ in ihrer auf Einladung der Behörde abgegebenen Äußerung den Anträgen der beschwerdeführenden Partei insoweit entgegentrat, als sie anregte, „jede Bezeichnung (als) islamisch bzw. jeden Bezug auf den Islam aus [dem] vorliegenden Antrag bzw. zukünftigen Anträgen zu streichen“. Zur Begründung führte die IGGiÖ, neben dem Verweis darauf, dass sie in den Anträgen eine „unzulässige grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ“ sehe, insbesondere an, dass das Alevitentum eine Glaubenslehre vertrete, die „der islamischen Glaubenstheologie diametral entgegensteh[e]“ und daher „als bereits außerhalb der islamischen Weltgemeinschaft (Ummah) stehend zu betrachten“ sei.

3. Begründung der Behörde Nach der Darlegung des VfGH begründete die belangte Behörde die Abweisung des Antrags auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft, gemäß § 2 AnerkG,7 im Wesentlichen damit, dass weder im IslamG noch in der IslamVO die Möglichkeit der Gründung einer weiteren islamischen Glaubensgemeinschaft vorgesehen sei. Auf Grund der Rechtsprechung des VfGH8 seien alle Anhänger des Islam dem IslamG zugeordnet, eine Anerkennung käme einem Eingriff in die inneren Angelegenheiten der gesetzlich anerkannten IGGiÖ gleich.9 Im angefochtenen Bescheid führte die Behörde außerdem noch aus, dass die für eine Anerkennung bestehenden Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Zl. 1 Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BekGG) nicht erfüllt seien, da weder eine Islamische-Alevitische Bekenntnisgemeinschaft bestehe, somit auch nicht deren Bestand durch mindestens zehn Jahre als solche gegeben sei, noch das Kriterium des Bestands der Religionsgemeinschaft durch mindestens zwanzig Jahre erfüllt werde. Die Abweisung des (Eventual-)Antrags auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft nach § 2 BekGG10 stützte die belangte ___________ 7 RGBl. 68/1874. Nach § 2 ist die Anerkennung als Religionsgesellschaft „von dem Kultusminister“ dann auszusprechen, wenn die Voraussetzungen des § 1 AnerkG (siehe Fn. 12) erfüllt sind. 8 Verwiesen wurde auf: VfSlg. 11.574/1987 (Aufhebung der Wortfolge „nach hanefitischem Ritus“ in Art I erster Absatz und in §§ 5 und 6 des Art. I IslamG). 9 Siehe Fn. 14. 10 Nach § 2 Abs. 1 BekGG erwerben religiöse Bekenntnisgemeinschaften Rechtspersönlichkeit „durch Antrag beim Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem Einlangen“ des darauf gerichteten Antrags im Ministerium; dies allerdings nur dann, wenn nicht innerhalb die-

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Johann Bair

Behörde insbesondere auf das Fehlen einer dem § 4 Abs. 1 Z. 2 BekGG11 entsprechenden Religionslehre. Die Lehre der antragstellenden Gemeinschaft enthalte sowohl Elemente, wie sie im sunnitischen und schiitischen Islam vorhanden seien, als auch Inhalte, die in keiner anderen Religion vorkämen. Daher sei letztendlich die Selbstzuordnung der Antragsteller zum Islam für die Behörde ausschlaggebend. Da für die Anhänger des Islam jedoch bereits die gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft IGGiÖ bestehe, und das IslamG zwei sich als islamisch verstehende Religionsgesellschaften ausschließe, sei der Antrag abzuweisen.

4. Begründung des VfGH Der VfGH prüfte die Entscheidung der Behörde vor dem Hintergrund des AnerkG,12 des BekGG,13 des IslamG sowie der IslamVO und begründete die Abweisung des Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft damit, dass die Anerkennung nach den im BekGG verankerten Anerkennungsvoraussetzungen14 jedenfalls15 den vorherigen Bestand als religiöse Bekenntnisgemeinschaft voraussetze. ___________ ser Frist ein Bescheid über die Versagung der Rechtspersönlichkeit den Antragstellern zugestellt worden ist. 11 Nach dieser Bestimmung ist in die Statuten einer Bekenntnisgemeinschaft die „Darstellung der Religionslehre, welche sich von der Lehre bestehender religiöser Bekenntnisgemeinschaften […] sowie von der Lehre gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheiden muss“, aufzunehmen. 12 RGBl. 68/1874. Verwiesen sei insbesondere auf § 1, nach dem „Anhängern eines bisher gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses“ die Anerkennung als Religionsgesellschaft zu erteilen ist, wenn „ihre Religionslehre, ihr Gottesdienst, ihre Verfassung, sowie die gewählte Benennung nichts Gesetzwidriges oder sittlich Anstößiges enthält“ und der Bestand wenigstens einer Kultusgemeinde gesichert ist. 13 Nach dessen § 1 sind religiöse Bekenntnisgemeinschaften „Vereinigungen von Anhängern einer Religion, die gesetzlich nicht anerkannt sind.“ Zum Erwerb der Rechtspersönlichkeit haben solche Vereinigungen zusammen mit dem Antrag auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit auch den „Nachweis zu erbringen, dass der religiösen Bekenntnisgemeinschaft mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehören, welche weder einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit […] noch einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören“. 14 BGBl. I 19/1998. § 11 BekGG bestimmte im Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH in Abs. 1 als zusätzliche Voraussetzungen zu den im AnerkG umschriebenen Voraussetzungen: „1. Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes, 2. Anzahl der Angehörigen in der Höhe von mindestens 2 vT [von Tausend] der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung, 3. Verwendung der Einnahmen und des Vermögens für religiöse Zwecke (wozu auch in der religiösen Zielsetzung begründete gemeinnützige und mildtätige Zwecke zählen), 4. positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat, 5. keine gesetzwidrige

Ausschließlichkeitsrecht der Aleviten in Wien

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In der Abweisung des Antrags auf Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft durch die Behörde sah der VfGH jedoch eine Verletzung von Art. 9 EMRK. Er führte dazu aus, dass Art. 9 EMRK, wegen der den anerkannten Religionsgesellschaften in der Rechtsordnung zugestandenen Vorteile, gebiete, dass der Staat bei der Zuteilung von Befugnissen neutral bleibe. In einem System der Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit oder eines bestimmten rechtlichen Status an religiöse Gruppierungen müsse der Staat darauf achten, dass alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit haben, die Rechtspersönlichkeit und den Status zu erlangen. Die dazu aufgestellten Kriterien seien in objektiver, vernünftiger und nicht diskriminierender Weise anzuwenden.16 Wenn die belangte Behörde und die beschwerdeführende Partei im Ergebnis davon ausgingen, dass die Bestimmungen des IslamG und der IslamVO den Bestand einer weiteren sich als islamisch verstehenden Religionsgemeinschaft neben der bereits gesetzlich anerkannten IGGiÖ nicht zuließen, so irrten sie. Weder aus dem Wortlaut des IslamG noch der IslamVO ergebe sich eine solche Beschränkung zwingend und auch der Rechtsprechung des VfGH könne nicht entnommen werden, dass sämtliche Anhänger des Islam nur eine einzige Religionsgemeinschaft vertreten dürfe. Aus dem Umstand, dass der VfGH den verfassungswidrigen Rechtszustand, der den Zusammenschluss sämtlicher Anhänger des Islam in einer Religionsgesellschaft verhinderte, beseitigte, dürfe keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass damit alle Anhänger des Islam in einer Religionsgesellschaft zusammengefasst seien.17 Ein solches Ergebnis sei auch nicht mit Art. 9 EMRK vereinbar, da dieser dann verletzt sei, wenn die Anerkennung einer keine neue Bewegung darstellenden Religionsgemeinschaft vom Willen einer bereits anerkannten Religionsgemeinschaft staatlicherseits abhängig gemacht werde.18 Auch nehme Art. 9 EMRK dem Staat die Möglichkeit einer Personengruppe, für deren religiöse Überzeugung es essenziell sei, sich zu einem bestimmten Glauben zu bekennen, zu verwehren, neben der auf einem bestimmten Gebiet ___________ Störung des Verhältnisses zu den bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie sonstigen Religionsgemeinschaften.“ 15 Die vom VfGH mit Erk. v. 25. September 2010, G 58/10, G 59/10, unter Einräumung einer Reparaturfrist für den Gesetzgeber bis zum Ablauf des 30. September 2011, angeordnete Aufhebung der Wortfolge „als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre“ in § 11 Abs. 1 Zl. 1 BekGG berücksichtigte der VfGH bei seiner Entscheidung. 16 Bezug nimmt der VfGH dabei auf: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Urt. v. 31. 7. 2008, Case of Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas and others v. Austria, Application (Appl.) 40825/98, Zl. 92, 96. 17 Erk. v. 10. 12. 1987, G 146/87, 147/87, VfSlg. 11.574/1987 (Aufhebung der Wortfolge „nach hanefitischem Ritus“ im IslamG). 18 Verwiesen wird dabei vom VfGH auf: EGMR, Urt. v. 13. 12. 2001, Case of Metropolitan Church of Bessarabia and others v. Moldova, Appl. 45701/99, Zl. 123.

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einzig bestehenden gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft eine andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft dieses Glaubens zu gründen.19 Bei der Beurteilung dieser Frage sei der Staat, wie die Formulierung des § 4 Abs. 1 Zl. 2 BekGG20 nahe lege, auf die Prüfung der Frage der ausreichenden Darstellung beschränkt, keinesfalls sei er jedoch dazu berufen, über die Religionslehre inhaltlich abzusprechen.21 Ebenso sei es dem zur Neutralität in religiösen Fragen verpflichteten Staat verwehrt, entgegen dem Selbstverständnis von Betroffenen, eine faktisch nicht vorhandene, von theologischen Kriterien nicht hinreichend gestützte Einheit, im Wege der Verweigerung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit, zu verfügen.22 Im Ergebnis müsse der VfGH daher bei verfassungskonformer Auslegung von IslamG, IslamVO, AnerkG und BekGG zum Ergebnis kommen, dass Anhänger des Islam, bei Erfüllung der im AnerkG oder BekGG festgelegten Voraussetzungen, einen Rechtsanspruch darauf haben entweder als anerkannte islamische Religionsgemeinschaft oder als islamisch religiöse Bekenntnisgemeinschaft in der Rechtsordnung verankert zu werden.

___________ 19 Der VfGH erwähnt in diesem Zusammenhang das Erk. v. 2. 7. 1981, G 31/79, VfSlg 9185, in dem er feststellte, dass der Gesetzgeber gegen den ihn bindenden Gleichheitssatz verstößt, wenn er „einer Personengruppe, für deren religiöse Überzeugung es essentiell ist, sich als ,Israelite‘ (zum jüdischen Glauben) zu bekennen, die Möglichkeit [verwehrt,] neben der auf einem bestimmten Gebiet einzig bestehenden [israelitischen Kultusgemeinde,] eine andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft zu gründen, die sich selbst als ,israelitisch‘ versteht“. Auf die in diesem Erk. Ausgesprochene Aufhebung des zweiten Halbsatzes in § 2 Abs. 1 („in demselben Gebiete kann nur eine Cultusgemeinde bestehen“) und § 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 21. März 1890, RGBl. 57, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft (IsraelitenG) reagierte der Gesetzgeber am 14. Februar 1984, BGBl. 61, mit der Feststellung im IsraelitenG, dass, „wegen bestehender Ritusverschiedenheit“, Israeliten die Anerkennung als Religionsgesellschaft nach dem AnerkG erwirken können. Nur am Rande sei erwähnt, dass die zur Begutachtung am 18. Oktober 2010 von der BMUKK vorgelegte Novelle, 199/ME XXIV. Gesetzgebungsperiode (GP), des IsraelitenG, in der – statt der Anerkennungsmöglichkeit wegen Ritusverschiedenheit – die Möglichkeit der Gründung von ritusverschiedenen Kultusgemeinden innerhalb der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich vorgesehen ist, eindeutig in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des VfGH steht. Der VfGH spricht nämlich in seinem Erk. v. 2. 7. 1981 von der Möglichkeit der „Gründung einer gesetzlich anerkannte[n] Religionsgesellschaft, die sich selbst als ,israelitisch‘ versteht“, und nicht von der Möglichkeit der Gründung einer Kultusgemeinde innerhalb der in Österreich als anerkannte Gemeinschaft bestehenden israelitischen Religionsgesellschaft. 20 Siehe Fn. 11. 21 Zitiert wird vom VfGH in diesem Zusammenhang: EGMR, Urt. v. 13. 12. 2001, Case of Metropolitan Church of Bessarabia and others v. Moldova, Appl. 45701/99, Zl. 117. 22 Verwiesen wird vom VfGH dabei: EGMR, Urt. v. 22. 1. 2009, Case of Holy Synod of the Bulgarian Orthodox Church (Metropolitan Inokentiy) and others v. Bulgaria, Appl. 412/03, 35.677/04, Zl. 149, 157, 159.

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5. Reaktion der Behörde Auf das Erkenntnis des VfGH reagierte die BMUKK mit der Feststellung, dass der Islamisch Alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ) Rechtspersönlichkeit im Sinne des BekGG zukommt.23 Die Entscheidung des VfGH soll nun im Folgenden unter dem Blickwinkel des Ausschließlichkeitsrechts analysiert werden.

II. Das Ausschließlichkeitsrecht Der Begriff „Ausschließlichkeitsrecht“ wird in staatskirchenrechtlichem Zusammenhang – soweit überblickbar – weder in der Gesetzgebung noch in der Judikatur definiert. Er kann aber, was die Gesetzgebung betrifft, aus Gesetzen, wie dem AnerkG, dem InterkonfG oder dem BekGG, erschlossen werden und ist auch in Entscheidungen des VfGH24 und VwGH25 erkennbar. Sieht man die staatskirchenrechtliche Literatur durch, so findet man an verschiedenen Stellen Hinweise auf das Ausschließlichkeitsrecht. Ein Gegenstand breiter staatskirchenrechtlicher Diskussion war es aber nie. Hinweise auf das Ausschließlichkeitsrecht finden sich bei Hussarek 26 und Köstler.27 ___________ 23

Presseerklärung der Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich vom 21. Dezember 2010, veröffentlicht auf http://www.aleviten.at/log_de/?p=468: Mit Bescheid vom 16. 12. 2010 (BMUKK-12.056/0005-KA/2010) stellte das Kultusamt fest: „Auf Grund des Antrages (vom 19. März 2009, eingelangt am 23. März 2009 beim Kultusamt) des Kulturvereins der Aleviten in Wien, vertreten durch Obmann Kazim GÜLFIRAT, auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als ,Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)‘ gemäß § 2 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BekGG), BGBl. I Nr. 19/1998, ergeht nachstehender SPRUCH: Die religiöse Bekenntnisgemeinschaft ,Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich‘ hat mit Wirksamkeit vom 13. Dezember 2010 gemäß § 2 Abs. 1 BekGG Rechtspersönlichkeit erworben. Sie ist daher berechtigt, sich als ,staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft‘ zu bezeichnen. Das nach außen vertretungsbefugte Organ (§ 2 Abs. 3 BekGG) ist der Bundesvorsitzende.“ 24 Verwiesen sei auf VfSlg 1323/1930 (Amtssiegel), 16395/2001 (Vereinsgründung). 25 VwGH Erk. v. 22. 5. 1964, Zl. 1111/63, ÖAKR 17 (1966), S. 356 ff. (Mitgliedschaft) oder VwGH Erk. v. 31. 1. 2005, Zl. 2002/10/0015 (Akademiegründung). 26 Max von Hussarek, Grundriß des Staatskirchenrechts, Wien / Leipzig 1899, erwähnt Ausschließlichkeitselemente etwa auf den S. 9 (Ausschluss der Doppelmitgliedschaft) und 14 (Seelsorgemonopol). 27 Bei Rudolf Köstler, Religion und Religionsgenossenschaft, in: JurBl. (1935), findet sich auf S. 358 einen Hinweis auf das Ausschließlichkeitselement Zwangsgenossenschaft. Auf S. 403 spricht er in Zusammenhang mit dem AnerkG von der „Ausschließlichkeit der Religionsgenossenschaften“.

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Höslinger, der das Ausschließlichkeitsrecht zum Thema eines eigenen Aufsatzes machte,28 sieht in ihm ein wichtiges Merkmal des „privilegierten Charakters“ gesetzlich anerkannter Religionsgemeinschaften. Nach ihm ist im Ausschließlichkeitsrecht ein „subjektives [öffentliches] Recht der Religionsgesellschaften“29 zu sehen, das sowohl ein Recht auf Unterscheidung von anderen Religionsgemeinschaften beinhaltet, als auch den Vertretern einer anerkannten Religionsgemeinschaft das – Vertreter anderer Religionsgemeinschaften – ausschließende Recht einräumt, gottesdienstliche Funktionen für die Angehörigen ihrer Religionsgemeinschaft vorzunehmen (Seelsorgemonopol). 30 Das Recht auf Unterscheidung hat nach Höslinger seinen Ursprung im „Grundsatz, daß die anerkannten Religionsgesellschaften sich im Bekenntnis und auch in äußeren Erscheinungsformen untereinander zu unterscheiden haben“.31 Die Rechtsgrundlage in Bezug auf das Bekenntnis findet Höslinger in § 1 AnerkG, der Anhängern eines „bisher gesetzlich nicht anerkannten Religionsbekenntnisses“ die Anerkennung in Aussicht stellt. Hinsichtlich der äußeren Erscheinungsformen stützt er den Grundsatz auf die öffentliche Ordnung. Aus ihr ergibt sich nach ihm das allgemeine öffentliche Interesse Verwechslungen gesetzlich anerkannter Religionsgemeinschaften hintanzuhalten, wobei er aber Übereinstimmungen in „Gebräuchen und Einrichtungen“ als mit dem Ausschließlichkeitsrecht durchaus vereinbar ansieht. Nach Höslinger tritt das Ausschließlichkeitsrecht auch beim Religionsunterricht zu Tage. Es entfaltet bei ihm darüber hinaus seine Wirkung auch in der „Eigenschaft der Religionsgemeinschaften als relative Zwangsgenossenschaften“.32 Die Zwangsgenossenschaft steht für ihn in Zusammenhang mit dem Umstand, dass anerkannte Religionsgemeinschaften „Korporationen öffentlichen Rechtes“ sind, sie ist für ihn aber nur eine relative, „weil eine Zugehörigkeit kraft Gesetzes“ nur insoweit besteht, als Angehörige

___________ 28 Robert Höslinger, Das Ausschließlichkeitsrecht der Religionsgesellschaften, in: ÖJZ 16 (1947), S. 337. 29 Ausdrücklich anderer Meinung als Höslinger ist Jens Budischowsky, Die staatskirchenrechtliche Stellung der österreichischen Israeliten, Wien 1995, S. 48. Er sieht in den von Höslinger als „Ausschließlichkeitsrecht“ bezeichneten „Gesetzmäßigkeiten und Strukturprinzipien“ kein subjektives Recht der Religionsgemeinschaften. 30 Höslinger, Ausschließlichkeitsrecht (Fn. 28), S. 338 verweist insbesondere auf Art. 8 InterkonfG, nach dem die „Vorsteher, Diener oder Angehörigen einer Kirche oder Religionsgenossenschaft“ sich der „von den berechtigten Personen nicht angesuchten Vornahme von Functionen des Gottesdienstes und der Seelsorge an den Angehörigen einer anderen Kirche oder Religionsgenossenschaft zu enthalten“ haben. 31 Ebd., S. 339. 32 Ebd., S. 340. Die Rechtsgrundlage sieht Höslinger in § 8 AnerkG. Nach dieser Bestimmung sind Mitglieder einer „Cultusgemeinde“ alle im Gebiet „derselben wohnhaften Angehörigen der betreffenden Religionsgesellschaft“.

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einer anerkannten Religionsgemeinschaft nicht ihren „formellen Austritt erklärt haben“.33 Nach Klecatsky und Weiler haben „Religionsgenossenschaften“ auf Grund von Art. 15 StGG34 „das ausschließliche Recht“ auf ihr Bekenntnis, ihre äußeren Erscheinungsformen und die öffentliche gemeinsame Religionsübung.35 Gampl versteht unter dem Ausschließlichkeitsrecht „den Anspruch jeder einzelnen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften auf Respektierung und auf staatlichen Schutz ihrer Exklusivität“ und sieht die Rechtsgrundlagen des Rechtes sowohl in Art. 14 StGG36 (individuelle Glaubensfreiheit) und Art. 15 StGG (Parität) als auch den Regeln zur Gestaltung der interkonfessionellen Verhältnisse. Konkret erstreckt sich nach ihr der Anspruch der Religionsgemeinschaften auf staatlichen Schutz und damit das Ausschließlichkeitsrecht auf den Namen, die Religionslehre, den Gottesdienst, die Verfassung, die gemeinsame Religionsübung, den Religionsunterricht, die Militär- und Anstaltsseelsorge sowie überhaupt das Recht den „Mitgliedern gegenüber alle jene Rechte und Funktionen auszuüben, die mit der selbständigen Ordnung und Verwaltung […] [der] inneren Angelegenheiten in unmittelbarem Zusammenhang stehen“.37 Nach Pree ist das Ausschließlichkeitsrecht ein Reservatrecht der gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften. „Sinn und Zweck“ ist „der Schutz der Identität jeder gesetzlich anerkannten“ Religionsgemeinschaft. Die Rechtsgrundlagen sieht er in der individuellen Glaubens- und Gewissensfreiheit, dem Prinzip „der paritätischen Anerkennung“, der gleichen Freiheit (Autonomie) aller gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften und dem Anspruch auf ___________ 33

Ebd., S. 339. Als Rechtsgrundlage für den Austritt führt Höslinger in Fn. 23 die VO der Minister des Cultus und des Innern v. 18. 1. 1869, RGBl. 13, an. 34 Nach Art. 15 StGG hat jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft „das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen“. 35 Hans Klecatsky / Hans Weiler, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien 1958, S. 27, Fn. 22. In Fn. 23 zitieren Klecatsky und Weiler das VwGH-Erk. v. 6. 5. 1930, VwSlg 1323, nach dem jede Religionsgesellschaft sich bei Handlungen, die ihre äußeren Rechtsverhältnisse betreffen, jedes in den Rechtsbestand einer anderen Bekenntnisses hinüber greifenden Anspruchs zu enthalten haben. 36 Nach Art. 14 StGG ist jedermann Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet. Der Genuss der „bürgerlichen und politischen Rechte“ ist vom Religionsbekenntnis unabhängig. Den „staatsbürgerlichen Pflichten [darf] durch das Religionsbekenntniß kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Theilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, in sofern er nicht der nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines Anderen untersteht“. 37 Inge Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien u. a. 1971, S. 163.

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selbstständige Ordnung und Verwaltung innerer Angelegenheiten in Verbindung mit dem Seelsorgemonopol (Art. 8 InterkonfG).38 Für Schwendenwein ist Leitgedanke des Ausschließlichkeitsrechts die Ablehnung jedes in den Rechtsbestand eines anderen Bekenntnisses hinüber greifenden Anspruchs. Rechtsgrundlagen sind für ihn Art. 14 (Glaubens-, Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit) und Art. 15 StGG (Parität und selbständige Ordnung und Verwaltung innerer Angelegenheiten) sowie Art. 8 InterkonfG (Seelsorgemonopol). Vom Ausschließlichkeitsrecht erfasst sind nach Schwendenwein insbesondere der Name, die Religionslehre, der Gottesdienst und die Verfassung einer Religionsgemeinschaft, wobei für ihn bei diesen Rechten der Gedanke der Unterscheidung von anderen Religionsgemeinschaften im Vordergrund steht. Mit dem Ausschließlichkeitsrecht in Zusammenhang steht für ihn auch der Begriff „Seelsorgemonopol“, in dem sich die gemeinsame Religionsübung, der Religionsunterricht, die Militär- und Anstaltsseelsorge sowie die selbständigen Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten finden. Erwähnung findet bei ihm auch der Begriff „Zwangsgenossenschaft“, wobei er im Allgemeinen das Bekenntnis zu einer von einer anerkannten Religionsgemeinschaft vertretenen Religionslehre für die staatskirchenrechtliche Zurechnung des Bekenners zu dieser Religionsgemeinschaft hinreichen lässt.39 Kalb, Potz und Schinkele bringen das Ausschließlichkeitsrecht mit den anerkannten Religionsgemeinschaften „ursprünglich übertragen gewesenen, hoheitlichen Funktionen“ in Zusammenhang und erblicken in ihm, ein Recht auf Unterscheidung, das als „Anspruch“ anerkannter Religionsgemeinschaften „auf Respektierung und auf staatlichen Schutz ihrer Exklusivität“ sich zeigt.40 Die Rechtsgrundlagen des Ausschließlichkeitsrechts sehen sie auf Verfassungsebene in Art. 15 StGG (Parität, Religionsfreiheit, selbstständigen Ordnung und Verwaltung innerer Angelegenheiten) und auf einfachgesetzlicher Ebene im InterkonfG (Seelsorgemonopol) und dem BekGG. Von seinem Gehalt her umfasst es den Namen, die Religionslehre, den Gottesdienst, die Verfassung, die Religionsübungen, den Religionsunterricht, die Militär- und Anstaltsseelsorge, die Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten und die Mitgliedschaft.41 Für Kalb, Potz und Schinkele ist das Ausschließlichkeitsrecht „ein Konstrukt, das dem Verständnis der umfassenden Religions- und Weltanschauungsfreiheit im modernen Verfassungsstaat nicht gerecht“ wird. Mit der „Beurteilung von Religionslehren“ überschreitet nach ihrer Ansicht der religiös und ___________ 38 39 40 41

Helmuth Pree, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien u. a. 1984, S. 45 u. 81. Hugo Schwendenwein, Staatskirchenrecht, Essen 1992, S. 489 ff. Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 75 f. Ebd., S. 160.

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weltanschaulich neutrale Staat seine Grenzen.42 Sie schlagen vor, das Ausschließlichkeitsrecht auf die „organisatorische Selbständigkeit“ und „Unterscheidbarkeit“ zu begrenzen und so allein an ausschließlich säkularen Beurteilungsmaßstäben zu orientieren.43

III. Das Ausschließlichkeitsrecht in Zusammenschau von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre Bringt man das oben referierte Erkenntnis mit den in der Lehre genannten Ausschließlichkeitselementen in Verbindung, so ist in Bezug auf den Namen einer anerkannten Religionsgemeinschaft festzustellen, dass der Name zwar weiterhin mit dem Begriff Unterscheidbarkeit in Verbindung steht, er daher auch in § 43 ABGB44 seinen zivilrechtlichen Schutz findet, vom Ausschließlichkeitsrecht jedoch nur mehr in seiner Gesamtheit, also in dem Umfang, in dem er die einzigartige und unverwechselbare „Persönlichkeit“ einer Religionsgemeinschaft zum Ausdruck bringt, nicht jedoch in seinen Einzelteilen, erfasst wird. Bezieht man die vom VfGH zitierten Entscheidungen des EGMR in die Betrachtung ein, so zeigt sich, dass die unverwechselbare Eigenart der Religionslehre rechtlich verfasster Religionsgemeinschaften gegenüber neu hinzutretenden Gemeinschaften vom Ausschließlichkeitsrecht nicht mehr geschützt ist. Dies bringt mit sich, dass die Zulassung übereinstimmender Glaubensüberzeugungen bei verschiedenen Rechtspersonen nicht nur nicht mehr ausgeschlossen, sondern dort, wo von Gläubigen ein entsprechendes Bedürfnis geäußert wird und die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, sogar staatlicherseits geboten ist. Daher kann dem in § 4 Abs. 1 Zl. 2 BekGG verankerten Ausschließlichkeitsrecht, nach dem die Religionslehre im Rahmen des Strebens nach Rechtspersönlichkeit darzustellen ist und „sich von der Lehre bestehender religiöser Bekenntnisgemeinschaften“ sowie „von der Lehre gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften unterscheiden“ muss, im Licht des oben refe___________ 42

Ebd., S. 76 f. Kalb, Potz und Schinkele verweisen auch darauf, dass „das Verbot der Doppelmitgliedschaft der individuellen Religionsfreiheit nicht Rechnung“ trägt. 43 Ebd., S. 77. Hingewiesen wird von Kalb, Potz und Schinkele in diesem Zusammenhang auf das deutsche Schrifttum, in dem „nahezu einhellig das Erfordernis, eine Religionsgemeinschaft müsse ein „von anderen unterscheidendes Glaubensbekenntnis“ aufweisen, nicht mehr als essentiell angesehen“ werde. Dazu auch Hermann Weber, Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften, in: ZevKR 34 (1989), S. 337-382, 348. 44 JGS 946/1811. § 43 ABGB schützt den Namen, indem auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz geklagt werden kann, wenn „das Recht zur Führung [des] Namens bestritten oder […] durch unbefugten Gebrauch [des] Namens (Decknamens) beeinträchtigt“ wird.

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rierten VfGH Erk. nur mehr der Sinn beigelegt werden, dass der Staat sich bei der Prüfung der Religionslehre auf die rein formale Prüfung, ob die Lehre ausreichend dargestellt ist, zu beschränken hat.45 In § 1 AnerkG, in dem als Voraussetzung für die Anerkennung auf „bisher gesetzlich nicht anerkannte“ Religionsbekenntnisse Bezug genommen wird, haben in den Begriff „Religionsbekenntnis“, neben dem Glaubensgut, auch organisatorisch-personelle Elemente einzufließen, wobei im Rahmen der Beurteilung der Anerkennungsfähigkeit die unterschiedlichen organisatorisch-personellen Elemente dann das Element Glaubensgut überlagern, wenn eine Übereinstimmung mit dem Glaubensgut anerkannter Gemeinschaften festzustellen ist. Betrachtet man die organisatorisch-personellen Elemente im Lichte der vom VfGH in seinem Erk. zitierten Entscheidungen des EGMR noch etwas genauer, so zeigt sich, dass Übereinstimmungen in der Organisationsstruktur zwischen rechtlich bereits verfassten Gemeinschaften und nach Rechtspersönlichkeit strebenden Gemeinschaften dem Rechtsanspruch auf Rechtspersönlichkeit nicht im Weg stehen.46 In den übrigen von der Lehre mit dem Ausschließlichkeitsrecht in Zusammenhang gebrachten Bereichen liefert das oben referierte Erkenntnis nur ansatzweise Antworten. Aus der vom VfGH in seinem Erk. zitierten EGMR Rechtsprechung lässt sich aber zumindest in Bezug auf das „Seelsorgemonopol“ ableiten, dass sein ausschließlicher Charakter dort seine Grenze finden muss, wo das „Seelsorgemonopol“ einer anerkannten Religionsgemeinschaft auf das legitime Missionierungsrecht anderer Gemeinschaften trifft und diese sich in den von der Judikatur des EGMR gesteckten Grenzen bewegen.47 Zur Neuinterpretation der höchstgerichtlichen Entscheidungen, in denen es um die Zulässigkeit der Gründungen eines religiösen Unterstützungsvereins ___________ 45 In diesem Sinn EGMR, Urt. v. 13. 12. 2001, Case of Metropolitan Church of Bessarabia and others v. Moldova, Appl. 45701/99, Zl. 117: „State measures favouring a particular leader or specific organs of a divided religious community or seeking to compel the community or part of it to place itself, against its will, under a single leadership, […] constitute an infringement of the freedom of religion.“ 46 EGMR, Urt. v. 26. 10. 2000, Case of Hasan and Chaush v. Bulgaria, Appl. 30985/ 96, Zl. 82. „The Court therefore finds, […] to favour one faction of the […] community, granting it the status of the single official leadership, to the complete exclusion of the hitherto recognised leadership […] deprive[s] the excluded leadership of any possibility of continuing to represent at least part of the […] community and of managing its affairs according to the will of that part of the community.“ 47 Der EGMR sieht im – in der Folge immer wieder zitierten – Urt. v. 25. 5. 1993, Case of Kokkinakis v. Greece, Appl. 14307/88, Zl. 48, den Boden legitimer Missionierung dort verlassen, wo Missionierung „takes the form of offering material or social advantages with a view to gaining new members for a church, exerting improper pressure on people in distress or in need or even using violence or brainwashing“.

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oder von religiösen Ausbildungsstätten ging48 und in denen die Verbindung zwischen dem Ausschließlichkeitsrecht und der selbstständigen Regelung der inneren Angelegenheiten49 darin erkennbar wurde, dass eine solche Gründung nur in Absprache mit den „betroffenen“ anerkannten Religionsgemeinschaften von der Rechtsprechung als zulässig angesehen wurde, leistet das Erk. des VfGH indirekt einen Beitrag. Vorauszuschicken ist, dass in der Literatur bereits Stimmen laut geworden sind, die das von der Rechtsprechung mit dem Selbstverständnis der anerkannten Religionsgemeinschaften in Verbindung gebrachte Ausschließlichkeitsrecht nicht mehr im Bereich der verfassungsrechtlich geschützten inneren Angelegenheiten angesiedelt sehen wollen, sondern vielmehr im allgemeinen subjektiven Anspruch gegenüber dem Staat auf Schutz vor Verwechslung.50 Eine Stütze finden diese Stimmen nun insofern im oben referierten Erk. des VfGH, als in diesem erkennbar wird, dass bei der Beurteilung der Frage des Anspruchs auf Rechtspersönlichkeit, dem Selbstverständnis der in dieser Sache berührten gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft keinerlei Beachtung geschenkt wird. Wenn nun aber im Rahmen der Beurteilung einer so fundamentalen Frage wie des Anspruchs auf Rechtspersönlichkeit von Religionsgemeinschaften auf das Selbstverständnis anerkannter Gemeinschaften staatlicherseits keinerlei Rücksicht zu nehmen ist, ist wohl auch nur mehr schwer argumentierbar, warum bei so viel weniger bedeutsamen Fragen, wie der Gründung eines Vereines oder einer Ausbildungsstätte, das Selbstverständnis beachtet werden muss. Was den Zusammenhang von Zwangsgenossenschaft und Ausschließlichkeitsrecht betrifft, so wird diese Frage im Erk. des VfGH nirgendwo angesprochen. Aus meiner Sicht ist unter dem Blickwinkel des Ausschließlichkeitsrechts dazu aber anzumerken, dass im Zusammenhang mit der Anerkennung einer Gemeinschaft als rechtlich verfasste Religionsgemeinschaft, ein rechtsdogmatischer Gesichtspunkt mitbedacht werden muss. Die Anerkennung hat ihre rechtliche Grundlage in einem an die Allgemeinheit gerichteten und daher notwendigerweise in Gesetzesform oder Verordnungsform gekleideten Anerkennungsakt. Dieser lässt die öffentlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit Religionsgemeinschaft entstehen. Weil der Anerkennungsakt in die Form eines Gesetzes ___________ 48 VfSlg 16395 (Initiativkreis Katholischer Laien und Priester in der Erzdiözese Wien), VwGH 31. 01. 2005, Zl. 2002/10/0015 (Organisationsstatuten der Lehranstalt für Islamische Bildung / Al-Azhar und der Al-Azhar Akademie für Höhere Islamische Studien). 49 Im Sinne von Art. 15 StGG. 50 Georg Lienbacher, Vereinsfreiheit und innere Angelegenheiten gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften. Zugleich eine Besprechung des Erkenntnisses VfGH 11. 12. 2001, B 151/00, in: Zeitschrift für Verwaltung (ZfV) 2002, S. 647; Barbara Gartner, Der religionsrechtliche Status islamischer und islamistischer Gemeinschaften, Wien / New York 2011, S. 546.

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oder einer Verordnung gekleidet ist, ist er in der Lage die Zuordnung der Bekenner allein aufgrund ihres Bekenntnisses zur anerkannten Religionsgemeinschaft mit sich zu bringen. Es entsteht eine ausschließlich von Bekennern gebildete relative51 Zwangsgenossenschaft. In deren personellem Element zeigt sich das Ausschließlichkeitsrecht in der exklusiven Bekennergemeinschaft und dem Umstand, dass das einzelne Mitglied von keinem weiteren Anerkennungsakt erfasst wird. Etwas anders sieht es bei den Religionsgemeinschaften aus, die dem Regime des BekGG unterstehen. Dort kommt dem die Rechtspersönlichkeit feststellenden Bescheid aufgrund seines Bescheidcharakters nur eine Wirkung in Bezug auf die Antragsteller zu. Alle anderen, die dieses Bekenntnis teilen, werden vom Bescheid nicht erfasst. Das personelle Element des Ausschließlichkeitsrechts zeigt sich aber auch im BekGG insofern deutlich, als der Antrag auf Feststellung der religiösen Bekenntnisgemeinschaft von „mindestens 300 Personen“ unterstützt sein muss; diese Unterstützer dürfen weder einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit nach dem BekGG noch einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören.52 Im Ergebnis lassen somit Rechtsdogmatik und eindeutige Rechtslage in der Frage der Zugehörigkeit derzeit keinen anderen Schluss zu, und zwar sowohl im Bereich des AnerkG als auch des BekGG, als vom Weiterbestand des Ausschließlichkeitsrechts auszugehen. Unübersehbar sind dabei allerdings Spannungen im Hinblick auf die individuelle und kollektive Religionsfreiheit; dies umso mehr, als ein Bedürfnis nach staatlicher Regelung religionsgemeinschaftlicher Zugehörigkeit,53 etwa unter Bezugnahme auf den Religionsfrieden oder die öffentliche Ordnung, heute in unserer Gesellschaft nicht mehr zu erkennen ist und auch mit den grundrechtlich verankerten Schranken der Religionsfreiheit, gerade unter dem Gesichtspunkt der in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen Maßnahmen, wohl nur mehr unter ganz besonderen gesellschaftlichen Umständen in Einklang gebracht werden kann.

___________ 51 Relativ ist die Zwangsgenossenschaft, da die mit Gesetz und Verordnung einhergehenden Wirkungen von dem sich aus der verfassungsrechtlichen Garantie der individuellen Religionsfreiheit (Art. 14 StGG, Art. 9 EMRK) ergebenden Austrittsrecht überlagert sind. 52 § 3 Abs. 3 BekGG. Auch wenn die Gesetzesmaterialien (938 BlgNR XX. GP, S. 8) unter anderem zu § 3 bemerken, dass diese Bestimmung „in vieler Hinsicht dem Vereinsrecht nachgebildet“ ist, unterscheidet sie sich durch das Ausschließlichkeitselement doch fundamental von diesem. 53 Die Abnahme des Regelungsbedürfnisses sieht Höslinger, Ausschließlichkeitsrecht (Fn. 28), S. 339, schon im Jahr 1947.

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IV. Schlussbetrachtung Wenn Schima im Jahr 1981 von „einer gewissen Abschwächung“ des Ausschließlichkeitsrechts54 spricht, so ist im Lichte des oben referierten Erkenntnisses festzustellen, dass das Ausschließlichkeitsrecht55 viel von seinem subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechtscharakter eingebüßt hat. Dies wird deutlich, wenn man die Ergebnisse der Analyse nochmals Revue passieren lässt. So ist der Namen einer nach rechtlicher Verfasstheit strebenden Religionsgemeinschaft im Rahmen der staatlichen Beurteilung der Zulässigkeit des Erwerbs von Rechtspersönlichkeit nunmehr nur mehr in Richtung Verwechslungsfähigkeit und Unterscheidbarkeit einer staatlichen Prüfung zu unterziehen. Die nicht unter dem Schutz des Ausschließlichkeitsrechts stehenden Namensbestandteile einer bestehenden Religionsgemeinschaft können und dürfen von Religionsgemeinschaften, die Rechtspersönlichkeit anstreben, zur Kennzeichnung ihrer Identität verwendet werden. Die Unterschiedlichkeit oder Eigenständigkeit des Glaubensguts ist staatlicherseits keinesfalls zu prüfen und selbst dann, wenn die dargestellte Religionslehre deckungsgleich mit der einer bereits rechtlich verfassten Religionsgemeinschaft ist, hat der Staat, neben der bereits bestehenden Religionsgemeinschaft, eine weitere dieses Glaubensguts zuzulassen. Übereinstimmungen in den Organisationsstrukturen der Religionsgemeinschaften stehen dem Anspruch auf Rechtspersönlichkeit keinesfalls im Weg. Das Seelsorgemonopol schützt nur mehr in sehr engen Grenzen vor religiöser Konkurrenz. Mit der individuellen und kollektiven Religionsfreiheit ist das Element der Zwangsgenossenschaft nur mehr schwer in Einklang zu bringen; und im Bereich des aus Art. 15 StGG abgeleiteten Selbstverständnisses der anerkannten Religionsgemeinschaften sind Tendenzen erkennbar, die die Reduzierung des Ausschließlichkeitsrechts auf den im allgemeinen staatlichen Recht grundgelegten staatlichen Schutz vor Verwechslung erwarten lassen.

___________ 54

Johann Schima, Ende des kirchlichen Ausschließlichkeitsrechtsrechts?, in: ÖJZ 37 (1982), S. 175. 55 Budischowsky, Staatskirchenrechtliche Stellung (Fn. 29), S. 48, Fn. 261, hält, da es sich seiner Meinung nach beim Ausschließlichkeitsrecht um kein subjektives Recht handelt, die Verwendung des Begriffs „Ausschließlichkeitsprinzip“ für zweckmäßiger.

Neue Fragen zum Kirchenaustritt in Österreich Burkhard Josef Berkmann

I. Warum der Kirchenaustritt heute wieder Fragen aufwirft Ein Zirkularschreiben1 des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, das den formalen Akt des Abfalls von der katholischen Kirche näher erläutert hat, sorgte in den letzten Jahren für kontroverse Diskussionen in Ländern wie Österreich, die einen Austritt aus einer Religionsgemeinschaft kennen, der vor einer staatlichen Behörde erklärt wird. Dabei geht es um die Frage, welche Bedeutung der staatlichen Austrittserklärung nach innerkirchlichem Recht zukommt. Zu diesem Thema sind bereits viele Stellungnahmen veröffentlicht worden, so dass hier keine weitere hinzugefügt zu werden braucht. Vielmehr soll sich der Blick im Folgenden wieder allein auf Fragen des österreichischen staatlichen Rechts richten, die sich im Zusammenhang mit dem Austritt aus einer Religionsgemeinschaft stellen. Soweit staatliches Recht behandelt wird, bezieht sich die herkömmliche Redeweise vom „Kirchenaustritt“ auf den Austritt aus sämtlichen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, für die ja dieselben Regelungen gelten. Auf den Austritt aus eingetragenen Bekenntnisgemeinschaften (§ 4 Abs. 1 Z. 4 und § 8 Abs. 1 BekGG2) oder als Verein organisierten Religionsgemeinschaften (§ 3 Abs. 2 Z. 5 VerG3) kann hier nicht näher eingegangen werden.4 Soweit kirchliches Recht angesprochen wird, erfolgt in diesem Beitrag eine Beschränkung auf das Recht der römisch-katholischen Kirche, weil aus diesem Bereich – durch das erwähnte Zirkularschreiben indirekt angestoßen – die Fragen entsprangen, die hier behandelt werden. ___________ 1

Pontificium Consilium de Legum Textibus, Litterae circulares missae omnibus Conferentiis episcopalibus, quoad verba „actus formalis defectionis ab Ecclesia catholica (cann. 1086 § 1, 1117 e 1124 CIC) et quaedam epistulae respicientes ipsarum litterarum (13.3.2006), in: Communicationes 38 (2006) S. 170-189, dt. in: ABl. ÖBK 44 (2007) v. 15.8.2007, Nr. II/1a, S. 13 f. 2 Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, in: BGBl. I Nr. 19/1998, i. d. F. BGBl. I Nr. 78/2011. 3 Bundesgesetz über Vereine, in: BGBl. I Nr. 66/2002, i. d. F. BGBl. I Nr. 137/2011. 4 Vgl. dazu Heribert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 124 u. 162.

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In gewisser Weise hängen die beiden Seiten – das kirchliche und das staatliche Recht – nämlich doch zusammen. Denn das erwähnte Zirkularschreiben und die daran anschließenden Beratungen mit dem Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte veranlassten die Österreichische Bischofskonferenz (ÖBK), neue Regelungen5 über den innerkirchlichen Umgang mit Kirchenaustritten zu schaffen.6 Ein wesentliches Element dieser Regelung besteht darin, dass der Bischof mit allen Ausgetretenen schriftlich in Verbindung tritt, um sie über die kirchlichen Rechtsfolgen aufzuklären und ihnen die Möglichkeit einzuräumen, den Austritt binnen drei Monaten zu widerrufen. Diese Kontaktnahme bietet nicht nur eine bedeutende pastorale Chance, mit den betroffenen Menschen ins Gespräch zu kommen, sondern offenbart nicht selten die Umstände, unter denen Kirchenaustritte im staatlichen Bereich bisweilen zustande kommen. Die Überraschung ist vor allem dann groß, wenn die Betroffenen von ihrem Austritt noch gar nichts wussten. Wie ist das möglich? In manchen Fällen geschehen Verwechslungen oder es kommt vor, dass der Austritt von einer dritten Person erklärt worden ist. Besonders anfällig für derartige Vorkommnisse ist der Verkehr mit Behörden über elektronische Kommunikationsmedien. Ob und wie weit derartige Vorgänge rechtskonform sind oder die Grenzen der Rechtsgrundlagen überschreiten, soll in diesem Beitrag untersucht werden. Es wird also um neu auftretende Fragestellungen in Bezug auf die Modalitäten des Kirchenaustritts sowie um neue Entwicklungen im Bereich des E-Government gehen. Sämtliche Fragen, die hier behandelt werden, haben sich in der Praxis aufgrund konkreter Fälle tatsächlich gestellt. Zuerst soll aber noch kurz erwähnt werden, dass die Mitgliedschaft in gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften im Sinne des Art. 15 StGG7 zu deren inneren Angelegenheiten gehört, in die der Staat nicht eingrei___________ 5 ÖBK, Erklärung zum Kirchenaustritt (1.10.2007), in: ABl. ÖBK 44 (2007) v. 15.8.2007 Nr. II.1c, S. 14-16; ÖBK Regelung zum Kirchenaustritt (21.-23.6.2010), in: ABl. ÖBK 52 (2010) v. 15.9.2010 Nr. II.2a, S. 7 f.; ÖBK, Hinweise für die Durchführung der Regelung der Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt (21.-23.6.2010), in: ABl. ÖBK 52 (2010) v. 15.9.2010 Nr. II.2a, S. 8 f.; ÖBK, Erklärende Ausführungen der Österreichischen Bischofskonferenz nach c. 34 CIC (21.-23.6.2010), in: ABl. ÖBK 52 (2010) v. 15.9.2010 Nr. II.2a, S. 9 f. 6 Vgl. Gerald Gruber, Actu formali ab Ecclesia Catholica deficere. Zur Problematik des vor staatlicher Stelle vollzogenen Kirchenaustritts vor dem Hintergrund des Zirkularschreibens des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 13. März 2006 und der Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt vom März 2007, Bonn 2009, S. 277; Wilhelm Rees, Der Kirchenaustritt und seine kirchenrechtliche Problematik, in: Die österreichischen Bischöfe, Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche. Kanonistische Klärungen zu pastoralen Initiativen der Österreichischen Bischofskonferenz, Bd. 10, Wien 2010, S. 38-61 u. 50 f. 7 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, in: RGBl. Nr. 142/1867, i. d. F. BGBl. Nr. 684/1988.

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fen darf.8 Die Mitgliedschaft bringt jedoch auch im staatlichen Bereich Rechtswirkungen hervor, etwa hinsichtlich des Besuchs von schulischem Religionsunterricht, der Pflicht zur Zahlung von Kirchenbeiträgen, der Arbeitsruhe an bestimmten Feiertagen oder bei der Militär- und Anstaltsseelsorge. Nun kennt die katholische Kirche nach ihrem internen Recht keine Möglichkeit, die Kirchengliedschaft aufzugeben. Da der Staat aber jedem Individuum aufgrund der Religionsfreiheit das Recht gewähren muss, die Religionszugehörigkeit zu ändern oder zu beenden, muss er eine Möglichkeit vorsehen, die Mitgliedschaft hinsichtlich des staatlichen Rechtsbereichs aufzugeben.9 In Österreich geschah dies durch die Art. 4-7 InterkonfG,10 die durch die ÜbertrittsV11 konkretisiert worden sind. Demnach ist der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft, damit er im staatlichen Bereich Wirkungen entfaltet, vor der zuständigen Bezirkshauptmannschaft bzw. in Städten mit eigenem Statut vor dem Magistrat und in Wien vor dem Magistratischen Bezirksamt zu erklären.

II. Namensgleichheit Mutter und Tochter tragen denselben Vor- und Nachnamen und wohnen an derselben Adresse. Die Tochter meldet der Behörde ihren Kirchenaustritt, dieser wird aber für die Mutter eingetragen. In diesem Fall bestand keine Absicht, den Kirchenaustritt für eine dritte Person zu erklären, und damit keine Form von Vertretung. Dass er tatsächlich einer anderen Person zugerechnet wurde, beruht auf einem Irrtum und zwar auf einer Verwechslung wegen Namensgleichheit. Um die individuelle Religionsfreiheit möglichst weitgehend zu gewährleisten, sehen das InterkonfG und die ÜbertrittsV nur minimale Formvorschriften für die Meldung des Austritts aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft vor. So fehlt, wie der VwGH erkannt hat, eine Vorschrift, wonach ein Taufschein oder ein Meldezettel beizubringen wären.12 Wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt, so ist es aber doch als immanentes Erfordernis anzusehen, dass der Aus___________ 8

Vgl. VwGH Z 1690/68 (2.10.1969); VfGH B 933/86 (16.3.1987), in: VfSlg. 11300/ 1987. 9 Vgl. EKMR Nr. 9781/82 E u G. R./Österreich (14.5.1976); EKMR, Nr. 10616/83 Gottesmann/Schweiz (4.12.1984). 10 Gesetz vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, in: RGBl. Nr. 49/ 1868, i. d. F. dRGBl. I S 384/1939. 11 Verordnung betreffend den Vollzug der, den Uebertritt von einer Kirche oder Religionsgesellschaft zur anderen, regelnden Bestimmungen des Gesetzes vom 25. Mai 1868, in: RGBl. Nr. 13/1869. 12 VwGH 88/10/0014 (21.9.1988).

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trittswillige nachweist, welcher Religionsgemeinschaft er bisher angehört, weil nur damit feststeht, aus welcher Religionsgemeinschaft er eigentlich austreten möchte, und weil die Behörde nur auf diese Art weiß, welcher Religionsgemeinschaft sie gemäß Art. 6 Abs. 1 InterkonfG die Verständigung vom Austritt zu übermitteln hat. Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass die Anzeige einer falschen Religionsgemeinschaft zugeht, was gerade in dem datenschutzrechtlich besonders sensiblen Bereich der Religionszugehörigkeit nicht in Kauf genommen werden kann. Eben aus diesem Grund hat das Kultusamt in Akkordierung mit den größten Kirchen in Österreich die Art und Weise des Nachweises festgelegt.13 Demnach ist das primäre Mittel des Nachweises ein originärer Nachweis, z. B. ein Taufschein, oder ein Ersatz dieses originären Nachweises, z. B. ein Duplikat. Sofern dies nicht möglich ist, werden als subsidiäre Nachweise andere Dokumente der Religionsgemeinschaft wie etwa ein Trauschein oder eine Firmungs- oder Konfirmationsbestätigung oder Belege der kirchenbzw. religionsgesellschaftlichen Finanzstelle akzeptiert. In den meisten Fällen wird aus diesen Nachweisen nicht nur die Identität der verlassenen Religionsgemeinschaft, sondern auch die (eindeutige) Identität der austretenden Person hervorgehen. Sollte dies nicht der Fall sein und sollten somit „gegründete Zweifel“ bestehen, so hat die Behörde gemäß § 4 ÜbertrittsV die Identität der anmeldenden Person zu prüfen. Falls sie der Ansicht ist, dass der maßgebende Sachverhalt einer weiteren Klärung bedürfe, so hat sie diesen von Amts wegen festzustellen, wobei dem Austretenden eine Mitwirkungspflicht obliegt.14 Ganz allgemein hat die Behörde im Verwaltungsverfahren dem Einschreiter bei Zweifeln über seine Identität die Behebung des Mangels seines Anbringens innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen, da es sonst als zurückgezogen gilt (§ 13 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 AVG15).16 Nur so kann sichergestellt werden, dass die Information über den Austritt nicht irrtümlich einer falschen, möglicherweise im selben Familienverband lebenden Person zugeht.17 ___________ 13 Rundschreiben des Kultusamtes zu GZ 7.830/3-KAc/04 an alle Ämter der Landesregierungen (Antwort der BMBWK vom 8.8.2005 zu GZ 10.000/0086-III/4a/2005 auf die parlamentarische Anfrage von Bettina Stadlbauer – 3091/AB XXII. GP). 14 VwGH 88/10/0014 (21.9.1988). 15 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, in: BGBl. Nr. 51/1991, i. d. F. BGBl. I Nr. 100/2011. 16 Regierungsvorlage GP XVII RV 1089 AB 1350, 145; VwGH 92/04/0277 (30.3. 1993); zum Austrittsverfahren vgl. Helmuth Pree, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien 1984, S. 47. 17 Der Nachweis der Identität kann durch persönliche Vorsprache, allenfalls notarielle oder gerichtliche Beurkundung oder im elektronischen Verkehr mittels der Personenbindung auf der Bürgerkarte erbracht werden (Rudolf Thienel / Eva Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, Wien 52009, S. 115).

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III. Sachwalter Im Fall der Namensgleichheit waren die Person, die den Austritt erklärte, und die Person, für die er registriert wurde, nicht identisch. Weitere Fälle, in denen die erklärende und die austretende Person nicht identisch sind, können bei einer Vertretung vorliegen, also dann, wenn ein Dritter für eine andere Person einen Austritt erklärt. Die österreichische Rechtsordnung unterscheidet grundsätzlich zwischen der gesetzlichen und der gewillkürten Vertretung. Ein Beispiel für einen gesetzlichen Vertreter ist der Sachwalter. Nun ist die Mitgliedschaft in einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft nach österreichischem staatlichem Recht ein öffentlich-rechtliches Verhältnis.18 Zuständig für die Entgegennahme der Austrittsmeldung ist eine Verwaltungsbehörde. Das Verwaltungsverfahrensrecht verweist aber sowohl hinsichtlich der gesetzlichen als auch hinsichtlich der gewillkürten Vertretung auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§§ 9-12 AVG). Grundsätzlich können Parteien, die selbst nicht dazu fähig sind, im Verfahren nur durch ihren gesetzlichen Vertreter handeln, wobei gemäß § 9 AVG nach den zivilrechtlichen Vorschriften zu bestimmen ist, wer gesetzlicher Vertreter ist.19 Vermag nun ein Sachwalter für den Pflegebefohlenen einen Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft herbeizuführen? Ein Sachwalter kann gemäß § 268 Abs. 3 ABGB20 für die Besorgung einzelner Angelegenheiten, eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten oder aller Angelegenheiten bestellt werden.21 Selbst wenn er für alle Angelegenheiten bestellt wird, ist davon die Wahrnehmung höchstpersönlicher Rechte ausgeschlossen.22 So ist zum Beispiel das Wahlrecht ein Recht, das nur in eigener Person wahrzunehmen ist.23 Auch die Erklärung zur einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG ist ein höchstpersönlicher Akt, der weder von einem Sachwalter noch vom Pflegschafts-/Sachwalterschaftsgericht ersetzt werden kann.24 ___________ 18

Josef Rieger / Günther Sagburg / Hans Schima, Religion – Religionswechsel – religiöse Kindererziehung, in: Ferdinand Maultaschl (Hrsg.), Rechtslexikon. Handbuch des österreichischen Rechts für die Praxis, 43. Lfg. Februar 1965, 16v; Hugo Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht (BzMK 6), Essen 1992, S. 79. 19 Thienel / Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 17), S. 99. 20 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, in: Nr. 946/1811, i. d. F. BGBl. I Nr. 58/2010. 21 Andrea Schwarz, Praxishandbuch Vertretungsrecht. Angehörigenvertretung bis Sachwalterschaft, Wien 2008, S. 152. 22 Vgl. Ewald Maurer, Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis, Wien ³2007, Rn. 29. 23 Vgl. VfGH G18/85 (16.3.1985), in: VfSlg. 10412. 24 Vgl. OGH vom 1 Ob 518/96, 7 Ob 230/01a, 6 Ob 106/03m, 5 Ob 94/05t (26.3. 1996); OGH 5 Ob 94/05t (10.5.2005).

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1. Höchstpersönlichkeit Es stellt sich also die Frage, ob der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft einen höchstpersönlichen Akt darstellt. Der Eintritt in eine und der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgemeinschaft wird in Art. 4 InterkonfG geregelt. Demnach darf sich die betreffende Person zur Zeit der Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemütszustand befinden, welcher die eigene freie Überzeugung ausschließt. Diese Voraussetzung ist so zu verstehen, dass die Änderung der Religionszugehörigkeit, die ein Grundrecht nach Art. 14 StGG und Art. 9 EMRK25 ist, einen höchstpersönlichen Akt darstellt, der nur in eigener Person vollzogen werden kann, wie im Folgenden begründet wird: Rechte können auch dann höchstpersönlich sein, wenn das Gesetz sie nicht ausdrücklich so bezeichnet. Der OGH hat Kriterien entwickelt, um feststellen zu können, ob ein Recht höchstpersönlich ist. Das Fehlen der Übertragbarkeit eines Rechts im Sinne des § 1393 ABGB allein besagt noch nicht, ob der Berechtigte sein Recht nur persönlich ausüben kann oder ob dies auch durch einen gesetzlichen oder gewählten Vertreter geschehen kann. Ein Recht wird aber dann „als höchstpersönlich qualifiziert, wenn sein Inhalt durch die Person des Berechtigten bestimmt wird, so dass durch den Wechsel dieser Person auch der Leistungsinhalt selbst eine Veränderung erfahren würde“.26 Nur der jeweils berechtigten Person stehen auch die Persönlichkeitsrechte eines Menschen zu, die dem unmittelbaren Schutz seiner Person dienen wie beispielsweise das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Freiheit, das Namensrecht, das Recht auf Ehre und viele andere.27 Die Ausübung der Religionsfreiheit durch Bestimmung und Veränderung der eigenen Religionszugehörigkeit wird hier nicht eigens angeführt, erfüllt die genannten Kriterien jedoch eindeutig. Es handelt sich dabei um eine Gewissensentscheidung, die dem Innersten der Person entspringt. Kein anderer kann darüber verfügen, was jemand innerlich glaubt und zu welcher Religion oder Weltanschauung er sich bekennt. Eben diese Entscheidung wird durch das Grundrecht auf Religionsfreiheit geschützt. Mit höchstpersönlichen Rechten verknüpft der OGH bestimmte Rechtsfolgen. Sie können weder durch den gesetzlichen Vertreter oder Sachwalter noch durch das Gericht ausgeübt werden. Fehlt dem Träger die Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so können sie überhaupt nicht ausgeübt werden.28 ___________ 25 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in: BGBl. 1958/210, i. d. F. BGBl. III Nr. 47/2010. 26 OGH 6 Ob 106/03m (11.09.2003); OGH 3 Ob 232/09b (25.11.2009). 27 Ebd. 28 Vgl. OGH 7 Ob 355/97z (11.11.1997); OGH 6 Ob 106/03m (11.9.2003); OGH 5 Ob 94/05t (10.5.2005); Schwarz, Vertretungsrecht (Fn. 21), S. 154.

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In einzelnen Fällen – etwa bei medizinischen Eingriffen29 oder Stifterrechten30 – lässt der OGH jedoch eine Mitentscheidung anderer Personen zu. Arnold schließt daraus, dass „höchstpersönlich“ nur „nicht übertragbar“ aber nicht notwendigerweise „vertretungsfeindlich“ heißt.31 Sachlich treffender dürfte es sein, mit Hofmann zwei Stufen von Höchstpersönlichkeit zu unterscheiden. Demnach sind absolut höchstpersönliche Rechte streng vertretungsfeindlich. Dazu gehören die letztwillige Verfügung, die Eheschließung und das Wahlrecht. Bei relativ höchstpersönlichen Rechten kommt der Gesetzgeber in gewissen Fällen nicht umhin eine Abwägung mit anderen in gleicher Weise schutzwürdigen Rechtsgütern vorzunehmen. Aber auch hier kann der Vertreter nicht nach Belieben entscheiden, sondern die betroffene Person muss nach Möglichkeit einbezogen werden und die Entscheidung muss ihr Wohl weitestgehend beachten. Als Beispiel hierfür kann das Recht auf körperliche Integrität eines nicht ansprechbaren Patienten dienen, wenn dringend eine Entscheidung über eine medizinische Behandlung gefällt werden muss.32 Bei der Frage eines Austritts aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist ein solcher Handlungsbedarf nicht gegeben. In der Terminologie Hofmanns müsste man diese Sache zu den absolut höchstpersönlichen Rechten zählen. Das impliziert, dass sie streng vertretungsfeindlich ist. Dieses Ergebnis stimmt mit der höchstgerichtlichen Judikatur und der Lehre überein. Der VfGH betonte schon sehr früh den höchstpersönlichen Charakter des Religionswechsels in Verbindung mit der Religionsfreiheit.33 Dem folgt die diesbezügliche Lehre. Zierl, der ähnlich wie Hofmann zwischen absolut und relativ vertretungsfeindlichen Angelegenheiten unterscheidet, zählt den Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft zu ersteren, die ein Vertreter niemals für eine andere Person wahrnehmen darf und die daher nicht unter den Begriff der Angelegenheiten des § 268 ABGB fallen.34 Ebenso schließt Kremzow die Möglichkeit einer Austrittserklärung durch einen Sachwalter aus.35 Auch nach der Information auf der Internetseite des offiziellen Amtshelfers für ___________ 29

OGH 7 Ob 355/97z (11.11.1997). OGH 6 Ob 106/03m (11.09.2003). 31 Nikolaus Arnold, Ausübung der Gestaltungsrechte eines Stifters durch seinen Sachwalter. Gleichzeitig eine Entscheidungsbesprechung zu OGH 11.9.2003, 6 Ob 106/ 03m, in: GeS 12 (2003) S. 479-482, 481. 32 Alexander Hofmann, Ausübung von Stifterrechten durch den Sachwalter des Stifters? in: NZ 2007, S. 133-143, 138-140. 33 VfGH B 399, B 437/26 (16.5.1927), VfSlg. 800; allgemein zur Höchstpersönlichkeit dieses Grundrechts: VfGH B 41/31 (23.6.1931), in: VfSlg. 1408. 34 Hans-Peter Zierl, Sachwalterrecht. Kurzkommentar, Wien 2007, S. 55, 57 u. 117; ders., Sachwalterschaft und Verwaltung, Wien 1986, S. 116 u. 120. 35 Friedrich Wilhelm Kremzow, Österreichisches Sachwalterrecht, Eisenstadt 1984, S. 101. 30

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Österreich, die vom Bundeskanzleramt verantwortet ist, wird die Ausübung persönlicher Grund- und Freiheitsrechte wie der Glaubensfreiheit von einer Sachwalterschaft nicht berührt.36 „Da sich die Sachwalterschaft als Institution zum Schutze und im Interesse der behinderten Person versteht, der die Menschenwürde und die fundamentalen Rechte, auch das Recht auf Religion, zukommen, die auch dort, wo die geistige Persönlichkeit beeinträchtigt ist, auch wenn sie am Kult nicht mehr teilnehmen kann, eine Rolle für ihr Innenleben spielen kann, wäre es gegenüber dem Besachwalterten unverantwortlich, wenn der Sachwalter einen Religionswechsel vornehmen bzw. versuchen würde, einen solchen vorzunehmen.“37 Schließlich wird das bestätigt durch einen Vergleich mit § 3 Abs. 2 RelKEG38 letzter Satz, wonach weder der Vormund noch der Sachwalter eine schon erfolgte Bestimmung über die religiöse Erziehung des Kindes ändern können. Wenn schon bei einem Kind, dessen Religionszugehörigkeit durch die Eltern noch geändert werden könnte, der Sachwalter diesbezüglich jeder Befugnis entbehrt, dann erst recht bei einem Erwachsenen.39

2. Vorgangsweise Wie hat die Verwaltungsbehörde nun vorzugehen? Sie muss die geistige Reife des Austretenden prüfen, sobald Umstände vorliegen, die gegründete Zweifel an den erforderlichen geistigen Fähigkeiten zu erregen geeignet sind (§ 4 ÜbertrittsV).40 Sowohl bei einem dauernden als auch bei einem nur vorübergehenden Ausschluss der freien Überzeugung fehlt die erforderliche Handlungsfähigkeit, zum Beispiel bei geisteskranken, unter Drogeneinfluss stehenden oder betrunkenen Personen bzw. bei der Ausübung von Zwang.41 Dabei handelt es sich nicht um eine Formalität, sondern um eine materielle Wirksamkeitsbedingung.42 Die Erklärung des Austritts darf von der Behörde nicht zur Kenntnis genommen werden, wenn der Geistes- und Gemütszustand des Erklä___________ 36

At: http://www.help.gv.at/Content.Node/290/Seite.2900600.html (1.1.2012). Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 121. 38 Bundesgesetz über die religiöse Kindererziehung, in: BGBl. Nr. 155/1985, i. d. F. BGBl. I Nr. 191/1999. 39 Vgl. Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 121. 40 Zierl noch im Hinblick auf die Entmündigung: Die Entmündigung hat „mit der Fähigkeit, eine derartige (zweifellos überaus schwierige) Gewissensentscheidung zu treffen, nicht das Geringste zu tun“: Hans Peter Zierl, Die Auswirkungen einer Entmündigung auf das Verwaltungsrecht, in: ÖJZ 37 (1982), S. 533-540 u. 566-573, 535. 41 Z. B. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 46. 42 VwGH 6485 (3.6.1911), in: VwSlg. 8292 A. Daraus folgt für den VwGH, dass an der Handlungsfähigkeit so lange festzuhalten ist, wie das Gegenteil nicht erweisen ist. 37

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renden als solcher die Freiheit der eigenen Überzeugung ausschließt.43 Die Tatsache, dass ein Sachwalter – selbst für alle Angelegenheiten – bestellt ist, heißt aber nicht automatisch, dass die besachwaltete Person religionsunmündig wäre.44 Wenn sich eine besachwaltete Person zum maßgeblichen Zeitpunkt in einem Geisteszustand befindet, der eine freie Überzeugung zulässt, kann sie die Änderung der Religionszugehörigkeit vollziehen, jedoch nur in eigener Person und ohne Mitwirkung des Sachwalters oder gar des Gerichts.45 Befindet sie sich jedoch in einem Zustand, der dies ausschließt, kann sie den Akt nicht vollziehen. Ein Sachwalter kann in keinem der beiden Fälle einen Religionswechsel für die betroffene Person vollziehen.46

IV. Gewillkürte Vertretung Der katholische Gastarbeiter aus Polen beklagt sich vor seinem Chef, dass er in Österreich so viele Steuern und Abgaben zahlen müsse, und zeigt ihm die Vorschreibung des Kirchenbeitrags, mit der er nichts anzufangen weiß. Der Chef nimmt sie und verspricht ihm, die Sache zu regeln. Als der Arbeiter von kirchlicher Seite wegen seines Kirchenaustritts kontaktiert wird, ist er empört, weil er davon nichts wusste und einen solchen Schritt niemals gesetzt hätte. In diesem Fall stellt sich die Frage einer gewillkürten Vertretung vor der Behörde. Nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht können sich die Beteiligten vertreten lassen, wobei die Vollmacht schriftlich nachgewiesen oder vor der Behörde mündlich erteilt werden muss (§ 10 Abs. 1 AVG). Zur mündlichen Erteilung der Vollmacht, muss der Beteiligte gemeinsam mit dem Vertreter vor der Behörde erscheinen,47 was im oben genannten Beispiel offensichtlich nicht der Fall war. Die schriftliche Vollmacht hingegen wird erst mit ihrer Vorlage vor der Behörde wirksam.48 Aber auch eine schriftliche Vollmacht wurde im Beispielfall nicht gegeben. Nun könnte die Behörde im Fall des Arbeitgebers ähnlich den Beispielen des § 10 Abs. 4 AVG von einer ausdrückli___________ 43

Vgl. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 46; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 14v; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 161. 44 Ebd. 45 Kremzow, Sachwalterrecht (Fn. 35), S. 129. Da die Bestimmung über die Religionszugehörigkeit keinesfalls zum Wirkungskreis des Sachwalters gehören kann, verliert die behinderte Person durch die Bestellung des Sachwalters die Geschäftsfähigkeit in diesem Bereich nicht gemäß § 280 Abs. 1 ABGB. 46 Sehr deutlich: Zierl, Sachwalterrecht (Fn. 34), S. 117. 47 Thienel / Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 17), S. 101. 48 Ebd.

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chen Vollmacht abgesehen haben. Dies darf sie aber nur, wenn über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis keine Zweifel obwalten. Schließlich könnte die Behörde den Vertreter nur vorläufig zugelassen haben. In diesem Fall muss sie ihm den nachträglichen Nachweis der Vollmacht im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG auftragen. Stellt sich dann heraus, dass gar keine Bevollmächtigung gegeben war, so war die Vertretungshandlung unwirksam und eine Heilung durch nachträgliche Erteilung einer Vollmacht ist nicht möglich.49 Abgesehen von den Formvorschriften des § 10 Abs. 1 AVG ist hier aber nicht einmal nach bürgerlichem Recht ein Bevollmächtigungsvertrag über die Erklärung eines Kirchenaustritts vor der Behörde zustande gekommen – auch nicht konkludent. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis erstreckten sich nach dem Willen des Geschäftsherrn allenfalls auf Bemühungen zur Reduktion oder zum Erlass des Kirchenbeitrags, nicht aber auf einen Kirchenaustritt. Doch selbst wenn eine zivilrechtlich einwandfreie und den Formvorschriften des Verwaltungsverfahrens entsprechende Bevollmächtigung vorläge, wäre zu beachten, dass nicht jede Verfahrenshandlung durch einen Vertreter vorgenommen werden kann.50 Eine gewillkürte Vertretung ist beim Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft nämlich ohnehin schon prinzipiell ausgeschlossen und zwar aus demselben Grund wie die Vertretung durch einen Sachwalter. Die Höchstpersönlichkeit schließt nicht nur die gesetzliche, sondern auch die gewillkürte Vertretung aus, da höchstpersönliche Rechte vertretungsfeindlich sind.51 Dies gilt jedenfalls für absolut höchstpersönliche Rechte in der Terminologie Hofmanns.52 Absolut vertretungsfeindliche Angelegenheiten kann Zierl zufolge weder ein gesetzlicher noch ein gewillkürter Vertreter jemals für eine andere Person wahrnehmen.53 Unzulässig sind auch Sammelaustrittserklärungen zum Beispiel eines Vereinsobmanns für alle Mitglieder des Vereins.54 ___________ 49 VwGH 2003/17/0096 (23.6.2003); Thienel / Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 17), S. 101. 50 Beispiele bei Schwarz, Vertretungsrecht (Fn. 21), S. 177 f. 51 Vgl. Peter Bydlinski, § 1002 ABGB, Rn. 13, in: Helmut Koziol / ders. / Raimund Bollenberger (Hrsg.), Kurzkommentar zum ABGB, Wien 32010; Wilfried Thöni, § 1393 ABGB, Rn. 8, in: Heinrich Klang / Robert Fucik (Hrsg.), Kommentar zum ABGB §§ 1375-1410, Wien 32011. Der OGH hat sogar hinsichtlich eines Mitglieds des Vorstandes eines Vereins entschieden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung durch vorstandsfremde Personen unmöglich ist (OGH 6 Ob 79/06w, 6.4.2006). Rummel geht in seinem Kommentar zu dieser Entscheidung noch weiter und schließt in diesem Fall eine Vertretung überhaupt aus (Peter Rummel, Glosse, in: JBl. 133 [2007], S. 119). 52 Hofmann, Stifterrechten (Fn. 32), 1 S. 36 f. u. 139. In anderen Fällen wie der Adoption lässt der OGH nur eine Spezialvollmacht zu: OGH 7 Ob 328/01p (30.1.2002). 53 Zierl, Sachwalterrecht (Fn. 34), S. 55. 54 Vgl. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 47.

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Möglich wäre allenfalls ein Bote, der keinen eigenen Willen bildet, sondern nur die bereits getroffene Entscheidung des Geschäftsherrn überbringt. Dabei sind aber ebenfalls die Formvorschriften des § 3 ÜbertrittsV zu beachten. So hat der VwGH eine Austrittserklärung für rechtskonform und wirksam angesehen, die schriftlich abgefasst, von der austretenden Person eigenhändig unterfertigt und dann vom Seelsorger der Kirche, in welche die Person anschließend eingetreten ist, an die Bezirkshauptmannschaft übermittelt wurde.55

V. Eltern Ein Fall, in dem Dritte tatsächlich wirksam einen Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft vornehmen können, betrifft die Eltern, welche die gesetzliche Vertretung für ihre Kinder ausüben. Aber selbst hier unterliegt ein Austritt erschwerten Voraussetzungen.

1. Kollektivvertretung durch beide Elternteile Nach § 154 Abs. 1 ABGB ist grundsätzlich jeder Elternteil für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist. Davon sieht § 154 Abs. 2 ABGB aber Ausnahmen in besonders wichtigen Angelegenheiten vor. Zu diesen gehören Änderungen des Namens, der Religionszugehörigkeit, der Staatsbürgerschaft, die Übergabe in fremde Pflege und die Anerkennung der Vaterschaft sowie die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen bedürfen Vertretungshandlungen eines Elternteils zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen. Die Ausnahme, die der letzte Satz von § 154 Abs. 2 ABGB vorsieht, betrifft nur die Entgegennahme, aber nicht die Abgabe von Willenserklärungen. Die Zustimmung des einen Elternteils kann gleichzeitig mit der Vertretungshandlung des anderen Elternteils erfolgen oder ihr vorausgehen.56 Sie kann gegenüber dem handelnden Elternteil oder direkt gegenüber dem dritten Adressaten erklärt werden.57 Dieser kann aber auf jeden Fall einen Nachweis verlan___________ 55 Ein solches Botenverhältnis kann auch stillschweigend durch Übergabe des Schriftstücks an den Boten zustande kommen: VwGH 6485 (3.6.1911), in: VwSlg. 8292 A. 56 Vgl. Erich Feil / Karl-Heinz Marent, Familienrecht: Kommentar, Wien 2007, § 154, Rn. 3. 57 Gerhard Hopf, § 154 ABGB, Rn. 3, in: Koziol / Bydlinski / Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB (Fn. 51); Raphael Thunhart, § 154 ABGB, Rn. 6, in: Klang / Fucik, Kommentar zum ABGB (Fn. 51).

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gen.58 Solange die Zustimmung nicht vorliegt, ist der Rechtsakt schwebend unwirksam.59 Erst wenn sie feststeht, hat die Behörde also Gewissheit über die Rechtswirksamkeit der Austrittserklärung. Austrittsformulare für religionsunmündige Kinder, die nur ein Unterschriftsfeld für einen Elternteil enthalten, geben keine Sicherheit für die Wirksamkeit der Austrittserklärung. Das bisher Gesagte gilt dann, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Elternteilen zukommt. Seit dem KindRÄG 200160 ist in Österreich die gemeinsame Obsorge auch nach einer Scheidung möglich.61 Im Fall der Scheidung bleibt die Obsorge beider Elternteile zunächst ex lege aufrecht. Um sie auch weiterhin aufrecht zu erhalten, müssen die Eltern binnen angemessener Frist nach der Scheidung bei Gericht eine Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind künftig hauptsächlich aufhalten soll.62 Ist im Rahmen der Obsorge jedoch nur ein Elternteil vertretungsbefugt, so kann dieser in den Angelegenheiten des Abs. 2 selbstständig handeln.63 Dazu bedarf er auch nicht der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts.64 Aber selbst wenn ein Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist, bleiben ihm nach § 178 Abs. 1 ABGB bestimmte Informations- und Äußerungsrechte.65 Demnach muss er bei Maßnahmen gemäß § 154 Abs. 2 ABGB, wozu auch die Austrittserklärung gehört, so rechtzeitig informiert werden, dass er sich innerhalb einer angemessenen Frist dazu äußern kann.66 Die Äußerung kann, muss aber nicht ___________ 58

Hopf, § 154 (Fn. 57), Rn. 3. Thunhart, § 154 (Fn. 57), Rn. 6. 60 Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001, in: BGBl. I Nr. 135/2000. Das geplante KindRÄG 2012 könnte die gemeinsame Obsorge als Regelfall einführen, so dass Fälle von Alleinvertretung immer seltener würden. 61 Astrid Deixler-Hübner, Auswirkung der Entscheidung des EGMR zur Verletzung der Rechte unehelicher Väter auf die österreichische Rechtslage, in: ÖJZ 65 (2010) S. 141-143, 142. 62 Judith Barth-Richtarz / Helmuth Figdor, Was bringt die gemeinsame Obsorge? Studie zu den Auswirkungen des KindRÄG 2001, Wien 2008, S. 238. 63 Hopf, § 154 (Fn. 57), Rn. 3. 64 Thunhart, § 154 (Fn. 57), Rn. 7. 65 Vgl. zum Kirchenaustritt: LGZ Wien, 43 R 371/79 (30.4.1979), in: EF 33552. 66 Vgl. zur Namensänderung OGH 7 Ob 574/78 (11.5.1978) und zum Eintritt in eine Religionsgemeinschaft OGH 7 Ob 680/88 (20.10.1988). Dass Rechtsprechung und Lehre in § 178 Abs. 1 ABGB nur ein Auskunftsrecht auf Anfrage sehen, wie Höllwerth ausführt, dürfte sich auf regelmäßig wiederkehrende, anlassunabhängige Berichte beschränken (Johann Höllwerth, Das Informationsrecht nach § 178 ABGB. Darstellung eines Teilrechts der Eltern-Kind-Beziehung aus Anlass von 2 Ob 223/10y, in: EFZ 6 [2011] S. 164-171, 166 f.). Würde hingegen auch bei außerordentlichen Anlässen wie der Änderung des Namens, der Religionszugehörigkeit oder der Staatsbürgerschaft eine Informationspflicht nur auf Anfrage bestehen, so käme dies einer Aushöhlung des Informations- und Äußerungsrechts gleich, da der nicht-obsorgebrechtigte Elternteil in der Regel mit solchen Maßnahmen nicht rechnen muss und daher nicht verlangt werden kann, dass 59

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vor der Verwaltungsbehörde oder vor dem Gericht stattfinden.67 Sie ist dann zu berücksichtigen, wenn der vom nicht obsorgeberechtigten Elternteil ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.68 Ob dies der Fall ist, ist der Prüfung des obsorgeberechtigten Elternteils anheimgestellt.69 Zwar wird dem Elternteil, der nicht mit der Obsorge betraut ist, hiermit kein Zustimmungsrecht gewährt und die fehlende Anhörung hat auf die Rechtmäßigkeit der davon betroffenen Maßnahmen keinen Einfluss.70 Der Austritt ist also trotzdem wirksam. Dennoch muss festgehalten werden, dass damit ein gesetzlich gewährleistetes Recht verletzt wird. Der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil hat zwar weder eine Parteistellung noch eine Rechtsmittellegitimation.71 Er kann aber auf der Grundlage des § 176 Abs. 1 ABGB das Gericht anrufen,72 das Verfügungen zu treffen hat, sofern das Wohl des Kindes gefährdet ist.

2. Altersstufen Beim Austritt eines Minderjährigen aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist außerdem die Altersgrenze des Art. 4 InterkonfG zu beachten.73 Wenn der Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet hat, ist er religionsmündig, so dass es in der Religionsfrage keine gesetzliche Vertretung mehr gibt.74 Das bedeutet, dass ein Kirchenaustritt durch Dritte – nämlich die Eltern – dann nicht mehr möglich ist. Damit stimmt die Altersgrenze des § 5 RelKEG überein. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden (§ 5 RelKEG).75 In der Altersstufe zwischen zwölf und vierzehn Jahren müssen dem___________ er ständig „vorsichtshalber“ nachfragt, um nicht übergangen zu werden. Eine derartige Ansicht würde auch den oben zitierten OGH-Urteilen 7 Ob 574/78 und 7 Ob 680/88 widersprechen. 67 Vgl. KG St. Pölten, R 28/79 (14.2.1979), in: EF 33554; LGZ Wien, 43 R 371/79 (30.4.1979). Höllwerth, Informationsrecht (Fn. 66), S. 166 f. 68 OGH, 7 Ob 543/86 (22.5.1986). 69 Zur Namensänderung: KG St. Pölten, R 28/79 (14.2.1979), in: EF 33554. 70 LGZ Wien, 43 R 1126/96 y (28.1.1997), in: EF 84211 und 84212. 71 OGH, 7 Ob 680/88 (20.10.1988); OGH, 8 Ob 1519/93 (4.3.1993). 72 LGZ Wien, 43 R 371/79 (30.4.1979), in: ÖAKR 31 (1980) S. 290-292; OGH, 7 Ob 680/88 (20.10.1988). 73 Zur Entstehungsgeschichte: Josef Kremsmair, Der Gesetzesentwurf Schmerlings aus dem Jahr 1861 zur Regelung der interkonfessionellen Rechtsverhältnisse, in: ÖAKR 41 (1992) S. 71-85, 83 f. 74 OGH, 7 Ob 543/86 (22.5.1986); LGZ Wien, 42 R 160/05 y (14.6.2005), in: EF 111.439; Zierl, Entmündigung (Fn. 40), S. 535; Thunhart, § 154 (Fn. 57), Rn. 12. 75 Das Kind hat ein Zustimmungsrecht: Zierl, Entmündigung (Fn. 40), S. 539.

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nach, sofern beide Eltern obsorgeberechtigt sind, für einen Kirchenaustritt drei positive Willenserklärungen vorliegen. Es obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde, das Kind anzuhören und seine Zustimmung zu dem beabsichtigten Religionswechsel einzuholen.76 „Es ist daher notwendig, dass das Kind mit seinen Eltern vor der Verwaltungsbehörde erscheint, von dieser angehört und seine Zustimmung zu dem beabsichtigten Kirchenaustritt eingeholt wird. Diese Zustimmungserklärung erfolgt zweckmäßigerweise durch die eigenhändige Unterschrift des Religionsunmündigen der erwähnten Altersstufe in der Niederschrift. Auch dürfte eine Beurkundung durch den Beamten, der das Kind angehört hat, und demgegenüber er seine Zustimmung erklärt hat, ausreichend sein.“77 Hat das Kind das zehnte Lebensjahr vollendet, so ist es im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren über die Zustimmung zum Wechsel der Religion bei Uneinigkeit der Eltern (§ 2 Abs. 3 RelKEG) sowie im Rahmen der Festsetzung der religiösen Erziehung durch den Vormund (§ 3 RelKEG) zu hören.78 Seiner Äußerung muss jedoch nicht notwendigerweise gefolgt werden. Die Anhörung erfolgt hier nicht durch die Bezirksverwaltungsbehörde, welche die Meldung des Austritts entgegennimmt, sondern bereits zuvor durch das Vormundschaftsgericht.79

3. Unterschiede zwischen Elternschaft und Sachwalterschaft Nun drängt sich die Frage auf, warum die Eltern als gesetzliche Vertreter des Kindes dessen Religionszugehörigkeit bestimmen und verändern können, der Sachwalter für die besachwaltete Person aber nicht. In beiden Fällen ist der höchstpersönliche Charakter der Angelegenheit ausschlaggebend. Die Religionszugehörigkeit betrifft als Gewissensentscheidung das Innerste der Person und ist grundrechtlich geschützt. Nun geht die Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit nicht vom Pflegebefohlenen auf den Sachwalter über und zwar nicht einmal dann, wenn jener es nicht mehr selbst ausüben kann. Ebenso wenig können die Kinder es nach der Rechtsprechung des VfGH schon selbst ausüben.80 Auch die Eltern üben nicht anstelle der Kinder deren Grundrechte aus. Die Eltern sind aber selbst Träger entsprechender Grundrechte. Der höchstpersönliche Charakter bedeutet, dass die Eltern dort, wo sie durch Gesetz ermäch___________ 76

Vgl. Georg Gaisbauer, Zum Verfahren betreffend Kirchenaustritt, in: ÖGZ 48 (1982) S. 392-394, 394. 77 Ebd. 78 Vgl. Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 333. 79 Vgl. Gaisbauer, Kirchenaustritt (Fn. 76), S. 394. 80 VfGH B 442 u. a. (16.5.1927), in: VfSlg. 799.

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tigt sind, nicht die Religionsfreiheit des Kindes, sondern ihre eigene betätigen.81 Soweit die Eltern die religiöse Erziehung ihrer Kinder bestimmen, üben sie nicht die Glaubens- und Gewissensfreiheit ihres Kindes, sondern ihre eigene aus.82 Die Bestimmung des Religionsbekenntnisses ihrer Kinder ist Teil ihres eigenen Rechts auf Religionsfreiheit und Inhalt ihres Rechts, die Kinder gemäß den eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen zu erziehen (Art. 2 1.ZPMRK83). Darin unterscheiden sie sich signifikant von einem Sachwalter.84 Den Eltern können in dieser Hinsicht die Großeltern, Pflegeeltern oder andere mit denselben Aufgaben betraute Personen gleich gestellt sein, wie im folgenden Abschnitt ausgeführt wird. Auch diese Personen können damit Träger der entsprechenden Grundrechte werden.85 Auf einen Sachwalter hingegen ist diese Argumentation nicht übertragbar, weil er gegenüber dem Pflegebefohlenen keine Erziehungsaufgabe hat und seine Religionsfreiheit überhaupt nicht berührt ist, falls der Pflegebefohlene eine andere Religionszugehörigkeit besitzt. Wenn die Eltern ihre Rechte wahrnehmen, verletzen sie nicht die Rechte des Kindes.86 Da das Kind aber mit zunehmendem Alter sein Recht auf Religionsfreiheit allmählich mehr ausüben kann, sieht das RelKEG verschiedene Altersstufen vor, in denen das Bestimmungsrecht der Eltern schrittweise zurücktritt.87 In höherem Alter würde es einen Verstoß gegen die Religionsfreiheit der Kin-

___________ 81

VfGH B 399, B 437/26 (16.5.1927), in: VfSlg. 800; VfGH B122/67 (9.10.1967), in: VfSlg. 5583; Hans Klecatsky, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Rechtsstellung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, in: Rudolf Machacek / Willibald Pahr / Gerhard Stadler (Hrsg.), 40 Jahre EMRK. Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. II: Wesen und Werte, Kehl 1992, S. 489-505, 493. 82 Vgl. Rudolf Thienel, Religionsfreiheit in Österreich, in: Gerrit Manssen / Boguslaw Banaszak (Hrsg.), Religionsfreiheit in Mittel- und Osteuropa zwischen Tradition und Europäisierung, Frankfurt 2006, S. 35-75, 46; Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 28. 83 Europäische Menschenrechtskonvention (Erstes Zusatzprotokoll), in: BGBl. Nr. 210/1958. 84 Der VfGH stellte eine Verletzung der Gewissensfreiheit der Eltern fest, wenn sie die Kinder in einem Glauben erziehen müssen, den sie nicht für richtig halten: VfGH B352/26, A 339/26 (16.5.1927), in: VfSlg. 797; VfGH B 42/28 (11.5.1929), in: VfSlg. 1206. 85 VfGH. B 399, B 437/26 (16.5.1927), in: VfSlg. 800, zu Art. 14 StGG: „Eltern und Erziehungsberechtigte“; vgl. dazu Christoph Grabenwarter, Artikel 14 StGG, 7. Lfg. (2005), Rn. 11, in: Karl Korinek / Michael Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar, Bd. III Grundrechte, Wien 2007. 86 So verletzt z. B. eine Taufe im Kindesalter die Rechte nach Art. 9 und 10 EMRK nicht: EKMR Nr. 2525/65, X/Island (6.2.1967). 87 Vgl. Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 324.

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der bedeuten, wenn die Eltern durch Zwang in die konfessionelle Einstellung ihrer Kinder eingreifen wollen.88 Außer der Religionszugehörigkeit stellen noch einige andere der in § 154 Abs. 2 ABGB genannten Materien höchstpersönliche Aufgaben der Eltern dar, nämlich die Namensgebung und der Erwerb bzw. der Verlust der Staatsangehörigkeit.89 „Die Wichtigkeit dieser Entscheidungen und der Umstand, dass sie zwangsläufig auf individuellen persönlichen, weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen beruhen, macht ihre Übertragung an Dritte unzulässig.“90 Sowohl bei der gesetzlichen Vertretung durch die Eltern als auch bei der Sachwalterschaft und bei der gewillkürten Stellvertretung kommt also derselbe rechtliche Grundsatz zum Tragen: aufgrund des höchstpersönlichen Charakters scheidet eine Delegation an Dritte aus. Auch die Eltern können dieses Recht nämlich nicht auf einen Dritten übertragen. Das zeigt sich beispielsweise in dem Fall, dass für die Eltern ein Sachwalter bestellt ist. Sie verlieren damit die gesetzliche Vertretung für das Kind, ohne dass diese auf den Sachwalter überginge.91 Da das Kind somit unvertreten ist, sind Pflegeeltern zu bestellen, denen die Obsorge zur Gänze übertragen wird.92 Was für Pflegeeltern im Hinblick auf einen Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft gilt, ist im folgenden Abschnitt zu untersuchen.

4. Pflegeeltern Die Obsorge umfasst nach § 144 ABGB die folgenden vier Bereiche: Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung und Vertretung.93 Diese Bereiche können in verschiedenen Konstellationen unterschiedlichen Personen zustehen.94 Nach § 186a Abs. 1 ABGB kann das Gericht Pflegeeltern auf ihren Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise übertragen. Nach der Judikatur kommt ___________ 88

VfGH B 399, B 437/26 (16.5.1927), in: VfSlg. 800. Vgl. Martin Stefula / Raphael Thunhart, Die Ausübung der elterlichen Obsorge durch Dritte. Zulässigkeit und Grenzen der Delegierung elterlicher Rechte und Pflichten, in: iFamZ 4 (2009) S. 70-80, 72. 90 Ebd. 91 Vgl. OGH, 7 Ob 185/02k (30.10.2002): Das Revisionsgericht, dem der OGH folgt, führte aus: Die Sachwalterin der Mutter ist nicht dazu berufen, auch die höchstpersönlichen Rechte der Obsorge und damit die Angelegenheiten des Minderjährigen zu besorgen. 92 Ebd. 93 Vgl. Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 326. 94 LGZ Wien 44 R 3277/86 (14.6.1986), in: EF 53874; vgl. Franz Gschnitzer / Christoph Faistenberger, Österreichisches Familienrecht, Wien 1979, S. 117. 89

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die Übertragung der gesamten Obsorge nur in Ausnahmefällen in Betracht.95 Sie scheidet aus, wenn dem Wohl des Kindes auch durch die Übertragung bloß einzelner Rechte und Pflichten wie etwa von Pflege und Erziehung entsprochen werden kann.96 § 14 JWG definiert Pflegekinder als Minderjährige, die von dritten Personen gepflegt und erzogen werden. Es ist daher in der Regel anzunehmen, dass tatsächlich nur diese Rechte übertragen werden. Nun ist zu prüfen, ob die Änderung der Religionszugehörigkeit zum Bereich der Erziehung oder zum Bereich der Vertretung gehört. Die religiöse Kindererziehung ist im Innenverhältnis nach den Bestimmungen des RelKEG ein Ausfluss des allgemeinen Rechts auf Pflege und Erziehung;97 die Erklärung des Austritts ist hingegen eine Vertretungshandlung, die dem gesetzlichen Vertreter zusteht, also das Außenverhältnis betrifft.98 Im ersten Fall handelt es sich um ein zivilrechtliches Verhältnis zwischen den Eltern bzw. den Personen, denen die Erziehung zukommt, und den Kindern.99 Im zweiten Fall handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung gegenüber einer Verwaltungsbehörde, die ein Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur beendet.100 Die gesetzliche Vertretung für diesen öffentlich-rechtlichen Akt richtet sich nach § 9 AVG, der auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts verweist. Die einschlägige zivilrechtliche Vorschrift über die Vertretung bei Austrittserklärungen ist § 154 Abs. 2 ABGB. Das RelKEG ist hingegen allenfalls soweit einschlägig, als es im Wege der Analogie herangezogen werden kann, wo eine Vertretungsregelung fehlt.

___________ 95

OGH 2 Ob 295/97i (9.10.1997), in: EvBl 1998/37. LGZ Wien 43 R 234/90 (25.4.1990), in: EF 62973; OGH 7 Ob 577/91 (4.9.1991), in: EvBL. 1991/200; vgl. Andrea Haberl, § 186a, in: Michael Schwimann (Hrsg.), ABGB Praxiskommentar, Bd. 1, Wien 32005, Rn. 3; Feil / Marent, Familienrecht (Fn. 56), Rn. 2. 97 Vgl. LGZ Wien, 43 R 18, 169/94 (15.2.1994), in: EF 76.659. 98 Vgl. Hopf, § 154 (Fn. 57), Rn. 5; Thunhart, § 154 (Fn. 57), Rn. 11. 99 Für Streitigkeiten ist das Vormundschaftsgericht zuständig. Vgl. OGH 1 Ob 158/51 (4.4.1951), in: SZ 24/92/1951. 100 Strittige Rechtsverhältnisse, die sich daraus ergeben, sind im verwaltungsbehördlichen Instanzenzug zu klären. Der VwGH stellte klar, dass auf dem Gebiet des RelKEG das Gericht und nicht die Kultusaufsichtsbehörde zuständig ist, wohingegen die Verwaltungsbehörde einen Feststellungsbescheid über die Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit der Kinder zu einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft nach staatlichem Recht erlassen kann: VwGH 1914/55 (25.2.1957), in: VwSlg. 4290 (A). Höslinger ist insofern beizupflichten, als die Aufgabe einer Religionszugehörigkeit im Außenverhältnis immer eines Formalaktes gemäß § 6 InterkonfG bedarf und nie nur nach den Bestimmungen des RelKEG oder gar konkludent erfolgen kann: Robert Höslinger, Religionszugehörigkeit und religiöse Kindererziehung. Bemerkungen zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, in: ÖAKR 3 (1952) S. 89-95, 94. 96

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Diese Differenzierung tritt nicht in allen Darstellungen deutlich hervor.101 Gewiss besteht zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis grundsätzlich insofern Übereinstimmung, als auch das RelKEG von der Einigung beider Elternteile ausgeht (§ 1) und für eine Änderung die Zustimmung des anderen verlangt (§ 2 Abs. 2). Dennoch sind die Bestimmung der religiösen Erziehung einerseits und die Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kirche oder Religionsgesellschaft andererseits nicht ident. „Die Bestimmung über die Kirchenzugehörigkeit schließt zwar prinzipiell die Bestimmung über die religiöse bzw. weltanschauliche Erziehung in sich (unabhängig davon, ob faktisch eine entsprechende religiöse Kindererziehung folgt oder nicht), aber eine nachträgliche Änderung der religiösen oder weltanschaulichen Erziehung alleine bewirkt staatlich noch keine Änderung der Kirchenzugehörigkeit.“102 § 154 Abs. 2 ABGB zählt die Ein- bzw. Austrittserklärung eindeutig zu den Vertretungshandlungen. Das LGZ Wien differenziert klar: „Das Religionsbestimmungsrecht im Innenverhältnis ist nach § 1 RelKEG ein Ausfluss des Rechtes auf Pflege und Erziehung. Die Erklärung des Eintrittes bzw. Austrittes in oder aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist eine Vertretungshandlung, die dem gesetzlichen Vertreter zusteht, betrifft demnach das Außenverhältnis.“103 Im urteilsgegenständlichen Fall lagen sowohl das Erziehungs- als auch das Vertretungsrecht allein bei der Mutter. Sie konnte daher sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis allein bestimmen, aus welcher Religion das Kind austritt und in welche es eintritt. Nademleinsky führt zum Ein- bzw. Austritt eines Kindes aus: „Steht einem Elternteil die Pflege und Erziehung, nicht jedoch die gesetzliche Vertretung des Kindes darin zu, so kann er zwar im Innenverhältnis die religiöse Erziehung des Kindes (mit)bestimmen, im Außenverhältnis sind ihm jedoch die Hände gebunden.“104 Nichts anderes kann für Pflegeeltern gelten, denen nur die Pflege und Erziehung, aber nicht die Außenvertretung zukommt. Sind einer Person also nur die Rechte der Pflege und Erziehung übertragen worden, kann sie einen Kirchenaustritt nicht rechtswirksam erklären. Die Übertragung der gesamten Obsorge an Pflegeeltern kommt nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel der Förderung des Kindeswohls in Betracht.105 Selbst in diesem Fall bleiben den leiblichen Eltern die Informations- und An___________ 101 Z. B. Inge Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien 1971, S. 103; Gaisbauer, Kirchenaustritt (Fn. 76), S. 392; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), S. 20r u. 24v; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 136. 102 Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 34. 103 LGZ Wien 43 R 547/90 (13.9.1990), in: EF 62818. 104 Marco Nademleinsky, § 154 ABGB, in: Schwimann, ABGB (Fn. 96), Rn. 8. 105 OGH 2 Ob 295/97i (9.10.1997), in: EvBl 1998/37.

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hörungsrechte gemäß § 178 ABGB,106 wie sie oben bereits beschrieben wurden. Die Pflegeeltern müssen sie also informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung geben. Andere mit der Obsorge betraute Personen, die weder Eltern noch Großeltern oder Pflegeeltern sind, bedürfen in den Angelegenheiten des § 154 Abs. 2 ABGB zusätzlich der Genehmigung des Gerichts (§ 216 Abs. 1 i. V. m. § 187 ABGB).107 Andernfalls sind die Vertretungshandlungen außer bei Gefahr im Verzug unzulässig und unwirksam. Bei einem Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist Gefahr im Verzug jedoch kaum vorstellbar.

VI. Kirchenaustritt auf elektronischem Weg 1. Grundsatz der Formfreiheit Anträge können nach § 13 Abs. 2 AVG rechtswirksam in jeder technisch zulässigen Form und daher auch per E-Mail, über sonstige Formen des Internets oder mobile Technologien wie SMS oder WAP eingebracht werden.108 Nach dem AVG ist ein schriftliches Anbringen, das keine eigenhändige Unterschrift enthält, nicht unwirksam.109 Dementsprechend müssen schriftliche Anbringen, die auf elektronischem Weg eingebracht werden, in der Regel keine elektronische Signatur enthalten.110 Es besteht jedoch keine Pflicht der Behörde, jede Form des elektronischen Verkehrs zuzulassen, und damit kein Anspruch des Einschreiters auf eine bestimmte Form der Kommunikation.111 § 13 Abs. 2 AVG steht unter dem Vorbehalt der jeweils vorhandenen technischen Möglichkeiten.112 Außerdem kann ___________ 106

Peter Barth / Matthias Neumayr, § 186a ABGB, in: Klang / Fucik, Kommentar zum ABGB (Fn. 51), Rn. 10. 107 Vgl. Hopf, § 154 (Fn. 57), Rn. 5; Michael Schwimann, § 187 ABGB, in: ders., ABGB (Fn. 96), Rn. 2; Thunhart, § 154 (Fn. 57), Rn. 7. 108 Gerald Anselm Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht, in: JRP 10 (2002) S. 110125, 111; Wolfgang Steiner, Die elektronische Verfahrensführung nach dem AVG. Rechtsfragen und praktische Probleme, in: Oliver Plöckinger / Dieter Duursma / Michael Mayrhofer (Hrsg.), Internet-Recht. Beiträge zum Zivil- und Wirtschaftsrecht, Öffentlichen Recht, Strafrecht. Für Studium und Praxis, Wien 2004, S. 279-298, 283. 109 Vgl. Johannes Hengstschläger / David Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 1. Bd.: §§ 1-36 AVG, Wien 2004, § 13, Rn. 7; Steiner, Verfahrensführung (Fn. 108), S. 284. Zum Entfall des Unterschriftserfordernisses wegen automationsunterstützter Kommunikation vgl. Martin Köhler, Aktuelle Rechtsprechung des VwGH zum Verwaltungsverfahren. Verkehr zwischen den Parteien und Behörden, in: ÖJZ 62 (2007) S. 561-571, 563. 110 Vgl. ebd.; Steiner, Verfahrensführung (Fn. 108), S. 282. 111 Wolfgang Hauer / Otto Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Wien 62003, S. 275. 112 Vgl. Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 108), S. 111.

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zum Beispiel eine bestimmte E-Mail-Adresse als einzige Einlaufadresse vorgegeben113 oder der E-Mail-Verkehr zugunsten von Web-Formularen zur Gänze ausgeschlossen werden.114 Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens muss die Behörde die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist als zurückgezogen gilt (§ 13 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 AVG). Bei elektronischem Anbringen kann dieser Mangel mit Hilfe der elektronischen Signatur behoben werden, mit der sowohl die Identität als auch die Authentizität sichergestellt sind.115

2. Spezielle Formvorschriften Das bisher zur Formfreiheit von Anbringen Gesagte gilt jedoch nur, „soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist“ (§ 13 Abs. 1 AVG). Nun ist die ÜbertrittsV aber eine solche Vorschrift, die für den Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft eine besondere Form festlegt und gegenüber § 13 AVG somit eine lex specialis darstellt. § 3 ÜbertrittsV kennt zwei mögliche Formen für eine Austrittserklärung. Entweder muss die Meldung bei der Behörde mündlich zu Protokoll gegeben oder in einem an diese gerichteten, mit der Unterschrift des Austretenden versehenen Schriftstück niedergelegt sein.116 Während die allgemeine Vorschrift des § 13 AVG also für schriftliche Anbringen keine Unterschrift verlangt und nur bei Zweifeln gemäß Abs. 4 eine solche nachzuholen ist, schreibt die spezielle Norm des § 3 ÜbertrittsV für die ___________ 113

Das dient dazu, dem Problem von Spams und Viren bzw. der Abwesenheit einzelner Mitarbeiter zu begegnen. Vgl. Robert Hink / Christian Rupp / Peter Parycek / Harald Pirker, E-Government in Gemeinden. Vom E-Formular zum E-Bescheid, Wien 2010, S. 26. 114 Regierungsvorlage zu Bundesgesetzblatt I 10/2004 = NR: GP XXII RV 252 AB 382 S. 46. Vgl. Hink / Rupp / Parycek / Pirker, E-Government (Fn. 113), S. 26; Robert Walter / Heinz Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Wien 92011, Rn. 154/1; Gerhart Wielinger, Einführung in das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht, Graz 122010, Rn. 60. 115 Ralf Blaha, Das E-Government-Gesetz, die E-Procurement-Verordnung und das elektronische Vergabeverfahren, in: RPA 4 (2004) S. 227-232, 228; Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 108), S. 112; Hengstschläger / Leeb, Kommentar (Fn. 109), § 13, Rn. 23; Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 158. 116 Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass selbst bei der mündlichen Form eine Niederschrift anzufertigen ist (§ 14 Abs. 1 AVG), die vom Austretenden unterfertigt werden muss (§ 14 Abs. 5 AVG): Georg Gaisbauer, Zweifelsfragen bei der Entgegennahme und Bearbeitung von Kirchenaustrittserklärungen, in: ÖGZ 50 (1984) S. 98100, 98.

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Schriftform in jedem Fall die Unterschrift des Austretenden vor. Nun ersetzt117 im elektronischen Rechtsverkehr die qualifizierte elektronische Signatur das rechtliche Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift (§ 4 Abs. 1 SigG118).119 Das ist eine fortgeschrittene Signatur, die auf einem qualifizierten Zertifikat beruht und von einer sicheren Signaturerstellungseinheit erstellt wird (§ 2 Abs. 3a SigG). Diese Funktion wird jetzt auch von der Bürgerkarte erfüllt (§ 4 Abs. 1 E-GovG120).121 Durch den elektronischen Ausweis der Bürgerkarte werden „bestimmte elektronische Verfahren überhaupt erst möglich“.122 Die einfacheren Verwaltungssignaturen, die nicht alle Voraussetzungen einer qualifizierten elektronischen Signatur genügen, durften höchstens noch bis 31.12.2012 verwendet werden (§ 25 Abs. 3 E-GovG).123 Die Annahme, dass die qualifizierte elektronische Signatur auch der in § 3 ÜbertrittsV verlangten Unterschrift der Austrittserklärung gleichzuhalten ist, ___________ 117

Man kann also eine unterschriftslose elektronische Austrittserklärung nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass die ÜbertrittsV aus dem Jahr 1867 auf die Erfordernisse der modernen Kommunikation naturgemäß noch nicht eingehen konnte, denn genau diesem Problem schafft die Substituierbarkeit der eigenhändigen Unterschrift durch die elektronische Signatur Abhilfe. Im Übrigen gab es 1867 bereits die Möglichkeit der schriftlichen Kommunikation mittels Telegrafen und ein Urteil des OGH aus demselben Jahr stellt fest, dass dieses Mittel für Anzeigen, Mitteilungen und Eingaben an die k.-k. Behörden nicht ausgeschlossen ist: OGH 8691 (30.10.1867), in: Julius Glaser / Josef Unger, Sammlung von Civilrechtlichen Entscheidungen, Bd. 6, Wien 1873, Nr. 2898, S. 196. Gerade vor diesem Hintergrund wird aber deutlich, dass das Unterschriftserfordernis des § 3 ÜbertrittsV nicht in Unkenntnis moderner Kommunikationsmedien, die keine eigenhändige Unterschrift ermöglichen, sondern trotz diesen festgelegt wurde. 118 Bundesgesetz über elektronische Signaturen, in: BGBl. I Nr. 190/1999 i. d. F. BGBl. I Nr. 59/2008. 119 Vgl. Christoph Brenn, Das Signaturgesetz, in: Erich Schweighofer / Thomas Menzel, E-Commerce und E-Government: aktuelle Fragestellungen der Rechtsinformatik – e-commerce and e-government: current questions in legal informatics, Wien 2000, S. 43-50, 46; Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 108), S. 112; Thomas Menzel, Elektronische Signaturen im Geschäftsverkehr, in: JAP 12 (2001) S. 181-187, 183 u. 185; Steiner, Verfahrensführung (Fn. 108), S. 285; Gudrun Trauner, E-Government, S. 336, at: http://www.vwrecht.jku.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Trauner/EGovernment/E-Government.pdf (1.1.2012). 120 Bundesgesetz über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Government-Gesetz), in: BGBl. I Nr. 10/2004 i. d. F. BGBl. I Nr. 125/2009. 121 Herwig Hauenschild, E-Government. Kommunikation zwischen Bürger und Behörde via Internet, in: JAP 15 (2004/2005) S. 89 f., 90; Thomas Menzel, Zusätzliche Normen für e-Government?, in: Erich Schweighofer / ders. / Günther Kreuzbauer / Doris Liebwald (Hrsg.), Zwischen Rechtstheorie und e-Government. Aktuelle Fragen der Rechtsinformatik, Wien 2003, S. 103-111, 106-108. 122 Hink / Rupp / Parycek / Pirker, E-Government (Fn. 113), S. 28. 123 Vgl. Wolfgang Fasching / Walter Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht im Überblick, Wien 42009, S. 125.

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setzt allerdings voraus, dass die Unterschriftenfiktion des Signaturgesetzes von genereller Bedeutung in der gesamten österreichischen Rechtsordnung ist und nicht nur dort Platz greift, wo das Zivilrecht Schriftlichkeit im Sinne einer handschriftlichen Unterschrift erfordert – eine Annahme, die nicht durchgehend bejaht wird.124 Sind schriftliche Anbringen mangelhaft, so hat die Behörde deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels auftragen (§ 13 Abs. 3 AVG). Nach § 3 ÜbertrittV muss der Austretende, wenn den Formerfordernissen nicht entsprochen wurde, zur Ergänzung des Fehlenden vorgeladen werden.

3. Ein in der Rechtsordnung mehrfach wiederkehrendes Prinzip Dass in besonders heiklen Bereichen die einfache elektronische Form ohne qualifizierte elektronische Signatur nicht genügt, ist ein Prinzip, das an vielen Stellen der Rechtsordnung und bei mehreren Verfahrenstypen zu Tage tritt. So sind von § 13 AVG abweichende, besondere Formvorschriften des Öfteren in den Verwaltungsvorschriften enthalten.125 Zum Beispiel muss der Antrag auf Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nach § 24 Abs. 4 StBG126 schriftlich und unterfertigt sein. Angebote bei öffentlichen Ausschreibungen müssen unter Angabe des Datums durch rechtsgültige Unterschrift bestätigt werden (§ 107 Abs. 4 BVergG127). Als Alternative hierzu können Angebote auch rein elektronisch eingebracht werden, doch bedürfen sie dann entsprechend einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 114 BVergG). Das dient dazu, nachträgliche Manipulationen zu vermeiden. Blickt man über das Verwaltungsverfahren hinaus auf den Zivilprozess128 (§ 75 Z. 3 ZPO129 und § 5 Abs. 1a ERV130) und den Strafprozess131 so stellt ___________ 124

Verneinend für das Gebührenrecht: Gustav Walzel, Signaturgesetz und gebührenrechtlicher Unterschrift. Greift die Unterschriftenfiktion des Signaturgesetzes auch im Gebührengesetz? in: SWK 76 (2001) S. 326-329, 328. 125 Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 155. 126 Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft, in: BGBl. Nr. 311/1985, i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2011. 127 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen, in: BGBl. I Nr. 17/2006, i. d. F. BGBl. II Nr. 433/2011. 128 Auch wenn die E-Mail dem OGH zufolge nicht völlig unbeachtlich ist, muss die Eingabe doch nachträglich verbessert werden: OGH 10 Ob 28/11g (31.5.2011). Dabei zeigt der Vergleich zwischen ZPO und AVG, dass der Gesetzgeber, wo er E-Mails zulassen will, dies ausdrücklich sagt: Edwin Gitschthaler, E-Mail für den Richter – Ich erhebe Berufung! Zugleich eine Besprechung der E 10 Ob 28/11g, in: EF-Z 6 (2011) S. 174-176, 174.

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man fest, dass Schriftsätze dort generell einer Unterschrift bedürfen und daher nicht via E-Mail, sondern allenfalls mit einer elektronischen Signatur eingebracht werden können.132 Dasselbe gilt für das Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, nämlich dem VwGH (§ 24 Abs. 2 VwGG133)134 und dem VfGH (§ 17 Abs. 2 VerfGG135). Die Vollmacht, die der Rechtsanwalt nachzuweisen hat, muss die Unterschrift des Vollmachtgebers enthalten, da sonst mit einem Mängelbehebungsauftrag vorgegangen wird.136 Diesen Beispielen kann der Grundsatz entnommen werden, dass die Rechtsordnung überall dort, wo eine eigenhändige Unterschrift vorgeschrieben ist, eine bloße E-Mail nicht genügen lässt, sondern zumindest eine elektronische Signatur verlangt. Im elektronischen Verkehr mit Auftraggebern des öffentlichen Bereichs – also insbesondere mit Verwaltungsbehörden im Rahmen der Hoheitsverwaltung – dürfen Zugriffsrechte auf personenbezogene Daten, an welchen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse nach DSG137 besteht, nur eingeräumt werden, wenn die eindeutige Identität desjenigen, der zugreifen will, und die Authentizität seines Ersuchens nachgewiesen sind (§ 3 Abs. 1 E-GovG). Dieser Nachweis muss in elektronisch prüfbarer Form erbracht werden (ebd.). Bei der Austrittserklärung geht es zwar nicht um ein derartiges Zugriffsrecht, doch greift derselbe Schutzgedanke durch. Denn religiöse und philosophische Über___________ 129 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung), in: RGBl. Nr. 113/1895, i. d. F. BGBl. I Nr. 108/2011. 130 Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr, in: BGBl. II Nr. 481/2005, i. d. F. BGBl. II Nr. 220/2011. 131 Vgl. OLG Linz 9Bs49/08g (18.2.2008). 132 Das Unterschriftserfordernis des § 75 Z. 3 ZPO könnte Gitschthaler zufolge bei E-Mails gemäß § 4 SigG durch eine elektronische Signatur ersetzt werden, doch verweist er darauf, dass Eingaben mittels E-Mail schon wegen § 5 Abs. 1a ERV von vornherein unzulässig sind: Edwin Gitschthaler, § 75 ZPO, in: Walter Rechberger (Hrsg.), Kommentar zur ZPO, Wien 32006, § 74, Rn. 15 und § 75, Rn. 6. 133 Verwaltungsgerichtshofgesetz, in: BGBl. Nr. 10/1985 i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2010. 134 Vgl. VwGH 2010/03/0103 (30.09.2010). 135 Verfassungsgerichtshofgesetz, in: BGBl. Nr. 85/1953 i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2010. 136 Rudolf Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof, Wien 62008, S. 34. Beschwerden an den VwGH und an den VfGH müssen grundsätzlich von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Einer elektronischen Ausgestaltung sind solche Beschwerden nicht zugänglich, wenn sie keine der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellte sichere elektronische Signatur aufweisen: Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 108), S. 118. Das Einbringen per E-Mail zieht wegen der fehlenden Originalunterschrift ein Behebungsverfahren nach sich: Mathis Fister, Praktisches Verwaltungsverfahrensrecht. Mit dem Verfahrensrecht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, Wien 2011, S. 107. 137 Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten, in: BGBl. I Nr. 165/ 1999 i. d. F. BGBl. I Nr. 112/2011.

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zeugungen gehören zu den gemäß § 4 Z. 2 DSG besonders schutzwürdigen personenbezogenen Daten. Steht die Identität des Einschreiters nicht fest, so besteht die Gefahr, dass die Verständigung an den Austretenden (§ 5 ÜbertrittsV) oder die Mitteilung an die verlassene Kirche oder Religionsgesellschaft (Art. 6 InterkonfG) nicht den richtigen Adressaten zugehen und damit sensible personenbezogene Daten in falsche Hände geraten.138 Selbst wenn die elektronische Austrittsmeldung eine qualifizierte Signatur enthält, bleibt ein Problem bestehen. Nach dem Rundschreiben des Kultusamtes vom April 2005139 muss der Austretende nämlich einen Nachweis darüber erbringen, welcher Kirche oder Religionsgesellschaft er bisher angehört hat (Nr. I.). Dieser Nachweis ist durch einen Taufschein oder andere Belege im Original zu erbringen. Auf elektronischem Weg kann ein Original aber nicht beigebracht werden, es sei denn, es handelt sich um ein elektronisches Original. Der elektronische Datennachweis140 gemäß §§ 16-18 E-GovG scheidet hier aber aus, weil es sich durchwegs um kirchliche Dokumente handelt, die in den staatlichen elektronischen Registern nicht gespeichert sind und nur in Papierform erstellt werden.

VII. Rechtsfolgen und Rechtsschutz 1. Unwirksamkeit als Rechtfolge Nach Art. 6 InterkonfG tritt die gesetzliche Wirkung des Austritts nur ein, wenn der Austretende ihn der politischen Behörde meldet.141 In den oben beschriebenen Fällen, die mit Mängeln behaftet waren, kann der Rechtsakt nicht wirksam werden. Wenn beide Eltern obsorgeberechtigt sind und die Zustimmung des anderen fehlt, ist der Austritt schwebend unwirksam. Allgemein kann man mit Schwendenwein aus Art. 4-6 InterkonfG ableiten, dass die Freiwilligkeit Gültigkeitsbedingung für die Austrittserklärung ist.142 ___________ 138 Vgl. Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 158: Die Behörde darf Nachweise über Identität und Authentizität nur verlangen, wenn dies aufgrund des Gegenstandes des Ansuchens erforderlich ist. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn es um personenbezogene Daten gilt. 139 Fn. 13. 140 Vgl. Fasching / Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 123), Rn. 126; Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 155. 141 Dagegen ist die Wirksamkeit der Austrittserklärung nicht auch von der Beobachtung dieser der Behörde obliegenden Verfügungen abhängig gemacht. Die Anordnung der Verständigung der Kirche oder Religionsgesellschaft hat nämlich nur die Bedeutung einer Formvorschrift: OGH Ob III 46/26 (26.1.1926), in: SZ 8/34. 142 Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 79.

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Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit schützt sowohl den vermeintlich Ausgetretenen als auch die Kirche oder Religionsgesellschaft vor unbefugten Handlungen Dritter bzw. vor Fehlern der Behörde, denn der Betroffene bleibt in Wirklichkeit trotzdem Mitglied der jeweiligen Gemeinschaft. Dennoch muss man sich die Frage stellen, wie die Unwirksamkeit des Vorgangs, die ja zunächst oft unentdeckt bleibt, rechtlich festgestellt und geltend gemacht werden kann. Nach § 5 ÜbertrittsV kann die schriftliche Verständigung an den Austretenden unterbleiben, wenn darauf verzichtet wurde.143 Dieser Verzicht erfolgt nicht selten, um die Gebühr für eine derartige Bestätigung zu sparen. Ohne Verständigung erfährt der vermeintlich Ausgetretene aber nichts von dieser Handlung, die ein Dritter gesetzt hat, und kann daher auch nicht dagegen vorgehen. Selbst wenn er eine Verständigung erhält oder auf anderem Weg davon erfährt, kann es sein, dass er den Akt über sich ergehen lässt, weil er in Unkenntnis der Rechtslage meint, der Dritte – etwa sein Sachwalter – habe diesen Akt tatsächlich wirksam setzen können. Bei zwei obsorgeberechtigten Elternteilen kann es vorkommen, dass der eine, der dem Austritt des Kindes nicht zustimmt, nichts gegen die Meldung des anderen unternimmt, weil er meint, dieser sei für die Kinder allein vertretungsbefugt. In einer konfliktreichen Beziehung zwischen den Eltern kann das Instrument des Austritts auf diese Weise leicht zu einer Waffe werden, um den anderen zu kränken. Gerade das sollte aber durch die Kollektivvertretung des § 154 Abs. 2 ABGB verhindert werden. Manchmal werden mit dem Austritt verbundene Mängel erst dann entdeckt, wenn die verlassene Kirche oder Religionsgesellschaft, welcher die Behörde den Austritt gemäß Art. 6 InterkonfG anzuzeigen hat, mit der betroffenen Person Kontakt aufnimmt. Eine derartige Kontaktaufnahme ist im Bereich der katholischen Kirche nun gemäß der Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt144 generell vorgeschrieben. Welche Vorgangsweise kann in solchen Fällen empfohlen werden?

___________ 143 Ein solcher Verzicht darf nach § 5 ÜbertrittsV aber nur stattfinden, wenn die Identität der Partei nachgewiesen wurde. Hier ist also ein gewisser Schutzmechanismus eingebaut, der allerdings nur dann greift, wenn der Mangel des Austritts auf einer falschen Identität beruht, aber nicht wenn ein unbefugter Dritter den Austritt für eine Person erklärt hat, deren Identität an sich fest steht. 144 ÖBK, Erklärung zum Kirchenaustritt, v. 1.10.2007 (Fn. 5).

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2. Verfahrensrechtliche Schritte Nach der Erklärung145 der Österreichischen Bischofskonferenz hat der Ausgetretene die Möglichkeit, den Austritt binnen drei Monaten zu widerrufen, ohne dass innerkirchliche Rechtswirkungen eintreten. Diese relativ einfache Möglichkeit scheint sich anzubieten, ist aber rechtlich nicht korrekt. Sie würde nämlich implizieren, dass der Austritt tatsächlich wirksam gesetzt wurde. Da er aber nicht wirksam zustande gekommen ist, gibt es keinen Akt, der widerrufen werden könnte. Man hat es hier nicht mit einem Menschen zu tun, der seine einmal getroffene Entscheidung bereut und daher ändern möchte, sondern mit einem Menschen, der nie einen Entschluss zum Verlassen der Kirche gesetzt hat. Eine direkte Anfechtung des Austritts ist aufgrund der österreichischen Rechtslage nicht möglich. Weder die Verständigung an den Austretenden gemäß § 5 ÜbertrittsV noch die Mitteilung der Anzeige an die verlassene Kirche oder Religionsgesellschaft gemäß Art. 6 InterkonfG haben Bescheidcharakter.146 Die Entgegennahme der Austrittserklärung stellt sich nämlich nicht als Verfügung oder hoheitliche Willensentscheidung dar.147 Das Vorliegen eines Bescheides wäre aber die Voraussetzung für das Einlegen einer Berufung (vgl. § 63 AVG). Andererseits kann die Entgegennahme der Erklärung mangels Bescheidcharakter auch nicht in Rechtskraft erwachsen.148 Hingegen hat die Behörde dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Austritt nicht erfüllt sind, über die Austrittsmeldung mit Bescheid abzusprechen.149 Das InterkonfG und die ÜbertrittsV sehen keine speziellen Möglichkeiten vor, Einwände vorzubringen. Art. 3 InterkonfG spricht den nächsten Verwandten sowie den Oberen der Kirchen und Religionsgenossenschaften das Recht zu, die Hilfe der Behörden anzurufen.150 Diese Bestimmung bezieht sich jedoch ___________ 145

Ebd. VfGH B 933/86 (16.3.1987), in: VfSlg 11300/1987; VwGH 91/10/0126 (31.1. 1992), in: VwSlg. 13573 A/1992. Ein älteres Erkenntnis des VwGH zeigt aber, dass die Bezirkshauptmannschaft die Austrittsanzeige damals unbeanstandet mit Bescheid zur Kenntnis genommen hat und die verlassene Kirche dagegen eine Vorstellung einbrachte, worüber die Bezirkshauptmannschaft wieder mit Bescheid entschieden hat: VwGH 6485 (3.6.1911), in: VwSlg. 8292 A. 147 Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 47; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 15r u. 17r; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 152. 148 Ebd. 149 Vgl. VfGH B 399, B 437/26 (16.5.1927), VfSlg. 800. Die ungleiche Form der positiven und der negativen Erledigung führt also zu ungleichen Rechtsschutzmöglichkeiten. 150 Darin erblickte der VfGH ein echtes Beschwerderecht: VfGH B 352/26, A 339/26 (16.5.1927), in: VfSlg. 797. 146

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auf die Regelung des Religionsbekenntnisses der Kinder in den Art. 1-2 InterkonfG, die außer Kraft getreten sind.151 Auf jeden Fall möglich ist hingegen der Antrag auf einen Feststellungsbescheid.152 Ein solcher Antrag kann entweder darauf gerichtet sein, die Gültigkeit oder Ungültigkeit eines Austritts festzustellen, oder darauf, die gegenwärtige Religionszugehörigkeit festzustellen.153 Im zweiten Fall wird die Prüfung der Gültigkeit eines vorausgegangenen Austritts eine Vorfrage nach § 38 AVG darstellen.154 Eine Fallfrist für diesen Antrag besteht nicht. Da durch einen allfälligen Austritt alle Rechte der verlassenen Kirche oder Religionsgesellschaft gegenüber dem Ausgetretenen ebenso wie die Ansprüche dieses an jene verloren gehen (Art. 5 InterkonfG), haben beide Seiten ein rechtliches Interesse an der Klärung.155 Beide Seiten können daher den Antrag stellen und sind Partei im Feststellungsverfahren (vgl. § 8 AVG).156 Zuständig ist die Bezirksverwaltungsbehörde des Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsortes.157 Über einen derartigen Antrag muss auf jeden Fall mit Bescheid abgesprochen werden, so dass beide ___________ 151 Durch § 3 der Verordnung über die Einführung des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung im Lande Österreich, in: GBl. für das Land Österreich Nr. 377/1939. Zu Art. 1 vgl. OGH 8 Ob 299/64 (13.10.1964), in: NZ 98 (1966) S. 71. Nach der herrschenden Lehre ist damit auch Art. 3 außer Kraft getreten: Gampl, Staatskirchenrecht (Fn. 101), S. 98; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 324; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 18r u. 19r. 152 Feststellungsbescheide sind auch dann möglich, wenn sie zwar nicht gesetzlich vorgesehen, aber ein öffentliches Interesse an der Feststellung eines strittigen Rechtsverhältnisses besteht oder wenn ein rechtliches Interesse der Partei an der verbindlichen Klärung einer strittigen Frage besteht [Thienel / Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 17), S. 212]. Das ist hier zweifellos gegeben. Der VwGH bejahte die Möglichkeit eines Feststellungsbescheides zur Klärung der Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft ausdrücklich: VwGH 1914/55 (25.2.1957), in: VwSlg. 4290 (A). 153 Zu dieser Unterscheidung: Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 17r. 154 VwGH 1914/55 (25.2.1957), in: VwSlg. 4290 (A). Dazu Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 48. 155 Der VwGH hat den Rechtsanspruch der Kirchen und Religionsgesellschaften auf Feststellung der Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit einer bestimmten Person zu ihrer Gemeinschaft ausdrücklich bejaht, weil Art. 6 InterkonfG ihnen eigene subjektive Rechte in der Sache gewährt: VwGH 86/10/0148 (20.10.1986), in: VwSlg. 12265. Vgl. Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 165. Selbst die Kirche oder Religionsgesellschaft, in die der Betreffende nach dem Austritt eingetreten ist, kann ein rechtliches Interesse haben, da der Eintritt nach staatlichem Recht nur nach wirksamem Austritt möglich ist. 156 Vgl. VfGH B 933/86 (16.3.1987), in: VfSlg. 11300/1987. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 47; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 17r; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 155. 157 Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 160.

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Parteien Berufung einlegen können. Die zweite Instanz ist der Landeshauptmann.158 Nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges kann bei einer Verletzung einfachen Gesetzesrechts Beschwerde an den VwGH erhoben werden, bei einer Verletzung von Verfassungsrecht an den VfGH. 159 Bei einem unfreiwilligen Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft wird regelmäßig die Verletzung von Grundrechten zu prüfen sein. Das betroffene Individuum kann sich auf die individuelle Religionsfreiheit nach Art. 14 StGG, Art. 63 Abs. 2 Staatsvertrag von St. Germain160 sowie Art. 9 EMRK und eventuell auf das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG berufen. Der übergangene Elternteil könnte sich zudem auf Art. 8 EMRK und Art. 2 1. ZPMRK stützen. Die betroffene Kirche oder Religionsgesellschaft kann die korporative Religionsfreiheit nach Art. 15 StGG und Art. 9 EMRK ins Feld führen. Daneben ist auch der Zivilrechtsweg 161 möglich, sofern von der Religionszugehörigkeit zivilrechtlich einklagbare Rechte abhängen. Als derartiges Recht kommt vor allem die Einhebung von Kirchenbeiträgen gemäß § 3 Abs. 1 KBG in Betracht. Eine Kirche könnte gegen die Person, deren wirksamen Austritt sie bestreitet und von der sie daher die Zahlung eines Kirchenbeitrags verlangt, bei Nichtleistung Klage erheben.162 Dieses rechtliche Instrument wird jedoch in den meisten Fällen unzweckmäßig oder gar kontraproduktiv sein. Nicht alle Mitglieder – insbesondere Minderjährige – sind verpflichtet, Kirchenbeitrag zu leisten. Das Interesse einer Kirche oder Religionsgesellschaft an der Feststel___________ 158

Kultusangelegenheiten sind Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung (Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG). Sie werden in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen. Durch die Verwaltungsreform 2001 wurden im verwaltungsbehördlichen Verfahren generell zweigliedrige Instanzenzüge eingeführt (Bernhard Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 32009, Rn. 438). In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung endet der administrative Instanzenzug, sofern der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hat und nicht durch Bundesgesetz ausnahmsweise auf Grund der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich anderes bestimmt ist, beim Landeshauptmann (Art. 103 Abs. 4 B-VG). 159 Vgl. VfGH B 933/86 (16.3.1987), in: VfSlg. 11300/1987. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 48; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 17v; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 165 f. 160 Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye, 10.9.1919, StGBl. 1920/303. 161 Zivilrechtliche Instrumente sind mitunter effektiver als verwaltungsrechtliche: vgl. Fister, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 136), S. 6. 162 Vgl. den Fall, der dem VfGH-Erkenntnis B 122/67 (9.10.1967), VfSlg. 5583 zugrunde lag: Die Erzdiözese Wien hat gegen den Beschwerdeführer bei Gericht eine Klage betreffend die Zahlung rückständiger Kirchenbeiträge eingebracht. Er hat daraufhin beim Magistrat der Stadt Wien die Erlassung eines Feststellungsbescheides über seine Religionszugehörigkeit beantragt. Hier ging es allerdings nicht um die Frage der Rechtswirksamkeit einer Austrittserklärung, sondern umgekehrt um die Wirksamkeit des Eintritts nach staatlichem Recht.

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lung, wer nach staatlichem Recht zu ihren Angehörigen zählt, darf nicht auf das Interesse an der Einhebung von Beiträgen reduziert werden. Außerdem betreffen die in diesem Aufsatz behandelten Fälle durchwegs Menschen, die nie einen Willensakt zu einem Austritt gesetzt haben, sondern denen ein Austritt zu Unrecht zugeschrieben wurde. Gegen solche Menschen eine Zivilklage zu richten, nur um die Frage der Wirksamkeit des Austritts zu klären, mutet vermessen an.163 Die Zivilgerichte sind daneben aber für die Klärung der Frage zuständig, wer für ein bestimmtes Kind in Religionsdingen erziehungsberechtigt bzw. vertretungsbefugt ist.164 Dies kann eine Vorfrage im verwaltungsbehördlichen Verfahren darstellen.165 Zivilgerichte können schließlich angerufen werden, wenn das Wohl des Kindes – auch hinsichtlich der religiösen oder weltanschaulichen Erziehung – gefährdet ist. In diesem Fall können die Gerichte „von wem immer“ (§ 176 Abs. 1 ABGB) angegangen werden, also auch von einer Kirche oder Religionsgesellschaft.166 Unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren und unabhängig von zivilrechtlichen Ansprüchen kann grundsätzlich von jedermann, der sich durch das Vorgehen eines Organs für beschwert erachtet, eine Aufsichtsbeschwerde erhoben werden.167 Die angerufene Verwaltungsbehörde ist jedoch nicht zu einer Sachentscheidung verpflichtet.168 Schließlich steht es jedermann frei, der Behörde Wünsche oder Anregungen mitzuteilen. Auch hier besteht kein Rechtsanspruch auf Erledigung oder Berücksichtigung.169 In der Regel wird auf gut begründete juristische Stellungnahmen aber durchaus eingegangen. Bemerkt die Behörde einen Mangel, so teilt sie die Unwirksamkeit der Austrittserklärung der betroffenen Kirche oder Religionsgesellschaft zur Richtigstellung der internen Register mit.

___________ 163 Anders liegt der Fall, wenn der Beklagte selbst behauptet, ausgetreten zu sein, aber dabei die vorgeschriebene Form nicht eingehalten hat, vgl. OGH 30.8.1984, 6 Ob 738/83, in: ÖAKR 35 (1985) S. 422-431. 164 Vgl. Gampl, Staatskirchenrecht (Fn. 101), S. 103; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 134. 165 Vgl. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 35; Rieger / Sagburg / Schima, Religion (Fn. 18), 17v. 166 Vgl. Pree, Staatskirchenrecht (Fn. 16), S. 36; Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 18), S. 136. 167 Fister, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 136), S. 5. 168 Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 494. 169 Christoph Grabenwarter, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Wien 2008, S. 34.

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VIII. Europäische Union und Deutschland Die Europäische Kommission hat bereits im Jahr 1998 in einem Grünbuch170 die Möglichkeiten des E-Government ausgelotet und dessen Ausbau im Sinne einer leistungsfähigeren, bürgernäheren öffentlichen Verwaltung forciert. Die 1999 ergangene Signaturrichtlinie ist die Grundlage einer EU-weit einheitlichen Regelung für elektronische Signaturen. Davon wird vor allem eine Erleichterung des Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen erwartet. Daher behandelt die Richtlinie vor allem Verträge und andere zivilrechtliche Verpflichtungen, ohne jedoch besondere in den einzelnen Mitgliedstaaten geltende Formvorschriften zu berühren (Art. 1). Für den öffentlichen Bereich gewährt Art. 3 Abs. 7 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Einsatz elektronischer Signaturen zusätzlichen Anforderungen zu unterwerfen. Daneben bezieht sich die im Jahr 2000 ergangene Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr allein auf Dienste der Informationsgesellschaft im kommerziellen Bereich. Sie möchte den grenzüberschreitenden, elektronischen Abschluss von zivilrechtlichen Verträgen erleichtern, sieht aber für bestimmte Arten von Verträgen, bei denen ein Partner besonderen Schutzes bedarf, Ausnahmen vor (Art. 9 Abs. 2). Österreich war bemüht, im Bereich des E-Government eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Wie der Blick auf Deutschland zeigt, sind die Regelungen andernorts restriktiver.171 In der deutschen Lehre wird darauf hingewiesen, dass nur bei qualifizierten elektronischen Signaturen aufgrund des durch das Signaturgesetz vorgegebenen Verfahrens eine zuverlässige Identitätsprüfung des Inhabers der Signaturkarte zwingend erforderlich ist und damit die notwendige Sicherheit für den Rechtsverkehr gegeben ist.172 Soweit im Verwaltungsverfahren als Ausnahme vom Prinzip der Formfreiheit eine Schriftform gesetzlich angeordnet ist, kann diese Schriftform in Deutschland durch eine qualifizierte elektronische Form ersetzt werden.173 Für eine Austrittserklärung wird dies jedoch nicht ausreichen, da hierfür in Deutschland besondere Formvorschriften gelten. Der Austritt aus Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießen, ist in Deutschland je nach Bundesland in eigenen Gesetzen geregelt. Der Kirchenaustritt wird vom Austrittswilligen mündlich zur Niederschrift der zuständigen Behörde oder in ___________ 170

Europäische Kommission, Informationen des öffentlichen Sektors – eine Schlüsselrolle für Europa. Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, KOM(1998) S. 585. 171 Vgl. Köhler, Rechtsprechung (Fn. 109), S. 563. 172 Heribert Schmitz, Die Regelung der elektronischen Kommunikation im Verwaltungsverfahrensgesetz, in: DÖV 58 (2005) S. 885-893, 886. 173 Ebd., S. 888.

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öffentlich beglaubigter Form erklärt.174 Ein formfehlerhafter Kirchenaustritt ist unwirksam.175 Die schriftliche Erklärung ist somit an eine deutlich strengere Form gebunden als in Österreich. Nach der Judikatur des BVerfG rechtfertigt sich das Verlangen nach einer förmlichen Austrittserklärung durch das Bedürfnis nach eindeutigen und nachprüfbaren Tatbeständen als Grundlage der Rechtsund Pflichtenstellung des Betroffenen, soweit sie in den weltlichen Rechtsbereich hineinwirkt.176 Der Staat schuldet in Fragen der Religionszugehörigkeit Klarheit und ist selbst an Klarheit interessiert.177 Da das deutsche RelKEG auf Österreich ausgedehnt wurde, gelten bei Minderjährigen dieselben Altersstufen. In Bayern und im Saarland tritt an die Stelle des 14. Lebensjahres allerdings die Vollendung des 18. Lebensjahres als Beginn der Religionsmündigkeit.178 Die Möglichkeit einer Austrittserklärung für eine geschäftsunfähige Person durch ihren gesetzlichen Vertreter wird in der Lehre wegen der Höchstpersönlichkeit und kraft eines auf § 2 Abs. 3 S. 4 RelKEG gestützten Größenschlusses verneint.179 Die Rechtsordnungen einzelner Bundesländer können jedoch spezielle Regelungen enthalten. Zwei Beispiele sollen hier genügen:180 In Bayern kann nach der einschlägigen ministeriellen Bekanntmachung181 ein Betreuer für den Betreuten wegen der Höchstpersönlichkeit des Aktes einen Austritt nicht erklären (Nr. 14.2). Haben beide Eltern das Sorgerecht für ein religionsunmündiges Kind, so können sie die Erklärung nur gemeinsam abgeben (Nr. 10.1); Pflegeeltern, Stiefeltern (Nr. 10.6) sowie ein allein sorgeberechtigter Vormund oder Pfleger (Nr. 13.2) können einen Austritt für das Kind überhaupt nicht erklären. Jedoch ist eine gewillkürte Vertretung unter bestimmten Bedingungen möglich (Nr. 8). Nach dem Kirchenaus___________ 174 Vgl. Axel Freiherr von Campenhausen, Der Austritt aus den Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Joseph Listl / Dietrich Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, Berlin 21994, S. 777-785, 779; Hanns Engelhardt, Der Austritt aus der Kirche, Frankfurt am Main 1972, S. 65. 175 Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, Tübingen 2002, S. 434. 176 BVerfG 1 BvR 744/67 (31.3.1971), in: BVerfGE 30, S. 415. 177 Wolfgang Rüfner, Kirchenzugehörigkeit und vor dem Staat vollzogener Kirchenaustritt: Staatskirchenrechtliche Aspekte, in: Elmar Güthoff / Stephan Haering / Helmuth Pree (Hrsg.), Der Kirchenaustritt im staatlichen und kirchlichen Recht, Freiburg 2011, S. 42-58, 44. 178 Campenhausen, Austritt (Fn. 174), S. 779. 179 Engelhardt, Austritt (Fn. 174), S. 64 f. 180 Für eine Übersicht über die Kirchenaustrittsgesetze sämtlicher Bundesländer siehe http://www.ulrichrhode.de/relrecht/srq.html#sammrg (1.1.2012). 181 Bayerische Staatsministerien für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst und des Innern, Gemeinsame Bekanntmachung: Austritt aus einer Kirche, Religionsgemeinschaft oder weltanschaulichen Gemeinschaft, die Körperschalt des öffentlichen Rechts ist, Nr. Il/11 – K 5020/5 – 2 /184 829 und IG 4 – 2007 – 1 (91) (6.8.1992), in: MBl. 1992, S. 673.

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trittsgesetz Nordrhein-Westfalens182 hingegen ist eine Austrittserklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter nicht zulässig (§ 3 Abs. 6), eine Erklärung durch den gesetzlichen Vertreter für einen Geschäftsunfähigen aber sehr wohl (§ 2 Abs. 2). Generell kann festgestellt werden, dass die Regelungen der deutschen Bundesländer präziser sind als die österreichischen. Die klare Benennung der Voraussetzungen und Bedingungen bringt nicht nur eine Erleichterung bei der Anwendung der Vorschriften mit sich, sondern trägt vor allem dazu bei, die Unwirksamkeit von Erklärungen zu vermeiden.

IX. Warum der Umgang mit Austritten höchste Sorgfalt erfordert Es hat sich gezeigt, dass Dritte in der Regel keinen Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft herbeizuführen vermögen. Eltern können, sofern beide obsorgeberechtigt sind, nur in Übereinstimmung vorgehen. Über elektronische Medien ist ein Austritt nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Warum gelten in diesem Bereich strengere Vorschriften als in vielen anderen verwaltungsbehördlichen Verfahren? Art. 9 Abs. 1 EMRK zählt die Freiheit zum Wechsel der Religion oder Weltanschauung ausdrücklich als Element des Grundrechts der Religionsfreiheit auf. Dazu gehört sowohl das Recht, die bisherige Religionszugehörigkeit aufzugeben, als auch das Recht, sie aufrechtzuerhalten. Weder darf ein Austritt Beschränkungen unterworfen werden, die nach Art. 9 Abs. 2 EMRK nicht zu rechtfertigen wären, noch darf jemandem gegen seinen Willen dadurch, dass Schutzvorschriften fehlen oder sie in der Praxis nachlässig gehandhabt werden, ein Austritt durch Dritte aufgenötigt werden. Die Modalitäten eines Austritts berühren somit den Kernbereich eines verfassungsmäßig geschützten Grundrechts. Der VfGH hat erkannt, dass eine gesetzwidrige bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kirche das Recht auf Glaubensund Gewissensfreiheit (Art. 14 StGG) verletzt.183 Wenn dies schon für eine gesetzwidrige Feststellung gilt, dann muss erst recht eine gesetzwidrige Aufhebung der Zugehörigkeit die Religionsfreiheit verletzen. Für den OGH ist nicht zu bezweifeln, dass es der Rechtssicherheit und damit der öffentlichen Ordnung dient und somit gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK gerecht___________ 182 Gesetz zur Regelung des Austritts aus Kirchen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften des öffentlichen Rechts (26.5.1981), in: GV. NW. 1981, S. 260, i. d. F. GV. NRW. S. 291. 183 VfGH B 122/67 (9.10.1967), in: VfSlg. 5583.

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fertigt ist, wenn der Austritt an bestimmte Formvorschriften gebunden wird.184 In konkreten Fall ging es um die Vorschrift des Art. 6 InterkonfG, doch kann für die Vorschrift des § 3 ÜbertrittsV nichts anderes gelten.185 Ferner führte der Gerichtshof aus, dass es sich um eine Schutzvorschrift für den Austrittswilligen handelt und gerade darin ihr zwingender und ausschließlicher Charakter begründet ist. Nach den oben beschriebenen Fällen müsste man hinzufügen: Es ist auch eine Schutzvorschrift für den Austrittsunwilligen. Neben der Religionsfreiheit ist, wie bereits mehrfach angeklungen, ebenso das verfassungsmäßig geschützte Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu beachten. Religiöse und philosophische Überzeugungen gehören zu den gemäß § 4 Z. 2 DSG besonders schutzwürdigen personenbezogenen Daten. Formvorschriften, die insbesondere dazu dienen, die Identität des Einschreiters zu überprüfen, tragen dazu bei, die Übermittlung sensibler Daten an unberechtigte Personen zu verhindern. Solche Vorschriften können als Schutzgesetze im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG gelten und müssen genau eingehalten werden, um Grundrechtsverletzungen zu vermeiden. Einige Akte des Zivilrechts können nicht einmal mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gültig gesetzt werden. Dazu gehören nach § 4 Abs. 2 SigG Rechtsgeschäfte des Familien- und Erbrechts – außer ein Notar oder Rechtsanwalt klärt den Signator über die Rechtsfolgen auf –, letztwillige Anordnungen und Bürgschaftserklärungen. Zweck dieser Vorschriften ist es, die Betroffenen vor übereilten Handlungen zu schützen. Die besonderen Formvorschriften dienen auch bei Austrittserklärungen dem Schutz vor Übereilungen und unterstreichen die Bedeutung des Aktes, der in einem grundrechtlich geschützten Umfeld gesetzt wird. Es muss deutlich werden, dass der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft auf einer anderen Ebene liegt als etwa das Abbestellen eines unerwünschten Newsletters. Weniger heikle Vorgänge im Verkehr mit Behörden wie der Antrag auf ein „Parkpickerl“, die An- und Abmeldung von Abfallbehältern186 oder das bloße Ersuchen um Auskunft187 bedürfen selbstverständlich keiner elektronischen Signatur. Schließlich hat sich gezeigt, dass die Änderung der Religionszugehörigkeit einen höchstpersönlichen Akt darstellt. Da hier die innerste Überzeugung im Gewissen eines Menschen betroffen ist, zu dem nur das Individuum selbst Zugang hat, kann dieser Akt durch niemand anderen, der nicht selbst Träger des ___________ 184

OGH 30.8.1984, 6 Ob 738/83, in: ÖAKR 35 (1985) S. 422-431. Das Auferlegen bestimmter Formerfordernisse für die Rechtsgültigkeit eines Kirchenaustritts verstößt nach der EKMR selbst dann nicht gegen Art. 9 EMRK, wenn sie nicht in einem Gesetz festgelegt sind: EKMR Nr. 10616/83 Gottesmann/Schweiz (4.12. 1984), in: DR 40, S. 284-290. 186 Vgl. die Beispiele bei Eberhard, e-Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 108), S. 111. 187 Vgl. Walter / Mayer, Grundriss (Fn. 114), Rn. 158. 185

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entsprechenden Rechts ist, substituiert werden. Dass diese Maxime in der Rechtsordnung Berücksichtigung findet, ist gerade in einer Zeit wichtig, in der die religiöse Mobilität in der Bevölkerung zunimmt.

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I. Introduction: The Current Social Context The relationship between religion and the secular state has again become a hotly debated topic not only in academia, but also in politics, in the mass media, on the internet, and at the work floor. An obvious reason for the renewed interest in the relationship between religion and the secular state in the Netherlands is the strongly perceived presence of Islam and, in its slipstream, what is often referred to as the ‘re-emergence’ of religion in general. However, the notion ‘re-emergence’ ignores the fact that religion has never been away. Perhaps taken for granted by many, the presence of Christian and Jewish denominations has always been a strong undercurrent in Dutch society. Also, the presence of Islam in the Netherlands dates back some forty years, and its entry into the Netherlands did not go unnoticed. In those early days, the interest in Islam manifested itself mainly through concern for issues such as the availability of houses of worship, possibilities for taking a day off on religious holidays, or enabling Islamic burial rites. No doubt, important changes have taken place in the domain of religion. However, the revival of interest in religion and the relationship between religion and the secular state is the result of a combination of changes, rather than just the presence of Islam or the increased visibility of religion in general. Apart from developments in the religious domain, such as Islam and a renewed self-consciousness and vitality in the Christian world, including those of immigrant churches, and the sprawl of new forms of religious consciousness and practice that are not linked to a church, other factors are as relevant. In the domains of society and the state, changes are taking place as well. For one, the belief that Dutch society was on a linear track of secularization has been defeated. Once again, it is realized that religion is not an isolated area of life, but ___________ ∗

Contribution to the IACL Congress, Washington 2010. First published Sophie van Bijsterveld, Religion and the Secular State – the Netherlands, in: J. H. M. van Erp / L. P. W. van Vliet (eds.), Netherlands Reports to the Eighteenth International Congress of Comparative Law, Washington / Antwerp / Oxford / Portland 2010, pp. 93-112.

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intrinsically connected with views of the human being, society, and the state, and, therefore, with values and cultural patterns. Furthermore, religion has become entwined with a huge societal and political issue like integration, and cannot be ignored in any debate on pluralism or social cohesion. As far as the state itself is concerned, the classic social welfare state is in a process of transformation, a process which directly affects the relationship between state and society and, therefore, also religion. Though these developments do not always lead to changes in laws relating to religion as such, they have re-introduced religion to the realm of politics, they influence the practice of church and state relationships, they have an impact on popular perceptions, and they certainly trigger public debate. This essay deals with the constitutional and legal expression of religion and the secular state against the background of these broader developments. Two specific characteristics of the organization of Dutch societal and political life deserve to be mentioned. First, one characteristic of Dutch society is that of the traditional “pillarization”. Traditionally, churches or church-affiliated organizations in the Netherlands have been active in the social and cultural domain, for instance, in schooling, in youth activities, in health care institutions, in social support, and in mass media. With the expansion of the state in these domains from the 19th century onwards and typically in the 20th century, the state has accommodated these initiatives. This has resulted in a system of, on the one hand, state facilities in these domains, i. e., neutral from the point of view of religion and belief, and, on the other hand, the existence of similar facilities, but provided by faith-based organizations. Quality requirements and financing are usually the same. After the Second World War, in the development towards the social welfare state, pillarization diminished; in many existing organizations, the religious identity became less pronounced, with the exception maybe of those that had a strong educational character and were involved with (young) children, such as elementary schools. A second characteristic of Dutch society is that political activities are organized, among other things, along confessional lines. A strong Christian Democratic Party (CDA) exists. This party resulted when the former Roman Catholic Party merged with two Reformed Parties. Apart from two government periods in the 1980s, this party or its predecessors have been part of government coalition ever since the establishment of the modern party system. Apart from the Christian Democratic Party, two other Christian parties are represented in both Houses of Parliament. Dutch electoral laws are based on the model of proportional representation. This means that the variety of political opinions is reflected in Parliament. Because a large variety of political parties are represented in Parliament, the larger parties always need to build coalitions. A fairly new party, the Party for Free-

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dom (PVV), has a strong anti-Islam profile. At the national level, it is currently only represented in the directly elected Lower House of Parliament. Opinion polls predict a strong growth of its number of seats. Each church has its own criteria for membership and these may differ widely from one church to another. These, in turn, may differ from affiliation or (non-) affiliation as experienced by believers or non-believers themselves. There is no census, so figures on religious affiliation as presented in statistical surveys tend to be quite rough. Depending on the way statistical surveys are set up, these figures may also differ quite significantly from one to another. According to a recent statistical survey, 58 % of the population regard itself as having a religious affiliation. For 29 % this is Catholic; for 19 %, this is one of the larger protestant denominations, which have been united since 2004 in the Protestant Church in the Netherlands (two large reformed churches and the Lutheran Church in the Netherlands); 5 % is Muslim; and 6 % are affiliated with another religion or belief.1

II. Constitutional Context Keywords in any description of the constitutional context of the relationship between religion and the state in the Netherlands are: separation of church and state, neutrality of the state with regard to religion and belief, and freedom of religion and belief. The latter is explicitly guaranteed in the Constitution (Art. 6).2 The principle of neutrality can be read in Art. 6 in conjunction with Art. 1.3 The latter guarantees equal treatment on the basis of religion and belief. Separation of church and state is not explicitly mentioned in the Constitution or in any other legislation, nor has it ever been since it was first proclaimed in 1796, the year which definitely ended the system in which the Dutch Reformed Church was the established church. Nevertheless, it can be said that it is implicitly embodied in a combination of constitutional guarantees, notably those of ___________ 1 See Centraal Bureau voor de Statistiek, Religie aan het begin van de 21ste eeuw, Heerlen 2009, p. 14 and p. 7. 2 Art. 6 Netherlands Constitution: “1. Everyone shall have the right to profess freely his religion or belief, either individually or in community with others, without prejudice to his responsibility under the law. 2. Rules concerning the exercise of this right other than in buildings and enclosed places may be laid down by Act of Parliament for the protection of health, in the interest of traffic and to combat or prevent disorders.” 3 Art. 1 Constitution: “All persons in the Netherlands shall be treated equally in equal circumstances. Discrimination on the grounds of religion, belief, political opinion, race or sex or on any other grounds whatsoever shall not be permitted.”

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Art. 6 and 1.4 That these principles form the core of the constitutional context of church and state relationships is uncontested. The formulation of these articles dates from the general constitutional revision of 1983. This Constitution abolished the former chapter ‘On Religion’, that was introduced in 1814 and was amended in 1815, 1848, and 1972. Most of the remaining articles of the chapter ‘On Religion’ had become obsolete. Perhaps the most relevant change that the 1983 Constitution entailed in this respect was the fact that ‘churches’ were no longer mentioned as such. As the fundamental rights in the Constitution not only protect individuals, but also groups and organizations (as far as applicable), churches as organizations also enjoy religious freedom and are treated equally. The 1983 revision brought important changes in the formulation of religious freedom. It also introduced a new system of limitation of fundamental rights in general, which was meant to increase the liberties of the individual. Due to the sensitivity of the subject, the formulation of Art. 23, which guarantees freedom of education and introduces the dual system of public education alongside private (confessional) education funded by the state on an equal footing, was not altered. The Dutch Constitution does not create a hierarchy of rights; all fundamental rights are guaranteed on an equal footing. In and through legislation, the balance between these liberties must be established for the particular issue at hand, also where horizontal relationships are concerned, i.e., relationships in the private sector. This is predominantly a task of the parliamentary legislature, as the courts do not have the right to review the constitutionality of parliamentary legislation.5 The courts do, however, apply and interpret the law in individual cases. They also have the power to assess the compatibility of such legislation with directly binding provisions of international treaties or decisions of public international organizations.6 The Constitution has no preamble and does not contain any reference to the source of authority in the state or to particular values; it contains no invocatio dei. A State Committee has been established to advise on a variety of constitutional issues, including the desirability of a preamble and, if desired, its possible content. ___________ 4 In conjunction with these two Articles, Art. 23 of the Constitution should be mentioned. This Article deals with education; it guarantees freedom of education and establishes the dual system of education with publicly-run schools and privately-run (usually denominational) schools which receive the same (goverment) funding as publiclyrun schools. 5 Art. 120 of the Constitution. 6 Art. 94 of the Constitution.

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III. Theoretical and Scholarly Interpretations As a result of the fact that the system characteristics of Dutch church and state relationships are not explicitly mentioned in the Constitution and the fact that the courts do not review the constitutionality of parliamentary legislation, the principles of separation of church and state and of state neutrality with regard to religion and belief hardly feature in court rulings. If they do appear in official documents, it is usually during the legislative process or, especially in the last few years, in parliamentary debates. The analysis of the way in which the principle of separation of church and state has been interpreted in the policy domain, in politics, or in scholarly writings shows a variety of interpretations. This has largely been so ever since the principle was formulated. The principle is sometimes interpreted as requiring a ‘strict’ interpretation or – in line with the actual historical development as well as the current reality – as refer allowing a more ‘lenient’ interpretation. At the same time, the principle of separation of church and state is sometimes used both normatively and descriptively: ‘The norm is separation of church and state and the Dutch situation is that of separation of church and state’; but also as: ‘We are on our way to a separation of church and state, but we are not there yet’. Sometimes, strict and lenient interpretations and normative and descriptive perspectives are used in an implicit way, thus creating confusion. As mentioned above, these differences of interpretation have a long history. In the last few decades, discussions regarding the interpretation of the principle of separation of church and state lost their sharp edges. In the classic Dutch social welfare state, the state covered all the basic needs of the citizens. Secularization (which also seemed to affect many societal organizations (originally) based on a religion or belief) combined with the idea that this process would further continue was the predominant mood as regards religion. Ongoing debates on political issues were supported by an underlying consensus on basic values and norms existed in society. In recent years, the situation has changed. Since the 1980s, the classic welfare state has been in a process of profound change. Religious issues feature more prominently in society and the strong presence of Islam is undeniable. Value pluralism is more apparent and seems to be more fundamental than before. This brings issues of church and state, state and religion, and religion and politics back into the limelight; the interpretation of the principle of separation of church and state is hotly debated yet again. In these debates, two widely differing views on this principle re-emerge: the one promotes a strict interpretation and the other favors the current system, based on the traditional Dutch way of accommodating religion in society and state. However, among those who used to favor a mild interpretation, the question has arisen whether or not a model

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that worked favorably in the past can continue to work under the current changed circumstances. The interpretation of state ‘neutrality’ with regard to religion and belief also moves along these two different lines, the one favoring a neutrality void of religion (in line with the French laïcité), the other including expressions of religion on an equal footing (the traditional Dutch way).7 In the meantime, public authorities regularly face concrete questions concerning their relationship towards religion or religious communities which pose dilemmas, for example, restoring specific church buildings which are not ancient monuments and are actively used as places of worship; providing subsidies for homework assistance in mosques; or supporting integration programs in which male and female participants are taught separately as a matter of principle. Often questions like these, and many others, are debated in terms of separation of church and state (or sometimes, neutrality). At the same time, these principles often hardly seem to be the ‘right’ labels for discussing these questions. First of all, predetermined interpretations of these principles linearly predict the answers to the question and thus simply perpetuate already pre-existing differences of opinion. Second, they limit our ability to think and speak about these issues in other ways. This is all the more apparent as, over the last decades of relative ‘quiet’, society has grown unused to not only dealing with these dilemmas but also with finding the right words and concepts to do so. However, there is a way forward. This is to circumvent discussions about ‘strict’ or ‘lenient’ interpretations of separation of church and state and to reduce the meaning of the label to its two-fold core: on the one hand, autonomy (institutional freedom) of the church from the state; and, on the other hand, a ban on any formal role for churches in the public decision-making process. Thus limiting the scope of the principle of separation of church and state leaves room for a debate on the whole range of other issues which do not need to be discussed in either a ‘strict’ or ‘lenient’ interpretation. Rather, this approach enables the development of a nuanced and differentiated perspective on how a modern liberal democracy in the 21st century should deal with religion, not only as a private issue, but also in its societal and public dimensions.8 ___________ 7

A representative of the former, for instance Paul Cliteur, ‘Onbegrip en misverstand over de‘laïcité’. Juist in deze tijd moet religie onzichtbaar zijn in het staatsdomein, in: Marcel ten Hooven / Theo de Wit (eds.), Ongewenste Goden. De publieke rol van religie in Nederland, Amsterdam 2006, pp. 252-266; a representative of the latter, for instance, Wibren van der Burg, Het ideaal van de neutrale staat. Inclusieve, exclusieve en compenserende visies op godsdienst en cultuur, Den Haag 2009. 8 See Sophie van Bijsterveld, Scheiding van kerk en staat: terug naar de bron voor een visie op de toekomst, in: F. T. Oldenhuis (ed.), Een neutrale staat: kreet of credo?, Heerenveen 2009, pp. 13-26; and ibid., Overheid en godsdienst. Herijking van een onderlinge relatie, Nijmegen 22009.

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IV. Legal Context 1. Law relating to religion and churches: General characteristics The legislator observes the freedom of religion. At the national level, this is done in and through specific legislation. For instance, educational law gives shape to the dual system of education outlined in the Constitution. Mass media law, amongst other things, grants broadcasting time to churches and religious organizations. Labor law and equal treatment law take religion into account in various ways. Ancient monument law also covers church buildings. In tax law, there is a special regime for charitable organizations, including churches. The Dutch Civil Code recognizes the legal personality of churches. In privacy law, ‘religion’ is classified amongst the ‘sensitive’ data. In penitentiary institutions and in the armed forces, chaplaincy services are available, which find their basis in the law. There are laws relating to religious processions and church bell ringing. These are a few examples of legislation directly relating to religion or churches. Legislation which favors Sunday as a weekly day of rest and the designation of certain Christian religious days as public holidays find their origin in respect for religion; obviously, they have also become part of a more general social and cultural pattern. No specific ‘law on churches’ or ‘law on religion’ exists. Until 1988, the Religious Denominations Act (Wet op de kerkgenootschapen) was in force. This law dated from 1853. Already at the time of its enactment, it did not have a much broader significance than appeasing tensions between Protestants and Catholics which surfaced after the restoration of the Roman Catholic hierarchy in the Netherlands in 1853. It only dealt with a few elements of the vast array of church and state issues. Its main importance at the time was the unequivocal acknowledgement of church autonomy; at present, this principle is expressed in the Dutch Civil Code in the provision dealing with the church as a legal entity. This principle is concretized in other areas of the law as well. Other examples of law which takes religion into account are those concerning burial, certain forms of conscientious objection, and or ritual slaughtering.

2. Interlocutors on the part of the state There is no body, agency, or minister in the state that deals exclusively with religion. All government ministers have to take religion into account in the area of their competence. If parliamentary legislation is concerned, the same is true mutatis mutandis for both Houses of Parliament. Therefore, for churches and other religious communities, in principle, every Ministry is relevant.

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Having said that, two government Ministries play a special role, those of Justice and of Home Affairs. The special involvement of the Minister of Justice is not only a consequence of the fact that he deals with a variety of issues that are relevant to churches and religious communities, such as criminal law (nondiscrimination, blasphemy, immigration also of clergy, including imams). It also has a historic background. The Ministry of Justice is the legal successor to the (former) Ministry for the “Dutch Reformed Religion, and other religions except the Roman Catholic Religion” and that of the “Roman Catholic Religion”. These were both abolished in 1871. The special involvement of the Ministry of Home Affairs is due to the fact that this is the guardian’ of the Constitution; issues of religion have a constitutional dimension. Apart from that, issues of radicalization or polarization fall within the scope of this Ministry. The Ministry takes an interest in regional and local dynamics concerning religion. On a different plane, the Ministry that deals with Integration should be mentioned. In integration issues, religion has turned from a ‘blind spot’ into a dominant pre-occupation over the last few years. With this change, the interest of this Ministry in religion has made a similar turnaround. The change gradually emerged at the end of the 1990s. As religion is now coming more to the fore, Ministries have become more aware of the ‘religious dimension’ in policy issues. Over the last five to ten years, religion and issues of religion in the public domain have become a widely debated topic and the focus of the debate has changed from ‘refinements’ to fundamental dilemmas. Opinions in academia, society, and politics differ as to the place of religion in law and in the public domain. Therefore, assessments as to whether developments are ‘satisfactory’ in practice and policy also differ. Nevertheless, it is fair to say, that at the level of the national legislature, by and large the traditional way of respecting religious liberty and of accommodating religion in legislation is upheld.

3. Dialogue Characteristics of the way relationships between religious organizations and public authorities are structured are pluralism and informality. On the part of the Dutch Churches, two main bodies exist at the national level that serve as interface for dialogue with parliament and government. The first is the ‘Interchurch Contact in Government Affairs’.9 It is a co-operative organization set up ___________ 9 The Interkerkelijk Contact in Overheidszaken (CIO). It has a strong overlap in membership with the Council of Churches.

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after the Second World War by the Dutch Churches to monitor developments concerning legislation and administration that is of concern to churches and to jointly act on behalf of the member organizations vis-à-vis government and Parliament in these areas. It is not an ecumenical organization. Parallel to the re-emergence of the debate on religion in the public domain, its membership has expanded considerably. The other national body that serves as an interface for dialogue with Parliament and government is the Council of Churches, which has an ecumenical focus and aims at presenting a ‘prophetic’ voice of the joint churches in the Netherlands. As far as policy issues are concern, they involved issues such as poverty or the environment. Apart from this, member churches can and do have contacts with public authorities, on an informal, more or less regular basis or with respect to particular issues. A tentative and preliminary observation may be that such contacts have become more appreciated and valued on the part of the state over the last few of years. Muslim organizations are not included in either of the two organizations mentioned above. They have their own communication channels with the public authorities. Just as in many Western European countries, the process of selforganization of Muslims required time. For a long time, the public authorities took a passive attitude towards this process. In part, this had a practical reason; in part, it was also seen as the appropriate attitude in the light of the principle of separation of church and state. In the course of time, it became clear to the state that it was desirable to als have interlocutors for the Muslim communities. The unrest after the terrorist attacks in Washington and New York on September 9, 2001, showed the public authorities that it was necessary to reach the Muslim population in the Netherlands and to speak with their representatives. Other incidents, such as the murder of a filmmaker, public indignation over statements by radical imams, and the tense climate at the time of the riots abroad over ‘the Danish cartoons’ in 2006, and the dreaded consequences of the release of an ‘anti-Islam’ film by the leader of the Dutch Party for Freedom (PVV) in 2008 only reaffirmed this. The policy of wait and see changed to one in which the establishment of interlocutors and the practice of entering into dialogue were actively stimulated. Likewise, the initial position of standoffishness on the part of the state also changed with respect to the establishment of an imam training programme in the Netherlands (as this required a representative and authoritative interface). For the establishment of fully fledged chaplaincy services in, for instance, penitentiary institutions, such interfaces are necessary as well. In the meantime, various organizations have been ‘recognized’ by the state as interlocutors on the part of Islamic communities. Hindu and Buddhist organizations have been recognized too. These developments illustrate that contacts between religious organizations and public authorities work two ways.

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4. Local and regional dynamics In recent years, a whole new dynamic has been developing at provincial and notably local levels. Local ‘interreligious platforms’ have been created spontaneously or are being created. These often fulfill a variety of functions, such as organizing their joint members and making them acquainted with each other (integration), practical mutual assistance, and especially serving as an interlocutor with the authorities, to the mutual benefit of their constituent organizations (and believers) and of the public authorities.

V. The State and Religious Autonomy Although the definition and meaning of the principle of separation of church and state is contested in the public and academic debate, the core meaning is that the state respects the internal organization of the church and that the churches have no formal say in public decision-making. These are two sides of the same coin. As was shown above, the church as an organization is no longer mentioned in the Constitution. However, Art. 6, § 1, of the Constitution guarantees everyone the free exercise of the liberty of religion or belief, without prejudice to his responsibility under the law. Art. 1 states: “All persons in the Netherlands shall be treated equally in equal circumstances. Discrimination on the grounds of religion, belief, political opinion, race or sex or on any other grounds whatsoever shall not be permitted.” It is acknowledged that not only individuals and groups of persons but also organizations are protected under the Constitution, also by fundamental rights other than those directly relating to religion. As the history of its enactment makes clear, Art. 6 of the Constitution does not only guarantee the liberty to hold an opinion but also to manifest one’s religion in practice. Thus, church autonomy in the sense of freedom of church organization is protected by Art. 6. This idea is borne out by the Dutch Civil Code. Churches are legal categories sui generis and they enjoy legal personality as such. Art. 2:2 of the Dutch Civil Code simply states: “Churches, their independent units, and bodies in which they are united have legal personality. They are governed by their own constitution in so far as this does not conflict with the law.” This Article serves both hierarchically organized churches, such as the Roman-Catholic Church, and decentralized organized churches. No prior recognition of any kind is required. Most other articles in the Dutch Civil Code generally applicable to all legal entities are not applicable to churches, albeit that analogous interpretation is not excluded. Church autonomy is also respect-

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ed by other laws. For instance, no prior dismissal permit from the public authorities is necessary for firing clergy. The Equal Treatment Act, which, in brief, forbids distinction on the basis inter alia of religion in a wide field of societal activities, is not applicable to churches or relationships within churches. However, this does not mean that churches can act at will. Fairness, good faith, a fair procedure are elements that courts can and will use in reviewing church decisions.10 Islamic bodies are usually organized as a foundation (or less usually: associations) for the employment of an imam or the management of a place of worship. In such case, the usual rules for foundations (or associations) apply. However, within this framework, organizational freedom of religion is relevant as well. Issues of the autonomy of religious organizations not only manifest themselves where the enactment of (national) legislation is concerned. Often more subtle processes of interaction are taking place in the context of subsidy requirements or contractual agreements or simply dialogue. As to individual liberty, this is not only relevant in relation to the state. To a certain extent, it is also relevant vis-à-vis a church or a non-Christian equivalent. As far as the state is concerned, this includes the responsibility to guarantee a (realistic) right of persons to discontinue their membership of a church or to change their religion. This has recently become an issue with respect to Islam. In the Christian domain, remarks that a clergyman made in a prayer during a church service with regard to a former member of his church for quitting the church was regarded unlawful in court.11 No specific legislation exists regarding peaceful coexistence and respect among religious communities. The former ‘Religious Denominations Act’ (see above, Section 4) contained a ban on erecting places of worship within a certain distance of another. The constitutional ban on processions, which formally existed until 1983, was another example; as was the ban on wearing clerical garb outside buildings and enclosed places. Currently, provisions do exist which at the same time shape religious liberty and contain limitations, such as the power of local authorities to regulate church bell ringing and the Muslim call to prayer. They are not primarily or predominantly enacted to facilitate peaceful coexistence and respect among religious communities, but they may also fulfill ___________ 10 S. C. van Bijsterveld, Church Autonomy in the Netherlands. The Distinctiveness of the Church. The Interplay between Legal, Popular, and Ecclesiastical Perspectives. Church Autonomy as a ‘Test Case’, in: Hildegard Warnink (ed.), Legal Position of Churches and Church Autonomy, Leuven 2001, pp. 147-163; see also A. H. SantingWubs, Kerken in geding: burgerlijke rechter en kerkelijke geschillen, Den Haag 2002. 11 Vz. Rb. Arnhem 22 februari 1989, KB 1989, 114.

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this function to a certain extent. The same is true for the general law with respect to public manifestations and hostile audiences. Tensions are present in society over issues relating to religion. They find an outlet in public debate and commentaries, sometimes with indignation, over judicial and other decisions. They are also channeled through dialogue and contact with religious organizations and public authorities, and efforts on the part of the public authorities or spokespersons on the part of the religious organizations.

VI. Religion and the Autonomy of the State Religious communities do not have any role in the secular governance of the country. This would conflict with the separation of church and state. There are no representative public bodies in which churches have a seat qualitate qua, or which are reserved to representatives of certain religious denominations. Generally, speaking however, in the Dutch pluralistic society, care is taken when composing the membership of advisory bodies or deciding on appointments in the public sphere for example of burgomasters, that no obvious unbalances exist in relevant backgrounds, notably political backgrounds. In this very general way, religious preferences may also play a role implicitly. It must be stressed, however, that such appointments are not made on the basis of representation of various denominational or other backgrounds. The relevant personal qualities are decisive. Between 1848 and 1887, the Constitution contained a ban for clergy to be a member of Parliament. For municipal councils, the Municipality Act contained a similar provision until 1931. No religion has the power to control other religious communities under the law.

VII. Legal Regulation of Religion as a Social Phenomenon The law contains specific arrangements for religious organizations. A number of these are already indicated above. The special status of a church as a legal entity and the non-applicability of the Equal Treatment Act are just a few examples of regulations that were either specifically created for churches or which exempt churches from generally applicable legislation. Usually such legislation is an expression of respect of religious freedom. Other examples include respect in the Criminal Code for religious worship or regulations meant to respect certain religious burial rites. For individuals, conscientious objection is recognized in specific areas, such as conscription for military service; an-

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other example is legislation which respects conscientious objection for religious reasons against all forms of insurance. Occasionally, the legislature deliberately decided not to enact legislation because of the expected conscientious objections, as was the case with inoculations. There are only a few specific legal restrictions. A well-known example is the ban on conducting religious ceremonies with respect to marriage before a civil marriage has taken place (see below). The law in general has developed against the background of a Western culture based on a morality influenced by Christianity. Many arrangements which respect to religious practices are part of the general culture, such as the calendar, the religious holidays and festivities and Sunday as a day of rest. To accommodate believers with a different ‘religious calendar’, alternative facilities are set out in the law or collective employment agreements. Religious organizations and religious believers may benefit from legal facilities not specifically aimed at them. Examples are tax benefits for charitable purposes or grants for the maintenance or restoration of ancient monuments, including church buildings. In data protection law, ‘religion’ affiliation belongs to the category of ‘sensitive data’ along with other data as health records or criminal records. Anti-discrimination legislation works with a variety of ‘suspect’ criteria for making distinctions, including religion. The same is true for restrictions to the freedom of speech in criminal law. Opt-out facilities also exist in the law, which started as exemptions exclusively related to religion, but which have been extended in the course of time. An example is the possibility of conscientious objection against military service, which is also possible for reasons other than religious ones. In a pluralistic society like the Netherlands in which dominant values have changed considerably over the last few decades, the frame of reference for dealing with issues of religion also changes. What until recently perhaps was a dominant view may have become a minority view. When such views have a religious dimension, issues of religious liberty and religious conscientious objection are at stake. With the introduction of same sex marriages, for instance, the issue of conscientious objection to performing such marriages may be raised by registrars. The state no longer keeps mandatory records of religious affiliation. Censuses are no longer carried out either. However, with the recent rediscovery that religion is more than just a private matter, the state is increasingly interested in religious affiliation and beliefs, as well as in the social effects of religion. Religious sociology is undergoing a revival in the Netherlands, in part due to the interest that public authorities take in research results.

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VIII. State Financial Support to Religion 1. Financial relationships between church and state in general The basic situation is that churches are funded by the believers themselves. The system of church and state relations as it exists in the Netherlands does not allow general state funding of religious activities as such. However, there is a variety of ways in which funding of religious activities takes place. It is not possible to give a precise indication of the actual amount of financial support. Nevertheless, the following analysis will probably provide some insight into its scope.

2. Societal activities provided by churches As was shown above, prior to the development of the welfare state, churches and church linked organizations were active in the fields of education and health, and care for the elderly. With the development of the welfare state, the state started to organize and provide more activities in these fields as well. Thus, a system developed of parallel activities: those offered on a private, often denominational basis, and those offered by public authorities on a neutral, nonreligious basis.12 This situation continues to the present day. The increase of regulation and financial intervention of the state in these domains also affected the private providers. As a result, these activities are usually regulated by the same body of law and share in the same financial system. The denominational background and inspiration of the activities provided on a confessional basis is respected by law.

3. Other socio-cultural activities The Dutch state traditionally has a significant role in the redistribution of financial resources through the tax system. It has developed a well-organized and complex system of facilities for the well-being of its citizens. Traditionally, and certainly at the height of the welfare state, the state (notably, local authorities) has funded many activities in the socio-cultural sector. This is often done on a voluntary basis (not required by the Constitution or parliamentary legislation) and includes cultural activities, sports activities, or youth activities. They are often carried out by the private sector but are funded through public ___________ 12

See also Section 1 and nt. 4.

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subsidies. If these activities are also offered on a denominational basis, and fall within the objective criteria under which these subsidies are offered, they cannot be excluded on the basis of the fact that they have a denominational background. Only if denominational activities result in objective differences that are relevant in terms of the subsidy regulation, this is different. Although these subsidies have decreased in the last decades due to the overall necessity of public budget cuts, the general idea is still valid.

4. Chaplaincy services Public institutions like the armed forces or penitentiary institutions have chaplaincy services, funded by the state. The justification is freedom of religion for the individuals concerned: they live under extraordinary circumstances as a result which they cannot take part in ordinary religious life; the state has some responsibility for people living in these circumstances so the state has a positive obligation to meet for their religious needs. The chaplains are appointed by the Ministers of Defense and Justice, respectively. The religious denominations involved nominate the chaplain to be appointed (whether Christian, Jewish or other). The Protestant Churches co-operate for this purpose. Of course, the numerical situation must be such that the employment of a chaplain of a certain denomination makes sense. Where this is not the case (certainly in the beginning for the Islamic belief), the practice developed of hiring a chaplain on a contractual basis for the services delivered. As hospitals are organized, run and funded different from the armed forces or penitentiary institutions, the organization of the chaplaincy service is slightly different. Hospital boards employ chaplains or hire them on a contractual basis. They are funded through the general hospital funds. An Act of Parliament guarantees the availability of such spiritual care as part of the overall care that the institution provides.

5. Church buildings The general rule is that church buildings are financed by the churches themselves. Many church buildings, especially Christian church buildings, are listed as historic monuments. For such buildings, there are public funds for maintenance and restoration. Such funds also exist for other monuments that form part of the cultural heritage of the country, such as castles, windmills, farms, and city houses. These funds only cover part of the costs. It is becoming increasingly difficult for churches to find the financial resources for the upkeep and restoration of their buildings, listed as well as the non-listed ones. With regard

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to church buildings, specific arrangements exist in the fiscal sphere; their purpose it to prevent undue burdens on the owners of church buildings. In the past, temporary arrangements have existed to support church communities in the establishment of new church buildings. This was the case, for instance, where land was reclaimed from the (inland) sea and new villages and cities were erected. For the purpose of supporting Muslims in the establishment of mosques, temporary subsidies regulations have been enacted, which have now expired.

6. Tax facilities The final category of public support for religions is that of tax facilities. A variety of mechanisms exist in this field. Exemptions or reduced tariffs are available in the context of inheritance tax and donations by groups and individuals to churches. Thus, they encourage private financial donations to religious causes in particular and to churches in general. These facilities are not exclusively available for the religious sector but to all sorts of charities.

7. Current issues From the above, it is clear that the state does not allocate funds to support particular religious organizations or activities such as clergy salaries or church services; in the past (until approximately, the 1950s), however, support for clergy salaries or other particular religious activities did take place here and there at the local level. Currently, the question of funding religious activities has gained a new topicality, especially at the local level. This may occur, for example, in the context of creating favorable financial arrangements for the building of a particular place of worship or the restoration of a particular religious building. It also occurs with new forms of co-operation between state and religious organizations in the socio-cultural sphere. Especially in a time when the state ‘contracts out’ activities which, until recently, belonged to its own domain, such as the provision of particular youth work, and all the more when it is contracting out to one organization only, issues are raised in the public debate about the proper relationship between the state and religious organizations. In the first case, apart from financing, issues about subtle influencing of the religious organizations are debated. In the second case, issues of undue influencing of the public domain by religious organizations are raised. Leaving aside technicalities and the more subtle conditions of such arrangements, from a constitutional point of view, nothing speaks against such arrangements. It must also be borne in mind that the reasons of the state for entering in-

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to such arrangements are not promoting a particular religion as such, but fulfilling public policy goals which coincide with the aims of the religious organizations involved.

IX. Legal Effects of Religious Acts As legal persons, churches can enter into legal relationships under civil law, like any natural person. Buying and selling property, renting and letting property, hiring and firing personnel are common activities of legal persons and churches and religious communities can engage in such activities as well. Obviously, these legal acts need to be valid internally, that is, the persons or bodies acting on behalf of the church must be authorized to do so according to their own constitutions. Churches have their own mechanisms for internal conflict resolution. These mechanisms and the decisions they produce do not have any status under public law; they are decisions made by legal entities under civil law. Where ‘purely’ religious issues are at stake – that is, issues which do not have any civil law dimension – secular courts have no jurisdiction. However, if civil law aspects are stake, secular courts do have competence. Article 17 of the Constitution states: “No one may be prevented against his will from being heard by the courts to which he is entitled to apply under the law.” In cases in which a secular court is competent, this court when approached may step back temporarily pending an ecclesiastical procedure or if an ecclesiastical procedure is still an option. Afterwards, the court may test the case for reasonableness. The subtleties of the relationship between secular courts and ecclesiastical procedures are not fully crystallized, in part due to a lack of cases. It is clear, however, that ecclesiastical decisions as well as decisions of ecclesiastical conflict resolution procedures must comply with fundamental rules of fairness, such as audi et alteram partem and acting in good faith. A special issue is the relationship between civil marriage and religious ceremonies relating to marriage. The only legally valid marriage in the Netherlands is a civil marriage conducted by a registrar. The Civil Code (Art. 1:68) states that religious ceremonies with regard to marriage cannot take place prior to the performance of a legally valid marriage. The church minister who performs a religious ceremony with regard to marriage without having verified the existence of a legally binding marriage is liable to prosecution (Art. 449 Criminal Code). Discussions in the 1990s about the abolition of the requirement of a prior civil marriage before a religious ceremony with respect to the marriage have not led to any change in the law. The existing arrangement has been challenged under Art. 9 of the European Convention on Human Rights. In 1971, the Dutch

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Supreme Court upheld this system as a justified restriction of religious freedom.13

X. Religious Education of the Young As mentioned above, the Constitution outlines the main elements of a dual system of education. Freedom of education allows confessional education to exist alongside public non-denominational education. Freedom of education entails freedom to found a school, to administer a school, and to determine the confessional identity of the school and its teaching. According to the Constitution, elementary confessional schools are financed by the state on the same footing as non-denominational schools. For secondary and higher education, including universities, this is system is adopted through ordinary legislation (as mentioned above). Currently, also Islamic schools are established and funded through this system, both at elementary and secondary levels. Confessional schools are quite popular in the Netherlands; about two thirds of the schools are based on a religious confession. The confessional school authorities determine the confessional character of the school, which may range from strict to quite liberal. Generally speaking, school authorities may also determine whether they have an open admission policy for pupils and require loyalty to the religious denomination for (specific) staff only, or for both. However, in determining this, they need to keep within the margins of the law, e.g., the General Equal Treatment Act. This means at least that they cannot act at will, but must carry out their policy in a consistent manner. Non-denominational schools teach religion as a subject on a neutral, nonconfessional basis. Non-denominational elementary schools may, on a voluntary basis, outside the normal curriculum, offer the option for religious education on a confessional basis. If they do so, this education is funded by the state. Another requirement is that they do not only teach one denomination only but treat the various denominations on an equal basis. This also includes teaching non-religious philosophies like humanism. Of course, there are practical limits to this. The school authorities appoint teachers that represent a specific denomination.

___________ 13

HR 22 June 1971, NJ 1972, 31.

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XI. Religious Symbols in Public Places Dutch neutrality in the public domain does not entail that the public domain must be void of all religious expression. On the contrary, the plurality of religious expressions is respected. Where education is concerned, the Constitution states: “Education provided by public authorities shall be regulated by Act of Parliament, paying due respect to everyone’s religion or belief” (Art. 23, § 3). Practically, this means that there is room for religious expression by teachers and pupils (such as wearing headscarves or crucifixes); however, teachers must be committed to working in a ‘neutral’ environment, that is, to providing public education. The Equal Treatment Act which forbids making distinctions – in this case, by the authorities of the public school – on the basis of religion; other requirements may constitute an indirect distinction on the basis of religion, which is not allowed in principle, but for which justification grounds may exist. Where garments are concerned which completely cover the female pupil’s face, the Equal Treatment Committee set up under the Equal Treatment Act has accepted justification grounds in pedagogical and communicational situations. The Equal Treatment Act is also applicable to the private sector. Obviously, it grants organizations based on a religion or belief room to require loyalty of its personnel to its religious identity, albeit not unqualified; in the case of schools, it also allows them to follow their own admission policy in this respect, again not unqualified. Although private organizations operate in the societal sphere and often provide important social services, they are, legally speaking, not ‘public’. This system – with the Equal Treatment Act as a legal framework which covers many cases in the area of religious symbols in public places – is also applicable to domains other than education. The weighing of justification grounds is obviously not a completely technical or value-neutral operation. This may lead to the fact that similar cases are assessed differently. It also necessitates critical analysis and debate on the arguments and outcomes of specific cases. As regards public buildings themselves, there is no specific law covering the use of religious symbols. Occasionally, a religious symbol such as a crucifix may be found in a town hall. A (non obligatory) prayer may take place preceding the meeting of a town council.14

___________ 14 In this context, mention must be made of a ruling of the European Court of Human Rights in an Italian case concerning a crucifix in a public school ECHR 3 November 2009, Lautsi v. Italy (Application no. 30814/06).

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XII. Freedom of Expression and Offenses against Religion Dutch criminal law contains a variety of explicit references to religion. These relate to expressions, gatherings, and religious rituals.15 Although they are the subject of discussion from time to time, until recently they have mostly been taken for granted. The last few years, however, an intense public debate has emerged over both the legal provisions and their application in concrete situations.16 Over the last few years, some of these provisions have been extended in terms of the grounds of defamation as well as the circumstances in which it takes place and in terms of the maximum penalty. Article 137c of the Dutch Criminal Code penalizes, as serious offenses against public order defamatory statements about a group of persons on the grounds of inter alia their religion or personal beliefs. It also penalizes defamatory statements on other grounds: race, hetero- or homosexual orientation, and physical, psychological, or mental disability. This is includes statements made on the basis of religious conviction (notably relevant with respect to homosexual orientation). The criterion is that the statements were made ‘publicly’ and ‘intentionally’; they include oral and wrtitten statements and images. Similarly, the incitement of hatred of or discrimination against persons or violence against their person or property is penalized as a serious offense against public order (137d). Art. 137e Criminal Code penalizes making a statement ‘for any reason other than that of giving factual information’, which the perpetrator ‘knows or should reasonably suspect to be offensive to a group of persons’ or ‘incites hatred of or discrimination against people or violence against their person or property’. The grounds are those mentioned above. The dissemination of an object or having it in stock for that purpose is prohibited as well. Blasphemy is also covered by the Criminal Code: Art. 147 Criminal Code penalizes, among other things, ‘a person who publicly, either orally or in writing or by image, offends religious sensibilities by malign blasphemies’ as a serious offence against public order.17 Art. 429bis Criminal Code penalizes, as a lesser offense, exhibiting writings or images with such content in a place ___________ 15 The Criminal Code Articles referred to are formulated in quite a detailed manner, as can be expected for such Articles. In the brief reference we make to these Articles, it is unavoidable that some of the nuance gets lost. The relevant provisions are Art. 147, 147a, and 429bis; Art. 137c-137e and 137f; and 429quater. 16 See Sophie van Bijsterveld, Overheid en godsdienst. Herijking van een onderlinge relatie, Nijmegen 22009. 17 See also Art. 147a. Recently, a parliamentary initiative has been introduced to remove blasphemy from the Criminal Code.

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visible from a public road. In a civil lawsuit, an expression may be regarded as wrongful vis-à-vis another party, even if that same expression would not lead to a criminal conviction.

XIII. In Conclusion This essay started with the observation that the relationship between religion and the secular state has again become a hotly debated topic in a variety of forums. Also for the state itself, the controversies that characterize these debates present real dilemmas. Although there is more to it, the integration of Islam into Dutch society is an important element in the debate. Current trends and developments in the legal and political spheres are not always mutually consistent. It will be a challenge to uphold the traditional way of respecting religious liberty and of accommodating religion in legislation as the basic pattern of Dutch law. It is a worthwhile challenge.

Religion und Laizität in Frankreich Blandine Chelini-Pont und Sylvie Toscer-Angot

I. Rückblick auf die Einwanderungswellen nach Frankreich Heutzutage sind alle europäischen Länder mit Zuwanderung konfrontiert, wobei Frankreich und das Vereinigte Königreich sehr lange am meisten davon betroffen waren. Frankreich zählt heute etwa 66 Millionen Einwohner. Der Anteil von Einwanderern an der Gesamtbevölkerung liegt bei 10 % liegt. Die französische Bevölkerung1 ist von einer langen Zuwanderungsgeschichte geprägt.2 Schon im frühen 19. Jahrhundert wurden ausländische Arbeitnehmer angeworben, da es im Zuge der Industrialisierung und bei gleichzeitig sinkenden Geburtenraten zu einem Arbeitskräftemangel gekommen war. Um den Bevölkerungsrückgang infolge der Kriege von 1870/1871 und 1914/1918 zu beseitigen, schloss Frankreich Anwerbeabkommen mit Italien, Belgien und der Tschechoslowakei.3 Damit war Frankreich zur damaligen Zeit eine Ausnahme in Europa. Die meisten anderen Industriestaaten, darunter Deutschland, hatten höhere Geburtenraten und waren vor allem Auswanderungsländer. Ab Mitte der 1950er Jahre kam es aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs zu einer neuen Einwanderungsphase, in der Frankreich Arbeitskräfte vor allem aus Italien, Portugal, Spanien und Polen anwarb. Infolge der Befreiungskriege und im Zusammenhang mit dem Prozess der Entkolonialisierung der früheren französischen Kolonien erfolgte in den 1960er Jahren eine Massenzuwanderung. Aufgrund der Wirtschaftskrise der frühen 1970er Jahre setzte eine neue Immigrationsphase ein. Alle Anwerbeabkommen für Arbeitsmigranten wurden 1974 gestoppt. Viele Einwanderer blieben in Frankreich und holten ihre Familien ___________ 1 Es handelt sich um eine überwiegend städtische Bevölkerung, was auf die in Frankreich früh einsetzende industrielle Revolution zurückzuführen ist. 2 http://www.migration-info.de/mub_artikel.php?Id=030606 (23.9.2012). http://focus-migration.hwwi.de/index.php?id=1231&L=0 (23.9.2012). 3 Zu Beginn der 1930er Jahre war Frankreich nach den USA das zweitwichtigste Einwanderungsland der Welt.

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nach. Seitdem ist der Familiennachzug die zahlenmäßig wichtigste Form der Zuwanderung. Seit den 1970er Jahren haben die Einbürgerungspolitik und der Erwerb der französischen Staatsangehörigkeit durch Geburt oder Heirat eine Ausdehnung der französischen Staatsbürgerschaft auf Wirtschaftsmigranten und deren Familien mit sich gebracht, wobei diese Politik oft als Assimilationspolitik verstanden wurde; das heißt, dass mit dem Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft ein spezifisches Verhalten, und zwar ein unauffälliges religiöses Verhalten im öffentlichen Raum, erwartet wurde. In den 1980er Jahren wurde dieses Konzept völlig erschüttert. Dies lag in erster Linie an der Anprangerung der starken Diskriminierungen, womit sich Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund konfrontiert sahen: Diskriminierung in Bereichen wie Arbeit, Bildung, Wohnung und soziale Anerkennung. Es lag in zweiter Linie daran, dass die Laizität als diskrete Ausübung der Religion im öffentlichen Raum in Frage gestellt und als eine besonders starke heimtückische Diskriminierung angeprangert wurde, da sie zum Rückzug der Religionen in die Privatsphäre führte.

II. Theoretische Hintergründe der Laizität In Frankreich entstand der laizistische Staat nach einer langen Konfrontation zwischen zwei gegensätzlichen Staatsauffassungen und zwei gegensätzlichen Vorstellungen vom Verhältnis zwischen Staat und Religion. Auf der einen Seite entwickelte sich – in Anlehnung an das Ancien Régime – die Vorstellung eines monistischen konfessionellen Staates, der eine Religion bevorzugt und schützt; auf der anderen Seite kam die republikanische Vorstellung eines monistischen, nicht konfessionellen Staates zum Ausdruck, der keine Religion bevorzugt und sie sogar auf die Privatsphäre beschränkt. Die historische – nicht ideologische – Präexistenz des Staates liegt beiden Konzeptionen zugrunde. Der Übergang vom monistischen Staat zum Rechtsstaat, der sich nicht in die Religion der Bürger einmischt und in dem der religiöse Pluralismus einen neuen Verfassungswert darstellt, erfolgte nach langen Auseinandersetzungen. Erst die jüngsten Debatten um die Diskriminierung der Muslime oder anderer Minderheitskonfessionen4 wegen ihrer Religionszugehörigkeit haben zur Berücksichtigung der religiösen Vielfalt der Bürger beigetragen, die ihren Niederschlag in der Gesetzgebung finden muss. ___________ 4

Françoise Gaspart / Farad Khosrokhavar, Le foulard et la République, Paris 1995; Claire De Galembert (Ed.), Le voile en procès, n°spécial, in: Droit et société 68,1 (2008), p. 11-34.

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Der französische laizistische Staat wird heute in den akademischen und intellektuellen Kreisen nicht in Frage gestellt. Staat und Religion sind getrennt. Der französische Staat ist ein neutraler Staat, der sich zu keiner Religion bekennt. Er garantiert seinen Bürgern Gewissensfreiheit. Jeder Bürger hat die Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, seinen Glauben – persönlich und kollektiv – auszudrücken oder keine Religion zu haben. Der Staat sichert den Religionsgemeinschaften das Recht zu, sich als juristische Personen des Privatrechts zu organisieren. Es bestehen allerdings Meinungsverschiedenheiten über die Reichweite des allgemeinen Laizitätsprinzips, das zu den Schwerpunkten des französischen Republikanismus und der französischen Verfassung überhaupt gehört. Inwiefern ist die Laizität eine Zivilreligion, die als Integrationsdiskurs für die französische Bevölkerung dienen soll? Gehört die Laizität zum Schwerpunkt der französischen Identität oder ist sie nichts weiter als der Ausdruck des französischen Rechtsstaates? Für die Verfechter einer strengen Laizität, die in französischen akademischen und politischen Kreisen eine Minderheit bilden, muss der Staat eine distanzierende Haltung gegenüber den Religionen einnehmen. Sie sind der Meinung, dass Religionsgemeinschaften aufgrund ihres Machtwillens und ihres Einflusses auf das Gewissen gefährlich sein können. Die Mehrheit der Intellektuellen und Akademiker (Historiker, Juristen, Philosophen … usw.) sind sich darüber einig, dass der französische laizistische Staat als Folge heftiger Konflikte entstanden ist und antiklerikale Wurzeln hat. Sie sind der Meinung, dass das messianische republikanische Ideal als Ersatz für die Transzendenz zu verstehen war. Sie räumen auch ein, dass die Konflikte nachgelassen haben und der Staat ab Ende der 1950er Jahre die Voraussetzungen für die Glaubensfreiheit auf französischem Boden geschaffen hat.5 Der laizistische Staat gewährleistet die Neutralität des öffentlichen Raumes, er garantiert jedem den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern, die Nicht-Diskriminierung aus religiösen Gründen und die Gleichheit vor dem Gesetz. Er schützt die Gewissens- und Glaubensfreiheit der Bürger. Die Verantwortung des Staates für die Säkularisierung der französischen Gesellschaft steht immer noch zur Debatte. Es stellt sich die Frage, warum es immer weniger Katholiken in Frankreich gibt. Liegt es am Niedergang der kollektiven religiösen Praxis, am Antiklerikalismus im öffentlichen Schulsystem oder am wachsenden Anteil nicht katholischer und konfessionsloser Bevölkerungsteile an der Gesamtbevölkerung Frankreichs? Darüber sind die Meinungen sehr geteilt. ___________ 5 René Rémond (Ed.), Histoire de la France religieuse, T.3, Du Roi très chrétien à la laïcité républicaine XVIIIe-XIXe siècles, Paris 2004.

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III. Verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlagen der Laizität 1. Das Sonderverhältnis zwischen Staat und Kirchen in den verfassungsrechtlichen Texten Die Beziehungen zwischen Staat und Kirchen werden durch verschiedene Quellen geregelt, vor allem durch mehrere Artikel der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789, durch die Präambel der Verfassung von 1946 und Art. 1 der Verfassung von 1958. Anspielungen auf die „Laizität“ lassen sich zwar in diesen Texten finden; nirgendwo aber wird erklärt, was genau damit gemeint ist. Artikel 10 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 garantiert die Gewissens- und Meinungsfreiheit und gilt als Grundlage der Religionsfreiheit: „Niemand soll wegen seiner Meinungen, selbst religiöser Art, beunruhigt werden, solange ihre Äußerung nicht die durch das Gesetz festgelegte öffentliche Ordnung stört.“6

Außerdem wird das Prinzip der Nichtdiskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit aus Art. 1 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte abgeleitet: „Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein.“7

Daraus ergibt sich, dass religiöse und weltanschauliche Überzeugungen denselben Schutz genießen. Seit der Französischen Revolution ist der Staat kein konfessioneller Staat mehr, abgesehen von der Restaurationszeit (1814-1830), in der der Katholizismus wiederum Staatsreligion war. Seitdem ist der Bezug auf Gott, auf religiöse Grundlagen oder auf die göttliche Vorsehung immer seltener geworden. In der Präambel der Menschenrechtserklärung von 1789 steht noch der Hinweis auf das „Höchste Wesen“, der in die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 24. Juni 1793 aufgenommen wurde, die zum Verfassungsblock der V. Republik gehört. Die Anspielung auf das „Höchste Wesen“ wurde allerdings in keiner verfassungsrechtlichen Debatte erwähnt. ___________ 6 http://www.conseil-constitutionnel.fr/conseil-constitutionnel/deutsch/verfassung/er klarung-der-menschen-und-burgerrechte-vom-26-august-1789.25773.html (23.9.2012). 7 Ebd.

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Mit dem napoleonischen Konkordat von 18018 und den sogenannten organischen Artikeln vom April 1802 werden neben dem Katholizismus die reformierte und die lutherische Kirche anerkannt. Im Jahre 1808 folgte auch das Judentum.9 Vier Konfessionen stehen nunmehr gleichberechtigt und staatlich anerkannt nebeneinander.10 Dagegen ist nur private Religionsausübung für andere Konfessionen zulässig. Die französische Niederlage von 1871 führte zu einer fundamentalen Gewissensprüfung, bei der besonders die Mängel des staatlichen Schulwesens hervorgehoben wurden. Mit den Schulreformen der 1880er Jahre11 sollte das öffentliche Schulwesen dem Einfluss der katholischen Kirche entzogen werden. Der Soziologe Jean Baubérot nennt diese Phase die zweite Stufe der Laizisierung.12 Durch das Gesetz vom März 1882 wird die Grundschule kostenfrei, obligatorisch (für alle Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren) und weltlich.13 Es kommt zu einer Entkonfessionalisierung des Grundschulwesens. Die geistliche Schulaufsicht wird aufgehoben und Lehrinhalte werden vom damaligen Erziehungsminister Jules Ferry festgelegt: Biblische Geschichte, Religionsunterricht und „Gottespflichten“ verschwinden aus Lehrbüchern und -plänen. An die Stelle der früheren „moralisch-religiösen Erziehung“ tritt die „instruction morale et civique“14 (moralische und staatsbürgerliche Erziehung). Die Verantwortung für die religiöse Ausbildung der Kinder liegt nun bei den Eltern und den Religionsgemeinschaften. Die „Laizisierung“ des Schulwesens betraf nicht nur die Lehrpläne und die Schulgebäude (Entfernung der Kruzifixe oder religiöser Symbole), sondern auch die Lehrkräfte (Unterrichtsverbot für Ordensleute). Durch das GobletGesetz vom 30. Oktober 1886 darf der Unterricht nur noch von weltlichen Lehrkräften („Laien“) erteilt werden.15 Nun gilt das Prinzip der „Laizität“, d. h. der Bekenntnisneutralität im öffentlichen Schulwesen. Der republikanische, laizistische Staat entwickelt sich auf der Grundlage weltlicher Wertvorstellungen. ___________ 8

Das napoleonische Konkordat blieb bis 1905 in Kraft. Erlass vom 17. März 1808. 10 Man spricht von den vier „cultes reconnus“. 11 In den Augen der Republikaner des Second Empire hatte sich die Katholische Kirche durch ihre reaktionäre Einstellung, ihre Moralordnung, ihre Ungerechtigkeit und ihren Antisemitismus stark kompromittiert. Deshalb sollten künftige Generationen ihrem Einfluss entzogen werden. 12 Jean Baubérot, La laïcité (1905-2005) entre passion et raison, Paris 2004. 13 Ferner wird die Besoldung der Grundschullehrer zunächst von den Gemeinden und dann vom Staat übernommen. 14 Siehe Gesetz vom 28. März 1882. 15 Katholische Priester mussten sich aus den Schulaufsichtsgremien zurückziehen. 9

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Die geltenden verfassungsrechtlichen Texte betonen den laizistischen Charakter der französischen Republik, die die Freiheitsrechte der Bürger, insbesondere die Religionsfreiheit, schützt. In der Präambel der Verfassung vom 27. Oktober 1946, die in die Verfassung der V. Republik vom 4. Oktober 1958 aufgenommen wurde, heißt es: „Es [das französische Volk] bestätigt feierlich erneut die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers, die durch die Erklärung der Menschenrechte von 1789 geweiht sind, und die Grundprinzipien, die durch die Gesetze der Republik anerkannt sind […]. Niemand darf in seiner Arbeit oder seiner Tätigkeit auf Grund seiner Abstammung, seiner Überzeugung oder seines Glaubens geschädigt werden.“16

Der Begriff „laïcité“ taucht zwar in der Verfassung von 1946 nicht auf, die Präambel bestimmt aber im 13. Absatz, dass „die Organisation des öffentlichen, kostenlosen und weltlichen Unterrichts in allen Stufen eine Pflicht des Staates ist“.17 Der Hinweis auf den „weltlichen“ Unterricht bezieht sich klar auf die Laizität. Durch die Verfassung der V. Republik vom 4. Oktober 1958 erhält die Laizität Verfassungsrang. In Art. 1 heißt es: „Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik. Sie gewährleistet die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied der Herkunft, Rasse oder Religion. Sie achtet jeden Glauben. Sie ist dezentral organisiert.“18

Der ausdrückliche Hinweis auf die Laizität wird aber im Verfassungstext nicht weiter präzisiert. Kürzlich hat der Verfassungsrat in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2009 den Verfassungswert des Laizitätsprinzips erneut bekräftigt.

2. Das Trennungsgesetz von 1905 Das Gesetz von 1905 zur Trennung von Staat und Kirchen stellt die wichtigste gesetzliche Grundlage der Laizität19 dar, auch wenn der Begriff „Laizität“ im Gesetzestext nicht zum Ausdruck kommt. Bestandteile der Laizität sind die Trennung von Staat und Kirchen, die Garantie der Gewissensfreiheit, die freie ___________ 16

http://www.verfassungen.eu/f/fverf46-i.htm (23.9.2012). „L’organisation de l’enseignement public, gratuit et laïque à tous les degrés est un devoir de l’Etat“, in: http://www.conseil-constitutionnel.fr/conseil-constitutionnel/ francais/la-constitution/la-constitution-du-4-octobre-1958/preambule-de-la-constitutiondu-27-octobre-1946.5077.html (23.9.2012). 18 http://www.assemblee-nationale.fr/deutsch/8cb.asp (23.9.2012). 19 Das Trennungsgesetz wird als zusätzliche Quelle des Religionsverfassungsrechts verstanden. 17

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Religionsausübung,20 die Neutralität des Staates und das Subventionsverbot für die Religionsgemeinschaften. So heißt es in Art. 1: „Die Republik gewährleistet die Gewissensfreiheit. Sie garantiert die freie Ausübung der Kulte [Religionspraktiken] vorbehaltlich der nachstehenden, im Interesse der öffentlichen Ordnung verfügten Einschränkungen.“ Der Staat garantiert sowohl die individuelle als auch die kollektive Dimension der Religionsfreiheit. Art. 2 Abs. 1 ist seinerseits der Ausdruck der Neutralität der öffentlichen Hand gegenüber allen religiösen Weltanschauungen: „Von der Republik wird kein Kultus anerkannt, besoldet oder subventioniert. Folglich werden ab dem auf die Verkündung dieses Gesetzes folgenden 1. Januar alle Ausgaben für die Ausübung der Kulte aus den Haushalten des Staates, der Departements und der Gemeinden gestrichen.“ Er präzisiert die Umsetzung des Neutralitätsprinzips durch die öffentliche Hand. Außerdem sieht das Trennungsgesetz von 1905 vor, dass die Kirchen oder Religionsgemeinschaften sich in der privatrechtlichen Form von „Kultusvereinen“21 organisieren müssen, die „ausschließlich dem Zweck der Ausübung eines Kultes dienen“ (Art. 4). Sie dürfen keine Subventionen vom Staat, von Departements oder Kommunen erhalten und werden nur durch die Gläubigen finanziert.22 Obwohl der Staat die Religionen nicht subventioniert, muss er doch jedem die Möglichkeit geben, seine eigene Religion frei auszuüben. Das Trennungsgesetz sieht außerdem die Zuweisung der öffentlichen Kultusgebäude (Kirchen, Pfarrhäuser …)23 vor, die den Kultusvereinen24 zur Verfügung gestellt werden. Letztere müssen für ihre Erhaltung aufkommen.25 Der Staat und die Gemeinden müssen nur die Erhaltung der schönsten Bauwerke ___________ 20

Neben dem Trennungsgesetz garantiert das Gesetz vom 2. Januar 1907 die öffentliche Religionsausübung. 21 Der Status der Kultusvereine war im Vereinsgesetz vom 1. Juli 1901 verankert. Art. 1 dieses Gesetzes definiert einen Verein („association“) als einen privatrechtlichen Vertrag, dessen Ziel nicht darin bestand, die Erträge aus diesen gemeinsamen Aktivitäten auf die Vertragsparteien zu verteilen. 22 Die römisch-katholische Kirche verurteilte das Trennungsgesetz und verbot den französischen Katholiken, sich in Kultusvereinen zu organisieren. Hingegen bildeten die Protestanten und die Israelitischen Gemeinden Kultusvereine. 23 Art. 14-17 des Trennungsgesetzes von 1905. 24 Die Kultusvereine (Art. 4) müssen von jeder Pfarrei oder von jedem Konsistorium gegründet werden. Sie dienen „ausschließlich dem Zweck der Ausübung eines Kultes“. Sie dürfen keine Subventionen von Staat, Departements oder Kommunen erhalten. Sie werden durch die Gläubigen finanziert. 25 Am 13. April 1908 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das dem Staat, den Departements und den Kommunen Ausgaben/Unkosten für die Pflege und die Aufrechterhaltung der Kultusgebäude erlaubt, soweit deren Eigentum/Besitz ihnen zugewiesen wird.

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übernehmen, die mit dem Gesetz von 1887 als historische Baudenkmäler unter Denkmalschutz gestellt wurden. Ferner wird die Zuweisung und Verwaltung des Vermögens der Kultuseinrichtungen26 und die Frage der Kultusordnung27 geregelt. Das Trennungsgesetz von 1905 hat das System der „gesetzlich anerkannten Religionen“ beendet, abgesehen vom Elsass und vom Moselgebiet, wo es nicht angewandt wird.28 Es gilt auch nicht für Französisch Guayana, Saint-Pierre et Miquelon und Mayotte. Durch einen Erlass vom Februar 1911 wird das Trennungsgesetz auch in den Überseedepartements (La Réunion, Martinique und Guadeloupe) angewandt.

IV. Religionsfreiheit, Gleichstellung der Religionen und Neutralität des Staates 1. Die verfassungsrechtliche Festschreibung der Religionsfreiheit Die Religionsfreiheit ist in der französischen Verfassung verankert. Es handelt sich um eines der Grundprinzipien des Religionsverfassungsrechts in Frankreich, neben der Gleichheit aller religiösen Weltanschauungen und der Neutralität der öffentlichen Hand gegenüber Religionen und Weltanschauungen.29 Die Garantie der Religionsfreiheit im sogenannten „Verfassungsblock“ kommt durch den Schutz der Meinungs- und Glaubensfreiheit zum Ausdruck. Religionsfreiheit einerseits und Meinungs- und Glaubensfreiheit andererseits sind untrennbar miteinander verbunden. Die verfassungsrechtliche Garantie der Religionsfreiheit beinhaltet die individuelle und die kollektive Dimension von Religion, die das Recht auf öffentliche Kultausübung umfasst. Dazu gehören auch die Organisation der Kirchen oder Religionsgemeinschaften und alle Formen kollektiver, organisierter Religionsausübung. Religionsfreiheit umfasst nicht nur die Freiheit, sich zu einer oder keiner Religion zu bekennen, oder das Recht, die Religion zu wechseln, sondern auch ___________ 26

Art. 3-10 des Trennungsgesetzes von 1905. Art. 25-36 des Trennungsgesetzes von 1905. 28 Das Konkordat wurde 1905 von Seiten des Staates gekündigt, abgesehen vom Elsass und Moselgebiet, die damals zum deutschen Kaiserreich gehörten. Nach ihrer Rückkehr zu Frankreich behielten sie die Regelungen des Konkordats bei. 29 Die französische Verfassung schützt religiöse und nicht religiöse Weltanschauungen gleichermaßen. 27

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die Freiheit, seinen religiösen Glauben im öffentlichen Raum zum Ausdruck zu bringen. In Art. 4 der Menschenrechts- und Bürgerrechtserklärung von 1789, die Verfassungsrang hat, heißt es: „Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.“

Dadurch kommen die Grenzen der Religionsfreiheit zum Ausdruck. So muss das Recht, religiöse Zeichen in der Schule zu tragen, mit der Neutralität des Schulwesens vereinbar sein.30 Deshalb ist auch aggressiver Proselytismus verboten, insofern er die individuelle Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben in Frage stellen kann.

2. Die Gleichstellung der Religionen Die französische Verfassung von 1958 enthält keine ausdrücklichen Regelungen über das Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften. Sie erkennt die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied der Religion (Art. 2) und die Achtung aller Religionen (Art. 1 u. 2) an, was mindestens formal den religiösen Pluralismus garantiert. Diese Konzeption kann die Grundlage für das Konzept einer offenen oder positiven Laizität sein, auf die sich der französische Staatspräsident Sarkozy bei seinem Lateran-Besuch 2007 berufen hatte. Sie ermöglicht eine Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften zwecks der Förderung des Gemeinwohls, insoweit diese Kooperation die Autonomie und den Handlungsspielraum der Religionsgemeinschaften berücksichtigt, auch wenn dieses Prinzip der Zusammenarbeit nicht ausdrücklich in den verfassungsrechtlichen Texten steht. Das heute noch in der Region Elsass-Moselle bestehende Konkordatssystem ist ein deutliches Beispiel für diese Kooperation. Das Prinzip der Gleichstellung von Religionen bedeutet, dass keine Religion einen Sonderstatus besitzt. Dies setzt voraus, dass jeder Glaube und jede Glaubensgemeinschaft keinen diskriminierenden rechtlichen Bestimmungen unterworfen sind. Verletzungen des Gleichheitsprinzips können aber durch die Notwendigkeit des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein oder falls die einheitliche Umsetzung von Richtlinien zu Diskriminierungen führen sollte. Ein Beispiel dafür ist die Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften in den drei Departe___________ 30

Siehe das Gesetz vom 15. März 2004 über das Tragen von religiösen Zeichen.

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ments Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle und in den Überseegebieten, die sich vom restlichen Frankreich unterscheidet. Der Gesetzgeber in Frankreich hat die Aufgabe, den Inhalt und die Tragweite der verfassungsrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Religionsfreiheit zu präzisieren und über Ausmaß und Grenzen der Religionsfreiheit zu bestimmen. Nationale Gesetze sollen unter Berücksichtigung supranationaler und internationaler Regelungen aufgrund des Art. 55 der französischen Verfassung von 1958 verabschiedet werden: „Nach ordnungsgemäßer Ratifizierung oder Zustimmung erlangen Verträge oder Abkommen mit ihrer Veröffentlichung höhere Rechtskraft als Gesetze unter dem Vorbehalt, dass das Abkommen oder der Vertrag von der anderen Vertragspartei gleichfalls angewandt wird.“31

Deshalb muss Frankreich die Konsequenzen aus Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (auf der Grundlage des Artikels 9 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) oder durch den Gerichtshof der Europäischen Union ziehen.

3. Die Neutralität des Staates Das Neutralitätsprinzip der öffentlichen Hand gegenüber religiösen Weltanschauungen32 bedeutet, dass es in Frankreich keine Staatsreligion oder keine offiziell dominante Religion gibt. Die Neutralität des Staates kommt einem Nichtidentifikationsgebot gleich. Der Staat darf nicht für eine bestimmte Religion oder Weltanschauung Partei ergreifen. Er ist nicht befugt, den Inhalt von Glaubensüberzeugungen zu bestimmen oder sich in die Kultusordnung einzumischen. Die Neutralitätspflicht gilt für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, also auch für die Lehrkräfte an öffentlichen Schulen. Neben den Bediensteten gelten auch dieselben Prinzipien für den öffentlichen Dienst überhaupt (zum Beispiel sind religiöse Zeichen auf öffentlichen Gebäuden verboten). Andere Gesetze berücksichtigen die Konsequenzen des Neutralitätsprinzips im öffentlichen Dienst, in dem auch das Gleichheitsprinzip gilt. In der Praxis hat das Tragen von religiösen Zeichen durch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in neuerer Zeit Anlass zu verschiedenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen gegeben. Da das Gleichheitsprinzip der Bürger mit der Neutralität des öffentlichen Dienstes einhergeht, dürfen die Verwaltungen weder Weltanschauungen verletzen noch Diskriminierungen aus religiösen oder welt___________ 31 32

http://www.assemblee-nationale.fr/deutsch/8cb.asp (23.9.2012). Siehe oben Art. 1 der Verfassung von 1958.

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anschaulichen Gründen vornehmen. Während des Dienstes haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine strikte Neutralitätspflicht zu beachten. Schranken der Religionsfreiheit und der Freiheit auf Meinungsäußerung sind im Dienst die Neutralitätspflicht und außerhalb des Dienstes die Pflicht zur Zurückhaltung. Diese Schranken gelten nicht nur für Beamte, sondern auch für Vertragsbedienstete im öffentlichen Dienst. Der Conseil d’Etat hat 2000 erneut betont, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sich bei Verletzung des Neutralitätsprinzips strafbar machen.

4. Die Kontrolle der religiösen Aktivitäten und des Proselytismus durch den Staat Die Kontrolle der religiösen Aktivitäten erfolgt durch die Kultusordnung, die zum großen Teil in den Art. 25-36 des Trennungsgesetzes von 1905 festgelegt ist. Art. 26 besagt, dass es verboten ist, in den dem Kultus dienenden Räumlichkeiten politische Versammlungen abzuhalten. Das Läuten der Glocken oder Prozessionen werden durch Gemeindeverordnungen geregelt (Art. 27). Diese Verordnungen werden mit Rücksicht auf Erhalt der Ruhe, Schutz der Gesundheit und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit durchgeführt. Verstöße gegen diese Bestimmungen sowie Drohungen gegen Personen, die sie zwingen sollten, einem Kultusverein beizutreten oder aus diesem auszutreten, werden mit Geld- oder Haftstrafen geahndet. Die Anwendung dieser Bestimmungen gehört zu den Aufgaben der Bürgermeister, der Präfekten und der Polizei. Vor allem Präfekten werden im Hinblick auf Gottesdienstgebäude zur Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufgefordert. Religiöse Aktivitäten sind durch verschiedene gesetzliche Regelungen oder rechtliche Bestimmungen festgelegt. In Art. L2213-7 des Code general des collectivités territoriales (Allgemeines Gesetz über die Gebietskörperschaften) heißt es, dass Beerdigungen zu den Zuständigkeiten der Bürgermeister oder der Staatsvertreter im Departement gehören, die darauf achten müssen, dass jeder Verstorbene anständig ohne Unterschied der Religion oder des Glaubens bestattet wird. Rituelles Schlachten ist in Art. R214-70 und Artikeln des Code rural (Agrarrecht) verankert. Rituelles Schlachten ist außerhalb eines Schlachthofes verboten. Es ist verboten, Räumlichkeiten, Grundstücke oder Material zum Zweck ritueller Schlachtung außerhalb eines Schlachthofes bereitzustellen.

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5. Der Umgang mit den Sekten Artikel 1 des Trennungsgesetzes von 1905 räumt allen Religionsgemeinschaften das Recht ein, sich nach ihren Vorstellungen zu organisieren. Dies gilt auch für Sekten. Aus dem Laizitätsprinzip ergibt sich, dass der französische Staat nicht befugt ist, eine Unterscheidung zwischen Kirchen, Religionsgemeinschaften oder Sekten zu treffen. Das französische Recht verfügt über keine Definition der Begriffe Religion, Kult, Religionsgemeinschaft oder Sekte. In seiner Entscheidung vom 14. Mai 1982 hat der Conseil d’Etat bestätigt, dass keine Kriterien es erlauben, zwischen Sekten und traditionellen Religionsgemeinschaften zu unterscheiden. Aufgrund seiner religiösen und weltanschaulichen Neutralität kommt dem Staat keine Definitionskompetenz zu. Beunruhigende Vorfälle, die sich in den 1980er und 1990er Jahren im Rahmen religiöser Bewegungen ereigneten, wie zum Beispiel der Massenselbstmord von Anhängern des Ordens der Sonnentempler (Ordre du temple solaire) im Jahr 1995 stellten das Laizitätsprinzip auf die Probe und brachten den französischen Staat dazu, sich mit den neuen religiösen Bewegungen und den Sekten auseinanderzusetzen. Am 11. Januar 1996 wurde der so genannte Guyard-Bericht33 „Les sectes en France“ herausgegeben, der mehrere Kriterien zur Brisanz des Phänomens und 173 gefährliche Gruppen aufstellte. Zur besseren Überwachung der Sekten empfahl der Bericht die Einrichtung einer Beobachtungsstelle. Im Mai 1996 errichtete die Regierung unter Alain Juppé eine solche interministerielle Stelle, die mit der Untersuchung der Sektenphänomene beauftragt wurde. Sie wurde 1998 durch eine interministerielle Gruppe zur Bekämpfung der Sekten (Mission interministérielle de lutte contre les sectes) ersetzt. Das so genannte About-Picard-Gesetz vom 12. Juni 200134 zur „Verstärkung der Prävention und Unterdrückung sektiererischer Bewegungen“35 ermöglichte eine Verstärkung der Anwendung juristischer Maßnahmen zur Bekämpfung der Sekten. 2002 trat ein ständiger interministerieller Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung sektiererischer Abweichungen (MIVILUDES36) an die Stelle der interministeriellen Gruppe zur Bekämpfung der Sekten.

___________ 33 Der Guyard-Bericht war der Bericht einer Enquete-Kommission der Französischen Nationalversammlung. 34 Siehe About-Picard-Gesetz Nr. 2001.504 vom 12. Juni 2001. 35 http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000000589924& fastPos=1&fastReqId=1523732855&categorieLien=id&oldAction=rechTexte (23.9.2012). 36 Mission interministérielle de vigilance et de lutte contre les dérives sectaires.

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In seinem Rundschreiben vom 25. Februar 2008 forderte der französische Innenminister die Präfekten auf, „den staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen neuen Schwung zu geben“. Auffallend ist, dass im Zentrum der Debatten um Sekten vor allem religionskritische Argumente stehen, die in Anlehnung an eine gewisse laizistische Tradition das Gefährdungspotential der Religionen für die individuelle Freiheit hervorheben. Dies erinnert auch in gewisser Hinsicht an die Kopftuchdebatten.

V. Schule und Religionen im laizistischen Frankreich 1. Laizitätsprinzip und religiöse Zeichen in der Schule Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die religiöse Landschaft in Frankreich verändert. Neue Religionen sind hinzugekommen, wie der Islam, der Buddhismus und der Hinduismus, aber auch innerhalb des Christentums ist eine Vielfalt an Konfessionen zu beobachten: eine Vielzahl evangelikaler Gemeinschaften (wie z. B. Charismatische Bewegungen, Pfingstgemeinden, Baptisten, Adventisten, die aus der Einwanderung hervorgegangen sind), orthodoxe Kirchen … usw. Augrund der Einwanderungswellen in den 1960er Jahren ist der Islam die zweitstärkste Religion in Frankreich geworden. Die Muslime stellen einen Bevölkerungsanteil von vier bis fünf Millionen Menschen. Im Lauf der Jahre wurden Forderungen nach dem Bau von Moscheen oder nach der Einrichtung muslimischer Grabfelder auf den Friedhöfen erhoben.37 Die im öffentlichen Raum sichtbaren Veränderungen führten zu lokalen Konflikten, die bald aber „nationalisiert“ wurden. Es kam zu heftigen Diskussionen darüber, ob der Islam in die Institutionen Frankreichs einzufügen war und inwiefern Islam und Laizität vereinbar waren. Der laizistische Staat sah sich in der Praxis (etwa bei der Organisation religiöser Feste oder der Berücksichtigung religiöser Feiertage oder Speisevorschriften38) durch die konfessionelle Pluralisierung herausgefordert. ___________ 37 Claire de Galembert, Die öffentliche Islampolitik in Frankreich und Deutschland: Divergenzen und Konvergenzen, in: Alexandre Escudier / Brigitte Sauzay / Rudolf von Thadden (Hrsg.): Der Islam in Europa. Der Umgang mit dem Islam in Frankreich und Deutschland, Göttingen 2003, S. 46-68, 50 f. 38 Im Lauf der Jahre wurden immer mehr Forderungen nach Unterrichtsbefreiung oder Freistellung vom Sport- oder Schwimmunterricht aus religiösen Gründen laut.

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Die erste Kopftuchaffäre brach im Herbst 1989 aus, nachdem der Leiter eines collège in Creil drei muslimische Schülerinnen im Alter zwischen 13 und 14 Jahren aus der Schule verwiesen hatte, weil sie es ablehnten, ihr Kopftuch in der Schule abzulegen. Der Schulleiter rechtfertigte seine Entscheidung mit dem Grundsatz der Laizität in der Schule. Seiner Meinung nach ließ sich das Tragen eines Kopftuchs in der Schule mit der Laizität nicht vereinbaren. Bald wurde diese Kopftuchaffäre zu einem Thema von nationaler Tragweite, das im Zusammenhang mit der Laizität problematisiert wurde. Der damalige Erziehungsminister Lionel Jospin (PS) rief die Beteiligten zum Dialog auf. 39 Er sprach sich prinzipiell gegen das Kopftuch in der Schule aus, behauptete aber, es sei keine Lösung, muslimische Mädchen von der Schule zu verweisen. Nach Veröffentlichung eines Gutachtens des Conseil d’Etat vom 27. 11. 1989, der bestimmte, dass das Tragen religiöser Zeichen an sich nicht als Verstoß gegen das Laizitätsprinzip in der Schule gewertet werden könne, erließ Erziehungsminister Jospin am 12. Dezember 1989 ein Rundschreiben zum Umgang mit religiösen Zeichen in der Schule.40 Verboten waren alle religiösen Zeichen, die einen aggressiv missionarischen Charakter hatten oder zur Diskriminierung aufriefen. Das Rundschreiben schloss eine Interpretation des Kopftuches als allgemein aggressiv missionarisch oder geschlechtsdiskriminierend aus. Es ließ aber die Frage offen, wann genau ein Zeichen zur religiösen oder geschlechtlichen Diskriminierung aufruft. Trotz der Bemühungen um eine Regelung der Kopftuchfrage in der Schule kam es Anfang der 1990er Jahre erneut zu Konflikten. In einem collège in der Stadt Montfermeil bestimmte die neue Schulordnung am 30. November 1990, dass das Tragen aller Zeichen religiösen, politischen oder philosophischen Charakters in der Schule streng verboten war. Zwei Jahre später annullierte der Conseil d’Etat diese Entscheidung. Nach diesem Urteil kam es im Jahre 1993 zu neuen Kopftuchkonflikten. Der damalige Erziehungsminister François Bayrou veröffentlichte am 20. September 1994 ein Rundschreiben, das „das Tragen von religiösen Symbolen verbot, insoweit sie dergestalt ostentativ sind, dass sie an sich Ausdruck eines aggressiven missionarischen Werbens sind“.41 An keiner Stelle wurde das Kopftuch ___________ 39 Siehe Interview Erziehungsminister Lionel Jospins aus dem Nouvel Observateur vom 26. 10. 1989. 40 Siehe Circulaire du Ministre de l’Eucation nationale, de la Jeunesse et des Sports du 12 .12. 1989: „Laïcité, port de signes religieux par les élèves et caractère obligatoire des enseignements.“ 41 „Il n’est pas possible d’accepter à l’école la présence et la multiplication de signes si ostentatoires que leur signification est précisément de séparer certains élèves des règles de vie commune de l’école. Ces signes sont, en eux-mêmes, des éléments de prosélytisme […]“, in: Circulaire du Ministre de l’Eucation nationale, de la Jeunesse et des

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genannt. Es wurde auch nicht präzisiert, was unter „ostentativen Zeichen“ zu verstehen war. Ob das Kopftuch als solches Zeichen zu gelten hatte, blieb offen. Auf Grundlage des Bayrou-Rundschreibens wurden in den folgenden Jahren mehrere muslimische Schülerinnen von der Schule entlassen, wobei der Conseil d’Etat eine ganze Reihe von Schulverweisen muslimischer Schülerinnen annullierte, wenn nicht nachgewiesen wurde, dass das Kopftuch mit proselytischer Absicht getragen worden war. Diese Urteile schwächten schließlich die Wirkung des Bayrou-Rundschreibens vom September 1994 ab. Im Zusammenhang mit der Forderung nach Passbildern ohne „Kopfbedeckung“ kam im Jahr 2003 die Kopftuchfrage auf die politische Agenda zurück. Auf einem Kongress (20. Jahrestreffen) der UOIF,42 einer der Gründungsorganisationen des CFCM (Conseil français du Culte musulman43), in Le Bourget im April 2003 trat der damalige französische Innenminister Nicolas Sarkozy in seiner Rede vor allem gegen religiös begründete Sonderrechte für Muslime ein. Im Mai wurden mehrere Gesetzentwürfe zum Verbot des Kopftuchs in der Schule in die Nationalversammlung eingebracht. Der Präsident der Nationalversammlung Jean-Louis Debré antwortete darauf mit der Einsetzung einer Parlamentskommission zur Frage der religiösen Zeichen in der Schule (Mission d’information parlementaire sur la question des signes religieux à l’école). Staatspräsident Jacques Chirac berief seinerseits im Juli 2003 eine Kommission ein, die mit der Problematik religiöser Zeichen in der Schule und mit der Anwendung des Laizitätsgrundsatzes in der französischen Gesellschaft beauftragt wurde. Deren Vorsitz hatte ein enger Freund Chiracs und zugleich französischer Bürgerbeauftragter (Médiateur de la République), Bernard Stasi, daher der Name Stasi-Kommission. Letztere bestand nicht aus Politikern, sondern aus „religionspolitischen Experten“,44 die Staatspräsident Jacques Chirac selbst ausgewählt hatte. Die Kommission veröffentlichte ihren Bericht am 11. Dezember 2003, der zahlreiche Beeinträchtigungen des Laizitätsprinzips in der Schule und in anderen öffentlichen Bereichen feststellte. Die Stasi-Kommission plädierte schließlich für ein Verbot „auffälliger religiöser Zeichen“ in der Schule. ___________ Sports n° 1649 du 20.09.1994 relative à „la neutralité de l’enseignement public: port de signes ostentatoires dans les établissements scolaires“. 42 Die UOIF (Union des Organisations islamiques de France) steht bekanntlich der Muslimbruderschaft nahe. 43 Jahrelang hat sich der Staat um die Gründung einer Institution, die die muslimische Religion vertritt, bemüht. Der CFCM (Conseil français du culte musulman) ist ein islamischer Dachverband, der 2003 gegründet wurde. 44 Die Stasi-Kommission hatte als „außerparlamentarische Expertenkommission“ ein größeres öffentliches Gewicht.

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Auch die Parlamentskommission unter dem Vorsitz von Jean-Louis Debré kam zu dem Ergebnis, dass ein Verbot aller sichtbaren religiösen und politischen Zeichen in der Schule notwendig sei. Im Anschluss daran wurde das Gesetz über das Verbot des Tragens religiöser Symbole im März 2004 verabschiedet. Es trat am 15. März 2004 in Kraft. Das neue Gesetz führte aus: „In der Schule ist das Tragen von Zeichen oder Kleidungen, durch die Schüler demonstrativ eine religiöse Zugehörigkeit zeigen, verboten.“45 So blieb das Tragen von sichtbaren, aber unauffälligen Zeichen erlaubt. Verglichen mit dem Gutachten des Conseil d’Etat von 1989 und der folgenden Rechtsprechung bedeutet das Gesetz von 2004 eine Wende in der Praxis der Laizität, insofern es die Grenzen der Religionsfreiheit neu zieht. In diesem Gesetz herrscht eine negative Konzeption von Religionsfreiheit vor: Religionsfreiheit wird als Schutz der individuellen Gewissensfreiheit vor der Religion verstanden. Auf Empfehlung des Berichts der Stasi-Kommission und im Zusammenhang mit den Debatten darüber, wie man mit der wachsenden kulturellen und religiösen Vielfalt umgehen sollte, wurde Ende 2004 eine staatliche Einrichtung zur Bekämpfung von Diskriminierungen und für die Gleichheit, die HALDE (Haute autorité de lutte contre les discriminations et pour l’égalité46) geschaffen. Deren Gründung erfolgte im Zug der Umsetzung der EU-Richtlinie (zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes) vom 29. Juni 2000 in nationales Recht.

2. Religionsunterricht und Laizität Schon 1882 traf der Staat alle Maßnahmen, um an öffentlichen Schulen die Freiheit zur Religionsausübung und zu einem religiösen Unterricht zu garantieren. Neben dem Sonntag wurde damals der Donnerstag vom obligatorischen Unterricht freigehalten, um den Schülern die Teilnahme am Gemeindeunterricht ihrer Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Die Regelungen der 1880er ___________ 45

Siehe Loi n° 2004-228 du 15 mars 2004 encadrant, en application du principe de laïcité, le port de signes ou de tenues manifestant une appartenance religieuse dans les écoles, colèges et lycées publics, in: Journal officiel n°65, 17.3.2004, p. 5190. 46 Siehe Loi n° 2004-1486 „portant création de la Haute autorité de lutte contre les discriminations et pour l’égalité“ (HALDE) 30.12.2004. Aufgabe der HALDE war die Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund von Merkmalen wie Herkunft, Behinderung, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Weltanschauung oder Aussehen vor allem durch die Prüfung und juristische Begleitung von eingereichten Klagen.

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Jahre blieben bis Ende der 1950er Jahre in Kraft. Kirchliche Privatschulen, die sich „écoles libres“ nannten, standen getrennt neben den staatlichen Schulen. Eine Ausnahme bildete die Region Elsass-Lothringen,47 wo die Schulgesetze der 1880er Jahre und das Trennungsgesetz von 1905 nie in Kraft getreten sind48 und das Schulwesen von 1871 bis 1918 unverändert blieb. Die organischen Artikel von 1802 und das Falloux-Gesetz von 1850, das die Volksschule als Konfessionsschule definierte, galten weiter. 1919 wurde der Status Quo von der französischen Regierung bestätigt. Durch den Verlust jeder staatlichen finanziellen Unterstützung seit den 1880er Jahren waren katholische Schulen in eine Krise geraten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wandelte sich diese Situation. Am 31. Dezember 1959 wurde das sogenannte Debré-Gesetz (benannt nach dem damaligen Premierminister Michel Debré) verabschiedet, das den Privatschulen einen vertraglich gesicherten Platz („écoles privées sous contrat“) im französischen Schulsystem zuwies. Das Debré-Gesetz gewährte den Privatschulen, die einen Vertrag mit dem Erziehungsministerium geschlossen haben, staatliche Subventionen für Infrastruktur und Lehrerbesoldung. In den 1980er Jahren wurden vereinzelte Stimmen laut, die den wachsenden Mangel an religiösen Kenntnissen der französischen Schüler an die Öffentlichkeit brachten. Man fing an, über einen Unterricht in Religion in irgendeiner Form nachzudenken. Der so genannte Joutard-Bericht49 aus dem Jahr 1989 über den Unterricht in Geschichte, Geographie und Sozialwissenschaften stellte bei französischen Schülern und Schülerinnen ein großes Defizit im Verständnis der Präsenzformen von Religion in Geschichte und Gegenwart fest. Infolgedessen betonte er die Notwendigkeit, das religiöse Wissen als Kulturgut zu bewahren, und verlangte eine Verstärkung des Studiums von Religion in der Schule. 1996 wurden religiöse Inhalte in die Lehrpläne der Fächer „Geschichte“ und „Französisch“ an den französischen lycées integriert. Im Jahre 2002 wurde dem damaligen Erziehungsminister Jack Lang der so genannte Debray-Bericht50 über „le fait religieux“ übergeben. Er empfahl, Reli___________ 47 Sonderregelungen gelten heute noch in den drei französischen Departements: BasRhin, Haut-Rhin und Moselle. 48 Die Region wurde im deutsch-französischen Krieg 1870/1871 besetzt und annektiert. Erst 1918 wurde sie an Frankreich zurückgegeben. 49 Philippe Joutard war Professor für Geschichte in Besançon. Der Teil des JoutardBerichtes, der sich mit Religion und Religionsgeschichte befasst, wurde unter dem Titel „Enseigner l’histoire des religions“ veröffentlicht in: Educations et Pédagogies 7 (1990), p. 81-97. 50 In den 1960er Jahren machte Regis Debray als Anhänger Che Guevarras auf sich aufmerksam, später als Biograph de Gaulles und schließlich als Berater von Staatspräsident Mitterrand.

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Blandine Chelini-Pont und Sylvie Toscer-Angot

gion bzw. religionskundliche Elemente in schon bestehende Fächer (Französisch, Geschichte, Philosophie und Kunst) einzubauen. Es fiel auf, dass der Bericht hervorhob, dass der „Unterricht über Religion“ („enseignement du fait religieux“) einen objektiven Zugang zur Religion eröffnen sollte, aber kein Wort davon enthielt, wie man dem gerecht werden konnte. In einer Rede zum „Respekt vor dem Laizitätsprinzip in Frankreich“ vom Dezember 2003 unterstützte Staatspräsident Jacques Chirac den Gedanken einer Vertiefung religiöser Kenntnisse in der Schule. Seit zehn Jahren ist das Europäische Institut für Religionswissenschaften51 darum bemüht, dieses Vorhaben umzusetzen. Ob das Konzept des „enseignement du fait religieux“ imstande ist, Schülerinnen und Schüler zu einem neuen Verständnis von Laizität („laïcité d’intelligence“52) zu führen, ist eine offene Frage. Hundert Jahre nach Inkrafttreten des Trennungsgesetzes von 1905 stellt sich heraus, dass das Laizitätsprinzip nicht mehr so streng angewandt wird. Es soll vielmehr relativiert werden, wie am Beispiel des „Unterrichts über Religion“ gezeigt wurde. Der Sonderstatus des Verhältnisses von Staat und Religionen in AlsaceMoselle und in den Überseegebieten sowie die katholischen und jüdischen Privatschulen sind Ausnahmen gegenüber dem Grundsatz der Laizität, die zeigen, dass die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Religionen oder von Schule und Religionen nicht einseitig beantwortet werden kann.

___________ 51 Das Europäische Institut für Religionswissenschaften (Institut Européen en Sciences des Religions IESR) wurde 2002 gegründet. 52 Siehe Debray-Rapport vom Februar 2002: „L’enseignement du fait religieux dans l’école laïque“.

The Right to Freedom of Expression in Islam: A Comparative Perspective∗ Zoila Combalía

I. Introduction The contact between the western world and Islam, which comes about through globalization and the increased migratory flows in Europe in recent decades, is generating a series of conflicts that are the result of a vision of the world and of a scale of values that are partly different. This occurs with the way of understanding the relationship between freedom of expression and religious freedom. As both are subject to protection both in Islam and in the West, the different perspective from which they are contemplated means that when they clash the consideration they are given in one culture and another does not always coincide, and confrontations occur such as that which arose as a result of the publication of caricatures of Mohammed in a Danish newspaper. If efficient solutions are to be provided to intercultural conflicts, mutual knowledge is an essential starting point. This study aims to be a modest contribution in this direction that provides a comparative approximation on the consideration of freedom of expression in Islam and in the West.

II. The Islamic Approach to Human Rights: A Point of Contrast with the West Treating the subject of the Islamic concept of freedom of expression, and its similarities and differences with that of the West, requires prior consideration of the understanding of human rights in both cultures. The main divergence lies in the denominational basis of rights in Islam on being considered gifts of God to human beings so that the latter can fulfill his ___________ ∗

This paper has been published in Spanish in: Z. Combalía, El derecho de libertad de expresión en el Islam: perspectiva comparada, in: VVAA. (coord. Z. Combalía / P. Diago / A. González-Varas), Derecho islámico e interculturalidad, Madrid 2011, pp. 217-261.

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intentions, which is what is indicated by Islamic law (the Sharia). In other words, human rights are not to be found in nature, in a person’s dignity, but rather in the Sharia.1 The introduction to one of the most representative Islamic documents, the Declaration of Human Rights in Islam (The Cairo Declaration) announced by the Organization of the Islamic Conference (OIC) 2 of 1990, illustrates this when it affirms: “in witness of which in accordance with Islam universal rights and essential freedoms are part of the Islamic religion […] and that we are here concerned with inalterable rules contained in the book revealed by God and transmitted by his Prophet in order to complete the preceding divine messages, and taking into account that its protection is an act of adoration and that any transgression of the same is prohibited by the religion. All human beings are responsible for them individually and the community of believers is responsible from them collectively.” Freedoms in Islam are not therefore independent spaces to which anyone can give the content he/she desires provided he/she does not invade the space of others or the rights of third parties, but rather have the content, the purpose, and the limits established by Islamic law. In accordance with this approach, as we are concerned with rights and freedoms that are exercised by human beings who answer to God regarding them, they are recognized as being accompanied by the corresponding obligations and duties; what is more, making possible compliance with his/her duties is the cause of the granting of rights to the individual.3 This is indicated in another of the main Islamic documents, the Universal Islamic Declaration of Human Rights announced in Paris by the Islamic Council of Europe (ICE) in 1981. Before enumerating the catalogue of rights it is made clear that although no reference is made to duties (the opposite is true on numerous occasions),4 each ___________ 1

I tackled the similarities and differences between the Islamic and Western idea of human rights in chapters 5 and 6 of the book: Z. Combalía, El derecho de libertad religiosa en el mundo islámico, Pamplona 2001. 2 The Organization of the Islamic Conference (OIC) currently includes 57 States with a Muslim majority. Cf. at http://www.oic-oci.org (2.2.2011). 3 We – Seyyed Hossein Nasr writes – have certain obligations to God, to nature and to men […]. As a result of compliance with these obligations, we obtain certain rights and freedoms, which are defined by the divine law. Cf. R. Traer, Le soutien des musulmans aux droits de l’homme, in: Conscience et Liberté 49 (1995), pp. 17-24, 19. 4 For example, duties are expressly referred to in the following provisions of the Declaration: “Everyone, member of the Islamic community has the right to be informed of everything that concerns the life of this community, insofar as it affects the general interest of the same. He has a duty to participate according to his abilities and skills, according to the principle of consultation (sura) […]” (Art. 11). “Everyone has the right and duty to ‘order what is convenient and forbid what is wrong’ and also to require the society to create institutions that allow the individual to assume this responsibility to promote solidarity, goodness and mercy […]” (Art. 14.2). “Each spouse has the duty to

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is at the same time a duty for others; in other words, the rights of the subjects are the duties of the ruler, the rights of the father are an obligation of the son, the rights of the wife are a duty for the husband and vice versa, etc. The peculiar consideration of rights in Islam is reflected in international forums of human rights. Islamic countries generally sign United Nations treaties, although it is not unusual for them to introduce reserve clauses on ratifying them that bind their commitment to the compatibility of the Covenant with the Sharia.5 The subordination of rights to the Sharia is also expressed in a large number of Islamic human rights documents. The precepts of the Declaration of the OIC are revealing in that they expressly establish that “all rights and duties stipulated in this declaration are subject to the precepts of the Islamic Sharia” (Art. 24) and that “the Islamic Sharia is the sole source of reference for the clarification or interpretation of any of the articles of this document” (Art. 25). In contrast to western ideas therefore, in Islam the basis of human rights is denominational in nature as it lies in the Sharia, and in consequence the latter determines the content and the limits of rights, which are recognized to be linked to the corresponding obligations and duties.

III. Freedom of Expression in the Sharia The declaration that the basis of freedom of expression is to be found in the Sharia leads us to the consideration of the references made by Islamic law to this subject. In the first place it should be stressed that the affirmation of the recognition of freedom of expression in the Sharia is unanimous. The Koran therefore maintains that “the Compassionate One has taught the Koran. He has created man, he has taught him to explain” (55,1-4). On the basis of this precept, a wide range of documented traditions and practices exist from the times of the Prophet and the early caliphs that defend the idea that freedom of expression has been recognized since the origins of Islamic law.6

___________ respect the privacy of the other and not to disclose his/her secrets and not to reveal his/her physical or mental defects. This right must be respected particularly during and after the repudiation or divorce, ‘and do not forget graciousness between you’.” – The Koran 2,237 – (Art. 20.6). “Education is a right for all. The pursuit of science is also an obligation of all men and women, ‘the pursuit of science is a divine precept imposed on every Muslim man and every Muslim woman‘ (hadith)” (Art. 21,2). 5 A reference to the reservations made by the Islamic countries to the major Human Rights Conventions of the United Nations is in Combalía, El derecho de libertad religiosa (Fn. 1), pp. 114-146. 6 See M. H. Kamali, Freedom of Expression in Islam, Cambridge 1997.

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According to the concept of human rights that we have expounded, in which the latter are granted by God so that human beings can fulfill their mission on earth, the objective of freedom of expression is to manifest truth and defend human dignity. There is no room for the dissemination of evil or immorality in the freedom of expression guaranteed by the Sharia and the latter defines what is the truth and what is good. The Koran therefore, although it affirms that God has given man the capacity and the freedom to express himself, also addresses him so that he may make a direct discourse to establish that “Allah does not like cursing aloud, unless he who does so has been unjustly treated. Allah hears everything, knows everything” (4,148); or that “those who desire the propagation of ignorance among believers will have a painful punishment in this world and in the next. Allah knows, while the rest of you do not know” (24,19). On specifying the content of freedom of expression, it must be taken into account that the Koran and the Sunnah7 establish some limitations, which according to Kamali8 can be divided into moral and legal restrictions. The former appeal to the believer’s conscience in their condemnation of actions such as slander, gossip, lies, ridicule, the exposing of weaknesses of others, and bitter disputes. As for legal restrictions, some that are protected by specific penalties include, among others, public exposure to evil or wounding discourse, libelous accusations, slander, insults, curses, seditious discourse, and blasphemy. Of these limitations prescribed by Islamic law, perhaps the most controversial on human rights forums is that of blasphemy. In Islamic law blasphemy is defined as “insulting God or insulting the Prophet” – sabb Allah aw sabb al-Rasûl – and is superimposed on apostasy to the extent that for a Muslim an act of blasphemy is equivalent to apostasy. It was therefore frequent for classical jurists to consider these concepts to be equal in their treaties and to prescribe the death penalty for them both. In the opinion of some authors however, blasphemy can be separated from apostasy. This is particularly evident when blasphemy against Islam is committed by a non-Muslim, who cannot however apostatize, as he is not a believer. 9 The prohibition of blasphemy in the Sharia tends to protect the Islamic faith. It should however be stressed that respect for other religions is also prescribed. In this case it does not protect beliefs (which do not deserve protection in themselves as they have deviated from the truth) but rather the feelings of those pro___________ 7 In addition to the Qur’an, the other main source of Sharia is the Sunna, which collects, through so-called hadith, the sayings and deeds of the Prophet. On the sources of Islamic law see N. J. Coulson, Historia del Derecho islámico, trad. M. Eugenia Eyras, Barcelona 1998; J. López Ortiz, Derecho musulmán, Barcelona-Buenos Aires 1932; J. Schacht, An Introduction to Islamic Law, Oxford 1998. 8 Kamali, Freedom of Expression in Islam (Fn. 6), pp. 117-250. 9 See ibid., pp. 212 sq.

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fessing them. In this way the Koran refers to non believers as follows: “Do not insult those they invoke instead of invoking Allah, lest they insult Allah without knowledge out of hostility. We have thus adorned the works of each community. They will then return to their Lord and He will inform them of what they have done” (6,108). Finally, it is as well to mention how punitive measures against abusive use of freedom of expression are also considered in the Sharia as a last resort. Islamic law stresses moral persuasion and good advice, appeals to the conscience of individuals, to respect, and to pardon, and establishes that these remedies must be attempted before punitive measures are applied. In short, the Sharia recognizes freedom of expression provided that it is exercised for the good prescribed by Islamic law and with the limitations mentioned in the latter, in some cases accompanied by a punishment. The problem arises, as we shall see, when the application of the Sharia and its restrictions and penalties are transferred from the denominational field to that of state laws.

IV. Freedom of Expression and Islam in International Law 1. Freedom of expression in Islamic declarations of human rights As from the 1980s various Islamic bodies announced a series of documents in keeping with the will to sustain an Islamic identity of human rights, a manner of conceiving them that was genuine, different, and in the opinion of some predated western affirmations. In the doctrine the drawing up of these documents is frequently linked with the Islamic world’s rejection of the westernized slant of United Nations documents. Martín Muñoz refers to the conviction in some Islamic circles “that the Universal Declaration of Human Rights […] was an ethnocentric product devised by European states that kept a large part of the Muslim world in a colonial or semi-colonial situation as a result of Judeo Christian culture that deliberately ignored Islam’s humanistic contribution”.10 ___________ 10

G. Martín Muñoz, La igualdad entre los sexos y la cuestión de los derechos humanos y del ciudadano en el mundo árabe, in: G. Martín Muñoz (Ed.), Mujeres, democracia y desarrollo en el Magreb, Madrid 1995, pp. 3-18, 15. In the same sense see M. Aakoun, Les droits de l’homme en Islam, in: G. Martín Muñoz (Ed.), Democracia y Derechos Humanos en el Mundo Arabe, Madrid 1993, pp. 29-46, 44 sq; D. Arzt, The Application of International Human Rights Law in Islamic States, in: Human Rights Quarterly 12/2 (1990), pp. 203-230; B. Botiveau, Democratie et droits de l’homme: mises en perspective islamistes, in: G. Martín Muñoz (Ed.), Democracia y derechos humanos en el mundo árabe, Madrid 1993, pp. 67-83, 78-80.

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In order to understand the Islamic idiosyncrasy, it is useful to examine carefully the terms in which these texts refer to freedom of expression (which are rather different from those habitually used in the West and in the United Nations), as in accordance with the concept of human rights and freedom of expression previously expounded, its exercising is only guaranteed if freedom of expression is exercised in a responsible manner, orientated towards the spreading of good and the prohibition of religious and moral evil. Art. 22 of the Cairo Declaration thus establishes the following: “a) All human beings have the right to freedom of expression, provided this does not contradict the principles of the Sharia. b) All human beings have the right to prescribe good and to impose what is correct and prohibit what is reprehensible, as is established by the Islamic Sharia. c) Information is a vital need of society. It is forbidden to make tendentious use of it or to manipulate it, or for it to be opposed to the sacred values (of Islam) or the dignity of the Prophet. Neither may anything be practiced that aims to achieve the transgression of values, the dissolution of customs, corruption, evil, or the convulsion of the faith. d) Inciting nationalist or sectarian hatred, or anything else leading to racial discrimination in any of its forms, is prohibited.”11

It can be clearly seen in the above text that as the Sharia represents the basis and the limits of freedom of expression, the exercising of the latter in contradiction to that established in Islamic law would be outside the scope of its protection. As for respect for religious feelings, while the OIC declaration would appear to restrict its protection to the Islamic faith, that of the ICE also includes that of other creeds, ruling that “respecting the feelings of those with different religious opinions is one of the virtues of the Muslim. No-one is authorized to ridicule the beliefs of another person or to provoke the enmity of society against him“ (Art. 12.5). The Koranic verse previously mentioned is quoted to support this precept: „Do not insult those they invoke instead of invoking Allah, lest they insult Allah without knowledge out of hostility […]” (6,108).

___________ 11

With a similar scope to article 12.1 of the ICE Declaration it states that “everyone has the right to think and believe and, therefore, to express what he/she thinks and believes without anyone to interfere whenever he/she keeps within the limits of Islamic law stipulated. Nobody has the right to disseminate or propagate error which could injure the moral or vilify the Islamic community”. Supporting the latter accurately cites the Koranic verse which states: “If the hypocrites and those in whose hearts is a disease and the agitators in the city do not desist, We shall most certainly set you over them, then they shall not be your neighbors in it but for a little while. Cursed: wherever they are found they shall be seized and murdered, a (horrible) murdering (33,60-61).”

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2. Islamic countries and the protection of freedom of expression in United Nations agreements: The International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) Having described the concept of freedom of expression in the major international Islamic texts, we will refer briefly to the attitude of Islamic states to United Nations documents and in particular to the ICCPR, which is concerned with guaranteeing freedom of expression in Art. 19. It can be inferred from an analysis of the debates that were held prior to the approval of the Covenant that the precept devoted to freedom of expression caused no particular difficulties. One of the points that was debated was the advisability of including the following clause: “the exercising of the right contemplated in the second paragraph of this article (freedom of expression) involves special duties and responsibilities.” It should be taken into account that although the clause is in keeping with Islamic thought, it was not inserted owing to an Islamic initiative but as a result of the approval of an amendment formulated by the United Kingdom. Opposition to the proposal (in particular sustained by the United States) was based on the fact that during the process of the drawing up of the Universal Declaration of Human Rights it had been unanimously agreed that “more emphasis should be given to the rights than the duties, and in consequence it was decided that the matter of duties and responsibilities would be covered in a single article that was placed at the end of the Declaration”.12 On the other hand, it was also argued that “the other precepts of the first draft of the Covenant may imply duties and responsibilities; it would therefore be unnecessary and dangerous to refer to these duties in only one article when they are implicit in other articles”.13 The positions in favour of the amendment, which was finally introduced, underlined how the precious heritage of freedom of expression is at the same time a dangerous instrument owing to the influence of the media; for this reason it is important to emphasize the duties and responsibilities that its exercising involves. In the discussions, although the Egyptian delegate supported the British amendment, emphasizing responsibility in the exercising of freedom of expression,14 no particular Islamic position was detected as to the terms in which the text is drawn up and its acceptance. As we have affirmed, Islamic countries tend to ratify United Nations treaties on human rights, as they have also done in the case of the ICCPR, which was ___________ 12

Intervention of Mrs. Roosevelt, US Representative and President (UN Doc. E/CN. 4/SR.165, p. 15). 13 Ibid., p. 14. 14 UN Doc. E/CN.4/SR.165, p. 16.

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ratified by 50 of the 57 member states of the OIC.15 However, some countries such as Egypt made declarations subjecting the extent of their commitment to the Covenant to its compatibility with the Islamic Sharia. Only one state, Pakistan, introduced an express reservation to Art. 19. In this reservation it stated that “the Islamic Republic of Pakistan declares that the precepts of Articles… and 19 will be applied insofar as they do not violate the precepts of the Constitution of Pakistan and the laws of the Sharia”.16 These reservations gave rise to observations from third party states to the effect that they are incompatible with the objective and the intention of the Covenant. Linking it to compatibility with the Sharia does not allow clear knowledge of the commitment incurred by the state, owing to which such a link is incompatible with the Vienna Convention on the Law of Treaties. In short, it does not seem that freedom of expression, in the terms in which it is included in the Covenant, is the right that has led to most disputes for the Islamic countries, but rather those of religious freedom and equality of women. Nevertheless, analysis of the few declarations and reservations formulated confirms the Islamic subordination of freedom of expression to that established in the Sharia. Some authors have wondered whether blasphemy could be understood to be among the limitations included in Art. 19 of the ICCPR, to be precise in the limitation of law and order.17 This is because of the potentiality of blasphemous expressions to incite disturbance, as was revealed for example by the riots stirred up by the publication of “The Satanic Verses” by Salman Rushdie or the caricatures of Mohammed in the Danish press. At this point it was proposed 18 that Art. 19 of the Covenant should be interpreted along the lines followed by the European Court of Human Rights for the European Convention in the OttoPreminger-Institute versus Austria case, considering that the confiscation of a blasphemous film in which God, Jesus, and the Virgin were ridiculed constituted a legitimate restriction to freedom of expression protected by law and order. The ruling alleged that “the Court cannot avoid the fact that the Catholic faith is that of the immense majority of Tyrolese. By withdrawing the film the Austrian authorities have acted to protect the religious peace in the region and to prevent

___________ 15

Of the 57 states that are currently members of the OIC have ratified the Treaty all except Saudi Arabia, Brunei, UAE, Malaysia, Oman, Palestine, Qatar. See in: http:// treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=IV-4&chapter=4& lang=en (29.8.2012). 16 In: UN Doc. E/CN.4/SR.165, p. 19. 17 M. A. Baderin, International Human Rights and Islamic Law, Oxford 2003, p. 128. 18 Ibid., p. 129.

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people feeling attacked as to their religious feelings in an unjustified and offensive manner”.19

V. Freedom of Expression and Religion in Current Internal Laws of Islamic Countries 1. Recognition of the right to freedom of expression in Islamic countries Most Islamic countries guarantee freedom of expression in their constitutions.20 Some authors maintain that law in these countries should emphasize that freedom of expression is “in harmony with the normative guide of the Koran and the Sunnah, which on the one hand forbids coercion in religious matters and on the other requires the individual to take an active part in the search for moral rectitude and the defense of truth. Those who are subject to these Islamic rules enjoy full freedom of expression but are also required to observe the limitations necessary to guarantee a responsible use of this freedom and avoid excesses”.21 In Kamali’s opinion, with the aim of highlighting Islamic inspiration the constitutional ruling should be completed with development legislation to reflect this responsible exercising of freedom that is typically Islamic, including references to Koranic concepts such as hisbah (prescribing good and prohibit___________ 19 Adding that: “it is in the first place for the national authorities, who are better placed than the international judge, to assess the need for such a measure in the light of the situation obtaining locally at a given time. In all the circumstances of the present case, the Court does not consider that the Austrian authorities can be regarded as having overstepped their margin of appreciation in this respect” (Judgement ECHR, Otto Preminger-Institut Austria, 20. September 1994). 20 I transcribe the constitutional articles of three of the Islamic States to which I shall refer later in which they have been problematic restrictions on freedom of expression. Thus, the case of Pakistan where the Constitution provides in article 19 that “every citizen shall have the right to freedom of speech and expression, and there shall be freedom of the press, subject to any reasonable restrictions imposed by law in the interest of the glory of Islam or the integrity, security or defense of Pakistan or any part thereof, friendly relations with foreign States, public order, decency or morality, or in relation to contempt of court, [commission of] or incitement to an offence”. In Egypt Art. 47 provides that: “freedom of opinion shall be guaranteed. Every individual shall have the right to express his opinion and to publicize it verbally, in writing, by photography or by other means of expression within the limits of the law. Self criticism and constructive criticism shall guarantee the safety of the national structure.” Finally, the Constitution of the Republic of Iran provides that: “Publications and the press have freedom of expression except when it is detrimental to the fundamental principles of Islam or the rights of the public. The details of this exception will be specified by law” (Art. 24). 21 Kamali, Freedom of Expression in Islam (Fn. 6), p. 260.

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ing evil), nasihah (moral advice), shura or consultation, and cooperation in good works (ta’awun). To my way of thinking, the introduction of these moral exhortations into the fields of secular law causes problems, either that of their inefficiency if they are not accompanied by penalties or that deriving from confusion and identification between moral order (more demanding and aiming at the complete welfare of the person) and legal order (less demanding and limited to the protection of common good) in the opposite case.

2. Anti-blasphemy legislation in some Islamic countries Referring specifically to the legislation of some Islamic countries in cases of conflict between freedom of expression and religion under the protection of that laid down by the Sharia, anti-blasphemy laws have been especially controversial. The case of Pakistan is an example. The law was introduced in 1986 to defend Islam and its Prophet from offences and insults. The penal code indicates that “anyone who by means of words, whether orally or in writing, or by printing or by any imputation, gossip, or insinuation, whether directly or indirectly, should desecrate the sacred name of the Holy Prophet Mohammed (peace be with him) will be punished by the death penalty or life imprisonment and will also pay a fine”, and that „anyone deliberately desecrating, damaging, or dishonouring […] the Holy Koran […] will be punished with life imprisonment” (Art. 295 b and c). Likewise, anyone “who either directly or indirectly desecrates the sacred name of any woman or member of the family of the Sacred Prophet” will be given a prison sentence of up to three years and/or fined (Art. 298 a), and anyone consciously offending or attempting to offend the religious feelings of any Pakistani citizen will be given a prison sentence of up to ten years and/or fined (Art. 295 a). The problem is not only that of the harshness of the law but also that of its application, which sometimes occurs in the service of personal interests or as an instrument of religious repression against certain minorities (essentially Christians and Ahmadis), as has been reported to the United Nations and is reflected in the reports on religious freedom in the world that have been published by various bodies.22 It has therefore been emphasized that in Pakistan “between ___________ 22

The blasphemy law has also been used in Pakistan to censor websites. Among the sites at risk are some important sites as Google, YouTube, Yahoo!, Amazon, Bing, MSN and Hotmail, alleged to contain materials that offend Muslims and their religion. Following the instructions of the Ministry of Information and Technology, the spokesman of Pakistan Telecommunication Authority, Jurram Mehran, announced on June 26, 2010, pursuant to a judgment of a court of Bahawalpur, that he had ordered to block eight YouTube and eight more pages, responding to a request referred to the presence of

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1986 and 2010 at least 993 people have been accused of having desecrated the Koran or slandered the prophet Mohammed. Of these 479 were Muslims, 120 Christians, 340 Ahmadis, 14 Hindus, and 10 belonged to other religions. This also constitutes a pretext for individuals or enraged crowds to carry out assaults, acts of personal revenge, or extrajudicial murders, 33 in total. From 2001 to the present at least 50 Christians have died under the pretext of the blasphemy law. To this can be added those other minorities of the country that have been victims of violence inflicted by Muslim extremists, which in some cases have ending up attacking the Muslims in their turn. The community of the Ahmadi creed, a faith of Muslim inspiration that does not recognize Mohammed as the ultimate prophet (for which reason Sunnis and Shiites consider them to be heretics) has declared that in 2009 at least twelve of their followers were executed. Since 1984, 107 Ahmadis have been murdered and 719 arrested. The problem caused by this law on blasphemy became much more serious in 2001 when anti-western feeling increased all over the country, reaching its height with the intervention of the United States in Iraq and Afghanistan”.23 The Special Rapporteur of the United Nations Human Rights Commission presented a series of recommendations to the Pakistani authorities, pointing out that blasphemy “as an attack against faith may be subject to special legislation. However, this legislation cannot be either discriminatory or a source of abuse; neither can it be so vague that it goes against human rights and in particular against those of minorities. […] The application of the death penalty for blasphemy seems disproportionate and even unacceptable”.24 Pakistan has not been the only Islamic country to apply blasphemy in a controversial manner. In relation to Bangladesh, the Special Rapporteur reported ___________ material “against the fundamental principles of Islam”. “If the bonds and offensive material against Islam continue to appear in these pages, they will be blocked.” See Aid to the Church in Need (ACN), 2010 Report on Freedom religion in the World, p. 392 sq. 23 Cf. in the report published by the State Department in the United States International Religious Freedom Report in http://www.state.gov/g/drl/rls/irf/2010/index.htm (2.2.2011), the Report on article 19 of the ICCPR of the European Centre for Law and Justice in http://www.eclj.org/pdf/ECLJ_DraftGeneralCommentNo34-Article19_20110 201.pdf (29.8.2012), and ACN, 2010 Report on Freedom religion in the World, p. 384. The reports include several cases in which the law was applied as a tool for personal interests or Islamic extremism. 24 It is illustrative of the discriminatory application of the crime of blasphemy, the fact that “some Ahmadis have been sentenced to prison for blasphemy for preaching their faith, which Muslims consider as an attack against their own religious beliefs” (UN Doc. E/CN.4/1999/58, 11 January 1999, Commission on Human Rights, 55th session, n. 85). About how Pakistan uses blasphemy law against the Ahmadiyya community and some Christian groups, see also UN Doc A/54/386, September 23, 1999, General Assembly, 54th Session.

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that on her return to the country the writer Taslima Nasreen25 had been the subject of exhortations for her to be killed issued by Muslim extremists who accused her of blasphemy. The lawsuit against the writer was reactivated by virtue of Article 295 of the Penal Code, which penalizes the deliberate and malicious insulting of religious feelings; a warrant was issued for her arrest together with an order to confiscate her possessions.26 In Indonesia, interpretations and activities constituting a departure from the basic principles of one of the six official religions are forbidden, and insulting or defaming these beliefs is punished with prison sentences of up to five years. According to a ruling of 1965, the recognized religions are Islam, Protestantism, Catholicism, Buddhism, and Hinduism. In 1998 Confucianism was added to the list. The precept has recently been subject to an appeal for unconstitutionality presented in October 2009 by a group of non governmental and private Indonesian organizations led by the ex president Abdurrahman Wahid, a Muslim and defender of religious freedom. The appellants argued that the law violated the constitutional right to freedom of expression and the obligations of Indonesia within the framework of international human rights treaties. However, in sentence 8-1 of 19th April 2010, the Constitutional Court ruled that the law is a legitimate restriction of the religious beliefs of minorities because it allows the maintaining of law and order.27 The law on blasphemy has been used to prosecute and imprison the members of religious minorities and traditional religious communities and has also served as a legal basis for a series of discriminatory governmental regulations, such as the Decree of June 2008 that forbade Ahmadis to take part in any public religious activity on the understanding that they had gone astray from the teachings of Islam, threatening offenders with up to five years in prison.28 ___________ 25 Feminist writer who became famous in the late twentieth century for his severe criticism of Islam in his book “Revenge”, for which he was repeatedly threatened by Islamic fundamentalists being forced to leave the country. 26 UN Doc A/54/386, September 23, 1999, General Assembly, 54th Session. 27 The press reported that members of Islamist groups, including the Islamic Defenders Front (IDF) attended the weekly audience of the Constitutional Court on the law with the intention of pressing. Group members are accused of having led a violent attack on the lawyers’ petitioners in the Constitutional Court building after the last court hearing on March 24. Cf. Human Rights Watch, in http://www.hrw.org/es/news/2010/ 04/19/indonesia-fallo-judicial-es-un-retroceso-en-la-libertad-religiosa (29.8.2012). See information on this issue also in: http://www.article19.org/search-results/index.html? freetext=religion (29.8.2012). 28 The decree was issued following a violent attack on June 1, 2008, of more than 500 Islamic militants against a group of protesters supporting religious pluralism. A group, calling themselves the Islamic Troop Command injured more than 60 demonstrators. Several members of Ahmadiyah were hospitalized.

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Albeit in the absence of specific legislation penalizing blasphemy, there have been other abuses in other Muslim countries. In Afghanistan for example, the Constitution establishes that when there is a legal vacuum on any subject Hanafí Islamic law is applied (Art. 130),29 which means that interpretation of the cases of accusation of blasphemy are left in the hands of the Sharia courts. The situation is the same in Nigeria, where in October 1999 12 of the 36 states of the Federation expanded the application of the Sharia from the sphere of family law to that of criminal law.30

3. Comparative assessment with laws of European countries In the laws of European countries rules also exist to punish blasphemy or offences to religious feelings.31 The main differences from the cases mentioned from Islamic countries are that European regulations punish incitement to hatred or offence in particularly serious cases, but never criticism; moreover, punishment extends to different religions, with proportionate penalties, and these rules have a very limited application.32 The Parliamentary Assembly of the Council of Europe issued a Recommendation in 200733 to the effect that blasphemy as a mere insult to a religion should not be considered an offence, and ___________ 29

Within the Sunni community, there are four schools of law: Hanafi, Maliki, Shafei and Hanbali. The Hanafi school, founded by Abu Hanifa (VIII century) sits mostly in Turkey, India, Jordan, Iraq, part of Egypt, Libya and Sudan. It is the most rational, not because they replace the revelation by reason, but because it tries to extract the full potential revelation through reason. 30 ACN, 2010 Report on Freedom religion in the World, p. 372. 31 A list of current European legislation on blasphemy, an offense of religious feelings or hate speech can be found at: Blasphemy, insult and hatred. Finding answers in a democratic society, en “Science and technique of democracy”, n. 47, Council of Europe Publishing, March 2010, pp. 149 sq. The European Commission for Democracy through Law or the Venice Commission, an advisory body the Council of Europe established in 1990, developed a Report on Freedom of Expression and Freedom of Religion. See http://www.venice.coe.int/docs/2008/CDL-AD%282008%29026-e.asp (29.8.2012). It examines European legislation and states that blasphemy is considered an offense in a few States: Austria, Denmark, Finland, Greece, Italy, Liechtenstein, the Netherlands and San Marino. Ridicule or religious insult in almost half of the States: Andorra, Cyprus, Croatia, Czech Republic, Denmark, Spain, Finland, Germany, Greece, Iceland, Italy, Lithuania, Norway, Netherlands, Poland, Portugal, Russia, Slovakia, Turkey and Ukraine. Hate speech is considered as a crime in all countries of the Europe Council except in Andorra and San Marino. 32 Vid infra footnote 43 on the application in the last few years of the offences of defamation, blasphemy and hate speech in the Danish Criminal Code. 33 Recommendation 1805 (2007) on Blasphemy, religious insults and hate speech against persons on grounds of their beliefs.

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recommended to the Committee of Ministers that they should ensure that the internal laws of the member states be revised in order to decriminalize blasphemy in the sense mentioned (points 4, 5, and 17.2.4).34 Hate speech is another matter; in the Assembly’s opinion it should be penalized when it is directed at a person or group of people to incite to hatred, discrimination, or violence against them owing to their beliefs (point 12). The Recommendation mentioned clarifies that religious faiths are legitimated to condemn in a moral sense and to impose religious penalties on offences to beliefs, but not punishments threatening the life, the physical safety, the freedom, or the property of persons or a violation of their fundamental rights (point 13).

VI. The Debate between Islam and the West on International Forums: The Analysis of some Conflictive Cases 1. Conflicts between freedom of expression and respect for religious feelings Among the cases in which respect for religious feelings has acted as a restriction to freedom of expression in Islam, one of the first cases to have a strong impact on the international community was that of the writer Salman Rushdie.35 On 14th February 1989 as a result of the publication of the book “The Satanic Verses”, Ayatollah Jomeini announced an obligatory fatwa – hukm36 – against its author, Salman Rushdie, in the following terms: “I hereby ___________ 34

The above recommendation means that the domestic laws of the Member States should only penalize expressions about religious matters when willfully and severely public order is disturbed or violence incited (15). The difference between concepts like blasphemy, religious insult, incitement to hatred, defamation of religion or other similar, is not always accurate. On this issue see F. Pérez-Madrid, Incitación al odio religioso o “hate speech” y libertad de expresión, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 19 (2009), pp. 1-28. 35 On the Salman Rushdie’s affaire see the report of the Association for World Education (in UN Doc E/CN.4/1999/NGO/43, January 29, 1999, Commission on Human Rights, 55th session). 36 Fatwa is defined as “a jurisprudential opinion, answer to a legal issue by an expert in fiqh, explanation made by the mufti on the application of the law in a particular case”. It should be noted that the Shiite fatwas have special authority (Maíllo F. Salgado, Dictionary of Islamic law, Gijón 2005, p. 79 sq). Although many times both are named fatwa, it is necessary to distinguish between two types of religious rulings in Iran: a fatwa and a hukm. The first is valid only during the life of religious authority that has issued it, the second remains in effect after his death. Despite the Western habit of calling the edict against Rushdie fatwa, it is a hukm. “This is not a fatwa that has expired with the death of religious leader who issued […] is a hukm which is permanent and remains in effect until you run” (Ayatollah Javardí-Amoli, February 1997).

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communicate to the proud Muslim people of the world that the author of the book The Satanic Verses (a book against Islam, the Prophet, and the Koran) and all those who have taken part in its publication being aware of its contents are condemned to death”, adding that “anyone dying in the cause of freeing the world from Rushdie will be considered a martyr and will go straight to heaven”. Although three days later Alí Hoseyni Jamenei, the president at the time, declared that if Salman Rushdie should repent „the people might forgive him“, Ayatollah Jomeiní, after an insufficient apology from Rushdie, completed his religious fatwa – hukm – as follows: “Even if Salman Rushdie should repent and become the most pious man of our times, it is the duty of all Muslims to use all that they have, their lives and their wealth, to send him to hell […]. If a non Muslim should learn of his whereabouts and can execute him before Muslims do, it is up to Muslims to pay him a reward or fees for this action.“37 Four years later, the Iranian president Akbar Hashemi Rafsanjani referred to the fatwa against Salman Rushdie by saying that „it is prescribed by an age-old Islamic law. Even if the Imam (Ayatollah Jomeini) had not pronounced it, the fatwa could have been found in the books of great Islamic scholars. It is written that whoever curses the Prophet is condemned to death”.38 Since the Salman Rushdie affair there have been various cases that have given rise to an intense international debate on restrictions to freedom of expression based on respect for religion. I will go on to refer to another of these confrontations: that arising as a result of the publication in the Danish press of caricatures of Mohammed;39 this case is of particular interest because the internationalization of the conflict led to the pronouncing of various legal and political petitions, and to be precise to thought-provoking declarations from the United Nations. The chronology of the facts was as follows: On 30th September 2005 a Danish paper, the Jyllands-Posten, published a series of caricatures of Mohammed showing the prophet with a turban in the form of a bomb with the fuse alight at the entrance to Paradise offering young virgins to the perpetrators of suicide attacks, with a turban with points suggesting both the horns of the devil and a half moon, etc. In other words, most of the ___________ 37

The Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions condemned this unusual appeal to the arbitrary execution in filing its annual report to the Commission. The Government of Iran responded by pointing out their position clearly: “The intervention of the Special Rapporteur in the case of Salman Rushdie’s serious crime against Islam and the Muslim world was outside its mandate and therefore was not justified” (UN. Doc. E/CN.4/1990/22, 254). 38 Time International, May 24, 1993. 39 I dealt with this issue in Z. Combalía, Libertad de expresión y difamación de las religiones: el debate en Naciones Unidas a propósito del conflicto de las caricaturas de Mahoma, in: Revista General de Derecho Canónico y de Derecho Eclesiástico del Estado 16 (2009), pp. 1-31.

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images identified Islam with the violating of women’s rights or with terrorism. A week after their publication, the Islamic community of Denmark demanded an explanation that the newspaper refused to give. On 12th October, eleven ambassadors from Muslim countries issued a formal written protest to the Government and asked to be received by the Prime Minister, who refused alleging that “the inclination to submit everything to a critical debate is what has driven the progress of our society […]. This is why freedom of expression is so important. And freedom of expression is absolute. It cannot be negotiated […]”. As from the government’s refusal to receive the diplomats the conflict became international and was included as a matter for debate at the OIC summit that filed a protest to the United Nations. This was followed by a boycott of Danish products, riots, demonstrations, etc. The turn of events meant that Denmark was forced to break its silence, and on 29th January 2006 the chief editor of the cultural section of the Jyllands-Posten appeared on one of the major television channels of the Arab world to apologize, not for the publication, but for the fact that this had unintentionally offended Muslims. Three days later the Danish Prime Minister made an announcement along the same lines. In early February, given further confrontations and attacks on Danish embassies, the United Nations, the European Union, and the OIC took the unprecedented decision of publishing a joint declaration to call for moderation and calm. For a legal assessment of the events described, Danish law (in a similar way to that of other European legislations40) not only guarantees freedom of expression but also protects respect for religious feelings, even with prison sentences for the most serious attacks as acts such as defamation,41 blasphemy, and instigation to racism are considered crimes.42 As for blasphemy, it is considered that “anyone who ridicules in public or insults the dogmas or the faith of a religious community that legally exists in this country may be given a prison sentence of ___________ 40

As noted above the current European legislation on blasphemy, offense of religious feelings or incitement to hatred can be seen at: Blasphemy, insult and hatred..., p. 149 sq. On the conflict between freedom of expression and freedom of religion in Europe see, besides the aforementioned work of Pérez-Madrid, Incitación al odio religioso o “hate speech” (Fn. 34); J. Martínez-Torrón, Libertad de expresión y libertad religiosa en la jurisprudencia del Tribunal Europeo de Derechos Humanos, in: Quaderni di Diritto e Politica Eclesiastica 16/1 (2008), pp. 15-42 and D. García-Pardo, La protección de los sentimientos religiosos en los medios de comunicación, in: Ius Canonicum 79 (2000), pp. 125-155. 41 “Any person who violates the honor of another person with offensive words or conduct or making or spreading allegations that could result in that person to discredit their fellow citizens can be punished with a fine or imprisonment not exceeding four months” (Art. 267). 42 Art. 266 b) punishes those who “publicly or with the intention of dissemination to a wider circle of persons, makes a statement or imparts other information threatening, insulting or humiliate a group of persons on account of race, color, national or ethnic origin, belief or sexual orientation”.

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up to four months, or a fine in the event of attenuating circumstances” (Art. 140). Although in the case of the caricatures the public prosecution service understood that there were no indications of any of the criminal types mentioned, 43 it declared that it was not true, as the newspaper repeatedly affirmed, that an unlimited right existed to express opinions on religious matters and that the argument of the Jyllands-Posten that the requiring of special consideration for religious feelings is incompatible with freedom of expression and that “everyone has to be prepared to withstand taunts, mockery, and ridicule” is not a correct one, at least from the legal point of view. 44 The affirmation that freedom of expression is legally unlimited is in opposition to that prescribed in international documents, to be precise in both Art. 19.3 and Art. 20 of the ICCPR referring to religious or racial hatred. In relation to these precepts, the United Nations Rapporteur affirmed on the contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia, and related forms of intolerance regarding the attitude of some sectors of western public opinion given the conflict of the caricatures, that “its intransigent defense of freedom of expression with neither limits nor restrictions is not in keeping with international rules, which maintain a necessary balance between freedom of expression and freedom of religion, in particular as to not inciting religious and racial ___________ 43 Related to article 140 stated that expression – even offensive or insulting – of an opinion is a generally accepted practice in Denmark. In fact, since the adoption of this provision of the Criminal Code in 1930, there had been only three actions based on it, the last in 1971, which ended with the acquittal. The last sentence of this provision dates from 1938 and refers to a pamphlet that interpreted Jewish holy texts urging the violation of non-Jewish women. The Danish legal practice is reluctant to punish statements or declarations “artistic” under the crime of blasphemy. They argued that the cartoons had no intention to ridicule or scorn towards Muhammad or Islam but criticism of Islamic groups that commit terrorist acts in the name of religion. Regards Article 266, b) the prosecutor argued that it also must be interpreted strictly and that the drawings do not contain general references to Muslims nor represented them in a derogatory or demeaning way. 44 Outside the criminal field, the Act of 6 June 1991 on the responsibility of the media, established the Press Council (Pressenoevnet), an independent public body responsible for checking whether any publication meets two basic conditions: a) if it goes against the ethics of the media, and b) if a medium is required to publish a correction and, if so, the content, form and location of the rectification. The Board receives and considers complaints from individuals within four weeks of publication and it can also act on its own (this has occurred only once in 1997). Regarding the cartoons, the Council rejected two complaints alleging that they had been filed out of time. However, a month before the publication of the cartoons, the Danish broadcaster Radio Holger had issued a controversial program in which the announcer asked the deportation of all Muslims to their countries of origin, their physical elimination of European soil. Following the broadcast of the program, the National Radio and Television of Denmark withdrew the license of Radio Holger for three months.

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hatred, and that these rules have been agreed by all member states of the United Nations in international documents based on human rights”.45 Normally freedom of expression and of religion not only do not come into conflict but complement each other. However, in isolated cases (although these are becoming more and more infrequent) they come into conflict with each other when free expression redounds not to the manifestation but to the defamation of religion. In these cases it is habitual for Islamic and western perceptions of the same reality to each emphasize one aspect of it. It could therefore be pointed out that while the West chafes at the restriction of freedom, which is the basis of the democratic system that has been achieved with such effort, owing to which any restriction or censure is feared and rejected,46 Islam on the contrary regrets the West’s contempt for beliefs that are the essence of its identity, a contempt that is protected by what they consider to be the “frivolous” exercising of freedom. On the text of Article 19 of the Covenant guaranteeing freedom of expression and emphasizing that its exercising entails special responsibilities, it can be affirmed that as in the West freedom is stressed (the greatest possible freedom, the minimum necessary restrictions), in Islam responsibility is stressed.

2. Conflicts between freedom of expression and respect for Islamic “orthodoxy” Not all conflictive cases of the limitation of freedom of expression have the same basis. In the case of offences against religious feelings, the Islamic and the western positions coincide in affirming that we are here concerned with a legal commodity that deserves protection and that in the event of particularly serious attacks the limiting of freedom of expression may be justified, albeit not with the punishments already mentioned of arbitrary execution, the death penalty, or life imprisonment. Other conflicts exist in which the Islamic sector that defends them and the western position meet head-on, not because of the way of limiting freedom of expression but because of the fact of limiting it. I am referring to those conflicts in which it is not people’s religious feelings that are protected but rather the beliefs that the state declares to be true. A paradigmatic ___________ 45

UN. Doc. E/CN.4/2006/17, February 13, 2006, p. 12. Martín-Retortillo begins a work that examines the conflicts between freedom of expression and respect for religious sentiments, writing that everything that is said in favor of freedom of expression in our society and, therefore, in our constitutional system will be little. Suffice it to recall what it cost to reach it and the role it has played in the dynamism and vitality of our societies. Cf. L. Martín-Retortillo Baquer, Respeto a los sentimientos religiosos y libertad de expresión, in: Anales de la Real Academia de Jurisprudencia y Legislación 36 (2006), pp. 593-612, 593. 46

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example that also aroused international public opinion is the case of Abu Zaid, a lecturer at Cairo University who was considered to be an apostate by Egyptian courts because he held heterodox opinions and as a consequence suffered the imposition of considerable civil punishments, among others the ex officio dissolution of his marriage against the will of both spouses. 47 The court examined the publications in which the defendant affirmed that the text of the Koran represented a period in the understanding of the Prophet and his people, that since then progress had been made in understanding, and that the psychological images had changed and should be understood today according to the culture of current society. 48 As a result of this, the court concluded that “the defendant denies the divine affirmation that the Koran is the Truth and that what it contains is the Truth. […] The defendant rejects the stagnation of the ijtihad (interpretation) in divine revelation and understands that it should be developed further in the aspects mentioned according to the historical context […]. The court has not found any opinion that sustains that the person committing the aforementioned crimes is not an apostate. There is unanimous agreement that anyone who trivializes or modifies the Koran is an apostate, and that anyone who says that something contained in the Koran is not true, or who consciously proves something to contradict that stipulated by the Koran, is an apostate according to the unanimous opinion of all scholars”.49 ___________ 47 Abu Zaid’s complaint was filed by a group of Muslim scholars under the principle of hisba, provided in articles 89 and 110 of the procedural laws of Sharia. Any Muslim citizen who believes that an individual has committed a crime against God or against Islam can promote the hisba right, solely in force in the Hanafi School. The hisba has been amended in Egypt. Currently any citizen cannot sue another alleging violation of the precepts of Islam, but must be the prosecutor the one to present the indictment before the court. 48 For example Abu Zaid said in one of his books: “regarding inheritance and all aspects relating to women, we understand that Islam stipulated that women are entitled to half of the portion of the inheritance than men in a time when women were not allowed to inherit anything, in a social and economic culture where women were mere property of men. The Quran is clear and is not acceptable understanding that ijtihad (interpretation) should stop at the point where it stopped divine revelation because, otherwise, the idea of their applicability to all times and places would be destroyed.” 49 Court of Appeal of Cairo, in the case n. 287 of June 14, 1995, against: 1. Nasr Hamid Abu Zaid, 2. Ibtihal Ahmed Kamal Yunis. Subsequently, the author advanced in his reinterpretation of the Koran, considering it not as text, but as speech, consideration derived from the internal structure of the Quran. From this perspective it would no longer to “reframe” a passage, but considering that the passages are dynamic. In his view, if we face the Koran as text the result is always a totalitarian interpretation, claiming to be the true, whereas if we invoke their living condition as “speech” we achieve democratic and open interpretations. Approaching the Qur’an as text, even when it serves as the most comprehensive and flexible techniques of literary interpretation, will always reductive and not be exempt from the risk of ideological and political manipulation as has been happening throughout history. The Koran, for Abu Zaid, is a living phenomenon, as the music played by an orchestra, while the Mushaf (the written text) is silent. A more

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In this case the arguments of the defendant, who considered himself to be a Muslim, whether orthodox or heretical, were academic in nature and related to the interpretation of the Koran; they were in no way expressed with the intention of offending religious feeling. In this respect it should be borne in mind that restrictions to freedom of expression deriving from a debate or respectful criticism regarding beliefs, although they are presented by those who defend them as protected by the Sharia, are not supported by all Muslim scholars; many authors maintain that these are abusive interpretations. For example therefore, Maududi underlines that Islam does not forbid intellectual debate and honest religious discussion, but only malign discourse that aims to attack the beliefs of others.50

VII. The Debate between Islam and the West on International Forums: An Analysis of United Nations Documents An analysis of the resolutions recently adopted by the Human Rights Council and the General Assembly in relation to the defamation of religions shows the divergence between the Islamic position and the western one and the resulting confrontation at the United Nations. A reference to the various resolutions and the countries that have supported each of them is revealing.51 The Resolutions presented at the request of the OIC52 show their concern about the increase in the defamation of religions and stress the alarming devel___________ detailed explanation of his understanding of the Qur'an can be found at: Nasr Abu Zaid, Rethinking the Quran: towards a humanistic hermeneutics, en http://www.cihrs.org/ Images/ArticleFiles/Original/210.pdf (2.2.2011). 50 A. A. Maududi, Human Rights in Islam, Markfield 1993, p. 30. 51 For a more detailed discussion of this issue see Combalía, Libertad de expresión y difamación de las religiones (Fn. 39), 5a. 52 Cf. Resolution March 2007 (Doc. UN. A/HRC/4/L.12, March 20, 2007), adopted by 24 votes in favor (Saudi Arabia, Algeria, Azerbaijan, Bahrain, Bangladesh, Cameroon, China, Cuba, Djibouti, Russian Federation, Gabon, Indonesia, Jordan, Malaysia, Mali, Morocco, Mauritius, Mexico, Pakistan, Senegal, Sri Lanka, South Africa and Tunisia), 14 against (Canada, Germany, Finland, France, Guatemala, Japan, Netherlands, Poland, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Czech Republic, Republic of Korea, Romania, Switzerland and Ukraine), and 9 abstentions. Resolution of March 2008 (Doc. UN., A/HRC/7/L.11, of March 27, 2008), adopted by 21 votes in favor (Saudi Arabia, Azerbaijan, Bangladesh, Cameroon, China, Cuba, Djibouti , Egypt, Russia, Philippines, Indonesia, Jordan, Malaysia, Mali, Nicaragua, Nigeria, Pakistan, Qatar, Senegal, Sri Lanka and South Africa), 10 against (Canada, Germany, Slovenia, France, Italy, Netherlands, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Romania, Switzerland and Ukraine) and 14 abstentions.

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opment of Islamophobia and the need for the responsible exercising of freedom of expression. These resolutions are approved with the vote against of western countries as they understand that in the fight against the defamation of religions none should be singled out and consider the association between defamation and discrimination to be problematical. The Resolutions presented at the request of the European Union do not refer exclusively to Islamophobia but consider intolerance towards any religion to be equal and have a very restricted interpretation of limitations to freedom of expression.53 It can be inferred from that expounded that although the positions of the Islamic world and the West coincide in defending both freedom of expression and respect for religious feelings and in the need to fight against hate speech, they differ however in some points which I will now examine in greater detail.

1. The debate on the special attention given to Islamophobia in the fight against the defamation of religions and hate speech In the first place, while Western countries refer equally to the defamation of any religion, the Muslim countries without exception give particular emphasis to Islamophobia as they consider that “political discourse and that of the media of the western world regarding Muslims and Islam are becoming more and more negative and are very worrying […]. For years the growing intolerance and discrimination against Muslims and insults against Islam have become ___________ 53

Resolution 6/37 on Elimination of All Forms of Intolerance and Discrimination Based on Religion or Belief, at the request of the representative of Portugal on behalf of the European Union. Draft resolution UN Doc A/HRC/6/L.15/Rev.1, sponsored by Albania, Andorra, Argentina, Armenia, Australia, Austria, Belgium, Bosnia and Herzegovina, Brazil, Bulgaria, Canada, Chile, Cyprus, Colombia, Costa Rica, Croatia, Cuba, Denmark, Slovakia, Slovenia, Spain, Estonia, former Yugoslav Republic of Macedonia, Finland, France, Greece, Guatemala, Haiti, Honduras, Hungary, Iceland, Ireland, Israel, Italy, Kenya , Latvia, Lesotho, Liechtenstein, Lithuania, Luxembourg, Malta, Monaco, Montenegro, Mozambique, Nicaragua, Norway, New Zealand, Norway, Panama, Peru, Poland, Portugal, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Czech Republic, Republic of Korea, Dominican Republic, Romania, San Marino, Sweden, Switzerland, Thailand, Timor-Leste, Turkey, Ukraine and Uruguay. Subsequently joined the sponsors: Angola, Ecuador, El Salvador, Madagascar, Mauritius, Mexico, Moldova and Paraguay. The resolution was adopted with 29 votes in favor (Angola, Bolivia, Bosnia and Herzegovina, Brazil, Canada, Cuba, Germany, Russia, France, Germany, Ghana, Guatemala, India, Italy, Japan, Madagascar, Mauritius, Mexico, Nicaragua, Netherlands, Peru, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Republic of Korea, Romania, Switzerland, Ukraine, Uruguay and Zambia) and 18 abstentions (Saudi Arabia, Azerbaijan, Bangladesh, Cameroon, China, Djibouti, Egypt, Gabon, Indonesia, Jordan, Malaysia, Mali, Nigeria, Pakistan, Qatar, Senegal, Sri Lanka and South Africa).

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widespread and have even been tolerated in some western countries and communities”.54 Resolution 62/154 on the fight against the defamation of religions, supported by the OIC and approved by the General Assembly on 18th December 2007,55 reveals this divergence. The Resolution indicates that the General Assembly regards with great concern the intensification of the campaign of the defamation of religions and the negative characterization that Muslim minorities have been subjected to as a result of the tragic events of 11th September 2001, and “underlines the need for effectively combating the defamation of all religions and incitation to religious hatred, in particular against Islam and Muslims”. The United States representative asked for the resolution bill to be put to the vote. The bill was approved by 95 votes in favour 56 against 52,57 with 30 abstentions.58 The declarations made before and after the voting show that the votes ___________ 54 In the “Islamic Declaration on Islamophobia” adopted by the OIC on February 29, 2008 which referred to the Secretary General and is illustrative of the Islamic perspective (Doc. UN. A/62/714-S/2008/157). 55 UN. Doc. A/RES/62/154. 56 Afghanistan, Angola, Antigua and Barbuda, Saudi Arabia, Algeria, Azerbaijan, Bahamas, Bahrain, Bangladesh, Barbados, Belarus, Belize, Benin, Bhutan, Bolivia, Brunei Darussalam, Cambodia, Cameroon, Chad, China, Comoros, Congo, Costa Rica , Côte d'Ivoire, Cuba, Djibouti, Dominica, Egypt, El Salvador, United Arab Emirates, Eritrea, Ethiopia, Russia, Gabon, Gambia, Guinea, Equatorial Guinea, Guyana, Haiti, Honduras, Indonesia, Iran (Islamic Republic of), Iraq, Libyan Arab Jamahiriya, Jamaica, Jordan, Kazakhstan, Kuwait, Kyrgyzstan, Lebanon, Lesotho, Liberia, Malaysia, Maldives, Mali, Morocco, Mauritius, Mauritania, Mozambique, Myanmar, Nicaragua, Niger, Oman, Pakistan , Qatar, Syrian Arab Republic, Democratic Republic of Congo, Lao People's Democratic Republic, Dominican Republic, Democratic People's Republic of Korea, Saudi Arabia, Senegal, Sierra Leone, Singapore, Sri Lanka, Sudan, Suriname, Swaziland, Tajikistan, Thailand , Timor-Leste, Togo, Trinidad and Tobago, Tunisia, Turkey, Turkmenistan, Tuvalu, Uganda, Uruguay, Uzbekistan, Venezuela (Bolivarian Republic of), Viet Nam and Yemen. The delegation of Burkina Faso stated later that if it had been present, would have voted for. 57 Andorra, Australia, Austria, Belgium, Bulgaria, Canada, Croatia, Cyprus, Czech Republic, Denmark, Estonia, Former Yugoslav Republic of Macedonia, Finland, France, Georgia, Germany, Greece, Hungary, Ireland, Iceland, Israel, Italy, Latvia, Liechtenstein, Lithuania, Luxembourg, Malta, Micronesia (Federated States of), Moldova, Monaco, Montenegro, Norway, New Zealand, Norway, Palau, Poland, Portugal, Republic of Korea, Romania, Samoa, San Marino, Serbia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland, Ukraine, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, United States, and Vanuatu. 58 Andorra, Australia, Austria, Belgium, Bulgaria, Canada, Czech Republic, Croatia, Cyprus, Denmark, Estonia, Finland, France, Georgia, Greece, Hungary, Ireland, Iceland, Israel, Italy, Republic of Korea, Latvia, Liechtenstein, Lithuania, Luxembourg, Former Yugoslav Republic of Macedonia, Malta, Micronesia (Federated States of), Moldova, Monaco, Montenegro, Norway, New Zealand, Norway, Palau, Poland, Portugal, United Kingdom Great Britain and Northern Ireland, Romania, Samoa, San Marino, Serbia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland, Ukraine, United States and Vanuatu.

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against and the abstentions occurred among other reasons because of the emphasis that the Resolution gives to Islamophobia within the framework of the fight against the defamation of religions. For example, the United States representative maintains that “its delegation agrees with many of the general principles of the resolution bill, but has the impression that it is incomplete insofar as it concentrates on one religion in particular. A more balanced text would have fulfilled better the objective of promoting religious freedom”. The Portuguese representative, in the name of the European Union, maintained that “religious intolerance is a worldwide problem and is not restricted to certain regions or to specific religions or beliefs. Followers of all religions and beliefs, and also nonbelievers, may fall victim to violations of human rights. Any list of victims will therefore be exclusive by definition”.

2. The debate on the persecution of defamation or only on discrimination Another point of divergence is that the western perspective defends the fight against not the defamation of religion but against discrimination because of religion. This is so because it is insisted upon that what is worthy of protection is not the beliefs in themselves but rather the persons professing them. In accordance with the foregoing, an identification discourse between Islam and terrorism will not necessarily be indictable. However, any discriminatory measures (administrative, labour, etc.) that may be adopted towards those professing Islam under an alleged defense of security will be indictable. In the debate for the approval of the aforementioned Resolution sponsored by the OIC therefore,59 the European Union representative affirmed that the expression “defamation of religions” should be replaced with that of “incitation to religious hatred”. “For the European Union“, he maintained, “the ‘defamation of religions’ is not a valid concept in a discourse on human rights. From the point of view of human rights, members of religious communities or those sharing beliefs should not see each other as parts of homogenous entities. International laws on human right mainly protect people in the exercising of their religious freedom or beliefs, not religions in themselves”.60 ___________ 59 Res 62/154 on combating defamation of religions, adopted by the General Assembly on December 18, 2007 (UN. Doc A/RES/62/154). 60 A progressive decline in support for the concept of defamation of religion can be observed in UN. This was particularly evident during the March 2010 session of the Human Rights Council, where fewer States than previously voted for a resolution on defamation of religion. Moreover, events such as threats of a Florida pastor to burn the Koran on 11-S, Europe’s bans veil, ban construction of minarets in Switzerland, etc., show that there is pressure for the concept be active in international law. This, together

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The Islamic position defends protection against the defamation of religions in itself as it considers that this is a direct cause of discrimination. In this way the discourses of the identification between Islam and terrorism are those that lead to the adopting of “preventive” discriminatory measures under the pretext of alleged security reasons. For example, the Islamic Declaration against Islamophobia indicates that “the OIC Group is seriously alarmed […] owing to the intensification of the defamation campaign against Islam, the enjoyment by Muslims of the right to freedom of thought, conscience, and religion have been eroded, and their possibilities limited as to the observing, practicing, and manifesting of their religion freely and without fear of suffering coercion, violence, or reprisals”. On this point the Special Rapporteur on freedom of religion or beliefs, Asma Jahangir, seems to tend towards the western position, affirming that “the right to freedom of religion or beliefs mainly protects the rights of the person, and to a certain extent the collective rights of the community in question, but does not protect religions or beliefs in themselves. Although the exercising of freedom of expression may in some specific cases affect the right to freedom of religion of some people, it is erroneous from a conceptual viewpoint to present this phenomenon in an abstract form as a conflict between the right to freedom of religion or beliefs and the right to freedom of opinion or expression. Therefore, the question of whether criticisms, disparaging comments, insults, or the ridiculing of a religion may actually have a negative effect on the right of a person to freedom of religion or of beliefs can only be determined objectively, and in particular by analyzing whether as a consequence the various aspects of the manifestation of this right are also negatively affected.”61

___________ with persistent incidents of violence and discrimination against religious minorities in Nigeria, Pakistan, Iran, Egypt, etc. The international community stands at a critical crossroads: find more effective means to deal with intolerance and religious discrimination, but not use the concept of defamation of religions that seem inappropriate. Neither anti-blasphemy laws nor the concept of defamation of religions protect individuals from harm: only protect ideas, symbols or objects of insult or attack. And anti blasphemy laws have been used to imprison or sometimes persecute religious minorities. Thus, the rapporteur for freedom of religion or belief has expressed concern about these laws and suggested the development of Article 20 of the ICCPR (Art. 19, Freedom of Expression and Defamation of Religion: a Critical Juncture, 16 September 2010, at: http://www. unhcr.org/refworld/docid/4cad79892.html (29.8.2012). 61 UN. Doc. A/HRC/2/3, 20 September, 2006, pp. 10 sq.

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3. The debate on the extent of restriction on freedom of expression According to that affirmed in the previous point, western countries insist on defending freedom of expression, considering that restrictions to the same must be interpreted with great caution and only be applied in very extreme cases in which the incitation to hatred, rather than criticism, is clearly proven. Therefore, as to the debate on the extent of Art. 20 of the ICCPR (the prohibition of the defending of national, racial, or religious hatred) and its adherence to Art. 19 (the guaranteeing of freedom of opinion and expression), Denmark’s observations to the Human Rights Committee on being reported to it owing to the affair of the caricatures are illustrative. It pointed out that “the threshold established by Article 20 is a high one, as not only must such a defense exist (of national, racial, or religious hatred), but moreover the latter must also constitute incitation to discrimination, hostility, or violence”. On applying this affirmation to the case of the caricatures, it concluded that “this was not the intention of the press article; it rather attempted to start a debate on self-censorship […]. Very sound reasons are needed to restrict the right and the obligation of the press to provide information and ideas on all matters of public interest, although exaggeration or even provocation has been used to a certain degree”.62 At the United Nations the need for a deeper reflection on the content of Article 20 of the Covenant is generally felt.63 In her report on “incitation to racial ___________ 62 UN Doc CCPR/C/92/D1487/2006, of April 18, 2008, p. 13 sq. With this view agrees the Special Rapporteur on freedom of religion or belief, Asma Jahangir, who observes, “article 20 of the Covenant was drafted in the historical context of the atrocities committed by the Nazi regime during World War II. The threshold of the acts referred to in Article 20 is relatively high, because they have to constitute advocacy of national, racial or religious hatred”. She also argues that connection can not been established between Article 20 of the ICCPR and Art. 4 of the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, which provides that States Parties “shall declare an offense punishable by law all dissemination of ideas based on racial superiority or racial hatred, incitement to racial discrimination […] against any race or group of persons of another color or ethnic origin […]”. Declaration on the Elimination of All Forms of Intolerance and of Discrimination Based on Religion or Belief does not include a prohibition of incitement to religious discrimination similarly referred to in Art. 4. According to the Rapporteur, the elements that constitute a racist statement are not the same as those that constitute a defamatory statement of religion and legal measures, including penal, adopted national legal systems to combat racism may not be applicable to defamation of religion (Doc. UN. A/HRC/2/3, of September 20, 2006, p. 12). Concerning the relationship between the offenses based on race and religion also addresses the Venice Commission in the report referred to on the relationship between freedom of expression and religion. Cf. CDL-AD, 2008, 026. in: http://www.venice.coe. int/site/dynamics/N_Subject_ef.asp?T=26&L=E (29.8.2012). 63 The Special Rapporteurs on freedom of religion and on contemporary forms of racism, have made a joint statement in this point urging the Human Rights Committee to consider adopting rules concerning the interrelationship between freedom of expression,

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and religious hatred and the promotion of tolerance”, the High Commissioner for Human Rights analyses “how to face the harmful effect of hate speech without jeopardizing freedom of speech, the free exchange of thoughts and ideas, and other freedoms that constitute the very basis of human rights”.64 It is stated that hate speech incites discrimination and violence,65 but although international documents clearly establish that inciting racial and religious hatred can be prohibited and punished, it is not clear how the rules should be interpreted and applied.66

___________ freedom of religion and discrimination, including drafting a general comment on art. 20. “Freedom of religion or belief and freedom of opinion and expression are interdependent, as is the set of human rights provisions. It is important to equanimitly determine what constitutes an act under this provision (Art. 20 of the Covenant), and ensure that the guarantees of freedom of expression and freedom of religion are maintained. It is also essential for governments and the judiciary to ensure that the acts that constitute incitement under article 20 of the Covenant are closely monitored and not go unpunished […]. The Council should promote, within view of the polarized and contentious reading made of these articles, a deeper reflection on their interpretation” (Doc. UN. A/HRC/2/3, of September 20, 2006, p. 14). 64 UN. Doc., A/HRC/2/6, 20 September 2006, p. 4. 65 It has become clear in the preparatory work of the Genocide Convention that the consummation of genocide “is always due to the incitement of racial, national and religious hatred”. N. Ruhashyankiko, Study on the prevention and punishment of the crime of genocide (UN Doc. E/CN.4/Sub.2/416, 109). 66 For example, the report notes how the notion of incitement and other fundamental concepts are not well defined. Often used in three meanings: “a) incitement to an illegal act that takes place (e.g., genocide, violence, discrimination), b) incitement to an illegal act that has no takes place, but that creates in the mind of the recipient’s the desire required to commit an illegal act, and c) the creation of certain mood-racial hatred, racismfree of connection with an specific illegal act.” (p. 14). “The inclusion of the third raises questions. It is difficult to draw firm conclusions from the case law on the rules governing hate speech.” (p. 15). Moreover, unlike what happens with inciting an act, in the case of hate is difficult to demonstrate that hatred arises from the diffusion of certain ideas. The human rights organization Art. 19, recently prepared the so called “Camden principles” on freedom of expression and equality, by querying senior officials of the UN and other organizations and experts. They stated, “States should not prohibit criticism directed at, or debate about, particular ideas, beliefs or ideologies or religions or religious institutions, unless such expression constitutes hate speech as defined by principle 12.1” (12.3). The reference principle states, “hatred and hostility terms refer to intense and irrational emotions of opprobrium, enmity and detestation towards the target group” can be found at: http://www.article19.org/data/files/pdfs/standards/the-camdenprinciples-on-freedom-of-expression-and-equality.pdf (29.8.2012).

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VIII. Conclusion on the Divergences between Islamic and Western Perspectives in Conflicts between Freedom of Expression and Religion – Some Keys to the Rapprochement of Positions 1. The divergences between Islam and the West in conflicts between freedom of expression and religion: A conclusive synthesis From what we have expounded up to now it can be inferred that the main divergences between Islamic and western perspectives in conflicts between freedom of expression and religion are as follows. In the first place, Islamic limitations on freedom of expression sometimes include not only cases of offending religious feelings but also those of criticizing beliefs. Islamic countries insist on the fight against the defamation of religions, with particular emphasis given to Islamophobia, while the West talks of combating not so much defamation as discrimination and in any case incitation to hatred, without emphasizing any particular religious phobia. Finally, in some cases Islamic countries apply disproportionate or arbitrary punishments to those who in the exercising of their freedom of expression attack beliefs and in general sustain a more restrictive interpretation of freedom of expression, accentuating the responsible exercising of that freedom. The western world, however, insists upon a wide interpretation of freedom of expression, reserving limitations to the latter to particularly serious cases of offending religious feelings or inciting hatred with the aim of protecting not beliefs but rather the dignity of the people professing them. Having recorded the differences between the two perspectives, we consider it to be of interest to conclude this study by mentioning some possible keys to the rapprochement of positions.

2. Keys to the rapprochement of positions: The secularization of law in the Islamic world As we have mentioned, both Islamic and western countries coincide in affirming that freedom of expression and respect for religious feelings are assets that deserve legal protection and that conflicts between them should be resolved by deliberation. The parameters of this deliberation vary owing to the different sensitivities of both societies. In this sense the true legal conflict in cases of clashes between freedom of expression and freedom of religion is not so much the offending of religious feelings as, in my view, the Sharia as a limit, as a melting pot of operative legitimacy not only in the field of religion or within the religious community, but in the civil world and with civil consequences. In

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other words, to the conflict between freedoms mentioned the discordant element introduced by Islam that clashes head-on with the western perspective is that of an Islamic law (in the opinion of the Muslims revealed by God) that limits a fundamental right (freedom of expression) that does not lie in the religious condition but rather in the dignity of the person. This is what occurs in the aforementioned case of Abu Zaid in contrast to others, such as that of the caricatures which was more a social problem than a legal one, deriving from the coexistence between cultures with different sensitivities, and a political one concerning the manner of handling a crisis.67 It should be borne in mind that the protection of religious feelings does not seek to defend beliefs but rather the dignity of the people professing them. Respectful criticism, even when it is contrary to the orthodoxy of a certain creed, does not affect people’s dignity, but is rather a manifestation of the dignity of whoever thinks and expresses himself freely, even when this is done “in a heterodox manner”. For this reason, the point of divergence between Islam and the West is not respect for religious feelings, but rather “no-one has the right to spread an error or to disseminate what may harm morals or debase the Islamic community” of Art. 12.1 of the aforementioned Declaration of the ICE,68 as according to the separation parameters that prevail in the West the political community has no competence to deliver judgment on the veracity of religious beliefs. Decisions on these matters must be taken by people and the option that they choose cannot influence their status as citizens or their rights and duties in civil society. 69 ___________ 67 Significant in this regard are the statements that as a result of the conflict, made the Permanent Representative of Egypt before the United Nations in a letter to the Secretary General in which he stated that they could not tolerate the mockery of a religion or its symbols, it in no way tantamount to freedom of expression. But he added: “we do not intend that any country adopt punitive measures or disciplinary action against a newspaper because we are fully aware that the right to freedom of expression enshrined in Article 19 of the UDHR and Article 19 of the ICCPR” – that is, legal sanctions were not sought –, and concluded that what they expected “was an official statement in which Denmark had highlighted the need, and indeed the obligation, to respect all religions and not offend the faithful, in order to avoid an escalation that could have serious consequences” (UN. Doc. A/60/566, 25 November 2005). 68 Vid supra Fn. 11. 69 Some recent considerations on the concept of the secular state in Europe and its relationship to religious freedom are in: M. J. Roca, Laicidad del Estado y garantías en el ejercicio de la libertad: dos caras de la misma moneda, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 3 (2009), pp. 44-51; Z. Combalía, Relación entre laicidad del Estado y libertad religiosa: a propósito de la jurisprudencia reciente del Tribunal Europeo de Derechos Humanos, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 24 (2010), pp. 1-19; A. González-Varas Ibáñez, La proyección jurídica del pluralismo religioso, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 24 (2008), pp. 387-409.

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In this sense the difficulty of reaching agreement with Islam is due to the confusion between civil and religious society. The secularization of the Muslim world is no easy task, although there are outstanding Muslim leaders and scholars involved in this process.70

3. Keys to the rapprochement of positions: Rights and freedoms in the new European context of cultural and religious diversity If the great challenge of Islam at this moment is in my opinion that of being capable of undertaking a process of secularization, the great challenge of the West is that of knowing how to administer its greatest “asset” (rights and freedoms) within the new contexts of cultural and religious diversity that Europe is experiencing. In the resolutions and reports of the United Nations concerning the conflict of the caricatures, the severity of some of the documents towards the attitude of the Danish government is of note. For example, the report of the Special Raporteur, Doudou Diène, on contemporary forms of racism, discrimination, and intolerance criticises the attitude of the government in refusing to receive the ambassadors and pronounce on the conflict, considering it to be an attitude revealing the political trivialization of Islamophobia and indicating that “from a legal position, the government of each state forming part of the ICCPR is obliged […] by Article 20, which raises the principle of the prohibition by law of any defense of national, racial, or religious hatred that constitutes incitation to discrimination, hostility, or violence. The essential principle that inspires the drawing up of these articles is the basic value of any legal system: any freedom or right has its limits in respect and the rights of others. From a legal position ___________ 70 One of those voices is that of Soheib Bencheikh, mufti of Marseille. Addressing the Human Rights Commission, on March 23, 1998, in connection with the tragic situation in Algeria, he invited Muslim theologians and thinkers to strive for “a desecration of the law in Muslim countries” and for a reform of Islamic theology. Appeal reiterated in a UN seminar November 1998: “[…] it was necessary that theologians and thinkers Muslims break their shameful silence and appealed to the reform of its theology and rereading of the Koran […]” (UN Doc E/CN.4/1998/SR.21, p. 66). For an “Islamic” view of a secular state see: A. A. An-Na’im, Islam and the secular State: negotiating the future of Shari’a, Cambridge/Massachusetts-London (England) 2008. The starting point of the book is that to be a Muslim by conviction and free choice, which is the only way by which you can be a Muslim, you need a secular State (p. 1). This is because the compulsory enforcement of religious law promotes hypocrisy (nifaq) categorically condemned in the Qur’an. When the ruling classes seek to impose Sharia what they seek is to legitimize their control of the State in the name of Islam but, from an Islamic perspective, the principles of Sharia, by its very nature and function, are inconsistent with state imposition.

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therefore, taking into account its international commitments the Danish government was obliged to adopt a position, always respecting freedom of expression, not only on the repercussion of the caricatures on the freedoms and rights of the 200.000 Muslims that make up its Islamic community, but equally in relation to the maintaining of law and order”.71 For the Rapporteur Diène, the increase in Islamophobia as a result of the events of 11th September 2001 is particularly worrying; its main manifestation is the association between Islam and terrorism that is reflected in the treatment of the Muslim population according to considerations of security and control. On the other hand, the rejection of the cultural difference, and in particular the Islamic difference, leads to the creating of obstacles to its visibility (for example to the building of mosques, minarets, or the use of Islamic clothing), in some cases under the protection of a strict application of the principle of laicism.72 The Rapporteur is here referring to73 the increase in racism and intolerance towards religion in Europe, affirming that in recent years outbreaks of violence for these reasons have multiplied, although more worrying still than the increase in violence is its defense by “democratically” legitimated political platforms that give racism and discrimination a semblance of normality. In this manner racist political parties are proliferating, which by means of government alliances manage to take part in decision-making processes. This is the case in Denmark where the Danish People’s Party (Dansk Folkparti), which is of this kind, obtained in the last elections (in 2007) 13.7% of the votes and 25 seats in Parliament, and has achieved governmental agreements on immigration.74 ___________ 71 UN. Doc E/CN.4/2006/17, 13 February 2006, p. 10 sq. It should be noted that the UN (and specifically the rapporteur's report cited above) do not refer only to Islamophobia, but also concerned about the rise of racism and defamation of religions in general, in fact, Christianophobia and anti-Semitism are also specifically addressed, see Combalía, Libertad de expresión y difamación de las religiones (Fn. 39), 5c. 72 According to the Rapporteur, it is in Europe where a resurgence of Islamophobia is more disturbing, possibly by the concurrence of two specific factors. So says Diène, besides the growing and thriving European secularism increasingly intolerant of the religious, “the opposition of Islam has become, over time, a central element in the construction of European identity. The Crusades of the Middle Ages and the Christian military, cultural, religious and political Reconquest, which followed the fall of Al-Andalus in Spain during the fifteenth century, are historical examples illustrative for the purpose […]. Islamophobia in Europe is characterized by its deep historical roots” (UN. Doc E/CN.4/2006/17, 13 February 2006, p. 7 sq). 73 UN Doc. A/HRC/4/19, 12 January 2007. 74 Pia Kjaersgaard-party leader-equated Islam to Nazism and called to war against it. She has been accused of racism and of covering members of neo-Nazi organizations like Combat 18 and Blood and Honor. One of his deputies resembled, in a parliamentary

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The discrimination or stigmatization of Islam that takes place under the aegis of alleged security measures to fight against terrorism or illegal immigration is subtler. One of the Rapporteur’s reports mentions the case of the United Kingdom, where in response to the London attacks the Government created Special Branch Units of the secret services to keep mosques under surveillance, in such a way that they are no longer seen as places of worship and religious expression but rather as areas generating terrorism subject to increased security.75 Mention is also made of the generalization of national policies that restrict the economic and social rights (such as housing, education, or health) of these communities and of discriminatory practices at airports and points of entry to the country, treating people differently according to ethnic, cultural, or religious criteria.76 Human rights organizations have particularly reported the violation of rights in waiting areas of people returned to their countries of origin and of asylum seekers, which they have called “areas without rights”.77 If at a political level the increase in platforms that excuse discrimination by race or religion in the interests of alleged security is worrying, ideologically the Rapporteur referred to the development of an intellectual current that encourages conflict between civilizations and religions, rejecting diversity.78 Diène maintains that the intellectual rhetoric of the conflict of civilizations “divides the world into lay, democratic, and civilized countries, characterized by their defense of freedom of expression, and obscurantist, reactionary, and backward countries, which are identified by their defense of religious freedom and the position they give to religion within their societies”.79 The political and intel___________ sion Muslim women that wear veils with bikers flying a swastika (UN. Doc E/CN.4/ 2006/17, 13 February 2006, p. 11). 75 UN. Doc. E/CN.4/2006/17, 13 February 2006, p. 8. 76 Cf. Report on contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia and related forms of tolerance (UN. Doc E/CN.4/2006/16 of 18 January 2006). 77 This has been reported, for example in France by the National Security Ethics in its 2003 annual report, or by Amnesty International in “The human cost of ‘Fortress Europe‘: detention and expulsion of asylum-seekers and migrants in the EU”. 78 In this regard, the Rapporteur said, “the correlation or link between the concepts of identity and nation has resulted, through processes of identity construction […] in a political and legal concept, the nation-state, which has structured to most modern societies. Generally, the concept of nation-state ... is conceived as an expression of national identity that exclusively represents […] an ethnic group, a religion or a culture. The fundamental problem of most modern societies lies in the profound contradiction between the nation-state framework, which is an expression of a unique national identity, and the dynamic process of multiculturalism in those societies”. As manifestations of this rejection the Rapporteur mentions fear to visibility of different communities through repression of religious signs, restrictions on the construction of places of worship, etc. (Report on contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia and related forms of tolerance, UN Doc. E/CN.4/2006/16 of 18 January 2006). 79 UN. Doc. E/CN.4/2006/17, 13 February 2006, p. 12.

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lectual justification of racism therefore entails in the legal field the hierarchical structuring of freedoms with that of expression prevailing, particularly over that of religion, and going as far as to defend under the protection of freedom of expression the legitimacy of incitation to racial and religious hatred. Let us close these pages by affirming how the clash between rights and freedoms and the consequent deliberation that the jurist must face is surely one of the most difficult and delicate tasks, especially when this deliberation must be undertaken with reference to the new European contexts of a recent and therefore still precarious intercultural coexistence, in particular with the Islamic world. Although the cultural mistrust between Islam and Europe is rooted in history, I cannot believe in the Huntingtonian theory that is graphically expressed in a quotation that reflects in his work the clash between civilizations and affirms that “there cannot be real friends with real enemies. Unless we hate what we are not, we cannot love what we are”.80 It is precisely what we are, our European identity, that leads us not to fear but to love rights and freedoms based on people’s dignity and to defend them for everybody. This defense is creating new challenges for law, as is shown by the complex task of establishing the limits to the exercising of a freedom of expression that takes the form of a discourse of defamation or hate speech towards religion. Let us hope that the study of the positions concurring in the debate that we have tackled in this study will make a modest contribution to the quest for weighted solutions that aim to make more viable and enrich the interculturality that characterizes (and presumably will continue to characterize) our societies.

___________ 80 Huntington cites a Venetian nationalist demagogue that appears on a novel by Michel Dibdin, “Dead Lagoon”, who stated the following: “There can be no true friends without true enemies. Unless we hate what we are not, we cannot love what we are. These are the old truths we painfully rediscovering after more than a century of sentimental hypocrisy. Those who deny these truths, deny their family, their heritage, their culture, their heritage and themselves! They are not easily forgiven”. For peoples seeking identity […] says Huntington, enemies are essential. Cf. S. P. Huntington, El choque de civilizaciones y la configuración del orden mundial, Barcelona 1997.

The Protection of the Family in the International Organizations: The European Case Paloma Durán y Lalaguna

I. Introduction Nowadays is especially important to analyze the role of the International Organizations related to family; mainly within the framework of this book devoted to Ecclesiastical Law in Europe, because different reasons. First, at country level, there is not in Europe a unique reference to answer to the legal protection of marriage and family taking into account the plurality of legal systems and traditions. Second, the religious groups have been developed different ways to articulate the concept of marriage and family. And third, there is a significant work prepared by International Organizations outside of Europe working in the theme, which have an important impact in the European region. To those reasons we also need to add the fact that many of the political commitments approved in the International Organizations have consequences in the legal country systems, even if in the majority of the cases there is – from the side of civil society – a lack of information on it. All of this confirms to us the need to research on the role of International Organizations relating to family issues, especially in order to argue in the area of the Ecclesiastical Law.1

II. Theoretical Foundations The family is an institution target for many debates and also for many researches’ and papers. There is no unique answer on the definition and the way to its legal protection. But there is a universal consensus on the idea of the family as the basic unity of society and on its crucial role in every society. After all, ___________ 1 I would like to thank Prof. Paul Martin (Columbia University) because his suggestions to improve the original draft of this paper.

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the family is the setting in which the person growth and consolidate herself as a human being.2 It seems clear that an accurate study on the family needs a multidisciplinary reading, because the legal answer is not enough, and also because is important to quote the sociological evolution on the approach to the family, especially in Europe. The definition on family, the political treatment of it, the legal protection, the sociological analysis, and the educational programs are all of them aspects needed in a rigorous study of Ecclesiastical Law. That’s why it seems very ambitious the attempt to find an integral reading on the family just in some pages of a paper and that also is the reason because I’m trying to look at the international approach supporting the family as institution. I think it will be the way to work for two reasons. The first one is that within International Organizations (mainly in the United Nations which is the unique universal Organization), is relatively easy to find consensus among countries with many differences in the political, economic, legal, sociological, historic and religious arena. But those differences are not an obstacle to approve consensus with this idea to integrate all sensibilities. The second reason is that in many European countries, the State policies are consequence of those decisions approved in the International Organizations, which means that policy and law that want to be realistic need to take into account what happen in the international settings. From a theoretical perspective, the basic question is almost obvious, even if there is not the case: what the family is? With this institution occurs exactly the same than with other institutions that have a social impact. The change of the political regime and the transition from the Middle Age to the Modern Age generated substantial movements that required some reflections. Politically and legally, century XVIII is usually like a starting point to propose the recognition of a human person as free, with rights and freedoms that claim institutional protection.3 This approach is real. But in some cases open the door to consequences that seem to be in the contrary way that was proposed in the beginning. In the century XVIII we could see changes that suppose important reverse in social organizations, but also in the definition of authority and the obedience to it. From a legal point of view, in Europe it was the time for the Codes as a response to the normative disorder generated by many norms into force at the ___________ 2 P. Durán, La incidencia de las Organizaciones Internacionales en el cumplimiento del mandato constitucional español de protección de la familia, Madrid 2011. 3 L. Henkin, The Rights of Man Today, Centre for the Study of Human Rights, New York 1978.

The Protection of the Family in the International Organizations

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same time with different legal traditions and also because the new form of the State was the origin of new legal institutions that obviously needed new legal protection. The writing law, origin of the continental legal system it was a kind of guarantee to protect a reality which was completely ignored during the Middle Age, which is the existence of rights and freedoms. This is the way to open the itinerary of the protection of human freedom from the legal side. But the confidence in this type of law, as the consequence of the rationalism from that time, was at the same time the perfect preparation to consolidate legal positivism, still in our days.4 The later efforts to establish differences between positive and natural law were diluted during the first half of century XX, when totalitarism in Europe came to confirm that the writing law was not the solution to fix all the injustices and attacks to the basic respect to rights and freedoms which were the flag of the transition from the old to the new regime. Even though, during the second part of century XX and the first years of century XXI, the umbrella of the rights and freedoms was a sort of “escape of reality” which use legal and political rules to translate into legal actions all the possibilities of the human behavior without any limit, assuming as the only authority the individual decisions make as a result of the individual autonomy, in combination with a political system in which the important goal is to follow the legal procedure giving to the majorities a quasi absolute power.5 The main question related to family relations and also the contents of rights and fundamental freedoms is which kind of human reality we are using as a basis of legal system. There is for instance in the case of Spain today,6 a marriage system with an important lack of systematic order, at least if it is compared with other countries in Europe. The Spanish Constitution, approved in 1978 introduced the way to sign Agreements with the Holy See in order to develop a system so called “preferencia de jurisdicciones” (jurisdictional preference) related to marriage. With this frame, the couples could choose civil or religious marriage but in both cases the State recognizes civil effects; and also it recognized civil effects to the decisions on marriage annulment by the religious Tribunals, with the condition that those decisions respect the State legal conditions.

___________ 4

L. S. Kramer (ed.), Paine and Jefferson on Liberty, New York 1994. F. Gomez Isa / K. de Feyter, International Human Rights Law in a Global Context, Bilbao 2009. 6 Durán, La incidencia (Fn. 2). 5

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In 1981, it was approved the reform of the Civil Code, which permitted the divorce after 40 years without it and taking into account that it was legalize only for a very short period of time before the Civil war. After that and all the legal reforms as a consequence of the implementation of the Constitution, there are two more factors. On the one hand, the civil legislation has been changed substantially with two important reforms: the so call “express divorce” which means that in 15 days as maximum there is possible to have a decision from the Court on the divorce; and the one that declare legally equal a marriage between man and woman and a same-sex union. Those are developed the increase of the “extended families” which integrate children from different couples, participating in family units reconstructed by them. At the same time, the law permits adoption not only by homosexual’s couples but also by singles that created their families consolidating a new form of family which is call one-parent families. On the other hand, after the Constitution was approved, the State started to recognize legal effects to marriage celebrated in different religious communities, with different requirements in each case. Finally as the last factor, the Autonomous Communities, have been approved measures and decisions related to marriage and family, even if they don’t have mandate to do so in the civil area but only referred to administrative effects. The whole picture shows the difficulties of the Spanish system to establish a clear idea on the definition of marriage and family. This diversity is the origin of the ambiguity to declare clear objectives and public policies to support the family as institution. There is no clear idea about what the family is. More than that: is not clear how to fulfill the constitutional mandate to protect the family, which is in article 39 of the Spanish Constitution. The text of the Magna Charter says as follows: (1) The public authorities shall ensure the social, economic and legal protection of the family. (2) The public authorities likewise shall ensure full protection of children, who are equal before the law, irrespective of their parentage and the marital status of the mothers. The law shall provide for the investigation of paternity. (3) Parents must provide their children, whether born within or outside wedlock, with assistance of every kind while they are still under age and in other circumstances in which the law is applicable. (4) Children shall enjoy the protection provided for in the international agreements which safeguard their rights.

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There is a constitutional mandate to protect the family; but there also are two problems. The first, which type of family is the target for protection; taking into account that with the system explained all types of family should be protected and receive political support since all of them are already recognized as family unit. The second is not less complicated in the sense that also the Constitution establishes the mandate for Autonomous Communities to deal with specific policies on social affairs which included the family protection. There is no framelaw on social affairs to use as a reference for the whole country, which means that each community approved the policies and legal decisions according with the political priorities and needs of each geographical area, promoting a variety of legislation and policies that in some cases could be contrary to the solidarity mandate also integrated in the Constitution to promote an equilibrium among access to services in all the Autonomous Communities.7 The picture is eloquent and I don’t want to show a negative image of the reality of the family. On the contrary, all the indicators and references used confirm that the family is still and again the basic unit and fundamental pillar of the society.8 The goal is reflect on how to find an alternative to the legal system that now is protecting all types of human relationship, in a way which is not that the law recognized the reality but that the law gives legal effects to all variety of human behaviors. Is not only a linguistic theme but a debate on the deinstitutionalization of institutions like the marriage and the family. Is easy to accept that the Law should be an answer to social needs even if there is not only one way to read this sentence,9 but in the Spanish case (and in many other countries in Europe) the law have been used the marriage to protect ___________ 7 Article 158 of the Spanish Constitution says: 1. In the State Budget, an allocation may be made to the Autonomous Communities in proportion to the volume of State services and activities for which they have assumed responsibility and to their guarantee to provide a minimum level of basic public services throughout Spanish territory. 2. With the object of correcting inter-territorial economic imbalances and implementing the principle of solidarity, a clearing fund shall be set up for investment expenditure, the resources of which shall be distributed by the Cortes Generals amongst the Autonomous Communities and the provinces, as the case may be. 8 To this effects, see the results of the CIS research on the family, the last one from 2011 which calls the family as the reference especially during the economic crisis in the country. 9 There is an important consensus to accept that legal norms are conditioned by politics but is also important to recall – following Hanna Arendt – that the meaning of politics is freedom (see from the author, Vid., What’s politics, Spanish translation: Qué es la política, Barcelona 1997, p. 61) which means that is not the competence of law to elaborate the references or models for citizens but on the contrary, the goal is to protect the freedom of each individual to decide on the own life and the way to live in the society.

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different realities that already exist but there are not marriage in the sense that Roman Law called the contract between a man and a woman and was the origin of the legalization and protection of marriage and family. Probably the answer is not to debate on match or recognition or to underline the difference but to review in a very serene manner the marriage contract and the definition of the family and try to find alternative ways to give also an answer to forms of personal relationship that are different. From a historical point of view, is not easy to summarize the author’s contribution on family.10 The family was defined by Aristotle as an association which is form towards diaries needs and is composed by what Charondas calls “homosipyens” (eat the bread from the same box); and what Epimenides calls “homocapyens” (eat in the same table).11 But in the Ethics to Nicomaco the same author explain family relations as different forms of political community in which everyone learn the different types of friendship in order to live in a social group.12 Obviously the material needs are not the synonymous of diaries needs because there also are personal relations that allow the development of every human being as an individual but also as a member of a society. It confirms that family is the first type of society in which the person is educated.13 There are, as I said previously, many authors that historically have been researched on issues related to marriage and family, 14 but we must recognize than ___________ 10 See M. A. Bel Bravo, La familia en la historia, Madrid 2000. Más recientemente, F. Chacón / J. Bestard, Familias (Historia de la sociedad española), Madrid 2011. 11 Aristóteles, La política, I, 1,6, quoted by F. J. Herrera, Estructura jurídica de la familia, in: Journal Persona y Derecho 10 (1983), pp. 353-366, 360, which commenting this definition, said: “Siendo constitutivo de la familia – su finalidad – la satisfacción de las necesidades cotidianas no es éste, sin embargo, el factor más radical y fundamental de la familia. Lo más radicalmente natural y fundamental de la familia – de lo cual es manifestación y extensión lo anterior – es ‘la relación personal’, exigida por la naturaleza del hombre, que la condición de persona y su estructura natural demandan.” 12 Is the argument used by M. Brown, in his lecture held in Doha (Qatar), en 2004, who said: In book VIII of his Nicomachean Ethics, Aristotle discusses the different forms of political community in the context of family relations. Thus, kingship is like the relationship between parent and children; aristocracy is like the joint rule of husband and wife over children; and democracy is like the cooperation among siblings. The whole text was integrated in the portfolio distributed during the International Conference on Family, which was celebrated in Doha, November 2004, organized by the government of this country. 13 On this issue R. Alvira, El lugar al que se vuelve (Reflexiones sobre la familia), Pamplona 1998. 14 J. Iglesias de Usel / G. Meil, La política familiar en España, Barcelona 2001.

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in many cases the studies (mainly during the century XXI) were devoted to demographic arena combining this approach with marriage and inheritance. 15 From the historic perspective, family was studied as a static unit and all researches were focus on it up to the new approach based on the life cycle. This approach was born in the United States of America and tries to put together personal and family development with historic events that could explain many of the contexts of the development.16 The fact is that during the last years there are many papers dealing with the sociology of the family; the demography of the family; the methodology in constructing the history of the family; but at the same time there is a very important lack of research and studies on a multidisciplinary reading to the family as institution. Probably that’s the reason because the main focus to analyze the changes of the family is always the time of the industrialization, even is not only that time. During the century XX, the impact of globalization is key and especially it has been provoked the need of this multidisciplinary approach I tried to explain; In Africa, the picture is very clear to identify the definition of the family with the so called “extended family” trying to make a difference with the European “nuclear family”;17 or in the West the way to discuss the issue is to focus on the rights and freedoms of each member of the family in an attempt to put aside a sensitive issue which is a definition of the family. Even with those ambiguities, it seems clear that historically the family is being show as the basis of every society, taking into account the differences in each society.

___________ 15

F. Chacón Jiménez, Nuevas tendencias de la demografía histórica en España: Las investigaciones sobre historia de la familia, Lecture in Paris, October 6th, 1990, in: Journal Revista de Demografía Histórica 9,2 (1991), pp. 79-98. 16 T. K. Hareven, Historia de la familia y la complejidad del cambio social, in: Journal Revista de Demografía Histórica 13 (1995), pp. 99-149. 17 On this issue see Gónzalez / DeRose / Oloo, Frontiers of globalization: Kindship and family structures in Africa, New Jersey, USA 2011; in the same book, see the chapter prepared by Paloma Durán y Lalaguna, An approach to the concept of family in the African Union, pp. 93 sq.

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III. The United Nations Organization18 Since the origin of the United Nations Organization (UN), the protection and support to the family was integrated in its mandate, even if in the Charter of the Organization there is no a specific mention of the family. 19 In 1946, less than a year after the creation of the United Nations was created the Commission of Human Rights which received a mandate from the General Assembly to prepare the draft of the Universal Declaration of Human Rights. The draft was prepared and discussed in the meetings of an expert group that usually joined together in Hunter College, in Lexington Avenue, New York City; and it was approved by the General Assembly of the UN the 10th of December, 1948. The Declaration recalls in its article 16 the right to marriage and to found a family,20 recognizing in one right two human goods: marriage and family, which in some way confirms that we have just one reality: the family founded in a marriage. The right to marriage is proposed for men and women, underlying the equality between them in the marriage, during the marriage and in case of dissolution of the marriage, showing a clear idea on the union between men and women. The language was not stronger because the drafters were concern on the possible negative impact of it on born children out of wedlock, 21 but is easy to find the proposal made by Charles Malik, from Lebanon, which attempted to introduce the idea that family created in the marriage is the natural and fundamental group of society which has been received from the Creator inalienable rights

___________ 18 This part of the paper has its origin in my lecture during the International Conference on Family, organized by the International University of Cataluña, in Barcelona (Spain) in May 2009. Since then, the text was revised and reorganized and part of it was already published in a book: La aportacion de las Organizaciones Internacionales en el cumplimiento del mandato constitucional de proteccion a la familia, Madrid 2011. 19 The Charter of San Francisco didn’t have any explicit reference to the family but article 1 remains the equality of rights for all human beings without any distinction. 20 The original text of article 16 in the official English version of the Declaration said: (1) Men and women of full age, without any limitation due to race, nationality or religion, have the right to marry and to found a family. They are entitled to equal rights as to marriage, during marriage and at its dissolution. 21 D. Browning, The Meaning of Family in the Universal Declaration of Human Rights, in: A. Scott Loveless / Th. Holeman (eds.), The Family in the New Millenium, Vol. I, Westport 2007, p. 38-53, 41.

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before those rights were protected by law and there are subject to be protected by society and by State.22 During the debate, the records show the statements by Eleanor Roosevelt – the first President of the Commission of Human Rights – and Jacques Maritain – which also took part in the work of the Commission. They proposed to use the reference to God as the authority and source of the rights, but in both cases the language was rejected. 23 In any case, the important goal is to check the content of article 16 of the Declaration, organized in 3 chapters. The first is referred to the equality between men and women in order to be married and found a family as well as the equality in the marriage, during it and in case of dissolution. The second established the free consent of both spouses as a started point of the marriage, underlying the need to be free toward a marriage contract. After the approval of the Declaration, the General Assembly of the UN approved the Convention on the nationality of married women with the goal to protect the equality recognized in the San Francisco Charter, and also in the Universal Declaration. The Convention on the nationality reiterated the article 15 of the Universal Declaration on the right to a nationality but nothing it said related to article 16 on the right to marriage and to found a family. 24 In any case, the last chapter of article 16 of the Declaration declared the family as a basic element of the society and that’s why requires the needed protection by the institutions. Is very significant that the first step to protect the family is located in marriage, not only because the place of the language but for the language itself. The article 16 recognized one exclusive right: marriage and found a family and not two rights: the right to marriage and the right to found a family. In some way, the reading could be that the family project is explain on the foundation of the marriage and in both cases men and women are equal. ___________ 22 The language in the Malik’s proposal was as follows: The family deriving from marriage is the natural and fundamental group unit of society. It is endowed by the Creator with inalienable rights antecedent to all positive law and as such shall be protected by the State and society. Cfr. J. Morsink, The Universal Declaration of Human Rights: origins, drafting and intent, Philadelphia 1999, p. 254. 23 Ibíd. 24 The Convention of the nationality of married women was open to sign by the General Assembly of the La United Nations trough the resolution 1040 (XI) of January 29, 1957, and according with article 6 of the Convention was enter into force August 11th, 1958.

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As is already known, the Universal Declaration has a very strong moral power and in fact is the outline of the protection of human rights and fundamental freedoms in many constitutional texts all over the world. But since the approval of the Declaration, the text is legally not binding and its legal natural is bit soft, keeping in mind that the text was approved by a resolution of the General Assembly of the UN without consensus and with a vote. The text counted with the majority of votes in favor and only eight States abstain but even though the resolutions of the General Assembly without consensus always mean a political message with a very weight legal impact. In the case of the Declaration, this possible failure was cover some years later (1966) with the approval of the International Covenant on Civil and Political Rights and the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. But since 1948 to 1966, the UN didn’t forget the question of article 16 of the Declaration and approved some texts related to marriage. The three texts approved during this period of time were the Convention on consent, minimum age and register of marriage (1962); the recommendation on consent, minimum age and register of marriage (1965), and the Youth Declaration (1965) The first one, open by the General Assembly to sign and ratification in GA resolution 1763 A (XVII), November 7, 1962, entered into force in December, the 9th, 1964. The goal was legally reinforce the language of the GS resolution 843 (IX), December 1954, which declared the incompatibility between some costumes, laws and practices on marriage and family and the principles of the UN. The text is focus on minor’s marriages as well as “approved marriages” and the lack of freedom, especially for women, to choose freely with whom, when and how to get married. The text of the Convention is short: 10 articles, calling for the importance of freedom and enough age to get married. The second text mentioned above is the recommendation on consent, minimal age and register of marriage. It was approved by the GA resolution 2018 (XX), November 1st, 1965. The first paragraph is devoted to reiterate the content of article 16 of the Declaration on the importance to reinforce the family;25 ___________ 25

The first paragraph of this Recommendation said literally: Recognizing that the family group should be strengthened because it is the basic unit of every society, and that men and women of full age have the right to marry and to found a family, that they are entitled to equal rights as to marriage and that marriage shall be entered into only with the free and full consent of the intending spouses, in accordance with the provisions of article 16 of the Universal Declaration of Human Rights.

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then, the text established three principles: the need of free consent of spouses to get marriage; the minimal age will be accepted by each State but never could be below 15 years old; all marriages should be register; and in order to implement the recommendation, all States have to elaborate specific legal and political measures to do so. The third and last text is the Declaration to promote among youth people the ideals of peace, mutual respect and comprehension among the peoples, also proclaimed by the General assembly in the resolution 2037 (XX), December 7th, 1965. This text follows the order of the previous text, extending the principles up to six. On the theme of family, the principle II gives to the family the responsibility to educate young people in fundamental values;26 and principle VI reiterates this responsibility in the development of young people and its education on moral qualities.27 During the period 1948-1966 the texts are focus on freedom as a basic principle for marriage contract between men and women; and reinforce the family as principal actor in the process to educate young people. Using those foundations, the International Covenants of 1966 reinforce the Universal Declaration from the legal point of view. The International Covenant on Civil and Political Rights explicitly recognizes the family as the basis of society in article 23. This article is organized in 4 paragraphs which start saying the need of the family to receive protection.28 Is probably one of the few international texts mentioning the family as subject of rights, putting aside a west legal tradition that only recognized individuals as subject of rights but never groups of people as it is the case of the family. ___________ 26 The Principle II affirms: All means of education, including as of major importance the guidance given by parents or family, instruction and information intended for the young should foster among them the ideals of peace, humanity, liberty and international solidarity and all other ideals which help to bring peoples closer together, and acquaint them with the role entrusted to the United Nations as a means of preserving and maintaining peace and promoting international understanding and co-operation. 27 The Principle VI proposed: A major aim in educating the young shall be to develop all their faculties and to train them to acquire higher moral qualities, to be deeply attached to be noble ideals of peace, liberty, the dignity and equality of all men, and imbued with respect and love for humanity and its creative achievements. To this end the family has an important role to play […]. 28 The first paragraph of article n. 23 said: The family is the natural and fundamental group unit of society and is entitled to protection by society and the State.

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The Pact also recognized the right of the family (using single language) to be protected. The second paragraph of the same article 23 established the right of men and women to marriage and found a family. As it was point it out previously in the case of the Universal Declaration, also the Pact recognize one right which is to marriage and to found a family and it used a stronger language on it, reiterating again the one right to marriage and to found a family. 29 Article 23 also has a third paragraph underlying the need of freedom to get married, and lastly confirms the responsibility of State to apply measures to ensure the equality of rights and responsibilities for men and women during the marriage and in case of dissolution as well as the protection of children if it is the case.30 From the language of the Pact is easy to conclude again on the link between the contract of marriage and the family. But the argument and reading is reinforce in the general comment n. 19 of the Committee of Human Rights, created under the Covenant of Civil and Political Rights to review the periodical reports that States which ratified the Covenant are obliged to submit every four years. The Committee approved the general comment on July 27, 1990 during the 39th ordinary session. The comment specifies the content of article 23. After an explanatory note on the articles which have language related to family issues (articles 17 and 24), recognized that the definition of the family is different in every State. Taking this into account, the Committee asked to the States to explain the definition of the family in its territory, even in the cases in which within the State there is not only one unique definition about what the family is. The Committee admitted that there are States with the concept of “nuclear family” as well as with the concept of “extended family”, assuming that those are both versions of family. In cases in which also there are legal protection for couples without contract and children; or single parents with children, the States are obliged to indicate the terms of protection and the policies to guarantee them. ___________ 29 Article 23, second paragraph affirms: The right of men and women of marriageable age to marry and to found a family shall be recognized. 30 Paragraph 3 and 4 of the same article 23 could be read as follows: (3) No marriage shall be entered into without the free and full consent of the intending spouses (4) States Parties to the present Covenant shall take appropriate steps to ensure equality of rights and responsibilities of spouses as to marriage, during marriage and at its dissolution. In the case of dissolution, provision shall be made for the necessary protection of any children.

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But the most clear language is in paragraph 5 of article 23 which said that the right to found a family implies the possibility to live and procreate together, which means that in cases of States with policies on family planning, they are obliged to respect the content of the Covenant; and in a similar way, to ensure that all members of the family are living together, there is a need for policies for reunification of the family. The perception on the concept of family is even clearer with the General Comment n. 28 related to article 3 of the Covenant which integrate the reference to equality between women and men. Paragraph 27 of this comment specifies that “single families” (families with one parent) usually are composed by women as the head of the family and children, putting aside other types of union under the same umbrella.31 The rest of the comment put attention to spouses, confirming the equality between women and men in the exercise of the rights in marriage and family, with specific references to nationality, change or maintenance of the last name after the marriage and etcetera. The Covenant of Economic, Social and Cultural Rights also dedicated an article to the protection of the family. Article 10 of this Covenant establishes that the family – as a fundamental element of the society – need the largest and possible protection and assistance by the society.32 On the general recognition, the same article underlines the freedom to get marriage; the need to special protection for mother before, meanwhile and after the birth and also the commitments to ensure maternity leave with salary or the support of the Social Security system.33 Article 10 also proposed some meas___________ 31

The paragraph 27 of this General Comment said: In giving effect to recognition of the family in the context of article 23, it is important to accept the concept of the various forms of family, including unmarried couples and their children and single parents and their children, and to ensure the equal treatment of women in these contexts (see General Comment No. 19, Para. 2). Single-parent families frequently consist of a single woman caring for one or more children, and States parties should describe what measures of support are in place to enable her to discharge her parental functions on the basis of equality with a man in a similar position. 32 Article 10.1 affirms: The widest possible protection and assistance should be accorded to the family, which is the natural and fundamental group unit of society, particularly for its establishment and while it is responsible for the care and education of dependent children. Marriage must be entered into with the free consent of the intending spouses. 33 Second paragraph of article 10 said: Special protection should be accorded to mothers during a reasonable period before and after childbirth. During such period working mothers should be accorded paid leave or leave with adequate social security benefits.

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ures to guarantee the protection of childhood and adolescents, linking the protection of the family, the born of children and the custody and guardian of them.34 In a different way, the Committee of economic, social and cultural rights didn’t approve a general comment to read the article 10, on the family’s protection, but it accept as own the recompilation of general comments and recommendations adopted by some organs created in application of the Human Rights Treaties, where easily there are many references to family.35 In the recompilation document cited there is an explanation on the reasons because the polygamy is a violation of equality for women, showing emotional and other types of consequences of it.36 In addition to that, the Committee has approved a general comment on article 3, on equality between women and men. This comment – number 16, approved in 2005 – review the use of equality in all the articles of the Convention, including article 10, on family’s protection.37 In paragraph number 27 of this general comment n. 16 there is a link between article 3, on equality and article 10, on family, calling in first place for the obligation to facilitate support and protection to the victims of domestic violence, who are mainly women. In the measures, the comment quoted secure ___________ 34 The third and last paragraph of article 10 said: Special measures of protection and assistance should be taken on behalf of all children and young persons without any discrimination for reasons of parentage or other conditions. Children and young persons should be protected from economic and social exploitation. Their employment in work harmful to their morals or health or dangerous to life or likely to hamper their normal development should be punishable by law. States should also set age limits below which the paid employment of child labour should be prohibited and punishable by law. 35 The whole text was distributed with the referent HRI/GEN/1/Rev.7, dated May 12th, 2004. 36 Polygamy is mentioned in the General Comment n. 21 approved by the CEDAW Committee in 1994. Paragraph number 13 of this General Comment confirms that the form and concept of family could be different in each State and even could be different in regions within the same State. Paragraph number 14 of the same General Comment explicitly said: “States parties’ reports also disclose that polygamy is practised in a number of countries. Polygamous marriage contravenes a woman’s right to equality with men, and can have such serious emotional and financial consequences for her and her dependents that such marriages ought to be discouraged and prohibited. The Committee notes with concern that some States parties, whose constitutions guarantee equal rights, permit polygamous marriage in accordance with personal or customary law. This violates the constitutional rights of women, and breaches the provisions of article 5 (a) of the Convention.” After that, the General comment 21 was devoted to equality between women and men in marriage, education and other spheres of life, taking into account the impact of that in the families. 37 The reference of the document is: E/C.12/2005/4, August 11, 2005 (34th period of sessions of the Committee of Economic, Social and Cultural Rights).

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shelter, appropriate remedies and also compensation of mental, moral and physical damages and prejudices as a consequence of this violence. The same paragraph calls also for the need to guarantee equal rights for women and men to get marriage and to the heritage and spouses properties; as well as the protection of minors, to avoid forced marriage, marriage by delegation and marriage of minors. The Committee – as happened with other comments and recommendations – used in article 3 a traditional formula to specify the content of the rights. Even if the arguments are focus on article 3, there is a chance to apply the analogy and use the arguments related to article 10 too. The so called legal obligations included the obligation to respect, to protect and to fulfill. In this sense, taking into account different types of family in different societies, the reference is the need of protection and support as basic institution in all societies and the pragmatic consequence of that is to respect, protect and fulfill the obligations to guarantee the content of article 10. After this picture, there are two conclusions. The first one is the recognition of the right to marriage and to found a family, with a link between the contract for marriage and the creation of a family project. The second one is the fact that the family is the bases of the society and it needs the largest possible protection and support. With those conclusions we are in a situation ready to analyze the rights recognized under the frame of the family’s protection. Even if there is no unique definition of the family, we showed the consensus related to its protection. I’m not going to explain the arguments because is not my goal to do that in this paper. But because there is no consensus on a universal definition of the family, let’s study the rights for all members of the family and for the family as such if it this the case, assuming as a reference the international legal texts already mentioned previously in this paper, plus dome political commitments like the resolutions approved in the General Assembly of the UN. 38 The Covenant of Civil and Political Rights recognized in its article 23 the right of the family to receive protection from the society and from the State. In doing so, the Covenant accepts that the family could be “holder of rights”, even if there is very complicated and difficult to combine this idea with the universality of the rights which are for human being but not for groups of people which is the case of the family. This is the reason because sometimes is im___________ 38

On this issue see P. Durán y Lalaguna, Nuevas formas del Derecho de Familia. Una lectura desde Naciones Unidas, in: Journal Cuadernos de Derecho Judicial 26 (2005), pp. 519-537.

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portant to make the different between the individual rights of each member of the family and the rights of the family as such. Even if I’m not going to open the debate on this theme, I would say that in the case of the family, because the content of the right is the protection for the institution, it would be acceptable to say that this protection has its translation in the approval of measures or specific policies for the family. This is the institutional commitment which is not the guarantee of an individual right but the approval of policies towards ensuring the protection of the family from the society and also the chance to receive the support needed to be safe as institution. Assuming this reference, let’s analyze the rights for members of the family and also the terms and language to do so. First, the right to marry and to found a family. Again the fact to find those two actions together in one right confirmed that the legal texts mentioned above read as one right the marriage and the family which born as a consequence of it. This reading explains that not every group of people is a family but only those who use the marriage contract as the origin. It means that the creation of a family is not the only effect of the will of different human beings, who don’t have the mandate to “create” the legal institution. This argument moves us to questions debated in the area of the Theory of Justice, mainly to find in the right way the human goods protected under the frame of the fundamental right.39 In any case, we are talking on the first right mentioned: to marriage and to found a family. The second right is more a principle than a right, because is the equality between women and men. There is an academic debate on the nature of equality and there are some authors supporting the recognition of the right to equality as such. But now we are taking on the equality conditions for the exercise of the rights for men and women, which in the case of marriage mean equality to access to marriage and to the possible dissolution. As a consequence, the third is the right to marriage free and voluntarily, following the fulfillment of the requirements established for the contract, which includes minimum age to get married, free consent and respect for the individual autonomy and will, as well as the required publicity of the marriage signed in the official registration office. Thus is the prohibition of forced marriage, or marriage prepared without the consent of both spouses and marriage between minors. ___________ 39

The concept of “fundamental right” or “human Rights” is used in a similar way. I would like to avoid the use of both words as a kind of legal interpretation on the definition of Rights or even on their criteria and justification.

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The forth right is the right to family reunification, taking into account that the right to marriage implies the rights of the family’s members to live together as the general recommendation quoted proposed. The rights for members of the family have a direct link to the protection of the mother during and after the birth child, with salary and social security, in accordance with the legislation of the State. Those measures are not proposed as rights in the texts we reviewed but it could be assumed that it is a consequence of the right to social security which is in the list of the rights within the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. The right to an adequate custody for children has a double consequence. On the one hand, for parents respect the children but in the other the children respect the parents, as it is in the Convention for the Rights of the Child, approved by the General Assembly of the UN in November 1989. Lastly, there is a right of parents for family planning and also the children’s rights to receive the care of the parents. In a similar way there also is a children’s right to receive subsidiary support from institutions, when the biological family fails, applying the procedures for adoption, refugee, and others. The goal of it is just to keep the unique role of the family when this one doesn’t exist. Even if there is not an exhaustive list of the rights, at least we have an approach to the content of those rights. With the rights the UN also has worked on the political track and this is the main reason to dedicate the year 1994 to the family calling for the International Year of the Family. In 2004 there was a celebration of the 10th anniversary; and in 2014 it would be the celebration of the 20th anniversary. Since 1994, the General Assembly systematically approved resolutions on the protection of the family as a basic institution of society. It means that we could reiterate the idea that there is consensus on the importance of the family in any society; and also on the need to respect and promote the rights of the family’s members. So, the debate on a universal definition of the family and the lack of a common decision on it have different readings but is not an obstacle to reiterate the recognition and acceptance of the family as the basic unity of the society and for this reason, needed of support and protection.

IV. The Work done in the European Region In Europe the answers to the protection of the family have a very wide variety. The European countries approved family policies in a very different way

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and also the legal protection shows many divergences among them, under different cultural, religious, political and historical traditions. With this diversity, the European Organizations have mandates which are not focus directly in the family but with some consequences on her. In the case of the European Union, this is originally an economic project without a specific mandate related to family issues but with mandate in many other areas (especially in labor market) which have a direct impact on family. For instance the policies on equality between women and men; the policies to promote conciliation between professional and personal life for men and women; as well as the policies for social integration with a clear impact on the individual rights and freedoms for every member of the family. 40 But putting aside the mandates on the area of family, the fact is that all the substantial changes explained above have the most important impact in the European continent, where demographic changes are dramatic. In the last Demographic Report submitted by the European Commission it shows the progressive ageing of the population combined with the lack of fertility and both thins are because the lack of support of the family.41 There is also another cause of the situation which is the variety on family policies in each member of the European Union. Even taking it into account, the European Commission confirms that during the period 1990/2005, the age for first marriage passed from 24.8 to 27.4 for women, and from 27.5 to 30 for men. The partnership is now in Europe the regular way to live, with an amount between 25 to 50 % of the children born out of wedlock, depending on the country; 42 but the children are living in homes with the couple, married or not, which means more or less 80 % of the whole homes in 2001.43 ___________ 40 Hay problemas específicos y relacionados con la familia que sí pueden ser competencia de la Unión Europea: desde el derecho del trabajador/a a ser acompañado siempre por su familia (Reglamento 1408/71 relativo a la aplicación de los regímenes de la seguridad social a los trabajadores por cuenta ajena, a los trabajadores por cuenta propia y a sus familiares que se desplazan dentro de la Comunidad) hasta los problemas de los más necesitados de ayuda, con menos capacidad de autonomía, como los discapacitados o las personas de la tercera edad, pasando por un problema común a gran parte de las familias actuales como es la dificultad de los progenitores, muy especialmente todavía hoy de las madres, de compaginar sus responsabilidades profesionales con las familiares (I.e., la situación de la mujer en el mundo laboral) A. Ríos, op. Cit. p. 20. 41 Cfr. Demographic Report on Europe distributed in Brussels, 2008. The complete report could be found in the institutional Web of the European Union. 42 Ibíd. 43 Ibíd.

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The “single parent families” in which the head is a woman are 14 % of the total, even with important differences in each of the countries. Curiously, the increase of number of women in labor market is not the main obstacle for family development. On the contrary, the members of the European Union with the highest rate of employment for women are also the same which have the highest rate of fertility. Is the case of the Nordic countries which have during last two decades strong and constant policies to support fertility. 44 Each country has a different way and path because the reality looks very different. For instance, the policies to promote conciliation between professional and personal life are not the same in Spain, where the majority of business are small and medium enterprises, tan in the UK which has a big amount of big enterprises. In the UK, during the Blair Administration, in 2000, the Government decided to promote a campaign which was called good work45 and it was a success; while in Sweden the success was the program for grants and guaranties for keeping the job for women who wanted to have children at the same time that the government approved programs to promote the male participation in the family life. It shows that in Europe the political answers are very different. In the case of the European Organizations, the approach is also different.

1. The European Union Like the European Report on Family pointed out,46 in the European Union the reference is the principle of subsidiary which in the case of the family respects the responsibility of each State Member to promote family policies. Among those Members, the half has a Minister or entity. Globally speaking, the Union devotes 2.1 % of the gross domestic product (GDP) to family and this rate is the same since 1996. It is a big difference comparing with the 28 % GDP ___________ 44

Ibíd. Those proposals could be found in the link: www.employersforwork-lifebalance. org.uk, where there is an explanation on the meaning of “good work”. It consists in a way to work base on equilibrium between individual interests and owners and society, in order to get an environment with full confidence and commitment which is a benefit for the whole society. In this sense, the campaign recalls for the need to take into account the preferences of workers during the life-cycle, the preferences of clients and also the way to combine costs and benefits in the frame of teams who work together. 46 The report on evolution of the family in Europe was prepared and distributed by The Institute for Family Policy (Instituto de Politica Familiar), 2008 and is still in the Webpage of the Institute. 45

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that the Union dedicates to social costs, even if this amount varies from Sweden which used 32 % on social issues or Estonia and Latvia that are dedicating a bit more than 12 % GDP.47 Denmark is the European country which devotes the largest amount of resources to family policies (3 % of GDP), while Poland, Spain, Malta, Italy and Portugal are below 1.2 % of the GDP. It confirms that those countries with strong and consolidated families didn’t have the family policies as a priority at the same time that the contrary happened in countries where the deinstitutionalization of the family was since the mid-century XX. The political support and programs to promote fertility and access to economic help are very different in each country in Europe. It has two readings. The first one is that according with the mandate of the European Union, each country has a different way and history on the issue; but it also means that in Europe exists a kind of “double track” in order to promote family policies. Even if is clear there is no specific mandate to the Union to work directly on family policies, there are many legal and political decisions on labor and social affairs with a direct or indirect link to the family. The clearest example is that many of the social policies approved in the European Union have economic consequences which are distributed in eight categories already accepted: health care; disability benefits; retirement pension; widows and orphans pension; family benefits; unemployment benefit; programs to support the access to shelter; and benefits to avoid social exclusion.48

2. The Council of Europe In the case of the Council of Europe the activities and decisions on family are substantially different if we compare with the European Union. The Council has two legal instruments related to Human Rights: the European Convention for the protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (Rome, 1950); and the Social European Charter (Turin, 1960). The first one promotes and protects civil and political rights with a specific system organized trough the European Court on Human Rights which was created with the Convention. It has two articles regarding the protection of the family.

___________ 47

Ibíd. J. F. Sanz Sanz / D. Romero / S. Álvarez, La protección de la familia en la Unión Europea, Madrid 2008. 48

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Article 8 recognizes the right to private and family life, to address and correspondence, including in one right four human goods related to the private sphere. The second paragraph of article 849 also explicitly establishes no chance for the State to interfere in the exercise of this right except in the case of major cause. Among this major cause, the Convention inserts “moral” even if never exist a common definition on it among member of the Council. Also article 12 of the Convention has relationship with family. It recognizes the right to be married and to found a family, unifying in the same article both: marriage and family which gives a message on the initial conexion between the marriage institution and the creation of the family. 50 The legislations of the members of the Council are very different and in many cases the countries approved changes in order to accept different types of family. Nevertheless, the European Court recently gives a decision on the content of the right to marriage. In the case Horst Michael Schalk and Johann Franz Kopf against Austria, the Court said that homosexual union is not a marriage. The Court unanimously said in 2010 that article 12 of the European Convention, related to the right to marriage, doesn’t established the obligation to the State to “open the access” to this right to a homosexual couple, assuming that article 12 recognized the right to marriage among men and women. In the same decision, the Court recalls that there is no way to use article 14 of the Convention, on non discrimination, since article 12 refers to a different relationship that the one denounced which is heterosexual. On the other hand, the Social European Charter, which recognizes social rights in the frame of the Council of Europe, also pays attention to family, including not only the social protection of the family as a basic institution of society but also the rights of children and young people to received also protection; as well as the right to the family as such to receive social, legal and economic protection.51 ___________ 49 Article 8, second paragraph of the Convention said: There shall be no interference by a public authority with the exercise of this right except such as is in accordance with the law and is necessary in a democratic society in the interests of national security, public safety or the economic well-being of the country, for the prevention of disorder or crime, for the protection of health or morals, or for the protection of the rights and freedoms of others. 50 Article 12 of the Convention affirms: Men and women of marriageable age have the right to marry and to found a family, according to the national laws governing the exercise of this right. 51 The Council of Europe prepared a compilation on all the activities on family already done by the Council. The document was prepared by the Directorate on Human Rights and Legal Affairs. With the title Family Law and the protection of children, was

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Lastly, in the legal frame, the Council of Europe also has approved 12 Conventions, with specific references to family,52 giving priority to the protection of children and with references to areas like citizenship or custody of children. From the legal perspective is very clear the difference between the mandate of the European Union and the Council of Europe. But is also important take into account the political activities already done by the Council of Europe. Since 1969 the Council of Europe called for seminars and debates on family; recommendations on family were approved in the Parliamentarian Assembly and Committee of Ministers; meetings and ministerial Conferences of Justice also included decisions related to family issues; as well as European Conferences on family which were initiated in Vienna in 1976. It means that even if the Council usually respects the discretionally margin of each member State to regulate the questions related to the protection of the family, the legal texts were interpreted within the mandate of the Council of Europe regarding Human Rights.

V. The case of Spain There is no way to explain in some words the legal consequences of the international decisions in Spain. But I would like just to show very quick the importance of international commitments, even in the political side, since those have a substantial impact in the legal reading of legislation at State level. In the Spanish case, article 39 of the Constitution established an specific mandate to public powers to protect the family; plus article 32 which recognizes the right to marriage,53 assuming a legal develop on details, after the approval of the Constitution. ___________ published as document CJ-FA (2008) 2, in the original English version. Vid., document already quoted, pp. 27 sq. More specific, the readings of articles 7, 16 y 17 of the European Social Charter, approved in 1960, revised in 1996 and enter into force with the amendments in July 1999. 52 Ibíd. 53 Article 32 of the Spanish Constitution said: (1) Man and woman have the right to contract matrimony with full legal equality. (2) The law shall regulate the forms of matrimony, the age and capacity for concluding it, the rights and duties of the spouses, causes for separation and dissolution and their effects. The original version, in spanish: (1) El hombre y la mujer tienen derecho a contraer matrimonio con plena igualdad jurídica. (2) La ley regulará las formas de matrimonio, la edad y capacidad para contraerlo, los derechos y deberes de los cónyuges, las causas de separación y disolución y sus efectos.

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In any case, plus this explicit recognition the Constitution has another two articles regarding the consequences of international decisions in the reading of the constitutional texts. First, article 10.2 establishes that constitutional dispositions related to Human Rights will be reading according with the Universal Declaration on Human Rights and International Treaties already ratifies by Spain.54 It means that the reading and interpretation of the international instruments of the United Nations must be the reference to apply and implement the Spanish Constitution regarding family and as a consequence the type of family to be protected. On the other hand, the same article 39, in its fourth paragraph affirms that children will have the protection already provided in the international norms regarding their rights, ratified by Spain.55 It means a direct mention of the Convention of the Rights of the Child, approved by the General Assembly of the United Nations, on November 20th 1989;56 as well as the political commitments accepted by Spain during the World Summit on Children which took place in New York, in February 2002. The text approved in this Summit included the protection of children as the priority of the family and the obligation of the State to protect it.57 It seems that from the legal perspective, the international reference gives light to the Spanish legislation, taking into account the mandate in the Constitution. ___________ 54 Article 10.2 of the Spanish Constitution: The norms relative to basic rights and liberties which are recognized by the Constitution shall be interpreted in conformity with the Universal Declaration of Human Rights and the international treaties and agreements on those matters ratified by Spain. Original text in spanish: Las normas relativas a los derechos fundamentales y a las libertades que la Constitución reconoce se interpretarán de conformidad con la Declaración Universal de Derechos Humanos y los tratados y acuerdos internacionales sobre las mismas materias ratificados por España. 55 Article 39.4 of the Spanish Constitution: Children shall enjoy the protection provided in international agreements which safeguard their rights. The original version: Los niños gozarán de la protección prevista en los acuerdos internacionales que velan por sus derechos. 56 P. Durán, Paradojas del sistema de mercado (Observaciones sobre el reconocimiento jurídico de los derechos de los niños), Valencia 1990. 57 Paragraph 15 of the Plan of Action approved in 2002 affirms: The family is the basic unit of society and as such should be strengthened. It is entitled to receive comprehensive protection and support. The primary responsibility for the protection, upbringing and development of children rests with the family. All institutions of society should respect children’s rights and secure their well-being and render appropriate assistance to parents, families, legal guardians and other caregivers so that children can grow and develop in a safe and stable environment and in an atmosphere of happiness, love and understanding, bearing in mind that in different cultural, social and political systems, various forms of the family exist.

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At the same time there is a need to see the social reality in which we are living not only in Spain but in Europe regarding the different reading of the idea of the family. It receives the influence of the process of deinstitutionalization of the family and also the deinstitutionalization of the marriage. The consequence is not only the need to prepare a global review of the system in Spain, but a serious and rigorous debate on the human realities which are calling for legal protection and also the possible way to do it. That’s the main reason to call for an integral reading of the family, underlying the meaning of it and its substantial content; but also to accept that there are other personal relations which are calling for a legal protection. The answer is not a kind of “cession” but to accept that we are living in a pluralist society with variety of personal relations and without any goal to try to match or recognize as equal, there is a need to find alternatives. Probably this is the way to consolidate freedom and also to avoid the political temptation to decide the definition of the family, marriage or personal relations recognized as the “politically correct proposal” and as a consequence, as matter of protection using public policies with public resources which means funds and resources of the whole society.

VI. Some Conclusions It seems very clear that the family is the basic unity of society. There is an international consensus and many documents confirmed it. At the same time, there are two questions: each country has a different history and background on the definition and ways to protect the family as institution; there is no legal mandate in Europe to unify the approach to the protection of the family. Nonetheless if we keep in mind the case of Spain is easy to say that all the international agreements have an impact in the State mandate to protect the family both legally and politically at least in Europe. There are some conclusions. The first one is the confirmation of the family as a fundamental unit of society plus the acceptance of it in all the countries or at least in the international documents approved in the UN arena. The second one is the need of this basic unit for protection. There are different proposals to do so taking into account the legal and political approach to it. In some States there is a recognition of individual rights and in other cases groups rights which means in the first the legal recognition of rights for each

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member of the family, or in the second the recognition of rights for the family as such. The third is the question of the definition. I know is a very complex and sensible area but also there is a need to find a proposal for that. Taking into the account the international documents we previously review in this paper, originally all of them were thinking in the family based on marriage between men and women. In order to respect the social reality, the way is not to change the international agreements on it but to debate and check different relationships which are different than the union between men and women. I’m not saying which one of them is best or not, but just to propose a respect for the marriage based on the union between men and women; plus a debate and a draft related to other types of union which already exists in many societies and are calling for legal protection. The idea to use equality as an argument to match all the unions at the same level provokes an important break on the Theory of Justice. Mainly because justice means to give to each one its own and this “own” of each person is not equal in the sense that each relationship generates different consequences and are built on different criteria. Probably the main suggestion is a review on the family system, especially in Europe with the objective to elaborate an “integral reading of the family”.

Die COMECE als Partner im Dialog mit der Europäischen Union Anna Echterhoff Mit Art. 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)1 widmet die Europäische Union (EU) den Kirchen und Religionsgemeinschaften erstmals eine Bestimmung im Primärrecht. Während die Abs. 1 und 2 den Inhalt der (11.) Erklärung zum Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften,2 die dem Vertrag von Amsterdam beigefügt worden war, aufnehmen, ist Abs. 3 neu. Danach „pflegt die Union mit den Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog“. Dieser Beitrag möchte ein besonderes Augenmerk auf einen der Partner des Dialogs mit der Union richten: Die Kommission der Episkopate der Europäischen Gemeinschaft (COMECE). So wird zunächst die bewegte Geschichte dieser Einrichtung nachgezeichnet und sodann ihr jüngst verabschiedetes (neues) Statut analysiert. Schließlich werden einige Fragen bezüglich des Umgangs mit dem nunmehr im EU-Vertragsrecht verankerten Dialog zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften und der Union aufgeworfen.

I. Der lange Weg bis zur Errichtung der COMECE Zu den zahlreichen Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils gehört der universalkirchliche Ausbau der nationalen Bischofskonferenzen zu kollegialen hierarchischen Mittelinstanzen mit selbständigen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtssprechungskompetenzen auf der Ebene zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Einzelbistum.3 Das Zweite Vatikanische Konzil erkannte damit die Institution der Bischofskonferenz, welche sich in der Praxis in vielen Ländern schon herausgebildet hatte, nunmehr offiziell an. Der frühere ___________  1 2 3

Der Beitrag gibt die persönliche Auffassung der Verfasserin wieder. ABl. C 83 v. 30. März 2010, S. 47 ff. ABl. C 340 v. 10. November 1997, S. 133, sog. Amsterdamer Kirchenerklärung. So z. B. Joseph Listl, Plenarkonzil und Bischofskonferenz, in: HdbKathKR2, S. 400.

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Präsident der COMECE, Bischof van Luyn, hebt mit Blick auf die Entwicklung der Bischofskonferenzen zwei Aspekte hervor. So seien sie zum einen aus einem praktischen Bedürfnis heraus entstanden, als Antwort auf die Frage, wie die Kirche das Evangelium angesichts sich in einer bestimmten Region ändernder Lebensumstände verkünden könne. Zum anderen gingen sie auf Initiative der Bischöfe selbst, jedoch mit Unterstützung des Heiligen Stuhls, zurück.4 Zudem werden die Bischofskonferenzen als ein sinnvolles und funktionierendes Instrument bezeichnet, um den Dienst der Kirche in einer sich immer stärker vernetzenden und zusammenwachsenden Welt über die Grenzen der einzelnen Teilkirchen hinaus wirksam zu fördern.5 Daneben hat das Konzil den Weg für Formen kontinentaler Zusammenarbeit zwischen den Episkopaten eines Kontinents bereitet.6 Gleichwohl war bereits im Jahr 1955 der Consejo Episcopal Latinoamericano (CELAM) gegründet worden,7 worauf Wijlens in ihrer Abhandlung über die Zusammenarbeit der Bischöfe in Europa hinweist.8 Das Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche, Christus Dominus,9 fordert die Bischöfe insofern „zur Pflege der Beziehungen zwischen den Bischofskonferenzen verschiedener Länder auf, um die höheren Ziele zu fördern und zu sichern“ (CD 38). Es wird im Motu Proprio Ecclesiae Sanctae10 konkretisiert. Beides fand seinen Niederschlag schließlich in can. 459 CIC/1983. Den entscheidenden Anstoß zur praktischen Umsetzung des Dekrets Christus Dominus 38, Ziff. 5 gab der damalige Generalsekretär der französischen Bischofskonferenz und spätere Kurienkardinal Roger Etchegaray kurz nach ___________ 4

Adriaan H. van Luyn, Die strukturelle Zusammenarbeit der Bischöfe in Europa. CCEE und COMECE, in: Werner Schreer / Georg Steins (Hrsg.), Auf neue Art Kirche sein. FS für Bischof Dr. Homeyer, München 1999, S. 404-418, 404 f. 5 Heribert Hallermann, Bischofskonferenzen – Solidarität und Autonomie, in: Ilona Riedel-Spangenberger / Markus Graulich (Hrsg.), Leitungsstrukturen der katholischen Kirche. Kirchenrechtliche Grundlagen und Reformbedarf, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 2002, S. 209-228. 6 Michael Kuhn, Als Christen am gemeinsamen Europa mitbauen. Versuch über eine Unbekannte: die Commissio Episcopatuum Comunitatis Europensis (COMECE), in: Franz Lackner / Wolfgang Mantl (Hrsg.), Identität und offener Horizont. Festschrift für Egon Kapellari, Wien / Graz / Klagenfurt 2006, S. 1069-1084. 7 Annuario Pontificio 2012, S. 1815. 8 Myriam Wijlens, Zusammenarbeit der Bischöfe in Europa: Antwort und Herausforderung, in: Ilona Riedel-Spangenberger / Markus Graulich (Hrsg.), Leitungsstrukturen der katholischen Kirche. Kirchenrechtliche Grundlagen und Reformbedarf, Freiburg im Breisgau / Basel / Wien 2002, S. 229-255, 233. 9 II. Vatikanisches Konzil, Dekret „Christus Dominus“ über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche, v. 28. Oktober 1965, in: AAS 58 (1966), S. 673-701. 10 Vgl. Paul VI., Litterae apostolicae motu proprio „Ecclesiae Sanctae“, v. 6. August 1966, in: AAS 58 (1966), S. 757-787, I 41 §§ 4 u. 5.

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dessen Verabschiedung am 28. Oktober 1965.11 Für eine Zusammenkunft der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen von Europa erarbeitete er eine „Simple note pour éclairer la recherche d’une collaboration pastorale entre les Conférences épiscopales d’Europe“.12 In dieser zeigte Etchegaray einige Bereiche grenzüberschreitender Aktivitäten und europäischer Zusammenarbeit sowie die sich daraus für einige Bischofskonferenzen ergebenen gemeinsamen pastoralen Probleme auf. Er verwies dabei auf die Emigration von Arbeitern aus dem Süden Europas in den Norden, sei es saisonal oder auf Dauer, und auf den (grenzüberschreitenden) Tourismus. Überdies machte er auf die Entstehung gemeinsamer politischer Einrichtungen in Europa sowie auf den zunehmenden kulturellen Austausch durch den Studentenaustausch, durch die Einrichtung europäischer Schulen oder etwa im Fernsehbereich aufmerksam. Schließlich schlug Etchegaray vor, eine bischöfliche Kommission einzusetzen, in der jede nationale Bischofskonferenz einen Delegierten entsenden würde und die die Art und Weise der Zusammenarbeit klären und gemeinsame Studien befördern sollte. Außerdem stellte er sich eine Zusammenarbeit auf der Ebene der Sekretariate vor. Allerdings sollten mit einer solchen Zusammenarbeit keine Superstruktur oder gar ein schwerfällig arbeitender Organismus geschaffen werden. Sie sollte vielmehr im Lichte der Universalkirche und der post-konziliaren Institutionen, wie der Bischofssynode verstanden werden. Die Note Etchegarays blieb nicht ungehört. Eine Arbeitsgruppe wurde eingesetzt, deren Aufgabe es war, herauszufinden, wie der Wunsch der europäischen Bischofskonferenzen nach der Fortsetzung der begonnenen Zusammenarbeit sowie des gegenseitigen Austausches realisiert werden könnte.13 Wenn die Initiative Etchegarays als Garant für den Bestand der im Rahmen des Konzils erlebten fruchtbaren Zusammenarbeit der Bischöfe und Bischofskonferenzen gesehen wird,14 ist aus politischer Perspektive darüber hinaus hervorzuheben, dass Kardinal Etchegaray schon damals die Bedeutung des zusammenwachsenden Europas erkannt hatte. Die Art der Zusammenarbeit liegt für ihn im pastoralen Bereich. 1971 wurde schließlich der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) gegründet.15 Neben dem CCEE sollte sich jedoch in der Folge eine weitere Form der Zusammenarbeit der Bischöfe in Europa herausbilden: Die Kommission der Bi___________ 11 Christian Thiede, Bischöfe – Kollegial für Europa. Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen im Dienst einer sozialethisch konkretisierten Evangelisierung, Münster 1991, S. 29 f. 12 Roger Etchegaray, Simple note pour éclairer la recherche d’une collaboration pastorale entre les Conférences épiscopales d’Europe, veröffentlicht in: Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 230-233. 13 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 32. 14 Ebd.; Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 246 f. 15 Annuario Pontificio 2012, S. 1814 f.; Präsentation der CCEE auf http://www. ccee.ch (13.6.2012).

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schofskonferenzen bei der Europäischen Gemeinschaft (COMECE).16 Die COMECE ist ebenso wie der CCEE eine Institution, die im Bereich zwischen der Orts- und der Universalkirche liegt.17 Einen wichtigen Impuls für den Entschluss, eine Vertretung der Bischöfe der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu gründen, dürfte der damalige Direktor von OCIPE,18 P. Jean Weydert SJ, gegeben haben. Er hielt im Oktober 1973 vor den Bischöfen des CCEE einen Vortrag19 über die Kirche und die Europäische Gemeinschaft. So legte Pater Weydert die Bedeutung der Europäischen Gemeinschaft dar, die neben intergouvernementalen auch gemeinschaftliche Strukturen eigenen Charakters aufweise, beziehungsweise sich diese im Entstehen befänden. Die Europäische Gemeinschaft habe nicht nur politische und wirtschaftliche, sondern auch allgemein menschliche und ethische Auswirkungen. So habe er – laut Thiede – hervorgehoben, dass die Kirche ihren Auftrag verfehlen würde, wenn sie eine Antwort schuldig bliebe, wo es um eine neue Dimension im Leben der Menschen gehe, besonders weil die Prozesse auch Auswirkungen auf die praktischen Lösungen der weltweiten Probleme haben würden. Schließlich habe Pater Weydert auf die Notwendigkeit der Präsenz der Bischöfe der EG hingewiesen und ein Treffen der von Delegierten der Bischofskonferenzen der betroffenen neun Länder angeregt, welches sich über deren künftige Vertretung bei der EG Gedanken machen sollte.20 Der Vortrag Pater Weyderts wurde von den Bischöfen positiv aufgenommen.21 Die Diskussionen in der Folgezeit drehten sich zunächst um die Frage, welcher Status einer solchen Vertretung zukommen sollte. Sollte es etwa eine eigenständige Organisation oder eine Kommission des CCEE werden?22 Der damalige Erzbischof Etchegaray unterstrich, dass der CCEE nicht Gesprächspartner der Europäischen Gemeinschaften sein könne, wohl aber den Bischofs-

___________ 16

Präsentation der COMECE auf: http://www.comece.eu (13.6.2012). Giorgio Feliciani, La Commissione degli episcopati della Comunità europea (COM.E.C.E.), in: Stella Coglievina, Le Conferenze episcopali in Europa – Un nuovo attore delle relazioni tra Stati e Chiesa cattolica, Milano 2010, S. 207 f.; Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 231. 18 L’Office Catholique d’Information sur les Problèmes Européens. Nachfolger dieses Büros ist das Jesuit European Social Centre, vgl. http://www.jesc.net (13.6.2012). 19 Dargestellt bei Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 83 f. 20 Dargestellt in ebd., S. 84. 21 Ebd., S. 83. 22 Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 240. Wijlens erklärt diese Diskussion damit, dass nicht alle Länder des Europarates gleichzeitig zu den Europäischen Gemeinschaften gehörten (was auch im Jahr 2012 noch zutreffend ist [eig. Fn.]), während eine Kommission des CCEE als Dialogpartner der Europäischen Gemeinschaften fungiert hätte. 17

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konferenzen der damals neun Mitgliedsstaaten umfassenden Europäischen Gemeinschaften Anregungen geben könne, die nötigen Schritte zu unternehmen.23 Bei einem Treffen von Delegierten der Bischofskonferenzen dieser Mitgliedstaaten mit dem damaligen Nuntius bei den Europäischen Gemeinschaften, Msgr. Cardinale, das vom Vorsitzenden des CCEE geleitet wurde, im Frühjahr 1974 hatte man sich für die Schaffung einer Kommission der Bischöfe aus den Mitgliedsstaaten – allerdings im Kontext des CCEE24 – ausgesprochen.25 Beim Heiligen Stuhl sollte dieses Votum jedoch zunächst auf nur wenig Gegenliebe stoßen, nicht zuletzt weil er die Beziehungen zur EG als internationale – und mithin in seine Zuständigkeit fallend – ansah.26 Überdies hatte der Heilige Stuhl schon 1970 einen Nuntius bei der EG akkreditiert.27 Die theologische Begründung für eine eigene Repräsentanz der Bischofskonferenzen bei der EG als Wahrnehmung der Mitverantwortung der Bischöfe mit dem Papst wurde von Msgr. Benelli, dem damaligen Substituten im Staatssekretariat, als falsche Auslegung des vatikanischen Kollegialitätsbegriffs zurückgewiesen.28 Dennoch, der „Kompetenzstreit“ hatte seinen Ursprung letztlich – und zumindest auch – in der Frage nach der Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaften, einem sich auf völkerrechtlicher Bühne neu entwickelnden Gebilde. Schließlich schlug der Heilige Stuhl die Einrichtung eines Informationsbüros vor.29 Der damalige Nuntius bei der EG, Msgr. Cardinale, hob zur Begründung der Einrichtung des Büros die Notwendigkeit des europäischen Engagements der Bischöfe hervor.30 Mit der SIPECA (Service d’Information Pastorale Euro___________ 23

Dargestellt bei Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 84. Dargestellt in ebd., S. 86 ff.; Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 240. 25 Dargestellt bei Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 85. 26 Dargestellt in ebd., S. 87 ff; vgl. auch Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 240 f. 27 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 87. 28 Dargestellt in ebd., S. 89; vgl. auch Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 240 f. 29 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 8; van Luyn, Zusammenarbeit (Fn. 4), S. 408 f., weist in diesem Zusammenhang auf das dritte Symposium des CCEE zum Thema „Die Sendung des Bischofs im Dienst des Glaubens hin“, in welchem der damalige Kardinal Wojtyła die Kollegialität der Bischöfe unterstrichen hatte und für den CCEE weitere Aufgabengebiete, wie die Verbesserung der Kontakte zwischen Ost und West, die Sicherung der Grundrechte, insbesondere der Glaubens- und Gewissensfreiheit, aufgrund der KSZE-Akte von Helsinki und des II. Vatikanums sowie die Förderung der Zusammenarbeit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Lehramt und Theologie, nannte. Bischof van Luyn macht überdies auf die Ansprache Papst Pauls VI. aufmerksam, in der dieser betonte, dass der christliche Glaube Europa immer beseelt habe und die Bischöfe, indem sie dem Glauben dienten, Europa helfen würden, seine Seele wiederzufinden. Bischof van Luyn kommt schließlich zu dem Schluss, dass all dies dem Staatssekretariat vor Augen führte, dass es den Bischofskonferenzen in ihrem Wunsch nach einer eigenen Struktur für die Zusammenarbeit entgegenkommen musste. 30 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 88. 24

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péenne Catholique) wurde 1976 ein pastorales Informationsbüro eingerichtet, welches die Aufgabe hatte, im Bereich der Kontaktpflege, der Information und der Bewusstseinsbildung tätig zu werden.31 SIPECA sollte dabei insbesondere ein Dienst an den Vertretern des Heiligen Stuhls in Brüssel und in Straßburg sein32 und die Bischöfe als auch die Dienststellen der Bischofskonferenzen über die vom Europarat und den Europäischen Gemeinschaften behandelten Dossiers, die für die Kirche interessant sein könnten, informieren.33 Die nächsten Jahre sollten ereignisreich werden. Auf europäischer Ebene wurde 1976 beschlossen, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in allgemeinen und unmittelbaren Wahlen zu wählen.34 Die Vorsitzenden der westeuropäischen Bischofskonferenzen veröffentlichen im Jahr 1977 ein „Wort zu Europa“,35 in welchem sie u. a. die Bedeutung des Christentums in Europa hervorheben und – wie Thiede zu Recht folgert36 – verdeutlichen, dass ihr Engagement sozialethisch motiviert und orientiert ist. Mit dem Pontifikat Papst Johannes Pauls II. sollte die Zusammenarbeit der Bischöfe in Europa nun auch von Rom aus befördert werden. In einer Ansprache37 im Jahr 1978 an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen in Europa, die den CCEE bilden, betonte er, dass der regelmäßige Informations- und Erfahrungsaustausch sowie der Austausch über Standpunkte über maßgebliche pastorale Probleme ein Aspekt der Kollegialität i. S. d. Zweiten Vatikanums sei. Die Kollegialität bedeute gegenseitige Offenheit und brüderliche Zusammenarbeit der Bischöfe im Dienste der Evangelisierung, der Mission der Kirche. Eine Öffnung und eine Kooperation dieser Art seien nicht nur auf der Ebene der Ortskirche und der Universalkirche notwendig, sondern auch der Ebene der Kontinente.38 Der Papst unterstrich, ___________ 31

Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 240. van Luyn, Zusammenarbeit (Fn. 4), S. 409 unter Verweis auf Msgr. Cardinale. 33 Noël Treanor, L’Église et l’Europe – La COMECE au service de l’Europe, in: L’année canonique 40 (1998), S. 207-213, 210. 34 Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Parlamentarischen Versammlung“ (später „EP“) v. 20.9.1976, vgl. Christine Holeschovsky, Direktwahl zum Europäischen Parlament, in: Jan Michael Bergmann (Hrsg.), Handlexikon der Europäischen Union, Baden-Baden 42012. 35 Deutsche Bischofskonferenz, Wort zu Europa (Stimmen der Weltkirche 1), Bonn 1977. 36 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 94. 37 Johannes Paul II., Alloc. v. 19. Dezember 1978, in: AAS 71 (1979), S. 109-111. 38 „[Cette collaboration] consiste à échanger régulièrement des informations, des expériences et des points de vue sur les principaux problèmes pastoraux qui se posent dans vos pays. Elle vous amène aussi à assumer ensemble des devoirs qui prennent une dimension européenne. C’est l’une des façons d'incarner la collégialité dans le cadre de laquelle l’enseignement du Concile Vatican II peut porter tous ses fruits. La collégialité signifie ouverture réciproque et coopération fraternelle des Evêques au service de l’évangélisation, de la mission de l’Eglise. Une ouverture et une coopération de ce genre 32

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dass die Zusammenarbeit nicht die Autorität des einzelnen Bischofs oder der Bischofskonferenzen ersetzen könne und überdies in enger Verbindung mit dem Nachfolger Petrus erfolgen müsse.39 Mithin wurde das Thema der Zusammenarbeit der Bischöfe in der EG wieder aufgenommen und festgestellt, dass die Bischöfe mehr für Europafragen sensibilisiert werden müssten, und auch der Bulletin der SIPECA nicht hinreichend genutzt werde.40 Da von Seiten des Heiligen Stuhls nunmehr keine wesentlichen Bedenken gegen eine Vertretung der Bischöfe bei der EG geltend gemacht wurden, wandte sich der damalige Erzbischof Etchegaray im Einverständnis mit Msgr. Caprio, dem neuen Substituten im Staatsekretariat, an die Bischofskonferenzen in den Mitgliedsstaaten der EG und bat darum, einen Bischof zu delegieren, um die pastoralen Fragen im Kontext der EG-Institutionen sowie die Implikationen der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament zu studieren. So trafen sich im Februar 1979 die delegierten Bischöfe in Brüssel, um konkrete Vorschläge zur Errichtung einer Kommission der Bischofskonferenzen der EG-Länder zu erarbeiten.41 Der damalige Nuntius bei den Europäischen Gemeinschaften machte im Rahmen einer Ansprache vor dem Kolloquium zur Vorbereitung der Versammlung des Europäischen Laienforums am 28. Februar 1980 noch einmal deutlich, weshalb die Einrichtung eines neuen Organs auf europäischer Ebene neben dem CCEE notwendig erschien.42 Die Zusammensetzung und die restriktive Satzung des CCEE sowie die sehr spezielle juristische Konstruktion der Europäischen Gemeinschaft hätten zu der Notwendigkeit der Gründung eines neuen Organs der Bischöfe der der EG-Länder geführt. So stellt er fest: „Die Europäische Gemeinschaft kann in der Tat in gewisser Hinsicht als das gemeinsame Vaterland aller Bürger der Länder, die ihr angehören, betrachtet werden. Ein neues Recht – das Gemeinschaftsrecht – ist im Entstehen begriffen und regelt in immer größerem Maße durch gemeinsam akzeptierte Vorschriften das Leben der Gemeinschaft. Es gibt deshalb neue pastorale Erfordernisse; um ihnen gerecht werden zu können, braucht die Kirche ein neues Organ.“43

___________ sont nécessaires, non seulement au niveau des Eglises locales et de l’Eglise universelle, mais aussi au niveau des continents, […].“ Ebd., S. 110. 39 Johannes Paul II., Alloc. v. 19. Dezember 1978 (Fn. 37), S. 110. 40 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 106 f.; Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 242. 41 Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 107; Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 242 f.; van Luyn, Zusammenarbeit (Fn. 4), S. 409. 42 Hyginus Eugene Cardinale, Die COMECE – Eine neue seelsorgliche Initiative per Katholischen Kirche in Europa, in: Projekt Europa 9 (1980), S. 36 f. 43 Ebd.

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Am 3. März 1980 wurde die Commissio Episcopatuum Communitatis Europeensis (COMECE) mit Zustimmung des Heiligen Stuhls gegründet.44 Der gesamte Entstehungsprozess der COMECE (und auch des CCEE) zeigt – wie Wijlens zutreffend bemerkt –, dass für die Schaffung dieser Einrichtung einzelne Personen mit bestimmten Vorstellungen maßgeblich waren, die den Mut hatten, diese Vorstellungen den Vorsitzenden der europäischen Bischofskonferenzen mitzuteilen.45 Denen wurde dann wiederum bewusst, „dass die Vorschläge dazu beitragen könnten, ihren Dienst als Bischöfe besser zu erfüllen, und schließlich ihre Zustimmung gaben, mit der Suche nach geeigneten Strukturen zu beginnen“.46

II. Das (neue) Statut der COMECE Mit Gründung der COMECE trat ihr erstes Statut47 (im Folgenden: Statut (1980)) in Kraft. Dieses sollte jedoch erst einmal nur für drei Jahre ad experimentum gelten (vgl. Art. 20 Statut (1980)). Das Statut wurde ergänzt durch eine Geschäftsordnung (im Folgenden: Geschäftsordnung (1980)).48 Aus juristischer Sicht wird man den Stimmen in der Literatur zustimmen müssen, die auf sprachliche Ungenauigkeiten hinwiesen oder nähere Konkretisierungen verschiedener Aufgabenbeschreibungen anmahnten.49 In den Vollversammlungen der letzten Jahre erörterten die Bischöfe der COMECE ein neues, überarbeitetes Statut. In der Frühjahrsvollversammlung 2011 wurde das neue Statut von den Bischöfen angenommen und schließlich am 13. Mai 2011 vom Heiligen Stuhl approbiert. Anders als das Statut 1980 ist seine Originalsprache nicht mehr Französisch sondern Italienisch. Eine neue Geschäftsordnung gibt es bisher noch nicht.

___________ 44

Vgl. Statuten der COMECE vom 3. März 1980; abgedr. in Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 239-242. 45 Wijlens, Zusammenarbeit (Fn. 8), S. 246. 46 Ebd. 47 Abgedr. in Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 239 f. 48 Abgedr. in ebd., S. 241 f. 49 Feliciani, Commissione (Fn. 17), S. 207-215.

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1. Präambel Das Statut50 weist nunmehr eine Präambel auf. Diese beginnt mit dem historischen Verweis auf die Europäische Union als Friedens- und Solidaritätsprojekt. Das Europäische Projekt habe sich stets an der Suche nach dem Gemeinwohl orientiert, indem der Respekt vor der menschlichen Würde ins Zentrum des Handelns gelegt worden sei.51 Mit der Betonung der Friedens- und Solidaritätsdimension des Europäischen Projekts bringen die Bischöfe das zum Ausdruck, was in der aktuellen Staatsschuldenkrise nur zu leicht vergessen wird, dass nämlich die Europäische Union weit mehr ist als ein wirtschaftliches Projekt. Sodann wird auf die Gründung der COMECE im Jahr 1980 rekurriert, die in den Zusammenhang mit der Bedeutung dieser neu geschaffenen europäischen Realität gestellt wird. Zur Förderung der christlichen Dimension des Europäischen Einigungsprozesses sei die COMECE geschaffen worden. Es folgt der Hinweis, dass die COMECE mit den Beitritten zur Union jeweils mitgewachsen sei. Die ekklesiologische Erklärung der Zusammenarbeit der Episkopate befindet sich nunmehr im fünften Absatz der Präambel. Der fünfte Absatz ist dem Art. 1 des Statuts (1980) entlehnt. Es wird hervorgehoben, dass die Episkopate der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in diesem Bereich besondere Verantwortung bei der Ausübung ihrer pastoralen Aufgabe haben. Der Zusatz „en complément de leurs devoirs pastoraux dans leur propre pays“ – wie er in Art. 1 Statut (1980) formuliert war – ist indes weggefallen. Inhaltlich dürfte dies zwar keine Konsequenzen haben, da er in der neuen Formulierung miterfasst werden dürfte. Vor dem Hintergrund des langen Ringens um die Errichtung einer Repräsentanz der Episkopate bei der EU hätte man durchaus überlegen können, den Wortlaut des Art. 1 Statut (1980) komplett zu übernehmen. Ihre gemeinsame pastorale Aufgabe nehmen sie „in gegenseitiger Offenheit und brüderlicher Zusammenarbeit im Dienst an der Evangelisierung (Johannes Paul II.) im Prozess der Europäischen Integration ein“.52 Die Zusammenarbeit soll in einer Weise stattfinden, die das Gemeinwohl im Lichte der Freude am Evangelium fördert und schützt. Mit Blick auf die Themenbereiche, die von der COMECE verfolgt werden, bleibt die Präambel allgemein, indem sie nur von Bereichen von Interesse für die Episkopate der Europäischen Gemeinschaft spricht. In diesem Zusammenhang wird bereits auf die Aufgaben der COMECE Bezug genommen, die in der Beobachtung der Aktivitäten der Europäischen Union und der Informationswei___________ 50 Die Statuten der COMECE sind abrufbar unter: http://www.comece.eu/site/en/ whoweare/statutes (13.6.2012) 51 Präambel des Statuts. 52 Präambel des Statuts.

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tergabe an die Episkopate besteht. Als weitere Aufgabe wird die Kommunikation der Auffassungen der Episkopate in Fragen der Europäischen Integration an die zuständigen Stellen in der EU genannt.

2. Zusammensetzung der Kommission und Verhältnis zum Heiligen Stuhl Artikel 1 definiert die Kommission der Episkopate der Europäischen Gemeinschaft als eine Vereinigung von Bischöfen, die die Episkopate der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertreten. Die COMECE behält also ihren Namen, obwohl die Europäischen Gemeinschaften (mit Ausnahme Euratoms) zwischenzeitlich in der Europäischen Union aufgegangen sind. Die Beibehaltung des Namens ist jedoch aus historischen Gründen zu begrüßen. In Art. 1 wird die Kollegialität der Bischöfe, auf der ihre Zusammenarbeit in den schon in der Präambel angesprochen Bereichen basiert, betont. Artikel 2 regelt inhaltlich das Verhältnis zum Apostolischen Nuntius bei den Europäischen Gemeinschaften. Er ist offenbar aus Elementen der Art. 2 und 3 Statut (1980) gebildet worden. Die Kommission respektiert und unterstützt demnach die besondere Rolle, die dem Heiligen Stuhl in internationalen Beziehungen eigen ist. Ein Ausdruck der Zusammenarbeit mit und des Respekt gegenüber der Arbeit des Heiligen Stuhls ist die Einladung des Nuntius zu den Sitzungen der Vollversammlungen und des Ständigen Ausschusses (vgl. Art. 2 Abs. 2). Die Stellung des Artikels gleich zu Beginn des Statuts unterstreicht meines Erachtens die Einheit zwischen den Bischöfen und dem Papst. Erst danach wird die Zusammensetzung der Kommission im juristisch-technischen Sinn erläutert (vgl. Art. 3). Die Kommission setzt sich aus den Bischöfen, die von den Episkopaten der EU-Mitgliedsstaaten delegiert werden, und dem Erzbischof aus Luxemburg zusammen. Besonderheiten bestehen im Hinblick auf einzelne Mitgliedsstaaten der EU, welches im Statut im Einzelnen näher konkretisiert wird. Die nordische Bischofskonferenz entsendet demnach einen Bischof für die in ihr vertretenen Episkopate des Königreichs Dänemark, des Königreichs Schweden und der Republik Finnland. Das Episkopat des Vereinigten Königreichs ist durch einen Bischof der Bischofskonferenz England und Wales sowie durch einen Bischof der Bischofskonferenz Schottlands vertreten.53 Eine weitere Besonderheit besteht hinsichtlich des Vertreters aus Estland, was aber in den Statuten nicht eigens erwähnt wird. Seit 2010 ist ebenso der baltische Staat mit einem Bischof in der COMECE vertreten. In Estland ___________ 53

Anmerkung: Nordirland zählt zur Irischen Bischofskonferenz.

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gibt es keine Diözese, sondern „nur“ eine Apostolische Administratur.54 Seit 2010 ist der Apostolische Administrator in Estland Mitglied der COMECE.55 Als Vertreter kommen alle Bischöfe, d. h. Diözesan-, Weih- oder Titularbischöfe oder Koadjutoren, in Betracht (vgl. Art. 3 Abs. 2). Einzige Voraussetzung ist, dass sie eine Aufgabe auf nationaler Ebene haben (vgl. Art. 3 Abs. 2). Damit dürften emeritierte Bischöfe als Mitglieder der COMECE ausscheiden. Das Mandat dauert drei Jahre, ist jedoch erneuerbar (vgl. Art. 3 Abs. 3). Neben dem delegierten Bischof kann das Episkopat noch einen Ersatzdelegierten aus seinen Mitgliedern bestimmen, der bei Verhinderung des Delegierten an den Sitzungen der Kommission teilnimmt (vgl. Art. 3 Abs. 4). Hinsichtlich der Voraussetzungen an die Person ist auf Art. 3 Abs. 2 zu verweisen, da für den Ersatzdelegierten der gleiche Maßstab gelten sollte. Demgegenüber enthielt die frühere Geschäftsordnung eine ähnliche Bestimmung (Nr. 5 Geschäftsordnung (1980)56). Demnach konnten sich die delegierten Bischöfe durch einen anderen Bischof bei ihrer Verhinderung vertreten lassen. Dieser Vertreter hatte dann gleiches Stimm- und Antragsrecht. Theoretisch war es einem delegierten Bischof möglich, bei seiner Verhinderung jedes Mal einen anderen Vertreter zu schicken. Es ist abzuwarten, wie die neue Vorschrift in der Praxis angenommen wird. Nach der Geschäftsordnung (1980) war es ebenfalls möglich einen Vertreter zu schicken, der kein Bischof war. Dieser hatte jedoch kein Stimmrecht. Hinsichtlich des Antragsrechts machte die Geschäftsordnung (1980) keine Angaben. Artikel 4 zählt die Organe der Kommission auf: die Vollversammlung, den Vorsitzenden, den Ständigen Ausschuss und den Generalsekretär. Auf die einzelnen Organe wird in den folgenden Artikeln des Statuts sodann näher eingegangen.

3. Die Vollversammlung Die Art. 5-7 befassen sich mit der Vollversammlung. Das Organ „Vollversammlung“ ist nicht neu, wenngleich es im Statut (1980) nicht eigens erwähnt wird. Die Aufgaben der Vollversammlung wurden dort allgemein der Kommis___________ 54 Can. 371 § 2 CIC/1983. Exkurs: Eine Apostolische Administration ist eine gebietliche diözesane Ersatzform, die anders als ein Apostolisches Vikariat oder eine Apostolische Präfektur (can. 371 § 1 CIC/1983) nicht auf dem Wege zur Vollform als Diözese ist. Besondere und schwerwiegende Gründe (wie z. B. schwierige politische Situationen) erscheinen dauerhaft und lassen die Errichtung einer Diözese auf lange Sicht nicht zu (vgl. Winfried Aymans, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. II, Paderborn / Wien / Zürich / München 131997; Georg Bier, Kommentar zu can. 371, Rdnr. 10, in: Lüdicke, MK CIC (Juli 2004). 55 Vgl. http://www.comece.eu/site/de/werwirsind/mitgliedsbischoefe (13.6.2012). 56 Abgedr. bei Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 241 f.

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sion zugeschrieben (vgl. Art. 6 Statut (1980)).57 Die Vollversammlung setzt sich aus den Mitgliedern der Kommission zusammen (vgl. Art. 5 Abs. 1). Die Aufgaben der Vollversammlung sind in einem Katalog aufgelistet (vgl. Art. 5 (a)-(h)). Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsorgan der COMECE. Sie bestimmt die „Richtlinien der Politik“, d. h. sie macht die Vorgaben für die praktische Arbeit, um die in Art. 1 genannten Ziele der Zusammenarbeit zu erreichen (a).58 Darüber hinaus legt sie die Aufgaben und Pflichten des Sekretariats fest und gibt dem Generalsekretär Aufgaben und Weisungen im Hinblick auf die Durchführung der Aufgaben des Sekretariats (c). Die COMECE ist thematisch damit breit aufgestellt. Welche Politikfelder werden jedoch schwerpunktmäßig verfolgt? Kuhn identifiziert in seinem Artikel Als Christen am gemeinsamen Europa mitbauen. Versuch über eine Unbekannte59 verschiedene Themen, die sich gemäß den drei Prinzipien der katholischen Soziallehre – Personalität, Solidarität, Subsidiarität – wie ein roter Faden durch die Arbeit der COMECE ziehen: der umfassende Lebensschutz, die Problematik europäischer Asyl- und Migrationspolitik, die Wirtschafts- und Sozialpolitik, Menschenrechte, Familienpolitik, Bildung und Kultur, Landwirtschaft, Entwicklungspolitik, globale Verantwortung sowie die Diskussion über die politische Zukunft Europas. Dieser Themenkatalog ist nicht abschließend und kann durch andere aktuell aufkommende Themen ergänzt werden.60 In den letzten Jahren hat die Thematik der Religionsfreiheit – gerade vor dem Hintergrund des „Arabischen Frühlings“ in den Staaten Nordafrikas – im Rahmen der EU-Außenbeziehungen zu einem Arbeitschwerpunkt entwickelt. Des Weiteren wählt die Vollversammlung den Vorsitzenden und die Mitglieder des Ständigen Ausschusses (b), setzt befristete Kommissionen und Arbeitsgruppen ein (d), stimmt über Erklärungen ab, durch welche die Kommission verpflichtet werden soll (e) und genehmigt den vom Generalsekretär vorbereiteten Jahresbericht (g). Überdies kommt ihr die Aufgabe zu, über die Finanzen der COMECE zu bestimmen und gleichzeitig über die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel zu wachen (f). Des Weiteren kann die Vollversammlung über die Änderung des Statuts der Kommission entscheiden. Die geänderte Fassung muss dann jedoch dem Heiligen Stuhl zur Approbation zugeleitet werden. Über eine (Geschäfts-)Ordnung kann sie indes ohne Involvierung des Heiligen Stuhls entscheiden (vgl. Art. 5 (i) arg. ex. contrario Art. 5 (h)). Das Statut trifft nunmehr Aussagen zur Häufigkeit der Sitzungen und zur Beschlussfassung der Vollversammlung. Entsprechende Regelungen fanden sich ___________ 57 58 59 60

Feliciani, Commissione (Fn. 17), S. 210. Ebd. Kuhn, Christen (Fn. 6), S. 1069-1084. Ebd.

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indes nicht im Statut (1980), sondern in der Geschäftsordnung.61 Das Statut legt nunmehr fest, dass die Vollversammlung wenigstens zweimal im Jahr zusammenkommt. Das entspricht der gängigen Tradition von Frühjahrs- und Herbstvollversammlungen.62 Daneben können unter bestimmten Voraussetzungen außerordentliche Vollversammlungen einberufen werden (vgl. Art. 7 Abs. 2). Die Vollversammlung tritt wirksam zusammen, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Beschlüsse werden gültig gefasst, wenn die absolute Mehrheit der Anwesenden erreicht ist. Demgegenüber lagen die Voraussetzungen nach der Geschäftsordnung (1980) wesentlich höher. Beschlussfähigkeit lag demnach erst bei der Anwesenheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder vor, die dann aber – sofern es sich nicht um wichtige Fragen handelte – mit einfacher Stimmenmehrheit entscheiden konnten (Nr. 4, 6 Geschäftsordnung (1980)). Art. 7 Abs. 4 des Statuts legt weiter die Teilnahme des Generalsekretärs fest. Dieser hat jedoch kein Stimmrecht. Zu einzelnen Tagesordnungspunkten können ferner Experten auf Einladung teilnehmen. Als solche werden zumeist hochrangige Beamte der Europäischen Institutionen oder Experten aus den verschiedenen in Brüssel befindlichen Thinktanks eingeladen, die den Bischöfen ihre aktuellen Dossiers oder gesellschaftspolitischen Analysen und Einschätzungen vorstellen und hierüber mit ihnen diskutieren.63 In der Praxis dürfen auch die Mitglieder des Sekretariats an diesen Tagesordnungspunkten der Vollversammlungen der Bischöfe teilnehmen. Artikel 6 des Statuts formuliert – wenngleich seine Platzierung zwischen den beiden Artikeln über die Vollversammlung etwas unglücklich erscheint64 – eine doppelte Aufgabe der delegierten Bischöfe. Sie fungieren als Bindeglieder zwischen ihren Bischofskonferenzen und der Kommission. Auf der einen Seite transportieren sie die Informationen über die Aktivitäten der COMECE an ihre Bischofskonferenzen, auf der anderen Seite teilen sie den anderen Bischöfen der Kommission die Standpunkte ihrer Bischofskonferenz mit. Des Weiteren obliegt es ihnen, ihre Amtsbrüder in ihrem Heimatland für die mit der Europäischen Union zusammenhängenden Themen zu sensibilisieren.

4. Der Vorsitzende Der Vorsitzende der Kommission wird aus der Mitte der Mitglieder der Kommission für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt (vgl. Art. 8 Abs. 2). ___________ 61

Abgedr. bei Thiede, Bischöfe (Fn. 11), S. 241 f. Die Geschäftsordnung verlangte demnach nur mindestes eine Zusammenkunft pro Jahr. Vgl. ebd. 63 Vgl. Kuhn, Christen (Fn. 6), S. 1069-1084. 64 Die Vorschrift hätte vielleicht besser in den Teil über die Kommission gepasst. 62

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Wesentliche Neuerung ist, dass sein Mandat nur einmal erneuerbar ist (vgl. Art. 8 Abs. 2). Das Statut (1980) sah keine solche Begrenzung vor (vgl. Art. 9 Statut (1980)). Die Übersetzung des Begriffs „Il Presidente“ mit „Der Vorsitzende“ entspricht dem im Deutschen im Kontext der Bischofskonferenz oder sonstigen Versammlungen gebräuchlichen Begriff. Schon im Kontext des Statuts (1980) hatte sich – augenscheinlich beeinflusst von der Terminologie in den anderen Sprachen – auch im deutschen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Präsident“ eingebürgert. Der Vorsitzende wird mit einer Mehrheit von zwei Dritteln in den ersten beiden Wahlgängen gewählt (vgl. Art. 8 Abs. 1). Sofern diese ohne Ergebnis bleiben, erfolgt im dritten Wahlgang eine Stichwahl in der Regel zwischen den beiden Kandidaten statt, die bisher die meisten Stimmen erzielt hatten (vgl. Art. 8 Abs. 1). Dem Vorsitzenden kommt die Aufgabe zu, die COMECE (nach außen) zu vertreten (vgl. Art. 9 Abs. 1). Darüber hinaus leitet und ordnet er die Aktivitäten der COMECE.

5. Der Ständige Ausschuss Bei dem ständigen Ausschuss handelt es sich um den Exekutiv-Ausschuss65 in neuem und vor allem größerem „Gewand“. Ihm gehören nunmehr neben dem Vorsitzenden noch vier weitere Bischöfe an. Damit soll u. a. der über die Jahre gewachsenen Kommission Rechnung getragen werden. Demgegenüber bestand der Exekutiv-Ausschuss nur aus drei Mitgliedern (dem Präsidenten und zwei Vize-Präsidenten). Ebenso wie in der Geschäftsordnung von 1980 (Nr. 7) für den Exekutiv-Ausschuss soll sich in der Besetzung des Ständigen Ausschusses die geographische Verteilung der Episkopate der Europäischen Union widerspiegeln (vgl. Art. 11 Abs. 1). Ihr Mandat beträgt ebenfalls drei Jahre und ist einmal erneuerbar (vgl. Art. 11 Abs. 2). Die Mitglieder dieses Gremiums wählen einen der vier Mitglieder zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden (vgl. Art. 11 Abs. 2). Zu den Aufgaben des Ständigen Ausschusses gehört es, gemäß Art. 12 die Angelegenheiten, die der Vollversammlung vorgelegt werden, vorzubereiten und für die Umsetzung der Beschlüsse der Vollversammlung zu sorgen. Der Ständige Ausschuss kann in eigener Verantwortung Dokumente veröffentlichen und Erklärungen abgeben (vgl. Art. 12). Das Gremium tagt wenigstens zweimal jährlich (vgl. Art. 13). Beschlüsse können mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst werden. Das Quorum ist bei drei Teilnehmern erreicht (vgl. Art. 13).

___________ 65 Die Regelungen über das Exekutivkomitee waren in Art. 12 u. 13 des Statuts (1980) zu finden.

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6. Der Generalsekretär Wesentliche Neuerungen haben sich in Bezug auf das Amt des Generalsekretärs ergeben. Art. 15 Statut (1980) sah vor, dass der Generalsekretär von der Kommission für eine Amtszeit von drei Jahren ernannt wird, nachdem der Heilige Stuhl zuvor sein Nihil obstat erteilt hatte. Das aktuelle Statut sieht indes ein anderes Verfahren vor (vgl. Art. 14 Abs. 1). Demnach einigen sich die Bischöfe der Kommission auf eine Terna (d. h. auf einen Dreiervorschlag) bestehend aus möglichen Kandidaten, die sie dem Heiligen Stuhl zuleiten. Dieser wählt einen Kandidaten von der Liste aus, der schließlich von den Bischöfen der Kommission zum Generalsekretär ernannt wird (vgl. Art. 14 Abs. 1). Im Hinblick auf die persönlichen Voraussetzungen, die der Generalsekretär mitbringen muss, verlangt das Statut, dass dieser Priester sein muss (vgl. Art. 14 Abs. 1). Weitere Voraussetzungen enthält das Statut auf den ersten Blick nicht. Aus dem Aufgabenkatalog in Art. 16 (a)-(i) lassen sich jedoch weitere Rückschlüsse auf das Anforderungsprofil des Generalsekretärs ziehen. Als Leiter des Sekretariats ist er gleichzeitig Leiter der Verwaltung und für die Erstellung eines Haushaltsentwurfs und einer Jahresbilanz zuständig (vgl. Art. 16 (h)). Wie aus Art. 17 Abs. 1 folgt, steht dem Generalsekretär ein fester Mitarbeiterstab zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung. Mithin trägt der Generalsekretär ebenso Personalverantwortung. Aktuell arbeiten 13 Personen in unterschiedlichen Bereichen im Sekretariat der COMECE (Politik- und Rechtsberater, Sekretariatskräfte sowie Mitarbeiter im Verwaltungs- und Logistikbereich). Zu den Aufgaben des Generalsekretärs (vgl. Art. 16) gehört es, die Weisungen des Vorsitzenden und des ständigen Ausschusses umzusetzen (a). Des Weiteren pflegt er die Kontakte mit den Organen der Union und mit den Europäischen Institutionen und vertritt dabei die COMECE im Auftrag des Vorsitzenden (b). Zu seiner Aufgabe zählt auch die Förderung der Kontakte mit der Apostolischen Nuntiatur bei der EU, den Bischofskonferenzen, zum CCEE und mit anderen für die Zielsetzung der COMECE relevanten Einrichtungen (c). Inhaltlich hat er sich mit den Problemen zu befassen, die im Zusammenhang mit den Kompetenzen und Aktivitäten der EU und der Entwicklung ihrer Institutionen stehen (d). Des Weiteren hat der Generalsekretär eine vorbereitende Funktion mit Blick auf die Erstellung von Dokumenten und Erklärungen, die der Zustimmung des Ständigen Ausschusses und der Vollversammlung bedürfen (e), sowie mit Blick auf die Sitzungen der Gremien (f). Dem Generalsekretär konnte nach dem Statut (1980) ein sog. Stellvertretender Generalsekretär („Assistent“) zur Seite gestellt werden (vgl. Art. 17 bis Statut (1980)), der den Generalsekretär im Falle dessen Abwesenheit oder bei Vakanz des Postens vertreten sollte.66 Diese Vorschrift hat jedoch keinen Eingang in das neue Statut gefunden. Es ist daher abzuwarten, wie künftig mit län-

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geren Abwesenheiten des Generalsekretärs (z. B. Krankheit oder Urlaub) umgegangen werden wird und ob der Verzicht auf diese Position mit der Praxis kompatibel ist. Vielleicht steht am Ende dieses „Praxistests“ sogar die Wiedereinführung einer solchen Position? Möglich wäre dies etwa durch die Ergänzung des Abschnitts über den Generalsekretär um einen Artikel über den „Assistenten“ im Statut. Darüber hinaus könnte aber auch eine neue Geschäftsordnung des Sekretariats eine solche Position ausweisen. Das Mandat des Generalsekretärs beträgt drei Jahre und kann zweimal erneuert werden (vgl. Art. 14 Abs. 2). Nach Art. 15 steht der Generalsekretär im Dienste der Vollversammlung und des Ständigen Ausschusses. Hervorgehoben wird jedoch das besondere Verhältnis zum Vorsitzenden, gegenüber dem er für seine Arbeit verantwortlich ist. Der Generalsekretär hat also eine besonders enge Anbindung an den Vorsitzenden, der die Aktivität der Kommission leitet und koordiniert und der auch für die Erhaltung und Herstellung der Kontakte mit den Organen der Europäischen Union zuständig ist (vgl. Art. 9 Abs. 2). Das Sekretariat der COMECE hat seinen Sitz in Brüssel und besteht aus verschieden Fachabteilungen (vgl. Art. 17).67

7. Zusammenarbeit mit anderen Akteuren Schließlich befasst sich das Statut auch mit der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren. Diese Bestimmungen sind neu eingefügt. Die Zusammenarbeit ist in drei Bereiche eingeteilt: Ein erster Bereich regelt die Beziehungen zu kirchlichen Einrichtungen. An erster Stelle wird hier der CCEE genannt (vgl. Art. 18), mit welchem die COMECE insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte eng verflochten ist. Weiterhin bemüht sich COMECE um die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Vereinigungen der Bischofskonferenzen. Des Weiteren befasst sich Art. 20 mit den ökumenischen Beziehungen und schreibt das, was sich im Laufe der Zeit in der täglichen Arbeit des Sekretariats der COMECE entwickelt hat, nunmehr im Statut als Aufgabe fest. Über die ökumenischen Beziehungen hinaus soll sich die Kommission um den Dialog und den Austausch mit nichtchristlichen religiösen Bekenntnissen bemühen. Als Gegenstand des Dialogs und des Austausches nennt das Statut in Art. 21 Fragen, die den europäischen Einigungsprozess betreffen, ___________ 66 Um diese Vorschrift war das Statut von (1980) im Jahr 2005 nach Durchführung eines Verfahrens zur Änderung des Statuts gemäß Art. 20 Statut (1980) ergänzt worden. Dieser Artikel sah die Möglichkeit einer Modifikation des Statuts vor, sofern die Bischofskonferenzen und der Heilige Stuhl zustimmen würden. 67 Vgl. den Überblick auf der Webseite der COMECE: http://www.comece.eu (13.6.2012).

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mit dem Ziel „eine bessere Garantie der Religionsfreiheit in Europa sicherzustellen und den Gedanken einer Bürgerschaft zu fördern, die auf den Rechten der menschlichen Person, der gegenseitigen Akzeptanz und auf einem gerechten und friedlichen Zusammenleben gegründet ist“.

8. Schlussbestimmungen Das Statut endet mit technischen, wenngleich nicht unwichtigen Schlussbestimmungen (Art. 22-24) über die juristische Struktur der COMECE, ihr Vermögen und schließlich ihre Auflösung. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass das Statut im Gegensatz zum Statut (1980) unbefristet Gültigkeit besitzt.

9. Zusammenfassende Bemerkungen Im Mai 2011 fand die ursprünglich auf drei Jahre angelegte „Experimentierphase“ der Zusammenarbeit der Bischöfe aus den Mitgliedsstaaten der EU mit der Approbation der neuen unbefristet geltenden Statuten durch den Heiligen Stuhl ein Ende. In diesen 30 Jahren hat die COMECE einen enormen Entwicklungsprozess durchgemacht. Die Erweiterungsrunden der Europäischen Union führten naturgemäß auch zu Erweiterungsrunden innerhalb der Kommission. Dies und die zunehmenden Kompetenzzuwächse sowie die dadurch neu zu erschließenden Politikfelder der Europäischen Union ließen das Sekretariat der COMECE größer werden. In den letzten 30 Jahren hat sich COMECE zu einem geschätzten Dialogpartner der Europäischen Institutionen, der ökumenischen Partner sowie bei vielen anderen – religiösen und zivilgesellschaftlichen – Akteuren und überdies zu einem ThinkTank68 entwickelt. Das neue Statut ist somit auch eine Antwort auf die im Laufe der Zeit gewachsene COMECE. Abgesehen von kleineren kosmetischen Mängeln des Statuts, wie etwa bei der teilweise anzutreffenden Bezugnahme auf die nicht mehr existente Europäische Gemeinschaft (vgl. Präambel) oder aber der wechselnden Verwendung der Begriffe „COMECE“ oder „die Kommission“, 69 die im Rah-

___________ 68 So können auf der Website der COMECE sämtliche veröffentliche Texte (Erklärungen der Bischöfe, Expertenberichte, etc.) zu verschiedenen EU-Politikfeldern eingesehen und bezogen werden. Siehe http://www.comece.eu/site/en/publications/otherpubli cations (13.6.2012). 69 Während zu Beginn des Statuts fast durchgängig der Begriff „die Kommission“ verwendet wird, wird zum Ende hin der Begriff „COMECE“ gebraucht.

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men einer möglichen, zukünftigen Änderung und Revision leicht behoben werden können, kann das Statut insgesamt als gelungen bezeichnet werden.

III. Der Art. 17 Abs. 3 AEUV oder die Frage „Dialogus, quo vadis?“ Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Religionsgemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrages einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog (Art. 17 Abs. 3 AEUV). Artikel 17 Abs. 3 AEUV ist neu und stellt ein Produkt der Diskussion im Verfassungskonvent dar.70 Er hatte seinen dortigen Niederschlag in Art. I-52 Abs. 3 des Entwurfs eines Verfassungsvertrags71 gefunden. Damit erkennt die Union nunmehr auch in den Verträgen den intermediär-ideellen Verdienst und das Potential der Kirchen und Religionsgemeinschaften für Europa, für die Union und für den Integrationsfortschritt an.72 Lange Zeit hatten die europäischen Institutionen den Kirchen und Religionsgemeinschaften keine Beachtung geschenkt und sie allenfalls funktional in ihrer Eigenschaft etwa als Arbeitgeber wahrgenommen, weshalb das Europarecht nicht selten als „kirchenblind“ bezeichnet wurde.73 Die Kirchen und Religionsgemeinschaften werden nunmehr vom Vertragsgesetzgeber in ihrer spezifischen Identität anerkannt und „nicht als bloßer Teil der Zivilgesellschaft“74 betrachtet, folglich von den Nichtregie___________ 70 Claus Dieter Classen, in: Eberhard Grabitz / Meinhard Hilf / Martin Nettesheim, (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Loseblattsammlung, 46. Ergänzungslieferung 2011, Art. 17 AEUV Rn 1. 71 ABl. C 310 vom 16. Dezember 2004, S. 1 ff. 72 Gerhard Robbers, Staat und Kirche in der Europäischen Union, in: ders. (Hrsg.), Staat und Kirche in der Europäischen Union, Baden-Baden 21995, S. 629-639; Christian Waldhoff, in: Christian Calliess / Matthias Ruffert, EUV/AEUV, München 42011, Art. 17 AEUV Rn 19; auch Rudolf Streinz, in: ders. (Hrsg.), EUV/AEUV, München 22012, Art. 17 AEUV Rn 14; Matthias Belafi, „In Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags“ – Der Dialog der EU mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften als Grundlage und Kernstück europäischer Religionspolitik, in: Ines-Jacqueline Werkner / Antonius Liedhegener (Hrsg.), Europäische Religionspolitik, Religiöse Identitätsbezüge, rechtliche Regelungen und politische Ausgestaltung, Wiesbaden 2013, S. 153-173, 155 f.; Elizabeta Kitanovic (Dialogue with Non-govermental and Religious / Philosophical Organisations on the Implementation of the Art. 17 from the CSC of CEC perspective, Speech given at the Workshop Series „Open Dialogue between Institutions and Citizens – Chances and Challenges, 29. November 2011 in Brussels“ sieht die Einbeziehung der Kirchen als Dialogpartner als Beweis der politischen demokratischen Wirklichkeit im Europäischen Integrationsprozess an. 73 Vgl. Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 156. 74 Vgl. Robbers, Staat und Kirche (Fn. 72), S. 640.

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rungsorganisationen und anderen Stellen der Zivilgesellschaft abgegrenzt,75 mit denen die EU einen Dialog nach Maßgabe des Art. 11 EUV76 pflegt. Die Anfänge eines Dialoges zwischen der EU und den Kirchen lassen sich aber viel weiter zurückverfolgen. Sie entwickelten sich peu à peu nach Unterzeichnung der römischen Verträge.77 Maßgeblich befördert wurde der Dialog jedoch unter dem damaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors, der alle „Institutionen der Sinngebung“, die Kirchen und Religionsgemeinschaften eingeschlossen, dazugefordert hatte, sich an der Debatte über Europa zu beteiligen.78 Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene Initiativen, die, wenngleich ohne rechtliche Rundlage, zu einer Praxis des Dialogs und des Austausches zwischen den Europäischen Institutionen und den Kirchen führten.79 Mit Art. 17 Abs. 3 AEUV wird daher eine langjährige und gut bewährte Praxis im Primärrecht festgeschrieben. Dialogpartner der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist die „Union“. Der Begriff „Union“ erfasst alle Organe und Beratungsorgane sowie die vielzähligen Agenturen,80 und geht damit über die bisher herausgebildete Praxis hinaus. Die Union wird durch diese weite Formulierung in die Pflicht genommen, an sämtlichen Stellen die notwendigen Voraussetzungen für die Durch___________ 75 Classen (Fn. 70) Art. 17 AEUV Rn 5; Jean-Paul Durand, Die strukturierten Beziehungen zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften und den Organen der Europäischen Union, in: Richard Puza / Stefan Ihli (Hrsg.): Kirchen und Religionsgemeinschaften als „Motoren Europas“. Bausteine zu einem Europäischen Religionsrecht, Berlin / Wien 2007, S. 219-226, 222; Robbers, Staat und Kirche (Fn. 72), S. 640. In der Kommentarliteratur in Art. 17 AEUV eine besondere Form des strukturierten Dialogs mit der Zivilgesellschaft i. S. d. Art. 11 Abs. 2 EUV gesehen. Vgl. hierzu z. B.: HansPeter Folz, in: Christoph Vedder / Wolff Heintschel von Heinegg (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, EUV / AEUV / Grundrechte-Charta, Baden-Baden 2012, Art. 17 AEUV Rn 2; Walter Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 6, Institutionen und Politiken, Berlin / New York 2011, § 3 Rn 281; Ronan McCrea, Religion and the Public Order of the European Union, Oxford 2010, S. 67 f.; Waldhoff (Fn. 72), Art. 17 AEUV Rn 19; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 163; Robbers, Staat und Kirche (Fn. 72), S. 639 spricht indes von ähnlichen Prinzipen, auf denen der Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften einerseits und mit den Institutionen der Zivilgesellschaft andererseits basiert. 76 Vertrag über die Europäische Union, ABl. C 83 v. 30. März 2010, S. 13 ff. 77 COMECE / CEC-CSC, Article 17 of the Treaty on the Functioning of the European Union, General Considerations on the implementations of the Dialogue foreseen by its paragraph 3, 27. April 2010, S. 2. 78 Noël Treanor, „Das von uns tagtäglich aufgebaute Europa muss jener Berufung entsprechen, die von den Gründervätern Europas verkörpert wurde“, Interview geführt von Johanna Touzel, in: Europe Infos, Nr. 106, Juni 2008; ders., L’Église (Fn. 33), S. 209. 79 Treanor, Interview, in: Europe Infos, Nr. 106, Juni 2008 (Fn. 78); auch: COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 2; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 159. 80 COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 3; einschränkend demgegenüber Classen (Fn. 70), Art. 17 AEUV Rn 41.

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führung des Dialogs zu schaffen. In der Kommission gibt es beispielsweise das Bureau of European Policy Advisers (BEPA), in welchem seit langem einer der Politikberater für den Dialog, u. a. mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften beauftragt ist.81 Im Kabinett des Präsidenten des Europäischen Rates ist ebenfalls ein Mitglied u. a. zuständig für den Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften82 und im Europäischen Parlament kümmert sich einer der Vize-Präsidenten um den Austausch mit diesen Gemeinschaften. Die Ernennung von Mitarbeitern bzw. die Einrichtung von Kontaktstellen ist begrüßenswert, doch längst nicht erschöpfend. Der Begriff „Union“ erfasst unterschiedslos sämtliche Mitarbeiter von der Leitungs- bis auf die Arbeitsebene.83 Die Kirchen und Religionsgemeinschaften erhalten durch diese weite Formulierung die Chance, neben der Pflege der etablierten auch neue Kontakte zu Organen, Beratungsorganen und Agenturen zu suchen, die (möglicherweise) bisher noch nicht im Fokus standen. Wie ist der Dialog gemäß Art. 17 Abs. 3 AEUV auszugestalten? Bedarf es überhaupt einer Ausgestaltung oder kann nicht einfach auf das gut Bewährte zurückgegriffen bzw. schlicht weitergemacht werden wie bisher? Nach einer verbreiteten Auffassung in der Kommentarliteratur soll Abs. 3 keinen subjektiv (einklagbaren) Anspruch einer Kirche oder Religionsgemeinschaft beinhalten, sondern sich vielmehr lediglich um eine Unionszielbestimmung handeln.84 Die Einordnung des Art. 17 Abs. 3 AEUV einzig als Zielbestimmung, greift zu kurz. Der Absatz nimmt die Union vielmehr in die Pflicht, einen Dialog zu pflegen. Eine Dialogverweigerung ist demnach unzulässig.85 Für die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Adressaten und Partner des Dialogs ergibt sich im Umkehrschluss ein Anspruch auf den Dialog. Classen hält ein subjektives Recht einer einzelnen Gemeinschaft auf Teilnahme am Dialog für denkbar, schreibt der Union aber einen weiten Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung des Dialogs zu.86 Nach Art. 17 Abs. 3 AEUV hat der Dialog offen, transparent und regelmäßig zu erfolgen. Was aber bedeuten diese drei Kriterien? ___________ 81 Informationen über BEPA sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/bepa/activities/ outreach-team/dialogue/index_en.htm (13.6.2012). 82 Vgl. hierzu die Internetseite des Kabinetts des Präsidenten des Europäischen Rates: http://www.european-council.europa.eu/the-president/cabinet?lang=de (14.6.2012). 83 Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 166. 84 Folz (Fn. 75), Art. 17 AEUV Rn 2; Markus Kotzur, in: Rudolf Geiger / DanielErasmus Khan / ders., EUV/AEUV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, München 52010, Art. 17 AEUV Rn 6; Waldhoff (Fn. 72), Art. 17 Rn 17; Streinz (Fn. 72), Art. 17 AEUV Rn 4. 85 Streinz (Fn. 72), Art. 17 AEUV Rn 14. 86 Classen (Fn. 70), Art. 17 AEUV Rn 42.

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Die Kommentarliteratur zeigt sich hinsichtlich der Auslegung der Begriffe bisher zurückhaltend. COMECE und ihr ökumenischer Partner, die Kommission Kirche und Gesellschaft der Konferenz Europäischer Kirchen (CEC-CSC),87 haben sich bereits früh positioniert und ein gemeinsames Dokument mit allgemeinen Überlegungen über die Anwendung des Dialogs i. S. d. Art. 17 Abs. 3 AEUV veröffentlicht.88 Das Kriterium der Offenheit des Dialogs spricht nach Auffassung COMECE und CEC-CSC demnach verschiedene Aspekte an: die Good Governance, die Themen des Dialogs und seine Aufrichtigkeit.89 Good Governance bedeute im Kontext des Dialogs mit der Zivilgesellschaft (vgl. Art. 11 Abs. 2 EUV) das Ziel, diese in den Gesetzgebungs- und Governanceprozess einzubeziehen. Gleiches habe in Bezug auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften zu gelten.90 Offenheit spricht ebenso die Themen des Dialogs an und erfasst alle Politikbereiche der EU.91 Offenheit adressiert ferner die Qualität des Dialogs.92 So sei der Austausch aufrichtig zu führen, was auch die Äußerung von konstruktiver Kritik einschließe. Demgegenüber wird der Begriff der Offenheit in der Literatur als Zugangskriterium betrachtet und auf die Partner des Dialogs bezogen.93 Es sind alle Kirchen und Religionsgemeinschaften einzubeziehen.94 Bei der konkreten Ausgestaltung des Dialogs sollte aber ebenso die unterschiedliche Größe der Kirchen oder Religionsgemeinschaft widergespiegelt werden.95 Überdies wird Offenheit und Transparenz auch als Abgrenzung zu informellen oder geheimen Gesprächen verstanden.96 Dies ist jedoch bereits durch das Kriterium der Transparenz abgedeckt. Beide Einrichtungen halten ein breites Angebot an öffentlich zugänglichen Informationsquellen, wie z. B. eine Internetpräsenz, Newsletter, Pressemitteilungen und Jahresberichte vor, in welchen sie unter anderem über ihre Treffen mit EU-Vertretern berichten.97 Des Weiteren ___________ 87

Informationen über CEC-CSC in: http://csc.ceceurope.org/de/ (14.6.2012). COMECE / CEC-CSC, Article 17 of the Treaty on the Functioning of the European Union, General Considerations on the implementations of the Dialogue foreseen by its paragraph 3, 27. April 2010. 89 COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 4. 90 Ebd. 91 Ebd.; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 161. 92 COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 4; ähnlich: Durand, Beziehungen (Fn. 72) S. 223; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 161. 93 So Classen (Fn. 70), Art. 17 AEUV Rn 42. 94 Ebd.; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 161. 95 Thematisiert wird dies u. a. von Michał Rynkowski, Remarks on Art. I-52 of the Constitutional Treaty: New Aspects of the European Ecclesiastical Law?, in: German Law Journal 6,11 (2005), S. 1719-1730, 1726. 96 Waldhoff (Fn. 72), Art. 17 AEUV Rn 19. 97 COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 4. 88

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sieht Art. 17 Abs. 3 AEUV vor, dass der Dialog regelmäßig stattfindet. Keine Aussage macht die Vorschrift hinsichtlich der Frequenz, wobei eine Dialogverweigerung unzulässig sein dürfte.98 Der Dialog hat über sporadische oder Adhoc-Treffen hinauszugehen.99 Dialogus, quo vadis? Braucht es eines Dialogs über den Dialog?100 Oder sollte hinsichtlich der zukünftigen Ausgestaltung auf das alt Bewährte zurückgegriffen werden? Die Lösung liegt in der Mitte. In den vergangenen Jahren hat sich eine gute Praxis des Austausches in den unterschiedlichsten Facetten herausgebildet. Als Best-Practice-Beispiele können die jährlichen Treffen der Spitzenvertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften mit den Präsidenten des Europäischen Parlamentes, dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Europäischen Kommission genannt werden. Diese Treffen stehen jeweils unter einem bestimmten Thema und fanden anfangs lediglich mit dem Kommissionspräsidenten statt. Darüber hinaus veranstaltet das Sekretariat der COMECE zusammen mit seinem ökumenischen Partner CEC-CSC regelmäßig Dialogseminare mit der Europäischen Kommission, die jeweils verschiedene Themen zum Gegenstand haben und einen profunden Austausch mit den verantwortlichen Kommissionsdienststellen ermöglichen. Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die vielzähligen Konferenzen ebenfalls zu einer Vielzahl von Themen in Kooperation mit oder unter der Schirmherrschaft von Europaabgeordneten. Die Liste an Aktivitäten könnte noch weiter ausgeführt werden. Fest steht, dass mit Art. 17 Abs. 3 AEUV der Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften zum Leben und zum Wohlergehen in Europa gestärkt werden soll, mithin ein Zurückfallen hinter den Status-quo ausgeschlossen wird.101 Für die Zukunft ist in erster Linie Kreativität gefragt, indem neue, zusätzliche Wege des Dialogs und ggf. mit einem möglicherweise weiter gefassten Adressatenkreis beschritten werden. Gleiches gilt für die inhaltliche Ausrichtung des Dialogs. Als Partner des Dialogs dürfte die COMECE eine „Bringschuld“ haben. Die offene Formulierung des Art. 17 Abs. 3 AEUV schließt keinen der EU-Politikbereiche aus. So dürfte die Herausforderung zukünftig darin liegen, dynamisch zu bleiben und immer wieder neue, aktuelle Themenfelder aufzuspüren und zu erschließen. COMECE hat diese Kompetenz hierzu in ihrer mehr als dreißigjährigen Geschichte unter Beweis gestellt und hat den Europäischen Integrationsprozess nie defensiv, ___________ 98

Streinz (Fn. 72), Art. 17 AEUV Rn 14. COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 5. 100 Van Luyn, An open, transparent and regular dialogue, Rede im Rahmen der öffentlichen Abenddebatte anlässlich seiner Verabschiedung als Präsident der COMECE am 21. März 2012. 101 COMECE / CEC-CSC (Fn. 77), S. 5; Belafi, Anerkennung (Fn. 72), S. 161. 99

Die COMECE als Partner im Dialog mit der Europäischen Union

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sondern immer proaktiv begleitet.102 Kirchen beobachten nämlich nicht nur die Werte, die die Grundlagen der europäischen Politiken bilden, sondern sorgen dafür, dass eine wirkliche ethische Debatte die Entscheidungsträger auf EUEbene begleitet.103 Bischof Treanor bezeichnet die Kirchen in diesem Kontext daher auch als „Akteure einer spirituellen und sozialen Wachsamkeit“.104 So folgen die kirchlichen Büros einem ganzheitlichen Ansatz, indem ihr hauptsächliches Anliegen das Gemeinwohl und die umfassende Würde des Menschen sind.105 In der aktuellen Krise, die als Krise der Finanzmärkte begann, zu einer Krise des Euro und schließlich zu einer Krise der EU wurde, ist dies wieder einmal sichtbar geworden. So haben die Bischöfe der COMECE nicht nur ihre Herbstvollversammlung 2011 dem Thema „Die Finanzkrise und die Zukunft der Europäischen Integration“ gewidmet,106 sondern auch jüngst eine Erklärung zum EU-Vertragsziel einer wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft mit dem Titel „Eine europäische Solidaritäts- und Verantwortungsgemeinschaft“ veröffentlicht.107 Artikel 17 Abs. 3 AEUV nimmt die Beteiligten in die Verantwortung für den Dialog und lässt ihnen gleichzeitig den nötigen Gestaltungsspielraum. „Man muss Träger der Hoffnung sein und gleichzeitig Argumente und Vorschläge anbieten, deren Ziel es ist, in allen Bereichen der Politik die Würde aller Europäer und das Gemeinwohl der ganzen menschlichen Familie zu fördern“,108 so hat Bischof Treanor in einem Interview vor einigen Jahren die Verantwortung eines jeden Bürgers und Gläubigen am Mitbau eines Europas formuliert. Dies kann auf die Akteure des Dialogs gemäß Art. 17 Abs. 3 AEUV übertragen werden. Innovative Ideen und Visionen sind also gefragt! Somit schließt sich der Kreis, denn von innovativen Ideen und Visionen ist das Verhältnis der Bischöfe in Europa zum europäischen Projekt seit jeher geprägt.

___________ 102

Dies belegen beispielsweise die zahlreichen veröffentlichen Erklärungen der COMECE-Bischöfe, die abrufbar sind, unter: http://www.comece.eu/site/en/publications/ otherpublications (14.6.2012). 103 Treanor, Interview (Fn. 78). 104 Ebd. 105 Ebd. 106 Hintergrundinformationen zu dieser Vollversammlung sind abrufbar unter: http:// www.comece.eu/site/en/activities/plenaryassemblies/2011/article/4264.html (14.6.2012). 107 Die Erklärung der Bischöfe der COMECE vom 27. Oktober 2011 ist abrufbar unter: http://www.comece.eu/site/en/publications/pubcomece (14.6.2012). 108 Treanor, Interview (Fn. 78).

Das neue österreichische Israelitengesetz: Eine historische Annäherung Barbara Gartner

I. Einführung Legislative Vorhaben in religionsrechtlichen Belangen stellen den Gesetzgeber angesichts der besonderen Bedeutung des Grundrechts auf Religionsfreiheit und der großen Kontinuität, die diese Rechtsmaterie prägt, immer vor große Herausforderungen. Dies gilt insbesondere für Spezialgesetze, mit denen organisatorische Regelungen für einzelne Religionsgemeinschaften erlassen werden, da hier stets ein sehr schmaler Grat zwischen der verfassungsgesetzlich zulässigen Regelung der äußeren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft und ihren inneren, keiner staatlichen Reglementierung zugänglichen Bereichen beschritten wird. Verzichtet der Staat darauf, ein Mindestmaß an organisatorischen Anforderungen zu normieren, die es ihm erlauben, auf dem Gebiet der res mixtae mit der Religionsgemeinschaft adäquat zusammenzuarbeiten, läuft er Gefahr, dass diese auf Kooperation angelegten Aufgaben nicht für alle Beteiligten zufriedenstellend erfüllt werden, vor allem dann, wenn die Religionsgesellschaft von sich aus nicht die erforderlichen innerorganisatorischen Maßnahmen setzt. Umgekehrt besteht im Fall einer intensiven staatlichen Determinierung das Risiko, die Religionsgemeinschaft in ein regulatorisches Korsett (Stichwort „Verkirchlichung“) zu drängen, das nicht ihrem religiösen Selbstverständnis entspricht. Hinzu kommt, dass jede über das notwendige organisatorische Minimum hinausgehende staatliche Regelung dahingehend zu prüfen ist, ob sie im Einklang mit Art. 15 StGG1 und Art. 9 EMRK2 steht. Angesichts dessen verwundert es nicht, dass sich der Gesetzeber erst 122 Jahre nach Erlass des Gesetzes vom 21. März 1890, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsver___________  Der vorliegende Beitrag gibt ausschließlich die persönlichen Rechtsansichten der Autorin wieder. 1 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/ 1867 i.d.F. BGBl. Nr. 684/1988 (im Folgenden: StGG). 2 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/ 1958 i.d.F. BGBl. III Nr. 47/2010 (im Folgenden: EMRK). Die EMRK steht gem. Art. II Z 7 B-VG-Novelle 1964 rückwirkend mit 3. 9. 1958 im Verfassungsrang.

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hältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft (im Folgenden: IsraelitenG) 3 dazu entschloss, dieses Gesetz einer Totalrevision zu unterziehen und damit an die geänderten (verfassungs-)rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Während 1890 das österreichisch-ungarische staatskirchenrechtliche System noch stark staatskirchenhoheitlich geprägt war, sind für das gegenwärtige Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften Kooperation und Koordination charakteristisch, wobei – nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 9 EMRK – dem Grundsatz religiös-weltanschaulicher Neutralität des Staates immer größere Bedeutung zukommt. Eine grundlegende Änderung des IsraelitenG war daher bereits seit Langem angezeigt. Dass legislative Vorhaben in diesem Bereich jedoch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, bis sie tatsächlich realisiert werden (können), zeigt nicht zuletzt ein Blick in die parlamentarischen Materialien zum IsraelitenG selbst: Bereits 1888 monierten die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, dass die staatliche Regelung der Rechtsverhältnisse der jüdischen Religionsgenossenschaft seit mehr als siebzig Jahren den Gegenstand legislativer Reformversuche bildete.4 Zwar wären zuvor einzelne Fragen einer Lösung zugeführt und bezüglich anderer wenigstens „in thesi allgemeine Gesichtspunkte festgestellt“ worden; im Großen und Ganzen aber hätten diese Verhandlungen die in Aussicht genommene Neuregelung der jüdischen Rechtsverhältnisse ebenso wenig zur Folge gehabt, wie die nach dem Jahr 1848 teils von der Regierung, teils von der Judenschaft selbst ausgehenden Reformbestrebungen.5 Aber nicht nur in zeitlicher Hinsicht bestehen Parallelitäten zwischen der Stammfassung und der 2012 erfolgten Totalrevision. In der Regierungsvorlage zu Letzterer wird nämlich betont, dass das aus dem Jahr 1890 stammende Gesetz für die damalige Zeit sehr moderne Regelungen enthielt, nach 120 Jahren allerdings die Schaffung eines modernen Gesetzes geboten sei.6 Ob es dem Gesetzgeber des Jahres 2012 tatsächlich gelungen ist, ein „modernes“ Gesetz zu schaffen, das als Vorbild für ähnliche legislative Reformbestrebungen, wie beispielsweise das Islamgesetz,7 dienen kann, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.

___________ 3

RGBl. Nr. 57/1890. EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 10. 5 Ebd. 6 RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 1 f. 7 Gesetz vom 15. Juli 1912, betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft, RGBl. Nr. 159/1912 i.d.F. BGBl. Nr. 164/1988 (im Folgenden: IslamG). 4

Das neue österreichische Israelitengesetz

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II. Rechtliche und historische Rahmenbedingungen 1. Einheit in der Vielfalt Bereits vor dem Erlass des IsraelitenG war die Jüdische Gemeinde in der Donaumonarchie von einer gewissen „dialektischen Spannung“8 zwischen liberalen (liberalen Reformjuden, progressiven Juden oder Neologen 9) und traditionalistischen Kräften (orthodoxen oder neo-orthodoxen Juden) geprägt.10 Während erstere für einen zeitgemäßen, gekürzten und in Teilen landessprachlichen Gottesdienst sowie eine aktive Teilnahme von Frauen im öffentlichen religiösen Leben bis hin zur Gleichberechtigung der Frau im Gottesdienst und im Rabbinat eintraten bzw. nach wie vor eintreten,11 ist die Orthodoxie von einem Festhalten an traditioneller Frömmigkeit und überlieferter Lebensweise geprägt.12 Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin, dass das progressive Judentum die Offenbarung nicht absolut, sondern als fortschreitenden Prozess des Dialogs von Gott mit seinem Volk versteht.13 Als von Gott geoffenbart gilt daher auch nur das ethische Gesetz, während das Ritualgesetz als Menschenwerk qualifiziert wird.14 Für orthodoxe Gruppen ist hingegen das gesamte jüdische Religionsgesetz geoffenbart.15 Als Mittelweg entstand die Gruppe der sog. „konservativen Juden“, die einen Ausgleich zwischen Orthodoxie und Reform anstrebten bzw. weiterhin anstreben.16 Die unterschiedliche Bewertung religiöser Grundlagen innerhalb der Jüdischen Gemeinde sowie die heterogene Herkunft der Gläubigen schlugen sich schon früh im Kultus in Form unterschiedlicher religiöser Riten nieder. Einen bedeutenden und in diesem Kontext zu er___________ 8 Wolfgang Häusler, Das österreichische Judentum zwischen Beharrung und Fortschritt, in: Adam Wandruszka / Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848-1919, Bd. IV: Die Konfessionen, Wien 1985, S. 633-669 (636 f.). 9 Diesen Ausdruck verwendet etwa Rudolf Herrmann von Herrnritt, B. Israelitische Kultusangelegenheiten, in: Ernst Mischler / Josef Ulbrich (Hrsg.), Österreichisches Staatswörterbuch. Handbuch des gesamten österreichischen öffentlichen Rechtes, Bd. 2, Wien 21906, S. 971 (975). 10 Häusler, Judentum (Fn. 8), S. 636 f. 11 Susanne Borchers, Stichwort Reformjudentum, in: Thomas Schirrmacher, Harenberg Lexikon der Religionen, Dortmund 2002, S. 399; Christoph Lind, Juden in den habsburgischen Ländern 1670-1848, in: Herwig Wolfram / Eveline Brugger (Hrsg.), Geschichte der Juden in Österreich, Wien 2006, S. 339-446 (412). 12 Vgl. Heike Pfersdorff (Hrsg.), Der Brockhaus – Religionen. Glauben, Riten, Heilige, Mannheim u.a. 22007, Stichwort Orthodoxie, S. 487. 13 Eva M. Synek, Pluralität innerhalb der Religionen, in: Johann Figl (Hrsg.), Handbuch Religionswissenschaft. Religion und ihre zentralen Themen, Darmstadt 2003, S. 734-758 (744). 14 Ferdinand Dexinger, Judentum, in: Figl, Handbuch (Fn. 13), S. 395-410 (407). 15 Ebd. 16 Vgl. Borchers, Judentum, in: Schirrmacher, Harenberg Lexikon (Fn. 11), S. 295.

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wähnenden Schritt in der Geschichte des österreichischen Judentums bildete die Errichtung eines neuen Bethauses in der Seitenstettengasse 1825/26, weil sich dieses zum Vorbild eines neuen synagogischen Kultus entwickelte. 17 Der dort eingeführte und später vielerorts übernommene sog. „Wiener Ritus“ zeichnete sich durch einen Kompromiss zwischen Reformkreisen und stärker traditionsverhafteten Juden sowie ein hohes Niveau des Kantors aus und bildete lange eine tragfähige, für alle religiösen Gruppen akzeptable Grundlage.18 Damals wie heute ist der Staat in derartigen Konfliktsituationen geneigt, zum Zweck der Wahrung des religiösen und gesellschaftlichen Friedens für die eine oder andere Seite innerhalb einer Religionsgemeinschaft Partei zu ergreifen oder sich in anderer Weise in einen innergemeinschaftlichen Konflikt einzumischen. Religionsgemeinschaften bzw. einzelne ihrer Teile tendieren ihrerseits oft dazu, den Staat als externen Schiedsrichter in innergemeinschaftliche Konflikte einzubeziehen, ohne dass diesem irgendeine Befugnis zur Ingerenz in diesen Angelegenheiten zukäme. Verfügt eine Religionsgemeinschaft zudem nicht über eine hierarchische Struktur, wird diese Problemlage noch verstärkt. In jedem Fall werden hierdurch Situationen kreiert, die regelmäßig mit der Autonomie einer Religionsgemeinschaft in ihren inneren Angelegenheiten sowie mit der staatlichen Verpflichtung zur religiös-weltanschaulichen Neutralität unvereinbar sind.19 Der Gesetzgeber des Jahres 1890 war somit – ähnlich wie 2012 – vor die Herausforderung gestellt, die verschiedenen religiösen Strömungen innerhalb des Judentums nach außen hin gewissermaßen unter dem Dach einer einheitlichen Religionsgesellschaft zu vereinigen, der Religionsgesellschaft in ihrer Binnenstruktur jedoch entsprechende Freiräume zu belassen, damit sich alle Strömungen und Riten entfalten und so eine Spaltung der Jüdischen Gemeinde vermieden werden konnte.20 Nach Herrmann von Herrnritt war daher gegen Ende des 19. Jh. entweder die Autonomie der Israelitischen Religionsgesellschaft zum leitenden Prinzip der Reform zu machen, wofür aus seiner Sicht der Geist der neuen Gesetzgebung sprach, oder aber im Anschluss an die bis___________ 17

Häusler, Judentum (Fn. 8), S. 639 f. Ebd., S. 640. Der Gottesdienst wurde zwar weiterhin in hebräischer Sprache abgehalten, die Predigt jedoch in Deutsch vorgetragen. Zudem erfuhr die Liturgie eine Straffung, während die nationalen und messianischen Gebete unangetastet blieben (ebd.); ähnlich auch Lind, in: Wolfram, Juden in Österreich (Fn. 11), S. 411. 19 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa EGMR, Urt. v. 13. 12. 2001, Metropolitan Church of Bessarabia u. a., Nr. 45701/99, Z 116 f. 20 EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 17: „Die dem Judenthume eigenthümliche Abneigung gegen jede hierarchische Gestaltung und die hiedurch begünstigte Tendenz zu religiösen Spaltungen und zur Sectenbildung verleiht den Vereinigungen zu rituellen Zwecken, sowie den gottesdienstlichen Versammlungen der Juden eine besondere Bedeutung“; ebenso Herrmann von Herrnritt, B. Israelitische Kultusangelegenheiten (Fn. 9), S. 978. 18

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herige Rechtsentwicklung die Ausdehnung der staatlichen Einflussnahme.21 Ähnlich formulieren es die Gesetzesmaterialien: Hiernach sei „[…] der eigenthümlichen Erscheinung zu gedenken, daß aus den Kreisen der Judenschaft sehr oft an die Regierung das Ansinnen herangetreten ist, die Regelung der Cultusverhältnisse in einer Ausdehnung vorzunehmen, welche weit über die das staatliche Interesse berührenden Belange hinausgreifen, würde“.22 So sei gefordert worden, dass eine Reform der jüdischen Kultusverfassung, insbesondere eine hierarchische Gliederung derselben, von Staats wegen dekretiert werden sollte.23 Andere wiederum hätten Anstoß daran genommen, dem Staat zuzumuten, dass er die verschiedenen Richtungen, in welchen sich das religiöse Leben des Judentums betätige, gesetzlich differenziere, also „gesetzliche Kriterien der Rechtgläubigkeit“ aufstelle und diesen Unterschieden die Bestimmungen des Gesetzes anpasse.24 Diesen und ähnlichen Tendenzen vermochte die Regierung, so die Erläuternden Bemerkungen weiter, jedoch keine Rechnung zu tragen, da es in gleichem Maß, wie es der Staatsgewalt zukomme, ihre Machtsphäre zu erhalten, es ihre Pflicht sei, sich die Grenzen derselben stets und namentlich auch dann gegenwärtig zu halten, wenn eine diese Grenzen übersteigende Machterweiterung seitens der Betroffenen selbst keiner Anfechtung ausgesetzt wäre.25 Schließlich werden die parlamentarischen Materialien noch deutlicher und auch gemessen am heutigen Verfassungsverständnis geradezu vorbildhaft: „Nicht die einer Confession eigene Auffassung ihres Verhältnisses zum Staate, sondern nur objektive, insbesondere die durch die Staatsverfassung gegebenen Momente sollen das Verhalten der Staatsgewalt auf confessionellem Gebiete bestimmen und diese allein konnten auch für die staatliche Regelung der jüdischen Cultusverhältnisse maßgebend sein.“26

2. Die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse im Jahr 1890 Als zentrales organisatorisches Moment der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft wurde daher die Kultusgemeinde bestimmt. Gemäß § 1 IsraelitenG 1890 hatte der Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft die Kultusgemeinde zur Grundlage zu dienen. Aufgabe der Kultusgemeinde war es, innerhalb der durch die Staatsgesetze gezogenen Grenzen für die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer ___________ 21 22 23 24 25 26

Herrmann von Herrnritt, B. Israelitische Kultusangelegenheiten (Fn. 9), S. 974. EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 12. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

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Mitglieder zu sorgen und die durch diesen Zweck gebotenen Anstalten zu erhalten und zu fördern. Der Gesetzgeber knüpfte damit an jene Gestaltungsform der Jüdischen Gemeinde an, welche ihr aufgrund der historischen Entwicklung in Österreich zu Eigen waren und in welcher ihr zuvor die staatliche Anerkennung zuteil geworden war.27 Zwar bildete die Israelitische Religionsgesellschaft nach außen hin eine einheitliche Religionsgemeinschaft,28 faktisch knüpfte § 1 IsraelitenG 1890 an die Gliederung in Kultusgemeinden als einzige, vom Gesetzgeber vorgefundene Erscheinungsform des religionsgenossenschaftlichen Lebens der Juden in Österreich an.29 Hussarek von Heinlein charakterisierte die Israelitische Religionsgesellschaft aus juristischer Sicht treffend als „die Summe der israelitischen Kultusgemeinden“.30 Die Aufgaben der jüdischen Kultusgemeinden wurden als ident mit jener der Religionsgesellschaft selbst aufgefasst.31 Auf die Statuierung einer gemeinsamen (hierarchischen) Organisation der verschiedenen Kultusgemeinden wurde somit angesichts der geschichtlichen Entwicklung in Österreich bewusst verzichtet,32 sodass auch für einen Dualismus zwischen Religions- und Gemeindeangehörigkeit keine Notwendigkeit gesehen wurde.33 Ebenso (bewusst) ungeregelt blieb der bereits erwähnte Gegensatz zwischen Orthodoxen und Reformern (Neologen).34 Das zuvor erwähnte Streben nach Gewährung von Autonomie und Zurücknahme staatlicher Ingerenz wurde durch den Gesetzgeber jedoch nur punktuell verwirklicht. Ein negatives Beispiel für eine intensive Regelung von eigentlich innergemeinschaftlichen Fragen stellt die Organisation der Kultusgemeinde, wie sie im IsraelitenG 1890 erfolgte, dar. In concreto entschied sich der Gesetzgeber dafür, der Jüdischen Gemeinde das Prinzip der sog. „Einheitsgemeinde“ – mag es auch im Einklang mit dem damaligen staatskirchenhoheitlichen Ver___________ 27

EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 12. Herrmann von Herrnritt, B. Israelitische Kultusangelegenheiten (Fn. 9), S. 975. 29 EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 12. 30 Max Hussarek von Heinlein, Grundriß des Staatskirchenrechts (1908)2, S. 52. 31 EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 13: „Ist aber die Gemeinde die ausschließliche Form jüdischer Cultusgemeinschaft, so fällt ihre Aufgabe mit der der Religionsgesellschaft selbst zusammen: in ihren Wirkungskreis gehört alles, was durch die Bethätigung des religiösen Lebens nach allen Richtungen derselben geboten erscheint. Die Veranstaltung und Überwachung des öffentlichen Gottesdienstes, die unmittelbare Leitung oder Beaufsichtigung der die rituellen Gebote und Gebräuche betreffenden Functionen (Beschneidung, Trauung, Leichenbestattung u. d. gl.), die Erhaltung und Förderung der nach den religiösen Satzungen erforderlichen Anstalten, mit einem Worte, die Befriedigung aller religiösen Bedürfnisse der Gemeindemitglieder ist die der Cultusgemeinde naturgemäß zufallende, innerhalb der durch die Staatsgesetze gezogenen Grenzen zu lösende Aufgabe.“ 32 Vgl. Hussarek von Heinlein, Staatskirchenrecht2 (Fn. 30), S. 52. 33 Herrmann von Herrnritt, B. Israelitische Kultusangelegenheiten (Fn. 9), S. 975. 34 Ebd. 28

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ständnis gewesen sein35 – „überzustülpen“36.37 Dies bildete etwas mehr als 90 Jahre später auch den Ausgangspunkt für einen Individualantrag an den VfGH. Gemäß § 2 Abs. 1 IsraelitenG 1890 umfasste jede Kultusgemeinde ein örtlich begrenztes Gebiet, wobei in demselben Gebiet nur eine Kultusgemeinde bestehen konnte.38 Jeder Israelit gehörte gem. § 2 Abs. 2 leg. cit. der Kultusgemeinde an, in deren Sprengel er seinen ordentlichen Wohnsitz hatte. Die Feststellung der Sprengel der einzelnen Kultusgemeinden hatte im Verordnungsweg zu erfolgen (§ 3 letzter Satz IsraelitenG 1890).39 Weiters bedurfte jede Änderung der Abgrenzung der Gemeindesprengel sowie die Errichtung einer neuen Kultusgemeinde der staatlichen Genehmigung (§ 7 Abs. 1 leg. cit.). Entsprechende Anträge waren gem. § 7 Abs. 2 IsraelitenG 1890 nur dann in Verhandlung zu ___________ 35 Vgl. etwa § 8 Abs. 1 Gesetz vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874 (im Folgenden: AnerkG), wonach die Mitglieder einer ordnungsmäßig konstituierten Kultusgemeinde alle im Gebiet derselben wohnhaften Angehörigen der betreffenden Religionsgesellschaft sind. Gem. § 8 Abs. 2 AnerkG werden Angehörige einer Religionsgesellschaft, die nicht in dem Gebiet einer Kultusgemeinde wohnen, als Mitglieder der nächstgelegenen Gemeinde ihres Bekenntnisses angesehen. 36 Inge Gampl, Zur Frage der Verträglichkeit von VfGHErk 2. Juli 1981, G 31/79-21 und Regierungsvorlage 25. März 1982, 1047 der Beilagen Sten.Prot. NR, XV. GP, in: ÖAKR 34 (1983-84), S. 314 (315). 37 Hierzu statt vieler Richard Potz, Aktuelle Fragen des österreichischen Religionsrechtes. Bruno Primetshofer zum 80. Geburtstag, in: öarr 56 (2009), S. 201-213 (210); Jens Budischowsky, Die staatskirchenrechtliche Stellung der österreichischen Israeliten, Wien 1995, S. 72 f. 38 Die parlamentarischen Materialien (EB RV 202 Blg Sten.Prot. HH, X. Session, S. 14) führen in Bezug auf den Zwang zu territorialen Einheitsgemeinden unter anderem aus: „Der Gesetzesentwurf konnte sich jedoch nicht darauf beschränken, die der Gemeindegliederung zugrunde zu legenden Principien zu sanctionieren; vielmehr mußte, woferne der Zweck des Gesetzes erreicht werden sollte, die Eintheilung der Gemeindesprengel durch das Gesetz selbst gesichert werden, um für die Zukunft die Möglichkeit auszuschließen, daß, wie dies bisher der Fall gewesen, ein Theil der Judenschaft außer jedem Gemeindeverbande verbleibe. Nachdem die individuelle durch den Wohnsitz begründete Zwangsangehörigkeit angenommen war, konnte es sich nur darum handeln, die Gemeindegliederung auch in territorialer Beziehung durchzuführen, das ist die Eintheilung in Kultusgemeindesprengel gesetzlich zu regeln.“ 39 Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 28. April 1956, womit der Sprengel der Israelitischen Kultusgemeinde Graz kundgemacht wird, BGBl. Nr. 95/ 1956; Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 16. Feber 1952, betreffend die Errichtung einer israelitischen Kultusgemeinde in Innsbruck und die Feststellung ihres Sprengels, BGBl. Nr. 39/1952; Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 26. Mai 1951, betreffend die Errichtung einer israelitischen Kultusgemeinde in Linz und die Feststellung ihres Sprengels, BGBl. Nr. 123/1951; Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 4. August 1952, betreffend die Errichtung einer israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg und die Feststellung ihres Sprengels, BGBl. Nr. 184/1952; Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht vom 29. Feber 1956, womit der Sprengel der israelitischen Kultusgemeinde Wien kundgemacht wird, BGBl. Nr. 60/1956.

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nehmen, wenn sie von der Vertretung einer Kultusgemeinde oder von wenigstens dreißig Familienhäuptern israelitischer Konfession ausgingen. Weder bestand damit für Gläubige aufgrund der territorialen Anknüpfung ein Wahlrecht, welcher Kultusgemeinde sie angehören wollten, noch war die Konstituierung weiterer Kultusgemeinden auf demselben Gebiet möglich. Darüber hinaus war, nachdem das IsraelitenG 1890 die einzige Rechtsgrundlage für die Errichtung einer und zugleich der einzigen jüdischen Religionsgesellschaft bildete, der Weg der Konstituierung einer neuen jüdischen Religionsgesellschaft im Wege des AnerkG versperrt.40 Mit dem Prinzip der Einheitsgemeinde wurde positiv gewendet eine Vergemeinschaftung und einheitliche Organisation sowie jeweils eine zentrale Ansprechpartnerin des Staates in allen staatskirchenrechtlichen Angelegenheiten geschaffen.41 Zudem verhinderte das Prinzip der Einheitsgemeinde die Bildung konkurrierender jüdischer Kultusgemeinden.42 Während die gewählte „Einheitsfiktion“43 nun für die staatliche Kultusaufsicht von Vorteil war, bewirkte sie für die Jüdische Gemeinde hingegen den Zwang zu einer bestimmten Organisationsform.44 Gleichzeitig „nötigte“ sie die verschiedenen religiösen Richtungen aber auch, sich um ein Miteinander zu bemühen.45 Im vorliegenden Kontext ebenfalls hervorzuheben ist § 25 IsraelitenG 1890, welcher das Verhältnis der Gemeinde zum sog. „Privatkultus“46 zum Gegenstand hatte, und damit eine zentrale Norm für die innerjüdische Pluralität bildete. Nach den Gesetzesmaterialien war seit jeher „[…] die Erscheinung wahrzunehmen, daß neben dem von der Majorität der Cultusgemeinde, beziehungsweise deren legitimen Vertretung eingerichteten Cultusanstalten und öffentlichen Andachtsübungen, sich größere oder kleinere Kreise zu bestimmten Cultuszwecken bilden, um in einer von dem in der Gemeinde gleichsam officiell bestehenden Cultus abweichenden Form die Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse zu suchen“.47 Gleichzeitig sollte nach den Gesetzesmaterialien sichergestellt werden, dass die Gemeindemitglieder gleicher Anschauung für die ___________ 40

Näher hierzu Budischowsky, Israeliten (Fn. 37), S. 73. Raoul Kneucker, Das Israelitengesetz 1890: Die Novelle 1984. Inge Gampl, gutachterlich tätig. Inge Gampl zum 80. Geburtstag, in: öarr 56,3 (2009), S. 395-399 (398 f.). 42 Karl Spielbüchler, Staatskirchenrecht vor dem Verfassungsgerichtshof [Zur neueren Rechtsprechung], in: ÖAKR 39 (1990), S. 24-49 (39). 43 Johann Schima, Ende des kirchlichen Ausschließlichkeitsrechtes? Zugleich eine Besprechung des Erk des VfGH 2. 7. 1981 G 31/79, ÖJZ 1982, S. 141, 169 (171). 44 Spielbüchler, Staatskirchenrecht (Fn. 42), S. 39. 45 Albert Lichtblau, Integration, Vernichtungsversuch und Neubeginn – Österreichisch-jüdische Geschichte 1848 bis zur Gegenwart, in: Wolfram, Juden in Österreich (Fn. 11), S. 447-565 (555). 46 EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 17. 47 Ebd. 41

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Befriedigung ihrer „Sonderbedürfnisse“ selbst zu sorgen hatten.48 Mit der Bestimmung des § 25 sollte damit ein Ausgleich für die in realiter durchaus bestehende religiöse Disparität und die de iure statuierte Unität im Auftreten gegenüber dem Staat erzielt werden. Konkret durfte gem. § 25 Abs. 1 IsraelitenG 1890 die freie Betätigung der religiösen Überzeugung, insbesondere auch in ritueller Beziehung nicht behindert werden (Abs. 1).49 Jede Kultusgemeinde war verpflichtet zumindest ein Bethaus zu erhalten. Bei der Errichtung und Erhaltung derselben war gem. § 25 Abs. 2 IsraelitenG 1890 den verschiedenen in der Gemeinde üblichen Ritualformen „thunlichste Rücksicht zu tragen“. Nach § 25 Abs. 3 leg. cit. bedurften die Errichtung und der Bestand von Privatbethäusern sowie die Veranstaltung von Zusammenkünften zu gottesdienstlichen oder rituellen Übungen der Zustimmung der Kultusgemeinde, deren Aufsicht sie auch unterstanden. Die Statuten der Kultusgemeinde hatten genaue Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung zur Errichtung von Privatbethäusern sowie zur Veranstaltung von Zusammenkünften zu gottesdienstlichen oder rituellen Übungen zu erteilen war, in welchen Fällen und in welchem Ausmaß den Privatbethäusern Subventionen von der Kultusgemeinde zu gewähren waren und in welcher Weise das der Kultusgemeinde zustehende Aufsichtsrecht auszuüben war (§ 25 Abs. 4 leg. cit.). Mit Letzterem wollte der Gesetzgeber einen „Damm“ gegen eine allfällige willkürliche Einflussnahme der Gemeindeorgane auf den Privatkultus setzen.50 Zudem judizierte der Verwaltungsgerichtshof bereits 1907, dass die Kultusgemeinde die Zustimmung zur Errichtung eines Privatbethauses nicht verweigern durfte, wenn die Antragsteller das Bethaus auf eigene Kosten errichten wollten und in der Kultusgemeinde ein öffentliches, d. h. von dieser erhaltenes, Bethaus für die rituelle Andachtsform, die der religiösen Überzeugung der Antragsteller entsprach, nicht vorhanden war.51 Wohl besonders deutlich den damaligen Geist eines staatskirchenhoheitlichen Systems und damit auch der Staatsaufsicht über gesetzlich anerkannte ___________ 48

AB 678 Blg. Sten.Prot. AH, X. Session, S. 3. Die Gesetzesmaterialien weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass (zum damaligen Zeitpunkt) das Recht der gemeinsamen Religionsausübung nicht den einzelnen Religionsgenossen, sondern gem. Art. 15 StGG den anerkannten Religionsgesellschaften zukommt. Da dem Art. 16 StGG, der nur die häusliche Religionsausübung verbürgt, mit Art. 63 Abs. 2 StV St. Germain derogiert wurde – und im Übrigen 1964 bzw. 1958 mit Art. 9 EMRK eine weitere verfassungsgesetzliche Verbürgung der Freiheit der Religionsausübung hinzutrat – verlor die Bestimmung bereits 1919 ihre rechtliche Relevanz. Budischowsky, Israeliten (Fn. 37), S. 124, der von einer Invalidation aber keiner Derogation ausgeht. 50 EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 17. 51 VwGH 18. 2. 1905, B. 1801 =VwSlg. 3323 A/1905; Inge Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien 1971, S. 356; Hans Klecatsky / Hans Weiler (Hrsg.), Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien 1958, S. 601. 49

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Religionsgesellschaften52 atmete § 30 IsraelitenG 1890. Gemäß § 30 IsraelitenG 1890 hatte die Staatsbehörde darüber zu wachen, dass die Organe der Kultusgemeinden ihren Wirkungskreis nicht überschritten und den Bestimmungen der Gesetze, sowie den auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Anordnungen der staatlichen Behörden nachkamen (Abs. 1). Zu diesem Zweck konnten die Behörden gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse oder Verfügungen der Kultusgemeindeorgane beheben, die betreffenden Vertretungskörper auflösen, in angemessener Höhe Geldbußen verhängen sowie sonst gesetzlich zulässige Zwangsmittel anwenden (Abs. 2). Zum Aufsichtsrecht des Staates über die Organe der Israelitischen Kultusgemeinden entwickelte sich eine durchaus reichhaltige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes,53 was eine Tendenz zur Inanspruchnahme staatlicher Behörden im Falle innergemeinschaftlicher Divergenzen zeigt. Der VwGH stellte im Zuge der an ihn herangetragenen Beschwerden mehrmals klar, dass die Staatsbehörden im öffentlichen Interesse zwar berechtigt und verpflichtet sind, dieses Aufsichtsrecht auszuüben, dass den Parteien eines Verwaltungsverfahrens jedoch kein subjektives Recht auf dessen Ausübung zusteht.54

3. Das „Israeliten-Erkenntnis“ 1981 Eine entscheidende Zäsur in der Organisation der Israelitischen Religionsgesellschaft erfolgte 1981 durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das seinen Ausgangspunkt in Ritusstreitigkeiten in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG Wien) hatte. Auf formaler Ebene sollte sie bis zur Totalrevision des IsraelitenG 2012 auch die einzige wirkliche inhaltliche Änderung bleiben. Dem Erkenntnis lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein orthodoxer Jude hatte sich in Form eines Individualantrages gem. Art. 140 Abs. 1 B-VG mit der Begründung an den VfGH gewandt, dass § 2 Abs. 1 IsraelitenG 1890, demzufolge in demselben Gebiet nur eine Kultusgemeinde bestehen kann, in verfassungswidriger Weise für verschiedene Glaubensformen eine Zwangsgemeinde begründe, der anzugehören auch Personen jüdischen Glaubens entgegen ihrer religiösen Überzeugung gezwungen seien, und zwar auch dann, wenn eine Gemeinde überhaupt keine rituellen Einrichtungen errichte oder diese Einrichtungen der religiösen Überzeugung der orthodoxen Juden nicht entsprächen.55 Der Antragsteller untermauerte die Verletzung in seinen religiösen Freiheiten unter ___________ 52

Allgemein zur Einbettung des IsraelitenG in das System der Staatskirchenhoheit Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 602. 53 Vgl. etwa VwGH 17. 3. 1897 = VwSlg. 10.513/1897;VwGH 24. 2. 1904 = VwSlg. 2399 A/1904; VwGH 4. 4. 1927 = VwSlg. 14.742 A/1927; VwGH 9. 4. 1929 = VwSlg. 15.604 A/1929; VwGH 19. 3. 1970, 832/69; VwGH 15. 3. 1982 = VwSlg. 10.677 A/ 1982. 54 VwGH 19. 3. 1970, 832/69; VwGH 15. 3. 1982 = VwSlg 10.677 A/1982. 55 So das Beschwerdevorbringen in VfGH 2. 7. 1981, G 31/79 = VfSlg. 9185/1981.

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anderem damit, dass es ihm nach religiösem Gesetz verboten sei, Kultussteuern an eine nicht orthodoxe Einrichtung zu religiösen Zwecken zu entrichten, er den von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG Wien) erhaltenen Tempel wegen seiner Bauart nicht benützen könne, die von der IKG Wien erhaltene Mikhwah56 für orthodoxe Juden zu weit entfernt sei und gläubigen Juden an Feiertagen die Benützung eines Verkehrsmittels untersagt sei, die Kinder eines Orthodoxen nicht eine Talmud-Thora-Schule einer IKG besuchen dürften und das in der IKG Wien bestehende Frauenwahlrecht den Glaubenssätzen der Orthodoxie widerspräche.57 Der VfGH folgte im Wesentlichen der rechtlichen Argumentation des Antragstellers.58 Mit Blick auf die parlamentarischen Materialien hob der Verfassungsgerichtshof zunächst hervor, dass der historische Gesetzgeber alle Personen, die sich selbst als Israeliten verstanden, in einer Einheitsgemeinde vereinigen wollte, obgleich oder gerade weil ihm die Vielfalt der Glaubensformen und der religiösen Richtungen unter den Israeliten bekannt war.59 § 2 IsraelitenG 1890 verbiete daher, dass neben den staatlich anerkannten „israelitischen Religionsgesellschaften“ eine andere Religionsgesellschaft (Kultusgemeinde) existiere, die sich selbst als israelitisch verstehe.60 Aus Sicht des Verfassungsgerichtshofes ist es – vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich vorgegebenen Unterscheidung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgesellschaften – unsachlich und gegen den Gleichheitssatz verstoßend, wenn einer Personengruppe, für deren religiöse Überzeugung es essentiell ist, sich als „Israeliten“ (zum jüdischen Glauben) zu bekennen, die Möglichkeit verwehrt werde, neben der auf einem bestimmten Gebiet einzig bestehenden IKG eine andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft zu gründen, die sich selbst als „israelitisch“ verstehe, und zwar derart, dass diese Personengruppe weder eine Kultusgemeinde nach dem IsraelitenG 1890 noch eine Religionsgesellschaft ___________ 56 „Mikwe“ (hebräisch für „Wasseransammlung“) bezeichnet das rituelle jüdische Tauchbad (Brockhaus, Religionen2, Stichwort Mikwe, S. 431; vgl. auch Borchers, Stichwort Mikwe, in: Harenberg Lexikon [Fn. 11], S. 385). 57 Schima kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der VfGH mit seinem Erkenntnis im Ergebnis davon ausging, dass verfassungsgesetzlich gewährleistete „profane“ Grundund Freiheitsrechte in den innerkirchlichen Bereich hineinwirken könnten und ja gerade der Antragsteller den staatlichen Gleichheitsgrundsatz mit seiner Ablehnung des Frauenwahlrechtes für den innerkirchlichen Bereich ablehnte (Schima, Ende [Fn. 43], S. 174). 58 Mit Spielbüchler ist in Bezug auf dieses Erkenntnis zu Recht besonders darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Normprüfungsverfahren auf Antrag handelte und der VfGH daher an die im Antrag formulierten Bedenken gebunden war, was nicht nur für die Frage, an welchen Grundrechten die angefochtene Norm zu messen ist, sondern auch für die Umstände, die ihre Verfassungswidrigkeit bewirken sollen, maßgeblich ist (Spielbüchler, Staatskirchenrecht [Fn. 42], S. 36). 59 VfSlg. 9185/1981. 60 Ebd.

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nach dem AnerkG61 bilden könne.62 Dies sei ihr auch dann nicht möglich, wenn ihrer religiösen Überzeugung nach die bestehende IKG nicht den ihrer Meinung nach richtigen jüdischen Glaubensinhalt vertrete.63 Der VfGH hob deshalb § 2 Abs. 1 zweiter Halbsatz64 und § 2 Abs. 2 IsraelitenG 189065 als gleichheitswidrig auf.66 Ironischer Weise waren 2012 die Vorzeichen genau umgekehrt: Mit Or Chadasch kritisierte eine Gruppe des Reformjudentums die Dominanz der Orthodoxie in der IKG Wien und die mangelnde Repräsentation aller – gemeint waren nun in erster Linie die liberalen – jüdischen Traditionen in der Regierungsvorlage zur Änderung des IsraelitenG. Der Gesetzgeber entschloss sich 1984 mit einer viel kritisierten, weil die Rechtsansicht des VfGH im Ergebnis in ihr Gegenteil verkehrenden, Novelle67 dazu, an dem System der territorialen Einheitsgemeinde festzuhalten, aber § 2 IsraelitenG dennoch neu zu fassen. Nach § 2 Abs. 1 IsraelitenG i.d.F. BGBl. Nr. 61/1984 umfasste weiterhin jede Kultusgemeinde ein örtlich begrenztes Gebiet. Nach dem inhaltlich im Wesentlichen gleich gebliebenen Abs. 2 gehörten die Israeliten im Sinne dieses Gesetzes jener Kultusgemeinde an, in deren Sprengel sie ihren Hauptwohnsitz hatten. Nach dem neu eingefügten dritten Absatz konnten Israeliten wegen bestehender Ritusverschiedenheiten die Anerkennung als Religionsgesellschaft nach den Bestimmungen des AnerkG erwirken. Zu einer solchen, auch bereits 198468 nur unter erheblichem finanziellen und rechtlichen Aufwand durchführbaren Konstituierung einer neuen jüdischen ___________ 61

Gesetz vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874. 62 VfSlg. 9185/1981. 63 Ebd. 64 Dieser lautete: „in demselben Gebiete kann nur eine Cultusgemeinde bestehen“. 65 Dieser lautete: „Jeder Israelite gehört der Cultusgemeinde an, in deren Sprengel er seinen ordentlichen Wohnsitz hat.“ 66 VfSlg. 9185/1981. 67 Bundesgesetz vom 25. Jänner 1984, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird, BGBl. Nr. 61/1984; kritisch hierzu etwa Kneucker, Das Israelitengesetz (Fn. 41), S. 396 ff.; Gampl, Verträglichkeit (Fn. 36), S. 314 ff.; Hans R. Klecatsky, Rechtsgutachten über Inhalt und Zweckhaftigkeit der Regierungsvorlage vom 25. März 1982 eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird, 1047 der Beilagen Sten. Prot. NR, XV. GP, in: ÖAKR 34 (1983-84), S. 322-335; Felix Ermacora, Die Wirkung des Erkenntnisses des VfGH vom 2. Juli 1981 auf die Novelle zum Israelitengesetz 1047 der Beilagen Sten.Prot. NR, XV. GP, in: ÖAKR 34 (1983-1984), S. 320 f. 68 Mit dem Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998 i.d.F. BGBl. I Nr. 78/2011, und dessen § 11, der als lex fugitiva zum AnerkG weitere Anerkennungsvoraussetzungen vorsieht, verschärfte sich die Problematik bedeutend.

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Religionsgesellschaft kam es nie. Insoweit verwundert es nicht, dass die Novelle de facto ohne Folgewirkung blieb, da – wie Kneucker treffend anmerkte – das Ergebnis nicht zur Problemlage passte.69

III. Die Totalrevision des Israelitengesetzes 2012 1. Formale Aspekte – Eine verschleierte Neuerlassung Der Begutachtungsentwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Israelitengesetz 1890 geändert wird,70 wurde von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 2010 einem Begutachtungsverfahren unterzogen.71 Mit deutlichem Zeitabstand, nämlich am 13. März 2012, erfolgte der Beschluss einer entsprechenden Regierungsvorlage im Ministerrat,72 welche in weiterer Folge am 16. April 2012 im Unterrichtsausschuss des Nationalrates einer materiellen Behandlung und Beschlussfassung zugeführt wurde und bereits drei Tage später, nämlich am 19. April 2012, vom Plenum des Nationalrates in seiner 153. Sitzung beschlossen wurde.73 Das mit BGBl. I Nr. 48/2012 kundgemachte Bundesgesetz ist am 24. Mai 2012 in Kraft getreten.74 Formal handelt es sich bei diesem Gesetz, das sich in fünf Abschnitte gliedert, „nur“ um eine Novellierung des aus dem Jahr 1890 stammenden IsraelitenG und nicht um die Erlassung eines neuen Gesetzes. Materiell liegt jedoch sehr wohl eine Neuerlassung vor, da bis auf den Gesetzestitel alle 36 Bestimmungen des ursprünglichen IsraelitenG durch ein inhaltlich gänzlich neues Gesetz mit 25 Paragraphen ersetzt wurden.75 Über die Gründe, die den Gesetzgeber zu diesem Vorgehen bewogen haben, können nur Mutmaßungen angestellt ___________ 69

Kneucker, Das Israelitengesetz (Fn. 41), S. 399. Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesetz vom 21. März 1890 betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft (IsraelitenG) geändert wird, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. Oktober 2010, GZ: BMUKK-9.090/0009-KA/2010 bzw. 199/ME XXIV. GP – Ministerialentwurf. 71 Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens gaben insgesamt 18 Personen und Institutionen eine Stellungnahme ab, abrufbar unter http://www.parlament.gv.at/PAKT/ VHG/XXIV/ME/ME_00199/index.shtml (29.11.2012). 72 134. Sitzung des Ministerrates vom 13. März 2012, Kommuniqué abrufbar unter http://www.bka.gv.at/site/cob_46942/7653/default.aspx (29.11.2012). 73 http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_01748/index.shtml (29.11.2012). 74 Da § 24 IsraelitenG 2012 kein gesondertes Inkrafttretensdatum nennt, erfolgte gem. § 11 Abs. 1 Bundesgesetzblattgesetz ein Inkrafttreten der Verlautbarung mit Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage (23.5.2012). 75 Kritisch hierzu die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienstes (BKA-VD) vom 9. Dezember 2012, GZ: BKA-602.319/002-V/2/2010, S. 5 f. 70

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werden, da er bedauerlicherweise eine Erklärung hierfür in den Gesetzesmaterialien schuldig bleibt. Wahrscheinlich ist, dass er damit die lange rechtliche Tradition jüdischen Lebens in Österreich betonen und mit dem Gesetz rechtliche Kontinuität signalisieren wollte. Wenn man allerdings bedenkt, dass die rechtliche Anerkennung des Judentums in Österreich bereits deutlich vor der Erlassung des IsraelitenG 1890 datiert,76 so hätte wohl auch nichts gegen eine Neuerlassung des IsraelitenG gesprochen, da jenes aus dem Jahr 1890 die jüdische Tradition in Österreich rechtlich nur fortsetzte und konsolidierte, nicht jedoch begründete.

2. Inhaltliche Aspekte – Viel Altes und viel Neues Eine Neuerlassung anstatt einer Totalrevision hätte auch dem Umstand Rechnung getragen, dass sich das IsraelitenG 2012 inhaltlich grundlegend von seiner Stammfassung unterscheidet, auch wenn sich einige Bestimmungen hierin finden, die durchaus Ähnlichkeiten mit jenen aus der Monarchie aufweisen. Zu Letzteren zählen allerdings nicht jene des 1. Abschnittes des Gesetzes: Gemäß § 1 IsraelitenG 2012 ist die „Israelitische Religionsgesellschaft in Österreich“ – dem Vorbild anderer Individualgesetz folgend77 – eine anerkannte Religionsgesellschaft iSd Art. 15 StGG, welche die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießt.78 § 2 leg. cit. gibt im Wesentlichen den Inhalt des Art. 15 StGG wieder, indem er der Israelitischen Religionsgesellschaft deklarativ das Recht verbürgt, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten sowie in Bekenntnis und Lehre frei zu sein und das Recht der öffentlichen Religionsausübung zu besitzen. Ein im Begutachtungsentwurf noch vorgesehener und heftig kritisierter79 § 3, dem zufolge die Israelitische ___________ 76 Vgl. hierzu etwa Gampl, Verträglichkeit (Fn. 36), S. 315; siehe auch EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 11 f. 77 Vgl. etwa § 1 Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über die äußeren Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich, BGBl. Nr. 229/1967 i.d.F. BGBl. I Nr. 68/2011 (im Folgenden: OrthodoxenG); § 1 Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz – OrientKG, BGBl. I Nr. 20/2003; § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, BGBl. Nr. 182/ 1961 i.d.F. BGBl. I Nr. 92/2009 (im Folgenden: ProtestantenG). 78 § 1 2. Satz verwendet das Verb „ist“, was im Begutachtungsverfahren Kritik hervorrief (Richard Potz / Brigitte Schinkele, Stellungnahme des Instituts für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien zum Begutachtungsentwurf, S. 3), da es sich bei gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften um Körperschaften des öffentlichen Rechts sui generis handle und nicht um solche im verwaltungsrechtlichen Sinn, die im Unterschied zu gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, staatliche Aufgaben wahrnehmen. 79 Ebd., S. 3 f.; Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienstes (BKAVD) vom 9. Dezember 2012, GZ: BKA-602.319/002-V/2/2010, S. 2.

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Religionsgesellschaft „die Interessen der Jüdinnen und Juden in Österreich“ vertritt, findet sich im Gesetzestext zu Recht nicht mehr. Hierdurch wäre einfachgesetzlich eine Art „Alleinvertretungsanspruch“ der Israelitischen Religionsgesellschaft über alle in Österreich aufhältigen Personen jüdischen Glaubens geschaffen worden, der dazu geführt hätte, dass neben der Israelitischen Religionsgesellschaft keine weitere, sich jüdisch verstehende, Religionsgesellschaft einen religionsrechtlichen Status erwerben hätte können. Dass ein solches Ergebnis mit Art. 9 EMRK unvereinbar wäre, stellte der Verfassungsgerichtshof Anfang Dezember 2010 – und damit kurz vor dem Ende der Begutachtungsfrist – in Bezug auf das IslamG klar.80 In seinem Erkenntnis, dem die Verweigerung der gesetzlichen Anerkennung und der Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft einer sich islamisch verstehenden alevitischen Religionsgemeinschaft zugrunde lag, gelangte der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass weder das IslamG noch die IslamVO81 so interpretiert werden dürfen, dass es nur eine rechtlich verfasste islamische Religionsgemeinschaft in Österreich geben dürfte. Bei verfassungskonformem Verständnis seien diese Regelungen vielmehr dahingehend auszulegen, dass eine Vertretung aller Anhänger des Islam durch eine (islamische) Einheitsgemeinde nicht vorgegeben sei und sie somit dem Bestand einer weiteren islamischen Religionsgemeinschaft nicht entgegenstünden.82 Der 2. Abschnitt des IsraelitenG 2012 kann als der eigentliche organisationsrechtliche Kern des Gesetzes bezeichnet werden, da hier die Verfassung der Israelitischen Religionsgesellschaft (§ 3), ihre Aufgaben (§ 4) sowie die Organisation und Gründung der Kultusgemeinden (§ 5) geregelt werden. Bereits an dieser Stelle vorweggenommen sei, dass in § 1 u. § 2 IsraelitenG 2012 mit der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich erstmals eine den Kultusgemeinden übergeordnete Instanz geschaffen wird, und ihr in § 3 des Gesetzes auch eigene, von den Kultusgemeinden verschiedene, Aufgaben zugewiesen werden. In Bezug auf die Kultusgemeinden ist hervorzuheben, dass sie abweichend von § 2 IsraelitenG a.F. nicht mehr als territoriale Einheitsgemeinden konzipiert sind. Es wäre daher denkbar, dass sich zukünftig innerhalb des Gebietes einer bereits bestehenden Kultusgemeinde eine weitere konstituiert, soweit sie die – auslegungsbedürftigen – Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 IsraelitenG 2012 erfüllt, wonach ihr Bestand und ihre wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit gesichert sein müssen. Des Weiteren ist es nunmehr auch zulässig, dass sich die Sprengel verschiedener Kultusgemeinden schneiden. Von den im Begutachtungsentwurf noch vorgesehenen weiteren Voraussetzungen für ___________ 80

VfGH 1. 12. 2010, B 1214/09 = VfSlg. 19.240/2010. Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst u. Sport v. 2. August 1988 betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, BGBl. Nr. 466/ 1988. 82 VfSlg. 19.240/2010. 81

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Neugründungen dergestalt, dass eine Kultusgemeinde über zumindest 300 Mitglieder oder 100 volljährige Mitglieder und eine positive Prognose über die zukünftige Entwicklung durch die Religionsgesellschaft verfügen muss, ist man wieder abgerückt. Historisches Vorbild für diese Bestimmung war § 7 Abs. 2 IsraelitenG 1890, der für die Errichtung einer neuen Kultusgemeinde eine Unterstützung „von wenigstens dreißig Familienhäuptern israelitischer Confession“ verlangte.83 Der 3. Abschnitt des Gesetzes (§§ 6-14) widmet sich den Rechten und Pflichten der Israelitischen Religionsgesellschaft, wobei hier eine dem Gesetz insgesamt innewohnende Inkongruenz zwischen Regelungen, die sich nur an die Religionsgesellschaft als neu geschaffene Dachorganisation richten, und solchen, die auf die einzelnen Kultusgemeinden abstellen, deutlich wird. Dem IsraelitenG 1890, das die Israelitische Religionsgesellschaft als bloße „Summe der israelitischen Kultusgemeinden“84 begriff, war eine derartige Vermengung fremd. In jeder Hinsicht bemerkenswert ist der in § 6 IsraelitenG 2012 verankerte Schutz des Namens und der Bezeichnungen der Religionsgesellschaft sowie die in § 9 Abs. 1 und 2 des Gesetzes getroffene Regelung betreffend den Religionsunterricht. So dürfen gem. § 6 Abs. 3 IsraelitenG 2012 Bezeichnungen, die geeignet sind gegenüber außenstehenden Dritten den Eindruck einer rechtlichen Verbindung zu einzelnen Einrichtungen der Religionsgesellschaft, einer Kultusgemeinde oder ähnlichen Institutionen außerhalb Österreichs herzustellen, nur mit Zustimmung der Religionsgesellschaft verwendet werden. Bei Verstößen gegen diese Bestimmungen haben die Religionsgesellschaft und ___________ 83 Die Erläuternden Bemerkungen führen zu § 6 Abs. 3 und 4 des Begutachtungsentwurfs aus (EB 199/ME XXIV.GP – Ministerialentwurf, S. 3): „Abs. 3 und 4 legt die Selbsterhaltungsfähigkeit und den mittelfristigen Bestand als Voraussetzung für die Gründung von Kultusgemeinden fest. Die hier vorgesehene Zahl von zumindest 300 Mitgliedern leitet sich aus der bisherigen Regelung der 30 Familienoberhäupter ab. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass eine Familie zum damaligen Zeitpunkt aus 10 Personen bestand. Dies wird angesichts der im Jahr 1890 gegebenen Großfamilienstruktur mit 3 bis 4 Generationen in einem Familienverband eine eher geringe Anzahl sein. Da die angenommene Mindestgröße ein wichtiger Parameter für die Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit darstellt, kann von einer geringeren Zahl ausgegangen werden, wenn durch zusätzliche Indizien, beispielsweise Volljährigkeit und damit die vermutete wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit des Mitgliedes und in einem einstimmigen Beschluss des Vorstandes der Religionsgesellschaft die Selbsterhaltungsfähigkeit der Gemeinde aufgrund zusätzlicher Kriterien zum Ausdruck gebracht wird. Dies scheint auch deshalb geboten, da aufgrund des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit religiöser Bekenntnisgemeinschaften 300 Personen für die staatliche Registrierung einer solchen ausreichend sind. Für die Gründung einer Kultusgemeinde zwingend die gleiche Größe vorzusehen wäre nicht verhältnismäßig. Da eine Kultusgemeinde eine eigene Tradition festlegen kann, so dass sie in ihrem Kultusleben ein von anderen Gemeinden vollständig getrenntes Leben notwendig sein kann, wäre dennoch eine relativ hohe Bestandsgarantie vorzusehen.“ 84 von Hussarek von Heinlein, Staatskirchenrecht2 (Fn. 30), S. 52.

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jede betroffene Kultusgemeinde das Recht, einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Beendigung des rechtswidrigen Zustandes an den Bundesminister zu stellen, wenn nicht strafgesetzliche Bestimmungen anzuwenden sind (§ 6 Abs. 4 IsraelitenG 2012). Zwar wurde die Regelung gegenüber dem Begutachtungsentwurf, welcher auch einen derartigen Schutz für allgemeine Begriffe wie „jüdisch, israelitische und ähnliches“ vorsah,85 entschärft, die Grundproblematik, dass es einer anderen, sich jüdisch verstehenden Religionsgemeinschaft aufgrund deren Religionsfreiheit gem. Art. 9 EMRK nicht verwehrt werden darf, sich nach staatlichem Recht zu konstituieren und ihr religiöses Selbstverständnis auch in ihrem Namen auszudrücken, bleibt jedoch bestehen.86 Aus Art. 15 StGG kann zwar der Schutz einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft in der Form abgeleitet werden, dass ein Verein keinen Vereinszweck verfolgen darf, der ein amtliches Handeln im Namen einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft impliziert,87 da dies eine Verletzung ihrer inneren Angelegenheiten bewirken würde.88 Hieraus ist jedoch kein exklusives Recht einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft auf die Verwendung eines bestimmten Begriffs wie katholisch, orthodox, evangelisch, israelitisch / jüdisch, islamisch und ähnlichem als Namensbestandteil ableitbar.89 Insoweit wird man § 6 Abs. 3 IsraelitenG 2012 wohl verfassungskonform restriktiv interpretieren müssen. Ähnlich verhält es sich mit § 9 Abs. 1 IsraelitenG 2012, der für die Israelitische Religionsgesellschaft nicht nur das Recht zur Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen verbürgt, sondern dies erstmalig im österreichischen Religionsrecht auch als Pflicht der Religionsgesellschaft statuiert.90 Gemäß Art. 17 Abs. 4 StGG ist für den Religionsunterricht in den Schulen von der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen. Diese Bestimmung wurde bislang stets als Recht der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und als institutionelle Garantie verstanden,91 deren Legitimation sich primär aus der grundrechtlichen Gewährleistung von Religionsfreiheit und aus der Verpflich___________ 85

Kritisch und instruktiv hierzu Potz / Schinkele, Stellungnahme (Fn. 78), S. 5. Vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 19.240/2010. 87 Richard Potz, Anmerkungen zu VfGH 11. 12. 2011, B 1510/00, in: öarr 49 (2002), S. 326 ff. 88 So – im Ergebnis allerdings überschießend – VfGH 11. 12. 2001, B 1510/00 = VfSlg. 16.395/2001. 89 Richard Potz, Das Ausschließlichkeitsrecht, in: Clemens Jabloner u. a. (Hrsg.), Vom praktischen Wert der Methode. Festschrift Heinz Mayer zum 65. Geburtstag, Wien 2011, S. 555-574 (572). 90 Siehe hierzu Katharina Pabel, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts in Österreich, in: öarr 59,1 (2012), S. 64-86. 91 Etwa Brigitte Schinkele, Religions- und Ethikunterricht in der pluralistischen Gesellschaft – Überlegungen aus religionsrechtlicher Sicht, in: öarr 58,1 (2011), S. 13-24 (17). 86

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tung des Staates zur religiös-weltanschaulichen Neutralität ergibt.92 Eine Verpflichtung von diesem Recht jedenfalls Gebrauch machen zu müssen, wirft ihrerseits Bedenken im Hinblick auf die korporative Religionsfreiheit auf, da es auch dem (wandelbaren) Selbstverständnis einer Religionsgesellschaft widersprechen kann, in diesem Aspekt ein institutionelles Naheverhältnis mit dem Staat eingehen zu wollen.93 Ebenfalls zu hinterfragen sind die in Ergänzung zum für alle gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften geltenden Religionsunterrichtsgesetz94 getroffenen Bestimmungen über die Mindestschülerzahlen (drei Schüler) und die zulässigen Lehrinhalte des Religionsunterrichtes (§ 9 Abs. 2 S 2 IsraelitenG 2012). Die Regelungen betreffend den Religionsunterricht bewirkten im Übrigen, dass das IsraelitenG 2012 nur unter Beachtung erhöhter Präsenz- und Konsensquoren im Nationalrat beschlossen werden konnte.95 Keine Spezifika des IsraelitenG 2012 sind hingegen das in § 7 vorgesehene Begutachtungsrecht genereller Normen96 und das in § 8 verankerte Recht auf „Anstaltsseelsorge“ bzw. „Kategoriale Seelsorge“ (Recht auf religiöse Betreuung ihrer Mitglieder, die Angehörige des Bundesheeres sind, sich in gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Haft befinden oder in öffentlichen Krankenanstalten, Versorgungs- oder Pflegeheimen etc. untergebracht sind). § 10 des IsraelitenG 2012 wiederum widmet sich dem Schutz jüdischer Feiertage und § 14 den der Israelitischen Religionsgesellschaft von Seiten des Staates zu gewährenden finanziellen Zuwendungen (308.000,- Euro jährlich und Ersatz der Bezüge von 23 Bediensteten der Kultusgemeinden).97 Inhaltlich nicht gänzlich neu (vgl. § 31 Abs. 1 und 2 IsraelitenG 1890) aber angesichts der gewandelten religions(verfassungs)rechtlichen Rahmenbedingungen umso hinterfragenswerter ist die Bestimmung des § 13 IsraelitenG 2012 betreffend die Verpflichtung ___________ 92

Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 52), S. 351. Dies ist etwa in Österreich in Bezug auf die gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft (Anerkennung mit BGBl. II Nr. 139/2009) „Jehovas Zeugen in Österreich“ der Fall, die derzeit keinen Religionsunterricht an öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen erteilen. 94 Religionsunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 190/1949 i.d.F. BGBl. I Nr. 36/2012. 95 Gemäß Art. 14 Abs. 10 S 1 B-VG können in den Angelegenheiten der Schulgeldfreiheit sowie des Verhältnisses der Schule und Kirchen (Religionsgesellschaften) einschließlich des Religionsunterrichtes in der Schule, soweit es sich nicht um Angelegenheiten der Universitäten und Hochschulen handelt, Bundesgesetze vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. 96 Eine gleichartige Bestimmung findet sich etwa in § 14 ProtestantenG. 97 Gemäß der Übergangsbestimmung des § 24 IsraelitenG 2012 trat mit dem Inkrafttreten der mit BGBl. I Nr. 48/2012 bewirkten Änderungen des IsraelitenG das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die Israelitische Religionsgesellschaft vom 26. Oktober 1960, BGBl. Nr. 222/1960, außer Kraft. 93

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der Religionsgesellschaft und der Kultusgemeinden zur Abberufung von Funktionsträgern. Ein wenig im Dunkeln bleibt schließlich auch der Sinn und Zweck der §§ 11 und 12 IsraelitenG 2012, die der Israelitischen Religionsgesellschaft (nicht auch den einzelnen Kultusgemeinden!) das Recht verbürgen, Tauchbäder einzurichten und zu betreiben sowie in Österreich die Herstellung von Wein, Fleischprodukten und anderen Nahrungsmitteln gemäß ihren innerreligionsgesellschaftlichen Vorschriften zu organisieren. Weder aus dem Gesetzestext noch aus den – in Bezug auf § 12 IsraelitenG 2012 teilweise sogar widersprüchlichen98 – Erläuterungen99 geht klar hervor, ob durch die genannten Vorschriften leges speciales zu profanen Normen, wie der Gewerbeordnung 1994100 oder dem Bäderhygienegesetz,101 geschaffen werden sollen, da sie als religiöse Gebräuche ohnehin den Schutz des Art. 9 EMRK und des Art. 15 StGG genießen. Für eine rein deklarative Absicht des Gesetzgebers sprechen die kompetenzrechtlichen Grundlagen, auf welchen das IsraelitenG 2012 beruht. Da sich die Regierungsvorlage auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG (Angelegenheiten des Kultus) als kompetenzrechtliche Grundlage stützt102 und keine Ausführungen zu Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) oder zu Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (Gesundheitswesen mit Ausnahme des Leichen- und Bestattungswesens) enthält, erscheint es naheliegend, dass es dem Gesetzgeber hier in erster Linie um einen Akt „symbolischer Gesetzgebung“, der die Wich___________ 98 Zu § 12 IsraelitenG 2012 führen die Erläuternden Bemerkungen aus (RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 5): „Diese Bestimmung regelt auf einfachgesetzlicher Ebene als Umsetzung der Garantien der Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK), dass Nahrungsmittel entsprechend den innerreligionsgesellschaftlichen Vorschriften in Österreich hergestellt werden dürfen. Die innerreligionsgesellschaftlichen Speisevorschriften werden in verschiedenen Normen bereits im geltenden Recht berücksichtigt (z. B. § 38 StVG), wenn auch in unterschiedlichen Formulierungen. Die Regelung soll eine Ermächtigung an die Religionsgesellschaft darstellen. Sie soll keine Durchbrechung allgemeiner staatlicher Rechtsnormen, beispielsweise im Bereich des Gewerbe-, Betriebsanlagen- oder Steuerrechtes sein. Diese finden auf die Nahrungsmittelproduktion nach innerkonfessionellen Regelungen uneingeschränkt Anwendung, sofern durch diese allgemeinen staatlichen Normen die Produktion nicht unmöglich gemacht wäre. Die Regelung ist sohin im Fall einer Normenkollision eine lex specialis im Verhältnis zu den Verwaltungsvorschriften, welche von Verwaltung und Gesetzgebung in ihrem jeweiligen Handeln zu berücksichtigen ist.“ 99 Zu § 11 IsraelitenG 2012 führen die Erläuternden Bemerkungen aus (RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 5): „Diese Bestimmung bezieht sich auf die traditionellen Tauchbäder, die zur spirituellen Reinigung von Menschen und Küchengeräten benötigt werden. Die Regelung stellt eine Ermächtigung an die Religionsgesellschaft dar und ordnet diesen Bereich dem kultischen Handeln zu. Es finden daher auf diese Bäder die Ausnahmeregelungen für kultische Orte Anwendung.“ 100 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194 i.d.F. BGBl. I Nr. 85/2012. 101 Bäderhygienegesetz – BhygG, BGBl. Nr. 254/1976 i.d.F. BGBl. I Nr. 42/2012. 102 RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 2.

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tigkeit dieser Angelegenheiten für die Israelitische Religionsgesellschaft unterstreichen sollte, gegangen ist. Der 4. Abschnitt des IsraelitenG 2012 wiederum hat das „Zusammenwirken von Religionsgesellschaft und Staat“ zum Inhalt (§§ 15-22). Hierbei handelt es sich jedoch mit Ausnahme des § 19 betreffend jüdische Friedhöfe nicht um typische Angelegenheiten der res mixtae, da diese teilweise bereits im 3. Abschnitt geregelt werden (vgl. § 8 betreffend die Militär-, Gefangenen- und Krankenseelsorge und § 9 Abs. 1 und 2 betreffend den Religionsunterricht), sondern vornehmlich um Mitwirkungspflichten der Israelitischen Religionsgesellschaft (§ 15 Abs. 2 betreffend Informationspflichten über die Wahl bzw. Bestellung von vertretungsbefugten Organen und Religionsdienern; § 17 betreffend wechselseitige Anzeige- und Meldeverpflichtungen der Religionsgesellschaft und der Republik Österreich) und Aufsichtsrechte des Staates gegenüber der Religionsgesellschaft (§ 18 hinsichtlich der Möglichkeit der behördlichen Untersagung von Versammlungen und Veranstaltungen zu Kultuszwecken; § 20 Abs. 2 und 3 betreffend die Möglichkeit der Erhebung einer Wahlaufsichtsbeschwerde an den Bundesminister; § 21 betreffend die Beantragung eines Kurators bei Gericht; § 22 hinsichtlich der Möglichkeit der Behörde gesetz-, verfassungs- oder statutenwidrige Beschlüsse aufzuheben, Geldbußen in angemessener Höhe zu verhängen sowie andere gesetzlich vorgesehene Mittel einzusetzen). In Bezug auf Letztere findet sich eine Reihe rechtlicher Äquivalente in der Stammfassung des IsraelitenG, welche allerdings noch einem staatskirchenhoheitlichen System entstammen.103 In Bezug auf den bereits erwähnten § 19 IsraelitenG 2012, der Bestimmungen über jüdische Friedhöfe zum Inhalt hat, sei angemerkt, dass dieser, soweit er über Art. 12 IntKonfverhG104 hinausgeht, kompetenzrechtlichen Bedenken begegnet, da die Angelegenheiten des Bestattungswesens gem. Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG iVm Art. 15 B-VG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen. ___________ 103

Vgl. etwa § 9 Abs. 5 IsraelitenG 1890 betreffend die Verpflichtung zur Anzeige der Mitglieder des Vorstandes einer Kultusgemeinde an die staatliche Behörde; § 12 Abs. 1 IsraelitenG 1890 betreffend die Anzeige der für das Amt des Rabbiners in Aussicht genommenen Person an die staatliche Behörde; ähnlich § 13 Abs. 1 IsraelitenG 1890 betreffend die Anzeige im Falle der Erledigung des Rabbinats; § 27 IsraelitenG 1890 betreffend die Möglichkeit der Untersagung von Versammlungen zu Kultuszwecken; § 29 IsraelitenG 1890 betreffend die Notwendigkeit der staatlichen Genehmigung des Status einer Kultusgemeinde, einschließlich jeder Änderung des Status; § 30 Abs. 2 IsraelitenG 1890 betreffend die Befugnis der Behörden gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse oder Verfügungen der Kultusgemeindeorgane aufzuheben, die betreffenden Vertretungskörper aufzulösen, Geldbußen in angemessener Höhe festzusetzen sowie sonst gesetzlich zulässige Zwangsmittel anzuwenden. 104 Gesetz vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, RGBl. Nr. 49/ 1868 i.d.F. dRGBl. I 1939, S 384.

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Der 5. und letzte Abschnitt enthält angesichts der erfolgten Totalrevision die erforderlichen Übergangsbestimmungen (§§ 23-25). Besonders hervorzuheben ist, dass gem. § 23 Abs. 1 IsraelitenG 2012 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/2012 bestehende Kultusgemeinden in ihrem Bestand unberührt bleiben. Ebenso in Geltung bzw. im Amt bleiben die Verfassungen, Statuten und gewählten Organe (§ 23 Abs. 2 IsraelitenG 2012).

IV. Ausgewählte Fragestellungen 1. Die Israelitische Religionsgesellschaft und die Kultusgemeinden Wie bereits dargelegt, entschied sich der Gesetzgeber des Jahres 2012 dazu, die im IsraelitenG 1890 angelegte dezentrale Organisationsstruktur zu verlassen und die einzelnen Kultusgemeinden nicht bloß formal unter dem Dach einer einheitlichen Religionsgesellschaft zu vereinigen, sondern der Israelitischen Religionsgesellschaft tatsächlich eine über die Kultusgemeinden hinausgehende hierarchische Struktur zu geben. Die Israelitische Religionsgesellschaft iSd IsraelitenG 2012 fungiert damit nicht mehr als eine bloße rechtliche Hülle nach außen gegenüber dem Staat, sondern sie hat sich eine Verfassung zu geben, welche eine Regelung ihrer inneren Organisation, wobei die Kultusgemeinde als Grundtypus vorzusehen ist, und ihrer Organe (§ 3 Z 5 leg. cit.) miteinschließt. Damit hat die Religionsgesellschaft erstmals über eigene, den Gesamtverband repräsentierende Organe zu verfügen, wobei es der Religionsgesellschaft und den Kultusgemeinden unbenommen bleibt, diese mit einer Doppelfunktion sowohl für den Gesamtverband als auch für die Kultusgemeinden auszustatten. 1890 wurde auf einen solchen Schritt trotz der Bemühungen von Teilen der Jüdischen Gemeinde, eine hierarchische Gliederung von Seiten des Staates vorzusehen,105 bewusst verzichtet.106 Bedauerlicherweise schweigen die Gesetzesmaterialien darüber, was den Gesetzgeber zur Abkehr von der bisherigen Organisationsstruktur bewogen hat, insbesondere ob sie auf ein geändertes religiöses Selbstverständnis der Kultusgemeinden als den bisherigen Trägern des Gesamtverbandes zurückzuführen ist. Ein zwingendes rechtliches Bedürfnis für die Schaffung einer übergeordneten Gliederung erscheint vordergründig nicht erkennbar, wobei man im Übrigen hinsichtlich jener Belange, die alle Kultusgemeinden betreffenden, wohl auch mit der Statuierung einer Verpflichtung zur Herstellung eines wechselseitigen Einvernehmens sein Auslangen hätte finden können.107 Das vom Gesetzgeber gewählte Vorgehen ist nicht nur in ___________ 105

EB RV 202 Blg. Sten.Prot. HH, X. Session, S. 12. Vgl. Hussarek von Heinlein, Staatskirchenrecht2 (Fn. 30), S. 52. 107 Vgl. etwa § 4 des mit BGBl. I Nr. 48/2012 aufgehobenen Bundesgesetzes vom 26. Oktober 1960 über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft, 106

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Bezug auf die aus Art. 15 StGG und Art. 9 EMRK erfließende Verpflichtung des Staates, religiös-weltanschauliche Neutralität walten zu lassen, heikel, es ist auch in Bezug auf die Religionsfreiheit selbst kritisch zu sehen, da jede Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse einer Religionsgesellschaft unausweichlich auch Folgen für den innerreligionsgesellschaftlichen Bereich evoziert.108 „Nötigt“ der Staat einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft eine bestimmte Struktur durch eine zu intensive Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse auf, bewirkt dies einen Eingriff in Art. 15 StGG. Um dies zu vermeiden, hat der Staat folglich in Fragen der Konstruktion des Gesamtstatus primär deklarativ und weniger konstitutiv vorzugehen und sich deshalb in erster Linie an dem religiösen Verständnis der Organisation zu orientieren, damit staatliche und religiöse Regelungen möglichst kongruent sind.109 Jedes andere Vorgehen würde zudem in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des EGMR stehen, wonach der Staat die Rolle eines neutralen Organisators der Ausübung religiöser Überzeugungen bzw. unterschiedlicher Religionen einzunehmen hat,110 keinesfalls jedoch Maßnahmen setzen darf, die darauf abzielen, eine religiöse Gemeinschaft gegen ihren Willen unter eine einheitliche Führung zu bringen,111 damit ein einheitlicher Repräsentationskörper entsteht. Diese Tendenz zur „Verkirchlichung“ der Jüdischen Gemeinde in Österreich ist jedenfalls ein weitgehend neues rechtliches Phänomen112 und hat auch bereits entsprechende Kritik hervorgerufen.113 Nach der neuen Rechtslage ist pri___________ BGBl. Nr. 222/1960 i.d.F. BGBl. I Nr. 92/2009, dem zufolge die staatlichen Zuwendungen an die Israelitische Kultusgemeinde Wien „flüssigzumachen“ waren, welche wiederum ihrerseits die zugewiesenen Mittel nach Herstellung des internen Einvernehmens an die Kultusgemeinden Österreichs und sonstiger der Aufsicht der Kultusgemeinden unterstehende religiöse Einrichtungen zu verteilen hatte. 108 Vgl. Helmut Schnizer, Kirchliche Organisationshoheit und staatliche Rechtsfähigkeit. Einige Überlegungen zum Protestantengesetz 1961, in: ÖAKR 39 (1990), S. 174182 (176). 109 In diese Richtung ebd., S. 176 f. 110 EGMR, Urt. v. 13. 2. 2003, Refah Partisi u.a. (Wohlfahrtspartei) (Große Kammer), Nr. 41340/98 u. a., Z 91, 94; EGMR, Urt. v. 10. 11. 2005, Leyla Sahin (Große Kammer), Nr. 44774/98, Z 96. 111 EGMR, Urt. v. 14. 12. 1999, Serif, Nr. 38178/97, Z 52; EGMR, Urt. v. 13. 12. 2001, Metropolitan Church of Bessarabia u.a., Nr. 45701/99, Z 117; EGMR, Urt. v. 16. 12. 2004, Supreme Holy Council of the Muslim Community, Nr. 39023/97, Z 84, 96. 112 Zwar waren, wie Schima darlegt, höhere Organisationsformen der Jüdischen Gemeinde rechtshistorisch betrachtet nicht vollkommen fremd, da etwa im Königreich Polen eine Zentralisierung des gesamten Judentums unter einem Generalat in Warschau erfolgte, diese Einrichtung allerdings bereits unter Josef II wieder beseitigt worden war (Schima, Ende [Fn. 43], S. 170). 113 So etwa die von Richard Potz geäußerte Kritik in Peter Mayr, Ein neues Gesetz für die jüdische Gemeinschaft, Der Standard 17. 4. 2012, abrufbar unter http://derstand ard.at/1334531000031/Israelitengesetz-Ein-neues-Gesetz-fuer-die-juedische-Gemeinschaft (30.11.2012).

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märer Rechtsträger und Ansprechpartner des Staates die „Israelitische Religionsgesellschaft“ selbst, auch wenn die Kultusgemeinden weiterhin die Stellung von Körperschaften des öffentlichen Rechts genießen und ihnen eine Reihe von Aufgaben neben dem Gesamtverband zukommt. Ein Mittelweg zwischen dem Bestreben nach Schaffung eines einheitlichen Vertretungskörpers gegenüber dem Staat und dem Festhalten am Prinzip der Kultusgemeinde als dem gewachsenen Organisationstypus der Jüdischen Gemeinde in Österreich wäre die Reduktion der Aufgaben des Gesamtverbandes auf einzelne wenige, in welchen ein kohärentes Vorgehen der Kultusgemeinden sinnvoll ist, gewesen. Hierzu würde sich die in § 4 IsraelitenG 2012 vorgenommene Aufgabenzuweisung durchaus eignen, allerdings hätte dann das Gesetz in den folgenden Abschnitten eine stringente Trennung zwischen Aufgaben der Kultusgemeinden und der Religionsgesellschaft als Ganzes vornehmen müssen, was bedauerlicher Weise nicht geschehen ist. Vielmehr ist die jetzt geschaffene Rechtslage geeignet, Schwierigkeiten in der Vollziehung aufwerfen, da etwa die Erteilung des Religionsunterrichtes gem. § 9 Abs. 1 IsraelitenG 2012 nunmehr als Recht und Pflicht der Israelitischen Religionsgesellschaft übertragen ist, und diese daher auch in ihrer Verfassung Regelungen über die Art der Besorgung des Religionsunterrichtes und die Aufsicht über diesen vorsehen muss (§ 3 Z 7 IsraelitenG 2012). Gleichzeitig hat jedoch auch jede Kultusgemeinde in ihrem Statut Regelungen über die Mitwirkung an der Erstellung der Lehrpläne für den Religionsunterricht, über die Erteilung desselben und die Aufsicht hierüber zu treffen (§ 5 Abs. 4 Z 10 IsraelitenG 2012).114 Werden in der neuen Verfassung der Israelitischen Religionsgesellschaft nicht entsprechende Regelungen getroffen, die eine adäquate innerreligionsgemeinschaftliche Abstimmung in diesen Angelegenheiten ermöglichen, besteht die Gefahr von Reibungsverlusten nach innen und der Setzung divergenter Handlungen nach außen. Da nunmehr der Religionsgesellschaft als Gesamtverband bedeutende Aufgaben zugewiesen sind, ist davon auszugehen, dass eine rasche Handlungsfähigkeit des Gesamtverbandes auch für den Staat von besonderem Interesse ist. Würde daher binnen angemessener Frist dieser neue Gesamtverband nicht mit Leben erfüllt werden, insbesondere keine § 3 IsraelitenG 2012 entsprechende Verfassung erlassen und vertretungsbefugte Organe bestellt werden, hätte die Aufsichtsbehörde wohl von der ebenfalls neu geschaffenen Bestimmung des § 21 IsraelitenG 2012 Gebrauch zu machen und als ultima ratio bei Gericht die Bestellung eines Kurators zu beantragen.

___________ 114

In diese Richtung auch bereits die von Richard Potz geäußerte Kritik in ebd.

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2. Innerreligionsgesellschaftliche Pluralität Die Problematik der Gewährleistung einer hinreichenden innerreligionsgesellschaftlichen Pluralität zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des IsraelitenG. Auch 2012 wäre sie beinahe zum Stolperstein für das neue IsraelitenG geworden. Diesmal entzündete sich der Streit an der Frage, ob das liberale Judentum über eine adäquate Berücksichtigung, vornehmlich in der IKG Wien, verfügt. Bereits im Vorfeld der Totalrevision des IsraelitenG hatten Vertreter des Vereins Or Chadasch, welcher dem Reformjudentum zuzurechnen ist, beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur die Gründung einer „Jüdischen Liberalen Kultusgemeinde“ beantragt.115 Teil der zugrunde liegenden Meinungsverschiedenheiten war und ist die Frage, nach welchen religiösen Kriterien die Mitgliedschaft zur IKG Wien entsprechend ihren Statuten möglich ist. Gemäß § 3 Abs. 1 des Statuts der IKG Wien116 sind Mitglieder der Kultusgemeinde alle Juden im Sinne des Religionsrechts, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sprengel der IKG Wien haben, deren Beitritt gegenüber der Kultusgemeinde durch ihren gesetzlichen Vertreter erklärt wurde bzw. die ihren Beitritt gegenüber der Kultusgemeinde erklären bzw. erklärt haben und deren Aufnahme von dieser bestätigt worden ist. Da nun allerdings Or Chadasch Übertritte zum Judentum durchführt, die aus religiösen Gründen von der IKG Wien nicht anerkannt werden,117 zählen diese Personen auch nicht zum Kreis der Mitglieder der IKG Wien, was wiederum (negative) Auswirkungen auf deren Rechtsstellung, insbesondere in Bezug auf das Wahlrecht und das Recht auf Nutzung aller Einrichtungen der IKG, hat. Dieser zwischen der IKG Wien und dem Reformjudentum im Hintergrund schwelende Konflikt führte im Zuge der parlamentarischen Beratungen der Totalrevision des IsraelitenG im April 2012 zu einem Abänderungsantrag. Und zwar wurde am 16. April 2012 im Unterrichtsausschuss ein von dem Grünen Abgeordneten Harald Walser eingebrachter Abänderungsantrag zur Gesetzesvorlage der Bundesregierung einstimmig beschlossen, dem zufolge § 3 des Gesetzesentwurfs um einen Passus ergänzt wurde, wonach die Israelitische Religionsgesellschaft die angemessene Vertretung aller innerhalb der Religionsgesellschaft bestehenden Traditionen zu gewährleisten habe. Diese neue Z 11 des § 3 war inhaltlich bereits im Begutachtungsentwurf (§ 3 Z 6 des Entwurfs) vor___________ 115 Alexia Weiss, Zweite jüdische Gemeinde geplant, http://www.wienerzeitung.at/ nachrichten/oesterreich/politik/448064_Zweite-juedische-Gemeinde-geplant.html (30.11. 2012), sowie die Selbstdarstellung von Or Chadasch auf ihrer Homepage, http://www. orchadasch.at/pages/keschet_home.htm (30.11.2012). 116 Das Statut ist auf der Homepage der IKG Wien unter http://www.ikg-wien.at/wpcontent/uploads/2012/05/ikg_statut_2012.pdf abrufbar. 117 Weiss, Zweite jüdische Gemeinde (Fn. 115) sowie Chadasch, Selbstdarstellung (Fn. 115).

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gesehen gewesen,118 war jedoch in weiterer Folge nicht mehr Teil der Regierungsvorlage.119 Mehr Verwirrung als Aufklärung stiftet allerdings die Begründung des Abänderungsantrages, da ihr Inhalt und jener der tatsächlich vorgenommenen Änderung in wesentlichen Aspekten divergieren. So wird im Ausschussbericht als Grund für die (Wieder-)Einfügung des § 3 Z 11 genannt, dass von verschiedener Seite im Zusammenhang mit der Novellierung des IsraelitenG die Befürchtung geäußert worden sei, es handle sich hierbei um eine „hierarchisierende Verkirchlichung“, die in der Folge zum Ausschluss von Minderheiten innerhalb der Israelitischen Religionsgesellschaft, wie etwa des liberalen Judentums, führen könne.120 Um daher die Inklusion auch liberaler Juden in die Israelitische Religionsgesellschaft sicherzustellen und für alle in der Religionsgesellschaft nicht-inkludierten, international anerkannten jüdischen Strömungen entsprechende Voraussetzungen für die Anerkennung nach dem Anerkennungsgesetz (!) zu schaffen und somit das Grundrecht auf Religionsfreiheit sicherzustellen, soll nach dem Ausschussbericht die neue Z 11 in § 3 des Gesetzesentwurfs eingefügt werden.121 Inwieweit § 3 Z 11 IsraelitenG 2012 dazu beitragen soll, für Strömungen des Reformjudentums die Voraussetzungen für die Anerkennung nach dem AnerkG zu schaffen, bleibt wohl ein Rätsel. Mit dem Wegfall der territorialen Einheitsgemeinden im neuen IsraelitenG steht religiösen Minderheiten zumindest der Weg der Konstituierung eigener Kultusgemeinden gem. § 5 Abs. 3 leg. cit. oder der Zusammenschluss mit anderen, ihrer religiösen Ausrichtung besser entsprechenden Kultusgemeinden in Österreich offen (sprengelübergreifende „Personal-Kultusgemeinden“122). ___________ 118 Die Erläuternden Bemerkungen zu § 6 Abs. 3 und 4 des Begutachtungsentwurfs führen aus (EB 199/ME XXIV.GP – Ministerialentwurf, S. 3): „Z 6 sieht vor, dass hinsichtlich aller bestehenden Traditionen, seien sie in der Position einer Mehrheit oder der einer Minderheit, Regelungen vorzusehen sind, die es diesen ermöglichen im Gesamtverband der Israelitischen Religionsgesellschaft ein religiöses Leben nach ihren eigenen Kultusbedürfnissen zu entfalten. Dabei kommen alle Traditionen (Nusachim, Minhagim) in Betracht, die im Judentum, gleich ob in Österreich oder einem anderen Land, bestehen. Im Zweifelsfall wird diese Frage durch Fachgutachten zu entscheiden sein. Bei der Frage nach der Zahl der Mitglieder für eine Minderheit werden jedenfalls 300 als ausreichend anzusehen sein, bei Vorliegen zusätzlicher Gewähr der Beständigkeit im Einzelfall auch weniger. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist darauf [B]edacht zu nehmen, dass einerseits Minderheiten eines erhöhten Schutzes für ihren Bestand bedürfen, und andererseits keine sachlich nicht gerechtfertigten Privilegien zu Lasten der Mehrheit begründet werden dürfen. Regelungen, die einer Minderheit besondere Rechte einräumen, müssen daher für den Bestand der Minderheit und deren freie Religionsausübung notwendig sein.“ 119 Siehe hierzu auch Parlamentskorrespondenz Nr. 297 vom 16. 4. 2012, abrufbar unter http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2012/PK0297/ (29.11.2012). 120 AB 1748 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 1. 121 Ebd. 122 Potz / Schinkele, Stellungnahme (Fn. 78), S. 4.

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3. Staatliche Ingerenzbefugnisse i.w.S. Das IsraelitenG 2012 enthält eine Reihe von staatlichen Ingerenzbefugnissen, die vor dem Hintergrund, dass das IsraelitenG 2012 durchaus Vorbildfunktion für andere, in naher Zukunft anstehende legistische Reformvorhaben, wie etwa ein neues IslamG, haben wird, in besonderer Weise einer kritischen Analyse zu unterziehen sind. An dieser Stelle seien zwei dieser Befugnisse herausgriffen: Zum einen die in § 13 vorgesehene Pflicht zur Abberufung von Funktionsträgern und zum anderen die in § 20 Abs. 2 und 3 vorgesehene Wahlaufsichtsbeschwerde an den Bundesminister. Zunächst zu Ersterer: Gemäß § 13 IsraelitenG 2012 haben die Religionsgesellschaft und die Kultusgemeinden Funktionsträger, einschließlich religiöser, die durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind, oder durch ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit, Ordnung, Gesundheit und Moral oder die Rechte und Freiheiten anderer nachhaltig gefährden, ihrer Funktion zu entheben. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen hierzu aus, dass diese Vorschrift der derzeitigen Rechtslage unter Modernisierung der Begriffe von 1890 entspräche und sie sich an jener über den Verlust des aktiven Wahlrechts nach der Nationalratswahlordnung und der Regelung des Art. 9 Abs. 2 EMRK orientiere.123 Bei näherer Betrachtung findet sich jedoch in der Stammfassung des IsraelitenG kein rechtliches Äquivalent zu § 13 IsraelitenG 2012. Denn nach § 31 Abs. 1 IsraelitenG 1890, den der Gesetzgeber hier offenbar vor Augen hat, bleibt es der Staatsbehörde – im Rahmen ihres staatskirchenhoheitlichen Aufsichtsrechtes – und nicht der Religionsgesellschaft vorbehalten, Mitglieder des Gemeindevorstandes, sowie Religionsdiener, deren Amtsführung die öffentliche Ordnung gefährdet, des Amtes zu entsetzen. Insoweit konstituiert § 13 IsraelitenG 2012 ein Novum. Darüber hinaus begegnet die Bestimmung auch Bedenken im Hinblick auf Art. 15 StGG und die daraus erfließende Autonomie in inneren Angelegenheiten. So äußert etwa Budischowsky in Bezug auf § 31 Abs. 1 IsraelitenG 1890 Zweifel, ob der Amtsverlust in den Fällen strafbarer Handlungen heute noch sachlich gerechtfertigt ist und verweist darauf, dass unter den modernen staatskirchenrechtlichen Regelungen nur § 9 Abs. 2 OrthodoxenG eine ähnliche Bestimmung enthält.124 Während allerdings § 9 Abs. 2 OrthodoxenG ein negatives Bestellungserfordernis in der Form beinhaltet, dass Personen, welche wegen eines Verbrechens rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden sind, für den staatlichen Bereich nicht als vertretungsbefugte Organe bestellt werden dürfen, spricht § 13 IsraelitenG 2012 undifferenziert von „Funktionsträgern“, unabhän___________ 123 124

RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 5. Budischowsky, Israeliten (Fn. 37), S. 128.

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gig davon, ob diese gegenüber dem Staat außenvertretungsbefugt sind oder nicht. Darüber hinaus erscheint eine Rechtfertigung des hierdurch bewirkten Eingriffs in Art. 15 StGG fraglich, da „Funktionsträgern“ der Israelitischen Religionsgesellschaft weder ein öffentliches Amt i.S.d. Art. 3 StGG125 zukommt noch ihnen sonst staatliche Aufgaben übertragen werden, die eine derartige Regelung zum Schutz des Staates notwendig machen würden. Zweifel im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit Art. 15 StGG begegnen auch dem in § 20 Abs. 2 und 3 IsraelitenG 2012 neu geschaffenen Rechtsinstitut der „Wahlaufsichtsbeschwerde“ an den zuständigen Bundesminister. Gemäß § 20 Abs. 2 IsraelitenG 2012 steht in all jenen Fällen, in denen außenvertretungsbefugte Organe oder Religionsdiener durch Wahl bestimmt werden, jedem aktiv Wahlberechtigten oder jedem, der aufgrund der Wahlregelungen gem. § 20 Abs. 1 aktiv wahlberechtigt sein könnte, nach Erschöpfung der innerreligionsgesellschaftlichen Möglichkeiten das Recht einer Wahlaufsichtsbeschwerde an den Bundesminister zu. Die Frist für die Einbringung einer Wahlaufsichtsbeschwerde wird in § 20 Abs. 3 IsraelitenG 2012 mit 14 Tagen ab Einlangen der Wahlanzeige festgelegt. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage soll die Möglichkeit einer Wahlaufsichtsbeschwerde an die staatliche Verwaltung dazu dienen, die derzeit im Wege der Beschwerden bei Höchstgerichten bestehenden Möglichkeiten einem Verwaltungsverfahren zuzuführen, um den Sachverhalt bereits in diesem, mit Bescheid zu beendenden Verfahren einer Klärung zuzuführen.126 Allerdings erscheint die Zulässigkeit der Beschreitung des staatlichen Rechtsweges aufgrund innerhalb einer Religionsgemeinschaft stattgefundener Wahlen an sich fraglich. Richtig ist, dass es eine Reihe von Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes gibt, die aufgrund des staatlichen Aufsichtsrechts, die Rechtmäßigkeit von Wahlen in Organe der Kultusgemeinden zum Inhalt haben.127 Diese Rechtsprechung ist jedoch im Kontext eines staatskirchenhoheitlichen Systems zu sehen und endete im Übrigen auch mit dessen Wegfall. Mit Erkenntnis vom 18. März 1965 hat der Verfassungsgerichtshof demgegenüber die Zulässigkeit einer Beschwerde, welche die Durchführung einer Wahl des Kultusvorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde Wien betraf, verneint, da es sich hierbei um eine innere Angelegenheit der Religionsgesellschaft handle und das vom Beschwerdeführer angefochtene Schreiben des Wahlausschusses der Kultusgemeinde kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde sei, weshalb sich die Beschwerde gegen eine Maßnahme richte, deren Überprüfung nicht in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ___________ 125

In Bezug auf § 10 IsraelitenG 1890 Budischowsky, Israeliten (Fn. 37), S. 90. RV EB 1689 Blg. Sten.Prot. NR, XXIV. GP, S. 6. 127 So etwa VwGH 15. 4. 1902, B. 3497 = VwSlg. 991 A/1902; VwGH 4. 4. 1927, A. 484/26 = VwSlg. 14.742 A/1927; siehe hierzu Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 52), S. 610 f. 126

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falle.128 Im Zuge eines weiteren Bescheidbeschwerdeverfahrens bekräftigte der VfGH 1977 diese Rechtsauffassung.129 Ergänzend hierzu führte er aus, dass jede andere Ansicht dem Zweck des Art. 15 StGG, den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ein von staatlichen Eingriffen ungestörtes Eigenleben zu garantieren, zunichtemachen würde.130 Darüber hinaus sei es bei Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Durchführung der Wahlen um eine innere Angelegenheit i.S.d. Art. 15 StGG handle, unerheblich, ob ein Gesetz Bestimmungen über die Durchführung von Wahlen und über das aktive und passive Wahlrecht zu Organen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften enthalte.131 Ebenfalls „kurzen Prozess“ machte der Verfassungsgerichtshof mit dem Einwand der Beschwerdeführer, dass ihnen § 9 Abs. 3 IsraelitenG 1890 subjektiv-öffentlichrechtliche Rechte einräume, die sie vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes durchsetzen könnten, da der Umstand, dass die Wahl von Organen einer juristischen Person durch Gesetz geregelt werde, für sich allein nicht bewirke, dass die die Wahl vorbereitenden und überwachenden Stellen zu Behörden würden. Ebenso wenig würde dies dadurch bewirkt werden, dass die zu wählenden Organe einer juristischen Person diese nach außen, also auch im staatlichen Bereich, vertreten.132 Der Wahlausschuss der Israelitischen Kultusgemeinde konstituiere folglich keine Behörde i.S.d. Art. 144 Abs. 1 B-VG.133 Wie Spielbüchler in diesem Zusammenhang zutreffend anmerkt, vollziehen die Organe der Kultusgemeinden die in den Statuten der Kultusgemeinde niedergelegten Vorschriften nicht, sondern befolgen sie.134 Erst die allenfalls einschreitende staatliche Aufsichtsbehörde tritt hoheitlich auf.135 Die Zuordnung der Wahl zu den inneren Angelegenheiten zeige sich schon daran, dass die Möglichkeit bestehe, dass ein staatlich relevanter Akt gar nicht gesetzt werde.136 Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 IsraelitenG 1890 ist daher vor allem vor dem Hintergrund des 1890 vorherrschenden staatskirchenhoheitlichen Rechtsverständnisses zu sehen, welches darin mündete, die Bestellung der Organe einer Religionsgesellschaft als eine äußere Angelegenheit anzusehen.137 Diese Rechtsauffassung trifft jedoch für das Jahr 2012 nicht mehr zu, weshalb die Notwendigkeit und Zulässigkeit der in § 20 IsraelitenG 2012 ___________ 128

VfGH 18. 3. 1965, B 32/65 = VfSlg. 4955/1965. VfGH 29. 1. 1877, B 17/77 = VfSlg. 7982/1977. 130 VfSlg. 7982/1977. 131 Ebd. 132 Ebd. 133 Ebd. 134 Spielbüchler, Staatskirchenrecht (Fn. 42), S. 29. 135 Ebd. 136 Ebd. 137 Erwin Melichar, Zur Rechtsstellung des Wahlausschusses einer israelitischen Kultusgemeinde, in: ÖAKR 28 (1977), S. 99-101 (101). 129

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getroffenen Regelungen ernsthaft in Zweifel zu ziehen ist. Sofern im Übrigen eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofs zum IslamG und der Islam aus den Jahren 1987 und 1988 erblickt werden sollte, welche aufgrund der Ablehnung der Entgegennahme von Wahlanzeigen durch den Bundesminister in Gang gesetzt wurden,138 ist darauf hinzuweisen, dass diese Verwaltungsverfahren die Kenntnisnahme von erfolgten Organbestellungen nicht jedoch eine materielle Überprüfung derselben zum Inhalt hatten.139 Eine solche Kompetenz enthält nämlich weder das AnerkG140 noch das IslamG.

V. Resümee Der Schritt des Gesetzgebers, das österreichische IsraelitenG angesichts der seit seiner Erlassung im Jahr 1890 wesentlich geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen einer Totalrevision zu unterziehen, ist zu begrüßen. Dies umso mehr, als andere Individualgesetze, wie etwa das aus dem Jahr 1912 stammende IslamG, nach wie vor auf eine grundlegende Erneuerung oder eine gänzliche Neuerlassung warten. In vielen Aspekten wird das neue IsraelitenG dem an sich selbst gestellten Anspruch, eine moderne Rechtsgrundlage für das Jüdische Leben in Österreich zu schaffen, gerecht. In einigen Bereichen, insbesondere dort, wo staatliche Ingerenzbefugnisse i.w.S. statuiert werden, gelingt dies jedoch nicht, da hier der Versuch der Etablierung neuer Aufsichtsbefugnisse des Staates gegenüber einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft unternommen wird, welche dem staatskirchenrechtlichen Verständnis des Jahres 1890 nicht jedoch jenem des Jahres 2012 entsprechen. Ein weiterer Mangel des neuen IsraelitenG bildet eine gewisse Tendenz zur Parikularisierung in dem Sinn, dass abweichende Bestimmungen gegenüber anderen, für alle gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften geltenden Regelungen sowie gegenüber anderen, allgemeinen staatlichen Regelungen getroffen werden.141

___________ 138 VfGH 10. 12. 1987, G 146/87, G 147/87 = VfSlg. 11.574/87; VfGH 29. 2. 1988, V 11/87 = VfSlg. 11.624/1988. 139 Vgl. hierzu auch Potz / Schinkele, Stellungnahme (Fn. 78), S. 7. 140 Der Bescheid des Bundesministers stützte sich auf § 9 Abs. 3 AnerkG und Art. I IslamG. 141 In diese Richtung auch Potz / Schinkele, Stellungnahme (Fn. 78), S. 3.

The Fulfillment of the 1979 Agreements between Spain and the Holy See Beatriz González Moreno

I. Previous Considerations On 4 December 1979, the King of Spain ordered to issue in Madrid the Instruments of Ratification of the four Agreements signed on 3 January 1979 in the Vatican City between the Plenipotentiary of Spain and the Plenipotentiary of the Holy See. In that Instrument it is declared that, approved the text by the Spanish Parliament and authorized for its ratification, “[…] I come to approve and ratify all that in it is available, as by virtue of the present, I approve it and ratify, promising to fulfil it, to observe it and to make it comply and observe punctually in all its parts, for which purpose, for its greatest ratification and firmness, I order to send this Instrument of Ratification, signed by Me, properly sealed and endorsed by the undersigned Minister of Foreign Affairs”. There are many issues that have been analyzed in relation to the application of these Agreements to the thirty years of its entry into force: its policy development at the State and regional level, 1 its relations with the Organic Law of Religious Freedom and the Agreements of 1992, and the jurisprudential doctrine which has led to its application discussed in different courts and in the Constitutional Court2 itself. In this study we will discuss some of the most problematic issues of this covenant relationship. Nevertheless, it is convenient to highlight some important aspects of the system of agreements between the Spanish State and the Holy See. Firstly, that none of the Parties has ever denounced them. It is true that there have been pressures on different branches of the State to ensure that the Agreements were denounced. These pressures have intensified in recent years, some___________ 1

This aspect has a growing importance in our legal system, to such extent that we can talk about an autonomic Ecclesiastical Law. By all, see R. García García (coord.), La libertad religiosa en las Comunidades Autónomas. Veinticinco años de su regulación jurídica, Institut d´Estudis Autonòmics, Barcelona 2008. 2 All these aspects have been treated in the IV Symposium of Concordat Law, Treinta años de los Acuerdos entre España y la Santa Sede, University of Almería, 1820 November 2009.

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times for reasons of electoral opportunity, and have recently taken shape through several parliamentary initiatives.3 However, both from the Spanish Parliament and the Government have rejected the political proposals to review, to denounce or to suspend, within the framework of the present legislative period, the agreements signed by the State with the different confessions, in particular, with the Holy See. Also the Spanish Episcopal Conference has insisted, through its President, that “there is a fluid relationship” between Church and Government “in the exercise of its right to worship, to its apostolic activities and to the exercise of its pastoral mission”. Agreements between the Spanish State and the Holy See have been developed over the years in a context that, on many occasions, it has been markedly positive and both parties have been showing a clear willingness to dialogue. As it has been said, these are texts with a very specific normative content and that establish genuine legal obligations. There are neither programmatic texts nor mere declarations of intent, actually so common in the framework of International Law. The Agreements involve rights and specific duties for the parties, whose effectiveness has often been problematic. However, and despite certain occasional disagreements, both the State and the Holy See converge in their wish not to review them. The Agreements remain fully effective to define the legal status of the Church in the State, and its value as an instrument of arrangement of their reciprocal relations cannot be in doubt. The meaning of the agreements, its purpose, is precisely what legitimizes them: the expression of will of the Holy See and the Spanish State of talking and reaching negotiated solutions on matters of common interest, and the commitment to comply with what was agreed. On the other hand, we must be aware that in any legal text, and naturally in any international treaty, there are always inevitable differences of interpretation and practical tensions. As we have said, the agreements reflect the will of reaching negotiated solutions on issues where competence or interests concur, often in conflict. When the legal situations reflect a total coincidence it is not necessary to reach agreements. The normal thing, when agreements are negoti___________ 3

Cf. Web page of the Congress of Deputies, that contains a non-legislative motion presented initially in Committee and then to the Plenary, on measures for taking work forward on the secularism of the State. The initiative was presented by the five deputies of the parliamentary group of Ezquerra Republicana, Izquierda Unida and Iniciativa per Catalunya-Verds on 2 April 2009, qualified on 14 April and declared inadmissible in absolute terms. “The financing of the clergy and the Episcopal Conference, the teaching of religion in school, an abusive regime of concerts with the private education, a more than favourable tax regime and an institutional protocol that turns it into official religion without legal basis” they are, according to IU-ICV, some of the privileges granted to the Catholic Church in the Agreements signed between Spain and the Holy See, that the left-wing party demands to denounce and to review.

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ated, is reciprocal concessions. And it is also perfectly normal that there are omissions and transgressions. All this is part of any negotiation, as it is absolutely normal that, in its practical application, there are situations of greater or lesser understanding. At the same time, we should highlight the growing signs of concordats in recent years, more than one hundred,4 and the longevity of many others signed decades ago demonstrates the capacity and effectiveness of the Concordat institution to renew and adapt itself to the new culture, the principles currently governing the relations between the Church and the State, and the role that both should play in contemporary society. On this basis, all western democracies canalize in some way the cooperation with the confessions, either by agreement or by other mechanisms, from the belief that religion contributes to the common good of society. It has been said that the complexity of the system ends up by showing its contradictions. “A very suitable formula to solve the classical Spanish religious issue, as that contained in the Constitution, ends up promoting the emergence of new points of friction that acquire dimensions of social impact. They are, perhaps, the everlasting problems, or at least, similar areas of conflict. But now they turn out to be formally protected in a constitutional system interpreted as favourable to the religious option and capable of limiting itself as a product of the cooperation.”5 For a sector of the doctrine, the covenants with the Church, being the core of the model of cooperation, work as a true catalyst of conflict and favour the existence of tensions that arise as a threat for the failure of the model. There are authors, however, who think it is precisely the other way around. The very existence of the agreements is what calms many of the frictions that appear to oppose the interests of the Church and the State on some specific issues. In any case, as it has been pointed out by Professor Cardia, we are heading towards an era in which conflicts between the Church and the State will not have its origins in disputes at the institutional level, but they will have an ethical and anthropological basis, because they derive from different and increasingly conflicting concepts about the nature of man. ___________ 4

It turns out to be paradoxical that while some social and political groups considered to be progressive insist on the immediate denunciation of the Agreements in the Spanish State, the Holy See has signed in recent decades more than one hundred agreements, some with countries with a concordat tradition but also with many others which, without that tradition, have been interested in its signature, like some of the African continent, from Eastern Europe, the Baltic States and other countries as Israel, Palestine, the Philippines, Vietnam, Kazakhstan or Brazil. 5 G. Suárez Pertierra, La recuperación del modelo constitucional. La cuestión religiosa a los veinticinco años de la Constitución, in: Laicidad y libertades. Escritos jurídicos 2 (2002), pp. 313-348, 346.

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II. Conflicting Aspects of the Agreements between the Spanish State and the Holy See From this point of view we could talk about conflicting aspects, omissions, or violations of the Agreements which, when they occur, they come mainly from two fronts with evident connections between themselves, but whose basis and motivations are not always coincident: the flow of unconstitutionality, understanding that they can only formally be considered constitutional; and a minimalist interpretation of them which reduces its contents to their most basic expressions. In addition, I must clarify that political references in this area are inevitable because omissions and violations have always derived from a certain political will. In most cases, the failure of the agreements has occurred after a unilateral policy development promoted by the State in areas contained in the agreements and when the systematic inattention of the established procedure for the resolution of doubts and difficulties has been allowed. The agreed legal system has not been complied both by the omission of the necessary regulation policy of certain clauses of the Agreements and by the violations of the specific content of some of them.6 We will not consider here a detailed account of each of these cases of non-compliance but that in line with its causes, we will refer to those that have a more political, social or media relevancy.

1. A belligerent secularism versus religion and the right of the Church to exercise his apostolic mission in the teaching function In proper sense, violations to the covenant legal system occur only from the side of the powers of the State. You cannot speak here of effectiveness of fundamental rights in relationships between individuals because the Church holds an institutional position which prevents this effect, but it is clear that the possible violation of the religious freedom that the Church has derives not only from

___________ 6

Much of the omissions were addressed in the IV Symposium of Concordat Law, Thirty years of the Agreements between Spain and the Holy See, University of Almería, 18-20 November 2009. Cf. Presentation of J. Landete Casas, El desarrollo normativo de los Acuerdos en el ámbito estatal, IV Symposium of Concordat Law, Treinta años de los Acuerdos entre España y la Santa Sede, University of Almería, 18-20 November 2009, IV Symposium Proceedings, Granada 2010, pp. 177-195.

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the public authorities. As it has been said7 “private freedoms do not experience any variation of nature by the fact that they develop among individuals or in connection with public power”, that is to say, the same freedom does not vary its nature because it can be done by a private or public figure. From this perspective, the existence of a stream of more or less combative secularism which aims to eradicate all traces of religion in public is clear. Its presence is particularly active in internet, digital media, blogs and web pages that tend to label themselves as secular. This context makes a significant difference with the earlier secular thought. This secularism appears as a new form of tyranny. As against the conquest of the ideological, religious and worship freedom, a climate of intolerant secularism towards religion tries to impose a relativistic vision, devoid of all belief, that seeks to be imposed on the whole society – with the same methods as the old religion –, giving the religious factor a residual value, in the field of the intimate, without allowing any projection of religious freedom in the cultural identity or in the civil field. Secularism is used as a mechanism to attack the Church, accusing it of having used agreements as an instrument to impose their own moral criteria to the society. It is left aside the fact that there is no agreed text or a single rule on the most problematic moral issues. On the other hand, this militant secularism seems unaware that the religious social factor is the consequence of the exercise of a constitutional right, bearing legislative activity on other causes openly incompatible with the doctrine and Christian morality (the ideology of gender, sexual diversity and therefore the diversity of family models, the so-called sexual and reproductive rights of women – which include abortion as one of them – the embryonic stem cell research, self-determination on the end of life...), and attempting to silence the opinion of the Church in these matters. The main transgression which occurs in this way is a systematic criticism of certain religious positions expressed in public, not only on legitimate use of freedom of expression that the Church has but, mainly, in exercise of a specific right, recognized in the Agreement on Legal Affairs:8 the right to practice his apostolic mission. The Catholic Church has been guaranteed the free and public practice of the activities that are its own, including teaching. It is an obvious ___________ 7 A. Embid Irujo, El Tribunal Constitucional y la protección de las libertades públicas en el ámbito privado, in: Revista Española de Derecho Administrativo 25 (1980), pp. 191-206, 204. 8 Article I of the Agreement between the Spanish State and the Holy See on Legal Affairs (BOE no. 300/1979, 15 December 1979). (1) The Spanish State recognizes the apostolic mission of the Catholic Church and guarantees the public and free exercise of its activities, especially those of worship, jurisdiction and teaching.

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violation of this right the criticisms that the Episcopal Conference or certain prelates receive when they remind Catholic citizens the doctrine of the Church on marriage and family relations, the beginning and the end of human life or education, by referring to some of the most conflicting issues. As lucidly pointed out Professor Cardia, some political forces do not tolerate that the Church deals with ethical issues at a political level.9 In fact, this attitude is another example of the current polarization of everything what happens in public life concerning the political parties. We cannot analyze here in detail neither the causes of this phenomenon nor its serious consequences, but yes we must point out that the intense penetration of political parties in all subsystems of social organization (economy, education, information, culture...) has limited greatly (in some case, until its virtual disappearance) the capacity of other organizations and social groups to participate in an institutional dialogue that, as democratic requirement, should be broad and plural. In the case of the Church, its competence on moral issues in accordance with revealed truth necessarily collides with a procedural concept of democracy, emanated from relativism, according to which political decisions are legitimized through the procedure, with full independence of the axiological content of the decision itself. For example, the laws voted by a parliamentary majority are considered legitimate because they are an expression of a formally democratic will, without having to ethically justify the substance of those decisions.10 From this conception, it is unacceptable for certain political groups that the Church can interfere in certain issues which are the subject of a legislative development. But also the involvement of the Church in these matters has the protection of the law; it is a fully legal activity that can be justified from a double perspective. On the one hand, the conception of the Church about its own nature as a society legally perfect. On the other hand, the existence, as part of the ecclesial identity, of a right and of a duty that originate in preaching the Gospel, they are not only the expression of the identical will of the members of the Church, neither are granting nor are at the mercy of a temporal authority, but come from the constitution of the Church by Jesus Christ himself, of the gifts and the mission that Christ has given to his disciples. The notion of the Church as societas iuridice perfecta, developed in the Ecclesiastical Law,11 already appears in the gelasian dualism idea: “God has there___________ 9

C. Cardia, Agreements of 1979 and Italian Concordat reform of 1984, presentation of the IV Symposium of Concordat Law, Treinta años de los Acuerdos entre España y la Santa Sede, University of Almería, 18-20 November 2009. 10 Concerning such issues G. Robles, Los derechos fundamentales y la ética en la sociedad actual, Madrid 1992, pp. 168 sq. 11 The setting of this concept will be the key to the manuals of Ecclesiastic Public Law of the 19th century and it will appear in texts of the Teaching of the Church. For

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fore divided the Government of the human race between two powers: the ecclesiastical power and the civil power. The ecclesiastical power, leads the divine interests. The civil power is in charge of the human interests. Both powers are sovereign in their kind. Each one is circumscribed within certain limits, defined by its own nature and by its coming end. From where one appears as a particular field within which each power exercises its activity iure proprio.”12 Recognizing that a same matter can belong, although under different aspects, to the competence and jurisdiction of both powers, a straight order of composition is necessary between the two: “that between both powers there must be an orderly unitive relationship, comparable, not without reason, as it occurs in the human being between the body and the soul. To determine the essence and the extent of this unitive relationship there isn’t, as we have said, another way than to examine the nature of each of the two powers, taking into account the excellence and nobility of their respective purposes. The civil power’s next and main purpose is the caring of temporal things. The ecclesiastical power, on the other hand, the acquisition of eternal values. Thus, everything that in any way is sacred in human life, everything that belongs to the salvation of souls and the worship of God, is by its own nature, or is under the end to which it refers to, all of this falls under the domain and authority of the Church. But the other things that the civil and political regime, as such, embraces and understands, it is of justice that they are subjected to it, as Jesus Christ expressly ordered giving to Caesar what belongs to Caesar and to God what belongs to God.” This, as the Pontiff defined as the Christian conception of the State, is the most accurate statement of the principle of State neutrality, the non confusion between religious functions and State functions that our Constitutional Court has shaped clearly. In this legal level of the relations between the Church and the State, it is clear their right, as sovereign society by the will of its founder Jesus Christ, to defend everything that refers to the salus animarum of its members, highlighting this point on the State regulations. In my opinion, they represent a violation of the neutrality of the State, the critical reactions of representatives of the public authorities with regard to the pronouncements of the ecclesiastical hierarchy on issues related to a specific religious moral. This is so because, as we pointed out, in the Church’s function of teaching, within this competence originated in the teaching of the Christian faith, the Code of Canon Law states that moral also belongs to it. “It does not seem necessary to the legislator to defend more for a long time the right and the duty of the Church with regard to the revealed truth; it remarks, on the other ___________ example, in Immortale Dei, the Encyclical Letter of the Supreme Pontiff Leo XIII., On the Christian Constitution of the State. 12 Leo XIII., Encyclical Letter Immortale Dei (1.11.1885) On the Christian Constitution of the State, in: ASS 18 (1885), pp. 161-180.

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hand, the jurisdiction in moral issues, because this today is called into question, sometimes from theological positions for which the revelation would not imply a renewed understanding of human moral nature, sometimes from philosophical or political positions that try to silence the voice of the Church in the public life of society. However, the revelation clarifies the mystery of man and lights the way of the realization of his life. For this reason, the Code says as a right and a duty of the Church to proclaim and to defend moral principles, particularly when the dignity of the human being, the fundamental rights and, of course, the very destiny of man’s salvation, are all at stake. To give this judgment in the middle of society is a responsibility of every faithful, and it can specially be of the shepherds of the Church.”13

2. The elimination of religious symbols as requirement for constitutional secularism Another of the areas in which progress in the secular conception of the State is embodied for secularists sectors is the elimination of religious symbols in official acts. It is thus essential a legislation that establishes new criteria for the collaboration of the religious confessions with the Public Administrations. “The reform of the Law of Religious Freedom must be consistent with the principle of secularism that should accompany a constitutional democracy, pursuing the objective of deepening in the separation between the State and the religious confessions.”14 Such reform should also address the progressive disappearance ___________ 13

Speech of Professor D. Alfonso Carrasco Rouco, of the College of Theology San Dámaso of Madrid, about “La protección por el Derecho de la doctrina y la moral” made at the XXXVI world videoconference on “Canon Law at the service of the priests”, organized by the Vatican Congregation for the Clergy on 27 May 2005. Cf. http:// www.iuscanonicum.org/index.php/la-funcion-de-ensenar/80-la-funcion-de-ensenar-engeneral/256-la-proteccion-por-el-derecho-de-la-doctrina-y-la-moral.html (23.8.2012). 14 Final political speech at the 37th PSOE Federal Congress, “New policies and institutions for a society in equality”. However, this position of the political speech has been openly nuanced among the socialists themselves on two issues: On the one hand, on 26th May 2009, the PSOE in the Congress of Deputies voted against an initiative presented by two left-wing parties to abolish the religious symbols from the assumption of public office, therefore the opposition of both “socialists” and “populares” prevented the approval of this legislative initiative to change the decree that regulates those public events. On the other hand, the initial text of the political speech was suddenly changed during the party congress, after deleting the reference to the disappearance of the State funerals that were expressly mentioned as an example of what should be a gradual disappearance of liturgies and religious symbols in public spaces and official events of the State, and to keep the term “gradual”, that a section of the party was trying to eliminate. One of the speakers justified that deletion in front of the press pointing out that it was the most unfortunate example and that secularism does not have an alternative liturgy for these cases.

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of religious symbols and religious liturgies in public buildings and at official acts of the State. The non-confessional constitutional mandate so would require it. A few remaining challenges of secularism are being spoken: First, the need to build and educate the younger generations in a civic public ethic whose principles and contents are given by the constitutional values and the universal declaration of human rights. Second, the challenge of creating a public, secular culture and citizen practices based on active tolerance and deliberation, without exclusions or tax claims. Third, the consolidation of appropriate cooperation relations, characterized for the equality and non-discrimination with the different religious confessions. Fourth, equality before the State of citizens and associations, which religious and conscience freedom is expressed in secular guidance, not specifically religious. Finally, the disappearance of religion, that survives in spaces and practices of public institutions, and the elimination of religious symbols in public buildings. This secular approach assumes the need to lead these changes, what acquires a unique range to be projected on the secularism of the State. The doctrine of the Spanish Constitutional Court, the non-confessional is shaped in the sense that values or religious interests cannot stand in parameters for measuring the legitimacy or justice of regulations and acts of the public authorities, and it’s a principle that bans any kind of confusion between religious and State functions. However, in this lecture that tries to condense the political goals of the Socialist Government, a belligerent position is adopted – “elimination” is the word that the text uses – to a specific form of religious social fact as it is the presence of religious symbols in public spaces, assuming as a State function, promoting the religious pluralism. Faced with this position, there are those who consider that it is not the task of a secular State to promote religious pluralism, but it has to assume the religious reality of the society as it is, without intervening to modify it, which is not within its competence.

III. The Unconstitutionality of the Agreements From the beginning, there is a recurring trend, encouraged by certain approaches to ecclesiastical policy, that denounces the unconstitutionality of the Agreements, despite the fact that thirty years have passed since its entry into force without having changed neither the Constitution nor the wording of the covenant regulation, and that the Constitutional Court has never spoken about its possible unconstitutionality. Rather, it has reaffirmed the character in accordance with the Constitution of certain specific dispositions that raised issues of constitutionality.

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1. The teaching of religion in teaching institutions Perhaps the most controversial aspect of this point of view is the teaching of religion in schools, considered by some sectors as one of the lighter injuries of the principle of secularism. The teaching of religion in schools supported by public funds has been the subject of recurring debate almost consecrated from the moment itself in which the constitutional guarantee of the right which assists parents to receive for their children religious and moral training that is in accordance with their convictions. The fundamental problem lies in the opposition of many parents to be deprived of their capacity to decide what type of education they want for their children, keeping a refractory attitude to the imposition of the educational model of the State, against the tendency of the state agents to decide – beyond the knowledge that schools should transmit – on the ethical or the ideological bias of certain content. It has been, and still is one of the most controversial aspects of the regulation contained in the Agreements, and has given way to serious discrepancies between the Government and the Spanish Episcopal Conference, 15 and to contradictory positions in the doctrine. With none of the Governments that have occurred in recent years, regardless of their political sign, has school religious education found a peaceful accommodation and its regulation has largely followed the ups and downs of the convulsed regulations in education: five organic laws16 since 1985, an average of one every five years. Along with them, royal decrees have proliferated regulating minimum teachings at different educational levels, orders which reflect curricular contents and different conventions about the designation and the economical and labour regime of the teachers in charge of the religious education. ___________ 15

On 15 December 2006, the Executive Committee of the Episcopal Conference issued a press release in which it expressed their concern about the Draft Organic Law on Education (LOE), approved in the Congress of Deputies and currently pending in the Senate. In particular, in relation to the Additional Provisions dealing with the teaching of religion and the teachers who taught it, considering that certain elements were in contradiction with the Agreement on Education and remembering that the Agreements are International Treaties that, according to the Constitution (art. 96), “once officially published in Spain, they are part of the domestic law” to all intends and purposes. 16 Organic Law on Education 2/2006, 3 May (B.O.E. 106/2006, 4 May, 2006); Organic Law of Quality of the Education 10/2002, 23 December (B.O.E. 307/2002, 24 December, 2002); Organic Law, of modification of the Organic Law 8/1985, 3 July, regulating the Right to Education 10/1999, 21 April (B.O.E. 96/99, 22 April, 1999); Organic Law of General Arrangement of the Educational System 1/1990, 3 October. (B.O.E. 238/90, 4 October, 1990); Organic Law 8/1985, 3 July, regulating the Right to Education. (B.O.E. 159/85 of July 4, 1985); The Organic Law of Quality of the Education was suspended in its implementation schedule before being formally repealed.

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The situation has become more complex because in education, as it is known, there has been an almost absolute decentralization. With effect from 1 January 2000, the transfer of functions and services of the Administration of the State to the Autonomous Communities in education was completed. Therefore, from that date, the competence of the Ministry of Education and Science in education has two aspects: on the one hand, the competence of the management and development of the basic legislation in the field of non-university education, reduced to the autonomous cities of Ceuta and Melilla, and the hiring of teachers of religion in some Autonomous Communities. On the other hand, State competences are generally limited to the adoption of basic standards for the development of article 27 of the Constitution, concerning the right to education and the regulation of the conditions of obtaining, issuing and recognition of academic and professional qualifications. In addition, the State assumes the exclusive power in the regulation of the basic conditions that ensure the equality of all Spaniards in the exercise of their rights and in the fulfilment of their constitutional duties. All the Autonomous Communities have assumed the competence of legislative development and the implementation of education in all its extension, levels and grades, modalities and specialties. This decentralization, which is no longer merely administrative, has generated a plurality of educational systems and certain asymmetries in the exercise of the right to receive education. This situation occurs because, although there is a basic State legislation that creates the appearance of a common model, the different educational policies of the Autonomous Communities, with full powers of legislative development and implementation, have led to very different conditions for the real and effective exercise of the fundamental right to receive education. Ultimately, there is a tangle of rules with several ranks and different territorial areas of application that hinders a precise knowledge of the applicable regime. This normative confusion, which is illegal in itself, and that can be preached generally in many regulation areas, turns out to be particularly aggravated in the right to receive education.17 ___________ 17 The current Organic Law on Education intends to ensure the necessary basic homogeneity and the unity of the educational system, highlighting the wide regulatory and executive field that the Autonomous Communities have in its statute to serve the purposes of the educational system. Reality shows some serious mismatches in this purpose. The wide range of regulation settings that the Autonomous Communities retain, even within the framework of the basic educational regulation, has meant that the political side of the different autonomous Governments creates dissimilar legal situations and, at times, places Spanish non-university students at a level of true legal inequality. This not only happens with the modifications that the curricula experiences by the existence of other official languages, but for the adaptation of the subjects in the corresponding Decrees of Minimum Teachings of each of the Autonomous Communities and even, by peculiar interpretations at autonomous level of the regulations of the pupils’ admission

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Along with this intense legislative and administrative decentralization, it is striking the difficulty that successive Governments have had to reach a great pact or a lasting political agreement on the educational model that would allow greater stability in its legal framework. Our approach to this matter must be made from the current regulation, the Organic Law on Education of 2006, of which it must be said that it has not been a consensus text and that, rather than putting an end to a dilemma, it has changed the friction points, that is to say, it does not seem the end of a process but a new starting point. In fact, it implies a decisive change in the conception of the meaning of religious schooling. The Organic Law of Quality Education of 2002 stated in its memorandum that at the levels of Primary Education and Secondary Education, the Law conferred the teachings of religions and their cultural manifestations, the academic treatment that they deserve due to their importance for an integral formation, doing so in terms in accordance foreseen in the Constitution and the Agreements signed on this matter by the Spanish State.18 The current Organic Law of Education maintains the presence of the teaching of religions in school on legal imperatives19 and not on training or educational approaches. The substantiation of the subject disappears from the

___________ in the schools supported with public funds. Thus, for example, the curricular contents of Education for Citizenship and Human Rights vary from one Community to another, according to the political side of the autonomous Government, the conscientious objection to this subject received a very different administrative treatment according to the autonomous communities, for example, the cases of Andalusia or Madrid, the curricular contents of History and Culture of the Religions have been also changed according to the different education authorities. 18 Its second Additional Provision regulated the area or subject of Society, Culture and Religion providing two development options: One, of confessional matters, in line with the confession chosen by the parents or, where appropriate, the pupils, among those whose teaching the State has signed agreements; another, of a non-confessional nature. Both options would be offered by the schools without fail. Pupils must choose one of them. 19 1. The teaching of the Catholic religion shall comply with the requirements of the Agreement on Education and Cultural Matters signed between the Holy See and the Spanish State. For this purpose, and in accordance with the provisions of that Agreement, the Catholic religion will be included as an area or subject in the appropriate educational levels, which will be compulsory for schools and voluntary for pupils. 2. The teaching of other religions shall comply with the requirements of the Agreements of Cooperation celebrated by the Spanish State with the Federation of Evangelical Religious Entities of Spain, the Federation of Israelite Communities of Spain, the Islamic Commission of Spain and, where appropriate, to which in the future could subscribe with other religious confessions. A.P. 2nd Organic Law on Education, B.O.E. 4 May, 2006.

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memorandum, and as it has happened in the last laws, the subject is regulated by an additional provision,20 out of the organic body of the law. From the perspective of the Agreements with the Holy See it is necessary to highlight the following:21 – Article I of the Agreement on Education and Cultural Affairs says in the first section: “In light of the principle of religious freedom, the educational action shall respect the fundamental right of parents about religious and moral education of their children in the school environment”. School religious education has been an intensely ideological issue, centre of a political rather than social debate, whose evolution has often relied on the desire and political will of the agents of the different educational administrations, aside from its consideration as a field of knowledge and its objective curriculum dimension. At times, it has served as an ideological battering ram to block other consensus. In the most recent Spanish doctrine there has been abundant doctrinal treatment of the problems associated with religious schooling. In recent times, the attention has also focused on the study of the issue from the perspective of the minority religious confessions. This concern of the doctrine shows that it has been an extremely controversial element. – The second section of the same Article indicates that “in any case, the education given in public schools will be respectful with the values of Christian ethics”. Here there has been a clear breach of the Agreement. School religious education is in conflict with ideological approaches that seem to relativise the value of the beliefs, which spread the idea of a religious pluralism as an inevitable corollary of the multiplicity of possible answers to the religious fact, of the weight of subjective and emotional positions, of the necessary acceptance of all moral choices as a result of the right to the free formation of the conscience. That conflict is reflected in a clear way when the State abandons neutrality and adopts an identifiable position from an ethical-judgmental point of view. In its latest report on the status and situation of the educational system for the 2005-2006 academic year, the school State Coun___________ 20 It does not seem to be the most appropriate regulation technique. The purpose of the Additional provisions is to regulate the special legal systems (territorial, personal, economic or procedural) that cannot be taken up in the provisions, the exceptions, exemptions and reservations to the application of the regulation or of some of its precepts, when it is not possible or suitable to regulate these aspects in the provision; the orders and authorizations not aimed at the production of legal regulations and the residual precepts that, for their nature and content, do not have accommodation in any other part of the text of the regulation. Guidelines for regulation technique, B.O.E. 29 July 2005. 21 About the official position of the Catholic Church at this point, see Declaration of the Permanent Commission of the Spanish Episcopal Conference, 28 February 2007. “The Organic Law on Education (LOE), the Royal Decrees that develop it and the fundamental rights of parents and schools.”

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cil itself admits that in the new subjects with ethical, social and civic nature introduced in our educational model there are judgmental contents, attitudes and behaviour standards of subjects such as Religion, Philosophy or Ethics. Thus, the subject of Education for Citizenship and Human Rights is introduced on a mandatory basis, and it even establishes the curricular content of the subject of History and Culture of the Religions, with a pre-comprehension of the religious fact from the relativism and the critical thought. It insists, for example, in the myths as a way of explaining the typical reality of religious positions, against the scientific and rational criteria, and in religion as a permanent focus of tensions and social conflicts. – Article II, concerning the different levels of education, it establishes in the third section that “the academic authorities will allow the ecclesiastical hierarchy set, in the specific conditions that are appropriate, other complementary activities of formation and pastoral care”. This part of the Agreement is clearly not followed, especially in public schools. – Article II also refers in its first section, to levels of education mentioned and textually says that: “the teaching of Catholic religion will be included in all teaching institutions in comparable conditions to the other fundamental disciplines”. This is the point in which there is a clear breach of what has been agreed. In the royal decrees of minimum teachings for the different levels of education22 it establishes an identical regime for religious education so that “Schools shall arrange the necessary organizational measures to provide appropriate educational attention in case one has not chosen to study the teachings of religion, guaranteeing, in any case, that the choice of one or another option does not suppose any discrimination”. Such attention, in no case will involve the learning of curricular content associated neither with the knowledge of the religious fact nor with any subject of the stage. “The organizational measures that the schools should arrange must be included in their educational project so that parents, tutors and students know them beforehand.”23 “In order to guarantee the principle of equality and the free ___________ 22 Royal Decree of Minimum Teachings of Infant Education, B.O.E. 4 January 2007, Royal Decree of Minimum Teachings of Primary Education, B.O.E. 8 December 2006, Royal Decree of Minimum Teachings of Secondary Education, B.O.E. 5 January 2007, Royal Decree of Minimum Teachings of Baccalaureate, B.O.E. 6 November 2007. 23 A.P. 2nd Those who opt for the religious education will be able to choose between the teachings of the Catholic religion, of those other religious confessions with which the State has signed International or Cooperation Agreements in educational issues, in the terms set forth therein, or the teachings of history and culture of the religions. 5. The evaluation of the teachings of the Catholic religion, history and culture of the religions will be held on the same terms and with the same effects as other subjects of the stage. The evaluation of the teaching of the different religious confessions with which the State has signed Cooperation Agreements shall comply with the requirements in them.

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concurrence among all students, the qualifications that had been obtained in the evaluation of the teaching of religion will not count in notifications in which academic records are needed, nor obtaining the average mark for admission purposes, when it is necessary to use it to make a selection among applicants.” That is to say, the subject of Religion is neither part of the curriculum nor counts for the average mark, and also has no effect on obtaining scholarships, so it does not give equal academic conditions to those of the rest of the subjects. The regulation is similar to that of the LOGSE. The Congress rejected an amendment approved in the Senate by majority24 claiming the existence of an alternative subject about the religious fact for those who do not want to choose the confessional option. – The second section of this same Article II states that, “out of respect for the freedom of conscience, that teaching won’t be mandatory for students. It guarantees, however, the right to receive it”. The inclusion in the text of the law of the mention to which the subject is of mandatory offer for schools should be considered positive, since it was not included in the Preliminary Draft. – The third section of Article II states: “The academic authorities will adopt appropriate measures to ensure that the fact of receiving or not receiving religious education does not involve any discrimination in the school activity.” There is also here a clear breach of the Agreement. There is no alternative subject to religion in schools. Each centre will decide the timetable of this subject and the alternative activity for those students who do not attend the subject, in other words, the regulation does not specify what will be the “proper educational attention” of those who do not choose the teaching of religion. Such attention, in any case, will involve the learning of curricular content associated with neither the knowledge of religious fact nor any area of the educational stage. In practice, it implies a discriminatory teaching

___________ 24

The abovementioned amendment points out that the State must guarantee the teaching of religion “offering different confessional and non-confessional options, in equal academic conditions to all intents and purposes”. In addition, it reflects that the State will determine the minimum contents of the curriculum for those pupils whose option does not satisfy the teachings of the religious confessions with agreements or pacts signed with the State The subject of Religion, as it had already been considered, since its proceeding in the Congress of Deputies, is maintained as a school compulsory subject and voluntary for the pupils and it shall not count neither for average score nor for scholarships. Plenary Senate, 22 March 2006.

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overload for the students who choose religion, that have one more subject, 25 since this educational attention is not assessable. – Lastly, Article IV says in its first section that “the teaching of the Catholic doctrine and its pedagogy at the University School of Education (Colleges of Teacher Education), in comparable conditions to other basic disciplines, will be voluntary for students”. Again at this point, there is a breach in the Church-State agreements.

IV. A Minimalist Interpretation of the Agreements Omissions and violations have been, in other cases, fruit of a minimalist interpretation, that is to say, of an ideological approach intended to reduce the covenant content to their most elementary expressions. Without specifically condemning the Agreements, they are based on an interpretation of its clauses

___________ 25 The “proper educational attention” which will receive those who do not opt for Religion still remains undefined in this Royal Decree. Instead, it is possible to study different religious confessions, Catholic, Evangelical, Islamic or Jewish and also History and Culture of religions. The establishment of the curricular content of this subject is done in the Royal Decree itself and involves a preconception of the religious fact from the relativism and the critical thinking. It insists, for example, on the myths as a way of explaining the typical reality of religious positions, versus scientific and rational criteria. For example, the evaluation criteria for the contents of 4th course: “Describe any situation, current or historical, in which facing the same situation, difference is evident between the approach or the religious position and the scientific position, making explicit arguments that support one or another. The purpose of this criterion is to evaluate whether the student body has become aware of the fact that the vision of a particular event may depend on the reference point from which it is approached and the values that you defended may affect the acceptance or not of certain realities. On the other hand, it is a question of valuing that one is capable of identifying in the analysis of a situation of this type, the reasons that lead to different positions. Religion is viewed as a permanent hotbed of tensions and social conflicts. For example, it establishes as an evaluation system: “To work, individually or in group, about any situation of conflict, current or past, in which tension of a religious type is evident, investigating its causes and suggesting possible outcomes, using appropriate sources of information. The purpose of this criterion is to evaluate the ability of the student body, advised by the teacher, to tackle the study of religious tension situations, religious wars and conflicts between different communities, deportation, genocide or religious hatred and intolerance, etc., looking for the reasons that originate them and identifying the different positions of the participants in it […].” Furthermore, the baccalaureate courses present a remarkable workload with eight compulsory subjects, normally three more modality subjects per course and also one optional subject, making the choice of religious teaching even harder.

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in a very restricted sense that, on many occasions, has been a clear violation of the right of autonomy of the Church.26

1. Declaration of suitability of the teachers of religion and their employment status One of the examples of this interpretation is the economic and labour regime of the teachers of religion, whose situation in the schools teaching staff has been clearly discriminatory. We refer to a collective of about twenty thousand teachers of religion only in the schools supported by public funds. The Royal Decree 696/2007 of 1 June, which regulates the employment of the teachers of religion foreseen in the third additional provision of the Law LOE 2/2006 of 3 May, points out in its memorandum that the Agreement on Education and Cultural Affairs of 3 January 1979, signed between the Holy See and the Spanish State was the starting point of the current labour regime of the teachers of religion.27 In its Article III, it provided that religious education would be taught by the people who were designated by the academic authority among those who the Diocesan Ordinary would propose to exercise this teaching and, in its Article VII, the economic situation of the teachers of religion at the different educational levels that do not belong to the Educational Bodies of the State, would reach an agreement between the Central Government and the Spanish Episcopal Conference. On 20 May 1993, the Spanish Government and the Spanish Episcopal Conference signed the first Agreement, published by Order of 9 September 1993, about the economic regime of the people in charge of the teaching of Catholic Religion in public schools of Primary Education who not being school staff of the Administration, were proposed by the Diocesan Ordinary each school year and appointed by the academic authority, reflecting the commitment to achieve economic equality of these teachers of religion with the temporary teachers of the same level over a period of five budget periods (1994-1998), as well as the ___________ 26 Concerning such issue M. J. Roca, Derechos fundamentales y autonomía de las Iglesias, Madrid 2005, passim; M. J. Roca, Derechos confesionales e integración de las confesiones religiosas. Aspectos institucionales y personales: de la autonomía a la objeción de conciencia, in: J. Ferreiro Galguera, Jornadas Jurídicas sobre Libertad Religiosa en España, Madrid 2008, pp. 215-242. 27 In addition, a few years later, Cooperation Agreements were subscribed with other religious confessions that, in accordance with the foreseen in the Organic Law of Freedom of religion, they have a clear or well-known rooting in the Spanish society. In the above mentioned Agreements, among other things, there is recognized after the said religious confessions the aptitude to designate the teachers who should give the corresponding religious teaching.

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adoption by the Government of measures for their inclusion in the General Social Security Plan for self-employed or freelance workers complying with the different judgments of the Supreme Court. However, the content of this agreement did not give total solution to the issue, because that staff was earning their wages financed by grants that, to that end, was annually receiving the Spanish Episcopal Conference, which was generating some indeterminacy with regard to the labour nature of the relationship that was linking this group. The Law 50/1998, of 30 December, of Fiscal, Administrative and Social Order Measures for 1999, tried to respond to the subsequent conflict, distinguishing such relationship as labour, as fixed-term and coinciding with the school year. According to this provision, and in accordance with court judgments of the time issued by different courts of Justice, on 26 February 1999 a new agreement was signed between the State and the Spanish Episcopal Conference, published by Order of 9 April 1999 concerning the economic-labour regime of this staff, whereby each educational Administration assumed the role of employer and was obliged to enlist them in the General Social Security Plan at the beginning of the academic year 1998-1999, proceeding to hire them and pay them from 1 January 1999, therefore the system of payment, existing since 1982, by means of grant to the Spanish Episcopal Conference, ceased to have effect. Moreover, EU Council Directive 1999/70/EC, of 28 June 1999 concerning the Framework Agreement of the CES, UNICE and CEEP on fixed-term employment recognizing the indefinite nature of the employment relationship that links to this school staff – except for cases expressly assessed in the Law – and without prejudice to the concurrence of any of the expected causes of contract expiration, it came to influence the above-mentioned labour and economic regime of this teaching group. Finally, of special application to the case, the EU Council Directive 2000/ 78/EC, of 27 November 2000 concerning the establishment of a general framework for equal treatment in employment and occupation, provides in its article 4 – in accordance with the Declaration No. 11 of the European Union regarding the status of churches and non-confessional organizations – the right of Member States to maintain or establish genuine and determining occupational requirements for the activities based on religion or on religious ethics. The Royal Decree of June 2007 establishes that the hiring of teachers of religion will be ruled by the Statute of Workers Rights, by the third additional provision of the Organic Law on Education (LOE), by the present Royal Decree and its implementing rules, by the Agreement on Education and Cultural Affairs, of 3 January 1979, signed between the Spanish State and the Holy See, as well as by the Agreements of Cooperation with other confessions that have clear and notorious roots in the Spanish society. To be able to teach religion it will be necessary to meet the same academic requirements of degree demanded

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or equivalent in the appropriate educational level, than the non-University teaching officials as listed in the Organic Law 2/2006 of 3 May, of Education, to be proposed by the Authority of the religious confession to teach such subject and to have obtained the declaration of suitability or the equivalent certifycation of religious confession, all prior to his hiring by the appropriate Administration.28 As the LOE29 establishes, the Royal Decree “assimilates the employment situation of teachers of religion in state schools to the general contractual forms, regulated by the Statute of Workers Rights”. The Episcopal Conference understands that this situation does not successfully recognize the specific nature of their work, derived from the canonical mission that the teaching of religion and moral Catholic entrusts them. Therefore the rule follows the willingness of the educational Administrations to have a higher incidence in the management of this teaching staff. The Royal Decree introduces three aspects that deserve a different judgement. First of all, it establishes that the hiring of teachers of religion will be for an indefinite period.30 From the Episcopal Conference point of view, it is positive that the teachers of religion have an indefinite contract. The employment benefits that this provides, has done justice to their work and contributes to dignify their mission. The Episcopal Conference, in dialogue with the different educational Administrations, always attempted to improve the economic and ___________ 28 In some of the Decrees, from which the functions and services of the State administration in non-university teaching were transferred from what was called the MEC management territory to the Autonomous Communities, the establishment of the real cost of the teachers of religion was still pending, which should be integrated into the funding system once concluded the period of equal pay of these teachers with the interim staff working in the same level education, referred to in Article 93 of Law 50/1998, 30 December, on Fiscal, Administrative and Social Order Measures. That real cost, corresponding to services transferred to the Autonomous Communities related to teachers of religion, has not been set yet in some Autonomous Communities and in others it was done some years after the 1st January 2000, when the definitive transfer of functions and educational services began to take effect. 29 The third Additional Provision of Organic Law on Education. 30 Except in the cases of replacement of the holder of the labour relationship that will be carried out in accordance with article 15.1.c) of the Statute of Workers and without prejudice to the provisions on the reason for the contract expiration that appear in the Royal Decree. The establishment of a full or part-time contract, as required by the needs of public schools, shall be determined by the educational Authorities, without prejudice to any future modifications throughout its life time due to educational planning, that may occur during the working day and/or at school stated in the contract. A written contract shall be made prior to the commencement of the labour provision. In any case, those modifications that occurred under the preceding contract must be written before the beginning of the school year, in the terms that we have just seen.

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labour status of the teachers of religion. However, the annual automatic renewal must be compatible with the power of removal of the teachers who do not comply with the proper profile of life and doctrine associated with the subject and the missio. Indeed, the regulation foresees as cause of termination of the contract “the revocation in accordance to law of the accreditation or the suitability to teach religion by the religious Confession that granted it”. The Royal Decree is not unaware that the authority of the Catholic Church – as, where appropriate, the confession which corresponds – is the appropriate authority to guarantee the suitability of the teachers of religion and catholic morality. However, the Episcopal Conference has revealed that such authority is not recognized sufficiently to make it possible to exercise its jurisdiction safely. The mere invocation of an “in accordance with law” – without clarifying to what law it refers to, if to the Agreements, the State Law or the Canon law – it can unduly restrict the competence of the Bishop to remove the suitability when he needs to do so under the provisions of the legal system of the Church (canon 804). In accordance with the Agreement on Education (Article VI), and according to the doctrine of the Constitutional Court, “the appreciation of the Diocesan Ordinary about whether a teacher has taught or not straight doctrine and whether he gives or not witness of Christian life, he is immune, at its core, to the control of the Courts” (Judgment of 15 February 2007). In a system inspired by the principle of religious freedom, the religious reasons, for which a teacher may lose its suitability as a teacher of religion and Catholic morality, are not susceptible to evaluation by the laws and the civil courts. In addition, the agreement establishes that the designation of these teachers has to be made, from among those proposed by the Diocesan Ordinary “for each school year” (Article III). This legal mandate is compatible with an employment contract of indefinite period, and allows the Bishop to guarantee the suitability of the teaching staff at every time. In third place, the access to the specific destination – high school or school – will be left to the Administration, according to the criteria of equality, merit and capacity. For the Episcopal Conference, the destination of teachers to a particular post is part of the mission of teaching Catholic religion, mission which the Bishop does not give abstractly or in general, but bearing in mind the specific circumstances of place and people. This has been the constant praxis in the interpretation of the Agreements, which has been corroborated by the Supreme Court (Judgment of 29 September 2004) and is part of the legal guarantees of their specific profile, that is to say: of a teaching that gives lessons of religion and Catholic morality to those who have freely requested these teachings. Without such legal guarantees, the work of the teacher of religion would lose its identity and would be exposed to all kinds of risks.

The Fulfillment of the 1979 Agreements between Spain and the Holy See

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The Article III of the Agreement says in its fourth section that “the teachers of religion will be part, for all purposes, of the board of the respective schools”. One could quote many examples of the limitations that these teachers have to earn this right. For the Catholic Church, the Royal Decree of 1 June 2007, does not comply with the Agreement on Education between the Spanish State and the Holy See, and is inconsistent with the jurisprudence of the Supreme Court and the Constitutional Court31 but it is possible to reach a certain consensus and dialogue that can lead to develop the system without infringing the Agreements, through an appropriate interpretation of the regulations.

2. The demand of cancellation of the data of the baptism in the sacramental books in the cases of apostasy In the conflict caused by the request of certain people to cancel the data relating to the registration of their baptism in the parish books for the purpose of recording their exercise of the apostasy, the Spanish Agency for Data Protection maintained, as well as the General Directorate of Religious Affairs, that the parish books are not files, but it applied to them a proper technical principle to justify the cancellation of such data. This criterion of the Agency led to a whole heap of contentious appeals, at the insistence of the arguments used by the National High Court of Spain, which were reproduced time and again, did not help to clarify the justice dimension of this problem. The Supreme Court’s jurisprudence has tried to settle this conflict by considering the successive judicial reviews brought by the ecclesiastical bodies that relied on several pleas. The first of these uses the criterion of the Spanish National High Court when it believes that the inviolability of the files, records, and other church documents32 contained in Art. I.6 of the Agreement between the Spanish State and the Holy See on Legal Affairs, 3 January 1979, is not predictable against the citizen when exercising this fundamental right foreseen in article 18.4 of the Constitution, in whose essential content integrates the power of provision over the data concerning your person. The Spanish National ___________ 31 New declaration about the Organic Law on Education (LOE) and its developments: teachers of religion and “citizenship”. Permanent Commission of the Spanish Episcopal Conference, Madrid, 20 June 2007, accessible in http://www.conferencia episcopal.es/documentos/Conferencia/LOE2007b.pdf (23.8.2012). 32 I. Aldanondo, Aspectos jurídicos de los archivos eclesiásticos, in: R. Navarro Valls / J. Calvo Otero / A. Martínez Lanco, Dimensiones jurídicas del factor religioso: estudios en homenaje al Profesor López Alarcón, Murcia 1987, pp. 19-52; M. J. Roca, Interpretación del término “inviolabilidad” en el Acuerdo entre el Estado español y la Santa Sede sobre Asuntos Jurídicos de 3-I-1979, in: RGDCDEE 29 (2012).

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High Court, in its judgment of October 2007 and subsequent, presupposes that the inviolability of church files and records should be configured as an exception to the field of application of the Organic Law 15/1999. The Article I.6 of the Agreement between the Spanish State and the Holy See on Legal Affairs is an international treaty that serves, among other things, as a tool to determine the civil effectiveness of a number of religious institutions regulated by a legal system equal to the State body but that has its effects in a different field. According to this regulation, the State has the obligation to respect and protect the inviolability of the files, records and other documents belonging to ecclesiastical institutions. There is no class of restriction to this inviolability in favour of individuals, which would include the holders of personal data gathered in church files and records. It is evident the canonical nature of the parish books as true records of the administered holy sacraments,33 that make proof of the facts stated therein, but do not prejudge the personal commitment to the Catholic faith nor the current membership to the Church. As such records of the administration of the holy sacraments, are inviolable respect of the State and of the individuals because in the proper Agreement between the Spanish State and the Holy See on Legal Affairs recognizes the right of the Catholic Church to exercise its apostolic mission and it guarantees the free and public exercise of the activities that are its own and especially those of worship, jurisdiction and teaching. The full autonomy of the church bodies in the establishment of their ways to organize and operate in the manifestation of their fundamental right to religious freedom has also been invoked (Art. 16.1 CE and Art. 6 Organic Law 7/1980 of religious freedom). The Code of Canon Law regulates the holy sacraments in Part I of Book IV, about the mission to sanctify the Church, stating that through them God is worshiped and since the holy sacraments are the same for the whole Church and they belong to the divine deposit, it is exclusively up to the supreme authority of the Church to approve or to define what is required for its validity, and to itself or to another appropriate authority, in accordance with canon 838 § 3 and 4, it is necessary to establish what refers to its celebration, administration and lawful reception, as well as to the ritual that must be seen in its celebration. As for its test, the annotation of the circumstances of the baptism is regulated in the Code of Canon Law for that purpose alone.34 The keeping of its books and its inviolability would be a manifestation of that fundamental right of religious freedom, which would operate as a limit of the right to the protection of data of the affected, in any of its manifestations, so that an Administration integrated in the State, as the Spanish Agency for Data Protection is, responsible for ensuring that right, could not transfer orders which were con___________ 33 34

Can. 535 § 1 CIC/1983. Can. 875-878 CIC/1983.

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trary to its own rules of organization and internal regulations. This criterion is the one that the proper SADP maintains in a Legal Report with regard to the access to the Books of Baptism for historical research purposes, “resulting from implementing them, as well as the regulations of the fundamental right of data protection, in accordance with the Code of Canon Law and the Agreements between the Spanish State and the Holy See that, among other things, guarantee the inviolability and integrity of the mentioned Books. For this reason, although the access to the data to which one refers to, cannot be considered contrary to the rules of data protection, it must be resolved by the appropriate authority to do so if such access and, in particular, its reproduction in the terms referred to in the query results, in accordance with the regulations to which reference has just been made”. That is, the Agency preserves the Canon legal system and the access and reproduction of the historical data of baptism is transferred to an appropriate ecclesiastical authority, but stipulates instead a specific administrative action when it comes to current data aside from the criterion of the same ecclesiastical authority.35 At this point, in addition, the analogy with the civil status registrations is clear, of which the parish records36 of the Catholic Church are a direct precedent, and from the historical research point of view any consideration of interest can be done. Parish and diocesan files are of fundamental importance for the richness of their records and the data they contain. They are the entry of all the birth certificates prior to 1870, the records of canonical marriage and a related marriages entry called vigils minute, which was recorded until 1955. They are essential documents for the knowledge of historical demography, since official statistics in Spain do not start until 3 November 1856.37 And it is precisely from ___________ 35 The Legal Report (0381/2008) indicates that the article 2.4 of the Regulation on development of the Organic Law 15/1999, approved by Royal Decree 1720/2007, 21 December, provides in its first paragraph that “this Regulation will not apply to data relating to deceased persons”, such provision must be understood in the sense of considering that data protection rules are not applicable to the deceased who have stopped being holders of this right as a consequence of death, in terms deriving from the application of article 32 of the Civil Code, every time the personality becomes extinct as a result of the above mentioned death. As for the processing of data for historical purposes, see article 9.1 of the Regulation. 36 Since the mid-14th century and early 15th century, the Catholic Church would have maintained parish records which included the registration of baptisms, marriages and deaths. The French Revolution secularized these records, creating the modern Civil Registry, carried out by State officials. Since the disappearance of the Roman Empire it was the Church who assumed the care of recording some of the most important facts of the human condition. This was explained by F. De Castro, Derecho civil de España, Vol. II, 2nd vol., p. 557 and J. Castan, Derecho civil español común y foral, Vol. I, 2nd vol., Madrid 1984, p. 508 in outlining the origins of the current Civil Records. 37 On 3 November 1856, general Narváez, President of the Council of Ministers of Elizabeth II, signed a Decree establishing a Committee, composed of persons of recog-

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its inviolability from where it derives the validity of the data that they contain, for being strictly historical and not available for the holder. The very concept of “cancelation of the data” by marginal note is foreign to the essence of the canonical books and to its ultimate meaning as records of true facts of canonical content. The resolutions of the Spanish Agency for Data Protection, applying a technical criterion and a proper beginning of the files as organized sets of personal data, to some records that are not files, seems to have encouraged a controversy at the service of an ideological cause that has used a legal instrument thought for the protection of other rights. The performance of the Agency and the use of the mechanisms of the protection of rights that the law grants it does not seem to have been aimed to guarantee the fundamental right to personal data protection, because in none of the cases in which the cancellation of the data of baptism has been demanded there has been claims against the unlawful use of such data by the ecclesiastical institutions or a usage against the law. The facts reveal that the ultimate aim of the claims against the ecclesiastical entity was to emphasize a personal attitude contrary to the Catholic Church. In short, the demand of suppression of the registration of baptism has been a form of protest against the ecclesiastical institution and a manifestation of personal convictions that does not have direct effect in the essential content of the fundamental right to the honour or to the personal and family privacy, or the right to the protection of personal data. The withdrawal from the Catholic Church can be exercised with canonical efficiency, the only field in which the sacrament of baptism registered in the parish books produces legal effects. The exercise of the apostasy is an act linked to the refusal of the Catholic faith that has nothing to do with the cancellation of registration data that do not proof any kind of adherence to the faith or are manifestation of belief but only a historical fact with only an exclusively ecclesial significance as the sacrament of baptism is. For the same reason, the withdrawal of the confession lacks civil effectiveness. As there is a regulated procedure that legally guarantees the exercise of the right of leaving the Church and, in addition, the mechanism established by Canon Law for the record of the withdrawal of the Church by formal act38 is substantially coincidental with the civil one, there would be no conflict if the autonomy of each order is respected, in matters that are within its jurisdiction. The dioceses should unify their criteria on the basis of the guidelines provided by the Episcopal Conference and the ___________ nized capacity, for the formation of the General Statistics of the Kingdom. The creation of this agency marks the beginning of the official statistics in Spain. 38 Cf. the documents of the Pontifical Council for the Legal Texts in the link http:// www.iuscanonicum.org/index.php/documentos/71-documentos-de-la-curia-romana/318acto-formal-de-defeccion-de-la-iglesia-catolica.html (23.8.2012).

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public authorities should refrain from giving instructions to the ecclesiastical bodies in matters with exclusive canonical significance, avoiding an interested and abusive manipulation of the legal system.

3. The financing of the Church The financing of the Catholic Church in Spain39 is a sample of that minimalist interpretation of the Agreements which, without reaching a front breach, has been adjusting the agreed to different contexts and different political wills. It is also a sample of the negotiating spirit of the Catholic Church, in this case forced by the impossibility of its economical support apart from the State, considering its financial circumstances and the legal framework of the tax system in Spain. Despite the contradictions and that an annoying situation both for the State and for the Church has been extended in time, both sides have shown at this point clear samples of flexibility and a clear willingness to cooperate. From the legal point of view, the regulatory framework to which we must restrict the consideration of this question is to the Agreement on Economic Affairs, 3 January 1979, text that enjoyed a widespread parliamentary support.40 The fundamental principle which must inspire all this regulation is contained in Article II.I: “The State is committed to collaborate with the Catholic Church in the achievement of its proper economical sustainability, with absolute respect of the principle of religious freedom”. The current economic relations between the State and the Catholic Church in Spain41 are based on the progressive replacement of a model of budgetary appropriation for that through the assignment from taxation until you reach the self-financing of the Church. Despite the fact that the agreement provided a deadline of three full years from its signature in order to implement the assignment from taxation system, the truth is that it took eight years until it gave way to the option of each taxpayer to assign a percentage of his tax liability for the upkeep of the Catholic Church, in each tax year. In December 1987, in the 1988 National Budget and with effects in the 1987 Income Tax Report, the State es___________ 39 Cf. F. Giménez Barriocanal, La financiación de la Iglesia Católica en España, Madrid 2007. 40 In the Congress of Deputies the text received 273 affirmative votes, 21 against and 5 abstentions. In the Plenary meeting of the Senate, 188 senators voted in favour of the agreement, no votes against and no abstentions. 41 “On the one hand, the State can neither know nor prolong indefinitely legal obligations assumed. On the other hand, given the spirit of the relations between the Church and the State, in Spain it turns out to be necessary to give new meaning both to the titles of the economic contribution as to the system according to which, the abovementioned contribution is carried out.”

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tablished unilaterally, without prior agreement with the Church,42 the percentage of the 0.5239 %, calculated on the inaccurate assumption that all Catholics would choose the assignment from taxation for the Church. This point is a breach of the Agreement, which Article VI foresees that the Holy See and the Spanish Government will proceed by common agreement in the resolution of the doubts or difficulties which may arise in the interpretation or application of any clause of the present Agreement, inspired to do so by the principles which guides it. The agreement provided that, in the absence of such a declaration of assignment from taxation to the Church, the corresponding amount would be for other purposes. The State introduced at this point a system which, technically is in compliance with the agreement, but which actually departs from the spirit with what it was agreed. An option of economic cooperation is designed between the sustainability of the Catholic Church and other purposes of social interest, raised as an alternative, and therefore, on an exclusive basis; establishing that, by default, the corresponding amounts would be assigned to other purposes of social interest and not to the Church, and reserving the adjective social for these other purposes, under the assumption that the destination of these funds from the Church does not have a social purpose, when in fact it has it to a large extent. The situation would be corrected twelve years later,43 by giving more room for decision-making in the assignment from taxation system in order to ensure that taxpayers wishing to do so could express their will to destine their assignment to both options, to one of them or to none. The Law of 1987 provides for a transitional period of three years, so that the replacement process would end in 1991. However, the budget allocation system as a complement to the assignment from taxation has remained until 2007, with effects on the 2006 tax year. This change was not made at the behest of the Spanish Government but, in December 2005, the European Commission gave Spain an ultimatum so that, in two months, they should modify the exemption of the payment of the VAT to the Catholic Church, under threat of reporting Spain before the Court of Justice of the European Union.44 The Agreement on Economic Affairs recognized the Catholic Church in its Article III the exemption in the payment of VAT on the deliveries of goods that are supplied to it and that are specifically related to the religious activity and ___________ 42

5th A.P. of Law 33/1987, 23 December, 1988 National Budget. Law 54/1999, 29 December, 2000 National Budget. 44 M. A. Félix Ballesta, Derecho Comunitario e Iglesia Católica, Madrid 2008, analyzes the reasons why the reform of the financing of the Catholic Church had to been undertaken as a result of this ultimatum. 43

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the acquisition of objects intended for worship. The European Commission considered that this exemption was not authorized according to the European Community VAT system set out in the sixth VAT Directive. Therefore, in the reasoned opinion Spain was asked to modify the treatment of deliveries of goods that are supplied to the Catholic Church so that they could adapt to the European Community Law. The modification of those tax commitments would admit, according to the European Commission, another type of financial concessions to compensate new tax burdens, in a similar way to what happened in Portugal. In September 2006, both sides reached an agreement on the terms of the amendment, whereby the Catholic Church renounced VAT exemption, and the budget supplement in exchange for increasing the percentage of assignment from taxation of the 0.52 % to 0.7 % in Personal Income Tax. The system used was the “Exchange of Letters” between the Vatican Secretary of State and the Ministry of Foreign Affairs.45 The financing of the religious confessions is probably, along with the school religious education, one of the controversial issues of militant secularism and certain anti-clerical groups who see it as a field of privilege for clergy and Catholic worship. There are critics who have accused the Church of “overfinancing”46 itself. However, the foundation of this cooperation turns out to be clear, not only in the known historical reasons,47 but that it is a demand of the tutelage of the fundamental right of religious freedom, one of the possible pathways to the provision dimension of this right and, on the other hand, the collaboration of the ecclesiastical institutions in the achievement of social purposes. From a perspective of political opportunity, and although there has been no explicit recognition by the State, there seems to be a clear conscience by public authorities of the obligation to cooperate economically with the Church in view of the tremendous work that the ecclesiastical institutions do, mainly in

___________ 45

The use of this system is due to two reasons: first, there is a modification of the Agreement on Economic Affairs since the Catholic Church explicitly renounces to a tax exemption; secondly, the need to strengthen the guarantees of the agreement, so that it cannot be modified unilaterally. 46 According to the report Facts and Figures: Budget Allocation from the State to the Catholic Church “in the last five years the Catholic Church has been over-financed at around 200 million € and at the taxpayer’s expense regardless of their ideas and religious creed. This subsidy is unconstitutional and is contrary to Article 16 of the Constitution”. http://www.psoe.es/ambito/municipal/docs/index.do?action=View&id=64960 (23.8.2012). 47 See J. R. González Armendia, Sistemas históricos de dotación del Estado español a la Iglesia española, Salamanca 1990.

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the field of education, health and social work, 48 which would justify, from a particular ideological position, the economic cooperation with the Church. Nevertheless, the legal basis is very clear. The financial cooperation of the State with the religious groups is the only matter referred to in the content of the agreements. “In the Agreements or Conventions, and always respecting the principle of equality, it will be possible to extend to such Churches, Confessions and Communities the tax benefits foreseen in the general legal system for the non-profit entities and other charities.”49 In this sense, the so-called “Law of Patronage” (Law 49/2002) equates the tax system of the Church to the rest of the non-profit sector entities (NGOs, Foundations, etc.) The current tax system, explained very briefly, is as follows: – They are exempt from paying Corporate Income Tax donations, collections, movable assets income (interests, dividends, etc.) and fixed assets income (rentals, etc.) and capital gains generated by the sale of property. – They are also exempt some social assistance economical activities, the ones given in hospitals and schools, publishers and bookshops, cultural visits, the realization of courses or conferences, sporting activities and those which amount does not exceed € 20.000,-. – The properties of the Church in which the above mentioned activities are carried out are exempt from the Property Tax (IBI). – The institutions of the Church are exempt from paying the Property Transfer Tax as a result of the Law of Patronage. – Finally, the Church is exempt from the payment of capital gains on land, from Inheritance and Gift Tax and from Economic Activities Tax (IAE). This assimilation of the taxation of the Church to that of the rest of the nonprofit sector entities does not appear to set the real framework of their needs thinking that, for example, more than 80 % of the Spanish historical and artistic heritage is owned by the Church. Economic cooperation is, according to the organic law, a practical way by which the right of religious freedom of the individuals and the religious confessions50 may act, which absolutely respects the principle of secularism to set up as a voluntary option. However, there are ways that are not yet explored and ___________ 48

The page http://www.solidaridad.net/noticias.php?not=2362 (23.8.2012) is an estimate of what the Church saves to the State in Spain. 49 Article 7 LOLR. 50 M. Blanco, La cooperación del Estado español con las confesiones religiosas: especial referencia a la cooperación económica, in: Ius Canonicum 38/76 (1998), pp. 523570, 525.

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that would help to obtain the self-financing,51 model with which the Church would get a greater freedom. Among these possibilities the suitability of a tax incentives system for donations to the Church has been pointed out and, even, to establish an ecclesiastical contribution managed by the State; for which the current assignment from taxation technique52 could be exploited. In my opinion, the assignment from taxation system is perfectly compatible with the selffinancing from the moment in which that economic cooperation is foreseen in the Agreement and incorporated into the legislative development of the fundamental right of religious freedom and the principle of religious freedom is absolutely respected as it can be set up as a voluntary option of the taxpayer.

4. The impact of the reforms of the Civil Code of 2005 on the Spanish marital system, as it was outlined in the previous civil regulation in relation to the Agreement on Legal Affairs At this point, rather than a breach of what has been agreed, we are facing a real collapse in the rationality of the Spanish legal system, in which a total lack of coherence of the marital model emerges. The reforms of the Civil Code of 2005 in fact do consider to what extent the recognition of civil effects to marriage contracted according to the regulations of the Canon Law suits the Catholic Church.

V. Concluding Considerations After the examination of the most problematic issues or the controversial aspects of the agreements, it seems that we can conclude the following: First of all, that its value cannot be judged from the current coordinates, or from specific socio-political contexts. Its thirty years of validity guarantees these legal instruments as appropriate to regulate the relations between the Spanish State and the Church, and the one that, in this period, has adapted to different legal, political and economical situations. It must not be forgotten that the Concordat of 1953 went through critical moments much earlier, and that it was no longer being applied in several aspects well in advance of its effective ___________ 51 Article II.5 of the Agreement on Economic Affairs: “The Catholic Church declares its intention to acquire by itself sufficient resources to attend to its needs and that having reached this point both parties will come to an agreement to replace the financial collaboration systems mentioned in the preceding paragraphs of this article, by other fields and forms of economic cooperation between the Catholic Church and the State.” 52 Blanco, La cooperación del Estado español (Fn. 50), p. 555.

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abolition. In this sense, the current Agreements take part of the stability of the proper constitutional text, of which they are contemporaries, and of the legal and political principles that inspired both the Constitution as these treaties. This is the second conclusion. The State has always observed the Agreements as what they are, an international treaty validly celebrated and incorporated into the domestic legal system. Perhaps it is worth reaffirming the idea that the relations with the Catholic Church are governed by Agreements, not by the Organic Law of 1980. These Agreements are like a tripod, in which the real implementation of the specific measures also depends on the judiciary, which resolutions have been clarifying to a great extent some problems. Even more dynamic applications and new ways of cooperation are possible. In the academic debate new avenues of conflict resolution have been and are still being proposed, some defects that can be corrected are revealed and alternatives are offered to improve this legal instrument, mainly to continue working in the economical mechanisms that would allow self-financing; to clarify the legal position of some religious entities and to try to solve the problem of school religious education. Finally, it should be remembered that the Agreements themselves have provided a reasonable mechanism for interpretation and study that updates the contents of the same. It only depends on whether there is always the political will to do so.

Parents’ Right to Educate their Children in Spain: Religious Contents in Public Schools and Financing of Private Ones∗ Alejandro González-Varas Ibáñez

I. Introduction Educational issue is often one of the legal matters that receives a large influence from political situations of every State. In the case of Spain, it is possible to state that every change in the Houses has brought about new rules on education. However, there is a right has to be guaranteed in every case. I’m making a reference to parents’ right to choose their children’s moral and religious education in accordance with their beliefs, like it is recognized in the section 27.3 of the Spanish Constitution of 1978 and other rules that we are going to analyze below. It includes that only they are entitled to choose their children’s religious and moral education, even though this right spreads out this only field. This parents’ right is guaranteed trough the possibility of choosing between public and private schools and the features that both of them kinds shows in relation to religious and teaching freedom. It is worth summarising briefly the sorts of schools in the Spanish educational legal system. The basic structure comprises, on the one hand, public ones, that are created and funded by public Administration. It is interesting for us to point in this moment that they have to be neutral from the ideological or religious point of view. At the same time, it is guaranteed in this framework that parents are able to ask for a denominational religious subject for their children. In the other hand, we find private schools, that are created by a private promoter and can have a characteristic orientation (denominational or not). As a matter of fact, the most of them uses to have religious character and the vast ___________ ∗ Abbreviations: BOE: Boletín Oficial del Estado. CIE: Comisión Islámica de España. EpC: Educación para la Ciudadanía. FEREDE: Federación de las Comunidades Evangélicas de España. FCI: Federación de las Comunidades Israelitas. LODE: Ley Orgánica del Derecho a la Educación, 5/1980. LOE: Ley Orgánica de Educación, 2/2006. LOLR: Ley Orgánica de Libertad Religiosa. STC: Sentencia del Tribunal Constitucional (Constitutional Court decision). STS: Sentencia del Tribunal Supremo (Supreme Court decision).

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majority belongs to Roman Catholic organizations. This kind of schools can be funded by themselves, or they can receive allowances delivered by public Administration through a trust. The latter are called trust-based private schools. As a result of receiving public funding, they sacrifice partly their autonomy. In this context financing has been a discussed affair and, even nowadays, it continues to be so. Some people hold that public Powers ought to finance only public schools. From a different standpoint it is argued that private schools should receive public financing because it is a way to make easy the exercise of teaching and religious freedom both religious denominations that posses those schools, and of parents that whish for their children to receive that kind of education. To begin this survey, it is important to look at this topic. So it will be firstly studied (section II.) which is the meaning of the right to education, of teaching freedom, and of religious freedom in the Spanish constitutional framework. The following step is to make a reference to the neutrality of public schools as a guarantee that students are not going to receive an ideological or religious education that their parents reject. In a parallel way, it is necessary to explain the features of the presence of religious teaching as a result of parents whish their children learn it. Attention is paid to it in the section III. This research also aims to study ways established by rules to finance private teachings. In order to achieve this goal we will analyze which are legal ways to create schools and which possibilities exist to allow them their own character (section IV.). After that attention will be paid to current systems applied to finance private schools, and to propose further improvements in the finance system (section V.).

II. Right to Education, Teaching Freedom and Religious Freedom Spanish educational system draws a difference between right to education, and teaching freedom. This difference comes from the Enlightenment.1 Nowadays, this historic background is reflected in the Constitution of 1978.2 The ___________ 1

In relation to this historical approach, cfr. J. M. González del Valle, La enseñanza religiosa, in: AaVv, Tratado de Derecho eclesiástico, Pamplona 1994, pp. 991-1018, 992; J. M. González del Valle, La enseñanza, in: AaVv, Derecho eclesiástico del Estado español. Pamplona 2004, p. 274; J. M. Martí, Enseñanza de la religión en la escuela en la última década, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 21 (2005), pp. 495-500. 2 See A. Fernández-Miranda Campoamor / A. J. Sánchez Navarro, Artículo 27, in: O. Alzaga Villaamil (Coord.), Comentarios a la Constitución de 1978, vol. III, Madrid 1996, p. 160; L. Castillo, La dimensión subjetiva o de libertad del derecho a la educación, in: Persona y Derecho 50 (2004), pp. 551-578; L. Martínez De Pisón, El derecho a

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most important is section 27 which is dedicated to education. Its first section indicates that “everyone has the right to education. Freedom of teaching is recognized”. Then, rules enacted by Parliament implement the constitutional precepts. The most important norms relating to education in schools3 are the Education Act 20064 (from now on LOE), and Royal Decrees 5 that specify its contents. The right to education is considered a social right that guarantees a place in the school to every child. The service that citizens can demand consists of access to school and the teaching of the curriculum.6 Those are the areas that constitute the education system guaranteed by public powers concerning the general organization of education, assured by section 27.5 of the Constitution. One of the ways to assure this right is the establishment of schools by the State, as also covered by the above section. The public system of education operates through a network of public schools available to every child.7 The Constitution guarantees in section 27.4 that basic education shall be free, so that economic difficulties cannot prevent the guaranteeing of the right to education that, in basic terms, is a duty. At the same time, we cannot forget that public schools are bound to act in a neutral way from an ideological and religious point of view8 because they serve all citizens. As a result, public schools are prevented from becoming places of indoctrination. This serves to avoid any damage to ideological and religious freedom of students, parents and teachers.9 Education also has a side of freedom. It is called “teaching freedom” and it is recognized in the section 27.1 of the Spanish Constitution. The Constitutional ___________ la educación y la libertad de enseñanza, Madrid 2003; J. L. Martínez López-Muñiz, La educación en la Constitución española, in: Persona y Derecho 6 (1979), pp. 215-296. 3 These norms govern regulation of primary schools, as well secondary ones and higher secondary courses. Universities are governed by the Universities Act (Ley Orgánica de Universidades) 6/2001, 21 December, 2001 (BOE n. 307, 24 December, 2001), implemented by Royal Decrees. 4 Education Act (Ley Orgánica de Educación) 2/2006, 3 May, 2006, BOE 4 May, 2006. 5 Royal Decree (equivalent to a British statutory instrument) 1513/2006 (7 December, 2006) BOE 8 December, which establishes the curriculum of primary education. Royal Decree 1630/2006 (29 December, 2006) BOE 4 January, 2007, that establishes the curriculum of nursery schools. Royal Decree 1631/2006 (29 December, 2006) BOE 5 January, 2007, that establishes the curriculum of secondary schools. Royal Decree 1467/2007 (2 November, 2007) that establishes curriculum of higher secondary courses, BOE 6 November, 2007. 6 Fernández-Miranda Campoamor / Sánchez Navarro, Artículo 27 (Fn. 2), n 6, p. 171. 7 Section 27.5 Constitution. 8 Section 16 Constitution. 9 Ibid.

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Court10 has affirmed that it can be understood as embracing ideological and religious freedom (guaranteed in the section 16 of Spanish Constitution), and the right to freedom of speech in the schooling context.11 It is a right of fundamental freedom that assures teachers’ freedom as well the freedom to create and administrate schools, and the right to choose one of them. It is obvious that, among the agents that create schools, we find religious denominations. As a result, it protects the simultaneous presence of different ideologies, opinions and beliefs in Spanish education system. How does this freedom become more definite? The answer is found in a few of the sections that explain its contents. This freedom comprises the parents’ right to choose their children’s moral and religious education.12 It also includes the right to establish educational institutions,13 which can be provided of a determinate character (religious or a different one). Likewise, it let teachers develop their task in a free way,14 provided they act within the boundaries drawn by rules.15 Teaching freedom is clearly linked to other fundamental rights. As a matter of fact, the Constitutional Court16 has affirmed that it can be understood as a throwing of ideological and religious freedom, and of the freedom to speech in the schooling context.17 As has just been pointed out, religious denominations can create schools and they can provide them with religious character. As a result, their schools become “character companies”.18 The choice of creating ___________ 10

STC 5/1981, § 7. This right is guaranteed and completed by other constitutional rights such as religious freedom (section 16 Constitution) and freedom of speech (section 20 Constitution). 12 Section 27.3 of the Constitution. 13 Section 27.6 of the Constitution. 14 Section 20.1c of the Constitution. 15 STC 5/1981, § 7. 16 Ibid. 17 This right is guaranteed and completed by other constitutional rights such as religious freedom (section 16 of the Constitution) and freedom of speech (section 20 of the Constitution). 18 In relation to legal situation of “character companies” (empresas de tendencia), see J. A. Souto, La libertad religiosa y las demás libertades constitucionales, in: AaVv, Derecho canónico y eclesiástico del Estado, III: eclesiástico, in http://www.iustel.com. In relation to this matter also see AaVv, Inmigración, Religión y Trabajo en Andalucía. Sevilla 2007, pp. 69-95; J. Otaduy, Las empresas ideológicas: aproximación al concepto y supuestos a los que se extiende, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 2 (1986), pp. 311-332. Idem, La extinción del contrato de trabajo por razones ideológicas en los centros docentes privados, Pamplona 1985; G. Moreno Botella, La objeción de conciencia en el ámbito de las relaciones laborales, in: AaVv, Derecho canónico y eclesiástico del Estado, Vol. III: eclesiástico, cit. 11

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denominational schools makes easy the exercise of religious liberty of religious denominations and of their right to develop apostolic tasks.19 It also allows pupils and parents to exercise their religious and teaching freedom because they can choose an educational model in accordance to their preferences or beliefs. In order to sump up this section, it is possible to say that, through the guarantee of the right to education and teaching freedom, education Law tries to assure diversity of choices in education system. More specifically, the right to education and the public powers seek to ensure neutral education for every pupil in the broad network of schools, in which there is not an official or overriding ideology or faith. This right aims to ensure that the principle of equality among citizens is effective. In a parallel way, teaching freedom has tried to guarantee the greatest degree of liberty as far as possible in order to enable parents to choose their children’s religious and moral instruction in accordance with their own convictions,20 as well as the right to withdrawal their children from the teachings contrary to their beliefs, as the Constitutional Court has affirmed21. This is the framework in which moral and religious contents are rooted in Spanish Law. It includes the right to choose the kind of school they prefer for their children, included schools with religious character. As a whole, the educational system has endeavoured to reach an “education in liberty?”.22 That ___________ 19 Section I.1 of the Treaty signed on 3rd January 1979, ratified on 4th December 1979 (BOE n. 300, December 15th, 1979) between the Spanish State and the Holy See about the legal status of the Roman Catholic Church in Spain. 20 See about the balance between this rights I. M. De Los Mozos Touya, Exigencias de la igualdad en la educación y legitimidad de especializaciones no discriminatorias, in: Persona y Derecho 50 (2004), pp. 277-324; A. González-Varas Ibáñez, Políticas de igualdad en el ámbito educativo, in: B. González Moreno (Coord), Políticas de igualdad y derechos fundamentales, Valencia 2009, pp. 97-149. 21 STC 5/1981 § 1. STC 38/2007, specially § 5. Sometimes reference has been made, in order to explain these different choices, to “plurality in schools” in relation to public schools where different ideological or religious beliefs should be admitted on equal terms. On the other hand “plurality of schools” appears as a parallel concept. It means that the education system should admit different schools endowed with their own ideological or religious character. Nevertheless, it is a criticized classification because it does not explain properly the essence of every type of school. It is so considered by J. Ferrer Ortiz, Los derechos educativos de los padres en una sociedad plural, in: Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 10 (2006), pp. 20-22 (http://www.iustel.com). 22 J. L. Martínez López-Muñiz, La educación escolar, servicio esencial: implicaciones jurídico-públicas, in: AaVv, Los derechos fundamentales en la educación. Consejo General del Poder Judicial, Madrid 2007, pp. 30, 31, 33-35; De Los Mozos Touya, Exigencias de la igualdad en la educación (Fn. 20), p. 281. Following these assessments: Á. J. Gómez Montoro, El derecho a la educación en la democracia española, in: M. Á. Sancho Gargallo / M. De Esteban Villar (Eds.), Educación y Democracia. Fundación Europea Sociedad y Educación-comunidad de Madrid, Madrid 2004, pp. 29-38, 33.

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means23 that an equal opportunity is necessary for every citizenship to choose educational options with freedom.

III. Subjects with Moral or Religious Extent in Public Schools 1. Denominational religious teaching We have seen above that the section 27.3 of Spanish Constitution recognizes parents’ right to choose their children’s moral and religious education in accordance with their beliefs. Section 2.1,c) of LOLR reflects this right. Section 2.3 adds that public powers must maintain every necessary facilities to let pupils study religious matters in public schools. That right of parents has been assured by many international covenants on human rights24 that, as the Constitution declares,25 will construe constitutional provisions relating to the fundamental rights and liberties recognized by the Constitution in Spain. It has been pointed that parents have different ways at their disposal to exercise their right to choose their children’s education. Firstly, they can apply for a place in a private school of a character that fits with their beliefs. We will pay attention to it in the sections 4 and 5. In the context of public schools, their right is guaranteed in two different ways. The former is the above mentioned religious and ideological neutrality of these institutions. The latter is parents’ and pupils’ right to opt for the study of a religion according to a particular denomination. In relation to the latter statement, it is necessary to have into account that the second schedule of Education Act (LOE) and the same number schedule of Royal Decrees elaborating on the content of the LOE26 refer to cooperation agreements signed by Spanish State and religious denominations as legal sour___________ 23

Ibid. Among the most important texts are section 26 of Universal Declaration of Human Rights on 9th December 1948; Section 2 of the first protocol of the European Convention on Human Rights November 4, 1959; Section 13.3 of the Internacional Covenant on Economic, Social and Cultural Rights December 16, 1966; Section 18.4 of the Internacional Covenant on Civil and Political Rights, December 16, 1966. Sections 12 and 14 of the Convention on the Rights of the Child, November 20, 1989; Section 14 of the Charter on Fundamental Rights of the European Union, European Council of Niza, 2000 (Official Journal of the European Communities C 364, 18 December, 2000, pp. 122). 25 Section 10.2. 26 Only schedule of the Royal Decree 1630/2006. First schedule, first section, of the Royal Decree 1513/2006. Second schedule, first section, of the Royal Decree 1631/ 2006. 24

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ces regulating this issue. One of the displays of this cooperation has been agreements involving the Roman Catholic Church signed in 1979,27 and the Federations of Evangelical, Muslim and Hebrew denominations, signed in 1992.28 These agreements provide entitlement to the study of any religion in a denominational way. There can be no doubt that in Spanish schools every pupil or his or her parents can choose, if they ask for it, to study one of these religions. It is possible to wonder if the neutrality of public schools is compatible with the existence of a denominational subject in the curriculum. The answer is actually affirmative because the responsibility for the content and way of teaching of this subject does not rest with the educational Administration, but of the religious denomination itself. The school allows to denominations to use its facilities and occupy part of time within the timetable, but does not take part in the development of the subject. It is worth emphasising that religious education is not compulsory, but optional29 for individual pupils in order to guarantee due respect to their religious freedom. On the other hand, every denomination that has signed an agreement with the State is entitled to teach this subject, putting them an equal footing between each other. The European Court of Human Rights30 has adopted reasons of this kind to legitimize this practice subject. The Spanish Constitutional Court31 has argued clearly that neutrality of the State and its educational institu___________ 27 Treaty signed on 3rd January 1979, ratified on 4th December 1979 (BOE n. 300, 15 December, 1979); rectification in BOE n. 44 (20 February, 1980), on religious teaching and cultural affairs. The Spanish State and the Holy See signed on the same date other agreements about the legal status of the Roman Catholic Church in Spain, economical regimen of this denomination, and military service of clergy and religious service in Army. 28 Section 10.1 of the Act 24/1992 that contents the agreement of cooperation between Spanish State and FEREDE (10 November, 1992). Section 10.1 of the Act 25/ 1992 that contents the agreement of cooperation between Spanish State and FCI (10 November, 1992). Section 10.1 of the Act 26/1992 that contents the agreement of cooperation between Spanish State and CIE (10 November, 1992). Every Act has been published in BOE n. 272 (12 November, 1992). 29 It is so affirmed in the article 1 of the Treaty between Spanish State and the Holy See about education and cultural affairs. Every section 10.1 of agreements of cooperation between Spanish State and FEREDE, CIE and FCI assures this teaching to “everybody that applies for it”. Second schedule § 2 of the Royal Decree 1630/2006. First schedule § 2 of the Royal Decree 1513/2006. Second schedule § 2 of the Royal Decree 1631/2006. 30 For example cases Kjeldsen, Busk Madsen and Pedersen v. Denmark, 7 December 1976, § 53. See about this case F. Fernández Segado, La interpretación del derecho a la educación por el Tribunal Europeo de Derechos Humanos, in: Revista de Derecho Público 106 (1987), pp. 5-54. 31 STC 5/1981, § 1.9. Likewise, and more recently, STC 38/2007, § 5. Many authors have argued that religion teaching is not contrary to schools’ neutrality. For example C. De Diego-Lora, Consideraciones sobre la enseñanza de la Religión católica en Espa-

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tions “does not prevent setting up non compulsory teachings in public schools in order to enable parents to choose for their children the religious and moral education which is in accordance with their beliefs”. There is a question that I have not yet sufficiently clarified. I’m referring to the meaning of denominational teaching. It means that we are not talking about teaching from a cultural perspective, but specifically with denominational teaching. It involves that only teachers designated by religious authorities32 may impart these subjects, providing that they possess required qualifications33 guaranteeing their professional skills. The religious statement of suitability (declaración de idoneidad) means that this person is suitable from a moral point of view or in relation to his or her personal lifestyle. Every school can choose, among the persons proposed by the religious authority, the ones that it considers most suitable. It is the school that is truly the teachers’ employer instead of the religious denomination, because the school hires the teachers. Employment status can be full time or only part time depending on what the school needs at the particular time.34 Anyway, these contracts will be permanent35 and the salary will be the same as that of acting teachers of an equal standard.36 If the religious authority considers that one of the designated persons does not meet the necessary requirements to teach religion, it can withdraw the statement of suitability. 37 As a result, this person will not be able to be hired by a ___________ ña, in: Ius Canonicum 63 (1992), pp. 141-162; Martínez López-Muñiz, La educación escolar, servicio esencial (Fn. 22), pp. 17-78; J. M. Martí, La enseñanza de la religión islámica en los centros públicos docentes, in: Il Diritto Ecclesiastico (2002), pp. 809842, 820-822; Idem, Aconfesionalidad, laicidad: ante el derecho a la educación y la libertad de enseñanza, in: AaVv, Estado aconfesional y laicidad. Consejo General del Poder Judicial, Madrid 2008, pp. 113-191. 32 Section 3 of the Treaty between Spanish State and the Holy See about education and cultural affairs signed in 1979. Section 10 of every agreement of cooperation signed between Spanish State and FEREDE, FCI and CIE. 33 Third schedule § 1 of the LOE. The degree required is equivalent to that which is required for teachers that are civil servants, as it is ruled in the section 3.1 of Royal Decree 696/2007 (1 June, 2007), in BOE 9 June, 2007. See also the third schedule of LOE. 34 Third schedule § 2 of the LOE. Section 4.2 of the Royal Decree 696/2007. This system has been confirmed by many judgments issued by the Fourth Section of the Supreme Court, such as – for example – this one ruled on 10th May 2000. This is a legal situation shared by other countries that govern denominational religious teaching in schools, such as Germany and Italy. As regards the last country, cfr. A. González-Varas Ibáñez, Confessioni religiose, Diritto e Scuola pubblica in Italia, Bologna 2005, pp. 7490, and Idem, El régimen jurídico de los profesores de religión en Italia, in: Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 14 (2007), pp. 1-41. 35 Section 4.1 Royal Decree 696/2007. 36 Third schedule § 2 of the LOE. 37 About labour situation of religion teachers in Spain and other countries see Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 14 (2007) dedicated to this

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school or, if he or she had a contract, the school would have to dismiss him or her. This system to contract or dismiss teachers, in which both religious and academic authorities take part, has been recently discussed by the Constitutional Court.38 Apart from these matters relating to teachers, there are other denominational aspects. One of them is the power of religious authorities to prescribe the content of the subject, and to choose the handbooks. 39 This faculty can be considered a sign of neutrality of the State in religious issues and a manifestation of respect to the autonomy of religious denominations, such as is guaranteed by Spanish Law.40 A consequence of its denominational features is that the subject of religion is not mandatory. Because of it, educational rules foresee41 other alternative activities for students that have not wanted to take the religious course. Depending on the degree in which the student is, he or she could study religion from a cultural and non denominational point of view, or could do educational activities.

___________ survey. Other interesting works are J. Otaduy, El discutido alcance de la propuesta de los profesores de religión, in: Actualidad Jurídica Aranzadi 611 (2004), pp. 1-6; A. I. Ribes Suriol, Reflexiones en torno a la idoneidad de los profesores de Religión Católica en los centros docentes públicos, in: Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 3 (2003), pp. 1 sq; M. J. Roca, La inconstitucionalidad del Acuerdo sobre Enseñanza y Asuntos Culturales y la idoneidad de los profesores de religión, in: J. M. Vázquez García-Peñuela (Ed.), Los concordatos: pasado y futuro, Granada 2004, pp. 535-546; R. Rodríguez Chacón, Los profesores de religión católica en la jurisprudencia, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 21 (2005), pp. 243-271. 38 This system of hiring teachers based on the suitability delivered by the religious authority has been confimed by several decisions ruled by the Constitutional Court, such as 38/2007, 15 February. Anyway, it changed its criteria in the decision 51/2011, 15 April. As far as it was concerned, the bishop who took away the suitability to a teacher that has been married to a divorced person fell into a damage to the teacher’s privacy. Notwithstanding this decision, more recently the European Court on Human Rights has given the reason to the suitability system as it has been ever understood. It means that it has admitted again that the bishop can give or take away it according to his own criteria. This is the decision of the case Fernández Martínez v. Spain, 15 May 2012. 39 Section 6 of the Treaty between Spanish State and the Holy See about education and cultural affairs signed in 1979. Section 10 of every agreement of cooperation signed between Spanish State and FEREDE, FCI and CIE. Only schedule § 4 of the Royal Decree 1630/2006. First schedule § 4 of the Royal Decree 1513/2006. Second schedule § 6 of the Royal Decree 1631/2006. 40 Section 6.1 of the LOLR. The Constitutional Court shares this speech in the sentence 38/2007, especially in § 9. See regarding the autonomy of religious denominations, M. J. Roca, Derechos fundamentales y autonomía de las Iglesias, Madrid 2005. 41 Royal Decree 1513/2006 first schedule § 3. Royal Decree 1631/2006, second schedule, §§ 3 and 4.

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2. Other subjects with moral content There have been further discussions about the impartation of moral content in public schools, and parents’ right to choose their children’s education. I refer to the socalled subjets “Educación para la Ciudadanía” or Education Citizenship, and “Educación afectivo-sexual” or Affective-sexual Education. Both of them are compulsory matters for every kind of schools in primary and secondary levels. The former has been established by the LOE,42 whose regulation is not actually large. Final regulation under royal decrees that implement LOE includes further content facilitating the identification of moral or ideological dimensions of the subject,43 even if they use an ambiguous language that hinders Government prescription. When this subject began to be explained, a large number of pupils, parents and teachers, thought that the State had gone too far in the exercise of its faculty of describing a few of EpC contents and that as a result, it had encroached on their teaching freedom and freedom of religion and belief. The actual risk sur___________ 42

LOE establishes that this subject has to be explained in primary schools (section 18.3) and secondary schools (sections 24.3, 25.1 and 25.4). This matter is called “Philosophy and Citizenship” in higher secondary education (section 34.6). LOE design of EpC is implemented by the Royal Decrees, specially as regards EpC contents and evaluation system as we can see in the section 4.2 and annex II of the Royal Decree 1513/2006; sections 4.1, 4.3, 5.1, 5.3, and annex II of the Royal Decree 1631/2006; annex of the Royal Decree 1467/2007. In relation to its contents, LOE preamble explains that it aims to “offer to every student a reflexion space, analysis and study about main features and operation of democratic regime, about principles and rights recognized by Spanish Constitution and international treaties and covenants on human rights, as well as common values that constitute the background of democratic citizenship in a global context […]. The new subject will allow to students to go deeply into some of the features in relation to our common life, contributing to train new citizens.” 43 A criticism is that repeated references to concepts such as values, ethics, or moral, can affect to pupils’ spiritual background, above all when the aim of norms is not only they study these contents, but also that they have to assume them. Also discussed is whether it can extend other terms such as emotional education, or emotional-sexual orientation. About legal controversies that EpC has risen see for example M. Elósegui, La educación para la ciudadanía y los derechos humanos, in: Persona y Derecho 58 (2008), pp. 417-154; A. Embid Irujo, La educación para la ciudadanía en el sistema educativo español, in: Revista Española de Derecho Constitucional 83 (2008), pp. 11-56; A. González-Varas Ibáñez, La educación para la ciudadanía: entre la objeción de conciencia y recursos contencioso-administrativos, in: Anuario de Derechos Humanos 10 (2009), pp. 331-388; Idem, Cuestiones controvertidas relativas a la enseñanza en España: la Educación para la Ciudadanía, in: I. Martín Sánchez / M. González (Coord.) Algunas cuestiones controvertidas del ejercicio del derecho fundamental de libertad religiosa en España, Madrid 2009, pp. 207-229; A. M. Vega Gutiérrez, Objeciones de conciencia y libertades educativas, in: M. J. Roca Fernández (Coord.), Opciones de conciencia. Propuestas para una ley, Valencia 2007, pp. 325-383.

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rounding this subject has been that it could be used by public Administration to shape the moral background of pupils. This situation resulted in a vast number of parents raising conscientious objections in order that their children will not study it. Some of the Superior Justice Courts44 had allowed these objections, although other Courts have refused them. This matter arrived finally at the Supreme Court. In different judgments given on 11th February 2009 – all of them about similar cases – it rejected the conscientious objections. It argued it was not possible to infer an intention to indoctrinate by the State from the text of LOE or Royal Decrees. Nevertheless, it only had set down criteria45 that coincide with those supported by European Court of Human Rights.46 Another similar situation is found in relation to a new subject called “Affective-sexual Education” (Educación afectivo-sexual). It has been established by the Act 2/2010 about sexual and reproductive health and voluntary interruption of the pregnancy. 47 This Act indicates that it is compulsory to teach that subject in different levels of primary and secondary schools. It also outlines that it has to be taught only from the gender ideology point of view. 48 So, other kinds of explaining this topic, or simply a neutral standpoint, is forbidden by this rule. In addition, this Act aims49 to shape the complete development of every individual and his or her values. As a result, it seems evident that this subject is able to influence the ethical, moral, or religious sphere of people. This result would be a meddling in the religious freedom, in the parents’ fundamental right to choose their children education. It would be contrary to the neutrality of public schools, and could be a content conflicting to the character of many private ___________ 44

These are a type of Courts that acts in a regional area. Their position is between Appeal Courts and Supreme Court. 45 As regards the Supreme Court, it has declared that “subjects that the State, executing its inalienable function of planning education, [as] compulsory, cannot be a pretext for trying to persuade pupils to assume ideas or beliefs”. Rather “it has to display the largest objectivity and the most prudent distancing”. These words are included in the decisions of the Spanish Supreme Court, Third Section dated on the 11th February 2009, appel for cassation 905/2008, FJ 10; appels for cassation 948/2008, 949/2008, y 1013/ 2008, FJ 15. 46 Mainly, case Kjeldsen, Busk Madsen and Pedersen v. Denmark, 7 December 1976, specially §§ 50-53; case Folgerø v. Norwey, 29 June 2007, §§ 84-88; case Hasan and Eylem Zengin v. Turkey, 9 January 2008, § 52. 47 Act 2/2010, 3 March, de salud sexual y reproductiva y de la interrupción voluntaria del embarazo, in BOE n. 55, 4 March 2010. 48 Section 5 of the Act 2/2010. In relation to this Act, cfr. A. González-Varas Ibáñez, Aspectos ético-jurídicos de la regulación del aborto en España, in: Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 22 (2010), pp. 1-31. 49 Section 9, Act 2/2010.

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schools. Teachers’ fundamental rights50 are actually affected by this situation, as they are bound to teach this a sensitive subject through the only way that is indicated by this Act. Anyway, this Education spreads to the University field. The eighth section of the Act 2/2010 declares that “training of health professionals will be faced from the gender ideology perspective”. In order to achieve this goal, it will be compulsory to add a course of sexual and reproductive health – taught from that perspective – in the degrees of Medicine and Health Sciences. Further the encroachment on the above fundamental rights, we can wonder if the Universities autonomy51 is also in danger. As a result of these debatable legal statements, an appeal has been filed to the Constitucional Court so as it declares if this Act is Constitutional or not. It has not yet offered a decision about it, so the most prudent behaviour is to continue to wait for it. In order to sum up this section, it is undeniable that contents of moral origin or different values will always be transmitted in schools as it is not possible to achieve absolute neutrality.52 That notwithstanding, it is advisable – and it is also really necessary – that the State has to be prudent53 when it is facing mat___________ 50

They are also owners of the fundamental right to religious freedom, as well the specific kind of expression freedom recognised by the section 20.1.c) of the Spanish Constitution to them. About the latter fundamental right, cfr. these decisions of the Spanish Constitutional Court: 5/1981, § 9, and 217/1992 and 179/1996. 51 This autonomy is recognised by the Spanish Constitution in the section 27.10. 52 Facing this situation, is advisable that those contents reflect values that exist in our society and they are not used by public powers as ways to transmit those ideas they want society to share. Public powers should be at society’s service, not vice versa. Otherwise, it could involve enforced viewpoints. The Constitutional Court has pronounced about the need for neutrality in schools: decision 5/1981 § 9. More recently, STC 38/ 2007 § 5. About this issue, see González Del Valle, La enseñanza religiosa (Fn. 1), n. 5, pp. 991-1018; J. M. Martí, La enseñanza de la religión: régimen jurídico y perspectivas de futuro, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 14 (1998), pp. 501-536; M. J. Roca Fernández, Deberes de los Poderes Públicos para garantizar el respeto al pluralismo cultural, ideológico y religioso en el ámbito escolar, in: Revista General de Derecho Canónico y Eclesiástico del Estado 17 (2008), pp. 20-22 (http://www.iustel.com). 53 Public powers overstept the mark when they draw the educational system or some subjects in a way that goes beyond common morality or common civic sense that dominates schools’ work. It has been so explained by the Third Section of the Supreme Court, decision 31 January 1997 § 2. This court explained that sections 1 and 2 of the section 27 of the Constitution define the educational system in relation to every person (public or private). Further on, we find in the third section of the same section reference to “the importance of free convictions of every person”. It admits that an atmosphere of morality or common civic sense that bounds everyone exists. But it also argues that there may be additional content – or a religious or moral “plus” that derives from the common atmosphere – whose choice is available only to parents.

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ters which are clearly endowed with ethic or moral or ideological meaning, and it should not establish them in a compulsory way.

IV. Creation of Schools Endowed with Religious Character 1. The right to create schools The section 27.6 of the Constitution, and likewise the section 21 of the LODE54 establish that every individual person or legal entity with Spanish nationality, is entitled to create and direct private schools. It is evident that religious denominations can create schools and, like it will be studied below, they can provide them with a religious character. As a matter of practise, the vast majority of private schools in Spain belong to religious entities.

2. Religious character of schools The section 115 of the LOE entitles owners of schools to endow them with their own character or principles. This is a document that displays the school character from the ideological or religious point of view, even if it is not limited to these features, but it can have a larger extent.55 As a result, school character can be referred to school’s pedagogical features.56 It happens, for example, with the so called “single-sex education”. It means that only boys or only girls can apply for a school. This kind of education has been approved by the UNESCO and by a number of Spanish jurisdictional bodies’ rulings.57 As a result of this, ___________ 54

LODE (Education Act 8/1985, July 3, 1985), BOE 4 July, 1985. The Constitutional Court has confirmed that the school character is not limited by only religious or ideological features. See is decision 5/1981 § 8. 56 In this sense we find section 14 of the Charter on Fundamental Rights of the European Union, European Council of Niza, 2000 (Official Journal of the European Communities C 364, de 18 de diciembre de 2000, pp. 1-22). It specifies that parents’ right is refering to their children’s religious and moral instruction in accordance with their own convictions. 57 Section 2 of the Convention of the UNESCO against Discrimintaion in Education, 14 December, 1960, states that single-sex education is not a discrimination. The force of this section has been remembered in 1999 by the Comitte on Economic, Social and Cultural Rights. The decision on 20 December 1999 passed by the National Audience (Audiencia Nacional) doesn’t consider it eiher a discrimination. The same assessment has been given by the Third Section of the Supreme Court, decision 26 June 2006, § 8. It was a decision of the same Court in which it declared that single-sex education system, as far as private schools is concerned, does not belong to the essential content of their owners’ right to manage the school as a manifestation of the teaching freedom recog55

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some authors58 consider that LOE is restricting the right to choose single-sex education when it holds in section 84.3 that sexual discriminations are prevented in students’ admissions in public and trusted private schools. It could be understood like an unlawful restriction to single-sex education in trusted private schools and an encroachment on the right to establish their own character. School principles will have to respect the rights that are guaranteed to teachers, parents and pupils by the Constitution and the rules.59 School’s owner will show it to every group of the educational community, as well as to everybody that is interested in having access to it. If a student applies for one of these schools, he or she is forced to respect these principles.60 Some authors61 have argued that, if we want to assure schooling diversity, it would be necessary that parents and pupils’ accordance with school character became a necessary condition to admit them. Only when it was verified, other guidelines to choose schools could be applied. In fact, accordance with school character “has to be a ___________ nized in the section 27 of the Constitution. As a result, owners of such schools are bound to respect public Administration’s guidelines. It considers that public Powers can restrict manage freedom if schools receive public allowances (§§ 8 and 9). It has been argued in the decision 11 July 2008, §§ 8 and 9, even if it has not declared that single-sex education brings about a sexual discrimination. However, this Court has connected again with arguments explained in 2011. So, in 2011 it has ruled some decisions in which it declares this kind of education touches in a fundamental way to the school identity. As a result, the public Administration is not entitled to make public funding conditional on taking single-sex education away. These declarations are found in §§ 2 of the following decisions of Supreme Court’s Third Section: 19 January 2011 (appeal n. 1026/2010); 5 April 2011 (appeal n. 3832/2010); 12 April 2011 (appeal n. 1124/2010); 14 April 2011 (appeals nn. 3737/2010 and 3967/2010); 20 April 2011 (appeal n. 3113/2010); 25 April 2011 (appeal n. 3866/2010); 11 July 2011 (appeal n. 5219/2010). 58 About this issue see J. M. Barrio Maestre (Ed.), Educación diferenciada, una opción razonable, Pamplona 2005; M. Calvo, Los niños con los niños, las niñas con las niñas, Córdoba 2005; Idem, Iguales pero diferentes, Córdoba 2007; De Los Mozos Touya, Exigencias de la igualdad (Fn. 20), pp. 298-315; E. Vidal, Diferentes, iguales, ¿juntos?, Barcelona 2006. 59 Section 115.1 of the LOE. 60 Section 115.2 of the LOE. 61 Roca, Deberes de los poderes públicos (Fn. 2), p. 8 (www.iustel.com). Case Law does not offer unanimous critera about governing bodies’ right to select pupils in accordante with ther principles or further reasons. The Constitutional Court argued (decision 77/1985, § 20) that the right to create and manage schools that is recognized by the Spanish Constitution in section 27.6 involves “the rigt to garantee respect to school’s principles and to take over manage responsability”. STS 19 January 2000 § 2 agrees it. Instead of it, the STS 28 May 2007 estates that right to choose pupils does not take part in the essential content of the freedom guaranteed by the section 27.6 of the Constitution. Some authors do not think that schools are entitled to decide about students admissions. See for example Ó. Celador, Derecho a la educación, libertad de enseñanza y laicidad del Estado, in: AaVv, Estado aconfesional y laicidad, Madrid 2008, pp. 45-109, 62-64.

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criterion to differ between public and private schools, even the later are financed by public funds. Otherwise schools plurality would became impossible”.62 Principles of the school determine members’ of educational community behaviour. In fact, in private schools, teachers’ tasks are determined by his or her post, by features of the level in which he or she teaches, and by respect to school principles. It has been so explained by the Constitutional Court.63 Establishing tenets is an autonomus right. This is a different right to the right to create schools. In fact, it is possible to find schools with principles or without them so that we are speaking about two different rights. On the one hand, the right to create schools has to be interpreted in the framework of the right to freedom of entrepreneurship. On the other hand the possibility of endowing schools with a character is a result of ideological and religious freedom.64 The possibility of creating denominational schools is an alternative to public ones that posses neutrality from the ideological or religious view. So we find a plurality of choices for parents to choose their children’s education. The larger the number of schools we find, the more opportunities to choose educational model we have. It is necessary to explain that private schools fees can influence parent’s decision to choose their children’s education. It is possible that they are incapable to pay them and may be they are prompted to choose a different school than they initially intended. Trust system has tried to balance this situation. In return of trust do private schools lose a part of their autonomy. We are going to concentrate on it in next sections.

V. Financing of Private Schools 1. Financing through trusts The choice between public and private schools becomes difficult as public education is free, whereas private education has fees that not every family can pay. As well as this economic fact, we have to bear in mind that students’ access to private school – even their parents’ could pay it – is not assured when ___________ 62 STC 77/1985, § 20. It adds the following words: “en suma, en caso de conflicto entre los decretos de zonificación y la voluntad de los alumnos o de los padres en su caso, entiendo que ha de darse preferencia al precepto de la LOE en el que se prescribe: ‘El Estado promoverá acciones destinadas a favorecer que todos lo alumnos puedan elegir las opciones educativas que deseen con independencia de su lugar de residencia, de acuerdo con los requisitos académicos establecidos en cada caso’ (art. 11,1).” 63 STC 5/1981, § 10. 64 See González del Valle, La enseñanza (Fn. 1), p. 277.

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there are not enough places because LOE 65 establishes a priority system which allocates each child to a place. It is really a parallel system that this one applied to allocate posts in public schools. Among criteria foreseen by the Education Act we find parents’ annual income. 66 Doctrine67 has criticized this norm as the risk to bring about discriminations continues to be present. If people that contribute with larger money amounts to finance public institutions can not be favoured, it is difficult to understand why they have to be damaged in the exercise of a right (such as choosing schools) that ought to be recognized to everybody in equal footing. The way established by rules in order to arrange these economic problems is the so called “trust”. It consists of a public allowance for private schools in exchange for them to offer teachings covered by the trust for free. 68 Jurisdictional bodies have justified this system on the basis of the section 27.9 of the Spanish Constitution. It is nonetheless an incomplete perspective of this issue, like we will be able to examine later (§ V.3). This section affirms that the public authorities shall help the educational centers which fulfill the requirements established by the law. According to Constitutional Court,69 followed by the Supreme Court,70 it is not possible to infer from this constitutional section that there is a right to demand public benefits. The Constitution foresees that an Act will have to implement terms and boundaries of these benefits that can be allowances or other ways to transmit founds. So, right to benefits is not rooted in the Constitution, but in the rules that execute it. The Constitutional Court has added that the right to free education in elementary levels does not include the right to get a free place in every private school because there is not an obligation to allocate public resources, without the slightest condition, wherever individual preferences are.71

___________ 65 Section 84.2 of the LOE. González-Varas Ibáñez, Políticas de igualdad en el ámbito educativo (Fn. 20), § 4.1 has studied before difficulties that Education Law establishes for parents to choose their children’s school. 66 Section 84.2 of the LOE. 67 De Los Mozos Touya, Exigencias de la igualdad (Fn. 20), p. 320 sq. 68 General criteria to establish this amount appear in the section 117 of the LOE. 69 STC 86/1985, 10 July 1985, § 3. This assessment was explained before by a part of the doctrine, such as A. Embid Irujo, El contenido del derecho a la educación, in: Revista Española de Derecho Administrativo 31 (1981), pp. 653-681, 675, and just alfter this decisión in Idem, La jurisprudencia del Tribunal Constitucional sobre la enseñanza, in: Revista Española de Derecho Constitucional 25 (1985), pp. 181-203, 187. 70 STS, Third Section 29 January 2008 § 3. 71 STC 86/1985, 10 July 1985, § 4.

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If a fundamental right to public benefits does not derive from the section 27.9 of the Constitution, the consequence is that not every school can demand allowances by the simple fact of being a school. So they could demand them in the cases where they fulfill requirements established by rules. It does not mean that the law-maker has unlimited powers to draw criteria to grant benefits. It is true that it will not be able to “go against educational rights and liberties recognized in [the section 27 of the Constitution] as well as it will be bound to shape benefits system with respect to equality principle […] and effectiveness to enjoy rights guaranteed by our Constitution”.72 It can foresee conditioned benefits. Rule makers are even entitled to differentiate between a diversity of situations following other constitutional principles when its task try to award particular benefits.73 If a school receives public benefits it will lose a part of its autonomy to organize by itself. It will be bound to respect legal criteria for trusted schools about parents and academic staff taking part in governing bodies, parents’ bodies and teachers’ bodies.74 The LODE details governing bodies makeup of trusted private centers,75 as well as ways to select teachers.76 It specifies in section 62 causes of non performance of contracts and their seriousness, and which are their disciplinary measures. As a result, on the one hand, trusts make it easier for parents, in a way which they can apply for the schools which they have preference for. On the contrary, section 25 of the LODE assures that private schools that lack of a trust will have autonomy to establish their own system of acting, to select teachers in accordance with legal requirements such as the type of degree they must possess, to draw their educational guidelines, to organize working days according to educational and social needs of their students, to enlarge the number of hours devoted to some of the subjects, to establish rules of cooperation, and to define their economic regime. The last feature means that they don’t receive public allowances and so they only have private assets. Trust is the means foreseen in the Spanish legal system to finance private schools, both denominational and non denominational ones. Nevertheless, this way has limited schools autonomy and it has not satisfied all of the needs of schools and, as a result, of their owners that are – in the largest number – religious denominations. It has not been either the best system to guarantee parents’ rights or their freedom to choose the educational model they prefer. On ___________ 72 73 74 75 76

STC 86/1985, 10 July 1985, § 3. Likewise STS, Third Section 29 January 2008 § 3. STC 86/1985, 10 July 1985, § 3. Section 119 of the LODE. Section 56.1 of the LODE. Section 60 of the LODE.

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the other hand it is not possible for every school to ask for a trust. LOE77 indeed, and the Supreme Court, have argued that public benefits to private schools are only justified when there are not any public ones. The Supreme Court has hold that “it is logical that public teaching prevails over private teaching. Allowances to private schools are only justified when the limited amount of places in public schools is incapable to satisfy the demand of teaching”.78 It is possible to infer from rules and cases of Law that social demand is not an important enough criterion, and the conclusion of a trust does not depend on features of every private school or the demand for places, but on the public schools situation.79 We can consider that the right to education prevails over teaching freedom and, as a result, parent’s right to choose their children’s education is restricted. Finally, I should point even another risk that comes from the public financing, mainly in cases it is a result of a trust. I mean that some authors try to justify that these private schools have become a part of the public Administration that develop a public service. As a result, the Administration would be entitled to control every activity of these schools. It is worthwhile going into this topic in depth.

2. Private schools and public service One of the main debates that may arise regarding the receipt of public funds by private schools is their assimilation with the public education service. It might seem that the conclusion of a concert – apart from the above mentioned decrease of autonomy of the school – assumed that these centers prolong the activity of the educational administration and would serve it to do indirectly the activity of its own. However, it would be a mistake to think that trusts turn the private agents into a public service. 80 Firstly, because education does not appear set in the Spanish legal system as a public service. Indeed, the Constitution does not make a reservation for this activity exclusively for public Powers. 81 As a result they are ___________ 77

Sections 108 and 109. STS, Third Section 29 January 2008 § 3. 79 About these matters cfr. M. Calvo Charro, Régimen de admisión a los centros sostenidos con fondos públicos, in: AaVv, Los derechos fundamentales en la educación, (Fn. 22), pp. 79-116, 94-96. 80 There are some authors that argues that private schools carry out a public service. See M. M. Gámez Mejías, La administración educativa: control y autonomía, Madrid 2010, pp. 178, 263. 81 I. M. De Los Mozos Touya, Conciertos escolares: marco legal en el Derecho español, en: Sancho Gargallo / De Esteban Villar, Educación y Democracia (Fn. 22), 78

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not the only institutions that are enabled to carry out directly educational services. They can be also developed by private schools even if they can receive financial aid from the Administration that, anyway, takes place within a constitutional context that affirms the fundamental right to freedom of teaching, educational establishments, and the right of parents to make free and in a regime of equal educational options they deem appropriate. These contracts82 between public Administration and private schools do not try to achieve their participation in the functions reserved to the Administration and to work under its control and to develop a public service. The current system only aims83 to make easy the exercise of the rights of private centers and parents. If we, otherwise, consider that trusts mean84 an incorporation of private schools into the Administration, the result would be the imposition of only an educational model (the public one) and to finish with a plural offer and to restrict the exercise of fundamental rights. Therefore, the concert is not a contract that tries to get an indirect management of a nonexistent public service education. As a result it would not be justified that rules would force private schools to carry out duties that concern only to public schools.85 ___________ pp. 129-132, who outlines the differences between Spanish and French case. In the latter it is actually possible to find a reserve of this activity in favor or the State. It let us to consider it a public service in France, but not in Spain. In relation to education like a public service in France, see A. Embid Irujo, La enseñanza privada en España: consideraciones sobre su problemática actual en el marco de la política europea de educación, in: Revista de Administración Pública 142 (1997), pp. 81-85. 82 Trusts are really contracts between educational Administration and pritave schools. It is so considered by the Supreme Court (decision of the Third Section 15 November 2000, § 4, appeal n. 6756/1993) and the most of the Doctrine. See, among others, Á. Arozamena Laso / J. Alcantarilla Hidalgo, Los conciertos educativos, in: AaVv, Aspectos administrativos del derecho a la educación. Especial consideración de la universidades públicas. Manuales de Formación continuada, 16, Madrid 2002, pp. 89-95. Embid Irujo, La enseñanza privada en España (Fn. 81), p. 173; J. L. Martínez LópezMuñiz, La actividad dispensadora de ayudas y recompensas: una alternativa conceptual al fomento en la teoría de los modos de acción de la Administración Pública, in: AaVv, Libro en homenaje al Profesor José Luis Villar Palasí, Madrid 1989, pp. 751-768. 83 De Los Mozos Touya, Conciertos escolares (Fn. 81), pp. 129-132. 84 J. L. Martínez López-Muñiz, Legitimidad de los colegios concertados especializados por razón de sexo, in: La Ley. Sección Doctrina (Ref. D-81), 2000, p. 1816. He adds that “conviene insistir en que los conciertos no son una forma de incorporar las iniciativas sociales de los sujetos privados de carácter escolar a una suerte de sistema de enseñanza pública que, por ser financiada con fondos públicos y principalmente por eso, tendría que tener – en esta concepción – una especial y diferente naturaleza, constituir un servicio público sujeto a peculiares exigencias, etc.”. Gómez Montoro, El derecho a la educación en la democracia española (Fn. 22), pp. 33 sq. shares that assessment. 85 J. M. Díaz Lema, Conciertos escolares: análisis constitucional y Derecho comparado, en: Sancho Gargallo / De Esteban Villar, Educación y Democracia (Fn. 22), pp. 103120, 115.

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Moreover, schools that get public funding continue to belong to a private entity instead to a public one. So, there is not change in ownership. Hence it is right that private schools develop an activity of general or public interest, but it does not mean that they are public Administration, or they are providing a public service.

3. Improvements in finance system If we keep in mind that elementary education has to be free and, at the same time, we consider that parents have the right to choose their children’s education, we should argue that economic reasons can’t be an obstacle to make choices among educational models. If every public or private educational system – endowed with its character – is lawful, every option among them should be free. It would be desirable that this goal could be achieved, at least in the compulsory and elementary level, without restraints derived from families’ incomes. As a result, we would really be faced with alternatives among a diversity of teaching models instead of economic options. Trusts, despite of their advantages, are incomplete means to guarantee free choice of schools. They not only limit schools autonomy and their capacity to make decisions about admissions of students, but they don’t assure the whole finance in order to avoid that economic reasons become an obstacle in the choosing of schools. If until this moment a larger finance of private and denominational schools has not been attained, it may be a consequence of a number of reasons. Firstly, it is possible to detect that public Powers prefer public schools to private ones – as mentioned above. It seems that they believe that private teaching is secondary or typical of exclusive social groups, instead of considering that it is purely a lawful choice of educational systems. Secondly, maybe this posture is due to the justification of financing private schools, is often based on the section 27.9 of the Constitution. Let us recall that this section affirms that “the public authorities shall help the educational centers which meet the requirements established by the Law”. It is true this section guarantees public financing to private schools, either compulsory levels or not compulsory.86 It is a general statement that assures any kind of financial help, but it does not mean that private schools will be free. ___________ 86

Díaz Lema, Conciertos escolares (Fn. 85), p. 113-115; Idem, Los conciertos educativos en el contexto de nuestro Derecho nacional y en el Derecho comparado, Madrid 1992, passim.

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Afterwards the latter consideration, it is important to bear in mind that the section 27.4 of the Constitution argues that “elementary education is compulsory and free”. The Constitution itself is setting up the duty of receiving elementary education and providing it freely.87 If we remember that the combination of the right to education and the teaching freedom brings about the right of education in liberty – it means the right to choose schools with freedom – we should conclude that elementary education should also be free in every school regardless of its character.88 This criterion can be enlarged89 to public financing in non compulsory years if families have a weak economic situation and provided that students meet legal requirements to continue studying in that school. It is possible to find further criteria. Section 9.2 of the Constitution states that public Powers will have to remove the obstacles preventing or hindering the full enjoyment of freedom and equality of individuals and of the groups to which they belong. It is evident that economic situations can make up an obstacle to the exercise of fundamental right to freedom of teaching. So, it would be necessary that public Administration delivers allowances to make easy the exercise of this right. This attitude will benefit, ultimately, the complete development of student personality that, as the Constitution explains,90 is the aim of education. It will also allow parents to make real their right to choose their children’s moral and religious education in accordance to their beliefs, as the Constitution and other rules assure in the way it has been already explained. From this statement – as it has been pointed by some religious denominations91 – the State task in the educational issue derives subsidiary. So that public Powers should help – instead of replacing – the main protagonists of educational system, it means, citizens and social friendships. Public Powers should start to develop activities in this field such as establishing public schools provided that private enterprises are not enough to satisfy the whole of educational demand.92 On the other hand, if we bear in mind that the vast majority of private schools ___________ 87 There more authors that prefer to base public Financing to private schools in this article, such as De Los Mozos Touya, Conciertos escolares (Fn. 81), p. 125 sq; Martínez López-Muñiz, Legitimidad de los colegios concertados especializados (Fn. 84), p. 1817. 88 See Martínez López-Muñiz, La educación escolar (Fn. 22), pp. 38-41. 89 Ibid., p. 69. 90 Section 27.2. 91 As far Roman Catholic Church, which is te denomiantion that enjoyes the largest tradition in Spain and it is the owner of the vast majority of private schools, cfr. Comunicado de la Comisión Permanente de la Conferencia episcopal, Ante el Proyecto de Ley Orgánica de educación September 28, 2005, in http://www.conferenciaepiscopal. es (23.8.2012). 92 Martínez López-Muñiz, La educación escolar (Fn. 22), p. 69.

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belong to religious denominations, public allowances could be considered a display of State’s constitutional duty93 of cooperating with these groups. We have reason enough to try to find further solutions apart from trusts. We are entitled to propose other means of financing as the Constitutional Court has argued, in the decision 77/1975, that trusts are not the only useful way so as public Powers can carry out their constitutional duty of helping schools.94 Trusts system does not really mean that “there is a ban on assisting schools that have been shut out trust regime”.95 According to this idea, the rule makers are absolutely free to draw the legal framework they consider is best to deliver benefits and allowances in the educational field.96 In relation to this topic, there are a few of proposals97 such as to claim tax exemption equivalent to the amount that parents have paid to a different school from a public one. In this way the situation is avoided where parents are faced with a double expenditure: on the one hand spending on private schools in which their children study and, on the other hand, paying public schools – that they don’t use – through their taxes. Aside from this worth thinking about establishing the so called “schooling cheque”. It has been recently introduced in ___________ 93

Section 16.3 of the Constitucion. According to the decision 77/1985, § 11 of the Constitutional Court “el precepto constitucional que se expresa en los términos ,los poderes públicos ayudarán a los centros docentes que reúnan los requisitos que le Ley establezca‘ no puede interpretarse como una afirmación retórica, de manera que quede absolutamente en manos del legislador la posibilidad de conceder o no esa ayuda […]. Ahora bien tampoco puede aceptarse el otro extremo, esto es, afirmar, como hacen los recurrentes, que el art. 27 núm. 9 de la C.E. se desprende un deber de ayudar a todos y cada uno de los Centros docentes por el sólo hecho de serlo”. As a result, “el legislador se encuentra ante la necesidad de conjugar, no sólo los diversos valores y mandatos constitucionales entre sí, sino también tales mandatos con la insoslayable limitación de recursos disponibles. Todo ello, desde luego, dentro de los límites que la constitución establece”. In relation to the legitimacy of moving public funds towards private schools see the decision of the Third Section of the Supreme Court on 26 June 2006, §§ 8 and 9. 95 STC 77/1985, § 11. 96 STC 86/1985, § 3. 97 Possible alternative solutions, such as the State finances private schools without a reduction of their autonomy – like it happens in Belgium or Holland – are proponed by Ferrer Ortiz, Los derechos educativos (Fn. 21), pp. 8, 19 and 22-25; González del Valle, La enseñanza religiosa (Fn. 1), p. 997 sq; Idem, La enseñanza (Fn. 1), pp. 282-284; Martínez López-Muñiz, La educación en la Constitución española (Fn. 2), pp. 258-268; I. De Los Mozos Touya, La posición jurídica de los protagonistas de la actividad educativa, in: AaVv, Escolarización del alumnado en el sistema educativo español: cuestiones jurídicas. Fundación Europea Sociedad Educación-Junta de Castilla y León, Madrid 2006, pp. 175-194 especially pp. 187-192; M. A. Sancho Gargallo, Perspectivas ante la financiación del derecho a la educación en libertad, en: Sancho Gargallo / De Esteban Villar, Educación y Democracia (Fn. 22), pp. 263-270, 270. About tax exemption, cfr. also Embid Irujo, La enseñanza privada en España (Fn. 81), p. 99 sq. 94

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other countries such as Sweden. It provides a larger protection for parents’ right to choose schools in equal footing.98 In other countries like Netherlands public Powers have preferred to finance the whole of the cost of private schools. They have thought that the student would go anyway to a school and it has not been difficult to understand in that context that their parents want to apply for a denominational school or another school provided with different features. This kind of “cheque” has not use to be applied so much in Spain, safe few attemps developed by the Council of Valencia and Albacete. Anyway, it could be brought up again even if it could become a change99 in the current standards of financing private schools.

VI. Conclusions International texts and Spanish Constitution guarantee parents’ right to choose their children’s moral and religious education in accordance with their beliefs. They can exercise this right in the field of public schools and private ones. In the former, it is necessary that denominational religious subjects continue to be offered. As well, religious or ideological neutrality has to be assured in this context. As a result, we can wonder if it is lawful that rules forced pupils to study subjects charged with moral content, without the possibility of withdrawing from it. It happens in the current moment with subjects such as Affective-sexual Education. On the other hand, parents’ choice of a private school should be guaranteed. May be that they want their children to educate in a specific environment, but economic obstacles could arise. Regarding this matter, the Spanish Constitution establishes that public Powers are forced to help schools according to requirements expressed by rules. So that, schools do not always have guaranteed public benefits, but it is a right under condition. As a result, economic reasons will ___________ 98 It is so affirmed by A. Fernández-Miranda Campoamor, El derecho a la educación y la libertad de enseñanza en el mercado educativo, in: AaVv, Escolarización del alumnado (Fn. 97), pp. 37-68, 45. 99 From the point of view of same authors, it is a system of Financing that is not foressen in our constitutional system. We have notice that section 27.9 of the Constitution does not speaks about financing persons, but schools. We ought to remember that schooling cheques are an amount of money offered to families instead the schools, as argues Embid Irujo, La enseñanza privada en España (Fn. 81), p. 96-99. It is possible to think that these cheques constitue an indirect relationship between the educative Administration and schools. As a matter of fact, money got by families will be spend in schools. On the other hand, from the point of view of the same author, cheques do not assure schools will be free, specially in the case of schools with few students. About the debate in relation to this topic, cfr. Arozamena Laso / Alcantarilla Hidalgo, Los conciertos educativos (Fn. 82), p. 144 sq.

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continue to be an obstacle to the right to choose a school and, at the same time, to the freedom of teaching. On the other hand, finance is done through trusts. It brings about that every school that receives a trust loses autonomy. As well, some authors have argued that public funding turns private schools into a public service controlled by the Administration. This is an opinion actually difficult to share. These reasons prompt us to consider that private schools need further systems of financing different to trusts. We have proposed a few of these means to achieve this goal and, as a result, families’ economic situation would not become an obstacle to choose the educational system they prefer for their children, and enhancing possibilities of private schools to offer the education they consider to be more suitable.

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I. Introduction After the collapse of communism a strong and controversial debate developed in Romania over the new relationship between church and State relations. Fifty years of communism, during which churches and religion played in general only a passive, if not an insignificant and subordinated role in society have left a need to rediscover this issue. More than 50 years of functioning in the underground led to a lack of ability to conduct a dialogue between different religions and the State in regard to their sudden new role in society. When analysing this debate one notices the emergence of several trends in recreating a legal model for Church-State relationship. Some analysts suggested that Church and State should relate to each other according to the so-called post-byzantine model1 of close cooperation between State and the Orthodox Church (which implies the marginalization of other religions existing in the state). Others opt for the model of a strict separation between State issues and religious issues according to the French laicité which would enable the free expression of freedom of religion for everyone. Even the German model of concordatarian cooperation has been discussed. The first mentioned trend seeks to reconnect to the medieval state-church relationship by reviving the Byzantine principle of “symphonia”, of harmonious cooperation between the two powers aiming to achieve the material and spiritual welfare of the faithful. Needless to say that the harmony, the symphonia, has always been a chimera – even in the Byzantine Empire.2 The cooperation with the Emperor was most of the time a subordination to his interests. According to this model, the church should closely cooperate with the representatives of the ___________ 1 Nicolae Iorga, Istoricul Constitutiei Romanesti, in: Constitutia din 1923 in dezbaterea contemporanilor, Bucureşti 1990, pp. 19-25. 2 Lavinia Stan / Lucian Turcescu, Religion and Politics in Post Communist Romania, New York 2007, pp. 5-8; Lucian Leustean, The concept of symphonia in contemporary European Orthodoxy, in: International Journal for the Study of the Christian Church 11 (2011), pp. 188-202.

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State power which in return should support the interests of the Romanian-Orthodox Church (ROC) as a majority church which should be declared a national church.3 Supporters of the Byzantine model claim that it aims at integrating the ROC into the State structures, in order “to surpass the schizophrenia between the private and community expression of faith and to reduce the break between the desires of mankind and the law of the Lord, without mixing them”.4 In the presentation of this model theological arguments are mixed with pseudo-legal ones and would lead to the marginalization of any other religious community than the Orthodox Church. A return to this religious model is understood by its representatives as a connection to their own tradition and their own roots. Representatives of the Orthodox Church also looked with some admiration 5 at the position of the Anglican Church in Great Britain and hoped to get similar privileges as the British Lords Spiritual, the twenty-six senior bishops appointed to the House of Lords and who serve alongside with the Lords Temporal. Their special role is also symbolised by the arrangement of their seats: although the Lords Spiritual have no party affiliation, they do not sit on the crossbenches, their seats being on the Government side of the Lords Chamber, and on the right-hand side of the throne, representing the fact that they, of all the members of the House of Lords, are the most loyal to the Crown. Unfortunately this model sets the premises for a developing nationalism, which already has deep roots in Romania when it associates the nation with religion. The nationalism which it supports is not one of neutral engagement to the cultural values of a country but one manifested in “destructiveness and chauvinism”.6 The Orthodox nationalism dates from the interwar period when Orthodoxy was linked to fascist politics and anti-semitic attitudes. Unfortunately many theologians such as Nichifor Crainic or Dumitru Staniloae or Nae Ionescu supported this ideology. Nichifor Crainic (1889-1972) defined the characteristic of being Romanian as a mixture of Orthodoxy and nationalism.7 The views of ethnic nationalism of Dumitru Staniloae (1903-1993) who became a ___________ 3

Radu Preda, Biserica in stat. O invitatie la dezbatere, Bucureşti 1999. Ibid., pp. 114-125, especially pp. 120-121. A critical view on this model in Alina Mungiu-Pippidi, The Ruler and the Patriarch: The Romanian Eastern Orthodox Church in Transition, in: East European Constitutional Review 7 (1998), pp. 85-91, available at http://law.nyu.edu/eccr/vo17numa2/feature/rulepatriarch.html (29.11.2012). 5 When President Ion Iliescu turned down in 1990 the request of Patriarch Teoctist to offer a permanent representation of the Church in Parliament, the Patriarchate made the following suggestion to Art. 58.1 of the Constitution of Romania. This Article would read as follows: The Orthodox patriarch, metropolitans and archbishops and their representatives, together with the leaders of other churches recognized in Romania, are senators de jure. BOR 1991, p. 235. 6 Sabina Ramet, Whose Democracy? Nationalism, Religion and the Doctine of Colective Rights in Post-1989 Eastern Europe, Lanham 1997, p. 15. 7 Nae Ionescu, Indreptar orthodox, Bucureşti 2002. 4

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professor of systematic theology and author of a representative treaty of Orthodox Dogmatic Theology were grounded in the Augustian view of the rationes aeternae as divine archetypes. Therefore this led to an extreme view, that God desired the formation of nation-states.8 Paradoxically these nationalist theologians were persecuted by the communist regime eventhough they supported the same type of nationalism as the communist system propagated later. The high point of this form of nationalism appeared during Ceausescu’s era when the official propaganda of the system developed the theory of protocronism9 according to which Romanians had every right to be masters in their own country because they were the first to occupy this territory. The ROC10 took over these ideas and developed them into a vision of history according to which the ancient Daco-Roman population was directly evangelised by the disciple of Christ, Apostle Andrew, who preached the gospel in the province of Dobrogea and converted “all Romanians” to Orthodoxy.11 The Post-Byzantine model is supposed to bring together all these ideological elements into the present time. Opponents of this proto-cronistic view seek a strict separation of Church and State as a model for avoiding any sort of interference between the two spheres, having as a background the French laicité. The church should return to its traditional values and vocations whereas the State should only guarantee the free access to religion. Supporters of this model come both from social groups without religious convictions and from extremely pious religious movements. On the one hand religiously unbound people do not see any reason for a ChurchState connection in a secular State in which Christianity is not directly linked with faith but is more of a folk-tradition. Liviu Andreescu maintained that the State should “protect the demarcation between the secular and the religious”12 and not support one religious organisation or another. On the other hand strong religious groups would prefer a real autonomy from the State because only in this way can they preserve their individuality and the State would not be able to impose any sort of ideology on them. In contemporary Romania this point of ___________ 8 Lucian Turcescu, Dumitru Staniloae, in: John Witte jr. / Frank Alexander (eds.), The Teachings of Modern Christianity on Law, Society and Human Nature, vol. 1, New York 2005, pp. 685-711, 688. 9 Olivier Gillet, Religion et nationalism: L’idéologie de l’Eglise orthodoxe roumaine sous le régime communiste, Brussels 1997, p. 63. 10 Mircea Pacurariu, Istoria Bisericii Ortodoxe Romane, vol. 1, Bucuresti 2004. 11 This idea is still reminent in the fact that St. Andrew’s day (30 of November) is a national holiday in Romania, as it is seen as the day of birth of the Romanian nation. 12 Lucian Andreescu, Solidarity for Freedom of Conscience, The Construction of Churches in Post-Communist Romania and Its Impact on Freedom of Conscience and the Secular State, available on: http://www.humanism.ro (29.11.2012).

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view is supported for instance by the Adventist Church13 but also by some groups in the Orthodox Church in Romania who see in a renewed strong cooperation between Church and State a “bureaucratisation of the apostolic succession”14 and a politicisation of faith. A new relationship based on an “ideology of multiculturalism” has been suggested, which could make possible a dialogue between the religious minority and the religious majority, as well as an interreligious dialogue has been suggested. Sandu Frunza, who is one of the leading representatives of this latter approach concludes the presentation of his proposal by saying: “Le seul fondement pour une ouverture réelle vers un dialogue interreligieux est de responsabiliser l’État de droit national et multicultural dans l’intégration du dialogue interconfessionnel et religieux dans le dialogue intercultural/multicultural.”15 The controversial debate on this issue was dominant until 2000, when Romania was accepted into some structures of the EU and had to renew several others. Also as time passed since the changes of 1989 the importance of religious discourse faded gradually. At present we have a model of cooperation between religions and State based on different contracts and settlements which I will later describe in detail. The State claims neutrality in regard to all recognised denominations, but one notices the privileged status of the ROC.

II. A Short History of the Development of Church – State Relations in Modern Romania The creation of the modern Romanian State following the political changes in Europe and the social movements of the year 1821 led to a new assessment of the importance of different religions in the Romanian provinces. The first document with a constitutional impact on Church-State relations was the Statute of 185816 acoording to which the Metropolitan of the ROC was appointed President of Parliament in recognition of the role played by the national church in the history of the Romanian people. A series of measures which led to deep ___________ 13 Vasile Dima, Raportul intre Biserici si Statul Roman – o perspective adventista, in: Cultul si Statul in Romania, Cluj / Napoca 2003, pp. 121-136. 14 Theodor Baconsky, Decadenta etatismului si renasterea ortodoxa, in: G. Marani / I. I. Ica Jr. (Ed.), Gandirea sociala a Bisericii, Sibiu 2002, pp. 353-357; Karl Schwarz, Kirche, Staat und Gesellschaft in Rumänien, in: OstSt 54 (2005), p. 346. 15 Sandu Frunza, Cultes religieux et État en Roumanie, in: L’année canonique 45 (2003), pp. 55-66. 16 Statutul din 1858, Monitorul-Jurnalu Oficialu ale Principateloru-Unite Romane Nr. 146 / Iulie 3-15, 1864.

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changes in the religious life were introduced in the newly created State in 1859:17 they included the secularisation of the monasteries’ estates in 1863, the autocephaly of the ROC in 1864, the naming of a primate metropolitan of Hungro-Wallachia in 1865 and the establishment of the Holy Synod by the Organic Law in 1872. The first Constitution18 of modern Romania promulgated in 1866 was very liberal for its time in regard to religious freedom although it granted special privileges to the Orthodox Church. It guaranteed freedom of conscience as an absolute freedom (Art. 5), stated that citizenship was not conditioned on religious affiliation (Art. 7) and contained guarantees that all religions would be permitted to hold religious ceremonies as long as they were not in conflict with public order or morals (Art. 21). The same constitution declared that the Metropolitan and Bishops of the Orthodox Church were automatically members of the Senate (Art. 76) and that the Orthodox Church is “the dominant religion of the State” (Art. 21). After the proclamation of independence of Romania (May 9, 1877), the Orthodox Church obtained its autocephaly on April 25, 1885 and on February 4, 1925, the Holy Synod decided to establish the ROC and to raise the Metropolitan See to the rank of Patriarchal See. The same year on November 1st the first Patriarch Miron Cristea (1925-1933) was enthroned. The provisions regarding religious freedom were maintained in the next important constitution promulgated in 1923,19 which guaranteed absolute freedom of conscience (Art. 8) and the freedom and protection of religions as long as they were not in conflict with the law and order of the State (Art. 7). The Constitution recognized two national churches: the ROC and the Greek-Catholic Church (Catholic Church of Byzantine Rite).20 Whereas the ROC was acknowledged as the church of the majority the Greek-Catholic Church was given only a priority over other religions (Art. 22). The close link between religion and State is expressed in the fact that the Metropolitan and the Bishops of the two national churches, the heads of other Christian religious groups (of more than 200.000 people) recognized by the State, including the chief of the Muslim minority (Art. 72) were members of the Senate. The structure and the organiz___________ 17

In January 1859, a first stage of the Romanian political unification took place, through the unification of Moldova and Wallachia, under a single ruler, Alexandru Ioan Cuza (1859-1866). 18 Constitutia Romaniei, Monitorul Oficial al Romaniei Nr. 142 / Iunie 1-13, 1866. At that time the Kingdom of Romania was led by Prince Charles I. of Hohenzollern-Sigmaringen, who was to become the first King of Romania (1881-1914). 19 The Constitution was promualgated on the 28th of March 1923 and known as the Constitution of Greater Romania. 20 The Greek Catholic Church (united with Rome) was founded in 1698 in Transilvania.

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ing principles of the ROC were established by a special law and the Church was placed under the control of the State (Art. 22). The following Constitution of Romania (1938)21 does not change its provisions on religious freedom and privileges of religions but explicitly prohibited any political propaganda by priests or ministers (Art. 8). The end of WWII and the Soviet occupation of Romania led to the arrest of thousands of political and religious opponents who were sent to work camps at the Danube-Black SeaCanal, or were deported even to Siberia. The survivors were released only in 1964. The first communist government under Petru Groza issued a series of decrees with the aim of undermining the religious life in the country: on March 23, 1945, a decree on land reform helped eliminate the wealth of the minority Protestant Churches; another decree issued in May 1947, imposed a mandatory retirement age for the clergy which allowed authorities to pension off protestors; in 1948 religious education was banned in schools, connected to that services in hospitals, seniors’ homes and army were prohibited and religious periodicals were abolished. In 1959 sketes and monasteries were closed and hundreds of monks and nuns were sent out into the world, church buildings were destroyed, confessional schools were closed down and religious education was limited to the personnel of the church. In 1948 the first of three Constitutions issued under the communist regime was promulgated. All preserved at least the principles of religious freedom, equality and non-discrimination. However, in reality religious freedom was limited by two drastic decrees of 1948 (Decree 17722 and Decree 35823). These decrees allowed only 14 religious denominations to practice their cult in contrast to the sixty religious associations recognized before 1948. Among those considered illegal were Greek-Rite Catholics, Nazarenes, Christian Scientists, Mormons, and Jehovah’s Witnesses. The Ministry of Cults was given the authority to control the activity of all religious associations and cults. It was allowed to interfere in church administrative matters like changing diocesan boundaries or even giving the approval to clerics to move up into the church hierarchy and keeping watch over all Church publications. Whereas the law stipulated on the one hand that ministers of religions with antidemocratic attitudes could be deprived temporarily or permanently of their salaries (Art. 32) it also provided the framework for establishing salaries and pensions for the min___________ 21

Constitutia Romaniei, Monitorul Oficial Nr. 42, 20. Februarie 1938. The Romanian Supreme Court determined in 2000 that the Decree 177 from 1948 was unconstitutional. 23 Decree 358 was abolished with Decree 9 of 1989 (Monitorul Oficial Nr. 9, December 31, 1989). 22

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isters of religions. The properties of most of the religious communities were confiscated. Although the Socialist Republic of Romania declared itself officially atheistic before 1989 the State had continued to recognize and financially support sixteen different religious groups. Its supervision was conducted through the Government’s Department of Cults. The cults were subject to strict regulations such as a ban on engaging in any religious activity (open-air services, community work, pilgrimages, and evangelization) outside officially designated religious buildings, the prohibition of religious education for young people, severe restrictions on the printing and import of bibles and other religious books and materials. The distribution of religious books outside religious buildings was treated as a criminal offense. The State recognized no religious holidays and often asked for “voluntary labor” on important holidays in an apparent effort to reduce church attendance. After 1984, following the so-called urban renewal, many churches of all denominations in and around the capital city (Bucharest), including church buildings with unique spiritual and historical importance, were demolished on government order. By 1988 approximately twenty-five had been demolished, and sixty or seventy more were scheduled for destruction. Not only the sometimes century old buildings were destroyed but also valuable icons and works of art were lost.

III. The System of Church – State Relations after 1990 The downfall of communism in Romania in December 1989 brought many positive changes in religious life: already in December 1989 the existence of the Catholic Church of Byzantine Rite was recognized, in March 1990 the Vatican appointed six Catholic bishops of the “Latin Rite” and five others of “Byzantine Rite”, during the first months of 1990, the legal existence of several neoProtestant cults was recognised (as associations). Also the formerly persecuted orthodox renewal movement “Lord’s Army” created in 1926 in Sibiu under the leadership of Iosif Trifa regained its legal status. The Orthodox clergy offered symbolic legitimation to these changes by appearing in public at the opening of the parliamentary sessions and by participating in official ceremonies. Religious symbols such as crucifixes and icons appeared in public spaces. Very soon it became evident that the ROC would offer support to any government which would support the interests of the Church. The principles of freedom of speech, conscience and religion were enshrined in the 1991 Constitution, which did not define the State as being a secular, lay

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or religious state. From its content one can draw indirectly the conclusion that Romania is a secular State without being a lay state. The Constitution neither mentions the separation between Church and State nor does it define the system of Church-State relations. An observer finds a strange mixture of concordatory and non-concordatory elements apparently applied at random according to the interests of a particular government. The concordatory element can be traced in the benefits (such as the building and renovating of churches or subsidizing the religious personnel) given to the recognized churches provided the State can exert control over them. The non-concordatory element can be traced in the relationship with new religious groups which the State refuses to recognize as religions. Only the State (i.e. the State Secretariat of Religions) can define the concept of a religious group.

1. Legal framework of the exercise of religious freedom Although the Constitution provides for freedom of religion, the Government still exercises considerable influence over religious life through laws and decrees. The Orthodox Church exercises substantial influence in its dominant role among a majority of the population and policymakers. The Constitution of 1991 contains provisions on the protection of religious freedom in Art. 29 while Art. 20 provides for the pre-eminence of international human rights documents ratified by the Romanian Parliament.24 Art. 29 discusses the general concept of freedom, which includes freedom of thought, opinion, religion, conscience and worship. The article guarantees the exercise of all these forms of freedom and declares that they have to be manifested in a spirit of tolerance and mutual respect (§ 2). The clause on freedom of religion allows free exercise of religion, religious tolerance, religious education (§ 3). Any form of intolerance is prohibited in the exertion of the right of religious belief (§ 4). The State supports the cults it recognises, it guarantees church autonomy and does not interfere in religious activities (§ 5). These prescriptions are complemented with Art. 30 § 1 in which the freedom of expression of thought or belief and the freedom of any sort of creative activity are considered inviolable.25 ___________ 24 The Romanian Parliament has ratified the major international documents on the protection of human rights: in 1974 the ICCPR and ICESCR, in 1994 the ECHR. 25 Vlad Duculescu / Constantin Calinoiu / George Duculescu, La Constitution de la Roumanie, commentée et annotée, Bucureşti 1997, pp. 36-47; Vasile Leb, L’Église orthodoxe Roumaine dans une nouvelle période de l’histoire, in: L’année canonique 45 (2003), pp. 23-33, 25-26.

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After many of controversial debates on the draft of the Law on Religions which was considered to disrespect the provisions of the Constitution according to R. Iordache26 and to lead to discrimination and marginalisation of any new religious movements,27 the Law on the Freedom of Religion and the General Status of Denominations was finally promulgated in 2006 (Law 489/2006). Art. 1 § 1 declares that the Romanian State observes and guarantees the fundamental right to freedom of thought, conscience and religion for any individual on the territory of Romania, under the Romanian Constitution and the international treaties to which Romania is a party to. § 2 guarantees these fundamental rights. In view of the State control over religions in communist times Art. 5 § 5 forbids the processing of personal data concerning religious beliefs or membership of denominations, except in the case of a national census as established under the law. The law describes three types of forms of organization for religious groups: Art. 6 § 1 defines religious groups as “a form of association, without a distinct legal entity status, of individuals who, without a preliminary procedure, freely adopt, share and practice the same religion”, Art. 6 § 2 speaks of religious associations as “a private-law legal entity, established under this Law, and made up of individuals who adopt, share and practice the same religion”. Chapter II deals with the denominations which are “public-utility legal entities” (Art. 8 § 1) which shall be organized and shall operate under the Constitution and under the Law of Religions according to their own bylaws or canonic codes. Art. 9 § 1 has angered the ROC because it was not recognized as a State Religion in Romania. The neutrality of the State towards any religious persuasion or atheistic ideology is stipulated. The Law has been occasionally criticized but in general it is evaluated28 as corresponding to the requirements of the European Law on Religions, as presented by Kalb / Schinkele / Potz in their compendium of Religious Law. 29 ___________ 26 Roxana Iordache, Church and State in Romania, in: Silvio Ferrari / Cole W. Durham Jr. (eds.), Law and Religion in Post-Communist Europe, Leuven 2003, pp. 239260, 247. 27 The Parliament issued in November 2000 the Ordinance 137 on the “Deterrence and Punishment of all Forms of Discrimination”, which was adopted in 2002 (Law 48 of 2002. Monitorul Oficial Nr. 69, January 31, 2002). The rights contained in this law are the right to freedom of thought, to freedom of conscience, to freedom of religion, of opinion and expression, the right to freedom of peaceful association and assembly. The Ordinance established the creation of a body, which could monitorize the putting into practise of the provisions of the law, could receive complaints and punish violations of the anti-discriminatory provisions: The National Council Combating Discrimination. 28 Eva-Maria Synek, Das Rumänische Religionsgesetz, in: öarr 53 (2006), S. 427-430. 29 Heribert Kalb / Brigitte Schinkele / Richard Potz, Religionsrecht, Wien 2003, S. 86-90.

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The activity of religious groups is protected through Art. 318 of the Romanian Criminal Code which provides imprisonment for one to six months or a criminal fine in the case of hindering the activity of religious groups. However since the Code does not provide a definition of the term religious group it is unclear whether all religions or only the registered religions are protected against discrimination. On 14 July 2006, the Romanian Government adopted a law amending Ordinance No. 137 / 2000; the Romanian Government Ordinance on Preventing and Punishing All Forms of Discrimination. The recent amendments bring long awaited revision to antidiscrimination legislation in Romania. With the amendment, Romanian lawmakers have removed the National Council for Combating Discrimination (NCCD), long noted for lacking the independence required to be effective, from the supervision of the Government, placing it under parliamentary supervision. The amendment also extended the deadline for filing a complaint before Council from six months to one year from the date of cause of the action. Under the amended law, a victim of discrimination no longer has to go to the NCCD before going to courts. The NCCD was also obliged under the amended law to elaborate an internal procedure for investigating complaints of discrimination and a national strategy for the implementation of measures aimed at preventing and combating discrimination within sixty days from the date of entering into force of the new law. These are important changes as far as the non-discrimination issues are concerned. There is still a long way to go.30

2. Religious denominations in Romania The census of 2002 found the following religious affiliation of Romanians: 86.8 % Romanian Orthodox, 5 % Roman Catholic, 3.5 % Protestant, 1 % Greek Catholic, 0.5 % Baptist, 0.3 % other Evangelical groups. Religious groups under 0.3 % include Pentecostals, Christians after the Gospel, Armenian Christians, Jews, Muslims, atheists and persons who did not declare their religion.31 These results provoked a huge controversy since representatives of religious ___________ 30 Human Rights Organisations mention still the utter discrimination of same-sex relationships or of Roma or citizens belonging to spiritual organisations which cannot be associated to one of the officially recognized denominations or associations. 31 According to a nationwide poll conducted by Gallup Organization Romania in May 2005, 1 % of the respondents stated they go to church on a daily basis; 3 % attend services several times a week; 19 % stated they go to church once a week; 17 % claimed to go to church several times per month; 34 % of the respondents stated that they go to church only at Christmas and Easter; 5 % claimed they go to church once per month; 9 % attend services once a year or less; 11 % responded they do not go to church at all. In the same poll, 83 % of the respondents stated that the church is the institution they trust most.

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minority groups claimed that the questions on religious affiliation were not properly understood by many citizens, who had never been faced before with such a question. Therefore it is possible that the percentages with which one operates at present do not entirely reflect the exact religious structure of Romania.32 Denominations are recognized by the State through a Government Decree proposed by the Ministry of Culture and Religious Denominations if the religious associations provide guarantees of sustainability, stability and public interest through their activities (Law on Religions, Art. 17). The association has to prove that it is legally established and has been operating uninterruptedly on Romanian territory for at least 12 years, it should have as members citizens resident in Romania up to at least 0.1 % of Romania’s population, according to the latest census (Art. 18). The recognition of the denomination can be withdrawn a proposal from the Ministry of Culture and Religious Denominations, if the activity of the denomination threatens public safety, order, health, morality or the fundamental human rights and liberties (Art. 21).

a) The Romanian-Orthodox Church The numerically and historically most important church in Romania is the Orthodox Church. In communist times it was in general submissive to the regime, even in the face of repeated attacks on the most basic religious values and continued violations of church rights or in the face of demolition of churches, interference in church affairs, and atheistic propaganda in the media.

___________ 32 At present there are nine groups of religious denominations in Romania. The most numerous group is the one of the Orthodox Churches, followed by the Protestant and Neo-Protestant Churches, the Catholic Church (Latin and Byzantine Rite), Judaism, Islam and Jehova’s witnesses. They are structured as follows: the Orthodox Church (ROC, Ukrainian Orthodox Vicariate, Serbian Orthodox Diocese of Timişoara), the Lipovan Orthodox Old-Rite Church, the Armenian Church, the Roman Catholic Church (Latin Rite, Romanian Greek-Catholich Church, Armenian-Catholic Vicariate in Romania), the Protestant Churches (Reformed Church in Romania, Evangelical Church of Augustan Confession, Evangelical Lutheran Church. Unitarian Church of Transylvania), Neo-Protestant Churches (Baptist Union of Romania, Christian Evangelical, Evangelical, Pentecostal Union of Romania, Seventh-day Adventist Church), Judaism, Islam, Jehova’s Witnesses. See also: Karl Schwarz, Religion und Kirchen in Rumänien. Ein Überblick, in: ÖOH 48 (2006), S. 210-220.

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b) The Roman-Catholic Church The position of the Roman-Catholic Church was shattered after the end of WWII because of the official position of the Department of Cults in 1948 that “no religious community and none of its officials may have relations with religious communities abroad” and that “foreign religious cults may not exercise jurisdiction on Romanian territory”. Although the Roman-Catholic Church was one of the sixteen recognized religions, it lacked legal standing, as its organizational charter was never approved by the Department of Cults. As a consequence of the decisions of 1948 three of the five existing episcopal sees, all Catholic seminaries and charitable institutions were closed and newspapers and other publications affiliated with the church were suppressed. Nevertheless the Catholic Church remained the second largest denomination in Romania. Priests received minimal salaries and had neither pension schemes, nor retirement homes. The State controlled in communist times all clerical appointments, which meant that many vacancies went unfilled. Effective priests were transferred from parish to parish, whereas those who proved most loyal to the regime received the highest salaries and key appointments. It seems that seminaries, priests and congregations were closely watched and even infiltrated by the Securitate. Only in the early 1980s tensions between the Vatican and the regime over bishopric appointments eased a little because Ceausescu wanted to be accepted as a democratic leader by the Western countries. The Greek-Catholic Church founded in 1699 in Transilvania by breaking away from the Orthodox Church has always been a point of controversy between the Orthodox and the Catholic Church. In 1948 the government obliged the 1.7 million catholics of Byzantine rite to reattach themselves to the ROC. Priests and adherents who opposed the unification were arrested. Despite the repression the church survived in the underground. The Ordinariate for Catholics of the Armenian Rite in Romania, based in Gherla, was created through the conversion of Armenians to Catholicism at the end of the 17th century. According to the terms of the 1927 Concordat between Romania and the Holy See, the country’s Armenian-Catholics were recognised as a diocese sui iuris, which was formally set up on June 5, 1930. After 1948, the ordinariate had an unclear status in civil law, as it was no longer recognised by the authorities; but, from the point of view of the Roman-Catholic Church, the ordinariate continued to exist. The status of this ordinariate changed in 1964, when a papal decree entrusted the pastoral care of the members of the ordinariate to the Bishop of Alba Iulia.The Romanian Secretariat of State for Denominations says that in 1991 the title of ordinary was given to the Archbishop of Alba Iulia.33

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c) The Protestant and the Neo-Protestant Churches Originally the Protestant Churches were related mainly to a particular ethnic group: The Reformed (Calvinist) Church, the Unitarian and the Lutheran Church.34 Some of these Churches declined (like the Lutheran Church) in view of the emigration to Germany, other increased their members like the Baptists, the Pentacostalists or the Seventh Day Adventists. The Neo-Protestant religions attracted an increasing number of converts, which displeased the communist regime. Especially Baptist clergymen called on churches to resist State interference in their affairs and suggested that the State should respect Christians’ rights and renounce atheism. In the late 1970s and in the 1980s, the regime responded to these demands with a denigratory press campaign attacking the credibility of the denominations and applying police repression. Many congregations were fined heavily, and their most effective leaders and activists were arrested or forced to emigrate.

d) The Jewish community Romania’s Jewish community counted some 756.930 adherents in 1930 but as a result of postwar emigration, the number of Jews remaining in Romania dropped steadily from 144.198 in 1956 to barely 10.000 in 1999. Many believed that the communist government allowed Jewish emigration, presumably because of the collaborative attitude of Chief Rabbi Moses Rosen (d. 1994)35 and that the community enjoyed considerably more autonomy than any other religious denomination in spite of the anti-Semitism in Romania. The community had around 120 synagogues, it was allowed to publish a biweekly magazine in four languages and religious education was widely available to Jewish children. In addition the government permitted the Jewish Federation to operate old-age homes and kosher restaurants.

___________ 33

http://www.culte.ro/DocumenteHtml.aspx?id=1729 (2.11.2012). The Reformed Calvinist Church is an entirely Hungarian congregation, the Unitarian Church is also largely Hungarian and the Lutheran Church consists of German Saxons. 35 Michael Shafir, Jews and Antisemites in Romania since the Death of Rabbi Rosen, in: East European Jewish Affairs 24,2 (1994), pp. 147-155, 147; Sabin Manuila / Wilhelm Filderman, The Jewish Population in Romania during World War II, Iasi 1994, p. 35. 34

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e) The Moslem community Romania also has a Moslem community made up of Turks and Tatars, concentrated in the Dobrogea region (south-east of Romania). Other ethnic groups like Roma, Albanians and in recent years also groups of immigrants from the Middle East complete this community. Islam has a long history in Romania,36 it follows the Sunni doctrine and its interests are represented by the Muftiyat located in Constanta.37 The Muslim community was exposed to cultural repression during Communist Romania like all other religious communities. After 1948, all property of the Islamic institutions became state-owned. Education in Tatar dialects and Turkish was eliminated in stages after 1959, becoming optional. In 1993, the Medgidia madrasah38 was reopened as a Theological and Pedagogic High School named after Turkish President Mustafa Kemal Atatürk. The school was later elevated to National College status, and is known in Romanian as Colegiul Naţional Kemal Atatürk. Since the 1990s, the official representatives of the Muslim community maintain close relations with international nongovernmental organizations such as the Muslim World League.39 As of 2008, the Ministry of Culture and Religious Affairs recognizes 35 imams.

f) The Association of Jehova’s Witnesses The Assosciation of Jehovah’s Witnesses was the first denomination to be officially recognized after 1989 by the Ministry of Culture and Religious Affairs after it had already received a legal status as a religious association in 1990. It took almost 80 years to reach this status, since the association first appeared in Romania through Hungarian missionaries in Transylvania in 1920, when a former Greek-Catholic priest Ioan B. Sima was sent from the United States to organise the community. Since its foundation the association has been ___________ 36 Aurel Decei, Le problème de la colonisation des Turcs Seljoukides dans la Dobrogea au XIIIe siècle, in: Ankara Üniversitesi Dil ve Tarih-Coğrafya Fakültesi Tarih Bölümü Tarih Araştırmaları Dergisi, Ankara 10 (1968), pp. 85-111. 37 According to the Romanian Ministry of Culture and Religious Affairs there are 77 mosques in Romania and 108 Islamic cemeteries. The Islamic community is internally divided into 50 local groups of Muslims, each of whom elects its own leadership committee. Members provide funding for the religious institution, which is supplemented by State donations and subsidies, as well by assistance from international Islamic organizations. 38 The oldest madrasah in Romania was set up in Babadag, on orders from Bayezid II (1484); it was moved to Medgidia in 1903. 39 George Grigore, Muslims in Romania, in: International Institute for the Study of Islam in the Modern World (ISIM) Newsletter 3, July 1999, p. 34. Retrieved June 2, 2007.

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viewed with criticism: the Gheorghe Tătărescu government defined it in 1937 as one of the “religious associations and sects”, whose activity in Romanian was prohibited. After WW II they were permitted to openly publish their literature but in 1948, their activities were again banned as part of the communist government’s decisions against all religious groups. One of the reasons why the Association was not accepted was its opposition to the military service and any type of subordination under the rule of the communist government. Their members subject to official surveillance and to subjected to harassment and discrimination.40 This denomination was officially recognized by the decree 2657/ 22.05.2003 of the Ministry of Culture and Cults following the Judgment Nr. 769 of March 7, 2000 of the Supreme Court of Justice.

3. Religious associations In conformity with the Law of Religions (Nr. 489/2006) Art. 40-48 a new religious structure with jurdicial personality called „religious association” was created. The requirement for the foundation of a religious association is a minimum number of 300 members, all of whom must be Romanian citizens with a domicile in Romania. The association will be founded on the basis of a juridical judgement which requires the approval of the Secretariate of State for Cults. Associations already founded on the basis of the Ordinance 26/2000 and new associations can apply for recognition. They are required to prove that they have a minimum of 300 members resident in Romania and that they respect the laws of the country and its constitution. Religious associations also receive tax breaks related to their religious activity, under Law 571/2003 on the Tax Code, with its subsequent amendments and supplements (Law on Religions Art. 44 § 1). Until now 18 associations have been approved by the Secretariate of State: the Neo-Apostolic Christians (30.03.2007), the Nazareans (23.04.2007), the Association of God’s Gatherings (17.09.2007), The Orthodox Church of the Old Style (19.11.2007), the Seventh Day Adventists – Reform Movement (19.11.2007), the Christian Centre Aletheia (04.12.2007), the Christian Center Metanoia (04.12.2007), the Communities of Belief (19.12.2007), the Christian Roma Betesda (21.05.2008), the Apostolic RA Filadelfia (16.06.2008), RA Christian Center the Hope of Life Romania (30.10.2009), Apostolic RA The Temple of God (29.01.2010), the Christian RA Emanuel (06.04.2010), the Baha’i Communities (20.05.2010), the Christian Center Timisoara (20.04.2007), ___________ 40 Sabrina Ramet, Church and State in Romania before and after 1989, in: Henry F. Carey (ed.), Romania since 1989: Politics, Economics, and Society, Lanham 2004, pp. 275-295; Tom Gallagher, Modern Romania: The End of Communism, the Failure of Democratic Reform, and the Theft of a Nation, New York 2005.

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the Christian Pentecostal Church Evanghelia (16.09.2010), the Ecumenical Christian Association (10.12.2010), the City of Sion (10.05.2011).

4. Religious organizations and the free exercise of religion All Romanian citizens are able to freely exercise their religious belief if they belong to the officially recognized cults. The Government requires religious groups to register. Nevertheless there is no clear procedure for the registration of religious groups as religions.41 Despite the new legislation it remains difficult for a new religious organization to attain official recognition.42 Unrecognized religions receive no financial support from the State, other than limited exemptions in regard to tax and import duty and are not permitted to engage in profit-making activities. Recognized religions, on the other hand, are eligible for State support; they have the right to establish schools, teach religion in public schools, receive government funds to build churches, pay clergy salaries with State funds and subsidize the clergy's housing expenses. They may broadcast religious programming on radio and television, apply for broadcasting licenses for denominational frequencies, and enjoy tax-exempt status. Government Decree 26 of 2000 on associations and foundations abrogated Law 21 of 1924 on Juridical Entities and eliminated most of the bureaucratic obstacles, including the requirement to have a minimum number of members to establish religious associations and foundations, and the requirement to have the mandatory approval by the State Secretariat for Religious Denominations, in the registration process. In 2003, the Government reintroduced mandatory approval by the State Secretariat for Religious Denominations for the registration of religious associations. In 2004, the State Secretariat for Religious Deno___________ 41 Representatives of religious groups that sought recognition after 1990 alleged that the registration process was arbitrary and unduly influenced by the ROC, and that they did not receive clear instructions concerning the requirements. The Organization of the Orthodox Believers of Old Rite, the Adventist Movement for Reform, the Baha’i Faith, and the Mormons were some of the religious groups that tried unsuccessfully to register as religions after 1990. It took the Ministry of Culture and Religious Affairs 3 years to recognize Jehovah’s Witnesses on the basis of a 2000 court ruling. 42 According to published sources unrecognized religions are: the Baha’i Faith, the Family (God’s Children), the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Mormons), the Unification Church, the Methodist Church, the Presbyterian Church, Transcendental Meditation, Hare Krishna, and Zen Buddhism. These groups have already active branches in the country.

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minations issued 113 approvals under this decree and 23 in the first half of the year. The psychological barrier which lies behind this problem is perhaps a fear that the new religions could pose a danger to the “national church”. The ROC understands itself as a State religion, as a national church and is opposed to the creation of new religious groups. In Romania one still notices a huge gap between the legal possibilities for recognizing religious groups and putting this freedom into practice. The manner in which the registering of new religious groups is handled becomes on the one hand an infringement of the non-discrimination clause of the 1991 Constitution and on the other hand demonstrates a disregard for international human rights norms.43 The State Secretariat for Religions at the Ministry of Cults is officially in charge of registering new religious groups.44 The State Secretariat for Religious Denominations cannot register new religions easily, because it needs for that a decree issued by the Presidium of the Grand National Assembly, a communistera institution that no longer exists. Since no new legislation has been passed in this regard, the State Secretariat stated that the registration of any new religion was not possible. Still the State Secretariate has the duty to analyse the requests of religious groups, to make proposals for the recognition of new religions and to monitor the construction of their places of worship. Groups seeking recognition are required to present their governing rules, their status and the doctrine of the group. One of the reasons for the failure to accept other religions is the fact that even after the latest elections in 2004 the position of Secretary of State for religion was always held by active members of the Orthodox Church that is by persons who held positions of importance within the ROC. Until now the Minister of Cults has always been a practising Orthodox Christian. It has been suggested that these positions should be occupied alternatively by representatives of all religious groups in Romania. The fact that these suggestions are made makes clear that at present the Secretariat of State for Religion is not perceived as a neutral body of the State, but as a “department” of a particular religion, in our case of the ROC. ___________ 43

A classic example of this conflict is the recognition of the religious group Jehova’s Witnesses. The State Secretariat refused to register the group as a religion, although on the basis of the Decision of the Supreme Court of 2000 Decree 177 of 1948 is abolished. The religious group was recognized in 2003. 44 The Decree 63 from 1998 (Monitorul Oficial Nr. 71 from 18. February 1998) amended the Decree 218 from 1995 (Monitorul Oficial from 19 April 1995). Unfortunately the present decree is patterned after the much criticised Decree 177 from 1948.

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The only way for the unrecognised groups to practice their faith is either outside the law or by registering as cultural associations under civil law.45 Religious groups registered as cultural associations,46 have to show that their purpose is not contrary to the law, good morals or public order and are part of the structure of the state.47 The Orthodox Church wanted to be officially declared as the “church of the majority” 48 but this did not happen. The self understanding of the Orthodox Church as a national church determines the development of orthodox religious nationalism, which became in the chaotic ideology of the Romanian transition society one of the few elements of national coherence. Theologically speaking the concept of local church is confused with the national church and reduces the concept of people of God to an ethnic unity. Going further – by defining a local church merely on ethnical principles one tends to make Christ the “head” of a particular nation. The arguments on all sides are in general very emotional and certainly do not lead to an atmosphere of cooperation among cults. According to Roxana Iordache49 the consequence of accepting these demands of the Orthodox Church would not have only lead to disrespect for the provisions of the Constitution but also to discrimination and marginalisation of any new religious movements.50 The activity of religious groups is protected through Art. 318 of the Romanian Criminal Code which provides imprisonment for one to six months or a criminal fine in the case of hindering the activity of religious groups. However since the Code does not provide a definition of the term religious group it is ___________ 45 There are no impediments to register as a religious and cultural association. Therefore, at present there are over 23.400 NGOs in Romania. 46 These groups register themselves in accordance with the Ordinance 37 of 2003. Monitorul Oficial Nr. 62, February 1, 2003. 47 In contrast with these groups the ROC is synodically organized through the Decree Law 68 from 1990 and consists of a Patriarchy with five metropolitan sees, fifteen dioceses and the Holy Synod as a supreme authority. 48 Ion Marga, L’Église majoritaire et l’incitation à la cohabitation dans la société roumaine, in: L’année canonique 45 (2003), pp. 35-42. Marga lists the advantages and disadvantages of being a church of the majority and a minority church and pleads for a “politics of cohabitation between all believers and faithful” (p. 41). 49 Iordache, Church and State in Romania (Fn. 26), p. 247. 50 The Parliament issued in November 2000 the Ordinance 137 on the “Deterrence and Punishment of all Forms of Discrimination”, which was adopted in 2002 (Law 48 of 2002. Monitorul Oficial Nr. 69, January 31, 2002). The rights contained in this law are the right to freedom of thought, to freedom of conscience, to freedom of religion, of opinion and expression, the right to freedom of peaceful association and assembly. The Ordinance established the creation of a body, which could monitorize the putting into practise of the provisions of the law, could receive complaints and punish violations of the anti-discriminatory provisions: The National Council Combating Discrimination.

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unclear whether all religions or only the registered religions are protected against discrimination.

IV. Controversial Issues of Church and State Relations 1. Religious properties Although the Constitutions of 1948, 1952 and 1965 declared freedom of religion the communist government issued two decrees in 1948 which limited indirectly the expression of this freedom by severely limiting the possibility of selffinancing of the churches and making them totally dependent on the Communist state. All of Romania’s religious associations and churches were affected by the Communist program of nationalization and confiscation of properties. The Communists are said to have confiscated 1.593 churches, schools, and other buildings from the Roman-Catholic, Reformed, and Unitarian Churches, while the Greek-Rite Catholic Church may have lost as many as 2.500 churches and other facilities under decree 348 of 1 December 1948. Many of these properties were returned to the state, but some (especially church buildings confiscated from the Greek-Catholic Church) were handed over to the Orthodox Church. Decree 177 declared the State to be the owner of all church property. However the communist government differentiated clearly between the autocephalous Orthodox Church and the other cults, especially the Churches linked to Rome (the Roman-Catholic Church of Latin Rite and the Greek-Catholic Church). For the new communist government it was important to cut all possible links with the Western world, and religion was one of the ties to this world. Government officials recognized that religion was important to the population and a ban on the religion of the majority would cause even more unrest, therefore they decided to support the ROC, provided it offered its indirect support to the new regime.51 The Orthodox Church was granted the right to use the State properties and all religious facilities which formerly belonged to the Greek-Catholic Church or were used by it. Decree 358 of 1948 went further and deprived the Greek-Catholic Church of its legal status; all its structures (associations, orders, dioceses, parishes, monasteries, schools etc.) were dissolved and thus basically the Greek-Orthodox Church was abolished. ___________ 51

The newly elect Patriarch of Romania, Justinian Marina (also called “the Red Patriarch”) was a personal friend of the communist party leader, Gheorghe Gheorghiu Dej, from the time of their common anti-fascist activities.

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One of the main issues for the cults after the December Revolution was the restitution of their properties. The Hungarian minority, who belonged either to the Roman-Catholic or the Protestant Reformed Church claimed 1.450 buildings. Approximately 80 % of the buildings belonging to the Hungarian minority and which were confiscated are used now as public facilities (schools, hospitals, or museums.) Of the 1.630 confiscated buildings52 confiscated only 338 were returned to their original owners by government decrees between 1996 and 2000. However, Hungarian churches could not take possession of all of them because of lawsuits and opposition by those occupying them. Major conflicts arise when important buildings are at stake: such as the Batthyanaeum Library or the Bishop’s Palace in Oradea or other real estate belonging to the different denominations. The Greek-Catholic Church which had been banned since 1948 was the first to make demands for the return of property. It was the second largest denomination (approximately 1.5 million adherents out of a population of approximately 15 million) when communist authorities outlawed it and dictated its forced merger with the ROC. At the time of its banning, the Greek-Catholic Church owned more than 2.600 churches and monasteries, which were confiscated by the State and then given to the Orthodox Church, along with other facilities. Other properties of the Greek-Catholic Church, such as buildings and agricultural land, became State property. In the first days of the Revolution of 1989 Decree 358 was abolished by Decree 9 of 1989, but Decree 177 was not mentioned at that time. The issue was addressed again in Decree 126 of 1990 which established a framework for the restitution of the properties of the Greek-Catholic Church. In June 2000 the Romanian Government issued Ordinance 9453 on the restitution of buildings belonging to religious groups. The restitution of property became the main point of conflict between the Greek-Catholic and the Orthodox Church. It is difficult to make a balanced comment on this topic because on practically every issue each group brings up different facts and figures. According to the State Secretariat for Religious Denominations, after 1989 the Greek-Catholic Church regained control of more than 194 of the churches transferred by the communists to the Orthodox Church. However, the Greek-Catholics claim that they have received only 178 such properties. According to Greek-Catholic reports, only 16 churches were restituted as the result of activity of a joint committee’s meetings. The State Secretariat for Religious Denominations reported that 34 churches were restituted through dialogue between the two religions. ___________ 52 53

According to Law 501/2002. Monitorul Oficial Nr. 308, July 4, 2000.

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Eventhough a joint Orthodox and Greek-Catholic committee was set up in 1990 at the national level to solve the situation of former Greek-Catholic churches the committee met for the first time in 1998, had three meetings in 1999, and then met annually after 2000. The courts refused in many cases to consider Greek-Catholic lawsuits. In August 2004, the Government amended the 1990 decree which stipulated dialogue as the only means to decide on the situation of the confiscated Greek-Catholic churches. The new move gave the Greek-Catholic Church the right to go to court whenever dialogue failed. The new Parliament, elected in November 2004, rejected the amending decree but the President refused to sign the rejection law and sent it back to Parliament for revision in March 2005, arguing that the restitution of Greek-Catholic churches was one of the political criteria for the country’s EU accession. The amending decree was pending Parliament’s revision and passage as a law. In the interim, the Government’s August 2004 amendment remained in force. In the meantime no new legal developments have appeared and the court cases continue. It seems that the fiery conflict settled them. One source of tension which still remains the Greek-Catholic Church reiterates its claim for restitution of former cathedrals and district churches, where at present there are few Greek-Catholic believers. The compromise offer by the Orthodox Church of compensation is refused by the Greek-Catholic side. In April 2005, Greek-Catholic believers in the country and throughout the world redistributed a memorandum, which had also been addressed to the President, Prime Minister, and other State authorities complaining about discrimination against their Church. The State Secretary for Religious Denominations has tried to solve the conflict by establishing a new commission for dialogue which will ensure that the properties which are possessed by the local councils will be returned. The Jewish community is also seeking restitution of religious buildings and land. The community has received 42 buildings by government decree. Of these the community took actual, partial, or full possession of 32 buildings. In March 2004, Parliament adopted a law amending a previous government decree, which restituted a limited number of properties to ethnic communities, including the Jewish community. The law stipulates the restitution of all buildings which belonged to ethnic communities and were confiscated between September 6, 1940, and December 22, 1989. As in the case of religious properties, buildings used for the “public interest”, will remain in the hands of the present users for 5 years. By the deadline of September 30, 2004, ethnic communities had submitted 1.930 claims, of which 1.744 belong to the Jewish community. At the request of the Jewish community, the new law extended the period of the confiscation of properties to include the interval between 1940 and 1945, when the pro-Nazi government seized a large number of Jewish properties. As was earlier the case, the new law does not provide compensation for properties

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which no longer exist. Restitution under this law did not start during the period covered by the report.

2. State funding of religion In Romania there is no system of religious tax. The fifteen recognized denominations receive from the State direct or indirect financial support. The actual amount is provided according to the affiliated number of members. Thus the Orthodox Church receives more support than the other denominations. The recognized denominations are supported indirectly by the State in the following ways: (1) Law 10354 from 1992 establishes that all registered and non-registered groups maintain the exclusive right to produce and sell religious paraphernalia. (2) The registered religions are exempt from paying taxes55 including taxes on real-estate transfer, inheritance and donations.56 (3) Law 142 of 199957 requires the State to pay part of the salaries of the clergy and the nonreligious personnel of the recognized religions if the cults so request (Art 1.2). Although they are paid by the State the clergy retains the status of church employees. The State Secretariat of Religions determines the number of religious personnel of each religion to be supported by the State and determines the minimum salary of the clergy. Priests serving in the army or police are ranked as officers and receive salaries and pensions according to their rank.58 There are some special provisions valid only for the clergy of the ROC: Law 142/1999 establishes that Romanian-Orthodox priests working abroad are paid the same as diplomats (Art. 5.1).59 Also the insurance system of the ROC has been merged with the State insurance system.60 These privileges are provided on condition that the clergy does not become involved in labour union activities or in negotiations or collective bargaining.61 ___________ 54

Monitorul Oficial Nr. 244, October 1, 1992. Note 90561 of April 17, 1997 of the Ministry of Finance, the Department for Direct Taxes. 56 Law 27 of 1994. Monitorul Oficial Nr. 127, May 24, 1994. 57 Monitorul Oficial Nr. 361, July 29, 1999. 58 Law 195 of 2000. Monitorul Oficial Nr. 561, July 12, 1993. 59 This stipulation is valid only for Romanian-Orthodox priests. 60 Law 52 of 1993. Monitorul Oficial Nr. 157, July 12, 1993. 61 At the beginning of 2012 the issue of freedom of religion has been once again raised when the ECtHR decided in favor of the trade union of priests Pastorul cel Bun (The Good Pastor), allowing the priests to form trade unions within the ROC. Once again an Orthodox country has been condemned by the ECtHR on religious related matters and given the statistics, this comes as no surprise. See the statistics of the Court here http://www.echr.coe.int/ECHR/EN/Header/Reports+and+Statistics/Reports/Annual+sur 55

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According to Law 132 of July 4, 2008 modifying the Law 142/1999 on the payment of the ministers of religions, the Patriarch of Romania receives the highest payment of the entire personnel of ministers of religions. There are only 11 posts for archbishops of the major churches reserved only for the ROC and the Roman-Catholic Church. The leaders of other denominations receive 9 % less payment of the Patriarch of the ROC. The ordinary minister of religion receives only 10 % of the payment than the Patriarch of the ROC. The same law establishes an exact number of posts for the personnel of the denominations. These are distributed to all recognized denominations according to the numbers of believers and their needs (Art. 2 § 2). The law also provides in Art. 5 that all religious denominations will receive a monthly subsidy of € 200.000,- for activities outside Romania which support the Romanian cultural and religious identity and heritage.

3. Funding of religious education After the changes of 1989 the churches demanded that religious education be included in the curriculum of the public schools. The demand for this new approach came from the new Secretary of State for Religious Denominations and the Holy Synod in January 1990. Initially this was to have been an optional class for which the pupils were not to be evaluated. The subject was titled in the beginning “moral-religious training”, and had to highlight elements of ethics and cultural history. The Romanian Constitution in Art. 6, 29 and 32 and the Education Law of 199562 established the guidelines of religious education in Romania. Religion is a standard and compulsory subject in schools. However students can choose the religion and confession they want to study. They can also choose not to attend the religion classes (Art. 9, Education Law). The parents or the legal guardians of those students who do not wish to attend any religious class are required to make a written declaration of their intention and to request the school to offer another appropriate subject of study for the student. The curriculum for religious education is set by each religious group, licensed by the State Secretariat and approved by the Ministry of Education. Unregistered religions cannot obtain a license from the Ministry of Education to teach in schools or to train missionary personnel. ___________ veys+of+activity (22.11.2012); cfr. Silvio Ferrari, The Strasbourg Court and Article 9 of the European Convention of Human Rights: A Quantitative Analysis of the Case Law, in: Jeroen Temperman (ed.), The Lautsi Papers: Multidisciplinary Reflections on Religious Symbols in the Public School Classroom, Leiden 2012, pp. 13-34. 62 Law 84 of 1995, amended by Law 151 of 1999. Monitorul Oficial Nr. 370, August 3, 1999.

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At the university level the faculties of theology have a double dependence: on the university because they are part of the university and on the individual churches as far as the content of the teaching is concerned. The Romanian Constitution secures the freedom of religious education and guarantees it by law in the public schools (Art. 32 § 7). Law 489/2006 on Religious Liberty and the General Regime of Cults goes a step forward and guarantees the teaching of religion for the officially recognized cults (Art. 32 § 1). The staff who teach religion in public schools are appointed in agreement with the denomination which they represent, under the law (Art. 32 § 2). Denominations also have the right to establish and manage education facilities for the training of their religious staff, as well as other specialists needed in their religious activities (Art. 33). Denominations have the right to develop their own education plan and curriculum for undergraduate theological studies and the curricula for the teaching of religion. Such plans and curricula must be submitted to the Ministry of Culture and Religious Denominations for review and to the Ministry of Education and Research for approval (Art. 34 § 1). The curricula for teaching religion on the academic level should be approved by the Senate (Art. 34 § 2). The teaching staff of the theological education facilities which are integrated in the public education system must be recognized by the Ministry of Education and Research (Art. 35) and must meet the requirements of Law 128/1997 on the Status of the teaching staff, as subsequently amended and supplemented. The Law on National Education Nr. 1/2011 identifies religious education as part of the common core of curriculum in schools. By this it clarifies the confusion of the 1999 Law on Education which recognized religion as part of the “common curriculum” but did not specify whether religion is a mandatory, an optional or a facultative subject. Irrespective of the number of pupils the recognized denominations should be allowed to participate in the religious education of their particular denomination but they should also be free to decide not to do so. In spite of the legal clarity there are many areas of conflict as in regard to religious education is concerned. The content of the textbooks of Religious Education issued by the ROC are criticized because they provide little information about other religions and because they provide a level of theological details which seem to be unnecessary for the average student. The books include sexist and authoritarian information and do not provide a balance to the information in the Holy Scriptures. Another problem is the critical and intolerant attitude towards other denominations, such as the neoprotestant denominations. These are called “sects”. At times there have been pressures from the ROC and the Catholic Church to revise the curricula of biology and philosophy in order to eliminate the Darwinist theory of origins of species or to eliminate thinkers who question the existence of God, such as Nietzsche. These proposals are also envisioned the formation of a Council of Public Morality directly

Church and State in Romania

291

subordinated to the President and made up of church officials and teachers of religion who could supervise public education. None of these suggestions were put into practice.63 In response to that the Social Humanistic Associations of Romania (ASUR) launched a campaign against indoctrination through religious education.64 This campaign was harshly criticized by the ROC and was not successful but pointed out some of the problems and questions from citizens who are not religiously affiliated.

4. Other church-state issues The Constitution (Art. 82 and Art. 103) and other laws65 stipulate that public officials (judges, civil servants, persons in State agencies, policemen) and professionals (lawyers, notaries, medical doctors, pharmacists) are required to take oaths. The oaths can range from an exclusive religious oath to an open oath of an atheist. These oaths are mandatory and certain professional groups (such as soldiers drafted into the Army) or the President of the State and the members of the Government must take a religious oath.66 The recognised denominations have the right to provide religious assistance in the army or in public hospitals, if this is sought by military personnel, their families, soldiers, detainees or people in hospitals and their relatives demand it. The military clergy is according to Law 195 of 200067 under the subordination of the Army and the religious authorities. The Law allows for civilian clergy to be hired on a temporary basis. Religious assistance in hospitals consists in establishing chapels and offering spiritual advice. There is currently no legislation obliging the State to provide religious assistance in hospital. This is done on a voluntary basis.

V. Conclusion Romania has made enormous progress as far as rethinking its Church-State relations. A series of laws, decrees, ordinances and decisions have been introduced which enable religious communities to function within a legal system: ___________ 63 Lavinia Stan / Lucian Turcescu, Religion and Politics in Post Communist Romania, Oxford 2007, pp. 143-145. 64 www.asur.ro/campanii/stop-indoctrinarii (1.12.2012). 65 Law 46 from 1996. Monitorul Oficial Nr. 120, June 11, 1996. 66 The oath taken by the President and the members of Government ends with the statement: “So help me God.” 67 Monitorul Oficial Nr. 561, November 13, 2000.

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Monica-Elena Herghelegiu

(1) Freedom of religion is guarateed by the Romanian Constitution. (2) Beside the already recognized cults there is theoretically the possibility for the establishment of new cults or religions. (3) The Romanian State supports the activities of the recognized denominations according to the principle of proportionality. The Orthodox Church as a majority church enjoys a larger support than the smaller denominations and also has a more privileged position within the community of religious cults. (4) The State Secretariat for Religions has an almost hegemonic role in religious issues within the governmental structure. (5) Church and State are still not strictly separated and probably even a future law will not achieve that separation.

Zur rechtlichen Situation der Theologischen Fakultäten in Tschechien Záboj Horák

I. Einführung Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der rechtlichen Situation der theologischen Fakultäten in der Tschechischen Republik. Die theologische Ausbildung in der heutigen Tschechischen Republik, d. h. in den historischen Ländern Böhmen, Mähren und (Böhmisch-)Schlesien hat eine lange Tradition, die weithin Einfluss auf die gegenwärtige Situation hat. Aus diesem Grund werden in diesem Beitrag auch historische Zusammenhänge behandelt. Die theologische Ausbildung in Tschechien wurde traditionell an folgenden Lehranstalten erteilt: (1) an theologischen Fakultäten im Rahmen von Universitäten, die vom Staat entweder errichtet oder übernommen wurden, (2) an selbstständigen theologischen Fakultäten, die vom Staat entweder errichtet oder übernommen wurden, (3) an von Kirchen errichteten Priesterseminaren und an anderen theologischen Schulen, die von Kirchen oder Ordensgemeinschaften errichtet worden sind.

II. Historische Übersicht 1. Periode vor 1918 In der Zeit, als die böhmischen Kronländer Bestandteil der Österreichischen (seit 1867 der Österreichisch-Ungarischen) Monarchie waren, fand das Studium der katholischen Theologie in zwei Städten statt: in Prag (Böhmen) und Olmütz (Mähren). Die Prager Theologische Fakultät wurde bereits im Jahre 1347 als erste Fakultät der Karlsuniversität gegründet. Diese Universität trug, nach der Vereinigung mit der Jesuitenuniversität in der Zeit der Gegenreformation, den Namen Karl-Ferdinands-Universität (bis 1919). Im Jahre 1882 erfolgte eine Glie-

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Záboj Horák

derung der Universität nach den Sprachen in die tschechische und die deutsche Universität. Demnach bestanden zwei theologische Fakultäten. Die Theologische Fakultät in Olmütz war Sitz der Jesuitenuniversität, die im Jahre 1570 gegründet worden war, und – nach verschiedenen Umwandlungen seit Ende des 18. Jahrhunderts – im Jahre 1860 aufgelöst wurde.1 Die katholische Kirche, zu der sich zur damaligen Zeit in den böhmischen Ländern etwa 95 % der Bevölkerung bekannten, hat ihre Geistlichen zudem in sechs Diözesanseminaren und einigen Ordensschulen ausgebildet. Die Protestanten, zu denen sich etwa 3 % der Bevölkerung bekannten, ließen ihre Anwärter auf den geistlichen Stand zuerst zwei Pflichtsemester an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien studieren, bevor diese ihr Studium in der Regel an einer Universität in Westeuropa fortsetzten.2

2. Periode von 1918-1948 In der Tschechoslowakischen Republik erfolgte das Studium der katholischen Theologie in den Jahren 1918-1939 an denselben Bildungsstätten wie in der Zeit vor 1918. Im April 1919 wurde durch ein Gesetz des tschechoslowakischen Parlaments für die Protestanten die Hus’sche Tschechoslowakische Evangelisch-Theologische Fakultät mit Sitz in Prag als selbstständige Fakultät errichtet. Andere Kirchen errichteten in Böhmen eigene Seminare. Im Jahr 1920 gründete eine Gruppe von 150 katholischen Priestern, die Anhänger des Modernismus waren, die Tschechoslowakische Kirche, zu der sich etwa 10 % der tschechischen Bevölkerung bekannten. Die Tschechoslowakische Kirche vereinigt katholische und protestantische liturgische Prinzipien und strebt nach Erneuerung der in der Zeit der Gegenreformation untergegangenen Traditionen der hussitischen Reformation.3 Seit dem Jahre 1924 studierten die Priesteramtskandidaten dieser Kirche an der Hus’schen Tschechoslowakischen Evangelisch-Theologischen Fakultät, in den Jahren 1932-1935 in einem eigenen Seminar. Im Jahre 1935 kamen sie an die Hus’sche Fakultät zurück und bildeten dort eine eigene Studienrichtung. ___________ 1

Miloslav Pojsl, Založení a počátky univerzity v Olomouci, in: ders. (Hrsg.), Cyrilometodějská teologická fakulta Univerzity Palackého v Olomouci v letech 1990-2010. 20 let od jejího založení. Sborník, Velehrad 2010, S. 16 f., hier S. 17. 2 Eine Studienstelle wurde für Tschechen auf Dauer an der Universität in Basel eingerichtet. 3 Im Jahre 1971 erweiterte diese Kirche ihren Namen zu „Tschechoslowakische Hussitische Kirche“.

Zur rechtlichen Lage der Theologischen Fakultäten in Tschechien

295

Im November 1939 löste die nationalsozialistische Besatzungsmacht alle tschechischen Hochschulen, einschließlich der theologischen Fakultäten auf. An der Theologischen Fakultät der deutschen Universität in Prag war Bürgern des Protektorats Böhmen und Mähren das Studium untersagt. Es erfolgte die Zusammenlegung des Theologiestudiums aller Kirchen in einigen speziellen Seminaren und Diakonenschulen. Ehemalige Lehrer an den theologischen Fakultäten erhielten Unterrichtsverbot. Wer gegen das Verbot verstieß, wurde in ein Konzentrationslager deportiert.4 Als nach dem Jahre 1945 wieder demokratische Verhältnisse herrschten, wurden alle früheren theologischen Fakultäten neu errichtet. Die Olmützer Fakultät wurde im Jahr 1946 in die neu gegründete Universität eingegliedert.

3. Periode von 1948-1989 Nach dem kommunistischen Putsch im Februar 1948 wurde das gesamte öffentliche Leben der atheistischen Ideologie untergeordnet. Bereits zwei Jahre später griffen die Machthaber wesentlich in die theologische Ausbildung ein. Sie schlossen im Mai 1950 die beiden katholisch-theologischen Fakultäten aus dem Verband ihrer Universitäten aus5 und bildeten sie zu eigenständigen Fakultäten um. Im Juli 1950 erfolgte die Auflösung sowohl der theologischen Fakultät in Olmütz als auch aller Diözesanseminare und Ordensschulen.6 Durch denselben Rechtsakt wurden die Hus’sche Tschechoslowakische Evangelisch-Theologische Fakultät in Prag und alle Seminare und theologischen Ausbildungsstätten nichtkatholischer Kirchen abgeschafft. An Stelle der bisherigen Hus’schen Fakultät traten die Hus’sche Tschechoslowakische Theologische Fakultät in Prag7 (für die Tschechoslowakische Kirche, die Altkatholische Kirche und die Unitarier) und die Komenius’sche EvangelischTheologische Fakultät in Prag8 (für alle protestantischen Kirchen). Die Prager Katholisch-Theologische Fakultät wurde im Jahre 1953 in die Räumlichkeiten des ehemaligen Priesterseminars der kleinen nordböhmischen Stadt Leitmeritz verlegt. Dank der Liberalisierung im „Prager Frühling 1968“ erlebte das Theologiestudium in Olmütz, allerdings als Außenstelle der Leitmeritzer Fakultät, eine kurze Blüte. ___________ 4

Etwa Univ.-Prof. Dr. Josef Beran, 1946-1969 Erzbischof von Prag (1949-1965 interniert, 1965-1969 im Exil). 5 Hochschulgesetz 58/1950 Sb. (Sb. = Sbírka zákonů, Gesetzblatt der Tschechoslowakei, bzw. Tschechiens). 6 Regierungsverordnung 112/1950 Sb. 7 Husova československá fakulta bohoslovecká v Praze. 8 Komenského evangelická fakulta bohoslovecká v Praze.

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Záboj Horák

Das Theologiestudium wurde eingeschränkt. Der neu eingeführte Numerus clausus betraf beinahe alle Studierenden. Über die Lehrer entschieden staatliche Organe.9

4. Periode seit 1990 Das Gesetz 163/1990 Sb. vom 3. Mai 1990 verfügte die Eingliederung aller bisherigen theologischen Fakultäten in der ganzen Tschechoslowakei in die Universitäten. Durch dieses Gesetz wurde die bisherige Katholisch-Theologische Fakultät mit Sitz in Leitmeritz in die Karlsuniversität in Prag integriert und die Katholisch-Theologische Fakultät in Olmütz erneuert und in die Palacký Universität in Olmütz eingegliedert. Die beiden nichtkatholischen theologischen Fakultäten in Prag wurden in die Karlsuniversität unter den Namen Evangelisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität und Hussitisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität aufgenommen. Die Karlsuniversität besitzt derzeit drei theologische Fakultäten. Im Jahre 1991 kam es zur Gründung der Südböhmischen Universität in Budweis und zur Ausstattung mit einer theologischen Fakultät. Letztere dient vor allem der Ausbildung der Laienmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in der katholischen Kirche. In den folgenden Jahren errichteten auch einige andere Kirchen theologische höhere Fachschulen als kirchliche Schulen.10 Dies gilt vor allem für die katholische Kirche.11 Die katholischen Diözesanseminare wurden nicht erneuert.

III. Die vom Staat errichteten selbstständigen theologischen Fakultäten Derzeit besteht in der Tschechischen Republik keine selbstständige theologische Fakultät.

___________ 9

Zu dieser Periode siehe Záboj Horák, Církve a české školství. Právní zajištění působení církví a náboženských společností ve školství na území českých zemí od roku 1918 do současnosti, Praha 2011, S. 204 ff. 10 Evangelikal-Theologisches Seminar der Brüderkirche in Prag, Höhere Missionsund Theologiefachschule der Apostolischen Kirche in Kolin, Höhere Sozial- und Theologiefachschule der Baptistenkirche in Olmütz, Theologisches Seminar der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Sázava. 11 Z. B. Jabok – Höhere Sozialpädagogische und Theologische Fachschule in Prag, Höhere Fachschule für Publizistik in Prag usw.

Zur rechtlichen Lage der Theologischen Fakultäten in Tschechien

297

Einen solchen Status hatten in der Vergangenheit: (1) Die Katholisch-Theologische Fakultät in Olmütz bis zur Erneuerung der Universität in Olmütz im Jahre 1946 und für zwei Monate im Jahre 1950. Dieser Fakultät wurde im Jahre 1919 das Recht zuerkannt, den Namen Kyrill und Methodsche Theologische Fakultät in Olmütz (Cyrilo-Metodějská fakulta bohoslovecká v Olomouci) zu tragen.12 (2) Die Hus’sche Tschechoslowakische Evangelische Theologische Fakultät in Prag (Husova československá evangelická fakulta bohoslovecká v Praze), die für tschechische Protestanten im Jahre 1919 errichtet wurde, von 19191950.13 (3) Die Hus’sche Tschechoslowakische Theologische Fakultät in Prag (Husova československá fakulta bohoslovecká v Praze) 1950-1990. (4) Die Komenius’sche Evangelisch-Theologische Fakultät in Prag (Komenského evangelická fakulta bohoslovecká v Praze) von 1950-1990. (5) Die Kyrill und Methodsche Römisch-Katholische Theologische Fakultät in Prag-Leitmeritz (Cyrilometodějská římskokatolická bohoslovecká fakulta v Praze-Litoměřicích) von 1950-1990.

IV. Theologische Fakultäten an öffentlichen Universitäten Nach dem Hochschulgesetz 111/1998 Sb. „haben die ehemaligen staatlichen Universitäten die Stellung öffentlicher Hochschulen und verfügen über eine weite Autonomie. Jede Universität ist juristische Person. Die Fakultäten sowie ihre Untergliederungen haben zwar eigene Statuten und innere Rechtsvorschriften, jedoch keine Rechtspersönlichkeit. Die Statuten der theologischen Fakultäten werden gemäß § 33 Abs. 4 leg. cit. der entsprechenden Kirche oder Religionsgesellschaft, sofern dies deren innere Vorschriften vorsehen, und alsdann dem Senat zur Genehmigung vorgelegt“.14 So enthalten die Statuten der katholischen Fakultäten die Auflage, dass bestimmte Lehrpersonen die „missio canonica“ erhalten müssen. ___________ 12 Durch die Regierungsverordnung 231/1919 Sb. z. a n. (Sb. z. a n.= Sbírka zákonů a nařízení republiky Československé, Gesetz- und Regierungsverordnungsblatt der Tschechoslowakischen Republik). 13 Gesetz 197/1919 Sb. z. a n. 14 Jiří Rajmund Tretera, Theologenausbildung – Theologische Fakultäten. Aktuelle Situation, in: Richard Potz / Brigitte Schinkele / Karl Schwarz / Eva Maria Synek / Wolfgang Wieshaider (Hrsg.), Recht und Religion in Mittel- und Osteuropa, Band 2: Tschechien, Wien 2004, S. 88-90, hier S. 88 f.

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Záboj Horák

Derzeit sind alle fünf theologischen Fakultäten, die auf dem Gebiet der Tschechischen Republik bestehen, Teile öffentlicher Universitäten. Das Theologiestudium hat die Form eines Bachelor- und Masterstudiums. Weitere Stufen – Lizenziat und Doktorat – sind nach den Konfessionen unterschiedlich geregelt.15

1. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag Die Gründung der Theologischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag erfolgte im Jahre 1347. Im November 1939 wurde sie, wie sämtliche tschechischen Hochschulen, von den nationalsozialistischen Herrschern geschlossen. Zudem wurde den Professoren sowohl der öffentliche als auch der private Unterricht untersagt. Im Mai 1945 kam es zur Wiedererrichtung der Fakultät im vollen Umfang. Wie die anderen theologischen Fakultäten in der Tschechoslowakei wurde auch die Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag im Jahre 1950 aus dem Verband der Universität ausgeschlossen. 1953 kam es zur Verlegung (präziser: Ausweisung) der Fakultät in die nordböhmische Bischofsstadt Leitmeritz, was die Isolation der Fakultät begünstigte16. Sie hatte ihren Sitz im Gebäude des ehemaligen Priesterseminars und der Blindenanstalt der Diözese Leitmeritz.17 Erneut wurde die Fakultät durch das Gesetz 163/1990 Sb. vom 3. 5. 1990 mit Wirkung vom 10. 5. 1990 in die Karlsuniversität in Prag als KatholischTheologische Fakultät eingegliedert.18 Sie befindet sich wieder im Gebäude in Prag 6-Dejvice, Thákurova Straße, das dem kirchlichen Eigentümer wieder zur Verfügung gestellt worden ist.19 Das Studium, das auch als Fernstudium belegt werden kann, untergliedert sich in die Studiengänge Theologie, Christliche ___________ 15 Zur Rechtslage der theologischen Fakultäten nach 1989 siehe Horák, Církve a české školství (Fn. 9), S. 217 ff. 16 Die Fakultät wurde von den staatlichen Organen weiterhin als „Kyrill und Method’sche Römisch-Katholische Theologische Fakultät in Prag (Leitmeritz)“ bezeichnet. Manchmal wurde zwischen den beiden Städten ein Bindestrich eingefügt, was im Ausland den Eindruck erweckte, Leitmeritz sei ein Stadtteil von Prag. 17 Dieses Seminar wurde von den kommunistischen staatlichen Organen früher aufgelöst. Im ehemaligen Gebäude der Fakultät und des Priesterseminars in Prag-Dejvice, das vom Prager Erzbistum nach dem Jahre 1920 erbaut wurde, befand sich die Redaktion der internationalen Zeitschrift für Fragen des Frieden und des Sozialismus (Otázky míru a socialismu). Es war eine ideologische Zeitschrift kommunistischer und verwandter Parteien. 18 Bis 1950 hieß die Fakultät nur „Theologische Fakultät der Karlsuniversität“. 19 Das Eigentumsrecht des Gebäudes bestand formal auch in der Zeit des totalitaristischen Regimes.

Zur rechtlichen Lage der Theologischen Fakultäten in Tschechien

299

Kunst, Geschichte der europäischen Kultur und applizierte Ethik. Neben den Priesteramtskandidaten aller fünf Diözesen in Böhmen und einiger Orden der ganzen Tschechischen Republik20 studieren an der Fakultät auch künftige kirchliche Laienmitarbeiterinnen und -mitarbeiter (Pastoralassistenten und -assistentinnen sowie Religionslehrer und -lehrerinnen), Kunsthistoriker und -historikerinnen und weitere interessierte Personen. Großkanzler der Fakultät ist der Erzbischof von Prag, dem aufgrund der Statuten der Fakultät und der kanonischen Vorschriften besondere Befugnisse zukommen, so vor allem das Recht und die Pflicht, den Lehrenden der Fakultät die „missio canonica“ zu erteilen. In den neunziger Jahren gab es im Bereich der Fakultätsverwaltung und des Studienplans verschiedene Rechtsstreitigkeiten, die aus dem innerkirchlichen Umfeld herrührten. Diese Streitigkeiten wurden im Jahre 2002 durch den Prager Erzbischof, den Rektor der Karlsuniversität, das Tschechische Ministerium für Schulwesen (Akkreditierungskommission) und die Kongregation für das katholische Bildungswesen kooperativ gelöst. Im Jahre 2003 war die Reform der Fakultät abgeschlossen und die akademische Verwaltung erneuert. Viele neue Lehrende wurden an die Fakultät berufen. Am 16. 1. 2003 erfolgte die Approbation der neuen Statuten der Fakultät durch die Kongregation für das katholische Bildungswesen, die am 7. 2. 2003 durch den Akademischen Senat der Karlsuniversität genehmigt wurden. Eine Novellierung wurde durch die Kongregation am 26. 5. 2003 und durch den Senat der Karlsuniversität am 31. 10. 2003 vorgenommen.

2. Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag vereinigt das Studium der protestantischen Theologie in den böhmischen Ländern. An dieser Fakultät studieren sowohl Kandidaten für das Predigeramt der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder und anderer protestantischer Glaubensgemeinschaften als auch künftige kirchliche Laienmitarbeiter und -mitarbeiterinnen sowie interessierte Personen unabhängig von ihrer Kirchenzugehörigkeit. Früher studierten an der Fakultät auch viele Studierende aus der Reformierten Christlichen Kirche der Slowakei. Bald nach ihrer Gründung im Jahre 1919 erlangte das Studium der evangelischen Theologie in Prag Weltruf. Von der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien hat zwar nur ein tschechischer Professor an die Prager Fakultät gewechselt. Es gab jedoch unter den ___________ 20 Die Tschechische Republik besteht aus den historischen Ländern Böhmen, Mähren und einem Teil Schlesiens.

300

Záboj Horák

damals ernannten jüngeren Professoren eine Anzahl hervorragender Absolventen westeuropäischer Universitäten. Die im Jahre 1990 durchgeführte Eingliederung der Fakultät in die Karlsuniversität in Prag entsprach der Erwartung, dass die Theologie sowohl in Tschechien als auch im Ausland am wissenschaftlichen Dialog zwischen den unterschiedlichen Fächern teilnehmen möge. In den darauffolgenden Jahren hat die Fakultät ein neues Gebäude in Prag 1-Neustadt in der Černá Straße erworben, das nicht weit von ihrem ursprünglichen Sitz in Prag 1-Neustadt, Jungmannova Straße, entfernt ist.

3. Hussitisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag Die Hussitisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität in Prag vereinigt das Theologiestudium unterschiedlicher theologischer Richtungen. An der Fakultät studieren Priesteramtskandidaten der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche, der Altkatholischen Kirche und die Kandidaten für das Predigeramt der Religionsgesellschaft der tschechischen Unitarier, wie dies bereits an der früheren Hus’schen Tschechoslowakischen Theologischen Fakultät in Prag der Fall war. Lehrstühle für Judaistik und Orthodoxe Theologie wurden neu gegründet. An dieser Fakultät studieren ebenso zahlreiche künftige kirchlicher Laienmitarbeiter und -mitarbeiterinnen sowie Personen unterschiedlicher Kirchenzugehörigkeit, die an theologischer Bildung interessiert sind. Die Fakultät kooperiert in einigen Studiengängen sowohl mit der Pädagogischen als auch der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität (z. B. Hussitische Theologie und Deutsch, Orthodoxe Theologie und Neugriechisch). Vor einigen Jahren verlegte die Fakultät ihren Sitz in das Gebäude in Prag 4-Krč, Pacovská Straße.

4. Die Theologische Fakultät St. Kyrill und Methodius der Palacký-Universität in Olmütz In Olmütz studieren außer den Priesteramtskandidaten (aus drei mährischen Diözesen und einigen Ordensgemeinschaften aus ganz Tschechien) auch künftige kirchliche Laienmitarbeiter und -mitarbeiterinnen: (1) künftige Religionslehrer und -lehrerinnen (in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Fakultät derselben Universität in den Fächerkombinationen Tschechisch und Religion, Mathematik und Religion oder Englisch und Religion), (2) künftige Pastoralassistenten und -assistentinnen und (3) künftige Sozialarbeiter und -arbeiterinnen.

Zur rechtlichen Lage der Theologischen Fakultäten in Tschechien

301

Eine intensive Zusammenarbeit besteht mit der Philosophischen Fakultät der Palacký-Universität in Olmütz, vor allem im Bereich des Bachelorstudiums (z. B. Theologie und Tschechische Philologie, Theologie und Geschichte).21 Die „missio canonica“ wird den einzelnen Lehrpersonen der theologischen Fächer vom Erzbischof von Olmütz gemäß dem Fakultätsstatut und den kanonischen Vorschriften erteilt.

5. Theologische Fakultät der Südböhmischen Universität Als Bestandteil der neu gegründeten Südböhmischen Universität in Budweis22 wurde im Jahre 1991 auch eine Theologische Fakultät errichtet. Viele Professoren der Fakultät sind Mitglieder der Salesianer-Kongregation und pflegen einen regen Austausch mit der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benediktbeuern (Bayern). Die Fakultät dient nicht der Ausbildung von Diözesanpriester, sondern vornehmlich jener von Orden und Kongregationen. Schwerpunkt der Fakultät ist vor allem die Ausbildung zu Pastoralassistenten und -assistentinnen, Religionslehrern und -lehrerinnen und Freizeitpädagogen und -pädagoginnen. Moderator der Fakultät ist der römisch-katholische Bischof von Budweis, der die Fakultätsstatuten approbiert und gemäß den kanonischen Rechtsvorschriften dem Dekan der Fakultät das „nihil obstat“ erteilt.23

___________ 21 22 23

Siehe die homepage der Fakultät http://oldwww.upol.cz/fakulty/cmtf/ (25.2.2012). Gesetz 314/1991 Sb. Horák, Církve a české školství (Fn. 9), S. 233.

The Recent Developments in the Relationship between State and Religious Communities in Finland Matti Kotiranta∗

I. Social Context The majority of the Finnish population (5.401.267) belongs to the Evangelical-Lutheran Church of Finland (77.3 % in 2011). The second biggest religious group in Finland is the Finnish Orthodox Church (just over 1 % with 58.584 members). The criteria for belonging to a religious denomination vary to some extent according to the traditions of each denomination. The Christian Churches and religious communities count their members using the criterion of baptism. Most churches recognize a baptism carried out in another church. The minority denominations that do not accept infant baptism (e.g., Baptists and several Pentecostal churches) require adult baptism, conditional upon a personal religious confession, from their members. The number of Muslims increased tenfold in Finland from 1990-2011. To begin with, few of them organized themselves into registered religious groups. However, their registrations have clearly increased in the early 21st century (1990: 810; 2000: 1.199; and 2011: 10.088). In Finland, it is today (and in fact since 19221) according to the new Freedom of Religion Act (170/2002 vp), possible to distinguish between three different types of religious communities whose different status under public law also regulates their sources of income and the financial support they receive from the State. According to the new Freedom of Religion Act (2003), such religious communities are (1) the Evangelical Lutheran Church, (2) the Orthodox Church and, as prescribed by the Freedom of Religion Act, (3) the registered religious communities. ___________ ∗ Matti Kotiranta, Doctor of Theology is Professor of Church History and Head of the School of Theology at the University of Eastern Finland, Joensuu. He is a permanent member of the EU Joint Research Department of the European Consortium for Church and State Research. 1 In the old Freedom of Religion Act of 1922, a completely new type of legal person was defined in addition to the Evangelical Lutheran Church and the Orthodox Church, i.e., the “religious community”, currently the registered religious community.

304

Matti Kotiranta

When regulating the legal status of religious bodies in Finland, attention must be paid not only to matters of religious freedom but also to the religiopolitical realities. The most important of these are the historical legacy – on the one hand the significance of Lutheranism in the history of Finland, and on the other hand the influence of the state church in the Scandinavian tradition more generally – and the religious distribution of the population.2 Since almost the whole population of Finland once belonged to the Lutheran Church, and the Orthodox Church had a stronghold in Ladoga Karelia, Olonets Karelia, and Russian Karelia, Syväri and Petsamo, these two churches have through the course of history gained a special position in relation to the State. Finnish membership of registered religious denominations [communities] in 1990, 2000, and 2011 was respectively3 as shown in Table 1, below. Between 1980 and 2008 the membership of the Lutheran Church increased considerably; however, due to the increase in total population, its relative share has decreased (1980: 90.2 % and 2008: 80.7 %). The Orthodox Church, Jehovah’s Witnesses and the Free Church of Finland are among those whose membership has grown. The number of members of the Catholic Church has more than tripled (1980: 3.051 and 2011: 11.091), yet it is still a relatively small community. The membership of the Pentecostal congregations is at approximately the same level as the Orthodox Church; however, all Pentecostals are not registered as a religious community. The number of registered Pentecostals was 6.876 members in 2011. Because of this, large quantities of its members appear in the statistics with those who do not belong to any religious community. Its total number has tripled (1980: 372.640 and 2011: 1.087.972).

___________ 2

Emeritus Archbishop John Vikström has criticized that, in discussion of ChurchState relations, it has from time to time been thought that the distribution of the population by religion should not be taken into account in decision-making. “In support of the idea it has been suggested that the majority of church members are only nominally so, without any genuine religious conviction. Membership of the Lutheran Church, so the critics say, should not be assigned any real significance.” Vikström emphasizes that behind this train of thought is not always concern for the strengthening of the religious convictions of church members, but it is thought to open the doors to altering the Church’s social status in a way that restricts its freedom of movement. J. Vikström, Mihin suuntaan Suomen evankelis-luterilaisen kirkon ja valtion suhteita olisi kehitettävä? [In what direction should relations between the Evangelical Lutheran Church of Finland and the State be developed?] Teologinen Aikakauskirja 1992, p. 50. 3 Cf Statistical Yearbook of Finland 2011. Statistics Finland 30.11.2012. See closer http://www.stat.fi/til/vaerak/2011/01/vaerak_2011_01_2012-11-30_tau_008_fi.html (12. 10.2012).

Relationship between State and Religious Communities in Finland

1990

2000

%

4.998.478 100

5.181.115

100

Evangelical Lutheran Church 4.389.230 87.8

4.408.381

85.1 4.175.443 77.3

Total population

%

2011

305

%

5.401.267 100

Other Lutheran Churches

2.588

0.1

2.228

0.1

1.317

0.0

Greek Orthodox Church of Finland

52.627

1.1

55.692

1.1

58.584

1.1

800

0.0

1.088

0.0

2.599

0.0

Jehovah’s Witnesses

12.157

0.2

18.492

0.4

19.001

0.4

Free Church in Finland

12.189

0.2

13.474

0.3

14.789

0.3

Roman Catholic Church

4.247

0.1

7.247

0.1

11.091

0.2

810

0.0

1.199

0.0

10.088

0.2

Adventist Churches

4.805

0.1

4.316

0.1

3.553

0.1

Pentecostal Church in Finland









6.876

0.1

Church of Jesus Christ of LDS

2.883

0.1

3.307

0.1

3.208

0.1

Baptist congregations

2.565

0.1

2.395

0.0

2.320

0.0

Methodist Churches

1.251

0.0

1.260

0.0

1.342

0.0

Jewish congregations

1.006

0.0

1.157

0.0

1.198

0.0

712

0.0

920

0.0

1.293

0.0

510.608

10.2

650.979

Other Orthodox Churches

Islamic congregations

Others No religious affliation

12.7 1.087.972 20.1

306

Matti Kotiranta

II. Constitutional Context 1. The current constitutional provisions and principles governing the relations between state and religion4 The fundamental freedoms recognized by the EU are to a great extent consistent with those laid down in the constitutions of its member states and in the provisions of international human rights agreements.5 The relevant section of the Finnish Constitution of 2000 dealing with Freedom of religion and conscience, Section 11, mirrors the provisions of § 9 of the European Convention to a considerable extent, stating that (1) Everyone has freedom of religion and conscience, implying the right to profess and practice a religion, the right to express one’s convictions and the right to be a member of or decline to be a member of a religious community. (2) No one shall be under any obligation to participate in the practice of a religion against his or her conscience.6

Supplementing Section 11, the general clause on equality and non-discrimination in Section 6 includes a prohibition against discrimination on account of religion, conviction or opinion. In the course of the total reform of the Constitution, four separate instruments, each with constitutional status, were replaced by a single Constitution. Partly as a result of this structural change but partly also reflecting changes in society, the constitutional recognition of the special status of the Lutheran Church is less prominent in the framework of the Constitution than formerly. Nevertheless, both the traditional special status and the constitutionally pro___________ 4

A brief outline of political history of Finland regarding the relations between State and religion [from the Reformation in Sweden-Finland in the 1520s to the time of the Finnish independence] see more closely Markku Heikkilä, State and Church in Finland, in: Gerhard Robbers (ed.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2 2005, pp. 520-523; Matti Kotiranta, Kirche, Staat und Religionsfreiheit in Finland, in: ZevKR 45 (2000), pp. 240-247. 5 Although, admittedly, there are some differences between the EU legislation and other systems in the development of the civil rights dimension. 6 The corresponding § 9 of the European Convention on Human Rights runs: Everyone has the right to freedom of thought, conscience and religion; this right includes freedom to change his religion or belief and freedom, either alone or in community with others and in public or private, to manifest his religion or belief, in worship, teaching, practice and observance. Freedom to manifest one’s religion or beliefs shall be subject only to such limitations as are prescribed by law and are necessary in a democratic society in the interests of public safety, for the protection of public order, health or morals, or for the protection of the rights and freedoms of others.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

307

tected autonomy of Lutheran Church are still reflected in Section 76 of the new Constitution, which reads: Section 76 – The Church Act Provisions on the Organization and administration of the Evangelical Lutheran Church are laid down in the Church Act.

The legislative procedure for the enactment of the Church Act7 (or Church Code, which is the “Constitution” of the Lutheran Church) and the right to submit legislative proposals relating to the Church Act are governed by specific provisions in that Act. According to Chapter 2, Section 2, only the General Assembly of the Lutheran Church may propose amendments to the Church Act, and the role of the President and of Parliament is limited to either approval or disapproval of proposals submitted by the Assembly. As in the old constitutional framework, this clause in the Constitution includes a restriction on the sovereignty of the legislator, to the effect that the procedure for amendment of the Church Act is prescribed by the Church Act itself.

2. Freedom of religion and conscience under the Finnish Constitution The committee responsible for preparing the new law on the freedom of religion which came into force on 1 August 2003 (453/2003) discussed in its report the question of freedom of religion as a fundamental civil right and the freedom of religion and conscience as laid down in § 11 of the Finnish Constitution, and concluded that this latter provision should form the basis for all legislation in Finland that concerns freedom of religion and conscience. If the issue of freedom of religion and conscience is linked to the principle of equality before the law, enshrined in § 6 of the Constitution, as the committee proposes, the latter can be interpreted as implying an obligation on the public authorities to treat all religious and philosophical associations on an equal footing. Within this ancient category in the genealogy of fundamental rights, the committee’s interpretation places particular weight not only on individual religious freedom but also on freedom as a right pertaining to religious groups. The external manifestations of the classic fundamental rights of the individual in this respect are specifically expressed in the Constitution, § 11 of which states that every person shall enjoy freedom of religion and conscience, which includes the right to profess and practice a religion, the right to express one’s convictions and the right to be a member of or decline to be a member of a religious community. No one shall be ___________ 7

Act 1054 of 1993.

308

Matti Kotiranta

under any obligation to participate in the practice of a religion against his or her conscience. Nothing new was actually added in the reform of 1995 to the fundamental rights expressed in the old Constitution, but rather it was possible in the course of legislation to arrive at the same conclusions as on the basis of the earlier provisions. The freedom to pursue a cult was also regarded as belonging to the concept of religious freedom, and the work of preparing a new law on the freedom of religion placed emphasis on the system of human rights as a whole, e.g. in that it attached great importance to the other fundamental rights provided for in the Constitution, e.g. freedom of expression (§ 12), freedom of assembly and association (§ 13) and the right of exemption from military service on grounds of conscience (§ 127), in the practical implementation of the freedom of religion and conviction. Given the more precise characterization of the “negative dimensions of religious freedom” in the last sentence of § 11 clause 2 of the Finnish Constitution, this sentence may be said to imply a fundamental freedom in view of the position of the majority church under public law, in that it states that no one is obliged to engage in the religious observances against his own convictions. This is in fact the same issue that is raised in the provisions for the range of application of the law on equality, where it is stated that “this law shall not apply to activities connected with the practice of religion within the EvangelicalLutheran Church”.8 The new law on religious freedom sets out as before from recognition of the freedom of religion and conscience guaranteed to all under the constitution, and its purpose remains to create suitable conditions for individuals and communities to execute their right to religious freedom, but at the same time a modern interpretation of religious freedom specifically as a positive right has gradually appeared in Finland through the approval of international agreements. As general justifications for this, the fundamental human right of freedom of religion and conscience as laid down in the law on religious freedom and certain other related laws has been seen in the context of the prohibition of discrimination on the grounds of religion or conviction providing for in § 6, clause 2, of the constitution to imply among other things an obligation on the public authorities to ensure impartial treatment for all religious communities and ideological persuasions. ___________ 8 28. According to Niklas Bruun / Pirkko K. Koskinen, Tasa-arvolaki [The Law of Equality], Helsinki 31997, p. 39: “This law should not be taken as applying to the Evangelical-Lutheran Church, for legislative reasons at least, since it is clear from § 31.2 of the Parliament Act and § 15.2 of the Ecclesiastical Law that ‘the right to proposed laws that concern the Church’s internal affairs rests exclusively with the Church Assembly’.”

Relationship between State and Religious Communities in Finland

309

In accordance with this line of argument, the acceptability of the “state church” system is dependent on the state approving other religious beliefs as well and honoring the right of individuals to decide whether or not they wish to belong to a state church.

3. The new law on religious freedom in Finland (2003) and its effects on religious education of the youth The communal system of comprehensive schools carries the main responsibility for providing compulsory education in Finland. According to the current law, every child under school-age has a right to day care arranged by the municipality. Religious and ethical teaching is a statutory part of the day care. In order to enable the participation of as many children as possible, religious education is broadly Christian in scope. As the variety of children's nationalities and cultures increases, there are more and more children in day care whose religious and cultural background differs from the Finnish tradition. This creates further challenges for religious education in day care. Based on the law of religious freedom (453/2003) and the current school laws, every student in comprehensive and upper comprehensive schools has a right to religious teaching according to his or her own confession. The communal school system is responsible for its Organization and funding. Students who do not belong to a church or religious community participate in world view studies (ethics). In the matriculation examination, it is possible to take either a test of one’s own religion or of world view studies. The increasing number of the students representing different cultures has created a need to train teachers for Muslim religious education. The introduction of a new law on religious freedom in Finland in 2003 meant above all the removal of certain restrictions, which has so far ensured that no cases of infringements of the First Supplementary Protocol to the European Convention on Human Rights (§ 2)9 with respect to education in accordance with one’s religion and convictions have yet been brought before the Supreme Court. The new law differs in many respects from its predecessor, passed in 1922.10 ___________ 9 Article 2 provides for the right not to be denied an education and the right for parents to have their children educated in accordance with their religious and other views. 10 It is very similar in structure, however, being divided into four main sections, the first containing provisions of a general nature, mostly connected with the individual’s freedom of religion and the use to be made of it, the second dealing with registered religious communities, their purpose, foundation procedures and forms and conditions of activity, the third containing regulations for application of the law on public assembly to

310

Matti Kotiranta

The new law and the consequent changes to the compulsory education law and the law on upper secondary schools 11 mean a considerable strengthening of the position of the teaching of religion in schools and a clarification of its nature and purposes. This is very clearly reflected not only in the laws themselves but also in the statement issued by the Parliamentary Education Committee and the report of the Constitutional Committee. It may be concluded from these and from the discussions held in Parliament that a very large majority of representatives were extremely favorably disposed towards pupils receiving teaching in their own religion.12 In the first place, the right to instruction in religion or the philosophy of life had been clearly defined in the Constitution, so that the receiving of such instruction could be seen to be in agreement with the Constitution. Secondly, a distinction was made between instruction in one’s own religion and religious observance as referred to in the Constitution. Those who emphasized the nature of religious instruction as a form of religious observance during the preparation of the new law were of the opinion that teaching of this kind should be made optional, with the alternative of teaching in the philosophy of life, or even that it should be replaced by a form of teaching on the world’s religions that would be common to everyone. The minimum requirement was the right to opt out if the teaching contained events or rituals of a kind that could be regarded as religious observances.13 ___________ the practice of religion and setting out sanctions for infringements of the law on requiring communication of data on the membership of religious communities to the authorities, and the fourth containing details of when and how the law should come into force and transition regulations. 11 § 13 of the law on compulsory education and § 9 of the law on upper secondary schools contain both old and new provisions on the rights of individuals and certain groups to receive instruction in their own religion or philosophy of life. As heretofore, the instance responsible for arranging compulsory education is obliged to ensure that those belonging to the majority religious group receive appropriate instruction. A new feature, however, is the provision that pupils or students who do not belong to any religious community shall attend classes in the majority religion only if they so desire, as indicated by their parents in the case of compulsory schooling or the students themselves at the upper secondary school. Teaching in their own religion shall also be guaranteed to minority groups of at least three pupils belonging to either the Evangelical Lutheran Church or the Orthodox Church, while corresponding teaching shall be arranged for groups of at least three pupils belonging to some other religious group only on application from a parent or guardian or from the students themselves at the upper secondary school. The upper secondary school legislation grants students entering that level of schooling the right to choose between religious instruction or teaching in the philosophy of life. Juha Seppo, Uskonnonvapaus 2000-Luvun Suomessa [Religious Freedom in Finland in the 2000s], 2003, p. 183. 12 Ibid., p. 182-183. 13 Ibid., p. 183.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

311

Parliament nevertheless established firmly that religious instruction should not be equated with religious observance and quashed all interpretations to that effect. This also brought years of wrangling on the subject to an end and removed the uncertainty experienced on this point in schools. It is important that no one among those obliged to attend classes in religious instruction should be able to demand exemption on the grounds of it taking on the nature of religious observance.14 Parliament also laid down that all syllabi should be examined upon the new law coming into force to ensure that they met the requirement for instruction in the pupils’ own religion in an impartial manner, and also to ensure that the religion and philosophy of life syllabi for the upper secondary school contained “the foundations of the major religions of the world to the extent required for a good general education”. This latter aim has now clearly been taken into account, at least as far as instruction in the majority religion is concerned.15 The new law is also clearer than its predecessor from a material point of view, in that it transfers the regulations applying to individual detailed issues from the law on religious freedom to the relevant points in the general legislation. In places this tendency towards clarification has created a need for entirely new legislation as far as the church is concerned, the most notable example being the legislation on burials (457/2003).

4. Legal context – legal status of religious bodies according to the New Freedom of Religion Act When studying churches and religious bodies as legal persons in Finland the new Freedom of Religion Act approved by Parliament on February 11th, 2003 (HE 170/2002 vp) is its basis in administrative law. Although the purpose of the Freedom of Religion Act is primarily to ensure the freedom of religion enshrined in the constitution (HE 731/1999), the law contains provisions that concern membership of religious associations, the procedure when joining or leaving a religious association, the oath and affirmation, and application of the law of assembly to the public practice of religion.16 To put it more precisely, the Freedom of Religion Act enacts in detail and exhaustively the legal status and foundation, rights and obligations of churches and registered religious associations. ___________ 14

Ibid. Ibid. 16 The Act also includes some changes to regulations concerning religious and moral education in basic education and in high schools. 15

312

Matti Kotiranta

According to subsection § 2 of the Freedom of Religion Act, the reference to religious associations in the law indicates the Evangelical Lutheran Church, the Orthodox Church and religious associations registered in accordance with subsection 2. Religious activities can also be practiced in the form of an ideologycal association or entirely without organizing in the form of a legal person. Under the new Freedom of Religion Act the Evangelical-Lutheran and Orthodox Churches are also religious associations in the sense intended in the act, concerning associations for which additional special ecclesiastical laws are enacted. However, as concerns registered religious associations, the procedure is that they themselves accept their order of association, and then it must be approved by the authorities, i.e. the National Patent and Register Board, provided it is not illegal. In the Finnish context three different types of legal person can be distinguished in religious associations: (1) The status of the Evangelical Lutheran-Church under public law is ensured in the constitution. (2) In the new constitution there is no direct provision for the Finnish Orthodox Church to regulate its position in society. In this respect the legislative status of the Orthodox Church differs from that of the Lutheran Church. The Orthodox Church is the subject of the new law concerning the Orthodox Church, 2007 (HE 985/2006). (3) In Finland a registered religious association is, however, a special type of community. Its foundation and legal status are enacted in subsection 2 of the Freedom of Religion Act. Such a religious body gains the status of a legal person, that is, it can acquire property, enter into commitments and be a litigant in court and with other authorities once it is entered in the register of religious associations. In this respect the regulation observes the principle otherwise observed in Finnish community law, whereby the community achieves legal capacity once it is entered in the register of associations kept by the authorities, in this case the National Patent and Register Board.17 Next I shall briefly examine each type of religious body.

5. The Evangelical-Lutheran Church as a legal person Differing from the general European ecclesiastical context, the status of the Evangelical-Lutheran Church of Finland under public law is still ensured in the ___________ 17 In the Finnish system all legal persons – associations, trusts, corporations, limited partnership companies and various bodies – need ratification by the state authorities in order to gain legal status and legal capacity.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

313

new constitution that came into force on 1 March 2000 (731/1999).18 This strong constitutional status is derived historically from the fact that the legal system of the Evangelical-Lutheran Church of Finland, based on the constitution, is older than the 1917 constitution of the Republic of Finland, because Schauman’s Church Act (1869) was enacted by the Finnish Diet during the period of Finnish autonomy, the Swedish constitution of 1772 being positive law. Because the church legal system is based on the constitutional principle in existence before the first constitution of the Republic of Finland, this has given the continuity of the system a strong position in later constitutional reforms. The main hallmarks of the status of the Evangelical-Lutheran Church of Finland under public law are considered the special mention of Church Law in the constitution (PL § 76).19 From the point of view of the Evangelical-Lutheran Church, the most important is the order of enactment of Church Law (CL 2:2 subsection § 1), which includes the exclusive initiative of the General Synod and non-interference by government legislative bodies in the content of ecclesiastical bills introduced by the General Synod. In practice this means that the Church’s own organ, the General Synod, has power to introduce bills enacting and changing Church Law. Parliament, which finally enacts the law, only has the right to approve or reject an ecclesiastical bill.20 The Evangelical-Lutheran Church of Finland and its parishes is under public law a self-administered body like the municipalities. Legislatively, church administration is mainly organized with Church Law provisions, but provisions concerning church administration are also contained in other ecclesiastical laws, in general administrative laws and in ecclesiastical statutes with the authority of Church Law.

___________ 18

See http://www.eduskunta.fi. = In English/The Constitution of Finland. PL § 76 reads as follows: “In church law is enacted the constitution and administration of the Evangelical-Lutheran Church. As concerns the order of enactment of church law and the initiative concerning church law, that which is in force is laid down in the aforementioned law separately.” Subsection § 76 of the present constitution corresponds to the special mention of church law in the old constitution before 2000 (Const. 83 subsection § 1.1 and Parliament Act (PA 31 subsection § 2.2). The new constitution does not contain special provisions corresponding to constitution 83 subsections § 2 and 3, which apply to other religious associations than the Evangelical Lutheran Church. It was considered unnecessary to include the regulation concerning the right to found new associations in the constitution, because regulation § 13 of the constitution concerning freedom of association also applies to the founding of religious associations (PeVM [Report of the Constitution Committee] 10/1998 vp [Parliament]). 20 When the 1917 constitution was in preparation the older church law principle was accepted of the exclusive initiative of the General Synod, although it remained in formal conflict with the constitution and parliamentary order. 19

314

Matti Kotiranta

6. The Finnish Orthodox Church as a legal person When comparing the legislative status of the Orthodox Church with the Lutheran Church, one must recognize that the Orthodox Church was affected until 2006 by the Orthodox Church Act (521/1969) and its supplementary statute (179/1970) and in addition the Freedom of Religion Act, and other general administrative legislation. Problems of application between the Orthodox Church Act and Statute and by other regulations in society hardly ever occur, because the Orthodox Church Act was government-enacted law and its content when enacted more clearly as a skeleton law was already adapted to general legislation.21 According to statute § 171 (521/1969) concerning the Church, the task of the General Synod was to introduce bills to the government on laws and statutes concerning the Church. Thus, the initiative for new regulations most often came from the Orthodox Synod. The government was not, however, bound to the content of the bill, but the provisions concerning the Orthodox Church could be given in the form desired by the government. Thus the Orthodox Church could not influence the enacting of laws concerning itself with a similar bill procedure as in the case of the (Evangelical-Lutheran) Church Lawsystem. Legislation concerning the Orthodox Church usually arises in the process of preparation and enactment. Then it remains at the discretion of the government as to whether during the preparation of the law there was willingness to listen to the Orthodox Church. The new law concerning the Orthodox Church (to the extent of subsection § 125) came into force at the beginning of 2007. In the new law the Orthodox Church remained basically as before with special status under public law. According to the bill, the Orthodox Church adopts a church constitution which provides more precise stipulations for church activities and administration. The church constitution is given by the General Synod. The status of the central and diocesan administration of the Orthodox Church is altered more independent of the State so that its expenses are no longer paid directly from state funds. The Church’s economic activities are ensured, however, by a corresponding amount of state aid. Some internal affairs and administrative matters which were previously the responsibility of the Ministry of Education are transferred to the Church’s own organs. Several changes are carried through the regulations concerning church and parish administration. The basic structure of church admini___________ 21

It is interesting to note that in this the legislative arrangement of the Finnish Orthodox Church is in some sense reminiscent of the arrangement adopted in the Church of Sweden in the sense that after the reform of the Church of Sweden at the beginning of 2000 (whereby State and Church were separated and the Church gained the status of an independent legal person) it is affected, in addition to legislation on other faiths, only by a brief skeleton law.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

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stration remains, however, largely as before. The Orthodox Church and parishes shift to one type of employment relationship so that the civil servants of the Central Church Board and parish clergy shift to a contract relationship. The terms of the personnel employment relationship are negotiated with a collective bargaining agreement. In church administration a procedure of claim for rectification is adopted in which the obligatory preliminary stage of a complaint is to be a claim for rectification to the Central Church Board. Application for alteration to the decision taken by the Central Church Board can be made by complaining to administrative law.

7. Registered religious associations as legal persons In Finland a registered religious association has its own special type.22 A registered religious association is a type of independent special legal subject, like a registered association, corporation, co-operative or trust. In subsection 2 (§ 7-28) of the Freedom of Religion Act is created a legislative framework for the founding and activities of registered religious associations. Subsection § 7.1 lays down the purpose of a registered religious association, which distinguishes registered religious associations from the other aforementioned legal subjects. According to the subsection, “the purpose of a registered religious association is to organize and support individual, corporate and public activities pertaining to religious profession and religious observance, based on confession of faith, Scriptures or other individualized established sacred activities”. The bases of the activities of a registered religious association should thus be individualized, established and regarded as sacred by the community. A registered religious body may be founded and registered as a religious association only if its purpose is in accordance with subsection § 7.1. A body founded for other purposes, even though it may include religious activities, can be registered, for example, as an association under the law of associations. The right to profess and practice religion or the right to express one’s convictions per se are not dependent on whether the body in question is registered as a religious association. For some religious bodies the requirement of a basis of faith has been an obstacle to registering as a religious association under the Freedom of Religion Act, because a basis of faith is considered to be contrary to the reli___________ 22

Historically the term “registered religious association” goes back to the 1923 Freedom of Religion Act, which defined a specific type of legal person or “religious association”. By nature it is a community under civil law and a legal person under civil law, with a great number of features of an ideological association.

316

Matti Kotiranta

gious principles of the organization. Not in all religious bodies are activities based on a confession of faith nor is there always a desire to formulate a basis of faith beyond the Scriptures. The purpose of a registered religious association does not, however, require that activities be based on a religious confession. It suffices that the bases of established religious activities can otherwise be sufficiently individualized. Confession, however, is mentioned in subsection 1 as one kind of basis of established activity. Registration as a religious association does affect, however, among other things, the right to receive religious education.23 In addition, registration has an effect on taxation, penal protection and the possibility of applying for the right to solemnize matrimony. From this point of view, assessment of the purpose and types of activity of the organization are important for the authorities (the National Patent and Register Board).24 Some bodies engaging in religious activities have not organized as registered religious associations but as ideological associations, for example. The largest group are Pentecostal assemblies, which in 1999 had approximately 49.000 baptized members, and if children are included a total of approximately 55.000 members. At present the Pentecostal movement is, however, organizing as religious bodies. From the beginning of 2002 the Ministry of Education received notification concerning the founding of two Pentecostal religious associations.25 If the religious association (or any other body) is not registered, it cannot receive competent legal person status nor gain rights and obligations. Persons acting on behalf of such an unregistered body are responsible for all their commitments personally. There are no regional differences in the legal status of religious bodies as far as registration is concerned, because in Finland there is not a federal system.

___________ 23

The organizer of instruction also has the responsibility to arrange confessional religious education for other than pupils of the Evangelical Lutheran or Orthodox Churches. This obligation arises if the guardians of at least three pupils of the same faith who are exempted from religious education demand it. Religious education must on the aforementioned terms be arranged in accordance with the basis of faith of a religious association registered under subsection § 13 of the Freedom of Religion Act. Confessional religious education need not, however, be arranged on the basis of the teachings of other registered or unregistered religious associations. A pupil from a religious association for whom his or her own religious education is not arranged, may be taught moral education at the request of the guardian. 24 On notification of foundation to the register of religious associations, see in more detail in the appended table page 3. 25 Registration of a religious association was decided before the new Freedom of Religion Act was approved by the Ministry of Education.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

317

8. State financial support for religion Approximately 77 % of the Finnish population belongs to the EvangelicalLutheran Church, approx. 1.1 % to the Orthodox Church and approx. 1.1 % to registered religious associations. Membership of registered religious associations can be seen in more detail in the appended table. The most important source of income of Evangelical Lutheran and Orthodox parishes is church tax, which is levied from parishioners on the basis of taxable income in municipal tax. The levy of tax is carried out by the state tax authorities, but parishes pay a proportion of the expenses involved. In addition, parishes receive a share of the proceeds of corporation tax. In connection with the reform of corporation taxation that came into force at the beginning of 1993 parishes’ share of corporation tax was replaced by the previous obligation of associations to pay church tax. Behind the obligation of associations to pay church tax was the fact that the Church did not from the outset make a distinction in taxation between natural and legal persons. Later the obligation of associations to pay church tax and parishes’ share of corporation tax began to be justified by the fact that parishes provide a wide variety of social services. As far as burials are concerned, parishes’ share of corporation tax is linked to the responsibility of Evangelical Lutheran parishes for the maintenance of public cemeteries, also in the preliminary work of the new Cemeteries Act. Parishes’ present share of the proceeds of corporation tax has been altered several times during the time that the Income Tax Act has been in force. At present parishes’ share is 1.94 %. The adjoined table sets out the amount of corporation tax income received by parishes. Parishes’ share is divided between Evangelical Lutheran and Orthodox parishes so that Evangelical Lutheran parishes receive 99.02 % and Orthodox parishes 0.08 %. Parishes’ corporation tax income by payment, mill. euros26 1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

39

59

85

106

149

144

130

127

93

89

101

(Year / Averagecorporation tax income)

___________ 26 After year 2003 there is no Table available, where parishes’ corporation tax income would be corrected on the basis of the cost of living index. Source: VM, corrected to 2003 value on the basis of the cost of living index.

318

Matti Kotiranta

The expenditure of the central and diocesan administration of the Orthodox Church is paid principally from state funds. In addition, the government has supported some Orthodox parishes and institutions with state aid. The 2005 budget of the Central Church Board assigns to activities 1.787 million euros and, to the aforementioned aid, 152.000,- euros. On 9 May 2005 the Ministry of Education’s “State aid to registered religious associations” working group delivered its report on the extension of state financial aid to include not only the Evangelical Lutheran and Orthodox Churches but also registered religious associations. The working group introduced a proposal to put the system into practice. From the beginning of 2008 the registered religious associations have received financial aid from government to support their activities. Associations had earlier funded their activities principally through donations, membership fees and their own fund-raising activities. According to the State Aid Act, state aid is received by registered religious associations on a numerical basis according to the number of members. State aid is not to be granted to associations with fewer than one hundred members and not to associations that in fact do not have any or have very few activities. The goal has been to provide clear criteria concerning aid so that as little assessment-based discretion as possible is required. The state aid to registered religious associations does not require special regulation. The amount of state aid is decided in connection with the annual government budget. The starting-point is the amount of corporation tax income received by Evangelical Lutheran parishes with burial expenses deducted. Then the amount of state aid is approx. 5-7.70 euros per member of the association.

III. Theoretical and Scholarly Context 1. Actual situation of scholarly context – University Law Schools and Theological Faculties Looking at the actual situation of theoretical and scholarly context, how religion and State should relate to each other, it must be stated that on the part of the legal sciences the Finnish universities and institutions of higher education have not shown very organized research on the relations between State and Church. The relations between State and Church (religious Communities) have been taught in faculties of law – in Helsinki, Turku, and Rovaniemi, as well as the Universities of Tampere and Eastern Finland (Joensuu) – mainly as an issue belonging to domain of constitutional law (the position of the Church according to constitutional law), an issue of administrative law (the Church Act, the Administrative Procedure Act) or from the viewpoint of freedom of religion, and then specifically within the basic rights and liberties. The faculties of law have

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not had any professorship on Church-State relations. Thus, there has not been the corresponding systematic teaching, not to mention schools of thought, or major views, how religion and State should relate to each other. Neither have the theological faculties (Helsinki, Turku) had professorship concentrating on Church-State relations. In the theological faculties ChurchState relations have been studied and taught both belonging to the domain of ecclesiastical law/theology of law and from the perspective of freedom of religion. More than in the case of Germany, in Finland the research on ecclesiastical law carried out in the theological faculties has already, since the 19 th century, been connected first to the domain of Practical Theology and in recent decades to some extent also Church History, although the history of Finnish jurisprudence does also include several distinguished jurists who were well acquainted with ecclesiastical law. The research on ecclesiastical law carried out in Finland has, since the days of Frans Ludwig Schauman27 (1810-1877), achieved its best result precisely in the field of historical research.28 If one can speak of any school of research in ecclesiastical law, then on the part of the theological research it has been the cherishing of the spiritual heritage represented and marked out by Schauman. From this one can already deduce the almost complete lack in Finland of the dialogue on theology of law, so characteristic of progress in the Central Europe, in which also solutions differing from the existing system of ecclesiastical law would be discussed. In the Church Law of 186929 Schauman’s main definition of policy concerning the division between State and Church was that the [Evangelical-Lutheran] Church should have its own legislative body, the General Synod. Concerning purely ecclesiastical matters the sovereign [at the present time parliament] had only the right of approval or rejection of legislation. However, both social and ecclesiastical elements were contained in state legislation. One may state that there has been no change so far in this basic policy in Finland. The General Synod has retained its position as a source of ecclesiastical jurisprudence. The ___________ 27

F. L. Schauman was Professor of Practical Theology at the University of Helsinki 1847-1865 and Bishop of Porvoo 1865-1877. He was also a member of the Finnish Diet 1863-1872. 28 In the domain of ecclesiastical law some of the most recent Finnish jurisprudential studies are Eeva-Kaarina Nurmiranta’s doctoral dissertation “Pappi Tuomiolla” [The clergyman on Trial, 1998] and Pekka Leino’s doctoral dissertation “Laki kirkosta” [The Church Act or an Act concerning the Church, 2002]. Leino’s study, pertaining to church administrative law, has as its theme the Evangelical Lutheran Church of Finland’s system of ecclesiastical law. He particularly examines the relationship between the provisions of the Church Act and the provisions of general legislation from the point of view of administrative law. 29 In the 1860s the Finnish Senate set up a committee to reform church law. Schauman became a member of the committee and his proposals formed the basis of new ecclesiastical legislation.

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setting up of the Church’s own decision-making body and its canonical right to initiate legislation in matters of Church Law, and its right to issue statements on Church-State issues, created the basic pillars on which State-Church relations (for part of the Evangelical-Lutheran Church) still function today in Finland. It has been typical of the Finnish dialogue on ecclesiastical law to hold to F. L. Schauman’s judicial and theological principles which had been highly epoch-making in their own age. Another characteristic that has emerged clearly in the last decades is the same as in other Nordic countries; the Church Act has been gradually adjusted to the reforms of a society undergoing a process of democratization. Both ecclesiastical and university jurists, as well as university theologians, have actively participated in this process. Thus, for instance in the preparation of the proposal drafted by the Committee of the Freedom of Religion (1998-2001) for a new Freedom of Religion Act and for an entirely new Burial Act, the Faculty of Theology of the University of Helsinki played a significant role. Juha Seppo, professor of Church History, served as the committee’s vice president and the Faculty of Theology provided a statement of its own concerning the committee’s report which was completed in the winter of 2001. After receiving statements concerning the report the Ministry of Education began the preparation of the final Government bill. Afterwards, the Government passed the bill for a new Freedom of Religion Act and Burial Act entered into force on 1 September 2003. A third and most recent phase is undoubtedly represented by the challenges brought by the EU’s integration process to State-Church relations.

2. The parliamentary clarification work on church policy When speaking of research on State-Church relations in the Finnish context one must also not forget the parliamentary clarification work on church policy begun in the early 1970s. Besides church jurists, university theologians and researchers of the theory of law also participated in it as experts. The broadlybased parliamentary assembled Church and State Committee worked from April 1972 until June 1977, that is, for over five years.30 The Committee’s report31 explained almost all the containing surfaces between State and Church and took a stand on the developing of various areas. With its plentiful facts the report is no doubt a basic document when examining State-Church relations in Finland 1980s and 1990s. ___________ 30 The committee’s president was Aarne Lauriala, former archbishop Mikko Juva was its vice president and Juha Seppo and Lauri Tarasti served as secretaries. 31 See more closely Kirkko ja valtio-komitean mietintö: Komiteamietintö 1977: 21 [The Report of the Church and State Committee: Committee Report 1977: 21].

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As a reader can observe from report, the demands of the late 1960s and the early 1970s radicalism to change the foundations of Freedom of Religion Act and to implement radical changes in the relations between the State and Church did not receive sufficient political support. Only minor adjustments were made to the Freedom of Religion Act, mainly concerning the procedure of secession the Church. Demands for massive changes to the Freedom of Religion Act and for “the separation of Church and State” at the parliamentary level remained as occasional bills, which later miscarried. However, the pressures for change in religious and church policy did not vanish entirely, but were absorbed into both State and Church-related committee work. The government’s Church and State Committee of the years 19721977 had the widest and most significant impact. Its policy for change was rather cautious. The committee did not seek to clearly bring apart State and Church, but rather to strengthen the inner independence of the Churches.32 Afterwards, during the years 1978 and 1979, the Ministry of Education procured a large collection of advisory opinion on the Church and State Committee’s report. Later on a relatively large summary of it was also drawn up.33 With the help of the summary one can get a rather clear picture of how Finnish society reacted to proposals for developing State-Church relations three decades ago. Also, in April of 1981 the Ministry of Education appointed a Church and State working group whose assignment was to make the necessary practical suggestions for action. Although the immediate legislative changes in the relations between the State and the Churches remained non-existent, the Church and State Committee did initiate within the Evangelical Lutheran Church of Finland a preparatory process which in three decades has led to gradual changes. The organizational and administrative links between State and Church have been revoked little by little and particularly in 1990’s in such a way that State authorities have gradually given up functioning as decision-makers in Church-related issues.

___________ 32 Kirkko ja valtio-komitean mietintö: Komiteamietintö 1977, 9-11 [The Report of the Church and State Committee: Committee Report 1977, 9-11]. Juha Seppo, Church and State in Finland 1999, in: European Journal for Church and State Research – Revue européene des relations Églises-État 7 (2000), pp. 213-223, 213. 33 Juha Seppo, Lausunnot kirkko ja valtio-komitean mietinnöstä. Opetusministeriö 1980 [The Advisory Opinion Statements Concerning the Report of the Church and State Committee. Ministery of Education 1980].

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3. The EU-integration process, the new Constitution of Finland (2000), the New Law on Religious Freedom (2003) and their impact on current State-Church relations Since Finland joined the European Union (in 1995), the issue of StateChurch relations has in a new way become a matter of topical interest in Finland. The deepening integration of the European Union, the associated intergovernmental co-operation, and the development of legislation, have raised in particular the question of the importance of freedom of religion and of the position of the churches and religious bodies in the Finland of the future. In religiously uniform Scandinavia and Finland there has earlier been no urgent need to re-evaluate Church-State relations. In the Nordic countries, political and social development has taken place without abrupt crises in the position of the churches. A fixed state church system has gradually disintegrated in most Nordic countries.34 In comparison with Norway and Sweden,35 Finland can be regarded as a good example of a country where traditional Church-State relations have been dismantled in stages without complete separation between Church and State.

___________ 34 In this connection, for the sake of clarity, it should be explained that what is called the state church is a model of Church-State relations in which Church and State are almost identical. From the Nordic perspective the essential features of the state church system are: (1) commitment by the State to a particular concession, and (2) a particular national church being an integral part of government. The absolute state church system, where the state religion can be defined as a kind of official ideology, is represented by Norway, in whose constitution “the Evangelical Lutheran religion” is defined as the ‘public’, that is, official religion of the realm (“Statens offentlige Religion” § 2a). However, citizens and communities have freedom of religion. The king must profess the Evangelical Lutheran religion and “uphold and protect it”. The king is also administrative head of the Church of Norway. In practice this leadership belongs to the government and the Ministry of Ecclesiastical Affairs. The organization of the Church is regulated by the Storting, the Norwegian Parliament. 35 In the Nordic countries the pace of development in religious and ecclesiastical policy has been the fastest in Sweden. In our western neighbour, freedom of religion was implemented much more slowly than in Finland, for in Sweden the law of freedom of religion was only enacted in 1951. In Sweden, however, at the end of the 1950s there commenced a study of ecclesio-political conditions, making preparations for change. This work has continued up to the present day. During this process it has, on the one hand, been attempted to “realize” complete separation of Church and State and, on the other hand, the administrative independence of the Church and its readiness for the possible separation has been increased. The latest stage in the Swedish Church-State debate was spring 1994 with publication of the committee report Staten och trossamfunden (The State and the community of faith). From the beginning of the year 2000 these changes came into effect that meant the separation of Church and State in Sweden.

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The Evangelical Lutheran Church of Finland today is clearly a separate institution from the State, with its own legal status. Nevertheless, in Finland there has been constant debate as to whether and in what sense Lutheran church is a “state church”. The Lutheran Church has certain links with the State, and in Finland has retained certain features of the state church. The special position of a state church is clearly shown by certain features of our ecclesiastical legislation, such as the legal status of the Church; until 1995, the State’s obligation to maintain the diocesan chapters; until 2000, the President’s right to nominate bishops, many economic ties to the government, the right to levy church tax, the employment of chaplains (army, prison and for the blind and deaf), etc. In the true sense of the word the Evangelical Lutheran Church of Finland has not, however, been a state church since the Church Law of 1869 and the Constitution of 1919. The Finnish State is neutral in matters of religion, and the Church is legally and administratively very in-dependent in relation to the State. In social debate the concept of a state church has often been given a negative ideological shade of meaning. It has been suggested that the majority church, because it is a state church and enjoys certain privileges, is a threat to genuine freedom of religion and the status of religious minorities. An alternative expression to state church that is often mentioned, and a softer one with regard to the social position of the Evangelical Lutheran Church of Finland, is folk church.36 The Evangelical Lutheran Church of Finland has emphasized for decades that it is first and foremost a folk church. In fact the same status is enjoyed in Finland by the Orthodox Church. With the shift to folk church the traditional state church has been assigned to history. However, the concepts of state church and folk church express different things. The concept of folk church is indefinite – from the legal point of view, because its legal basis can be organized in very different ways in different countries. To clarify, the concept of state church is mainly to do with ecclesiastical law, while the concept of folk church has more to do with sociology. The concept of folk church illustrates the historical significance of the Church and the way in which this Church understands its position and vision in relation to the people. The Church is always a community within a country and its members are citizens of that country. In planning its activities the Evangelical Lutheran Church of Finland has always emphasized the idea of a folk church which serves the whole people. 37 ___________ 36 The unusual English expression “folk church” is often used by Finnish theologyans when they refer, in English, to Finland’ (Lutheran) national church, wishing to emphasize its nature as the church of the people, as opposed to a mere governmental body. This English concept has been derived from its Swedish and German equivalents (S. “folkkyrka”, G. “folkskirche” in Finnish. “kansankirkko” In the Finnish language, the word “kansa” can stand for “people”, “nation”, and “folk”. 37 In addition to this idea, largely due to the ecumenical (bilateral) dialogues of recent decades – which have helped The Evangelical Lutheran Church to rediscover its

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Actually, only as recently as the 1990s did the human rights documents of the Council of Europe (CE) and the Organization for Security and Co-operation in Europe (CSCE, now OSCE) and European integration genuinely force the Nordic churches to evaluate the organization of Church-State relations on the basis of the principle of freedom of religion,38 albeit, from quite a new perspective. ___________ roots – there has been a tendency to emphasize the historical continuity of Lutheranism. The Evangelical-Lutheran Church of Finland considers that it represents not only the nations but also more widely the continuity of Lutheranism in Finland. It has never seen itself as a modern local alternative to Roman Catholicism but as the representative in Finland of the whole of western Christendom. Bishop of Helsinki Eero Huovinen aptly defines the identity of our Evangelical Lutheran Church as a “Lutheran folk church which lives between East and West and is deeply rooted in both early Christian tradition and the discoveries of the Lutheran Reformation”. Lutheran World Information 3/1996. 38 Finland is a party to several international human rights treaties which are of relevance for the protection of religious freedom, notably the European Convention of Human Rights, the International Covenant on Civil and Political Rights, the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, and the Convention on the Rights of the Child and the Convention for the Elimination of Discrimination against Women. As a rule, these treaties also form part of applicable domestic law as they have been incorporated into Finnish Law through a treaty-specific Act of Parliament. In common with the other Nordic countries, Finland has adopted basically a dualistic model with regard to the relationship between international agreements and the country’s internal legislation. The principles laid down in the Constitution and the established practices arising from these oblige the Finnish Parliament both to approve international agreements that are binding upon Finland and to grant them force of law to the extent that they contain provisions that “are of a legislative nature”. If an agreement does not contain provisions that are of a legislative nature it may be brought into force simply by means of a statute. If, on the other hand, the discrepancy between the provisions of the agreement and the existing Finnish legislation is of a constitutional nature, it will need to be brought into force by means of a constitutional act of parliament passed with a twothirds majority (Finnish Constitution § 95.2). See closely Matti Pellonpää, Euroopan ihmisoikeussopimus [The European Convention on Human Rights], 2005, 4th edition (1st edition 1991), p. 54. The provisions of most treaties and other international obligations are brought into law in Finland in the form of “blanket laws” which state that they “shall come into force in the manner agreed upon”. The approval of such a blanket or hybrid law (and/or statute) implies “incorporation” of the agreement into the internal legislation of Finland, but in addition to this it is possible and quite common for specific alterations to be made to existing legislation in the same sphere, i.e. this incorporation is supplemented with “transformation”. If all the relevant legislation has been altered prior to approval of the international agreement, it is possible to incorporate the agreement by means of a blanket statute alone. It is nevertheless important in the case of human rights agreements, which have an immediate impact on the legal status of the individual, that these should always be incorporated by means of a law. Once an agreement has been brought into force in the manner described above it is part of Finnish law and applicable in principle in the same manner as any other part of the legislative code. [Pellonpää at p. 54]

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On the one hand, in the 1990s Church-State relations were evaluated in human rights documents primarily from the point of view of the religious freedom of the individual. Does the close relationship between the Church and State infringe the religious freedom of the individual – or to what extent does the privileged position of one or two churches in a country encroach upon the rights and freedom of other religious bodies? In this connection it needs to be emphasized that, for example, one of the eccentricities of the Finnish system is that two churches, the Lutheran and Orthodox, to this day occupy a legal and economic position differing from other churches and religious communities. While other religious bodies are required to register on the basis of the law of freedom of religion, the status of the Lutheran and Orthodox churches is based on specific regulations. – The formulation of church policy, as presented in the new Finnish Constitution 2000 (maintaining the status quo and thus support the relevant section § 76 concerning the Lutheran Church), does not, however, suggest that the State has adopted a more favorable attitude towards the Lutheran-Church in particular. The judicial position of the Church does not reveal the profound nature of relationship between the State and the Church, not to mention the overall value attached to religious values in Finnish society.39 On the other hand, the whole discussion of Church-State relations has altered in nature. The old-fashioned idea of “freedom from religion” and an ideological antithesis between Church and State is losing ground, and similarly the antithesis between Christian values and the values of society. They have been replaced by a positive interpretation of freedom of religion that has been in high profile in international documents on the subject of freedom of religion since the Second World War. Citizens have the right to religion and its communal practice and not only the right to be unattached to anything to do with religion. Relations between the State and the Evangelical Lutheran Church of Finland went through a degree of change during the years 1993 to 2000. In the field of politics as well as in the Church, there is now greater independence of the Church on the one hand and the State on the other. For this reason, in 1993 Lutheran Church law was divided into two parts: a Church Code passed by the State regulates the relations between Church and State, while a Church Ordinance passed by the Church regulates the Church itself – its doctrines as well as its life. The latest stage in the Finnish Church Codework represents two ap-

___________ Finland has also subordinated itself to all existing international control mechanisms under the treaties in question above. 39 For the position of churches in the Finnish constitution, see more closely Juha Seppo, Church and State in Finland 1997, in: European Journal for Church and State Research – Revue européene des relations Églises-État 5 (1998), pp. 121-130, 125-127.

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pointed committees: The Church Act 2010 Committee40 (2005) and The Codification of Church Law Committee41 (2007). During the years 1997 to 2000, new relationships between State, bishops and cathedral chapters have been put into place. This has brought to an end the old tradition dating from the 16th century. The status of bishops has been transformed from state official to church servant. As a sign of this, elected bishops are not now nominated by the Head of State, the President of Finland. Instead, bishops are elected and receive a formal letter of appointment to the bishopric from the cathedral chapter. In addition, the stipends of bishops and the funding of cathedral chapters are now the responsibility of the Church, not the State. The new Constitution of Finland was passed in 1999. In this Constitution, the freedom of the individual has been emphasized. Because of this, the Law on Religious Freedom (1922) has been updated; a new Law on Religious Freedom was passed in 2003. This Act deals with various issues relating to state and church. The new Law will make all Christian churches and other religious communities more equal in society. Also the dominant status of the Evangelical Lutheran Church of Finland has decreased. A sign of this is that exemption from Lutheran religious education no longer requires a request by the family of pupils who are not members of the Evangelical Lutheran Church of Finland. Instead they are automatically exempt unless the family wishes to sign up for education in the Lutheran religion. In addition, teachers belonging to other religions are now permitted to teach Lutheran religious education. Another sign of the equality of all Christian churches and other religious communities is that seceding from a church or religious community has been made easier.

4. The EU strategies of the churches and religious communities of Finland EU integration is still such a new matter in Finland that most churches and registered religious communities of Finland have so far not produced a detailed EU strategy, nor taken a stance on the ideological goals that the churches want the EU to represent. However, a concrete demonstration of the present open ecumenical atmosphere was a historic incident when representatives of the churches in Finland (Lutheran, Orthodox and Roman Catholic, Finnish Free Church Council and the Finnish Ecumenical Council) together approached the President of Finland at the end of 1995 and suggested that the Finnish delegates take more religio-political initiative at the intergovernmental conference in ___________ 40 41

See Appendix 1. See Appendix 2.

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1996. During their visit the representatives of the Finnish churches expressed their entire agreement with the efforts of the German Evangelical Church (EKD) and German Catholic Episcopal Conference to have a statement on religious communities appended to the founding document of the European Union. This initiative was repeated a year later at the intergovernmental conference in Amsterdam in June 1997, when it was decided to include in the agreement of the European Union (Maastricht II) a declaration (not article) on the status of churches and religious communities (present Art. 17, in The Lisbon Treaty). The first step forward to direction of detailed EU strategy was taken (and suggested by archbishop Jukka Paarma) on 30 May 2001, when The Advisory Board on EU Affairs was established under the Church Board. Its task was to create an EU strategy for Evangelical-Lutheran Church of Finland and to seek to monitor the effects of activities of EU institutions on ecclesiastical life. The Consultative Committee – which includes a strong academic representation – functions: (1) as an advisory expert organ in matters related to the EU, (2) participates in the discussion on EU policy towards the Church, (3) related to this, makes proposals to the Church Board, and (4) promotes cooperation with Church and State and local authority organs responsible for EU matters as well as with non-governmental organizations. Related to this, in 2002, the Evangelical Lutheran Church of Finland created its own EU strategy which took a stand on what kinds of ideological goals the Church would want the EU to represent.42 The second milestone, producing a detailed EU strategy for churches, was carried out when Finland held the Presidency of the European Union from 1 July to 31 December 2006. In June, on the eve of the start of the Finnish EUPresidency, Finnish Churches published a brief document Finnish Churches and the Finnish EU-Presidency 2006, which was drafted in cooperation with the Finnish Ecumenical Council. It was handed over to Prime Minister Matti Vanhanen by representatives of the Church Council and to Foreign Minister Erkki Tuomioja at the traditional CEC/COMECE Presidency Meeting in the end of June. The common objective of the Churches for the Finnish EU-Presidency was to generally present their perspectives and to tell more widely about their work ___________ 42 Document in English see closely Matti Kotiranta, The Influence of the 18th and 19th Centuries’ Theory Formation in Ecclesiastical Jurisprudence on the Finnish Ecclesiastical Legislation – The Transition from Caroline Church Statutes to Schauman’s Church Act, in: The Teaching and Study of Church-State Relations in the Nordic Countres, in the U.K. and Ireland (Church-State Studies in the European Union. Proceedings of the meeting, Oviedo, November 27-30, 2003, Actes du colloque, Oviedo, 27-30 Novembre 2003), Leuven 2005, p. 148-152.

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on both a national, ecumenical and international level in issues that are of importance for the Churches. The Churches wished to support the public administration in issues related to the Presidency. Here Finnish Churches’ work in EU affairs has a strong ecumenical dimension. According to the ecumenical declaration Charta Oecumenica, signed 2001, the Churches support the integration of the European continent and on the basis of the Christian faith work towards a humane, socially conscious Europe in which human rights and the basic values of peace, justice, freedom, tolerance, participation and solidarity prevail.43 The aim of Finnish Churches was also a regular dialogue especially with the Government Secretariat of EU Affairs in issues which are of importance for the Churches and in which they can give added value to the general debate. In the document Finnish Churches and the Finnish EU-Presidency 2006, the Churches emphasized certain key issues, which they felt ought to be prioritized during the Finnish EU-Presidency. These key issues were: – Strengthening the value dimension of the Union and keeping the discussion about the future of the Union alive. – The need for inter-religious dialogue based on mutual tolerance and respect and knowledge of one’s own identity and conviction. – Enhancing the social and environmental dimension of the Union, combating human trafficking and promoting a consequent and human immigration and refugee policy. 44 The latest stage in the detailed EU strategies represents the document The Church and the EU – active participation and commitment to common values (2009), which perceives aims and priorities of the Evangelical-Lutheran Church of Finland in the field of EU affairs.45 One of the priorities of Church’s work in the field of EU affairs is to take part in the debate about the value dimension of the Union (as was already in 2002 document) and its strengthening. The 2009 document emphasizes the importance that Treaty of Lisbon stipulates respect for human dignity, freedom, democracy, equality, the rule of law and respect for human rights – including the rights of persons belonging to minorities – as the founding values of the European Union. According to the Treaty, the Member States are characterized by pluralism, non-discrimination, tolerance, justice, ___________ 43

Finnish Churches and the Finnish EU-Presidency 2006, p. 1. Ibid., pp. 2-4. 45 See http://evl.fi/EVLen.nsf/Documents/79D92BD6D45C541CC22575CA0038BE A7/$file/ATTF8EBK.pdf (12.10.2012). 44

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solidarity and equality between women and men. According to document the Evangelical-Lutheran Church is strongly committed to these jointly defined values. It wishes to enhance the value dimension within all policy areas and affirms that these values need to be implemented in practice. The Evangelical-Lutheran Church is also of the opinion that the Lisbon Treaty strengthens the character of the European Union as a community of values, promotes the monitoring and enforcement of human rights and supports the development of the Union’s social dimension. “In addition, the Treaty creates better possibilities for participatory democracy. For the churches this culminates in the Union’s commitment to maintain an open, transparent and regular dialogue with them (Article 17). The Lisbon Treaty confirms that Church and State relations are to be defined on the national level also in the future. The Treaty also recognizes the specific contribution of churches.”46 We can only guess what the relationship between the Churches of Finland and the (federal) State will ultimately be like in integrating Europe in the 21 st century. If some conclusions can be drawn from Finnish debate in recent years, the most significant is undoubtedly the change in the general atmosphere of the debate, which is seen as openness to deal with Church-State relations in a new way. Traditional considerations, implementation of freedom of religion (positive freedom of religion) and the religious neutrality of the State, are to be interpreted in a way appropriate to the civil society of a modern democratic state, when it is genuinely felt that the State, the Church and religious communities must work together because it is ultimately a question of the same citizens.

Appendix 1 The Church Act 2010 Committee On 25 October 2005, the Church Council of the Evangelical Lutheran Church of Finland appointed a committee whose task was – by 31 December 2006 – to: (a) inspect the basic principles of Church Law with special attention to that part of the material field of the Church Act that would also in the future be necessary to enact according to the order prescribed for the enactment of the present Church Act, and (b) to delineate an elemental solution about the regulatory level and the order of enactment to be used for the rest of the norms concerning the Church. The committee named itself the Church Act 2010 Committee and submitted its report Kirkkolaki 2010, Kirkkolainsäädännön perusteita ja kirkkolain alaa tutkineen toimikun-

___________ 46 The Church and the EU – active participation and commitment to common values (2009), p. 6.

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nan mietintö [Church Act 2010, the report of the committee investigating the basic principles of Church Law and the legal field of the Church Act] on 20 December 2006.47 According to the proposition of the committee, attention in Church Law codification work must in addition to the regulatory level be paid to the systematic development of the regulations with an aim to reach as harmonious a system of regulations as possible. The Church Act, the Church Order and the Order of Church Elections must be structured so that there is a better chance than thus far to make use of a harmonized set of norms about Church administration at all levels. Such norms concern especially the principles and procedures of administration and the different church elections. This way it would also be possible to make use of new laws enacted after the Church Act, such as the general laws and regulations concerning administration, the Municipal Law and the Election Law. Furthermore, the regulations should be written in as general a form as possible with an aim to avoid an overly casuistic regulation. In its final report, the committee emphasized the fact that the codification work could be realized according to the order of enactment prescribed for the present Church Act.

Appendix 2 The Codification of Church Law Committee In its plenary meeting on 27 February 2007 the Church Council appointed a committee with a task to make a proposal on the codification of Church Law according to the guidelines set by the Church Act 2010 Committee. This committee was to submit its proposal by 31 December 2008. The report proposes that a new Church Act be enacted for the Evangelical Lutheran Church of Finland to replace the presently effective Church Act passed in 1993. The proposal suggests a total codification of Church Law with an aim to reach a Church Act that is structurally more logical than the present law and clearer from the perspective of

___________

47 Suomen ev.lut. kirkon keskushallinto. Sarja C 2006:9 [The Central Administration of the Evangelical Lutheran Church of Finland. Series C 2006:9]. In its summary of the field of the Church Act, the committee took the view that the Church Act should contain regulations on seven thematic fields. In this context, it is worth pointing out the first four of these; the first three of them are closely linked to the new Constitution of Finland (2000): (1) The basic principles concerning the constitution and administration of the Church as stated in subsection § 76 of the Constitution. This means that minor regulations and details supplementing the Church Act could follow the order of enactment of the Church Order and the Order of Church Elections. Also the autonomy of a religious community included in subsection § 11 of the Constitution supports a wider norm introduction authority for the Church. (2) The regulations in the field of the Church Act that require the level of law as prescribed in section 2 of the Constitution about civil liberties. (3) The regulations concerning the basic principles of the rights and responsibilities of individuals as prescribed in subsection § 80.1 of the Constitution. (4) The basic issues about the Church-State relations that are not regulated by a separate law.

Relationship between State and Religious Communities in Finland

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those who exercise it. It takes into consideration the amendments required by the Constitution and other legislation and, in particular, the regulatory level of the Church Act and the Church Order as prescribed by the Constitution. Because of the codification nature of the proposal, no changes in the Church-State relations are included in the report. The proposal is primarily related to the technical legislative procedure. It is proposed that the Church Order be renewed in a similar fashion. The Church Order should be passed in the same way as at present by the General Synod within the authority given to it by the Church Act. The Church Order should include the regulations concerning the constitution, administration and function of the Church that are below the level of general law. The Church Order should as far as possible follow the same structure and division as the Church Act. There would be no need to enact a separate Order of Church Elections, but the regulations concerning church elections that are below the level of law would be included in section 3 of the Church Order. The proposal also contains suggestions about the content of the law. The Church administration should be streamlined by dissolving certain subordinations. The subordination obligation of the parishes when alienating real property should be restricted in planned zones. In addition, the submission obligation should be abandoned with respect to the cemetery plan, the cemetery land use plan, and the changes in the starting times of church services. The regulations concerning church elections take into consideration the development of the general Election Law and the decisions of the General Synod. The archive services of the Church should be developed by incorporating new and more extensive regulations about church archives in the Church Act and in the Church Order. To the appropriate extent, the Church should follow the general legislation concerning archives. The proposal contains the technical reform of the regulations concerning the liability of an individual parish member to pay parish taxes. This should be done by repealing the law concerning the official buildings and funds of the Evangelical Lutheran parishes and by enacting a new law concerning the liability of the members of Evangelical Lutheran parishes to pay taxes to their parish. At the same time the law concerning the legal basis of certain payments to the parishes should be abrogated. It is also proposed that the law passed on the Church Central Fund should be repealed. The required regulations concerning the Church Central Fund should be included in the Church Act and the Church Order. The proposal also contains technical readjustments to the law concerning the Collective Bargaining Contract of the Workers of the Evangelical-Lutheran Church and the Evangelical-Lutheran Church Pensions Act. The committee completed its work on 20 April 2009 by submitting its report. The proposal was intended for the spring 2010 General Synod, which could accept it during its term. This way the new Church Act and the rest of church legislation could take effect no later than the beginning of 2013. For further planning, opinions on the committee proposal have been requested from the various administrative parties of the Church as well the Ministries of Education, Justice and Finance.

Vermögensrechtliche Autonomie der Kirche als Element der Garantie der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit am Beispiel Polens Jan Lipski

I. Einleitung Obwohl die Aktivitäten von Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften auf die Geistessphäre ausgerichtet sind, müssen sie sich in Belangen des Kultes, der Wohltätigkeit, der Pflege sowie der erzieherischen Tätigkeit unter Beachtung des vom Staat für handelnde Subjekte festgelegten Rechtsrahmens auch materieller Güter (Mobilien, Immobilien) bedienen. Heutzutage wäre es für Glaubensgemeinschaften kaum möglich, ihre Mission umfassend zu erfüllen, ohne über die dazu nötigen kirchlichen Strukturen (ungeachtet ob katholisch, orthodox, evangelisch oder jüdisch), über für soziale Zwecke gewidmete Gebäude und andere, eine solche Tätigkeit ermöglichenden Vermögensrechte zu verfügen. Bei der Erfüllung ihrer Mission bedienen sich Glaubensgemeinschaften des Vermögens und der im zivilrechtlichen Bereich allen handelnden Subjekten zustehenden rechtlichen Instrumente, vor allem als Subjekte des Eigentums und anderer Vermögensrechte (unabhängig von ihrem öffentlich-rechtlichen Status). Die historischen Erfahrungen zeigen eindeutig, dass Freiheit (u. a. Glaubens- und Bekenntnisfreiheit) begrenzende Regime unter anderem Kirchen und Glaubensgemeinschaften zustehende Rechte, insbesondere Eigentumsrechte, entzogen haben. Derartige Schritte begrenzen zweifelsohne die Handlungsmöglichkeiten der Kirchen und bringen kirchliche Organisationen in ein Abhängigkeitsverhältnis zu staatlichen Machthabern, was nach dem II. Weltkrieg auch in Polen gegeben war.

II. Versuch, das Verhältnis von Staat und Kirche nach 1989 neu zu definieren Nach über 45 Jahren des feindlichen und nicht wohlwollenden Verhältnisses der Volksrepublik Polen zur Kirche und zur Religiosität der Polen hat der polnische Staat im Jahre 1989 sein Verhältnis bezüglich der Gewissensfreiheit der Bürger sowie zu Glaubensgemeinschaften neu definiert, indem er rechtliche

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Grundlagen eines weltanschaulich neutralen Staates eingeführt hat. Vor dem Hintergrund der sich aus den Gesprächen mit der Solidarność-Opposition ergebenen demokratischen Änderungen hat das polnische Parlament – der Sejm – am 17. Mai 1989 das Gesetz über die Garantie der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit verabschiedet.1 Das Gesetz garantiert jedem Bürger die Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und umfasst die Freiheit der Wahl der Religion und des Bekenntnisses sowie die Freiheit der individuellen und kollektiven, privaten sowie öffentlichen Religionsausübung. Diese Freiheit wurde durch das Recht, Religionsgemeinschaften, d. h. Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften (im Folgenden werde ich diese zwei Bezeichnungen abwechselnd verwenden)2 zu bilden und ihnen anzugehören (oder nicht), gewährleistet. Der Gesetzgeber hat im Gesetz folgende Garantien der Gewissens- und Glaubensfreiheit festgelegt: (1) Trennung von Kirche und Staat; (2) Gleichstellung aller Kirchen, unabhängig ihrer geregelten Rechtsform; (3) Freiheit der Kirchen, Religionsfunktionen zu erfüllen. Das Gesetz enthält auch das Prinzip, dass die Rechts- und Vermögenslage der Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften in Polen nur durch Vorschriften im Gesetzesrang geregelt werden können. Das Gesetz garantiert vor allem die Freiheit der Glaubensgemeinschaften, religiös-gesellschaftliche Funktionen zu erfüllen. Darüber hinaus hat es die wichtigsten Grundsätze zur Teilnahme der Kirchen am Vermögensverkehr u. a. im Bereich der nichtgewerblichen und gewerblichen Tätigkeit der Kirchen und ihrer Besteuerung definiert. Mit Anerkennung der zivilrechtlichen Rechtspersönlichkeit der Kirchen und anderer Glaubensgemeinschaften verweist das Gesetz darauf, dass diese in Vermögensfragen durch ihre juristischen Personen agieren. Unter Beachtung der Autonomie der inneren Organisation der Kirchen und anderer Glaubensgemeinschaften gewährte das Gesetz, dass die Satzungen der Kirchen, d. h. die innerkirchlichen Normen, ihre Rechtspersönlichkeit, Organe, Zuständigkeiten, die Berufungs- und Vertretungsmodalitäten bestimmen. Das Gesetz hat den Bürgern das Recht zugestanden, die Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften sowie die von ihnen gegründeten wohltätigen Einrichtungen frei zu unterstützen (auch finanziell). Gleichzeitig sind u. a. die juris___________ 1 Ustawa o gwarancjach wolności sumienia i wyznania, Dz. U. 2000 r. nr 26 poz. 319 ze zm. 2 Von 1990 bis Ende 2008 haben in Polen 129 Konfessionen Rechtsstatus erlangt. Vgl. Główny Urząd Statystyczny [Haupt-Statistikamt], Departament Badań Demograficznych [Abteilung für demografische Forschung]: Wyznania religijne i stowarzyszenia narodowościowe i etniczne w Polsce 2006-2008: www.stat.gov.pl.

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tischen Personen der Kirchen und anderer Glaubensgemeinschaften von der Besteuerung ihrer nichtgewerblichen Tätigkeit befreit worden.3 Diese und andere steuerrechtliche Regelungen unterlagen in den darauf folgenden Jahren gewissen Änderungen. Doch galt das grundlegende Prinzip weiter, dass kirchliche juristische Personen nur insofern einer Besteuerung unterliegen als die jeweilige Tätigkeit nicht direkt mit der Kultausübung verbunden ist. Zudem sind sie von der Steuer befreit, insofern es sich um Kultausübung, Bildungs- und Erziehungstätigkeit, kulturelle oder wohltätige Fürsorgetätigkeit handelt. Dem Gesetz vom 17. Mai 1989 über die Garantien der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit wurde der Charakter einer allgemeinen Regelung verliehen, da man vorausgesehen hat, dass die das Verhältnis des Staates zu den einzelnen Kirchen (darunter ihre Rechts- und Vermögenslage) behandelnden Normen in zusätzlichen Gesetzen geregelt werden müssen.4 Zur Zeit bestehen in der polnischen Rechtsordnung einige diesbezügliche Gesetze, u. a. das Gesetz vom 17. Mai 1989 über das Verhältnis des Staates zur Katholischen Kirchen in der Republik Polen,5 das Gesetz vom 4. Juli 1991 über das Verhältnis des Staates zur Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche in der Republik Polen,6 das Gesetz vom 13. Mai 1994 über das Verhältnis des Staates zur EvangelischAugsburgischen Kirche,7 das Gesetz vom 30. Juni 1995 über das Verhältnis des Staates zur Evangelisch-methodistischen Kirche in der Republik Polen,8 das Gesetz vom 20. Februar 1997 über das Verhältnis des Staates zu den jüdischen Gemeinden in der Republik Polen9 und andere. Alle angeführten Gesetze regeln auf eine ähnliche Art und Weise die Tätigkeit einzelner Kirchen und Glaubensgemeinschaften in vermögensrechtlichen Belangen. Deshalb wird im weiteren Teil dieses Beitrags die Regelung der vermögensrechtlichen Prinzipien der Tä___________ 3 Das allgemeine Prinzip besagt jedoch, dass das Vermögen und Einkommen der Kirchen und anderer Glaubensgemeinschaften den allgemein geltenden Steuervorschriften unterliegen unter Berücksichtigung der in anderen Gesetzen festgelegten Ausnahmen. Vgl. Art. 13 Abs. 1 des Gesetzes. 4 Die Vorschriften des Gesetzes vom 17. Mai 1989 finden Anwendung für Kirchen und Glaubensgemeinschaften, deren Rechts- und Vermögenslage in anderen Gesetzen nicht bestimmt ist. 5 Ustawa z dnia 17 maja 1989 r. o stosunku Państwa do Kościoła Katolickiego w Rzeczypospolitej Polskiej. 6 Ustawa z dnia 4 lipca 1991 r. o stosunku Państwa do Polskiego Autokefalicznego Kościoła Prawosławnego. 7 Ustawa z dnia 13 maja 1994 r. o stosunku Państwa do Kościoła EwangelickoAugsburskiego w Rzeczypospolitej Polskiej. 8 Ustawa z dnia 13 maja 1994 r. o stosunku Państwa do Kościoła EwangelickoReformowanego w Rzeczypospolitej Polskiej. 9 Ustawa z dnia 30 czerwca 1995 r. o stosunku Państwa do Kościoła EwangelickoMetodystycznego w Rzeczypospolitej Polskiej, ustawa z dnia 20 lutego 1997 r. o stosunku Państwa do gmin wyznaniowych żydowskich w Rzeczypospolitej Polskiej.

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tigkeit der Kirchen und Glaubensgemeinschaften am Beispiel der die Katholische Kirche betreffenden Regelungen besprochen. Man darf dabei nicht übersehen, dass die Katholische Kirche, welche nach dem II. Weltkrieg unter allen Glaubensgemeinschaften in Polen10 eindeutig die meisten Bürger an sich gezogen hat, auch zu der Gruppe von Kirchen gehörte, die durch die kommunistischen Machthaber unterdrückt worden sind. Den Verfassern der oben genannten Gesetze war klar, dass der Gradmesser der tatsächlichen Freiheit von Glaubensgemeinschaften die finanzielle Unabhängigkeit gegenüber Staat ist. Diese Überzeugung folgte u. a. aus den unten beschriebenen Erfahrungen der ersten Nachkriegsjahre, der sog. „Verstärkung der Volksmacht“ in Polen. Ein wichtiges Element der Politik der kommunistischen Machthaber war u. a. die Bestrebung, den Kirchen das Eigentum zu entziehen sowie die finanzielle Unabhängigkeit gegenüber dem Staat zu unterbinden. Deshalb wurden in den angesprochenen Gesetzen vor allem das Verfahren der Rückgabe des den Glaubensgemeinschaften in der Zeit der VRP rechtswidrig entzogenen Vermögens geregelt sowie die Grundprinzipien der Tätigkeit der Kirchen, u. a. auf materiellem Niveau, in der neuen demokratischen Wirklichkeit festgelegt. Die vorliegende Arbeit zeigt die Art und Weise, wie der polnische Staat nach 1989, d. h. der Zeit, nachdem Polen das Recht auf Selbstbestimmung wiedererlangt hatte, die Einführung der Garantie der Gewissens- und Glaubensfreiheit in dem besonderen Bereich, der die Gewährleistung der vermögensrechtlichen Unabhängigkeit der Glaubensgemeinschaften bildet, geregelt hat, um die Grundsätze eines demokratischen Rechtsstaates zu erfüllen. Diese Handlungen konzentrierten sich auf zwei Bereiche: zum einen wurden eine neue Finanzordnung sowie Tätigkeitsgrundsätze für Kirchen festgelegt, die eine ungestörte Erfüllung der vielfältigen Aufgaben auf Basis des eigenen Vermögens sowie eine freie Betätigung ihrer Mitglieder ermöglichen. Zum zweiten war man bemüht, die Rechtsfolgen der gesetzwidrigen Handlungen während des Kommunismus, die den Glaubensgemeinschaften das Vermögen aufgrund der kirchenfeindlichen Rechtsordnung illegal entzogen haben, rückgängig zu machen. ___________ 10

Bei der Volkszählung von 1921 haben sich 62 % der Staatsbürger zur römischkatholischen Kirche bekannt, ca. 12 % zur griechisch-katholischen Kirche, 11 % zur orthodoxen Kirche, ca. 11 % zum Judentum und ca. 2,6 % zum Protestantismus. Den übrigen Prozentsatz teilten sich Vertreter anderer Konfessionen wie Muslime, AltKatholiken usw. Dieses Verhältnis hat sich im Zuge der Verschiebung der polnischen Grenzen nach dem II. Weltkrieg stark verändert. Nach Angaben des Haupt-Statistikamts bekannten sich im Jahre 2008 95,8 % der polnischen Staatsbürger zur Katholischen Kirche. Vgl. GUS / Departament Badań Demograficznych, Wyznania religijne i stowarzyszenia narodowościowe i etniczne w Polsce 2006-2008, S. 36: www.stat.gov.pl.

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III. Restitution des Vermögens der Kirchen und Glaubensgemeinschaften am Beispiel der Tätigkeit der Vermögenskommission, welche im Gesetz vom 17. Mai 1989 über das Verhältnis des Staates zur Katholischen Kirche in der Republik Polen genannt wird 1. Umfang der Verstaatlichung des kirchlichen Vermögens am Beispiel der Katholischen Kirche in Polen Die Periode der „Verstärkung der Volksmacht“ in Polen, die in Teilgebieten schon ab 1944, d. h. ab dem Einmarsch der Roten Armee in das Territorium der ehemaligen Republik Polen begann, war durch eine allmähliche Verdrängung der Religion aus dem gesellschaftlichen Leben gekennzeichnet. Obwohl die neuen nichtdemokratischen Machthaber ihre Anwesenheit auch durch die Akzeptanz der Präsenz und Tätigkeit der kirchlichen Strukturen in Polen legitimiert haben, wurde das Verhältnis zunehmend ablehnender, später sogar feindlich. Ausdruck des geänderten Verhältnisses waren Handlungen, deren Ziel der Entzug der materiellen Grundlagen der Kirchen war, insbesondere die durch die neuen Machthaber erlassenen Rechtsakte, die der Kirche die Vermögensgüter entzogen und ihre finanzielle Unabhängigkeit begrenzten. Dies sollte die kirchlichen Strukturen der neuen kommunistischen Gewalt in vermögensrechtlicher sowie in organisatorischer und ideologischer Hinsicht unterordnen.11 Den Machthabern ist es allerdings nicht gelungen, ihren Handlungen den Schein von Legalität zu verschaffen. Denn es kam während der im Stalinismus erfolgten verstärkten Unterdrückung der Kirche sehr oft zu Verstößen gegen damals geltende Regelungen, die das kirchliche Vermögen verstaatlichten. Wie aus der 1957 durch das Sekretariat der Polnischen Bischofskonferenz angefertigten Auflistung ersichtlich ist, hat die Katholische Kirche in der Zeit von 1994-1957 zugunsten des polnischen Staates 108.000 ha Boden und 3709 Gebäude verloren.12 Dieses Dokument sollte 1957 während der Verbesserung der Beziehungen von Staat und Kirche als Gesprächsgrundlage im gemeinsamen landwirtschaftlichen Unterausschuss der Regierung und des Episkopats dienen, welche – so die Erklärungen beider Seiten – die Rückgabe einiger ___________ 11

Z. Strus, Postępowanie regulacyjne a ochrona praw osób trzecich, in: Przegląd Sądowy 3 (1998), S. 3-5. 12 Die Auflistung wurde seitens der Kirche für das Treffen mit der Regierung während der Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Regierung und der Bischofskonferenz vorbereitet. Sie umfasste Angaben von 19 der 25 im Jahre 1957 existierenden Diözesen. Vgl. Ewa K. Czaczkowska, Jak wiele PRL zabrał Kościołowi, Rzeczpospolita (06.05.2011).

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Immobilien intendierte, was jedoch unterblieb. Dem dennoch unvollendet gebliebenen Dokument lässt sich entnehmen, dass die Diözesen bis Mai 1957 zugunsten des Staates außer Boden und Wälder auch 2203 Gebäude, darunter 60 Schulen und Kindergärten, 15 Krankenhäuser und Sanatorien, 550 Katechese-, Pfarr- und Exerzitienhäuser sowie 901 Wohnhäuser verloren haben. Zudem enteignete der Staat 807 nichtgewerbliche Gebäude, 381 Teilgebäude sowie 318 sonstige Immobilien, die sich im Besitz von Ordensgemeinschaften befunden haben. Darüber hinaus hat der Staat 278 Kultstätten, ca. 1000 von Ordensgemeinschaften geleitete Heil-, Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, darunter 333 Kindergärten, 75 Krankenhäuser, 68 Internate, 131 Waisenhäuser geschlossen.13 Die Machthaber der Volksrepublik Polen führten nie ein Register über das aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen einzelnen Glaubensgemeinschaften entzogene Vermögen. Aus der mehrmaligen Umstrukturierung der Staatsverwaltung sowie aus Mangel an einer geeigneten Aufsicht resultierte die Schwierigkeit, geordnete staatliche Informationsquellen zu diesem Thema zu erhalten. Dies erschwerte zweifelsohne auch die Prüfung der nach 1989 durch die Kirchen erhobenen Ansprüche. Nachdem den 1989 in Polen erfolgten ersten politischen Systemänderungen wurde beschlossen, dass ein neues, nicht mehr feindliches Kapitel im KircheStaat-Verhältnis mit der Wiedergutmachung der vorigen Gesetzlosigkeit und der Restituierung zumindest eines Teiles des der Kirche enteigneten Vermögens beginnen sollte. Am 17. Mai 1989 hat der Sejm das Gesetz über das Verhältnis zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche in der Republik Polen verabschiedet.14 Das Gesetz legte nicht nur die privat- und öffentlich-rechtliche Stellung der Kirche sowie neue Prinzipien ihrer Tätigkeit fest, sondern zudem das Restitutionsverfahren für die den kirchlich-juristischen Personen zustehenden Immobilien (bzw. die Entschädigung für deren Verlust).15

___________ 13

Ebd. Dz. U. nr 29, poz. 154 ze zm. 15 Hier ist hinzuzufügen, dass das Staat-Kirche-Verhältnis 1993 zusätzlich anhand des zwischen der Republik Polen und dem Heiligen Stuhl abgeschlossenen völkerrechtlichen Vertrags (Konkordat) vom 27. Juni 1993 geregelt wurde. Gemäß Art. 91 Abs. 1 der Verfassung der Republik Polen bildet ein ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag, nachdem er im Gesetzblatt der Republik Polen veröffentlicht worden ist, einen Teil der innerstaatlichen Rechtsordnung und wird unmittelbar angewandt. Die im Konkordat enthaltenen Regelungen stützen sich auf die Zusätze des erwähnten Gesetzes vom 17. Mai 1989 über das Verhältnis zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche in Polen bzw. werden von diesen ergänzt. 14

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2. Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der Katholischen Kirche nach 1989 Das bereits erwähnte Gesetz vom 17. Mai 1989 hat in den Art. 60-71 die Prinzipien der sog. „Regelung“ der vermögensrechtlichen Fragen der Katholischen Kirche festgelegt, was vor allem zur Klarstellung der rechtlichen Lage der rechtswidrig verstaatlichten kirchlichen Immobilien führen sollte.16 Die Systemfolge dieser Regelung soll, neben der Wiedergutmachung früherer Gesetzlosigkeit,17 neue Beziehungen zwischen Staat und Kirche, die auf Achtung der Autonomie der Glaubensgemeinschaft und gegenseitige (auch vermögensmäßige) Unabhängigkeit von Staat und Kirche aufbauen, schaffen. Wie bereits gesagt, ist die Besprechung der Restitutionsgrundlagen bezüglich des kirchlichen Vermögens am Beispiel der Katholischen Kirche für diesen Beitrag ausreichend, da sich analoge Vorschriften in anderen das Verhältnis zwischen dem Staat und anderen Glaubensgemeinschaften behandelnden Gesetzen finden, so insbesondere im Gesetz vom 4. Juli 1991 über das Verhältnis des Staates zur Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche in der Republik Polen (die Kommission beschäftigte sich 1991 damit), im Gesetz vom 13. Mai 1994 über das Verhältnis des Staates zur Evangelischen Kirche A. B. (die Kommission war ab 1994 tätig) oder im Gesetz vom 30. Juni 1995 über das Verhältnis des Staates zur Evangelisch-Methodistischen Kirche in der Republik Polen (die Kommission beschäftigte sich ab 1997 damit). Für Ansprüche anderer Glaubensgemeinschaften wurde 2000 ein zwischenkirchlicher Regulierungsausschuss errichtet.18 Die Geschichte der Restitution des kirchlichen Vermögens ist lang. Die Erstellung der im Folgenden besprochenen Vorschriften, welche auf der genannten „Regelung“ beruhen, dauerte über 20 Jahre und spiegelt die für die Transformationsperiode typischen Probleme der jungen Demokratie wieder. ___________ 16 Z. Cieślak, Rechtliches Gutachten vom 13. September 2004 Status prawny Agencji Nieruchomości Rolnych w postępowaniu regulacyjnym przez Komisją Majątkową [Der Rechtsstatus der Agentur für Landwirtschaftliche Liegenschaften] – angeführt durch K. Wąsowski, Orzecznictwo Komisji Majątkowej – publicznoprawne cechy arbitrażu [Rechtsprechung der Vermögenskommission – öffentlich-rechtliche Kennzeichen der Schiedsgerichtsbarkeit], in: T. Bąkowski / K. Grajewski / J. Warylewski, Orzecznictwo w systemie prawa, II Konferencja Naukowa Wydziału Prawa i Administracji Uniwersytetu Gdańskiego oraz Wolters-Kluwer Polska 17-18.09.2007 r., S. 164. 17 Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 8. Juni 2011 feststellt (K. 3/2009, OTK ZU 2011/5A poz. 39), war das Gesetz über das Verhältnis zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche der erste Rechtsakt hinsichtlich einer Wiedergutmachung der massiven Verstöße gegen die Freiheiten und Rechte der Menschen und Staatsbürger durch die kommunistischen Machthaber. 18 Teil IIIa ustawy o gwarancjach wolności sumienia i wyznania (Dz. U. 2000 r. nr 26 poz. 319 ze zm.) [Gesetz über die Garantien der Gewissens- und Glaubensfreiheit].

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IV. Der Gegenstand der „Regelung“ der vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Katholischen Kirche Das Gesetz hat den kirchlichen juristischen Personen das Eigentumsrecht an Immobilien, die sich am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes im Besitz der Kirche befanden und vor der Verstaatlichung im Eigentum der Kirche waren, rückerstattet.19 Die Feststellung des Eigentumserwerbs geschah durch eine feststellende Verwaltungsentscheidung des zuständigen Woiwoden, welche beim Verwaltungsgericht angefochten werden konnte. Der Großteil des der Kirche enteigneten Vermögens befand sich jedoch nicht in ihrem Besitz. Für solche Immobilien ist ein besonderes Verfahren für Rückgabeansprüche durch kirchliche juristische Personen vorgesehen – das sog. Regulierungsverfahren. Das Verfahren betraf u. a. Verstöße gegen das Gesetz vom 20. März 1950 über die Übernahme der Güter der Toten Hand, d. h. Bürgschaften von landwirtschaftlichen Gütern für Pfarrer und die Gründung eines Kirchenfonds.20 Das Gesetz sah auch vor, dass aus verstaatlichten Grundstücken landwirtschaftliche Güter im Ausmaß von 50 ha für einzelne Diözesen, Priesterseminare und Ordenshäuser, welche Bildungs- und Erziehungstätigkeit, Pflege- und Erziehungstätigkeit sowie wohltätige Wohlfahrtseinrichtungen betreiben, bereitgestellt werden. Das Eigentumsrecht konnte auch an folgenden Immobilien wiederhergestellt werden: (1) an Immobilien, die zwar enteignet worden sind, aber die Enteignungsentschädigung nicht bezahlt oder nicht veranlasst worden ist; (2) an Immobilien, welche Eigentum von Säkularinstituten und Katholischen Vereinen waren und die im Zuge der auf der Grundlage der Verordnung des Ministers für öffentliche Verwaltung vom 10. März 1950 über die Anpassung der Vereine an das Gesetz über Vereine21 vollzogenen Abschaffung übernommen worden sind; (3) am Vermögen kirchlicher Stiftungen;

___________ 19

Art. 60 Abs. 1 des Gesetzes. Die sich nicht im Besitz der kirchlichen juristischen Personen befindlichen Immobilien gingen grundsätzlich an den Staat über, eventuell konnten sie Eigentum einer Drittperson werden (Ersitzung). Vgl. Art. 60 Abs. 3 ff. 20 Ustawa z dnia 20 marca 1950 r. o przejęciu przez Państwo dóbr martwej ręki, poręczeniu proboszczom posiadania gospodarstwo rolnych i utworzeniu funduszu Kościelnego, Dz. U. nr 9, poz. 87 ze zm. 21 Rozporządzenie Ministra Administracji Publicznej z dnia 10 marca 1950 r. w sprawie przystosowania stowarzyszeń do przepisów prawa o stowarzyszeniach, Dz. U. nr 9, poz. 98.

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(4) an den 1948 im steuerlichen Vollstreckungsverfahren übernommenen Immobilien; (5) an Immobilien, die auf der Grundlage des Dekrets vom 26. Oktober 1945 über das Eigentum und die Nutzung von Grundstücken in der Hauptstadt Warschau übernommen worden sind;22 (6) an Immobilien, die ohne einen Rechtstitel in die Hoheit der staatlichen Einrichtungen übernommen worden sind, unabhängig von einer späteren derartige Übernahmen sanierenden Gesetzgebung. Gegenstand des Regulierungsverfahrens konnte auch die Weitergabe des Eigentums an Immobilien sein, deren Rechtslage nicht festgelegt war, mit dem Ziel, die Ausübung des Gottesdienstes, von Bildungs-, Pflege- und Erziehungstätigkeit sowie von karitativer Tätigkeit erneut wahrzunehmen, wenn dabei die Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden.

1. Vermögenskommission Das Regulierungsverfahren bildete die Grundlage für die Vermögenskommission, die aus einer gleichen Anzahl vom Amt für Glaubensangelegenheiten (später Ministerium für Inneres und Verwaltung) und vom Sekretariat der Polnischen Bischofskonferenz bestellten Vertretern bestand. Der eigenartige Rechtsstatus der Kommission sorgte über viele Jahre für mehrere Streitigkeiten. Die Kommission war ein sui generis verwaltendes Subjekt, obwohl sie kein Organ der Staats- oder Selbstverwaltung war.23 Ihre Zuständigkeiten wurden ähnlich den Verwaltungsorganen festgelegt. Sie hat Entscheidungen als Verwaltungsakte erlassen, welche durch verwaltungsrechtliche Vollstreckungsverfahren vollzogen wurden. Grundlage des Verfahrens vor der Kommission bildeten waren die Vorschriften des polnischen Verwaltungsverfahrensgesetzbuches.24 ___________ 22 Dekret z dnia 26 października 1945 r. o własności i użytkowaniu gruntów na obszarze m. st. Warszawy, Dz. U. nr 50, poz. 279. 23 Postanowienie NSA z 26 września 1991 r., sygn. akt I SA 768/91 [Beschluss des Obersten Verwaltungsgerichts vom 26. September 1991, I SA 768/91]. 24 Siehe: zarządzenie Ministra – Szefa Urzędu Rady Ministrów z 8 lutego 1990 r. w sprawie szczegółowego trybu postępowania regulacyjnego w przedmiocie przywrócenia osobom prawnym Kościoła Katolickiego własności nieruchomości lub ich części [Anordnung des Ministers – Leiters des Ministerratsamtes vom 8. Februar 1990 über das detaillierte Regulierungsverfahren in Angelegenheit der Rückgabe des Eigentums an ganzen Immobilien oder Teilimmobilien an kirchliche juristische Personen der Katholischen Kirche].

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Andererseits hatte die Vermögenskommission eine untypische Zusammensetzung und Funktion. Sie war kein organisatorisch (auch budget- und finanzmäßig) selbstständiges Organ, kein Teil des Innen- und Verwaltungsministeriums und verfügte über kein eigenes Budget, da die Aufwendungen ihrer Tätigkeit aus dem Ministeriumshaushalt gedeckt wurden. Sowohl die Zusammensetzung als auch das Verfahren zur Entscheidungsfindung wurden im gegenseitigen – kirchlichen wie staatlichen – Einverständnis bestimmt. Der Sonderstatus der Kommission war teilweise Ausdruck des in Art. 25 der Verfassung enthaltenen Grundsatzes der Achtung der Autonomie der Glaubensgemeinschaften. Der Verfassungsgerichtshof wies darauf hin,25 dass „im Licht des Art. 25 der Verfassung die Regelungen der Vermögensangelegenheiten in Absprache zwischen dem Ministerrat und der betroffenen Kirche oder Glaubensgemeinschaft durchzuführen sind“. Deshalb „ersetzt das Regulierungsverfahren vor der Güterkommission – wie es Art. 62 Abs. 4 und Art. 64 Abs. 2 zu entnehmen ist – das Gerichts- oder Verwaltungsverfahren. Es ähnelt in gewissem Grad dem Schiedsverfahren, in welchem über einen quasi-Inkassoanspruch entschieden wird, wobei die kirchliche juristische Person nicht nur die Rückgabe der ganzen oder einen Teil der Immobilie, sondern auch die Wiedereinräumung des Eigentums fordert“.26 Die Vermögenskommission war also ein besonderes Vermittlungs- und Schiedsorgan mit Verwaltungscharakter, das aber kein Organ der öffentlichen Verwaltung27 mit durch den Gesetzgeber gewährten gerichtlichen Zuständigkeiten im genau bestimmten Umfang war.28 In der Rechtsprechung hat sich die Meinung durchgesetzt, dass der Gegenstand des Regulierungsverfahrens einen zivilrechtlichen Charakter hat, der die Wiedereinräumung des Eigentums, Zuerkennung einer Ersatzimmobilie oder ___________ 25

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs betraf das Regulierungsverfahren auf der Grundlage des Gesetzes vom 4. Juli 1991 über das Verhältnis des Staates zur Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche in der Republik Polen, K 13/02. 26 Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, W 11/91. 27 So auch P. Pelc, Kwestia zwrotu mienia kościelnych osób prawnych w świetle ustawy o stosunku Państwa do Kościoła Katolickiego w Rzeczpospolitej Polskiej, in: Prawo kanoniczne 38,1-2 (1995), S. 104-137, 124. 28 Podobny status posiadała Społeczna Komisja Rewindykacyjna, działająca na podstawie ustawy z dnia 25 października 1990 r. o zwrocie majątku utraconego przez związki zawodowe i organizacje społeczne w wyniku wprowadzenia stanu wojennego (Dz. U. 1996 r. nr 143 poz. 661 ze zm.) – zob. wyrok TK z 14 listopada 2006 r., sygn. akt SK 41/04. Einen ähnlichen Status hatte der Gesellschaftliche Ausschuss für Revindikation, gemäß dem Gesetz vom 25. Oktober 1990 über die Rückgabe des den Gewerkschaften und gesellschaftlichen Organisationen in Folge der Verhängung des Kriegsrechts enteigneten Vermögens (Dz. U. 1996 r. nr 143 poz. 661 ze zm.) – siehe die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14. November 2006, SK 41/04.

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eine kostenlose Übertragung des Eigentums an der ganzen oder an einem Teil der Immobilie zum Ziel hat.29

2. Grundsätze des Regulierungsverfahrens Die Beteiligten am Regulierungsverfahren, ausgenommen der Antragsteller, waren die zuständigen staatlichen und kirchlichen Einheiten. Die Kommission hat über die Sachen in den mit jeweils drei vom Staat30 und dem Sekretariat der Polnischen Bischofskonferenz bestimmten Mitgliedern besetzten Spruchkörpern entschieden. Das besondere Regulierungsverfahren wurde vom Minister für innere Angelegenheiten und Verwaltung31 in Absprache mit dem Sekretariat der Polnischen Bischofskonferenz festgelegt. Die erste Entscheidung der Kommission war der zwischen den Beteiligten abgeschlossene Vergleich, in dem über die Rückgabe von Immobilien, Entschädigung oder Zuerkennung einer Ersatzimmobilie entschieden wurde. Kam es zu keinem vor dem Spruchkörper abgeschlossenen Vergleich, erließ der Spruchkörper eine den Antrag berücksichtigende Entscheidung oder stellte das Fehlen des vereinbarten Standpunktes fest. Die Entscheidung konnte bestehen in: (1) der Rückgabe des Eigentums der verstaatlichten Immobilie an kirchlichjuristische Personen, (2) der Zuerkennung einer geeigneten Ersatzimmobilie, falls die Rückgabe des Eigentums aufgrund schwer zu überwindender Hindernisse unmöglich erscheint, oder (3) der Gewährung des gemäß den Vorschriften über die Immobilienenteignung bestimmten Schadensersatzes, wenn die in den Punkten a und b enthaltenen Regelungen nicht umsetzbar waren.32 ___________ 29 Etwa die Entscheidung des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warschau vom 22. März 2006, I SA/Wa 1896/05 und vom 23. Januar 2007, I SA/Wa 66/07. 30 Zuerst das Amt für Glaubensangelegenheiten, dann das Innenministerium. 31 In der Anfangsphase der Leiter des Amtes für Glaubensangelegenheiten. 32 Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Ministerrates vom 21. Dezember 1990 w sprawie wyłączania nieruchomości zamiennych lub nakładania obowiązku zapłatyodszkodowania na rzecz kościelnych osób prawnych, obowiązek zapłaty odszkodowania ciążył na Skarbie Państwa reprezentowanym przez Ministra Finansów [Über den Ausschluss der Ersatzimmobilien oder der Pflicht zur Ersatzleistung an die kirchlichen juristischen Personen. Die Ersatzleistungspflicht lag auf dem durch den Finanzminister vertretenen Staatsschatz].

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Im Gesetz gab es den Vorbehalt, dass die Regelung die Vorschriften des Gesetzes vom 3. Januar 1946 über die Übernahme des Eigentums an den grundlegenden nationalen Wirtschaftszweigen durch den Staat33 sowie die durch nichtstaatliche Drittpersonen, insbesondere andere Kirchen, Glaubensgemeinschaften und einzelne Landwirte erworbenen Rechte nicht beeinträchtigen darf. Gegen eine Entscheidung des Spruchkörpers war kein Rechtsmittel zulässig, was später zur formellen Kritik gegen das Regulierungsverfahren führte. Sollte der Spruchkörper oder die Kommission in voller Besetzung keine Entscheidung erlassen, konnten die Beteiligten am Regulierungsverfahren bei Gericht einen Antrag auf Zuerkennung des Anspruches stellen. Wurden unvollständige Anträge bei Gericht eingebracht, erlosch der Anspruch in der gegebenen Periode.

3. Folgen der Tätigkeit der Vermögenskommission Anträge auf Einleitung des Regulierungsverfahrens konnten bis zu zwei Jahren ab dem Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. bis 23. Mai 1991, eingebracht werden (nach dieser Frist erhobene Ansprüche sind erloschen). Bei der Kommission sind bis dahin 3063 Anträge eingelangt, über 2800 davon von der Kommission geprüft. Die Spruchkörper der Kommission haben 1486 Vergleiche genehmigt, die den kirchlichen juristischen Personen das Eigentum wiedereingeräumt oder neu zuerkannt haben. Insgesamt wurden 990 entsprechende Entscheide erlassen. 666 Verfahren wurden mit einer Ablehnung oder Rückweisung des Antrags beendet bzw. eingestellt. In 136 Verfahren haben die Spruchkörper keinen Entscheid erlassen. Am Tag der Aufhebung der Kommission sind 216 Anträge unbehandelt geblieben34, die den ordentlichen Gerichten zur Entscheidung übertragen werden konnten. Die Kommission hat den kirchlichen juristischen Personen 65.500 ha (darunter 490 bebaute Grundstücke) sowie Rekompensation und Schadensersatzleistung in Höhe von 143,5 Mio. PLN zuerkannt.35 ___________ 33

Ustawa z dnia 3 stycznia 1946 r. o przejęciu na własność Państwa podstawowych gałęzi gospodarki narodowej, Dz. U. nr 3, poz. 17 ze zm. 34 Siehe: Tätigkeitsbericht der Vermögenskommission in den Jahren 1989-2011: http://bip.msw.gov.pl/portal/bip/225/19415 (23.9.2012); ferner M. Przeciszewski, Komisja Majątkowa – fakty i mity [Vermögenskommission – Fakten und Mythen], Więź nr. 11-12/2010 r., S. 74 f. sowie M. Przeciszewski, Komisja Majątkowa – działalność i zarzuty [Vermögenskommission – Tätigkeit und Vorwürfe]: http://ekai.pl/wydarzenia/ temat_dnia/x42005/komisja-majatkowa-dzialalnosc-i-zarzuty/ (23.9.2012). 35 Siehe Przeciszewski, Komisja Majątkowa (Fn. 34).

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4. Beurteilung der Tätigkeit der Vermögenskommission Die Kommission hat Ihre Hauptfunktion grundsätzlich erfüllt, indem sie im Vermittlungs-Schiedsverfahren zur Festlegung des Vermögensstatus der kirchlichen juristischen Personen, welche begründete Ansprüche erhoben haben, entschieden hat. Das aufgrund gewährter Schadensersatzleistungen restituierte Vermögen bildet die Grundlage zur Entwicklung der religiösen und karitativen Tätigkeit der kirchlichen juristischen Personen der Katholischen Kirche und anderer Glaubensgemeinschaften. Die Beurteilung der Tätigkeit der Vermögenskommission und des Regulierungsverfahrens ist jedoch nicht eindeutig positiv. Es lassen sich drei unterschiedliche Bereiche von Vorwürfen unterscheiden: (1) Nachlässigkeit und niedrige Effektivität der Kommissionstätigkeit; (2) Nichtgerechtfertigte Begrenzung der Zuständigkeiten der Verfahrensbeteiligten sowie der durch die Folgen der Entscheidung betroffenen Subjekte (insbesondere Einheiten der territorialen Selbstverwaltung); (3) Unstimmigkeiten in der praktischen Arbeit der Kommission. Obwohl die Anzahl der bei der Kommission eingegangenen Anträge nicht besonders groß zu sein schien, nahm deren Prüfungsarbeit über 22 Jahre in Anspruch.36 Die Kommission hat ihre Tätigkeit am 28. Februar 201137 eingestellt, ohne dass sie alle Verfahren formell abgeschlossen hatte. Die verbleibenden Ansprüche konnten auf Antrag der Beteiligten durch ordentliche Gerichte entschieden werden.38 Die Nachlässigkeit beim Erlass der Entscheidungen hat die Umsetzung der geplanten Tätigkeiten kirchlich-juristischer Personen behindert. Die lange dauernden Überprüfungszeiten der Anträge haben letztendlich zu vermehrten Streitigkeiten innerhalb der Kommission geführt, die mit der fehlenden Anpassung des Regulierungsverfahrens an den sich verändernden Normativkontext verbunden waren. Dass das Verfahren vor der Kommission so langwierig war, ergab sich einerseits aus dem Mangel der Verwaltungsbasis und dem Fehlen an Mitteln für die reibungslose Funktion der Kommission (etwa für die Anfertigung eigener Gutachten der verstaatlichten Immobilien

___________ 36

Die Kommission beendete ihre Tätigkeit am 28. Februar 2011. Ustawa z dnia 16 grudnia 2010 r. o zmianie ustawy o stosunku Państwa do Kościoła Katolickiego w Rzeczypospolitej Polskiej Dz. U. 2011. 18.89 [Gesetz vom 16. Dezember 2010 r. über die Änderung des Gesetzes über das Verhältnis des Staates zur Katholischen Kirche in der Republik Polen]. 38 Art. 4 des oben genannten Gesetzes. 37

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und Ersatzimmobilien39), andererseits aus dem Mangel an Hilfsmitteln für die effektive Prüfung der Anträge.40 Der zweite Aspekt bestand darin, dass der Staat, trotz der gesetzlichen Erklärung bei Unmöglichkeit einer Rückgabe verstaatlichter Immobilien, eine Ersatzimmobilie zur Verfügung zu stellen, dies nicht umgesetzt hat und den Kommissionsmitgliedern die Kompetenz fehlte, über die Bestimmung der staatlichen oder kommunalen Immobilien zu entscheiden. Aufgrund dessen war eine „Suche“ nach geeigneten Immobilien durch die Verfahrensbeteiligten (meist die Antragsteller) vonnöten, die durch befugte Organe zum Verkauf bestimmt waren. Es bestand die Verpflichtung, die Kommission über diese Immobilien zu informieren, die dann über die Verwendung als Ersatzimmobilien entschied. Die erwähnten Handlungen riefen bei den die Immobilien zum Verkauf anbietenden Trägerschaften (meist Gemeinden) Widerstand hervor, da eine Hoffnung auf Gewinn bestand und die Kommission über die Bestimmung dieser Immobilien zur Erfüllung der Ansprüche der am Regulierungsverfahren Beteiligten entschieden hat. Gegen eine Entscheidung des Spruchkörpers ist (auch von einer kommunalen Trägerschaft), wie Art. 63 Abs. 8 des Gesetzes besagt, die Einbringung eines Rechtsmittels nicht möglich. Diese Lösung war mit der ursprünglichen Annahme verbunden, dass im Fall einer Einigung zwischen der Regierung und der kirchlichen Seite kein Bedarf zur Anfechtung besteht und die antragstellende kirchliche juristische Person der Entscheidung der kirchlichen Hoheitsgewalt unterwerfen wird.41 Bei der Erstellung der erwähnten Vorschriften wurde allerdings übersehen, dass (ein Jahr später – d. h. 1990) ein beträchtlicher Teil der staatlichen Liegenschaften an die Einheiten der territorialen Selbstverwaltung (Gemeinden) übertragen worden ist, die sich eines vom Staatsschatz/budget und der Regierungsverwaltung unabhängigen Rechtsstatus (darunter war auch das Eigentumsrecht) erfreuen. Da die Kommissionsentscheidungen auch die nach 1990 im Eigentum der Gemeinden stehenden Liegenschaften betrafen, die der Kirche entwendet worden waren, waren die Gemeinden am meisten mit den Kommissionsentscheidungen unzufrieden; sie besaßen jedoch kein Rechtsmittel, um sie formell anzufechten. Auch die neue Verfassung, die 1997 verabschiedet wurde und den verwaltungsrechtlichen Status der Gemeinden begünstigte, fand beim Regulierungsverfahren keinen Niederschlag. Man verwies darauf, dass eine solche Lösung gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Selbstständigkeit der Gemeinden verstoßen kann. ___________ 39

M. Kęskrawiec, Między esbekiem, urzędnikiem i plebanem: http://polska. newsweek.pl/miedzy-esbekiem--urzednikiem-i-plebanem,12995,1,1.html (24.9.2012) [Zwischen einem Sicherheitsfunktionär, einem Beamten und einem Pfarrer]. 40 Siehe M. Przeciszewski, Komisja Majątkowa – fakty i mity, Więź nr 11-12/2010 r., S. 72 f. [Vermögenskommission – Fakten und Mythen]. 41 Ähnlich das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2007.

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Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof den in dieser Hinsicht erhobenen Vorwurf bezüglich der Aufhebung der angesprochenen Vorschriften nicht geprüft.42 Die durch die Einheiten der territorialen Selbstverwaltung erhobenen Einsprüche betrafen vor allem den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit bei der Zuerkennung der Ersatzimmobilien, was aus der Unterbewertung der den kirchlichen juristischen Personen als Ersatzimmobilie gewährten Immobilien vor der Kommission folgte.43 Solche Vorwürfe wurden bis heute formell nicht bestätigt, doch in einigen Fällen sind Ermittlung im Gange. Ein negatives Licht auf die Tätigkeit der Kommission hat auch die Tatsache geworfen, dass offensichtlich in kontroversen Fällen die kirchlichen Körperschaften vor der Kommission durch einen ehemaligen Sicherheitsfunktionär der Volksrepublik Polen vertreten waren, dessen Effektivität im Regulierungsverfahren überaus hoch war (es gab Korruptionsvorwürfe).44 Trotz der oben dargestellten Mängel und Irrtümer des Regulierungsverfahrens und trotz der negativen Presse, welche in den letzten Monaten der Arbeit der Kommission immer sichtbarer wurde, soll die Gesamtbeurteilung ihrer Arbeit dennoch positiv bewertet werden. Die Kommission konnte die Mehrheit der eingeleiteten Verfahren erfolgreich und ohne Divergenzen abschließen. Die in den Medien signalisierten Unstimmigkeiten betreffen nur einen Bruchteil der durch die Kommission entschiedenen Angelegenheiten und beziehen sich vor allem auf die zweifelhafte Tätigkeit des erwähnten Bevollmächtigten einiger kirchlich-juristischer Körperschaften.

V. Aktueller Rechtsstatus und Regelungen der vermögensrechtlichen Unabhängigkeit der Kirchen und der Glaubensgemeinschaften nach 1989 am Beispiel der Katholischen Kirche Die nach 1989 eingeführten Tätigkeitsgrundsätze für die Kirchen haben einerseits die Gleichstellung aller Glaubensgemeinschaften zum Ziel, damit alle Staatsbürger den selbst gewählten Kult ausüben können, andererseits wollten die Parteien die ungestörte Erfüllung der kirchlichen Missionen aufgrund Eigenvermögen dieser Kirchen und uneingeschränkter Aktivität sicherstellen. ___________ 42

Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 2011 (Aktenzeichen K 3/09, OTK-A 2011/5/39). 43 Newsweek Polska: Komisja Majątkowa na celowniku ABW, http://polska.news week.pl/komisja-majatkowa-na-celowniku-abw,48992,1,1.html (24.9.2012) [Die Vermögenskommission im Visier der Agentur für Innere Sicherheit]. 44 Kęskrawiec, Między esbekiem (Fn. 39).

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Wie bereits erwähnt, hat der polnische Sejm nach 1989 einige Dutzend Gesetze erlassen, die das Verhältnis zwischen dem Staat und der jeweiligen Kirche oder Glaubensgemeinschaft regeln.45 Der die größte Glaubensgruppe in Polen betreffende und als Muster für weitere Gesetze dienende Akt war das Gesetz vom 17. Mai 1989 über das Verhältnis des Staates zur Katholischen Kirche in der Republik Polen.46 In der Präambel zum eben erwähnten Gesetz erklärt der Sejm, dass das Gesetz die in der Verfassung der Volksrepublik Polen47 enthaltenen Verpflichtungen erfüllen soll und auf das Wohl des Menschen und auf die Kooperation aller Bürger bei der Entwicklung des Staates hinsichtlich der Sicherheit der polnischen Nation und des Staates abzielt. Die Grundlage dazu bilden die Charta der Vereinigten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die in die Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa aufgenommenen Grundsätze sowie die Erklärung über das Ausschließen von jeglichen Formen religions- und anschauungsbedingter Intoleranz und Diskriminierung. Das Gesetz hat in der Einleitung den Grundsatz aufgenommen, dass „in eigenen Sachen“, d. h. in den Glaubensangelegenheiten, die Kirche sich mit gemäß ihrem eigenen Recht verwaltet, die geistige und rechtsprechende Hoheit selbsttätig ausübt und die inneren Angelegenheiten selbständig verwaltet. Das Gesetz hat allerdings die Prinzipien des Verhältnisses von Staat und Kirche, u. a. den Rechtsstatus der Kirche und ihre vermögensmäßige Lage bestimmt. Das Gesetz gewährt die zivilrechtliche Persönlichkeit den im Gesetz erwähnten kirchlichen Körperschaften – u. a. den Pfarrgemeinden, Klöstern, Orden, Erzdiözesen und Diözesen.48 Die im Gesetz genannten kirchlichen organi___________ 45 Z. B. das Gesetz vom 4. Juli 1991 über das Verhältnis des Staates zur Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche in der Republik Polen, das Gesetz vom 13. Mai 1994 über das Verhältnis des Staates zur Evangelisch Kirche A. B., das Gesetz vom 30. Juni 1995 über das Verhältnis des Staates zur Evangelisch-Methodistischen Kirche in der Republik Polen, das Gesetz vom 20. Februar 1997 über das Verhältnis des Staates zu den Jüdischen Gemeinden in der Republik Polen und andere. 46 Die hier besprochenen Vorschriften sind nicht die einzigen, welche die Grundsätze der Kirchenfinanzierung ordnen. Separat werden die Grundsätze für den sog. Kirchenfonds bestimmt, welcher vor allem die Beiträge für die Sozialversicherung der Geistlichen mitfinanziert. Zudem regeln sie die Grundprinzipien der Tätigkeit der Kirche gegenüber anderen juristischen Personen im Verkehr. 47 D. h. der damals geltenden Verfassung vom 1952. 48 Als kirchliche juristische Personen bezeichnet das Gesetz die Polnische Bischofskonferenz, Metropolien, Erzdiözesen, Diözesen, Apostolische Administraturen, Pfarrgemeinden, Rektoratskirchen, Caritas Polska, Diözesancaritas, Päpstliche Missionswerke, Polnisches Militärordinariat, Domkapitel, Personalpfarreien, Konferenz der Höheren Oberen der männlichen Ordensgemeinschaften, Konferenz der Höheren Oberen der weiblichen Ordensgemeinschaften, Institute des Geweihten Lebens sowie Vereine des

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satorischen Einheiten erwerben die Rechtspersönlichkeit unabhängig von der Entscheidung irgendeines Organs – d. h. im Zeitpunkt der Benachrichtigung des entsprechenden Organs der Staatsverwaltung über ihre Errichtung durch die kirchliche Gewalt.49 Als Nachweis des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit dient die Abschrift der Benachrichtigung des entsprechenden Organs mit der darauf vermerkten Empfangsbestätigung. Die im Gesetz genannten organisatorischen Einheiten der Kirche können auch die Rechtspersönlichkeit durch Verordnung des Ministers des Amtes für Glaubensangelegenheiten erwerben. Das zuständige Organ der öffentlichen Verwaltung soll über die Berufung und Abberufung der die Funktion des Organs der juristischen Person ausübenden Person informiert werden. Die Mitteilung umfasst den Vor- und Nachnamen, die Staatsangehörigkeit sowie den Wohnort der jeweiligen Person. In der Praxis beruft sich die kirchliche juristische Person als Verkehrsteilnehmer auf die durch den zuständigen Rechtsträger erlassene Bescheinigung, welche den Erwerb der Rechtspersönlichkeit sowie die Daten der als Organ fungierenden Person beinhaltet. Das Gesetz sieht die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der einzelnen kirchlichen juristischen Personen vor, die dadurch definiert ist, dass die kirchliche juristische Person nicht für die Verbindlichkeiten einer anderen kirchlichen juristischen Person verantwortlich ist (Art. 11 des Gesetzes). Allerdings wird im Fall der Aufhebung einer kirchlichen Rechtsperson ihr Vermögen auf die übergeordnete kirchliche juristische Person übertragen. Falls keine übergeordnete Instanz besteht oder in Polen keine Tätigkeit ausübt, wird das Vermögen der Polnischen Bischofskonferenz oder der Konferenz der Höheren Ordensoberen übertragen. Das Gesetz billigt im Rahmen der kirchlichen juristischen Personen die Einberufung und Tätigkeit der inneren nichtselbstständigen Einheiten, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen, wie kirchliche Verlage, Produktions-, Dienstleistungs- und Handelsbetriebe, karitative Einrichtungen, Schulen und andere Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Solche Einheiten können auf Antrag der kirchlichen juristischen Person als zuständige Steuerorgane für getrennte Steuersubjekte, wenn sie organisatorisch abgetrennt sind, anerkannt werden. Das ermöglicht, einen bestimmten Teil der Tätigkeit einer kirchlich-juristischen Person, z. B. einer Pfarrgemeinde, die einen gewerblichen Charakter hat (z. B. Betrieb einer Apotheke) und einer Besteuerung nach allgemeinen Grundsätzen ___________ Apostolischen Lebens, Ordensprovinzen, Abteien, unabhängige Klöster, Ordenshäuser, Kleine Seminare und Priesterseminare der Diözesen, Kleine Seminare und Priesterseminare der Orden, wenn diese gemäß der Vorschriften des jeweiligen Ordens einen selbstständigen Charakter besitzen, ausgewählte Hochschulen sowie kirchliche wissenschaftliche Institute. 49 Wenn die ratifizierten Verträge es nicht anders bestimmen.

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unterliegt, steuerlich geltend zu machen. Die organisatorische (steuerlich begünstigte) Abtrennung der gewerblichen Tätigkeit der kirchlichen juristischen Person erleichtert sowohl das Funktionieren im grundlegenden (nichtgewerblichen) Umfang ihrer Tätigkeit (weniger formalisiert) als auch eine effektivere Abrechnung mit dem Finanzamt. Der Kirche und ihren juristischen Personen steht das allgemeine, im Zivilgesetzbuch festgelegte Erwerbs-, Besitz- und Veräußerungsrecht an beweglichem und unbeweglichem Vermögen, das Erwerbs- und Veräußerungsrecht an anderen Rechten sowie das Recht der selbstständigen Vermögensverwaltung zu. Auf dem Hintergrund der in der Volksrepublik Polen vorkommenden Verstöße hinsichtlich der Sicherung des kirchlichen Vermögens wurde der gesetzliche Grundsatz geschaffen, dass im Immobilienverkehr zwischen den kirchlichen juristischen Personen das Vorkaufsrecht des Staatsschatzes keine Anwendung findet. Wenn jedoch eine kirchliche juristische Person eine Immobilie von einer Drittperson erwerben will, kann das Vorkaufsrecht nur dann angewendet werden, wenn der staatliche oder genossenschaftliche Investor die Entscheidung über die Festlegung des Wohninvestitionsstandortes an dem bestimmten Grundstück vorher erhalten hat. Das erwähnte Gesetz hat die grundlegenden, später in den Steuergesetzen (hauptsächlich im Gesetz über die Einkommensteuer der juristischen Personen) präzisierten Regelungen der Besteuerung der kirchlichen juristischen Personen normiert. Der wichtigste Grundsatz ist in Art. 55 Abs. 1 des Gesetzes grundgelegt und besagt, dass Vermögen und Einkommen kirchlicher juristischer Personen den allgemeinen Steuervorschriften unterliegen, abgesehen von den im Gesetz festgelegten Ausnahmebestimmungen, wie etwa der Befreiung der kirchlichen juristischen Personen von der Besteuerung ihrer nichtgewerblichen Tätigkeit. In diesem Bereich sind die Subjekte nicht verpflichtet, die durch die Vorschriften über die steuerlichen Verpflichtungen50 geforderte Dokumentation zu führen. Der Besteuerung unterliegen jedoch Einkommen aus der gewerblichen Tätigkeit kirchlicher juristischer Personen (sowie der Gesellschaften, deren Gesellschafter nur diese Personen sind). Allerdings ist derjenige Anteil, der im aktuellen oder kommenden Steuerjahr für Kult, Bildungstätigkeit sowie für erzieherische, wissenschaftliche, kulturelle und karitative Tätigkeiten, ferner für Katechese, Denkmalpflege und die im Gesetz genannten sakralen und kirchlichen Investitionen aufgewendet wird, von der Steuer befreit.51 ___________ 50

Gesetz vom 29. August 1997 Abgabenordnung, Dz. U. z 2012 poz.749. Art. 17 Abs. 1 P. 4a und b) des Gesetzes über die Körperschaftssteuer, Dz. U. z 2011 r. nr 74, poz. 397 ze zm. 51

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Kirchliche juristische Personen sind von der Besteuerung jener Immobilien befreit, die nicht zu Wohnzwecken dienen. Eine Befreiung von der Immobiliensteuer für Immobilien, die zu Wohnzwecken für Geistliche und Ordensmitglieder bestimmt sind, ist nur möglich, wenn sie (1) in das Denkmalregister eingetragen sind, (2) als Schulinternate oder Priesterseminare, kontemplative Ordenshäuser, Exerzitienhäuser, Häuser emeritierter Priester (und Schwestern) dienen, (3) innerhalb der Gebäude der Diözesan- oder Bischofskurie, der Ordensoberen und Provinzordensvorstände, im Sekretariat des Polnischen Primas und im Sekretariat der Polnischen Bischofskonferenz liegen. Der Besteuerung unterliegen jedoch Immobilienteile, die für gewerbliche Tätigkeiten genützt werden. Der Erwerb und die Veräußerung der Vermögensrechte durch kirchliche juristische Personen, die zivilrechtlich durch Erbe, Vermächtnis oder durch Ersitzung vollzogen werden, sind von der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie von der Urkundensteuer befreit, wenn ihr Gegenstand: (1) nicht zu gewerblichen Zwecken bestimmte Sachen und Rechte oder (2) aus dem Ausland importierte Maschinen, Geräte und polygraphische Materialien und Papier sind. Schenkungen an kirchliche Wohlfahrtsorganisationen können durch den Schenkungsgeber bei der Besteuerungsbasis der Einkommensteuer geltend gemacht werden, wenn die kirchliche juristische Person dem Schenkungsgeber eine Empfangsbescheinigung oder einen Bescheid über die Zweckwidmung der Schenkung ausstellt.52 Ebenso besteht eine Zollbefreiung für bestimmte Güter für die karitative, bildende und erzieherische Tätigkeit sowie für Güter mit Kulturcharakter, die für die Ausübung des Kultes bestimmt sind und von kirchlichen juristischen Personen gemäß der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1186/2009 vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen über Grenzen transportiert werden. Kirchliche juristische Personen besitzen das Recht, für die Bedürfnisse der Glaubensgemeinschaft, für kirchliche, karitative, wissenschaftliche, bildende ___________ 52

Art. 55 Abs. 7 des Gesetzes vom 17. Mai 1989 über das Verhältnis des Staates zur Katholischen Kirchen in der Republik Polen (Dz. U. 1989 r. nr 29 poz. 154 ze zm.) in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 P. 9 B des Gesetzes vom 26 Juni 1991 über die Einkommensteuer von den natürlichen Personen (Dz. U. 2000 r. nr 14 poz. 176 ze zm.). Eine zusätzliche Bedingung des Abzugs ist eine Geldschenkung auf das Bankkonto des Schenkungsnehmers.

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und erzieherische Tätigkeiten sowie für den Unterhalt der Geistlichen und Ordensmitglieder Kollekten zu organisieren, die keiner Bewilligung eines zuständigen Organs bedürfen, wenn sie auf kirchlichem Gebiet, in Kapellen oder in Orten und in Umständen, die in der Region traditionsgemäß dazu bestimmt sind, abgehalten werden. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß den Vorschriften des Gesetzes vom 24. April 2003 über Gemeinnützigkeit und ehrenamtliche Tätigkeit53 kirchlich juristische Personen, wenn ihre Satzungsziele eine gemeinnützige Tätigkeit umfassen,54 wie die im Gesetz erwähnten Nichtregierungsorganisationen zu behandeln sind. Das ermöglicht kirchlichen juristischen Personen, Verträge zur Durchführung öffentlicher Aufgaben abzuschließen, öffentliche Subventionen für diesen Zweck zu beantragen sowie eine anderweitige Kooperation mit öffentlichen Organen im Bereich der für das Gemeinwohl nützlichen Aufgaben einzugehen.

___________ 53 Ustawa z dnia 24 kwietnia 2003 r. o działalności pożytku publicznego i o wolontariacie. 54 Die Satzungsziele der kirchlichen juristischen Person umfassen die gemeinnützige Tätigkeit, wenn sie eine für die Gesellschaft nützliche Tätigkeit ist, die durch Nichtregierungsorganisationen im Bereich der im Gesetz bestimmten öffentlichen Aufgaben erfolgt. Voraussetzung ist die Erfüllung von Aufgaben folgenden Bereichen: – Sozialhilfe, darunter Hilfe für die Familien in schwierigen Lagen sowie Chancenausgleich dieser Familien und Personen; – Familienunterstützung und Unterstützung der Ersatzobhut; – karitative Tätigkeit; – Tätigkeiten, welche die Entwicklung von Gemeinschaften und lokalen Gesellschaften fördern; – Lehre, höhere Bildung, Ausbildung und Erziehung; – Erholung für Kinder und Jugendliche; – Kultur, Kunst, Schutz der Kulturgüter und der Nationalen Erbe; – Förderung und Organisation des Ehrenamtes; – Tätigkeiten zugunsten der Familie, Mutterschaft, Elternschaft, Verbreitung und Schutz der Kinderrechte; – Suchtbekämpfung und Bekämpfung der sozialen Missstände. In einigen Demokratien ist das Verhältnisse zwischen dem Staat und der Kirche – auch in finanzieller Hinsicht – ziemlich intensiv, ohne Schaden für die kirchlichen Funktionen. Doch konnte eine solche Beziehung in Polen nach einer so langen Kampfperiode um die Unabhängigkeit der Kirche von den Machthabern, die der Kirche gegenüber feindlich eingestellt waren, nicht akzeptiert werden.

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VI. Zusammenfassung Das Verhältnis Staat-Kirche wurde am Vortag der demokratischen Wende in Polen neu definiert. Der Hintergrund dabei war das große Leiden, welchem die Glaubensgemeinschaften (insbesondere die Katholische Kirche) in der Volksrepublik Polen ausgesetzt waren sowie die entschlossene Bestrebung der damaligen Machthaber, die materielle Selbstständigkeit der Kirche zu vernichten. Ohne die frühere, zumindest partielle Wiedergutmachung der Gesetzlosigkeit in Bezug auf das der Kirche entzogene Vermögen hätten die neu eingeführten klaren Rahmen der Finanzierung und Tätigkeit der kirchlichen juristischen Personen ihren Zweck nicht erfüllt. Dank des neu geordneten Verhältnisses zum Staat konnten die kirchlich-juristischen Personen ihrer Glaubens-, Wohlfahrtsund Erziehungstätigkeit ordnungsgemäß nachgehen. Die allgemeinen Grundsätze, die in das Gesetz von 1989 eingefügt worden sind, haben in sämtlichen Gesetzen, die das Verhältnis zwischen dem Staat und den einzelnen Kirchen oder Glaubensgemeinschaften regeln, ihren Niederschlag gefunden. Sie sind Ausdruck staatlicher Akzeptanz der von Glaubensgemeinschaften organisierten und getragenen Tätigkeiten und der durch sie erfüllten gesellschaftlichen und religiösen Funktionen. Man hat erkannt, dass die Freiheit der Tätigkeit der Kirchen und Glaubensgemeinschaften im Zusammenhang mit der Bekenntnisfreiheit der Bürger ein zu schützendes Gut ist. Aufgrund der historischen Erfahrungen ist man davon ausgegangen, dass die organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit der Kirchen und Glaubensgemeinschaften vom Staat eine wesentliche Voraussetzung für die Autonomie und die ungestörte Betätigung der Glaubensgemeinschaften ist. Deshalb gewährt das in Polen geltende Recht, dass Glaubensgemeinschaften in ihrer Tätigkeit frei sind. Die finanzielle Unterstützung der Kirchen seitens der Bürger sowie die Gewinnung der materiellen Mittel durch die Glaubensgemeinschaften sollen durch keine Steuer- oder Verwaltungshindernisse erschwert sein. Dieser Ansatz zeigt, dass das Verhältnis Staat-Kirche auf dem Modell der freundlichen Trennung von Staat und Kirche basiert, bei der der Staat die geistigen Bestrebungen und Bedürfnisse der Bürger billigt und das Recht auf freie Wahl der individuellen ethischen und religiösen Muster und Überzeugungen garantiert. So können die Kirche und andere Glaubensgemeinschaften ihrer Glaubenstätigkeit nachgehen sowie andere, insbesondere gemeinnützige Unterfangen im Bereich der öffentlichen Aufgaben, aus eigener Initiative und mittels eigener Finanzierung durchführen.

New Developments in the Relationship between State and Religious Communities in Norway Øystein Lund

I. Introduction Officially, the situation concerning relationship between state and religious communities in Norway has changed significantly in the very month that this contribution was written (May). The state of Norway is does not anymore have an official religion mentioned in the Constitution, and the Majority Church; the Church of Norway is no longer officially a State church. At present around 80 % of the Norwegian population are members of the Church of Norway,1 the Norwegian state Lutheran church. The historical relationship between Norwegian Lutheranism and the state has always been close, and at present is still a part of the official Norwegian State administration and regulated through Norwegian official law. The State church system has until now been rooted in the Constitution § 2, which stated that the state’s public religion should be the Evangelical-Lutheran.2 By the Constitution, the King has been the head of the Norwegian Church, while the Parliament is the supreme legislative body. In practice, the church minister (at least half of those present ministers must be members of the Norwegian Church), which exercises the state management of the church, and the Ministry of Education and Research that has administrative responsibility. Parliament adopts the ecclesiastical laws and adopts the framework for church budgets, while the government, among other things appoint bishops and deans and to consider the teaching issues in service matters and employment. ___________ 1

The official name of main Lutheran church in Norway is “Den norske kirke” which is translated “The norwegian Church”. I use this name even though many of the churches of Norway find this name somewhat strange and exclusive. 2 The full text of the original version of § 2 reads: “The Evangelical Lutheran religion remains the public religion of the State. Those inhabitants, who confess thereto, are bound to raise their children to the same. Jesuits and monastic orders are not permitted. Jews are still prohibited from entry to the Realm.” The Paragraph has been emended several times so that all the latter parts have been deleted.

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This relationship between the state and Norwegian Lutheranism was an exclusive one. This exclusivity has progressively diminished as the modern tendency of tolerance has brought the state from this exclusive attitude in which other religious communities were banned out right, to a gradual acceptance of them. This progressive process of including other religions began in 1845 with a special law regulating “those dissenting from the state religion”. This vocabulary changed significantly in 1969 so that the law did not primarily see the members as dissenters, but as members of faith communities outside the Church of Norway. This was changed at May 22 2012, so that from this day the Constitution no longer says anything about a Religion of the State, but shortly short states that “our foundational values remain our Christian and humanistic heritage. This Constitution is to guarantee democracy, a state of law, and human rights.” The state will no longer be responsible for running religious activities, but “support the Church of Norway as a national folk church and other religious and life stance communities on an equal b asis”. Formally the majority church in Norway will nevertheless a receive favored position, and this faith community is still rooted specifically in the Constitution: “The Norwegian Church, the Evangelical Lutheran Church, remains the Folk Church of Norway Norwegian national church.” So, how significant is the change? In 2011 the Norwegian church reported having 3.832.679 registered members. The figures of the other communities were, all totalled around 500.000: 275.000 for other Christian communities, 112.000 for Islamic communities, 86.000 for life stance communities, 15.000 for Buddhist communities and 12.000 for other religious communities.3 All things considered the attitude of the state to religion in general, whether through legislation or political discourse, has been directed towards the Lutheran Church, while other religious communities, though receiving concessions, have been considered to be exceptions to the state-church. This is for example seen in how “faith” is defined (an intellectual enterprise which normally is restricted to the home or church room – with no outward signs like eating regula___________ 3 The largest church outside the Lutheran Church is the Roman Catholic Church with approximately 115.000 registered members. However, this number only counts the members with a Norwegian Social number. There are many Polish and Lithuanian guest workers in Norway who do not posses a social number, and this is what makes for the vast difference between the number of people the Catholic church serves (which is more than 200.000) and that which the state recognizes. This is why the support that the Catholic Church receives from the state is for only about half of the real amount the Church serves (110.000).

New Developments between State and Religious Communities in Norway

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tions, significant traditions or attitudes. Religion is a private matter), how leaders of other faith communities is to be educated at a certain level in order to enter the Kingdom (the leaders must by law have an academic degree equivalent to the Lutheran ministers [5-6 years on a master-level]), the state finds it completely strange that a faith community has laws regulating the faith community and its members (Canon law or Sharia) – and so on. The religious vocabulary and mindset of the nation is deeply rooted in a Lutheran way of thinking – in later years combined with a more secular way of thinking. It is significant that the first time the government appointed a committee to suggest the state’s future policy towards all Religious and Life Stance communities happened only in 2010. And the signals of the committee does not point in a direction where the state wants to have an active policy of promoting the different religious communities, but it seems to work more in the direction of stating the rights of the members of communities and in the direction of solving issues where the religions constitutes problems in the society. The normal situation in Norwigian politics has been that the Church of Norway is discussed as one case, and only subsequently the cases of all the other communities – and then in the sense of religious freedom. This chapter on the situation in Norway will therefore largely deal with some interesting developments in the relationship between the Norwegian state and the Church of Norway. As well as these developments, I will also, at some stages in the chapter, discuss the situation of other religious communities in Norway. I hope that my presentation will provide an overview of developments, and during this presentation I will also try to raise some questions to the claim that these developments have led to a weakened relationship between the official church and the state. I am to a large extent dependent upon other writers who have a more specialized competence on the history of the relationship between state and church in Norway, and also on people who know the political process a lot better than I do.4 But I have taken up the challenge to present an overview of these developments, and give some comments on even newer developments in Norway concerning the relation between the state and the religious communities within the country. ___________ 4 Cf. especially Bernt T. Oftestad, The Church of Norway – a State Church and a National Church, in: Studie Theologica 44 (1990), p. 31-37; Idem, Den norske statsreligionen, Kristiansand 1998, [The Norwegian State Religion], Odd Einar Dørum, The State and Church Moving Toward Dissolution in Norway, in: Fleur de Beaufort / Ingemund Hägg / Patrick van Schie (eds.), Separation of Church and State in Europe: with views on Sweden, Norway, the Netherlands, Belgium, France, Spain, Italy, Slovenia and Greece, Brussels 2008, p. 45-57.

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II. New Developments The most striking development is that in recent years various forces or stakeholders have worked to weaken, or at least change, the ties between the Church of Norway and the state. These changes of the attitude of the state to its church have recently brought modifications to the Constitution. One of these modifications is that the Norwegian state will no longer consider any specific religion to be official, while another is that the extent that the Church of Norway has been controlled by government and parliament will no longer be as it was in the past. At least so it is said. 1. A brief history5 The Roman Catholic Church in Norway was little influenced by the religious upheavals of the 16th century which spread across the rest of the continent. Lutheranism, which had taken hold of all levels of society in Germany, did not do so here in Norway. Testimonies of Lutheran ideas gaining a foothold among either laity or clergy are scarce and rather insignificant. Nor, for that matter, does it seem that the life of the Church was affected by the dissolution and spiritual decay that could be found in Germany at that time. It is safe to say that Roman Catholicism at the time of the reformation was healthy and intact.6 Whereas in Denmark, the transition from Catholicism to Lutheranism was the result of many political controversies and popular movements, this was not the case in Norway. 7 Norway had remained, to a large extent, outside this maelstrom of dramatic events. It was obvious to the Danish reformers, that if Lutheranism were to succeed in Norway, then it had to happen by force from above. So it was, it is a fact that Norwegian Lutheranism was instituted solely by military and political means. Only in this way could the churches “be cleansed” of the objects of Catholic worship and religious leaders be removed. Later came the extensive preaching of Lutheranism among the people, together with the suppression of popular expressions of Roman Catholic Christianity. 8 From 1537 Catholicism was an illegal religion, and survived concealed within popular religious practice.9 This is why it took time for the reformation to ___________ 5 6 7 8 9

This chapter draws heavily on Bernt T. Oftestad, Den norske statsreligionen (Fn. 4). Ibid., p. 40. Ibid., p. 41. Ibid. Ibid., p. 40.

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seep into the entire population. It seems that the process of the integration of the general population into the Lutheran confession was only completed in the 1600s. Only then does it seem that the common man had become Lutheran in attitude as well as in practical piety.10 However, the dissolution of Norwegian Catholicism was not simply a religious phenomenon without political repercussions, for the Norwegian Catholic Archbishop of Nidaros (Trondheim) was also the chairman of the Norwegian State Council.11 This important position was the only practical source of Norwegian autonomy before the Danish crown. Thus, when the Catholic Church was chased out of Norway, the last vestiges of national sovereignty went with it. As a result of this essential change in the political structure, the Danish king added all of Norway under Denmark in line with the Danish counties. In addition, the Norwegian churches became directly controlled by the king and his administration.12 With the introduction of the Reformation into Denmark and Norway, the king became the supreme magistrate in the kingdom. The ecclesiastical power became subordinate to the king. This difference can be clearly portrayed in the changes, the rite of coronation took after the reformation. In the old rite, the king used to promise fidelity and love to the “Holy Church”.13 These words were removed in the post-reformation rite in which the king promised that he “would love and serve the Almighty God, protect and promote his holy word, for God’s glory and for the progress of the faith”.14 Thus, the church as an independent legal institution was gone. By assuming leadership of the Church, King Christian III. of Denmark and Norway in 1537, laid the foundations for the state church system that still prevails in Norway and Denmark to this day. The removal of the church as a physical and hierarchical entity was from a theological perspective the result of the new Lutheran ecclesiology. In Confessio Augustana art. VII the church is primarily seen as an entity which is present where “the gospel is rightly taught and the Sacraments rightly administered. And unto the true unity of the Church, it is sufficient to agree concerning the doctrine of the Gospel and the administration of the Sacraments. Nor is it necessary that human traditions, rites, or ceremonies instituted by men should be alike everywhere.”

___________ 10

Ibid. Ibid., p. 41. 12 Ibid. 13 Ibid., p. 43. 14 Cf. I. Rørdam, Den jyske og den sjællandske sognepræst: 1871-1883, 1883, p. 7579, in: Oftestad, Den norske statsreligionen (Fn. 4), p. 43. 11

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This section tin the CA hat discusses ecclesiology is widely interpreted in the light of what is generally known within Lutheran theology as adiaphorous. There exists something that is fundamentally fixed in the teachings from God and cannot be altered. And then there are many other issues that are only a matter of human decisions (adiaphorous); the order within the church being among these. The result of this theology was that the King became responsible for regulating both Worship and Christian education. This part of the history is quite important in order to understand that in a Norwegian mindset, it is quite natural that the state should play an active role in managing the church. However a problem arises within this theological dynamic when it is the state itself that no longer wishes to be considered Christian. The theory of absolute sovereignty, which was accepted in Denmark as in most of the European countries during the seventeenth century, stimulated the process of political and administrative centralization.15 That was also the case within the church. The remainder of parochial vocation was deleted; from the 1660s the King and his bureaucracy administered the vocation of the ministers, while the bishops were responsible for the ordination. The clergy kept a spiritual authority, but they were at the same time servants of the King and royal officials, which in turn automatically gave them a high social status in their local societies. Although the King’s absolute power gradually weakened, for the next 200 years Norwegian church affairs were administered by government bodies, central, regional and local, which were at the same time church offices. Bishops, deans and pastors were civil servants, appointed by the King. Even though Norway was free from Denmark in 1814, the country was given to Sweden that same year. But in that interim period the founding fathers of the Norwegian state wrote a constitution. When Norway secured its Constitution in 1814, there were no fathers of the Constitution who wanted changes made to the state church system which had existed for centuries under the Danish crown. Continuity is stressed in the Constitution’s article 2, which affirms that “[t]he Evangelical-Lutheran religion shall remain the State’s official religion”. The State-Church system was retained, although interestingly enough, the word “Church” was not used in the constitution. The fact that the state-church system is rooted in the Constitution has posed a clear challenge to the dialogue between the church and the parliament in recent years. In the first place the dialogue does not occur primarily within ecclesiastical bodies, but rather within the court’s of the legislator, in which secular legal issues play a significant role. But the rooting of the state church system in ___________ 15

Oftestad, The Church of Norway (Fn. 4), p. 32.

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the Constitution does also mean that a change must be approved by at least two-thirds majority in parliament in two consecutive periods. For this reason, the possible changes will be limited to what almost all in parliament can agree upon. It leaves little room for thinking in a principled way to such significant modifications. A bill to change the constitution was amended in May 2012. The foundation of the Norwegian state in 1814 opened up a democratic process in society. Freedom of speech and an almost universal suffrage were prescribed in the Constitution. Within parliament the deputies administered the will of the people. This parliament was to be the entity responsible for church legislation. And the government that grew out of parliamentarism was to execute church policy. In 1845 Norway a law for dissenters was enacted that allowed Christian communities outside the state church to establish themselves in the country under state control. It also permitted citizens to leave the state church in order to join those other communities. In 1851 Jews were allowed to live in Norway. While in 1891 non-Christian communities were also allowed in the country. The last restriction towards Catholics was only abolished in 1969, when the ban on Jesuits entering the country was lifted. This legislation from the 1840s became the basis for religious plurality in Norwegian society. From that time till the present, the mentality of religious pluralism has only grown and spread more extensively. Non-Lutheran denominations and churches grew up. By relaxing the strict unity of state and church great spiritual revivals began popping up around the country, making the spiritual life of the state-church ever more complex.16 These revivals elicited a “double structure” within the life of the Norwegian church. For on the one hand there existed a local State Church with its congregations, while on the other a dynamic and voluntary lay movement with organisations and agencies for almost every facet of Christian life, which included, missions at home and abroad, Sunday schools, youth work and diaconal ministry to name a few. From the time that the layman Hans Nielsen Hauge (17711824) preached personal conversion, and attacked the rationalistic and spiritually dead clergy, there has been a strong lay movement in Norway. But Hans Nielsen Hauge, the nearly-canonised-founder and leading light of the Home Mission, commanded in his last will that his followers should remain within the State Church. Such was the strength of this movement, that the official Church was obliged to abandon its opposition to lay preachers towards the end of the century. This was the price it had to pay to seal its alliance with the large Christian organisations that were stronger than ever at this time. The attitude of a ___________ 16

Oftestad, The Church of Norway (Fn. 4), p. 36.

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number of these organisations can be summed up by the motto that a number of them took on: “In the church, but not under the church”. This dual structure which included lay preachers within the structure of an official church, had some interesting side effects; namely that perhaps most conservative groups (those who did not cooperate much at all with the official church). were among its strongest defenders because they saw how it provided a Christian soil within which their organizations could work.

2. Reforms from 1852 until today The questions concerning the relationship between the State and the Church, on interior Church organization of the church itself, as well as the role democracy should play within it, have been the subject of debate for many years. These discussions have especially been facilitated within the so-called “reform movement” within the Norwegian Church. They are also partly linked to the processes of liberalization and democratization within the Norwegian society from the mid-19th century. During the 1900s, several major and minor ecclesiaastical reforms were based on a desire to soften the framework of the State Church. The Church Commission of 1908 worked on discussing the relationship between church and state and other reform issues. The work of this commission resulted in some reforms, including the introduction of the Parish Councils in 1920. A further development came with the law on Diocesan Councils in 1933. In 1934, the Bishops’ Conference was given an official status within the Church. These reforms led to closer relations between ordained ministry and a more democratic synodic structure, which in turn led to a weakening of the one-sided hierarchical structure of the church. In the years of German occupation of Norway (1940-45) a strong emphasis arose on the church’s sovereignty and freedom in spiritual matters.17 The document entitled “The Foundation of the Church” from 1942, formulated some basic principles of the relationship between church and state. The document pointed out that the state must interact with the ecclesial bodies and respect the church as a confessing church without using coercive measures or using the church for political or ideological purposes. Immediately after the war a committee for church ordinance was appointed. In 1948 this committee presented a unanimous recommendation to adopt a new church legislation with several reform proposals. Most of the reforms had disappeared when the “Act on the Norwegian Church’s ordinance” was passed by Parliament in 1953. ___________ 17 Oftestad, The Church of Norway (Fn. 4), p. 35 and Oftestad, Den norske statsreligionen (Fn. 4), p. 213-232.

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In 1965 a commission was set up by the voluntary ecclesiastical congress. The result of the commission’s work was delivered four years later with the document entitled “Reform of the Norwegian Church”. During the work of the commission, the government proposed to legislate for the Church Council. In 1969 the Parliament adopted the law of the Church Council. That same year, the “Law on Religious Communities” was adopted. In 1969, a new ecclesiastical investigatory commission was appointed. In 1973 they presented the document “The Norwegian Church and State”, which includes a thorough assessment of the fundamental relationship between church and state. In 1971 Parliament appointed the so-called Sivertsen Committee, which submitted its report after four years of work (NOU 1975:30: State and Church). Eight of the 12 members who were appointed were decided upon the discontinuance of the state-church system. Their reasons for their decision included their interest for the equality of religious communities with the Lutheran Church as well as the Church’s independence from the state. The hearing subsequently showed that a large majority of respondents to the consultation wanted to keep the statechurch structure, although several pointed to the need for church reform within the state church system. The Follow-up of the report came in 1980, when White Paper No. 40 (concerning the relationship between church and state), was presented by the labour government. It concluded that the state-church structure would be continued, ensuring a broad national church. In 1984, it adopted a number of changes in church law which would give the church more autonomy, without changing the relevant constitutional clauses. The most important change was the creation of the Synod, the Church Council that would function as a preparatory and executive body. The work of church reform went further, and in 1996 adopted a new “Act on the Norwegian Church”. Here the parish is defined as a separate legal entity, with the parish council and other related bodies such as the Council of the national parishes took a number of ecclesiastical functions from the municipality. The law thus led to the local church having a more independent position. However, the parliament maintained its authority over the laws and the financial framework of the church and the appointment of bishops remained the government’s prerogative. In 2002 the report entitled “The Same Church – A New Church Structure” concluded that the strong ties between the church and the state must be loosened. In November 2006 the general synod voted in favour of a radical change, saying that it itself should assume all church authority and that the church should no longer be referred to in the country’s constitution as a state or national church. The synod's decision is in line with a proposal made by a government appointed commission earlier in 2006.

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During these years a development concerning the relationship between the state and Religious communities also took place. As society became more open, and new regulations gave more freedom in religious matters. Financially, fair shares among the religious communities were introduced in 1969. All registered religious and life stance communities have a right to the same federal support per member as is given per member to the official state church. There is broad support in favour of maintaining this practice; such support is reflected in the settlement recently agreed upon by all seven parties in the Storting. Many of the religious and life Stance communities of Norway have however maintained that the system does favour the State church. The members of the Church of Norway are counted on basis of all registered citizens, while the other communities must register all their members. And for example the Catholic Church does probably serve more than 200.000 Catholics who pay tax, while they are only getting money for those who can be registered – a number close to 100.000. The reason for this difference is partly that only those with a Norwegian security number can be registered, and partly that all the new guest workers must first be informed about the necessity to be registered, and then actually be registered.

3. The newest development in the discussion on the relationship between the State and the Church of Norway As we have seen above, there has been a development concerning church reforms, predominantly by church leaders of the reform movements. Some parties within the church have been clear in their wish for separation. The church itself has made clear that it wants to be an autonomous religious community as opposed to being the religious branch of the state. Church bodies want autonomy as a religious community, without political interference. It is however impossible to understand the latest developments without bringing in two other dominant groups that take part in the discussions. The first group consists of those who are concerned about the principle of freedom of religion, as well as being opposed to the idea of a state church. Pressure to separate the church from the state has indeed come from both minority groups – who argue with reference to human rights and international conventions which point at the idea of a state religion as discriminatory towards other religions.18 In fact, in the latest report from the committee appointed by the church, this argument was forcefully put forward. ___________ 18

Dørum, State and Church (Fn. 4), p. 50.

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The second group consists of people who – even if they embrace both the liberal state as well as religious freedom in principle; maintain that the only guarantee for freedom and diversity in the church as well as the existence of an open and pluralistic folk church guaranteed by the state in some form or other. This group maintains that only through this solution is it possible to avoid that small groups in the church will get too much power.19 I think it is significant that leading politicians in the labour party, as well as in the Centre party, to a large extent, adopt these views. Those holding these positions do not justify a continued connection between the church and the state as a matter of principle, but more on the basis of political realities and political power. The largest governing party, the social-democratic Labour Party, has been accustomed to exercising power and control over the state, as well as over the church. Until recently, it has wanted political control over the church to be maintained, among other reasons, in order for the government to be in charge of appointing bishops. The goal in this control was to promote the creation of a broad folk church, not dominated by conservatives and pietists.20 In order to understand how such a control can be exercised, one has to have in mind that a large majority of the Norwegian population has a very positive view on the State. In the Norwegian context has a large majority that sees the state as an unambiguous positive size. The state is responsible for people's welfare from birth to grave, and the state are mainly seen as guarantees for prosperity and a secure life. It is particularly within the Labour Party, but also in some other political parties that it thinks is prevalent. The State is here viewed as an unambiguous positive size that guarantees the rights and uniquely to the individual citizen, and provide the common good through the welfare state. A church that stands outside of this great community will potentially be perceived as suspect. In the official document Improved democracy in the Norwegian Church (Recommendations from a committee appointed by the Ministry of Culture and Church Affairs, 13 February 2008), the question on democracy in the Church of Norway is discussed.

___________ 19 Cf as an example Dag Thorkildsen, Demokrati først, ordninger så, in: Njål Høstmælingen et. al. (eds.), Stat, kirke og menneskerettigheter, Oslo 2006, p. 109-117 [Democracy first – church ordinances thereafter]. 20 Dørum, State and Church (Fn. 4), 46. For a discussion on the relation between the Church and the Labour Party, cf. Oftestad, Den norske statsreligionen (Fn. 4), p. 245259.

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The document argues that a democratic culture in which differences of opinion and debate takes place is important to maintain an open and inclusive church. A democratic culture makes the church better equipped to fulfill her mission, the document argues. It is however nowhere proofed how this is the case. The religious or ecclesiastical justification for a widespread democratic management of the Church of Norway is argued through the “The doctrine of priesthood of all believers”, which was formulated by Martin Luther and is a fundamentally religious premise in order to provide democratic systems with an ecclesiastical legitimacy. 21 The argumentation is centered on baptism and the “priesthood of all believers”. All who are baptized have the same opportunities for insight into God’s word and God’s will. They have the same rights and duties in the church and church life. The idea of the “priesthood of all believers” is the rationale that provides any individual Christian with a spiritual dignity. This also mean that the responsibility for the life of the church belongs to the whole community, and that each church member share in this responsibility. Given that all the baptized share in the priesthood in of all believers, the government document rejects the idea that the responsibility for church order and church management is reserved for a special priestly office. The affiliation to the church does automatically provide a person with a right to participate in the management of this church. The ordained ministry is said to be in charge of public preaching of the gospel and administration of the sacraments. This ordained ministry shall however exercise its responsibility within the framework of the democratic councils. This also implies a special responsibility to safeguard the learning aspects in the church governance. The demand for a democratic reform within the church is primarily been raised by political actors. The Ministry of Church affairs (Labour Party) justifies the need for a strengthening of the democracy in the church with the goal of preserving the Church of Norway as an open and inclusive church. If the church is to be such a church, it depends on trust and a sense of belongig with a broad part of its members.22 It is probably an understatement to say that it is not the quest for more ecclesiastical legitimacy that was in the fore. ___________ 21

Kultur-og kirkedepartementet, Styrket demokrati i Den norske kirke: innstilling fra en arbeidsgruppe oppnevnt av Kultur-og kirkedepartementet 13. februar 2008; avgitt til Kultur-og kirkedepartementet 13. mai 2008, [Improved democracy in the Norwegian Church] Oslo 2008, p. 28. 22 Styrket demokrati i Den norske kirke, Oslo 2008, p. 22.

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It is an interesting feature that democratization proposals in little or no extent promoted to ensure that the church elected bodies arrive at solutions that ensure that the Church maintains and promotes the issues and positions that are rooted Scripture and Confession (Lutheran fine word). The responsibility of the council of Bishops (and a special Teaching Tribunal) to exercise control with the teaching of the church is kept in the new Order. But this has been played significantly down in the different documents preparing for the new relationship between Church and State.

III. The Proceedings in Parliament One of the main issues in the discussion has been that the Church of Norway has not had a legal status as a legal entity / person. This has been justified by asserting that the church formally is a part of government administration.23 The problem is that the state-church system is so tightly woven into the constitution that it is difficult to release it as an independent legal body in relation to the state. As long as the management structure (in which the King rules through the government) exists, it will be difficult (both in principle and in practice) to give the church the status of legal personality. The governmental committee that wrote the proposed bill, claimed, however, that the “The Norwegian Church’s lack of status as a separate legal entity does not imply any disapproval of the church as a religious community. Nor does it mean that the church is a normal part of the government administration”. The majority of the committee recommended, however, that in the future the Church of Norway should be organized as a national church regulated by a special law given by the parliament. This means that the Constitution's current rules on state church system would be revoked and the Norwegian Church would be established as an independent legal entity. The Norwegian Church was to be given a special status in relation to other religious and life stance communities through a separate church law, adopted by the Parliament. The

___________ 23 Cf. NOU 2006: 2 The State and the Church of Norway. When the Norwegian Church is not a legal entity separate from the state, it means in practice, that as such it can not be in any legal relationship with another party, whether in contract form, or in cases before the courts. The church can however enter into or perform other legal acts, but to the extent that the ecclesiastical bodies do this, it must be pursuant to law, and then, they will then in a formal sense, be acting on behalf of the state so that in the end it is the state that is the legally binding party.

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Parliament did however not adapt this part of the proposal. When the proposed bill went to the Parliament, some of the reforms were changed.24 It seemed to be a tendency that the Parliament agreed to give the church bodies more power, but at the same time keep the church within the state administration. In the report on the church and the state given to the Parliament, the Ministry of Culture and Church, discussed the relationship between the state church and freedom of religion and life stance. The government contends in its report to the Storting that neither the state church in its current form, nor any other special arrangement for the Church of Norway, contradicts general (liberal) goals for life stance and religious politics or international commitments (e.g. in the area of human rights). This may of course be debatable. A unique position for a dominant folk church need not be problematic, as long as other life stance and religious communities have their rights protected in a comparable way, within the framework of a society of a high level of tolerance and freedom. This involves among other things that all life stance and religious communities in Norway have equally generous financial arrangements. In 2011 the Norwegian church got about 1.55 billion Norwegian Crowns from the state. Since the state church consists of roughly 3.9 million members that implies, that each member pays about 400 Norwegian Crowns to the church (i.e. appr 50 euro). In addition, all the Norwegian municipalities have a statutory duty to allocate money for the operation of the local parishes. Other recognized religious and life stance communities receive the same amount per member from both the state as well as from municipalities. The Norwegian Parliament’s consideration of the relationship between the church and the state ended in a broad compromise to which all parties agreed. Many of the parties in parliament wanted a decisive separation of church and state, but they were met with stark opposition from two of the three sitting governing parties: the Norwegian Labour Party (Arbeiderpartiet) and the Centre Party (Senterpartiet). Due to the fact that a change in the Constitution must be approved by at least two-thirds majority in parliament in two consecutive periods, the compromise was probably the best result that was possible to achieve at this stage. The alternative would have been nothing at all. In our view, we are halfway to complete separation. The agreement will as a consequence result in the fact that the Constitution’s resolutions that the state is connected to a religion and that the state controls the church, will be repealed.25 ___________ 24 The Norwegian Parliament considered Report to the Storting nr. 17 (2007-2008) on The State and the Church of Norway. 25 Dørum, State and Church (Fn. 4), p. 46.

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The settlement between the parties in the Parliament resulted in the further development of democracy within church, and changes in the Constitution and other laws have been agreed upon. The settlement shows which problems are the most controversial, some of the main points are:26

1. Appointment of bishops and deans, democratic reform All the parties agree that a process will be set in motion whereby the parties’ common goal is to transfer responsibility for the appointment of bishops and deans from the Council of State to ecclesiastic bodies such as the General Synod or Diocesan Council. Democratic reform, called for by the Church of Norway itself, will be undertaken in cooperation with the church so that church bodies will acquire a stronger democratic legitimacy and anchoring among church members.

2. Issues of church order The parties agree that, among other things, the following important elements will be maintained through the state church settlement: (1) The Church of Norway shall be distinctly anchored in the Constitution, cf. the new article 16. (2) The organization and operations of the Church of Norway will continue to be regulated by a special church law, without the church being defined as a legal entity. (3) The state shall continue to pay the salaries and attend to employer obligations for bishops, deans, pastors, and others appointed to church positions of employment in regional and central church bodies; that is to say, they will continue to be civil servants. (4) The regional and central church administration shall continue to be a part of the central government administration. (5) Administrative and public laws shall continue to apply to legally based church bodies. (6) The state shall continue to ensure that the municipalities have a statutory duty to finance local church activity. ___________ 26 The range – and the translation – is taken from Dørum, State and Church (Fn. 4), p. 51 sq.

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(7) Municipal representation in local church councils shall continue, as is the case today.

3. Constitutional amendments When the process under point 1 is completed, the following amendments will be made to the Constitution: – Article 2 will be amended to: ‘Our foundational values remain our Christian and humanistic heritage. This Constitution is to guarantee democracy, a state of law, and human rights’. – Article 4 will be amended to: ‘The King shall adhere to the EvangelicalLutheran religion’. – Article 16 will be amended to: ‘All inhabitants have the right to freedom of Religion. The Church of Norway, an Evangelical-Lutheran church, is to remain Norway’s folk church and as such be supported by the State. The current financial arrangements for the Church of Norway and other religious and life stance communities will continue. This means among other things that a membership fee will not be introduced in the Church of Norway.

IV. Some Concluding Remarks Seen from a little distance (the author of this text is Catholic and not a member of the Lutheran Church) it seems as if the result of the agreement in the Parliament is that the General Synod of the Church succeeded in their wish to get the right to appoint Bishops and Deans of the Church. But it is hard to find other success factors. The price of this victory is that the church will have to create electoral systems that to a lesser degree give an ecclesiastical legitimacy to retain the confessional basis of the church. The church did not succeed in her will to become a separate legal entity. A secular parliament will provide a special law for the Church of Norway, and decide the economic conditions of the church – i.e. providing financial means under given conditions. In a way, one can now say that a secular parliament remains as a supervisory authority for a religious community. The former head of Ecclesiastical affairs in the state administration, Director General Ole Herman Fisknes, stated that “the agreement between all political parties in Parliament, to change a number of constitutional clauses relating to the Norwegian Church, is an impossibility.

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A secular state, without grounding in Bible and Confession – cannot rule over a church”.27 Bishop Halvor Nordhaug in Bergen (second largest city in Norway) states: “When the Church agreement nevertheless was received with joy in the church, even though it in principle is very problematic, I think it is due to two reasons: (1) The priority of the church was to get the right to appoint bishops and deans, and this has church agreement secured. (2) Church leaders realized that it was not possible to achieve an ideal arrangement in the first phase, and that this compromise was the only way to get started the process of phasing out the current state church system.”28

In the view of this present writer, the new relation between the Lutheran church and the state has some benefits especially concerning the right to appoint the leaders of the church. It will however be interesting to see what this new right will be used for. Will the church keep up the tradition of appointing bishops from a broad scale of meanings, or will the church use other criteria that in other ways may provide new life for this Christian church. I do however strongly agree with those that see the new State Church System “light” as a creation that cannot stand for a longer period. I do however believe that there are so many good forces within the Norwegian Lutheran Church that the work in order to keep the church as a living body for Christian faith in Norway will prevail.

___________ 27 28

Cf. Vårt Land May 5 2012. http://halvorspraten.blogspot.com/2011/05/umulig-kirkeordning.html (22.9.2012).

Neuere Entwicklungen um den islamischen Religionsunterricht und die islamische LehrerInnenausbildung in Österreich Elif Medeni

I. Einleitung Der flächendeckend etablierte islamische Religionsunterricht (IRU) in Österreich stellt europaweit ein Novum dar. Nicht nur durch die rechtliche Verankerung, sondern auch in der bereits 30-jährigen Umsetzung samt den Ausbildungseinrichtungen für muslimische Lehrer/innen nimmt Österreich eine Vorreiterrolle in Europa ein. War die Entstehungs- und Etablierungsphase des IRU in Österreich ein zäher und langwieriger Prozess, der mit vielerlei Herausforderungen verbunden war bzw. noch ist, deuten die Entwicklungen der vergangenen Jahre auf einen innermuslimischen und gesamtgesellschaftlichen Diskurs hin, der neue Dynamiken verspricht. So stellen sich beispielsweise mit der Neustrukturierung der Lehrer/innenbildung an der Universität Wien neue Fragen für die Ausbildung von islamischen Religionslehrer/innen. Die Diskussionen um die Etablierung einer islamischen Theologie an der Universität Wien, die Etablierung einer islamischen Religionspädagogik an der Universität Innsbruck im Bachelorstudiengang sowie die neuesten Entwicklungen in der IRPA sind neue Dynamiken um den IRU und die Religionslehrer/innenausbildung. Auch die Abschlusserklärung der Europäischen Imamekonferenz 2010 sowie die Empfehlungen des Dialogforums Islam 2012 deuten auf eine „neue Ära“ um den Islam im Allgemeinen sowie den IRU im Speziellen hin.

II. Historischer Abriss – Islam in Österreich Die Geschichte des islamischen Religionsunterrichtes (IRU) in Österreich ist eng mit der Geschichte des Islams und dessen Institutionalisierung in Österreich verwoben, die in das 19. Jahrhundert zurückgeht und bereits ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hat.1 Ermächtigt durch den Berliner Kongress 1878 ok___________ 1 http://www.derislam.at/index.php?c=content&p=beitragdet&v=beitraege&cssid= Stellungnahmen&navid=1155&par=50&bid=131 (15.4.2013).

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kupierte das damalige österreichische Kaiserreich Bosnien und Herzegowina. Mit diesem Schritt wurde ein nicht übersehbarer muslimischer Anteil, nach Schätzungen etwa 500.000 Menschen,2 in die vornehmlich christlich geprägte Bevölkerung eingegliedert. Der rechtliche Rahmen, der durch das Staatsgrundgesetz von 1867 und das Anerkennungsgesetz für Religionsgesellschaften von 1874 gegeben war, garantierte den Muslimen Schutz der Tradition, Religion sowie der Person und des Besitztums. 1912 wurde das Islamgesetz verabschiedet, wodurch der Öffentlichkeitscharakter des Islams unterstrichen wurde und eine rechtliche Gleichstellung mit anderen anerkannten Religionsgesellschaften gegeben war: Muslime dürfen ihre Religion öffentlich ausüben, ihre inneren Angelegenheiten selbst regeln und verwalten sowie Anstalten für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke gründen und nutzen.3 Nach der Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft entstand ein zunehmender politischer und wissenschaftlicher Bedarf, sich mit der Lehre des Islam zu beschäftigen. Dass der Islam und seine Lehre auch die öffentlichen Schulen beschäftigen würde, war für die damaligen Verhältnisse unvorstellbar. Mit der ab den 1960er Jahren einsetzenden Arbeitsmigration zunächst aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien sowie der Migrationswelle aus arabischen Ländern nach Österreich entstand eine zunehmend heterogene muslimische Gemeinschaft, welche durch spätere Bildungsmigranten und Kriegsflüchtlinge weiter zunahm.4 Dies ließ die islamische Lehre, mit ihren theologischen und kulturellen Facetten immer mehr in den gesellschaftlichen und politischen Vordergrund rücken. Nach mehrjährigen Verhandlungen und wiederholten Antragstellungen wurde im Jahre 1979 durch einen Bescheid des Kultusamtes der Islam als eine Religionsgemeinschaft mit öffentlich-rechtlichem Körperschaftsstatus anerkannt. Im gleichen Jahr erfolgte die Gründung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ).5 Bezog sich das Islamgesetz von 1912 zunächst nur auf die hanafitische Rechtsschule, so änderte die IGGiÖ diese Ausrichtung in der neuen Verfassung. Nach Art. 1 der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft gehören ihr „alle Anhänger des Islams an, welche in der Republik Österreich ihren Aufenthalt haben“.6 Die IGGiÖ ___________ 2 Christoph Neumayr, Der Islam in Österreich-Ungarn. 1878-1918, ungedruckte Diplomarbeit, Wien 1995. 3 http://www.derislam.at/index.php?c=content&cssid=IGGi%D6&navid=10&par=0 (22.4. 2013). 4 Vgl. Sabine Kroissenbrunner, Islam in Austria, in: Shireen Hunter (ed.), Islam, Europe’s Second Religion: The New Social, Cultural and Political Landscape, Westport 2002, S. 141-155. 5 http://www.derislam.at/index.php?c=content&cssid=IGGi%D6&navid=10&par=0 (22.4.2013). 6 http://www.derislam.at/index.php?c=content&cssid=IGGi%D6&navid=10&par=0 (19.4.2013).

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setzt sich als Dachorganisation und Repräsentantin – mit dem Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts – für die Belange der Muslime ein, u. a. auch für den Religionsunterricht, wobei das Aufgabenfeld der IGGiÖ sehr vielfältig ist.7 Die neue Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft trat 2009 in Kraft. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden 2011 statt. Gemäß der Verfassung der IGGiÖ besteht ihre zentrale Aufgabe darin, die Religion unter den Anhängern des Islam zu wahren und zu pflegen (Art. 1 § 3 VIG). Laut IGGiÖ ist dies zu erreichen durch: die Vorsorge für islamische Erziehung und Ausbildung der Anhänger des Islam; die Veranstaltung religiöser Vorträge; die Herausgabe und Verbreitung islamischer Literatur und Zeitschriften; die Abhaltung öffentlicher und nicht-öffentlicher islamischer Gottesdienste sowie die Ausbildung von Religionslehrer/innen, Seelsorger/innen und Religionsdiener/ innen. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Islamgesetztes wurde im Rahmen der offiziellen Feier die Novellierung des Islamgesetzes seitens des derzeitigen Präsidenten der IGGiÖ akzentuiert. Durch diese Maßnahme sollen die mittlerweile veränderten Bedürfnisse der Muslime abgedeckt werden und Themen wie beispielsweise islamische Seelsorge, Imame Aus- und Weiterbildung sowie aktuelle Themen die das Schulwesen betreffen in das Islamgesetz einfließen.8 Ausführlicher auf die Modernisierung des Islamgesetzes wird im Bericht des Dialogforums Islam, eine durch den Präsidenten der IGGiÖ und dem Staatssekretär für Integration gegründeten Initiative, eingegangen. Dem Bericht zufolge sollen sich weitere Themen wie Friedhofsregelung, die Regelung von Feiertagen sowie die Kuratorenbestellung in der Novellierung widerspiegeln.9 In welcher Form die Vereinsstruktur und die Autonomie der Verbände in das novellierte Islamgesetzt Eingang finden werden und ob und wie die unterschiedlichen Ausrichtungen des Islam im „neuen“ Islamgesetz inkludiert werden, bleibt abzuwarten.

III. Der Islamische Religionsunterricht (IRU) Der flächendeckende islamische Religionsunterricht an staatlichen Schulen, welcher in der österreichischen Bundesverfassung verankert ist (Art. 14, Abs. 5a), stellt europaweit eine Novum dar. In Österreich besitzt lediglich die IGGiÖ das Recht einen islamischen Religionsunterricht auszuführen. Im Schul___________ 7

Ebd. Fuat Sanaç, Eröffnungsrede anlässlich der 100 Jahr Feier, 2012. Abrufbar unter: http://www.derislam.at/index.php?c=content&p=beitragdet&v=beitraege&cssid=Stel lungnahmen&navid=1155&par=50&bid=131 (23.4.2013). 9 Bundesministerium für Inneres, Bericht. Dialog Forum Islam, Wien 2013, S. 42. 8

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jahr 1982/83 begann erstmals der IRU im 10. Wiener Gemeindebezirk, zunächst als Probeunterricht. Nach Angaben des Schulamtes der islamischen Glaubensgemeinschaft wird derzeit an mehr als 2.000 Standorten von ca. 430 Lehrer/innen der IRU erteilt.10 Im Jahr 2010/2011 besuchten ca. 57.000 muslimische Schüler/innen den IRU, unter ihnen auch einige alevitische Schüler/ innen. Es ist anzunehmen, dass mit der gesetzlichen Anerkennung des Alevismus zukünftig auch ein alevitischer Religionsunterricht auf dem Stundenplan stehen wird. Auch im Lehrangebot der islamischen Religionspädagogik an der Universität Wien und Innsbruck sind Studienangebote für den Alevismus vorzufinden (vgl. Kap. IV.3.). Die Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen im Schuljahr 1982/83 war eine besondere Herausforderung, sowohl für das Bildungssystem in Österreich als auch für die Muslime, die den Unterricht planen, koordinieren und umsetzen. Die Lehrerrekrutierung, die Beschaffung von adäquaten Lehr- und Lernmaterialien sowie die logistische Durchführung des IRU waren nur einige der Herausforderungen und Probleme, welche die IGGiÖ binnen kurzer Zeit bewältigen musste. Zweifelsohne sind die Ursachen solch einer Ad-hoc-Umsetzung, ohne eine entsprechende Vorbereitungs- und Planungsphase mit hinreichenden wissenschaftlichpädagogischen sowie theologischen Auseinandersetzungen, ein Grund dafür, warum immer wieder Mängel und Probleme in der Realisierung des IRU zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen wurden, wie dies in den Diskussionen um veraltete Schulbücher und Curricula oder in der Kritik an fachlich inkompetenten Lehrkräften zum Ausdruck gebracht worden sind. Der IRU wurde in den vergangenen Jahren immer wieder zum Gegenstand medialer Diskussionen, aber auch wissenschaftlicher Arbeiten. Die 2008 veröffentlichte Studie von Mouhanad Khorchide, in der islamische Religionslehrer/innen zu verschiedenen Fragestellungen um Islam, Demokratie und Religionsunterricht befragt wurden, erregte in der Öffentlichkeit viel Aufregung und löste gesamtgesellschaftlich kontroverse Diskussionen aus.11 In ihrer wissenschaftlichen Durchführung wurde die Studie aus mehreren Gründen kritisiert. So führt der Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann an, dass die Studie aus unhaltbaren Verallgemeinerungen sowie beschreibenden und wertenden Aussagen besteht und die abgebildeten Skalen verzerrte Ergebnisse präsentieren.12 ___________ 10

http://www.derislam.at/index.php?c=content&cssid=Schulamt/Rel.Unterricht&na vid=904&par=40 (20.4.2013). 11 Mehr zur Rezeption der Studie bei Susanne Heine / Rüdiger Lohlker / Richard Potz, Muslime in Österreich. Geschichte – Lebenswelt – Religion. Grundlagen für den Dialog, Innsbruck / Wien 2012, S. 105-109. 12 http://religionv1.orf.at/projekt03/news/0901/ne090130_hopmann_fr.htm (24.4.2013).

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Der Religionsunterricht ist für alle Schüler/innen die eine öffentliche Schule besuchen und einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören laut § 1 Abs. 1 RelUG Pflicht. Die Möglichkeit einer Abmeldung ist in § 1 Abs. 2 RelUG normiert. Wenn auch die Quote der Abmeldungen vom IRU13 nicht genau erfasst werden können, hält eine Untersuchung von Potz et al. fest, dass sich ca. 50 % der muslimischen Schüler/innen vom IRU abmelden.14 Die Gründe für die Abmeldungen sind vielfältig: Die Ansiedlung des IRU an den Randstunden, die deutlich sunnitisch geprägte Ausrichtung des IRU sowie Beschwerden der Eltern über einen zu Türkisch oder konservativ geprägten Religionsunterricht sind die häufigsten Argumente für eine Abmeldung vom IRU.15 Die Erwartungen und Anforderungen an den IRU gestalten sich sehr unterschiedlich. So soll der IRU einerseits Moscheen ersetzen, den Islam in einem neuen Kontext erfassen, aber auch die Integration der muslimischen Migrant/ innen verbessern. Gleichzeitig erwarten muslimische Eltern, dass der IRU ihre Kinder zu Muslim/innen mit möglichst guten Koran- und Fachkenntnissen erzieht und die Kinder zugleich in ihrer je eigenen nationalen Tradition festigt. Überzogene und durchaus heterogene Erwartungen an den IRU sprengen deutlich den Rahmen und die Möglichkeiten eines Religionsunterrichts an staatlichen Schulen. Die Klärung der Frage, was der IRU wirklich leisten kann und soll, ist nicht nur für den innerislamischen Diskurs, sondern auch von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Laut Aslan soll der IRU in Österreich zu einem Ort der Selbstverortung, der Identität und der inneren Heimat für muslimische Schüler/innen werden.16 In dieser Vertrautheit sollen muslimische Schüler/innen Kompetenzen erwerben, um der Gesellschaft mit Zuversicht, Selbstbewusstsein und Gewissheit zu begegnen.17 Die Vermittlung islamischer Werte im IRU darf bei den Schüler/innen nicht zur unreflektierten Annahme von Inhalten führen, sondern sollte zu einem gesunden, kritischen Denken ermutigen. Laut islamischen Schulamt sind die wesentlichen Ziele des IRU an öffentlichen Schulen wie folgt: Eine solide Ausbildung über islamische Inhalte gepaart mit einer zu eigenem kritischen Denken anregende Unterrichtsführung erzieht zu einer Haltung der Mäßigung, der Bewusstheit der eigenen gesell___________ 13 Binnen der ersten fünf Kalendertage des Schuljahres kann eine Abmeldung auf schriftlichem Wege erfolgen, ansonsten ist der IRU für das ganze Schuljahr zu besuchen. 14 Vgl. Richard Potz, Der islamische Religionsunterricht in Österreich, in: Heinrich de Wall / Michael Germann (Hrsg.), Bürgerliche Freiheit und Christliche Verantwortung, Tübingen 2003, S. 345-371. 15 Vgl. ebd., S. 9 f. 16 Vgl. Ednan Aslan, Islamunterricht und Europa, in: Ruth Heidrich-Blaha / Michael Ley / Rüdiger Lohlker (Hrsg.), Islam in Europa. Wien 2007, S. 80-91. 17 Vgl. ebd., S. 91.

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schaftlichen Verantwortung im Sinne des Gemeinwohls und einem ethischen Handeln, das auf gegenseitigen Respekt und Verständnis ausgerichtet ist; Bewusstmachung der Kompatibilität einer islamischen Lebensweise mit dem Gefühl der Zugehörigkeit zu Österreich und Europa; Förderung des konstruktiven innermuslimischen Dialogs; Eintreten für Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen; Kompetenz im Umgang mit Vielfalt in der eigenen Gruppe als Schlüssel zu einer generellen Bejahung von Vielfalt.18 Darüber hinaus soll der IRU die Kompetenzen der Schüler/innen in der Gesellschaft interagieren und mit islamischen Argumenten fördern.19 Dass der IRU im Gegensatz zum christlichen RU unter einem anderen Profilierungsdruck steht, ist u. a. ein Produkt der gesamtgesellschaftlichen Diskussion um Migration, Integration und Islamfeindlichkeit. Überdehnte Erwartungen an einen zweistündigen IRU, der ohnehin oft an den Randstunden angesiedelt ist, versetzt alle Beteiligten unter einen nicht förderlichen Bewährungsdruck. Wie auch Heine et al. anführen, kann ein zweistündiger IRU wohl kaum einen breit angelegten Integrationsdiskurs auf politischer Ebene ersetzen, zumal in der religiösen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen andere Instanzen wie Elternhaus, Gemeinde oder Peer Group einen wichtigen Einfluss ausüben.20

IV. Institutionen zur Ausbildung islamischer Religionslehrer/innen Nach der Einführung des IRU im Jahr 1982/83 dauerte es noch einige Jahre ehe man die Notwendigkeit einer Institution zur Lehrer/innenausbildung realisierte. So wurde erst 15 Jahre nach Einführung des IRU die erste Institution zur Lehrer/innenausbildung gegründet, nämlich die „Islamische Religionspädagogische Akademie“. Bis zur Gründung der Islamischen Religionspädagogischen Akademie 1998 wurden die Lehrer/innen mehrheitlich noch aus dem Ausland angeworben. Das verursachte nicht nur sprachliche und pädagogische, sondern auch weitere theologische und politische Probleme um den IRU an staatlichen Schulen. Es wurden beispielsweise viele Lehrer/innen aus der Türkei angeworben, die sich in einem Beamtenverhältnis zum türkischen Staat befanden und auf maximal sechs Jahre nach Österreich gesandt wurden. Laut der Studie von Khorchide hatten 2008 noch 41 % der Lehrer/innen in Wien und Niederösterreich keine pädagogische Ausbildung genossen.21 ___________ 18

http://www.schulamt-islam.at/ (19.4.2013). Vgl. Aslan, Islamunterricht und Europa (Fn. 16), S. 91. 20 Vgl. Heine / Lohlker / Potz, Muslime in Österreich (Fn. 11), S. 109. 21 Vgl. Mouhanad Khorchide, Der islamische Religionsunterricht in Österreich, in: Österreichischer Integrationsfonds, ÖIF-Dossier n°5, Wien 2009, abrufbar unter: http:// 19

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1. Die Gründung der islamischen Religionspädagogischen Akademie Der offizielle Rechtsträger der IRPA ist die IGGiÖ. Die personellen Ressourcen der IGGiÖ erlaubten es damals nicht ein eigenständiges Programm und einen eigenen Lehrplan für die Ausbildung von muslimischen Religionslehrer/ innen zu entwickeln. Daher wurden sowohl die Lehrprogramme der Al-Azhar Universität aus Ägypten übernommen als auch das Lehrpersonal von dort angeworben und in der Lehrer/innenbildung eingesetzt. Unterrichtssprache bei der Ausbildung war zunächst bis auf einige wenige Fächer ausschließlich Arabisch. Die pädagogische Ausbildung der Lehrer/innen fand in den Anfängen noch an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien statt. Die Islamische Religionspädagogische Akademie hatte lediglich die Aufgabe, die theologischen Fächer zu unterrichten. Diese Theologie berücksichtigte kaum den hiesigen Lebenskontext der Schüler/innen. Da lediglich in arabischer Sprache unterrichtet wurde, mussten die Studienbewerber/innen zunächst zwei Semester Arabisch lernen. Nach einem erfolgreichen Abschluss dieses Vorbereitungsjahres durften die Studienbewerber/innen ihr Studium beginnen. Mit dem Schuljahr 2003/04 wurden erste Fächer in deutscher Sprache unterrichtet. Im Zuge der Verabschiedung des neuen Hochschulgesetztes wurde die Akademie umbenannt und trägt mit der Neugründung in Anlehnung an das neue Hochschulgesetz nun den Namen „Privater Studiengang für das Lehramt Islamische Religion an Pflichtschulen“, wobei die Abkürzung IRPA beibehalten wurde. An der IRPA wird der Bakkalaureatabschluss, Bachelor in Education, nach einem dreijährigen Studium verliehen. Die abschließenden Lehrer/innen werden im Pflichtschulbereich für den IRU von der IGGiÖ angestellt. Die IRPA bietet neuerdings auch die Möglichkeit berufsbegleitend zu studieren. Dieses Studium ist ein Präsenzstudium und findet in der Regel freitags, samstags sowie in den Schulferien statt.22 Die neue Profilierung der IRPA und die andauernden Reformversuche, haben in den vergangenen Jahren beispielsweise zu vielfältigen nationalen und internationalen Kooperationen und Vernetzungen geführt.23 Durch die Hochschulreform aus dem Jahr 2007 besteht die Möglichkeit, die Strukturen der IRPA in Anlehnung an die Bologna-Kriterien zu erneuern. Mit dem neuen Namen „Privater Studiengang für das Lehramt für Islamische Religion an Pflichtschulen“ wurde im November 2011 der IRPA die ERASMUS Universitätschar___________ www.integrationsfonds.at/oeif_dossiers/der_islamische_religionsunterricht_in_oester reich/#c5502 (15.4.2013). 22 http://www.irpa.ac.at/?c=content&cssid=Berufsbegleitendes%20Studium&navid =53 (15.4.2013). 23 http://www.irpa.ac.at/ (15.4.2013).

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ta (EUC) verliehen.24 Laut Aussagen der Leiterin wird sich die IRPA ab dem Wintersemester 2013/14 mit der Errichtung eines Kompetenzzentrums verstärkt der Wissenschaft und Forschung widmen.25

2. Forschungseinheit Islamische Religionspädagogik (IRP) an der Universität Wien Mit dem Wintersemester 2006/07 startete an der Universität Wien die Islamische Religionspädagogik als Forschungseinheit, angesiedelt am Institut für Bildungswissenschaft. Ziel der Forschungseinheit ist die Ausbildung von islamischen Religionslehrer/innen für die höheren Schulen. War die Forschungseinheit bislang an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft, Institut für Bildungswissenschaft angesiedelt, so ist sie offiziell ab März 2013 dem Zentrum für Lehrer/innenbildung zugeordnet.26 Die Absolvent/innen des viersemestrigen Masterstudiums sind über das Bachelorstudium hinaus somit befähigt, IRU an höheren Schulen zu erteilen. In dieser Studienrichtung sollen sich die Studenten/innen in verschiedenen Modulen u. a. vertiefende Kenntnisse in Bezug auf die Kontextualisierung des islamischen Glaubens in der hiesigen Gesellschaft aneignen und darüber hinaus Kompetenzen für den interreligiösen Dialog erwerben.27 Grundsätzlich berechtigen folgende Abschlüsse zum Masterstudium Islamische Religionspädagogik: Abschluss des Studiums an der IRPA oder die Absolvierung eines anderen fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums oder eines äquivalenten Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen Universität bzw. Fachhochschule. Studenten mit einem ausländischen Abschluss bilden einen Großteil der Studierenden, was zu Komplikationen in der Anerkennungsprozedur führt. Laut Homepage der Islamischen Religionspädagogik haben seit der Etablierung der IRP bislang zwölf Studenten mit einem Masterstudium abgeschlossen.28 Die islamische Religionspädagogik weist auch ein eigenes Dissertationsgebiet auf. 2012 wurde das Curriculum für das Masterstudium Islamische Religionspädagogik überarbeitet (Version 2012).29 Module wie etwa „Wissenschafts- und ___________ 24

http://www.irpa.ac.at/?c=newsdet&startgr=&show=165&spr=de (15.4.2013). Persönliches Gespräch mit Amena Shakir am 29.4.2013. 26 http://lehrerinnenbildung.univie.ac.at/home/ (22.4.2013). 27 https://docs.google.com/viewer?url=http%3A%2F%2Fsenat.univie.ac.at%2Ffile admin%2Fuser_upload%2Fsenat%2FKonsolidierte_Curricula%2FMaster%2FMA_Isla mische_Religionsp%25C3%25A4dagogik__Version_2012_.pdf (20.4.2013). 28 http://islamische-religionspaedagogik.univie.ac.at/masterarbeit/laufende-und-abge schlossene-ma/ (14.4.2013). 29 http://senat.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/senat/Konsolidierte_Curricula/Mas ter/MA_Islamische_Religionsp%C3%A4dagogik__Version_2012_.pdf (16.4.2013). 25

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Erkenntnistheorie in der Religionspädagogik“ oder „Empirische Forschungsmethoden in der Religionspädagogik“ sind neu in das Curriculum aufgenommen worden. Im neuen Curriculum lässt sich der Versuch einer empirischen Ausrichtung erkennen, den es in der ersten Version nicht gab. Mit dem SS 2013 sind erstmals Lehrangebote für alevitische Student/innen im Lehrangebot des Masterstudienganges zu finden.30

3. Neue Entwicklungen an der Universität Innsbruck Die Lehrer/innenausbildung für den IRU war in Österreich bislang zentral in Wien angesiedelt. Es fehlte an einer Lehrer/innenausbildungsinstitution im Westen Österreichs, was bislang zu einem West-Ost-Gefälle in der Lehrer/innenausbildung geführt hat. Student/innen und Lehrer/innen mussten für ihr Studium und für Weiterbildungen oft weite Strecken zurücklegen, was die Attraktivität des Studiengangs nicht gerade positiv beeinflusste. Mit dem Wintersemester 2011/12 startete erstmals an der Universität Innsbruck in Kooperation mit der Universität Wien die Möglichkeit, islamische Religionspädagogik im Master im Westen Österreichs zu studieren. Hierzu erfolgt die Inskription zunächst an der Universität Wien. Anschließend können die Student/innen an der Universität Innsbruck unter dem Status der Mitbeleger/in Seminare belegen und ihren Abschluss erlangen.31 Die wissenschaftliche Verantwortung und Leitung in Innsbruck unterstehen Univ.-Prof. Matthias Scharer und Ass.-Prof. Martina Kraml von der katholisch-theologischen Fakultät. Auch in Innsbruck sind Seminarangebote zum Alevismus für alevitische Student/innen unter dem Lehrangebot zu finden. Die Bemühungen um eine grundsätzliche Ausbildungs- und Studiermöglichkeit in Innsbruck dauerten seit dem Start des Masterprogramms 2011/2012 an. Das Ergebnis von längeren Verhandlungen und Planungen ist, dass voraussichtlich mit dem Wintersemester 2013/14 nun auch das BA-Studium Islamische Religionspädagogik an der Universität Innsbruck startet. Dies bedeutet, dass erstmals für den Pflichtschulbereich eine alternative Studiermöglichkeit für angehende Lehrer/innen zu der bislang etablierten IRPA-Ausbildung in Wien geschaffen worden ist.

___________ 30 http://islamische-religionspaedagogik.univie.ac.at/studium/aktuelles-lehrangebot/ (16.4.2013). 31 http://www.uibk.ac.at/praktheol/katrel/irp/ (10.4.2013).

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4. Islamischer Hochschullehrgang Der Private Hochschullehrgang für Islamische Religionspädagogische Weiterbildung wurde 2003 gegründet und ist, wie die IRPA auch, eine Institution der IGGiÖ. Bekannt unter dem Namen IRPI oder IHL, ist das Institut zuständig für Weiter- und Fortbildungsangebote für islamische Religionslehrer/innen. Da die Religionslehrer/innen verpflichtet sind in jedem Schuljahr mindestens 24 Stunden im Rahmen dieses Hochschullehrgangs Angebote zu besuchen, ist das IRPI eine Institution, welche zur weiteren Qualifizierung der islamischen Religionslehrer/innen dient. Unter den Angeboten sind theologische, pädagogische sowie didaktisch-methodische Seminare zu finden. Somit leistet das IRPI einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung des IRU, indem es aktuelle, wissenschaftliche Entwicklungen aus der Forschungslandschaft an die Lehrer/innen heranträgt. Um alle Lehrer/innen den Zugang ermöglichen zu können, bietet das Institut bundesweit Weiterbildungen an. Das IRPI ist insofern eine wichtige Institution, als dass wie bereits an anderer Stelle erwähnt, noch immer fachfremde Lehrer/innen mit mangelnder theologischer und/oder pädagogischer Ausbildung den IRU erteilen.

V. Um den islamischen Religionsunterricht 1. Lehrer/innen und Fachinspektoren Rund 430 Lehrer/innen in ganz Österreich unterrichten islamische Religion an über 2.000 öffentlichen Schulen. Bei diesen Lehrer/innen handelt es sich um die von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) bestellten Religionslehrer/innen. Die Anzahl der Lehrstellen, die besetzt werden sollen, bestimmen die Schulämter auf Antrag der Religionsgemeinschaft. Die Lehrer/innen unterstehen hinsichtlich der Vermittlung des Lehrgutes des IRU einerseits den Vorschriften des Lehrplanes und andererseits den religionsgemeinschaftlichen Vorgaben. Nach dem Religionsunterrichtsgesetz müssen die von der IGGiÖ bestellten Lehrer/innen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. In begründeten Ausnahmefällen kann das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) von der Erfordernis der Staatsbürgerschaft absehen. Die betreffenden Kirchen und Religionsgemeinschaften müssen ihr Ansuchen um Nachsicht bezüglich des Erfordernisses der Staatsbürgerschaft dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur vorlegen. Der überwiegende Anteil der islamischen Religionslehrer/innen der IGGiÖ besitzt keine österreichische Staatsbürgerschaft und deren Einsatz an den öffentlichen Schulen erfordert daher die Inanspruchnahme dieser Ausnahmeregelung des BMUKK.

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Der Präsident der IGGiÖ ist Leiter des islamischen Schulamtes und war bis 2003 der einzige Fachinspektor.32 Ab 2003 wurden von der IGGiÖ acht Fachinspektoren bestellt. Diese werden vom Staat besoldet und sind für die unmittelbare Beaufsichtigung des Unterrichts nach § 7c des Religionsunterrichtsgesetztes (RelUG) zuständig. Dem Staat obliegt es, den Religionsunterricht durch seine Schulaufsichtsorgane in organisatorischer und schuldisziplinärer Hinsicht zu beaufsichtigen. Die Fachinspektoren, bis auf eine Ausnahme ausschließlich Männer, sind in der Regel Lehrer der ersten Generation, die aus anderen Berufsgruppen rekrutiert wurden. Nur wenige Fachinspektoren haben eine pädagogische Ausbildung genossen. Weiterhin fällt auf, dass für diese Inspektionsaufgabe weder von der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) noch von der Universität Absolvent/innen bzw. Fachkräfte delegiert wurden.

2. Entwicklungen rund um den Lehrplan Der IRU hat u. a. einen Beitrag zur Verwirklichung der Bildungsziele des österreichischen Bildungssystems zu leisten. Das Bildungziel der österreichischen Schulen umfasst auch religiöse Dimensionen. Damit ist der IRU neben anderem konfessionellen Religionsunterricht auch in die staatliche Schulorganisation eingebettet. Die Gestaltung des Religionsunterrichts obliegt, gem. Art. 17 Abs. 4 StGG i. V. m. § 2 Abs. 1 RelUG inhaltlich und methodisch den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Damit hat die IGGiÖ die Aufgabe, die Lehrpläne für den IRU zu erstellen und die entsprechenden Schulbücher auszuwählen. Die Lehrpläne werden hinsichtlich des Lehr- und Lernstoffes und seiner Aufteilung auf die einzelnen Schulstufen von der IGGiÖ im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Wochenstundenzahl für den IRU erlassen. Die zuständige Unterrichtsministerin hat die Aufgabe, diese Lehrpläne bekanntzugeben. Die alten Lehrpläne des IRU wurden am 19. August 1983 im BGBl. Nr. 421 bekanntgemacht. Der Verfasser des alten Lehplans war der damalige Präsident der IGGiÖ, Dr. Ahmad Abdelrahimsai. Ein Blick in den alten Lehrplan lässt eine affirmative Vermittlung von Inhalten erkennen. In späteren Diskussionen wurde der Lehrplan u. a. deshalb kritisiert, weil er nicht den aktuellen Stand einer wissenschafltichen, modernen Religionspädagogik wiederspiegelte. Die alten Lehrpläne waren eher traditions- als kontextorientiert. Dem gesellschaftlichen Bezug des IRU wurde zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Durch die Veröffentlichung der Dissertation von Mouhanad Khorchide, in welcher diver___________ 32 http://www.schulamt-islam.at/index.php?option=com_content&view=article&id= 50&Itemid=56 (28.4.2013).

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se Probleme im Zusammenhang mit dem IRU in Österreich aufgezeigt wurden, und der im Anschluss stattgefundenen Diskussion, wurde mit der zuständigen Bildungsministerin in einem Fünf-Punkte-Paket die Überarbeitung der Lehrpläne bis 2009 vereinbart.33 Erst zum Schuljahr 2011/12 wurden die überarbeiteten Lehrpläne veröffentlicht. Es fällt im neuen Lehrplan jedoch auf, dass keine essentiellen Veränderungen vorgenommen worden sind. Die neuen Lehrpläne lehnen sich stark an den Vorgänger an und weisen teils noch eine affirmativnormative Ausrichtung auf. Inhaltlich kamen neue Themen wie z. B. „Islam und Gender“ und „interreligiöser Dialog“ hinzu, wobei Themen wie „die islamische Staatsordnung“ und „das islamische Verfassungsrecht“ herausgenommen wurden. Auch auf der Europäischen Imamekonferen 2011 wurde festgehalten, dass neue Curricula entwickelt werden müssen, die an den Bedürfnissen dieser Zeit ausgerichtet sind.34

3. Islamische Religionsbücher Die IGGiÖ darf allein bestimmen, welche Lehrbücher und Lehrmittel im IRU zu verwenden sind. Der Staat kann lediglich Lehrbücher und Lehrmittel wegen Widerspruchs zur staatsbürgerlichen Erziehung beanstanden (§ 2 Abs. 3 RelUG). Die vorhandenen Bücher der IGGiÖ sind nicht nur aufgrund ihrer pädagogisch-methodischen Mängel zu hinterfragen, sondern auch wegen ihrer theologischen Inhalte. So wurden die derzeitigen Bücher größtenteils unreflektiert aus alten türkischen Religionsbüchern vergangener Jahrzehnte partiell übernommen. Während die türkischen Bücher an türkischen Schulen seither jedoch mehrfach erneuert und reformiert wurden, ist eine Erneuerung der islamischen Religionsbücher in Österreich bislang ausgeblieben. Bedenkt man, dass der IRU bereits eine 30-jährige Tradition in Österreich aufzuweisen hat, so verwundert es, dass die inhaltlich und methodisch veralteten Religionsbücher bislang nicht ersetzt worden sind. Im Gegensatz zu Österreich sieht die Landschaft für islamische Religionsbücher in Deutschland deutlich anders aus, wo ein regelrechter Boom in Bezug auf islamische Schulbücher herrscht.35 Auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sind die veralteten Schulbücher in Österreich

___________ 33 Für das Maßnahmenpaket siehe: http://www.integrationsfonds.at/oeif_dossiers/ der_islamische_religionsunterricht_in_oesterreich/#c5503 (17.4.2013). 34 Islamische Religionsgemeinschaft in Österreich, Islam in Europa, Wien 2011, S. 44. 35 Elif Medeni, Lehrwerke im Vergleich. Lehr- und Lernmittel für den islamischen Religionsunterricht, in: Iris Füssenich et al., Grundschule. Konzepte und Materialien für eine gute Schule. Islamischer Religionsunterricht. Ein neues Fach hält Einzug, Braunschweig 2012/11, S. 16-18.

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sehr problematisch.36 Dies erschwert den Religionslehrer/innen die Arbeit mit diesen Büchern bzw. macht dies sogar unmöglich. Der Studie von Khorchide zufolge waren 85,7 % der Lehrer/innen mit den islamischen Schulbüchern und 57,5 % mit dem Lehrplan unzufrieden.37 Eine einberufene Komission arbeitet seit dem Fünf-Punkte-Plan 2009 an neuen Lehrbüchern für den islamischen Religionsunterricht. Auch der Arbeitskreis Integration und Identität des Dialogforums Islam hält im Endbericht fest, dass „Neben einer Überarbeitung der Schulbücher für den islamischen Religionsunterricht […] weitere Lehrmaterialien entwickelt werden [sollen], wobei im Rahmen einer Konferenz bestehende Unterlagen und Angebote zusammengeführt werden könnten“.38 Wann genau die neuen Schulbücher für den IRU eingeführt werden, bleibt abzuwarten.

VI. Ausblick Der IRU in Österreich ist mit seiner rechtlichen Verankerung und seiner langen Tradition zweifelsohne Vorreiter eines staatlich anerkannten und flächendeckend etablierten IRU in Europa. Daher kommt dem IRU in Österreich eine besondere Rolle zu, als dass dieser für andere Länder in seiner Qualität, Umsetzung und Entwicklung eine best practise darstellen sollte. Der IRU hat nur dann Zukunft, wenn er sich als Teil des österreichischen und des europäischen Bildungssystems betrachtet und versucht die wissenschaftlichen Standards einer modernen Religionspädagogik umzusetzen. Dass die islamische Religionspädagogik eine noch sehr junge Disziplin in der universitären Forschungslandschaft ist, dass es bislang keine hinreichend ausformulierte islamische Erziehungs- und Bildungstheorie gibt und die Fachdidaktik erst im Entstehungsprozess ist, erschwert nur geradezu die Profilierung des IRU sowie die Ausbildung von fachlich kompetenten Religionslehrer/innen. Von großer Bedeutung für die Zukunft des IRU ist weiterhin, dass sich dieser als dialog- und diskursfähig erweist. Im Dialog kann der Islam herausgefordert werden, anstatt als Widerspruch in der Mehrheitsgesellschaft erlebt zu werden. Dies setzt voraus, dass der IRU kontextorientiert aufgebaut und unterrichtet werden muss. Darüber hinaus ist eine grundständige theologische Ausbildung von islamischen Religionslehrer/innen von großer Bedeutung, was auch in der Schlusserklärung der ___________ 36 Elif Medeni, Islamische Religionsbücher gendersensibel betrachtet. Die Stellung von Frauen und Mädchen in islamischen Religionsbüchern aus Deutschland und Österreich, in: Milad Karimi / Mouhanad Khorchide, Jahrbuch für islamische Theologie und Religionspädagogik, Freiburg 2012, S. 239-260. 37 Mouhanad Khorchide, Der Islamische Religionsunterricht in Österreich, in: Alexander Janda / Mathias Vogl, Islam in Österreich, Wien 2010, S. 66. 38 Bundesministerium für Inneres, Bericht. Dialog Forum Islam, Wien 2013, S. 19.

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Europäischen Imamekonferenz 2010 zum Ausdruck kommt.39 Die islamische Religionspädagogik an der Universität Wien wurde bislang von einer religionspädagogischen Professur vertreten, eine Professur für Theologie gab es bislang nicht. Wie sich die Etablierung einer islamischen Theologie an der Universität Wien auf die Lehrer/innenausbildung auswirken wird, bleibt abzuwarten. In Bezug auf die Entwicklung von Bildungseinrichtungen wurde auf der Europäischen Imamekonferenz 2010 folgendes festgehalten: „Lehre und Forschung müssen sich unabhängig und frei entwickeln. Sie wirken hinein in den innermuslimischen Diskurs und sollen daher auf höchstem Niveau angesiedelt sein. Es ist wünschenswert, dass auch auf universitärer Ebene, integriert in das jeweilige Bildungssystem, Ausbildung stattfindet und Abschlüsse Anerkennung finden.“40 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Dynamiken rund um die Institutionalisierung der Lehrer/innenausbildung, die Etablierung einer islamischen Theologie sowie die Überarbeitung von Lehr- und Lernmaterialien auf eine „neue Ära“ in der Lehrer/innenausbildung und im IRU hindeuten.

___________ 39

S. 42. 40

Islamische Religionsgemeinschaft in Österreich, Islam in Europa, Wien 2011, Ebd., S. 43 f.

Crucifixes in State-School Classrooms and Human Rights: Should the European Court of Human Rights Impose a Uniform Version of the Principle of the Secular Nature of the State? (A Legal Reflection on the “Case Lautsi”) Luis Miguez Macho

I. Introduction The debate on the requirements deriving from the principle of the secular nature of the State has been reborn with strength in Europe in the last decade. The causes are, firstly, the multiethnic and multicultural character acquired by many European societies as a result of immigration, and, secondly, the revival of ideological currents that understand radically or in a very strong sense the secularism of the State. In this context, the exhibition in public places of religious symbols, which in most European countries are Christian due to the own historical and cultural heritage of the continent, has caused controversies that have transcended the social and political level to achieving legal significance.1 Of these controversies, one that has gained greater importance is the “case Lautsi” on the display of crucifixes in Italian State-school classrooms, for having given rise to two opposite judgments of the European Court of Human Rights. It regards the right of parents to educate their children in their own religious and philosophical convictions in relation to the fundamental right to freedom of thought, conscience and religion, and the various ways in which European States understand and implement the principle of the secular nature of the State. This work is intended to analyse the “case Lautsi” from legal perspective to develop a more extensive reflection on whether the European Court of Human Rights should impose a uniform version of the principle of the secular nature of the State. First, I will outline the basis of the judgments of the Italian administrative courts admitting the compatibility between the secular character of the ___________ 1 An efficient synthesis of these discussions can be found in María J. Roca, Laicidad del Estado y garantías en el ejercicio de la libertad: dos caras de la misma moneda, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 3 (2009), pp. 44-51.

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Italian Republic and the display of crucifixes in State-school classrooms. Second, I will discuss the judgment of the Second Section of the European Court of Human Rights on the “case Lautsi”, which stated that the Italian Republic had infringed the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms with the display of crucifixes in State-school classrooms. Third, I will consider the judgment of the Court’s Grand Chamber that overturned the Second Section’s judgment, admitting the compatibility with the Convention of the presence of crucifixes in Italian State-school classrooms, as well as the differences between the Grand Chamber’s arguments and those of the Italian administrative courts. Finally, I will develop a reflection on the limits to a hypothetical imposition by the European Court of Human Rights of a uniform version of the principle of the secular State.

II. The Judgments of the Italian Administrative Courts on the Case of Lautsi v. Minister of Education, Universities and Research Massimo Albertin and Soile Tuulikki Lautsi, both resident in Italy, but the latter born in Sipoo (Finland), have two sons, Dataico and Sami Albertin. The boys attended a secondary State-school in Abano Terme (province of Padua, Veneto Region) in the school year 2001-2002 – when they were, respectively, eleven and thirteen years age. In April 2002, the father, Massimo Albertin, during a meeting of the school’s board, proposed the removal of the religious symbols inside the school, particularly crucifixes fixed to the wall in each classroom. After a long discussion, the question was allowed to a later meeting, in which the school’s board decided by majority vote to keep religious symbols exposed. The mother, Soile Tuulikki Lautsi, contested the decision in the Veneto Regional Administrative Court, alleging an infringement of the principles of impartiality and secularism of the State, especially the latter, relying in that connection on Articles 3 (principle of equality) and 19 (religious freedom) of the Italian Constitution and Article 9 of the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (freedom of thought, conscience and religion). She also asked the Regional Administrative Court to refer the question of constitutionality to the Constitutional Court. The question was referred, but the Constitutional Court declared it inadmissible (decision no. 389 of 15 December 2004), since the norms under which the crucifix’s display in classrooms relied had not the status of law, but only that of regulations. These norms are Article 118 of the royal decree no. 965 of 30 April 1924, approving the internal regulations governing middle schools, and Article 119 of royal decree no. 1297 of 26 April 1928, approving the general regulations governing the provision of

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primary education. The first provides that “each school must have the national flag and each classroom must have a crucifix and a portrait of the King” and the second that the crucifix must form part of the “necessary equipment and supplies in school classrooms”. Thus, the case returned to the Veneto Regional Administrative Court, which dismissed the application by its judgment no. 1110/2005 of 17 March 2005. The Court stated Article 118 of the royal decree no. 965 of 30 April 1924 and Article 119 of the royal decree no. 1297 of 26 April 1928 were still in force and could not be considered incompatible with the principle of the secular nature of the State. According to the Court’s view, although the Italian Constitution was undoubtedly based on the unwritten principle of the secular State, the exhibition of crucifixes in State-school classrooms did not offend against it, because the crucifix was not only a religious symbol, but also a historical and cultural one. The Court argued that the values of the secular State were born in the Western Christian civilization as an evolution from the own Christian beliefs, 2 and therefore it could be held that the crucifix represented those values, being a symbol of Christianity in general and not only of the Roman Catholic creed. The argument concluded thereby: “It is hardly necessary to add that the sign of the cross in a classroom, when correctly understood, is not concerned with the freely held convictions of anyone, excludes no one and of course does not impose or prescribe anything, but merely implies, in the heart of the aims set for education and teaching in a publicly run school, a reflection – necessarily guided by the teaching staff – on Italian history and the common values of our society legally retranscribed in the Constitution, among which the secular nature of the State has pride of place” (§ 14.1 of the judgment’s legal foundations).

Ms Lautsi appealed to the Italian Supreme Administrative Court (Consiglio di Stato), but it dismissed the appeal, confirming the judgment of the Veneto Regional Administrative Court (judgment no. 556/06 of 13 January 2006). The Consiglio di Stato rejected Article 118 of the royal decree no. 965 of 30 April 1924 and Article 119 of the royal decree no. 1297 of 26 April 1928 were based on the Catholic confessional character that the Italian State had when they were enacted (since this confessional character had also allowed the Italian State to dictate regulations contrary to the interests of the Roman Catholic Church). Therefore, the current force of those regulations would not have been affected by the elimination of the confessional character of the Italian State and the im___________ 2 The Court recalled the well-known phrase of Jesus “Render unto Caesar the things which are Caesar’s, and unto God the things that are God’s” and added that “singularly, Christianity […] through its strong emphasis placed on love for one’s neighbour, and even more through the explicit predominance given to charity over faith itself, contains in substance those ideas of tolerance, equality and liberty which form the basis of the modern secular State, and of the Italian State in particular” (§ 11.1 of the judgment’s legal foundations).

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plementation of the principle of the secular State carried out by the 1948 Constitution. Subsequently, the Consiglio di Stato examined the compatibility with the Italian Constitution of the rules that imposed the display of crucifixes in Stateschool classrooms. For this purpose, it distinguished the various meanings that crucifix could assume in the different contexts in which it might be exposed, ratifying that in school spaces it adopted – at least in the Italian cultural background – a cultural significance representing the historical origin of the values which inspired the Western secular State: “Quite clearly, the crucifix is in itself a symbol that may have various meanings and serve various purposes, above all for the place in which it has been displayed. In a place of worship the crucifix is properly and exclusively a ‘religious symbol’, since it is intended to foster respectful adherence to the founder of the Christian religion. In a non-religious context like a school, used for the education of young people, the crucifix may still convey the above-mentioned values to believers, but for them and for non-believers its display is justified and possesses a non-discriminatory meaning from the religious point of view if it is capable of representing and evoking synthetically and in an immediately perceptible and foreseeable manner (like any symbol) values which are important for civil society, in particular the values which underpin and inspire our constitutional order, the foundation of our civil life. In that sense the crucifix can perform – even in a ‘secular’ perspective distinct from the religious perspective specific to it – a highly educational symbolic function, irrespective of the religion professed by the pupils. Now it is obvious that in Italy the crucifix is capable of expressing, symbolically of course, but appropriately, the religious origin of those values – tolerance, mutual respect, valorisation of the person, affirmation of one’s rights, consideration for one’s freedom, the autonomy of one’s moral conscience vis-à-vis authority, human solidarity and the refusal of any form of discrimination – which characterise Italian civilisation.”

Finally, the Court pointed out that the appellant’s claim to discuss the suitability of crucifix to reflect secular values would be appropriate in a political seat, but not before a court of justice, since it did not offend against the principle of the secular State established by the Italian Constitution. In sum, the Italian administrative courts hold a conception of the secular State not inconsistent with the display of religious symbols in State-school classrooms. This is because they consider these symbols have a significance that nowadays transcends the merely religious to assume a cultural value that must be respected by all citizens, regardless of their beliefs.

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III. The Judgment of the Second Section of the European Court of Human Rights on the Case of Lautsi v. Italia Having exhausted the remedies under national law, 3 Ms Lautsi decided to lodge an application against the Italian Republic before the European Court of Human Rights (application no. 30814/06). She alleged that the exhibition of crucifixes in the secondary State-school attended by her sons was interference incompatible with her right to ensure that they receive education and teaching in conformity with her religious and philosophical convictions within the meaning of Article 2 of Protocol no. 1 to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms.4 Further, she alleged these facts also infringed her freedom of belief and religion, protected by Article 9 of the Convention. The Italian Government, to respond the application, added to the arguments used by the administrative courts of the country three more that should be highlighted. At first, that the display of crucifixes in Italian State-school classrooms was not linked to any form of compulsory introduction of Catholicism to the students. Second, that there was no European consensus on the way to interpret the concept of secularism in practice, so that States had a wider margin of appreciation in the matter (i.e. although there is a European consensus concerning the principle of the secular nature of the State, there is no such consensus about its practical implications nor the way to bring it about).5 Third, that there was no rule under Italian law prohibiting teachers expose other religious symbols in State-school classrooms. A third party also intervened in the procedure, Greek Helsinki Monitor, a Greek non-governmental organisation for the protection of human rights, acting mainly in Balkan Peninsula’s area. This organisation joined the applicant’s po___________ 3

Under Italian Law there is no direct judicial action to the Constitutional Court to protect the fundamental rights of individuals, unlike what happens in other legal systems, such as Spanish or German. 4 “No person shall be denied the right to education. In the exercise of any functions which it assumes in relation to education and to teaching, the State shall respect the right of parents to ensure such education and teaching in conformity with their own religious and philosophical convictions.” 5 In fact, there is no consensus even on the legal use of terms like “secularism”; see Roca, Laicidad del Estado (Fn. 1), pp. 45-47. On the doctrine of margin of appreciation in the jurisprudence of the European Court of Human Rights and its relationship with the principle of subsidiarity in the European Union, see María José Parejo Guzmán, Reflexiones sobre el asunto Lautsi y la jurisprudencial del TEDH sobre símbolos religiosos: hacia soluciones de carácter inclusivo en el orden público europeo, in: Revista de Derecho Comunitario Europeo 37 (2010), pp. 878-881.

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sition in order to defend that crucifix was only a religious symbol and that, consequently, the attempt of ascribing it a secular value had no meaning. Someway, the Court’s Second Section based its decision on the latter consideration. Unanimously it held, by its judgment of 3 November 2009, that there had been a violation of Article 2 of Protocol no. 1 taken together with Article 9 of the Convention and that the Italian Republic was to pay the applicant five thousand euros in respect of non-pecuniary damage.6 The decision’s starting point was, in fact, that: “In the Court’s opinion, the symbol of the crucifix has a number of meanings among which the religious meaning is predominant” (§ 51 of the judgment).

The Court could not imagine how the display in State-school classrooms of a symbol that is reasonable to associate with Catholicism (the majority religion in Italy) might serve the educational pluralism, which is essential for the preservation of a “democratic society” within the Convention meaning of that term. The final conclusion was: “The Court considers that the compulsory display of a symbol of a particular faith in the exercise of public authority in relation to specific situations subject to governmental supervision, particularly in classrooms, restricts the right of parents to educate their children in conformity with their convictions and the right of schoolchildren to believe or not believe. It is of the opinion that the practice infringes those rights because the restrictions are incompatible with the State’s duty to respect neutrality in the exercise of public authority, particularly in the field of education” (§ 57 of the judgment).

Therefore, the judgment’s basis were twofold: on one hand, the refusal of the Court to admit that the crucifix could incorporate in a perceptible and significant way non-religious connotations; on the other hand, a conception of the principle of the secularism in State school context as aseptic neutrality, which would be incompatible with the presence, even merely cultural, of the religious fact.7 ___________ 6

Condemnation of compensation for non-pecuniary damages in a case such as this is surprising; see Lorenzo Martín-Retortillo Baquer, Símbolos religiosos en actos y espacios públicos, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 16 (2010), pp. 54-71, 66-67. 7 See Marta Iglesias Berlanga, ¿Crucifijos en las aulas? Asunto Lautsi vs. Italia (demanda nº 30814/06). Sentencia del Tribunal Europeo de Derechos Humanos de 3 de noviembre de 2009, in: Revista General de Derecho Europeo 20 (2010), pp. 1-12, 7-9, www.iustel.com. The very authoritative and conclusive opinion on the judgment of Professor Christian Starck was that “el problema de este pronunciamiento judicial lo veo yo en el rango indiscutiblemente superior que se otorga a la libertad religiosa negativa sobre la positiva y en el argumento de que Italia dejó de tener al catolicismo como religión de Estado desde 1985. La decisión acerca de las consecuencias que de ello se deriven están exclusivamente bajo la competencia de los tribunales italianos. El Tribunal internacional no ha pensado en una posible concordancia práctica entre la libertad reli-

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IV. The Judgment of the Grand Chamber of the European Court of Human Rights on the Case of Lautsi and others v. Italia In January 2010 the Italian Government asked for the case to be referred to the Court’s Grand Chamber. It complained the Court’s Second Section did not take into account the different approaches to the question of the relationship between State and religious confessions in the European States, insisting that, since there was no common approach in Europe in these fields, a “particularly wide margin of appreciation” should be left to each State, which had not been respected in this case. Quite to the contrary, the Court had opted for a conception of “neutrality” as secularism exclusionary of any relationship between State and religions rather than as equal treatment of all religious and philosophical views and, with this option, it had favoured irreligious or atheistic approaches, in fact actively supported by the applicant, against the religious beliefs majoritarian in Italian society. Another key to the Italian Government’s arguments, which eventually would prove decisive, is that crucifix was a symbol of passive nature without potential to impose religious beliefs, but only to propose the beholder its religious meaning along with others of historical and cultural nature. Its exhibition in Stateschool classrooms, instead of indoctrinating students in a specific religious creed, helped them to integrate into the national community to which they belong, its traditions and culture. Further evidence of the non-compelling nature of the crucifix’s display in classrooms was the benevolence granted in Italian State schools toward the symbols and traditions of minority religions and cultures. After the judgment of the Second Section of the European Court of Human Rights, the “case Lautsi” had become very notorious and also politically relevant. Thus, the number of third party interveners in the procedure increased significantly: members of the European Parliament, multiple non-governmental ___________ giosa positiva y la negativa. Las decisiones judiciales deben estar bien fundamentadas, especialmente si pretenden ser convincentes. Aquí falta plenamente una buena argumentación. El Tribunal ha causado daño a su imagen, que esperemos sea reparada mediante la decisión del Pleno” (Christian Starck, Nuevo desarrollo de las relaciones entre Estado e Iglesia en el Derecho alemán, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 23 (2010), pp. 1-14, 12-13, www.iustel.com). See also Stefan Mückl, Crucifijos en las aulas: ¿lesión a los derechos fundamentales?, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 23 (2010), pp. 1-15 www.iustel.com, María José Parejo Guzmán, Orden público europeo y símbolos religiosos: la controversia sobre la exposición del crucifijo en las escuelas públicas, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 24 (2010), pp. 135, www.iustel.com, and Grégor Puppinck, El caso Lautsi contra Italia in: Ius Canonicum 52 (2012), pp. 685-734.

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organisations and the Governments of some European States. 8 Most of those interveners supported the Italian Government’s position. It is worth noting that both the intervening Governments (many of them, very significantly, of States belonging the former Soviet Bloc) as the members of the European Parliament denounced excess that, in their opinion, had incurred the Court by failing to respect the wide margin of appreciation that States should have in these matters and trying to impose a uniform and “americanizating” conception of the principle of the secular State.9 This sort of arguments played an essential role in the Grand Chamber’s judgment of 18th March 2011 that overturned the previous judgment of the Second Section and dismissed the application. The Court conceded that there was no European consensus on the question of the presence of religious symbols in State-schools classrooms and thereby a wide margin of appreciation had to be granted to States in the matter. However, this discretionary margin did not exempt States of their obligation to respect the rights and freedoms enshrined in the Convention and its Protocols. ___________ 8 Specifically, leave to intervene in the written procedure was given to thirty-three members of the European Parliament acting collectively, the non-governmental organisation Greek Helsinki Monitor (which had previously intervened before the Court’s Second Section), the non-governmental organisation Associazione nazionale del libero Pensiero, the non-governmental organisation European Centre for Law and Justice, the non-governmental organisation Eurojuris, the non-governmental organisations International Committee of Jurists, Interights and Human Rights Watch, acting collectively, the non-governmental organisations Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Semaines sociales de France and Associazioni cristiane lavoratori italiani, acting collectively, and the Governments of Armenia, Bulgaria, Cyprus, the Russian Federation, Greece, Lithuania, Malta, Monaco, Romania and the Republic of San Marino, which were also given leave to intervene collectively in the oral procedure. Joseph H. H. Weiler, Professor of Law and European Union at New York University Law School, intervened at the hearing on behalf of that Governments; his submission is available in http://eclj.org/ resources/lautsi/. See also Joseph H. H. Weiler, Estado y Nación; Iglesia, Mezquita y Sinagoga, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 27 (2012), pp. 28-33. Two replies to Weiler’s arguments can be found in Masimo La Torre, Sueño de una noche de principio de verano, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 27 (2012), pp. 34-36, and Dionisio Llamazares, De la verdadera tolerancia en materia de libertad religiosa. Réplica a Weiler, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 27 (2012), pp. 37-42. 9 That was the thesis held by Professor Weiler at the hearing on behalf of the intervening Governments: “The position adopted by the Chamber is not an expression of the pluralism manifest by the Convention system, but an expression of the values of the laique State. To extend it to the entire Convention system would represent, with great respect, the Americanization of Europe. Americanization in two respects: First a single and unique rule for everyone, and second, a rigid, American style, separation of Church and State, as if the people of those Members whose State identity is not laique, cannot be trusted to live by the principles of tolerance and pluralism. That again, is not Europe” (§ 17 of Professor Weiler’s submission, cit.).

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The Grand Chamber agreed with the Second Section that crucifix is above all a religious symbol and did not go to discuss the question of whether it could or not incorporate other meanings. In any case, its compulsory display in Italian State-school classrooms conferred a preponderant visibility to the country’s majority religion, but this was not enough to consider infringed the applicant’s right to ensure that her children receive education and teaching in conformity with her religious and philosophical convictions, because, as the Italian Government had argued, the crucifix was a symbol of passive nature not capable by itself to produce indoctrination, if not combined with other elements. Since these additional elements of religious indoctrination were not present in Italian State schools, the violation of the applicant’s right had to be discarded. In the words of the own Court: “Firstly, the presence of crucifixes is not associated with compulsory teaching about Christianity (see the comparative-law information set out in Zengin, cited above, § 33). Secondly, according to the indications provided by the Government, Italy opens up the school environment in parallel to other religions. The Government indicated in this connection that it was not forbidden for pupils to wear Islamic headscarves or other symbols or apparel having a religious connotation; alternative arrangements were possible to help schooling fit in with non-majority religious practices; the beginning and end of Ramadan were ‘often celebrated’ in schools; and optional religious education could be organised in schools for ‘all recognised religious creeds’ (see paragraph 39 above). Moreover, there was nothing to suggest that the authorities were intolerant of pupils who believed in other religions, were non-believers or who held non-religious philosophical convictions” (§ 74 of the judgment).

The judgment was not unanimously delivered by the seventeen judges who composed the Grand Chamber, but by fifteen votes to two. In fact, there was a dissenting opinion formulated by the two judges who voted against the majority view, Judge Malinverni and Judge Kalaydjieva, and also three concurring opinions, from Judge Rozakis, joined by Judge Vajić, Judge Bonello and Judge Power. None of these opinions, dissenting or concurring, added substantially innovative arguments to which had been alleged in the procedure. Dissenting opinion held that effective protection of the rights guaranteed by Article 2 of Protocol No. 1 and Article 9 of the Convention required States to observe the strictest denominational neutrality in school environment. Somewhat paradoxically, it considered that the presence in State-school classrooms of symbols belonging the country’s religious tradition would infringed religious freedom and schoolchildren’s right to education to a greater degree than the fact that a teacher might wear a religious apparel absolutely extraneous to the country’s customs (such as, for example, the Islamic headscarf), for the teacher in question might invoke her own freedom of religion and the public authorities could not invoke such a right. The forceful reply of Judge Bonello to this sort of arguments in his concurring opinion was as follows:

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“A court of human rights cannot allow itself to suffer from historical Alzheimer’s. It has no right to disregard the cultural continuum of a nation’s flow through time, nor to ignore what, over the centuries, has served to mould and define the profile of a people. No supranational court has any business substituting its own ethical mockups for those qualities that history has imprinted on the national identity” (§ 1.1 of the concurring opinion of Judge Bonello).

V. Differences between Legal Argumentation of the Italian Administrative Courts and the European Court of Human Rights Both Italian administrative courts and the European Court of Human Rights have converged on the same decision, allowing crucifix’s display in Italian State-schools classrooms. However, it is clear from the preceding discussion that the paths through which they have reached this conclusion are quite different. Italian administrative courts, as we have seen, emphasize the suitability of crucifix to incorporate secular values, which are added to its religious significance and thus avoid collision with the principle of the secular nature of the State when displayed in places like State schools. This is a highly controversial matter from both laicist and religious positions. Laicist approaches do not admit the crucifix can be perceived as anything other than a purely religious symbol and therefore are opposed to its exhibition except in private or worship places.10 But neither confessional approaches always agree with what could be considered an unacceptable distortion of the religious significance of a symbol of transcendental importance for Christian denominations like Roman Catholic Church.11 ___________ 10

See, e.g., Martín-Retortillo Baquer, Símbolos religiosos (Fn. 6), pp. 67-68; Nicola Colaianni, Il crocifisso in giro per l’Europa: da Roma a Strasburgo (e ritorno), in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 24 (2010). Even more radically, Spanish Professor Dionisio Llamazares holds that the crucifix could also be considered a symbol of intolerance, bigotry and violence. See Llamazares, De la verdadera tolerancia (Fn. 8), p. 39. 11 See Colaianni, Il crocifisso in giro per l’Europa (Fn. 10), p. 30. For a thorough discussion on the question of whether religious symbols can incorporate secular values, see Marina Meléndez Valdés Navas, Reflexiones jurídicas en torno a los símbolos religiosos, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 24 (2010). The author concludes as follows: “Puesto que el sentido de los símbolos está en las instituciones sociales, los procesos y transformaciones que afectan a las mismas tendrán su reflejo en los símbolos dependientes de ellas. De acuerdo con esto, al referirnos a los símbolos religiosos en una sociedad en la que se ha producido un proceso de secularización habrá que tener en consideración como éste ha afectado a los símbolos religiosos. Por ese mismo proceso de secularización los símbolos religiosos han pasado a ser símbolos que según el contexto concreto del caso serán exclusivamente culturales

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The European Court of Human Rights (and regard this point there is no difference between the position of the Second Section and the Grand Chamber) is inclined to consider that in crucifix the character of religious symbol is clearly predominant, but passes over the problem of whether it can incorporate other meanings in a perceptibly and relevant way. For the purposes of what the Court had to judge, i.e. the compatibility of crucifix’s display in State-school classrooms not with the principle of the secular nature of the State but with the rights claimed by the applicant, the fundamental question was whether that exhibition was capable to indoctrinate students. And this is the key to the decision of the Grand Chamber: precisely because in Italy there is a secular State which recognizes full equality to all religions and philosophical views and do not impose any of them through indoctrination practices, the crucifix’s display in State-school classrooms becomes innocuous to the freedom of conscience of students and the right of parents to educate their children in their own religious and philosophical convictions.12 Certainly, the presence of crucifixes in State-school classrooms, in the interpretation of the Italian administrative courts, has no purpose of religious indoctrination, but of inculturation in the historical tradition of the country. And if we go back to the time when the rules imposing the crucifix’s display in classrooms were enacted, the fascist ventennio, it is clear that even then, by the very nature of the fascist regime, there was no specifically religious aim in them, which were designed to preserve a symbol of the national identity (as well as the portrait of the King, the other object that was to be fixed to the walls of the classrooms). Obviously, the interpretation of the national identity has changed profoundly in Italia since the fascist era to the democratic republic, but the idea ___________ sin que esto excluya que en un entorno confesional siga operando su significado religioso/cultural” (ibid., p. 34). 12 As noted by Santiago Cañamares Arribas: “Lo que parece indicarse es que la libertad religiosa – y su concreción en los derechos de los padres en el ámbito educativo – viene a proteger frente a vulneraciones efectivas, dejando al margen la tutela de la propia sensibilidad frente a aquello que nos desagrada” (Los símbolos religiosos en el espacio público. Entre la amenaza real y la mera sospecha, in: El Cronista del Estado Social y Democrático de Derecho 20 [2011], p. 65). The author concludes his reflection stating that “como quiera que la libertad religiosa debe encontrar su tutela frente a intervenciones estatales que verdaderamente la pongan en peligro, y no frente a alegaciones oportunistas, los poderes públicos deben tener en cuenta, al resolver los conflictos relacionados con la simbología religiosa, que – como apuntó el juez Goldberg de la Corte Suprema de los Estados Unidos en la sentencia Abington – la habilidad del juicio constitucional se encuentra en distinguir entre la amenaza real y la mera sospecha” (ibid., p. 67). See also Santiago Cañamares Arribas, La cruz de Estrasburgo. En torno a la sentencia Lautsi v. Italia, del Tribunal Europeo de Derechos Humanos, in: Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 22 (2010), pp. 1-13, www.iustel.com.

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that Christian religious tradition is part of it as a source of the Italian civilization remains unmovable.

VI. Limits to the Imposition of a Uniform Version of the Principle of the Secular State The European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms represents a European commitment to establish a common level, not necessarily minimum, of protection of fundamental rights in the continent, which is alive and constantly renewed through the work of the European Court of Human Rights. However, this common level of protection does not mean absolute uniformity of how each State interprets and implements the fundamental rights, nor would be good if it were so. In this area, as in many others of European integration, there is a strong weight of the respective national traditions – legal, historical, cultural – that must be preserved on pain of distorting the rich European diversity. For this reason, the approach given by the Grand Chamber of the European Court of Human Rights to the “case Lautsi” seems substantially correct. Having found that the Italian Republic had respected the common level of protection of fundamental rights, it was not the mission of the Court to impose a precise conception of the principle of the secular State through a particular way of understanding the requirements of fundamental rights. For then the question would be which version of the secular State should be imposed: the laïcité à la française?; a secular State that rules a religious denomination as the United Kingdom?; the non-denominational State of the 1978 Spanish Constitution, which must maintain collaborative relationships with the different religions established in the country and especially with the Catholic Church, expressly mentioned in the constitutional text?; or, finally, as feared by some of the States involved in the procedure as third party interveners, the American style ChurchState separation? The law, and especially the law of protection of human rights, cannot deprive political and social debate of its own space. If crucifix’s display in Stateschool classrooms does not imply by itself any form of religious indoctrination of students, the society involved, in this case the Italian society, must be able to decide through the appropriate political channels whether it should remain as an homage to the historical tradition of the country and its values or be removed in accordance with a strong conception of the principle of the secular State. That is exactly what the Italian Consiglio di Stato held from the beginning of the case when stated that the question of the suitability of crucifix to reflect secular values should be discussed in a political seat and not before a court of justice.

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VII. Conclusion In the “case Lautsi” two different questions intersect. On one hand, the debate between laicist and non-laicist positions on admissibility in modern secular States of the presence in public places of (Christians) religious symbols, in which fundamental rights have come to be used by the parties as a throwing weapon (negative religious freedom against positive religious freedom). On the other hand, the rightful role of the European Court of Human Rights as a guardian of fundamental rights in the continent. In the first question, the Italian administrative courts have found an ingenious solution, albeit controversial, to break the disjuncture between the two modalities of religious freedom confronted, invoking the inherence of (Christian) religion to our historical and cultural heritage; the citizen of a secular State has the right to not be subjected to any religion, even that historically dominant in the country, but not to require the deletion of the symbols of the historic tradition that have moulded national identity. This solution has not closed the debate, because the defenders of laicist positions do not accept it and even finds confessional reluctances. Nevertheless, it helps to move the discussion from the dangerous terrain of fundamental rights to that of political decisions, avoiding instrumentalization of these rights. In the second question, the judgment of the Grand Chamber in the “case Lautsi” has come to correct the mistake made by the Second Section with the first judgment. The mistake I am referring is not only to have misapplied the rights enshrined in the Convention; it is especially to have failed to properly assess what is the expected role of the Court. The Second Section was carried away by the manipulation of fundamental rights that occurs in the debate before mentioned, taking sides with one of the opposing parties, and thus generating the impression that the Court intended to impose a uniform version of the principle of the secular State corresponding to the American model of ChurchState separation or the French secularism.13 And the fact is that this is not the ___________ 13

As a sample of bewilderment created by the judgment, see the following reflection of German Professor Stefan Mückl: “La sentencia de la Sala del TEDH parece pretender un ‘papel pionero’ en orden a fijar una adecuada relación entre el Estado y la Iglesia o, dicho en términos más generales, entre el poder público y la religión. En cualquier caso, esta postura revela una marcada concepción y tendencia laicista unilateral que, marginando cualquier punto de vista distinto, se insinúa casi como una ley natural. De esta forma, el Tribunal se aproxima a las ‘líneas rojas’ presentes en el CEDH y lleva su decisión a la precaria proximidad de un acto ultra vires. Todo ello debido a que el Tribunal no reconoce la premisa de que el CEDH no estableció ni pretendió un orden de unidad en el terreno sensible de la relación Estado-Iglesia. Este modelo de relación es tan dependiente de las circunstancias históricas y culturales de cada Estado signatario que, debido a la magnitud de la diversidad de circunstancias reales en el ámbito de aplicación del CEDH, sería temerario tratar de encontrar un sistema de referencia. La línea jurisdic-

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only possible version of secular State respectful of freedom of thought, conscience and religion, such as the plural European reality clearly demonstrates. In short, one thing is that many citizens may dislike the presence of religious symbols in public places because it offends against their secular sensitivity, and another thing is that it violates their fundamental rights. And if it does not violate their fundamental rights, the decision on keeping or removing those symbols leaves to be legal and becomes political: a decision to be adopted by the society involved, not by a court of justice – and less by a European court of justice, through the appropriate political channels.

___________ tional precedente de los órganos del Convenio ha seguido aquí una inteligente (y, en reconocimiento de las inherentes limitaciones de los órganos supranacionales, humilde) postura de contención, respetando las decisiones nacionales en materia de asignación de un determinado modelo de relación entre el Estado y la Iglesia. Finalmente, la Sala asume el papel de legislador europeo general, al revestir una concreta posición, que desde su punto de vista es ‚correcta’ y por ello universal, de decisión judicial -por supuesto solo en los casos concretos afectados“ (Mückl, Crucifijos en las aulas [Fn. 7], pp. 15-16). See also Parejo Guzmán, Reflexiones sobre el asunto Lautsi (Fn. 5), pp. 892-894, and Puppinck, El caso Lautsi contra Italia (Fn. 7), pp. 697-699.

Neue Aspekte in der Beziehung zwischen Muslime und Staat in Deutschland Hamideh Mohaghehgi Die Muslime leben seit über fünfzig Jahren in großer Zahl – über vier Millionen – in Deutschland. Sie wurden hauptsächlich in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts als Arbeitskräfte angeworben und hatten die Absicht, nach einigen Jahren Arbeit in ihre Heimatländer zurückzukehren. Für die meisten von ihnen wurde Deutschland jedoch die Wahlheimat, in der die dritte und vierte Generation geboren und aufgewachsen ist. Ihre Sprache und ihre Lebensweise sind deutsch geprägt, während die Traditionen der Eltern und Großeltern aufgrund der Minderheitsposition und Wertschätzung der eigenen Tradition und des Familienzusammenhalts weiterhin gepflegt werden. Die kulturelle Vielfalt entsprechend der muslimischen Lebensweise und die Zugehörigkeit zu verschiedenen islamische Richtungen ist eine Realität, die von der Gesamtgesellschaft nicht genügend beachtet wird. Die Muslime werden vorwiegend als eine Gruppe von gläubigen Menschen betrachtet, deren Handlungen von traditioneller und strenger Religiosität geprägt sind. In den Debatten über die Integration führt diese Wahrnehmung zu kollektiven Zuschreibungen, die oft die sozialen und ökonomischen Umstände sowie vorhandene Bildungsdefizite als Ursache der Probleme verdrängt. Die Anliegen, Sorgen, Sehnsüchte, Hoffnungen und Probleme von Muslimen sind weitgehend identisch mit denen anderer Menschen, die im ähnlichen sozialen und ökonomischen Umfeld und vergleichbaren Lebensumständen leben. Hinzu kommt die Wahrnehmung des Islam in den letzten Jahren, die diese Religion vorwiegend als extremistisch und unvereinbar mit den westlichen Werten und der Demokratie versteht. Dies führt dazu, dass von Muslimen stets abverlangt wird, sich zur Deutschen Rechtsordnung zu bekennen und sich von den extremistischen Erscheinungsformen des Islam öffentlich zu distanzieren. Die Muslime stehen unter einer Art Beobachtung durch die Öffentlichkeit und die Menschen, mit denen sie als Nachbarn leben und am Arbeitsplatz, wo ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Leistung der deutschen Volkswirtschaft beitragen. Von ihnen wird erwartet, sich zu positionieren sobald im Namen des Islam und durch die Muslime eine Gräueltat auf der Welt begangen wird. In dieser Spannung leben die Muslime in Deutschland und durchschreiten ihren Lebensweg

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als gläubige Menschen in der säkularen westlichen Umgebung, die ihnen mit Skepsis und Argwohn begegnet. Für die meisten Muslime spielt die Religion eine wichtige Rolle für das tägliche Leben, und damit ist sie auch sichtbar in der Öffentlichkeit. Dies bedeutet jedoch aus Sicht der Muslime keinen Widerspruch zum Leben und Wirken in einer säkularen Gesellschaft. Die säkularen Gesellschaften bieten aufgrund ihrer demokratischen Strukturen ihren Bürgern freie Wahl für die Lebensweise, Lebenseinstellung und Religiosität. Die freie Ausübung der Religion spielt für die Sozialisation und Identitätsfindung eine bedeutende Rolle und ist ein unaufhebbares Grund- und Menschenrecht, das insbesondere in einem säkularen System geschützt werden soll. Zur Anwesenheit der Muslime in Deutschland gehört, dass das Zusammenleben kontroverse Diskussionen über ihre Anliegen wie Bau von Moscheen, sichtbare religiöse Kleidungs- und Speisevorschriften, Teilnahme an koedukative Sportarten wie z. B. Schwimmen sowie Klassenfahrten mit sich bringt. Diese Diskussionen sind selbstverständlich und Voraussetzung für einen Prozess des Einheimisch Werdens, wenn in einer pluralistischen Gesellschaft die verschiedenen Kulturen und Religionen ihre Positionen erkennen und bestimmen. In diesem Prozess wandelt sich eine Gesellschaft, die sich neu entdecken und neu strukturieren muss. „Dazu gehören“ bedeutet, sich in der gesellschafts-politischen Gestaltung verantwortlich, gewissenhaft und im Rahmen der Gesetze des Landes zu engagieren und aktiv mitzuwirken. Hierzu ist auch die Akzeptanz der Gesamtgesellschaft gegenüber seinen Bürgern erforderlich, damit das Gefühl der Zugehörigkeit wächst und verinnerlicht wird. Integration ist ein Geben und Nehmen, das nur möglich ist wenn alle, die gemeinsam in einer Gesellschaft leben, den Willen dazu haben und bereit sind, den Herausforderungen, die das Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen und Traditionen mit sich bringen, in Einvernehmen zu meistern. Dafür ist der erste Schritt notwendig, in dem jeder Mensch die Chancen erkennt ohne die Probleme zu verkennen. Der Prozess der Verständigung und Annäherung der Kulturen und Religionen ist langwierig, sie ist stets mit Skepsis und Ängsten vor Fremdheit und Selbstaufgabe begleitet. Es bedarf Geduld und Mut, sich unbeirrt um Klärung und Verständnis zu bemühen und Fremdheit und Missverständnisse zu überwinden. Für die Muslime hat die Gemeinschaft eine besondere Bedeutung, die zum Teil religiös begründet und kulturell geformt ist. Der Zusammenhalt innerhalb der Familie und Gemeinschaft verpflichtet womöglich das Individuum im Interesse der Gemeinschaft, die eigenen persönlichen Wünsche und Interessen nicht in den Vordergrund zu stellen. Die individuelle Freiheit und die Menschenrechte, die diese Individualität rechtlich gewähren, können mit dieser Auffassung kollidieren und sie relativieren. Für die Muslime bedeutet dies eine

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neue Selbstwahrnehmung, die auf einzelnen Personen bezogen ist. Dies führt unter anderem auch zur kritischen Betrachtung der eigenen und gewohnten Lebensweise und religiösen Überzeugungen und kann am Anfang Gewissenskonflikte gegenüber der Gemeinschaft und des Glaubens verursachen. Die Muslime leben in einem Spannungsfeld zwischen traditioneller und kultureller Religiosität und Anforderungen der säkularen Gesellschaft, in der die Religion nicht die Hauptrolle spielt. Sie begegnen verzerrte Meinungen und Vorurteile sowie Unkenntnisse über den Islam, und sie bemühen sich um eine „Anpassung“, die ihnen ein religiöses Leben in Deutschland ermöglicht, ohne sich und ihre Glaubensprinzipien aufgeben zu müssen. In diesem Prozess der Normalisierung der Anwesenheit der Muslime in Deutschland ist die wesentliche Frage auch, ob die deutsche Gesamtgesellschaft die Muslime als Teil ihrer Gesellschaft annehmen, anerkennen und akzeptieren will. Hier ist nicht nur Toleranz, die eher eine Duldung ist, erforderlich, sondern eine ernsthafte Annahme, Akzeptanz und Chancengleichheit muss die Grundlage für das Zusammenleben schaffen. Gewiss bestehen für die Muslime weitgehende Freiheiten und Chancen in Deutschland, und doch sind sie gelegentlich mit Stigmatisierung und Diskriminierung konfrontiert, vor allem wenn sie als praktizierende und bekennende Muslime erkennbar sind. Insbesondere erfahren sie auf dem Arbeitsmarkt eine ungleiche Behandlung, die bereits bei der Bewerbung offensichtlich wird, da sie eher nach ihren äußerlichen Merkmalen und nicht nach ihren Kompetenzen beurteilt werden. Für die Anerkennung und Akzeptanz der Minderheiten in einer Gesellschaft können die Politik und Politiker einen bedeutenden Beitrag leisten. Sie können die Gesellschaft dafür begeistern und sensibilisieren oder die Ängste und das Unbehagen der Menschen für ihre eigenen politischen Interessen manipulieren. Die Politik trägt eine große Verantwortung und kann mit ihrer Einstellung und Handlungsweise positive bzw. negative Zeichen setzen. Die religiösen und kulturellen Unterschiede können immer weniger Gründe zur Spaltung und Trennung sein, wenn ihre Existenz in der Gesellschaft als berechtigt und selbstverständlich wahrgenommen wird, dazu kann die Politik aktiv beitragen. In den deutschen Parteien auf Landes- und Bundesebene sind Muslime noch „Exoten“. Dies verändert sich allmählich, nachdem in Niedersachsen eine muslimische Sozialministerin und eine Muslima als stellvertretende Bundesvorsitzende der Sozialdemokraten gewählt wurde. Dies ist als eine zukunftsweisende Entwicklung auf dem Weg der „Normalisierung“ zu bezeichnen. Es ist jedoch noch ein langer Weg, bis diese Personen nicht mehr aufgrund ihres Glaubens in Erklärungsnot geraten und beweisen müssen, dass ihr politisches Engagement ihrer individuellen Lebensweise als Bürger dieser Gesellschaft entstammt und dem Wohle ihrer Heimat Deutschland und allen Menschen gilt.

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Die in Deutschland entstandene Vorstellung, dass die Religion eine „Privatsache“ sei und die Schlussfolgerung, dass sie demzufolge in der Öffentlichkeit nichts zu suchen habe, kollidiert mit dem Religionsverständnis der praktizierende Muslime, die die Religion durchaus als Lebenseinstellung verstehen, die man nicht stundenweise ablegen kann. Sie sehen sich Gott und seiner Schöpfung gegenüber verantwortlich, daher ist es für sie auch eine religiöse Pflicht, sich für die Gesellschaft und die Angelegenheiten aller Menschen einzusetzen, und hierzu gehört natürlich auch, politisch aktiv sein. Die Voraussetzung ist, dass die Religion in der Tat als eine Weisung und reflektierte schöpfungsgerechte Lebensorientierung verstanden wird und nicht als eine Vorschriftensammlung, die das Alltagsleben unabhängig von den realen Lebensbedingungen regelt und keinen Raum für eine rationale Auseinandersetzung mit den aktuellen gesellschaftlichen Umständen zulässt. In Deutschland existiert das Staatskirchenrecht, das den Kirchen als Religionsgemeinschaften das Recht einräumt, innere Angelegenheiten autonom zu regeln, die Inhalte des Religionsunterrichts festzulegen und den Lehrkräften nach eigenen Kriterien die Lehrbefugnis zu erteilen. Durch das Staatskirchenrecht wird das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften geregelt, das eine Jahrhundert lange Entwicklung ausdrückt. Allerdings stehen in diesem Zusammenhang noch Definitionen aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts im Raum, als das Christentum das einzige Modell einer Religionsgemeinschaft war. Der religiös neutrale Staat enthält sich der Deutung der religiösen Inhalte und überlässt diese den Kirchen. Die Frage ist, wie dieses Zusammenwirken mit anderen Glaubensgemeinschaften möglich ist, die keine verfasste Form und Institution haben. Dem Islam ist diese Form von religiöser Institutionalisierung fremd, und die Muslime sind herausgefordert gleichwohl eine Struktur zu schaffen, die ihnen rechtlich ähnliches Mitspracherecht wie Kirchen ermöglicht und eine verfassungskonforme Kooperation mit dem Staat bewirkt. Wie in allen anderen Religionen, gibt es auch im Islam vielfältige Richtungen, Lesarten und Ausprägungen der Glaubenspraxis. Es ist nicht möglich, dass eine einzige Institution diese Vielfalt repräsentiert. Es ist eine innerislamische theologische Debatte notwendig, um zu überlegen, ob und wie eine Institutionalisierung des Islam möglich ist, ohne sein Grundprinzip der individuellen Verantwortlichkeit zu untergraben. Die großen muslimischen Organisationen, die in Deutschland bereits existieren, haben sich in den letzten Jahren um Zusammenschlüsse bemüht und sind auf dem Weg, eine Form von Strukturen zu entwickeln, damit sie als Ansprechpartner des Staates als verfassungsrechtlich anerkannten Vertreter der Muslime agieren können. Es braucht Zeit und benötigt Flexibilität, fachliche – juristische und theologische – Kompetenz und Kenntnisse über die Strukturen und Koope-

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rationsmöglichkeiten. Die lange Tradition des Dialogs mit dem Islam kann in diesem Prozess eine Stütze sein.

I. Dialog in Deutschland In Deutschland kann man auf eine lange Tradition des Dialoges zurückblicken, der sich im Laufe der Zeit entsprechend der gesellschaftlichen Realitäten gewandelt hat. Der Dialog zwischen den Theologen, Philosophen und Intellektuellen besteht seit langem, hatte aber wenig Wirkung auf das alltägliche gesellschaftliche Leben, die zwischenmenschlichen Beziehungen und Beziehung der Muslimen zum Deutschen Staat. Dieser Dialog ermöglichte, die spirituellen Aspekte des Islam kennen und schätzen zu lernen. Die großen deutschen Dichter wie Goethe und Rückert hatten große Achtung vor dem Islam und den literarischen Werken der Muslime. Ihre Meinungen und Werke hierzu sind kaum im Bewusstsein der Menschen in Deutschland präsent. Somit blieb dieser Dialog auf einer theoretischen Ebene, zu der nur die interessierten Intellektuellen und Literaten Zugang hatten. Als die ersten „Gastarbeiter“ nach Deutschland kamen, waren es die Kirchen, die zuerst auf sie aufmerksam wurden und ihre Türen für sie geöffnet haben. Solange sie keine Gebetsräume hatten, war es ihnen möglich, in den Gemeindehäusern der Kirchen ihre Festgebete zu verrichten und ihre religiösen Feste zu feiern. So entwickelte sich eine besondere Beziehung zwischen Muslimen und kirchlichen Einrichtungen, die bis heute besteht, vielen Wandlungen unterlegen ist und heute in besondere Weise auf dem Prüfstand steht. Ab Ende der siebziger Jahre ist ein Wandel im Dialog zu vermerken, der auf die politischen Ereignisse in dieser Zeit zurück zu führen ist. Die Revolution im Iran, der Palästina-Israel Konflikt und die Situation im gesamten Nahen Osten gab dem Islam ein neues Gesicht, das Bedenken und Angst erweckte. Die teilweise extremistischen und fanatischen Bewegungen unter den Muslimen stärkte die Wahrnehmung des Islam als eine politisch-religiöse Bewegung, die in Konflikt mit der westlichen Welt steht, dies brachte Veränderungen in Begegnungen und Gesprächen. Der Schwerpunkte des Dialogs in den achtziger Jahren waren hauptsächlich das Verhältnis des Islam zur Politik und die Diskussion, inwieweit der Islam einen Anspruch erhebt, die gesamte Welt erobern zu wollen. Die Gespräche zu diesen Themen fanden vielfach ohne Beteiligung von Muslimen statt, die mit ausreichenden Sprach- und Fachkenntnissen die islamische Lehre authentisch hätten darstellen oder auf alle komplexen politischen Fragen dieser Zeit eine theologische Antwort geben können. Die Diskussionen waren in Deutschland sehr angeregt, emotional und stark begleitet von Angst

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vor einem extremistischen Islam, für den die hier lebenden Muslime oft kollektiv als Handlanger betrachtet wurden. Während die öffentlichen Diskussionen sich mit diesen Fragen beschäftigten, lief parallel auch der Dialog weiter, in dem die Menschen versuchten, sich gegenseitig besser kennen zu lernen. Zu dieser Zeit war interreligiöser und gesellschaftlicher Dialog auf gleicher Augenhöhe kaum möglich. Nur vereinzelte muslimische Theologen und Theologinnen waren fachlich und sprachlich in der Lage, sich in den Diskussionen zu beteiligen. In den letzten Jahren, insbesondere nach dem 11. September 2001 ist eine Spannung im Dialog mit dem Islam zu bemerken. Es war festzustellen, dass der Islam trotz langjähriger Dialogarbeit in Deutschland noch eine fremde Religion war, die nun auch als eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands galt. Der Dialog wurde immer mehr in Frage gestellt. Als der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirchen in Deutschland, Bischof Huber, in einem Interview bei einem Weihnachtsfest 2004 den Begriff „Kuscheldialog“ verwendete, stieß er bei vielen Gegnern des Dialogs und Skeptiker auf offene Ohren, die den gesamten Dialog für gescheitert erklärten. Mit „Kuscheldialog“ war ein Dialog gemeint, der nur die Gemeinsamkeiten herausstellt und die Unterschiede nicht beachtet. Manche Kirchenvertreter verwiesen auf die ihrer Meinung nach theologisch unüberwindbaren Unterschiede, während Politiker das Thema oft für ihre wahlstrategischen und politischen Zielsetzungen polarisierten, und dadurch die Bevölkerung verunsicherten, um für sich als Beschützer vor Gefahren mehr Wählerstimmen zu erhalten. Durch den Dialog verändern sich Menschen und Gesellschaften allmählich. Günther Orth schreibt in einem Aufsatz zum Thema „Mit Krisen umgehen – Lehren aus den Anfangsjahren des Dialogs“: „Ich habe mich durch den Dialog verändert . Das war kein spektakulärer Umbruch, sondern eine allmähliche, leise Veränderung. Ich denke, dass muss so sein. Wer im Dialog der bleibt, der er vorher war, hat keinen wirklichen Dialog erlebt. Er hat nur einen Monolog zu zweit gehalten. Er hat die Dinge nur mit seine eigenen Augen gesehen, nicht mit den Augen des Partners.“1 Ein gelungener Dialog muss langfristig konstruktive Änderungen bei den Dialogpartnern und ein gesamtgesellschaftliches Umdenken verzeichnen können. Die mediale Darstellung des Islam und die extremistischen Bewegungen, die sich auf den Islam beziehen, vermitteln überwiegend weiterhin ein Bild vom Islam und von den Muslimen, das Angst schürt. Die Berichterstattungen klären meistens nicht auf, sie verzerren die politischen, religiösen und sozialen Reali___________ 1

Günther Orth: Mit Krisen umgehen – Lehren aus den Anfangsjahren des Dialogs, in: Bernd Neuser (Hrsg.), Dialog im Wandel – Der christlich-islamische Dialog, Anfänge, Krisen, neue Wege, Neukirchen / Vluyn 2005, S. 51-69, hier S. 69.

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täten in den muslimisch geprägten Ländern und stilisieren den Islam zum Feindbild und als Ursache für die Probleme schlechthin. Die einzelnen Informationen sind zwar nicht immer falsch, sie bilden aber nur einen kleinen Teil der islamischen Realitäten ab, nämlich den extremistischen und gewaltbereiten. Das kollektive Misstrauen gegenüber den Muslimen und die negativen Meinungen über den Islam in den öffentlichen Diskussionen bestehen weiterhin, wenn auch Begegnungen und Dialog auf unterschiedlichen Ebenen der Gesellschaft geführt werden. Zunehmend fühlen sich die Muslime nicht akzeptiert, ein Gefühl, das zur Frustration und zum Rückzug in die vertraute Umgebung sowie zur Entstehung der „Parallelgesellschaften“ führt, in denen die Muslime unter sich bleiben und ein Kontakt nach außen mit Schwierigkeiten und Problemen begleitet ist. Dennoch bedeuten die weltpolitischen Ereignisse und die Frage der Sicherheit und bestehende Ängste vor religiösem Extremismus nicht ein Ende des Dialogs, sie ermöglichen neue Formen. Darin stehen die Fragen der religiösen Erziehung der Kinder und Partizipation der Muslime in der Gesellschaft im Mittelpunkt, die stark mit den festen Strukturen und Institutionalisierung des Islam zusammenhängen.

II. Muslimische Gemeinden und Organisationen in Deutschland Die muslimischen Moscheegemeinden und Organisationen sind bis jetzt immer noch sehr stark von den Riten und Sprachen des Herkunftslandes beeinflusst. Die Moscheegemeinden sind hauptsächlich nach türkischen, arabischen, persischen, afghanischen und bosnischen Riten und Sprachen zu ordnen. Die kleineren Gruppen der Muslime wie afrikanische Muslime haben selten eigene Gebetsräume, sie besuchen die anderen Gemeinden, die ihnen am Nahesten stehen. Seit einigen Jahren versuchen manche Gemeinden, ihre Predigten beim Freitagsgebet in Deutsch zu halten; dieser Wandel ist einerseits in der Realität eingebettet, dass die junge Generation der Muslime die deutsche Sprache besser versteht als die Sprache der Eltern und Großeltern, andererseits ist Deutsch die gemeinsame Sprache der Muslime, die in Deutschland leben, und es wächst der Wunsch, sich auch in den religiösen Angelegenheiten in dieser Sprache zu verständigen und zu artikulieren. Neben den kleinen muslimischen Organisationen und Moscheegemeinden gibt es einige große Organisationen, die sich zum Teil zusammengeschlossen haben und sich um eine engere Kooperation und Koordination bemühen. Der Islamrat ist eine Organisation, deren wesentliches Motiv bei der Gründung das Etablieren einer Koordinierungsinstanz war, die die in Deutschland

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tätigen islamischen Vereine und Verbände zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts verhelfen wollte, damit die Politik einen Ansprechpartner für die Ein- und Durchführung des islamischen Religionsunterrichts hatte. Unter den Vereinen, die Mitglieder des Islamrates sind, ist auch der Verein der Milli Gürüs, der in Deutschland unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht und aus diesem Grund kein unumstrittener Ansprechpartner für staatliche Stellen in Deutschland ist. Neben dem Islamrat gibt es den Zentralrat der Muslime in Deutschland, die Ziele der beiden Organisationen sind deckungsgleich. Auch der Zentralrat ist bemüht, als Ansprechpartner in allen islamischen Angelegenheiten anerkannt zu werden. Laut Präambel sieht der Zentralrat seine Aufgabe darin, „den islamischen Gemeinschaften in Deutschland zu dienen, den kulturellen und interreligiösen Dialog zu pflegen und sich für eine konstruktive Kooperation zum Wohle der islamischen Gemeinschaft und der ganzen Gesellschaft einzusetzen“.2 Die Grundlagen für den Zentralrat sind Qur’an und Tradition des Propheten Muhammad (sunna) im Rahmen des Grundgesetzes in Deutschland. Der Zentralrat ist ein Dachverband, der einzelne Vereine und Verbände als Mitglieder hat. Diese Art der Mitgliedschaft erweist sich als Hindernis, wenn es um die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts geht, weil eine Körperschaft aus einer Gemeinschaft natürlicher Personen besteht, die sich aufgrund gemeinsamer religiöser Überzeugung dauerhaft zusammengeschlossen haben. Die dritte große muslimische Organisation ist DITIB, eine türkische Organisation, die seit 1984 besteht und von der türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion in der Türkei unterstützt wird. Die DITIB vertritt den offiziellen staatlichen Islam der Türkei. Die Imame, die im Allgemeinen für vier Jahre nach Deutschland geschickt werden, sind Angestellte des türkischen Staates. Die DITIB bemühte sich in den letzten Jahren um Unabhängigkeit, um der Lebensrealität seiner Mitglieder in Deutschland gerecht zu werden. Die Imame, die nach Deutschland entsandt werden, müssen möglichst vorher Grundkenntnisse der deutschen Sprache erwerben. Schließlich ist der Verband islamischer Kulturvereine (VIKZ) zu nennen, der einen Weg mit mystischen Tendenzen verfolgt. Der Verein wurde im September 1973 in Köln gegründet und versteht sich als eine Vereinigung, die ursprünglich auf die Aktivitäten von „Gastarbeitern“ aus der Türkei zurückgeht, die sowohl ihre eigene kulturelle Identität pflegen als auch ihre Wertmaßstäbe und ihren Glauben an die jüngere Generation weitergeben wollten.3 Die Mit___________ 2 Ayyub A. Köhler, Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD), in: Janbernd Oebbecke (Hrsg.), Muslimische Gemeinschaften im deutschen Recht, Frankfurt am Main / Wien u.a. 2003, S. 75. 3 Vgl. Selbstdarstellung des VIKZ unter http://www.vikz.de/index1.html (12.9.2012).

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glieder sahen ihren Aufenthalt in Deutschland zuerst als zeitlich begrenzt. Während zunächst Imame aus der Türkei, ausgebildet an privaten und staatlichen Predigerschulen, die Leitung der jungen Gemeinden übernahmen, sind in den Gemeinden des VIKZ heute überwiegend solche islamischen Gelehrten angestellt, die als Angehörige der so genannten zweiten Generation nicht nur in Deutschland ihre religiöse Ausbildung absolviert, sondern hier auch ihre Sozialisation erfahren haben und daher vor allem auch aufgrund ihrer mühelosen Beherrschung der deutschen Sprache den Herausforderungen begegnen können, die sich dem Islam in Deutschland stellen. Seit einigen Jahren haben sich in verschiedenen Bundesländern die muslimischen Vereine zu einem Landesverband (Schura-Verband) zusammengeschlossen. Sie sind zwar rechtlich noch nicht als offizieller Ansprechpartner anerkannt, erlangen aber für die Entscheidungen über die Belange der Muslime, insbesondere für die schulpolitischen Entscheidungen als Berater immer mehr Akzeptanz.

III. Islamischer Religionsunterricht Das Staatskirchenrecht in Deutschland ist ein Teilgebiet des öffentlichen Rechts, das die vom Staat gesetzten Rechtsnormen umfasst, die sich auf die Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften sowie ihrem Verhältnis zum Staat bezieht. Dieses Recht betrifft die mitgliedschaftlich organisierten Religionsgemeinschaften. Im Bezug auf den Islam ist dieses Recht nicht direkt anwendbar, weil der Islam keine organisierte Religionsgemeinschaft ist, die die Mitgliedschaft natürlicher Personen nachweisen kann. Damit eine Religionsgemeinschaft am Rechtsverkehr im Staat teilnimmt, muss sie die einschlägige Rechtsfähigkeit erlangen. Dieser Status ermöglicht ihr, für ihre Mitglieder verbindliche Vorschriften zur Regelung des innergemeinschaftlichen Lebens zu erlassen, die Glaubensgrundlagen selbst zu definieren und in der Durchführung des Religionsunterrichts inhaltlich sowie in der Ausbildung und Auswahl der Lehrkräfte verantwortlich zu sein. Ein islamischer Religionsunterricht gemäß Art. 7, Abs. 3 des deutschen Grundgesetzes kann für die Muslime aufgrund der fehlenden Rechtstatus nicht angeboten werden. Der Art. 7, Abs. 3 garantiert das Mitspracherecht der Religionsgemeinschaft für den bekenntnisorientierten Religionsunterricht, der auch gemäß des Grundgesetzes in den öffentlichen Schulen als ordentliches Lehrfach gilt: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen sei-

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nen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen“ (Deutsches Grundgesetz, Art. 7, Abs. 3). Die Muslime bemühen sich seit über zwei Jahrzehnten um einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in den deutschen Schulen, damit die muslimischen Schülerinnen und Schüler über gleiche religiöse Bildungsmöglichkeiten verfügen und in ihrer Religion sprachfähig werden. Darüber hinaus wird dadurch ermöglicht, einschlägige islamische Pädagogik und Didaktik zu entwickeln, die die Lebensrealität der Muslime in Deutschland berücksichtigt. Aufgrund des politischen Desinteresses und fehlenden muslimischen Institutionen, die in diesem Prozess theologisch und fachdidaktisch mitarbeiten sollten, gab es bis vor einigen Jahren kaum Bewegung in diesem Vorhaben. Die Notwendigkeit eines islamischen Religionsunterrichts unter Aufsicht des Staates und mit Beteiligung der Muslime bei der Festlegung der Glaubensgrundlagen und eines entsprechenden Curriculums kam erstmalig im Bundesland Niedersachsen auf die politische Agenda nach den Anschlägen des 11. September 2001. Ein Runder Tisch der Vertreter der diversen islamischen Richtungen und Organisationen sollte in dieser Angelegenheit der Ansprechpartner des Staates sein. Nach zwei Jahren intensiven Diskurses und Überlegungen wurden die Weichen für einen islamischen Religionsunterricht als Modelversuch gelegt. In Verantwortung des Kultusministeriums und mit Einvernehmen des Runden Tisches wurden Lehrerfortbildungen organisiert und ein Curriculum erarbeitet. Der Modellversuch war der erste Schritt für einen flächendeckenden Unterricht in Sinne des Grundgesetzes, der erfolgen sollte sobald die Muslime einschlägige Strukturen errichtet haben. Aus dem Runden Tisch ging der „Beirat“ hervor, der z. Zt. aus vier Muslime besteht. Auch der Beirat kann wegen der erwähnten Gründe bedingt an die Entscheidungen teilnehmen. Dennoch soll im Land Niedersachsen die Einführung des islamischen Religionsunterrichts im Schuljahr 2014 erfolgen. Im Bundesland Nordrheinwestfalen, das seit über zwanzig Jahren das Fach „Islamkunde“ anbietet, startet im Schuljahr 2013/2014 der ordentliche islamische Religionsunterricht. Die Muslime werden 2012 durch einen Beirat vertreten, der aus Vertreter der Verbände und Einzelfachpersonen besteht. Der Beirat ist der Ansprechpartner des Staates, erteilt den Lehrkräften die Lehrbefugnis und erstellt Curriculum und übernimmt damit die Aufgaben einer anerkannten Religionsgemeinschaft ohne eine solche zu sein. Nach Meinung mancher Verfassungsrechtler befindet sich der deutsche Staat in diesem Zusammenhang in einer rechtlichen Grauzone. Die Beiräte sind aber gegenwärtig eine praktische Möglichkeit, einen längst notwendigen islamischen Religionsunterricht an den deutschen Schulen zu realisieren und werden daher als Übergangslösung akzeptiert.

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Der islamische Religionsunterricht in der Schule ist keine Konkurrenz und kein Ersatz für den Unterricht in der Moschee. Er soll eine Zusammenarbeit der Schule mit den Moscheegemeinden entwickeln und eine mögliche interaktive und positive gegenseitige Befruchtung bewirken, in diesem Sinne kann der islamische Religionsunterricht auch eine Brücke zwischen Moscheegemeinden und der Schule werden. Ebenfalls soll der islamische Religionsunterricht zur Akzeptanz der Muslime als deutsche Mitbürger führen, die konstruktiv die Gesellschaft mitgestalten. Wenn die Kinder und Jugendliche in ihrer Orientierung und Wertevorstellung auch eine solide religiöse Basis erlangen, werden sie eher zu Menschen heranwachsen, die andere in Respekt und Akzeptanz offen gegenüberstehen. Die Festigkeit in der eigenen Tradition und die Bereitschaft zur Verständigung mit anderen sind zwei Maxime des Zusammenlebens zwischen Religionen und Kulturen; diese können in der Schule gelernt, geübt und erfahren werden. Die Schule bietet eine reale Chance, die Vielfalt als Bereicherung und nicht als Bedrohung zu erleben. Der Religionsunterricht in der Schule kann auch gelegentlich als interreligiöser Unterricht mit der Mitwirkung der jeweiligen Lehrkräfte gestaltet werden, um das Kennenlernen, Verstehen und Respektieren einzuprägen. Die Kinder und Jugendliche sind offen und neugierig für das „Fremde“ und sehen die Vielfalt und Unterschiede normalerweise nicht als Gefahr, sondern als spannende „Unbekannte“, die entdeckt werden soll. Dieses Potenzial zu nutzen und zu entfalten, sollte zum allgemeinen Bildungsauftrag der Schule gehören. Das Erteilen des islamischen Religionsunterrichts setzt die Ausbildung der islamischen Religionspädagogen und Religionspädagoginnen und damit zusammenhängende islamische Theologie an deutschen Universitäten voraus. Die Lehrstühle für diese Studiengänge beschreiten in Deutschland den ersten Schritte und sind bis lang an den Standorten Osnabrück, Münster, Tübingen und Erlangen eingerichtet. Auch für diese Studiengänge ist die Voraussetzung, dass die jeweilige Religionsgemeinschaft mit der Universität Frankfurt bei der Auswahl der Professoren und Festlegung der Inhalte sowie Methoden des Studiums kooperiert. Im Jahr 2010 veröffentlichte der Wissenschaftsrat eine umfassende Stellungnahme,4 über die die Experten des Rates über zwei Jahre berieten. In der Stellungnahme forderte er ausdrücklich Islamstudien und Ausbildung der islamischen Religionspädagogen und Religionspädagoginnen sowie Imame an den staatlichen Hochschulen in Deutschland. Um eine Zusammenarbeit zwischen ___________ 4

Stellungnahme „Empfehlungen zu Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen, Berlin 20.01.2010, www. wissenschaftsrat.de (10.9.2012).

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Staat und Muslime zu erzielen, schlug der Wissenschaftsrat vor, an den entsprechenden Studiengängen theologisch kompetente Beiräte einzurichten. Die Beiräte sollen eine Übergangslösung sein, bis der Islam in Deutschland den Status einer anerkannten Religionsgemeinschaft entsprechend der deutschen Gesetzgebung erlangt. Die Ausgestaltung dieser Beiräte wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert und ist weiterhin umstritten. Das Bundesbildungsministerium unterstützt diese Übergangslösung und stellt beachtliche Mittel zur Verfügung, damit die interessierten Universitäten diese Studiengänge einrichten können. Dadurch wurde eine wesentliche Weiche zur Gleichstellung des Islam mit bereits anerkannten Religionsgemeinschaften in Deutschland gestellt. In der Umsetzung gibt es von muslimischer Seite auch Bedenken, z. B. in welcher Form der Vielfalt der Muslime in Deutschland Rechnung getragen werden kann. Es ist wichtig, dass derartigen Studienzentren wissenschaftlich und theologisch unabhängig arbeiten. Neben den fachlichen Kompetenzen ist auch gegenseitiges Vertrauen zwischen Muslimen und dem Deutschen Staat sowie gesellschafts-politische Akzeptanz, dass der Islam ein beständiger Teil der deutschen Gesellschaft ist, unerlässlich. Das Vertrauen kann entstehen und wachsen, wenn gegenseitige Offenheit und die Bereitschaft bestehen, die anderen in ihrem Selbstverständnis zu verstehen und anzuerkennen. Es ist bezeichnend für das Islamverständnis, wenn Sätze wie „Islam gehört zu Deutschland“ oder „Islam gehört nicht zu Deutschland“ jeweils Jubel oder Empörung hervorbringen. Bei entsprechendem gegenseitigen Verständnis, Vertrauen und Selbstvertrauen käme es sicherlich nicht zu den bekannten sachlich nicht weiterbringenden Diskussionen. Emotionalität gehört zum menschlichen Leben und bewegt den Unternehmungsgeist, die Sachlichkeit sollte aber nicht dabei auf der Strecke bleiben. Diskussionen, die durch derartige Sätze der Politiker entfacht werden, laufen meistens Gefahr, auf der Ebene der Emotionen zu verharren. Die Äußerungen und Entscheidungen der Politiker haben einen Einfluss in der Meinungsbildung, und wenn sie ihre Verantwortung für die Menschen, die sie vertreten, ernst nehmen, müssen sie sich für Verständigung und Zusammenhalt in der Gesellschaft einsetzen. Dazu gehört die Anerkennung der bestehenden Wirklichkeit. Zu Wirklichkeit Deutschlands gehört, dass über 4,5 Millionen Muslime in diesem Land leben und keine monolithische Minderheit sind. Wie alle anderen Religionen ist der Islam auch facettenreich und muss in seiner Vielfalt wahrgenommen werden. Die extremistischen Bewegungen im Islam sind auch ein Teil der Realität – diese sind entschieden abzulehnen – und wenn von ihnen eine Gefahr für die Demokratie und Menschenrechte ausgeht, hat der Staat das Recht und die Pflicht, seine Bürger zu schützen, die aktive Mitarbeit der einzelnen Menschen ist selbstverständlich, eine Gruppe kann aber nicht für die Untaten der Einzelnen aus dieser Gruppe verantwortlich gemacht werden. Das kollektive Misstrauen gegenüber den Muslimen in Deutschland erforderte in den letzten Jahren, neue Wege der Verständigung zu beschreiten.

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Ein Schritt auf dem Weg der Verständigung sollte die Deutsche Islamkonferenz sein, die im Jahr 2006 durch damaligen amtierenden Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble ins Leben gerufen wurde.

IV. Deutsche Islamkonferenz Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) ist eine Plattform für direkte Gespräche zwischen Muslimen und Deutsche Politiker und Vertreter der Kommunen, um sich gemeinsam über die Möglichkeiten des Zusammenlebens zu beraten. Die Asymmetrie verzeichnet sich auch in dieser Zusammenkunft: auf einer Seite sind Entscheidungsträger der Politik und Gesellschaft und auf der anderen Seite sind einzelnen muslimische Personen – auch wenn sie Vereine und Verbände vertreten -, deren Stimme nicht an entscheidenden Stellen zu hören ist. Es gibt kaum Muslime, die in staatlichen Organen als Entscheidungsträger tätig sind, ebenso sind in der politischen Landschaft einzelne Muslime beteiligt, die sich vorwiegend als Kulturmuslime bezeichnen, für die der Glaube nicht unbedingt lebensgestaltend wirkt und nicht öffentlich zu gestalten ist. Der Innenminister Schäuble drückte in einer Regierungserklärung die Hoffnung aus, dass die Islamkonferenz praktische Lösungen für das Zusammenleben in Deutschland in Zusammenarbeit mit den Muslimen findet. In den Arbeitsgruppen der Islamkonferenz sollten Belange und Probleme erörtert, analysiert und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Diese Arbeitsgruppen haben sich drei Jahre mit den Themen „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens“, „Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis“ und „Wirtschaft und Medien als Brücke“ beschäftigt. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden jährlich in einem Treffen mit dem Bundesinnenminister vorgestellt. Dieser Dialog motivierte die Muslime, den Prozess eines Zusammenschlusses für das Erlangen des Status einer Religionsgemeinschaft voranzutreiben. Momentan haben sich die vier großen Verbände Zentralrat der Muslime, Islamrat, VIKZ und DITIB zu einem Koordinierungsrat zusammengeschlossen, und dennoch gibt es einige kulturelle und rechtliche Stolpersteine auf dem Weg zur rechtlichen Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Jenseits der öffentlichen Wahrnehmung der Muslime in der Gesellschaft und der sozialen Probleme, empfindet die Mehrheit der Muslime Deutschland als ihre Heimat, in der sie aber nicht immer akzeptiert sind. Die DIK ist eine notwendige Zeichensetzung, in der Gesellschaft die Anwesenheit der Muslime als Normalität zu sehen. Und doch geht von ihr auch ein anderes Signal aus: nämlich die Muslime sind eine noch nicht integrierte Gruppe, für ihre Integration muss der Staat in besonderer Weise tätig werden. Dieser Dialog ist – wie man ihn auch versteht – eine Chance für unmittelbaren Austausch zwischen Musli-

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men und dem Staat auf höchster Ebene. Bei den Sitzungen ist aufgrund der zeitlichen Begrenztheit die Möglichkeit zu Gespräch und Diskussion nicht ausreichend. In der Regel sind es die staatlichen Vertreter, die ein Thema aufgreifen, vortragen und Vorlagen zur Diskussionen stellen. Die Muslime bleiben meistens in der Rolle des Reagierens. Der Dialog auf gleicher Augenhöhe bleibt auch als angestrebtes Ziel, das noch nicht erreicht ist. Es ist zu wünschen, dass der Dialog des Staates mit den Muslimen dazu beiträgt, den Islam und die Muslime nicht immer als Ursache der Probleme zu sehen, sondern auch der Fokus darauf gelegt wird, dass es sehr viele aktive Muslime gibt, die einen Beitrag zur Beseitigung der Probleme leisten. Hierfür müssen die muslimischen Initiativen mehr präsentiert werden. Ein bedeutender Schritt in diese Richtung war die Verleihung des Integrationspreises 2010 an eine muslimische Organisation. Problemorientierte Zusammenarbeit ist notwendig, eine Wertschätzung der Aktivitäten der Muslime kann anregend für die Entstehung weiterer Initiativen sein. Im ersten Jahr der 2. DIK, war der Arbeitsschwerpunkt die Überlegungen zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts und der islamischen Theologie an den deutschen Universitäten. Die DIK hatte Anfang dieses Jahres auf einer Tagung unter Teilnahme des damaligen Innenminister De Maiziere einen Raum für Austausch von Wissen und Informationen geschaffen. Die Broschüre zu dieser Tagung kann als Hilfe zu weiteren Überlegungen in den Bundesländern dienen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der DIK ist die „Präventionsarbeit mit Jugendlichen“ mit Fokussierung auf „Förderung der Toleranz und der Verhinderung von Extremismus.“ Die Diskussion über die Begriffe wie „Islamismus“, „Islamfeindlichkeit“, „muslimischer Antisemitismus“ sind aktuell, die Ergebnisse können in einem Zwischenbericht gelesen werden. Es besteht der Konsens darüber, dass die Arbeit mit den Jugendlichen höchste Priorität hat, und die Muslime aufgefordert sind, selbst präventive Maßnahmen zu entwickeln. Die Ergebnisse werden im nächsten Jahr vorgestellt. Die Diskussion um Begriffe, wie z. B. „Islamismus“ beschäftigte die Mitglieder ausführlich. Der Begriff „Islamismus“, wenn er auch mittlerweile zu den etablierten Begriffen gehört und auch undifferenziert verwendet wird, ist meines Erachtens ein problematischer Begriff. Auch wenn es bekannt ist, dass „Ismus“ für eine problematische Ideologie steht, erweist sich eine Unterscheidung zwischen „Islam“ und „Islamismus“ als schwierig, weil die beiden Begriffe sich sehr ähneln. Dadurch, dass die allgemeine Meinung den Islam nur politisch wahrnimmt, besteht die Gefahr, dass „Islamismus“ der Religion Islam gleich gesetzt wird. Daher ist der Wunsch, anstatt „Islamismus“ die Begriffe wie „extremistischer Islam“ oder „muslimischer Extremismus“ zu verwenden. Es ist anzustreben, dass die Anlie-

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gen der Muslime in diesen Bereichen auch gehört und ernsthaft diskutiert werden. Die Sicherheitsfrage ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen; die Muslime sind Teil dieser Gesellschaft, und es ist selbstverständlich, dass die Sicherheitsfrage auch sie betrifft. Sie sind verpflichtet, aktiv an den präventiven Maßnahmen, vor allem in der Jugendarbeit mitzuwirken – nicht weil sie Muslime sind, sondern weil sie Bürger dieses Landes sind. Die extremistischen Bewegungen, wenn sie religiös begründet werden, können mit Hilfe der jeweiligen Religionsgemeinschaft besser widerlegt werden, gerade wenn theologische Gegenargumente notwendig sind. Die Religion kann jedoch nicht als ausschließliche Ursache für Extremismus gebrandmarkt werden, die soziologischen, wirtschaftlichen und weitere Faktoren bei der Präventionsarbeit sind ebenfalls zu berücksichtigen. In jedem Falle ist eine Kooperation der Muslime und den politischen Verantwortlichen erwünscht und notwendig, inakzeptabel ist es jedoch, wenn unter dem Deckmantel der Kooperation Muslime zur Denunzierung in den eigenen Gemeinden aufgefordert werden. Eine Aufgabe der DIK ist es, durch Öffentlichkeitsarbeit und unmittelbare Zusammenarbeit mit den Muslimen zu bewirken, dass die Muslime nicht auf ihre Religion reduziert werden. Dafür muss die Politik selbst davon überzeugt sein, dass die Anwesenheit der Muslime in Deutschland für den deutschen Staat nicht eine Bedrohung sondern eine Chance ist. In den Diskussionen wird offensichtlich, dass Misstrauen und Unverständnis oft leider noch überwiegen.

V. Fazit Die Gleichberechtigung der Religionen ist ein Postulat der deutschen Verfassung. Mit diesem Ziel soll die Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft voran gebracht werden. Auf diesem Weg kann europäisches Geschichtsbewusstsein unterstützend wirken. Die historische Spur des Islam in Europa bezeichnet seine Leistungsfähigkeit für die humane und zivilisatorische Entwicklung u. a. auch in philosophischen und medizinischen Ebenen, die gewöhnlich nicht erkannt und ignoriert wird. Es ist ein Islamverständnis anzustreben, das die Anpassungsfähigkeit der islamischen Theologie und Religion begründet, und zwar nicht im Sinne der Relativierung der Glaubensprinzipien, sondern als ein dynamischer Prozess, den Glauben entsprechend der Lebenswirklichkeit lebbar zu machen. Der Islam in Europa ist eine Lebensweise, die die Muslime selbstbewusst hier leben können, ohne mit den bestehenden Werten und Gesetzen in Konflikt zu geraten. Hierfür ist eine islamische Theologie im europäischen Kontext notwendig, die kontrovers und im Geist der Freiheit geführt werden kann. Die Akzeptanz und

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Wertschätzung der eigenen Vielfalt und Dynamik zählen für die Muslime zu den Aufgaben der Stunde, um selbstbewusst den notwendigen Konsens für religiöse Fragen entsprechend der Lebenswirklichkeit der Muslime in Deutschland zu erlangen. Eine innerislamische lebendige Debatte und eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Staat im Sinne von aktiver Beteiligung und Gestaltung ist das Ziel. Die Erlangung dieses Ziel macht es erforderlich, an einigen Stellen Interimslösungen zu schaffen, die zugleich eine realistische Perspektive für etwas Dauerhaftes entwickeln. Mit dieser Hoffnung arbeiten Muslime in Deutschland auf unterschiedlichen Ebenen und hoffen, dass die Gesamtgesellschaft sie auch als willkommene Bürger Deutschlands anerkennt und akzeptiert.

Comparing European and Inter-American Human Rights Mechanisms: A Different Approach to Protect Freedom of Expression and Freedom of Religion Susana Mosquera

I. Differences between European and Inter-American Systems of Human Rights 1. Origin and basis Comparing their origins we have to recognize a much more coherent and organize beginning to the European system of human rights. As a consequence of the Second World War there was a unique historical consensus in favor to promote the international regulation and protection of human rights in the European region, as a subsidiary complement to the internal mechanisms. The Council of Europe’s Statute was approved in 1949 and immediately the European Convention of Human Rights (ECHR) was birth inside this new international institution. European Commission and European Court of Human Rights started to work together and soon a new standard on human rights was spread all around Europe.1 The political and historical context where the Inter-American system of human rights is born is quite different. Unlike the European, there was not a common need of an international mechanism to protect human rights. In fact, the state members were so reluctant to lose their sovereignty and legal autonomy that they promote the principle of non-intervention to the maximum inside the new international Organization of American States (OAS). Nevertheless, this new international organization was the first one to present an international declaration of the rights and duties of man, seven months before United Nations were ready to prepare its Universal Declaration of Human Rights. “Despite this noble statement, the American states chose not to make the American Declara___________ 1

D. L. Shelton, An Introduction to the History of International Human Rights Law, The George Washington University Law School. Public Law and Legal Theory Working Paper # 346. August 2007. Available at SSRN: http://papers.ssrn.com/sol3/papers. cfm?abstract_id=1010489 (23.9.2012).

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tion binding on its signatories, nor did they create any machinery to promote, much less protect, the rights they had just proclaimed.”2 And the situation of human rights in the American region presented for a long time a declarative but not effective panorama, with states unwilling to lose any of their competences and powers, when such a thing could imply the possibility of an external intromission on their under-democratic activities. The Human Rights topic comes back to the OAS in 1959, because of the abuses and unrestrained behavior of the dictatorial regime of Trujillo in Dominican Republic. Members of the OAS proposed to impulse the mechanisms to recognize and protect human rights at the Inter-American level, but the possible conflict with the worldwide mechanisms3 force a standby situation. At the same time, it was not pacific the idea to create a judicial system of control, for such a reason the only practical consequence of the Dominican situation was the formation of an Inter-American Commission of Human Rights, as autonomous entity of the OAS with the function to promote respect for human rights. We have a Commission to promote respect, but we require a court that could act in case of persistent and flagrant disrespect. As we can easily perceive, the InterAmerican system was born without the unity and coherence that have defined the European. To solve this situation, and when the doctrinal question about the possible coexistence between universal and regional mechanisms was positively answered, the OAS promoted the elaboration of the American Convention as the legal document that will give structure and coherence to the system. It took some years to prepare and check the drafts of the Convention, but when finally in 1969 the Inter-American Convention on Human Rights (ACHR) was approved the system started to walk a consistent and logical path. Nevertheless, it took 9 more years to get the Convention into force, but as a first consequence we have now an Inter-American Commission that became a quasi-judicial decision-making body working together with the new Court created by the Convention. The Inter-American system started to look like his European neighbor. In the differences, we have to point out that the InterAmerican Convention has done a wider recognition of human rights, not only in comparison with the national level protection but also in comparison with the other regional mechanisms. Such a reliable task had in practice, a negative effect because states assume this extensive recognition of human rights as an inoperative goal. It was necessary to wait another 9 years to get the first sentence ___________ 2

R. K. Goldman, History and Action: the Inter-American Human Rights System and the Role of the Inter-American Commission of Human Rights, in: Human Rights Quarterly 31 (2009), pp. 856-887, 860. 3 At this time United Nations was preparing the international covenants – civil and political rights, and economic, social and cultural rights – finally approved in 1966.

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of the Inter-American Court of Human Rights,4 and the reason of such a delay was not only the reduce interest of the states in being judged by the Court, other than the Inter-American Commission desire to retain its powers in the field of human rights. The Commission had started his job quite slowly, just making suggestions to the state about the promotion, control or supervision on human rights. But already in 1979, commissioners had made eleven visits in loco to Argentina related with the cases of missing people. It has also revised more than three thousand petitions till 1978 and more than six thousands 7 years later. Nowadays there is no doubt about the great job the Inter-American Commission of Human Rights has done to promote and protect human rights in the region. Particularly if we consider the fact that, not all the state members have recognized the compulsory competence of the Court, and even some of them haven’t ratified jet the Inter-American Convention; for such a reasons the Commission keeps over them just a political competence to promote and encourage human rights, with reports, visits in loco and general recommendations. So dissimilar with the European system where all members have signed the European Convention of Human Rights and recognized the compulsory competence of the European Court of Human Rights.

2. Procedural rules European system of Human Rights have worked during some decades with two bodies, Commission and Court, the first one to verify the admissibility of the petition made, the second one as the judicial body that produce the sentence, or the advisory opinion.5 But in the European system we have also the Committee of Ministers of the Council of Europe, with the competence to resolve about the underlying problem in the cases that will not arrive to the Court – non-existent competence at the Inter-American system. The European system suffers a radical change with the entry into force of the Protocol 11, the Commission disappeared and the system became purely judicial. The purpose of this reform was to increase the productivity of the system, and in fact it started to produce eight hundred sentences a year, but there was still sixty nine thousand cases remaining.6 That kind of radical restructuration in the case of the Inter___________ 4

ICHR. Case of Velásquez-Rodríguez v. Honduras. Judgment of June 26, 1987. Preliminary Objections. Series C. N° 1. 5 The European Court has another competence, the advisory one, used only two times in history. So few if we compare it with the great advisory activity of the Inter-American Court, that has already published twenty advisory opinions. 6 Between 1998 and 2010 the ECHR have produced 93 % of its global works since its creation in 1959. See Y. Cacho Sánchez, Crónica de jurisprudencia del Tribunal

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American system, with the extinction of the Inter-American Commission seems to be quite unlikelihood because of the relevant role it places inside the mechanism – as we have already mentioned – as a general procedural body, that gives unity and coherence to the variable structure of the system. 7 Nevertheless, we should not describe the Inter-American arrangement as a stony body; in fact several changes have been made in the Rules of Procedure of Court and Commission during last year’s. We should consider that natural skill for adaptation, the aptitude to offer practical answers to the problems in the development of this human rights machinery the most positive characeristic that describe the Inter-American system’s work during all these years.8 For such a reason we think that something like the Protocol 11 to the ECHR will have little chances in the Inter-American format. The long period that took the OAS to implement the ACHR9 could be considered as an unnecessary waste of time if we look to the European system implemented by the Council of Europe quite immediately with the approval of the ECHR. But, in the other side, this period of reflection was the perfect opportunity to learn from another’s mistakes. The ACHR receives the experience already piled up by other international documents of human rights. We can see at the ACHR rights that come from the jurisprudence of the European Court of Human Rights,10 it has already included the progressive development of economic and social rights, and it has received the accumulative system of instances. There exists of course, some complementary documents11 to the ACHR but ___________ Europeo de Derechos Humanos del año 2010, in: Revista de Derechos Humanos 2 (2011), pp. 199-234, 199. 7 Even when something like the Protocol 11 seems to be quite improbable, there exists voices of change inside the Inter-American system that suggest an important change in the working method of Commission, and a relevant modification of its functions and competences. These suggestions have been presented by a Working Group of states created by the Permanent Council of the General Assembly of the OAS on June 29, 2011 and presented its final report on December 13. Nowadays this report is being studied by the Inter-American Commission itself to evaluate the convenience of these changes. 8 J. Schönsteiner / A. Beltrán y Puga / D. A. Lovera, Reflections on the human rights challenges of consolidating democracies: Recent developments in the inter-American system of human rights, in: Human Rights Law Review 11,2 (2011), pp. 362-389. 9 Already mentioned as a period of discussion between, worldwide and regional systems of human rights, judicial or just promotional system. 10 Children’s rights, right to honor, right to rectification among others. 11 Concerning alleged violations of a human right recognized we have a large list, the so called “American corpus iuris”, with the American Declaration of the Rights and Duties of Man, the American Convention on Human Rights “Pact of San José, Costa Rica”, the Additional Protocol to the American Convention on Human Rights in the Area of Economic, Social and Cultural Rights “Protocol of San Salvador”, the Protocol to the American Convention on Human Rights to Abolish the Death Penalty, the InterAmerican Convention to Prevent and Punish Torture, the Inter-American Convention on Forced Disappearance of Persons, and/or the Inter-American Convention on the Preven-

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there is nothing like the 14 Protocols of the European system, because some of this new rights were already mentioned, second because the working method at the OAS is different. However, there is a weak point at the Inter-American system of human rights: a non permanent court always fearful to think if there will be enough budgets for the following sessions. In comparison, the ECHR looks like judicial paradise with a permanent working organization, with the brand-new single judge, with the 3 members committees, with the seven judge’s chambers, and with its Gran Chamber. Of course, level of work in both cases is quite dissimilar, even when population level is not so different,12 numbers speak for a crushing victory of the European system, probably not only because is the more antique and mature, but also because is better know at any level, government, scholars, lawyers, citizens in general are familiar with the European concepts. It seems to be absolutely necessary to improve that kind of commitment between citizenship and the Inter-American organization. Specially because unlike the European, any person or group of persons, or any nongovernmental entity legally recognized in one or more member states of the Organization, may lodge petitions with the Inter-American Commission containing denunciations or complaints of violation of this Convention by a State Party, 13 such a wide and open access to the system deserves a better procedural knowledge for those who are destined to work on it.14 Of course there are many things to improve at the Inter-American machinery, but we have to recognize some of it merits. First one, as a pacific settlement for controversies the Inter-American system – Commission and Court – is always open and willing to try a friendly settlement between the parties in the conflict, at any time during the challenge, even when the case is already at the Court.15 It has proved to be quite effective to solve many lawsuits, although sometimes was used by the states as a mechanism to delay the process. 16 Sec___________ tion, Punishment and Eradication of Violence Against Women “Convention of Belém do Pará”. 12 47 states and 800 millions of population in the Council of Europe, 35 states and 910 millions of population in the Organization of American States. 13 Art. 44 ACHR, actio popularis. 14 At the European system locus standi is restricted to any person, non-governmental organization or group of individuals claiming to be the victim of a violation by one of the High Contracting Parties of the rights set forth in the Convention or the Protocols thereto. Art. 34 ECHR. 15 “The Commission shall place itself at the disposal of the parties concerned with a view to reaching a friendly settlement of the matter on the basis of respect for the human rights recognized in this Convention.” Art. 48,1,f ACHR. 16 P. E. Standaert, The Friendly Settlement of Human Rights Abuses in the Americas, in: Duke Journal of Comparative & International Law 9 (1999), pp. 519-542.

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ond one, the advisory function of the Court seems to be better developed and applied at the Inter-American system where can be requested by any State member, or by any OAS body. Such an open access could be the reason why we have already 20 advisory opinions at the Inter-American organization in comparison with the only 2 one coming from the European Court, besides this Court was established twenty years earlier than the Inter-American one. Maybe the reason could be the so limited access to the advisory opinion at the European system, where only the Committee of Ministers can ask for it to the Court. The true is that such a tool – advisory opinion – has proved to be quite effective at least at the Inter-American situation, especially to strengthen Court’s authority and autonomy.

3. Recent developments 2010 was a year of changes to both systems. In Europe when Russia signed the Protocol 14 open the door to the single judge, which comes to complete the Court structure, with committees, chambers, and Grand Chamber. The purpose to include this new figure at the European machinery was basically to make it more effective and fast.17 For such a reason this new body will have the competence to determine the inadmissibility of petitions similar to other cases already revised by the Court. Because the excessive workload at the European Court is a direct consequence of its global success as regional system to protect human rights,18 nevertheless more than 90 % of these pending applications will be declared inadmissible, and at the same time, 60 % of the cases are repetitive ones, that it, they are related to structural issued in which the Court has already a consolidate answer. On the Inter-American system, changes19 speak of a system less evolved that tries to open its doors to the victims in a similar evolution with the Protocol 9 to the ECHR, for such a reason new art. 25 of the Rules of Procedure of the Court established that: “Once notice of the brief submitting a case before the Court has been served, […], the alleged victims or their representatives may submit their brief containing pleadings, motions, and evidence autonomously and shall continue to act autonomously throughout the proceedings.”20 And at the same ___________ 17

And of course, to open the possibility to the European Union to signed the European Convention of Human Rights. 18 In 2009 57.200 applications were allocated to a judicial formation and the backlog reached 119.300 applications. 19 Approved on 2009 but applied since 2010. 20 Rules of Procedure of the Inter-American Court of Human Rights. Approved by the Court during its LXXXV Regular Period of Sessions, held from November 16 to 28, 2009.

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time, new art. 73 of the Rules of Procedure of the Inter-American Commission explain that: “If the Commission decides to refer a case to the Court, the Executive Secretary shall immediately give notice of that decision to the State, the petitioner and the victim. With that communication the Commission shall transmit to the petitioner all the elements necessary for the preparation and presentation of the application.”21 Reading both articles we can conclude that the Inter-American Commission is no longer the counterpart to the state, that role will be done by the victim or by the duly accredited representatives. This is an historical claim at the Inter-American system because victims’ role was overshadowed by the Commission, now they will have an independent and autonomy intervention, a real ius standi; something that could harm the state because now will have to defend from both, victim and Commission.22 Undoubtedly this is a great step for the role of the individual in International law. Finally Inter-American reform included the appointment of an Inter-American defender by the Tribunal on its own motion, in cases where alleged victims are acting without duly accredited legal representation, to represent them during the processing of the case.23 To get an effective and complete development of this institution will be necessary to implement the Legal Assistance Fund of the Inter-American system of Human Rights established by the Inter-American Commission.24 It is evident that, in both systems the purpose of these recent developments is no other than the encouragement and improvement of human rights protection mechanisms. Each system has its own virtues and its own defects, so their respective reforms have no other logic than to correct mistakes and adapt procedural rules to the procedural needs of the organization. With the logic of numbers, we could regard as more successful the European system of human rights, however taking into account not only numbers and statistics we have to recognized and respect the invaluable job the Inter-American one has done in favor of human rights and democracy on its region. Different circumstances have forced different answers and different evolutions on every one’s organization, but considering global protection we have to welcome the contribution both of them have to done to the international law of human rights. ___________ 21

Rules of Procedure of the Inter-American Commission of Human Rights. Approved by the Commission at its 137th regular period of sessions, held from October 28th to November 13th, 2009, and modified on September 2nd, 2011. 22 Should be necessary to make a rebalance of forces inside the process. 23 Art. 37 Rules of Procedure of the Inter-American Court of Human Rights. 24 The Legal Assistance Fund currently has (U.S.) $ 32.000,- at its disposal, due to contributions made by Brazil and Colombia. While these resources are insufficient for the Fund to begin operating immediately, the IACHR is in the process of fund-raising and hopes to obtain additional resources in the near future. Information available at http://www.oas.org/en/iachr/media_center/PReleases/2011/017.asp (24.9.2012).

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II. Sovereignty and Human Rights Inter-American system of human rights was born despite the state members, because at the time the OAS was built the non-intervention principle was strong in the region.25 Based on the ground of sovereignty and self-determination, a state should not interfere on their neighbors’ internal business. Non-intervention was included as a basic principle of the OAS: “Every State has the right to choose, without external interference, its political, economic, and social system and to organize itself in the way best suited to it, and has the duty to abstain from intervening in the affairs of another State.”26 Non-intervention was an important impediment to implement an effective mechanism to protect human rights in the region, and even nowadays when the “responsibility to protect” has appeared as its contra balance doctrine, we can still see non-intervention answers in some of the Inter-American states when the control mechanisms gives them a non desired verdict.27 As a matter of fact, the lack of democracy in the region has been a real problem and the Inter-American Commission and Court have worked most of the time within dictatorial, military and authoritarian governments. For them, non-intervention rule was the perfect “excuse” to send these unwonted researches outside their borders. The problem is that states used to forget the general principle that rules international law of human rights, subsidiarity. As Carozza explains: “[…] in international law subsidiarity can be understood to be a conceptual alternative to the comparatively empty and unhelpful idea of state sovereignty. The principle of subsidiarity provides an analytically descriptive way to make sense of a variety of disparate features of the existing structure of international human rights law, from the interpretive discretion accorded to states, to the relationship of regional and universal systems, while also justifying the necessity of international cooperation, assistance, and intervention. In fact, subsidiarity fits international human rights law so well that the basic values of the principle can reasonably be regarded as already implicitly present in the structure of international human ___________ 25 J. A. Cabranes, Human Rights and non-intervention in the Inter-American system, in: Michigan Law Review 65,6 (1966-1967), pp. 1147-1182. 26 Article 3,f of the Charter of the OAS. Signed in Bogotá in 1948 and amended by the Protocol of Buenos Aires in 1967, by the Protocol of Cartagena de Indias in 1985, by the Protocol of Washington in 1992, and by the Protocol of Managua in 1993. 27 For example, Peru tried to present as preliminary objections in Castillo Petruzzi arguments related with the misunderstood done by the Inter-American system of human rights about the principle of sovereignty and jurisdiction: “la decisión soberana de cualquier organismo jurisdiccional del Perú no puede ser modificada y menos aún dejada sin efecto por ninguna autoridad nacional, extranjera o supranacional.” Similar reactions can be found in another countries answers to the Court sentences.

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rights law.”28 But, subsidiarity is not only a way to protect national interests and internal law system; it is also a way back where international standards on human rights created by supranational tribunal should be know and applied also by national judges. As the ACHR explains: “The States Parties to this Convention undertake to respect the rights and freedoms recognized herein and to ensure to all persons subject to their jurisdiction the free and full exercise of those rights and freedoms, […]“. „Where the exercise of any of the rights or freedoms referred to in Art. 1 is not already ensured by legislative or other provisions, the States Parties undertake to adopt, in accordance with their constitutional processes and the provisions of this Convention, such legislative or other measures as may be necessary to give effect to those rights or freedoms.”29 Natural complement to this subsidiarity rule is the conventionality control that national judges should be ready to apply. Inter-American court of human rights has created an innovative application of this theory since Almonacid Arellano and others v. Chile: “The Court is aware that domestic judges and courts are bound to respect the rule of law, and therefore, they are bound to apply the provisions in force within the legal system. But when a State has ratified an international treaty such as the American Convention, its judges, as part of the State, are also bound by such Convention […]. In other words, the Judiciary must exercise a sort of conventionality control [control of compliance] between the domestic legal provisions which are applied to specific cases and the American Convention on Human Rights. To perform this task, the Judiciary has to take into account not only the treaty, but also the interpretation thereof made by the Inter-American Court, which is the ultimate interpreter of the American Convention.”30 Inter-American court of human rights has been quite inspired to offer the states members – reluctant to supranational intervention in their national business – a theory that turns into state competence the control and application of Inter-American court standards and decisions.31 This is the control of conventionality, nevertheless if the state is not careful doing his job, chances to be supranational supervised will still be open. ___________ 28

P. G. Carozza, Subsidiarity as structural principle of international human rights law, in: The American Journal of International Law 97 (2003), pp. 38-79, 40. 29 Art. 1.1 and art. 2 of the ACHR. 30 Case of Almonacid Arellano v. Chile. Preliminary Objections, Merits, Reparations and Costs. Judgment of September 26, 2006. Series C. No. 154, p. 124. 31 Such interpretation comes directly from the application of art. 1.1 and 2 of ACHR. Something impossible at the European system because the ECHR did not established direct obligations to the state members. Art. 1 ECHR: “The High Contracting Parties shall secure to everyone within their jurisdiction the rights and freedoms defined in Section I of this Convention.”

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Another combination between both factors, sovereignty – with non-intervention and subsidiarity –, and human rights mechanisms will probably produce something like the European doctrine of margin of national appreciation. This is the favorite doctrine of the ECHR, but not so often used by other supranational tribunals,32 specifically not common at the Inter-American system of human rights. Doctrine was created by the European Court of human rights to solve the tension between universal and general recognition of human rights included in the Convention, and particular and national cultural singularities between state members.33 Margin of appreciation doctrine assumes as a true that any society can exercise a broad balance between fundamental rights and national interests, particularly to solve conflicts where moral points of view could be dissimilar. “The margin of appreciation doctrine, most renowned for its application in the case law of the European Court of Human Rights, establishes a methodology for scrutiny by international courts of the decisions of national authorities – i.e., national governments, national courts and other national actors. While the case law of the ECtHR and other international tribunals on the contours of the doctrine is somewhat inconsistent, two principal elements may be identified: (i) Judicial deference – international courts should grant national authorities a certain degree of deference and respect their discretion on the manner of executing their international law obligations. […] (ii) Normative flexibility – international norms subject to the doctrine have been characterized as open-ended or unsettled.”34 First times was used by the Court to take in consideration national security reason as a solid argument for state decision to implement a restrictive polity of human rights. Margin of appreciation is a technique used by the Tribunal to produce its sentences, 35 but it has already created serious doubts about its impartiality. It is absolutely true that this doctrine enables the European Court of Human Rights to modify the intensity applied to condemn some states, forgiving his neighbor for something similar.36 ___________ 32 International Court of Justice refuse margin of appreciation doctrine in Oil Platforms (Iran v. US) [2003] ICJ Rep. 90, and in Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory. Opinion of 9 July 2004 [2004] Rep. 43 ILM (2004) 1009; although it seems to welcome it in Avena (Mexico v. US) [2004] ICJ Rep. 2004. 33 We have to take into account the enormous difference that exists between the European states, concerning languages, religion, ethnics, history, culture, legal traditions, and the complication that such a situation represents to the European Court’s job. In comparison Inter-American system is much more homogeneous and regular. 34 Y. Shany, Toward a General Margin of Appreciation Doctrine in International Law?, in: The European Journal of International Law 15,5 (2006), pp. 907-940, 909. 35 It could be compare with judicial discretion. 36 As many scholars have appointed, main problem with the margin of appreciation doctrine is its inconsistency because there is a lack of systematization, that’s the reason

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Probably European Court uses margin of appreciation doctrine just to avoid the state rejection to a supranational supervision and control – that is in the logic of sovereignty protection –, however with the same panorama InterAmerican system has evolved in a more integrative logic, connecting national and supranational legal system to impulse a productive cooperation between them. We can appreciate a so different approach to the concept of sovereignty and human rights between Inter-American and European system. Such a contraposition will help us to understand why in similar cases legal answers are so diverse. It is true that, European Court uses margin of appreciation more frequently with some kind of rights, those where cultural, historic and philosophical criteria should be taken into account because they present substantive differences between Strasbourg and the nation in question.

III. Cases Concerning Freedom of Expression and Freedom of Religion There is no doubt that freedom of expression and freedom of religion are perfect candidates to apply margin of appreciation doctrine, as the European Court have done in several cases; this is one of the reasons why we choose them to analyze the different perspective each regional tribunal have done to the coexistence between sovereignty and human rights. On the other side, the Inter-American system of human rights37 has rarely studied cases related to freedom of expression – this right arrived to the Inter-American court of human rights just as advisory opinion in 1985,38 and only in 2001, the Court presented its first sentence concerning this right –, and only once39 received a case concerning freedom of religion, but such a case has all the elements to make the aforementioned comparison. It is also quite remarkable that took some decades to receive freedom of religion cases at the European Court, Kokkinakis v. Greece unlocked the door, and once opened many other got through it. One of the first ones was the Otto-Preminger-Institute v. Austria the case that we are going to compare with the Chilean “The Last Temptation of Christ”. Both cases ___________ why many consider it as an imprecise tool. J. García Roca, El margen de apreciación nacional en la interpretación del Convenio Europeo de Derechos Humanos: soberanía e integración, Pamplona 2010. 37 Always with economic problems to work and with a tremendous list of pending cases, referred to massive and serious affection of human rights. 38 I/A Court H.R., Compulsory Membership in an Association Prescribed by Law for the Practice of Journalism (Arts. 13 and 29 American Convention on Human Rights). Advisory Opinion OC-5/85 of November 13, 1985. Series A. No. 5. 39 In the case we are going to analyze, I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile. Merits, Reparations and Costs. Judgment of February 5, 2001. Series C No. 73.

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deal with the relationship established between freedom of expression and freedom of religion, similar elements with very different answers. Both cases are related with the banned of a film on the grounds that they insulted Christian religion. 1. Otto-Preminger-Institut v. Austria40 Otto-Preminger-Institute is a private non-profit-making association under Austrian law established in Innsbruck, which general aim is to promote creativity, communication and entertainment through the audiovisual media. Its activities include operating a cinema called “Cinematograph” in Innsbruck. The applicant association announced a series of six showings, which would be accessible to the general public, of the film “Council in Heaven” by Werner Schroeter. The first of these showings was scheduled for 13 May 1985. All were to take place at 10:00 p.m. except for one matinée performance on 19 May at 4 p.m.41 At the request of the Innsbruck diocese of the Roman Catholic Church, the public prosecutor instituted criminal proceedings against the Institute’s manager. The charge was “disparaging religious doctrines”, an act prohibited by section 188 of the Penal Code.42 An appeal by the manager against the seizure order, filed with the Innsbruck Court of Appeal, was dismissed on 30 July 1985. The Court of Appeal considered that artistic freedom was necessarily limited by the rights of others to freedom of religion and by the duty of the State to safeguard a society based on order and tolerance. It further held that indignation was “justified” for the purposes of section 188 of the Penal Code only if its object was such as to offend the religious feelings of an average person with normal religious sensitivity.43 The applicant association applied to the Commission on 6 October 1987. It alleged violations of art. 10 of the Convention. On 12 April 1991 the Commission declared the application admissible. In its report adopted on 14 January 1993, the Commission expressed the opinion that there had been a violation of art. 10.44 ___________ 40

Otto-Preminger-Institut v. Austria, (13470/87) [1994] ECHR 26 (20. September 1994), p. 9. 41 Ibid., p. 10. 42 Ibid., p. 11. 43 That condition was fulfilled in the instant case and forfeiture of the film could be ordered in principle, at least in “objective proceedings”. The wholesale derision of religious feeling outweighed any interest the general public might have in information or the financial interests of persons wishing to show the film. 44 Otto-Preminger-Institut v. Austria (Fn. 40), p. 31 sq.

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2. “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile On November 29, 1988, in response to a request by “United International Pictures Ltda.”, the Chilean Cinematographic Classification Council rejected the showing of the film “The Last Temptation of Christ”. The company appealed the Council’s decision, which was confirmed by an appeals court in March 1989. On November 1996, in response to a new request by “United International Pictures Ltda.”, the Cinematographic Classification Council reviewed the ban on the movie “The Last Temptation of Christ” and authorized its showing to audiences over 18 years of age. In January 1997, the Santiago Court of Appeals granted a Motion for Protection filed by several people for and in the name of Jesus Christ, the Catholic Church and themselves, and annulled the administrative decision of the Cinematographic Classification Council. Such decision was appealed and confirmed in June of that year by the Supreme Court of Chile.45 The judicial decisions were grounded on the Chilean Constitution as well as on other regulatory rules. Article 19(12) of the Political Constitution of Chile – in force at the time of the lawsuit – provided, as the Inter-American Court of Human Rights confirmed, “a system of censorship for the exhibition and publicity of cinematographic productions”.46 On September 3, 1997, the Secretariat of the Commission received a petition filed by the Asociación de Abogados por las Libertades Públicas A.G., representing Juan Pablo Olmedo Bustos et al. On October 15, 1998, the Commission transmitted this report to the State, and granted it a period of two months to comply with the recommendations. When the period elapsed, the State had not submitted any information on compliance with the recommendations and it did not comply with them; this case was submitted to the Court on January 15, 1999.

___________ 45 I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile (Fn. 39), p. 60. 46 Meanwhile, Decree Law No. 679 of October 1, 1974, authorized the Cinematographic Classification Council – a part of the Ministry of Education – to supervise cinematographic exhibition in Chile and classify films. The Regulation to this law was contained in the Supreme Decree on Education No. 376 of April 30, 1975. Before the InterAmerican Court issued a judgment on the case, a proposed constitutional reform to art. 19 that intended to abolish cinematographic censorship and replace it with a system of classification that contemplated the right to free artistic creation had been unsuccessfully put forward. Such reform was finally induced by the Inter-American Court’s decision.

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3. Rights in discussion: Expression and religion As the European Court has consistently held, “freedom of expression constitutes one of the essential foundations of a democratic society, one of the basic conditions for its progress and for the development of everyone […] it is applicable not only to ‘information’ or ‘ideas’ that are favorably received or regarded as inoffensive or as a matter of indifference, but also to those that shock, offend or disturb the State or any sector of the population. Such are the demands of that pluralism, tolerance and broadmindedness without which there is no democratic society”.47 There is no doubt about the relevance of this right, the position it places inside European society, however, it is probably the InterAmerican system the one that have done a more significant progress, because it have had to fight against governments that used to control freedom of expression on their convenience. That’s the reason why the Special Rapporteurship for Freedom of Expression is one of the most important bodies inside the InterAmerican Commission of Human Rights. With regard to the content of the right to freedom of thought and expression Inter-American Court of Human Rights considers that: “[…] those who are protected by the Convention not only have the right and the freedom to express their own thoughts,48 but also the right and freedom to seek, receive and impart information and ideas of all kinds.49 Consequently, freedom of expression has an individual and a social dimension.”50 The Inter-American Court considers that both dimensions are of equal importance and should be guaranteed simultaneously in order to give total effect to the right to freedom of thought and expression in the terms of art. 13 of the Convention. The other right in argument is not really the freedom of religion, but the protection of religious feelings. The distinction is quite important to understand the ___________ 47

Otto-Preminger-Institut v. Austria (Fn. 40), p. 49. “With regard to the first dimension of the right embodied in the said article, the individual one, freedom of expression is not exhausted in the theoretical recognition of the right to speak or write, but also includes, inseparably, the right to use any appropriate method to disseminate thought and allow it to reach the greatest number of persons. In this respect, the expression and dissemination of thought and information are indivisible, so that a restriction of the possibilities of dissemination represents directly, and to the same extent, a limit to the right to free expression.” I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile (Fn. 39), p. 65. 49 “Regarding the social element, […] that freedom of expression is a way of exchanging ideas and information between persons; it includes the right to try and communicate one’s point of view to others, but it also implies everyone’s right to know opinions, reports and news. For the ordinary citizen, the knowledge of other people’s opinions and information is as important as the right to impart their own.” I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile (Fn. 39), p. 65. 50 Ibid., p. 64. 48

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differentation done by the Inter-American Court. Concerning the content of freedom of religion, European Court had said that, freedom of thought, conscience and religion, is one of the foundations of a “democratic society” within the meaning of the Convention. It is, in its religious dimension, one of the most vital elements that go to make up the identity of believers and their conception of life. 51 In a similar way, Inter-American Courts express that: “Recognition of freedom of conscience is based on recognition of the human being as a rational and autonomous being. The protection of the right to this freedom is the basis of the pluralism necessary for harmonious coexistence in a democratic society, which, as any kind of society, is made up of individuals of different convictions and beliefs.”52 But the disagreement between both rights is clearly settle by the European Court when explains that: “Those who choose to exercise the freedom to manifest their religion, irrespective of whether they do so as members of a religious majority or a minority, cannot reasonably expect to be exempt from all criticism. They must tolerate and accept the denial by others of their religious beliefs and even the propagation by others of doctrines hostile to their faith. However, the manner in which religious beliefs and doctrines are opposed or denied is a matter which may engage the responsibility of the State, notably its responsibility to ensure the peaceful enjoyment of the right guaranteed under art. 9 to the holders of those beliefs and doctrines. Indeed, in extreme cases the effect of particular methods of opposing or denying religious beliefs can be such as to inhibit those who hold such beliefs from exercising their freedom to hold and express them.”53 The question to be answered is: where is the limit of this necessary tolerance to religious criticism? With the aforementioned opinion in the European Court we must have imagined that this healthy criticism against religions was allowed by freedom of expression, but the true is the European Court will arrive to a very different answer.

4. Clues to solve the cases To the European Court, freedom of expression undertakes “duties and responsibilities”. “Amongst them – in the context of religious opinions and beliefs – may legitimately be included an obligation to avoid as far as possible expressions that are gratuitously offensive to others and thus an infringement of ___________ 51

Kokkinakis v. Greece (No. 14307/88) [1993] ECHR 20 (25 May 1993) p. 31. I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile (Fn. 39), p. 74. 53 Otto-Preminger-Institut v. Austria (Fn. 40), p. 47. 52

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their rights, and which therefore do not contribute to any form of public debate capable of furthering progress in human affairs. This being so, as a matter of principle it may be considered necessary in certain democratic societies to sanction or even prevent improper attacks on objects of religious veneration, provided always that any ‘formality’, ‘condition’, ‘restriction’ or ‘penalty’ imposed be proportionate to the legitimate aim pursued.”54 European Court used the margin of appreciation doctrine to say that: “As in the case of ‘morals’ it is not possible to discern throughout Europe a uniform conception of the significance of religion in society […] even within a single country such conceptions may vary. For that reason it is not possible to arrive at a comprehensive definition of what constitutes a permissible interference with the exercise of the right to freedom of expression where such expression is directed against the religious feelings of others. A certain margin of appreciation is therefore to be left to the national authorities in assessing the existence and extent of the necessity of such interference.”55 European solution is to restrain a certain level of universalism, necessary to understand and apply human rights, to avoid an offense to the state’s sovereign’s feelings. This is the reason why the Court makes a flexible understood of this right’s essential content, just to translate to the national legal system this competence. It is in fact a technique to avoid conflicts when there are not consistent criteria, but is not so effective to promote a real cooperation among both levels, international and local, because using the margin of appreciation technique we could have as many national approaches as state members. At the Inter-American system is interesting to appreciate the diverse opinion between Commission and Court on regard the affectation of freedom of religion in the case. Meanwhile the Commission clearly saw an infringement to the right of freedom of conscience to the non-catholic Chileans who couldn’t see the forbidden film, the Inter-American Court clearly said that he couldn’t see any affectation to the content of this right. In this case, it is quite evident that the solution will arrive grasping the hand of the art. 13 of the ACHR – freedom of thought and expression. Inter-American Commission of Human Rights considered that Chile’s interference banning the film “The Last Temptation of Christ”, affected “those who have beliefs related to the religious content of the film ‘The Last Temptation of Christ’, because they are prevented from exer___________ 54

Ibid., p. 49. “The authorities’ margin of appreciation, however, is not unlimited. It goes hand in hand with Convention supervision, the scope of which will vary according to the circumstances. In cases such as the present one, where there has been an interference with the exercise of the freedoms guaranteed in paragraph 1 of Article 10, the supervision must be strict because of the importance of the freedoms in question. The necessity for any restriction must be convincingly established.” Otto-Preminger-Institut v. Austria (Fn. 40), p. 50. 55

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cising the right to freedom of conscience by not being able to see the film and form their own opinion about the ideas expressed in it. Moreover, it affects those who belong to other creeds or who do not have religious convictions, because one creed is privileged in prejudice to the free access to information of other persons, who have the right to have access to and form their own opinion about the work”.56 At this point the Court expressed a completely different opinion, that even when it does not affect to the final solution of the case shows that religious dimension of art. 12 of the American Convention of Human Rights have prevailed versus its other content, freedom of conscience. Because, as the Court said: “the prohibition of the exhibition of the film […] did not impair or deprive anyone of their right to maintain, change, profess or disseminate their religion or beliefs with total freedom.”57 Solution of the Inter-American case arrived through the application of art. 13 of the Convention, in combination with art. 1.1 and 2, because it has been proved that, in Chile there exist a system of prior censorship for the exhibition and publicity of cinematographic films, something that is expressly forbidden in the Convention. This is the reason why the Court considers that the prohibition of the exhibition of the film “The Last Temptation of Christ” constitutes prior censorship in violation of art. 13 of the Convention. But at the same time, preserving that prior censorship system, the State neglected the general obligations established in art. 2 that include the “adoption of measures to suppress laws and practices of any kind that imply a violation of the guarantees established in the Convention, and also the adoption of laws and the implementation of practices leading to the effective observance of the said guarantees”. InterAmerican’s answer to the conflict between freedom of religion – religious feelings –, and freedom of expression, produces a natural dialogue among both spheres, national and international. This is the reason why Chile was condemned not only for the incorrect understood of art. 13 ACHR, but also for a delay or disinterest into adapt national system to the conventional standards.58

IV. Conclusions As the judge Cançado Trindade explains on his concurring opinion to this case, the question deals with the very origin of the international responsibility of the State, as well as on the extent of the conventional obligations of protec___________ 56 I/A Court H.R., Case of “The Last Temptation of Christ” (Olmedo-Bustos et al.) v. Chile (Fn. 39), p. 74 sq. 57 Ibid., p. 79. 58 Something like the 90 % of the Inter-American Courts sentences include a mention to Article 1,1 and 2 ACHR.

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tion of human rights. Inter-American Court of Human Rights have decided that conventional law can be used to established a closer and uniform relationship between local and international law. This is the reason why, when there appear a lack of consistence and coherence between them, such a situation should be immediately solved. This advantage in favor to the Inter-American system could be explained by the fact of its historical gap in comparison with his European partner. It arrived later but filled with fundamental rights, unknown at that time in the constitutional level in the region; and even if it’s true that it took a bit of time and effort, when the Inter-American Court started to work constitutional changes arrived by the effect of his work. Probably historical and social circumstances in the American region helped to consolidate the mechanism to protect human rights. New governments in the region need to prove their democratic condition, and accepting the supranational supervision was a quite effective way. In the European context, seems to be more complicated to do such an international control, because there is a permanent feeling that national tribunal could be equal or even more effectives than the international ones in the task to promote and protect human rights. These are the solid basis for the margin of appreciation doctrine. European system of human rights was created with more coherence and unity, but progressive expansion to the East made it less uniform. New members in the Council of Europe as Russia, Turkey, or Rumania are the origin of more than 50 % of Europe’s Court. I comparison, the Inter-American member state are the same since the first moment, and even if we could distinguish different levels of control by this human rights mechanism, it is true that rights’ interpretation inside the system is coherent and unique. It was created by steps, received the European and universal knowledge, and it has developed a natural skill for adaptation: provisional measures, compliance with judgment, reparation innovative mechanisms, among other important contributions. It is true that ACHR has given the impression to be unreachable to the states, but thanks to the Court’s job is not perceived like this anymore. Direct constitutional changes included ACHR in the national level was the first step to get a closer relationship between national and supranational regulation of human rights, and control of conventionality has done the other part of the job. The conflict between sovereignty and human rights protection mechanism didn’t disappeared but we have to value this approach in the Inter-American system, and welcome it because it has created a two sides road to force the necessary dialogue between national and international law, something that seems to be more complicated with the margin of appreciation doctrine.

Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Erfordernisses der Gewähr der Dauer durch „die Zahl ihrer Mitglieder“ Stefan Muckel

I. Einführung Das deutsche Religionsverfassungsrecht (traditionell: Staatskirchenrecht) gilt – trotz seines inzwischen beachtlichen Alters1 – zu Recht als flexibel. Es steht neuen Entwicklungen offen gegenüber und erweist sich damit auch in den gegenwärtigen Zeiten vielfältiger Veränderungen als zukunftsfähiges Regelwerk zu Fragen von Religion und Weltanschauung. Es legt den säkularen, freiheitlichen Verfassungsstaat auf Neutralität gegenüber jeder Religion und auf Parität gegenüber den Religionsgemeinschaften fest. Der auf rein weltliche Fragen beschränkte Staat ist institutionell von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften getrennt, steht ihnen aber nicht laikal distanzierend gegenüber, sondern darf mit ihnen unbefangen kooperieren.2 Das wird u.a. deutlich angesichts der verfassungsrechtlichen Verbürgungen des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 3 GG), der Militärund Anstaltsseelsorge (Art. 140 GG i.V.m. Art. 141 WRV), der vom Grundgesetz als zulässig vorausgesetzten Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften (Art. 123 Abs. 2 GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) und des Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV).

___________ 1

Zur Entstehungsgeschichte Stefan Korioth, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz. Kommentar, 42. Lfg. 2003, Art. 140 GG / Art. 136 WRV, Rn. 11 ff. m.w.N. 2 Vgl. A. v. Campenhausen / H. de Wall, Staatskirchenrecht, München 42006, S. 356; vgl. auch J. Ennuschat, Militärseelsorge, Berlin 1996, S. 221; ders., „Gott“ und Grundgesetz, NJW 1998, S. 953 (955).

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II. Der Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften nach dem Grundgesetz Die Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts für Kirchen und andere Religionsgemeinschaften wirft allerdings immer wieder Fragen auf. Fest steht, dass sie nicht im Sinne des verwaltungsrechtlichen Körperschaftsbegriffs verstanden werden darf für mitgliedschaftlich organisierte Hoheitsträger im Bereich der sog. mittelbaren Staatsverwaltung. Der Körperschaftsstatus hat mit Staatsverwaltung nichts zu tun.3 Er begründet keine Kirchenhoheit des Staates und keine besondere Staatsaufsicht,4 sondern dient der Entfaltung der grundrechtlichen Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG durch Religionsgemeinschaften in organisatorischer Hinsicht.5 Mit dem Rechtsstatus von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind vielfältige Rechte und Befugnisse verbunden, über die privatrechtlich organisierte Religionsgemeinschaften nicht verfügen. In der Verfassung verankert ist insoweit das Recht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV, von ihren Mitgliedern Steuern zu erheben. Nicht ausdrücklich in der Verfassung verbürgt, aber nach gefestigter Auffassung gleichwohl unmittelbar mit dem Rechtsstatus der Körperschaft des öffentlichen Rechts verbunden sind zudem die Organisationsgewalt, die Dienstherrenfähigkeit, die Befugnis zur Widmung öffentlicher Sachen und das Parochialrecht.6 Hinzu kommt ein sog. Privilegienbündel, das den korporierten Religionsgemeinschaften Vergünstigungen verschafft, etwa im Steuerrecht,7 im Melderecht,8 im Strafrecht9 oder im Datenschutzrecht.10 Aus Grün___________ 3

Ute Mager, in: Ingo von Münch / Philip Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, München 62012, Art. 140 Rn. 52; vgl. auch Dirk Ehlers, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, München 62011, Art. 140 GG Rn. 21. 4 Vgl. Mager (Fn. 3) – auch zum Folgenden. 5 Diese Deutung ist das wesentliche Ergebnis der Entscheidung des BVerfG über den Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas: BVerfGE 102, 370, 386. Grundlegend dazu Stefan Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit. Zur Bedeutung des Art. 137 Abs. 5 WRV im Kontext des Grundgesetzes, Tübingen 2004; Hans Michael Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften. Studien zur Rechtsstellung der nach Art. 137 Abs. 5 WRV korporierten Religionsgesellschaften in Deutschland und in der Europäischen Union, Berlin 2003; jüngst auch Wolfgang Rüfner, Modernisierung des Staatskirchenrechts durch Vergrundrechtlichung?, in: Michael Sachs / Helmut Siekmann (Hrsg.), Der grundrechtsgeprägte Verfassungsstaat. Festschrift für Klaus Stern zum 80. Geburtstag, Berlin 2012, S. 573-596; ferner Stefan Muckel, in: Karl Heinrich Friauf / Wolfram Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Loseblattwerk, 34. Lfg. 2011, Art. 140 / Art. 137 WRV Rn. 73 f., jeweils m.w.N. 6 Heinig, Religionsgesellschaften (Fn. 5), S. 291; Gerhard Czermak / Eric Hilgendorf, Religions- und Weltanschauungsrecht, Berlin / Heidelberg 2008, Rn. 194; Stefan Muckel, in: Heinrich de Wall / ders., Kirchenrecht, München 32012, § 14 Rn. 3. 7 § 54 Abs. 1 AO, § 3 Abs. 1 Nr. 4 GrStG, § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG.

Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften

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den der religionsrechtlichen Parität ist es in der Tat „zwingend“,11 dass nicht nur die christlichen Kirchen Körperschaften des öffentlichen Rechts sein können und andere schon vor Erlass des Grundgesetzes mit diesem Status ausgestattete Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV), sondern dass diese Rechtsform auch von Religionsgemeinschaften erlangt werden kann, die ihn bisher nicht innehatten. Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV sind ihnen die Körperschaftsrechte auf Antrag zu gewähren, „wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.“ Diese spärlich formulierten Voraussetzungen des Verfassungstextes haben in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Unsicherheiten und Rechtsstreitigkeiten geführt. Im Hinblick auf das Erfordernis einer zureichenden (Gesamt-) Verfassung standen muslimische Organisationen, die den Körperschaftsstatus erstreben, im Vordergrund des Interesses. Bei ihnen ist vor allem fraglich, ob sie überhaupt Religionsgemeinschaften sind.12

III. Die Gewähr der Dauer einer Religionsgemeinschaft durch die Zahl ihrer Mitglieder 1. Ein aktueller Rechtsstreit Unlängst ist auch das zweite Element der „Gewähr der Dauer“ einer Religionsgemeinschaft, die Zahl ihrer Mitglieder, zum Gegenstand eines grundlegenden Rechtsstreits geworden. Er hat den Antrag der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland auf Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts durch das Land Hessen zum Gegenstand.13 Das Land lehnte den Antrag der Religionsgemeinschaft mit der Begründung ab, zwar handele es sich bei der Antragstellerin um eine Religionsgemeinschaft, die Voraussetzungen für eine Verleihung der Körperschaftsrechte seien jedoch nicht erfüllt. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV erfordere, dass die Religionsgemeinschaft durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer biete. In der Verwaltungspraxis habe sich herausgebildet, dass die konkrete Gruppierung mindestens 30 Jahre bestehen und eine Mitgliederzahl von einem Promille der Bevölkerung des jeweiligen Landes aufweisen müsse. Angesichts der tatsächlichen Mitgliederzahl der Antragstellerin von 900 bis 950 Mitgliedern ___________ 8

§ 19 MRRG. § 132a Abs. 3 StGB. 10 § 15 Abs. 4 BDSG. 11 Mager (Fn. 3), Rn. 51. 12 Näher zu diesem Problemfeld Rüfner, Modernisierung des Staatskirchenrechts (Fn. 5), S. 593 ff.; Muckel (Fn. 5), Art. 140 / Art. 137 WRV Rn. 92 m.w.N. 13 Hess. VGH, NVwZ 2011. 1531. 9

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werde diese Voraussetzung nicht erfüllt, denn ein Promille der hessischen Bevölkerung erfordere 6.089 Mitglieder. Selbst bundesweit werde bei einer Mitgliederzahl von ca. 5.000 Mitgliedern nicht die allein für Hessen erforderliche Richtzahl erreicht. Auf die Klage der Antragstellerin verpflichtete das VG Frankfurt a. M. das Land Hessen unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids, den Antrag der Klägerin auf Verleihung der Körperschaftsrechte zu bescheiden. Auf die Berufung der Klägerin hob der Hessische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und verpflichtete das Hessische Kultusministerium, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.14 Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV seien erfüllt. Die Klägerin sei eine Religionsgesellschaft, die den erforderlichen Antrag gestellt habe. Sie biete nach ihrer Verfassung die Gewähr der Dauer. Dabei gehe es nicht allein um Satzungsnormen, sondern um den Gesamtzustand der Gemeinschaft. Er diene als Grundlage für die Einschätzung des künftigen Fortbestehens, auf das nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV vor allem abzustellen sei. Der tatsächliche Gesamtzustand lasse sich anhand weiterer Indizien bewerten, etwa einer ausreichenden Finanzausstattung, einer Mindestbestandszeit und der Intensität des religiösen Lebens. Angesichts des mehr als 100jährigen Bestehens der Klägerin in Deutschland komme es nicht darauf an, ob die von der Verwaltungspraxis geforderte Mindestbestandszeit von 30 Jahren angemessen sei. Eine ausreichende Finanzausstattung der Klägerin stehe nicht in Zweifel. Die Intensität des religiösen Lebens deute nicht darauf hin, dass die Gewähr der Dauer in Frage stehen könne. Auch nach der Zahl ihrer Mitglieder biete die Klägerin die Gewähr der Dauer. Eine verfassungsrechtliche Festlegung zur konkreten Ausfüllung dieses Kriteriums bestehe nicht. Weder dem Wortlaut von Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV noch der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift in der Weimarer Nationalversammlung könne entnommen werden, dass auf eine bestimmte Relation der Mitgliederzahl einer Religionsgemeinschaft zur Gesamtbevölkerung abzustellen sei. Das Kriterium von einem Promille der hessischen Bevölkerung sei untauglich. Zwar könne man davon ausgehen, dass eine Religionsgemeinschaft dauerhaft Bestand habe, wenn sie die Richtzahl von einem Promille erfülle. Umgekehrt rechtfertige sich eine negative Prognose jedoch nicht allein daraus, dass die Richtzahl nicht erfüllt werde. Für die Klägerin ergebe sich eine günstige Prognose, die den dauerhaften Bestand auch aufgrund ihrer Mitgliederzahl erwarten lasse. Die Klägerin habe in Hessen nur relativ wenige Mitglieder, ins___________ 14

Sachverhalt und die im Folgenden wiedergegebenen Entscheidungsgründe werden zitiert nach Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531; siehe auch die Veröffentlichung der Entscheidung des VGH in der Datenbank „juris“.

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gesamt betrage die Mitgliederzahl in Deutschland jedoch ca. 5.000. Weltweit habe die Religionsgemeinschaft zwischen 4,8 und 7,7 Mio. Mitglieder. Die Mitgliederzahl in Deutschland sei kontinuierlich gestiegen. Die Altersstruktur lasse erwarten, dass sich die Mitgliederzahl auf absehbare Zeit nicht verringere. Außerdem seien eine solide Finanzausstattung, eine über 100jährige Bestehenszeit in Deutschland zu berücksichtigen und der Umstand, dass die Gemeinde in Hofheim-Langenhain mittlerweile ihren Sitz und mit dem Europäischen Haus der Andacht sowie weiteren Einrichtungen ein für ihre Mitglieder überregional bedeutsames Zentrum habe.15

2. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Mitgliederzahl einer Religionsgemeinschaft Der Hessische Verwaltungsgerichtshof befand somit, dass die Klägerin eine Religionsgemeinschaft sei, die durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer bietet. Im Hinblick auf die „Verfassung“ stellte das Gericht mit der gefestigten Meinung in Rechtsprechung und Literatur auf den tatsächlichen Gesamtzustand der Gemeinschaft ab, nicht nur auf ihre rechtliche Verfasstheit.16 Als Indizien für seine Einschätzung, dass die Klägerin durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer biete, stellte der Verwaltungsgerichtshof auf ihre Finanzausstattung ab sowie auf die Bestandszeit der Klägerin in Deutschland von über 100 Jahren und auf die Intensität des religiösen Lebens ab. 17 Diese Fragen behandelte der Verwaltungsgerichtshof nur knapp. Eine nähere Prüfung nahm das Gericht allerdings im Hinblick auf die Frage vor, ob die klagende Religionsgemeinschaft die Gewähr der Dauer durch „die Zahl ihrer Mitglieder“ bietet. Der Rechtsstreit scheint deshalb auf die Frage hinauszulaufen, wie diese Voraussetzung für die Verleihung der Körperschaftsrechte gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV zu verstehen ist. Insofern könnte er wegweisende Bedeutung für zukünftige Anwendung dieser Vorschrift erlangen und damit für die Bedeutung des Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften in Deutschland. Denn der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wohnt die Tendenz inne, das Kriterium der Mitgliederzahl in seinem Stellenwert bei der Entscheidung über einen Antrag auf Verleihung der Körperschaftsrechte abzuschwächen. Die Folge könnte sein, dass kleine und kleinste Religionsgemeinschaften mit Erfolg Anträge auf Verleihung der Körperschaftsrechte stellen können. Ob sich dann ___________ 15

Die Entscheidung des Hess. VGH ist nicht rechtskräftig; das bekl. Land hat Revision bei dem BVerwG eingelegt, über die bei Abschluss des Manuskripts (Mai 2012) noch nicht entschieden ist. 16 Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531; vgl. ferner BVerfGE 102, 370, 384 f.; Korioth (Fn. 1), Art. 140 GG / Art. 137 WRV Rn. 75. 17 Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531 f.

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die vielfältigen rechtlichen Folgen, die das deutsche Recht an diesen Rechtsstatus knüpft, in der bisherigen Form werden aufrechterhalten lassen, kann zumindest fraglich erscheinen.

a) Die Zahl der Mitglieder als eigenständiges verfassungsrechtliches Kriterium Die Einschätzung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs erscheint kritikwürdig. Schon im Ansatz verfehlt, legt der Gerichtshof seiner Entscheidung nicht exakt die zutreffenden rechtlichen Vorgaben zugrunde. Die Gewähr der Dauer nach der „Zahl der Mitglieder“ bildet nach dem klaren Wortlaut des Verfassungstextes eine eigenständige Voraussetzung neben dem Erfordernis der Gewähr der Dauer der Religionsgemeinschaft „durch ihre Verfassung“. Der Verwaltungsgerichtshof scheint insoweit die „Verfassung“ der Religionsgemeinschaft für bedeutsamer zu halten als die Zahl der Mitglieder. Das legt die Formulierung der Entscheidungsgründe nahe, er (scil. der Gesamtzustand der Religionsgemeinschaft) diene als Grundlage für die Einschätzung des künftigen Fortbestehens, um das es nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV vor allem gehe.18 Zwar prüft das Gericht auch das Merkmal der Mitgliederzahl eigenständig. Doch hat es mit der zitierten Formulierung schon zu Beginn der Entscheidungsgründe einen unrichtigen Akzent im Normprogramm von Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV gesetzt.19 Die Zahl der Mitglieder ist ein eigenständiges verfassungsrechtlich festgelegtes Kriterium zur Beurteilung, ob die Religionsgemeinschaft die Gewähr der Dauer bietet. Es steht nach dem klaren Wortlaut von Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV gleichrangig neben dem Erfordernis der „Verfassung“ und bildet deshalb ein eigenständiges Kriterium. Als solches wird es auch in Rechtsprechung und Literatur wahrgenommen.20 ___________ 18

Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531. Die Eigenständigkeit der Mitgliederzahl als Verleihungsvoraussetzung hat auch das BVerfG betont, BVerfGE 102, 370, 384: „Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die prognostische Einschätzung stützen, dass sie auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird.“; ebd. S. 385: „Für die Einschätzung dauerhaften Bestands ist also neben dem Kriterium der Mitgliederzahl der tatsächliche Gesamtzustand der Gemeinschaft zu würdigen“ (Hervorhebungen nur hier). 20 Vgl. die bereits in Fn. 19 zitierten Formulierungen aus der Entscheidung des BVerfG zu den „Zeugen Jehovas“, BVerfGE 102, 370, 384; ferner Korioth (Fn. 1), Art. 140 GG / Art. 137 WRV Rn. 76; Axel v. Campenhausen / Peter Unruh, in: Hermann v. Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, München 62010, Art. 137 WRV Rn. 210; Heinig, Religionsgesellschaften (Fn. 5), S. 326: „Eigens hervorgehoben ist in Art. 137 V 2 WRV neben der Verfassung die Zahl 19

Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften

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b) Die Richtgröße von einem Promille der Bevölkerung des Bundeslandes In Rechtsprechung und Literatur wird allenthalben betont, dass das Kriterium der Mitgliederzahl nicht schematisch, sondern mit Blick auf den Einzelfall angewandt werden müsse.21 Das Land Hessen hat sich an der Zahl von einem Promille der Bevölkerung des Landes orientiert.22 Auf dieser Grundlage gelangt es zu der Einschätzung, dass die Mitgliederzahl der Klägerin zu niedrig ist, um den Rückschluss auf die Gewähr der Dauer zu erlauben. Die Kultusministerkonferenz hat in ihrem Beschluss vom 12. März 1954 den Ländern empfohlen, bei der Verleihung der Körperschaftsrechte die Gewähr der Dauer nach der Zahl ihrer Mitglieder für eine Religionsgemeinschaft danach zu beurteilen, ob „die Mitgliederzahl in dem einzelnen Land so groß ist, daß die Organisation eine gewisse Bedeutung im öffentlichen Leben erlangt hat“.23 Daran anknüpfend hat sich in der Praxis die Richtgröße von einem Promille der Bevölkerung des statusverleihenden Landes entwickelt. Dazu wird in der Literatur durchweg betont, dass Ausnahmen zugelassen worden seien.24 Die Richtgröße von einem Promille der Landesbevölkerung ist bei flexibler, auf den Einzelfall bezogener Anwendung als „Faustregel“25 keineswegs rechtsfehlerhaft. Sie knüpft inhaltlich an die Forderung der Kultusministerkonferenz an, dass die Religionsgemeinschaft eine gewisse Bedeutung im öffentlichen Leben des Landes erlangt haben muss. Diese Forderung trägt dem verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt des Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften Rechnung. Der Körperschaftsstatus ist – unabhängig von seiner nach wie vor umstrittenen näheren ___________ der Mitglieder als Kriterium für die Dauerhaftigkeit einer Religionsgemeinschaft.“; Karl-Hermann Kästner, in: Rudolf Dolzer / Karin Graßhof / Wolfgang Kahl / Christian Waldhoff (Hrsg.): Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: 145. Lfg. 2010, Art. 140 Rn. 394; Elke Dorothea Bohl, Der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften. Verleihungsvoraussetzungen und Verfahren, Baden-Baden 2001, S. 34 f. m. umfangr. w. Nachw.; anders wohl Martin Morlok, in: Horst Dreier (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar, Tübingen 22008, Art. 137 WRV Rn. 101. 21 Vgl. die Nachw. in Fn. 20. 22 Vgl. die Sachverhaltsangabe in Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531. 23 Abgedr. bei Hermann Weber, Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften. Grundsätzliche und aktuelle Probleme, in: ZevKR 34 (1989), S. 337-382, 377 f. (Zitat: S. 378 sub 2. c). 24 Vgl. nur Heinig, Religionsgesellschaften (Fn. 5), S. 326; Berend Lindner, Entstehung und Untergang von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Unter besonderer Berücksichtigung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, Frankfurt am Main 2002, S. 56; Bohl, Körperschaftsstatus (Fn. 20), S. 35, jeweils m.w.N. 25 Ebd.; vgl. auch Stefan Magen, in: Dieter C. Umbach / Thomas Clemens (Hrsg.), Grundgesetz. Mitarbeiterkommentar und Handbuch, Bd. II, Heidelberg 2002, Art. 140 Rn. 108: „sachgerechter Anhalt“.

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Deutung als institutionell-materiell oder als grundrechtlich-funktional26 – Ausdruck positiver Religionspflege des Staates. Das gilt für den einzelnen Akt der Verleihung an eine Religionsgemeinschaft27 wie für die abstrakt-generelle Einräumung dieses Rechtsstatus durch den Verfassungsgeber.28 Von allen gesellschaftlich relevanten Verbänden und Organisationen können von Verfassungs wegen nur die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften eine Rechtsform erhalten, die im Übrigen dem Staat zugeordneten Verwaltungsträgern vorbehalten ist. Diese besondere Begünstigung der Religionsgemeinschaften im Vergleich zu anderen Akteuren des gesellschaftlichen, insbesondere kulturellen Lebens bedarf der Rechtfertigung. Sie kann sich nicht an inhaltlich-theologischen oder spezifisch religiösen Kriterien orientieren, sondern benötigt im freiheitlichen Verfassungsstaat des Grundgesetzes säkulare und neutrale Anknüpfungspunkte. Dem entsprechend ist der Staat in erster Linie auf formale Kriterien angewiesen, wie die Größe der Gemeinschaft und ihre Präsenz im öffentlichen Leben. Im Weiteren kann er auf das konkrete Wirken von Religionsgemeinschaften zum Vorteil des Gemeinwohls, etwa in den Bereichen der Gesundheitspflege und der Bildung, Bezug nehmen.29 Derart neutrale Kriterien sind zwangsläufig ausfüllungsbedürftig und erfordern eine Konkretisierung im Einzelfall, die ihrerseits nicht willkürlich sein darf, sondern auf ___________ 26

Vgl. zu der Streitfrage Muckel (Fn. 5), Art. 140 / Art. 137 WRV Rn. 73 ff. m.w.N. 27 Vgl. v. Campenhausen / de Wall, Staatskirchenrecht (Fn. 2), S. 136; näher Martin Morlok / Hans Michael Heinig, Parität im Leistungsstaat – Körperschaftsstatus nur bei Staatsloyalität?, NVwZ 1999, S. 697 f.: „Denn die Verleihung des Körperschaftsstatuts an Religionsgesellschaften stellt eine staatliche Leistung, ‚eine Sonderform staatlicher Subventionierung‘ dar.“ 28 Vgl. Hermann Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, Berlin 1966, S. 93 ff., der unter Bezugnahme auf Erwin Jacobi, Staat und Kirche nach der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, in: ZevKR 1 (1951), S. 115-135, 125, von einer „historisch angemessenen Privilegierung“ und in Anlehnung an Ulrich Scheuner, Die staatskirchenrechtliche Tragweite des niedersächsischen Kirchenvertrags von Kloster Loccum, in: ZevKR 6 (1957/58), S. 1-37, 24, von einer „abkürzenden Bezeichnung für Vorrechte und Begünstigungen der Kirchen auf dem Bereich des öffentlichen Rechts“ spricht; ferner Klaus Meyer-Teschendorf, Der Körperschaftsstatus der Kirchen. Zur Systemadäquanz des Art. 137 V WRV im pluralistischen Gemeinwesen des Grundgesetzes, in: AöR 103 (1978), S. 289-333, 322 f.: „Subventionierung“. Aus der Literatur der Weimarer Zeit vgl. etwa Franz Weiß, Die staatskirchenrechtliche Stellung der religiösen Körperschaften des öffentlichen Rechts in Württemberg, Tübingen 1932, S. 22: „Die Einräumung der Stellung von öffentlich-rechtlichen Körperschaften an die Religionsgesellschaften ist sonach ein Geschenk von Seiten des Staates, […].“ 29 Vgl. Meyer-Teschendorf, Körperschaftsstatus (Fn. 28), S. 322-327; grundlegend Dietrich Pirson, Die Förderung der Kirchen als Aufgabe des säkularen Staates, in: Heiner Marré / Dieter Schümmelfeder (Hrsg.), Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche (28), Münster 1994, S. 83-102, 89 ff. m.w.N.

Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften

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sachlichen Gründen beruhen muss. Denn es geht dabei auch „um die gebotene Gleichbehandlung“ um die „Parität im Leistungsstaat“.30 Eine dem Gleichheitsgrundsatz verpflichtete Konkretisierung neutraler Kriterien muss für die Betroffenen voraussehbar und berechenbar sein. Die in jüngerer Zeit vielfach geforderte „Wertungs- und Begründungsrationalität“31 staatlicher Vorgaben ist ohne operationalisierbare Maßstäbe nicht zu erzielen. Schon deshalb stellen die Länder in Umsetzung der Empfehlung der Kultusministerkonferenz bei der Verleihung der Körperschaftsrechte auf die Bedeutung der Religionsgemeinschaft im öffentlichen Leben und zur näheren Ausfüllung dieses allgemeinen Kriteriums auf einen bestimmten Richtwert ab. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass der Richtwert von einem Promille der Bevölkerung des betreffenden Bundeslandes dem Grunde oder der Höhe nach willkürlich wäre. Es handelt sich vielmehr um „einen sachgerechten Anhalt für die Größenordnung, die eine Religionsgemeinschaft erreicht haben muss“.32 Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat das verkannt, wenn er auf den Wortlaut der Verfassung, auf die Entstehungsgeschichte von Art. 137 Abs. 5 WRV in der Nationalversammlung von Weimar sowie darauf, dass das Land Hessen von der ihm nach Art. 137 Abs. 8 WRV eingeräumten Möglichkeit, durch Landesgesetz ergänzende Regelungen zu treffen, keinen Gebrauch gemacht habe, verweist.33 Schließlich bezieht der Gerichtshof sich darauf, dass die Verleihung der Körperschaftsrechte auf einer gebundenen Entscheidung beruhe und die bisherige Verwaltungspraxis für das Verständnis der unbestimmten Rechtsbegriffe in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV bedeutungslos sei. Allenfalls in Zweifelsfällen lasse das Tatbestandsmerkmal „Gewähr […] bie___________ 30

Morlok / Heinig, Parität im Leistungsstaat (Fn. 27), S. 697 f. Vgl. nur Lerke Osterloh, in: Sachs, GG (Fn. 3), Art. 3 Rn. 98; Joachim Englisch, in: Klaus Stern / Florian Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Köln 2010, Art. 3 Rn. 33 m.w.N.; zu der hochaktuellen Forderung vgl. auch die Referate von Georg Lienbacher und Bernd Grzeszick, Rationalitätsanforderungen an die parlamentarische Rechtsetzung im demokratischen Rechtsstaat, in: VVDStRL Bd. 71, 2012, S. 7 ff. bzw. 44 ff. 32 Magen (Fn. 25), Art. 140 Rn. 108; vgl. auch Gunter Fleck, Verleihung des Körperschaftsstatus an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in einer multikulturellen Gesellschaft, Frankfurt am Main / Wien u. a. 2005, S. 54, der sogar mit Blick auf das Kriterium einer „gesellschaftlichen Relevanz für das öffentliche Leben“ eine Anhebung des Richtwertes von einem Tausendstel auf ein Fünfhundertstel der Landesbevölkerung für angebracht hält. 33 Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1532 (l. Sp. 2. Abs.), zu Art. 137 Abs. 8 WRV noch deutlicher ebd. S. 1533: „Dass der Gesetzgeber […] von der wohl durch Art. 137 Abs. 8 WRV eröffneten Möglichkeit, durch Gesetz eine […] Mitgliederzahl vorzuschreiben, keinen Gebrauch gemacht hat, spricht für die Rechtswidrigkeit der nach Darstellung des Bekl. teilweise angewandten Verwaltungspraxis.“ 31

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ten“ einen gewissen behördlichen Prognosespielraum.34 Der Wortlaut der Verfassung ist aber an den wenigsten Stellen so gefasst, dass er näherer Ausfüllung und Interpretation nicht bedarf. Die Verfassung als Grundordnung des Staates ist im Textbefund durchweg fragmentarisch formuliert. Auch die Entstehungsgeschichte der von Art. 140 GG inkorporierten Vorschriften in der Weimarer Nationalversammlung gibt für das heutige Verständnis der fraglichen Vorschriften wenig her. Das ist gerade in der Auseinandersetzung mit dem Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften immer wieder deutlich geworden.35 Art. 137 Abs. 8 WRV ermöglicht der Landesgesetzgebung, ergänzende Regelungen zu erlassen, soweit die Durchführung der vorstehenden Bestimmungen sie erfordert. Bei Art. 137 Abs. 8 WRV handelt es sich um eine Vorschrift über die Gesetzgebungskompetenz der Länder, die im Kontext des Grundgesetzes wegen Art. 70 GG im Wesentlichen leer läuft. Art. 137 Abs. 8 WRV ist im verfassungsrechtlichen Gesamtzusammenhang des Grundgesetzes als bekräftigende Feststellung der ohnehin bestehenden Kompetenz der Länder zu verstehen.36 Über die Zuständigkeitsregelung zugunsten der Landesgesetzgebung hinaus lässt sich Art. 137 Abs. 8 WRV insbesondere keine Pflicht zur Gesetzgebung oder auch nur ein Gesetzgebungsauftrag an die Länder entnehmen.37 Auch sprechen die (vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof freilich nur angedeuteten) verwaltungsrechtlichen Grundsätze zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung nicht gegen das Promillekriterium als Richtwert. Es unterstützt vielmehr die aus den dargelegten Gründen gebotene, dem Gleichheitssatz verpflichtete Interpretation und Anwendung von Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV. Zumindest handelt es sich angesichts der geringen Mitgliederzahl der Klägerin in Hessen um einen Zweifelsfall, der selbst nach der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs dem beklagten Land einen „gewissen behördlichen Beurteilungsspielraum“38 eröffnet.

___________ 34

Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1532 (r. Sp. 2. Abs.). Vgl. etwa die nähere Analyse von Magen, Körperschaftsstatus (Fn. 5), S. 156 ff. mit Fazit auf S. 167 ff.; Heinig, Religionsgesellschaften (Fn. 5), S. 94 ff. mit Fazit auf S. 111 f. 36 Vgl. Kästner (Fn. 20), Art. 140 Rn. 567; ferner Korioth (Fn. 1), Art. 140 GG / Art. 137 WRV Rn. 104. 37 v. Campenhausen / Unruh (Fn. 20), Art. 137 WRV Rn. 281 m.w.N. 38 Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1532 (r. Sp. 2. Abs.). 35

Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften

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c) Landesbezogene Betrachtung geboten In Rechtsprechung und Literatur wird richtigerweise betont, dass der Richtwert von einem Promille der Landesbevölkerung nicht schematisch gehandhabt werden dürfe. Es sei vielmehr eine auf den Einzelfall zugeschnittene Prognose dauerhaften Bestands geboten.39 Auf dieser Grundlage besteht mit dem Promillekriterium ein Anhaltspunkt,40 an dem die Verwaltungspraxis sich orientieren kann, ohne eine starre Vorgabe einhalten zu müssen, die den Besonderheiten des Einzelfalls nicht hinreichend Rechnung trägt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof dagegen stellt „eine durchaus günstige Prognose“ 41 auf, ohne sich um objektivierbare, abstrakte Kriterien zu bemühen. Dabei vernachlässigt der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht die Mitgliederzahl der klagenden Religionsgemeinschaft in Hessen 42 und nennt als erste quantitativ messbare Größe die Mitgliederzahl in Deutschland,43 um im Anschluss daran eine globale Perspektive einzunehmen.44 Damit überspielt der Verwaltungsgerichtshof, dass es für die Entscheidung nach Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV jedenfalls in erster Linie auf die Zahl der Mitglieder in dem jeweiligen Bundesland, hier also in Hessen, ankommt. Zwar dürfen die Mitgliederzahlen im übrigen Bundesgebiet nicht völlig außer Acht gelassen werden. In der Tat wird eine Religionsgemeinschaft, die in einem Bundesland nur wenige kleine Gemeinden hat, eine größere Gewähr der Dauer bieten, wenn diese Gemeinden nicht auf sich allein gestellt sind, sondern wenn in benachbarten Ländern weitere Gemeinden vorhanden sind, die ihnen Rückhalt bieten können.45 Die Zahlen im Land selbst müssen aber im Vordergrund stehen.46 Das folgt schon aus der Kompetenz der Länder für Gesetzgebung und Verwaltung auf dem Gebiet des Religionsverfassungsrechts nach Art. 30, 70, 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV47 und trägt dem ___________ 39

385.

40

So dezidiert Magen (Fn. 25), Art. 140 Rn. 108, anknüpfend an BVerfGE 102, 370,

Vgl. oben mit Fn. 32. Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1533. 42 Hess. VGH, ebd.: „Die Bahá’í-Gemeinde in Hessen hat zwar nur relativ wenige Mitglieder, […].“ 43 Hess. VGH, ebd.: „in Deutschland jedoch ca. 5.000“. 44 Hess. VGH, ebd.: „Weltweit hat die Religionsgemeinschaft zwischen 4,8 und 7,7 Millionen Mitglieder.“ 45 Jürgen Lehmann, Die kleinen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts im heutigen Staatskirchenrecht, Frankfurt am Main 1959, S. 43. 46 Gottfried Held, Die kleinen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik, Tübingen 1974, S. 120 m.w.N. 47 Vgl. bereits Konrad Müller, Die Gewährung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Religionsgesellschaften gemäß Art. 137 Abs. V Satz 2 WRV, in: ZevKR 2 (1952 / 53), S. 139-168, 163, mit Blick auf das „Weimarer System der Verteilung der kirchenpolitischen Zuständigkeiten“. 41

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Umstand Rechnung, dass heute – nach dem Ende aller koordinationsrechtlichen Vorstellungen über eine Gleichordnung von Staat und Kirchen – kein Zweifel mehr daran besteht, auf welcher Grundlage Religionsgemeinschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts werden: Die öffentlich-rechtlichen Befugnisse werden ihnen vom Staat übertragen (jedenfalls, soweit sie nicht nur anerkannt werden wie in den Fällen der altkorporierten Religionsgemeinschaften nach Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Damit hat sich die namentlich auf Paul Hinschius und Georg Jellinek zurückgehende Deutung des Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften durchgesetzt, die von der staatlichen Souveränität ausging und betonte, dass den Religionsgemeinschaften Rechte verliehen werden, die an sich dem Staat zustehen.48 Das Land kann aber nur Befugnisse verleihen, über die es selbst auch verfügt. Dabei mag die Religionsgemeinschaft Rechtspositionen erwerben, die bundesweite Wirkungen erzeugen. So ist allgemein anerkannt, dass eine Religionsgemeinschaft, der die Körperschaftsrechte verliehen worden sind, bundesweit als rechtsfähig zu gelten hat.49 Die eigentlichen öffentlich-rechtlichen Befugnisse und Kompetenzen dagegen entfalten im staatstheoretischen Ansatz nur auf dem Gebiet des jeweiligen Landes Rechtswirkungen. Auch das ist im Übrigen weitgehend anerkannt. Die vor allem in der Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Körperschaftsrechten für die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas von 200050 aufgekommene Diskussion zu den Anforderungen, die an eine sog. Zweitverleihung der Körperschaftsrechte zu stellen sind, entbehrte andernfalls von vornherein ihrer Grundlage.51 Eine andere Sicht missachtete zudem die differenzierte bundesstaatliche Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Auch würde sie die Vorschrift über die Verleihung der Körperschaftsrechte in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV zu einer Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit des verleihenden Bundeslandes (etwa nach dem Sitz der Gemeinschaft oder danach, wo die meisten Mitglieder wohnen) herabstufen. ___________ 48 Vgl. dazu die Übersicht bei Paul August Luxemburger, Die Religionsgesellschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im Freistaate Preußen, Münster 1926, S. 50 f. m.w.N. 49 Vgl. v. Campenhausen / Unruh (Fn. 20), Art. 137 WRV Rn. 207; zu der mit der Verleihung der Körperschaftsrechte verbundenen Einräumung allgemeiner Rechtsfähigkeit bereits Ernst Friesenhahn, Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, in: ders. / Ulrich Scheuner (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, Berlin 1974, S. 545-595, 553 f. 50 BVerfGE 102, 370; vgl. bereits Fn. 5. 51 Zur Diskussion um die Zweitverleihung der Körperschaftsrechte vgl. v. Campenhausen / Unruh (Fn. 20), Art. 137 WRV Rn. 206 m.w.N.

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Nach den vom Verwaltungsgerichtshof mitgeteilten Angaben zum Sachverhalt bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet. Abgesehen von der geringen Zahl von Gläubigen in Hessen,52 ist zu beachten, dass sogar bundesweit die Zahl der Gläubigen in dem konkreten Fall unter einem Promille der hessischen Landesbevölkerung liegt.53 Dass die Religionsgemeinschaft ihren Sitz in Hessen hat, ist nicht entscheidend. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine juristische Größe. Der Sitz der Religionsgemeinschaft kann ohne weiteres in ein anderes Bundesland verlegt werden. Von allenfalls geringer Bedeutung für die Gewähr der Dauer gem. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV können auch die Mitgliederzahlen im Ausland sein, auf die in dem hessischen Rechtsstreit ebenfalls verwiesen wird.54 Zwar mag einer deutschen Religionsgemeinschaft aus dem Ausland finanzielle und/oder religiöse Unterstützung zuteil werden. Dem kommt aber jedenfalls keine wesentliche Bedeutung zu,55 weil die Verbindungen zum Ausland jedenfalls bei globaler Vernetzung einer Religionsgemeinschaft langfristig betrachtet – darum muss es bei der Frage nach der Gewähr der Dauer gehen – vielfältigen Unsicherheiten unterliegen. Solche Verbindungen können sich im Hinblick auf einzelne Länder verstärken oder abschwächen. Sie können Grundlage dafür sein, dass die Religionsgemeinschaft in Deutschland finanziell, religiös und auch durch einreisende neue Mitglieder gestärkt wird. Sie können die Religionsgemeinschaft hierzulande aber auch schwächen, wenn sie dazu führen, dass hier lebende Ausländer in ihr Heimatland, das ein Zentrum der weltweiten Glaubensgemeinschaft ist, zurückreisen. Das wiederum erscheint dann besonders nahe liegend, wenn etwa – wie derzeit in Ländern Arabiens, Nordafrikas und des Nahen Ostens – die politischen Verhältnisse sich ändern. So erscheint es z.B. nicht ausgeschlossen, dass Iraner, die in Deutschland seit Jahren leben, trotz einer gewissen Verwurzelung hierzulande in ihre Heimat zurückkehren, wenn dort dereinst größere Freiheit in religiöser Hinsicht besteht als zurzeit.

IV. Fazit Die Einschätzung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, es ergebe sich in dem von ihm entschiedenen Fall eine durchaus günstige Prognose, die den dau___________ 52

Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, spricht von „900-950 Mitgliedern“. Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1533: „ca. 5.000“; ebd. S. 1531 beziffert der VGH ein Promille der Bevölkerung Hessens mit 6.089 Personen. 54 Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1533. 55 Lehmann, Die kleinen Religionsgesellschaften (Fn. 45), S. 44. 53

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erhaften Bestand der Klägerin auch aufgrund der Mitgliederzahl erwarten lasse,56 überzeugt nicht. Rechtspolitisch ist darauf hinzuweisen, dass auf der Linie des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs der Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften als verfassungsrechtliches Rechtsinstitut entwertet wird. Wenn im Ergebnis – weitgehend unabhängig von der Zahl der Mitglieder – jede kleine Religionsgemeinschaft die Körperschaftsrechte erhalten kann, wird seine rechtliche Bedeutung zwangsläufig vermindert. Dann ist der Körperschaftsstatus nicht einmal mehr der „Ehrentitel“, als der er in der Literatur gesehen worden ist,57 sondern eine kleine Münze des Staatskirchenrechts und als solche nicht mehr viel wert.

___________ 56

Hess. VGH, NVwZ 2011, 1531, 1533. Rudolf Smend, Staat und Kirche nach dem Bonner Grundgesetz, in: ZevKR 1 (1951), S. 4-14, 9. 57

Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Stefan Mückl Die Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist gleichermaßen Ausfluss wie Absicherung des Grundrechts der Religionsfreiheit. Über diesen Grundbefund besteht (mittlerweile) gemeineuropäischer Konsens, sei es auf der rechtsvergleichenden Ebene der europäischen Staaten,1 sei es auf der Ebene des europäischen Rechts selbst. 2 Insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat sich seit einem guten Jahrzehnt in einer Vielzahl von Entscheidungen zu Grundlegung, Reichweite und Grenzen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts verhalten, so dass ein erstes Resümee angezeigt erscheint. In der Sache ist dies aus einem zweifachen Grund geboten: Die Rechtsprechung des EGMR entfaltet eine sog. Ausstrahlungswirkung auf das nationale (Verfassungs-)Recht3 und kann dieses gegebenenfalls modifizieren. Auf der anderen Seite gilt seit dem Inkrafttreten des Lissaboner Vertrages die ___________ 1 Stefan Mückl, Europäisierung des Staatskirchenrechts, Baden-Baden 2005, S. 384 f.; ferner Albert Bleckmann, Von der individuellen Religionsfreiheit des Art. 9 EMRK zum Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, Köln u.a. 1995. 2 Gerhard Robbers, Das Selbstbestimmungsrecht der europäischen Staaten im europäischen Recht, in: Uwe Blaurock / Joachim Bornkamm / Christian Kirchberg (Hrsg.), Festschrift für Achim Krämer zum 70. Geburtstag am 19. September 2009, Berlin 2009, S. 663-676; Christian Waldhoff, Kirchliche Selbstbestimmung und Europarecht, in: JZ 2003, S. 978-985; jüngst Stefan Muckel, Religionsfreiheit im Europarecht nach dem Vertrag von Lissabon, in: Michael Sachs / Helmut Siekmann (Hrsg.), Der grundrechtsgeprägte Verfassungsstaat. Festschrift für Klaus Stern zum 80. Geburtstag, Berlin 2012, S. 847-867, hier S. 854-867. 3 Aus der Rspr. des BVerfG grundsätzlich BVerfGE 111, 307 – Görgülü; aktuell BVerfGE 128, 326 – Sicherungsverwahrung. – Näher zur Thematik Stefan Mückl, Kooperation oder Konfrontation? – Das Verhältnis zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, in: Der Staat 44 (2005), S. 403-431; aus der Sicht des (damaligen) Präsidenten des BVerfG: Hans-Jürgen Papier, Umsetzung und Wirkung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus der Perspektive der nationalen deutschen Gerichte, in: EuGRZ 2006, S. 1-3.

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Rechtsposition des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts stricto sensu im Bereich der Europäischen Union,4 deren Organe sich naheliegenderweise an der bereits vorliegenden Judikatur des EGMR orientieren werden, zumal die Union als solche der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beizutreten beabsichtigt.5

I. Genese der Rechtsprechung des EGMR So sehr die Verankerung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts in der Gewährleistung des Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) heute einhellig anerkannt ist, soll gleichwohl nicht aus dem Blick geraten, dass sich die Rechtsprechung des EGMR in mehreren Schritten zum nunmehrigen Konsens gewissermaßen vorgetastet hat: Ursprünglich hatten die Konventionsorgane, namentlich die (seinerzeit noch bestehende) Europäische Kommission für Menschenrechte (EKMR), die Religionsfreiheit unter Hinweis auf den Wortlaut der Bestimmung („jedermann“) und in Ermangelung einer (Art. 19 Abs. 3 GG entsprechenden) Erstreckungsnorm der Grundrechte auf Personenmehrheiten als reines Individualgrundrecht verstanden. Demzufolge wurde den Religionsgemeinschaften die Beschwerdefähigkeit sub specie Art. 9 EMRK abgesprochen, diese stehe vielmehr nur den ihren Mitgliedern als natürliche Personen zu.6 Ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre änderte die EKMR ihre Praxis in einem Punkt explizit und in einem weiteren der Sache nach: Seit einer Entscheidung vom Mai 1979 wurde die Beschwerdefähigkeit von Religionsgemeinschaften im Hinblick auf Art. 9 EMRK anerkannt7, wiewohl in der Leitentscheidung (wohl) über die Konstruktion einer Prozeßstandschaft (as a representative of its members). Des weiteren hat die EKMR, ohne dies ausdrücklich ___________ 4

Bekanntlich hat Art. 6 Abs. 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) die „Charta der Grundrechte für die Europäische Union“ vom 7. Dezember 2000 in das (primäre) Unionsrecht inkorporiert. Deren Art. 10 ist mit der Gewährleistung von Art. 9 EMRK nahezu wortidentisch, so dass auch dessen Interpretation in den wesentlich Grundlinien gleichlaufend sein wird (für die Einzelheiten siehe die Kommentierung des Art. 10 der Grundrechte-Charta von Christian Waldhoff, in: Christian Calliess / Matthias Ruffert [Hrsg.], EUV / AEUV, Kommentar, München 42011). 5 Art. 6 Abs. 2 EUV. 6 Etwa EKMR, Entsch. v. 17.12.1968 – BNr. 3798/68 –, Church of X / Vereinigtes Königreich; Darstellung der Kasuistik bei Hans-Tjabert Conring, Korporative Religionsfreiheit in Europa, Frankfurt u.a. 1998, S. 339 ff. 7 EKMR, Entsch. v. 5.5.1979 – BNr. 7805/77 –, X und Scientology / Schweden, Tz. 2, in: European Commission of Human Rights / Commission Européenne des Droits de l’homme, Decisions and Reports / Décisions et Rapports (DR), Bd. 16, S. 68-70; die nachfolgende Judikatur referiert Conring, Korporative Religionsfreiheit (Fn. 6), S. 345 ff.

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kenntlich zu machen und ohne nähere dogmatische Verortung, die Belange des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts in die vom jeweiligen Fall veranlasste Abwägung einfließen lassen.8 Schließlich hat der EGMR, wie es die ganz überwiegende Meinung im wissenschaftlichen Schrifttum bereits längst vertreten hatte,9 in seiner grundlegenden Entscheidung in der Rechtssache Hassan und Chaush / Bulgarien vom 26. Oktober 200010 das kirchliche Selbstbestimmungsrecht mit eingehender Begründung dem Schutz des Art. 9 Abs. 1 EMRK zugeordnet.

II. Grundlegende Aussagen des EGMR zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht In seiner Leitentscheidung Hassan und Chaush / Bulgarien hatte der EGMR die bisherige Linie der Konventionsorgane aufgegeben, Fragen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts allein am Maßstab der Vereinigungsfreiheit gem. Art. 11 EMRK zu beurteilen. Stattdessen wird die Religionsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 EMRK als sedes materiae benannt,11 der seinerseits im Lichte des Art. 11 EMRK ausgelegt werden muss. Rechtstatsächlicher Ausgangspunkt ist für den Gerichtshof der Umstand, dass Religion herkömmlicherweise und weltweit in gemeinschaftlicher Form verfasst ist, und die Religionsgemeinschaften ihrerseits durchweg organisatorische Strukturen aufweisen. So gesehen, stellt sich aus der Sicht des Einzelnen die Teilnahme an Leben und Aktivitäten einer Religionsgemeinschaft als Religionsausübung dar, die schon dem Wortlaut nach Art. 9 Abs. 1 EMRK unterfällt. Zu dieser individuellen Religionsfreiheit rechnet dem Gerichtshof zufolge auch die Erwartung des Einzelnen, dass seine Religionsgemeinschaft ungestört von willkürlichen staatlichen Eingriffen bestehen und wirken kann. ___________ 8

EKMR, Entsch. v. 8.3.1976 – BNr. 7374/76 –, X / Dänemark, in: DR Bd. 5, S. 157; EKMR, Entsch. v. 8.3.1985 – BNr. 11045/84 –, Knudsen / Norwegen, in: DR Bd. 42, S. 237; EKMR, Entsch. v. 6.9.1989 – BNr. 12242/86 –, Rommelfanger / Deutschland, in: DR Bd. 62, S. 151. 9 Nikolaus Blum, Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK, Berlin 1990, S. 175 ff.; Gerhard Robbers, Europarecht und die Kirchen, in: Joseph Listl / Dietrich Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, Berlin 21994, S. 315-332, hier S. 317 f.; Alexander Hollerbach, Europa und das Staatskirchenrecht, in: ZevKR 35 (1990), S. 250-283, hier S. 258. 10 EGMR, Urt. v. 26.10.2000 – BNr. 30985/96 –, Hassan und Chaush / Bulgarien. – Die Entscheidungen des EGMR sind über die Datenbank HUDOC auf der Homepage des Gerichts (www.echr.coe.int) zugänglich. 11 Sämtliche Aussagen: EGMR, 26.10.2000, Hassan und Chaush / Bulgarien, Tz. 62.

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Verstärkend tritt, aus der Perspektive des Staates betrachtet, ein „funktionaler“ Aspekt hinzu: Der Gerichtshof betont, das selbstbestimmte Bestehen von Religionsgemeinschaften (autonomous existence of religious communities) sei unabdingbar für den Pluralismus in einer demokratischen Gesellschaft, mehr noch, sie betreffe den Kernbereich der Religionsfreiheit (is thus an issue at the very heart of the protection which Article 9 affords). Bereits in diesem grundsätzlichen Kontext hält der Gerichtshof fest, dass die so deduzierte Gewährleistung sich nicht allein auf die rein organisatorische Ebene als solche beschränkt, sondern vielmehr darauf abzielt, den tatsächlichen Gebrauch (effective enjoyment) der Religionsfreiheit seitens der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft sicherzustellen. Diese Grundsätze hat der EGMR in den Folgejahren in weiteren Leitentscheidungen nahezu wortwörtlich wiederholt12 und um das Postulat ergänzt, der Staat müsse in seinen Beziehungen zu den verschiedenen Religionen, Konfessionen und Glaubensüberzeugungen neutral und unparteiisch bleiben.13 Von daher lässt sich das kirchliche Selbstbestimmungsrecht als solches wie in seinem grundlegenden Gehalt als in nunmehr ständiger Rechtsprechung anerkannt verstehen.

III. Relevante Fallkonstellationen Um den Anwendungsbereich des konventionsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts näher zu konturieren, bietet sich eine nach Fallgruppen spezifizierte Betrachtung des vorliegenden Rechtsprechungsmaterials an. Bereits nach dessen grober Sichtung erweist sich, dass eine grundlegende Unterscheidung sachgerecht ist, nämlich diejenigen nach in der inneren Rechtssphäre einer Kirche oder Religionsgemeinschaft angesiedelten Konstellationen sowie nach diese Rechtssphäre (ad extra) überschreitende Fallgestaltungen.

1. Binnensphäre einer Kirche bzw. Religionsgemeinschaft Wiederholt hatte sich der Gerichtshof etwa ab dem Jahr 2000 mit Fällen (teilweise drastischer) staatlicher Interventionen in Organisation und Ämtervergabe von Kirchen und Religionsgemeinschaften zu befassen. Zugrunde lagen ___________ 12 EGMR, Urt. v. 13.12.2001 – BNr. 45701/99 –, Metropolitane Kirche von Bessarabien / Moldawien, Tz. 118; Urt. v. 16.12.2004 – BNr. 39023/97 –, Oberster Geistlicher Rat der muslimischen Gemeinschaft / Bulgarien, Tz. 93; zuletzt Urt. v. 15.5.2012 – BNr. 56030/07 –, Fernández Martínez / Spanien, Tz. 80. 13 EGMR, 13.12.2001, Metropolitane Kirche von Bessarabien / Moldawien, Tz. 116; 16.12.2004, Oberster Geistlicher Rat der muslimischen Gemeinschaft / Bulgarien, Tz. 93.

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durchweg Auseinandersetzungen innerhalb von Religionsgemeinschaften bzw. Friktionen verschiedener Religionsgemeinschaften, die jeweils einen Führungsoder Alleinvertretungsanspruch im Hinblick auf eine Konfession oder Religion reklamierten. Betroffen waren ausnahmslos orthodoxe14 sowie muslimische15 Gemeinschaften in verschiedenen osteuropäischen Staaten. Die Rechtsprechung des EGMR lässt sich somit primär als das Bemühen verstehen, ein freiheitliches Zuordnungsverhältnis von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften zu etablieren, was in den betroffenen Staaten auf eine doppelte rechtstatsächliche Komplikation stößt: In den bis 1989 / 90 bestehenden kommunistischen Diktaturen standen Religion und Kirche unter staatlicher und parteilicher Kuratel, was nach der Demokratisierung zu enormen Friktionen zwischen vormals „kooperierenden“ und oppositionellen Kräften innerhalb der Kirche führte.16 Zum zweiten sind die in orthodox geprägten Staaten seit jeher präsenten staatskirchlichen Züge wieder deutlich hervorgetreten, die dem Staat auch in genuin kirchlich-religiösen Fragen eine Art Mittlerfunktion zuweisen oder ihn gar als Garant nicht nur der nationalen, sondern auch der religiösen Einheit begreifen.17 Vor dieser Folie ist die grundsätzliche Aussage des Gerichtshofs einzuordnen, Art. 9 EMRK beinhalte keinen Titel zur Beschneidung der Rolle des Glaubens oder der Kirche, denen die Bevölkerung eines bestimmten Landes historisch und kulturell anhängt.18 Wird dergestalt an die Spruchpraxis der früheren EKMR angeknüpft, derzufolge der konventionsrechtlichen Religionsfreiheit ein ___________ 14 EGMR, 13.12.2001, Metropolitane Kirche von Bessarabien / Moldawien; Urt. v. 22.1.2009 – BNr. 412/03 und 35677/06 –, Heiliger Synod der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche (Metroplit Inokentiy) / Bulgarien; Urt. v. 14.6.2007 – BNr. 77703/01 –, SvyatoMykhaylivska Parafiya / Ukraine; 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland Urt. v. 15.9.2009 – BNr. 798/05 –, Mirolubovs / Lettland (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1541-1549). 15 EGMR, 26.10.2000, Hassan und Chaush / Bulgarien; 16.12.2004, Oberster Geistlicher Rat der muslimischen Gemeinschaft / Bulgarien. 16 Zu den Hintergründen der Situation in Bulgarien S. die Ausführungen in der Entscheidung EGMR, 22.1.2009, Heiliger Synod der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche (Metropolit Inokentiy) / Bulgarien, Tz. 9 ff.; zu Moldawien EGMR, 13.12.2001, Metropolitane Kirche von Bessarabien / Moldawien, Tz. 10 ff.; zur Ukraine EGMR, 14.6.2007, Svyato-Mykhaylivska Parafiya / Ukraine, Tz. 6 ff., sowie zu Lettland EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 8 ff. (fehlt in der dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 15411549). 17 Allgemein dazu Gerrit Manssen / Boguslaw Banaszak (Hrsg.), Religionsfreiheit in Mittel- und Osteuropa zwischen Tradition und Europäisierung, Frankfurt u.a. 2006; Ernst Christoph Suttner, Staaten und Kirchen in der Völkerwelt des östlichen Europa, Freiburg/Ue. 2007; vgl. bereits Balázs Schanda, Staatskirchenrecht in den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in: Wilhelm Rees (Hrsg.), Recht in Kirche und Staat. Joseph Listl zum 75. Geburtstag, Berlin 2004, S. 797-810. 18 EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80e (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545), im Anschluss an EGMR, Urt. v. 3.5.2007 – BNr. 71156/01 –, 97 Mitglieder der Vereinigung der Zeugen Jehovas von Gldani / Georgien, Tz. 132.

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Verbot der Staatskirche nicht entnommen werden kann,19 stellt der EGMR zugleich unzweideutig klar, dass dem Staat jedes Urteil über die Legitimität von religiösen Glaubensüberzeugungen sowie Bekenntnisformen verwehrt ist.20 Aus diesen Grundsätzen lassen sich verschiedene Konkretisierungen gewinnen:

a) Organisationshoheit und -freiheit von Kirchen und Religionsgemeinschaften Der Staat muss sich generell bei der Ausübung seiner Regelungsbefugnisse neutral und unparteiisch verhalten. Zwar darf er vermöge seiner Friedensfunktion zwischen rivalisierenden Gruppen als neutraler Mediator wirken, indes muss er auf diesem sensiblen Feld mit besonderer Vorsicht agieren (must be cautious in this particularly delicate area).21 In keinem Fall darf er den Leiter einer Religionsgemeinschaft gegenüber demjenigen einer anderen begünstigen oder eine Gemeinschaft gegen ihren Willen zwingen, sich unter eine einzige Führung zu begeben. Ausdrücklich hält der Gerichtshof fest, dass es in einer demokratischen Gesellschaft nicht Sache des Staates ist, dafür Sorge zu tragen, dass eine Religionsgemeinschaft unter einer einheitlichen Führung verbleibt oder zu dieser zurückkehrt. Die Rolle der Behörden kann nicht darin bestehen, den Anlass für Spannungen innerhalb einer Gemeinschaft durch Aufhebung des Pluralismus zu beseitigen, vielmehr haben sie sicherzustellen, dass die rivalisierenden Gruppen einander gegenseitig tolerieren.22 Nach diesen Maßstäben hat der Gerichtshof durchweg staatliche Maßnahmen als konventionswidrig eingestuft, welche kirchen- bzw. religionsgemeinschaftsinterne Streitigkeiten durch einseitige Parteinahme zugunsten eines der Kontrahenten, womöglich noch durch Ergreifung von Sanktionen gegen eine der rivalisierenden Gruppierungen, zu lösen versucht haben.

___________ 19

EKMR, 8.3.1976, in: DR 5, 157. EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80f (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545). 21 EGMR, 16.12.2004, Oberster Geistlicher Rat der muslimischen Gemeinschaft / Bulgarien, Tz. 80. 22 EGMR, 26.10.2000, Hassan und Chaush / Bulgarien, Tz. 78; 13.12.2001, Metropolitane Kirche von Bessarabien / Moldawien, Tz. 116 f., 123; 16.12.2004, Oberster Geistlicher Rat der muslimischen Gemeinschaft / Bulgarien, Tz. 96; 22.1.2009, Heiliger Synod der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche (Metroplit Inokentiy) / Bulgarien, Tz. 120, 147; 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80f (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545). 20

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b) Ämterhoheit von Kirchen und Religionsgemeinschaften Aus der so verstandenen Organisationshoheit und -freiheit ergibt sich folgerichtig die (alleinige) Ämterhoheit der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Demnach kommt es einzig der Religionsgemeinschaft selbst zu, ihre Geistlichen sowie die Mitglieder von Vertretungsorganen entsprechend ihrer eigenen rechtlichen Vorschriften frei zu ernennen bzw. zu wählen.23 Zu Recht hat der Gerichtshof zur weiteren Abstützung dieser Aussage auf den untrennbaren sachlichen Konnex zur Religionsfreiheit der Gläubigen der jeweiligen Religionsgemeinschaft verwiesen: Für diese besitzen religiöse Zeremonien heilige Bedeutung und entsprechenden Wert, wenn sie von Geistlichen zelebriert werden, die dazu nach den jeweiligen internen Vorschriften befugt sind.24 Gleiches gilt konsequenterweise auch für den actus contrarius einer Ernennung oder Wahl, also die Abberufung. Auch sie bemisst sich ausschließlich nach den internen rechtlichen Bestimmungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ohne dass dem die Religionsfreiheit des betroffenen Amtsträgers oder Vertreters einredeweise entgegengehalten werden könnte. In ständiger Rechtsprechung betont der Gerichtshof, wie zuvor bereits die EKMR, dass die EMRK kein Recht auf Abweichung innerhalb einer Religionsgemeinschaft zur Verfügung stelle. Für den Fall eines Dissenses zwischen Religionsgemeinschaft und einem ihrer Amtsträger (oder Anhänger) in Fragen der Lehre oder der Organisation kommt die (negative) Religionsfreiheit des letzteren ausreichend darin zur Geltung, die Gemeinschaft ungehindert verlassen zu können.25 Eine Handhabe, die Lehre oder Organisation einer Kirche oder Religionsgemeinschaft nach den eigenen Überzeugungen umgestalten zu können, stellt die konventionsrechtliche Religionsfreiheit hingegen nicht zur Verfügung:26 Für den Fall des Konflikts zwischen (korporativem) Selbstbestimmungsrecht und (individueller) Religionsfreiheit kommt für den Binnenbereich einer Kirche oder Religionsgemeinschaft der ersten Rechtsposition der Vorrang zu.

___________ 23 EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 85 (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1546). 24 EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80g (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545). 25 EGMR, 22.1.2009, Heiliger Synod der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche (Metroplit Inokentiy) / Bulgarien, Tz. 137; 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80d (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545), m.w.N. der Praxis der früheren EKMR. 26 So bereits EKMR, Urt. v. 8.5.1985 – BNr. 10901/84 –, Prüssner / Deutschland, in: NJW 1987, S. 1131.

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c) Kein staatlicher Rechtsschutz gegen innerkirchliche Maßnahmen gegenüber Amtsträgern Konsequente Absicherung erfährt die kirchliche Ämterhoheit durch die Injustiziabilität von internen Maßnahmen gegenüber Amtsträgern vor den staatlichen Gerichten.27 Der Gerichtshof erachtet, wie zuvor bereits die EKMR,28 entsprechende Rechtsschutzersuchen von innerkirchlich gemaßregelten Amtsträgern für nicht statthaft und behandelt die gegen die Versagung des staatlichen Rechtswegs gerichteten Individualbeschwerden als unzulässig.29 Nach der ständigen Rechtsprechung der Konventionsorgane ist bereits der Anwendungsbereich des in diesen Konstellationen regelmäßig als verletzt gerügten Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht betroffen.30 Denn jene Bestimmung setzt eine in der Rechtsordnung der Konventionsstaaten bereits vorhandene (materiell-rechtliche) Rechtsgrundlage voraus, vermag diese aber nicht zu schaffen.31 Eine derartige mitgliedstaatliche Norm einer Zuständigkeit staatlicher Gerichte in innerkirchlichen Angelegenheiten besteht indes durchweg nicht (und könnte es wegen des regelmäßig im Verfassungsrang stehenden Selbstbestimmungsrechts der Kirchen und Religionsgemeinschaften auch schwerlich). In Deutschland etwa haben dies sowohl das Bundesverwaltungsgericht32 wie das Bundesverfassungsgericht33 in ständiger Rechtsprechung entschieden; diese Linie erfährt somit durch den EGMR Bestätigung. Den möglicherweise formal erscheinenden Verweis auf die Nichtanwendbarkeit von Art. 6 Abs. 1 EMRK haben die Konventionsorgane in materieller ___________ 27 Zur Problematik im deutschen Staatskirchenrecht Wolfgang Rüfner, Staatlicher Rechtsschutz gegen Kirchen und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, in: Dieter Dörr / Udo Fink / Christian Hillgruber / Bernhard Kempen / Dietrich Murswiek (Hrsg.), Die Macht des Geistes. Festschrift für Hartmut Schiedermair, Heidelberg 2001, S. 165-179; Bernd Grzeszick, Staatlicher Rechtsschutz und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, in: AöR 129 (2004), S. 168-218. 28 EKMR, 8.3.1985, Knudsen / Norwegen, in: DR Bd. 42, S. 237; 8.5.1985, Prüssner / Deutschland, in: NJW 1987, S. 1131. 29 EGMR, Entsch. v. 30.1.2001 – BNr. 40224/98 –, Dudová und Duda / Tschechien; Urt. v. 23.9.2008 – BNr. 48907/99 –, Ahtinen / Finnland (dt. Übersetzung in: NVwZ 2009, S. 897-898); Entsch. v. 6.12.2011 – BNr. 38254/04 –, Baudler / Deutschland (dt. Übersetzung in: ZMV 2012, S. 52-53). 30 „Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen […] von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren […] verhandelt wird.“ 31 Siehe EGMR (Große Kammer), Urt. v. 19.10.2005 – BNr. 32555/96 –, Roche / Vereinigtes Königreich, Tz. 117. 32 Bekräftigend BVerwGE 117, 145; vertiefend Michael Germann, Staatliche Verwaltungsgerichte vor der Aufgabe der Justizgewährung in religionsgemeinschaftlichen Angelegenheiten, in: ZevKR 51 (2006), S. 589-595. 33 BVerfGE 111, 1 m.w.N.; zuletzt BVerfG, in: NJW 2009, S. 1195.

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Hinsicht untermauert und mit der gegenläufigen Rechtsposition des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts argumentiert. So hat die EKMR darauf abgehoben,34 dass eine Kirche als organisierte religiöse Gemeinschaft auf identischen oder mindestens im wesentlichen ähnlichen Anschauungen beruhe und, da ihrerseits durch Art. 9 EMRK geschützt, das Recht habe, Einheitlichkeit in ihren Angelegenheiten durchzusetzen. Zudem seien die Geistlichen angestellt, um eine bestimmte Religion auszuüben und zu lehren. Ihre individuelle Religionsfreiheit üben sie durch Annahme oder Ausschlagung ihrer Anstellung aus. Sollten sie später die Lehren der Kirche ablehnen, bleibe ihnen das Recht, diese zu verlassen und so ihre Religionsfreiheit auszuüben. Ausdrücklich hat der EGMR darauf verwiesen, dass eine Entscheidung in innerkirchlichen Angelegenheiten (konkret: Frage der Fortdauer des Pfarramts in der evangelisch-lutherischen Kirche) durch staatliche Gerichte den Grundsätzen der Autonomie und der Unabhängigkeit der Kirche widerspräche, wie sie u.a. in der Charta der Grundrechte der EU garantiert sind.35

d) Keine Maßstäbe des staatlichen Rechtsanwenders in Fragen von Glaube und Religion Die Impermeabilität des Binnenbereichs von Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Kautelen des weltlichen Rechts, einerlei ob der EMRK oder desjenigen der Vertragsstaaten, resultiert nicht aus fortbestehenden ExemtionsPrivilegien mittelalterlicher Provenienz, sondern vielmehr aus der Logik des modernen säkularen Verfassungsstaates:36 Für Fragen von Glauben und Religion, Dogma und Moral, Pastoral und Organisation fehlen dem säkularen und neutralen Staat ebenso wie dem ihm gegenüber subsidiären Grundrechtsschutzsystem der Konvention37 schlechthin die materiellen Entscheidungsmaßstäbe. Ihm stehen keine Kriterien zu Gebote, um die Rechtmäßigkeit von internen Maßnahmen gegen einen Amtsträger zu beurteilen, der (entgegen der verbindlichen Lehre seiner Kirche) die Kindstaufe ablehnt38 oder infolge pastoraler ___________ 34

EKMR, 8.5.1985, Prüssner / Deutschland, in: NJW 1987, S. 1131. EGMR, 23.9.2008, Ahtinen / Finnland, Tz. 42 (dt. Übersetzung in: NVwZ 2009, S. 897-898, hier S. 898). 36 Dazu jüngst eingehend Stefan Mückl, Säkularer Staat und Religion, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), Gelebte Wissenschaft. Geburtstagssymposium für Alexander Hollerbach zum 80. Geburtstag, Berlin 2012, S. 35-77. 37 Explizit EGMR, 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 81 (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1546). 38 So die Konstellation im Fall EKMR, 8.5.1985, Prüssner / Deutschland, in: NJW 1987, S. 1131. 35

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Schwierigkeiten in seinem Pfarramt (sog. „nichtgedeihliches Wirken“) in den Wartestand versetzt worden ist.39 Gleiches gilt für Fragen der Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religionsgemeinschaft: Einerseits verbietet es der Grundsatz der Autonomie dem Staat, eine Religionsgemeinschaft zu verpflichten, neue Mitglieder aufzunehmen oder andere auszuschließen.40 Umgekehrt kann der Einzelne sich nicht mittels staatlicher Hilfe der rein geistlichen Wirkungen einer einmal begründeten Mitgliedschaft in einer Kirche oder Religionsgemeinschaft entledigen:41 Die theologisch-dogmatisch fundierte Entscheidung eines nicht möglichen Austritts aus der Kirche42 oder Religionsgemeinschaft43 hat der säkulare und neutrale Staat zu akzeptieren. Vermöge seiner Schutzpflicht44 zugunsten der negatorischen Dimension der Religionsfreiheit hat er indes sicherzustellen, dass ein Ausscheiden aus einer Religionsgemeinschaft für den weltlich-bürgerlichen Rechtskreis ohne Repressalien möglich ist.45

2. Wirken außerhalb der Binnensphäre einer Kirche bzw. Religionsgemeinschaft Kirchen und Religionsgemeinschaften unterhalten regelmäßig in Erfüllung ihrer spezifischen Sendung besondere Einrichtungen, zumal in den Bereichen Erziehung und Bildung, Caritas und Sozialwesen. Auch wenn sie sich dabei der Rechtsformen des weltlich-staatlichen Rechts bedienen, liegt die ratio dieser Einrichtungen nicht darin, eine im Allgemeininteresse liegende Tätigkeit professionell zu erfüllen (und als Nebeneffekt den Staat und sonstige öffentliche ___________ 39

53).

EGMR, 6.12.2011, Baudler / Deutschland (dt. Übersetzung in: ZMV 2012, S. 52-

40 EGMR, 14.6.2007, Svyato-Mykhaylivska Parafiya / Ukraine, Tz. 146; 15.9.2009, Mirolubovs / Lettland, Tz. 80d (dt. Übersetzung in: NVwZ 2010, S. 1545). 41 EKMR, Entsch. v. 7.2.1965 – BNr. 2525/65 –, in: Collection of Decisions, Bd. 22, S. 22 – kein Anspruch eines aus der Kirche Ausgetretenen auf „Rückgängigmachung“ seiner Taufe; vgl. aus der nationalen Spruchpraxis BayVGH, Beschl. v. 16.1.2012 – 7 ZB 11.1569 –, kein Anspruch auf „Annullierung der Taufe“ durch das weltliche Gericht. 42 Dies gilt etwa für die katholische Kirche, nach deren Glaubensüberzeugung wie Recht die Taufe als gliedschaftsbegründender Akt (c. 96 CIC/1983) ein „untilgbares Prägemal“ verleiht (cc. 845 § 1, 849 CIC/1983). 43 So ist nach islamischer Glaubensüberzeugung ein Austritt aus der einmal begründeten Zugehörigkeit zur muslimischen Umma nicht möglich. 44 Näher Stefan Mückl, Kommentierung des Art. 4 GG, in: Rudolf Dolzer / Christian Waldhoff / Karin Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 135. Aktualisierung, August 2008, Rn. 93, 118, 134 f. 45 Insoweit ist von Bedeutung, dass Art. 9 Abs. 1 EMRK ausdrücklich das Recht auf Glaubenswechsel nennt.

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Träger zu entlasten), sondern vielmehr darin, äußerlich „neutrale“ Verrichtungen im erkennbaren Geist ihrer religiösen Überzeugungen zu leisten. Movens dessen ist die (von der korporativen Religionsfreiheit geschützte) Erkenntnis, dass „Glaube“ und „Religion“ das gesamte Leben umfassend betreffen, somit auch auf missionarisches Hineinwirken in die gesellschaftliche Sphäre angelegt sind – und gerade nicht in quietistischer Manier auf die bloße Gestaltung der engeren persönlichen Lebensführung oder allenfalls auf den Arkanbereich kultischer Handlungen beschränkt sind. Die gleiche Logik greift, wenn Kirchen und Religionsgemeinschaften von den ihnen offenstehenden Optionen des staatlichen Rechts Gebrauch machen und ihre Dienste innerhalb staatlicher Einrichtungen zur Verfügung stellen (an deren Erbringung der Staat selbst regelmäßig infolge der ihn treffenden Pflicht zur Säkularität und Neutralität46 gehindert ist). Bei alledem verlassen die Kirchen und Religionsgemeinschaften typischerweise den für das staatliche Recht grundsätzlich impermeablen Bereich ihrer Binnensphäre: Sie bedienen sich für diese Einrichtungen vielfach der Rechtsnormen des weltlich-staatlichen Rechts (Verein, Stiftung, handels- und gesellschaftsrechtliche Figuren) und gehen mit dem dort tätigen Personal, das nicht zu ihren geistlichen Amtsträgern rechnet, Beschäftigungsverhältnisse nach den Kautelen des weltlich-staatlichen Rechts ein.47 Vor diesem Hintergrund ist im Ausgangspunkt weder problematisch noch streitig, dass in den hier in Rede stehenden Konstellationen als Konsequenz der getroffenen Rechtswahl das staatliche Recht, in praxi zumeist relevant: das Arbeitsrecht, gilt. Auf dessen Schutzwirkungen kann sich ein Bediensteter auch gegenüber einem kirchlichen Arbeitgeber berufen (etwa im Hinblick auf Bestimmungen des Arbeitsschutzes und der Arbeitszeit). Auf der anderen Seite ist in Rechung zu stellen, dass ein Arbeitsverhältnis mit einem kirchlichen Arbeitgeber rechtlich relevante Besonderheiten aufweist: Die verfassungs- wie kon___________ 46

Zur übergreifenden Geltung dieser Prinzipien im europäischen Rechtsvergleich wie im europäischen Recht Mückl, Europäisierung (Fn. 1), S. 397 ff. u. 555 ff. 47 Ganz überwiegend handelt es sich dabei um privatrechtliche Arbeitsverträge, mitunter auch um innerkirchliche Beamtenverhältnisse. – Davon zu unterscheiden sind die Mechanismen kirchlicher Bevollmächtigungen (wie missio canonica und vocatio) in staatlichen Einrichtungen: Öffnet der Staat seine Einrichtungen für das Tätigwerden von Kirchen und Religionsgemeinschaften, wofür allein diese die inhaltliche Verantwortung tragen (klassisch: Religionslehrer an öffentlichen Schulen sowie Theologieprofessoren an öffentlichen Universitäten), steht das damit betraute Personal vielfach in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Die aus Gründen der staatlichen Säkularität und Neutralität notwendige Zustimmung der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft zur Tätigkeit des konkreten Bediensteten wird durch einen innerkirchlichen Rechtsakt gewährt. Ohne dessen Vorliegen darf der Staat niemanden mit der Tätigkeit (da sie materiell im Namen der betreffenden Kirchen oder Religionsgemeinschaft erfolgt) betrauen.

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ventionsrechtlich abgesicherte Gewährleistung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts vermag, so sie rechtstechnisch durch die Mechanismen des Vertragsrechts umgesetzt wird,48 auf die nähere Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses einzuwirken. Kraft der auch ihm zukommenden Privatautonomie kann ein kirchlicher Arbeitgeber dafür Vorsorge treffen, dass die Bediensteten die Eigenart des kirchlichen Dienstes bejahen und mittragen, jedenfalls nicht konterkarieren, was vom Erfordernis der Zugehörigkeit zur betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft bis hin zur Auferlegung von besonderen Obliegenheiten in der persönlichen Lebensführung reichen kann. Für den weltlich-staatlichen Rechtsanwender stellt ergibt sich daraus im Konfliktfall die Herausforderung, eine angemessene Zuordnung von Eigenart und Eigenständigkeit der spezifischen kirchlichen Sendung in der Welt einerseits mit den kollidierenden Rechtspositionen der Bediensteten andererseits herzustellen. Der Anwendungsbereich der EGMR wird dabei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs über die Konstellation der Schutzpflicht eröffnet: Die Behauptung eines Grundrechtsträgers, in einem Konventionsrecht (vielfach: Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 EMRK) verletzt zu sein, wird über eine unterlassene Intervention des Staates gegenüber einem „Eingriff“ seitens der Kirche oder Religionsgemeinschaft in seine Rechtssphäre konstruiert,49 wobei das kirchliche Selbstbestimmungsrecht als kollidierende Rechtsposition firmiert. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des EGMR genügt der Staat der ihm obliegenden Schutzpflicht, indem er eine eigene (Arbeits-)Gerichtsbarkeit sowie ggf. deren verfassungsgerichtliche Kontrolle zur Verfügung stellt.50 Für die Behandlung von Konfliktfällen zwischen kirchlichem Arbeitge___________ 48

So haben die Deutschland sowohl die Katholische Kirche wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Rahmenordnungen erstellt, welche die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes wiederspiegeln und integraler Bestandteil jedes IndividualArbeitsvertrags sind: Für die katholische Kirche gilt die: „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ vom 22. September 1993 (Abdruck bei Gregor Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, Tübingen 2006, S. 301 ff.); für die EKD die „Richtlinie des Rates der Evangelische Kirche in Deutschland nach Art. 9 Buchst. b Grundordnung über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes der EKD“ vom 1. Juli 2005 (Abdruck bei Thüsing, ebd., S. 312 ff.). 49 EGMR, Urt. v. 23.9.2010 – BNr. 425/03 –, Obst / Deutschland, Tz. 40 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 277-279, hier S. 278); Urt. v. 3.2.2011 – BNr. 18136/02 –, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 37 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 199-202, hier S. 200). 50 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 45 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 278); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 42 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201); 15.5.2012, Fernández Martínez / Spanien, Tz. 82.

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ber und Bediensteten hat der Gerichtshof eine nennenswerte Anzahl von Kriterien herausgearbeitet, die sich wie folgt systematisieren lassen: Die materielle Kontrolldichte der staatlichen Gerichte ist spürbar reduziert. Das Recht der Religionsfreiheit schließt, außer in extremen Ausnahmefällen, jegliche Beurteilung seitens des Staates über die Rechtmäßigkeit des religiösen Bekenntnisses oder die Art und Weise, in der es zum Ausdruck gebracht wird, aus.51 Zudem hat der Gerichtshof die besondere Rolle der nationalen Entscheidungsträger zu respektieren, sofern Fragen über das Verhältnis zwischen Staat und Religion betroffen sind, hinsichtlich deren in einer demokratischen Gesellschaft berechtigterweise tiefgreifende Divergenzen herrschen können.52 Gibt der EGMR weder Tendenz noch Ergebnis der Entscheidungsfindung nationaler Gerichte vor, verlangt er freilich eine eingehende und umfassende Abwägung der in Rede stehenden widerstreitenden Interessen.53 Die grundsätzliche Linie des BVerfG mit ihren im Rommelfanger-Beschluß von 1985 aufgestellten Leitaussagen hat dabei, zuletzt wiederholt bekräftigt, die Billigung durch den Gerichtshof erfahren.54 Wesentlich ist einerseits, dass die staatlichen Gerichte nicht uneingeschränkt an die Vorgaben der Kirchen und Religionsgemeinschaften gebunden sind. Dass umgekehrt in einem konkreten Fall der Standpunkt des kirchlichen Arbeitgebers für maßgeblich und den Interessen des Bediensteten gegenüber für vorrangig erachtet wird, wirft sub specie Art. 9 EMRK „kein Problem“ auf.55 Für prinzipiell unbedenklich hält es auch die Rechtsprechung des EGMR, dass der kirchliche Arbeitgeber den in seinen Einrichtungen tätigen Bediensteten bestimmte Obliegenheiten zur Loyalität auferlegt und an deren Nichtbeachtung arbeitsrechtliche Sanktionen, bis hin zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, knüpft. Dergestalt bringt eine Kirche oder Religionsgemeinschaft ___________ 51 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 44 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 278); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 41 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201); 15.5.2012, Fernández Martínez / Spanien, Tz. 80. 52 Ebd. 53 EGMR, Urt. v. 23.9.2010 – BNr. 1620/03 –, Schüth / Deutschland, Tz. 69 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279-283, hier S. 282); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 45 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201); 15.5.2012, Fernández Martínez / Spanien, Tz. 79. 54 BVerfGE 70, 138; die gegen diese Entscheidung erhobene Individualbeschwerde hatte bereits 1989 vor der EKMR keinen Erfolg: EKMR, 6.9.1989, Rommelfanger / Deutschland, in: DR Bd. 62, S. 151; jüngst EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 46 ff. (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 43 ff. (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201). 55 So explizit EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 49 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 45 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201).

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ihr Selbstbestimmungsrecht auch praktisch zur Geltung – umgekehrt läge darin ein Eingriff in die kirchliche Organisation wie Freiheit, würden weltlich-staatliche Gerichte kirchliche Träger mit Rechtszwang dazu anhalten wollen, gegen ihren Willen einen Bediensteten weiter beschäftigen und in ihrem Namen auftreten zu lassen, der in seinem Verhalten den Sendungsauftrag der ihn beschäftigenden Einrichtung konterkariert. Vor diesem Hintergrund hat nach den nationalen Gerichten auch der EGMR generell als die Kündigung rechtfertigende Loyalitätsverstöße akzeptiert: Verfehlungen gegen die Pflichten zur ehelichen Treue,56 die Mitgliedschaft in einer anderen Religionsgemeinschaft, die den Zielsetzungen derjenigen des Trägers der Einrichtung widerspricht, und Tätigkeiten für diese57 sowie das öffentliche Eintreten gegen Grundsätze der Religionsgemeinschaft, in deren Dienst der Betreffende steht.58 Als Belange, welche den Standpunkt des kirchlichen Arbeitgebers stützen, hat die Rechtsprechung primär das Wissen des Bediensteten um seinen Loyalitätsobliegenheiten anerkannt, sei es kraft arbeitsvertraglicher Regelungen,59 sei es kraft Sozialisation in der betreffenden Religionsgemeinschaft.60 Ob die bestehende Obliegenheit als solche (zumal nach den Maßstäben eines Außenstehenden) „vernünftig“ oder „verhältnismäßig“ ist, spielt – in den Grenzen des ordre public-Vorbehalts61 – keine Rolle.62 Weiter ist der Umstand zu berück-

___________ 56 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 47 ff. (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279). 57 So die Konstellation in der Rechtssache Siebenhaar: Die Beschwerdeführerin arbeitete als Erzieherin in einem evangelischen Kindergarten, gehörte aber selbst der Bewegung „Universale Kirche“ an, für die sie Einführungskurse („Primary Lessons“) abhielt, siehe EGMR, 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 8, 13; zur rechtlichen Würdigung Tz. 44 ff. (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 199 [sub „zum Sachverhalt“] sowie S. 201). 58 EGMR, 20.10.2009 – BNr. 39128/05 –, Lombardi Vallauri / Italien, Tz. 43 ff. (dt. Übersetzung in: NVwZ 2011, S. 153-156); 15.5.2012, Fernández Martínez / Spanien, Tz. 84 ff. 59 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 50 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 23.9.2010, Schüth / Deutschland, Tz. 71 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 282); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 46 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201). 60 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 48, 50 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279). 61 Vgl. EGMR, 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 45 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201). 62 So hatte (vom EGMR unbeanstandet) die Mormonenkirche Deutschland ihren Bediensteten via Arbeitsvertrag auferlegt, im dienstlichen Zusammenhang auf Tabak, Alkohol und Bohnenkaffee zu verzichten; siehe EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 8 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 277, sub „zum Sachverhalt“).

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sichtigen, dass der Ethos des Arbeitgebers auf religiösen Grundsätzen beruht,63 und dass die Zielsetzung einer ergriffenen arbeitsrechtlichen Sanktion regelmäßig darin liegt, die Glaubwürdigkeit der Kirche oder Religionsgemeinschaft in der Öffentlichkeit zu wahren oder wiederherzustellen.64 Der Gerichtshof orientiert sich in seiner jüngeren Rechtsprechung65 zur weiteren Absicherung seiner tradierten Position zudem an den Kautelen des (nicht unmittelbar einschlägigen) EU-Rechts: Die Zulässigkeit der arbeitsvertraglichen Auferlegung von Loyalitätspflichten wird auch unter Hinweis auf die Gleichbehandlungsrichtlinie der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft aus dem Jahr 200066 bejaht, welche bekanntlich auf die seit dem Amsterdamer Vertrag 1997 im Primärrecht verankerte sog. „Antidiskriminisierungskompetenz“ (heute: Art. 19 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) gestützt wurde. Bei aller Kontinuität in der Judikatur, offenbart sich in den neueren Entscheidungen des EGMR die Tendenz, die Kohärenz der von den Kirchen und Religionsgemeinschaften aufgestellten Loyalitätspflichten im Rechtlichen wie Tatsächlichen zu würdigen. So verlangt der Gerichtshof wohl eine unzweideutige Klarstellung dessen, was einen Loyalitätsverstoß begründen soll. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt beanstandete der EGMR in der Rechtssache Schüth / Deutschland die Kündigung eines Pfarrorganisten: Die in der im konkreten Fall einschlägigen innerkirchlichen Rechtsvorschrift formulierte Loyalitätspflicht („Abschluß einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe“67) soll nicht schon ein außereheliches Zusammenleben nach der Trennung von der Ehefrau betreffen.68 Vor diesem Hintergrund wird ___________ 63 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 51 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 46 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201). 64 EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 48, 51 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 46 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201 f.). 65 EGMR, 20.10.2009, Lombardi Vallauri / Italien, Tz. 41 ff. (dt. Übersetzung in: NVwZ 2011, S. 154); 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 51 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 279); 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 46 (dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 201). 66 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung und Beschäftigung und Beruf, in: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, Nr. L 303 vom 2.12.2000, S. 16. 67 Art. 5 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ (Nachw. S. FN 48). 68 Subtil EGMR, 23.9.2010, Schüth / Deutschland, Tz. 71 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 282): die vom Bediensteten insoweit eingegangene vertragliche Verpflichtung lasse „sich nicht als ein eindeutiges persönliches Versprechen ansehen, im Fall einer Trennung oder Scheidung enthaltsam zu leben“. – Der Beschwerdeführer selbst meinte, eine Kündigung hätte allenfalls nach einer (kirchenrechtlich nicht möglichen) Wieder-

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es sich für kirchliche Arbeitgeber empfehlen, ihre Rechtsvorschriften auf Eindeutigkeit hin zu überprüfen und ggf. eine bis dato auf allgemeinen Wendungen beruhende, konstant geübte Praxis auch textlich klar zu fixieren. Ein weiterer Aspekt betrifft im Tatsächlichen die Reaktion des kirchlichen Arbeitgebers. Lässt er es an Entschiedenheit und Widerspruchsfreiheit mangeln, riskiert er wegen Verstoßes gegen das Verbot des venire contra factum proprium sowie gegen das Willkürverbot den Verlust des Kündigungsschutzprozesses: Der Arbeitgeber darf durch sein Agieren nicht erst den Eindruck hervorrufen, das Verhalten des Bediensteten hinzunehmen, um dann (nach einem mehr oder weniger langen Zeitraum) doch zu arbeitsrechtlichen Sanktionen zu greifen. So hat das auf der Zeitschiene zögernde Verhalten katholischer Träger69 letztlich zur rechtlichen Beanstandung einer Kündigung geführt, nicht hingegen das entschlossene Handeln anderer Religionsgemeinschaften.70 Auf einen knappen Nenner gebracht: Auch in seiner jüngeren Rechtsprechung respektiert der Gerichtshof prinzipiell das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften. In den (wenigen) Fällen, die zu Lasten der Religionsgemeinschaft entschieden wurden, geschah dies aufgrund der soeben skizzierten Umstände oder aber aufgrund angenommener besonderer Umstände des Einzelfalls.71

___________ verheiratung ausgesprochen werden können, siehe ebd., Tz. 46 (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 280). 69 So lagen in der Rechtssache Schüth zwischen dem Bekanntwerden des Loyalitätsverstoßes und Ausspruch der arbeitsrechtlichen Sanktion ca. 18 Monate siehe EGMR, 23.9.2010, Schüth / Deutschland, Tz. 11 ff. (dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 280, sub „zum Sachverhalt“). – In einer die jüngere EGMR-Rechtsprechung zitierenden Entscheidung des deutschen Bundesarbeitsgerichts betrug der Zeitraum gar zweieinhalb Jahre (BAG, Urt. v. 8.9.2011 – 2 AZR 543/10 –, Tz. 7, 43 [dt. Übersetzung in: NJW, 2012, S. 1099-1103, sub „zum Sachverhalt“ sowie S. 1103]). Gegen das Urteil ist momentan eine Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG anhängig. 70 Reaktion binnen ca. zwei (Evangelische Kirchengemeinde Pforzheim, siehe EGMR, 3.2.2011, Siebenhaar / Deutschland, Tz. 12 [dt. Übersetzung in: NZA 2012, S. 199, sub „zum Sachverhalt“]) bzw. vier Wochen (Mormonenkirche, siehe EGMR, 23.9.2010, Obst / Deutschland, Tz. 9 [dt. Übersetzung in: NZA 2011, S. 278, sub „zum Sachverhalt“]). 71 So vor allem (wenig überzeugend) EGMR, 20.10.2009, Lombardi Vallauri / Italien (dt. Übersetzung in: NVwZ 2011, S. 153-156); detaillierte Analyse und Kritik bei Stefan Mückl, Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht im nationalen und europäischen Recht – am Beispiel der Bestimmung über das Lehrpersonal in Bildungseinrichtungen, in: Javier Martínez-Torrón / Silvia Meseguer Velasco / Rafael Palomino Lozano (Eds.), Religión, matrimonio y Derecho ante el Siglo XXI. Escritos en homenaje al Prof. Navarro-Valls, Madrid 2013, S. 1645-1668.

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IV. Zusammenfassung Wie im staatlichen Recht der meisten europäischen Staaten, hat sich auch für die Ebene des Geltungsbereichs der EMRK eine Typologie derjenigen Materien herausgebildet, welche nahezu unbestritten den Anwendungsbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts konturieren: Glaubenslehre und Kultusordnung, innere Verfassung und Verwaltung (kurz: die Organisationshoheit), Rechte und Pflichten der Mitglieder im internen Rechtskreis, Ausbildung und Rechtsverhältnisse der Geistlichen und anderer Amtsträger (also: die Ämterhoheit). In der Binnensphäre der Kirchen und Religionsgemeinschaften kommt das Selbstbestimmungsrecht voll zum Tragen. Es ist in religiös-weltanschaulich neutralen Staaten, welche das Recht der Religionsfreiheit gewährleisten, allein Sache der Kirchen und Religionsgemeinschaften, über ihre inneren Angelegenheiten (Lehre und Kultus, Verfassung und Organisation) zu befinden und erforderlichenfalls deren Einheitlichkeit nach außen sicherzustellen. Außerhalb dieses inneren Bereichs, insbesondere im Arbeitsrecht, kommt dem Selbstbestimmungsrecht kein unbedingter Vorrang, wohl aber maßgebliche Berücksichtigung bei der fallbezogenen Abwägung zu.

Die religiöse Beschneidung von Jungen im Lichte der Grundrechte in Österreich Katharina Pabel

I. Religiöse Beschneidung – alte Tradition, neues Thema Die aus religiösen Gründen durchgeführte Beschneidung von Jungen im Säuglings- oder Kindesalter, die sowohl im Judentum als auch im Islam üblich ist, wird seit Jahr und Tag in Österreich praktiziert. Politische, gesellschaftliche und juristische Diskussionen über diese religiöse Praxis haben in den letzten Jahren kaum mit größerem Echo stattgefunden. Erst als – ausgelöst durch ein strafrechtliches Urteil des Landgerichts Köln im Mai 20121 – in Deutschland diese Frage mit überraschender Heftigkeit auf die tagespolitische Agenda kam, beschäftigte man sich auch in Österreich – wenn auch weniger intensiv – mit Fragen der religiösen Beschneidung. Die aus religiösen Gründen durchgeführte Beschneidung ist zunächst einmal ein Thema der Religion. Im Judentum und im Islam hat die Beschneidung von Jungen eine große religiöse Bedeutung. Nach jüdischem Glauben gilt die Beschneidung des Kindes an seinem achten Lebenstag als ein bindendes Gebot von besonderem Gewicht. Mit der Beschneidung wird das Kind in den Bund zwischen Gott und dem jüdischen Volk aufgenommen. Sie ist zentraler Bestandteil der jüdischen Identität und wird als konstitutiv für das Judentum erachtet.2 Eine kleine Minderheit von Juden verzichtet auf die Beschneidung und ersetzt sie durch symbolische Handlungen. Im Islam variiert die Bedeutung der Beschneidung zwischen den verschiedenen Rechtsschulen. Auch die Frage, ob die Durchführung eine islamische Pflicht oder eine empfohlene Tradition darstellt, wird nicht einheitlich beurteilt. Unterschiedlich wird innerhalb der Richtungen im Islam ferner der Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Beschneidung ___________ 1

LG Köln, Urteil v. 7.5.2012, Az 151 Ns 169/11, abgedruckt in NJW 2012, 2128. Informationen des Zentralrates der Juden in Deutschland, http://www.zentralratd juden.de/de/topic/205.html (28.1.2013); vgl. auch den Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes, BT-Drs. 17/11295, 6 f.; Jerouschek, Beschneidung und das deutsche Recht, NStZ 2008, 313 (313 f.). 2

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erfolgen soll. Entweder wird sie am siebten Lebenstag vorgenommen, generell im Säuglingsalter, bis zum Eintritt der Pubertät oder bis zum 18. Lebensjahr. Für einen Großteil der Muslime entspricht die Pflicht, die männlichen Kinder beschneiden zu lassen, ihrer religiösen Überzeugung.3 Beschneidung ist auch ein medizinisches Thema. Regelmäßig wird die religiöse Beschneidung nicht aufgrund einer medizinischen Indikation durchgeführt. Ärzte haben zu bewerten, welche körperlichen und seelischen Auswirkungen die Durchführung einer Beschneidung für die betroffenen Jungen hat oder jedenfalls haben kann. Bemerkenswert ist, dass das Spektrum der medizinischen Bewertungen der Durchführung der Zirkumzision sehr weit reicht. Für die einen ist es ein durchaus schwerwiegender Eingriff in den Körper eines Kindes, der ohne eine medizinische Indikation nicht durchgeführt werden sollte. Andere stellen den körperlichen Eingriff zwar nicht in Abrede, sehen jedoch dessen Folgen und mögliche Nebenfolgen als nicht so schwerwiegend an, so dass mit einer entsprechenden Einwilligung der Erziehungsberechtigten bzw. des einsichtsfähigen Kindes oder Jugendlichen der Arzt eine Beschneidung durchführen kann. Schließlich gibt es auch Stimmen, die aus unterschiedlichen Gründen – insbesondere Hygiene und Aids-Prophylaxe werden genannt – die Beschneidung empfehlen.4 Auf dieser Grundlage ist es Aufgabe des Juristen, die Beschneidung zu bewerten. Er kann allerdings – wie gezeigt – nicht erwarten, von theologischer und medizinischer Seite eine eindeutige, einhellige und unwidersprochene Faktengrundlage und fachspezifische Bewertung zu erhalten. Das ist jedoch keine untypische Situation. Eine rechtliche Wertung kann auch auf der Basis einer nicht einheitlichen Bewertung von Tatsachen durch die entsprechenden Fachleute getroffen werden. Es ist im jeweiligen Kontext zu entscheiden, wie mit Uneinigkeiten und Bewertungsunterschieden umzugehen ist. Juristische Fragen in Zusammenhang mit der Beschneidung können in strafrechtlicher Hinsicht, in zivilrechtlicher Hinsicht, aber auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht auftreten. Der folgende Beitrag untersucht den Themenkreis der Beschneidung aus grundrechtlicher Sicht. Strafrechtliche und zivilrechtliche Überlegungen bleiben außer Betracht.

___________ 3

Siehe etwa Jerouschek, Beschneidung (Fn. 2), NStZ 2008, 314. Vgl. zur Bewertung der Beschneidung aus medizinischer Sicht die Zusammenfassung in der Begründung zum Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes, BT-Drs. 17/11295, 9. 4

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II. Grundrechtsperspektiven Die grundrechtliche Bewertung der religiösen Beschneidung kann aus unterschiedlichen Perspektiven erfolgen. Zunächst kann die Vornahme einer religiösen Beschneidung an einem minderjährigen Jungen durch ein Grundrecht geschützt sein. In der Folge stellt sich dann die Frage, ob ein Verbot der Beschneidung oder eine Beschränkung der Möglichkeiten, Beschneidungen an Knaben durchzuführen, eine Grundrechtsverletzung darstellt. In Betracht zu ziehen sind insofern sowohl Grundrechte des Jungen, nämlich sein Grundrecht auf Religionsfreiheit, als auch Grundrechte der Eltern,5 und zwar das elterliche Erziehungsrecht und ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit. Die Grundrechtsprüfung klärt in dieser Perspektive, ob und in welchem Maße der Staat durch Regelungen des Strafrechts oder auch des Zivilrechts die Beschneidung beschränken oder sogar untersagen darf. Umgekehrt kann diskutiert werden, ob die Zulassung der Beschneidung, also das Nicht-Verbieten, eine Grundrechtsverletzung darstellt, wobei hier insbesondere das Grundrecht des Jungen auf physische und psychische Unversehrtheit zu berücksichtigen ist. In dieser Perspektive zielt die Grundrechtsprüfung darauf ab festzustellen, ob der Staat die Beschneidung beschränken oder sogar verbieten muss. Während in der ersten Perspektive die Grundrechte als klassische Abwehrrechte wirken, bilden in der zweiten Perspektive die Grundrechte den Anknüpfungspunkt für die Begründung staatlicher Gewährleistungspflichten, sog. „positiver Handlungspflichten“ des Staates.6 Der Staat wird aus den Grundrechten verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte zu treffen, und zwar hier gegenüber Grundrechtseingriffen von privaten Dritten (Schutzpflichten). In Konstellationen, in denen Abwehrrechte und Schutzpflichten aufeinandertreffen, kann man von einem grundrechtlichen Dreiecksverhältnis sprechen. Es bildet sich typischerweise, wenn es um die grundrechtliche Bewertung einer Streitigkeit zwischen Privatpersonen geht. Ein solches Dreiecksverhältnis ist regelmäßig durch Abwägung der Interessen der beiden einander gegenüberstehenden Grundrechtsträger zu lösen. Das Bild vom grundrechtlichen Dreiecksverhältnis dient der gedanklichen Strukturierung der Grundrechtsprüfung. Es zeigt die Rolle des Staates auf, der die einander (teilweise) widerstreitenden Grundrechtspositionen der betroffenen Privatpersonen zum Ausgleich zu bringen hat. ___________ 5 Wenn im Folgenden von „Eltern“ die Rede ist, sind damit jene Personen erfasst, die die Obsorge für ein Kind innehaben. Das können die leiblichen Eltern, aber auch andere obsorgeberechtigte Personen sein. Erfasst sein soll auch die Konstellation, dass ein Kind unter der Obsorge nur einer Person steht. 6 Der Begriff der „positiven Handlungspflichten“ stammt aus der Rechtsprechung des EGMR, der von „positive obligations“ spricht, vgl. Berka, Verfassungsrecht4 (2012), Rn 1221 ff.; Grabenwarter / Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012), § 19 Rn 1 ff.; Hengstschläger / Leeb, Grundrechte (2012), 1/33.

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Bei genauerer Betrachtung der Grundrechtskonstellation bei der Beschneidung zeigt sich indes, dass das Bild vom grundrechtlichen Dreiecksverhältnis für die Erfassung der zugrundeliegenden Situation nicht recht passt. Es suggeriert, dass die Rechte des Kindes und der Eltern einander widerstreitend gegenüberstehen und der Staat in dieses Verhältnis zwischen Eltern und Kindern regelnd eingreifen müsse. Diese Sichtweise entspricht jedoch nicht dem grundrechtlichen Schutz des Erziehungsrechts der Eltern, das es zunächst als Aufgabe der Eltern ansieht, Entscheidungen für ihr Kind zu treffen (siehe näher unten III.).7 Typischerweise stehen Eltern und Kind auf der einen, derselben Seite dem Staat gegenüber; es handelt sich um ein zweipoliges, nicht dreipoliges Verhältnis. Erst eine detaillierte Prüfung der Rechte von Eltern und Kind kann ergeben, dass – unter bestimmten Voraussetzungen – möglicherweise das Recht der Eltern eingeschränkt werden kann (oder sogar muss). Das Bild vom grundrechtlichen Dreiecksverhältnis kann auch bei der Beurteilung der Beschneidung dazu dienen, verschiedene Perspektiven deutlich zu machen. Es darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Position der Eltern „automatisch“ derjenigen der Kinder entgegen steht oder zuwider läuft.

III. Das Elternrecht 1. Das Erziehungsrecht gemäß Art. 2 1. ZP Weder das B-VG noch das StGG als die zentralen Quellen des genuin österreichischen Verfassungsrechts gewährleisten ein Grundrecht der Eltern auf Pflege, Fürsorge und Erziehung ihrer Kinder.8 Allerdings enthält Art. 2 1. ZP EMRK die verfassungsrechtliche Verbürgung eines solchen Elternrechts. Nach Satz 2 des Grundrechts hat der Staat bei Ausübung der auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen. Art. 2 1. ZP EMRK wirkt zunächst als ein Abwehrrecht der Eltern gegenüber der staatlichen Wahrnehmung von Aufgaben der Erziehung und der Bildung der Kinder. Bei der Gestaltung des Bildungswesens in organisatorischer und in inhaltlicher Hinsicht hat der Staat die Überzeugungen der Eltern zu ___________ 7

Darauf weist auch Bahners, Ein Rechenfehler, FAZ v. 22.7.2012 (http://www.faz. net/aktuell/feuilleton/debatten/beschneidungsdebatte-ein-rechenfehler-11827870.html [28.1.2013]), hin. 8 Vgl. Baumgartner, Institutsgarantien und institutionelle Garantien, in: Merten / Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte, Bd. VII/1 (Österreich) (2009), § 188 Rn 40.

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achten.9 Umgekehrt steht den Eltern regelmäßig kein Anspruch darauf zu, dass die Ausgestaltung des staatlichen Erziehungswesens ihren Überzeugungen entspricht.10 Die Sicherstellung der religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern erfolgt vielmehr durch die Einräumung von Befreiungsmöglichkeiten oder Alternativangeboten.11 Die Garantie des Elternrechts nach Art. 2 1. ZP EMRK zielt insofern in erster Linie auf eine Abgrenzung des Erziehungsrechts der Eltern vom staatlichen Erziehungsauftrag, der in Satz 1 ausdrücklich verankert ist, ab. Die Freiheit des Kindes, insbesondere sein Recht auf Bildung, hängt eng mit dem Elternrecht zusammen. Das Kind ist noch nicht in der Lage, die Entscheidungen über seine Erziehung und Bildung in staatlichen Einrichtungen selbst zu treffen. Seine Eltern müssen diese Entscheidung zunächst für das Kind treffen. Zutreffend hat daher Spielbüchler formuliert, dass der Staat die Bildungsfreiheit des Kindes zunächst in der Freiheit der Eltern zu achten hat, für Erziehung und Unterricht in der ihren religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen entsprechenden Art zu sorgen.12 Abgesehen von dieser Funktion des Elternrechts gemäß Art. 2 1. ZP EMRK gegenüber der staatlichen Wahrnehmung von Erziehungsaufgaben hat die Straßburger Rechtsprechung auch ein allgemeines Erziehungsrecht der Eltern angenommen.13 Der EGMR erkennt gestützt auf Art. 2 1. ZP an, dass die Eltern das Recht haben, ihre Kinder aufzuklären und sie zu beraten, ihnen gegenüber das natürliche elterliche Erziehungsrecht auszuüben und sie so zu leiten, wie es den religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern entspricht.14 Er sieht in erster Linie die Eltern in der Verantwortung für die Erziehung und die Bildung der Kinder.15 Wie weit dieses allgemeine Elternrecht reicht, lässt sich der Rechtsprechung bislang allerdings nicht entnehmen, beziehen sich doch die Aussagen stets auf Konstellationen, in denen es um die Abgrenzung

___________ 9 Vgl. zur Auslegung des Gebots der Achtung EGMR 18.3.2011 (GK), Lautsi ./. Italien, Nr. 30814/06, Z 61, zum Umfang der Gewährleistung ebenda, Z 63. 10 Hengstschläger / Leeb, Grundrechte (Fn. 6), Rn 21/3. 11 Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 22 Rn 91. 12 Spielbüchler, Grundrecht auf Bildung, in: Machacek / Pahr / Stadler (Hrsg.), Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. 2 (1992), 149 (162 f.). 13 Vgl. dazu auch Baumgartner, Institutsgarantien (Fn. 8), Rn 40; Gutknecht, in: Korinek / Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Kommentar, Loseblatt (Stand: 2011), Art. 2 1. ZP EMRK (2005) Rn 44. 14 EGMR 7.12.1976, Kjeldsen, Busk u. Martens ./. Dänemark, Nr. 5095/71, Z 54; EGMR 18.3.2011 (GK), Lautsi ./. Italien, Nr. 30814/06, Z 75. 15 EGMR 29.6.2007 (GK), Folgerø ./. Norwegen, Nr. 15472/02, Z 84.

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des Elternrechts gegenüber der Wahrnehmung des Bildungs- und Erziehungsauftrags durch den Staat ging.16

2. Erziehungsrecht als Bestandteil des Rechts auf Familienleben Neben Art. 2 1. ZP EMRK schützt auch Art. 8 EMRK das elterliche Erziehungsrecht als wesentlichen Bestandteil des Familienlebens. 17 Die Rechtsprechung hat jedoch die Konturen des Elternrechts, das aus dem Grundrecht auf Achtung des Familienlebens abgeleitet werden kann, noch nicht deutlich entwickelt. Man wird annehmen können, dass Art. 8 EMRK das Recht der Eltern schützt, ihre Kinder nach ihren Vorstellungen und Überzeugungen zu erziehen, ohne dass der Staat für die Ziele und die Methoden der Erziehung in der Familie Vorgaben macht.18

3. Das Recht auf religiöse Kindererziehung Schließlich ist die religiöse Erziehung der Kinder durch das Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt, das in Art. 9 EMRK gewährleistet ist. Zum Recht der Religionsausübung gehört auch, dass Eltern über die religiöse Erziehung ihrer Kinder frei entscheiden können. Der EGMR nimmt an, dass zwischen dem in Art. 2 1. ZP EMRK gewährleisteten Erziehungsrecht und dem Recht auf religiöse Kindererziehung gemäß Art. 9 EMRK ein Verhältnis der Spezialität besteht.19 Soweit das Verhältnis zwischen schulischen Veranstaltungen und dem Elternrecht in religiösen Fragen betroffen ist, bildet Art. 2 1. ZP EMRK das speziellere Grundrecht.

___________ 16 Gegenstand der zitierten Verfahren war die Erteilung von Sexualkundeunterricht bzw. Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Anbringung von Kruzifixen in Klassenzimmern. 17 Gutknecht (Fn. 13), Art. 2 1. ZP EMRK Rn 44; Baumgartner, Institutsgarantien (Fn. 8), Rn 40; Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 22 Rn 94. 18 Das so umrissene Grundrecht auf Erziehung unterliegt den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Schranken. 19 EGMR 29.6.2007 (GK), Folgerø ./. Norwegen, Nr. 15472/02, Z 84; EGMR 18.3. 2011 (GK), Lautsi ./. Italien, Nr. 30814/06, Z 59.

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4. Der grundrechtliche Schutz der elterlichen Entscheidung zur Beschneidung Die Entscheidung der Eltern, ihr Kind beschneiden zu lassen, ist eine Entscheidung, die im Rahmen ihres Erziehungsrechts getroffen wird. Sie ist regelmäßig religiös oder religiös-kulturell motiviert und bildet insofern einen Teil der religiösen Erziehung des Kindes. Die Durchführung der Beschneidung kann die Religionszugehörigkeit begründen oder einen wesentlichen Aspekt im religiösen bzw. religiös-kulturellen Leben der Familie in der religiösen Gemeinschaft darstellen. Solch ein Akt ist daher durch das in Art. 9 EMRK verankerte Recht auf religiöse Erziehung der Kinder grundrechtlich geschützt. Dabei ist es für die Eröffnung des Schutzbereichs unerheblich, dass es innerhalb des Judentums und vor allem innerhalb des Islam umstritten ist, ob die Beschneidung zwingend geboten ist oder nur eine religiöse Pflicht oder eine empfohlene Tradition ist. Schon aus dem Wortlaut von Art. 9 EMRK folgt, dass auch die Ausübung religiöser Bräuche („observance“ / „l’accomplissement des rites“) in den Schutzbereich der Religionsfreiheit fällt. Ein zwingender Charakter einer religiösen Pflicht ist nicht erforderlich, um die Eröffnung des Schutzbereichs anzunehmen. Vielmehr zählen religiös geprägte Handlungen, die zu den kultischen Handlungen zu rechnen sind, oder aber Verhaltensweisen im Bereich der allgemeinen Lebensführung, zu den durch Art. 9 EMRK geschützten Bräuchen.20 Bei der Beschneidung handelt es sich jedenfalls um eine religiös motivierte Handlung, die der Gläubige für die Ausübung seines Glaubens als wichtig, wenn nicht gar als verpflichtend erachtet. Auch die Tatsache, dass es innerhalb der Religionsgemeinschaften mehr oder weniger starke Strömungen gibt, die die Beschneidung ablehnen oder für verzichtbar halten, ändert nichts daran, dass sich diejenigen Gläubigen, die die Beschneidung von Jungen für sich als religiöses Gebot ansehen, auf die Religionsfreiheit berufen können. Es ist nicht Sache des religiös-neutralen Staates zu entscheiden, welche Auffassung innerhalb einer religiösen Lehre die richtige ist.21 Vielmehr ist für die Prüfung, ob ein Handeln glaubensgeleitet ist, auf das plausibel dargelegte Selbstverständnis des einzelnen Gläubigen abzustellen.22 Im Falle der Beschneidung besteht angesichts der jahrhundertealten Tradition dieser Praxis kein Zweifel an der Glaubensgeleitetheit dieses körperlichen Eingriffs. ___________ 20

Grabenwarter, in: Korinek / Holoubek (Fn. 13), Art. 9 EMRK (2003) Rn 17. VfSlg 15.394/1997 (Schächten); Schinkele Schächten. Religionsfreiheit und Tierschutz, in: Potz / Schinkele / Wieshaider (Hrsg.), Schächten. Religionsfreiheit und Tierschutz (2001), 49; Grabenwarter (Fn. 20), Art. 9 EMRK Rn 18 m.w.N. 22 Pabel, Der Grundrechtsschutz für das Schächten, EuGRZ 2002, 220 (227). 21

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Angesichts des Wortlauts von Art. 2 1. ZP EMRK, der das Elternrecht im Verhältnis zur staatlichen Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Bildung und Erziehung gewährleistet, wird die Entscheidung der Eltern über die Durchführung einer Beschneidung ihres Jungen nicht in den Schutzbereich dieses Grundrechts fallen. Im Anschluss an die Rechtsprechung des EGMR erscheint es überzeugender, Art. 2 1. ZP EMRK als spezielles Grundrecht für Fragen des Elternrechts in Bezug auf Bildungs- und Erziehungseinrichtungen des Staates zu sehen. Dafür spricht auch, dass neben dem Recht der Eltern das Recht des Kindes auf Bildung zentraler Gewährleistungsinhalt dieser Garantie ist.23 Neben der Eröffnung des Schutzbereichs der Religionsfreiheit wird man auch annehmen können, dass die Entscheidung, ein Kind beschneiden zu lassen, in den Schutzbereich des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens fällt. Allerdings geht der Schutzumfang eines aus Art. 8 EMRK abgeleiteten Elternrechts im Bereich der religiösen Kindererziehung jedenfalls nicht über das hinaus, was bereits durch Art. 9 EMRK gewährleistet wird. Die Religionsfreiheit bildet hinsichtlich der religiösen Kindererziehung gegenüber Art. 8 EMRK das speziellere Grundrecht. Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die Entscheidung der Eltern, ihren Jungen aus religiösen oder religiös-kulturellen Gründen beschneiden zu lassen, in den Schutzbereich des Grundrechts der Eltern auf religiöse Erziehung ihrer Kinder gemäß Art. 9 EMRK fällt. Die Religionsfreiheit steht unter materiellem Gesetzesvorbehalt. Beschränkungen sind daher zulässig, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgen und darüber hinaus verhältnismäßig sind. Zur Rechtfertigung von Eingriffen in das Grundrecht auf Religionsfreiheit kommt der Schutz der Rechte anderer, namentlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Jungen in Betracht.

IV. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit 1. Der Schutz der körperlichen Integrität durch die EMRK Die Durchführung einer Zirkumzision betrifft das Rechtsgut der körperlichen Integrität des betroffenen Jungen. Weder das B-VG noch das StGG als die Quellen genuin österreichischen Verfassungsrechts, aber auch die EMRK enthalten eine explizite Gewährleistung eines Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit.24 Schutzgut des Rechts auf Leben ist das Leben gemäß Art. 2 EMRK, ___________ 23

Siehe dazu für alle Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 22 Rn 87 ff. Anders hingegen das deutsche Grundgesetz, das in Art. 2 Abs. 2 jedermann das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert. Die Grundrechtecharta der 24

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das Grundrecht schützt folglich vor Tötungen und findet auf religiöse Beschneidungen keine Anwendung. Eingriffe in die körperliche Integrität, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder sogar Folter darstellen, sind am Grundrecht aus Art. 3 EMRK zu messen. Schutzgut des Verbots der Folter und unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ist die physische oder psychische Integrität eines Menschen.25 Allerdings stellt nicht jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bereits eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Vielmehr ist eine Behandlung nur dann als Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu qualifizieren, wenn sie eine besondere Schwere aufweist.26 Kennzeichnend für Maßnahmen, die den Charakter der Folter oder der erniedrigenden Behandlung aufweisen, ist ein Element der Demütigung.27 Die Durchführung einer Zirkumzision bei Kindern erreicht die Schwelle zu einer Behandlung nicht, die nach Art. 3 EMRK als Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu qualifizieren wäre. Grundrechtlicher Maßstab für die Beurteilung von körperlichen Eingriffen, die nicht als Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu qualifizieren sind, ist das durch Art. 8 EMRK als Teil des Rechts auf Privatleben geschützte Recht der Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Als Bestandteil des Rechts, selbst über den eigenen Körper zu bestimmen, schützt Art. 8 EMRK die körperliche Integrität einer Person.28 In dieses Recht wird etwa eingegriffen, wenn der Staat ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen mit Zwang anordnet und durchführen lässt. Dabei liegt staatlicher Zwang schon dann vor, wenn eine medizinische Behandlung ohne die freie, informierte und ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Person erfolgt.29 Eine solche Situation staatlichen Zwangs liegt im Fall der Zirkumzision gerade nicht vor. Vielmehr erfolgt der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kindes regelmäßig auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern und entspricht ihrem Willen. Die Eltern sind auch die Berechtigten, die in eine ärztliche Behandlung des Kindes einwilligen können. Durch die Einwilligung der Eltern erfolgt der Eingriff in ___________ Europäischen Union gewährleistet in Art. 3 Abs. 1 das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. 25 ZB EGMR 25.3.1993, Costello-Robert ./. Großbritannien, Nr. 13134/87, Z 30. 26 Grundlegend EGMR 18.1.1978, Irland ./. Vereinigtes Königreich, Nr. 5310/71; stRsp, vgl. die Nachweise bei Frowein / Peukert, EMRK, Kommentar3 (2009), Art. 3 Rn 3. 27 Vgl. zum Gewährleistungsumfang Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 20 Rn 28 ff. 28 EGMR 13.5.2008, Juhnke ./. Türkei, Nr. 52515/99, Z 69 ff.; vgl. auch Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 22 Rn 7. 29 EGMR 13.5.2008, Juhnke ./. Türkei, Nr. 52515/99, Z 76 f.; EGMR 7.10.2008, Bogumil ./. Portugal, Nr. 35228/03, Z 73; vgl. auch Wiederin, in: Korinek / Holoubek (Fn. 13), Art. 8 EMRK (2002) Rn 34.

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die körperliche Unversehrtheit im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts, er wird also nicht gegen den Willen des Berechtigten durchgeführt.

2. Das Bestehen einer staatlichen Schutzpflicht Den Staat könnte allenfalls eine Schutzpflicht zugunsten der körperlichen Unversehrtheit der Kinder treffen, wobei das Rechtsgut gegebenenfalls gerade gegenüber den Eltern zu verteidigen ist. Zu fragen ist also, ob ein Grundrechtseingriff vorliegt, wenn der Staat es erlaubt, es zulässt, bzw. unterlässt, es zu verbieten, dass Eltern in die Zirkumzision ihre Kindes einwilligen mit der Folge, dass diese ohne rechtliche Konsequenzen durchgeführt werden kann. Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Konventionskonformität der Durchführung von Beschneidungen, aber auch – allgemeiner – zu Grenzen der Einwilligungsmöglichkeit von Eltern in die körperliche Unversehrtheit von Kindern liegt nicht vor. Angesichts der relativen Geringfügigkeit des Eingriffs in die körperliche Integrität, angesichts der grundsätzlichen Berechtigung von Eltern, über medizinische Behandlungen und andere Eingriffe in den Körper ihrer Kinder zu entscheiden, und angesichts der Tatsache, dass die Beschneidung von Kindern in Europa (und darüber hinaus) weit verbreitet ist (sei es aus religiösen oder medizinischen/hygienischen Gründen), erscheint es durchaus möglich, dass der EGMR im Falle der Beschneidung auf Wunsch der Eltern keine Schutzpflicht des Staates annehmen würde. Es läge dann – anders formuliert – kein Grundrechtseingriff darin, dass der Staat es unterlässt, die Einwilligung der Eltern in die Beschneidung ihres Kindes auszuschließen und damit den Eingriff in die durch Art. 8 EMRK gewährleistete körperliche Unversehrtheit zu verhindern. Allerdings zeigt die Rechtsprechung des EGMR keine klare dogmatische Durchdringung der Figur der Gewährleistungspflichten. In etlichen Fällen nimmt der EGMR in Konstellationen grundrechtlicher Dreiecksverhältnisse auch ohne intensive Prüfung einen Grundrechtseingriff an und verlagert die Prüfung der Konventionsverletzung auf die Ebene der Schranken und insbesondere in die Verhältnismäßigkeitsprüfung.30 Angesichts dieser Unklarheit erscheint es auch möglich, dass im Falle einer Befassung des EGMR dieser von einem Grundrechtseingriff ausgeht und die maßgebliche Begründung seiner Entscheidung im Rahmen der Schrankenprüfung vornimmt. ___________ 30 Vgl. etwa EGMR 23.9.2010, Schüth ./. Deutschland, Nr. 1620/03, Z 55; EGMR 21.7.2011, Heinisch ./. Deutschland, Nr. 28274/08, Z 63. Die Fälle betreffen arbeitsrechtliche Kündigungen und damit Konstellationen, deren Ausgangspunkt Streitigkeiten zwischen Privaten waren. Unmittelbarer Anknüpfungspunkt für die Beschwerde vor dem EGMR waren Gerichtsurteile, d. h. staatliche Akte.

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V. Die Abwägung zwischen dem Elternrecht und dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit Maßgeblich für das Ergebnis der grundrechtlichen Bewertung der Zulassung von religiös motivierten Beschneidungen durch den Staat ist eine Abwägung der betroffenen Grundrechte, des Rechts der Eltern auf religiöse Erziehung ihrer Kinder auf der einen, und der staatlichen Schutzpflicht gegenüber der körperlichen Unversehrtheit der betroffenen Jungen auf der anderen Seite. Bemerkenswert ist, dass der EGMR in jüngerer Zeit bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht zwischen der abwehrrechtlichen Dimension des Grundrechts und der Erfüllung einer Schutzpflicht differenziert, sondern im Wesentlichen die gleichen Anforderungen stellt.31 Im Ergebnis ist anzunehmen, dass der Staat durch die Zulassung der Beschneidung, d. h. durch keine entsprechende Einschränkung der Einwilligungsmöglichkeit der Eltern, die (mögliche) Schutzpflicht gegenüber der körperlichen Unversehrtheit der betroffenen Kinder nicht verletzt. Gleichzeitig kann aus der Perspektive des eingeschränkten Elternrechts festgestellt werden, dass durch ein (faktisches) Verbot der Beschneidung das Recht auf religiöse Kindererziehung unverhältnismäßig eingeschränkt würde und eine Konventionsverletzung vorläge. Folgende Erwägungen führen zu diesem Ergebnis: (1) Eine Einschränkung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Elternrechts kommt vor allem dann in Betracht, wenn dies zum Schutz des Kindeswohls, insbesondere zum Schutz von dessen körperlicher Unversehrtheit, erforderlich ist. Insofern kann auf eine Fülle von Entscheidungen des EGMR zum Sorge- und Umgangsrecht zu verweisen, in denen es ebenfalls um einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Kindes und der Eltern oder eines Elternteils geht. Der EGMR betont stets, dass das Wohl des Kindes von entscheidender Bedeutung ist.32 In Fällen, in denen ein Kind durch das Verhalten seiner Eltern an Körper oder Seele geschädigt wird, trifft den Staat eine Pflicht, die Rechte des Kindes sicherzustellen. Allerdings muss dabei das schädigende Verhalten der Eltern eine solche Intensität erreichen, dass mit einer erheblichen Beeinträchtigung des leiblichen oder seelischen Wohls des Kindes zu rechnen ist, wenn der Staat nicht ___________ 31

Siehe etwa EGMR 23.9.2010, Schüth ./. Deutschland, Nr. 1620/03, Z 55; aus der Lit. kritisch etwa Rebhahn, Zivilrecht und Europäische Menschenrechtskonvention, AcP 2010, 489 (510 ff., 547); siehe auch Pabel, Der grundrechtliche Schutz des Whistleblowing, FS Berka (im Erscheinen). 32 Für viele EGMR 7.8.1996, Johansen ./. Norwegen, Nr. 17383/90, Z 78; 13.7.2003 (GK) Elsholz ./. Deutschland, Nr. 25735/94, Z 50; weitere Nachweise bei Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 22 Rn 41 und f.

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eingreift.33 Die Schädigung muss mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eintreten.34 Eine Schutzpflicht des Staates würde etwa bei körperlichen oder seelischen Misshandlungen des Kindes durch seine Eltern anzunehmen sein. Bei der Vornahme einer Beschneidung, die entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird, kann eine Misshandlung des Kindes nicht angenommen werden.35 Die Tatsache allein, dass mit dem religiösen Akt in den Körper des Kindes eingegriffen und eine regelmäßig irreversible Änderung vorgenommen wird, lässt es nicht zu, von einer Misshandlung zu sprechen.36 Es gehört zur Ausübung des Elternrechts, dass diese für ihr Kind auch Entscheidungen körperlicher, vor allem aber auch nicht körperlicher Art treffen, die nicht umkehrbar sind.37 Entscheidungen etwa über die Ernährung des Kindes, über medizinische Behandlungen oder deren Unterlassung oder über seinen Bildungsgang haben möglicherweise lebenslange Konsequenzen. Dass mit einer Beschneidung potentiell Gesundheitsrisiken verbunden sind, darf bei der Bewertung der Schwere des Eingriffs in die körperliche Integrität eines Kindes zwar nicht außer Acht gelassen werden. Angesichts der verfügbaren Informationen über Zahl und Schwere der eintretenden Komplikationen können diese allerdings nicht dazu führen, die Durchführung einer Beschneidung als körperliche Misshandlung zu qualifizieren.38 Insofern können Zirkumzisionen nicht anders bewertet werden als sonstige Eingriffe in den Körper eines Kindes, die medizinisch nicht ange___________ 33

Vgl. Heinig, Beschneidungs-Urteil: Juristisch und rechtsethisch fragwürdig, 27.6.2012, http://www.verfassungsblog.de/de/beschneidungs-urteil-juristisch-und-rechts ethisch-fragwurdig/ (28.1.2013); insofern anders Krüper, Entscheidungsanmerkung, ZJS 2012, 547 (550), der für die deutsche Rechtsordnung eine Vermutungsregel zugunsten der körperlichen Unversehrtheit annimmt (www.zjs-online.com). 34 Vgl. ebenso aus der deutschen Literatur Schwarz, Verfassungsrechtliche Aspekte der religiösen Beschneidung, JZ 2008, 1125 (1128). 35 Wie hier Schwarz, JZ 2008, 1128; a. A. aus der aktuellen rechtswissenschaftlichen Diskussion ibs. Merkel, Die Haut eines anderen, SZ v. 30.8.2012 (http://www.sued deutsche.de/wissen/beschneidungs-debatte-die-haut-eines-anderen-1.1454055 (7.1.2013); derselbe, Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 23.11.2012 (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/31_Beschn eidung/04_Stellungnahmen/Stellungnahme_Merkel.pdf (7.1.2013); Herzberg, Steht dem biblischen Gebot der Beschneidung ein rechtliches Verbot entgegen?, MedR 2012, 169 ff.; aus medizinischer / psychologischer Sicht etwa Franz, Ritual, Trauma, Kindeswohl, FAZ v. 9.7.2012. 36 So aber Herzberg, Rechtliche Probleme der rituellen Beschneidung, JZ 2009, 332 (336). 37 Andere Wertung Jerouschek, Beschneidung (Fn. 2), NStZ 2008, 318 f.; aus strafrechtlicher Sicht Putzke, Juristische Positionen zur religiösen Beschneidung, NJW 2008, 1568 ff. 38 Stellt sich aufgrund neuer medizinischer oder psychologischer Kenntnisse heraus, dass die Beeinträchtigung eines Jungen durch die Beschneidung von erheblichem Gewicht ist, so ändert sich dementsprechend auch die juristische Bewertung.

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zeigt sind. Das Risiko, das mit ihnen verbunden ist, nehmen die Eltern in Kauf und treffen für sich und das Kind die Entscheidung, dass aus religiösen oder religiös-kulturellen Gründen trotz des Risikos die Beschneidung durchgeführt werden soll. (2) Eine religiöse Erziehung der Kinder kann nur mit dem Willen und nach dem Wunsch der Eltern erfolgen. Der Staat muss sich gegenüber allen Religionen und Weltanschauungen neutral verhalten. Er kann die Entscheidung über die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit eines Kindes zu einer Religionsgemeinschaft oder über die Frage des Ob einer religiösen Erziehung und Bildung nicht treffen. Anders als bei der Vermittlung von Wissen in Schulfächern, aber auch bei der Vermittlung von Werten, wie sie in Art. 14 Abs. 5a B-VG als Grundwerte der Schule verfassungsrechtlich verankert sind, kann eine Vermittlung von religiösen Inhalten und Überzeugungen nur entsprechend dem Willen der Eltern erfolgen. Der Schutz des religiösen Erziehungsrechts der Eltern ist daher für die Weitergabe und das Weiterleben von Religion in einem religionsneutralen Staat von essentieller Bedeutung.39 Der in einem Verbot der Beschneidung liegende Eingriff in das Recht auf religiöse Kindererziehung wiegt daher schwer.40 (3) Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der religiösen Beschneidung um eine Frage von religiöser, kultureller Bedeutung handelt, ist davon auszugehen, dass bei einer Befassung des EGMR mit einer entsprechenden Beschwerde den Konventionsstaaten ein weiter rechtlicher Gestaltungsspielraum zuerkannt würde.41 Ein solcher führt zu einer Rücknahme der Kontrolldichte des EGMR mit der Folge, dass die gesetzliche Regelung eines Konventionsstaates nur bei einer unvertretbaren Güterabwägung zu einer Konventionsverletzung führen würde.42 Auch die Tatsache, dass – soweit ersichtlich – in den meisten Staaten des Europarates die Vornahme einer religiösen Beschneidung erlaubt ist, spricht dafür, dass nicht zulasten eines entsprechend dem derzeitigen europäischen Standard handelnden Staates eine strikte Kontrolle durch den EGMR ausgeübt würde. Die Annahme eines weiten Gestaltungsspielraums stützt das Ergebnis, dass das Nicht-Verbieten der Beschneidung keine Grundrechtsverletzung darstellt. ___________ 39 So auch Walter, Beschnitten, FAZ v. 11.7.2012 (http://www.faz.net/aktuell/ politik/staat-und-recht/gastbeitrag-beschnitten-11817408.html (28.1.2013). 40 In diese Richtung auch Wiater, Rechtspluralismus und Grundrechtsschutz: Das Kölner Beschneidungsurteil, NJW 2012, 1379 (1380). 41 Zur Annahme eines weiten Gestaltungsspielraums bei Fragen von religiöser und kultureller Bedeutung siehe etwa EGMR, 10.11.2005 (GK), Leyla Sahin ./. Türkei, Nr. 44774/98, Z 109; 18.3.2011 (GK), Lautsi ./. Italien, Nr. 30814/06, Z 68 f. 42 Zum Konzept des Gestaltungsspielraums siehe Grabenwarter / Pabel, EMRK (Fn. 6), § 18 Rn 20 ff.

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(4) Das Nicht-Verbieten der Beschneidung, d. h. ihre grundsätzliche Erlaubnis, verletzt nach hier vertretener Ansicht die (mögliche) Schutzpflicht aus Art. 8 EMRK nicht. Der Gesetzgeber könnte jedoch Bedingungen für die Einwilligung der Eltern in die Beschneidung vorschreiben, so dass ein möglicher Missbrauch verhindert würde, oder er könnte Anforderungen an die Durchführung der Beschneidung stellen. So sieht der Gesetzentwurf der deutschen Bundesregierung vor, dass eine Einwilligung der Eltern in die Beschneidung des männlichen Kindes nur dann zulässig ist, wenn der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Zudem ist eine Einwilligung ausgeschlossen, wenn die Beschneidung das Kindeswohl gefährdet.43 Solche gesetzlichen Regelungen dienen der Erfüllung einer möglichen staatlichen Schutzpflicht zugunsten der körperlichen Integrität des Kindes. Auch wenn man aus der EMRK keine Pflicht zur Vorschreibung bestimmter Absicherungen der körperlichen Unversehrtheit ableiten kann, führen solche oder andere prozeduralen Regelungen dazu, dass die dargelegte Abwägung erst recht zu dem Ergebnis der Vereinbarkeit der staatlichen Regelung mit Art. 8 EMRK kommt. Umgekehrt wären entsprechende Absicherungen der körperlichen Unversehrtheit des Kindes noch verhältnismäßige Beschränkungen des Rechts der Eltern auf religiöse Kindererziehung.

VI. Die Religionsfreiheit des Kindes Auch der Junge, dessen Beschneidung auf Wunsch der Eltern durchgeführt werden soll, ist grundsätzlich Träger des Grundrechts der Religionsfreiheit. Allerdings kann ein Kind in Abhängigkeit von dem jeweiligen Alter sein Grundrecht auf Religionsrecht – wie die anderen Grundrechte auch – nicht selbst ausüben.44 Solange die Grundrechtsmündigkeit, verstanden als die Fähigkeit, von dem durch ein Grundrecht eingeräumten Recht eigenverantwortlich Gebrauch zu machen, noch nicht gegeben ist, entscheiden die Eltern in dem jeweiligen Sachbereich für das Kind. ___________ 43 Vgl. Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes, BT-Drs. 17/11295, 5, § 1631d BGB. Vorgesehen ist, dass in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen durchführen. Mit dieser Klausel soll abgesichert werden, dass im Judentum Beschneidungen durch den Mohel (Beschneider) durchgeführt werden können. Dieser ist, ohne ein Arzt zu sein, für die Durchführung von Beschneidungen, aber auch religiös ausgebildet. 44 Zur Differenzierung zwischen Grundrechtsträgerschaft und der Fähigkeit, von der durch das Grundrecht eingeräumten Berechtigung selbständigen Gebrauch zu machen, siehe Berka, Verfassungsrecht (Fn. 6), Rn 1231.

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Mit zunehmender geistiger und physischer Reife tritt die Wahrnehmung des Grundrechts durch die Eltern hinter die eigenverantwortliche Wahrnehmung des Grundrechts durch das Kind zurück.45 Für die Religionsfreiheit sehen das Gesetz über die religiöse Kindererziehung sowie das Gesetz über die interkonfessionellen Verhältnisse ein nach Alter gestaffeltes System der Religionsmündigkeit als Ausprägung der Grundrechtsmündigkeit vor. Nach Vollendung des 12. Lebensjahres kann ein Kind nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden. Nach Vollendung des 14. Lebensjahres steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, welchem religiösen Bekenntnis es angehören will.46 Diese hinsichtlich der Einsichtsfähigkeit typisierenden Regelungen des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung und des Gesetzes über die interkonfessionellen Verhältnisse hat der VfGH als Ausgestaltungsgesetze qualifiziert. Der Glaube an die Lehren einer Religion setze die Fähigkeit voraus, diese Lehren geistig zu erfassen. Erst wenn das Kind in ein Alter gekommen sei, mit dem bei normaler Entwicklung der geistigen Fähigkeit die notwendige Urteilsfähigkeit vorliege, könne das Kind die verfassungsgesetzlichen Rechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit ausüben.47 Der VfGH verlangt allerdings, dass auch im Alter zwischen 7 und 14 Jahren die Religionsfreiheit geschützt werden müsse, gegebenenfalls auch gegenüber den Eltern. Der VfGH betrachtet das Grundrecht der Religionspersönlichkeit als höchstpersönliches Recht und folgert daraus, dass vor dem Eintreten der notwendigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit die Eltern nicht etwa das Grundrecht der Religionsfreiheit für ihr Kind ausüben, sondern eigene Rechte der religiösen Kindererziehung wahrnehmen.48 Diese Anforderungen an die Berücksichtigung der Überzeugungen des Kindes spielen m. E. nach auch für die Beurteilung der religiösen Beschneidung eine Rolle. Jedenfalls mit Eintritt des 14. Lebensjahres kann ein Junge nicht mehr zu einer Beschneidung als einem Akt, der die Religionszugehörigkeit begründet, durch seine Eltern gezwungen werden. Ist mit der Beschneidung als Akt der Begründung einer Religionszugehörigkeit ein Glaubenswechsel verbunden, kann gegen den Willen des Jungen schon ab dem 12. Lebensjahr die Beschneidung nicht mehr durchgeführt werden. Entscheidend ist aber der Hin___________ 45

Spielbüchler, Grundrecht (Fn. 12), 163. § 4 Gesetz über die interkonfessionellen Verhältnisse, RGBl 1868/49 i.d.F. dRGBl 1939 I S 384; § 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung, BGBl 1985/155 (WV) i.d.F. BGBl I 2006/113. Siehe dazu auch Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (2003) 333; kurz auch Pabel, Kindererziehung, religiöse / Religionsmündigkeit, in: Heinig / Munsonius (Hrsg.), 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht (2012), 91 f. 47 VfSlg 799/1927; 800/1927; dazu Grabenwarter, in: Korinek / Holoubek (Fn. 13), Art. 14 StGG (2005) Rn 11. 48 VfSlg 800/1927; siehe auch Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 46), 327; Grabenwarter (Fn. 47), Art. 14 StGG Rn 11. 46

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weis des VfGH, dass schon vor diesen im Gesetz über die religiöse Kindererziehung genannten Altersgrenzen die Religionsfreiheit des Kindes berücksichtigt werden muss. Äußert ein Kind, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, mit einer seinem Alter entsprechenden Überzeugungskraft und Plausibilität, dass es die Beschneidung als religiösen Akt ablehnt, ist dies als Ausübung seiner Religionsfreiheit zu sehen. Das Recht der Eltern, über die Religionszugehörigkeit zu entscheiden, muss hinter dem Willen des Kindes zurücktreten. Man wird häufig wohl nicht entscheiden können, ob die Äußerung eines Kindes gegen die Beschneidung religiös oder eher aus Furcht vor dem körperlichen Eingriff motiviert wird. Insoweit es um die Frage des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit und die Einwilligung in eine solche geht, ist auf die unten stehenden Ausführungen zu verweisen. Wenn ein Kind möglicherweise aus einem Bündel an Motiven heraus die Beschneidung ablehnt und auch unter Hinweis auf die religiöse Bedeutung dieses Aktes nicht überzeugt werden kann, wird man den kindlichen Willen aus Gründen der Religionsfreiheit respektieren müssen.

VII. Das BVG Kinderrechte Der Grundsatz, dass der Wille und die Meinung des Kindes zu respektieren sind, findet sich auch im BVG Kinderrechte,49 das im Februar 2011 in Kraft getreten ist. Dieses BVG stützt sich auf die Kinderrechtskonvention der UN, die Österreich bereits im Jahr 1992 ratifiziert hatte.50 Mit dem neuen BVG werden einzelne Teile dieser UN-Konvention in Verfassungsrang verankert. Im vorliegenden Zusammenhang ist insbesondere das in Art. 4 BVG Kinderrechte enthaltene Kinderrecht auf Partizipation in Betracht zu ziehen. Diese Gewährleistung erkennt jedem Kind das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu. Zutreffend ist zu dieser Bestimmung angemerkt worden, dass die Berücksichtigung „Meinung“ des Kindes nicht im Sinne der Meinungsfreiheit gemeint sei, sondern in umfassender Weise die Berücksichtigung des Kinderwillens verlangt.51 Das wird deutlich, wenn man Art. 12 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention heranzieht, der durch Art. 4 BVG Kinderrechte umgesetzt wird. Die Überschrift dieses Artikels „Berücksichtigung des Kinderwillens“ zeigt, dass es um mehr als um die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung geht, die im ___________ 49

Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, BGBl I Nr. 4/2011. Vgl. zur Entwicklung Sax, Kinderrechte in der Verfassung – was nun?, EF-Z 2011, 204 ff. 51 Ebd., 208 f.; vgl. den Bericht des Verfassungsausschusses 1051 BlgNR XXIV. GP, 2. 50

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Übrigen in Art. 13 der Konvention explizit verankert ist. Art. 4 BVG Kinderrechte verlangt, dass entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes in allen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, seine Meinung zu bedenken und zu berücksichtigen ist. Das gilt auch für die Entscheidung über eine Beschneidung. Wenn das Kind die entsprechende Einsichts- und Urteilsfähigkeit besitzt, ist seine Willensäußerung zu einer Beschneidung zu berücksichtigen. Insofern deckt sich das im Hinblick auf die Religionsfreiheit des Kindes gefundene Ergebnis mit der Gewährleistung des Art. 4 BVG Kinderrechte.

VIII. Die UN-Kinderrechtskonvention Ein kurzer Hinweis soll an dieser Stelle auf Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) erfolgen, die keinen unmittelbaren Eingang in das BVG Kinderrechte gefunden haben. Sie gelten innerstaatlich im Rang des einfachen Gesetzes.

1. Die Berücksichtigung des Kindeswohls Nach Art. 3 KRK ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung enthält den Grundgedanken der Kinderrechtskonvention, der sowohl durch die Gesetzgebung als auch durch die Gesetzesanwendung in den Vertragsstaaten als allgemeine Leitlinie zu berücksichtigen ist. Art. 3 KRK ist als Querschnittsklausel zu qualifizieren.52 Sie findet in Art. 1 BVG Kinderrechte ein Pendant. Auffallend ist, dass der österreichische Gesetzgeber nur den Absatz 1 der Bestimmung in österreichisches Verfassungsrecht übernommen hat. Die in der Konvention in Art. 3 Abs. 2 enthaltene Verpflichtung der Vertragsstaaten, dem Kind unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der Eltern, den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind, wurde nicht in eine Verfassungsbestimmung, die dann wohl als ein expliziter Schutzanspruch ausgestaltet werden müsste, aufgenommen. Art. 3 KRK verlangt, dass das Kindeswohl als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Das heißt aber nicht, dass dem Kindeswohl stets der absolute Vorrang zukommt.53 Art. 3 KRK führt insbesondere nicht dazu, dass das Kindeswohl keinerlei Abwägungsvorgängen zugänglich ist. Entscheidend ist, dass es stets in die Abwägung eingestellt wird und dass ihm maßgebliche Bedeutung zukommt. Bei Interessenkollisionen zwischen dem Kindeswohl und ___________ 52 53

Schmahl, UN-Kinderrechtskonvention (2012), Art. 3 Rn 4. Ebd., Art. 3 Rn 7.

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Interessen der Eltern gebührt prinzipiell den Interessen des Kindes der Vorrang – unberücksichtigt bleiben aber auch die Interessen der Eltern nicht. Schwierigkeiten bereitet es, den zunächst relativ unbestimmten Rechtsbegriff des Kindeswohls näher zu konkretisieren. Er ist ausfüllungsbedürftig und nicht zuletzt auch wert- und zeitabhängig. Jedenfalls in gewissem Umfang lassen sich bei der Bestimmung des Kindeswohls auch kulturelle und religiöse Kontexte berücksichtigen, was gerade bei der Auslegung und Anwendung eines internationalen Vertrages von Bedeutung sein kann.54 Zudem stellt sich die Frage, wer entscheidet, was im Wohl des Kindes liegt, solange das Kind noch nicht die notwendige Reife besitzt, die entsprechenden Entscheidungen selbst zu treffen. Jedenfalls muss das Kindeswohl, das durch Art. 3 KRK in den Mittelpunkt gestellt wird, im Licht der anderen Gewährleistungen der Kinderrechtskonvention verstanden werden. Als Querschnittsklausel wird man das Kindeswohl in die Anwendung der anderen Gewährleistungen der KRK hineinlesen müssen.

2. Die Religionsfreiheit des Kindes Art. 14 KRK gewährleistet die Gewissens- und Religionsfreiheit als eigenes Recht des Kindes. Im Gegensatz zu anderen völkerrechtlichen Gewährleistungen findet sich hier ein eigenständiges Recht zugunsten des Kindes, das dieses auch ohne oder gegen den Willen seiner Eltern ausüben kann.55 Art. 14 Abs. 2 KRK konkretisiert das in Art. 5 KRK im Allgemeinen niedergelegte Elternrecht in Bezug auf religiöse Belange. Dabei ist hervorzuheben, dass diese Bestimmung den Eltern kein originäres Recht zur religiösen oder sittlichen Erziehung ihrer Kinder verleiht, sondern die Eltern lediglich berechtigt, ihr Kind bei der Ausübung seiner Religionsfreiheit zu leiten. Insofern unterscheidet sich Art. 14 Abs. 2 KRK (aber auch schon Art. 5 KRK) insbesondere von Art. 18 Abs. 4 IPbpR, der ein ausdrückliches Recht der Eltern zur religiösen Erziehung ihrer Kinder gewährleistet.56 Auch nach der KRK ist aber nicht anzunehmen, dass Eltern keinerlei religiöse Erziehung vornehmen dürfen, solange das Kind noch nicht in der Lage ist, selbst Entscheidungen in religiösen Belangen zu treffen. Das würde nicht nur das Elternrecht erheblich einschränken, sondern auch die in vielen völkerrechtlichen Verbürgungen verankerte Religionsfreiheit. Die KRK kann nicht dahingehend verstanden werden, dass jegliche religiöse Erziehung von Kindern, die ___________ 54 Vgl. ebd., Art. 3 Rn 13, die von einer Vereinbarkeit der Beschneidung von Jungen mit dem Kindeswohl ausgeht. 55 Ebd., Art. 14 Rn 1. 56 Vgl. ebd., Art. 14 Rn 7.

Religiöse Beschneidung von Jungen im Lichte der Grundrechte in Österreich 485

noch nicht selbst religiöse Entscheidungen treffen können, ausgeschlossen wäre. Das würde einen wesentlichen Aspekt der Religionsfreiheit aushöhlen. Art. 14 KRK schließt weder die Taufe von Kindern noch eben die religiöse Beschneidung eines Kindes aus, die als Zeichen der Aufnahme in eine religiöse Gemeinschaft durchgeführt wird. Vielmehr verpflichtet Art. 14 KRK die Vertragsstaaten dazu, von Eingriffen in die weltanschauliche, ethische oder religiöse Erziehung der Kinder durch ihre Eltern abzusehen. Inwieweit aus dieser Gewährleistung auch positive Pflichten des Staates folgen, die Religionsfreiheit des Kindes gerade gegenüber seinen Eltern zu schützen, ist im Detail noch nicht geklärt. Man wird eine Schutzpflicht wohl dann annehmen müssen, wenn die religiöse Erziehung gegen das Wohl des Kindes verstößt.57 Insofern findet ein Rückgriff auf die Querschnittsklausel des Art. 3 KRK statt. Eine nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft durchgeführte Beschneidung eines Kindes wird man jedoch nicht als Verstoß gegen das Kindeswohl ansehen können. Ein bestimmtes Alter, ab dem ein Kind selbständig und auch ohne oder gegen den Willen der Eltern über religiöse Fragen entscheiden kann, legt Art. 14 nicht fest. Man wird aber wohl annehmen können, dass dieses Alter vor der Volljährigkeit liegt. Davon geht auch der Kinderrechtsausschuss aus. Folgt man der oben ausgeführten Auslegung der Religionsfreiheit des Kindes und der Berücksichtigung des Kindeswillens nach Art. 4 BVG Kinderrechte und respektiert unter Bedachtnahme auf Einsichts- und Urteilsfähigkeit die Willensäußerung des Kindes, ist den Anforderungen des Art. 14 KRK Genüge getan.

3. Die Abschaffung überlieferter gesundheitsschädlicher Bräuche In systematischem Zusammenhang mit Bestimmungen über den Gesundheitsschutz von Kindern findet sich mit Art. 24 Abs. 3 KRK eine sehr spezielle Bestimmung, nach der die Vertragsstaaten verpflichtet sind, wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen, um überlieferte Bräuche abzuschaffen, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind. Diese Regelung zielt auf die Abschaffung der Genitalverstümmelung von Mädchen ab. 58 Nun ließe sich überlegen, ob diese Regelung auch auf die Zirkumzision von Jungen anwendbar ist. Drei Argumente sprechen im Wesentlichen gegen diese Annahme: Erstens beabsichtigten die Vertragsparteien mit der genannten Bestimmung, soweit ersichtlich, nicht, die weit verbreitete Beschneidung von Jungen aus reli___________ 57 58

In diese Richtung auch ebd., Art. 14 Rn 8. Ebd., Art. 24 Rn 20.

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giösen Gründen abzuschaffen. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Beschneidung in vielen Ländern regelmäßig praktiziert wird, wäre eine entsprechende Zielsetzung ohne explizite Formulierung nicht denkbar – abgesehen davon, dass politisch eine entsprechende Regelung auf internationaler Ebene kaum durchsetzbar wäre. Zweitens lässt sich bereits zweifeln, ob es sich bei der Zirkumzision überhaupt um einen „überlieferten Brauch“ im Sinne des Art. 24 Abs. 3 der Kinderrechtskonvention handelt. Die besondere Dimension der religiösen Verpflichtung oder des religiösen Brauchs spiegelt die Bestimmung nicht wider, wohingegen religiöse Fragestellungen in Art. 14 der Konvention behandelt werden. Es erscheint daher schwierig, auf diese Bestimmung einen durchaus weit reichenden Eingriff in die Religionsfreiheit zu stützen. Schließlich besteht keine Einigkeit darüber, dass die Beschneidung von Jungen „für die Gesundheit der Kinder schädlich“ ist. Anders als bei der Genitalverstümmelung von Mädchen ist die Gesundheitsbeeinträchtigung von Jungen – wie dargelegt – jedenfalls nicht unumstritten. Insgesamt zeigt der Blick auf die Kinderrechtskonvention, dass die Zulassung der Beschneidung und das Absehen von einer Unterstrafestellung mit den völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar sind. Die Kinderrechtskonvention verlangt nicht, dass der Staat gegen die Vornahme von Beschneidungen vorgeht.

IX. Schluss Die stärkere rechtliche Verankerung von Kinderrechten, aber auch das gestiegene Bewusstsein für die Notwendigkeit, ein Kind als Persönlichkeit und Person mit eigenem Willen wahrzunehmen und seine Äußerungen zu berücksichtigen, haben die Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit der Beschneidung mitgeprägt. Diese durchaus berechtigte und wünschenswerte Entwicklung darf aber nicht dazu führen, dass die wichtige Rolle und Funktion der Eltern in den Hintergrund gedrängt wird. Man darf zunächst darauf vertrauen, dass Eltern in ihren Entscheidungen tatsächlich das Beste für ihr Kind wollen. Die in der deutschen Rechtslehre ausgehend vom Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 GG als „Wächteramt“59 formulierte Funktion des Staates gegenüber den Eltern bringt zum Ausdruck, dass erst bei einer Gefährdung des Kindeswohls den Eltern Grenzen zu setzen sind. Bei der Durchführung einer Beschneidung auf Wunsch der Eltern liegt regelmäßig eine Gefährdung des Kindeswohls nicht vor. Ein zweiter Aspekt, der die Diskussion über die Beschneidung prägt, ist eine zunehmend verbreitete Skepsis, wenn nicht Argwohn gegenüber religiösen ___________ 59

Zum staatlichen Wächteramt siehe umfassend Jestaedt, in: Kahl / Waldhoff / Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblatt (Stand: 2012), Art. 6 II, III (1995) Rn 171 ff.

Religiöse Beschneidung von Jungen im Lichte der Grundrechte in Österreich 487

Äußerungen.60 Je stärker eine Gesellschaft säkularisiert ist, desto fremder wird die Befolgung religiöser Bräuche, die zuvor noch als selbstverständlicher Teil einer religiösen Tradition bekannt war. Ohne damit einer unreflektierten Weiterführung problematischer Traditionen das Wort zu reden, ist doch festzustellen, dass zunehmend die Beachtung religiöser Sitten und Gebräuche unter Rechtfertigungsdruck gerät. Das ist aber gerade eine Situation, in der die Wirkung des Grundrechts auf Religionsfreiheit, auch Minderheiten in ihrer religiösen Freiheit zu schützen, wiederum neue Bedeutung erlangt.

___________ 60

Vgl. auch Bahners, Rechenfehler (Fn. 7), FAZ v. 22.7.2012.

Zwei offene Fragen der staatskirchenrechtlichen Entwicklung in der Slowakei Stanislav Přibyl

I. Die Frage der Anerkennung von Kirchen Das slowakische Staatskirchenrecht verlangt, wenn eine Kirche oder Religionsgesellschaft die offizielle Staatsregistrierung anstrebt, eine Zahl von 20.000 Personen, die sich zu ihr bekennen. Bei der slowakischen Bevölkerungszahl von etwa fünf Millionen Einwohnern scheint diese Forderung übertrieben zu sein. Die slowakische staatskirchenrechtliche Wissenschaft beurteilte die Tatsache des allzu hohen Zahlenzensus bereits zu der Zeit, als in der Praxis noch keine schwerwiegende Uneindeutigkeiten in der Applikation eines so anspruchsvollen Kriteriums erschienen, eher kritisch: „Gehen wir vom Wortlaut des geltenden Rechtes der Registrierung von Kirchen und Religionsgesellschaften aus, so lässt sich feststellen, dass die für den möglichen Registrierungsakt verlangte Zahl von Personen, die sich als Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft bezeichnen, unproportional hoch ist und dass es immer mehr Vorbehalte gegen diesen Zustand gibt. Die Einwände gegen die gegenwärtige Regelung der Kirchenregistrierung werden vor allem seitens der neuen Religionsbewegungen geltend gemacht, die nicht imstande sind, die Registrierungsbedingungen zu erfüllen, da sie nicht nachweisen können, dass sich zu ihnen 20.000 volljährige Personen mit Daueraufenthalt im Gebiet der Slowakischen Republik bekennen.“1 Die Zahl 20.000 fordert das Gesetz des Nationalrates der Slowakischen Republik N. 192/1992 Zb. über die Registrierung von Kirchen und Religionsgesellschaften. Das allgemeine tschechoslowakische Föderalgesetz in Kirchenangelegenheiten N. 308/1991 Zb. über die Freiheit des religiösen Glaubens und die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften verwies in seinem § 23 auf die von künftigen Gesetzen festgelegten Kompetenzen der Parlamente der ___________  Stanislav Přibyl (*1966), Dozent für Kirchenrecht an der Theologischen Universität in Budweis (České Budějovice) und Richter des Kirchlichen Metropolengerichts in Prag. 1 Margita Čeplíková, Štát, cirkvi a právo na Slovensku. História a súčasnosť, Košice 2005, S. 95.

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Föderationsmitglieder, die sich laut dem Gesetz auch auf die Frage der Anzahl der sich zur Kirche oder Religionsgesellschaft bekennenden Personen beziehen sollten.2 Während das einschlägige Gesetz des Tschechischen Nationalrates N. 161/1992 Sb. die Anzahl von nur 10.000 Personen forderte, beanspruchte das slowakische Gesetz in § 2, obwohl das Land nur etwa die Hälfte der Bevölkerungszahl gegenüber der Tschechischen Republik aufweist, eine doppelte Anzahl an Unterstützern: „Eine Kirche oder Religionsgesellschaft kann einen Antrag auf Registrierung stellen, wenn sie nachweist, dass sich zu ihr wenigstens zwanzigtausend volljährige Personen mit ständigem Aufenthalt auf dem Gebiet der Slowakischen Republik bekennen.“ Das erste Subjekt, welches die Grenze von zwanzigtausend überwunden hat, war die Religionsgesellschaft der Zeugen Jehovas, und zwar schon im Jahre 1993,3 übrigens ähnlich wie etwas später in der Tschechischen Republik.4 Dabei ist zu betonen, dass die zwei parallel scheinenden Vorgänge bereits nach der zum 1. 1. 1993 durchgeführten Teilung der tschechoslowakischen Föderation vorkamen. In der darauf folgenden Zeit erschienen jedoch in der Slowakischen Republik Probleme, welche die dortige Rechtslage einigen schwierig lösbaren Aporien aussetzte. Die allzu hohe Anzahl von Kirchenbewerbern bedingte eine Umgehung des Gesetzeswortlautes oder zumindest die Ausnützung von Gesetzeslücken. So wurde auf eine ziemlich kuriose Weise im Jahre 2001 die Neuapostolische Kirche anerkannt. Es handelte sich dabei um eine rezipierte Registrierung, die sich auf die Entscheidung des ehemaligen Sekretariats der Regierung der Slowakischen Sozialistischen Republik für kirchliche Angelegenheiten stützte, d. h. auf einen Verwaltungsakt des totalitären Staates aus der Zeit kurz vor der politischen Wende in der Tschechoslowakei. 5 Bereits im Jahre 1989 rechnete man mit der Ausbreitung der Neuapostolischen Kirche nicht nur auf dem tschechischen Gebiet, sondern auch in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. In der späteren slowakischen Rezeptionsübernahme der Registrierung spielte unter anderem die positive Erfahrung mit der Neuapostolischen Kirche in der Tschechischen Republik eine Rolle. Ein ähnlicher Versuch ___________ 2

„Eigene Gesetze des Nationalrates legen die Registrierungsorgane nach § 10 dieses Gesetzes, die Anzahl der Personen, die sich zu einer Kirche oder Religionsgesellschaft gemäß § 11 dieses Gesetzes bekennen, und die Weise der Bekanntgabe der Entstehung und des Eingehens von Kirchen und Religionsgesellschaften an die statistischen Ämter der Republik durch die Registrierungsorgane gemäss § 19 Abs. 2 dieses Gesetzes fest.“ 3 Entscheidung des Kulturministeriums der Slowakischen Republik N. MR-110/ 1993-15, vom 24. 3. 1993. 4 Entscheidung des Kulturministeriums der Tschechischen Republik N. 8475/1993, vom 1. 9. 1993. 5 Der Brief des Direktors des Sekretariats der Regierung der SSR für die kirchlichen Angelegenheiten N. 1015/1989-15, vom 6. 6. 1989. Das Kulturministerium der Slowakischen Republik entschied aufgrund dieses Briefes über die Registrierung der Neuapostolischen Kirche mit Wirkungskraft vom 1. 9. 2001 an.

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einer rezipierten Registrierung ist im Falle der Gemeinschaft der Christusgläubigen-Nazarener jedoch misslungen. Auch ein (provokanter) Antrag der Atheistischen Kirche der Ungläubigen wurde abgelehnt.6 Die Anerkennung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (bekannt auch als „Mormonen“) im Jahre 20067 entfesselte in der Slowakei eine stürmische Diskussion hinsichtlich des Sinnes der bestehenden Regelung der offiziellen staatlichen Anerkennung von kirchlichen Subjekten durch Registrierung. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, wie präzise sich die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religionsgesellschaft bestimmen lässt, dem Gesetzeswortlaut nach „die sich zu ihr melden“: „Das slowakische Gesetz verlangt nämlich, es solle ,nachgewiesen‘ werden, dass sich zur jeweiligen Religionsgemeinschaft eine bestimmte Anzahl von Einwohnern ,meldet‘. […] Aufgrund uneindeutiger Formulierung ,unterstützend‘ und ,sich meldend‘ kann so etwas kaum ,nachgewiesen‘ werden. Wer hat eigentlich diesen Bogen unterschrieben?“8 In der Tschechischen Republik hat bereits die administrative Praxis in Zusammenhang mit den zweifelhaften Registrierungsanträgen der Vereinigungskirche (bekannt als „Moonisten“) um die Registrierung, eine enge Auslegung solcher Gesetzesbestimmungen angewandt. Dieselbe Uneindeutigkeit, verbunden mit der doppelten Anzahl von Unterstützern, die unter den slowakischen Bedingungen kaum für weitere Subjekte erreichbar wäre, hat das slowakische Kulturministerium zu einer entgegenkommenden Praxis bewegt. Die weite Auslegung des Gesetzes ermöglichte den „Mormonen“ 33.351 Unterschriften zu sammeln. Einen ähnlichen Erfolg mit der Registrierung erntete mit 24.347 Unterschriften die Gemeinschaft Baha’i in der Slowakischen Republik.9 Vom Mai 2007 an trat in der Slowakischen Republik die Novelle des Gesetzes N. 308/1991 Zb. in Kraft,10 die auf die problematische Frage der für die Registrierung verlangten Unterschriften ein neues Licht warf. Die Novelle verwendet die enge Auslegung und modifiziert den Wortlaut des § 11 des Gesetzes. Den Antrag auf die Registrierung darf ihr Vorbereitungsausschuss stellen, „wenn es erwiesen ist, dass sich zur Kirche oder Religionsgesellschaft wenigstens 20.000 volljährige Mitglieder bekennen, die ihren Daueraufenthalt auf dem ___________ 6

Entscheidung des Kulturministeriums der Slowakischen Republik N. MK 4457/ 2006-320/22106, vom 18. 12. 2006. 7 Entscheidung des Kulturministeriums der Slowakischen Republik N. MK 4612/ 2006-320/18095, vom 18. 10. 2006. 8 Zdeněk Vojtíšek, Špatný zákon kazí dobré mravy, in: Dingir. Religionistický časopis o současné náboženské scéně 4 (2006), S. 116-117, 117. 9 Entscheidung des Kulturministeriums der Slowakischen Republik N. MK 1488/ 2007-12/6083 vom 19. 4. 2007. 10 Gesetz N. 201/2997 Z. z., mit dem sich das Gesetz N. 308/1991 Zb., über die Freiheit des religiösen Glaubens und die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften in der Fassung des Gesetzes N. 394/2000 Z. z. verändert und ergänzt.

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Gebiet der Slowakischen Republik haben und Staatsbürger der Slowakischen Republik sind.“ Da die Novelle künftighin verlangt, dass die Registrierungsunterstützer auch tatsächliche Mitglieder der Kirche sind, soll der Registrierungsantrag, nach dem neu zugefügten § 12 Lit. d) auch eine Erklärung enthalten, in der sie bekräftigen, dass sie „sich zur Kirche oder Religionsgesellschaft bekennen, ihren Registrierungsantrag unterstützen, ihre Mitglieder sind, ihre grundlegenden Glaubensartikel und ihre Lehre kennen, und sich der Rechte und Verpflichtungen, die aus der Mitgliedschaft in der Kirche oder Religionsgesellschaft folgen, bewusst sind, unter Angabe ihres Vor- und Familiennamens, des ständigen Aufenthaltsortes und ihrer persönlichen Geburtsnummer“. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das eine Registrierung anstrebende Subjekt keine Unterschriften von Zufallssympathisanten, sondern nur von tatsächlichen Kirchen- bzw. Religionsgesellschaftsmitglieder sammeln und vorlegen wird. Solche verschärften Bedingungen der Kirchenregistrierung haben jedoch eine Ablehnungsreaktion des Generalprokurators der Slowakischen Republik hervorgerufen, der beim slowakischen Verfassungsgericht bereits zwei Anregungen hinsichtlich dieser Problematik eingereicht hat. Der Prokurator behauptet unter anderem, dass die geltende Regelung durch die Festlegung der hohen Anzahl, die auch für die europäischen Verhältnisse allzu hoch und unter den in der Slowakischen Republik herrschenden Bedingungen nur schwer zu erreichen ist, sodass sie die Entstehung der Rechtssubjektivität kleiner Kirchen und Religionsgesellschaften dadurch verhindert wird. Damit erfüllt der Staat offensichtlich nicht seine Pflicht, Rechtsbedingungen für die Geltendmachung des Rechts des Einzelnen auf freie Religions- und Glaubensbekenntnis nach eigener Wahl zu schaffen. Mit dieser Beschränkung greift er unmittelbar in die Bekenntnisfreiheit ein. Das Verfassungsgericht der Slowakischen Republik ist in seinem Erkenntnis von 3. 2. 2010 der Anregung des Generalprokurators nicht entgegengekommen. Es scheint jedoch nicht, dass damit die Diskussion über eine Milderung der Bedingungen für die Registrierung neuer Religionssubjekte zu einem allgemein befriedigenden Schluss geführt worden ist. Bei den vor der Novelle neulich registrierten Religionsgemeinschaften sollte man auch die als positiv geltenden Werte beachten: „Kaum einer weiss und hebt hervor, dass z. B. die Lehre der Mormonen ein starkes Gewicht auf die Familie und den gesunden Lebensstil legt. Und dass der Glaube der Gemeinschaft Baha’i sich gegen alle Formen von Gewalt, Xenofobie, Rassismus, Intoleranz und Nationalismus stellt – Werte und Stellungnahmen, die eine positive Einflussnahme auf das Gesellschaftsleben ausüben.“11 Eine der möglichen Lösungen der Situation bestünde in der ___________ 11

Ľubomír Martin Ondráček, Stav náboženskej slobody v Slovenskej republike – správa z letnej stáže 2008, in: Michaela Moravčíková / Eleonóra Valová, Ročenka Ústavu pre vzťahy štátu a cirkví 2008, S. 150-170, 162.

Zwei offene Fragen der staatskirchenrechtlichen Entwicklung in der Slowakei 493

Orientierung des slowakischen Gesetzgebers am Vorbild des seit 2002 geltenden tschechischen Gesetzes über die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften N. 3/2002 Sb.: „Als eine alternative Lösung gegenüber dem geltendem Registrierungssystem wird allgemein die sog. zweistufige Registrierung der Kirchen eingeführt, wobei die Kirchen in der ersten Stufe bei einer Anzahl von etwa 300 bis 500 Mitgliedern die Rechtssubjektivität auf der Ebene der jetzigen Bürgervereine gewinnen würden. Und nach dem Ablauf einer Frist von beispielweise zehn Jahren und nach der Erfüllung weiterer Bedingungen (z. B. die Mitgliederbasis von 10.000 Gläubigen, regelmäßige Vorlegung eines Jahresberichts sowie eines Berichts über die Wirtschaftsführung) dürften sie die Stellung der heutigen registrierten Kirchen und Religionsgesellschaften erreichen. Dieses System könnte man für eine Kompromisslösung halten.“12 Das tschechische Gesetz N. 3/2002 Sb. über die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften verlangt Unterschriften von nur 300 Personen, die im Unterschied zur „verschärfenden“ Novelle des slowakischen Kirchengesetzes nicht unbedingt Staatsbürger sein müssen. Ansonsten enthält das Gesetz laut § 10 Abs. 2 b) ausführlich formulierte Kautelen: „Der Antrag auf Registrierung der Kirche oder Religionsgesellschaft hat zu enthalten […] 300 authentische Unterschriften volljähriger Staatsbürger der Tschechischen Republik oder Ausländer mit dauerhaftem Wohnsitz in der Tschechischen Republik, die sich zu dieser Kirche oder Religionsgesellschaft bekennen, unter Verwendung ihrer persönlichen Daten im Sinne dieses Gesetzes und unter Verwendung eines identischen Textes auf jedem unterschriebenen Bogen, der den vollen Namen der Kirche oder Religionsgesellschaft anführt, welche die Unterschriften zum Zwecke ihrer Registrierung sammelt, und aus dem klar hervorgeht, dass der Unterschriftenbogen nur von einer Person unterschrieben ist, die sich zu dieser Kirche oder Religionsgesellschaft bekennt.“ Solche registrierte Subjekte genießen noch nicht die Sonderrechte im Sinne des § 7 des Gesetzes, das ihnen vor allem den Antritt in die öffentlichen Institutionen (staatliche Schulen, Gefängniswesen, Armee) und nicht zuletzt ihre Finanzierung vom Staatsbudget ermöglicht. Die Konstruktion des Gesetzes setzt noch eine nachträgliche Registrierung nach wenigstens 10 Jahren voraus, im Falle dass sich die neu registrierten Kirchen oder Religionsgesellschaften bewähren und eine Mitgliederzahl von wenigstens 1 Promille der Bewohner der Tschechischen Republik erlangt haben gemäß letzter Volkszählung, wie es § 11 Abs. 4a) vorschreibt. So kehrt eigentlich die in der vorherigen tschechischen Regelung geforderte Zahl von 10.000 Ansuchern wieder. ___________ 12

Radovan Čikeš, Vzťahy štátu a cirkví na Slovensku, Bratislava 2010, S. 47.

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Als inspirierend kann diese Konstruktion auch für die slowakischen Verhältnisse in zweierlei Hinsicht erscheinen: sie verhindert einen eventuellen Eintritt gesellschaftsgefährdender Sekten in die öffentlichrechtliche Sphäre und auch den Missbrauch der immer noch staatlich gewährleisteten Kirchenfinanzierung, die in den beiden Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei fortdauert. Die Slowakei scheint in der Offenheit für ungewöhnliche religiöse Phänomene eher zurückhaltend zu sein: „Die öffentliche Meinung der slowakischen Staatsbürger, von denen sich die Mehrheit zu den traditionellen Kirchen bekennt, nicht zu einer Legalisierung der neuen religiösen Richtungen geneigt, vor allem der nichtchristlichen. In unserem kulturellen Milieu finden bis jetzt Missionsaktivitäten solcher Gesellschaften kein breiteres Echo und ihre Mitgliederbasis wächst verhältnismäßig langsam.“13

II. Unvollendeter Ratifizierungsprozess In der Slowakei wurde im Jahre 2001 ein umfassend angelegter Vertrag mit dem Heiligen Stuhl ratifiziert.14 Er sollte allerdings nicht die vollständige Vertragslösung zwischen dem Staat und der katholischen Kirche darstellen: „Auf diesen Vertrag folgt (oder sollte folgen) eine Reihe von Teilverträgen, auf die der Text des Grundvertrags explizit verweist. Man kann sagen, dass hier ein bestimmtes Pyramidenmodell mehrerer Verträge geschaffen wurde, dessen Basis ohne Zweifel der Grundvertrag darstellt, wie auch seine italienische Bezeichnung accordo di base zeigt.“15 Der Grundvertrag verweist insgesamt auf vier künftige Teilverträge: über Gewissensvorbehalt (Art. 7), Schulwesensfragen (Art. 13, Abs. 9), Militär- und Polizeikorpsseelsorge (Art. 14, Abs. 4) und Kirchenfinanzierung (Art. 20, Abs. 1). Der verfassungsrechtlich garantierte paritätische Umgang mit allen offiziell anerkannten Religionsbekenntnissen16 und die fortschreitende Entwicklung der ökumenischen Beziehungen hat auch die Frage des Vertragsrechts mit den nichtkatholischen Kirchen geöffnet. Das System sollten für die nichtkatholischen Kirchen analog formulierte Abbilder der Vertragsregelungen mit der katholischen Kirche gestalten. Offensichtlich sind solche Abkommen, im Unter___________ 13 Ján Juran, Právna úprava postavenia cirkví a ich registrácie v Slovenskej republike, in: Miroslav Lojda (Hrsg.), Európa a nové náboženské hnutia, Bratislava 2003, S. 7-14, 12. 14 Veröffentlicht unter der N. 326/2001 Z. z. und in: AAS 93 (2001), S. 136-155. 15 Damián Němec, Typologické zařazení smluv mezi Apoštolským stolcem na jedné straně a Slovenskou republikou (2000) a Českou republikou (r. 2002) na straně druhé, in: Revue církevního práva 24,1 (2003), S. 17-26, 19. 16 Verfassung der Slowakischen Republik N. 460/1992 Zb., § 4 (1): „Alle Kirchen und Religionsgesellschaften haben vor dem Gesetz die gleiche Stellung.“

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schied zu den konkordatsartigen Verträgen mit der katholischen Kirche, keine Völkerrechtsquellen; problematisch ist auch ihre Einbeziehung in das System des slowakischen innerstaatlichen Rechtes. Die Absicht, ein Vertragsrecht sowohl mit der katholischen Kirche, als auch mit den anderen Kirchen und Religionsgesellschaften einzuführen, hat bereits eine Novelle des Kirchengesetzes N. 308/1991 Zb. angeregt, die solche Vertragsregelungen voraussieht: „Der Staat kann mit den Kirchen und Religionsgesellschaften Verträge über die gemeinsame Zusammenarbeit abschließen“.17 Dem Grundvertrag mit der katholischen Kirche entspricht der Vertrag zwischen der Slowakischen Republik und den nach dem Gesetz N. 308/1991 Zb. in der Fassung des Gesetzes N. 394/ 2000 Z. z. registrierten Kirchen und Religionsgesellschaften. Bei diesem Vertrag sui generis, dessen Rechtsnatur unklar ist und der in der slowakischen Rechtsordnung einzigartig ist, scheint die Eingliederung in das Rechtssystem ungenügend zu sein: „De lege ferenda zeigt sich deshalb eine Novellierung des Gesetzes über die Gesetzessammlung notwendig, die die Verpflichtung der Veröffentlichung von Verträgen dieses Typus in der Gesetzessammlung explizit festsetzen würde.“18 Doch wurde der Volltext des Vertrags in der offiziellen slowakischen Gesetzessammlung veröffentlicht19 und 11 von den insgesamt 18 in der Slowakei registrierten Kirchen und Religionsgesellschaften mit dem Staat haben ihn inzwischen gemeinsam unterzeichnet,20 wobei der Vertrag für den Zutritt anderer Kirchen und Religionsgesellschaften offenbleibt. Auch er, wie sein katholisches Gegenstück, verweist auf die künftigen vier Teilverträge. Zwei Teilverträge sind inzwischen abgeschlossen worden, sowohl mit der katholischen Kirche in der Konkordatsfassung, als auch mit den genannten 11 Kirchen und Religionsgesellschaften in einer ökumenischen Vertragsgestalt: der Vertrag zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl über die katholische Militär- und Waffenkorpsseelsorge,21 ein dementsprechender Vertrag zwischen der Slowakischen Republik und den registrierten Kirchen und Religionsgesellschaften über die Ausübung der Seelsorge für ihre Gläubigen in ___________ 17

Gesetz N. 394/2000 Z. z., § 4 (5). Margita Čeplíková, Konfesné právo v Slovenskej republike. Vybrané kapitoly z histórie a súčasnosť, Bratislava 2011, S. 209. 19 Unter der N. 250/2002 Z. z. 20 Slowakische Evangelische Kirche Augsburger Bekenntnisses in der Slowakei, Reformierte Christliche Kirche in der Slowakei, Orthodoxe Kirche in der Slowakei, Evangelische Methodistenkirche – slowakischer Bereich, Brüdergemeinde der Baptisten in der Slowakischen Republik, Brüderkirche in der Slowakei, Kirche der Siebenten Tags-Adventisten – slowakische Vereinigung, Apostolische Kirche in der Slowakei, Zentralverband der Jüdischen Kultusgemeinden in der Slowakischen Republik, Altkatholische Kirche in der Slowakei, Tschechoslowakische Hussitenkirche in der Slowakei. 21 Veröffentlicht unter der N. 648/2002 Z. z. 18

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den Militär- und Waffenkorps,22 ferner der Vertrag zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl über die katholische Erziehung und Bildung,23 begleitet von einem dementsprechenden Vertrag zwischen der Slowakischen Republik und den registrierten Kirchen und Religionsgesellschaften über die religiöse Erziehung und Bildung.24 Danach stieß der Vertragsprozess in der Slowakischen Republik dennoch an seine Grenzen, da in seinem Zusammenhang zwei brisante gesellschaftspolitische Themen auftauchten, die Gegenstand der Regelung in zwei weiteren vorgesehenen Verträgen sein sollen: die Kirchenfinanzierung und der Gewissensvorbehalt. Der Entwurf des Vertrags zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl über das Recht, die Gewissensvorbehalte zur Geltung zu bringen, und der analoge Vertrag mit anderen Kirchen und Religionsgesellschaften beziehen sich bei weitem nicht nur auf das „klassische“ Thema der Wehrdienstverweigerung. Überraschend ist in den Vertragsentwürfen eher eine sehr breite Skala von bioethischen Themen – von „Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens, insbesondere im Bezug auf den künstlichen Schwangerschaftsabbruch, auf die künstliche oder assistierte Befruchtung, auf die Versuche und Behandlung von menschlichen Organen, menschlichen Embryonen und Geschlechtszellen, auf die Euthanasie, auf das Klonen, auf die Sterilisierung und die Empfängnisverhütungsmittel“ (Art. 4 b). Solche weitreichende und großzügige Applikation der bioethischen Lehre des katholischen Lehramtes, die überdies auch den nichtkatholischen Kirchen durch den analogen Vertrag angeboten wird, findet sich bis jetzt in keiner einzigen Konkordatsregelung eines Staates mit dem Heiligen Stuhl. Dank diesen slowakischen Vertragsentwürfen wurde die Untersuchung des Phänomens des Gewissensvorbehalts vertieft; das Thema hat unter anderem Anlass zu einer internationalen Konferenz25 und zu einer spezifischen Monografie26 gegeben. Doch ist inzwischen auch in der Slowakei der Säkularisierungstrend präsent, der die politische Durchsetzung beider Gewissensentscheidungsverträge bremst: „Es ist kein Wunder, dass der Entwurf des genannten Vertrags in der Slowakischen Republik zum Gegenstand politisch und ideologisch motivierten Diskussionen wurde. Im Falle der Genehmigung und der nachfolgenden Ratifikation dieses Vertrags wäre die Slowakei der erste Staat weltweit, der den Gläubigen eine solche weitgehende Möglichkeit gewähren würde, sich nach den Lehrprinzipien der Kirche in ihrer alltäg___________ 22

Veröffentlicht unter der N. 270/2005 Z. z. Veröffentlicht unter der N. 394/2004 Z. z. 24 Veröffentlicht unter der N. 395/2004 Z. z. 25 Michaela Moravčíková (Hrsg.), Výhrada vo svedomí – Conscientious Objection, Bratislava 2007. 26 Lucia Madleňáková, Výhrada svědomí jako součást svobody myšlení, svědomí a náboženského vyznání, Praha 2010. 23

Zwei offene Fragen der staatskirchenrechtlichen Entwicklung in der Slowakei 497

lichen und professionellen Tätigkeit zu richten.“27 Doch kann man vielleicht auch selbst die Verfassungs- und Gesetzesgewährleistung des Gewissensvorbehalts als hinreichend bezeichnen: „Aus dem Fachsgesichtspunkt dürfen wir schließlich die Gesetzgebung, welche den Gewissensvorbehalt in den Gesundheitseinrichtungen in der Slowakischen Republik regelt, als hinlänglich gewährleistend anerkennen.“28 Die geplanten Verträge über die Kirchenfinanzierung warten bis jetzt nicht nur auf ihre Genehmigung, bzw. Ratifikation, sondern auch auf ihren bloßen Entwurfstext. Die (in Tschechien immer noch ausbleibenden) Restituierung des vom kommunistischen Regime beschlagnahmten Kirchenvermögens wurden in der Slowakei bereits durchgeführt, nämlich sehr früh nach dem Zerfall der tschechoslowakischen Föderation. Das Restitutionsgesetz N. 282/1993 Z. z. wurde in den folgenden Jahren durch eine Novelle 29 und ein weiteres Durchführungsgesetz30 vervollständigt. Doch führten die Kirchenvermögensrestitutionen nicht zum erwarteten Ergebnis, namentlich zur Schaffung einer genügenden Basis für die Selbstfinanzierung der Kirchen. Es bot sich auch eine Chance an, das immer noch in der Slowakei (und auch in der Tschechischen Republik) geltende, aus der stalinistischen Phase des kommunistischen Regimes stammende Kirchengesetz N. 218/1949 Zb. zu novellieren, damit die immer noch vom Staatshaushalt gewährten Gehälter der Geistlichen nicht mehr zu einer exponential wachsenden Zahl von Geistlichen besonders kleinerer Kirchen führen: „Die Regierung bewilligte den Gesetzesentwurf im April 2002 und er wurde in das Programm der letzten Vorwahlenparlamentssitzung mit einbezogen. Die Abgeordneten stimmten jedoch im Mai 2002 ab, sich mit dem Entwurf nicht mehr zu befassen.“31

III. Zusammenfassung Eine eventuelle Reduzierung des zur Registrierung geforderten Zahlenzensus der sich zu einer Kirche bzw. Religionsgesellschaft bekennenden Personen durch einschlägige Gesetzesänderungen steht in der Slowakei noch aus. Die aktuelle Verschärfung der Bedingungen im Hinblick auf die Kirchenregistrierung bedeutet höchstwahrscheinlich nicht den letzten Schritt in dieser Gesetzes___________ 27

Čeplíková, Konfesné právo (Fn. 18), S. 216. Martin Šabo, Použitie výhrady vo svedomí podľa legislatívy v Slovenskej republike, in: Ročenka Ústavu pre vzťahy štátu a cirkví 2010, Bratislava 2001, S. 154-161, 161. 29 N. 97/2002 Z. z. 30 N. 161/2005 Z. z. 31 Radovan Čikeš, Vzťahy štátu cirkví na Slovensku, Bratislava 2010, S. 55. 28

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materie. Es ist unter anderem die Furcht vor dem Unbekannten, die eine großzügigere Systemlösung bis jetzt verhindert, ebenso wie die Zurückhaltung gegenüber dem übermäßigen Einfluss insbesondere der katholischen Kirche, die den Ratifizierungsprozess der Verträge über den Gewissensvorbehalt eingestellt hat. Überdies herrscht hinsichtlich der Lösung der Kirchenfinanzierung Ratlosigkeit, die der finanziellen Trennung des Slowakischen Staats von den Kirchen nicht entgegenkommt. Dennoch kann die staatskirchenrechtliche und gesellschaftspolitische Lage der Kirchen und Religionsgesellschaften in der Slowakei positiv bewertet werden: „Die gegenwärtigen Beziehungen zwischen Staat und den Kirchen in der Slowakischen Republik darf man, ungeachtet einiger Streitfragen, über welche langdauernde Diskussionen geführt werden, als korrekt bezeichnen. […] Das Maß an Vertrauen der slowakischen Gesellschaft zu den Kirchen bleibt stabil hoch.“32

___________ 32

Čeplíková, Konfesné právo (Fn. 18), S. 227.

Neuere Fragen um Schule und Religionsunterricht in Österreich Wilhelm Rees Der Religionsunterricht in der öffentlichen Schule ist gegenwärtig in Österreich wieder ins Gespräch gekommen. Dies nicht nur mit Blick auf das „Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien“,1 sondern auch mit Blick auf den Schulversuch Ethik und die damit verbundene Frage, ob und, wenn ja, in welcher Form dieser Unterricht an österreichischen Schulen eingeführt werden soll. Weithin wird heute auch wieder von einer „Krise des Religionsunterrichts“ gesprochen. So belasten derzeit gerade in Österreich hohe Abmeldezahlen die Erteilung dieses Faches, nicht zuletzt auch infolge des Fehlens einer „Alternativbelastung“, wie sie in Deutschland durch ein Ersatzfach Ethik gegeben ist. Fragen ergeben sich auch im Blick auf den islamischen Religionsunterricht, die konfessionelle Ausrichtung bzw. einen ökumenisch verantworteten schulischen Religionsunterricht sowie die Ausbildung von Religionslehrer(innen) im Zusammenhang mit der Planung und Umsetzung der „PädagogInnenbildung Neu“, die derzeit in Österreich ansteht. Zunehmend stellen Eltern hohe Erwartungen an den Religionsunterricht. Verstärkt wird das Stichwort „Werteerziehung“ als Bildungsaufgabe an die öffentliche Schule herangetragen,2 die vor ___________ 1

Das Innenministerium hat dem „Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien“ stattgegeben und die Eintragungswoche auf 15. bis 22. April 2013 festgelegt. Vgl. unter: http://www.kirchen-privilegien.at/ (20.2.2013); zur Entkräftung siehe bereits Gerhard Luf, Religionsunterricht – ein Privileg der Kirchen?, in: Peter Leisching / Franz Pototschnig / Richard Potz (Hrsg.), Ex Aequo et Bono. Willibald M. Plöchl zum 70. Geburtstag, Innsbruck 1977, S. 457-471; Brigitte Schinkele, Religionsunterricht – ein Privileg der Kirchen und Religionsgesellschaften?, in: Alfred Rinnerthaler (Hrsg.), Historische und rechtliche Aspekte des Religionsunterrichts (Wissenschaft und Religion. Veröffentlichungen des Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften Salzburg, Bd. 8), Frankfurt am Main u. a. 2004, S. 191-208. 2 Vgl. die Jugendwertestudie 2006/2007 in Österreich: Christian Friesl / Ingrid Kromer / Regina Polak (Hrsg.), Lieben – Leisten – Hoffen. Die Wertewelt junger Menschen in Österreich, Wien 2008; dazu Paul Michael Zulehner, „Religion und Ethik in der Schule einer pluralistischen Gesellschaft“ (im Rahmen der Parlamentarischen Enquete, 4. Mai 2011), in: öarr 58 (2011), S. 71-76; siehe auch unter: http://ktf.univie.ac.at/site/pt/ forschung/abgeschlosseneprojekte/article/2741.html (21.2.2013); ferner auch Marc Calmbach / Peter Martin Thomas / Inga Borchard / Bodo Flaig, Wie ticken Jugend-

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allem durch Religions- bzw. Ethikunterricht erfolgen soll. Bevor auf die derzeit aktuellen Fragen eingegangen wird, sollen zum besseren Verständnis und als Hintergrundinformation sowohl die geschichtliche Entwicklung des schulischen Religionsunterrichts in Österreich als auch dessen rechtliche Grundlagen kurz dargestellt werden.

I. Zur geschichtlichen Entwicklung des schulischen Religionsunterrichts in Österreich Das österreichische Schulwesen geht, wie das gesamte europäische Schulwesen, auf die Kloster-, Pfarr- und Domschulen des Mittelalters zurück3 und war daher bis in die Neuzeit „mit der Kirche aufs engste verbunden“.4 Ein eigenes Schulfach Religion gab es nicht. Vielmehr war der gesamte Unterricht religiös geprägt. Erst im Anschluss an die Reformation und die Ausbreitung des Protestantismus entstand Religionsunterricht als eigenes Schulfach. Im katholischen Bereich wurde „die Verankerung und Ausgestaltung des Religionsunterrichtes […] maßgeblich durch die Ausführung der Konzilsbeschlüsse von Trient (1545-1563) gesteuert: Der Religionsunterricht wurde als neues selbständiges Lehrfach definiert – kirchliches Schulrecht bestimmte Ausmaß und Inhalt der religiösen Unterweisung“.5 Näherhin wurde im Zusammenhang mit der sogenannten „Deutschen Schule“, die die Salzburger Fastensynode (14. bis 28. März 1569) forderte, „erstmals der eigentliche Religionsunterricht (‚katholische Glaubenslehre‘) zur Pflicht gemacht“.6 Auch an den Gymnasien der Jesuiten wurde der Katechismus in einem eigenen Fach gelehrt.7 ___________ liche. Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren, Düsseldorf 2012 (Sinus-Jugendstudie 2012). 3 Vgl. zum Folgenden Wilhelm Rees, Religionsunterricht in österreichischen Schulen. Rechtliche Grundlagen und aktuelle Anfragen, in: Heinrich de Wall / Michael Germann (Hrsg.), Bürgerliche Freiheit und Christliche Verantwortung. Festschrift für Christoph Link zum 70. Geburtstag, Tübingen 2003, S. 387-407, bes. S. 391-395; ferner Alfred Rinnerthaler, Der Religionsunterricht als Relikt des Schulmonopols der katholischen Kirche, in: Franz Pototschnig / ders. (Hrsg.), Im Dienst von Kirche und Staat. In memoriam Carl Holböck (Kirche und Recht 17), Wien 1985, S. 39-103, sowie die entsprechenden Beiträge in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1); zu Deutschland siehe Wilhelm Rees, Der Religionsunterricht und die katechetische Unterweisung in der kirchlichen und staatlichen Rechtsordnung, Regensburg 1986, S. 53-64. 4 Hugo Schwendenwein, Das österreichische Katechetenrecht. Religionsunterricht in der österreichischen Schule. Eine Handreichung für Religionslehrerinnen und -lehrer (Kirchenrecht im Taschenbuch, Bd. 2), Wien / Berlin 2009, S. 13. 5 Peter Putzer, Der Religionsunterricht in den letzten Jahrzehnten der Monarchie und in der Ersten Republik, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 61-74, hier S. 62 f. 6 So Gerhard B. Winkler, Nachtridentinische Schulreform. Religiöse Unterweisung nach den Salzburger Synoden (1569, 1573, 1576), in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1),

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Lag die Verantwortung für das Schulwesen bis in das 18. Jahrhundert fast ausschließlich in den Händen der katholischen Kirche, so wandelte sich die Schule durch die Reformen unter Maria Theresia (1740-1780) und Joseph II. (1780-1790) von einer kirchlichen zu einer staatlichen Einrichtung.8 Die von Johann Ignaz von Felbiger (1724-1788) im Jahr 1774 verfasste „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen Kayserlichen Königlichen Erbländern“ verankerte die religiöse Unterweisung als eigenes Fach im Lehrplan dieser Schulen. Die Erteilung von Religionsunterricht, der als Pflichtfach 7 Wochenstunden umfasste, lag ausschließlich in den Händen von Geistlichen.9 In Folge des Toleranzedikts Josephs II. vom 13. Oktober 1781 wurden nicht nur akatholische Schulen zugelassen, sondern die bisherigen (katholisch-)konfessionellen Schulen in Simultanschulen umgewandelt, d. h. in Schulen, in denen Kinder verschiedener religiöser Bekenntnisse gemeinsam unterrichtet wurden und nur der Religionsunterricht konfessionell erteilt wurde.10 Unter Kaiser Franz II. (I.) (1788-1790) konnte die römisch-katholische Kirche erneut großen Einfluss auf das Schulwesen gewinnen.11 War Religionsunterricht als eigenes Fach an den Gymnasien der Jesuiten bereits üblich, so fand, wie Gerhard Huber bemerkt, ein eigenständiges Fach „Religion“ allgemein erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts „Eingang in die Lehrpläne der Gymnasien“.12 ___________ S. 25-39, hier S. 33. Siehe auch ebd., S. 31: In der Deutschen Schule „konnten Kinder aus der Stadtbevölkerung – darunter auch unbemittelte – neben dem wöchentlich zweimal unterrichteten ‚klainen Catechismum D. Petri Canisij‘ Lesen, Schreiben und Rechnen lernen“. 7 Zu den protestantischen Schulen des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts in den Habsburgischen Landen, vor allem in den Ländern Ober- und Niederösterreich, Steiermark und Kärnten siehe Gustav Reingrabner, Evangelischer Religionsunterricht in Österreich – eine Skizze. Der Erinnerung an meine Religionslehrer, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 133-188, hier S. 136-143. 8 Vgl. Gerald Grimm, Die Schulreform Maria Theresias 1747-1775. Das österreichische Gymnasium zwischen Standesschule und allgemeinbildender Lehranstalt im Spannungsfeld von Ordensschulwesen, theresianischem Reformabsolutismus und Aufklärungspädagogik (Aspekte pädagogischer Innovation, Bd. 10), Frankfurt am Main / Bern / New York / Paris 1987. 9 Vgl. Inge Gampl, Staat – Kirche – Individuum in der Rechtsgeschichte Österreichs zwischen Reformation und Revolution (Wiener Religionsgeschichtliche Arbeiten, Bd. 15), Wien / Köln / Graz 1984, S. 37. 10 Vgl. Rinnerthaler, Religionsunterricht (Fn. 3), S. 70 f. Daneben blieben an den Schulen auch weiterhin die so genannten religiösen Übungen, d. h. Gebet, Beichte und Eucharistie, verankert. 11 Vgl. Peter Leisching, Die römisch-katholische Kirche in Cisleithanien, in: Adam Wandruszka / Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848-1918, Bd. 4: Die Konfessionen, Wien 1985, S. 1-247, hier S. 172-174. 12 So Gerhard Huber, Der Religionslehrer im Spannungsfeld zwischen kirchlichem und staatlichem Recht (Linzer Kanonistische Beiträge, Bd. 3), Linz 1995, S. 23.

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Die liberalen Kräfte des Jahres 1848 drängten auf eine Befreiung der Schule von der Vorherrschaft und Dominanz der Kirche. Jedoch stärkte die Vereinbarung zwischen seiner Heiligkeit Papst Pius IX. und Seiner kaiserlich-königlichen Apostolischen Majestät Franz Joseph I., Kaiser von Österreich, vom 18. August 1855 (Konkordat) erneut die einflussreiche Stellung der Kirche im Unterrichtswesen (vgl. Art. 5-8).13 Das Konkordat verankerte die bereits auf der Wiener Bischofsversammlung von 1849 geforderten Rechte,14 die durch die Kaiserlichen Verordnungen vom 18. und 23. April 1850 (RGBl. 1850/156 und 1850/157) der katholischen Kirche zugestanden worden waren. Letztere führte vor allem die Missio canonica für Religionslehrer ein.15 Seit dem Abschluss des Konkordats im Jahre 1855 strebte vor allem die Liberale Partei in Österreich dessen Nichtigerklärung sowie eine Reform des Volksschulwesens (Konkordatsschule) an.16 Näherhin stellte Art. 17 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder (RGBl. 1867/142; StGG), das Ergebnis der neuen politischen Verhältnisse in Österreich war und noch heute in Geltung ist, zwar die Errichtung von Schulen frei. Er legte jedoch die staatliche Schulaufsicht fest und überließ den Kirchen und Religionsgemeinschaften nur noch die Besorgung des Religionsunterrichts.17 Im Einzelnen bestimmte das Gesetz vom 25. Mai 1868, wodurch grundsätzliche Bestimmungen über das Verhältnis der Schule zur Kirche erlassen werden (RGBl. 1868/48), das so ge___________ 13 Vgl. dazu im Einzelnen Josef Kremsmair, Der Religionsunterricht vom Revolutionsjahr 1848 bis zum Konkordat von 1855, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 41-59; siehe bereits Bruno Primetshofer / Josef Kremsmair, Die gesetzliche Entwicklung der Beziehungen von Kirche und Staat, in: Herbert Schambeck (Hrsg.), Parlamentarismus und öffentliches Recht in Österreich. Entwicklung und Gegenwartsprobleme, 1. Teilband, Berlin 1993, S. 397-471; abgedr. in: Josef Kremsmair / Helmuth Pree (Hrsg.), Ars boni et aequi. Gesammelte Schriften von Bruno Primetshofer (Kanonistische Studien und Texte, Bd. 44), Berlin 1997, S. 69-148, bes. S. 70-78; Erika Weinzierl-Fischer, Die Österreichischen Konkordate von 1855 und 1933 (Österreich-Archiv. Schriften des Arbeitskreises für Österreichische Geschichte), Wien 1960, S. 60-122; Text, ebd., S. 250258, hier S. 251 f. 14 Vgl. Leisching, Kirche (Fn. 11), S. 22-25; Weinzierl-Fischer, Konkordate (Fn. 13), S. 42 f. 15 Für Deutschland ist eine ähnliche historische Entwicklung festzustellen. Vgl. Heinrich Mussinghoff / Hermann Kahler, Kommentar zu c. 805, in: MK CIC, c. 805, Rdnr. 3 (Stand November 2000); Heike Künzel, Die „Missio Canonica“ für Religionslehrerinnen und Religionslehrer. Kirchliche Bevollmächtigung zum Religionsunterricht an staatlichen Schulen (MK CIC, Beiheft 39), Essen 2004. 16 Vgl. Rinnerthaler, Religionsunterricht (Fn. 3), S. 89-102; Primetshofer / Kremsmair, Entwicklung (Fn. 13), S. 78-85; Bernhard Klein, Privatschulen im kanonistischen Kontext – eine staatskirchenrechtliche Bestandsaufnahme (Linzer Kanonistische Beiträge, Bd. 7), Linz 1996, S. 81-95. 17 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10000006 (21.2.2013).

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nannte Schule-Kirche-Gesetz, dass „die Besorgung, Leitung und unmittelbare Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes und der Religionsübungen für die verschiedenen Glaubensgenossen in den Volks- und Mittelschulen der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft überlassen“ bleiben (§ 2 Abs. 1). „Der Unterricht in den übrigen Lehrgegenständen in diesen Schulen ist unabhängig von dem Einfluß jeder Kirche oder Religionsgenossenschaft“ (§ 2 Abs. 2).18 Den Schlusspunkt der liberalen und kirchenfeindlichen Schulgesetzgebung setzte das Gesetz vom 14. Mai 1869, durch welches die Grundsätze des Unterrichtswesens bezüglich der Volksschulen festgestellt werden (RGBl. 1869/62), das so genannte Reichsvolksschulgesetz.19 In der Frage, ob den Kirchen und Religionsgemeinschaften eine Entschädigung für die Erteilung des Religionsunterrichts zu leisten sei, brachte das Gesetz vom 20. Juni 1872 (RGBl. 1872/86) dahingehend eine Lösung, dass diese den Religionsunterricht unentgeltlich zu erteilen hätten (§ 1). Nur für den Fall, dass dieser Unterricht von einem weltlichen Lehrer erteilt werde, war eine angemessene Remunerierung zu leisten (§ 3). Mit kaiserlichem Handschreiben vom 30. Juli 1870 wurde das Konkordat aufgekündigt und im Gesetz vom 7. Mai 1874 (RGBl. 1874/50) für offiziell aufgehoben erklärt.20 Bereits in den 1920er Jahren erwogen die österreichischen Bischöfe den Abschluss eines Konkordats mit dem Heiligen Stuhl,21 das jedoch erst im Jahr 1933 zu Stande kam. Das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich samt Zusatzprotokoll vom 5. Juni 1933, das am 1. Mai 1934 in Kraft getreten ist (BGBl. II 1934/2),22 legte neben dem Recht der ___________ 18 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009170&ShowPrintPreview=True (21.2.2013); zur kirchlichen Reaktion vgl. Pius IX., Allocutio habita in Consistorio secreto vom 22. Juni 1868, in: ASS 4 (1868), S. 10-13, bes. S. 12; siehe insgesamt auch Putzer, Religionsunterricht (Fn. 5). 19 Text unter: http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?apm=0&aid=rgb&datum=18690 004&zoom=2&seite=00000277&x=14&y=5. (21.2.2013). 20 Zur verfassungsrechtlichen Problematik dieser Vorgangsweise vgl. Leisching, Kirche (Fn. 11), S. 55 f. 21 Vgl. Josef Kemsmair, Der Weg zum österreichischen Konkordat von 1933/34 (Dissertationen der Universität Salzburg 12), Wien 1980, bes. S. 92-124; ders., Geschichte des österreichischen Konkordates 1933/34 von den Anfängen bis zur Unterzeichnung, in: Hans Paarhammer / Franz Pototschnig / Alfred Rinnerthaler (Hrsg.), 60 Jahre Österreichisches Konkordat (Veröffentlichungen des Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften Salzburg, Neue Folge Bd. 56), München 1994, S. 77-118; Erika Weinzierl, Das Österreichische Konkordat von 1933. Von der Unterzeichnung bis zur Ratifikation, ebd., S. 119-134; siehe auch Alfred Rinnerthaler, Der Religionsunterricht im Spiegel von Konfessionalisierung und Entkonfessionalisierung der Schule im Stände- und NS-Staat, in: ders., Aspekte (Fn. 1) S. 75-101. 22 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009196 (21.2.2013).

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Kirche auf Erteilung von Religionsunterricht an allen niederen und mittleren Schulen, der Verbindlichkeit des Religionsunterrichts und der religiösen Übungen für die katholischen Schüler(innen) und dem Recht zur unmittelbaren Beaufsichtigung und Leitung des Religionsunterrichts durch die Kirche fest, dass zu Religionslehrern nur solche Personen bestellt werden dürfen, welche die Kirchenbehörde als hierzu befähigt erklärt hatte, und dass die Erteilung des Religionsunterrichts an den Besitz der Missio canonica gebunden ist (vgl. Art. VI § 1 ÖK). Der Religionsunterricht war bis zum Jahr 1938 Pflichtgegenstand in den österreichischen Schulen. Nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit Österreichs am 13. März 1938 und der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde zunächst die Abmeldung vom Religionsunterricht freigestellt, schließlich das Fach zum Freigegenstand mit Anmeldemöglichkeit abgestuft. Das Erfordernis der Missio canonica für die Erteilung von Religionsunterricht wurde beseitigt.23 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai 1945 erfolgte die Aufhebung aller schulrechtlichen Vorschriften aus der nationalsozialistischen Zeit.24 Für die Kirche stellte sich vor allem die Frage nach der Weitergeltung des Konkordats von 1933/34 und der darin enthaltenen Bestimmungen bezüglich Schule und Religionsunterricht.25 Eine Neuregelung des Religionsunterrichts erfolgte mit dem Bundesgesetz vom 13. Juli 1949, betreffend den Religionsunterricht in der Schule (Religionsunterrichtsgesetz) (BGBl. 1949/ 190; RelUG),26 dem ersten Schulgesetz der Zweiten Republik. Schließlich erfuhren die Bestimmungen des Art. VI des Konkordats von 1933/34, dessen Weitergeltung bestätigt wurde, im Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen samt Schlussprotokoll vom 9. Juli 1962 (BGBl. 1962/273) eine Neuordnung.27 Der Religionsunterricht ist im Zusammenhang des Religionsrechts und damit des darin festgelegten Verhältnisses von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften zu sehen. Dieses Verhältnis ist heute in der Republik Öster___________ 23 Vgl. im Einzelnen Rinnerthaler, NS-Staat (Fn. 21), S. 88-101; ders., Der Konfessionsunterricht im Reichsgau Salzburg, Salzburg 1991. 24 Vgl. Hans Paarhammer, Die Restauration der religiösen Erziehung von 19451962 (Schulvertrag), in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 103-131. 25 Vgl. Dorothea Mayer-Maly, Zur Frage der Gültigkeit des Konkordates vom 5. Juni 1933, in: Paarhammer / Pototschnig / Rinnerthaler, 60 Jahre (Fn. 21), S. 231-244. 26 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009217&ShowPrintPreview=True (21.2.2013); ferner unter: http://www.uibk.ac.at/praktheol/ru-recht/gesetze/staat/relug.html (21.2.2013). 27 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009263 (21.2.2013); dazu Hugo Schwendenwein, Kirche und Schule im österreichischen Konkordat und im Schulvertrag, in: Paarhammer / Pototschnig / Rinnerthaler, 60 Jahre (Fn. 21), S. 505-528.

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reich sowohl durch institutionelle Trennung als auch durch Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften „im Sinn eines Konkordanzsystems“ bestimmt.28 Die rechtliche Ordnung dieser Beziehungen beruht, wie Brigitte Schinkele bemerkt, „auf dem umfassenden Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und den daraus resultierenden Verfassungsprinzipien der religiösen Neutralität, der Parität und der Toleranz“.29 In Österreich besteht keine Staatskirche, d. h. der Staat verhält sich gegenüber Religionen und Weltanschauungen neutral. Neutralität ist jedoch nicht in einem laizistischen Sinn30 zu verstehen. Vielmehr akzeptiert und unterstützt der Staat das Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Öffentlichkeit.31 Der österreichische Staat weist somit „im Sinn seines pluralistisch-freiheitlichen Selbstverständnisses unter Berufung auf Säkularität das gesellschaftliche Wirken der Kirchen nicht zurück“, sondern nimmt Religion in die gesellschaftliche Öffentlichkeit herein.32 Näherhin fällt das österreichische Staat-KircheSystem in jene Gruppe von Staaten innerhalb der Europäischen Union, die sich – bei grundsätzlicher Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften – dem religiösen Bereich nicht verschließt, sondern offen für Kooperation mit Kirchen und Religionsgemeinschaften ist, während andere Systeme von einer strikten, ja

___________ 28 Brigitte Schinkele, Art. Kirche und Staat: Österreich, in: LKStKR, Bd. 2 (2002), S. 438-440, hier S. 438; siehe auch Wilhelm Rees, Grundlagen und neuere Entwicklungen in der Verhältnisbeziehung von Staat und Religionsgemeinschaften in der Republik Österreich, in: Franz Matscher / Peter Pernthaler / Andreas Raiffeiner (Hrsg.), Ein Leben für Recht und Gerechtigkeit. Festschrift für Hans R. Klecatsky zum 90. Geburtstag, Wien / Graz 2010, S. 585-611, bes. S. 588-592; zu den Erwartungen der Kirche siehe ebd., S. 586-588. 29 Schinkele, Österreich (Fn. 28), S. 438; vgl. auch Wilhelm Rees, „Den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit“ – und den Menschen von heute? Schulkreuze, religiöse Übungen und Schulgebet in Geschichte und Gegenwart, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 259-295, bes. S. 282-292; Karl W. Schwarz, Das Verhältnis von Staat und Kirche in Österreich, in: ZevKR 52 (2007), S. 464-494. 30 Vgl. Wilhelm Rees, Religionsfreiheit und religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates in der Republik Frankreich und in der Republik Österreich, in: Marie-Luisa Frick / Pascal Mbongo / Florian Schallhart (Hrsg.), PluralismusKonflikte – Le pluralisme en conflicts. Österreichisch-Französische Begegnungen (Austria: Forschung und Wissenschaft – Philosophie, Bd. 13), Wien / Berlin 2010, S. 189-220, hier S. 202-205; siehe auch Burkhard Josef Berkmann, Vom Pluralismus zum Laizismus? Die zweifach negative Religionsfreiheit in der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in: öarr 59 (2012), S. 98-134, bes. S. 103-106, 108-111 und 118-123. 31 Grundlegend Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003. 32 Vgl. Schinkele, Österreich (Fn. 28), S. 438.

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kirchenfeindlichen Trennung oder einer, wenngleich zurückgehenden sehr engen Verbindung in Form des Staatskirchentums geprägt sind.33 Ein Blick auf die Religionszugehörigkeit der Bürger(innen) in der Republik Österreich ergibt, dass sich nach der jüngsten Volkszählung vom 15. Mai 2001 von ca. 8 Millionen Gesamtbevölkerung (8.032.926) ca. 5,9 Millionen zur Römisch-Katholischen Kirche (5.915.421), 376.150 zur Evangelischen Kirche AB und HB und 338.988 Menschen zum Islam (vgl. 1971: 22.267) bekennen, wobei letztere Zahl im Steigen ist. 963.263 Menschen sind ohne Religionsbekenntnis, 160.662 machen keine Angabe. Die verbleibende Zahl der Bürger(innen) gehört verschiedenen kleinen Kirchen und Religionsgemeinschaften an.34 Auf Grund dieser Gegebenheiten kennzeichnen religiöse Pluralisierung, aber auch Säkularisierung die gegenwärtige Situation in den österreichischen Schulen.

II. Der Religionsunterricht in Österreich 1. Verfassungsrechtliche und einfach gesetzliche Grundlagen Der schulische Religionsunterricht ist auf der Ebene der Österreichischen Bundesverfassung im Sinn einer institutionellen Garantie verankert. Gemäß Art. 17 Abs. 4 StGG ist für diesen Unterricht „von der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen“. Dem Staat steht „das Recht der obersten Leitung und Aufsicht“ des gesamten Unterrichtswesens zu (Art. 17 Abs. 5 StGG).35 Wenngleich Art. 17 StGG „als aus den grundrechtlichen Verbürgungen herleitbare institutionelle Garantie anzusehen“ ist, müsse heute, wie Brigitte Schinkele betont, „die systematische Begründung des Religionsunterrichts in erster Linie über die Religionsfreiheit und das Elternrecht in Zusammenhang ___________ 33 Siehe hierzu Wilhelm Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder (Austria: Forschung und Wissenschaft: Theologie, Bd. 2), Wien / Berlin 2007; Martin Jäggle / Martin Rothgangel / Thomas Schlag (Hrsg.), Religiöse Bildung an Schulen in Europa. Teil 1: Mitteleuropa, unter Mitarbeit von Philipp Klutz und Mónika Solymár (Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft, Bd. 5,1), Göttingen 2013. 34 Vgl. Bevölkerung 2001 nach ausgewählten Merkmalen und Bundesländern, in: Statistik Austria (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch Österreichs 2013, Wien 2012, S. 56-59, hier S. 57; zur evangelischen Kirche in Österreich vgl. Karl W. Schwarz, Zur Rechtsgeschichte des österreichischen Protestantismus, in: ZRG Kan.Abt. 95 (2009), S. 554-575. 35 Zu den gesetzlichen Vorgaben siehe Herbert Kalb, Verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Verankerung des Religionsunterrichts, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 209-239, bes. S. 213-222; Katharina Pabel, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts in Österreich, in: öarr 59 (2012), S. 64-86.

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mit den allgemeinen schulischen Erziehungszwecken und nicht so sehr von einer Rechtsposition der Religionsgemeinschaften her erfolgen“.36 Die österreichische Schule hat gemäß dem im Jahr 2005 neu eingefügten Art. 14 Abs. 5a B-VG (BGBl. 2005/31) „im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schülern, Eltern und Lehrern […] Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Genrationen zu übernehmen“.37 Bereits § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juli 1962 über die Schulorganisation (Schulorganisationsgesetz – SchOG 1962; BGBl. 1962/242) verpflichtet die Schule, „an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten […] mitzuwirken“.38 Insbesondere bietet die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die in Österreich am 3. September 1958 als Verfassungsgesetz in Kraft getreten ist, einen umfassenden Schutz der Religionsfreiheit, der bisher durch die einzelnen Grundrechtsgarantien des Staatsgrundgesetzes und des Staatsvertrags von St. Germain gekennzeichnet war. Art. 9 EMRK schützt zunächst die Religionsfreiheit der einzelnen Person, gewährt diese aber auch den Kirchen und Religionsgemeinschaften als korporatives Grundrecht.39 Näherhin hat der Staat gemäß Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK vom 20. März 1952, das gleichfalls Bestandteil des österreichischen Bundesverfassungsrechts ist, „bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen“.40 Grundrechtliche Gewährleistungen, nämlich Religionsfreiheit, Eltern___________ 36 Brigitte Schinkele, Staatskirchenrechtliche Überlegungen zur aktuellen Diskussion um Religions- und Ethikunterricht, in: ÖAKR 42 (1993), S. 220-255 (Helmut Schnizer zum 65. Geburtstag, hrsg. von Herbert Kalb und Richard Potz), hier S. 233 f. m.w.N.; zum subjektiven Recht auf Religionsunterricht siehe Uta Hildebrandt, Das Grundrecht auf Religionsunterricht. Eine Untersuchung zum subjektiven Rechtsgehalt des Art. 7 Abs. 3 GG (JusEccl 63), Tübingen 2000. 37 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10000138 (21.2.2013). 38 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009265 (21.2.2013). 39 Vgl. Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 31), S. 42-86. 40 Text unter: http://www.emrk.at/emrk.htm (21.2.2013); siehe auch Nikolaus Blum, Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Staatskirchenrechtliche Abhandlungen, Bd. 19), Berlin 1990, S. 137-147; vgl. auch Art. 14 Abs. 3 Charta der Grundrechte der Europäischen Union: http://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf (21.2.2013).

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recht und der staatliche Erziehungsauftrag fordern somit, „daß die religiöse Dimension im gesamtschulischen Bildungsauftrag zu berücksichtigen ist“41 und nicht ausgeklammert werden darf. Wie Peter Krömer bemerkt, ist im Blick auf Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK „die mangelnde Möglichkeit eines Religionsunterrichts für Schüler von religiösen Bekenntnisgemeinschaften und Religionsgemeinschaften in der Rechtsform eines Vereins verfassungsrechtlich problematisch, vor allem im Hinblick auf das in Art. 14 EMRK verankerte Diskriminierungsverbot aber auch den allgemeinen Gleichheitssatz, wenngleich der EGMR eine Verpflichtung des Staates zur Erteilung von Religionsunterricht verneint“.42 Das österreichische Verfassungsrecht geht davon aus, dass der Religionsunterricht als konfessioneller Unterricht erteilt wird. Den rechtlichen Bestimmungen zum Religionsunterricht kommt ein großes Gewicht, aber auch eine große Festigkeit zu, da gemäß Art. 14 Abs. 10, S. 1 B-VG in den „Angelegenheiten […] des Verhältnisses von Schule und Kirchen (Religionsgesellschaften) einschließlich des Religionsunterrichtes in der Schule […] Bundesgesetze vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden“ und damit auch nur unter diesen Voraussetzungen geändert werden können.43 Die nähere rechtliche Ausgestaltung des Religionsunterrichts erfolgt auf einfachgesetzlicher Ebene durch das RelUG, das generell für den schulischen Religionsunterricht aller gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften gilt.44 Es trägt durch „die Rücksichtnahme auf Minderheiten […] der multireligiösen Entwicklung in der Gesellschaft Rechnung“.45 Darüber hinaus garantiert Art. I § 1 SchulV den katholischen Religionsunterricht.46 ___________ 41 Herbert Kalb / Richard Potz, Zur Konzeption des Verhältnisses von Staat und Kirche im weltanschaulich neutralen Verfassungsstaat, in: Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz (Hrsg.), Kirche in der Gesellschaft. Wege in das 3. Jahrtausend, Wien 1997, S. 69-96, hier S. 82. 42 Peter Krömer, Zur Problematik unterschiedlicher Rechtsvorschriften für Religionsgemeinschaften, in: öarr 57 (2010), S. 198-221, hier S. 216, unter Hinweis auf EMGR 15. 6. 2010, 7710/02 (Grzelak gegen Polen): http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20100615_AUSL000_000BSW07710_0200000 _000 (21.2.2013); dazu unten II. 3. 43 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10000138 (21.2.2013). Diese Mehrheit war für das IsraelitenG 2012 erforderlich. Vgl. hierzu unten II. 3. 44 Vgl. u. a. Orthodoxer Religionsunterricht in Österreich: http://www.orthodoxe kirche.at/index.php?option=com_content&view=article&id=54&Itemid=62 (21.2.2013). 45 Vor 60 Jahren wurde Religionsunterrichtsgesetz beschlossen. Schulamtsleiterin Mann: „Gesetz hat große Bedeutung für alle gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften“ – In Österreich besuchen 95 Prozent aller katholischer Schüler den

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Den staatlichen Regelungen zum Religionsunterricht liegen die kirchlichen Bestimmungen zugrunde, wie sie im Kirchlichen Gesetzbuch von 1983, d. h. im Codex Iuris Canonici (CIC/1983), im Codex Canonum Ecclesiarium Orientalium (CCEO) und in anderen kirchlichen Normen zum Ausdruck kommen.47

2. Veranstalter des Religionsunterrichts Während in der Bundesrepublik Deutschland Art. 7 Abs. 3 GG den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen garantiert und das Grundgesetz den Religionsunterricht als „staatliche Lehrveranstaltung“ ausweist,48 ist in der Republik Österreich für den Religionsunterricht in den Schulen „von der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen“ (Art. 17 Abs. 4 StGG). Somit sind die Religionsgemeinschaften „Veranstalter des Religionsunterrichts“ und nicht der Staat.49 Diese Regelung des StGG stellte, wie Brigitte Schinkele zu Recht bemerkt „einen Kompromiß in der damaligen historischen Situation dar, in der es darum ging, die kirchliche Schulhoheit der katholischen Kirche zu brechen und ein interkonfessionell geprägtes Schulsystem zu schaffen“.50 Lehrinhalte und Methode des Religionsunterrichts sowie die Auswahl der Religionslehrer(innen) werden den inneren Angelegenheiten des Art. 15 StGG zugerechnet, während schulorganisatorische und schuldisziplinäre Dinge sowie Dienstrechtsfragen der staatlich angestellten Lehrer(innen) als äußere, d. h. als staatliche Angelegenheit zu betrachten sind.51 Dadurch, dass der Staat für den Inhalt des schulischen Religionsunterrichts keine Zuständigkeit für sich in Anspruch nimmt, wahrt er seine religiös-weltanschauliche Neutralität. ___________ katholischen Religionsunterricht, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 160, 13. Juli 2009, S. 3 f., hier S. 3. 46 Wenngleich RelUG und SchulV nicht im Rang von Verfassungsgesetzen stehen, kommt ihnen eine besondere Festigkeit zu, da Änderungen eine qualifizierte Mehrheit im Nationalrat erfordern. Vgl. Art. 14 Abs. 10, S. 1 B-VG. 47 Zu den kirchenrechtlichen Bestimmungen vor allem Rees, Rechtsordnung (Fn. 3), S. 188-193; ders., Der Religionsunterricht, in: HdbKathKR2, S. 734-749, bes. S. 735737; Thomas Meckel, Religionsunterricht im Recht. Perspektiven des katholischen Kirchenrechts und des deutschen Staatskirchenrechts (KStKR, Bd. 14), Paderborn / München / Wien / Zürich 2011, S. 105-149. 48 Vgl. Christoph Link, Religionsunterricht, in: HdbStKirchR2, Bd. 2, S. 439-509, hier S. 459. 49 Vgl. Richard Potz, Staat und Kirche in Österreich, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), Staat und Kirche in der Europäischen Union, Baden-Baden 1995, S. 251-280, hier S. 266; Schwendenwein, Katechetenrecht (Fn. 4), S. 27 f. 50 Schinkele, Überlegungen (Fn. 36), S. 233; siehe auch oben I. 51 Vgl. Hugo Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht (MK CIC, Beiheft 6), Essen 1992, S. 392 f.

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3. Berechtigte Kirchen und Religionsgemeinschaften Das Recht zur Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen (bzw. auch die Pflicht) haben die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften (vgl. Art. 15 StGG), zu denen derzeit 14 Kirchen und Religionsgemeinschaften zählen.52 Richard Potz verweist darauf, dass die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Stellung einer Kirche oder Religionsgemeinschaft „heute weniger in der positiv-rechtlichen Zuerkennung bestimmter Befugnisse (liegt), sondern vor allem in der darin zum Ausdruck kommenden Anerkennung des öffentlichen Wirkens der Religionsgemeinschaften durch den Staat sowie in der Klarstellung, den religiös-weltanschaulichen Bereich nicht in das Private abdrängen zu wollen“.53 Neben den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften gibt es in Österreich so genannte staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften,54 denen jedoch wesentliche Bereiche der korporativen Religionsfreiheit, wie z. B. die Erteilung von Religionsunterricht in der Schule, nicht zustehen.55 Auch ___________ 52 Hierzu zählen (durch ein spezielles Gesetz) Katholische Kirche (in ihren verschiedenen Riten), Evangelische Kirche A. und H. B., Griechisch-orientalische Kirche in Österreich (mit ihren verschiedenen Bekenntnissen), Israelitische Religionsgesellschaft, Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich; auf Grund des Gesetzes vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. 1874/68: Altkatholische Kirche Österreichs, Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich (EmK), Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) in Österreich, Armenisch-apostolische Kirche in Österreich, Neuapostolische Kirche in Österreich, Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft, Syrisch-Orthodoxe Kirche in Österreich, Jehovas Zeugen in Österreich. Siehe unter: http://www.bmukk.gv.at/ministerium/kultusamt/ges_anerk_krg.xml (21.2. 2013); ferner http://www.uibk.ac.at/praktheol/ru-recht/texte/originaltexte/religionsgesell schaften.html (21.2.2013); Text AnerkennungsG: http://www.ris.bka.gv.at/Geltende Fassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009173 (21.2.2013). 53 Richard Potz, Zur öffentlich-rechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften, in: ders. / Reinhard Kohlhofer (Hrsg.), Die „Anerkennung“ von Religionsgemeinschaften (Schriftenreihe Colloquium, Bd. 6), Wien 2002, S. 25-37, hier S. 31; ferner Karl Schwarz, Überlegungen zum rechtlichen Status der Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich, in: de Wall / Germann, FS Link 70 (Fn. 3), S. 445-463. 54 Hierzu zählen: Bah‘ i Religionsgemeinschaft Österreich, Bund der Baptistengemeinden in Österreich, Bund evangelikaler Gemeinden in Österreich, Die Christengemeinschaft – Bewegung für religiöse Erneuerung – in Österreich, ELAIA Christengemeinde (ECG), Freie Christengemeinde / Pfingstgemeinde, Hinduistische Religionsgesellschaft in Österreich, Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ), Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Mennonitische Freikirche Österreich, Pfingstkirche Gemeinde Gottes in Österreich. Siehe unter: http://www.bmukk.gv.at/ ministerium/kultusamt/eingetr_rel_bekg.xml (21.2.2013). 55 Vgl. Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I 1998/19; Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung. wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010098 (21.2.2013); dazu Hugo Schwendenwein, Das neue österreichische Gesetz über die religiösen Bekenntnisgemein-

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haben als Verein eingetragene Religionsgemeinschaften, d. h. die drittmögliche Form neben anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften, keinen Anspruch auf Erteilung von Religionsunterricht in der Schule. Nicht unumstritten war die Anerkennung der Zeugen Jehovas als (14.) anerkannte Kirche bzw. Religionsgemeinschaft, die am 7. Mai 2009 erfolgt ist (BGBl. II 2009/139).56 Näherhin hatte das Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur als das zuständige Ministerium bestätigt, dass die Kriterien für die Anerkennung, u. a. das Bestehen der Gemeinschaft seit mindestens 20 Jahren, davon 10 als Bekenntnisgemeinschaft, die geforderte Zahl von mindestens 16.000 Mitglieder, eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Staat und der Gesellschaft und die Verwendung von Geldmitteln ausschließlich für religiöse und caritative Zwecke, von den Zeugen Jehovas erfüllt werden.57 Bereits seit dem Jahr 1978 hatten die Zeugen Jehovas, die sich Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Städten formierten, in Österreich um Anerkennung gerungen.58 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sah im Urteil vom 31. Juli 2008 zu Gunsten der Zeugen Jehovas die Verweigerung der Rechtspersönlichkeit seitens der Republik Österreich als Verletzung der in Art. 9 EMRK verankerten Religionsfreiheit,59 zudem auch als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK) und das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK).60 Jehovas Zeugen sind zwar, wie der Sprecher ___________ schaften, in: Josef Isensee / Wilhelm Rees / Wolfgang Rüfner (Hrsg.), Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag (Staatskirchenrechtliche Abhandlungen, Bd. 33), Berlin 1999, S. 309-338. 56 Text unter: http://www.jehovas-zeugen.at/fileadmin/user_upload/02-Anerkennung/ Anerkennung-link-file/20090507_BGBLA_2009_II_139.pdf (8.8.2010); vgl. Herbert Kalb, Die Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich. Weitere Entwicklungen, in: AfkKR 177 (2008), S. 524-529, bes. S. 524 f.; siehe auch Rees, Grundlagen (Fn. 28), S. 593 f.; zur Ablehnung der Anerkennung in der Bundesrepublik Deutschland siehe Diana Zacharias, Verfassungsrechtliche Voraussetzungen für die Verleihung der Körperschaftsrechte – Anmerkungen zum „Zeugen Jehovas-Urteil“ des BVerfG, in: Kirche und Recht (KuR) 2001, S. 33-48 = 210, S. 21-36. 57 Jehovas Zeugen in Österreich haben zurzeit ca. 23.000 Mitglieder. Vgl. Verfassung von Jehovas Zeugen in Österreich in der Fassung vom 12. September 2008, in: öarr 56 (2009), S. 321-330; siehe auch Versammlungsordnung von Jehovas Zeugen in Österreich in der Fassung vom 12. September 2008, ebd., S. 331-333. 58 Zu den einzelnen Stationen im Ringen um Anerkennung siehe unter: http://www. jehovas-zeugen.at/Anerkennung.4.0.html (8.8.2010); siehe auch Reinhard Kohlhofer, Jehovas Zeugen in Österreich als Körperschaft des öffentlichen Rechts, in: öarr 56 (2009), S. 319-320. 59 Vgl. Herbert Kalb, Kultusgesetzgebung quo vadis. Die Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich, in: AfkKR 177 (2008), S. 96-130, bes. S. 118-123. 60 Bereits im Jahr 2003 hatte der EGMR der Klage eines „Ältesten“ der Zeugen Jehovas statt gegeben und die Republik Österreich verurteilt, da ihm im Unterschied zu

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der Zeugen Jehovas, Johann Zimmermann, bemerkt, „keine Sekte im klassischen Sinn“. Dennoch seien „einige Punkte“ problematisch. 61 Das mit der Anerkennung u. a. zugesprochene Recht der Erteilung von Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen wollen Jehovas Zeugen vorerst nicht wahrnehmen. Um den Status einer gesetzlichen anerkannten Kirche zu erreichen, beabsichtigen gegenwärtig fünf freikirchliche Bünde, nämlich die Freie Christengemeinde-Pfingstgemeinde-de, der Bund evangelikaler Gemeinden, der Bund der Baptistengemeinde, die Elaia Christengemeinde und die Mennonitische Freikirche, den Zusammenschluss unter dem Titel „Freikirchen in Österreich“, da nur so die notwendigen zwei Promille der österreichischen Gesamtbevölkerung (derzeit ca. 17.000 Personen) als eine der Voraussetzungen für eine gesetzliche Anerkennung erreicht werden können.62 Ausdrücklich ist gemäß § 16 Bundesgesetz vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche (BGBl. 1961/182)63 „die Erteilung des Religionsunterrichtes an evangelische Schüler der öffentlichen und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten privaten Schulen gewährleistet“. Die Bestimmung des § 16 des genannten Gesetzes gilt gemäß § 7 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über äußere Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich (BGBl. 1967/229)64 auch für die griechisch-orientalische Kirche in Österreich. Im Jahr 2012 hat der Gesetzgeber das Gesetz vom 21. März 1890, betreffend die Regelungen der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft (IsraelitenG; RGBl. 1890/ 57), einer Totalrevision unterzogen.65 Näherhin ist in § 9 Abs. 1 IsraelitenG 2012 nicht nur das Recht zur Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen ___________ Seelsorgern einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft keine Befreiung vom Militärdienst gewährt wurde. Siehe auch Herbert Kalb, Die Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich. Weitere Entwicklungen, in: AfkKR 177 (2008), S. 524-529, hier S. 525-527. 61 Siehe im Einzelnen Bernhard Lichtenberger, 14. Kirche in Österreich: Zeugen Jehovas „optimistisch“ (23.3.2009): http://diepresse.com/home/panorama/religion/462 896/print.do (8.8.2010). So wird u. a. auch ein interreligiöser Dialog abgelehnt. Vgl. Wenn Zeugen Jehovas zur Kirche werden (14.4.2009): http://diepresse.com/home/ panorama/religion/469846/index.do?from=suche.intern.portal (8.8.2010). 62 Vgl. „Freikirchen in Österreich“ beantragen gesetzliche Anerkennung. Zusammenschluss der fünf freikirchlichen Bünde soll erforderliche Mitgliederzahl für anerkannte Kirche gewährleisten – Unterstützung von Kardinal Schönborn, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 17, 21. Januar 2013, S. 4 f. 63 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009255 (21.2.2013). 64 Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen &Gesetzesnummer=10009290 (21.2.2013). 65 Dazu ausführlich Barbara Gartner, Israelitengesetz, in diesem Band; Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnum mer=10009176 (21.2.2013).

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Schulen und mit Öffentlichkeitsrechten ausgestatteten Privatschulen verbürgt, vielmehr wird die Israelitische Glaubensgemeinschaft – erstmalig im österreichischen Religionsrecht – zur Erteilung dieses Unterrichts auch verpflichtet,66 sofern mindestens drei Schüler(innen) einer Schule Mitglieder der Religionsgemeinschaft sind.

4. Zahl der Religionsstunden Die Zahl der Religionsstunden wird vom Staat festgesetzt, wobei jedoch den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften vor der Festsetzung und vor jeder Änderung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist (§ 2 Abs. 2, S. 2 RelUG). Für die katholische Kirche wurde in Art. I § 1 Abs. 3 SchulV vereinbart, das „gegenwärtig“ bestehende Stundenausmaß, d. h. jenes des Jahres 1962, nicht herabzusetzen. Eine Neufestsetzung werde nur einvernehmlich zwischen Staat und Kirche erfolgen. Gegenwärtig befürchtet die römisch-katholische Kirche, dass „angesichts der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl von 30 auf 25 Kinder eine Ungleichbehandlung bei der Finanzierung der Wochenstundenanzahl des Religionsunterrichts, die von der Zahl der teilnehmenden Schüler abhängt“, eintrete.67 Im Sinn der Gleichbehandlung wäre mit der Senkung der Klassenschüler(innen)zahl auch die bisherige Mindestzahl von 10 Schüler(innen) für den Religionsunterricht (vgl. § 7a RelUG) herabzusetzen.

5. Pflichtfach mit Abmeldemöglichkeit In Österreich ist der Religionsunterricht an allen öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen für Schüler(innen), die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, Pflichtfach mit der Möglichkeit zur Abmeldung (§ 1 RelUG). 68 Letztere ist auf Grund von Religionsfreiheit gegeben, die näherhin die Glaubens-, Religionsübungs-, Bekenntnis- und Gewissensfreiheit umfasst.69 Schüler(innen), die das 14. Le___________ 66

Kritisch hierzu Gartner, Israelitengesetz (Fn. 65). Vor 60 Jahren (Fn. 45), S. 4; siehe insgesamt Schwendenwein, Katechetenrecht (Fn. 4), S. 67-73. 68 Eine Ausnahme bilden die kaufmännischen und gewerblichen Berufsschulen außerhalb von Tirol und Vorarlberg, an denen Religionsunterricht Freigegenstand ist (§ 1 Abs. 3 RelUG; Art. I § 2 SchulV). Vgl. Schwendenwein, Katechetenrecht (Fn. 4), S. 39-60. 69 Nach Karl-Heinz Auer, Ethikunterricht in Österreich aus rechtlicher Perspektive, in: ders. (Hrsg.), Ethikunterricht. Standortbestimmung und Perspektiven, Innsbruck / 67

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bensjahr noch nicht vollendet haben, können von den Eltern zu Beginn eines jeden Schuljahres von der Teilnahme am Religionsunterricht schriftlich abgemeldet werden. Für Schüler(innen) über 14 Jahre ist eine eigenständige schriftliche Abmeldung möglich (§ 1 Abs. 2 RelUG i. V. m. § 5 RKEG). Allerdings kann eine Abmeldung nur während der ersten fünf (früher zehn) Kalendertage des Schuljahres bei der Schulleitung erfolgen.70 Schüler(innen), die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, können nur den Religionsunterricht der jeweils eigenen Kirche oder Religionsgemeinschaft besuchen. Schüler(innen) ohne Bekenntnis und solchen, die einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft angehören, ist unter besonderen Bedingungen die Teilnahme am Religionsunterricht einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft ermöglicht.71 Eine rein physische Anwesenheit von Schüler(innen) eines anderen Bekenntnisses im katholischen Religionsunterricht ist erlaubt, wenn die Aufsichtspflicht der Schule nicht anders erfüllt werden kann und die Eltern die Aufsicht nicht selbst übernehmen.72

6. Inhaltliche Gestaltung durch Kirchen und Religionsgemeinschaften Da in Österreich die Kirchen und Religionsgemeinschaften Veranstalter des Religionsunterrichts sind, liegen die Erstellung der Lehrpläne im Rahmen der vorgesehenen Stundenzahl, die inhaltliche und methodische Gestaltung sowie die Aufsicht über den Religionsunterricht ausschließlich in deren eigenen Händen. Näherhin werden die Lehrpläne von der betreffenden Kirche bzw. Religionsgemeinschaft erlassen und staatlicherseits bekanntgemacht (vgl. § 2 Abs. 2 RelUG; § 5 Abs. 1 SchulV). Auch für die Konzeption der im Religionsunter___________ Wien 2002, S. 41-70, hier S. 50, ist die in § 1 Abs. 2 RelUG gewährte Möglichkeit der Abmeldung vom Religionsunterricht „primär Ausfluss der Glaubens-, nicht der Gewissensfreiheit“. 70 Vgl. BMUKK, Durchführungserlass zum Religionsunterricht, Rundschreiben Nr. 5/2007: http://www.bmukk.gv.at/ministerium/rs/2007_05.xml (21.2.2013); ferner unter: http://www.uibk.ac.at/praktheol/kirchenrecht/ru-recht/gesetze/staat/bmukk52007. html (21.2.2013); siehe auch Georg Ritzer, Reli oder Kaffeehaus. Eine empirische Spurensuche nach Einflussfaktoren zur Beteiligung am und Abmeldung vom Religionsunterricht bei über 1500 SchülerInnen. Mit einer Handreichung zur Evaluierung der Einflussfaktoren an Schulen, Thaur 2003. Link, Religionsunterricht (Fn. 48), S. 479, Fn. 167, bemerkt, dass eine derartige Beschränkung „allenfalls aus zwingenden schulorganisatorischen Notwendigkeiten heraus gerechtfertigt werden“ könne. 71 Vgl. BMUKK, Durchführungserlass 2007 (Fn. 70). 72 Vgl. im Einzelnen Schwendenwein, Staatskirchenrecht (Fn. 51), S. 407-410; ders., Katechetenrecht (Fn. 4), S. 53-56.

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richt verwendeten Schulbücher und Lehrmittel sind ausschließlich die Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständig.73 Bücher und Lehrmittel dürfen jedoch „nicht im Widerspruch zur staatsbürgerlichen Erziehung stehen“ (§ 2 Abs. 3 RelUG).74 Die unmittelbare Aufsicht über den Religionsunterricht (vgl. § 2 Abs. 1 RelUG) erfolgt durch kirchlich bestellte Fachinspektoren bzw. sonstige gemäß dem kirchlichen Recht berufene Organe (vgl. § 7c Abs. 1 RelUG; Art. I § 4 Abs. 2 SchulV). Der Staat kann den Religionsunterricht sowie die Religionslehrer(innen) nur in schulorganisatorischer und disziplinärer Hinsicht beaufsichtigten. Die in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommende Verantwortung der anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaft erklärt sich dadurch, dass die inhaltliche Gestaltung des Religionsunterrichts zu den inneren Angelegenheiten einer Kirche oder Religionsgemeinschaft zählt (vgl. Art. 15 StGG).75 Die den Kirchen und Religionsgemeinschaften im Blick auf den schulischen Religionsunterricht seitens des österreichischen Staates verbürgte große Eigenständig bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung, zugleich aber auch eine große Chance, dies u. a. in ökumenischer bzw. interreligiöser Hinsicht.76

7. Religionslehrer(innen) an öffentlichen Schulen Die Religionslehrer(innen) an öffentlichen Schulen, an denen Religionsunterricht Pflicht- oder Freigegenstand ist, werden „entweder von der Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die die Diensthoheit über die Lehrer der entsprechenden Schulen ausübt, angestellt oder von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt“ (§ 3 Abs. 1 RelUG; Art. I § 3 Abs. 1 SchulV).77 Die Anzahl der Lehrer(innen)stellen wird von der Gebietskörperschaft auf Antrag der zuständigen kirchlichen bzw. religionsgesellschaftlichen Behörde bestimmt (§ 3 Abs. 2 RelUG).78 Religionslehrer(innen) ___________ 73 Die für die Eignungsfeststellung von Unterrichtsmitteln geltenden Vorschriften des Schulunterrichtsgesetzes finden keine Anwendung. Vgl. § 14 Abs. 8 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), BGBl. 1986/472; Text unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetz esnummer=10009600 (21.2.2013). 74 So ausdrücklich Art. 9 Abs. 2, S. 2 IsraelitenG 2012. Nach Art. I § 5 Abs. 2 SchulV müssen Lehrbücher und Lehrmittel „der staatsbürgerlichen Erziehung […] förderlich“ sein. 75 So ausdrücklich Art. 9 Abs. 2, S. 1 IsralitenG 2012. 76 Dazu unten V. 77 Vgl. Schwendenwein, Katechetenrecht (Fn. 4), S. 75-88; zur Ausbildung von Religionslehrer(innen) siehe unten VI. 78 Kritisch zu § 5 Abs. 1 RelUG, der das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Bestellung von Religionslehrer(innen) normiert, Herbert Kalb, Staatskirchenrecht – Europäische Union – Österreich – Einige Reflexionen, in: ÖAKR

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stehen somit entweder in einem staatlichen Dienstverhältnis (Beamte, Vertragsbedienstete) oder im Dienstverhältnis zu einer Kirche oder Religionsgemeinschaft im Sinn von kirchlich bzw. religionsgesellschaftlich bestellten Religionslehrer(innen). Der Staat übernimmt, neben der Finanzierung der Sachkosten für den Religionsunterricht, auch die Bezahlung der von ihm angestellten Religionslehrer(innen) und trägt die Vergütung der kirchlich bzw. religionsgesellschaftlich bestellten Religionslehrer(innen) (vgl. § 6 Abs. 1). Art. I § 3 Abs. 2 SchulV hält ausdrücklich fest, dass für den katholischen Religionsunterricht nur solche Personen als Religionslehrer(innen) angestellt werden dürfen, „die von der Kirchenbehörde als hiezu befähigt erklärt und vorgeschlagen sind“. Die österreichischen Bischöfe haben mit Datum vom 20. Mai 1998 eine Rahmenordnung für Religionslehrer(innen) der österreichischen Diözesen im Anschluss an die Bestimmungen von c. 804 CIC/1983 erlassen, in der Richtlinien für die Erteilung, die Verweigerung und den Entzug der Missio canonica enthalten sind, aber auch die Rechte und Pflichten der Religionslehrer(innen) festgelegt werden.79

8. Schulkreuze, Schülergottesdienste, religiöse Übungen und Veranstaltungen Ausdrücklich legt § 2b Abs. 1 RelUG für alle Schulen, an denen Religionsunterricht auf Grund von § 1 Abs. 1 RelUG Pflichtgegenstand ist, also für die öffentlichen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen mit Ausnahme der gewerblichen und kaufmännischen Berufsschulen außerhalb von Tirol und Vorarlberg fest, dass „in allen Klassenräumen vom Schulerhalter ein Kreuz anzubringen“ ist, wenn „die Mehrzahl der Schüler einem christlichen Religionsbekenntnis angehört“ (vgl. auch Schlussprotokoll zu Art. I § 2 Abs. 1 lit. b SchulV). Die Gesetzeslage zur Anbringung von Kreuzen in Schulen bzw. Klassenräumen ist somit in der Republik Österreich eindeutig.80 Sie wird der in der Republik Österreich praktizierten positiven und damit hereinnehmenden ___________ 44 (1995-97), S. 88-97 (Hugo Schwendenwein zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Johann Hirnsperger / Herbert Kalb / Richard Potz), hier S. 94 f. 79 Vgl. ÖBK, Rahmenordnung für Religionslehrer der österreichischen Diözesen (c. 804 CIC) vom 20. Mai 1998, in: Abl. ÖBK Nr. 22, 20. Mai 1998, II. 3, S. 10-13; abgedr. in: AfkKR 167 (1998), S. 195-200; ferner unter: http://www.uibk.ac.at/prak theol/kirchenrecht/ru-recht/gesetze/kirche/rahmenordnung.html (2.2.2013); dazu Richard Potz, Zur Verfahrensordnung des Entzugs der Missio canonica in der österreichischen Rahmenordnung für Religionslehrer, in: Karl-Theodor Geringer / Heribert Schmitz (Hrsg.), Communio in Ecclesiae Mysterio. Festschrift für Winfried Aymans zum 65. Geburtstag, St. Ottilien 2001, S. 405-415. 80 Vgl. Rees, Grundlagen (Fn. 28), S. 601-604 m. w. N; ders., Ärgernis (Fn. 29); zum EGMR-Urteil in diesem Band.

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Neutralität gerecht, die die gesellschaftliche Präsenz von Religion und deren Bedeutung in der Öffentlichkeit anerkennt und fördert. Religiös-weltanschauliche Neutralität fordert keinen vollständig religionsfreien öffentlichen Raum. § 2a RelUG (vgl. auch Art. I § 6 SchulV) enthält Bestimmungen zu Schülergottesdiensten sowie für die Teilnahme an sonstigen religiösen Übungen oder Veranstaltungen. Dadurch wird den Kirchen und Religionsgemeinschaften vom Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, Unterrichtszeiten für religiöses bzw. liturgisches Handeln und Feiern in Anspruch zu nehmen.81

III. Islamischer Religionsunterricht 1. Rechtsstatus der Muslime in der Republik Österreich Österreich war als Vielvölkerstaat trotz Vorherrschens des römisch-katholischen Bekenntnisses schon lange mit Andersgläubigen und somit auch mit der Frage nach Toleranz konfrontiert. So überrascht es nicht, dass bereits im Jahr 1912 die Anhänger des Islam (nach hanefitischem Ritus) durch ein eigenes Gesetz82 als Religionsgemeinschaft anerkannt wurden. Das Islamgesetz stellt den ersten Versuch dar, den „europäischen Islam in einen multikonfessionellen Rechtsstaat mit einem speziellen religionsrechtlichen System zu integrieren, dem das Konzept zugrunde lag, den Religionsgemeinschaften eine öffentlichrechtliche Stellung einzuräumen“.83 Österreich wurde damit zum „Vorreiter für ganz Europa“.84 Die Anerkennung hatte die Gleichstellung des Islam mit den ___________ 81

Vgl. Schwendenwein, Katechetenrecht (Fn. 4), S. 101-112. Vgl. Gesetz vom 15. Juli 1912, betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islam nach hanefitischem Ritus als Religionsgesellschaft, RGBl. 1912/159 (IslamG); ferner unter: http://www.derislam.at/?c=content&cssid=Islamgesetz%201912&navid= 886&par=10 (21.2.2013). Der Ritus war die ausschließlich in Bosnien und der Herzegowina vertretene Richtung. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) dehnte durch die Aufhebung der Wendung „nach „hanefitischem Ritus“ im Jahr 1987 die Anwendbarkeit des Islamgesetzes auf alle Muslime aus. 83 Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 31), S. 627; siehe auch Johann Bair, Das Islamgesetz. An den Schnittstellen zwischen österreichischer Rechtsgeschichte und österreichischem Staatsrecht, Wien / New York 2002; Barbara Gartner, Der religionsrechtliche Status islamischer und islamistischer Gemeinschaften (Forschungen aus Staat und Recht, Bd. 165), Wien / New York 2011. 84 Islamgesetz machte Österreich zum „Vorreiter für ganz Europa“. Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Sanac, in „Kathpress“-Interview: Stellung der Muslime in Österreich besser als in vielen islamisch geprägten Staaten – Terrorakte und Kriege zu Unrecht mit Islam assoziiert, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 152, 28. Juni 2012, S. 2 f.; zur neuen Sicht der Muslime durch die katholische Kirche vgl. Art. 3 VatII NA; dazu Roman A. Siebenrock, Theologischer Kommentar zur Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, in: Peter Hünermann / Bernd 82

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anderen anerkannten Religionsgemeinschaften und die öffentlich-rechtliche Stellung zur Folge. Im Interesse der Ordnung der äußeren Rechtsverhältnisse der Glaubensgemeinschaft, nicht zuletzt auf Grund eines starken Zuzugs von Muslim(innen) nach Österreich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, bewilligte das Bundesministerium für Unterricht und Kunst im Jahr 1979 die Errichtung einer islamischen Kultusgemeinde für Österreich mit Sitz in Wien sowie die Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ).85 Letztere wurde durch Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport vom 2. August 1988 ersetzt.86 Der Republik Österreich ist es somit gelungen, den Islam im Sinn einer pluralistisch „hereinnehmenden Neutralität“ in die Institutionen und überkommenen Strukturen des Religionsrechts zu integrieren.87

2. Islamischer Religionsunterricht Da in der Republik Österreich die anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften Sorge für den jeweiligen Religionsunterricht tragen (vgl. Art. 17 Abs. 4 StGG; § 2 Abs. 1 RelUG) und diese somit Unternehmer des Religionsunterrichts sind, gilt dies auch für die IGGiÖ.88 Islamischer Religionsunterricht ___________ Jochen Hilberath (Hrsg.), Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 3, Freiburg / Basel / Wien 2005, S. 591-693, bes. S. 616-618. 85 Vgl. Bundesminister für Unterricht und Kunst, Bescheid vom 2. Mai 1979 betreffend die Erteilung der Genehmigung zur Errichtung der ersten Wiener Islamischen Religionsgemeinde und der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Zl. 9076/7-9c/79; abgedr. in: ÖAKR 30 (1979), S. 451. Der Text der Verfassung ist ebd., S. 436-444, abgedruckt. Zum Ganzen siehe Wilhelm Rees, Islam und Christentum in Österreich und in Europa. Kirchenrechtliche und religionsrechtliche Anmerkungen aus römisch-katholischer Perspektive, in: Daniela Kästle / Martina Kraml / Hamideh Mohagheghi (Hrsg.), Heilig – Tabu. Christen und Muslime wagen Begegnungen (Kommunikative Theologie, Bd. 13), Ostfildern 2009, S. 55-65; ders., Grundlagen (Fn. 28), S. 594-600. 86 Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport, Verordnung vom 2. August 1988, betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, BGBl. 1988/466; vgl. Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich gemäß IslamG, RGBl. 1912/159 i. d. g. F.; abgedr. in: öarr 46 (1999), S. 453-467; ferner unter: http://www.derislam.at/islam.php?name=Themen&pa=showpage&pid=230 (8.8.2010). 87 Wie hier auch Hermann Weber, Zurückhaltende Abwehr, fürsorgliche Belagerung oder hereinnehmende Neutralität? Die Rechtslage des Islam in den unterschiedlichen europäischen Staaten, in: ZevKR 52 (2007), S. 354-399, hier S. 387; zum Begriff „hereinnehmende Neutralität“ siehe Richard Potz, Der islamische Religionsunterricht in Österreich, in: de Wall / Germann, FS Link 70 (Fn. 3), S. 345-369, hier S. 346; Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Das Kreuz in Klassenzimmer und Gerichtssaal (Religionsrechtliche Studien, Bd. 1), Freistadt 1996, S. 50. 88 Vgl. Potz, Religionsunterricht (Fn. 87); Ednan Aslan, Religiöse Erziehung der Muslime in Österreich, in: öarr 55 (2008), S. 1-13; ders., Muslime in Österreich und das

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wurde – einmalig innerhalb der Europäischen Union – im Schuljahr 1982/83 an öffentlichen Schulen eingerichtet.89 Der Unterricht orientierte sich an dem am 19. August 1983 bekanntgemachten Lehrplan (BGBl. 1983/421), der „als didaktisches Mittel […] hauptsächlich das Rezitieren von Koranstellen und Aussagen des Propheten Mohammeds (Ahadith) vorgesehen“ hat.90 Er war „im Sinne affirmativer Vermittlung normativ-religiöser Vorgaben ausgerichtet“, wurde jedoch „nicht der Forderung der modernen Religionspädagogik, einen intensiven Bezug zu der konkreten individuellen Lebensrealität der Kinder, also zu ihrer Lebensrealität in Österreich, herzustellen, gerecht“.91 Eine Reform erfolgte erst durch die Lehrpläne für den islamischen Religionsunterricht an Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen, die zum 1. September 2012 wirksam wurden.92 Insgesamt gesehen erfüllt der islamische Religionsunterricht, wie Richard Potz u. a. in ihrer Studie „Islamischer Religionsunterricht in Österreich und Deutschland“ feststellen, „neben seiner Kernaufgabe – den SchülerInnen das islamische Glaubensgut zu vermitteln – eine wichtige Integrationsleistung, indem er den SchülerInnen hilft, ihre muslimische und österreichische Identität miteinander zu vereinbaren. Dass dies schon im Kindes- und Jugendalter ge___________ Modell Österreich, in: ders. (Hrsg.), Islamische Erziehung in Europa – Islamic Education in Europe (Wiener Islamisch-Religionspädagogische Studien, Bd. 1), Wien 2009, S. 325-350; siehe auch http://www.derislam.at/islam.php?name=Themen&pa=showpage &pid=154 (8.8.2010). 89 Im Schuljahr 2010/11 besuchten 57.000 Schüler(innen) den islamischen Religionsunterricht, der von 430 Lehrer(innen) an knapp 2000 Schulen unterrichtet wurde. Vgl. Halid Akpinar, Der islamische Religionsunterricht in Österreich: Zahlen, Fakten und Trends: http://www.uibk.ac.at/public-relations/presse/archiv/2011/111001/infotext_ islamischer_religionsunterricht.pdf (20.2.2013); siehe auch Susanne Heine / Rüdiger Lohlker / Richard Potz, Muslime in Österreich. Geschichte, Lebenswelt, Religion. Grundlagen für den Dialog, Innsbruck / Wien 2012, bes. S. 104-109. Allerdings ist die Abmeldequote mit ca. 50 % (2005) beim islamischen Religionsunterricht im Vergleich zu anderen Religionen hoch. Vgl. Richard Potz u. a., Islamischer Religionsunterricht in Österreich und Deutschland. Executive Summary zu einem Forschungsprojekt des Instituts für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht zusammen mit dem abif / analyse beratung interdisziplinäre Forschung, Wien 2005: http://spl.univie.ac.at/fileadmin/user_ upload/inst_rechtsphilo/IslamRU_ExSumPub2005.pdf (20.2.2013); siehe auch unter: http://www.abif.at/deutsch/download/Files/31_Islamischer_Religionsunterricht-Summary Neu.pdf (21.2.2013). 90 Mouhanad Khorchide, Der islamische Religionsunterricht in Österreich (ÖIFDossier n° 5, Juli 2009), Nr. 3: http://www.integrationsfonds.at/oeif_dossiers/der_ islamische_religionsunterricht_in_oesterreich/ (21.2.2013). 91 Khorchide, Dossier (Fn. 90), Nr. 3. 92 Vgl. Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bekanntmachung betreffend die Lehrpläne für den islamischen Religionsunterricht an Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen, BGBl. II 2011/234: http://www.ris.bka.gv.at/Geltende Fassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007378 (21.2.2013).

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schieht, ist ein wichtiger Umstand“.93 Die Bemühungen zur Einführung eines islamischen Religionsunterrichts in der Bundesrepublik Deutschland, wo derzeit ca. 3,3 Millionen Muslime (ca. 4 % der Gesamtbevölkerung) leben, und in anderen europäischen Ländern sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Sorge um „die Integration der muslimischen Minderheit in die demokratischpluralistischen Gesellschaften Europas“ zu sehen.94 So führte Nordrhein-Westfalen als erstes deutsches Bundesland flächendeckend mit dem Schuljahr 2012/ 13 islamischen Religionsunterricht zunächst in der Grundschule ein.95 Überraschend ist wohl die vehemente Ablehnung der Einrichtung eines islamischen Religionsunterrichts seitens der italienischen Bischofskonferenz in der Republik Italien.96 Bemerkt sei, dass die Frage, ob eine muslimische Lehrerin während des Unterrichts ein Kopftuch tragen darf oder nicht, in Österreich im Unterschied zu anderen europäischen Ländern97 derzeit keine Rolle spielt; dies gilt auch für das Tragen eines Kopftuchs bei Schülerinnen.98 ___________ 93

Potz, Executive Summary (Fn. 89). Adrian Loretan, Religionen im Kontext der Menschenrechte. Religionsrechtliche Studien, Teil 1 (Edition NZN bei TVZ), Zürich 2010, S. 186. In diesem Sinn spricht sich auch die Deutsche Bischofskonferenz für einen islamischen Religionsunterricht in Deutschland aus. Vgl. Kirche für islamischen Religionsunterricht. Zollitsch: MoscheeBau gehört zur Religionsfreiheit – Religionsunterricht fördert die interreligiöse Kompetenz der Schüler, in: Die Tagespost, Nr. 36, Donnerstag, 26. März 2009, S. 1; siehe bereits Deutsche Bischofskonferenz, Pressemeldung 22.01.1999, Nr. 0: Islamischer Religionsunterricht. Stellungnahme des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz: http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=939&cHash=46a064fc8f3f22757d51bb0b0a 21a9a7 (21.2.2013). Die Einführung eines solchen Unterrichts scheiterte bislang daran, dass die muslimischen Organisationen nicht die Merkmale einer Religionsgemeinschaft erfüllen und somit ein Ansprechpartner für den Staat fehlt. Siehe Wiebke Hennig, Muslimische Gemeinschaften im Religionsverfassungsrecht. Die Kooperation des Staates mit muslimischen Gemeinschaften im Lichte der Religionsfreiheit, der Gleichheitssätze und des Verbots der Staatskirche (Schriften zum Religionsrecht, Bd. 1), Baden-Baden 2010. 95 Ein entsprechender Unterricht soll ab dem Schuljahr 2013/14 auch in der Sekundarstufe I folgen. Dazu unter: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Islamischer_Reli gionsunterricht/ (21.2.2013). 96 Vgl. Italien: Streit um islamischen Religionsunterricht. Ablehnende Haltung des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz zum Vorschlag von Staatssekretär Urso, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 244, 19. Oktober 2009, S. 7. 97 Vgl. Rees, Frankreich (Fn. 30), S. 597 und S. 598-600; Joseph Marko, Das islamische Kopftuch in der Rechtsprechung europäischer Höchstgerichte, in: Urs Altermatt / Mariano Delgado / Guido Vergauwen (Hrsg.), Der Islam in Europa. Zwischen Weltpolitik und Alltag (Religionsforum, Bd. 1), Stuttgart 2006, S. 249-263. 98 Vgl. im Einzelnen Barbara Gartner, Der Islam im religionsneutralen Staat. Die Problematik des muslimischen Kopftuchs in der Schule, des koedukativen Sport- und Schwimmunterrichts, des Gebetsrufs des Muezzins, des Schächtens nach islamischem Ritus, des islamischen Religionsunterrichts und des muslimischen Bestattungswesens in Österreich und Deutschland (Islam und Recht, Bd. 4), Frankfurt am Main u. a. 2006, S. 115-170. 94

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IV. Ethikunterricht Es steht außer Zweifel, dass sittliche und religiöse Bildung von Kindern und Jugendlichen in der Schule in erster Linie Sache der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist. Für Österreich stellt sich jedoch bereits seit längerem die Frage, ob die öffentliche Schule aufgrund steigender Abmeldezahlen vom Religionsunterricht,99 einer zunehmenden Zahl von Schüler(innen), die zur Teilnahme an diesem Unterricht nicht verpflichtet sind,100 und des Ausfalls konfessionellen Religionsunterrichts wegen zu kleiner Schüler(innen)gruppen weiterhin ihre gesetzlichen Ziele erreichen kann, durch einen entsprechenden Unterricht „an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen“ (vgl. § 2 Abs. 1 SchOG; vgl. Art. 14 Abs. 5a B-VG) mitzuwirken. Matthias Scharer spricht in diesem Zusammenhang von einem „Dilemma des Staates“.101 So haben Veränderungen in der Gesellschaft dazu geführt, „dass der Staat die Orientierungsaufgabe für die Schülerinnen und Schüler nicht mehr in dem bisherigen Maße an die Kirchen delegieren kann. Vielmehr hat der Staat „seine pädagogische Verantwortung selbst wahrzunehmen und an den öffentlichen Schulen Raum und Zeit bereitzustellen, damit sich jedes Kind und jeder Jugendliche mit den Grundfragen des Lebens und Zusammenlebens auseinandersetzen kann“.102 Im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland, wo einige Landesverfassungen und Schulgesetze die Einrichtung eines Ersatzfaches für Schüler(innen), die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, vorsehen,103 fehlt ___________ 99 Im Schuljahr 2010/11 waren 73,25 % der 908.000 Schüler(innen) römisch-katholisch, davon 7,5 % vom Religionsunterricht abgemeldet. 69 % der 52.452 Schüler (innen) ohne religiöses Bekenntnis waren zum Religionsunterricht angemeldet, davon 92 % zum katholischen Religionsunterricht. Vgl. Wolfgang Weirer, Zwischen den Stühlen? Konfessioneller Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung von Staat und Kirchen, in: öarr 59 (2012), S. 31-46; ferner unter: https://online.uni-graz.at/kfu... (21.2.2013); Anton A. Bucher, Eine unendliche Geschichte: Ethikunterricht in Österreich, in: öarr 58 (2011), S. 25-36, hier S. 30. 100 Nach einer Studie von C. Clark-Wilson, Ethikunterricht in Österreich 2010. Eine Replikationsstudie zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Evaluation der Schulversuche Ethikunterricht Anton A. Buchers (2001), Diplomarbeit, Universität Wien, gehören 17 % keiner Konfession mehr an. Vgl. Bucher, Geschichte (Fn. 99), S. 30. 101 Matthias Scharer, Wieviel Religion braucht die Schule? Zur gesellschaftlichen Plausibilität von Religions- und Ethikunterricht, in: ThPQ 145 (1997), S. 376-383, hier S. 380 f. 102 Gabriele Kuhn-Zuber, Die Werteerziehung in der öffentlichen Schule. Religionsund Ethikunterricht im säkularen Staat (Verfassungsrecht in Forschung und Praxis, Bd. 29), Hamburg 2006, S. 389. 103 Siehe dazu Meckel, Religionsunterricht (Fn. 47), S. 350-365; ferner auch Axel Frhr. v. Campenhausen / Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa (Juristische KurzLehrbücher), München 42006, S. 210-219. Laut Bericht der Bundesministerin für Unter-

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in Österreich bisher eine solche Alternative. Einführung und Durchführung eines solchen Ethikunterrichts fallen in die alleinige Kompetenz des Staates. Durch die Einführung eines solchen Unterrichts würden einerseits die Abmeldungen vom Religionsunterricht aufgrund anderer, d. h. nicht mit Religionsfreiheit verbundener Motive zurückgehen.104 Andererseits legen auch verfassungsrechtliche Überlegungen einen solchen Unterricht nahe.105 Seit dem Schuljahr 1997/98 wird an zahlreichen österreichischen Schulen, d. h. Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS), ein Ersatzpflichtgegenstand „Ethik“ als Schulversuch (im Schuljahr 2012/13 an 223 Standorten) für jene Schüler(innen) geführt, die an einem konfessionellen Religionsunterricht nicht teilnehmen wollen bzw. können. Der wissenschaftliche Evaluationsbericht des Schulversuchs empfiehlt den politischen Entscheidungsträgern, „auf der Sekundarstufe 2 (fünfte bis achte Jahrgangsstufe Gymnasium) EU (Ethikunterricht) ins Regelschulwesen zu überführen“.106 Gemäß dem Regierungsübereinkommen (Kapitel 8 „Qualitätssicherung) vom November 2008 sollten „die Details der Einführung eines Gegenstandes ‚Ethikunterricht‘ in der Sekundarstufe II, insbesondere die Frage nach dem Verhältnis zum Religionsunterricht, […] in einer parlamentarischen Enquete unter Einbeziehung der Kirchen und Religionsge-

___________ richt, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied gemäß Entschließung des Nationalrates vom 19.01.2012 betreffend Ethik-Unterricht (221/E XXIV.GP), S. 7: http://www.parla ment.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/III/III_00357/imfname_271036.pdf (21.2.2013), gibt es Ethikunterricht in elf europäischen Ländern als Pflicht- oder Wahlfach. Siehe auch Rees, Europa (Fn. 33), S. 586-589. 104 So wurde in Bayern Ethikunterricht bereits im Schuljahr 1972/73 eingerichtet. Wie Bucher, Geschichte (Fn. 99), S. 26 mit Fn. 4, unter Hinweis auf Hans Maier, Einleitung zur Diskussion, in: H. Zinser (Hrsg.), Herausforderung Ethikunterricht, Marburg 1991, S. 53-57, hier S. 53, bemerkt, erfolgte dies, dem damaligen Kultusminister Hans Maier zufolge, damit „die Religionsflüchtlinge ‚nicht einfach in den Cafés herumsitzen‘“. Gemäß der im Schuljahr 1999/2000 durchgeführten Evaluation gingen an den Standorten mit Ethikschulversuch die Abmeldungen vom Religionsunterricht im Schnitt um 20 % zurück. Vgl. im Einzelnen Anton A. Bucher, Ethikunterricht in Österreich. Kurzzusammenfassung des wissenschaftlichen Evaluationsberichts der Schulversuche „Ethikunterricht“, Nr. 5: http://www.sbg.ac.at/pth/people/bucher/evaluation.htm (21.2. 2013); ausführlich ders., Ethikunterricht in Österreich. Bericht der wissenschaftlichen Evaluation der Schulversuche „Ethikunterricht“, Innsbruck / Wien 2001. 105 Dazu Schinkele, Überlegungen (Fn. 36), hier S. 246 f.; siehe auch dies., Religionsund Ethikunterricht in der pluralistischen Gesellschaft – Überlegungen aus religionsrechtlicher Sicht, in: öarr 58 (2011), S. 13-24. 106 Vgl. hierzu und zu den Gründen Bucher, Kurzzusammenfassung (Fn. 104), Nr. 9; siehe auch ders., Ethikunterricht in Österreich: noch einiges unklar, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 297-310; Elmar Fiechter-Alber, Welche Ethik in der Schule? Grundlagen ethischen Lehrens und Lernens (Kommunikative Theologie), Mainz 2004.

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meinschaften“ geprüft werden.107 Näherhin kamen bei dieser Enquete, die am 4. Mai 2011 mit dem Titel „Werteerziehung durch Religions- und Ethikunterricht in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft“ stattfand,108 drei Modelle in den Blick: „A. ‚Ethik‘ als eigenständiger (zusätzlicher) Pflichtgegenstand (‚einstündig‘ oder ‚zweistündig‘). B. ‚Ethik‘ als alternativer Pflichtgegenstand zum Religionsunterricht (dieses Modell entspricht dem derzeitigen Schulversuch Ethikunterricht). C. ‚Ethik‘ als Lehrplanbestandteil eines Pflichtgegenstandes.“109 Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur informierte unter Bezugnahme auf die Entschließung des Nationalrats vom 19. Januar 2012 über diese Modelle samt den jeweiligen Kosten und unter Einbeziehung von Fragen der Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten.110 Karl Heinz Auer macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass eine „einschneidende Änderung der Rechtsstellung des Religionsunterrichtes vom obligatorischen Pflichtfach mit Abmeldemöglichkeit zum Wahlpflichtgegenstand sowohl das Einvernehmen mit dem Heiligen Stuhl voraussetzen als auch gemäß Art. 14 Abs. 10 B-VG ein Präsenzquorum von mindestens der Hälfte der Abgeordneten des Nationalrates und Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen“ erfordern würde.111 Da es sich beim Ethikunterricht um ein staatliches Unterrichtsfach handelt, trägt der Staat auch Verantwortung für die Entwicklung von Lehrplänen und die Ausbildung der Ethiklehrer(innen). Letztere müsste „an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten nach dem Modell der neuen PädagogInnenausbildung für den Sekundarbereich entwickelt werden“,112 wobei Einzelheiten, wie z. B. die Mitwirkung theologischer Fakultäten, einer Klärung bedürfen. Offen ist auch die Frage, ob Religionslehrer(innen) zugleich Religions- und Ethikunterricht erteilen können. Die Tatsache, dass ein solcher Unterricht bekennt___________ 107

S. 3.

Zit. nach Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bericht (Fn. 103),

108 Vgl. dazu die Zusammenfassung durch Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bericht (Fn. 103), S. 7-18; die Statements sind abgedr. in: öarr 58 (2011), S. 61-76. 109 Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bericht (Fn. 103), S. 3. Die Evaluierungskommission des Schulversuchs schlug in Anlehnung an die Formulierung in Bayern „Pflichtfach für alle SchülerInnen, die nicht an einem RU (Religionsunterricht) teilnehmen“ vor. Vgl. Bucher, Kurzzusammenfassung (Fn. 104), Nr. 9. 110 Siehe dazu Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bericht (Fn. 103), S. 19-28; ferner auch Parlamentskorrespondenz Nr. 817 vom 23.10.2012: http://www. parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2012/PK0817/ (21.2.2013). 111 Auer, Ethikunterricht (Fn. 69), S. 43. 112 Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Bericht (Fn. 103), S. 21; siehe auch Pädagogische Hochschule Wien: Erstmals Ethik-Lehrer ausgebildet. Pilotprojekt zwischen Kirchlicher Pädagogischer Hochschule Wien/Krems und Universität Wien, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 128, 31. Mai 2011, S. 5 f.; ferner unten VI.

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nisneutral zu erteilen ist, spricht wohl dagegen.113 Eine Abmeldung vom Ethikunterricht ist nicht möglich.114 Zu bedenken gilt, dass die bestehenden Regelungen bezüglich der Teilnahme konfessionsloser Schüler(innen) oder jener, die einer staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft angehören, an einem konfessionellen Religionsunterricht „im Zuge der Überführung des Ethikunterrichtes in das Regelschulwesen einer sachgerechten Neuordnung zugeführt werden“ müssen.115 Die österreichischen Bischöfe, die sich in der Frage Ethikunterricht erst spät zu Wort gemeldet haben, d. h. erst dann, als ein Modell eines verpflichtenden Ethikunterrichts für alle bereits im Raum stand,116 plädierten im Frühjahr 2009 für „ein gut abgestimmtes Miteinander von konfessionellem Religionsunterricht und Ethikunterricht“. Sie halten jedoch fest: „In einem Land, in dem etwa 90 Prozent der Bevölkerung einer Religionsgesellschaft angehören, soll der Ethikunterricht nicht für alle Schüler verpflichtend sein. Das würde eine Relativierung des konfessionellen Religionsunterrichts bedeuten.“117 Vielmehr sei es „angebracht, für jene Schüler, die aus vielfältigen Gründen keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen, einen verpflichtenden Ethikunterricht vorzusehen“.118 Die Kongregation für das katholische Bildungswesen hatte bereits in einem Schreiben an die Bischofskonferenzen vom 5. Mai 2009 gefordert, dass der Religionsunterricht an den Schulen nicht „durch einen multikonfessionellen Ethik- oder Kultur-Unterricht“ ersetzt werden darf.119 ___________ 113 Laut Parlamentskorrespondenz Nr. 817 (Fn. 110) sind Religionslehrer(innen) „von der Erteilung des Ethikunterrichts nicht ausgeschlossen“. 114 Wie hier ausführlich Auer, Ethikunterricht (Fn. 69), S. 64-66. 115 Auer, Ethikunterricht (Fn. 69), S. 67. 116 Als letztes grundsätzliches Dokument veröffentlichte die Österreichische Bischofskonferenz das Katechetische Direktorium im Jahr 1981. Vgl. Österreichische Kommission für Bildung und Erziehung des Sekretariats der Österreichischen Bischofskonferenz (Hrsg.), Österreichisches Katechetisches Direktorium für Kinder- und Jugendarbeit, Wien 1981. Zu den Positionen der Parteien und der öffentlichen Diskussion vgl. Peter Filzmaier / Anton Pelinka, Ethikunterricht als gesellschaftspolitische Notwendigkeit?, in: Auer, Ethikunterricht (Fn. 69), S. 71-86, bes. S. 77-79. 117 Österreichische Bischofskonferenz, Presseerklärung der Frühjahrsvollversammlung, 9. bis 12. März 2009, Innsbruck, Nr. 3, in: Abl. ÖBK Nr. 48, 1. Juli 2009, I., S. 25, bes. S. 3 f., hier S. 4; ferner unter: http://www.bischofskonferenz.at/content/site/ home/article/177.html (21.2.2013). 118 Österreichische Bischofskonferenz, Presseerklärung (Fn. 117), S. 4; siehe auch Grazer Bildungsexperte für alternativen Ethikunterricht. Religionspädagoge Weirer: Ethik für alle Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen – Gewährleistet, dass Schule ihrem Bildungsauftrag nachkommt, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 254, 24. Oktober 2012, S. 9. 119 Kongregation für das katholische Bildungswesen, Circular Letter to the Presidents of Bishop‘s Conferences on religious education in Schools vom 5. Mai 2009, Nr. 12:

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V. Ökumenischer Religionsunterricht bzw. konfessionsübergreifender Religionsunterricht Seit Mitte der sechziger Jahre bemühen sich Vertreter(innen) der Religionspädagogik angesichts steigender Abmeldezahlen vom Religionsunterricht und einer generell rückläufigen Kirchenmitgliedschaft der Schüler(innen) um eine Neuorientierung des konfessionellen Religionsunterrichts, die vielfach auf ein multikulturelles Lernen abzielt.120 So vertreten einige Religionspädagog(innen) die Ansicht, „daß sich die Attraktivität des Religionsunterrichts – gerade auch gegenüber dem (Ersatz-)Fach Ethik – durch eine zunehmende Entkonfessionalisierung und Schwerpunktverlagerung hin zu einer vergleichenden Religionskunde wirksam erhöhen ließe“.121 Konkret haben sich in den letzten Jahren in einzelnen Ländern Europas aus unterschiedlichen Gründen neben dem konfessionellen Religionsunterricht oder an dessen Stelle verschiedene Formen eines interreligiösen bzw. konfessionsübergreifenden Unterrichts etabliert, wie z. B. in Hamburg ein Interreligiöser Religionsunterricht,122 in der Schweiz ein religiöser Unterricht mit überkonfessionellem Charakter, der für alle Schüler(innen) offen ist und dem Pluralismus der Konfessionen Rechnung trägt,123 ferner in Großbritannien ein konfessionsfreier bzw. interkonfessioneller Religionsunter___________ http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/ccatheduc/documents/rc_con_ccathed uc_doc_20090505_circ-insegn-relig_en.html (21.2.2013). 120 Vgl. Christine Reents, Ist der konfessionelle Religionsunterricht noch zeitgemäß?, in: Informationes Theologiae Europae 10 (2001), S. 251-271. Für Österreich zeigt die Untersuchung von Anton Bucher aus dem Jahr 1996 zum Religionsunterricht, dass die Akzeptanz des Faches seit den 60er Jahren gestiegen ist, die Beliebtheit des Faches jedoch mit zunehmendem Alter sinkt. Vgl. Anton A. Bucher, Religionsunterricht: Besser als sein Ruf? Empirische Einblicke in ein umstrittenes Fach (Salzburger Theologische Studien 3), Innsbruck / Wien 1996; vgl. auch ders., Religionsunterricht zwischen Lernfach und Lebenshilfe. Eine empirische Untersuchung zum katholischen Religionsunterricht in der Bundesrepublik Deutschland. Mit einem Geleitwort von Bischof Karl Lehmann, Stuttgart 32001. 121 Hildebrandt, Grundrecht (Fn. 36), S. 2. 122 Hier soll der seit den 1990er Jahren angebotene „Gemeinsame Religionsunterricht für alle in Evangelischer Verantwortung, an dem neben der federführenden Evangelischen Nordkirche auch Buddhisten, Juden, Muslime und Aleviten beteiligt sind, künftig deutlich mehr von den beiden letzteren mitgestaltet werden. Vgl. Hamburg: Weihbischof Jaschke gegen Lehrerinnen mit Kopftuch. Katholische Kirche beteiligt sich nicht am „Hamburger Modell“ des interreligiösen Religionsunterrichts, in: KATHPRESSTagesdienst Nr. 198, 21. August 2012, S. 10 f.; siehe auch Christoph Link, Konfessioneller Religionsunterricht in einer gewandelten sozialen Wirklichkeit? – Zur Verfassungskonformität des Hamburger Religionsunterrichts „für alle“, in: ZevKR 46 (2001), S. 257-285; Meckel, Religionsunterricht (Fn. 47), S. 342-349. 123 Vgl. Christoph Winzeler, Religionsunterricht in der Schweiz und Liechtenstein, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 481-502; siehe auch Pierluigi Schaad, Religion bleibt Schulfach in Graubünden, in: Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht / Annuaire suisse de droit ecclésial 14 (2009), S. 164-166.

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richt, in Schweden ein überkonfessioneller, biblisch-ethisch orientierter Religionsunterricht, in den Niederlanden ein Pflichtfach „Spirituelle Strömungen“, das mit dem Schulfach „Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde“ (LER) vergleichbar ist, das im Land Brandenburg seit 1992 als Modellversuch eingeführt wurde und seit dem Schuljahr 1996/97 fester Bestandteil des schulischen Curriculums ist.124 Ein inter- oder multikonfessioneller Religionsunterricht ist im österreichischen Recht nicht vorgesehen. Seit dem Schuljahr 2008/09 läuft in Wien ein Projekt „Kooperativer Konfessioneller Religionsunterricht“ (KoKoRu). 125 Ausgangspunkt für die Konzeption dieses Unterrichts war wohl eine Forderung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in ihrer Denkschrift „Identität und Verständigung“ aus dem Jahr 1974. Hier heißt es: „In der Spannung von Identität und Verständigung ist die angemessene Gestalt des konfessionellen Religionsunterrichts für die Zukunft die Form eines ‚konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts‘. Weder legt er einfach zusammen, was nicht identisch ist, noch lässt er auseinanderfallen, was sich aufeinander verwiesen sehen sollte. Die evangelische Kirche bejaht die bereits praktizierte evangelisch-katholische Zusammenarbeit, hält es aber für dringend erforderlich, sie inhaltlich und institutionell auszubauen.“126 Auch die Deutsche Bischofskonferenz betont in ihrer Schrift „Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des Religionsunterrichts“ eine „grundlegende Öffnung zu anderen christlichen Konfessionen und die hierfür notwendige Dialogbereitschaft. In diesem Sinn muß jeder katholische Religionsunterricht, der sich konfessionell versteht, in ökumenischem Geist er___________ 124

Siehe dazu Meckel, Religionsunterricht (Fn. 47), S. 338-341; Martin Heckel, Religionsunterricht in Brandenburg. Zur Regelung des Religionsunterrichtes und des Faches Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde (LER) (Staatskirchenrechtliche Abhandlungen, Bd. 30), Berlin 1998; Paul Leibinger, Bundesrepublik Deutschland, in: Rees, Europa (Fn. 33), S. 90-152, bes. S. 114-121; siehe insgesamt Kuhn-Zuber, Werteerziehung (Fn. 102), S. 376-385. 125 Vgl. Kooperativer Konfessioneller Religionsunterricht: http://www.hsbruesslgas se.at/html/kokoru.htm (8.8.2010); siehe auch Heribert Bastel / Manfred Göllner / Martin Jäggle / Helene Miklas (Hrsg.), Das Gemeinsame entdecken – Das Unterscheidende anerkennen. Projekt eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts. Einblicke – Hintergründe – Ansätze – Forschungsergebnisse (Austria: Forschung und Wissenschaft: Religionspädagogik, Bd. 1), Wien 2006; Alexander van Dellen / Gerlinde Katzinger, Ökumene in Schule und Religionsunterricht, in: Wilhelm Rees (Hrsg.), Ökumene – Begegnung von Angehörigen verschiedener christlicher Traditionen und Bekenntnisse (Kirchenrechtliche Bibliothek), Wien / Berlin 2013 (im Erscheinen). 126 Kirchenamt der EKD (Hrsg.), Identität und Verständigung – Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 41997, S. 65; ferner unter: http://www.ekd.de/down load/identitaet_und_verstaendigung_neu.pdf (21.2.2013); siehe auch Deutsche Bischofskonferenz und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Erklärung zur Kooperation von Evangelischem und Katholischem Religionsunterricht vom Januar / Februar 1998: http://www.ekd.de/download/konfessionelle_kooperation_1998.pdf (21.2. 2013).

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teilt werden“.127 KoKoRu ist „nicht ‚ökumenischer‘ Religionsunterricht“,128 vielmehr werden in diesem Unterricht „verschiedene Formen der Kooperation“ umgesetzt, u. a. dahingehend, dass beide Lehrkräfte parallel das gleiche Thema unterrichten, eine Lehrkraft alle an KoKoRu beteiligten Konfessionen einer Klasse für eine bestimmte Zeit unterrichtet, alle Lehrkräfte die Konfessionsgruppen der Klasse unterrichten, die Gruppen tauschen, die Lehrenden verschiedene Aspekte eines Themas bei freier Wahl durch die Schüler(innen) anbieten oder eine Lehrkraft beide Gruppen im Unterricht hat.129 Der österreichische Staat kann diese Form des Unterrichts den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht aufzwingen. Vielmehr garantiert er der jeweiligen anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft einen Unterricht, in dem diese durch ihr angehörende Lehrpersonen den jeweiligen Schüler(innen) die je eigene Lehre vermitteln können.130 Ein Unterricht im Sinn von KoKoRu wird jedoch dem im StGG verankerten Religionsunterricht gerecht, wenn die Römisch-Katholische Kirche, die Evangelische Kirche AB und HB und die Griechisch-orientalische Kirche in Österreich als beteiligte Religionsgemeinschaften diesen Unterricht als Religionsunterricht im Sinn von Art. 17 Abs. 4 StGG ___________ 127 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts vom 27. September 1996 (DDB 56), Bonn 1996, Nr. 9. 2., S. 76; ferner unter: http://www.dbk.de/ fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/deutsche-bischoefe/DB56-5.%20Auflage.pdf (21. 2.2013). Dennoch betont die Deutsche Bischofskonferenz stärker die Konfessionalität dieses Unterrichts. Dies gilt auch für Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen vom 16. Februar 2005 (DDB 80), Bonn 2005, bes. S. 27-30; ferner unter: http://www.dbk-shop.de/media/files_ public/hdctpywnkep/DBK_1180.pdf (21.2.2013). Dieser (konfessionelle) Religionsunterricht „führt und fördert“ jedoch „das Gespräch und die Verständigung über die Grenzen der eigenen Konfessionszugehörigkeit hinaus“. Ebd., S. 29. 128 So Christine Mann / Michael Bünker, Gemeinsamkeiten und Unterschiede Lernen – Zum Projekt des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Österreich, in: Bastel / Göllner / Jäggle / Miklas, Das Gemeinsame (Fn. 125), S. 19-29, hier S. 26. 129 Vgl. Mann / Bünker, Gemeinsamkeiten (Fn. 128), S. 25. 130 So hat das deutsche Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Februar 1987 – 1 BvR 47/84, in: BVerfGE 74, 244, hier S. 252; abgedr. in: KirchE 25 (1992), S. 39-43, hier S. 40 f.; AfkKR 156 (1987), S. 200-208, bemerkt, dass der Religionsunterricht „keine überkonfessionelle, vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte (ist). Sein Gegenstand ist vielmehr Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln ist seine Aufgabe […] Dafür wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich. Ändert sich deren Verständnis vom Religionsunterricht, muß der religiös neutrale Staat dies hinnehmen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, jede denkbare Definition der Religionsgemeinschaften als verbindlich anzuerkennen. Die Grenze ist durch den Verfassungsbegriff ‚Religionsunterricht‘ gezogen“. Siehe auch Christoph Link, Die Situation des Religionsunterrichts in Deutschland – rechtliche Regelungen und aktuelle Probleme, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 395-414, hier S. 409 f.

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i. V. m. Art. 15 StGG sehen.131 So hatte eine von der Österreichischen Bischofskonferenz eingerichtete Arbeitsgruppe im Jahr 1996 in einem Positionspapier „die zentrale Rolle“ des konfessionellen Religionsunterrichts betont, zugleich aber festgestellt, dass der Staat „zukunftsträchtige Formen des Religionsunterrichts – wie z. B. Religionsunterricht in ökumenischer Verantwortung – nicht behindern“ sollte.132 Da an manchen Schultypen und Schulstandorten ein konfessioneller Religionsunterricht „organisatorisch an seine Grenze stößt“, wurde mit dem Schuljahr 2012/2013 in Wien und Kärnten ein Pilotprojekt in Richtung eines von Kirchen und Religionsgemeinschaften gemeinsam verantworteten Religionsunterrichts begonnen.133 In Weiterentwicklung des Projektes „KoKoRU“ fordert Martin Jäggle, unabhängig von der Einführung eines Faches „Ethik“, „ein Projekt zu entwickeln, in dem ein ‚Religionsunterricht für alle‘ von den Kirchen und Religionsgemeinschaften gemeinsam verantwortet wird“.134 Derartige Forderungen, wonach nicht nur die anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften einen solchen Unterricht gemeinsam verantworten, sondern auch Schüler(innen) ohne Unterschied der Konfession oder Religionszugehörigkeit daran teilnehmen, scheinen von der österreichischen Verfassung nicht abgedeckt. Zu bedenken ist, dass der österreichische Staat nicht jede Form von Religionsunterricht akzeptieren muss, sondern der Begriff „Religionsunterricht“ von der Verfassung vorgegeben ist. Es handelt sich um einen Unterricht, für den „von der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen“ ist (vgl. Art. 17 Abs. 4 StGG). Zu fragen ist wohl auch, ob Kirchen und Religionsgemeinschaften auf die ihnen gewährten Rechte verzichten sollten, bei aller Offenheit für Ökumene und interreligiösen Dialog. Dieselbe Frage stellt sich auch, wenn der Salzburger Religionspädagoge Anton Bucher für eine Zusammenlegung der beiden Fächer Ethik- und Religionsunterricht in Österreich zu einem neuen Fach „Ethik und ___________ 131

Zu diesbezüglichen Überlegungen und Neuerungen im deutschen Schulrecht bereits in den 1970/80er Jahren siehe Rees, Rechtsordnung (Fn. 3), bes. S. 281-288 m.w.N.; für Österreich Werner Jisa, Religions- und Ethikunterricht in der pluralistischen Gesellschaft – Neue Formen des Religionsunterrichts und ihre religionsrechtliche Einordnung, in: öarr 58 (2011), S. 37-42, hier S. 40 f.; ders., Rechtliche Aspekte des Modells eines „KoKoRu“ der christlichen Kirchen in Österreich, in: Bastel / Göllner / Jäggle / Miklas, Das Gemeinsame (Fn. 125), S. 59-77. 132 Arbeitskreis „Staatskirchenrecht“, Positionspapier, in: Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz, Kirche in der Gesellschaft (Fn. 41), S. 101-105, hier S. 104; zur ökumenischen Dimension eines schulischen Religionsunterrichts aus kirchlicher Perspektive siehe Rees, Rechtsordnung (Fn. 3), S. 129 f., 140, 160 f., 190, 223; ders., Religionsunterricht (Fn. 47), S. 736 f. 133 Vgl. Martin Jäggle / Philipp Klutz, Religiöse Bildung an Schulen in Österreich, in: Jäggle / Rothgangel / Schlag, Religiöse Bildung (Fn. 33), S. 69-93, hier S. 82. 134 Martin Jäggle, Zehn Thesen zum Diskurs um den (konfessionellen) Religionsunterricht in Österreich, in: öarr 58 (2011), S. 2-12, hier S. 11 f.

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Religionskunde“ plädiert, das „vom Staat in ökumenischer Kooperation mit den Religionsgemeinschaften konzipiert werden“ sollte.135

VI. Die Ausbildung von Religionslehrer(innen) In Österreich erfolgt die Ausbildung von katholischen und evangelischen Religionslehrer(innen) für höhere Schulen an den Universitäten, näherhin an den Theologischen Fakultäten. Jene für den Elementarbereich lag bisher an den Pädagogischen Hochschulen, die seit dem Jahr 2006 auf Grund des Hochschulgesetzes 2005 in Pädagogische Hochschulen überführt wurden.136 In den vergangenen Jahren wurde das Studium der Katholischen Theologie und der Katholischen Religionspädagogik auf neue Grundlagen gestellt.137 Wohl Europa weit einmalig werden an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien / Krems römisch-katholische, evangelische, orthodoxe, altkatholische und orientalisch-orthodoxe Religionslehrer(innen) gemeinsam ausgebildet.138 ___________ 135

Vgl. Nina Goldmann, Forderung nach kombiniertem Ethik- und Religionsunterricht. Ein eigenes Konzept bringt der Salzburger Religionspädagoge Anton Bucher in die Debatte zum Ethikunterricht ein. Seine Idee eines Faches „Ethik- und Religionskunde“ für alle Schüler bleibt nicht ohne Widerspruch (28.8.2012): http://religion.orf.at/ stories/2547596/ (20.2.2013); Theologe für kombinierten Ethik- und Religionsunterricht. Salzburger Religionspädagoge Prof. Bucher plädiert für neues Fach zumindest ab der AHS/BHS-Oberstufe – Evangelischer Schulexperte Krobath äußert Skepsis, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 205, 29. August 2012, S. 2 f. 136 Vgl. Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005 – HG), BGBl. I 2006/30: http://www.ris.bka.gv.at/ GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004626 (21.2.2013); siehe auch Werner Jisa, Zur Ausbildung der Religionslehrer in Österreich – eine gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche?, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 241-258. 137 Vgl. u. a. Studienpläne der Katholisch-Theologischen Fakultät Innsbruck 2009: http://www.uibk.ac.at/theol/studieren.html (21.2.2013); siehe auch Wilhelm Rees, Theologische Fakultäten als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche. Kirchenrechtliche und staatskirchenrechtliche Vorgaben für die Neuordnung des theologischen Studiums, in: Hans Paarhammer / Alfred Rinnerthaler (Hrsg.), Österreich und der Heilige Stuhl im 19. und 20. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Internationalen Forschungszentrums für Grundlagenforschungen der Wissenschaften Salzburg, Bd. 78), Frankfurt am Main u. a. 2001, S. 443-469; ders., Katholisch-Theologische Fakultäten und Studium der Katholischen Theologie in der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich, in: Anna Egler / ders. (Hrsg.), Dienst an Glaube und Recht. Festschrift für Georg May zum 80. Geburtstag (Kanonistische Studien und Texte, Bd. 52), Berlin 2006, S. 723-789; Johann Hirnsperger, Die Priester- und Religionslehrer/innen/ausbildung nach der Neuordnung der Universitätsstudien in Österreich, in: Rinnerthaler, Aspekte (Fn. 1), S. 323-342; Jäggle / Klutz, Religiöse Bildung (Fn. 133), S. 86-88. 138 Vgl. Jäggle / Klutz, Religiöse Bildung (Fn. 133), S. 82 f.; siehe dazu auch unter: http://www.kphvie.at/ (21.2.2013). Mit WS 2013/14 startet ein Masterstudium „Ortho-

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Besondere Fragen warf und wirft die Ausbildung von islamischen Religionslehrer(innen) auf. Raschsteigende Schüler(innen)zahlen erforderten qualifizierte Religionslehrer(innen). Mouhanad Khorchide verweist in diesem Zusammenhang auf „verschiedene Varianten […], wie die Heranziehung von in Österreich lebenden MuslimInnen oder etwas später die Verpflichtung von im Ausland (vornehmlich in der Türkei) ausgebildeten Theologen“. 139 Bei der ersten Gruppe habe es jedoch an der pädagogischen und nicht selten an der theologischen Qualifikation, bei der zweiten an der pädagogischen Qualifikation und an der Kenntnis der deutschen Sprache gemangelt; zudem seien die Lehrer (innen) mit dem österreichischen Schulsystem nicht vertraut gewesen. So wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten vom 23. April 1998 die Religionspädagogische Akademie der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (Islamisch Religionspädagogische Akademie – IRPA) errichtet.140 Als konfessionelle Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht war sie bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2007 für die fachliche und pädagogische Ausbildung von Religionslehrer(innen) für den islamischen Religionsunterricht an Pflichtschulen zuständig.141 Hochschulrechtliche Verändeungen in Form des Hochschulgesetzes 2005 führten zu einer Neuerrichtung unter der Bezeichnung „Privater Studiengang für das Lehramt für Islamische Religion an Pflichtschulen“ (SIRP), der mit einem Bachelor-Abschluss endet.142 Mit dem Studienjahr 2006/07 richtete die Universität Wien die Forschungseinheit „Islamische Religionspädagogik“ ein, die im Rahmen eines viersemestrigen Master-Studiengangs muslimische Religionslehrer(innen) für die höheren Schulen ausbildet.143 Dennoch haben, wie Mouhanad Khorchide ___________ doxe Religionspädagogik“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Siehe unter: http://www.pro-oriente.at/?site=ne20120326093934 (21.2.2013). 139 Khorchide, Dossier (Fn. 90), Nr. 3; siehe zum Folgenden ebd.; ferner auch ders., Die Ausbildung von ReligionslehrerInnen für den islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Österreich. Chancen und Herausforderungen, in: MAGAZIN erwachsenenbildung.at 5, 2008: http://erwachsenenbildung.at/magazin/08-5/meb08-5_ 05_khorchide.pdf (21.2.2013); ders., Wie viel Staat braucht der islamische Religionsunterricht in Europa? Ein Vergleich der Situation des Religionsunterrichts in Österreich und Deutschland, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 37 (2008), S. 467-482; ferner unter: http://www.oezp.at/pdfs/2008_4-6-Khorchide.pdf (21.2.2013). 140 Vgl. Aslan, Erziehung (Fn. 88), S. 7-13; Martina Schmied, Die Islamische Religionspädagogische Akademie (IRPA), in: öarr 46 (1999), S. 434-443; Heine / Lohlker / Potz, Muslime in Österreich (Fn. 89), S. 112 f.; ferner auch Michael Ott, Ausbildung islamischer Religionslehrer und staatliches Recht (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Bd. 189), Berlin 2009. 141 Am 30. September 2007 wurde das bisher geltende Akademiestudiengesetz außer Kraft gesetzt und damit auch die IRPA aufgelöst. 142 Siehe unter: http://www.irpa.ac.at/ (21.2.2013); ferner unter: http://www.ausbil dungskompass.at/ausbildung102302 (21.2.2013). 143 Siehe unter: http://islamische-religionspaedagogik.univie.ac.at/ (21.2.2013).

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feststellt, ca. 40 % der in Wien und Niederösterreich tätigen Religionslehrer (innen) „noch immer keine fachliche (theologische und pädagogische) Ausbildung, der Anteil in den westlichen Bundesländern, wo eine der IRPA ähnliche Ausbildungsinstitution fehlt, dürfte noch viel höher sein“.144 Zur Behebung dieses Defizits und im Interesse einer Vertiefung der Ausbildung von islamischen Religionslehrer(innen) wurde es seit dem Wintersemester 2011/12 möglich, auch an der Universität Innsbruck in Kooperation mit der Universität Wien ein Masterstudium „Islamische Religionspädagogik“ zu absolvieren. Ein Bachelorstudium „Islamische Religionspädagogik“ an der Universität Innsbruck ist im Entstehen. Ähnlich erfolgte in der Bundesrepublik Deutschland im Sommer 2011 an der Universität Tübingen die Eröffnung des ersten Zentrums für Islamische Theologie, das islamische Theolog(innen) bzw. künftig auch Imame ausbildet.145 Weitere Standorte finden sich in Osnabrück, Münster und Frankfurt. Großes mediales Interesse, aber auch Sorge und Bestürzung erregte eine Umfrage unter muslimischen Lehrer(innen) im Jahr 2009, wonach 21,9 % die Demokratie ablehnen und 28,4 % einen Widerspruch zwischen „Muslim sein“ und Europäer sein“ sehen.146 Seit Januar 2009 wird in Österreich am Konzept der „PädagogInnenbildung Neu“ gearbeitet. Ziel ist eine der Bologna-Struktur entsprechende, durchlässige und zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen abgestimmte Ausbildung auf tertiärem Niveau mit entsprechend objektivierten Eignungsund Aufnahmeverfahren auf Basis von bundesweit einheitlichen Standards.147 Diese Ausbildung soll ein 4-jähriges Bachelorstudium, eine 1-2 Jahre dauernde Induktionsphase mit Begleitung durch Mentor(innen) sowie ein 1-2 Jahre dauerndes berufsbegleitendes Masterstudium umfassen. Zur Umsetzung der ___________ 144 Khorchide, Dossier (Fn. 90), Nr. 11. Auch betrachten 70 % der islamischen Religionslehrer(innen) den Religionsunterricht als „einen Verkündigungsunterricht“, wobei „die Vermittlung von Ritualen und Gesetzen oberste Priorität“ habe. Vgl. ebd. 145 Siehe unter: http://www.uni-tuebingen.de/einrichtungen/verwaltung-dezernate/ iforschung-strategie-und-recht/zentrum-fuer-islamische-theologie.html (21.2.2013); siehe auch Christian Walter / Janbernd Oebbecke / Antje von Ungern-Sternberg / Moritz Indenhuck (Hrsg.), Die Einrichtung von Beiräten für Islamische Studien (Schriften zum Religionsrecht, Bd. 2), Baden-Baden 2011; ferner auch 14 türkische Imame absolvieren landeskundlichen Lehrgang in Wien. Informationen über das rechtliche und politische System in Österreich und ein Besuch bei der Caritas stehen auf dem Programm – Kirchen in Lehrgang maßgeblich miteinbezogen, in: KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 44, 23. Februar 2010, S. 6; Ednan Aslan (Hrsg.), Zwischen Moschee und Gesellschaft. Imame in Österreich, Frankfurt am Main u. a. 2012. 146 Vgl. Großer Wirbel um Islam-Studie (27.1.2009): http://oesterreich.orf.at/wien/ stories/338121/ (8.8.2010); siehe im Einzelnen Mouhanad Khorhide, Der islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft. Einstellungen der islamischen ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen, Wiesbaden 2009. 147 Siehe insgesamt unter: http://www.bmukk.gv.at/schulen/lehr/labneu/index.xml (21.2.2013).

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„PädagogInnenbildung Neu“ wurde an der Universität Innsbruck am 1. Oktober 2012 eine „School of Education“ als 16. Fakultät geschaffen,148 an der die Ausbildung für Religionslehrer(innen) mitangesiedelt ist.

VII. Schluss Wie Brigitte Schinkele zu Recht bemerkt, ergibt sich die „Legitimation des Religionsunterrichts im freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat […] primär aus der grundrechtlichen Gewährleistung von Religionsfreiheit und aus der Verpflichtung des Staates, gerade wegen seiner religiös-weltanschaulichen Neutralität im Sinn eines freiheitlichen Neutralitätsverständnisses die religiöse Komponente – verstanden in einem der Verfassungsordnung entsprechenden umfassenden Sinn – den Religionsunterricht nicht aus dem gesamtschulischen Bildungsauftrag auszuklammern und damit einen Schritt in Richtung ‚Privatisierung des Religiösen‘ zu setzen“.149 Das Österreichische Religionspädagogische Forum, das interreligiös zusammengesetzt ist, plädiert daher für einen konfessionellen Religionsunterricht, der jungen Menschen „Perspektiven für ein gelingendes und sinnerfülltes Leben“ eröffnet und „einen Rahmen für authentische Begegnung mit Religionen, Erlernen religiöser Sprache und Wachstum religiöser Identität“ ermöglicht.150 So sind „religiöse Erziehung und Bildung im Religionsunterricht der staatlichen Schule […] auch in postmodernen Zeiten nicht obsolet geworden, im Gegenteil […]“.151 Es liegt bei den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihren Auftrag und Dienst in einer Weise zu erfüllen, der den Zeitumständen, der Schule sowie den Schüler(innen) gerecht wird. Wenn eine große Zahl von Schüler(innen) keinen Religionsunterricht hat, sei es auf Grund von Abmeldung, Konfessionslosigkeit oder Zugehörigkeit zu einer anderen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, müssen neue Wege gesucht und beschritten werden, um auch diesen Schüler(innen) Werte zu ver___________ 148

Siehe unter: http://www.uibk.ac.at/ipoint/news/2012/soe.html.de (21.2.2013); ferner unter: http://www.uibk.ac.at/fakultaeten/soe/ (21.2.2013). 149 So Schinkele, Überlegungen (Fn. 36), S. 254 f. 150 Österreichisches religionspädagogisches Forum, Positionspapier 2009 zum konfessionellen Religionsunterricht, Schlierbach, 20. November 2009; abgedr. in: ÖRF 18 (2010), S. 62; ferner unter: http://www.dioezese-linz.at/redsys/data/schulamt/ÖRF_ Konfessioneller_RU_ein_zukunftsfaehiges_Modell.pdf (21.2.2013). 151 Ulrich Kropac, Religiöse Erziehung und Bildung in postmoderner Gesellschaft. Begründungen, Aufgaben und Formen von Religionsunterricht in der öffentlichen Schule, in: Religion und Gesellschaft. Hrsg. im Auftrag der Theologischen Hochschule Chur von Michael Durst und der Theologischen Fakultät der Universität Luzern von Hans J. Münk (Theologische Berichte XXX), Freiburg / Schweiz 2007, S. 94-133, hier S. 127.

Neuere Fragen um Schule und Religionsunterricht in Österreich

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mitteln. Dies gilt vor allem für einen Staat, der sich u.a. auch zu einer ethischen Erziehung verpflichtet hat (vgl. Art. 14 Abs. 5a B-VG; § 2 Abs. 1 SchOG). So ist die flächendeckende Einführung eines Ethikunterrichts für Schüler(innen), die an keinem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen, dringend gefordert. Wie im Religionsunterricht geht es auch im Ethikunterricht darum, „Voraussetzungen für sittlich verantwortbares Handeln zu schaffen“.152 Er muss daher ein Anliegen der Schule bzw. des Staates sein. Jedoch würde ein für alle Schüler(innen) verbindlich eingerichtetes Pflichtfach „Ethik“ nicht nur den konfessionellen Religionsunterricht schwächen, sondern wohl auch die religiösweltanschauliche Neutralität des Staates berühren bzw. verletzen, da der Staat eine gewisse Ethik und damit eine Weltanschauung verpflichtend machen würde. Somit erscheint für Österreich, wie Brigitte Schinkele bereits vor Jahren betont hat, „die Beibehaltung des konfessionellen Religionsunterrichts als Pflichtfach – unter verstärkter Einbindung in die allgemeinen Schulzwecke, verbunden mit steter Offenheit zur Neugestaltung und zum interreligiösen Dialog – in Verbindung mit der Einführung eines Ethikunterrichtes für konfessionslose Schüler und Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch gesellschaftspolitischer und religionspädagogischer Sicht in der derzeitigen Situation als die adäquateste Lösung“. Diese „entspricht auch am besten nicht nur der österreichischen Tradition einer engen Zusammenarbeit von Staat, Schule und Kirche, sondern auch dem gegenwärtigen vom Gedanken der Koordination geprägten Verhältnis von Staat und Kirche“.153 Konfessioneller Religionsunterricht und alternativer Ethikunterricht werden den Zielvorstellungen des § 2 Abs. 1 SchOG und ebenso Art. 14 Abs. 5a B-VG gerecht. Sie dienen der Verwirklichung und Umsetzung von Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK, das in Österreich Verfassungsrang hat. Nicht zuletzt tragen sie der Pluralität der Gesellschaft sowie der religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen Rechnung und ermöglichen die Wahrnehmung von Grundund Freiheitsrechten, wie sie die Republik Österreich, aber auch die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechtscharta der europäischen Union gewährleisten. Eine multikulturelle Gesellschaft erfordert gegenseitiges Verstehen und Toleranz. Wenngleich Österreich hier als Vielvölkerstaat bereits früh Erfahrungen gesammelt und für ein Zusammenleben Rahmenbedingungen geschaffen hat, so sind in der heutigen Zeit Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophobie verstärkt wahrzunehmen und in Österreich „ein spezifisches ___________ 152

Schinkele, Überlegungen (Fn. 36), S. 248 f. Schinkele, Überlegungen (Fn. 36), S. 255; siehe auch dies., Gesellschaft (Fn. 105), S. 19: Religionsunterricht und Ethikunterricht stellen „unverzichtbare Gegenstände im Regelschulwesen“ dar. 153

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Wilhelm Rees

Problem“.154 Näherhin betont Art. 26 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dass Bildung „zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen“ muss.155 Einen solchen Beitrag leistet der von den anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften erteilte Religionsunterricht, vor allem auch der islamische, und ebenso ein staatlicherseits eingerichteter Ethikunterricht für Schüler(innen), die an keinem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen.

___________ 154 Jäggle / Klutz, Religiöse Bildung (Fn. 133), S. 83, unter Hinweis auf Sieglinde Rosenberger / Gilg Seeber, Kritische Einstellungen: BürgerInnen zu Demokratie, Politik, Migration, in: Regina Polak (Hrsg.), Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990-2010: Österreich im Vergleich, Wien 2011, S. 165-189, hier S. 179-188. So ist „an den Wiener Schulen […] der Anteil der SchülerInnen, die eine andere Umgangssprache als Deutsch sprechen, mit 41,8 % am höchsten […], gefolgt von Vorarlberg mit 18,3 %“. Vgl. Amena Shakir, Vorzüge des Religionsunterrichtes für die Identitätsbildung junger Menschen, in: öarr 58 (2011), S. 51-60, hier S. 54, unter Hinweis auf Gudrun Biffl / Isabella Skrivanek, Schule-Migration-Gender (Studie erstellt im Auftrag des bm:ukk), Krems 2011: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/21041/schule_migra tion_gender_eb.pdf (21.2.2013). 155 Text unter: http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html (21.2.2013).

Neue Probleme bei der Auslegung des Begriffes „Unverletzlichkeit“ im Vertrag zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten vom 3. Januar 1979 María Roca

I. Der Begriff „Unverletzlichkeit“ im Vertrag zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl und im spanischen Recht Der Begriff „Unverletzlichkeit“ kommt im Vertrag zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten vom 3. Januar 1979 in Art. I Abs. 5,1 wo die Unverletzlichkeit der Kultstätten gewährleistet wird, und in Art. I Abs. 6,2 wo die Unverletzlichkeit der Archive, Kirchenbücher und anderer kirchlicher Dokumente vorgesehen ist, vor. Welche Bedeutung und Tragweite hat dieser Begriff innerhalb des Vertrages? Aus der Sicht des Völkerrechts hat Professor Tomás Ortiz de la Torre diese Frage folgendermaßen beantwortet: „Die Verträge zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl sind internationale Abkommen, die im Einklang mit dem Völkergewohnheitsrecht interpretiert werden müssen, nicht jedoch mit dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, da dieses erst 1980 in Kraft getreten ist und dessen Art. 4 besagt, dass dieses Übereinkommen nicht rückwirkend anwendbar ist.“3 Gemäß Völkerrecht verpflichtet sich (facere) ein Staat, der die ___________ 1

„Den Kultstätten wird die Unverletzlichkeit gemäß den Gesetzen gewährleistet. Sie können nicht zerstört werden, ohne vorher entweiht worden zu sein. Im Fall von Zwangsenteignung muß vorher die zuständige kirchliche Autorität gehört werden.“ Vgl. Text in: AfkKR 149 (1978), S. 531-539, 534. 2 „Der Staat achtet und schützt die Unverletzlichkeit von Archiven, Registern und sonstigen Dokumenten der spanischen Bischofskonferenz, der bischöflichen Kurien, der Kurien der höheren Oberen von Orden und religiösen Kongregationen, der Pfarreien sowie anderer kirchlicher Einrichtungen und Anstalten.“ Vgl. ebd., S. 534. 3 J. A. Tomás Ortiz de la Torre, Significado y alcance del término inviolabilidad en el acuerdo entre el Estado Español y la Santa Sede, sobre Asuntos Jurídicos, de 3 de enero de 1979, in: Estudios eclesiásticos 78/307 (2003), S. 773-777, 774. F. Perez-Madrid, Protección de datos personales y apostasía, in: www.iustel.com Revista General de Derecho Canónico y Derecho Eclesiástico del Estado 19 (2009), S. 1 ff., ist der Meinung, dass die Wiener Vertragrechtskonvention gilt.

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Unverletzlichkeit anerkennt, gegen eine Verletzung (vis injusta) vorzugehen.4 Aufgrund des Textes von Art. I Abs. 6 des Vertrages muss diese Pflicht aus zweifacher Perspektive gesehen werden: facere (schützen) und non facere (achten / respektieren).5 Das heißt, dass die von Art. I Abs. 6 angesprochen Dokumente weder registriert noch durchsucht, beschlagnahmt oder gepfändet werden dürfen. Prof. Ortiz de la Torre vertritt die Auffassung, dass sich die Bestimmung lediglich auf pastorale Dokumente und solche erstreckt, die Auswirkungen auf die Privatsphäre einer Person haben. Damit besteht ein Unterschied zu anderen im Vertrag angeführten kirchlichen Dokumenten, der allerdings aus dem Text nicht ersichtlich wird.6 Ich stimme mit der Ansicht von Prof. Ortiz de la Torre überein. Um eine Antwort auf praxisrelevante Probleme geben zu können, ist eine detaillierte Vertiefung notwendig. Meines Erachtens ergeben sich folgende praxisrelevante Fragen: Was soll ein kirchlicher Richter sagen, wenn ein Zivilrichter ihn um konkrete, in einem kanonischen Prozess verwendete Beweismittel ersucht? Wie soll ein Kanzler oder Archivar antworten, wenn man ihn um Zugang zum Archiv oder zur Ausfertigung bestimmter Dokumente für Forschungs- oder Ermittlungszwecke bittet? Welche Antwort soll er geben, wenn jemand den Austritt aus der Kirche erklärt hat und die Löschung seiner Taufdaten im entsprechenden Kirchenbuch verlangt? Eine Antwort dergestalt, dass die kirchlichen Archive und Dokumente diplomatische Immunität genießen und niemand ein Zugangsrecht besäße, erachte ich weder mit den Vorschriften des aktuellen kanonischen Rechts über die Benutzung der kirchlichen Archive vereinbar noch mit dem Grundsatz „der kooperativen Beziehung (des spanischen Staates) zur Katholischen Kirche und den sonstigen Konfessionen“ (Art. 16 Abs. 3 der spanischen Verfassung). An diesen Grundsatz ist der spanische Staat gemäß Verfassung gebunden, ebenso auch die katholische Kirche, die sich als Vertragspartner verpflichtet hat, die mit dem spanischen Staat geschlossenen Verträge im Geist der Zusammenarbeit auszulegen. Wir werden versuchen, eine Antwort zu finden, indem wir zwischen Unverletzlichkeit der Kultstätten und jener kirchlicher Archive, kirchlicher Bücher und anderer kirchlicher Dokumente unterscheiden. Obwohl in beiden Fällen der Begriff „Unverletzlichkeit“ verwendet wird, darf hinsichtlich einer praktischen ___________ 4

Tomás Ortiz de la Torre, Significado y alcance del término (Fn. 3), S. 774. Ebd., S. 775 f.: „Die Bedeutung des Satzes: ,Der Staat respektiert und schützt die Archive […]‘ des Art. I Abs. 6 des Vertrags ist die gleiche wie die des Art. 24 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961, wenn dieser besagt: ,Die Archive und Schriftstücke der Mission sind jederzeit unverletzlich, wo immer sie sich befinden‘.“ 6 Tomás Ortiz de la Torre, Significado y alcance del término (Fn. 3), S. 776. 5

Probleme bei der Auslegung des Begriffes der „Unverletzlichkeit“

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Problemlösung nicht eine gemeinsame Auslegung jenseits dieser ersten Annäherung aus der Sicht des Völkerrechts vorgenommen werden. Der Begriff „Unverletzlichkeit“ ist kein Begriff, der ausschließlich im Vertrag über rechtliche Angelegenheiten zwischen dem Heiligen Stuhl und dem spanischen Staat vorkommt. Die spanische Rechtsordnung anerkennt und gewährleistet die parlamentarische Unverletzlichkeit, die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses und die Unverletzlichkeit der Wohnung. Außerdem garantiert die spanische Rechtsordnung – ebenso wie die Rechtsordnungen der westlichen Staaten – die Unverletzlichkeit der Grundrechte. Alle genannten Fälle kennzeichnet ein gemeinsames Merkmal: der besondere Schutz des schützenswerten Gutes vor Eingriffen Dritter. Bereits aus der ersten Rechtsprechung des spanischen Verfassungsgerichts7 betreffend die Unverletzlichkeit der Wohnung geht hervor, dass diese Bedingungen für eine Durchsuchung voraussetzt, nämlich die Zustimmung der betroffenen Person bzw. eine richterliche Anordnung. Aus der Unverletzlichkeit der Wohnung folgt das grundsätzliche Verbot einer willkürlichen Durchsuchung.

II. Die Unverletzlichkeit der Kultstätten: Sakrale Gebäude und Friedhöfe Obwohl sich weder Wissenschaft noch Rechtsprechung einig sind, ob Friedhöfe als Kultstätten bezeichnen werden können oder nicht, ist es unserer Meinung nach angebracht, kirchliche Friedhöfe als Kultstätten zu betrachten.8 Wenn wir daher über „Unverletzlichkeit der Kultstätten“ sprechen,9 beziehen wir uns auf sakrale Gebäude und alle dazugehörenden Bestandteile gemäß Art. 334 Abs. 1 und 3 des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuches („alles was an einem Gebäude befestigt ist und nicht ohne Abbruch des Materials oder Beschädigung des Gegenstandes getrennt werden kann“) sowie auf kirchliche Friedhöfe. ___________ 7

Urteil des spanischen Verfassungsgerichts: STC 22/1984 vom 17. Februar 1984, aus den Gründen Nr. 5. 8 A. González-Varas Ibáñez, Libertad religiosa y cementerios: incidencia del factor religioso sobre las necrópolis, in: Ius Canonicum 82 (2001), S. 645-695. 9 Das kanonische Recht unterscheidet zwischen heiligen Ort und Kultstätten. M. Calvi, L’edificio di culto è un ,luogo sacro‘? La defininizione canonica di ,luogo sacro‘, in: Quaderni di diritto ecclesiale 13 (2000), S. 228-247, 237, verweist darauf, dass can. 1205 CIC/1983 einen Ort als heilig bestimmt, wenn dieser von der zuständigen Behörde für den Gottesdienst oder die Beisetzung von Gläubigen ausgewiesen und konsekriert worden ist. Nicht konsekrierte Kultstätten sollen mit Respekt behandelt werden (can. 1229 CIC/1983), sind jedoch aus juristischer Sicht keine heiligen Orte.

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Was darf heute nicht mehr unter die Unverletzlichkeit von Kultstätten fallen?10 Aus meiner Sicht sind dies historisch bedingte Dinge, wie die Immunitätszone rund um Kultstätten. Diese war eng mit dem Asylrecht in den Kirchen verbunden. Es ging eher um die Frage, welchen Personen und in welchen Fällen Asyl gewährt werden kann, als um jene, auf welchen räumlichen Bereich sich dieses Recht erstreckt. In jüngerer Vergangenheit gewährleiste der kirchliche Gesetzgeber im Codex Iuris Canonici von 1917 die Unverletzlichkeit von Kultstätten, indem er in can. 1160 CIC/1917 festgelegte, dass heilige Orte von der zivilen Gerichtsbarkeit ausgenommen sind und die zuständigen kirchlichen Autoriten ihre Jurisdiktion hier immer frei ausüben können. Als logische Konsequenz dieser Vorschrift wurde auch das Asylrecht in Kirchen vorgesehen (vgl. can. 1179 CIC/ 1917). Es war sogar von Extraterritorialität der Kultstätten die Rede. Diese beiden Bestimmungen können heute nicht mehr unter Art. I Abs. 6 des Vertrages über rechtliche Angelegenheiten subsumiert werden. Unserer Meinung nach bedeutet die Unverletzlichkeit der Kultstätten die Anerkennung dessen, was in Art. 1 Abs. 1 des Vertrags u. a. verankert ist: „das Recht der katholischen Kirche, ihre apostolische Sendung auszuüben, sowie die Garantie der freien und öffentlichen Ausübung der ihr zukommenden Tätigkeiten, insbesondere jene der Gottesverehrung, der Gerichtsbarkeit und des Lehramtes“. Wenngleich an einem Heiligen Ort „nur das zugelassen werden (darf), was der Ausübung oder Förderung von Gottesdienst, Frömmigkeit und Gottesverehrung dient“, kann der Ortsordinarius gemäß can. 1210 des geltenden kirchlichen Gesetzbuchs, des Codex Iuris Canonici von 1983 „einen anderen, der Heiligkeit des Ortes nicht entgegenstehenden Gebrauch gestatten“.11 Die Bestimmungen des kirchlichen Gesetzbuchs über die Verwendung der Kultstätten müssen im zivilen Bereich in gleicher Weise geachtet werden wie jene über den Verkauf und die Verwaltung des kirchlichen Vermögens und Eigentums.12 Die kirchli___________ 10

Zur Beantwortung dieser Frage siehe M. Rodríguez Blanco, Libertad religiosa y confesiones. El régimen jurídico de los lugares de culto, Madrid 2000, S. 101 ff. 11 A. Longhitano, Comentario al c. 1210, in: A. Marzoa / J. Miras / R. RodríguezOcaña (Hrsg.), Comentario exegético al Código de Derecho Canónico, Bd. III, Pamplona 1995, S. 1807, stellt fest, dass der Ordinarius diese Einschätzung sowohl „per modum actum“ als auch im Sinn der Diözesannormen durchführen kann. 12 Die kanonistische Gesetzgebung wirkt in diesem Bereich als gesetzlicher Anspruch der öffentlichen juristischen Personen, welche auf kanonische Weise errichtet worden sind und vom Staat anerkannt sind (Art. I in fine des Vertrages zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten). M. López Alarcón, La administración de los bienes eclesiásticos, in: Ius Canonicum 24,47 (1984), S. 87-122; Idem, Eficacia civil de la licencia para la enajenación de bienes eclesiásticos, in: Ius Canonicum 57 (1989), S. 305-326 und in V. A., Homenaje al profesor Juan Roca Juan, Murcia 1989, S. 423-438; Idem, La titularidad de los bienes eclesiásticos, in: V. A., El derecho patrimonial canónico en España. XIX Semana de Derecho Canónico

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chen Bestimmungen,13 die sich aus der Natur der Kultstätte ableiten, und die Kompetenzen der kirchlichen Autorität gehen über den eigentlichen Inhalt der Unverletzlichkeit hinaus. Die Unverletzlichkeit, von der der Vertrag spricht, bezieht sich nur auf die Fälle von Abriss und Enteignung. Die Regelung von Öffnungszeiten, Nutzung der Kultstätten usw. ist breiter gefasst und nicht per se durch das Konzept der Unverletzlichkeit abgedeckt. Das spanische Strafrecht schützt vor Hausfriedensbruch,14 Unterbrechung oder Störung der Religionsausübung15 sowie Schändung von Grabstätten.16 Dieser Schutz kann uneingeschränkt auch auf Kultstätten, sakrale Gebäude und kirchliche Friedhöfen angewendet werden, wobei betont werden muss, dass die Anwendung der strafrechtlichen Normen nicht eine Folge der im Vertrag gewährleisteten Unverletzlichkeit der Kultstätten ist, da die strafrechtlichen Bestimmungen auch zum Schutz von sakralen Gebäuden registrierter Religionsgemeinschaften zur Anwendung kommen, auch wenn diese keinen Vertrag mit ___________ celebrada en Salamanca del 17 al 21 de septiembre de 1984, Salamanca 1985, S. 7-32; M. G. Moreno Antón, La enajenación de bienes eclesiásticos en el ordenamiento jurídico español, Salamanca 1987; Y. García Ruiz, Titularidad y conservación de los bienes destinados al culto, in: R. M. Ramírez Navalón (Ed.), Régimen económico y patrimonial de las confesiones religiosas, Valencia 2010, S. 217-242. 13 Das kanonische Recht gesteht dem Ordinarius die Möglichkeit zu, ein Gotteshaus, welches nicht mehr gottesdienstlich genutzt werden kann, einem profanen, aber nicht unwürdigen Gebrauch zurückzuführen. Vgl. can. 1222 § 1 CIC/1983. In can. 1222 § 2 wird auf „andere schwerwiegende Gründe“ (zusätzlich zu denen des § 1) verwiesen, die einen solchen Verwaltungsakt rechtfertigen. Vgl. G. Paolo Montini, La cessazione degli edifici di culto, in: Quaderni di diritto ecclesiale 13 (2000), S. 281-299, 288 f. 14 In Art. 203 des spanischen Strafgesetzbuches finden sich das Delikt des Hausfriedensbruchs in einer Wohnung, einem Domizil einer juristischen Personen und einer öffentlichen Einrichtung. 15 Art. 523 des spanischen Strafgesetzbuches legt fest: „Derjenige, der mit Gewalt, Drohung oder Aufruhr Handlungen, Funktionen, Zeremonien oder Kundgebungen der im entsprechenden öffentlichen Register des Ministeriums für Justiz und Inneres registrierten Glaubensgemeinschaften behindert, unterbricht oder stört, wird, falls die Straftat in einem Gotteshaus begangen wurde, mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis sechs Jahren bestraft, mit einer Geldstrafe von vier bis sechs Monaten, wenn die Straftat an einem anderen Ort begangen wurde.“ Siehe dazu: J. Ferreiro Galguera, Protección jurídico penal de la religión, A Coruña 1998, S. 247 f. Art. 524 des spanischen Strafgesetzbuches sieht ferner vor: „Wer in einem sakralen Gebäude, einem Ort der Anbetung oder religiöser Zeremonien einen Schändungsakt vollzieht, welcher die rechtlich geschützten religiösen Gefühle verletzt, wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis einem Jahr oder einer Geldstrafe von 12 bis 24 Monaten bestraft.“ Siehe dazu ebd., S. 249 f. 16 Art. 526 des spanischen Strafgesetzbuches besagt: „Wer die Erinnerung der Verstorbenen beleidigt, indem er die Gräber, Leichen oder dessen Asche schändet oder bewusst die Urnen, Friedhöfe, Grabsteine oder Nischen zerstört, verändert oder beschädigt wird mit einer Freiheitsstrafe von drei bis fünf Monaten oder mit einer Geldstrafe von sechs bis 10 Monaten bestraft.“ Siehe dazu Ferreiro Galguera, Protección jurídico penal (Fn. 15), S. 254-256.

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dem spanischen Staat abgeschlossen haben. Ausdrücklich ist die Unverletzlichkeit evangelischer,17 jüdischer18 und islamischer19 Kultstätten in entsprechenden Vereinbarungen mit dem spanischen Staat vertraglich gesichert. Von den drei Verträgen mit den religiösen Minderheiten erwähnt nur derjenige mit der Islamischen Kommission Spaniens die Unverletzlichkeit der Archive und Dokumente.20

III. Die Unverletzlichkeit der Archive, Kirchenbücher und anderer kirchlicher Dokumente: Kontroverse Fragen Die Unverletzlichkeit der Archive, Kirchenbücher und anderer kirchlicher Dokumente wirft kontroverse Fragen auf im Hinblick auf die Vorschriften über das historische Erbe und das geistige Eigentum sowie in Bezug auf die von Zivilrichtern gestellten Gesuche zur Herausgabe von in einem kanonischen Verfahren benutzen Akten und Dokumenten. Der erste21 und zweite22 Themenkreis ___________ 17 Art. 2 des entsprechenden Vertrags: „2. Die Kultstätten der Kirchen der FEREDE [Verband Evangelischer Gemeinschaften Spaniens] genießen Unverletzlichkeit gemäß den Gesetzesbestimmungen. 3. Im Falle einer Enteignung muss zuvor der Ständige Ausschuss des FEREDE gehört werden, außer in Notfällen, Fällen der nationalen Sicherheit oder Verteidigung sowie schwerer Vorfälle. 4. Die Kultstätten der Kirchen der FEREDE dürfen nicht abgerissen werden, bevor ihnen nicht ihr heiliger Charakter entzogen wurde, mit Ausnahme der rechtlich vorgesehenen Fälle aufgrund von Dringlichkeit oder Gefahr.“ 18 Art. 2 des entsprechenden Vertrags: „2. Die Kultstätten des FCI (Verband Jüdischer Gemeinschaften) unterstehenden Gemeinschaften genießen Unverletzlichkeit gemäß den Gesetzbestimmungen. 3. Im Falle einer Enteignung muss zuvor die Generaldirektion des FCI gehört werden. 4. Die Kultstätten des FCI unterstehenden Gemeinschaften dürfen nicht abgerissen werden, bevor ihnen nicht ihr heiliger Charakter entzogen wurde, mit Ausnahme der rechtlich vorgesehenen Fälle aufgrund von Dringlichkeit oder Gefahr.“ 19 Art. 2 des jeweiligen Vertrages: „2. Die Kultstätten der islamischen Gemeinschaften, die Mitglied der Islamischen Kommission Spaniens sind, genießen Unverletzlichkeit gemäß den Gesetzesbestimmungen. Im Fall einer Enteignung muss zuerst die Islamische Kommission Spaniens gehört werden. Sie dürfen nicht abgerissen werden, bevor ihnen nicht ihr heiliger Charakter entzogen wurde, mit Ausnahme der rechtlich vorgesehenen Fälle aufgrund von Dringlichkeit oder Gefahr. Sie sind außerdem von der zeitweiligen Besetzung und der Auferlegung von Beschränkungen, die in Artikel 119 des [spanischen] Enteignungsgesetzes vorgesehen sind, befreit.“ 20 Art. 2 Abs. 3: „Der [spanische] Staat respektiert und schützt die Unverletzlichkeit der Archive und anderer Dokumente der Islamischen Kommission Spaniens und ihrer Mitglieder.“ 21 Vgl. I. Aldanondo, Aspectos jurídicos de los archivos eclesiásticos, in: V.A., Estudios en homenaje a López-Alarcón, Murcia 1987, S. 19-52; Idem, Reproducción privada de los archivos eclesiásticos, in: Revista Española de Derecho Canónico 51 (1994), S. 217-225; R. M. Ramírez Navalón, Importancia de los archivos eclesiásticos en

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wurden bereits von der Wissenschaft behandelt. Diese Arbeit behandelt primär Probleme, die mit Blick auf Kirchenbücher bei der Anwendung des spanischen Organgesetzes über den Datenschutz auftreten können. Der Zugang zu den Verwaltungsarchiven wird in der spanischen Verfassung als ein Recht der Bürger anerkannt.23 Trotz dieser verfassungsrechtlichen Verankerung wird der Zugang zu den entsprechenden Daten in der Praxis durch das Gesetz 30/1992 über die Funktionsweise der öffentlichen Verwaltungen und das allgemeine Verwaltungsverfahren bedeutend eingeschränkt (vgl. Art. 37). Dies gilt für den Fall, dass die Daten nominal sind oder sich auf die Privatsphäre beziehen. Wenn es sich um nominale Daten handelt, ist es ausreichend, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, um Zugang zu den Daten einer öffentlichen Stelle zu erhalten. Ein wahlloser Zugang wird untersagt. Die Daten werden in Kopie und nie im Original ausgehändigt. Auch ein glaubhaftes Interesse historischer oder kultureller Art ermöglicht den Zugang. Wenn es sich um spezielle Register handelt, wie z. B. das Personenstands- oder Vorstrafenregister, geht die Sonderregelung der Allgemeinregelung vor, so dass der Zugang zu den Daten restriktiver ist. Die katholische Kirche ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung. Sie besitzt jedoch keine öffentliche Gewalt und ist nicht in den Staat integriert. D. h., dass ihre Archive nicht in die erste Kategorie (öffentliche Stelle) fallen. Aus der Sicht des Staates gelten Kirchenbücher als Privatbesitz, auch wenn die in Art. I Abs. 6 des Vertrages zwischen dem Spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten erwähnten Personen öffentlich-rechtliche sind. Da die Archive als Privateigentum gelten, sind sie nicht ohne gerichtlichen Bescheid zugänglich. Damit ein Richter eine diesbezügliche Anweisung geben kann, bedarf es einer Rechtsnorm, die ihn dazu ermächtigt.

___________ el patrimonio documental español, in: ders., Régimen económico y patrimonial (Fn. 12), S. 343 ff.; S. Petschen Verdaguer, Los archivos parroquiales en el marco de las relaciones Iglesia-Estado. Evolución de la legislación canónica y civil, in: Memoriae Ecclesiae 9 (1996), S. 329-341; E. Sastre Santos, Variaciones sobre la situación de los archivos eclesiásticos, in: Revista española de derecho canónico 57 (2000), S. 743-761. 22 J. L. Requero Ibánez, Límites que rigen en la remisión por los tribunales eclesiásticos de actas de procesos matrimoniales a raíz de los requerimientos por los tribunales civiles, in: R. Rodríguez Chacón / C. Guzmán Pérez (Hrsg.), Instituciones básicas, interacciones y zonas conflictivas de derecho canónico y derecho eclesiástico (actas de las XXVIII Jornadas de actualidad canónica organizadas por la Asociación Española de Canonistas en Madrid, 26-28 de marzo de 2008), Madrid, 2009, S. 227-250. 23 Art. 105 der spanischen Verfassung: Das Gesetz regelt „[…] b) den Zugang der Bürger zu den Verwaltungsarchiven und -registern, außer in Fällen, die die Sicherheit und Verteidigung des Staates, die Ermittlung strafbarer Handlungen und die Intimsphäre der Personen betreffen“.

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Einzelne Personen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, forderten von den Pfarrgemeinden oder Diözesen, in denen sie getauft wurden, die Löschung der Eintragung ihrer Taufe im entsprechenden Kirchenbuch bzw. Register. Angesichts der Weigerung der zuständigen kirchlichen Behörde, eine Löschung vorzunehmen24 und eine entsprechende Bestätigung auszustellen, wandten sich die betroffenen Personen an die spanische Datenschutzagentur und beanstandeten, dass ihnen ihr Recht auf Auskunft über ihre personenbezogenen Daten verweigert wurde. Konkret werde das Recht auf Löschung verweigert, was einen Verstoß gegen ihr Recht auf Glaubensfreiheit darstelle. Die Datenschutzagentur hat – gegen das Rechtsgutachten der Generaldirektion für Religiöse Angelegenheiten – die kirchlichen Behörden aufgefordert, die Löschung der Taufdaten vorzunehmen. Der Erzbischof von Valencia berief gegen dieses Vorgehen mit folgenden Argumenten: (1) Dass die Taufbücher bzw. -register keine Datenverzeichnisse im Sinn des Organgesetzes über den Datenschutz seien; (2) Dass die Archive und Kirchenbücher unverletzlich sind; (3) Dass der Beschluss der Datenschutzagentur das Selbstbestimmungsrecht verletze, das den Kirchen, Konfessionen und Religionsgemeinschaften in Art. 6 des Organgesetzes über Glaubensfreiheit zuerkannt wird. Der spanische Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. September 2008 über das vom Erzbischof von Valencia eingelegte Rechtsmittel gegen die Urteile der Audiencia Nacional entschieden, die die Beschwerden zurückgewiesen und den Beschluss der Datenschutzagentur als rechtmäßig erachtet hatten. Wie bereits von einigen Autoren, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben, angedeutet wurde, stützt sich das Urteil des Obersten Gerichtshofs auf die Feststellung, dass Taufbücher keine Datenverzeichnisse sind; es lässt jedoch die Frage der Unverletzlichkeit von Kirchenbüchern und jene nach einer möglich Falls gegebenen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der katholischen Kirche unerwähnt. Aus diesem Grund behandelt diese Untersuchung diese beiden ungelösten Fragen und verweist auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes sowie auf die Beiträge der Wissenschaft, die sich mit dieser Rechtsprechung auseinandergesetzt haben. Es soll geklärt werden, weshalb Kirchenbücher keine Datenverzeichnisse sind.

___________ 24 Die zuständigen kirchlichen Behörden haben nicht in allen Fällen auf die gleiche Weise gehandelt. Um der Forderung des Betroffenen zu entsprechen, hat der Erzbischof von Barcelona den Bischof von Vic gebeten, den „Austritt aus der katholischen Kirche“ gemäß can. 751 CIC/1983 zu verzeichnen. Entnommen aus M. Arenas Ramiro, Protección de datos personales y apostasía: la sentencia del Tribunal Supremo de 19 de septiembre de 2008, in: Anuario de Derecho Eclesiástico del Estado 26 (2010), S. 683702, 688, Fn. 9.

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Wie J. Otaduy25 betont, ist die gleichzeitige Berücksichtigung des Rechts auf Glaubensfreiheit und des Rechts auf informative Selbstständigkeit (Recht auf Auskunft über Daten) nicht korrekt, da es sich um zwei unterschiedliche Rechtsgüter handelt,26 was unumstritten ist. Meiner Meinung nach sind die beiden Rechtsgüter jedoch nicht völlig voneinander unabhängig. Gemäß der Argumentation von Otaduy kann das Recht, mit dem die Löschung der Daten gefordert wird, nicht das der Glaubensfreiheit sein. Allerdings behauptet derselbe Autor, dass es notwendig sei, ein Verfahren zur Erleichterung der Beweisfindung einzuführen unter Berücksichtigung eines berechtigten Interesses des Antragstellers, um über ein Beweismittel für seinen Kirchenaustritt zu verfügen. Otaduy meint schlussendlich, dass der Wunsch, den Schein der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu entkräften, und sogar der Wille, die Abwendung von der Glaubensgemeinschaft öffentlich zu bezeugen, aus psychologischer Sicht verständlich erscheint.27 Beinhaltet das Recht auf Glaubensfreiheit die Möglichkeit, persönliche Daten aus dem Taufbuch löschen zu lassen? Oder anders ausgedrückt, ist das Recht auf Löschung der Daten ein Ausdruck der Glaubensfreiheit? Meiner Meinung nach, ist die Möglichkeit, die Taufbücher gemäß dem theologischen Selbstverständnis einer Glaubensgemeinschaft zu führen, ein klarer Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts dieser Gemeinschaft. Sie ist ebenso ein wesentlicher Teil von Religions- bzw. Glaubensfreiheit, dessen Rechtsträger in diesem Fall die katholische Kirche ist. Ich sehe daher nicht ein, weshalb die Ausübung des Rechts auf Löschung – verstanden als eine Randnotiz über den Akt des Austritts aus der Kirche und nicht als Löschung des Vermerks der Taufe28 – nur als Ausübung des Rechts auf informative Selbstbestimmung, ___________ 25

J. Otaduy, Iglesia católica y ley española de protección de datos: falsos conflictos, in: Ius Canonicum 95 (2008), S. 117-140, 120. Das Verlassen einer Glaubensgemeinschaft ist zweifellos Teil des Rechts auf Glaubensfreiheit. Der Datenschutz gewährleistet einen Teil der so genannten individuellen Selbstbestimmung der Personen. Die Rechtsgüter, die diese Rechte schützen, sind unterschiedlich. 26 Ebd.: „Die Verbindung zwischen Apostasie und Datenschutz ist irrtümlich und behindert die richtige Anwendung des Rechts.“ Sensu contrario J. A. Rodríguez García, La protección de los datos personales y las confesiones religiosas, in: Laicidad y libertades 8 (2008), S. 329-370, 361: „Das Recht auf Löschung ergibt sich als logische Konsequenz, da das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten, wie der spanische Verfassungsgerichtshof ausdrücklich erwähnt hat, auf dessen Verfügbarkeit durch Zustimmung beruht. Diese Zustimmung kann deshalb auch jederzeit widerrufen werden. In unserem Fall beinhaltet es auch die Ausübung der Glaubensfreiheit, das heißt, eine Konfession zu verlassen, die man ausübt […].“ 27 Otaduy, Iglesia católica y ley española de protección de datos (Fn. 25), S. 122. 28 Wenn dahingehend argumentiert wird, dass die Tatsache der Taufe historisch dokumentiert wird, verweist man nicht auf das historische Faktum, sondern auf die Tatsache der Eintragung (dass eine Person die Taufe erhalten hat) und nicht auf den Glauben oder die Religiosität einer Person (ob sie u. a. der kirchlichen Lehre folgt oder

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jedoch ohne Verbindung zum Recht auf Glaubensfreiheit verstanden werden muss. Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei um einen Konflikt zwischen kollidierenden Rechtsbereichen: einerseits dem Selbstbestimmungsrecht von Kirchen und Religionsgemeinschaften und andererseits dem individuellen Recht auf informative Selbstbestimmung,29 das eine Form der negativen Glaubensfreiheit darstellt. Da kein Recht unbegrenzt ist (entweder ist die einzelne Person oder die Glaubensgemeinschaft der Rechtsträger), ist es notwendig, Folgendes zu beachten: Da die Austrittserklärung Ausdruck der Ausübung der negativen Glaubensfreiheit ist und die Person, die diese Erklärung abgibt, das Recht hat, dass sie vermerkt wird, sollte für den Fall, dass sich die jeweilige religiöse Autorität weigert, eine diesbezügliche Bescheinigung auszustellen, eine zivile Behörde, etwa ein Notar eine entsprechende Bescheinigung ausstellen. Die Weigerung der kirchlichen Autorität, eine derartige Bescheinigung auszustellen, erscheint unangemessen, wenn die Bedingungen der cc. 124-126 CIC/1983 zu kirchlichen Rechtshandlungen sowie jene des Rundschreibens des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte von 2006 erfüllt werden.30 Interessant in Bezug auf das Thema der vorliegenden Arbeit (die Auslegung des Begriffs „Unverletzlichkeit“) ist, dass gemäß dem Urteil des Oberlandesgerichts (Audiencia Nacional) vom 23. Oktober 2007 die Unverletzlichkeit der kirchlichen Archive nur mit Blick auf Eingriffe des Staates und nicht des Inhabers der Daten geltend gemacht werden kann. Das Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofs vom 19. September 2008 äußerte sich nicht über die Unverletzlichkeit kirchlicher Archive.31 Indem González Moreno32 den Grundsatz der ___________ gemäß den katholischen Moralvorstellungen lebt). Gemäß der Auslegung des Terminus „historisch“ im Hinblick auf etwas, was sich an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit ereignet, sind die Kritiken von Rodríguez García, La protección de los datos personales (Fn. 26), S. 369, unhaltbar, wenn er sich, um die Taufe als historische Angabe abzugrenzen, auf Art. 57 Abs. 1 lit. c) des spanischen Gesetzes 16/1985 vom 25. Juni 1985 bezieht, um daraus zu schließen, dass nach Ablauf von 25 Jahre nach dem Tod einer getauften Person oder 50 Jahre ab der Taufe von keiner historischen Angabe gesprochen werden kann. 29 P. Lucas Murillo de la Cueva / J. L. Piñar Mañas, El derecho a la autodeterminación informativa, Madrid 2009. 30 Päpstlicher Rat für die Gesetzestexte, Actus formalis defectionis ab Ecclesia catholica (13. 3. 2006), in: Communicationes 38 (2006), S. 170-184. 31 I. Cano Ruiz, Los datos religiosos en el marco del tratamiento jurídico de los datos de carácter personal, Granada 2011, S. 209, kritisiert diese Unterlassung und schließt sich der Meinung des Richters Huelin Martínez de Velasco an, der die Ansicht vertreten hat, sich bezüglich der Auslegung des Art. 307 des Vertrags an den Europäischen Gerichtshof zu wenden. 32 B. González Moreno, El derecho fundamental a la protección de datos personales: su contenido y límites respecto al bautismo y la apostasía, in: www.iustel.com Revista General de Derecho Canónico y Derecho eclesiástico del Estado 15 (2007), S. 1 ff.

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Verhältnismäßigkeit bei der Lösung des Konfliktes zwischen den kollidierenden Rechten des Inhabers der Daten und der Kirche als Inhaber des Taufbuchs anwendet, argumentiert sie, dass die Unverletzlichkeit der Archive und der Kirchenbücher einen legitimen verfassungsmäßigen Zweck verfolgt. Die Maßnahme ist passend, notwendig und verhältnismäßig, da die erhobenen Daten in Bezug auf den Anwendungsbereich und die spezifischen Zwecke, für die sie erhoben wurden, nämlich für den Beweis des Empfangs des Sakraments der Taufe, angemessen, zulässig und nicht übermäßig sind. Es steht außer Zweifel, dass Taufbücher die Unverletzlichkeit des Art. I Abs. 6 des Vertrages über rechtliche Angelegenheiten genießen. Die Unterscheidung, die die Audiencia Nacional vornimmt, wonach die Unverletzlichkeit nur gegen den Staat, nicht jedoch gegen den Inhaber der Daten selbst geltend gemacht werden kann, ist womöglich eine subtile und letztlich unwirksame Unterscheidung. Schließlich waren es die Datenschutzagentur und die Audiencia Nacional (beide in Ausübung ihrer öffentlichen Gewalt) und nicht eine Einzelperson, die die Erzdiözese von Valencia gedrängt haben, eine Bestätigung über den Kirchenaustritt (Apostasie) auszustellen. Meiner Ansicht nach kann die Unverletzlichkeit gegen Dritte, ob sie nun Träger der öffentlichen Gewalt sind oder nicht, geltend gemacht werden. Allein nach dem Grundsatz der Zusammenarbeit, an den beide Vertragsparteien (Kirche und Staat) bei der Auslegung des Vertrags gebunden sind, müssen die Diözesen Auskunft über Daten, die in Kirchenbüchern enthalten sind, erteilen, wenn Personen dies verlangen, sofern dies nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des kanonischen Rechts steht. Sollte ein Widerspruch gegenüber dem kanonischen Recht gegeben sein, ist das Selbstbestimmungsrecht der Kirche und die Unverletzlichkeit der Kirchenbücher dem entgegenzusetzen. Die Randnotiz über den Kirchenaustritt (Apostasie) geht mit dem kanonischen Recht konform; die Löschung einer solchen Notiz jedoch nicht, da dadurch Rechte Dritter verletzt werden könnten.33 Dies liegt an den Rechtswirkungen, die sich im kirchlichen Bereich auf Grund von Apostasie ergeben sowie an den Folgen einer Löschung der Daten. Die Dritte Anweisungsnorm 1/1998 der spanischen Datenschutzagentur vom 19. Januar 1998 bezüglich der Ausübung der Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung legt fest, dass „die Löschung eine physische Löschung der Daten erfordert“ und „in Fällen, in denen die Löschung begründet, eine physische Löschung aber aus technischen Gründen oder aufgrund des Verfahrens oder Mediums nicht möglich ist, die für ___________ 33 Otaduy, Iglesia católica y ley española de protección de datos (Fn. 25), S. 126. Ein Verfahren zur Abgabe und Entgegennahme des ausdrücklichen Austritts aus der katholischen Kirche ist durch den Grundsatz der Rechtssicherheit gefordert, „da der Austritt Folgen für die Beziehungen zwischen dem Betroffenen und Dritten innerhalb der kirchlichen Organisation haben kann“.

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das Register verantwortliche Person die Sperrung der Daten vornehmen muss, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung zu verhindern“.34 Ein Teil der Fachwelt behauptet, dass eine begründete Analogie zwischen Kirchenbüchern und Zivilstandsregistern besteht, da die Kirchenbücher unmittelbare Vorgänger von letzteren sind.35 Diese Analogie scheint mir nicht hinreichend zu sein, um Kirchenbücher von der Anwendung des spanischen Organgesetzes über den Datenschutz herausnehmen zu können. Es ist bis dato noch nicht geklärt, ob Zivilstandsregister als Verzeichnisse bewertet werden können und demzufolge dem Datenschutzgesetz unterworfen sind oder nicht. Auf jeden Fall gelten Zivilstandregister als Verzeichnisse, die dem Grundbuchgesetz unterworfen sind. Die Reform des spanischen Hypothekengesetzes von 2001 hat für die vollständige Digitalisierung der Registerbücher gesorgt. Die Reform von 2005 hat zudem Art. 238 des spanischen Hypothekengesetzes neugefasst, indem sie zwei neue Absätze in die bisherige Fassung eingefügt hat, die eine elektronische Führung der Registerbücher, die jederzeit einen telematischen Zugriff auf die Inhalte ermöglicht, vorsehen sowie ein System, das Auskunft über den Zeitpunkt der Digitalisierung der Daten erteilt.36 Viele Autoren, die sich mit diesen Bestimmungen befassen, konstatieren eine Unklarheit hinsichtlich der Tragweite. Es bestehen Zweifel, ob die Führung der Register auf Papier und EDV-mäßig oder ausschließlich in letzterer Form erfolgen soll. Unabhängig davon, ob sie zugleich auf Papier und EDV-mäßig zu führen sind,37 ist die korrekte Auslegung des neugefassten Gesetzes irrelevant, da Taufbücher nicht digitalisiert werden und somit ein telematischer Zugriff auf deren Inhalt unmöglich ist. Sobald Register telematisch zugänglich gemacht werden, besteht die Verpflichtung, Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Verzeichnisse sowohl aktuell als auch für die Zukunft zu treffen. Guichot vertritt die Auffassung, dass die in den Registerverzeichnissen enthaltenen Daten zur „Anwendung eines mittleren Schutzniveaus“ verpflichten. Die Kirchenbücher sind weder telematisch zugänglich noch gelten sie als „Verzeichnisse“, wie bereits der Oberste ___________ 34 E. Guichot, Publicidad registral y derecho a la privacidad. Una necesaria conciliación, Madrid 2006, S. 87, Fn. 183. 35 González Moreno, El derecho fundamental a la protección de datos personales (Fn. 32), S. 35, stellt in Fn. 41 fest, dass „seit Mitte des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts die katholische Kirche Kirchenbücher führt, in denen Taufen, Eheschließungen und Todesfälle vermerkt wurden. Die Französische Revolution säkularisierte diese Register und errichtete die modernen Standesämter, die von Staatsbeamten geführt werden. Seit dem Untergang des Römischen Reiches war es die Kirche, die sich bemüht hat, über einige der wichtigsten Daten von Personen Buch zu führen“. Sinngemäß äußert sich Pérez-Madrid, Protección de datos personales y apostasía (Fn. 3), S. 1 ff. 36 Guichot, Publicidad registral y derecho a la privacidad (Fn. 34), S. 99 f. 37 Ebd., S. 100. Guichot hält diese Form für die richtige Auslegung.

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Gerichtshof erklärt hat. Falls sie diese Eigenschaften aufweisen würden, wären sie aufgrund der Natur der gespeicherten Daten durch das höchste und nicht nur durch das mittlere Sicherheitsniveau zu schützen.38 Der erste Rechtsmittelgrund beruht auf dem Ansatz der Audiencia Nacional, dass die Unverletzlichkeit der Archive, Kirchenbücher und anderer kirchlicher Dokumente, die in Art. I Abs. 6 des Vertrags zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl über rechtliche Angelegenheiten vom 3. Januar 1979 enthalten ist, nicht gegen den Bürger geltend gemacht werden kann, wenn dieser das in Art. 18 Abs. 4 der spanischen Verfassung vorgesehene Grundrecht ausübt. Dieser Artikel lautet: „Das Gesetz beschränkt den Einsatz der Datenverarbeitung, um die Ehre sowie die persönliche und familiäre Intimsphäre der Bürger und die volle Ausübung ihrer Rechte zu gewährleisten.“

IV. Schlussfolgerungen Es ist unbestritten, dass sowohl die Kultstätten als auch die Archive, Kirchenbücher und andere kirchliche Dokumente Unverletzlichkeit genießen. Der Umfang hängt jedoch davon ab, ob es sich um Orte oder Sachen handelt. Bezüglich der Kultstätten kann der Rechtsschutz der Unverletzlichkeit nicht als Synonym für Extraterritorialität verstanden werden, wie es in vergangenen Zeiten der Fall war. Neben dem spezifischen Rechtsschutz, den die Unverletzlichkeit bietet, werden Kultstätten derzeit zudem vom Strafrecht geschützt, dessen rechtliche Folgen über den spezifischen Schutz der Unverletzlichkeit (vor allem im Zusammenhang mit den Registern, dem Abriss und der Enteignung) hinausreichen. Im Hinblick auf die Unverletzlichkeit der Register, Kirchenbücher und anderer kirchlicher Dokumente muss die Abwägung, die in jedem Konfliktfall vorgenommen werden muss, von der Tatsache ausgehen, dass die kirchlichen Archive keine öffentlichen Archive des Staates und die Kirchengerichte nicht Teil des spanischen Justizsystems sind.39 Zu sehen ist auch, dass für die Nutzung der Orte (sakrale Gebäude sowie Friedhöfe) und Sachen (Archive, Kirchenbücher und andere Dokumente), auf die sich der Begriff „Unverletzlichkeit“ bezieht, die Normen des kanonischen Rechts gelten. Die Anwendung des kano___________ 38 Ebd., S. 97. Das Königliche Dekret 994/1999 vom 11. Juni 1999 unterscheidet zwischen drei Ebenen von Sicherheitsmaßnahmen mit Blick auf die Natur der verarbeiteten Information. Auf höchster Stufe stehen Verzeichnisse, die Daten über Ideologie, Religion, Glaube, Rasse und Sexualität enthalten sowie Daten, die aus polizeilichen Gründen ohne Zustimmung der betroffenen Person erhoben wurden. 39 Vgl. sensu contrario Art. 26 des spanischen Organgesetzes der Justizgewalt, in dem die Gerichte genannt werden, denen die Ausübung der richterlichen Staatsgewalt zukommt.

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nischen Rechts40 führt weder zur systematischen oder wahllosen Zugangsverweigerung zu solchen Orten oder Dokumenten noch zu einer willkürlichen Handlung derer, die als kirchliche Amtsträger für die Abfassung oder Ausstellung dieser Dokumente zuständig sind.

___________ 40 Can. 482 § 1 CIC/1983 schreibt vor, dass in jeder Kurie ein Kanzler zu bestellen ist, der „für die Ausfertigung und Herausgabe der Akten der Kurie und ihre Aufbewahrung im Archiv der Kurie Sorge zu tragen“ hat. Vgl. im gleichen Sinn Art. 61 der Instruktion Dignitas Connubii. Aufgabe der Notare gemäß can. 484 § 1 CIC1983 ist es, „Akten oder Urkunden auf rechtmäßiges Verlangen und unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften aus der Registratur vorzulegen und deren Abschriften als mit der Urschrift übereinstimmend zu erklären“. D. h. der rechtliche Schutz des Amtsgeheimnisses des Art. II Abs. 3 des Vertrages von 1976, welcher besagt, dass „keinesfalls […] die Kleriker oder Ordensleute von Richtern oder anderen Behörden aufgefordert werden können, über Personen oder Sachen Auskunft zu geben, zu deren Kenntnis sie aufgrund ihres Dienstes gelangt sind“, sollte und kann nicht immer vorgebracht werden, um eine Zeugenaussage zu verweigern.

Religionsfreiheit in der Republik Slowenien nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über Religionsfreiheit im Jahr 2007 – zwischen Theorie und Praxis Andrej Saje

I. Einleitung Die Republik Slowenien (RS) ist seit 1991 ein selbstständiger und unabhängiger Staat mit einer demokratischen Verfassung und seit 2004 auch Mitglied der EU. Während Slowenien das gesellschaftspolitische System schnell gewechselt hat und formal aus der totalitären in die demokratische Gesellschaftsordnung übergegangen ist, in der Religionsfreiheit selbstverständlich sein sollte, findet der tatsächliche Wechsel in ein demokratisches Verständnis der Rolle der Religion in der Gesellschaft wegen der geschichtlich belasteten Sicht der Trennung von Kirche und Staat im Vergleich mit den Nachbarstaaten und den Mitgliedsstaaten der EU nur mit Verzögerung statt.1 Parallel zur Entwicklung der Demokratie bilden sich in Slowenien allmählich Rechtsgrundlagen auf dem Gebiet der Sicherung und Wahrung von Menschenrechten, unter denen die Religionsfreiheit, die nach allgemeiner Überzeugung ein Indikator dafür ist, ob und wie der Staat tatsächlich Menschenrechte achtet, einen besonderen Stellenwert hat. Einen wichtigen Meilenstein auf ___________ 1 Die Gemischte Dachkommission der Katholischen Kirche und der Regierung der RS hat sich mit der Absicht, die geschichtlich belastete Auffassung der strikten Trennung von Kirche und Staat zu überwinden, im gemeinsamen Dokument vom 17. 6. 1994 für ein positives Verständnis des Grundsatzes der Trennung von Kirche und Staat im Sinn der Gleichberechtigung und der freien Tätigkeit aller Religionsgemeinschaften im Einklang mit der eigenen rechtlichen Ordnung eingesetzt. Vgl. Constitutional provision on the separation of state and religious communities as the starting point for the work of the joint umbrella commission, in: Office of the Government of the Republic of Slovenia for Religious Communities, The State and Religion in Slovenia, Ljubljana 2008, S. 123125. Für einen tieferen Einblick in die geschichtlichen, gesellschaftlichen und politischen Umstände Sloweniens siehe: Lovro Šturm, State and Church in Slovenia, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 22005, S. 469-476; Ivan Janez Štuhec, Slovenia, in: Stella Coglievina (Red.), Le Conferenze episcopali in Europa. Un nuovo attore delle relazioni tra e Stati e la Chiesa cattolica, Milano 2010, S. 163-190.

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diesem Gebiet stellt die Verabschiedung des Gesetzes über Religionsfreiheit (GRelF) im Jahr 2007 dar, mit dem sich Slowenien den europäischen Standards der Ausübung der Religionsfreiheit angenähert hat. Der Staat ist von nun an nicht nur dazu verpflichtet, nicht in das autonome Gebiet der Kirchen und Religionsgemeinschaften einzugreifen und die private Glaubensausübung des Einzelnen zu schützen, was bereits das alte kommunistische Gesetz über Religionsgemeinschaften aus dem Jahr 1976 ermöglicht hat, sondern auch Bedingungen und Möglichkeiten für die volle Ausübung der Rechte auf dem Gebiet der Religionsfreiheit zu schaffen. Der positive Laizismus, der Grundlage und Novität des aktuellen Gesetzes ist, sollte den Staat dazu anregen, Einzelpersonen und Gruppen Bedingungen für die Religionsausübung im Einklang mit ihren Bedürfnissen in allen Dimensionen zu sichern.2 Die Ausübung der Religionsfreiheit als ein grundlegendes Menschenrecht betrifft alle 43 beim Regierungsamt der Republik Slowenien für Religionsgemeinschaften (RARG) registrierten Kirchen und Religionsgemeinschaften. Da aber in Slowenien mindestens dreiviertel der Bevölkerung der Katholischen Kirche angehören, betrifft die Ausübung dieser Rechte vor allem den Staat, der die Ausübung der Religionsfreiheit ermöglicht, und die Katholische Kirche als zahlenmäßig größte Glaubensgemeinschaft. In diesem Artikel werden wir uns deswegen vor allem auf diese beiden Rechtssubjekte beschränken und deren Bestrebungen nach Ausübung der Religionsfreiheit nach dem Jahr 2007. Es wird aber auch der Beitrag anderer größerer Kirchen und Religionsgemeinschaften, wie z. B. der Serbisch-orthodoxen und der Evangelischen Kirche sowie der Islamischen Gemeinschaft in der RS, die bei der Gestaltung von Standards der Religionsfreiheit mitarbeiten, erwähnt werden.

II. Verfassung und gesetzliche Bestimmungen Die Religionsfreiheit wird in Slowenien in der Verfassung der RS3 und in einigen Entscheidungen des Verfassungsgerichts (VerfGE) geregelt, wobei neben anderen Rechtsgrundlagen vor allem das Abkommen zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl über Rechtsfragen,4 das Abkommen zwischen der Slowenischen Bischofskonferenz (SBK) und der Regierung der RS über die geistige ___________ 2 Vgl. Lovro Šturm, Laična država in verska svoboda, in: Lovro Šturm / Simona Drenik / Urška Prepeluh, Sveto in svetno, Pravi vidiki verske svobode, Ljubljana 2004, S. 10-13. 3 Ustava Republike Slovenije, Uradni list RS (Amtsblatt der RS), Nr. 33/91, 42/79, 66/00, 24/03, 69/04, 68/06. 4 Sporazum med Republiko Slovenijo in Svetim Sedežem pravnih vprašanjih, Uradni list RS-MP (Amtsblatt der RS – Internationale Verträge), Nr. 13/04.

Ausübung der Religionsfreiheit in der Republik Slowenien

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Betreuung von Militärangehörigen in der Slowenischen Armee5 sowie das GRelF6 von Bedeutung sind.

1. Verfassung der RS und VerfGE über Religionsfreiheit Die Verfassung legt fest, dass der Staat und die Religionsgemeinschaften getrennt und letztere gleichberechtigt sind. Sie sind in ihrer Tätigkeit frei (Art. 7). Allen werden in der RS die gleichen Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet, ungeachtet der Religion oder irgendeines anderen personenbezogenen Umstandes (Art. 14). Die Freiheit der Glaubensausübung besitzt in der Verfassung einen besonderen Stellenwert. Sie zählt zu der kleinen Zahl der Rechte und Freiheiten, die nicht einmal im Ausnahmezustand aufgehoben oder beschränkt werden dürfen (Art. 16). Im Weiteren behandelt die Verfassung parallel zur Religionsfreiheit auch die Gewissensfreiheit und die Rechte der Eltern. Sie legt fest, dass die Religionsausübung und die Ausübung anderer Bekenntnisse im privaten und öffentlichen Leben frei sind und niemand dazu verpflichtet ist, sich bezüglich seiner Glaubensüberzeugung zu äußern. Die Eltern haben das Recht, im Einklang mit ihrer Überzeugung ihren Kindern eine religiöse und moralische Erziehung zukommen zu lassen. Diese Erziehung des Kindes muss seinem Alter und seiner Reife, seiner Gewissens- und Glaubensfreiheit sowie seiner sonstigen Auffassungs- oder Überzeugungsfreiheit entsprechen (Art. 41). Weigerung aus Gewissensgründen ist in den gesetzlich festgelegten Fällen zulässig, wenn die Rechte und Freiheiten anderer nicht eingeschränkt werden (Art. 46). Jegliche Anstiftung zur Glaubensdiskriminierung und jedes Schüren von Glaubensfeindschaft sind verfassungswidrig (Art. 63). Für das Verständnis und für die Entwicklung der Religionsfreiheit in Slowenien sind die VerfGE wichtig. In diesem Kontext sollen zwei erwähnt werden: Mit der Entscheidung aus dem Jahr 20017 hat das Verfassungsgericht (VerfG) die konfessionelle Tätigkeit an öffentlichen Schulen untersagt, was eine Ausnahme im breiteren europäischen Raum darstellt. In einer späteren Entscheidung aus dem Jahr 2002 hat das VerfG die Religionsfreiheit mit anderen, in der Verfassung geregelten Rechten verbunden und erklärt, dass aus der Religions___________ 5

Agreement between the Slovenian Bishops’ Conference and the Government of the Republic of Slovenia on spiritual care for military persons in the Slovenian army, in: Office of the Government (Fn. 1), S. 101-104. 6 Zakon o verski svobodi, Uradni list RS, Nr. 14/07. 7 Odločba Ustavnega sodišča Nr. U-I-68/98 vom 22. 11. 2001, Uradni list RS, Nr. 101/01. Vgl. Blaž Ivanc, The case law of the Slovenian constitutional court in the area of freedom of religion and beliefs, in: Office of the Government of the Republic of Slovenia for Religious Communities, Legal aspects of religious freedom, International conference, Ljubljana, 15.-18. 9. 2008, S. 252 f.

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freiheit für den Einzelnen drei andere wichtige Rechte hervorgehen, und zwar das Recht jeder beliebigen Religion anzugehören, das Recht die Religion zu wechseln und das Recht keiner Religion anzugehören. Die positive Religionsfreiheit sichert dem Einzelnen die freie Religionsausübung im Privaten und in der Öffentlichkeit, individuell oder kollektiv. Die negative Religionsfreiheit gewährt dem Einzelnen das Recht, seine Religion nicht auszuüben bzw. keiner Religionsgemeinschaft anzugehören.8 Das VerfG hat in der Entscheidung aus dem Jahr 20019 dem negativen Aspekt der Religionsfreiheit Vorrang vor dem positiven eingeräumt. Die Richter haben im Rechtsspruch festgeschrieben, dass in Kindergärten und in öffentlichen Schulen die Trennung von Kirche und Staat konsequent und streng ausgeführt werden muss. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die erwähnten Einrichtungen öffentliche staatliche Institutionen sind, die den Staat nach außen hin repräsentieren und ihn dem Einzelnen erkennbar werden lassen. Öffentliche Kindergärten oder Schulen sind nicht nur eine Manifestation des Staates in der Ausbildung, sondern auch öffentlicher Raum, weshalb das grundsätzliche Verbot der konfessionellen Tätigkeit nach Auffassung des VerfG kein unzulässiges Missverhältnis weder zwischen dem positiven Aspekt der Religionsfreiheit und den Rechten der Eltern, ihre Kinder gemäß ihren eigenen Überzeugungen zu erziehen noch dem negativen Gesichtspunkt der Religionsfreiheit darstellt.

2. Abkommen zwischen der SBK und der Regierung der RS über die geistige Betreuung von Militärangehörigen in der Slowenischen Armee Zur Gewährleistung der ganzheitlichen Achtung der Menschenrechte, insbesondere der Gewissens- und der Religionsfreiheit, haben die Regierung der RS und die SBK am 21. 9. 2000 ein Abkommen über die geistige Betreuung von Militärangehörigen in der Slowenischen Armee geschlossen. Mit diesem wurde bis zur Gründung eines Militärordinariats und zum Abschluss eines entspre___________ 8

Odločba Ustavnega sodišča U-I-92/01, 28. 1. 2002, Uradni list RS, 022/02. Vgl. Miha Movrin, Freedom of religion and the legal status of Churches and other religious communities in the Slovenian constitution and the decision of the Constitutional court of the Republic of Slovenia, in: Office of the Government (Fn. 1), S. 39 f. Die dargelegte Interpretation von Religionsfreiheit steht im Einklang mit der deutschen und der breiteren europäischen Praxis. Siehe dazu: Christian Hillgruber, Staat und Religion: alte und neue Herausforderungen, Drittes Seggauer Gespräch zu Staat und Kirche: Vielfalt der Religionen im weltanschaulich neutralen Verfassungsstaat, in: öarr 57 (2010), S. 19-36, 20 f. 9 Odločba Ustavnega sodišča (Fn. 7); vgl. Movrin, Freedom of religion (Fn. 8), S. 46.

Ausübung der Religionsfreiheit in der Republik Slowenien

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chenden internationalen Abkommens ein Militärvikariat eingerichtet. Im Abkommen, das 7 Artikel umfasst, sind die Arbeitsaufgaben und die Zuständigkeiten des Militärvikars und seiner Mitarbeiter definiert. Die Kirche hat sich in den folgenden Jahren um den Abschluss eines internationalen Abkommens zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl sowie um die Gründung eines Militärordinariats bemüht. Zu einem solchen ist es jedoch wegen starkem Widerstand der linken politischen Parteien nicht gekommen.

3. Abkommen zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl über Rechtsfragen Im Abkommen zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl über Rechtsfragen, das am 28. 5. 2004 ratifiziert wurde, wird der Katholischen Kirche die Rechtssubjektivität und die Autonomie im Rahmen des eigenen Rechts und des Rechtssystems der RS zuerkannt. Der Staat und die Katholische Kirche sind in ihrer Ordnung unabhängig und selbstständig. Sie verpflichten sich zur Zusammenarbeit bezüglich des Fortschritts der menschlichen Person und des gemeinsamen Wohls. Das Abkommen, das 15 Artikel umfasst, bringt keine wirklichen Neuerungen, sondern formalisiert den bestehenden Zustand. Es gewährt der Katholischen Kirche, der in der Präambel eine „jahrhundertealte geschichtliche Verbundenheit mit dem slowenischen Volk“ zugestanden wird, Handlungsfreiheit und die Freiheit der Gottesverehrung und bereitet den Weg für die Lösung anderer offener Fragen.

4. Gesetz über Religionsfreiheit Das GRelF10 ist nach langwieriger Debatte und starkem Widerstand der linken Parteien im Jahr 2007 verabschiedet worden. Dadurch wurde der Bereich der Religionsfreiheit mit der Verfassung in Einklang gebracht. Das GRelF regelt die Art und Weise der Sicherung und Verwirklichung von Religionsfreiheit, definiert das Register, die Kriterien, die Bedingungen und das Verfahren zur Registrierung sowie die Art und Weise der Finanzierung von Religionsgemeinschaften, die sich in der Regel selbst finanzieren, wobei der Staat ihnen finanzielle Hilfe gewähren kann. Es regelt die Rechte der registrierten Kirchen und Religionsgemeinschaften und jene ihrer Mitglieder, wie z. B. die seelsorgliche Betreuung im Militär, in der Polizei, in Gefängnissen, in Krankenhäusern ___________ 10 Vgl. Wilhelm Rees, Religionsfreiheit als Grundlage freiheitlicher Demokratie. Anmerkungen zu einem neuen Gesetz in der Republik Slowenien, in: Borut Holcmann / Gernot Kocher, Kirche und Staat. Festschrift für Stanislav Ojnik zum 75. Geburtstag, Eigenverlag 2007, S. 241-265.

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und in Sozialfürsorgeanstalten sowie die Freiheit, religiöse Objekte zu errichten. Eine der Neuerungen, die im GRelF eingeführt wurden, ist das Recht auf finanzielle Zuwendung zur teilweisen Deckung der Beiträge für die soziale Sicherheit von in religiösen Bereichen tätigen Personen (Priestern, Ordensleuten sowie Laien, die mit der Kirche einen Vollzeitarbeitsvertrag auf dem religiösen Gebiet geschlossen haben). In Slowenien sind offiziell 43 Kirchen und Religionsgemeinschaften registriert. Obwohl das GRelF nicht die Spezifika der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften behandelt, haben diese in großer Mehrheit das Gesetz befürwortet, da es der Verfassungsbestimmung der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften einen positiven Inhalt gibt und die Standards der Religionsfreiheit den Regelungen der EU-Staaten annähert. Das Gesetz steht in Harmonie mit dem Vertrag von Lissabon, auf dessen Grundlage sich die EU zur Achtung des Status der Kirchen und der Religionsgemeinschaften und zur Pflege eines offenen, transparenten und regelmäßigen Dialogs verpflichtet hat.11 Das GRelF bildet die Rechtsgrundlage für den Aufbau eines positiven Verhältnisses zwischen dem Staat und den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften auf eine Art, wie es der Staat mit anderen zivilen Organisationen schafft. Zudem wird die Religionsfreiheit in allen Dimensionen – in der individuellen und kollektiven, der privaten und der öffentlichen Form – gewährleistet. Die wesentliche Verbesserung, die das GRelF in den slowenischen Raum bringt, ist die Definition der Kirchen und Religionsgemeinschaften als für die Gesellschaft nützliche Organisationen, durch die die Glaubensäußerung in der Öffentlichkeit eine Rechtsgrundlage erhält. Im Einklang mit dem Vertrag von Lissabon unterscheidet das GRelF zwischen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Dies ist eine bedeutende Neuerung, mit der der Staat den Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre spezifische Bedeutung und die Besonderheiten, die sich unter anderem im Namen selbst zeigen, anerkennt.

III. Verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes über Religionsfreiheit Nach Verabschiedung des GRelF am 2. 2. 2007 in der Staatsversammlung hat ein Teil der links gerichteten Politik aufgrund ideologischer Gründe Einspruch gegen das Gesetz erhoben, da es im Widerspruch zur Verfassung stehe und der Katholischen Kirche entgegenkomme. Auf Antrag des Staatsrats der RS, der die Außerkraftsetzung des ganzen Gesetzes gefordert hatte, veröf___________ 11

Vgl. Vertrag von Lissabon, Art. 16c.

Ausübung der Religionsfreiheit in der Republik Slowenien

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fentlichte das VerfG am 15. 4. 2010 eine Entscheidung im Zusammenhang mit dem Antrag auf Prüfung der Verfassungskonformität des GRelF, 12 in der festgeschrieben ist, dass – ausgenommen von zwei weniger bedeutenden Bestimmungen – keine Verfassungswidrigkeit vorliegt. Das VerfG, das den Ansatz insgesamt und die fundamentalen Grundsätze des GRelF bestätigt hat, hat zudem eine ganzheitliche Erklärung der Religionsfreiheit vorgelegt,13 welche betont, dass schon aus Art. 41 der Verfassung die Pflicht des Staates hervorgeht, die religiösen Bedürfnisse der Einzelnen und ihrer Gemeinschaften zu berücksichtigen, woran der Staat auf neutrale und gleichberechtigte Art und Weise herangehen müsse. Damit hat das VerfG zahlreiche verfassungsrechtliche Dilemmata, welche in den Jahren nach der Unabhängigkeit und im Prozess der Demokratisierung Sloweniens eine normale Entwicklung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat behindert haben, ausgeräumt und eine stabilere rechtliche Grundlage für die Entwicklung der Religionsfreiheit, für den Dialog, für die Lösung offener Fragen und den Abschluss neuer Abkommen geschaffen. Von der wichtigen Klärung verfassungsrechtlicher Begriffe sollen nur einige erwähnt werden: der Gesichtspunkt der Nützlichkeit von Religionsgemeinschaften, die Bedeutung der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften, die Neutralität des Staates und das Verhältnis zwischen positiver und negativer Religionsfreiheit. Als Besonderheit muss das Verbot der Einstellung von Priestern in Krankenhäusern und Gefängnissen gesehen werden.

1. Kirchen und Religionsgemeinschaften sind gesellschaftlich nützliche Organisationen Das VerfG hat gänzlich dem Art. 5 des GRelF zugestimmt, der die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften als gesellschaftlich nützliche Organisationen definiert. Diese Nützlichkeit liegt zuerst im geistlichen Sinn sowie im Einsatz für die Achtung der menschlichen Würde und die Sinngebung des religiösen Lebens (res spirituales). Von besonderer Bedeutung ist die Nützlichkeit auch nach außen, näherhin der große gesellschaftliche Beitrag der Kirchen und ___________ 12 Ustavno sodišče, Odločba v zvezi z zahtevo za oceno ustavnosti ZVS, Nr. UI.92/07-23. 13 Unabhängig von der Außerkraftsetzung zweier Artikel hat die Fachöffentlichkeit zusammen mit der SBK die Entscheidung des VerfG als großen Schritt vorwärts in der Normalisierung und Europäisierung der Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften in Slowenien bewertet. Vgl. Erklärung der SBK im Zusammenhang mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts U-I-92/07 vom 8. 7. 2010, Nr. 239/10, http://aktualno.rkc.si/?id=10549&fmod=13 (1.2.2012). Für eine weiterreichende Erläuterung der VerfGE siehe: Andrej Naglič, Svoboda vere v odločbi Ustavnega sodišča Republike Slovenije o ustavnosti Zakona o verski svobodi, in: Bogoslovni vestnik 70 (2010), S. 483-493.

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Religionsgemeinschaften auf dem Gebiet der Erziehung, des Sozialwesens, der Caritas, der Kultur und der Bildung (res mixtae) (Art. 128).14 Obwohl niemand das Recht hat, vom Staat materielle Unterstützung bei der Äußerung des Glaubens zu fordern, kann der Staat hinsichtlich des Grundsatzes der Bürgernähe und der allgemeinen Nützlichkeit Kirchen und Religionsgemeinschaften materiell unterstützen, indem er ihnen Mittel über öffentliche Ausschreibungen gewährt (Art. 137).

2. Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften und der Grundsatz der Neutralität Den Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften hat die Verfassung (Art. 7) aus der alten jugoslawischen Verfassung übernommen. Somit ist in der slowenischen Öffentlichkeit die falsche Überzeugung erhalten geblieben, dass auch in einer demokratischen Ordnung der Kirche gegenüber immer noch eine restriktive politische Praxis gelten kann, auf dessen Grundlage die Kirche nicht nur vom Staat, sondern auch von der Gesellschaft getrennt ist.15 In demokratischen Ordnungen sind Kirchen und Religionsgemeinschaften Bestandteil der Zivilgesellschaft, die jedoch gänzlich vom Staat getrennt sind, d. h. dass sie Autonomie besitzen, dabei aber das gesellschaftliche Leben mitgestalten und am gemeinsamen Wohl mitwirken. Der Staat ist somit nicht nur hinsichtlich der Religionsgemeinschaften, sondern auch der Zivilgesellschaft getrennt.16 Der Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften hat gemäß der VerfGE drei Grundelemente: die religiöse Neutralität des Staates, die Freiheit und Autonomie der Religionsgemeinschaften in ihrem eigenen Tätigkeitsfeld und die gleiche Stellung des Staates allen Religionsgemeinschaften gegenüber (Art. 99). Der erwähnte Grundsatz untersagt dem Staat nicht, mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften ein positives Verhältnis aufzubauen und andere Formen der Zusammenarbeit zu schaffen, wie der Staat sie auch mit anderen bürgerlichen Organisationen pflegt (Art. 103). Der Staat verlangt nicht die Verneinung der religiösen Dimension in der Gesellschaft, sondern verbietet lediglich die Identifizierung mit einer Religion oder die Gewährung von Vorteilen an gewisse Religionen. Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit des Staates gegenüber den religiösen Bedürfnissen der Men___________ 14

Vgl. Naglič, Svoboda vere (Fn. 13), S. 491. Vgl. Anton Stres, Le rapport entre l’Eglise et l’Etat. Le point de vue de la théologie et de la philosophie politique, in: Slovenska akademija znanosti in umetnosti, State and Church selected historical and legal issues, International Conference, June 21 and 22, 2001, Ljubljana 2002, S. 333. 16 Vgl. Šturm, Laična država (Fn. 2), S. 11. 15

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schen, sondern Offenheit und aktives Schaffen von Möglichkeiten der Ausübung der Religionsfreiheit als Menschenrecht (Art. 104).

3. Verhältnis zwischen dem positiven und dem negativen Gesichtspunkt der Religionsfreiheit Religionsfreiheit beinhaltet laut Art. 41 der Verfassung das Recht, eine Religion zu wählen und sie auszuüben oder dies nicht zu tun sowie das Recht, die Religion frei zu wechseln (Art. 80). Dabei muss noch einen Bereich verwiesen werden, den die erwähnte Entscheidung des VerfG beinhaltet, nämlich auf das Verhältnis zwischen negativer und positiver Religionsfreiheit, zwischen dem Recht nicht zu glauben und dem Recht zu glauben, wobei der Staat jegliche zwangsweise (unerwünschte) Konfrontation des Einzelnen mit der Glaubensüberzeugung verhindert. Dieser Standpunkt stellt die Grundlage für das Verbot des konfessionellen Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen dar. Das VerfG hat festgeschrieben, dass die positive Religionsfreiheit jegliche persönliche oder öffentliche Glaubensäußerung zusichert, einschließlich von Gebeten und dem Verbreiten von Glaubenswahrheiten. Die Verfassung schützt – nach der Interpretation des VerfG – auch Handlungen, die die Einhaltung religiöser Regeln betreffen, wie z. B. Rituale und Glaubenssymbole bzw. nach außen hin erkennbare Handlungen, die wesentlich mit der Glaubensüberzeugung des Einzelnen verbunden sind und ohne die Religionsfreiheit wesentlich beeinträchtigt würde (Art. 84). Das VerfG klärt auch das Verhältnis zwischen der negativen und der positiven Religionsfreiheit: So hat „im Konflikt zwischen der positiven und der negativen Religionsfreiheit, also wenn die positive Religionsfreiheit in die negative eingreift, die negative Religionsfreiheit nicht a priori Vorrang vor der positiven Religionsfreiheit“ (Art. 86).

4. Außerkraftsetzung des Artikels über die Mindestanzahl von Gläubigen und das Verbot der Anstellung von Priestern in Krankenhäusern und Gefängnissen Das VerfG hat mit seiner Entscheidung zwei Bestimmungen außer Kraft gesetzt, die jedoch die Religionsfreiheit nicht wesentlich beeinträchtigen: die Bestimmung hinsichtlich der Mindestanzahl von Mitgliedern einer Religionsgemeinschaft als Voraussetzung für eine Registrierung17 und die Bestimmung über die Anstellung von Priestern in Krankenhäusern und Gefängnissen. Im ___________ 17 Das GRelF verlangt mindestens 100 Mitglieder, das VerfG eine niedrigere Mindestanzahl.

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Hinblick darauf, dass in Slowenien ein Großteil der Priester neben ihrer regelmäßigen pastoralen Arbeit in den Pfarreien auch Krankenhäuser besucht, jedoch kein Priester in Krankenhäusern oder Gefängnissen angestellt ist, hat diese Entscheidung die kategoriale Seelsorge nicht betroffen. Sie vermittelt jedoch den Eindruck einer unvernünftig strengen Trennung von Kirche und Staat, was einen Rückschritt von bereits erreichten Standards der Religionsfreiheit in Anstalten der geschlossenen Art darstellt. Dieser Eindruck ist besonders offensichtlich, da die Anstellung von Priestern in einem Teil der staatlichen Institutionen, etwa in Krankenhäusern und Gefängnissen, verfassungswidrig, im Militär und in der Polizei jedoch zulässig ist. Das VerfG hat diese Entscheidung damit begründet, dass die staatliche Finanzierung der seelsorglichen Betreuung in Gefängnissen und Krankenhäusern kein Menschenrecht aus dem ersten Absatz des Art. 41 der Verfassung ist. Der Staat kann jedoch den Religionsgemeinschaften die benötigten finanziellen Mittel für die Ausübung dieser Betreuung in einem Umfang und in einer Art bereitstellen, die nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften steht. Eine der verfassungsmäßig zulässigen Formen der unterstützenden Mitwirkung des Staates bei der seelsorglichen Betreuung in Gefängnissen und Krankenhäusern ist die Leistung einer finanziellen Vergütung an die Religionsgemeinschaften für die bereitgestellte seelsorgliche Betreuung. In diesem Fall hat sich der Staat in Augen Dritter hinreichend von der religiösen Tätigkeit der Priester distanziert, die ausschließlich in der Verantwortung der einzelnen Religionsgemeinschaften liegt. Insofern ist die Autonomie der Kirche gewährleistet (Art. 146). Die Grenze des Zulässigen ist dann überschritten, wenn der Staat mit den Priestern ein Arbeitsverhältnis für die Verrichtung von religiösen Tätigkeiten eingeht. Ein Priester, der als öffentlicher Angestellter religiöse Betreuung in Krankenhäusern ausübt, würde bei Nichtgläubigen bis zu einem gewissen Grad den Staat symbolisieren. Der Staat wäre gleichsam derjenige, der unmittelbar die religiös-geistliche Betreuung ausübt, was einer Gleichsetzung mit der Religion bzw. den Religionsgemeinschaften entspräche. Daraus könnten die Negierung der Neutralität und ein Konflikt mit dem in Art. 7 der Verfassung verankerten Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften resultieren (Art. 147). Mit dieser Entscheidung weicht das VerfG von der europäischen Praxis ab und führt damit in Slowenien eine unfreundlichere Form des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat gegenüber dem bereits erreichten ein.

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IV. Versuch der Neudefinition der Beziehungen zwischen Staat und Kirche Politische Parteien mit linker Ausrichtung, die nach den Parlamentswahlen im Jahr 2008 die Regierung gebildet haben, haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie „die Beziehung zwischen Staat und den Religionsgemeinschaften neu definieren und dabei die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften sowie den Grundsatz der Gleichheit der Religionsgemeinschaften berücksichtigen werden“ (Art. 11.7). Die SBK hat gegenüber der Ankündigung einer Neudefinition auf der 45. ordentlichen Sitzung am 11. 11. 2008 in Ljubljana18 ihre Besorgnis über die Ankündigung der Wiederbelebung der negativen Beziehung gegenüber der Katholischen Kirche zum Ausdruck gebracht. Die Bischöfe wiesen darauf hin, dass der Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften allgemein akzeptiert und im Abkommen zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl über Rechtsfragen festgeschrieben ist. Sie können jedoch eine laizistische und ideologische sowie der Kirche feindliche Interpretation dieses Grundsatzes nicht annehmen. Mit der Berufung auf Expertenmeinungen wiesen die Bischöfe darauf hin, dass die Verfassung keine Grundlage für ein restriktives und feindliches Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften biete, sondern eine solche Sichtweise Folge ideologischer und politischer Haltungen sei, die eine Wiederbelebung des Kulturkampfes und eine Gettoisierung der Kirche bedeutet.

1. Umbenennung der Kommission für die Lösung offener Fragen mit Religionsgemeinschaften in die Kommission für Dialog Die Regierung der RS hat am 30. 7. 2009 die bisherige Kommission der Regierung der RS für die Lösung offener Fragen der Religionsgemeinschaften in die Kommission der Regierung der RS für den Dialog mit Religionsgemeinschaften umbenannt, mit der Begründung, dass die Änderung durch die Ähnlichkeit der Kommissionen in anderen europäischen Staaten angesagt wäre und der bisherige Name das Vorhandensein einer Reihe von Fragen impliziert hätte, die aber größtenteils gelöst seien.19 Der Regierungsbeschluss hat keine Ände___________ 18 Vgl. Bericht der 45. ordentlichen Sitzung der SBK vom 11. 11. 2008, Nr. 204/08, http://aktualno.rkc.si/?id=9234&fmod=0 (5.2.2012). Nach Meinung der Bischöfe überwiegt heute ein Verhältnis zwischen dem Staat und der Kirche, das auf Verfassung und Recht und nicht auf Ideologie basiert. Es entwickelt sich in Richtung „der kooperativen Interpretation des Grundsatzes der Trennung, die heute überall in Europa überwiegt“. 19 RARG, Pressemitteilung vom 31. 7. 2009. Vgl. http://www.uvs.gov.si/nc/si/ medijsko_sredisce/novica/article/1951/1350/ (6.2.2012).

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rung in der Haltung gegenüber der Kirche gebracht, da die Regierung bereits seit dem Jahr 2007 kein Interesse für die Lösung offener Fragen mit der Kirche gezeigt hatte. Folglich gab es auch keinerlei bilaterale Gespräche. Auf der anderen Seite aber hat die Entscheidung der Regierung eine starke symbolische Bedeutung – eine Entscheidung für den status quo bzw. die Passivierung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat. Die Begründung der Regierung hinsichtlich der Gründe für die Umbenennung der Kommission ist irreführend und entspricht nicht den Tatsachen. Slowenien kann bezüglich der Achtung der Religionsfreiheit nicht mit den Nachbarstaaten verglichen werden, da diese diesbezügliche Fragen schon lange gelöst haben. Unkorrekt ist ebenso, dass es keine größeren offenen Fragen gibt bzw. diese bereits gelöst seien. Der neue Name der Kommission bedeutet auch eine Reduzierung der Zuständigkeiten. Die Kommission der SBK für die Regelung der Beziehungen mit dem Staat hat der Regierung in den Jahren nach der Unabhängigkeitserklärung mehrmals fünf Bündel offener Fragen aus dem Gebiet des Rechts, der Erziehung und Ausbildung, der Finanzen und der Wirtschaft, der seelsorglichen Betreuung besonderer Gruppen und aus dem Gebiet des Schutzes des Kulturerbes vorgelegt, wobei nur gewisse Fragen gelöst wurden. Nach der Verabschiedung des GRelF sind die Gespräche zum Erliegen gekommen, obwohl die Kirche die Fortführung der Verhandlungen bezüglich der ungelösten Fragen vorgeschlagen hat.

2. Vorlage eines neuen Gesetzes über religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften Nachdem das VerfG am 15. 4. 2010 eine Entscheidung im Zusammenhang mit dem Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des GRelF veröffentlicht hatte,20 kündigte das RARG die Vorbereitung eines neuen Gesetzes über religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften (GRelWelG)21 an, mit der Begründung, dass dies die erwähnte Entscheidung des VerfG anordnet. Die Inkraftsetzung der Gesetzesnovelle, die versucht, Religionsgemeinschaften mit weltanschaulichen Gemeinschaften gleichzusetzen, würde rechtlich-organisatorische Änderungen und Modifikationen der Kirchenfinanzierung herbeiführen. Die Gesetzesnovelle basiert auf der strikten Berücksichtigung der Art. 7 und 41 sowie anderer Artikel der Verfassung und geht vom Standpunkt aus, dass der Staat – aufgrund des Grundsatzes der Trennung und der Neutralität – den Religionsgemeinschaften weder mittelbar noch unmittelbar finanzielle Unterstützung zukommen lassen darf. Somit wäre eine Finanzierung der seel___________ 20

Vgl. Ustavno sodišče RS, Odločba (Fn. 12). Vgl. Ausgangspunkte für die Vorbereitung des GRelWelG vom 27. 10. 2010: http://www.uvs.gov.si/fileadmin/uvs.gov.si/pageuploads/Zakonodaja/predpisi_v_priprav i/ZVSS_1_.pdf (5.2.2012). 21

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sorglichen Betreuung im Militär, in der Polizei, den Krankenhäusern, den Gefängnissen und anderswo verunmöglicht. Zudem würde der Staat die Mitfinanzierung der Sozialbeiträge für Priester, Ordensleute und pastorale Mitarbeiter(innen) sowie alle anderen Formen der staatlichen Unterstützung abschaffen. Die Katholische Kirche, andere Religionsgemeinschaften und die Fachöffentlichkeit haben die erwähnte Absicht als ideologischen Plan der Verringerung der Standards der Religionsfreiheit bewertet und sich ihr widersetzt. Der Rat der christlichen Kirchen, den die Katholische, die Evangelische und die Serbisch-orthodoxe Kirche bildet, hat zusammen mit der Islamischen Gemeinschaft in der RS am 9. 11. 2010 in einer gemeinsamen Erklärung festgestellt, dass die Ausgangspunkte und die Ankündigung der neuen Gesetzgebung auf dem Gebiet der Religionsfreiheit als Instrumentalisierung des Glaubens und der Kirche für politische Zwecke zu werten sind.22

3. Standpunkt der SBK zum GRelWelG Die SBK hat den Ausgangspunkten des GRelWelG in der öffentlichen Diskussion am 15. 11. 2010 entgegnet und betont, dass die Vorlage keine fachliche Grundlage in der Entscheidung über die Bewertung der Verfassungsmäßigkeit des GRelF hat.23 Das VerfG hat den Gesetzgeber nur zur Regelung der Maßstäbe für die Registrierung (Art. 126) und zu einer anderen Regelung der seelsorglichen Betreuung in Gefängnissen und Krankenhäusern (Art. 148) verpflichtet. Die SBK wies darauf hin, dass die Ausgangspunkte des GRelWelG im Widerspruch zum Konzept der Religionsfreiheit stehen, wie es in der Verfassung verankert ist. Die Religionsfreiheit beinhaltet neben dem positiven und dem negativen auch den individuellen und kollektiven Aspekt, wobei sich die neue Gesetzesvorlage nur letzteren beschränkt. Die parallele Behandlung einer breiten Palette von weltanschaulichen Vereinigungen mit den Religionsgemeinschaften würde einen Niveaurückgang bezüglich des Rechtsschutzes bedeuten. Da das gültige GRelF zusammen mit anderen Gesetzen, die dieses Gebiet regeln, keinen Aspekt der Religions- und Versammlungsfreiheit offen lässt, sind dessen Änderungen nicht notwendig. Die Ausgangspunkte des GRelWelG sehen die teilweise Einordnung der Kirchen und der Religionsgemeinschaften in die Organisationen für Ausübung von Erwerbstätigkeiten vor, was im Wider___________ 22

Vgl. Erklärung der Vertreter des Rates der christlichen Kirchen in Slowenien und des Muftis der Islamischen Gemeinschaft in der RS über die Gesetzesvorlage zur Novelle des Gesetzes über Religionsfreiheit. http://aktualno.rkc.si/?id=10895&fmod=13 (5.2.2012). 23 Der Standpunkt der Katholischen Kirche zu den Ausgangspunkten des RARG für die Vorbereitung des GRelWelG vom 15. 11. 2010 ist aufrufbar unter: http://aktualno. rkc.si/?id=10905&fmod=13 (5.2.2012).

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spruch zu deren Natur und Berufung stehe. Mit seiner überwiegend verbietenden Ausrichtung steht das GRelWelG im ausdrücklichen Widerspruch zum Standpunkt des VerfG, das betont, dass all das, was sich im Rahmen der Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit gemäß Art. 41 der Verfassung bewegt, nicht im Widerspruch mit dem in Art. 7 der Verfassung verankerten Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche sein kann (Art. 104). Einen massiven Eingriff in die Religionsfreiheit stellen auch die Neuerungen des GRelWelG im Zusammenhang mit der Finanzierung der Kirchen und der Religionsgemeinschaften dar, die ausschließlich von der Zweckbestimmung von höchstens 0,5 % der Einkommensteuer, welche die steuerpflichtigen Bürger 3.500 verschiedenen juristischen Personen, darunter auch Religionsgemeinschaften widmen können, abhängig wäre. Das vorgeschlagene Modell würde eine derartige Streuung der Mittel verursachen, dass die tatsächliche Religionsfreiheit und die allgemein nützliche Tätigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften gefährdet wäre, was im Widerspruch zum Grundsatz des Rechts- und Sozialstaats sowie jenem der der Bürgernähe stünde (Art. 103).

4. Novelle des Gesetzes über Religionsfreiheit Das RARG hat zwar aufgrund des Widerstands der Kirchen und der Religionsgemeinschaften sowie der Fachöffentlichkeit die Durchsetzung des GRelWelG aufgegeben, jedoch gleichzeitig eine Novelle des GRelF vorbereitet, in der gemäß der Entscheidung des VerfG nur notwendige Änderungen berücksichtigt werden. Weil das RARG einen Antrag auf eine Gesetzesänderung im Parlament nicht einreichen kann, hat dies am 13. 6. 2011 eine Gruppe linksgerichteter Abgeordneter übernommen. Damit soll der grundlegende Zweck, d. h. die gesetzliche Verwirklichung der angekündigten Neudefinierung der Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften aus dem Jahr 2008 im Sinn eines groben Eingreifens des Staates in die Autonomie der Kirchen und Religionsgemeinschaften, erreicht werden. Inzwischen haben, nachdem die damalige Regierung (2008-2011) keine Stellung zur Novellierung bezogen hatte, die Verteidigungsministerin und die Rechtsabteilung der Staatsversammlung auf die Verfassungswidrigkeit der Novelle und auf die Unzulässigkeit der Aufhebung bereits gesetzlich erreichter und in der Praxis geltender Standards der Religionsfreiheit aufmerksam gemacht. Die SBK, die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden und der Akademische Verein Jurist haben am 7. 9. 2011 in der Sitzung des Parlamentarischen Ausschusses für Innenpolitik, öffentliche Verwaltung und Justiz auf die fachliche Abwegigkeit und den ideologischen Hintergrund der geplanten Novelle hingewiesen und betont, dass diese nicht nur de facto, sondern auch de iure die Bedeutung der Kirchen und der Religionsgemeinschaften als nützliche

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Organisationen gering schätze, da sie die allgemeine Nützlichkeit nur auf nomineller Ebene anerkenne.24 Die Novelle setzt die verfassungsmäßige Stellung der Kirchen und der Religionsgemeinschaften mit den weltanschaulichen Gemeinschaften in unklarer Weise gleich und engt das Recht auf Religionsfreiheit des Einzelnen ein. Sie ermöglicht der exekutiven Gewalt willkürliche Berichterstattung über die Tätigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften, da sie die Regierung ermächtigt, Verletzungen gewisser Bestimmungen (Art. 4 und 9 des GRelF) festzustellen, obwohl für die Feststellung etwaiger Rechtswidrigkeiten im Handeln der Kirchen und Religionsgemeinschaften die Gerichte zuständig sind. Obwohl das VerfG keinerlei Verfassungswidrigkeiten auf dem Gebiet der religiösen Betreuung im Militär und in der Polizei festgestellt hat, schafft die Gesetzesnovelle das Recht auf seelsorgliche Betreuung im Militär und in der Polizei ab. Auch das Recht auf staatliche Finanzierung der sozialen Absicherung von Personen, die von Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften in der Pastoral angestellt sind, das in der bisherigen Rechtsordnung gewährleistet war und ein Recht der Priester und anderer pastoraler Mitarbeiter(innen) und nicht ein Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften darstellt, wird abgeschafft. Mit der Abschaffung dieses Rechts wären deshalb individuelle Rechte und die soziale Sicherheit einzelner pastoraler Mitarbeiter betroffen. Die Novelle schränkt die Möglichkeit, öffentliche finanzielle Mittel zu erhalten, stark ein, und unterwirft die Kirchen und Religionsgemeinschaften einer ausgesprochen rigorosen finanziellen Aufsicht, was beispiellos in Europa ist. Für Kirchen und Religionsgemeinschaften wird eine strafrechtliche Repression mit der Möglichkeit der Auflösung eingeführt. Die Aufsicht über ihre Tätigkeit ist umgekehrt proportional zur Bereitschaft zur Unterstützung von Kirchen und Religionsgemeinschaften und bedeutet einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit und Autonomie ihrer Tätigkeit. Die Gesetzesvorlage gründet auf laizistischer Ideologie und folglich auf der strikten Interpretation der Trennung von Kirche und Staat. Ihrem Inhalt nach bedeutet sie ein radikales Abweichen von bereits bestehenden Standards. Sie steht im Widerspruch mit der Verfassungsordnung und dem Abkommen zwischen der RS und dem Heiligen Stuhl über Rechtsfragen sowie im Gegensatz zur europäischen Praxis auf dem Gebiet der Religionsfreiheit. Die Novelle des GRelF wurde aufgrund der Auflösung der Regierung und vorgezogener Neuwahlen in der Staatsversammlung im Dezember 2011 nicht bestätigt. Die neue Regierung, die aus mitte-rechts-gerichteten Parteien besteht und im Februar 2012 konstituiert wurde, ist nun dazu aufgerufen, die Religi___________ 24 Vgl. Standpunkt der Katholischen Kirche hinsichtlich der Novelle des GRelF: http://aktualno.rkc.si/?id=11592&fmod=0 (6.2.2012).

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onsfreiheit vor laizistischen Versuchen des Verdrängens der Religion aus dem gesellschaftlichen Leben und der Gettoisierung der Kirche zu schützen.

5. Nichtbeachtung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Obwohl die Novelle des GRelF nicht bestätigt wurde, muss auf die Nichtbeachtung der europäischen Rechtsprechung auf dem Gebiet der Menschenrechte hingewiesen werden. Die Initiatoren der Novelle räumen der negativen Religionsfreiheit einen Vorrang vor der positiven ein, wobei sie sich auf die bereits erwähnte Entscheidung des VerfG bezüglich des Antrags auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des GRelF berufen.25 Diese begründet das Verbot der Anstellung von Priestern in Krankenhäusern und Gefängnissen mit dem inzwischen aufgehobenem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Sache Lautsi gegen Italien aus dem Jahr 2009, welches besagt, dass ein Kreuz an der Wand einer öffentlichen Schule gegen die Pluralität der Gesellschaft verstößt und einen unzulässigen Eingriff in die negative Religionsfreiheit darstellt (Art. 167, 170). Das VerfG verpflichtet den Staat, im Sinn der negativen Religionsfreiheit jegliche zwangsweise Konfrontation des Einzelnen mit gewissen Glaubensüberzeugungen zu verhindern (Art. 86).26 Im Gegensatz zum früheren Urteil hat der große Senat des EGMR im Beschwerdeverfahren am 18. 3. 201127 entschieden, dass ein Kreuz in Klassenzimmern nicht gegen die Pluralität verstößt und nicht in die negative Religionsfreiheit von Nichtgläubigen oder Angehörigen anderer Religionen eingreift. Weder stellt es eine zwangsweise Konfrontation mit der Religion noch einen unzulässigen Eingriff in den Grundsatz der Neutralität bzw. der Trennung von Kirche und Staat dar (Art. 70). Daraus kann abgeleitet werden, dass auch die Anstellung eines Priesters in einem Krankenhaus oder Gefängnis weder einen unzulässigen Eingriff in die Neutralität des Staates darstellt noch die negative Religionsfreiheit von Nichtgläubigen verletzt, noch eine Identifizierung des Staates mit der Kirche konstatiert. Daher steht die Begründung des VerfG bezüglich der Grenze zwischen der positiven und der negativen Religionsfreiheit und der Zulässigkeit des Eingriffs des Staates in die positive Religionsfreiheit im Widerspruch mit dem Urteil des EGMR und ist im angeführten Fall nicht brauchbar. Der EGMR betont in der Begründung, dass die Neutralität nicht durch Herbeiführen eines Säkularismus bzw. das Verbot von religiösen Zeichen ___________ 25

Vgl. Fn. 12. Vgl. Simon Umek, Rationes decidendi v sodni praksi Evropskega sodišča za človekove pravice, in: Dignitas 51/52 (2011), S. 121-131. 27 Case of Lautsi and others v. Italy, Nr. 30814/06, 18. March 2011. 26

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oder von bestimmten religiösen Tätigkeiten, sondern durch die Respektierung von Verschiedenheit und die Schaffung positiver Bedingungen für die Verwirklichung von Religionsfreiheit in allen Dimensionen erreicht werden kann. Die Urteile des EGMR sind in den EU-Mitgliedsstaaten eine nützliche Rechtsprechung. Hieraus folgt auch für Slowenien die Notwendigkeit, diese Urteile beim Erlass nationaler Gesetze zu berücksichtigen.28 Im Hinblick auf die vollkommen gegensätzlichen Begründungen des EGMR und des VerfG über den negativen und positiven Aspekt der Religionsfreiheit, die Grundsätze der Neutralität und der Trennung von Kirche und Staat müssten die zuständigen slowenischen Staatsorgane erneut die Kriterien des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von negativer und positiver Religionsfreiheit durchdenken. Ansonsten würde Slowenien im Fall der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes eine Klage vor dem EGMR riskieren.

6. Einstellung der Entgegennahme von Anmeldungen pastoraler Mitarbeiter Der Staat gewährt gemäß Art. 28 des GRelF der Kirche finanzielle Unterstützung in Form von Teilfinanzierung der Beiträge für Sozial- und Rentenversicherung für pastorale Mitarbeiter(innen) – Priester, Ordensleute und Laien –, die mit der Kirche einen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Für die Gewährung des Rechts auf zweckgebundene staatliche Unterstützung teilt die SBK im Namen der Katholischen Kirche dem RARG monatlich Änderungen bezüglich der Versicherten mit, wobei im Einklang mit dem Gesetz ein vernünftiges Verhältnis zwischen der Zahl der pastoralen Mitarbeiter(innen) und der Anzahl der Kirchenmitglieder berücksichtigt wird. Als vernünftiges Verhältnis wird laut Gesetz ein Verhältnis von mindestens 1.000 Angehörigen der Kirche auf einen pastoralen Mitarbeiter erachtet. Seit Mai 2011 nimmt das RARG keine Anmeldungen neuer pastoraler Mitarbeiter(innen) mehr mit der Begründung entgegen, dass die letzte Volkszählung aus dem Jahr 2011 keine Angaben zur Religionszugehörigkeit der Bevölkerung beinhaltet und vorherige Volkszählungen, z. B. jene aus dem Jahr 2002, letztmalig Angaben zur Religionszugehörigkeit erhoben haben, die heute aber nicht mehr herangezogen werden können, was jedoch nicht korrekt ist. Das RARG hat sich von einem Verwaltungsorgan in ein gesetzgebendes Organ gewandelt, da es nicht mehr die Gesetzgebung ausführt, sondern versucht, diese zu gestalten. Das steht jedoch im Widerspruch zu seinen Zuständigkeiten und ___________ 28 Vgl. Simon Umek, Ko ustavnosodna praksa slovenskega Ustavnega sodišča nasprotuje rationibus decidendi ESČP, in: Pravna praksa 31/5 (2012), S. 17-19.

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bedeutet eigenmächtiges und willkürliches Handeln der exekutiven Gewalt. Dies hat einen unverhältnismäßigen Eingriff in die gesetzlich festgelegte Art der Teilfinanzierung von Pflichtbeiträgen pastoraler Mitarbeiter(innen) zur Folge, wodurch deren Rechte verletzt werden. Die klassische Volkszählung aus dem Jahr 2002 mit Erhebung der Religionszugehörigkeit ist noch immer gültig. Trotz Beschluss zuständiger staatlicher Organe, nach dem das RARG erneut seine Entscheidung überdenken muss, wurde die Angelegenheit bis zum Februar 2012 noch nicht gelöst. In Anbetracht dessen, dass das RARG für sein Handeln in der gültigen Gesetzgebung keine Grundlage hat, kann angenommen werden, dass das Handeln und die Absichten des RARG ideologischer Natur sind.

V. Hassrede, Diskriminierung und doppelte Maßstäbe Neben dem Wert der Menschenwürde und der Gewissensfreiheit ist die Religionsfreiheit ein Schlüsselwert einer freien und demokratischen Gesellschaft, die auch von der Verfassung und dem Rechtssystem der RS geschützt wird. Die Verfassung stellt individuelle und kollektive Religionsfreiheit auf die gleiche Ebene wie die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens und das Folterverbot (Art. 16). Damit ist der Religionsfreiheit ein besonderer Verfassungsstatus zuerkannt. Außerdem werden in der Verfassung jede Anstachelung zur Ungleichbehandlung und jede Verhetzung zu religiösem Hass und Intoleranz als verfassungswidrig definiert. Das Strafgesetzbuch inkriminiert das öffentliche Anstacheln und Aufhetzen zu religiösem Hass, Spaltung oder Intoleranz, dies umso mehr, wenn es in den Medien geschieht (Art. 297).29 Die Durchsetzung dieser Normen und die Verteidigung der Religionsfreiheit sind aber in der Praxis von den Institutionen und Menschen abhängig, die das geltende Rechtssystem gestalten und respektieren. Im slowenischen Raum gehört die Frage der Religionsfreiheit zu den brennenden gesellschaftlichen Themen. Sie wird zumeist mit der Katholischen Kirche in Verbindung gebracht, in letzter Zeit auch mit der Islamischen und Jüdischen Gemeinschaft. Besorgnis erregend ist das immer häufigere Aufkommen von Hassreden, wobei bei der Beurteilung des noch Zulässigen die unklare Grenze zur Freiheit der Meinungsäußerung und Diskriminierung sowie eine nichtberechtigte Ungleichbehandlung von Gläubigen im öffentlichen Leben of___________ 29 Vgl. Erklärung der Gemeinschaft der christlichen Laien Sloweniens gegen die öffentliche Anstachelung von Hass gegenüber Katholiken und der Katholischen Kirche v. 19. 1. 2012, http://katoliska-cerkev.si/izjava-skls-zoper-javno-spodbujanje-sovrastva-dokatolicanov-in-katoliske-cerkve (9.2.2012).

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fensichtlich wird. Beschädigung oder Vernichtung von christlichen Symbolen und religiösen Objekten sowie Drohungen sind etwas Alltägliches geworden. Die Staatsorgane wenden bei der Beurteilung von Straftaten uneinheitliche und zwiespältige Maßstäbe an und sind bei der Verfolgung und Aufdeckung von Straftätern uneffektiv. Hassreden gegen Christen und Intoleranz sind regelmäßig in den Medien präsent und nicht einmal Staatsorganen fremd, die zur Rechtsprechung, zur Gestaltung der öffentlichen Meinung und zum Schutz der Menschenrechte verpflichtet wären. Zudem wurden in letzter Zeit Gläubigen mehrmals die legitimen Mittel der öffentlichen Äußerung ihrer Position verwehrt. Auch wurden sie wegen ihres Glaubens verhöhnt und lächerlich gemacht. Der Katholischen Kirche wird das Recht auf öffentliche Äußerungen in Belangen der Soziallehre, der Gerechtigkeit, der Moral, der Werte, der Familie und der Ehe aberkannt und unterstellt, sich in die Politik einzumischen, was nach Meinung laizistischer Ideologen eine Überschreitung der Grenze der Trennung von Kirche und Staat darstellt. Der Ombudsmann für Menschenrechte30 hat sich am 3. 2. 2012 im Gegensatz zur verfassungsmäßig-gesetzlichen Praxis unvernünftig gegen die Beschneidung (Zirkumzision) von Kindern aus religiösen Gründen ausgesprochen, dies mit der Begründung, dass eine solche Praxis einer gesetzlichen Grundlage entbehre, einen unzulässigen körperlichen Eingriff darstelle und Merkmale strafbaren Handelns aufweise. Mit seinen Äußerungen hat er die Religionsfreiheit der Angehörigen der islamischen und jüdischen Gemeinschaft in Slowenien verletzt und die Verwirklichung einer eigenen religiösen Identität erschwert. Auch andere staatliche Organe folgen bei der Bewertung von Hassreden, Diskriminierung und Intoleranz oftmals diskrepanten Maßstäben und deklarieren sich bei Verletzungen der Religionsfreiheit und anderer Menschenrechte für unzuständig, näherhin in dem Sinn, dass sie nur bei Verletzungen der erwähnten Rechte von Seiten der Organe der Staatsgewalt eingreifen können. Sie treten sogar für Verletzungen mit der Begründung auf das Recht auf Redefreiheit und auf Freiheit der Meinungsäußerung ein. In anderen Fällen, bei denen es politisch opportun ist, äußern sich die gleichen Organe auch bezüglich von Rechtsverletzungen, welche von natürlichen Personen ausgehen. Traditionsgemäß ist es zwar richtig, dass Menschenrechte den Einzelnen vor übermäßigen Eingriffen des Staates in seine Rechte schützen. Diese Sicht ist heute jedoch nach Meinung renommierter europäischer Juristen und auf der Grundlage eines Großteils von Gerichtsentscheidungen überwunden. Gemäß der deutschen Verfassungsrechtspraxis schützen die Menschenrechte in der Regel den Einzelnen auch in Verhältnissen zwischen Privatsubjekten. Sie ___________ 30 Vgl. Ombudsmann für Menschenrechte, Die Beschneidung von Jungen aus nichtmedizinischen Gründen ist eine Verletzung der Rechte von Kindern. http://www.varuhrs.si/medijsko-sredisce/aktualni-primeri/novice/detajl/obrezovanje-fantkov-iz-nemedi cinskih-razlogov-je-krsitev-otrokovih-pravic/?cHash=7364092ccb (9.2.2012).

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wirken demnach sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Dimension. Demnach sind staatliche Organe zu ihrem Schutz verpflichtet.31

VI. Schlusswort Die Religionsfreiheit ist in Slowenien ein anerkanntes Menschenrecht und gesetzlich in vergleichbarer Weise mit anderen modernen europäischen demokratischen Systemen geregelt. Dennoch ist der Staat aufgrund fehlender Rechtskultur und der Nichtannahme allgemeinmenschlicher Werte, auf denen das Recht beruht, seit Beginn der Unabhängigkeit und im besonderen Maß im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 mit Laizismus und der Verdrängung der religiösen Dimension in die Privatsphäre konfrontiert. Die demokratische Gesellschaftsordnung hat sich nach außen hin gefestigt; Mentalität und Wertung der religiösen Dimension in der Gesellschaft haben sich jedoch nicht geändert. Wegen nicht verarbeiteter ideologischer Muster ist die Gesellschaft im politischen Taktieren und im medialen Raum mit einem ständigen Missbrauch der Grundsätze des Laizismus und der Neutralität konfrontiert, die im Sinn des Ausschlusses der Kirche und der Religionsgemeinschaften aus dem öffentlichen Leben interpretiert werden. Der Staat erkennt zwar durch seine Rechtsordnung an, dass die Neutralität und die Trennung von Staat und Kirche nicht die Negierung der religiösen Dimension fordert, sondern lediglich die Identifizierung mit einzelnen Religionen verbietet. Es entstehen jedoch Probleme in der Praxis. Wenn der Staat die gesellschaftliche Bedeutung der Religiosität achtet, bedeutet dies nicht, dass er den Grundsatz der Neutralität verletzt. Es sind nicht nur Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften getrennt. Gleichfalls müssen auch Staat und Zivilgesellschaft getrennt sein, was in Slowenien noch nicht in ausreichendem Maß umgesetzt worden ist. Die Religion, die sich längst aus der Staatssphäre zurückgezogen hat, entspringt der Zivilgesellschaft. Dies bedeutet aber nicht, dass sie nicht frei auf dem Gebiet des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens tätig sein könnte. Die Gründe für die Nichtachtung der Religionsfreiheit im slowenischen öffentlichen Raum sind mehrschichtig. Einerseits sind sie geschichtlich bedingt, andererseits sind sie – so wie im weiteren europäischen Raum – mit der Erscheinung des Säkularismus verbunden. Obwohl Slowenien formell ein geord___________ 31 „Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat in jahrzehntelanger Praxis die Lehre von der Drittwirkung entwickelt, die die Anwendung der Menschenrechte in privaten Verhältnissen zulässt“. Jernej Letnar Černič, Vodoravne človekove pravice, http://iusinfo.ius-software.si/DnevneVsebine/Kolumna.aspx?id=77559 (9.2.2012); vgl. Günter Hager, Rechtsmethoden in Europa, Tübingen 2009, S. 236-239; Martin Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes (Jus Publicum 144), Tübingen 2006, S. 113 f.

Ausübung der Religionsfreiheit in der Republik Slowenien

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neter Rechtsstaat ist, der die Menschenrechte schützt und Bedingungen für positive Verhältnisse gegenüber den Kirchen und Religionsgemeinschaften schafft, ist es in der Praxis weder zum ganzheitlichen Bruch mit der vorausgegangenen undemokratischen Rechtsordnung noch zur endgültigen Abschaffung der Folgen von Menschenrechtsverletzungen im früheren totalitären System gekommen. Das ist u. a. auch aus einem Rechtspositivismus ersichtlich, dem die Staatsorgane, die Politik und die Medien häufig zu Gunsten der vorherrschenden Struktur folgen. Unter dem Vorwand der Neutralität des Staates vertritt und schützt insbesondere die linke Politik, die nach der Unabhängigkeit Sloweniens überwiegend an der Macht war, den Säkularismus als Staatsreligion. Dadurch wird aufgrund von Intoleranz gegenüber den Gläubigen und Mangel an Pluralität die Verwirklichung von Religionsfreiheit als grundlegendes Menschenrecht in der Praxis behindert. Diese Rechte werden den Bürgern jedoch nicht vom Staat übertragen; vielmehr geben sie dem Staat seine Legitimation und überprüfen, wie der Staat diese Rechte achtet und verwirklicht. Aufgrund des Mangels und Nichtvorhandensein des politischen Willens zur Verwirklichung von Religionsfreiheit wurden entsprechende Bedingungen für einen ordentlichen, offenen und transparenten Dialog zwischen dem Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften und somit für die Lösung offener Fragen im Geist der Achtung jeder menschlichen Person als Träger von Menschenrechten noch nicht geschaffen.

Ein neues Religionsrecht in Ungarn Balázs Schanda Mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wende wurde am Ostermontag des Jahres 2011 eine neue Verfassung, das Grundgesetz der Republik Ungarn verabschiedet. Das neue Grundgesetz ist am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Bereits 1989/90 war die kommunistische Verfassung von 1949 einer Generalrevision unterzogen worden. Das Bestreben nach einer vollständig neuen, unter demokratischen Verhältnissen verabschiedeten Verfassung blieb jedoch bis zum Erdrutschsieg des Mitte-Rechts-Parteienbündnisses im Jahre 2010 unerfüllt. Nachdem die Wahlsieger die verfassungsgebende Mehrheit im Parlament erworben hatten, konnte die anhaltende Kompromissunfähigkeit der politischen Elite überwunden werden.1 Das Grundgesetz bringt eine grundlegende Erneuerung des Rechtssystems, so auch eine Neuregelung der Rechtstellung der Kirchen (und Religionsgemeinschaften).

I. Neue Verfassung 1. Hintergrund und Verfassungsgebung In der Vorkriegszeit hatte Ungarn ein höchst konservatives Rechtssystem. Es gab weder eine geschriebene Verfassung noch ein kodifiziertes Zivilrecht. Nach der kommunistischen Machtübernahme wurde eine Verfassung im Jahre 1949 erlassen. Diese erste geschriebene Verfassung des Landes brach in paradoxer Weise nicht nur mit den geschichtlichen Traditionen, sondern auch mit den grundlegenden Werten der Demokratie, der Gewaltenteilung, der Rechts___________ 1

Frühere Bestrebungen, wie der Verfassungsgebungsprozess unter der sozialliberalen Koalition zwischen 1994 und 1997, die eine ⅔ Mehrheit besaß, und der Vorschlag der Mitte-Rechts-Regierung im Jahre 2000, den in den Jahren 1989-90 festgelegten Inhalt als „endgültig“ anzunehmen, um den Überganscharakter der Verfassung zu beseitigen, scheiterten am Widerstand der Sozialisten. Jetzt waren es die Sozialisten, die sich an den Kompromiss von 1989 halten wollten. Aufgrund unterschiedlicher Interessen von Regierung und Opposition war eine Mehrheitsbildung im Verfassungsgebungsprozess nicht möglich. Für eine generelle Darstellung: György Kovács, Ungarns neue Verfassung – In Kraft 1. Januar 2012, in: Osteuropa-Recht 3 (2011), S. 253-261.

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staatlichkeit und der Menschenrechte. Mit der Wende war in den Jahren 1989 / 1990 eine Generalrevision dieser Verfassung verbunden. In den darauf folgenden zwei Jahrzehnten erfolgten zahlreiche weitere Änderungen, so z. B. im Zusammenhang mit dem Beitritt Ungarns zur EU im Jahre 2004. Die einst kommunistische Verfassung wandelte sich zu einem weltanschaulich neutralen rechtlichen Rahmen für eine pluralistische Gesellschaft. 1990 – wenige Monate vor den ersten freien Wahlen – wurde ein Grundlagengesetz zur Religionsfreiheit (Gesetz IV/1990) verabschiedet, dessen liberaler Rahmen religiöse Gemeinschaften nach vier Jahrzehnten „entfesselt“ hat.2 So hat das Verfassungsgericht in der Grundsatzentscheidung zur Religionsfreiheit im Jahre 1993 festgestellt: „Der Staat muss in religiösen und in anderen Fragen der Gewissensüberzeugung eine neutrale Stellung einnehmen. Aus dem Recht auf Religionsfreiheit folgt die Verpflichtung des Staates, die Möglichkeit der freien Bildung der individuellen Überzeugung zu sichern. Die Trennung von Kirche und Staat bedeutet nicht, dass der Staat die Eigenarten der Religion und der Kirche unberücksichtigt lassen muss.“3 Aus dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirchen (festgelegt in der Verfassung) folgt, dass der Staat weder mit den Kirchen noch mit einer Kirche institutionell verflochten werden kann, sich nicht mit der Lehre einer Kirche identifizieren und sich andererseits weder in deren innere Angelegenheiten einmischen noch in Fragen der Glaubenswahrheit Stellung nehmen darf. Mit dem neutralen und allgemeinen gesetzlichen Rahmen gewährt der Staat gerade die größtmögliche Religionsfreiheit. Die Trennung von Staat und Kirche entbindet den Staat nicht von der Pflicht, sowohl die positive als auch die negative Religionsfreiheit als gleichberechtigte Religionsfreiheiten zu gewährleisten. Der Staat kann weder die positive noch die negative Religionsfreiheit als Grundfall betrachten, dem gegenüber die andere Form als Ausnahmefall zu verstehen wäre. Dennoch folgt aus der Neutralität des Staates weder die negative Religionsfreiheit, d. h. die Freiheit „von Religion“, noch die religiöse Indifferenz. Es ist Pflicht des Staates, die Möglichkeit der Wahl für alle zu fördern. Der Inhalt des Prinzips der Trennung ist von historischen Gegebenheiten bestimmt. Die heutige Bedeutung der Verfassungsbestimmung über die Trennung ist also in Hinblick auf die Rolle der Kirchen in der Geschichte Ungarns, unter Berücksichtigung der Säkularisierung und ihrer gegenwärtigen Rolle auszulegen. In den Aufgaben, die ehemals zum kirchlichen Betätigungsfeld gehörten, aber derzeit vom Staat wahrgenommen werden (Erziehung, Krankenpflege, Sozialarbeit), schließt die Trennung von ___________ 2

Vgl. Péter Erdő, Aktuelle staatskirchenrechtliche Fragen in Ungarn, in: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 40 (1991), S. 389-397. 3 Im Tenor der Entscheidung 4/1993 (II. 12.) AB. In deutscher Sprache: Georg Brunner / László Sólyom (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit in Ungarn. Analysen und Entscheidungssammlung 1990-1993, Baden-Baden 1995, S. 421.

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Staat und Kirchen die Zusammenarbeit nicht aus. Die Gleichbehandlung aller eingetragenen Kirchen sollte die Berücksichtigung der tatsächlichen gesellschaftlichen Rolle der einzelnen Kirchen gleichfalls nicht außer Acht lassen.4 Das Verhältnis von Staat und Kirchen in Ungarn hat sich seit der Wende als eine auf Kooperation hin offene Trennung bewährt, der staatskirchliche Institutionen ebenso fremd sind, wie die religiöse Indifferenz des Staates. Es handelt sich also um eine wohlwollende, auf Zusammenarbeit mit den Kirchen hin offene Trennung, und nicht um eine feindlich gesinnte. Die neue Verfassungslage setzt neue Akzente; sie bedeutet aber keine grundlegende Abkehr von dem bewährten Staat-Kirche-Modell.

2. Neue Verfassungsrhetorik Das Grundgesetz bringt eine neue Rhetorik in das Verfassungsrecht. Der Text beginnt mit einer langen Präambel („Nationales Glaubensbekenntnis“), unter dem Motto „Gott, segne den Ungarn!“ – ohne Anführungszeichen von der Nationalhymne übernommen, einem Text aus dem Jahre 1823, der seit dem 19. Jahrhundert – auch während der kommunistischen Herrschaft – als Staatshymne galt. Das Grundgesetz endet mit einer „Postambel“, die vom Grundgesetz für die Bundesrepublik inspiriert sein könnte: „Wir, die Abgeordneten der am 25. April 2010 gewählten Landesversammlung stellen das erste einheitliche Grundgesetz Ungarns im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen, unsere verfassungsgebende Macht ausübend, wie oben, fest. Es soll Frieden, Freiheit und Einverständnis herrschen.“5 In der Präambel wird das Christentum zweimal erwähnt. Beide Formulierungen verweisen auf die Vergangenheit: „Wir sind stolz darauf, dass unser König Stefan der Heilige vor tausend Jahren den ungarischen Staat auf feste Grundlagen gebaut hat und unsere Heimat zu einem Teil des christlichen Europas machte.“ Wenige Sätze später: „Wir anerkennen die die Nation erhaltende Kraft des Christentums. Wir achten die verschiedenen religiösen Traditionen unseres Landes.“ Offensichtlich geht es bei den Hinweisen um die Anerkennung historischer Tatsachen: Ungarn gäbe es nicht ohne Christentum. Dabei geht es weder um die heutige noch um die religiöse Rolle des Christentums; vielmehr wird nur die historische Rolle erwähnt. Diese Anerkennung schwächt die Neutralität des heutigen Verfassungsstaates nicht. Auf bemerkenswerte ___________ 4

Entscheidung 4/1993. (II. 12.) AB, VerfGE 1993, 48, 52. Zitate aus dem Grundgesetz stammen aus der Übersetzung von Dóra Frey, http://www.vsr-europa.blogspot.com/2011/05/das-neue-grundgesetz-von-ungarn.html (2.4.2013). Der letzte Satz ist ein Zitat aus der Proklamation vom 15. März 1848, Ausbruch des Aufstandes in Ungarn. 5

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Weise wird die Neutralität des Staates in zwei höchst relevanten neuen Gesetzen ausdrücklich erwähnt: in der Präambel des neuen Gesetzes über Kirchen6 und im Erziehungsgesetz.7 Zwar dient die Präambel als Auslegungsmaßstab; es geht jedoch um deskriptive und nicht um präskriptive Formulierungen.

3. Religionsfreiheit und Trennung in der Verfassung Die Religionsfreiheit wird in Artikel VII des neuen Grundgesetzes mit demselben Wortlaut, wie er seit 1989 in Art. 60 der Verfassung stand, festgelegt: „Jeder hat das Recht auf Freiheit der Gedanken, des Gewissens und der Religion. Dieses Recht umfasst die freie Wahl oder Änderung der Religion oder der sonstigen Überzeugung und die Freiheit, dass jeder seine Religion oder sonstigen Überzeugungen durch die Ausübung von religiösen Handlungen und Zeremonien oder auf sonstige Weise sowohl individuell als auch zusammen mit anderen öffentlich oder in seinem Privatleben äußern oder die Äußerung unterlassen, ausüben und unterrichten kann.“ In den weiteren Absätzen fallen jedoch bemerkenswerte Änderungen auf: Neben der Trennung, die auch im früheren Verfassungstext festgeschrieben wurde, wird mehr Gewicht auf Autonomie und Zusammenarbeit gelegt: „In Ungarn funktionieren der Staat und die Kirchen getrennt voneinander. Die Kirchen sind selbstständig. Der Staat wirkt mit den Kirchen im Interesse von gemeinschaftlichen Zielen zusammen.“ Während die Trennung im Verfassungstext von 1949 ausdrücklich kirchenfeindlich formuliert war, brachte das Jahr 1989 eine neutrale Wendung. Die Trennung nach dem Grundgesetz ist ausgesprochen kirchenfreundlich. Sie dient ausdrücklich zur Gewährleistung kirchlicher Autonomie und Zusammenarbeit. Die positiven Elemente sind jedoch keine Neuerungen. Denn Aussagen des Verfassungsgerichts in den vergangenen zwei Jahrzehnten haben den religionsrechtlichen Rahmen auch verfassungsrechtlich untermauert. Kirchliche Autonomie sowie Kooperation zwischen Staat und Kirchen sind seit 1990 feste Bestandteile des Systems. Neu ist, dass diese Grundsätze ausdrücklich auf Verfassungsebene erwähnt werden. Während die alte Verfassung (seit 1990) festlegte, dass „das Gesetz über die Freiheit des Gewissens und der Religion […] zur Annahme der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten“ bedürfe, erfordert das Grundgesetz die qualifizierte Mehrheit nur für Regelungen über die Kirchen („Die detaillierten Regeln über die Kirchen bestimmt ein Grundlagengesetz.“) So benötigen die gesetzlichen Vorschriften über den Inhalt des Grundrechts ___________ 6 7

Gesetz CCVI/2011. Gesetz CXC/2011. § 74 Abs. 3.

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keine qualifizierte Mehrheit. Diese ist nur für Regeln über den speziellen organisatorischen Rahmen der Religionsausübung erforderlich.

II. Neues Gesetz über die Kirchen Das Gesetz CCVI/2011 „Über die Freiheit des Gewissens und der Religion sowie über die Rechtsstellung der Kirchen, Konfessionen und Religionsgemeinschaften“ ist mit dem neuen Grundgesetz in Kraft getreten. Das neue Gesetz löste das Gesetz IV/1990 ab, das zur Zeit der Wende entstanden ist. Laut Gesetz IV/1990 konnten Kirchen, religiöse Konfessionen oder Religionsgemeinschaften (im Gesetz zusammenfassend als „Kirchen“ bezeichnet) gerichtlich registriert werden, um als solche Rechtspersönlichkeit zu erlangen. Die Registrierung war nicht als Anerkennung, sondern nur als Eintragung zu verstehen. Die Erfordernisse waren höchst formal: Mindestens hundert Personen mussten sich versammeln, ein Statut annehmen, Handlungs- und Vertretungsorgane wählen und eine Erklärung abgegeben, dass die Kirche rechtmäßig zustande gekommen ist, also von Personen gegründet wurde, die denselben Glauben verfolgen, zum Zweck der Ausübung der Religion und unter der Voraussetzung, dass die religiöse Praxis weder gegen die Verfassung noch gegen die Gesetze verstößt. Ausschlaggebend war also die Erklärung der Gründer, ohne jegliche Kontrolle. Die 17 Religionsgemeinschaften, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen gesetzlichen Regelung (12.02.1990) anerkannte Kirchen waren, wurden vom Gericht registriert. Seit 1990 ließen sich ca. 300 „Kirchen“ registrieren, darunter nicht nur Vertreter der Weltreligionen und zahlreiche protestantische Gruppierungen, sondern u. a. auch Scientology, rechtsextremistische heidnische Gruppen, ein Hexenverbund und ein Asyl für Tiere (als „Kirche von Noach“). Neben Autonomie und Ansehen waren zahlreiche finanzielle Begünstigungen (so etwa seit 1998 die Kultursteuer) für die verschiedensten Gruppen lockend. Da das Gesetz keinerlei Vorkehrungen gegen eventuelle Missbräuche traf, wurden Änderungen wiederholt diskutiert. Bis 2010 fehlte es jedoch an der notwendigen qualifizierten Mehrheit (⅔ der anwesenden Abgeordneten) zur Änderung des Gesetzes.

1. Anerkennung von Kirchen Für die gemeinschaftliche Religionsausübung bietet das ungarische Rechtssystem in Zukunft zwei, in Bezeichnung und in Berechtigung abweichende rechtliche Formen: Das Gesetz weist einerseits auf eine leichter erreichbare Kategorie, den religiösen Verein hin, und regelt andererseits eine schwieriger erreichbare Kategorie, die „Kirche“, die mit größeren Berechtigungen ausge-

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stattet wird. Über die Anerkennung entscheidet das Parlament.8 Übergangsregelungen bestimmten, dass registrierte Kirchen, die nicht kraft Gesetz anerkannt werden, bis Ende Februar 2012 einen Antrag auf Anerkennung stellen konnten. Das Parlament hat ursprünglich per Gesetz 14 Religionsgemeinschaften9 anerkannt. Anfang März 2012 wurden 18 weitere10 in die Liste aufgenommen. Alle übrigen Gruppen, die einen religiösen Charakter besitzen und einen Antrag auf Registrierung stellen, sind – in Zukunft als religiöse Vereine eingestuft – weiterhin beim Gericht registriert und genießen Autonomie. Sie müssen im Gegensatz zu den übrigen Vereinen keine demokratischen Strukturen haben. Dem Registrierungsantrag muss eine Vielzahl von Unterlagen und Daten beigelegt werden, so das Glaubensbekenntnis oder die Zusammenfassung der wichtigsten religiösen Lehren, der Nachweis der Tätigkeit in organisierter Form von mindestens zwanzig Jahren im Inland oder hundert Jahren international sowie tausend Unterschriften, die jedoch nicht notwendigerweise von Mitgliedern stammen müssen.11 Der zuständige Parlamentsausschuss (Menschenrechtsausschuss) legt den Antrag zur Entscheidung dem Parlament vor, das mit Zweidrittelmehrheit entscheidet. Falls der Antrag abgelehnt wird, bleibt der ___________ 8 Diese Neuerung gilt als die meist umstrittene Bestimmung des Gesetzes. Die Vorlage erfolgte vor der Schlussabstimmung zum Gesetz C/2011. Ursprünglich war das Hauptstaatsgericht als Registrierungsorgan vorgesehen. Das Verfassungsgericht hat das Gesetz wegen Mängel im Rechtssetzungsprozess beanstandet (Entscheidung 164/2011 (XII. 20)). Daraufhin hat das Parlament jedoch in wenigen Tagen, noch vor dem Inkrafttreten, eine neue Fassung als Gesetz CCVI/2011 mit fast identischem Inhalt verabschiedet. Der Ombudsmann wandte sich an das Verfassungsgericht mit dem Antrag, die inhaltliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in dieser Hinsicht festzustellen. 9 Katholische Kirche Ungarns, Reformierte Kirche in Ungarn, Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn, Jüdische Glaubensgemeinschaft, Status-quo Ante Jüdische Glaubensgemeinschaft, Autonome Orthodoxe Jüdische Glaubensgemeinschaft, Serbische Orthodoxe Diözese in Buda, Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel, Bulgarische Orthodoxe Kirche in Ungarn, Rumänische Orthodoxe Kirche in Ungarn, Ungarische Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat), Unitarische Kirche in Ungarn, Baptistenbund in Ungarn, „Gemeinde des Glaubens“ (Hit Gyülekezete, eine Gemeinde pfingstlich-charismatischen Ursprungs). 10 Evangelisch-Methodistische Kirche in Ungarn, Ungarische Pfingstkirche, St. Margareta Anglikanisch-Episkopalische Kirche, „Transsylvanische Gemeinde“ (Erdélyi Gyülekezet – eine reformierte Gemeinde), Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Ungarn, Koptisch-Orthodoxe Kirche in Ungarn, Gemeinschaft Evangelischer Taufgesinnter in Ungarn (Nazarener), Gemeinschaft der Ungarischen Krisna-Gläubigen (ISKON), Heilsarmee Freikirche – Ungarn, Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage (Mormonen), Zeugen Jehovas, zwei muslimische Gruppen (die Ungarische Islamische Gemeinschaft und die Kirche der Ungarischen Moslems) und fünf buddhistische Gruppen. 11 Eine Wartezeit ist im Recht mehrerer europäischer Staaten bekannt. Diese muss innerhalb rationaler Grenzen bestimmt werden. Siehe: Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas v. Austria, Judgement of 31 July 2008.

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Antragsteller weiterhin religiöser Verein; er kann jedoch erst nach einem Jahr Wartezeit erneut einen Antrag zur Anerkennung einreichen. Das bisherige ungarische Recht, das den Kirchenstatus in einem rein formellen Verfahren durch Registrierung beim Gericht gewährte, war im internationalen Vergleich ohnegleichen. Die neue Regelung, d. h. die Anerkennung durch die Gesetzgebung, ist ebenfalls einzig. Wo in Mitteleuropa ein vergleichbarer Kirchenstatus existiert, entscheidet die exekutive Gewalt (die Regierung oder der Minister) darüber, meist mit der Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle. Über die „Einnahme“ (in das Oberhaus des Parlaments) entschied in Ungarn bis 1947 das Parlament, über eine Anerkennung laut Gesetz XLIII/1895 die Exekutive. Die gesetzliche Anerkennung einer Region stellte eher eine Ausnahme dar.12 Aus grundrechtlicher Sicht ist es entscheidend, dass die Religionsfreiheit – mit ihren individuellen und kollektiven Aspekten – nicht nur Kirchen und religiösen Vereinen (und ihren Mitgliedern) zusteht, sondern allen Personen und Gemeinschaften, auch jenen, die eventuell der gesetzlichen Bestimmung der religiösen Tätigkeit nicht entsprechen, aber rechtmäßig tätig sind.

2. Die Frage der Gleichheit der Kirchen Die Kirchen verfügen auch in Zukunft über die gleichen Rechte und Verpflichtungen. Dies trifft jedoch nur für die Kirchen im engen Sinne zu – religiöse Vereine fallen grundsätzlich in eine andere Kategorie. Die Gleichberechtigung der Kirchen wird durch die Aufnahme einer vom Verfassungsgericht erarbeiteten Formel verfeinert: „Auch die gleiche Behandlung der Kirchen schließt die Beachtung der tatsächlichen gesellschaftlichen Rolle der einzelnen Kirchen nicht aus.“13 Diese Formulierung mag hinter der Vorschrift des Gesetzes stehen, nach der „der Staat die tatsächliche gesellschaftliche Rolle der Kirchen, ihre gemeinnützige Tätigkeit bei der Erlassung weiterer Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Rolle der Kirchen und bei der Beziehung zu ihnen beachten kann“ (§ 9 Abs. 2). Die formelle Gleichheit – seit 1990 (bzw. seit 1947, als die früher „eingenommenen Religionsgemeinschaften“ ihre Sonderrechte verloren) gewährt – wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten in der Praxis durch besondere Regelungen für bestimmte Angelegenheiten, wie u. a. die Militärseelsorge, die Kirchenfinanzierung und das Hochschulwesen, in einer Weise ausgelegt, die eine unterschiedliche Ein___________ 12 Siehe in Republik Österreich das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich (BGBl. I Nr. 20/2003) zur Umgehung des betreffenden Gesetzes von 1998. 13 4/1993. (II. 12.) AB.

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stufung verschiedener Gemeinschaften ermöglichte. Nun findet diese „gestufte Parität“ auch eine gesetzliche Verankerung. Religiöse Vereine genießen die gleiche Freiheit und Autonomie wie anerkannte Kirchen, finanziell sind sie jedoch schlechter gestellt. Einkommensteuerzahler können 1 % ihrer Einkommensteuer Kirchen widmen, nicht jedoch religiösen Vereinen. Die von Vereinen getragenen gemeinnützigen Institutionen (Schulen, Altersheime usw.) werden nur dann analog zu den öffentlichen Einrichtungen finanziert, wenn die Regierung ein Abkommen mit ihnen schließt. Religionsunterricht – bislang fakultativ, in Zukunft Wahlpflichtfach in öffentlichen Schulen – kann von anerkannten Kirchen angeboten werden, von religiösen Vereinen hingegen nicht. Die Neuerung wird von einigen Religionsgemeinschaften schwer verkraftet, die den Verlust der Gleichberechtigung beklagen.

3. Von Trennung zur Selbstständigkeit Dem Schutz der Selbständigkeit der Kirchen hat bereits das neue Grundgesetz Nachdruck verliehen. Aus inhaltlicher Sicht geht es nicht um eine Neuerung, denn die Verfassung hat die kirchliche Selbständigkeit durch die Trennung von Staat und Kirchen auch bisher geschützt.14 Das Gesetz reflektiert jedoch auch Fragen aus der Rechtspraxis und gibt genauere Vorschriften für die kirchliche Autonomie. Bemerkenswert ist die Abgrenzung der innerkirchlichen Vorschriften von den staatlichen Rechtsvorschriften, also die Konkretisierung der Trennung in den konkreten Rechtsverhältnissen: „Die auf innerkirchliche Vorschriften gegründeten Entscheidungen der kirchlichen juristischen Person können durch staatliche Organe nicht verändert oder überprüft werden. Staatliche Organe sind für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten, die aus nicht durch Rechtsvorschriften geregelten inneren Rechtsverhältnissen entstehen, nicht kompetent.“ Diese Bestimmung beseitigt einerseits die Unsicherheit in der Rechtsanwendung, die in der Entscheidung 32/2003 (VI.4) AB des Verfassungsgerichts wahrgenommen wurde, andererseits entscheidet sie eindeutig die Frage,15 ob innerkirchliche Vorschriften vor einem staatlichen Gericht angefochten werden können. Dies bleibt auch in Zukunft unmöglich. ___________ 14

Gleichfalls unterzeichnet von der Entscheidung 4/1993 (II. 12.) AB. Die Einführung einer apellatio ab abusu wurde von Béla Szathmary stark gefordert: Az apellatio ab abusu a magyar jogrendszerben, in: Magyar Jog 57 (2010), S. 416422. Zur Debatte: Balázs Schanda, Egyházi önállóság és vallásszabadság. Válasz Szathmáry Béla: Az apellatio ab abusu a magyar jogrendszerben c. cikkére, in: Magyar Jog 68 (2011), S. 148-151. 15

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Die Bestrebung des Gesetzes, die Regelungen über die Rechtspersönlichkeit innerkirchlicher Organe (wie Diözesen, Pfarreien, Orden usw.) eindeutig zu machen, wirkt sich auch auf die kirchliche Autonomie aus. Die innerkirchlichen juristischen Personen werden gemäß der Entscheidung der Kirche staatlich registriert – die juristische Persönlichkeit der übrigen wird durch das zuständige kirchliche Organ bestätigt. § 11 Abs. 3 strebt die Klärung einer scheinbar eindeutigen Lage an: „Organe, die durch die Kirche gegründet und aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift Rechtssubjekte sind (Zivilorganisationen nach dem Vereinsrecht, Stiftungen, Wirtschaftsgesellschaften)“, sind keine kirchlichen juristischen Personen. Allerdings wird die Bestimmung dadurch ergänzt, dass die Eingrenzung nur Organe betrifft, „die nach den innerkirchlichen Vorschriften über keine kirchliche juristische Persönlichkeit verfügen“. Daraus kann man schließen, dass ein durch die Kirche gegründetes Organ, das nach den innerkirchlichen Regelungen eine kirchliche juristische Person ist, zugleich auch staatlich diesen Charakter erhält, und zwar aufgrund der kirchlichen Regelung. Der Widerspruch könnte beseitigt werden, wenn diese Organe (z. B. Vereine) gleichzeitig kirchliche juristische Personen wären (es ist lebensnah, dass die Kirchen den von ihnen gegründeten Organen und Wirtschaftsgesellschaften keine kirchliche juristische Persönlichkeit zuweisen, also sie nicht als unmittelbar zu ihrer Organisation gehörend betrachten). Kirchliche Institutionen (Schulen, Universitäten, Krankenhäuser usw.) können allerdings nach den innerkirchlichen Regeln juristische Person sein, was die Möglichkeit mit sich bringt, dass diese Institutionen als innerkirchliche juristische Personen wirken können (§ 12 Abs. 1). Das Register der innerkirchlichen juristischen Personen wird in Zukunft durch den Minister geführt. Dies stellt eine erhebliche, neue Aufgabe für das Ministerium dar, vor allem deshalb, da die Registrierung der innerkirchlichen juristischen Personen im Anhang des Gesetzes binnen dreißig Tagen erfolgen muss (§ 33 Abs. 1). Anstelle des bisherigen zersplitterten und manchmal chaotischen Registers werden die innerkirchlichen juristischen Personen als Organe der jeweiligen Kirche im neuen Register erscheinen (§ 11 Abs. 4). Die Erwähnung der kirchlichen Datenverwaltung zeigt die Stärkung der Autonomie: „Die Kirche kann persönliche Daten, die mit ihrer religiösen Tätigkeit zusammenhängen, nach ihren eigenen Vorschriften verwalten. Ohne Zustimmung des Betroffenen darf die Kirche diese – außerhalb der Kirche – nicht veröffentlichen oder anderen übermitteln“ (§ 10 Abs. 3). Die Datenverwaltung gemäß den innerkirchlichen Regeln musste auch bisher nicht dem Datenschutzregister gemeldet werden.16 Die neue Bestimmung geht jedoch über die bisherige datenrechtliche Befreiung hinaus. Das Kirchenmitglied als Datensubjekt ___________ 16

Gesetz CXII/2011. § 65 Abs. 3 b.

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kann sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur begrenzt ausüben. So kann eine Kirche gesetzlich nicht zur Löschung der (Tauf-)Matrikeldaten verpflichtet werden, wenn deren innerkirchlichen Regelungen dies nicht ermöglichen. Zudem betrifft die gesetzliche Bestimmung ausschließlich den innerkirchlichen Datenverkehr. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die für das Leben der Kirche notwendige Verwaltung von Daten von den Datenschutzregeln ausnehmen wollte. Eine wesentliche Neuerung ist der Schutz der Identität der Institutionen, die von den Kirchen getragen werden. Seit der Verabschiedung des Gesetzes CXXV/2003 über die Gleichbehandlung und die Förderung der Chancengleichheit waren Umfang und Reichweite der Befreiung umstritten.17 Das neue Gesetz legt nicht nur im Zusammenhang mit der Aufnahme in diese Institutionen fest, dass Voraussetzungen bestimmt werden können, die zur Erhaltung der besonderen Identität erforderlich sind; vielmehr können auch bei der Gründung, Weiterführung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses besondere Bedingungen gestellt werden (§ 12 Abs. 2). Dies bedeutet, dass die Bedingungen auf jeden Fall bestimmt werden müssen. Als mögliche Bedingungen kommen die Kirchenmitgliedschaft und die Forderung in den Blick, dass der Beschäftigte in einem geordneten Lebensstand (z. B. in kirchlicher Ehe) leben und seine Religion ausüben muss.18 In den letzten zwei Jahrzehnten wurde schrittweise klar, dass es einen Personenkreis gibt, der den Dienst in der Kirche nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausübt. Das neue Gesetz macht das deutlich, indem es den – ursprünglich im Steuerrecht entstandenen – Begriff der kirchlichen Person definiert. Eine kirchliche Person kann im Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Rechtsverhältnis (z. B. Auftragsverhältnis) stehen oder ihren Dienst „im besonderen kirchlichen Dienstverhältnis“ versehen (§ 13). Die Stärkung der wirtschaftlichen Autonomie zeigt sich dadurch, dass das Gesetz nicht nur Bestimmungen des Gesetzes Nr. CXXXIV/1997 über die materiellen Voraussetzungen der religiösen und gemeinnützigen Tätigkeit der Kirchen übernimmt, sondern auch neue Garantien schafft. So „dürfen die kirchlichen Einnahmen zu religiösen Zwecken und deren Verwendung vom Staat ___________ 17 Siehe Botond Bitskey, Antidiszkrimináció és egyházi autonómia. Fundamentum 8,2 (2004), S. 71-79; Balázs Schanda, Vallásszabadság és egyenlő bánásmód a magyar jogrendszerben, in: Jogtudományi Közlöny 60,12 (2005), S. 517-523. Nach der Verabschiedung des Gesetzes leiteten die Katholische, die Reformierte und die Evangelische Kirche sowie der Verband der Jüdischen Gemeinden gemeinsam ein Normenkontrollverfahren vor dem Verfassungsgericht ein, das jedoch noch keine Entscheidung getroffen hat. 18 Der Einklang der Bestimmung mit der Richtlinie 78/2000/EC kann noch zum Gegenstand von Auseinandersetzungen werden.

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nicht kontrolliert werden“ (§ 21 Abs. 1). Diese Ausnahme gilt auch für die Verwendung der den Kirchen übermittelten Lohnsteueranteile („1 %“) sowie der finanziellen Entschädigung, die im Rahmen des Entschädigungsvorgangs für ehemals kirchliche Immobilien anstelle der Rückerstattung der Gebäude geleistet wird. Diese Bestimmung erhält infolge der Modifizierung des Gesetzes über den Rechnungshof mit 1. Januar 2011 eine besondere Bedeutung: „[…] erhält eine unterstützte Organisation aus den Subsystemen des Staatshaushalts eine Unterstützung oder eine unentgeltliche Vermögenszuweisung, so kann die Ganzheit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Organisation kontrolliert werden.“19 Gegebenenfalls könnte der Rechnungshof die ganze wirtschaftliche Tätigkeit der Kirche kontrollieren für den Fall, dass diese eine Schule unterhält und hierfür finanzielle Unterstützung erhält. Diese Möglichkeit wird im Fall der Kirchen jedoch ausgeschlossen. Der Gesetzgeber verspricht den Kirchen – die Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte reflektierend – einen stärkeren Schutz. Dieser umfasst vom Zivilrecht bis zum Strafrecht zahlreiche Rechtsgebiete. Zu fragen ist, ob diese Zusage auch tatsächlich einfacher umsetzbare, größere Berechtigungen bedeutet. „Die ungestörte Funktion der Kirchen, besonders der kirchlichen Zeremonien und ihrer Verwaltung, sowie die Kirchengebäude, Friedhöfe und andere heilige Orte genießen einen verstärkten ordnungswidrigkeits- und strafrechtlichen Schutz“ (§ 23). Zwar folgt aus dieser Bestimmung allein kein straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlicher Tatbestand (oder die Pflicht zur Verschärfung der geltenden Tatbestände); jedoch ist die Erwähnung im Gesetz signifikant. § 25 verspricht eine verstärkte Durchsetzung der Prinzipien der Identität und Ausschließlichkeit des Namens einer Kirche: „Benennung und Symbole einer anderen Organisation dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass die Organisation oder ihre Tätigkeit mit der Tätigkeit einer früher registrierten Kirche zusammenhängt.“ Das Prinzip der Namensidentität gilt auch für andere Bezeichnungen. So ist z. B. nicht nur der Begriff „Ungarische Benediktinerkongregation“ geschützt, sondern auch der Begriff „Benediktiner“.20 Durch diese gesetzliche Bestimmung werden die Lasten der Rechtsumsetzung nicht übernommen. ___________ 19

Auch das neues Gesetz über den Rechnungshof beinhaltet eine generelle Kompetenzbestimmung: Gesetz LXVI/2011. § 5 Abs. 3. 20 Es ist eine andere Frage, inwiefern die Bestimmung im § 25 Abs. 2 – „Leistet eine kirchliche Person Dienst für jemanden, der kein Kirchenmitglied ist, und hängt ihre Tätigkeit direkt oder indirekt mit ihrer Kirche zusammen, so muss sie den Namen der jeweiligen Kirche vor dem Anbieten des Dienstes oder der Dienstleistung klar ersichtlich aufweisen und kundgeben“ – lebensnah und ob ein faires Verhalten der kirchlichen Personen und Seelsorger gegenüber Anhängern anderer Kirchen durch konsumentenschutzrechtliche Vorschriften regelbar ist. Eine weitere Frage ist, ob die Bestimmung auch die eine religiöse Tätigkeit ausübende Vereine betreffen wird.

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Der Schutz des Schweigerechts der Geistlichen wurde bisher in verschiedenen verfahrensrechtlichen Gesetzen geregelt.21 Das neue Gesetz anerkennt den Schutz betreffend die Informationen mit persönlichkeitsrechtlichem Bezug allgemein (§ 13 Abs. 3). Obwohl das Gesetz keine Bestimmungen in Bezug auf die Spaltung von Kirchen enthält (in diesem Fall könnten mehrere Organisationen als Rechtsnachfolger aufgrund einer inneren Vereinbarung entstehen, die gesondert registriert werden müssten), legt es für den Fall des Ausscheidens eindeutig fest: Im Fall des Ausscheidens von Personen oder Gruppen haben neue Organisation, die durch das Ausscheiden entsteht (z. B. ein gleichfalls religiöse Tätigkeit ausübender Verein), kein Anrecht auf einen Vermögensanteil (§ 27 Abs. 2). Eine oftmals gestellte Frage ist die Auflösung einer innerkirchlichen juristischen Person. In diesen Fällen werden die vermögensrechtlichen Fragen „durch die innerkirchlichen Bestimmungen geregelt“ (§ 30 Abs. 2). Es ist vorstellbar, dass die Kirche für Schulden der aufgelösten innerkirchlichen juristischen Person nach den innerkirchlichen Regelungen nicht verantwortlich ist. In diesem Fall ist eine Verantwortung von außen nicht geltend zu machen.

III. Kirchenfinanzierung Die Kirchenfinanzierung gilt nicht nur als Problemfeld des Staatskirchrechts, sondern auch als Indikator des komplexen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche. Trotz Stimmungsunterschieden zwischen den einzelnen Legislaturperioden ist das Finanzierungssystem in den vergangenen zwei Jahrzehnten organisch gewachsen. Es gab Vereinbarungen (wie mit den Heiligen Stuhl 1997 und anderen Kirchen 1998), langjährige Verhandlungen (wie etwa in der gemischten Kommission zur Durchsetzung des Abkommens aus dem Jahre 1997) und auch gerichtsanhängige Auseinandersetzungen.

1. Von der Vergangenheit bestimmt Bis zur Bodenreform im Jahre 1945 galt die katholische Kirche als der größte Besitzer von landwirtschaftlicher Nutzfläche. Zwei Drittel der Pfarreien standen unter einem Patronat, das Kirchenvolk entrichtete bescheidene Zuwendungen und Stolgebühren. Die tatsächlichen Kosten für die Aufrechterhaltung der Kirche wurden jedoch nie bewusst. Mit der Bodenreform unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Kirche alle größeren Grundstücke. Kleinere ___________ 21 Strafprozessordnung § 81 Abs. 1a – „ist nicht als Zeuge vernehmbar“, Zivilprozessordnung § 170 Abs. 1c – „kann die Aussage verweigern“.

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Grundstücke (hauptsächlich Güter von Pfarrgemeinden) wurden im Jahr 1951 zugunsten einer Staatsleistung an den Staat übertragen. Aufgezwungene Abkommen mit der Reformierten, der Lutherischen und der Unitarischen Kirche, mit der jüdischen Glaubensgemeinschaft (1948) und die mit der Bischofskonferenz nach der Verhaftung von Kardinal Mindszenty getroffenen Abkommen sahen eine Staatsleistung bis zum Jahr 1968 vor: Kleriker sollten ein bescheidenes staatliches Gehalt bekommen – und staatliche Kontrolle hinnehmen. Die Subvention wurde später verlängert; sie blieb ein Mittel der staatlichen Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Kirche. Der Zerfall des realen Sozialismus war von einer tiefen wirtschaftlichen Krise begleitet, was zu einer schrittweisen Erhöhung der staatlichen Subventionen führte. Zwischen den Jahren 1991 und 1997 wurden die Subventionen für die Kirchen durch Parlamentsbeschlüsse verteilt. Das Haushaltsgesetz stellte eine Summe zur Verfügung, das Parlament entschied aufgrund der Vorlage der Menschenrechtskommission. Grundlage bildeten grobe Schätzungen der konfessionellen Situation, ohne jegliche solide Basis. Die Ablösung der direkten Subvention wurde sowohl aus praktischen als auch aus prinzipiellen Gründen erwogen. Näherhin wurde das italienisch-spanische Modell der „Kultursteuer“ bereits in den frühen 1990er Jahren in Betracht gezogen. Es ist anzumerken, dass eine Kirchenmitgliedschaft von staatlichen Behörden nicht registriert werden kann, und die Auslegung der Trennung von Staat und Kirchen auch bedeutet, dass die Kirchen keine staatliche Unterstützung bzw. Zwang hinsichtlich der Vollstreckung interner Verpflichtungen in Anspruch nehmen können. Das Kirchensteuersystem, wie es in der Bundesrepublik Deutschland existiert, war schon aus diesen Gründen ausgeschlossen. In Ungarn gab es keine Reprivatisierung. Kommunistische Enteignungen wurden als verfassungswidrig, die entstandene Eigentumslage jedoch als legal betrachtet. Der Staat hat seine Wiedergutmachungspflicht in Richtung Bürger mit Entschädigungsscheinen wahrgenommen: eine pauschale und begrenzte Entschädigung durch Wertpapiere, die zum Erwerb staatlichen Eigentums verwendet werden konnten. Unternehmen wurden rasch privatisiert, Parteien, Gewerkschaften und Vereine konnten Immobilien aus staatlichem Eigentum erwerben. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang bezüglich der Kirchen eine Ausnahme gemacht. Zum Zweck der Entschädigung der Kirchen, die schwere Rechtsverletzungen erlitten haben, einerseits und zur Sicherstellung ihrer Funktionsfähigkeit und der Religionsfreiheit andererseits, hat das Parlament im Jahre 1991 das Gesetz über die Regelung der Eigentumslage der ehemaligen kirchlichen Immobilien verabschiedet.22 ___________ 22

Gesetz Nr. 1991/XXXII.

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Das Gesetz sieht die Übertragung derjenigen einst den Kirchen gehörenden, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes sich in Staats- bzw. in Gemeindeeigentum befindlichen Immobilien vor, die zum Zweck des Glaubenslebens (Religionsausübung, Konferenzgebäude, kirchliche Dienstwohnungen, Ausbildung des Priesternachwuchses, Ordenshaus), der Bildung und Erziehung, des Gesundheits- und Sozialwesens, des Jugendschutzes und der Kultur (Gemeindehaus, Museum usw.) verwendet worden und wieder zu verwenden sind. Allerdings werden die (nach den genannten Kriterien) zu nutzenden Immobilien nur in einem Umfang übertragen, der auf die Aufgaben des Staates und der Gemeinden, auf die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und auf den realen Bedarf der Kirchen Rücksicht nimmt. Für die Rückgabe der beanspruchten Immobilien wurde ein Zeitraum von 10 Jahren vorgesehen, die Frist allerdings bis 2011 verlängert. Die Rückgabe von etwa 1000 Gebäuden wurde durch direkte Abkommen zwischen den örtlichen Selbstverwaltungen (Gemeinden) und den betroffenen Kirchen geregelt. In über 4.500 Fällen hatte eine paritätische Kommission (Kirche / Regierung) zu entscheiden, wobei die Kirchen auf zahlreiche Ansprüche zugunsten einer Staatsleistung verzichtet haben (siehe unten). Im Haushalt wird jedes Jahr eine Entschädigungssumme für diejenigen Gebäude festgesetzt, die inzwischen Gemeindeeigentum geworden sind. Die Kirchen schlagen die Verteilung dieser Summe vor und bestimmen auch die Reihenfolge der Übertragungen. Es ist zu bemerken, dass es in Ungarn zahlreiche Kirchengebäude und Pfarrhäuser gab, die sich aufgrund des ausgedehnten Patronatssystems im Gemeindeeigentum befanden. Diese wurden auf Antrag der Kirche automatisch ins Grundbuch übertragen. Die Entschädigung betraf insgesamt 12 Kirchen. Aufgrund der Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl vom 20. Juni 1997 hat die Katholische Kirche auf etwa die Hälfte ihrer gesetzlich anerkannten Ansprüche auf Immobilien zugunsten einer Staatsleistung verzichtet, die auf der Basis des Immobilenwertes kalkuliert wurde. Der Staat valorisiert diesen Wert gemäß der Abwertung der nationalen Währung und zahlt ab dem Jahr 2001 5 % des Ertrags (zwischen 1998 und 2000 waren es 4,5 % des Ertrags). Die Leistung ist unbefristet. Im Jahr 1998 haben fünf weitere Kirchen Abkommen mit der Regierung über die Transformation von Immobilienansprüchen in Staatsleistungen (Verband Jüdischer Glaubensgemeinden, Evangelisch-Lutherische Kirche, Reformierte Kirche, Baptisten, Serbisch-Orthodoxe Kirche) geschlossen. Nachdem die Evangelisch-Lutherische Kirche und die Reformierte Kirche größtenteils solche Immobilien verloren hatten, die nicht unter das Gesetz fallen (wie etwa Mietshäuser von Pensionsfonds), diese Kirchen jedoch erheblich zum Gemeinwohl beitragen, wurde deren Staatsleistungen ergänzt. Diese Kirchen erhalten also Staatsleistungen einerseits aufgrund des Immobilienverzichts und andererseits aufgrund ihrer Teilnahme an öffentlichen Aufgaben.

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2. An die Zukunft gerichtet a) Förderung des religiösen Lebens Aufgrund der Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl wurde den Steuerzahlern mit dem Steuerjahr 1997 freigestellt, 1 % der Steuer den Kirchen oder einem Alternativfonds zuzuweisen. Es ist zu bemerken, dass im Gegensatz zu Italien, dessen erfolgreiches Modell der Möglichkeit der Zweckwidmung eines Teils der Steuer Vorbild für diese Regelung gewesen ist, in Ungarn jeder Steuerzahler über die Widmung von 1 % der Einkommensteuer bestimmt (ein wieteres Prozent kann zugunsten von Zivilverbänden gewidmet werden). Paradoxer Weise koppelt das System die Unterstützung der Kirchen an die Steuerpolitik des Staates. Während zur Zeit der früheren sozial-liberalen Regierungen der Mindestlohn steuerfrei war, hat die derzeitige Mitte-Rechts-Regierung eine großzügige Familienförderung im Rahmen des Steuersystems eingeführt und die Progression der Einkommensteuer aufgegeben, was sich auch auf die Kirchenfinanzierung auswirkt. Im Jahr 2000 sind 524.000 Zweckwidmungen zugunsten von 89 Kirchen getätigt worden. Deren Anzahl ist in den vergangenen Jahren rasch gestiegen, da Kirchen immer öfter professionelle Werbekampagnen einsetzen. Im Jahr 2011 waren es bereits knapp über eine Million Steuerzahler, die 1 % ihrer Steuer einer Kirche widmeten (618.000 an die Katholische Kirche, 213.000 an die Reformierte Kirche, 56.000 an die Evangelische Kirche, 25.000 an die „Hit Gemeinde“, 18.000 an die Baptisten, 8.000 an die Zeugen Jehovas, 7.000 an jüdische Gemeinden). Die aus der Teilzweckwidmung der Einkommensteuer den Kirchen zukommende Subvention wird durch 0,5 % aus den gesamten Einkommensteuereinnahmen ergänzt. Diese ergänzende Subvention wird gemäß der Zahl der Widmungen zwischen den einzelnen Kirchen verteilt und kann von diesen frei verwaltet und verwendet werden. Es gibt also keine Zweckbindung. Kirchen bekommen Subventionen auch für Zwecke des Religionsunterrichts.23 Diese werden auf Grundlage der von den Kirchen angegebenen Schülergruppenzahlen errechnet. Zudem wird für bestimmte Projekte der Rekonstruktion von Gebäuden oder auch für konkrete Neubauten im Staatshaushalt jährlich eine bestimmte Summe festgelegt, die gemäß dem konfessionellen Zahlenverhältnis vergeben wird.

___________ 23

Gesetz CCVI/2011. § 24 Abs. 1.

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b) Förderung gemeinnütziger Aktivitäten Für die Aufrechterhaltung von kirchlichen Sammlungen, Museen und Archiven wird im Haushalt ebenso eine Summe festgesetzt, wie für die internationale Tätigkeit der Kirchen. Diese Subventionen sind zweckgebunden. Tätigkeiten von Kirchen, wie u. a. im Bereich des Schul- und Gesundheitswesens, werden vom Staat mit denselben Zuschüssen unterstützt, die auch öffentliche Institutionen erhalten, da sie die öffentliche Hand entlasten. Dieses Prinzip ist gesetzlich24 und vertraglich25 gesichert; es wurde auch von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts anerkannt.26 Die staatliche Finanzierung von gemeinnützigen Aktivitäten hat deren Ausweitung ermöglicht. Vor allem im Schul- und Sozialwesen haben die Kirchen eine nicht übersehbare Rolle erreicht. Der Besuch kirchlicher Schulen muss, wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, gebührenfrei sein.

IV. Zusammenfassung Trotz grundlegender Änderungen ist das Staat-Kirche-System, das sich in den zwei Jahrzehnten seit der Wende in Ungarn entwickelt und gefestigt hat, weiterhin stabil. Auch die neue Verfassung legt die weltanschauliche Neutralität des Staates fest. Religionsfreiheit, Trennung und Kooperation von Staat und Kirchen gelten weiterhin als Grundsätze des ungarischen Staatskirchenrechts. Das Gesetz aus dem Jahr 1990, das in der Freiheitseuphorie entstanden – und als solches zum Symbol geworden ist –, bewährte sich seither als taugliche Garantie der Religionsfreiheit. Sein Vermächtnis wird auch vom neuen Gesetz nicht verdrängt. Die neue Regelung bedeutet kein neues Modell, setzt aber neue Akzente: Mit Blick auf die Trennung von Staat und Kirchen erhält der Schutz der kirchlichen Autonomie sowie die Kooperation von Staat und Kirchen eine stärkere Akzentuierung. Eine grundlegende Veränderung erfolgt in der Regelung, die den Erwerb des Kirchenstatus bzw. die Rechtssituation der Gemeinschaften betrifft. Das System der parlamentarischen Anerkennung, die Verknüpfung der legislativen und exekutiven Rollen wirft zahlreiche theoretische und praktische Fragen auf. Die bisher formell gleichberechtigten Kirchen werden in Zukunft in zwei Kategorien eingestuft: Kirchen und religiöse Vereine. Die Mitglieder von Kirchen und religiösen Vereinen sollten die Änderung des rechtlichen Rahmens kaum merken. Näherin wird die Entwicklung in der Praxis auch die Beurteilung des gesetzlichen Rahmens bestimmen. ___________ 24 25 26

Gesetz CCVI/2011. § 19 Abs. 4 [Früher Gesetz IV/1990. § 19 Abs. 1]. Mit dem Heiligen Stuhl als auch mit den anderen Kirchen. VerfGE 18/1994. (III. 31) AB; 22/1997. (IV. 8) AB.

Kirche und Staat in Luxemburg: Jüngere und jüngste Entwicklungen im gegenseitigen Verhältnis Mathias Schiltz Über jüngere und jüngste Entwicklungen in den Beziehungen von Kirche und Staat im Großherzogtum Luxemburg zu berichten ist kein einfaches Unterfangen. Es wird in der Tat durch mehrere Faktoren erschwert: (1) Die Ungewissheit bezüglich der historisch bedingten rechtlichen Grundlagen dieses Verhältnisses, die vorab in einem ersten Teil zu klären sind. (2) Die Tatsache, dass nach einer längeren Zeit der Beruhigung die Debatte um das genannte Verhältnis in letzter Zeit erneut aufgeflammt ist und zu parlamentarischen Initiativen geführt hat, deren Ausgang im Augenblick noch nicht abzusehen ist. (3) Der Umstand, dass sich neuerdings auch seitens der Kirchenleitung ein Wandel der Position abzuzeichnen scheint, wenngleich dessen genaue Umrisse noch nicht deutlich zu erkennen sind. Aus diesen Vorbemerkungen ergibt sich die Gliederung dieses Beitrags: I. Die historisch bedingte Unsicherheit der Rechtsgrundlagen des Staat-Kirche-Verhältnisses in Luxemburg. II. Die Weiterentwicklung im späten 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. III. Die Stunde der Konventionen. IV. Die aktuellen Debatten. V. Ausblick

I. Die historisch bedingte Unsicherheit der Rechtsgrundlagen des Staat-Kirche-Verhältnisses in Luxemburg Die Ungewissheit in diesem Bereich hat ihre Ursache vor allem in der bewegten politischen Geschichte und der wechselreichen kirchlichen Zugehörig-

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keit der Territorien des heutigen Großherzogtums Luxemburg. Das Herzogtum Luxemburg kannte seit dem 15. Jahrhundert bis zum Ende des Ancien Régime sukzessive Fremdherrschaften: Burgund, spanische Habsburger, österreichische Habsburger. In kirchlicher Hinsicht war das Herzogtum Luxemburg bis zum Ende des Ancien Régime zwei verschiedenen Diözesen zugeordnet. Der Norden des Landes gehörte zum Fürstbistum Lüttich, der Süden zum kurfürstlichen Erzbistum Trier. 1. Französische Revolution und napoleonische Zeit1 Diese Verhältnisse fanden ein jähes Ende mit der französischen Revolution, die für unsere Frage nach den Rechtsgrundlagen eine folgenschwere Zäsur darstellt. Luxemburg wurde 1795 von den Revolutionstruppen erobert und, abgesehen von geringfügigen Exklaven, als Wälder-Departement (Département des Forêts) der Französischen Republik einverleibt. Fürderhin sollte die Kirche in Luxemburg bis zum Wiener Kongress das Schicksal der Kirche in Frankreich teilen. In kirchlicher Hinsicht wurde das Wälder-Departement infolge des zwischen Pius VII. und dem Ersten Konsul Bonaparte am 15. Juli 1801 abgeschlossenen Konkordats dem Bistum Metz zugeteilt. Von hier aus stellt sich in unserem Zusammenhang die überaus wichtige Frage, ob und inwiefern das Konkordat von 1801 und die nachfolgenden napoleonischen Abmachungen und Verfügungen im heutigen Großherzogtum als Rechtsnachfolger des Wälder-Departements Geltung haben. Diese Frage ist bis heute Ursache einer gewissen Rechtsunsicherheit. 2. Luxemburg und das Konkordat von 18012 Es steht außer Zweifel, dass das Konkordat zwischen Pius VII. und Bonaparte im Wälder-Department Geltung hatte.3 Dies wird auch durch die wiederholte ___________ 1

Siehe Gilbert Trausch, Le Luxembourg sous l’Ancien Régime (17e, 18e siècles et débuts du 19e siècle), in: Handbuch der Luxemburger Geschichte in vier Bänden. Bd. III, Luxembourg 1977, S. 28-48 passim. 2 Zur ganzen Konkordatsfrage vgl. Nicolas Majerus, La situation légale de l’Église catholique au Grand-Duché de Luxembourg. Luxembourg 1926; Alexis Pauly, Les cultes au Luxembourg. Un modèle concordataire, Luxembourg 1989 (mit einer ergiebigen Bibliographie). 3 Dies trifft selbstverständlich nicht zu für die sog. Articles organiques (Loi du 17 germinal an X, avril 1802), durch die Napoléon das Konkordat interpretieren und für dessen Umsetzung sorgen wollte. Diese Organischen Artikel sind von der Kirche nie an-

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Berufung des Metzer Bischofs Peter-Franz Bienaymé auf das Konkordat bestätigt.4 Daran haben aufgrund der Rechtsnachfolge auch die Bestimmungen des Wiener Kongresses (1815) nichts geändert. Durch die Wiener Beschlüsse wurde das Herzogtum Luxemburg in den Rang eines Großherzogtums erhoben und, nach einer nicht unerheblichen Beschneidung seines Territoriums, Wilhelm I. von Oranien-Nassau, dem neu ernannten König der Niederlande, als persönliches Lehen5 zugesprochen.6 Zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Großherzogtum Luxemburg gibt es infolgedessen eine Personalunion, aber es sind zwei verschiedene Staaten. Auch die 1823 erfolgte Zuteilung des Großherzogtums Luxemburg an das Bistum Namur bedeutet für unsere Frage keine Zäsur. Das zwischen dem König der Niederlande, Wilhelm I., und Papst Leo XII. am 27. Juni 1827 abgeschlossene Konkordat enthielt in Bezug auf das Konkordat von 1801 nur geringfügige Abänderungen und Regelungen von Einzelheiten. In völkerrechtlicher Hinsicht stellt sich theoretisch die Frage, ob dieses Konkordat auch im Großherzogtum Geltung hatte. In Wirklichkeit ist die Frage irrelevant, da es toter Buchstabe blieb7 und die Vertragsparteien 1840/1841 formell auf die Anwendung des Konkordats von 1827 verzichteten.8 3. Die Wirren der Belgischen Revolution (1830-1839)9 Mit der Zeit hat die Politik des Königs der Niederlande, Wilhelms I., die Einwohner der niederländischen Südprovinzen, die Belgier, gegen den König aufgebracht. Schuld daran waren eine Bevorzugung der Nordprovinzen des Königreichs, eine autokratische Verwaltung und eine dem Josephinismus verhaftete Religionspolitik. Am 25. August 1830 kommt es in Brüssel zu einem Aufstand, der schnell separatistische Tendenzen annimmt. ___________ erkannt worden, blieben aber als staatliches Gesetz in Kraft. Vgl. Majerus, La situation légale (Fn. 2), S. 30-35, hier S. 32 f. 4 Vgl. Emil Donckel, Die Kirche in Luxemburg von den Anfängen bis zur Gegenwart, Luxemburg 1950, S. 126-129, hier S. 126. 5 Gedacht als Entschädigung für deutsche Erblande, die Wilhelm an Preußen abtreten musste. 6 Bereits am 16. Mai 1816 bestätigte Wilhelm I. das Konkordat (und die Organischen Artikel als staatliches Gesetz). Vgl. Majerus, La situation légale (Fn. 2), S. 37. 7 Albert Calmes, Histoire contemporaine du Grand-Duché de Luxembourg, Vol. I: Naissance et début du Grand-Duché 1814-1830. Le Grand-Duché de Luxembourg dans le Royaume des Pays-Bas, Luxembourg 1971, S. 498. 8 Majerus, La situation légale (Fn. 2), S. 42. Paul Eyschen, Das Staatsrecht des Großherzogtums Luxemburg, Freiburg im Breisgau 1890, S. 192. 9 Trausch, Le Luxembourg sous l’Ancien Régime (Fn. 1), S. 61-70.

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Bereits im Oktober desselben Jahres schloss sich das Großherzogtum dem Aufstand an, mit Ausnahme der Stadt Luxemburg, die aufgrund der Anwesenheit einer preußischen Garnison in fester Hand war. Die Beanstandungen der Luxemburger waren zwar nicht die gleichen wie die der Belgier. Aber der belgische Aufstand war für die Luxemburger eine willkommene Gelegenheit, Wilhelm I., der das Großherzogtum über 15 Jahre als achtzehnte Provinz der Niederlande behandelt hatte, die Stirn zu bieten. Die – in verschiedenen Varianten – über neun Jahre andauernde politische Trennung zwischen der Hauptstadt und dem flachen Land sollte auch in kirchlicher Hinsicht weit reichende Folgen haben. Zunächst war es dem Klerus der Hauptstadt unmöglich bzw. verboten mit dem Bischof von Namur Kontakt zu halten. Um diesen für das kirchliche Leben sehr nachteiligen Umständen abzuhelfen, erfolgte am 17. Dezember 1833 die Ernennung von Johann Theodor Van der Noot, Pfarrer an St. Peter, der Hauptkirche der Stadt Luxemburg, zum Apostolischen Vikar a. i. für den Teil Luxemburgs, der unter der Herrschaft des niederländischen Königs stand, d. h. für die Hauptstadt.

4. Die Zeit der „Autonomie“ des Landes – nach 1839 Es handelt sich selbstverständlich um eine sehr relative Autonomie. Ihre bürgerlichen Freiheiten mussten sich die Luxemburger erst allmählich erkämpfen. Das gilt auch für die Rechte der Kirche. Wohl kann die hauptsächlich politisch motivierte Ernennung eines Apostolischen Vikars a. i. für die Stadt Luxemburg als Vorbote einer selbständigen kirchlichen Hierarchie in Großherzogtum angesehen werden. In der Tat: nach der durch den Londoner Vertrag (1839) verfügten Rückkehr der „abtrünnigen“ Teile Luxemburgs unter die Botmäßigkeit des Hauses Oranien-Nassau, wurde das gesamte verbliebene10 Großherzogtum, dessen Eigenstatut gegenüber den niederländischen Provinzen der König nun gezwungenermaßen anerkannte, vom Bistum Namur getrennt und zum Apostolischen Vikariat erhoben. 11 Van der Noot wurde zum ersten

___________ 10 Der Londoner Vertrag hat gleichzeitig die Westbezirke des Großherzogtums (die heutige belgische Province du Luxembourg) abgetrennt und in das neue Belgische Königreich eingegliedert. Es war dies der dritte Gebietsverlust des früheren Herzogtums, nach der Abtrennung der Südkantone durch den sog. Pyrenäenfrieden (1659) und der Ostkantone durch den Wiener Kongress. 11 Gregor XVI., Bulla „Ubi universalis Ecclesiae“ vom 2. Juni 1840, abgedr. in: Acta Gregorii Papae XVI., Pars prima canonica, Graz 1971, S. 59; königlich-großherzogliche Approbation vom 13. Juni 1840.

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Apostolischen Vikar bestellt. Ihm folgte im Jahr 1841 Jean-Théodore Laurent,12 der bereits Titularbischof war. Doch wie stellte sich unterdes die Rechtsgrundlage der Beziehungen zwischen Staat und Kirche dar? Das Konkordat von 1827 war, wie bereits angedeutet, 1840/1841 still verstorben. War damit das Konkordat von 1801 wieder in vollem Umfang in Kraft? Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Dafür sprechen folgende Gründe: (1) „Im Jahre 1830 wurde auf dem platten Lande im ganzen Großherzogthum die belgische Verfassung und durch deren Bestimmungen, namentlich die Art. 14, 16, 19, die Hauptgrundsätze der concordatären Gesetzgebung abgeschafft. Die Publikation dieser Verfassung unterblieb jedoch in der Hauptstadt, welche als Bundesfestung mit preußischer Besatzung an der belgischen Revolution nicht Theil nahm und so ihre frühere Verwaltung und Gesetzgebung behielt.“13 Aus diesem Umstand ergibt sich hinsichtlich des Konkordats in Bezug auf die Gesamtheit des großherzoglichen Territoriums gewissermaßen eine hinkende Rechtslage. (2) Bei seiner Einführung in Luxemburg 1842 weigert sich der Apostolische Vikar Jean-Théodore Laurent, gestützt auf eine geheimes Abkommen zwischen Wilhelm II. und der Römischen Kurie, den im Konkordat von 1801 vorgesehenen Eid zu leisten.14 (3) Die Frage stellte sich mit neuer Brisanz bei der Ausarbeitung der Verfassung des Jahres 1848. Diese Verfassung liberalen Zuschnitts lehnt sich weitgehend an die belgische Verfassung an, beschreitet aber bezüglich des Staat-Kirche-Verhältnisses eigene Wege, indem sie die Auffassung vertritt, dass Staat und Kirche als zwei sich gegenüberstehende Gewalten zu betrachten sind.15 Die Frage nach der Geltung des Konkordats aber lassen die Verfasser letztlich offen. „Während die Spezialcommission das Bestehen des Concordates von 1801 nachzuweisen bestrebt war, schlug die Centralkommission eine Fassung vor, aus welcher nicht gefolgert werden könne, ___________ 12 Zur Person und zum Wirken von Jean-Théodore Laurent siehe Joseph Goedert, Jean-Théodore Laurent, Vicaire apostolique de Luxembourg, in: Jules Mersch, Biographie Nationale du Pays de Luxembourg depuis ses origines jusqu’à nos jours. VIIIme Fascicule, Luxembourg 1957, S. 205-593: Georges Hellinghausen, Kampf um die Apostolischen Vikare de Nordens J. Th. Laurent und C. A. Lüpke. Der Hl. Stuhl und die Protestantischen Staaten Norddeutschlands und Dänemark um 1840, Roma 1987, bes. S. 76-81. 13 Eyschen, Staatsrecht (Fn. 8), S. 192. 14 Gilbert Trausch, Le Luxembourg à l’époque contemporaine, in: Handbuch der Luxemburger Geschichte in vier Bänden. Bd. IV, Luxembourg 1975, S. 95 u. 97; Goedert, Jean-Théodore Laurent (Fn. 12), S. 301-312. 15 Eyschen, Staatsrecht (Fn. 8), S. 190.

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daß die Aufhebung des Concordates von ihr anerkannt worden sei.“16 Es ist dies ein typisches Beispiel des luxemburgischen Pragmatismus. Er hat dazu geführt, dass die Vorschläge der Zentralkommission zum Grundgesetz erhoben wurden und bisher bei allen späteren Verfassungsänderungen erhalten blieben. (4) Des weiteren wurden bereits ab 1848 Verhandlungen über ein neu abzuschließendes Konkordat unternommen. Diese haben aber nicht zum Ziel geführt und wurden 1871 von der Luxemburger Regierung als nicht opportun eingestellt.17 Auch weiteren Bemühungen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war kein Erfolg beschieden. Durch die bis heute nicht abgeänderten „Kirchenartikel“ der Verfassung von 1848 waren, zumindest unter staatlichem Blickwinkel,18 die Beziehungen zwischen Staat und Kirche grundsätzlich, wenn auch nur fragmentarisch und z. T. provisorisch geregelt. Die wichtigsten der einschlägigen Artikel werden im Folgenden in ihrer heute geltenden Fassung und Nummerierung zitiert: Art. 19. Die Freiheit der Kulte und ihrer öffentlichen Ausübung sowie die Freiheit, seine religiösen Überzeugungen zum Ausdruck zu bringen, sind verbürgt, vorbehaltlich der Bestrafung der Delikte, die gelegentlich der Ausübung dieser Freiheiten begangen werden. Art. 20. Niemand darf gezwungen werden in irgendeiner Weise an den Handlungen und Zeremonien eines Kultes teilzunehmen oder dessen Ruhetage zu beachten. Art. 21. Die Zivilheirat muss dem Brautsegen (sic) immer vorausgehen. Art. 22. Das Eingreifen des Staates in die Ernennung und Einsetzung der Kultusvorsteher, der Modus der Ernennung und der Abberufung der übrigen Kultusdiener, die Freiheit der einen und der anderen, mit ihren Vorgesetzten zu korrespondieren und ihre Akten zu veröffentlichen, sowie die Beziehungen zwischen Staat und Kirche, sind Gegenstand von Konventionen, die der Abgeordnetenkammer zu unterbreiten sind, soweit deren Einschaltung notwendig ist. Art. 106. Die Gehälter und Pensionen der Kultusdiener sind zu Lasten des Staates und werden durch Gesetz geregelt. Art. 119. In Erwartung der in Art. 22 vorgesehenen Konventionen bleiben die aktuellen Bestimmungen die Kulte betreffend in Kraft.19

___________ 16

Ebd. Zu den Irrungen und Wirrungen dieser Unterhandlungen siehe ebd., S. 190 f. 18 Die kirchliche Autorität hat in der Person von Nikolaus Adames, provisorischer Verwalter des Apostolischen Vikariats, bereits am 19. Mai 1848 gegen den „freisinnigen“ Verfassungsentwurf Protest erhoben. Vgl. Donckel, Die Kirche in Luxemburg (Fn. 4), S. 158. 19 Im französischen Originaltext: Art. 19. La liberté des cultes, celle de leur exercice public, ainsi que la liberté de manifester ses opinions religieuses, sont garanties, sauf la répression des délits commis à l’occasion de l’usage de ces libertés. 17

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Die beiden wichtigsten Artikel sind zweifellos 22 und 119. Art. 22 schreibt zwar den Grundsatz einvernehmlicher Lösungen durch Konventionen fest, vertagt aber die Lösung der konkreten Fragen sozusagen ad calendas graecas, ein weiteres Beispiel des luxemburgischen Pragmatismus. Denn obschon, wie bereits angedeutet, schon 1848 Verhandlungen über ein neues Konkordat eingeleitet wurden, ist Art. 22 zum ersten Mal im Jahr 1982 zur Anwendung gekommen.20 In der Zwischenzeit war Art. 119 das Fundament für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche, freilich eine Grundlage die nicht besonders zuverlässig war und sich durch eine gewisse Unschärfe auszeichnete. Vornehmlich stellte sich die Frage, welche Bestimmungen aufgrund von Art. 22 in Kraft blieben. Paul Eyschen21 schreibt dazu: „Als geltendes Recht sind also durch die Verfassung selbst alle Bestimmungen bezeichnet, welche im Jahre 1848 noch Gesetzeskraft besaßen.22 […] Die Materie wird vielfach durch die Frage beherrscht, inwieweit die frühere französische concordatäre Gesetzgebung durch spätere Akte der Staatsgewalt aufgehoben oder verändert ist. Im Allgemeinen wird, da eine formelle Aufhebung des Concordates von 1801 nicht vorliegt, angenommen, daß dasselbe soweit erhalten ist, als dessen Bestimmungen mit späteren Gesetzen nicht im Widerspruche stehen.“23

___________ Art. 20. Nul ne peut être contraint de concourir d’une manière quelconque aux actes et aux cérémonies d’un culte ni d’en observer les jours de repos. Art. 21. Le mariage civil devra toujours précéder la bénédiction nuptiale. Art. 22. L’intervention de l’État dans la nomination et l’installation des chefs des cultes, le mode de nomination et de révocation des autres ministres des cultes, la faculté pour les uns et les autres de correspondre avec leurs supérieurs et de publier leurs actes, ainsi que les rapports de l’Église avec l’État, font l’objet de conventions à soumettre à la Chambre des Députés pour les dispositions qui nécessitent son intervention. Art. 106. Les traitements et pensions des ministres des cultes sont à charge de l’État et réglés par la loi. Art. 119. En attendant les conventions prévues à l’art. 22, les dispositions actuelles relatives aux cultes restent en vigueur. 20 Siehe unten: Kapitel III: Die Stunde der Konventionen. 21 Eyschen, Staatsrecht (Fn. 8), S. 101. 22 Das gilt vornehmlich für die Bestimmungen über die Kirchenfabriken, die bis heute, wenn auch nicht unumstritten, in Kraft sind: Décret impérial du 30 décembre 1809 sur l’organisation et le fonctionnement des fabriques des églises. Vgl. dazu: Nicolas Majerus, L’administration des biens d’église dans le Grand-Duché de Luxembourg, Luxembourg 1937. Integraler Text des Dekrets daselbst, S. 551-562. 23 Vgl. mit ähnlicher Schlussfolgerung Majerus, La situation légale (Fn. 2), S. 50 ff.

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II. Die Weiterentwicklung im späten 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts In diese Zeit fällt vornehmlich die Klärung der Bistumsfrage.24 Eine erste gewichtige und günstige Gelegenheit, Art. 22 der Verfassung konkret anzuwenden, bot sich mit der Errichtung des Bistums Luxemburg. Sie wurde von beiden Seiten, sowohl vom Heiligen Stuhl als auch vom König-Großherzog und seiner Regierung verpasst. Kurz vor Abschluss des I. Vatikanischen Konzils erhob Pius IX. am 27. September 1870 das Apostolische Vikariat Luxemburg zu einem eigenen Bistum und ernannte am 30. desselben Monats den Apostolischen Vikar Nikolaus Adames zum ersten Bischof von Luxemburg. Auf dieses einseitige Vorgehen Roms antwortete der Luxemburger Staatsrat zunächst mit einer ebenso einseitigen Nichtanerkennung der römischen Entscheidung. Durch Gesetz vom 30. April 1873, bestätigt durch den Königlich-Großherzoglichen Beschluss vom 23. Juni 1873, wurde die Errichtung des Bistums Luxemburg unter sehr einschränkenden Bedingungen schließlich auf minimaler Basis anerkannt. Es fehlen jegliche Bestimmungen über die Dotierung und die interne Organisation des Bistums (Domkapitel, Rechtspersönlichkeit, Vermögensverwaltung und dgl.). Faktisch beziehen sich die gesetzlichen Bestimmungen ausschließlich auf die Umschreibung des Territoriums und die Person des Bischofs. Zwar hatte die von der Regierung betriebene Abberufung des politisch nicht genehmen Apostolischen Vikars Jean-Théodore Laurent im Revolutionsjahr 1848 vorderhand für Entspannung gesorgt. Aufs Ganze gesehen aber ist die Zeit zwischen 1848 und dem Ende des ersten Weltkriegs eine sehr spannungsreiche.25 Heftige Schulstreitigkeiten,26 auf die wir hier nicht im Einzelnen eingehen können, haben diese Jahrzehnte gekennzeichnet. Hinzu kommen institutionelle Gefechte auf ideologischem, „antiklerikalem“ Hintergrund, in deren Umfeld die Bistumsfrage einen Brennpunkt darstellt. Genährt wurden diese Grabenkämpfe durch Ereignisse im Ausland: Ende des Kirchenstaates, Kulturkampf in Deutschland, Trennung von Kirche und Staat in Frankreich. Aber trotz der Vehemenz der Angriffe ist es nicht gelungen, die Kirchenartikel der Verfassung abzuschaffen oder abzuändern. Diese erwiesen sich im Ge___________ 24 Zur Bistumsfrage vgl. vor allem Nicolas Majerus, L’Érection de l’Évêché de Luxembourg, Luxembourg 1951. 25 Trausch, Le Luxembourg à l’époque contemporaine (Fn. 14), S. 96 spricht von einer langen Konfliktperiode. 26 Vgl. Georges Vuillermoz, Das Luxemburgische Primärschulgesetz. Eine rechtsgeschichtliche und kirchenrechtliche Untersuchung (Excerpta ex Dissertatione ad Doctoratum in Facultate Iuris Canonici Pontificiae Universitatis Gregorianae), Luxemburg 1990.

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genteil als ein starkes Bollwerk, für dessen Bewahrung sich dann, paradoxerweise, auch die kirchliche Autorität einsetzte.27 Aufs Ganze gesehen erwiesen sich die „Kirchenartikel“ der Verfassung in der Praxis als weniger ungünstig oder gefährlich, denn befürchtet. Insbesondere die relative Unschärfe von Art. 119 gereichte beiden Seiten, Kirche und Staat, zum Vorteil, da sie reichlich Spielraum für Interpretationen und kreative Weiterentwicklungen bot. Das aber sollte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts möglich sein.28 Zuvor ist es zu Beginn des 20. Jahrhunderts nochmals zu einer Verschärfung der Konflikte gekommen. 1912 bestieg in der Person von Großherzogin MariaAdelheid die erste katholische,29 auf luxemburgischen Boden geborene Fürstin den großherzoglichen Thron. Sie weigerte sich zunächst ein Schulgesetz zu unterschreiben, das die Kirche, nicht ohne Übertreibung, als Gesetz der Entchristlichung bezeichnete. In Wirklichkeit ging es nur darum, die Volksschullehrer von der Erteilung des Bibelunterrichts zu entlasten und sie der Aufsicht durch den Klerus zu entziehen. Schließlich unterzeichnete Großherzogin Maria-Adelheid auf Drängen von Staatsminister Paul Eyschen. Doch ihr Zögern sollte ihr zum Verhängnis werden und nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit zu ihrer gezwungenen Abdankung beitragen. Bischof Koppes antwortete auf das Gesetz mit der gänzlichen Abbrechung des schulischen Religionsunterrichts und dem Verlegen der religiösen Unterweisung in kircheneigene Räume. Erst unter seinem Nachfolger, Bischof Petrus Nommesch, wurde 1921 der Streit beigelegt.30 Inzwischen war auch die monarchisch-dynastische Frage geklärt und die Nachfolge von Großherzogin Maria-Adelheid geregelt. Ihre Schwester Charlotte war ihr auf dem Thron gefolgt. Das Erstarken der sog. „Rechtspartei“,31 vor ___________ 27

Vgl. Trausch, Le Luxembourg à l’époque contemporaine (Fn. 14), S. 98: „Dans le domaine des institutions ses efforts [les efforts de l’Église] visent avant tout à maintenir le statu quo.“ Dabei wurden der provisorische Charakter der Kirchenartikel der Verfassung und die ihnen anhaftende Tendenz zur Bevormundung natürlich nicht übersehen. 28 Siehe Kapitel III: Die Stunde der Konventionen. 29 Ihre Vorgänger seit dem Wiener Kongress waren allesamt protestantischer Konfession. 30 Zu diesem heftigen Schulstreit und seiner Beilegung vgl. Vuillermoz, Das Luxemburgische Primärschulgesetz (Fn. 26), S. 79-113. 31 Die Rechtspartei war am 16. Januar 1914 gegründet worden. Am Ende des Zweiten Weltkrieges tauschte sie ihren Namen gegen die Bezeichnung „Christlich-Soziale Volkspartei“ (CSV) ein, den sie bis heute führt. Seit dem Wahlsieg von 1919 bis heute trägt die CSV, abgesehen von zwei Unterbrechungen 1926-1925 und 1974-1979, in führender Regierungsposition hohe Verantwortung für die Geschicke des Großherzogtums. Zum Ganzen siehe Gilbert Trausch (Hrsg.), CSV Spiegelbild eines Landes und seiner Politik? Geschichte der Christlich-Sozialen Volkspartei Luxemburgs im 20. Jahrhundert, Luxemburg 2008.

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allem dank der Einführung des Frauenwahlrechts, sollte der Kirche für die Jahrzehnte zwischen den beiden Weltkriegen ruhigere Zeiten bescheren. Durch die patriotische Haltung des Klerus im Zweiten Weltkrieg und den Schulterschluss im gemeinsamen Widerstand gegen den Naziokkupanten, über alle dieologischen und politischen Gräben hinweg, haben sich die Verhältnisse weiter entschärft. So konnte das Klima geschaffen werden, das im späten 20. Jahrhundert weitere Verbesserungen des Staat-Kirche-Verhältnisses ermöglicht hat.

III. Die Stunde der Konventionen Atmosphärisch herrschte also nach dem Zweiten Weltkrieg ein Klima der Entspannung und der Befriedung. Innerlich war die Kirche in den Kriegsjahren nochmals erstarkt. Viele Luxemburger waren überzeugt, dass sie die Befreiung vom Joch des Nationalsozialismus einer himmlischen Fügung zu verdanken hatten, vornehmlich dem Schutz der Gottesmutter, die seit 1678 unter dem Titel „Trösterin der Betrübten“ als Landespatronin verehrt wurde. Die Wallfahrt zu ihrem Gnadenbild, die in den Kriegsjahren untersagt war, erfuhr einen neuen Aufschwung. Vielfach kam es zu einer gewissen Symbiose zwischen der Landespatronin und der Landesfürstin (Landesmutter) Großherzogin Charlotte die im Exil der Kriegsjahre zu einer Referenz des Widerstandes geworden war und sich bei den Alliierten mit Erfolg für die Freiheit und Selbstständigkeit ihres Landes eingesetzt hatte. Thron und Altar waren in jenen Nachkriegsjahren sehr eng miteinander verbunden. Bischof Joseph Philippe nutzte die Gunst der Stunde um die christlichen Laienverbände nach dem französischen Vorbild der Spezialisierten Katholischen Aktion32 neu zu organisieren und zu stärken. So reiften stufenweise die allgemeinen Voraussetzungen für eine Konsolidierung der Staat-Kirche-Verhältnisse heran. Aber noch musste innerhalb der Kirche die überzeugte Entschlossenheit wachsen, die notwendigen Schritte in dieser Richtung einzuleiten. Ein erster Impuls dazu kam vom II. Vatikanischen Konzil, das in seiner Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ 33 grundsätzliche Anweisungen zu diesen Fragen erlassen hat, die sich vielfach von den Aussagen Pius’ IX. abheben34 und von dem alten Kampfgeist Abschied nehmen. ___________ 32 Action Catholique Spécialisée. Vgl. Donckel, Die Kirche in Luxemburg (Fn. 4), S. 210. 33 Vgl. bes. Kapitel IV: Das Leben der politischen Gemeinschaft (Nr. 73-76). 34 Vgl. bes. den Syllabus errorum (namentlich Nr. 80) und die päpstlichen Verlautbarungen, aus denen er zusammengestellt ist. Siehe Heinrich Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, hrsg. von Peter Hüner-

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Unter Berufung auf das Konzil konnten nun auch innerkirchliche Überlegungen zu den Beziehungen zwischen Staat und Kirche angestellt werden. Den Rahmen dafür bot die IV. Luxemburger Diözesansynode,35 die von 1972-1981 in 20 Vollversammlungen tagte. Für unsere Frage ist vor allem der am 1. Dezember 1978 in Kraft gesetzte Beschluss „Glaube und Politik“36 zu berücksichtigen, genauer der III. Teil: Kirche und Staat.37 Nach grundsätzlichen Erörterungen über die christliche Staatsauffassung, wendet sich der Text dem Verhältnis von Kirche und Staat zu. Dort heißt es:38 „Das Verhältnis von Kirche du Staat gründet auf dem Gedanken der Autonomie, sowohl der staatlichen wie der kirchlichen Gemeinschaft, jede in ihrem Bereich. Daraus ergibt sich […] die Anerkennung der Autonomie des politisch-staatlichen Bereichs39 durch die Kirche; entsprechend erwartet die Kirche auch die Anerkennung der Eigengesetzlichkeit des geistig-religiösen Bereichs durch die staatliche Autorität. Da aber beide Gesellschaften – Kirche und Staat – im Dienst desselben Menschen stehen und ihren Beitrag zum Wohlergehen derselben menschlichen Gesellschaft zu leisten haben, ergeben sich breite Zonen, innerhalb derer sich die Interessen von Kirche und Staat begegnen, berühren und überschneiden. Es ist der Wunsch der Kirche, dass das Verhältnis zum Staat vom Geist der gegenseitigen Achtung und der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemeinsamen Interesses getragen werde. Versuche, das Verhältnis von Kirche und Staat auf Grund von Gedanken der ‚Trennung‘40 oder gar des ‚Kampfes‘ zu bestimmen, sind dem gesellschaftlichen Frieden abträglich, und daher auszuschließen.“

Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen, konnte sich die Synode dem konkreten Verhältnis von Kirche und Staat in Luxemburg zuwenden. Zunächst wird festgestellt, dass sowohl die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse als auch der Wandel im Selbstverständnis der Kirche es nahe legen, die ___________ mann, Freiburg / Basel / Wien 432010, S. 743 ff. Zur Frage des Syllabus siehe u. a. Roger Aubert, Le Pontificat de Pie IX, Louvain s.d., S. 245 ff. 35 Évêché de Luxembourg, IV. Luxemburger Diözesansynode, Offizieller Text der Beschlüsse, Luxemburg 1984. 36 Ebd., S. 289-354. 37 Ebd., S. 337-354. 38 Ebd., 23. Leitsatz: Grundsätzliches Verhältnis von Kirche und Staat. 39 Im Kommentar zu Leitsatz 25 wird das kirchliche Verständnis der Autonomie des Staates folgendermaßen umschrieben: „Die richtig verstandene Autonomie des Staates auf seinem Gebiet bedeutet jedoch nicht, dass der Staat von Gott und seinen Gesetzen unabhängig ist (vgl. Gaudium et Spes, Art. 36). Auch der Staat hat die Forderungen der Schöpfungsordnung, in der er selber gründet, zu achten“ (IV. Luxemburger Diözesansynode, S. 344). 40 Unter „Trennung“ ist hier die radikale Trennung nach französischem Muster zu verstehen, nicht aber eine respektvolle Unterscheidung und Trennung der betreffenden Zuständigkeitsbereiche.

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Abmachungen und Regelungen des 19. Jahrhunderts neu zu überdenken.41 In diesem Sinn wird in Leitsatz 25 angeregt, ein Organ zu schaffen, innerhalb dessen die Luxemburger Kirche und der Luxemburger Staat auf paritätischer Basis vertreten wären.42 Im Kommentar zu diesem Leitsatz heißt es des Weiteren: „Es fehlt in der Tat – bei aller Anerkennung des in der Praxis meist befriedigenden, im einzelnen oft guten Verhältnisses zwischen Kirche und Staat – nicht an institutionellen Unzulänglichkeiten. So bedarf es einer Überprüfung: – der gesetzlichen Stellung des Bistums, der Formalitäten bei der Ernennung des Bischofs und des Eides, den der Bischof bei seinem Amtsantritt dem Staat gegenüber zu leisten hat, – der Gesetzgebung über die Pfarrstrukturen, – der Gesetzgebung über die Kirchenfabriken und Pfarrgüter, – der auf den Artikeln 22, 26, 106 und 119 der Verfassung beruhenden Gesetzgebung, – des Zusammenwirken in Erziehungsfragen.“43

Wenn auch das gewünschte paritätische Organ nie zustande kam, so war doch durch die Synode eine Phase intensiven Austausches zwischen den kirchlichen und staatlichen Behörden eingeleitet worden, dessen Früchte in der Folgezeit nicht ausbleiben sollten. Das erste Desiderat, das erfüllt wurde, war die Klärung der rechtlichen Stellung des Bistums. In der Tat hatte das Gesetz vom 30. April 1873 das Bistum nur als Territorium und in der Person des Bischofs anerkannt. Das Bistum selber hatte in staatlicher Hinsicht keine eigene Rechtspersönlichkeit. Infolgedessen konnte es keine Immobilien und auch kein weiteres Vermögen sein eigen nennen oder erwerben. Zu diesem Zweck musste es sich einer Reihe von Behelfsmitteln bedienen wie Aktiengesellschaften, Stiftungen, Vereinigungen ohne Gewinnzweck u. dgl. Durch Gesetz vom 30. April 1982, das die Zustimmung aller Abgeordneten gefunden hat, wurde dem Bistum der Status einer Rechtspersönlichkeit öffentlichen Rechts verliehen.44 Damit erhielt das Bistum auf den Tag 108 Jahre nach der Anerkennung des Bistums die nötige Dispositionsfreiheit in Vermögensfragen. Die Formulierung des Eides, den der Bischof bei seinem Amtsantritt zu leisten hat, wurde nach der Ernennung von Erzbischof Fernand Franck (Dezember 1990) im Januar 1991 im Eilverfahren abgeändert. In der Tat war die ___________ 41 IV. Luxemburger Diözesansynode (Fn. 35), S. 347 f., 24. Leitsatz: Die Wandlung der Zeitumstände legt eine Neubesinnung nahe. 42 Ebd., S. 349. 43 Ebd., S. 351. 44 Loi du 30 avril 1981 conférant la personnalité juridique à l’évêché de Luxembourg (Mémorial – A 1981, p. 692).

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alte Formulierung, die auf das Konkordat von 1801 zurückging, gegen Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr zumutbar. Sie lautete: „Ich schwöre und verspreche auf die heiligen Evangelien Gottes, wie es einem Bischof geziemt, gegenüber Seiner Majestät dem König, Großherzog von Luxemburg, meinem rechtmäßigen Souverän, Gehorsam und Treue zu wahren. Ich schwöre und verspreche ebenfalls, keine Geheimverbindungen zu haben, an keinen Treffen teilzunehmen, die der öffentlichen Ruhe zuwiderlaufen, und keine verdächtigen Beziehungen zu unterhalten, sei es innerhalb, sei es außerhalb des Territoriums des Großherzogtums, und, wenn ich in Erfahrung bringe, dass sich etwas um Schaden des Staates schmiedet, nichts zu unterlassen, um einer solchen Gefahr zuvorzukommen.“45

Die neue, von den unterschwelligen Verdächtigungen befreite Formel vom 31. Januar 1991 hat folgenden Wortlaut: „Ich schwöre vor Gott und auf die Heilige Schrift und verspreche, gegenüber meinem Souverän, dem Großherzog, und der durch die Verfassung des Großherzogtums Luxemburg eingesetzten Regierung Gehorsam und Treue zu wahren und mich jeder Handlung zu enthalten, die dem öffentlichen Frieden und der Sicherheit des Großherzogtums zuwiderliefe.“46

1. Der Abschluss von Konventionen Nach Abschluss der Diözesansynode sollten noch fast zwei Jahrzehnte ins Land gehen bis es zum Abschluss von Konventionen mit der katholischen Kirche und anderen Großkirchen kommen konnte. Zuvor aber war durch eine kleinere Kirchengemeinde ein Präzedenzfall geschafft worden. Es handelt sich um die Konvention mit der Protestantisch-Reformierten Kirche Luxemburgs, die 1982 zustande kam. Anlass war die Abspaltung einer Filialgemeinde mit Sitz in Esch a. d. Alzette von der Protestantischen Kirchgemeinde in Luxemburg, unter dem Vorwand, sie sei Helvetischen Bekenntnisses, während die Hauptgemeinde dem Augsburger Bekenntnis verpflichtet war. Mächtige Unterstützung und Förderung im Hinblick auf den Abschluss einer Konvention erfuhr die kleine ___________ 45 Im Originaltext: „Je jure et je promets sur les Saints Évangiles de Dieu, ainsi qu’il convient à un évêque, de garder obéissance et fidélité à Sa Majesté le Roi, Grand-Duc de Luxembourg, mon légitime Souverain, et à ses successeurs. Je jure et je promets aussi de n’avoir aucune intelligence et de n’assister à aucun conseil qui soit contraire à la tranquillité publique et de n’entretenir aucun rapport suspect, soit au dedans, soit au dehors du territoire du Grand-Duché, et si j’apprends qu’il se trame quelque chose au préjudice de l’État, de ne rien omettre pour prévenir un pareil danger.“ (Loi du 30 avril 1873 sur la création de l’évêché, Mémorial 1873, p. 209, Art 1er, 2°). 46 Originaltext: „Je jure par Dieu et sur l’Ecriture Sainte et je promets de garder obéissance et fidélité au Souverain Grand-Duc et au Gouvernement établi par la Constitution du Grand-Duché de Luxembourg et de m’abstenir de tout acte qui soit contraire à la paix publique et à la sécurité du Grand-Duché.“ (Loi du 30 janvier 1991 portant modification de la loi du 30 avril 1873 sur la création de l’évêché. Mémorial A – N°4, 31 janvier 1991, p. 43).

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Gemeinde von Seiten eines in Esch a. d. Alzette wohnhaften sozialistischen Abgeordneten. Interessant an diesem Vorgang ist die Tatsache, dass die Konvention von sozialistischer Seite betrieben wurde. Infolgedessen konnten sich die sozialistischen Politiker später dem Abschluss weiterer Konventionen, namentlich mit der katholischen Kirche, nicht widersetzen. Im Hinblick auf den Abschluss von Konventionen hatte die Diözesansynode die Erwartung ausgesprochen, dass sich die Neuregelung im Rahmen von Art. 106 der Verfassung47 bewege.48 Des Weiteren betonte sie, die Kirche sehe darin keine Sonderbehandlung und auch nicht an erster Stelle die Ableistung einer auf die Säkularisierung der Kirchengüter zurückgehende Schuld des Staates, sondern die Zubilligung normaler, üblicher Behandlung in einer Gesellschaft, in der die staatliche Förderung nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel ist.49 1997/1998 konnten dann mehrere Konventionen abgeschlossen werden: zwei Konventionen mit der Katholischen Kirche,50 eine Konvention mit der Israelitischen Kultgemeinde,51 eine Konvention mit der Protestantischen Kirche ___________ 47 „Die Gehälter und Pensionen der Kultusdiener sind zu Lasten des Staates und werden durch Gesetz geregelt.“ 48 IV. Luxemburger Diözesansynode (Fn. 35), S. 353. 49 Ebd. – Zur Begründung der kirchlichen Haltung verweist die Synode auf das heutige Selbstverständnis des Staates. Dieser ist Sozialstaat, der sich seiner Verantwortung der allgemeinen Daseinsvorsorge für seine Bürger bewusst ist. Er ist weltanschaulich neutral, d. h. für die Entwicklung der unerlässlichen sittlichen Wertvorstellungen und Überzeugungen ist er auf jene freien gesellschaftlichen Kräfte angewiesen, die sich der Pflege dieser Werte widmen, und hat diese entsprechend zu fördern. Schließlich kann er als demokratisch-freiheitlicher Staat die in der Verfassung gewährten Freiheiten nicht völlig sich selbst überlassen, besonders wenn diese, wie es im geistig-kulturellen Sektor der Fall ist, wirtschaftlich nicht abgesichert sind. – Diesen Überlegungen hat seinerzeit auch der freisinnige Philosoph Paul Kremer, langjähriger Präsident der Nationalen Ethikkommission, mit folgenden Worten zugestimmt: „religiöse Anliegen der Menschen sind Anliegen, die vom Staat in Betracht zu ziehen und, gegebenenfalls, finanziell zu achten sind, so wie, in etwa, künstlerische oder sportliche“ (Staat und Kirche, in: tageblatt, 28.9.1996, S. 13 [Beilage Le Phare]). 50 Loi du 10 juillet 1998 portant approbation de la Convention du 31 octobre 1997 entre le Gouvernement, d’une part, et l’Archevêché, d’autre part, portant refixation des cadres du culte catholique et réglant certaines matières connexes, in: Mémorial A – N° 66, 20 août 1998, pp. 1318-1323. Loi du 10 juillet 1998 portant approbation de la Convention du 31 octobre 1997 entre le Gouvernement, d’une part, et l’Archevêché, d’autre part, concernant l’organisation de l’enseignement religieux dans l’enseignement primaire, in: Mémorial A – N° 67, 21 août 1998, pp. 1338-1344. 51 Loi du 10 juillet 1998 portant approbation de la Convention du 31 octobre 1997 entre le Gouvernement, d’une part, et les communautés israélites, d’autre part, in: Mémorial A – N° 66, 20 août 1998, pp. 1324-1327.

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Luxemburgs52 und eine Konvention mit der dem Patriarchat von Konstantinopel unterstehenden Griechisch-Orthodoxen Kirche in Luxemburg.53 Diese Konvention wurde später (2004) ergänzt durch eine Ausweitung auf die Rumänisch-Orthodoxe und die Serbisch-Orthodoxe Kirche.54 Gleichzeitig wurde eine Konvention mit der Anglikanischen Kirche abgeschlossen.55 Der gesetzlichen Zustimmung zu den Konventionen von 1997/1998 war eine längere Debatte in der Abgeordnetenkammer vorausgegangen. Erstes Fazit dieser Debatte war eine einstimmige Resolution, in der das Parlament seinen Willen bekräftigte, die Beziehungen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften durch Konventionen zu regeln. Bei der Einzelabstimmung haben sich dann 48 von 60 Abgeordneten für die Konventionen mit den vier Religionsgemeinschaften ausgesprochen. Insofern konnte ich in einem eigenen Beitrag von einem historischen Votum sprechen: „Das herausragende Ereignis in dem langjährigen und langwierigen Ringen um das Verhältnis von Staat und Kirche(n) in Luxemburg ist ohne Zweifel das die Debatten abschließende Votum vom 18. Juni 1998. Für die Konventionen mit vier Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften und die entsprechenden Gesetze stimmten 48 von 60 Abgeordneten. Damit sprachen sich 80 % der Volksvertreter dafür aus, dass Religion, nicht nur als Privatsache, sondern auch in der Form von gesellschaftlich verfassten Glaubensgemeinschaften, eine schutzwürdige und darüber hinaus, von der Allgemeinheit aus gesehen, unterstützungswürdige Dimension menschlicher Existenz und Aktivität darstellt, die genauso wie andere wertvolle und gemeinnützige, aber wirtschaftlich nicht abgesicherte Tätigkeiten auf die Beihilfe des Staates zählen darf. Dass dieser breite parlamentarische Konsens auch die weitaus mehrheitliche Gesinnung und Einstellung des Luxemburger Volkes widerspiegelt, dürfte wohl kaum zu bezweifeln sein. Diesen Konsens, der nicht nur den Kirchen und Religionsgemeinschaften zugute kommt, sondern auch dem gesellschaftlichen Frieden in unserem Land zuhöchst dienlich und förderlich ist, wissen wir – ich kann hier nur im Namen der katholischen Kirche sprechen – zu schätzen und zu würdigen. Unsere aufrichtige Anerkennung gebührt darum allen Politikern, die beigetragen haben zu einem Votum, das man um

___________ 52 Loi du 10 juillet 1998 portant approbation de la Convention du 31 octobre 1997 entre le Gouvernement, d’une part, et l’Église Protestante du Luxembourg, d’autre part, in: Mémorial A – N° 66, 20 août 1998, pp. 1327-1333. 53 Loi du 10 juillet 1998 portant approbation de la Convention du 31 octobre 1997 entre le Gouvernement, d’une part, et l’Église Orthodoxe-Hellénique du Luxembourg, d’autre part, in: Mémorial A – N° 66, 20 août 1998, pp. 1333-1335. 54 Loi du 11 juin 2004 autorisant l’Etat à prendre en charge les traitements et pensions des ministres du culte des Eglises Orthodoxes Roumaine et Serbe du Luxembourg et conférant la personnalité juridique de droit public auxdites Eglises (Mémorial A – N° 99, 30 juin 2004, pp.1609-1610). 55 Loi du 11 juin 2004 autorisant l’Etat à prendre en charge les traitements et pensions des ministres du culte de l’Eglise Anglicane du Luxembourg et conférant la personnalité juridique de droit public à ladite Eglise (Mémorial A – N° 99, 30 juin 2004, pp. 1608-1609).

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seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung willen ohne Übertreibung als historisch bezeichnen darf. Historisch ist das Votum vom 18. Juni 1998 aber auch deshalb, weil nach 150 Jahren – endlich, möchte man sagen – die Bestimmung von Artikel 22 unserer Verfassung, der die Regelung der Beziehungen zwischen Kirche(n) und Staat durch Konventionen vorsieht, nun erstmals in größerem Umfang eingelöst wurde.“56

Unser Interesse an den Abmachungen von 1997/1998 gilt natürlich an erster Stelle den Konventionen mit der katholischen Kirche, wobei wir aus Platzmangel nicht im Einzelnen auf die zweite eingehen können, die sich mit dem Religionsunterricht im Volksschulbereich befasst. Wichtig ist in unserem Zusammenhang vor allem die erste Konvention, die in der Hauptsache die (vom Staat besoldeten) Kader der Katholischen Kirche in Luxemburg neu regelt. Halten wir folgende Novellierungen fest: – Die Erzdiözese ist in Pastoralregionen, Dekanate und Pfarreien aufgeteilt, welche die Bezirke der territorialen Pastoral bilden. – Neben den Bezirken der territorialen Pastoral gibt es Seelsorgestellen und spezialisierte Pastorale Dienststellen. – Der Erzbischof nimmt die Umschreibung der Pastoralbezirke und die Errichtung pastoraler Dienstellen vor, die von der Regierung zu genehmigen sind.57 – Die dem Bistum zugestandenen Posten umfassen 254 Stellen mit der Möglichkeit einer Anhebung auf 277 (die inzwischen erfolgt ist). – Der Erzbischof ernennt frei in die verschiedenen Pastoralbezirke, Dienststellen und Seelsorgestellen. Im Vorfeld war die Frage geklärt worden, auf welche Personen der Begriff „ministres des cultes“, in Art. 10658 der Verfassung zutreffe. Zunächst war es allen klar, dass dieser Begriff von Religionsgemeinschaft zu Religionsgemeinschaft unterschiedlich verstanden wird, also von der jeweiligen Religionsgemeinschaft zu bestimmen ist. In diesem Sinn war es von Anfang das Bestreben des Bistums, bei einer Neuordnung der Organisationsstruktur auch dem durch die Einbeziehung von Laien seit dem II. Vatikanischen Konzil stark gewandel___________ 56 Mathias Schiltz, Nachtrag zu einem historischen Votum, in: Luxemburger Wort, v. 4./5. Juli 1998 (Jg. 151 – Nr. 152), S. 3 f. 57 Eine erste bis heute gültige Umschreibung und Errichtung erfolgte von kirchlicher Seite bereits am 22. Juli 1998 und wurde von der Regierung am 31. Juli 1998 genehmigt. 58 „Les traitements et pensions des ministres des cultes sont à charge de l’État et réglés par la loi.“ (Die Gehälter und Pensionen der Kultusdiener sind zu Lasten des Staates und werden durch Gesetz geregelt).

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ten Landschaftsbild der pastoralen Dienste Rechnung zu tragen. Ausdrücklich und grundsätzlich betont das Konzil, dass die Laien „die Befähigung dazu haben, von der Hierarchie zu gewissen kirchlichen Ämtern herangezogen zu werden, die geistlichen Zielen dienen“ (Lumen Gentium, 33). Dieser Grundsatz wird von dem 1983 promulgierten neuen Kodex des Kirchenrechts voll bestätigt: „Laien, die als geeignet befunden werden, können von den geistlichen Hirten für jene Ämter und Aufgaben herangezogen werden, die sie gemäß den Rechtsvorschriften wahrzunehmen vermögen“ (c. 228 § 1 CIC/1983). Im Einzelnen bietet der neue Kodex einen breiten Fächer möglicher Teilnahme der Laien, Frauen und Männer, an der Sendung der Kirche. Ein Blick in die nun verabschiedeten Texte zeigt, dass diese Anliegen dankenswerterweise weitgehend berücksichtigt wurden. Im übrigen liegt es auf der Hand, dass die votierten Texte das anspruchsvolle Programm der Synode nicht in seinem vollem Umfang verwirklichen, sind sie doch in vielfacher Hinsicht das Ergebnis schwieriger Verhandlungen, die letztlich auf einen politischen Kompromiss hinauslaufen mussten. Gleichwohl können wir, was die katholische Kirche angeht, mit Genugtuung feststellen, dass die wichtigsten und vordringlichsten der von der Synode benannten Sachprobleme, soweit sie nicht bereits im Voraus geregelt waren, nun einer Lösung zugeführt wurden.

IV. Die aktuellen Debatten Man hätte annehmen und erwarten können, dass nach dem von einer breiten Mehrheit getragenen Abschluss der Konventionen in den Fragen um Kirche und Staat Ruhe einkehrte. In Wirklichkeit hat es geradezu ein knappes Jahrzehnt gedauert, bis die Debatte wieder heftig aufbrach. Noch im Koalitionsabkommen zwischen Christlich-Sozialer Volkspartei und Luxemburgischer Sozialistischer Arbeiterpartei im Vorfeld der Regierungsbildung vom Juli 2009 betonten die Koalitionsparteien ihr Festhalten am verfassungsgemäßen System der Konventionen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Zusätzlich sicherten sie dem Aufbau eines Netzes von „Häusern der Laizität“59 nach belgischem Muster ihre Unterstützung und finanzielle Beihilfe zu. Diese Häuser sind gedacht als Begegnungs-, Austausch- und Informationszentren der laizistischen Gruppen in der Gesellschaft. Auf kirchlicher Seite wurde diese Idee als ein Ausdruck des Pluralismus und eine Ergänzung des Systems der Konventionen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften gewertet, die zur gegenseitigen Toleranz und zum gesellschaftlichen Frieden beitragen könnte. Freilich haben die laizistischen Kreise selber wenig Gefallen an dem Vorhaben gefunden, das ___________ 59

„Maisons de la Laïcité“.

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sie eher als Vereinnahmung oder trojanisches Pferd betrachten. Ihr Ziel ist und bleibt die Aufkündigung der Konventionen, die scharfe Trennung von Staat und Kirche nach französischem Muster60 und die strikte Abdrängung der Religion in die Privatsphäre. Angeheizt wurde die Stimmung in unserem Kontext besonders durch die sehr heftig geführte Debatte um die Euthanasie (2008-2009). Die Luxemburger Kirchenleitung hat selbstverständlich gegen die gesetzliche Freigabe der aktiven Euthanasie Einspruch erhoben und zum Widerstand aufgerufen. Das war für die Linkskreise die willkommene Gelegenheit, die Kirche der unzulässigen politischen Einmischung zu bezichtigen und infolgedessen erneut auf eine scharfe Trennung von Staat und Kirche(n) zu drängen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Kampagne, als Großherzog Henri Anfang Dezember 2008, kurz vor dem zweiten Votum der Gesetzesvorlage erklärte, er würde ein euthanasiefreundliches Gesetz nicht unterscheiben, worauf die Linkskreise dann flink den Verdacht ausstreuten, er habe unter kirchlichem Druck gehandelt. Weiteren Auftrieb erfuhr dieses Gerücht durch eine direkt auf Luxemburg bezogene Stellungnahme, die der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben wenige Tage später (5. Dezember 2008) in der kirchennahen italienischen Tageszeitung Avvenire veröffentlichte,61 und durch die am Tag der parlamentarischen Abstimmung (18. Dezember 2008) dem neuen luxemburgischen Botschafter beim Heiligen Stuhl überreichte päpstliche Ansprache, deren Wortlaut ausdrücklich auf die Problematik Bezug nahm und gleich am Nachmittag als Beweis „fremder“ Einmischung in der Abgeordnetenkammer herumgereicht wurde. Schließlich ging es in den parlamentarischen Auseinandersetzungen im Vorfeld des abschließenden Votums nicht mehr vorrangig um die Sachfrage der Euthanasie, sondern um die unterstellte Bevormundung der Politik durch die Kirche. Eine sich abzeichnende konstitutionelle Krise wurde durch eine im Eilverfahren durchgepeitschte punktuelle Verfassungsänderung vermieden, die es dem Großherzog erlaubt, die Gesetze zu „promulgieren“ ohne sie zu „sanktionieren“.62 ___________ 60

In Anlehnung an die französischen Trennungsgesetze von 1901, 1905, 1907. Dabei verkennen sie, dass diese Gesetze niemals eine Privatisierung der Religion beabsichtigten, sondern im Gegenteil die freie und (unter Vorbehalt der Achtung der öffentlichen Ordnung) auch öffentliche Ausübung der Religion verbürgen. Außerdem übersehen sie, dass die Trennungsgesetze eine Reihe von Ausnahmen kennen (Elsass-Lothringen, französische Überseegebiete) und durch die Rechtsprechung im Lauf eines Jahrhunderts eine nicht unbedeutende Entwicklung erfahren haben. 61 Auf Drängen des Apostolischen Nuntius übernahm auch die katholische Presse in Luxemburg den besagten Beitrag des Avvenire, was zu einer weiteren Erhitzung der Gemüter beitrug. 62 Loi du 12 mars 2009 portant révision de l’article 34 de la Constitution, in Mémorial A – N°43, 12 mars 2009, pp. 585-586.

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In der Zwischenzeit stehen noch andere ethisch-gesellschaftspolitische Gesetzesvorhaben zur Debatte, wie Schwangerschaftsabbruch oder Heirat zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, die einer Befriedung der Beziehungen zwischen Staat und Katholischer Kirche kaum förderlich sind. Schließlich hat seit Frühjahr 2010 die Missbrauchsdebatte auch in Luxemburg Wellen geschlagen und in weiteren Gesellschaftskreisen Misskredit über die Kirche gebracht. Damit war in den Augen der Kirchengegner stimmungsmäßig der günstige Zeitpunkt gekommen, durch mehrere parlamentarische Initiativen einen Generalangriff auf den bisherigen Besitzstand zu starten. Eine treibende Rolle spielt dabei im politischen Hintergrund die Vereinigung AHA. 63 Erster Anlauf war eine parlamentarische Anfrage von zwei Abgeordneten aus der Fraktion der Grünen, welche die Wirtschafts- und Finanzkrise zum Anlass nahmen, um die im Dekret von 1809 gründende Verpflichtung der Bürgergemeinden, dem Pfarrer eine Wohnung zur Verfügung zu halten, in Frage zu stellen und damit das gesamte Dekret zu hinterfragen.64 Nach der Antwort der Regierung, diese Frage könne nur im Gesamtgefüge der Beziehungen zwischen Staat und Kirche geklärt werden, beantragte die parlamentarische Fraktion der Grünen dann am 7. Januar 2010 eine allgemeine Orientierungsdebatte über die Beziehungen zwischen Staat und Gemeinden einerseits und den Religionsgemeinschaften andererseits. In diesem Zusammenhang wurden folgende Fragen ausdrücklich aufgeworfen: – Überalterung des Dekrets von 1809, – Finanzierungsmodus der (konventionierten) Religionsgemeinschaften, – Unterhalt und (polyvalente) Nutzung der Kirchengebäude, – Te Deum am Nationalfeiertag, – Werteerziehung. Die Orientierungsdebatte hat am 7. Juni 2011 stattgefunden. Nach einer langen, z. T. fiebrigen Debatte wurde eine von den Regierungsparteien (Christlich___________ 63 AHA, Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker Lëtzebuerg a.s.b.l., wurde am 13. Mai 2010 gegründet (Statuten in: Mémorial C – N°1403, 8 juillet 2010, pp. 67327-67330). Die Grundsatzerklärung ist angelehnt an die Grundsätze der deutschen Giordano-Bruno-Stiftung. Die Vereinigung setzt sich vor allem für die radikale Trennung von Staat und Kirche ein und wirbt mit einigem Erfolg für Kirchenaustritte, indem sie entsprechende Formulare vertreibt. Sie zählt z. Z. nach eigenen Mitteilungen 600 Mitglieder (Tageszeitung „Zeitung“, 21.2.2012), ist aber eine aktive, militante Minderheitsorganisation, die im Verbund mit ähnlich ausgerichteten Organisationen (Liberté de conscience, Freidenkerbund, gegründet 1904) gemäß dem Modell „aus eins mach drei“ unverhältnismäßig stark in den Medien präsent ist. 64 Question parlementaire des Députés Camille Gira et Jean Huss N° 0908 du 21 septembre 2010.

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Soziale Volkspartei und Luxemburgische Sozialistische Arbeiterpartei) eingebrachte Motion mit 39 Stimmen bei 13 Enthaltungen und 8 Gegenstimmen angenommen.65 In ihr wird die Regierung aufgefordert, – auf dem Weg der Konventionen mit den Religionsgemeinschaften gemäß der Verfassung und entsprechend den Bedingungen der einstimmig angenommenen Motion der Abgeordnetenkammer vom 18. Juni 1998 fortzuschreiten; – die bereits beschlossenen Konventionen im Licht der gemachten Erfahrungen zu vervollkommnen und zu verbessern; – die Gesetzgebung über die Kirchenfabriken vom 30. Dezember 1809 zu reformieren; – im Einvernehmen mit den Religionsgemeinschaften Kriterien festzulegen betreffend die Durchführung von nichtreligiösen Veranstaltungen in den Kultgebäuden unter Beachtung ihrer Geschichte, ihrer Erstbestimmung und ihrer Würde; – der Abgeordnetenkammer die Schlussfolgerungen vorzulegen, die aus dem Projekt der Werteerziehung abzuleiten sind, das im Rahmen des „Neie Lycée“ eingeführt und entwickelt wurde;66 – eine Reflexionsgruppe einzusetzen mit dem Auftrag, über die künftige Entwicklung der Beziehungen zwischen den öffentlichen Instanzen und den Religionsgemeinschaften nachzudenken; – über die Reorganisation der Veranstaltungen zum Nationalfest nachzudenken; – die Schaffung eines Netzes von „Häusern der Laizität“ in enger Zusammenarbeit mit dem Kommunalsektor zu fördern. ___________ 65 La Chambre des Députés du Grand-Duché de Luxembourg, Compte rendu des séances publiques N°13, Session ordinaire 2010 – 2011, Séance 35 mardi, 7 juin 2011. 66 Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das im Regierungsprogramm von 2004 beschlossen und 2005 umgesetzt worden ist, mit dem Ziel, neue Wege im Unterricht allgemein und in der Werteerziehung im besonderen zu beschreiten und auszuloten. Vgl. Loi du 25 juillet 2005 portant création d’un lycée-pilote, in: Mémorial A – N° 124, 10 août 2005, p. 2156-2159. In Bezug auf die Werteerziehung hält Art. 4 des Gesetzes fest: „L’éducation aux valeurs, prenant en compte aussi bien la diversité croissante des cultures et des convictions religieuses et philosophiques que la nécessité de veiller à l’intégration de ces diversités dans un climat de respect et de tolérance réciproques, a pour mission de transmettre aux élèves une connaissance appropriée des grandes religions et familles de pensée au plan mondial. Elle tient spécialement compte des réalités de la société luxembourgeoise en réservant une place adéquate à la présentation authentique des divers courants de pensée religieuse et humaniste présents dans le pays.“

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Gewiss wurde durch die Annahme dieser Motion ein direkter Kampf vermieden. Aber die Büchse der Pandora ist geöffnet. Für Aufregung haben auch, wie bereits eingangs angedeutet, einige ungeschützte bzw. missverständliche Äußerungen seitens der Kirchenleitung gesorgt, die natürlich sofort von einer bestimmten Presse aufgegriffen wurden.67

1. Bildung einer Reflexions- bzw. Expertengruppe Die Reflexionsgruppe, die beauftragt wurde, über die künftige Entwicklung der Beziehungen zwischen den öffentlichen Instanzen und den Religionsgemeinschaften nachzudenken, ist inzwischen eingesetzt. Ihr gehören ausschließlich ausländische (belgische und französische) Experten68 an. Nach inoffiziellen Informationen69 sollen die Weisen vorwiegend folgende Fragen beantworten: – Entsprechen die gegenwärtigen, durch Art. 22 der Verfassung geregelten Konventionen noch der sozio-ökonomischen Lage in Luxemburg und dem vom Europarat befürworteten Prinzip der Gleichbehandlung? – Würde die Einführung eines Laizismus nach französischem Muster es dem Luxemburger Staat besser ermöglichen, sowohl das Kriterium der Gleichbehandlung als auch das Prinzip der Nichteinmischung in die religiöse Freiheit zu respektieren, unter der Bedingung der Fortführung eines wirksamen interkulturellen und interreligiösen Dialogs und einer Integrierung der Bürger unterschiedlicher religiöser Provenienz in das Leben der Luxemburger Gesellschaft? ___________ 67 Siehe u. a. Frank Gilbertz, Kultusfrage bleibt weiterhin diskutabel. Still schweigt das Grab, in: tageblatt, 17.1.2012, S. 14: „Der neue luxemburgische Kirchenhirte, JeanClaude Hollerich, ließ einmal verlauten, dass er mit der Trennung von Kirche und Staat eigentlich kein Problem hätte, nur nicht um jeden Preis […].“ Unruhe unter den Religionslehrern stiftete die parlamentarische Anfrage eines Abgeordneten aus der Fraktion der Grünen, der aus einem Interview von Erzbischof Hollerich auf RTL Radio Lëtzebuerg (10.12.2011) eine gewisse Offenheit der katholischen Kirche in Bezug auf die Einführung eines allgemeinen Werteunterrichts schlussfolgert (Parlamentarische Anfrage von Claude Adam, Nr. 1835 vom 5. 1. 2012). 68 Diese Tatsache stößt bei den Initiatoren der parlamentarischen Debatte vom 7. Juni 2011, namentlich bei der AHA, auf scharfen Widerstand (vgl. Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker: „Dialog mit katholischer Kirche ist nicht viel wert“, in: tageblatt, 27.1.2012, S. 12). Dieselbe Vereinigung übt auch scharfe Kritik an dem Fragenkatalog, der den Experten vorliegt, und am belgischen Modell (vgl. AHA zum Stand der Debatte um die Trennung von Kirche und Staat, in Journal, 25.1.2012, S. 6; Romain Hilgert, Belgisches Modell, in: Land, 13.1.2012, S. 2 f.). 69 Die Parlamentarische Kommission der Institutionen und der Verfassungsreform hat sich am 11. Januar 2012 mit dem Auftrag der Expertengruppe befasst.

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– Wäre es im Rahmen einer Fortführung der partnerschaftlichen Beziehungen, inklusive einer staatlichen Finanzierung mittels abzuschließender Konventionen mit den verschiedenen Religionsgemeinschaften, nicht von Interesse, ähnliche Beziehungen auch mit anderen weltanschaulichen Gemeinschaften gemäß belgischem Muster vorzusehen? Wenn ja, wäre es nicht angebracht, das Kultusministerium abzuschaffen und innerhalb des Justizministeriums, wie in Belgien, oder des Staatsministeriums eine Abteilung der „religiösen und weltanschaulichen Freiheiten“ zu schaffen? – Lassen sich, angesichts der Tatsache, dass das gegenwärtige System der Konventionen hauptsächlich auf der Genehmigung des Kultusvorstehers seitens des Staates via Vereidigung zwecks Achtung der Verfassung, der Gesetze und der öffentlichen Ordnung beruht, andere Mittel einer effizienteren Zusammenarbeit ins Auge fassen, namentlich auf der Grundlage der Praxis in anderen Mitgliedsstaaten des Europarats? – Welches wären für den Fall einer globalen oder teilweisen Aufkündigung der z. Z. geltenden Konventionen durch den Staat die zu beachtenden Prozeduren in Anbetracht des Grundsatzes pacta sunt servanda, der eine einseitige Kündigung durch den Staat nicht zulässt, und angesichts der Tatsache, dass die konventionierten Gemeinschaften durch direkte Zuschüsse finanziert werden. – … Die bereits erwähnte Expertengruppe70 hat zwischen März und August getagt. Eine erste Arbeitsphase war der Einbeziehung der direkt betroffenen „lebendigen Kräfte der Nation“, d. h. der Anhörung aller parlamentarischen Fraktionen und Gruppen, der betroffenen Verwaltungen, der einzelnen in Luxemburg anwesenden Religionsgemeinschaften sowie der für die Verteidigung des Laizismus und die Förderung eines atheistischen oder agnostischen Humanismus eintretenden Organisationen gewidmet.

2. Der Expertenbericht Aufgrund dieser Anhörungen hat die Expertengruppe dann ihren 130 Seiten umfassenden Bericht erstellt.71 Diesem ist zunächst zu entnehmen, dass die Ex___________ 70 Zusammensetzung: Francis Messner (Universität Straßburg), Jean-François Husson (Universität Lüttich), Caroline Sägesser (Freie Universität Brüssel). Sekretariat: Eric Ghysselinckx (Justizministerium Belgien), Jean Zahlen (Staatsministerium Luxemburg). Dokumentalistin: Carole Schmitz (Staatsministerium Luxemburg). 71 Ministère d’Etat / Département des cultes, Rapport du groupe d’experts chargé de réflechir sur l’évolution future des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses ou philosophiques au Grand-Duché de Luxembourg, octobre 2012.

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perten das auf Art. 22 der Verfassung basierende Konventionssystem als Instrument für die Regelung der Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften nicht grundsätzlich in Frage stellen.72 Der Kritik unterzogen werden freilich die ungleiche Behandlung von konventionierten und nicht konventionierten Glaubensgemeinschaften, das Fehlen genauer Kriterien, der Ausstand einer Konvention mit der muslimischen Gemeinschaft, mangelnde finanzielle Transparenz, Ungleichheit in Bezug auf kommunale Unterstützung, usw. Eine Reform des Systems sollte sich an den entsprechenden Richtlinien der OSZE orientieren. Darüber hinaus schlägt der Bericht selber eine Reihe von qualitativen und quantitativen Kriterien vor. In Bezug auf die in Art. 106 der Verfassung festgeschriebene Verpflichtung des Staates, die Gehälter und Pensionen der Kultusdiener zu übernehmen, lässt der Expertenbericht das Argument der Tradition gelten, lässt aber die Frage offen, ob diese Verpflichtung in der Verfassung festgehalten werden soll, und schließt einen anderen Finanzierungsmodus (z. B. über eine globale Zuwendung) nicht aus.73 Betreffend eine Erweiterung des öffentlichen Finanzierungsmodus auf philosophische oder nichtkonfessionelle Gruppierungen äußert sich der Bericht recht zurückhaltend.74 Ein besonderes Augenmerk des Expertengremiums gilt der auf dem napoleonischen Dekret über die Kirchenfabriken von 1809 fußenden finanziellen Unterstützung der Pfarreien durch die Bürgergemeinden. Allgemein wird festgehalten, dass dieses Dekret in manchen seiner Bestimmungen und Formulierungen veraltet ist und daher einer gründlichen Reform bedarf.75 Angemahnt wird auch, dass das Dekret nur für die katholische Kirche gilt und insofern eine ungleiche Behandlung der konventionierten Kultgemeinschaften vorliegt. Was die Kirchengebäude angeht, spricht der Expertenbericht einer Doppelnutzung (hie Kult, da kulturelle Veranstaltungen) das Wort. Die Verpflichtung der Bürgergemeinden, dem katholischen Pfarrer eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, sollte am besten durch eine für alle konventionierten Kultusdiener geltende Wohnungszulage ersetzt werden.76 Ein ausführliches, positives Kapitel widmet der Expertenbericht der Gewährleistung der Kult- und Religionsfreiheit für Menschen in besonderen Le___________ http://www.gouvernement.lu/salle_presse/communiques/2012/10-octobre/03-rapport/ index.html (12.12.2012). 72 Ebd., S. 3 f. 73 Ebd., S. 3, 39, 47 u. 66. 74 Ebd., S. 93 f., 97-99 u. 120. 75 Ebd., S. 3, 41, 60 u. 73. 76 Rapport du groupe d’experts, S. 84 u. 99-106.

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benslagen (Kranke, Häftlinge, Soldaten) durch religiöse oder philosophische Assistenz.77 Schwerer tut sich der Bericht mit der Frage des Religionsunterrichts.78 Derzeit gibt es in Bezug auf die Werteerziehung an den öffentlichen Schulen in Luxemburg die Wahl zwischen dem Lehrfach „Moralisch-soziale Erziehung“ (von Staats wegen organisiert) und dem Lehrfach „Religiös-moralische Erziehung“ (von der katholischen Kirche unter Aufsicht des Erziehungsministeriums verantwortet).79 Falls dieses System beibehalten wird, muss die Möglichkeit eines staatlich kontrollierten Religionsunterrichts nach Ansicht der Experten allen konventionierten Kulten eröffnet werden. Anderseits könnte der Religionsunterricht eine interkonfessionelle Gestalt annehmen. Auch ein einheitlicher, alle religiösen und philosophischen Überzeugungen übergreifender Werteunterricht, „cours d’éveil culturel et religieux“ genannt, wird nicht ausgeschlossen.80 Der Expertenbericht wurde am 3. Oktober 2012 veröffentlicht. Gleichzeitig erging seitens des Kultusministeriums an die betroffenen Partner und an die politischen Parteien die Aufforderung, ihre Stellungnahmen bis zum 25. November schriftlich einzureichen.

3. Die Reaktionen auf den Expertenbericht Überblickt man den Expertenbericht, so hat man nicht den Eindruck, dass ein Erdrutsch bevorsteht. Dem ist allerdings nicht so, wenn man die Stellungnahmen, die unterdessen alle auf Internet einzusehen sind,81 zur Kenntnis nimmt und die entsprechenden Pressekommentare liest.

a) Die Antworten der Religionsgemeinschaften Unser Interesse gilt hier natürlich an allererster Stelle den Stellungnahmen der konventionierten Religionsgemeinschaften, vornehmlich der katholischen Kirche.82 Auf Initiative der letzteren haben die genannten Gemeinschaften eine ___________ 77

Ebd., S. 11, 43 f., 84 u. 98. Ebd., S. 42 f., 58 f. u. 116. 79 Ebd., S. 107 f u. 113. 80 Ebd., S. 117 f. 81 http://www.gouvernement.lu/salle_presse/communiques/2012/11-novembre/30rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012). 82 Rapport d’experts – la position de l’Église catholique. Réponse de l’Église catholique qui est au Luxembourg au rapport du Groupe d’experts chargé de réfléchir sur l’évolution future des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses 78

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gemeinsame Stellungnahme eingereicht, in der sie die Eintragung der Religionsfreiheit in die Verfassung beantragen, daselbst die Erwähnung der Konventionen als Instrument zur Regelung der Staat-Kirche-Beziehungen befürworten, eine umfassende Gleichbehandlung aller konventionierten Kulte fordern und sich schließlich für die Einbeziehung der muslimischen Religionsgemeinschaft aussprechen.83 Die Vertreter der muslimischen Shura haben sich übrigens dieser gemeinsamen Stellungnahme angeschlossen.84 In eigener Sache besteht die katholische Kirche darüber hinaus, entgegen früheren ungeschützten Äußerungen der aktuellen Bistumsleitung,85 nun auf der integralen Erhaltung des Status quo bei Ausweitung der ihr historisch zustehenden Vorteile (konfessioneller Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen, Errichtung von Kaplaneien und Ernennung von Kaplänen in Institutionen für Menschen in besonderen Lebenslagen, Unterhalt und Nutzung der Kultgebäude, Recht auf freie Wohnung für die Kultusdiener) auf die übrigen konventionierten Kultgemeinschaften. In Bezug auf die Kirchenfabriken verschließt sich die katholische Kirche einer Novellierung nicht; sie könnte ggf. einer Zusammenlegung der Kirchenfabriken auf Gemeindeebene zustimmen. Freilich müsste die organisatorische und territoriale Unabhängigkeit der Kirche gewahrt bleiben. Auch beim Thema Pfarrhäuser zeigt sich die katholische Kirche dialogbereit. Im Hinblick auf die Kirchengebäude lehnt die katholische Kirche eine doppelte Zweckbestimmung ab, versperrt sich aber nicht einer doppelten Nutzung, die ja auch z. B. für Konzerte und dgl. bereits übliche Praxis ist. Ganz allgemein und grundsätzlich fordert die katholische Kirche, dass die Religion nicht aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden darf.

___________ ou philosophiques au Grand-Duché de Luxembourg, du 3 octobre 2012, Luxembourg, le 23 novembre 2012. http://www.cathol.lu/l-eglise-dans-la-societe-kirche-in/relations-etatcultes-der-staat/article/rapport-d-experts-la-position-de-l (12.12.2012). 83 L’Eglise catholique, le Culte israélite, l’Eglise protestante du Luxembourg, l’Eglise protestante réformée du Luxembourg, l’Église orthodoxe et l’Eglise anglicane ont formulé une prise de position commune. Position commune des cultes conventionnés par rapport aux réponses de ces cultes au rapport du Groupe d’experts chargé de réfléchir sur l’évolution future des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses ou philosophiques au Grand-Duché de Luxembourg, du 3 octobre 2012. http://www.cathol.lu/l-eglise-dans-la-societe-kirche-in/relations-etat-cultes-der-staat/ article/la-reponse-des-cultes (12.12.2012). 84 Prise de position de la Shoura suite au rapport du groupe d’experts chargés de réfléchir à l’évolution des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses 24 novembre 2012, http://www.gouvernement.lu/salle_presse/communiques/ 2012/11-novembre/30-rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012). 85 Siehe Fn. 67.

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b) Die Antworten der politischen Parteien Stellung genommen haben: Christlich-Soziale Volkspartei (CSV), Luxemburger Sozialistische Arbeiterpartei (LSAP), Demokratische Partei (DP), Déi Gréng (DG), Alternative Demokratische Reformpartei (ADR), Déi Lénk (DL).86 Ihre Antworten sind naturgemäß sehr unterschiedlich. Was die Hauptfrage der Konventionen betrifft, reicht das Gefälle vom Festhalten am jetzigen System bei leichten Modulierungen (CSV und mit Vorbehalt DP) über das italienische Modell des otto per mille (ADR) bis zur Streichung der entsprechenden Bestimmungen der Verfassung bzw. deren Umformulierung in eine Kannvorschrift (LSAP) bis zur klaren Trennung zwischen Staat und Religionsgemeinschaften (LSAP grundsätzlich,87 DG konkreter, DL radikal). Entsprechend artikulieren sich die Antworten auf die Frage der Besoldung der Kultusdiener: Festhalten an der Besoldung durch den Staat gemäß Art. 106 der Verfassung (CSV, DP mit etlichen Reserven), Kirchensteuer nach bundesdeutschem Modell (LSAP), otto per mille (ADR), freiwillige Kirchensteuer (DG), totale Selbstfinanzierung (DL). In Bezug auf den Religionsunterricht halten allein die CSV und die ADR am jetzigen System (Wahlpflicht zwischen „Moralisch-sozialer Erziehung“ und „Religiös-moralischer Erziehung“) fest, wollen freilich allen konventionierten Religionsgemeinschaften die Möglichkeit schulischen Religionsunterrichts eröffnen. Alle anderen Parteien optieren für einen gemeinsamen (angeblich) „neutralen“ Werteunterricht, wobei LSAP und DP die Möglichkeit von konfessionellem Religionsunterricht in den Schulgebäuden außerhalb der Schulstunden nicht ausschließen. In der Frage der Kirchenfabriken sind sich alle Parteien einig, dass das Dekret von 1809 reformbedürftig ist. Über die konkrete Gestaltung der Reform gehen die Meinungen hingegen weit auseinander: Regelung auf nationaler statt kommunaler Ebene, Umfunktionierung der Kirchenfabriken in Vereinigungen ohne Gewinnzweck bzw. Stiftungen mit der Auflage der Selbstversorgung, Ab___________ 86 Dokumente der einzelnen Stellungnahmen in http://www.gouvernement.lu/salle_ presse/communiques/2012/11-novembre/30-rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012). 87 Bei der LSAP zeichnet sich ein Gesinnungswandel ab, der sich wohl auf die Ergebnisse einer von ihr geschalteten Umfrage stützt, laut der sich angeblich 67 Prozent der Bevölkerung für eine Trennung von Staat und Kirchen ausgesprochen haben sollen. Hat die Partei im aktuell geltenden Regierungsprogramm von 2009 noch dem System der Konventionen zugestimmt, so trägt ihre Antwort auf den Expertenbericht die bezeichnende Überschrift „Unterwegs zu einer Trennung von Kirchen und Staat“. Wörtlich heißt es: „Die LSAP fordert die Trennung von Kirchen und Staat in Texten und Fakten, wie es dem Wahlprogramm und dem Grundsatzprogramm der Partei entspricht.“ Dieser Gesinnungswandel ist umso gravierender, als die LSAP eine Regierungspartei ist.

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schaffung der freien Wohnung bzw. der Wohnungszulage für die Pfarrer, mehrfache Zweckbestimmung bzw. Nutzung der Kultgebäude, usw. Weitere Forderungen sind: Bereitstellung ansprechender nichtreligiöser Zeremonien für Geburtsfeiern, Heiraten und Beerdigungen seitens der Kommunen; Laisierung der öffentlichen Feste wie Nationalfeiertag u. a. (LSAP, DG); Offenlegung der Vermögens- und Finanzlage der einzelnen Kultgemeinschaften (DP, ADR), ggf. Kontrolle durch den nationalen Rechnungshof (DP); mögliche Einbeziehung der nichtreligiösen weltanschaulichen Gruppierungen (DG).

c) Die Antworten der nichtreligiösen weltanschaulichen Gruppen Haben sich die Parteien insgesamt, auch bei radikalen Forderungen, noch relativ verhalten geäußert, so wird der Ton in den nun zu analysierenden Stellungnahmen viel aggressiver. Das trifft vor allem zu für die Allianz von Humanisten, Atheisten und Agnostikern (AHA),88 die aus ihrer viszeralen Religionsfeindlichkeit kein Hehl macht.89 Zunächst kritisiert sie die offizielle Aufgabenstellung des Expertengremiums als äußerst suggestiv und dessen Zusammensetzung als einseitig. Aufs Ganze gesehen deutet sie den Expertenbericht exklusiv und tendenziös im Sinn ihrer Hauptforderung, Religion als reine Privatsache („eine zweifelhafte dazu“) abzustempeln und eine radikale Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften herbeizuführen. Daraus folgert sie natürlich die Notwendigkeit, alle finanziellen Zuwendungen der öffentlichen Hand an Kirchen und Religionsgemeinschaften, sei es auf nationaler oder kommunaler Ebene, radikal abzuschaffen. Hand in Hand damit geht der Vorstoß, ein Großteil der gemeindeeigenen Kirchengebäude, die nicht mehr ausgelastet sind, umzufunktionieren. Diese Forderungen sind nicht neu oder überraschend. Überraschend ist hingegen das Argument der Religionsschädigung.90 ___________ 88

Prise de position de AHA Lëtzebuerg face au rapport du groupe ’experts chargés „de réfléchir sur l’évolution future des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses ou philosophiques“ au Luxembourg. le 25 novembre 2012 – Pressemitteilung Reaktion von AHA Lëtzebuerg auf den Expertenbericht betreffend die staatlichen Beziehungen mit Religionen und nicht religiösen Organisationen v. 25. November 2012. http://www.aha.lu/index.php?option=com_content&view=article&id=38 &Itemid=26 (12.12.2012). 89 „Religion ist Privatsache. Wir wollen niemandem den Glauben an Gottheiten oder andere Fantasiegeschöpfe verbieten und bekennen uns klar und deutlich zur Gedankenund Meinungsfreiheit. Trotzdem betrachten wir Religion als ein äußerst problematisches gesellschaftliches Phänomen, das es zu überwinden gilt.“ Religiöse Erziehung wird als intellektuelle Vergewaltigung von Kindern dargestellt. 90 „Religion schadet vielen Menschen: weltweit wurde und wird in ihrem Namen unterdrückt und verfolgt. In Luxemburg ist ihr Einfluss heutzutage glücklicherweise eingeschränkt, trotzdem versucht sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Frei-

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Ähnlich scharf äußert sich Liberté de Conscience (LC).91 Sie wertet den Expertenbericht als ein bereits durch die Auswahl der Experten von vornherein orientiertes Gefälligkeitsgutachten und lehnt getreu ihrer bisherigen Linie jegliche finanzielle Unterstützung von Religionsgemeinschaften durch den Staat radikal ab, einschließlich Kirchensteuer oder otto pro mille. In der Frage der Kirchengebäude teilt sie die Meinung der AHA, ebenso im Bereich der Wertevermittlung. Die Fédération Générale des Instituteurs Luxembourgeois (FGIL) lehnt die Monopolstellung der katholischen Kirche in Sachen religiöse Erziehung ab und erteilt ebenso der von der Expertengruppe erwogenen Möglichkeit, den verschiedensten Konfessionen den Zugang zur öffentlichen Schulen zu gewähren, eine Absage.92 Dadurch würde die Kohäsionsfunktion der Schule gefährdet. Die Association Luxembourgeoise des Professeurs d‘Éthique a.s.b.l. (ALPE) schließt sich dieser als „vehement“ bezeichneten Absage der FGIL an und fordert die Einführung eines einheitlichen „Werteunterrichts ohne a priori“, für den sie das aktuelle Wahlpflichtfach „Formation morale et sociale“ empfiehlt.93

d) Die Reaktion der Medien Im Luxemburger Pressewald haben der Expertenbericht und die diesbezüglichen Stellungnahmen einen Wirbelsturm mittleren Ausmaßes ausgelöst. Die Standpunkte sind durchwegs kirchenkritisch bis -feindlich. Es ist hier nicht der Ort, die betreffenden Äußerungen im Einzelnen anzuführen. Als Beleg mögen einige Titel und Kostproben dienen: „Spielverderber!“, „Kirchen bleiben stur“, „Kirche will Macht zementiert sehen“, „Kirche will Staat und Schulkinder noch enger an sich binden“, „Outrageusement clérical“ (Unverfroren klerikal), „Ça ne va pas s’arrêter là“ (Es wird nicht dabei bleiben), „Religion ist Privatsache“, ___________ heitsrechte der Bürger einzuschränken. Zwei konkrete Beispiele: Kann es sein, dass homosexuelle Mitbürger eine Organisation wie die katholische Kirche mitfinanzieren müssen, die nicht nur gegen ihre Gleichbehandlung zum Beispiel in Sachen Heirat mobilisiert, sondern auch gegen ihre vermeintlich ,schöpfungswidrige‘ Lebensweise hetzt? Kann es sein, dass eine Regierung, die sich anscheinend für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt gleichzeitig Religionen finanziell massiv privilegiert und fördert, die Frauenrechte systematisch mit Füßen treten? Wir denken nicht, dass das sein kann.“ 91 Position de „Liberté de conscience“ sur le rapport „Relations Etat/Eglises“ 27.11.2012 Un rapport de complaisance http://www.gouvernement.lu/salle_presse/ communiques/2012/11-novembre/30-rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012). 92 Die FGIL zum Expertenbericht „Staat/Kirche“, http://www.gouvernement.lu/salle_ presse/communiques/2012/11-novembre/30-rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012). 93 Association Luxembourgeoise des Professeurs d‘Ethique a.s.b.l., Die ALPE zum Expertenbericht „Staat/Kirche“ http://www.gouvernement.lu/salle_presse/communiques/ 2012/11-novembre/30-rapport-etat-cultes/index.html (12.12.2012).

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„Streitfest“, „Das Bistum spielt verrückt – Es reicht endgültig“, „Schulen: Aufklärung gegen Mystik“, „Trennung jetzt“, „Fortschrittshass und religiöse Privilegien“, „Débat corseté“ (eingeschnürte Debatte), „La pomme de discorde “ (Der Zankapfel), „Die Heuchelei der katholischen Kirche“, „La fin des privilèges?“ (Das Ende der Privilegien?), „Radicalisations“ (Radikalisierungen). Des Weiteren ruft man den Schulstreit zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Erinnerung und lässt die Gestalt des streitbaren Bischofs Jean-Joseph Koppes (1883-1918) wieder aufleben.94 Wie sind diese heftigen Reaktionen seitens der Mehrzahl der Medien zu erklären? Sicher ist es z. T. ein bedingter Reflex der Linkspresse in Kirchenfragen. Gewiss wirken auch die in Kapitel IV95 erwähnten Animositäten um die Euthanasiegesetzgebung nach. Diese haben kürzlich durch die Liberalisierung der gesetzlichen Bestimmungen über den Schwangerschaftsabbruch neuen Auftrieb erhalten und werden in den kommenden Wochen, wenn im Parlament der Gesetzesentwurf über die Homo-Ehe zur Sprache kommt, ohne Zweifel neu angeheizt. Dennoch wundert man sich über die äußerst scharfe Reaktion, die ein im Kern der Sache zwar bestimmtes, aber im Ton mäßiges und einfühlsames Bischofswort zur Novellierung der Abtreibungsgesetzgebung hervorgerufen hat.96 Hier zeigt sich eine Verhärtung der Standpunkte an, die auf der Vermutung gründet, die neue Bistumsleitung strebe nach einer Festigung bzw. Rückeroberung kirchlicher Machtpositionen. In dieser Richtung wird auch die als maximalistisch gewertete Antwort der katholischen Kirche auf den Expertenbericht (Festhalten am Status quo, Ausweitung der katholischen Vorteile auf die übrigen Religionsgemeinschaften) gedeutet. Selbst die z. Z. angebahnte Zusammenführung der „katholischen“ Krankenhäuser wird von manchen als kirchliche Blockbildung empfunden. Einzelne Medien schrecken nicht davor zurück das Spektrum eines Kulturkampfes zu beschwören.97 ___________ 94

Vgl. Kapitel II, Fn. 30. Siehe Fn. 61 u. 62. 96 Schutz und Anerkennung für den ungeborenen Menschen – Erklärung von Erzbischof Fernand Franck zur Gesetzesnovellierung in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs vom 01.02.2010, in: Kirchlicher Anzeiger 140/2010, Nr. 18, S. 38-40, dazu auch Jean-Claude Hollerich, Wunder des Lebens – Zeichen der Hoffnung. Eine Erklärung des Erzbischofs von Luxemburg zum Schwangerschaftsabbruch, v. 3. November 2012, in http://www.cathol.lu/archidiocese-erzbistum/l-archeveque-der-erzbischof/lettres-pasto rales-hirtenbriefe/article/wunder-des-lebens-zeichen-der (12.12.2012). 97 Freilich hat der Erzbischof selber das Wort in den Raum gestellt (vgl. Le Quotidien 23.11.2012). In der Wochenzeitung Land, 7.12.2012, heißt es in diesem Zusammenhang unter der Feder von Josée Hansen und dem Titel „Radicalisations“ (Radikalisierungen): „Si Jean-Claude Hollerich fut accueilli à bras ouverts il y a un an, son air débonnaire et son apparente ouverture d’esprit, […] , ne laissaient pas présager sa stratégie de reconquête de hardliner.“ – „Wenn Jean-Claude Hollerich vor Jahresfrist mit offenen Armen aufgenommen wurde, so ließen seine Leutseligkeit und seine schein95

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V. Ausblick Wie wird es weitergehen? Wird sich die Vermutung erfüllen, die der Erzbischof von Luxemburg am 12. Dezember 2008, auf der Höhe der Euthanasiedebatte, in einem Brief an den Kardinal-Staatssekretär98 zum Ausdruck brachte: „Die Geschichte wird zweifelsohne zeigen, dass der Gesetzesvorschlag zur Euthanasie nicht nur das Land gespalten und, falls er die parlamentarische Zustimmung erhält, die Grundwerte unserer Gesellschaft erschüttert hat; er hat bereits jetzt unsere achtbarsten Institutionen, nämlich die Monarchie und die Kirche ins Schwanken gebracht.“ Was die Monarchie angeht, hat sich die Befürchtung bereits bewahrheitet. Nach der punktuellen Verfassungsänderung von 2009 sehen die im Augenblick vorliegenden Entwürfe einer Gesamtrevision des Grundgesetzes eine substantielle Beschneidung der Zuständigkeiten und Vorrechte des Monarchen vor. Die „Kirchenartikel“ werden in den Entwürfen der Verfassungsreform augenblicklich nicht tangiert. Aber noch ist nicht aller Tage Abend, zumal der Auftrag an die o. g. Expertengruppe die Möglichkeit einer Verfassungsänderung ausdrücklich ins Auge fasst.99 Prozedural sind nach der Veröffentlichung des Expertenberichts und der einschlägigen Stellungnahmen folgende Etappen vorgesehen: Beratung in den zuständigen Parlamentskommissionen (Institutionen, Erziehung, Innere Angelegenheiten), ggf. ein zweiter Expertenbericht, allgemeine Diskussion im Kammerplenum im Januar oder Februar 2013. Es steht zu erwarten, dass gerade diese öffentliche Debatte hohe Wellen schlagen und für Aufregung sorgen wird. Wer etwa geglaubt oder gehofft hatte, mit dem Expertenbericht werde die Debatte über die Trennung von Staat und Kirche in Luxemburg befriedet oder gar beendet, muss sich heute eines besseren belehren lassen. Die Diskussion ist nach wie vor vollends offen und macht, wie bereits erwähnt, nun auch nicht mehr vor der Verfassungshürde halt.

___________ bare geistige Offenheit nichts von der Reconquista-Strategie eines Hardliners vorausahnen.“ In demselben Beitrag wird Erzbischof Hollerich eine eiserne Hand in einem Samthandschuh zugeschrieben. 98 Originaltext: „L’Histoire retiendra sans doute que la proposition de loi sur l’euthanasie n’aura pas seulement divisé notre pays et, si tant est qu’elle sera votée, bouleversé les valeurs fondamentales de notre société; elle a d’ores et déjà ébranlé nos institutions les plus respectables à savoir la monarchie et l’Église.“ 99 „Il est en effet évident que toute modification à l’égard des pratiques actuelles conclura sur une modification de la Constitution.“ – „Es ist in der Tat offensichtlich, dass jede Änderung der gegenwärtigen Praxis eine Verfassungsänderung impliziert“ (Zitat aus den o. g. informellen Informationen).

Neuerungen im österreichischen Anerkennungsrecht Stefan Schima

I. Einleitung Bis gegen Ende des 20. Jh. stand zu befürchten, dass das österreichische Anerkennungsrecht – jene Regelungen, die sich auf die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft durch den Staat beziehen – auf unabsehbare Zeit mit der Aura eines Dornröschenschlafs ausgestattet bleiben würde. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass es sich bei dieser Materie um ein politisch heißes Eisen handelt, das sich die für die Eingabe entsprechender Gesetzesvorlagen zuständigen Minister lange Zeit hindurch nicht anzufassen getrauten.1 Wenn es auch wiederholt zur Erlassung von Anerkennungsverordnungen gekommen ist, so waren die letzten Jahrzehnte des vorangehenden Jahrhunderts doch von einer gewissen ministeriellen Säumigkeit geprägt, die durch das für die Vorbereitung diesbezüglicher Erledigungen zuständige Kultusamt – und folgende etwas ironische Formulierung sei an dieser Stelle gestattet – in tatkräftiger Weise unterstützt wurde. Das im Jahr 1874 erlassene AnerkG2 regelt die Anerkennung einer bisher nicht anerkannten Religionsgemeinschaft. Dabei sind folgende Anerkennungsvoraussetzungen normiert: Religionslehre, Gottesdienst, Verfassung und gewählte Benennung dürfen „nichts Gesetzwidriges oder sittlich Anstößiges“ ent___________ 1

Siehe Stefan Schima, „Staat – Kirche – Individuum“. Aktuelle Rechtsprobleme aus dem Jahr 1848, in: öarr 56 (2009), S. 375-383, hier S. 382. 2 RGBl. Nr. 68/1874. Im vorliegenden Beitrag werden – abgesehen von Abkürzungen für Zeitschriften – folgende außerhalb des allgemeinen Schriftgebrauchs stehende Abkürzungen des rechtswissenschaftlichen Sprachgebrauchs verwendet: AnerkG = Gesetz vom 20. Mai 1874 betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874; BekGG = Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998; BGBl. = Bundesgesetzblatt; BR = Bundesrat; EGMR = Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte; EMRK = Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958; G (als Bestandteil eines zusammengesetzten Hauptworts) = Gesetz; GP = Gesetzgebungsperiode; NR = Nationalrat; RGBl. = Reichsgesetzblatt; RV = Regierungsvorlage; StGBl. = Staatsgesetzblatt; StGG = Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1967; VfGH = Verfassungsgerichtshof; VfSlG = Sammlung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs; VwGH = Verwaltungsgerichtshof.

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halten (§ 1 Z 1), und ferner muss die Errichtung bzw. der Bestand zumindest einer Kultusgemeinde sichergestellt sein (§ 1 Z 2). Liegen diese Voraussetzungen vor, „so wird die Anerkennung“ von der zuständigen Ministerin bzw. dem zuständigen Minister „ausgesprochen“ (§ 2 Abs. 1).3 Für sich betrachtet erscheinen diese aus der Monarchie stammenden Bestimmungen als durchaus „milde“. Bemerkenswert ist aus heutiger Sicht, dass der Gesetzgeber damals keine Mindestmitgliederzahl für die Anerkennung vorgeschrieben hat. Andererseits sind einzelne Bestimmungen des AnerkG von staatskirchenhoheitlichem Geist getragen. Demnach sind Kirche und Staat zwar als unterschiedliche und eigenständige Gebilde aufzufassen, doch geschieht die Grenzbestimmung zwischen beiden nicht im vertraglichen bzw. konkordatären Weg, sondern allein durch die Gesetzgebung des Staates.4 In diesem Sinne enthält das Gesetz Bestimmungen, die im Laufe des 20. Jh. als gegenstandslos betrachtet wurden:5 Dies betraf etwa die ausschließliche Berufung österreichischer Staatsbürger in den Vorstand einer Kultusgemeinde (§ 9 Abs. 1),6 das Recht der zuständigen staatlichen Behörde, bei der Einstellung eines Seelsorgers Einwendungen zu erheben (§ 11 Abs. 3)7 und die Zustimmung des Kultusministers bei der Vereinigung mehrerer Kultusgemeinden zu gemeinsamer Tätigkeit (§ 13).8 ___________ 3 Dies wird durch den Motivenbericht zum AnerkG insofern konkretisiert, als im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichberechtigung anerkannter Religionsgemeinschaften all jenen Religionsgemeinschaften, die diese Voraussetzungen erfüllen, ein Anspruch auf gesetzliche Anerkennung zusteht: Motivenbericht zum AnerkG, Abgeordnetenhaus, Nr. 43 Session VIIII, Nr. 135 der Stenographischen Protokolle: „[…] Vermöge dieses Grundsatzes (der Gleichberechtigung der Konfessionen) hat zwar nicht jedes beliebige Bekenntniß Anspruch auf gesetzliche Anerkennung, wohl aber jedes, welches den staatlichen Anforderungen ebenso wie eines der bisher anerkannten zu entsprechen vermag. Solchen Bekenntnissen muß nicht nur die grundsätzliche Möglichkeit der Anerkennung zugestanden, sondern auch der praktische hierzu eröffnet werden. In dieser Beziehung die Lücken der bestehenden Gesetzgebung zu ergänzen und damit den Grundsatz der Gleichberechtigung der Confessionen zur Anerkennung zu bringen, ist die Aufgabe des vorliegenden Gesetzesentwurfes.“ 4 Siehe Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 12 f. 5 Unter der Bezeichnung „gegenstandslos“ können hier mehrere Fälle der nicht mehr vorliegenden Maßgeblichkeit einer gesetzlichen Bestimmung gemeint sein. Damit kann etwa das faktische Obsoletsein einer Regelung, aber auch etwa deren Derogation angesprochen sein. 6 Siehe dazu Inge Gampl / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Österreichisches Staatskirchenrecht. Gesetze, Materialien, Rechtsprechung, Bd. 1, Wien 1990, S. 152, mit Fn. 42: Mit Hinweis auf entsprechende Bestimmungen des ProtestantenG 1961 und des OrthodoxenG 1967, in denen dieses Erfordernis nicht mehr vorgesehen sei, wird dieses „wegen Unverträglichkeit mit Art 15 StGG als weggefallen“ betrachtet. 7 Siehe dazu Gampl / Potz / Schinkele, Staatskirchenrecht I (Fn. 6), S. 153, Fn. 51: „Diese Bestimmung ist heute praktisch bedeutungslos. Sie hing u. a. mit der den Seelsorgern gesetzlich anerkannter KuR übertragenen Funktion als staatliche Standesbeamte zusammen.“ Dabei erfolgt ein Hinweis auf die so genannte „Altmatrikenführung“. Bis

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Was die Rechtsstellung einer anerkannten Religionsgemeinschaft betrifft, so findet sich im Motivenbericht zum AnerkG die Bemerkung, dass diesen „die Stellung einer privilegierten öffentlichen Corporation zukommt“,9 was – übersetzt in die heutige Rechtssprache – bedeutet, dass anerkannte Religionsgemeinschaften die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießen.10 Genau genommen bedeutet dies nicht, dass es sich bei anerkannten Religionsgemeinschaften um „echte“ Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt. Es ist nämlich zu beachten, dass es ihnen an der diesen Gebilden typischen Staatsnähe fehlt, und dass anerkannte Religionsgemeinschaften bereits vor ihrer Anerkennung als Gruppierung physischer Personen bereits bestanden haben. Zu Recht wurde in der Lehre in diesem Zusammenhang von „Korporationen sui generis“ gesprochen.11 Was das Kriterium der Staatsnähe betrifft, so ___________ 1938 bzw. 1939 waren anerkannte Religionsgemeinschaften grundsätzlich für die Führung der Personenstandsbücher zuständig. Dies änderte sich mit dem Inkrafttreten des Ehegesetzes von 1938 (Einführung der obligatorischen Ziviltrauung; staatliche Ehebücher) und mit der Einführung von Standesämtern im Jahr 1939 (für Geburten- und Sterbematriken relevant). In noch heute aktuellen Rechtsfällen, die mit der Führung der damaligen Matriken im Zusammenhang stehen, kann es zur Erlassung von Bescheiden seitens anerkannter Religionsgemeinschaften kommen. 8 Siehe dazu Gampl / Potz / Schinkele, Staatskirchenrecht I (Fn. 6), S. 154, Fn. 55: Diese Bestimmung sei mit Art. 15 StGG nicht vereinbar und daher seit Inkrafttreten des Verfassungsüberleitungsgesetzes 1945, Staatsgesetzblatt. Nr. 4/1945, „als nicht mehr in Geltung stehend anzusehen.“ 9 Motivenbericht zum AnerkG, Abgeordnetenhaus, Nr. 43 Session VIIII, Nr. 135 der Stenographischen Protokolle (ad § 1). 10 Vgl. für das 20. Jh. die Formulierungen des Österreichischen Konkordats 1933/34 (Art. II), BGBl. II Nr. 2/1933; des ProtestantenG 1961 (§ 1 Abs. 2), BGBl. Nr. 182/ 1961; und des OrthodoxenG 1967 (§ 2 hier bezogen auf die Kirchengemeinden), BGBl. 229/1967. 11 Vgl. etwa Richard Potz, Zur öffentlich-rechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften, in: ders. / Reinhard Kohlhofer (Hrsg.), Die „Anerkennung“ von Religionsgemeinschaften (Schriftenreihe Colloquium 6), Wien 2002, S. 25-37; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 71 f. Zu beachten ist für den Fall der Erwähnung von „Körperschaften öffentlichen Rechts“ in Rechtsquellen, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass anerkannte Religionsgemeinschaften von diesem Begriff mit umfasst sind. Nicht betroffen sind sie allerdings dann, wenn von „Körperschaften öffentlichen Rechts, die durch eine Gebietskörperschaft eingerichtet wurden“, die Rede ist. Nicht selten hat man im Einzelfall zu prüfen, ob anerkannte Religionsgemeinschaften unter den Begriff subsumierbar sind. Eine derartige Einzelfallprüfung kann auch dann durchzuführen sein, wenn der Gesetzgeber die Bezeichnung „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ gebraucht und sich Anhaltspunkte dafür geben, dass anerkannte Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen nicht davon erfasst sein sollten. So hatte etwa das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 506/1993, vorgesehen, dass „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ keine Zulassung als private Programmgestalter erhalten durften (§ 9 Z 1 und 5). In Anbetracht der Tatsache, dass auch aus dem Bereich anerkannter Religionsgemeinschaften wesentliche Hoffnungen auf die Möglichkeit der Zulassung als Programmveranstalter gesetzt wurden und staatliche Organe deutlich machten, diesem Wunsch Rechnung tragen zu wollen, aber auch mit Blick auf die Erläutern-

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ist zu beachten, dass anerkannten Religionsgemeinschaften insofern dem staatlichen Wirken zuzuordnen waren, als sie im Rahmen der Matrikenführung bis Ende der Dreißigerjahre des 20. Jh. regelmäßig durch Erlassung von Bescheiden Hoheitsgewalt ausüben konnten. Grundsätzlich fehlt anerkannten Religionsgemeinschaften heute dieses zahlreichen Körperschaften öffentlichen Rechts zukommende Merkmal.12 Darüber hinaus fehlt ihnen auch das für Körperschaften öffentlichen Rechts typische Merkmal der Pflichtmitgliedschaft, und sie werden eben nicht durch staatlichen Akt errichtet.13 Auf die mit dem Status der anerkannten Religionsgemeinschaft verbundenen Rechte kann im Rahmen der vorliegenden Ausführungen nicht ausführlich eingegangen werden. Kurz erwähnt sei allerdings zunächst Art. 15 StGG, durch den u. a. die „inneren Angelegenheiten“ einer anerkannten Religionsgemeinschaft geschützt werden,14 wobei allerdings zu bedenken ist, dass Art. 9 EMRK ohnehin für alle Religionsgemeinschaften – unabhängig davon, ob sie anerkannt sind oder nicht – eine Garantie des Schutzes der inneren Organisation

___________ den Bemerkungen zur Regierungsvorlage (NR RV 1134 GP XVIII) war klar, dass anerkannte Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen nicht von der Ausschlussbestimmung erfasst werden sollten. Das nunmehr geltende Privatradiogesetz, BGBl. I 20/ 2001, das als „Nachfolgegesetz“ des Regionalradiogesetzes betrachtet werden kann, enthält eine Bestimmung, in der dann die Klarstellung erfolgt, dass eine Zulassung als Hörfunkveranstalter nicht „an juristische Personen des öffentlichen Rechts, mit Ausnahme von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften […]“ erteilt werden darf (§ 8 Z 1). 12 Die Ausübung von Hoheitsgewalt ist heute in den seltenen Fällen der „Altmatrikenführung“ möglich. Siehe dazu oben Fn. 7. 13 Vgl. Walter Antoniolli / Friedrich Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 3 1996, S. 322; Bernhard Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 32009, S. 30; Arno Kahl / Karl Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 32011, S. 158 f. 14 Zum Inhalt des Art. 15 StGG, auf den nicht detailliert eingegangen werden kann, siehe etwa Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 61-77. So wird auf das Ausschließlichkeitsrecht der anerkannten Religionsgemeinschaften in den vorliegenden Ausführungen nicht näher eingegangen. Siehe dazu jüngst im Zusammenhang mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft VfSlg 19.240/2010; Richard Potz / Brigitte Schinkele, Eintragung bzw. gesetzliche Anerkennung alevitischer Gruppen in Österreich, in: öarr 58 (2011), S. 137-155. Zur mittlerweile wohl eindeutig und im verneinenden Sinn geklärten Frage, ob sich die Garantien des Art. 15 auch auf eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften beziehen, siehe Georg Lienbacher, Die rechtliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften in Österreich, in: Christoph Grabenwarter / Norbert Lüdecke (Hrsg.), Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht. Ergebnisse eines interdisziplinären Seminars (Forschungen zur Kirchenrechtswissenschaft 33), Würzburg 2002, S. 154-176, hier S. 171-173. Zur Frage der Rechtfertigung der Differenzierung zwischen eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften und anerkannten Religionsgemeinschaften überhaupt siehe Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht im Überblick, Wien 22007, S. 49-51.

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enthält.15 Zu erwähnen ist ferner das Recht anerkannter Religionsgemeinschaften auf Erteilung des Religionsunterrichts an grundsätzlich allen öffentlichen Schulen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen. In Art. 17 Abs. 4 StGG heißt es: „Für den Religionsunterricht in den Schulen ist von der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft Sorge zu tragen.“ Dass hierbei zweifelsohne nur die anerkannten Religionsgemeinschaften gemeint sind, braucht nicht näher problematisiert werden. Im Ergebnis kann man von einem Recht der betreffenden anerkannten Religionsgemeinschaft ausgehen.16 Allerdings könnte mit dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 4 StGG auch eine Pflicht zur Abhaltung von Religionsunterricht in Verbindung gebracht werden.17 Abgesehen von der Frage des Rechte- und Pflichtencharakters des Art. 17 Abs. 4 ist zu beachten, dass § 7a des ReligionsunterrichtsG18 gewisse Klassenschülermindestzahlen in Bezug auf das Zustandekommen des Religionsunterrichts kennt. Ergänzend muss noch festgehalten werden, dass mit Art. 15 StGG das Paritätsprinzip in Verbindung gebracht wird.19 Dabei handelt es sich um die „religionsrechtliche Ausformung des Gleichheitssatzes“.20 Hinsichtlich anerkannter Religionsgemeinschaften muss demnach Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden. Was die Frage der Behandlung religiöser Gruppierungen überhaupt betrifft, so ist auch das Diskriminierungsverbot des Art. 14 ___________ 15

Siehe Rudolf Thienel, Religionsfreiheit in Österreich, in: Gerrit Manssen / Boguslaw Banaszak (Hrsg.), Religionsfreiheit in Mittel- und Osteuropa zwischen Tradition und Europäisierung (Regensburger Beiträge zum Staats- und Verwaltungsrecht 4), Frankfurt am Main 2006, S. 35-75, hier S. 53. Wenn auch immer klar war, dass Art. 9 nicht nur die Religionsfreiheit des einzelnen, sondern auch die in Gemeinschaft mit anderen ausgeübte Religionsfreiheit schützt (kollektive Religionsfreiheit), so war es doch bis in die jüngere Zeit umstritten, ob auch der Anspruch auf Erlangung staatlicher Rechtspersönlichkeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geschützt war: Hierzu und zum Folgenden siehe Manfred Stelzer, Korporative Aspekte der Religionsfreiheit in der Rechtsprechung des EGMR, in: Reinhard Kohlhofer (Hrsg.), Religionsgemeinschaftenrecht und EGMR (Schriftenreihe Colloquium 17), Wien 2009, S. 17-34; Christoph Grabenwarter / Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, München 5 2012, S. 290 f. u. 295 f. Dies wurde schließlich in der Literatur mit Hinweis auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bejaht: Vgl. ebd., S. 295, mit Hinweis auf EGMR, 13. 12. 2001, Metropolitan Church of Bessarabia u.a. / Moldawien, Nr. 45701/99, Z. 105 ff.; EGMR 5. 10. 2006, The Moscow Branch of the Salvation Army / Russland, Nr. 72881/01, Z. 71. 16 Vgl. etwa Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 352. 17 Siehe Katharina Pabel, Religion im öffentlichen Schulwesen, in: Manfred Prisching / Werner Lenz / Werner Hauser (Hrsg.), Bildung und Religion (Schriften zum Bildungsrecht und zur Bildungspolitik 10), Wien 2006, S. 37-75, hier S. 56 f.; Brigitte Schinkele, Die öffentlich-rechtliche Stellung von Religionsgemeinschaften – eine aktuelle Herausforderung, in: öarr 56 (2009), S. 358-374, hier S. 371. 18 BGBl. Nr. 190/1949 i.d.F. Nr. 329/1988. 19 Siehe dazu Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 62-64. 20 Ebd., S. 63.

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EMRK von Relevanz. Dies war mit Blick auf die Akzessorietät des Diskriminierungsverbotes und den Umstand, dass Art. 9 in Bezug auf die korporative Religionsfreiheit durch den EGMR nur zurückhaltend angewandt wurde, von sekundärer Bedeutung.21 Im Zusammenhang mit der oben erwähnten ministeriellen Säumigkeit stellte sich die Frage, wie die Behörde im Fall der Verweigerung der Anerkennung vorzugehen hatte. Genügte für die negative Erledigung des Antrags eine formlose – und damit im Verwaltungsweg nicht bekämpfbare – Erklärung der zuständigen Behörde, wonach die Anerkennung nicht ausgesprochen würde, oder war hierfür die Erlassung eines Bescheides notwendig? Für den Fall der Rechtswidrigkeit wäre ein solcher sehr wohl bekämpfbar gewesen. Es verwundert nicht, wenn das Kultusamt die erste Meinung vertrat und die Nichterlassung einer Anerkennungsverordnung selbst dann sanktionslos blieb, wenn die entsprechenden Voraussetzungen des AnerkG sehr wohl vorgelegen hätten. Wenn nun letztlich der VfGH seit 1988 von einem durchsetzbaren Anspruch auf Anerkennung ausging,22 so nützte das den betroffenen Antragswerbern nichts: Denn über das rechtliche Instrumentarium der Erzwingung der Erlassung eines Bescheides verfügt nur der VwGH – eben im Wege der Entscheidung von Säumnisbeschwerden – und nicht auch der VfGH. Erst im Jahr 1997 folgte der VwGH ohne substantielle Begründung der Auffassung des VfGH, wonach bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein Anspruch auf Anerkennung besteht.23 Demnach hatte die Unterrichtsministerin bzw. der Unterrichtsminister für den Fall der Ablehnung des Anerkennungsantrags einen Bescheid zu erlassen.

II. Die Erlassung des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BekGG) im Jahr 1998 Die Entscheidung des VwGH war dazu geeignet, Anlass zur Hoffnung auf einen Frühling korporativer Religionsfreiheit zu geben. Denn in Anbetracht der „milden“ im AnerkG verankerten Anerkennungsvoraussetzungen und der Tat___________ 21 Siehe dazu etwa Stefan Hammer, Zur Ungleichbehandlung von Religionsgemeinschaften in der neueren Rechtsprechung, in: öarr 51 (2005), S. 209-226, hier S. 217. 22 VfSlg 11.931/1988. Siehe Herbert Kalb, Die Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich, in: Potz / Kohlhofer, „Anerkennung“ (Fn. 11), S. 3956, hier S. 46 f.; ebd., S. 46-48 Besprechung weiterer Judikatur des VfGH. 23 VwGH 28. 4. 1997, 96/10/0049. Siehe dazu u. a. Kalb, Anerkennung (Fn. 22), S. 49; Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsgemeinschaftenrecht. Anerkennung und Eintragung, Wien 1998, S. 74-76.

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sache, dass nun eine Durchsetzung des Anerkennungsanspruches real durch den VwGH verheißen war, konnte man auf den ersten Blick die Anerkennung neuer Religionsgemeinschaften erwarten. Doch schon sehr bald, nachdem das Erkenntnis ergangen war – noch im Jänner des Jahres 1998 und somit zu tiefer Winterszeit – griff der Gesetzgeber zu einem Mittel, „drohenden“ Anerkennungen einen wirksamen Riegel vorzuschieben. Er erließ das BekGG,24 mit dem er nicht nur einen weiteren staatlichen Rechtspersonentyp für Religionsgemeinschaften schuf – eben die eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft –, sondern auch die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft massiv verschärfte.25 Dabei griff man zum Mittel der lex fugitiva: Denn, anstatt diese Materie durch Novellierung des AnerkG von 1874 zu regeln, wurden die neuen Anerkennungsvoraussetzungen in § 11 des BekGG normiert. Offensichtlich sollte dadurch der Eindruck eines materiellen Eingriffs in die seit 1874 maßgebliche Anerkennungsmaterie gewissermaßen „verschleiert“ werden.26 Mit der Erlassung des BekGG wurde endgültig vom „Alles-oder-NichtsPrinzip“, wonach eine Religionsgemeinschaft als solche nur in der Rechtsform der anerkannten Religionsgemeinschaft im staatlichen Rechtsleben auftreten konnte, endgültig abgegangen.27 Abgesehen davon, dass einigen Religionsgemeinschaften die staatliche Vereinsbildung bereits ermöglicht worden war, wurde für diese nun ein weiterer spezifischer Rechtspersonentyp geschaffen – eben die eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft. Diese war gemäß der Stammfassung des BekGG als Vorstufe zur anerkannten Religionsgemeinschaft anzusehen, was deutlich in § 11 Z 1 zum Ausdruck kam: Für die Anerkennung als Religionsgemeinschaft wurde nicht nur der zumindest 20-jährige Bestand ___________ 24

Materialien: NR RV 938 AB 1013 GP XX; BR: AB 5596. Um bei der eingangs gewählten Metapher zu verbleiben: Dornröschen wurde durch sehr unsanftes Wachküssen durch den Gesetzgeber aus dem Schlaf gerissen. 26 Zur Problematik der lex fugitiva siehe etwa Heinz Tichy, Religiöse Gemeinschaften nach dem Vereinsgesetz 2002, in: öarr 3 (2004), S. 379-397, hier S. 384. 27 So hatte der VfGH im Jahr 1929 bekräftigt, dass das Vereinsrecht religiösen Gemeinschaften grundsätzlich nicht offenstand: VfSlg 1.265/1929. In der Praxis keine Bedeutung erlangt haben die – rechtlich nicht unumstrittenen – Möglichkeiten, als juristische Person gemäß § 26 oder gemäß § 1175 ABGB aufzutreten. Siehe dazu Tichy, Gemeinschaften (Fn. 26), S. 388 f. Zum Inhalt des „Alles-oder-nichts-Prinzips“ siehe Robert Höslinger, Die Rechtsstellung der „Sekten“ in Österreich, in: Österreichische Juristen-Zeitung 3 (1948), S. 219221, hier S. 219; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsgemeinschaftenrecht (Fn. 23), S. 19 u. 123; Stefan Schima, Die Rechtsgeschichte der „Konfessionslosen“. Der steinige Weg zur umfassenden Garantie von Religionsfreiheit in Österreich, in: Jos C. N. Raadschelders (Hrsg.), Staat und Kirche in Westeuropa in verwaltungshistorischer Perspektive (19./20. Jh.) (Jahrbuch für Europäische Verwaltungsgeschichte 14), Baden-Baden 2002, S. 97-124, hier S. 101 f.; Tichy, Gemeinschaften (Fn. 26), S. 384-387. 25

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als Religionsgemeinschaft, sondern auch der zumindest zehnjährige Bestand als religiöse Bekenntnisgemeinschaft gefordert (Z 1). Die zehnjährige Bestandsfrist wurde durch den VfGH zunächst als sachlich gerechtfertigte „Beobachtungsphase“ betrachtet.28 Es müsste durch die eingetragene Bekenntnisgemeinschaft „die Einhaltung bestimmter Verhaltensregelungen, die ihrerseits unstrittig im öffentlichen Interesse liegen“ erwartet werden können, und dies unterliege eben einer „Rechtsaufsicht“.29 In Anbetracht dessen, dass die eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft als Vorstufe zur anerkannten Religionsgemeinschaft konzipiert wurde, sind freilich auch noch die im BekGG normierten Voraussetzungen der Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft zu beachten: Insbesondere ist hier das Erfordernis der Mindestmitgliederzahl von 300 Personen, die in Österreich ihren Wohnsitz haben und weder einer eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft noch einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft angehören (§ 3 Abs. 3), zu nennen. Ferner darf die Lehre der betreffenden Religionsgemeinschaft bzw. deren Anwendung nicht dem „Schutz der in einer demokratischen Gesellschaft gegebenen Interessen der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral“ oder dem „Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“ entgegen stehen; „dies ist insbesondere bei Aufforderung zu einem mit Strafe bedrohtem gesetzwidrigen Verhalten, bei einer Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden, bei Verletzung der psychischen Integrität und bei Anwendung psychotherapeutischer Methoden, insbesondere zum Zwecke der Glaubensvermittlung, gegeben“ (§ 5 Abs. 1 Z 1), darüber hinaus müssen die Statuten zahlreichen Erfordernissen entsprechen (§ 5 Abs. 1 Z 2 i.V.m. § 4). Darüber hinaus wurden folgende zusätzliche Anerkennungsvoraussetzungen festgesetzt: – Explizite Festsetzung einer Mindestmitgliederzahl, nämlich zwei Promille der österreichischen Wohnbevölkerung, was zwischen 16.000 und 17.000 Personen ausmacht (Z 2). In Anbetracht der Tatsache, dass viele anerkannte Religionsgemeinschaften dieses Mindestmitgliederzahlerfordernis gar nicht erfüllen und in Bezug auf anerkannte Religionsgemeinschaften lediglich in Bezug auf „Jehovas Zeugen“ von einem Erreichen dieser Mindestzahl mit Gewissheit ausgegangen werden konnte, handelt es sich hier um eine rigoros gestaltete Anerkennungsvoraussetzung.

___________ 28 29

VfSlg 16.102/2001. Ebd.

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Die Mindestzahlbestimmung wurde in der Literatur als „wesentlich zu hoch gegriffen“ kritisiert.30 Dabei wurde nicht nur auf die eben erwähnte Tatsache, dass zahlreiche bereits anerkannte Religionsgemeinschaften dieses Kriterium nicht erfüllen, hingewiesen, sondern auch zum Ausdruck gebracht, dass dadurch „die nunmehr gegebene Durchsetzbarkeit des Rechtsanspruchs auf Anerkennung nahezu völlig unterlaufen“ werde.31 Allerdings konnten schon damals die Aleviten insofern als Ausnahme benannt werden, als diese „allenfalls die notwendige Mitgliederzahl aufweisen könnten“.32 In der Bandbreite der Aleviten agieren zwar viele unterschiedliche Gruppierungen,33 doch kann niemand ausschließen, dass es etwa einmal zu freiwilligen Zusammenschlüssen kommt, aus denen eine Religionsgemeinschaft mit deutlich mehr als 16.000 Mitgliedern in Österreich resultiert. Auch ist es möglich, dass eine Gruppe von sich aus die erforderliche Mitgliederzahl erreicht. Darüber hinaus könnte heute allenfalls an die „Falun Gong Bewegung“ gedacht werden, die nach heutigem Stand zwar nicht eindeutig vom Selbstverständnis getragen ist, Religionsgemeinschaft zu sein, doch kann sich dies in den kommenden Jahren ändern.34 Auch ist die Annahme, wonach diese Bewegung in wenigen Jahren in Österreich mehr als 16.000 Mitglieder bzw. Anhängerinnen und Anhänger aufweisen könnte, nicht ganz unrealistisch.35 ___________ 30 Siehe hierzu und zum Folgenden etwa Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 98 f.; vgl. auch Hammer, Ungleichbehandlung (Fn. 21), S. 210, wonach durch das BekGG „die Aussicht auf eine gesetzliche Anerkennung weitgehend illusorisch gemacht“ worden sei. 31 Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 99. 32 Brigitte Schinkele, Religiöse Bekenntnisgemeinschaften und verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz, in: JBl 124 (2002), S. 498-509, hier S. 502, Fn. 39. 33 Zu den Aleviten und ihrem Wirken in Österreich siehe Susanne Heine / Rüdiger Lohlker / Richard Potz, Muslime in Österreich. Geschichte. Lebenswelt. Religion. Grundlagen für den Dialog, Innsbruck 2012, S. 89-93; Potz / Schinkele, Eintragung (Fn. 14), S. 137-155. 34 Zum Stand von vor etwa einem Jahrzehnt und von wichtigen Erwägungen geleitet: Thomas Heberer, Falungong – Religion, Sekte oder Kult? Eine Heilsgemeinschaft als Manifestation von Modernisierungsproblemen und sozialen Entfremdungsprozessen, Duisburger Arbeitspapiere Ostasienwissenschaften Nr. 36/2001, http://www.uni-due.de/ in-east/fileadmin/publications/gruen/paper36.pdf (11.9.2012). Für den heutigen Stand siehe auch die Homepage des „Falun Gong Zentrum Österreich“: http://faluninfo.at/ (11.9.2012). 35 Auch lässt sich nicht prognostizieren, ob und in welcher Geschwindigkeit sich eine Religionsgemeinschaft bildet, die auf dem Boden der Katholischen Kirche erwachsen ist und dabei unabhängig von dieser agieren will. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Auftreten der „Pfarrerinitiative“, die ihrem Selbstverständnis nach zwar Reformschritte innerhalb der Katholischen Kirche setzen will (http://www.pfarrer-initiative.at/ [30.9.2012]), doch letztlich kann heute nicht gesagt werden, ob hier nicht ein ähnlicher

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– Es muss feststehen, dass die Verwendung der Einnahmen und des Vermögens religiösen Zwecken zukommt, wobei diese auch gemeinnützige und mildtätige Zwecke umfassen können (Z 3). Diese Bestimmung lässt zahlreiche Fragen offen. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage wird zum Ausdruck gebracht, dass die „besondere Behandlung“ anerkannter Religionsgemeinschaften im österreichischen Recht – etwa im Abgaben-, Privatschul- und Religionsunterrichtsrecht – „nur vertreten werden“ könne, „wenn die in Z 3 umschriebenen Voraussetzungen vorliegen“. Mit dieser Erläuterung sind die Unklarheiten allerdings nicht beseitigt. Auf den ersten Blick erhebt sich nämlich die Frage, ob bestimmte in Österreich bestehende anerkannte Religionsgemeinschaften dieses Kriterium überhaupt erfüllen würden. Es gibt zahlreiche Einrichtungen anerkannter Religionsgemeinschaften, die zu den ökonomisch erfolgreichsten ihrer wirtschaftlichen Branche zählen und deren religiöser bzw. gemeinnütziger oder mildtätiger Zweck nur schwer ausgemacht werden kann. Nun ist in der betreffenden Bestimmung nicht davon die Rede, dass die Einnahmen- bzw. Vermögensverwendung ausschließlich einer religiösen Zielsetzung zukommen muss. Doch bleibt völlig unklar, ab wann der Boden der Bestimmung der Z 3 verlassen wird. Dass Z 3 als solche vor dem Hintergrund des Schutzes innerer Angelegenheiten anerkannter Religionsgemeinschaften zu Verwunderung Anlass geben muss, wurde in der Literatur bereits deutlich gemacht:36 Fragen religionsgemeinschaftlicher Vermögensverwaltung zählen unstrittig zu den inneren Angelegenheiten anerkannter Religionsgemeinschaften. Demnach muss Z 3 in verfassungskonformer Weise so ausgelegt werden, dass eine „Kontrolle pro futuro“ ausgeschlossen ist. Anderwärts würde die Regelung einen „Rückfall in staatskirchenhoheitliche Strukturen“ darstellen.37 – Es muss bei der betreffenden Religionsgemeinschaft eine „positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“ vorliegen (Z 4). Der bloße Wortlaut der Bestimmung ist insofern befremdlich, weil Religionsgemeinschaften für gewöhnlich ein bestimmtes Maß an kritischer Distanz gegenüber Gesellschaft und Staat anhaftet. Gemäß den Erläuternden Bemerkungen zur einschlägigen Regierungsvorlage besteht diese Voraussetzung im Wesentlichen in der „Akzeptanz des pluralistischen Rechtsstaates“ und der „Bejahung der grundsätzlichen staatlichen Ordnung“.38 Zum Zeitpunkt der Erlassung der Bestimmung konnte man den Eindruck gewinnen, als ob diese ___________ Weg eingeschlagen wird, wie dies bei der Altkatholischen Kirche im Jahr 1877 der Fall war (vgl. die Anerkennungsverordnung, RGBl. Nr. 99/1877). 36 Siehe Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 100 f. 37 Ebd., S. 100. 38 NR RV 938 GP XX.

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Anerkennungsvoraussetzung gerade im Sinn der Verhinderung einer Anerkennung von „Jehovas Zeugen“ konzipiert worden war.39 Diese Regelung steht vor allem mit der öffentlichrechtlichen Stellung anerkannter Religionsgemeinschaften in Zusammenhang. In der durch die Erläuternden Bemerkungen gelieferten Lesart der Bestimmung ist diese insofern sachdienlich, als der Staat eben verhindern will, grundsätzlich staats- und gesellschafskritische Gemeinschaften als Gebilde anzuerkennen, denen körperschaftsrechtliche Stellung zukommt. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 11 Z 4 über die in § 5 Z 1 an die Eintragung religiöser Bekenntnisgemeinschaften geknüpften Voraussetzungen hinausgeht. Demnach sei von anerkannten Religionsgemeinschaften eine gewisse Kooperationsbereitschaft mit dem Staat einzufordern.40 – Es darf „keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses“ zu anderen Religionsgemeinschaften bestehen (Z 5). Diese Bestimmung ist offensichtlich einschränkend in Bezug auf strafrechtliche Tatbestände, die dem Schutz des religiösen Friedens dienen, auszulegen.41 Kurz sei hier noch auf § 11 Abs. 2 hingewiesen, der heute nicht mehr von praktischer Bedeutung ist, aber zum Zeitpunkt seiner Erlassung teils heftige Kritik auf den Plan rief: Vor die Tatsache gestellt, dass bei der zuständigen staatlichen Behörde zahlreiche Anerkennungsanträge anhängig waren, griff der Gesetzgeber zu einem zweifelhaften Mittel, das es rechtfertigte, im Zusammenhang mit dem BekGG von einem „Anerkennungsverhinderungsgesetz“ zu sprechen: Ausdrücklich wurde festgelegt, dass das BekGG auf laufende Anerkennungsverfahren Anwendung zu finden hatte und die entsprechenden Anträge als Anträge auf Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft umzudeuten waren (§ 11 Abs. 2). In der Literatur wurde dieser Bestimmung insbesondere der verfassungsrechtlich gewährte Vertrauensschutz entgegengehalten.42 Der VfGH hat allerdings die entsprechenden Bedenken nicht geteilt.43 Obgleich § 11 BekGG ergänzend zum AnerkG Regelungen enthält, die Anerkennungsvoraussetzungen zum Inhalt haben, unterließ es der Gesetzgeber im Jahr 1998 weiterhin, die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Anerkennungsaktes in ausdrücklicher Form zu regeln. Die Lehre hat die Möglichkeit

___________ 39

Zu Jehovas Zeugen siehe unten Abschnitt V. Schinkele, Öffentlich-rechtliche Stellung (Fn. 17), S. 371. 41 Kalb / Potz / Schinkele, Religionsgemeinschaftenrecht (Fn. 23), S. 117. 42 Siehe Schinkele, Bekenntnisgemeinschaften (Fn. 32), S. 498-509; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 102-104. 43 VfSlg 16.102 und 16.131/2001. 40

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der Rücknahme des Anerkennungsaktes beim nachträglichen Wegfall von Anerkennungsvoraussetzungen grundsätzlich bejaht.44

III. Erlassung des Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetzes Im Jahr 2003 wurde schließlich die Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich anerkannt. Dabei handelt es sich um die dritte in Österreich anerkannte orientalisch-orthodoxe Kirche. Aus mehreren Gründen – insbesondere aber deswegen, weil die durch § 11 BekGG vorgesehene Mindestmitgliederzahl bei weitem nicht erreicht war – musste eine Anerkennung aufgrund des Gesetzes vorgenommen werden. Dies geschah innerhalb eines eigenen Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetzes,45 in dem nun gemeinsam äußere Rechtsverhältnisse der Koptisch-orthodoxen Kirche und der beiden damals bereits im Verordnungsweg anerkannten Orientalisch-orthodoxen Kirchen geregelt werden. U. a. wird im neuen Gesetz die Koordination eines gemeinsamen Religionsunterrichts durch die drei betroffenen Kirchen geregelt. Damit hat der Gesetzgeber gewissermaßen die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen durch Erlassung eines speziellen Gesetzes umgangen und die Koptische-orthodoxe Kirche in gewisser Weise privilegiert.46 Eine sachliche ___________ 44 Vgl. etwa Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 111 f.; ebd., S. 112, wurde davon ausgegangen, dass ein Absinken der Mitgliederzahl unter die für den Anerkennungsakt erforderlichen zwei Promille der österreichischen Wohnbevölkerung keine Voraussetzung für die Rücknahme des Anerkennungsaktes darstellte. Eine solche hätte zweifelsohne dann als gegeben betrachtet werden können, wenn die „positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“ in wesentlicher Weise beeinträchtigt gewesen wäre. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Thematik des Widerrufs der Anerkennung findet sich bei Ursula Schuster, Der Widerruf der gesetzlichen Anerkennung von Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich (Diss. iur.), Wien 2010. Wie die Jahreszahl erkennen lässt, ist diese Arbeit somit noch vor der Erlassung einschlägiger Bestimmungen im Jahr 2011 erschienen. Was diese aber noch immer aktuell erscheinen lässt, ist vor allem die Behandlung der Rechtsfolgen des Widerrufs, ebd., S. 161-167. 45 BGBl. I Nr. 20/2003. Zur Rechtslage vor Erlassung des Gesetzes siehe Brigitte Schinkele, Die Rechtsstellung der Orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der Koptisch-orthodoxen Kirche, in: Hartmut Zapp / Andreas Weiß / Stefan Korta (Hrsg.), Ius Canonicum in oriente et occidente. Festschrift für Carl Gerold Fürst zum 70. Geburtstag (Adnotationes in ius canonicum 25), Frankfurt am Main u. a. 2003, S. 1041-1062. 46 Eine ähnliche rechtliche Ausgangssituation ist für die Erlassung des IslamG im Jahr 1912 feststellbar (RGBl. Nr. 159/1912). Zum Folgenden siehe insbesondere Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 625-627; Heine / Lohlker / Potz, Muslime (Fn. 33), S. 49-52; Richard Potz, Das Islamgesetz 1912 und der religionsrechtliche Diskurs in Österreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Thomas Olechowski / Christian Neschwara / Alina Lengauer (Hrsg.), Grundlagen der österreichischen Rechtskultur. Festschrift für Werner Ogris zum 75. Geburtstag, Wien 2010, S. 385-407.

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Rechtfertigung dieser Vorgangsweise kann darin gesehen werden, dass es sich bei den orientalisch-orthodoxen Kirchen um eine „Kirchenfamilie“ handelt.47 Doch erreicht die Mitgliederzahl dieser drei Kirchen zusammen nicht annähernd die durch § 11 BekGG vorgegebene Mindestgrenze.

IV. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als Motor weiterer Rechtsänderungen Dass die einschlägige Judikatur des VfGH zu einzelnen Bestimmungen des BekGG zunächst keine Änderung in der österreichischen Rechtslage bewirkte, konnte zuvor gezeigt werden. Doch spätestens mit dem Urteil des EGMR vom 31. Juli 2008, in dem dieser auf jene Bestimmung einzugehen hatte, die als Anerkennungsvoraussetzung die Mindestbestandsdauer von zehn Jahren als eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft vorsah (§ 11 Z 1),48 wurde ein rechtlicher Änderungsbedarf offenkundig.49 Der Gerichtshof kritisierte die undifferenzierte Fristsetzung: Eine zehnjährige Frist sei für eine Gruppe wie Jehovas Zeugen, von denen die staatlichen Behörden schon lange Kenntnis hätten, nicht gerechtfertigt. Für seine Erwägungen zog der Gerichtshof nicht nur Art. 9, sondern auch Art. 14 EMRK heran. Demnach haben die Rahmenbedingungen für die Erlangung eines besonderen Status, wie ihn die Anerkennung mit sich bringt, so ausgestaltet zu sein, dass jenen Gruppierungen, die diesen erlangen wollen, eine faire Möglichkeit zur Erlangung dieses Status eingeräumt wird. Der EGMR gab ferner zu verstehen, dass er die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft durch ein spezielles Gesetz als rechtlich problematisch ansah, wenn damit allgemeine Anerkennungsvoraussetzungen, wie sie im AnerkG und ___________ 47

Siehe Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 45), S. 1060. EGMR 31. 7. 2008, Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas u. a. / Österreich, Nr. 40825/98. 49 Zum Folgenden siehe Stelzer, Aspekte (Fn. 15), S. 17-34; Herbert Kalb, Das EGMR-Urteil vom 31.07.2008. Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas und andere gegen Österreich: Die Vorgeschichte, in: Reinhard Kohlhofer (Hrsg.), Religionsgemeinschaftenrecht und EGMR (Schriftenreihe Colloquium 17), Wien 2009, S. 35-58; Richard Potz, Gedanken zu den Auswirkungen des EGMR-Urteils auf das österreichische Religionsrecht, ebd., S. 59-65; Brigitte Schinkele, Privilegierte und diskriminierte Religionsgemeinschaften. Überlegungen aus Anlass des EGMR-Urteils vom 31. Juli 2008, Appl 40825, ebd., S. 67-94; Hermann Weber, Die Rechtsprechung des EGMR zur religiöse Vereinigungsfreiheit und das deutsche Staatskirchenrecht, ebd., S. 95-112; Reinhard Kohlhofer, Nachwort, ebd., S. 113-121; Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Österreichisches Religionsrecht in der jüngsten Straßburger Rechtsprechung, in: öarr 56 (2009), S. 400-432; Grabenwarter / Pabel, Menschenrechtskonvention (Fn. 15), S. 302; Stefan Schima, Freedom of Religion in Austria, in: International Constitutional Law Journal 3 (2009), S. 199-209, hier S. 206, http://www.internationalconsti tutionallaw.net/download/8ef11546160c489ccd8375bd667ce5c2/Schima.pdf (30.9.2012). 48

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in § 11 BekGG normiert sind, umgangen werden sollten. Damit würden letztlich all jene Religionsgemeinschaften diskriminiert, die diese allgemeinen Voraussetzungen nicht erfüllen und die Anerkennung nicht erhalten. Das Urteil des EGMR fand in der weiteren Judikatur dieses Gerichtshofs grundsätzlich eine inhaltliche Bekräftigung.50

V. Die Anerkennung von Jehovas Zeugen im Jahr 2009 Jehovas Zeugen hatten bereits in den Siebzigerjahren des 20. Jh. einen Anerkennungsantrag eingebracht. Im Jahr 2009 ist schließlich die Anerkennung durch Verordnung aufgrund des § 2 AnerkG i.V.m. § 11 BekGG erfolgt.51 Die Distanz der Religionsgemeinschaft zu allen staatlichen Systemen äußert sich heute darin, dass den Mitgliedern häufig nahe gelegt wird, bei „politischen“ bzw. staatlichen Wahlen keine gültige Stimme abzugeben bzw. bei solchen nicht zu kandidieren.52 Auch ist es innerreligionsgemeinschaftlich nicht zulässig, als Zeuge Jehova auch staatlicher Beamter zu sein. Darüber hinaus ist es Zeugen von ihrer Gemeinschaft her untersagt, Wehrdienst zu leisten. Die Ableistung des Wehrersatzdienstes wird durch die Religionsgemeinschaft der Gewissensentscheidung der Betroffenen anheim gestellt. Ob Jehovas Zeugen das Kriterium der „positiven Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft“ erfüllen, bleibt allerdings trotzdem fraglich. Hinzuweisen ist auch auf die Tatsache, dass „Jehovas Zeugen“ im Zuge des Anerkennungsverfahrens für die nächste Zeit informell darauf verzichtet haben, das Recht der Abhaltung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Anspruch zu nehmen. Diese Erklärung zur Kenntnis genommen.53 Ungeachtet dessen, dass es zweifelhaft ist, ob die für die Abhaltung des Religionsunterrichts erforderliche Schülerzahl erreicht würde (vgl. § 7a des ReligionsunterrichtsG), konnte man aus diesem Verhalten schließen, dass die Erteilung des Religionsunterrichts staatlicherseits nicht als Pflicht der entsprechenden anerkannten Religionsgemeinschaft gewertet wurde. ___________ 50

Vgl. etwa EGMR 26. 2. 2009, Verein der Freunde der Christengemeinschaft u.a. / Österreich, Nr. 76581/01. 51 BGBl. II 2009/139. 52 Vgl. dazu den Artikel „Wie betrachten Jehovas Zeugen das Wählen?“ in der Zeitschrift „Wachturm“ vom 1. November 1999, S. 28 f., wo zwar kein „Wahlbeteiligungsverbot“ in expliziter Weise zum Ausdruck kommt, aber dennoch größte Zurückhaltung angemahnt wird. 53 Siehe die Erläuterungen zum Verordnungsentwurf vom 26. Jänner 2009 (Allgemeiner Teil), http://www.jehovas-zeugen.at/fileadmin/user_upload/02-Anerkennung/An erkennung-link-file/20090126_Begutachtung.pdf (30.9.2012).

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VI. Die Novelle des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes aus dem Jahr 2011 1. Allgemeines Schließlich hob der VfGH unter Bezugnahme auf das Urteil des EGMR vom 31. Juli 2008 die sich auf die Mindestbestandsdauer beziehende Wortfolge des § 11 Abs. 1 Z 1 am 25. September 2010 auf.54 Der VfGH vermisste an der Regelung die ausreichende sachliche Differenziertheit und betrachtete diese daher als gleichheitswidrig. Ausdrücklich distanzierte er sich von seiner eigenen Judikatur des Jahres 2001. Im August 2011 wurde schließlich eine Novelle zum BekGG erlassen, durch die insbesondere auf die Straßburger Rechtsprechung und das genannte VfGHErkenntnis reagiert wurde.55 Für das Anerkennungsrecht unmittelbar relevant sind jene geänderten Bestimmungen, die die Anerkennungsvoraussetzungen regeln (novellierter § 11), aber auch die erstmalige ausdrückliche Regelung der Rücknahme eines Anerkennungsaktes (neu eingefügter § 11a). Darüber hinaus enthält die Novelle etwa Bestimmungen, die sich auf den Erwerb der Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften beziehen.56

___________ 54

VfSlg 19.166/2010. BGBl. I Nr. 78/2011. Materialien: NR RV 1256 AB 1267 GP XXIV; BR: AB 8537. Ministerialentwurf: Nr. 283. Vgl. dazu auch insbesondere die Stellungnahme von Richard Potz und Brigitte Schinkele (Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht), o. D. http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00283_20/ fname_222776.pdf (30.9.2012). 56 In diesem Zusammenhang darf zunächst auf ein offenkundiges Redaktionsversehen hingewiesen werden: Gemäß dem novellierten § 2 Abs. 1 erwerben religiöse Bekenntnisgemeinschaften Rechtspersönlichkeit „auf Antrag durch Bescheid“. In der Stammfassung war dagegen ausdrücklich vorgesehen gewesen, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften Rechtspersönlichkeit nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten ab Einlangen des Antrages erwerben, wenn nicht innerhalb dieser sechs Monate ein Bescheid über die Versagung der Rechtspersönlichkeit zugestellt worden war. Weiterhin ist allerdings gemäß dem nicht geänderten § 2 Abs. 3 der Stammfassung „ein Feststellungsbescheid zu erlassen, der den Namen der religiösen Bekenntnisgemeinschaft sowie die nach außen vertretungsbefugten Organe in allgemeiner Bezeichnung zu enthalten hat.“ Demnach wären somit nach geltender Rechtslage sowohl ein Rechtsgestaltungsbescheid gemäß § 2 Abs. 1 als auch ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs. 3 betreffend den Erwerb der Rechtspersönlichkeit zu erlassen, was in keiner Weise Sinn machen würde. Es drängt sich der Eindruck auf, als hätte man im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens irrtümlicherweise eine Änderung des § 2 Abs. 3 unterlassen. 55

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2. Änderungen der Anerkennungsvoraussetzungen (§ 11 BekGG) Zunächst zur Änderung der die Mindestbestandsdauer der anzuerkennenden Religionsgemeinschaft regelnden Z 1 des § 11 BekGG. Demnach muss die Bekenntnisgemeinschaft „a) durch zumindest 20 Jahre in Österreich, davon 10 Jahre in organisierter Form, zumindest 5 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit nach diesem Bundesgesetz bestehen oder b) organisatorisch und in der Lehre in eine international tätige Religionsgesellschaft eingebunden sein, die seit zumindest 100 Jahren besteht und in Österreich bereits in organisierter Form durch zumindest 10 Jahre tätig gewesen sein oder c) organisatorisch und in der Lehre in eine international tätige Religionsgesellschaft eingebunden sein, die seit zumindest 200 Jahren besteht […].“

Damit ist der Gesetzgeber von den früheren relativ starren Mindestzeitbestandsregelungen zugunsten relativ flexibler Ansätze abgegangen. Er hat ein „bewegliches System“ normiert. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle 2011 wird festgehalten, dass das nunmehr maßgebliche Modell auf Religionsgemeinschaften zugeschnitten ist, die sich in Österreich bilden und hier tätig werden. In Bezug auf das mindestens zehnjährige Bestehen „in organisierter Form“ wird angemerkt, dass eine solche bereits dann gegeben ist, wenn die Religionsgemeinschaft bisher „zumindest teilweise als juristische Person bestand“. Unter den in den Erläuternden Bemerkungen genannten Beispielen wird etwa auf Vereine für mildtätige Zwecke verwiesen, die mit der entsprechenden Religionsgemeinschaft in Verbindung zu bringen sind. Aber auch ein als juristische Person agierender Verlag, der religiöse Schriften dieser Religionsgemeinschaft betreibt, ist als hinreichende „organisierte Form“ zu betrachten, wenn er im Rahmen des Vertriebs von Schriften der entsprechenden Religionsgemeinschaft tätig ist. Aus den litt. b und c ergibt sich klar, dass die eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft keine zwingende Vorstufe für die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft gemäß AnerkG i.V.m. § 11 BekGG darstellt. Die Mindestzahl der für die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft erforderlichen Mitglieder wird nun in § 11 Z 1 lit. d geregelt und beträgt – wie bereits in der Stammfassung (§ 11 Abs. 1 Z 2 alt) – zwei Promille der österreichischen Wohnbevölkerung. Die weiteren in der Stammfassung des BekGG normierten Anerkennungsvoraussetzungen werden in den Z 2 bis 4 übernommen: Verwendung der Einnahmen bzw. des Vermögens ausschließlich für religiöse Zwecke (Z 2); „positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“ (Z 3); Nichtbestehen einer

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gesetzwidrigen Störung des Verhältnisses zu den bestehenden Religionsgemeinschaften (Z 4).

3. Ausdrückliche Regelung der Aufhebung der Anerkennung (§ 11a BekGG) Im neu eingefügten § 11a des BekGG wird nunmehr die „Aufhebung der Anerkennung“ in ausdrücklicher Form geregelt. Es ist gemäß Abs. 1 die Pflicht des Unterrichtsministers bzw. der Unterrichtsministerin, die Anerkennung zurückzunehmen, wenn eine der für die Anerkennung maßgebliche Voraussetzung gemäß § 11 Z 2 bis 4 „nicht oder nicht mehr vorliegt“ (Z 1), die anerkannte Religionsgemeinschaft durch zu mindestens ein Jahr über keine handlungsfähigen statutengemäß vertretungsbefugten Organe für den staatlichen Bereich mehr verfügt (Z 2), ein Untersagungsgrund für eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft gemäß § 5 BekGG vorliegt und dieser trotz Aufforderung zur Abstellung weiterbesteht (Z 3), ein statutenwidriges Verhalten trotz Aufforderung zur Abstellung desselben weiter besteht (Z 4) oder „mit der Anerkennung verbundenen Pflichten trotz Aufforderung nicht erfüllt werden“ (Z 5). Was die Rechtsform des Aufhebungsaktes betrifft, so handelt es sich um eine Verordnung, wie in Abs. 2 sogar ausdrücklich festgehalten wird. Dort wird darüber hinaus auch noch die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Aufhebungsgründe binnen drei Tagen nach Kundmachung der Aufhebungsverordnung angeordnet. Aus § 11a wird deutlich, dass jene Religionsgemeinschaften, deren Anerkennung im Gesetzesweg erfolgt ist, bzw. deren Anerkanntsein auf Gesetzesebene zum Ausdruck gebracht wird, nicht den hier dargestellten Regelungen unterliegen. Dies betrifft die Rechtsstellung der Katholischen Kirche, der Evangelischen Kirchen A.B., H.B. und A. u. H.B., der Orthodoxen Kirche, der drei anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen, der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Israelitischen Religionsgesellschaft. Eine Rücknahme der Anerkennung müsste diesfalls grundsätzlich auf Gesetzesebene erfolgen, wobei für die Katholische Kirche aufgrund des Konkordats 1933/3457 eine zusätzliche völkerrechtliche Dimension beachtet werden müsste und für die genannten Evangelischen Kirchen der Verfassungsrang des § 1 Abs. 1 ProtestantenG, der den Bestand dieser Kirchen regelt.58 Auch wenn § 11a BekGG als solcher nicht ___________ 57

BGBl. II Nr. 2/1934. BGBl. Nr. 182/1961 i.d.F. I Nr. 92/2009. Zu den völkerrechtlichen Voraussetzungen einer allfälligen Konkordatsbeendigung siehe jüngst Stefan Schima, Überschätzt von Freund und Feind? Das österreichische Konkordat 1933/34, in: Ilse Reiter-Zatloukal / Christiane Rothländer / Pia Schölnberger (Hrsg.), Österreich 1933-1938. Interdiszipli58

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direkt auf die genannten anerkannten Religionsgemeinschaften anwendbar ist, so ist doch anzunehmen, dass hier Gründe für die Rücknahme des Anerkennungsaktes genannt sind, auf die der Gesetzgeber aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen heraus Bedacht zu nehmen hätte. Leider lässt es der Gesetzgeber völlig offen, was er unter dem Wegfall „maßgeblicher“ Anerkennungsvoraussetzungen versteht.59 Dabei bezieht er sich zwar ausdrücklich auf den Wegfall der Voraussetzungen gemäß § 11 Z 2 bis 4, doch wird nichts darüber ausgesagt, wann die Schwelle zur Maßgeblichkeit überschritten ist. Wurde schon bei der Besprechung der Anerkennungsvoraussetzung betreffend die Einnahmen- bzw. Vermögensverwendung (nunmehr § 11 Z 2 BekGG) auf deren Problematik hingewiesen, so ist diese aufgrund der Novelle des Jahres 2011 verstärkt worden.60 Denn nun geht es darum, dass der Staat eindeutig dazu berufen werden soll, die Vermögensverwaltung bereits anerkannter Religionsgemeinschaften – in welcher Form auch immer – zu überprüfen. Dabei ist in verfassungskonformer Weise so vorzugehen, dass der Schutz der „inneren Angelegenheiten“ anerkannter Religionsgemeinschaften gewahrt bleibt. In welcher Art und Weise dies konkret geschehen soll, bleibt allerdings unklar. Die nunmehr erfolgte ausdrückliche Regelung der Voraussetzungen der Rücknahme des Anerkennungsaktes wirft rechtliche Fragen auf, die mit den besonderen Rechten einer anerkannten Religionsgemeinschaft verbunden sind.61 So würden einer derartigen Religionsgemeinschaft nicht mehr Subventionen in der Höhe zukommen, wie dies bei Privatschulen der Fall ist, deren Träger eine anerkannte Religionsgemeinschaft oder eine ihrer Einrichtungen ist. Dies wären gemäß § 18 Abs. 1 des Privatschulgesetzes62 Subventionen in der Höhe von 100 Prozent des Personalaufwands. Aber auch das Recht zur Abhaltung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen gemäß Art. 17 Abs. 4 des Staatsgrundgesetzes wäre mit einer Rücknahme des Anerkennungsaktes zeitlich begrenzt. In beiden Fällen könnten sich Fragen erheben, die sich nicht so rasch einer rechtlichen Klärung zuführen lassen. Rechtliche Fragen würden sich auch im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über die Einrichtung einer Dokumentations- und Informationsstelle für Sektenfragen ergeben, das auf anerkann___________ näre Annäherungen an das Dollfuß-/Schuschnigg-Regime, Wien 2012, S. 42-57, hier S. 56 f. 59 Siehe dazu auch ausführlich die Stellungnahme von Richard Potz und Brigitte Schinkele (Fn. 55). 60 Die Problematik wird auch in der Stellungnahme von Richard Potz und Brigitte Schinkele (Fn. 55) angesprochen. 61 Siehe dazu Schuster, Widerruf (Fn. 44), S. 161-167. 62 BGBl. Nr. 244/1962.

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te Religionsgemeinschaften keine Anwendung findet (§ 1 Abs. 2).63 Dabei hat man von der Zulässigkeit von Informations- bzw. Dokumentationstätigkeiten auszugehen, die sich auf Vorgänge beziehen, die der Aufhebung der Anerkennung vorangegangen waren. Auch hat der Gesetzgeber nicht zur Frage Stellung bezogen, welche Rechtsform einer Religionsgemeinschaft nach Aufhebung der Anerkennung zukommen könnte. Im Februar 2012 wurde schließlich die Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur kundgemacht, mit der die die Herrnhuter-Brüderkirche betreffende Anerkennungsverordnung ausdrücklich aufgehoben wurde.64 Dies geschah unter Berufung auf § 11a Abs. 1 Z 2 BekGG (Nichtvorhandensein handlungsfähiger statutengemäß vertretungsbefugter Organe für den staatlichen Bereich). Damit hat die Unterrichtsministerin unstrittig einer gesetzlich festgelegten Pflicht entsprochen. Da die Herrenhuter-Brüderkirche schon seit Jahrzehnten gleichsam inexistent ist, ergeben sich aus der Rücknahme der Anerkennung praktisch keine rechtlichen Probleme in der eben dargestellten Art und Weise.

VII. Die so genannte „Novelle“ zum Israelitengesetz: Auswirkungen auf das österreichische Anerkennungsrecht? Im Jahr 2012 wurde das „Bundesgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird“, in einer Weise „novelliert“, dass es zu einer umfassenden Neuregelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft kam.65 ___________ 63

BGBl. I Nr. 150/1998. BGBl. II Nr. 31/2012. Diese Religionsgemeinschaft war im Jahr 1880 anerkannt worden (Verordnung: RGBl. Nr. 40/1880); siehe dazu Karl Schwarz, Eine kultusrechtliche Quadratur des Kreises? Anmerkungen zur gesetzlichen Anerkennung der Herrnhuter Brüderkirche im Jahr 1880, in: öarr 50 (2003), S. 481-496. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie im Jahr 1918 hatte sich die Problematik ergeben, dass sich auf dem Boden der neuen Republik Österreich keine entsprechende Kultusgemeinde befand. Damit war eine wesentliche Anerkennungsvoraussetzung nachträglich weggefallen. Bis zur ausdrücklichen Rücknahme des Anerkennungsaktes im Jahr 2012 hatte man von einem „Ruhen“ der Anerkennungsverordnung und einer Wiederanwendbarkeit für den Fall der Errichtung einer Kultusgemeinde auszugehen: Siehe Stefan Schima, Die religionsrechtlichen Aspekte des Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes 1999, Teil II: Die in die Anlage zum 1. BRBG aufgenommenen religionsrechtlich relevanten Rechtsquellen, in: öarr 49 (2002), S. 190-229, hier S. 213 f. 65 Stammfassung des IsraelitenG: RGBl. Nr. 57/1890; „Novelle“ 2011: BGBl. I 2012/48. Materialen: Ministerialentwurf: Nr. 199; RV 1689 AB 1748). Dass der Gesetzgeber in rechtstechnisch zweifelhafter Weise vorging, lässt sich daran ersehen, dass er „an die Stelle“ der (und somit aller!) früheren §§ 1 bis 36 25 neu formulierte Paragra64

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Das Anerkennungsrecht ist zunächst insofern berührt, als der Gesetzgeber nun zum Körperschaftscharakter der Israelitischen Religionsgesellschaft ausdrücklich Folgendes bemerkt: „Sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts“ (§ 1). Dasselbe wird in Bezug auf die Kultusgemeinden ausgesagt (§ 5 Abs. 1). Bereits im Begutachtungsverfahren ist diesbezüglich angemerkt worden, dass sich eine derartige Formulierung in der österreichischen Rechtssprache im Zusammenhang mit anerkannten Religionsgemeinschaften nicht findet. Mit Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen des Konkordats, des ProtestantenG und des OrthodoxenG66 wird bemerkt, dass anerkannte Religionsgemeinschaften diese Art von Rechtspersönlichkeit „genießen“.67 Dabei ist nun zu fragen, welche Auswirkungen der Formulierung des Gesetzgebers von 2012 in unserem Fall und darüber hinaus für anerkannte Religionsgemeinschaften allgemein zukommen. Mit Art. 15 StGG wird das Paritätsgebot in Verbindung gebracht.68 D. h., dass der Staat verpflichtet ist, anerkannte Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln. Unter dem Blickwinkel formeller Parität kommt daher anerkannten Religionsgemeinschaften dieselbe Art von Rechtspersönlichkeit zu. Dieses Paritätsmoment scheint nun insofern beeinträchtigt, als die Israelitische Religionsgesellschaft eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist, während andere anerkannte Religionsgemeinschaften diese Stellung genießen. Wenn nun eine staatliche Bestimmung von „Körperschaften öffentlichen Rechts“ spricht, so könnte man davon ausgehen, dass die Israelitische Religionsgesellschaft vorbehaltlos als solche zu behandeln ist, während dies auf die anderen anerkannten Religionsgemeinschaften nicht ohne weiteres zutrifft. Dies wäre dann allerdings aus paritätsrechtlicher Sicht äußerst bedenklich, wenn nicht sogar verfassungswidrig. Insgesamt geht man nicht fehl, in der Formulierung dieser Bestimmungen gewisse Anklänge an das in Österreich Ende des 19. und im frühen 20. Jh. maßgebliche System der Staatskirchenhoheit zu entdecken. Anerkannte Religionsgemeinschaften werden damit dem staatlichen Recht in einer Weise unterworfen, die der Koordination zwischen denselben und dem Staat in den Hintergrund treten lassen. ___________ phen treten lässt. Im Rahmen der vorliegenden Ausführungen kann nicht näher auf die Problematik des „Einheitsgemeindeprinzips“ eingegangen werden, das der Gesetzgeber im Jahr 1984 durch eine Novelle modifiziert hat (BGBl. Nr. 61/1984). Eine entsprechende Bestimmung wie § 2 Abs. 3, in der Novellenfassung, wonach Israeliten wegen bestehender Ritusverschiedenheit die Anerkennung gemäß dem AnerkG 1874 erwirken können, hat in der neu gestalteten Fassung des Gesetzes aus dem Jahr 2012, BGBl. I Nr. 48, keinen Eingang gefunden. 66 Zu den einschlägigen Bestimmungen siehe oben Fn. 10. 67 Vgl. die Stellungnahme von Richard Potz und Brigitte Schinkele (Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien), o. D., http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_ 00199_13/imfname_201929.pdf (30.9.2012). 68 Siehe dazu Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 4), S. 62 f.

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Dem Geist dieser in gewisser Weise „etatistisch“ gehaltenen Regelungen dürfte auch jene Bestimmung entsprechen, die sich auf den Religionsunterricht bezieht: Demnach hat die Israelitische Religionsgesellschaft sowohl „das Recht“ als auch „die Pflicht“ zur Abhaltung an grundsätzlich allen öffentlichen Schulen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschulen (§ 9 Abs. 1). Damit wird nun erstmals in ganz expliziter Weise die Verpflichtung einer anerkannten Religionsgemeinschaft zur Erteilung des Religionsunterrichts an Schulen zum Ausdruck gebracht. Mit Blick auf den Paritätsgrundsatz ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine derartige Verpflichtung für alle anerkannte Religionsgemeinschaften annimmt, wobei freilich immer an den bereits erwähnten § 7a des Religionsunterrichtsgesetzes zu denken ist, der diese Abhaltung an bestimmte Mindestzahlen von Schülern einer Klasse bindet.

VIII. Schluss Einige das Anerkennungsrecht direkt oder indirekt betreffende Regelungen der letzten Jahre – und hier ist die Zeit ab 1998 gemeint – lassen in gewisser Weise staatskirchenhoheitliche Züge erkennen. In den „Geruch“ der Nähe zum staatskirchenhoheitlichen System gerät zunächst § 11 Abs. 1 Z 3 BekGG, der die Einnahmens- bzw. Vermögensverwendung betrifft. Dieser „Geruch“ hat sich mit der Normierung der entsprechenden Anerkennungsaufhebungsbestimmung des § 11a Z 1 verstärkt. Darüber hinaus gibt die in § 11 Z 4 normierte Anerkennungsvoraussetzung „positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“ auf den ersten Blick Anlass zur Vermutung, dass der staatliche Gesetzgeber anerkannte Religionsgemeinschaften in gewissem Sinn zu vereinnahmen versucht. Diese Annahme kann aber mit Rücksicht auf die gängige Interpretation dieser Bestimmung nicht aufrechterhalten werden. Dass die so genannte „Novelle“ zum IsraelitenG in dieser Beziehung Anlass zum Nachdenken gibt (vgl. insb. die §§ 1 und 9), konnte ebenfalls gezeigt werden. Ob es „gut“ oder „schlecht“ ist, dass der Gesetzgeber einen Weg einschlägt, der tendenziell in Richtung Staatskirchenhoheit weist, muss im Rahmen der vorliegenden Ausführungen nicht beurteilt werden. Wichtig ist allerdings, dass der einfache Gesetzgeber den Rahmen verfassungsrechtlicher Vorgaben einzuhalten hat. Dazu zählt vor allem der Schutz der inneren Angelegenheiten anerkannter Religionsgemeinschaften. Dass die neue Rechtslage dazu geeignet ist, entsprechenden Eingriffen den Boden zu bereiten, steht allerdings zu befürchten.

Der Dialog zwischen der Europäischen Union und den Kirchen nach Art. 17 III AEUV Patrick Roger Schnabel und Katrin Hatzinger

I. Das Vertragsrecht (Patrick Roger Schnabel) 1. Einleitung Schon anlässlich der Vertragsrevision von Amsterdam wurde ein „Kirchenartikel“ diskutiert, dann aber nur eine „Kirchenerklärung“ von geringerer rechtlicher Beachtlichkeit1 den Verträgen beigefügt.2 Diese Erklärung bildet den Nukleus des heutigen Art. 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der sie in seinen ersten beiden Absätzen wörtlich übernimmt. Hinzu tritt der dritte Absatz, der erstmals als Art. I-52 III VVE ausformuliert wurde. Art. 17 AEUV übernimmt Art. I-52 des Vertrags über eine Verfassung für Europa (VVE) wörtlich, stellt aber gegenüber dem Vertrag von Amsterdam und auch noch gegenüber dem Vertrag von Nizza eine Neuerung ___________ 1 Die Erklärung entfaltete als schriftlich niedergelegte Willensbekundung aller Vertragsparteien eine interpretationsleitende, rechtserhebliche Wirkung, etwa über Art. 31 II b der Wiener Vertragsrechtskonvention. Vgl. Bernd Grzeszick, Die Kirchenerklärung zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam. Europäischer Text, völkerrechtliche Verbindlichkeit, staatskirchenrechtlicher Inhalt, in: ZevKR 48 (2003), S. 284-300, 288 ff.; vorsichtiger Hans Michael Heinig, Zwischen Tradition und Transformation. Das deutsche Staatskirchenrecht an der Schwelle zum Europäischen Religionsverfassungsrecht, in: ZEE 43 (1999), S. 294-313, 303. Zur Diskussion vgl. jeweils m.w.N.: Burkhard Josef Berkmann, Katholische Kirche und Europäische Union im Dialog für die Menschen. Eine Annäherung aus Kirchenrecht und Europarecht, Berlin 2008, S. 501 f.; Markus Söbbeke-Krajewski, Der religionsrechtliche Acquis Communautaire der Europäischen Union. Ansätze eines systematischen Religionsrechts der EU unter EU-Vertrag, EGVertrag und EU-Verfassungsvertrag, Berlin 2006, S. 260 f.; Stefan Mückl, Europäisierung des Staatskirchenrechts, Baden-Baden 2005, S. 453 f. 2 Zur Entwicklung im Ganzen vgl. Patrick Roger Schnabel, Die Entstehung eines „europäischen Religionsrechts“ – Kirchliche Interessen und kirchlicher Beitrag, in: ZRG Kan. Abt. 97 (2011), S. 440-471.

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dar: Erstmals wird eine dem Religionsverfassungsrecht zugehörige Norm in das europäische Primärrecht selbst aufgenommen.3 Die Vorschrift ist zweigliedrig. Art. 17 I und II bilden eine negative Kompetenzausübungsnorm, die die ausschließliche mitgliedstaatliche Zuständigkeit für die Regelung der Rechtsverhältnisse der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften feststellt und – da dies schon bei Fehlen der Bestimmung aufgrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 4 I; Art. 5 EUV) selbstverständlich wäre – zusätzlich die Union verpflichtet, ihre tatsächlichen Kompetenzen so auszuüben, dass der Status der betreffenden Gemeinschaften nach dem nationalen Recht auch nicht mittelbar beeinträchtigt wird. Die Norm lautet: „(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht. (2) Die Union achtet in gleicher Weise den Status, den weltanschauliche Gemeinschaften nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften genießen.“

Art. 17 III ist hingegen eine positive Vorschrift des Unionsrechts. Sie verpflichtet die Union zu einem strukturierten Austausch mit den in Art. 17 I u. II genannten Gemeinschaften. Sie lautet: „(3) Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog.“

Art. 17 regelt also einerseits das Verhältnis von Unionsrecht und nationalem „Staatskirchenrecht“. Hier sind die genannten Gemeinschaften nicht selbst die Begünstigten. Ihr derzeitiger Status wird von der EU nicht geschützt, eine Verschlechterung nicht ausgeschlossen, eine Verbesserung nicht erstrebt. Gerade solchen Einflussnahmen wird vielmehr vorgebeugt. Geschützt wird lediglich das Recht der Mitgliedstaaten, einschlägige Regelungen – oder auch keine Regelungen – selbst zu treffen. Ein unionsrechtlicher Schutz vor nationalen Eingriffen in die Religionsfreiheit besteht daher nur über die Bindung der Mitgliedstaaten an die Grundrechtecharta (soweit sie Unionsrecht anwenden) und im Übrigen über Art. 7 EUV, der die Union zu Sanktionen gegen Mitgliedstaaten ermächtigt, wenn schwerwiegende Verstöße gegen die Grundwerte, einschließlich der Grundrechte, vorliegen. Art. 17 nimmt aber andererseits die Bedeutung der Religionsgemeinschaften für die europäische Gesellschaft und Wertegemeinschaft selbst wahr und verarbeitet sie positiv. Der Vertrag von Lissabon verbindet den Ausschluss einer ___________ 3 Religionsverfassungsrechtlich relevant war freilich schon Art. 13 EUV. Diese Kompetenznorm ermöglichte es der EU bereits seit Amsterdam, Diskriminierungen u.a. aufgrund der Religion zu verbieten.

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Rechtssetzungskompetenz nicht mit einem grundsätzlichen Kompetenzausschluss. Er schafft vielmehr eine genuin religionsverfassungsrechtliche Norm, die die Union berechtigt und verpflichtet, Beziehungen mit den Religionsgemeinschaften aufzubauen und zu pflegen.4 Nachdem den Europäischen Gemeinschaften lange eine gewisse „Blindheit“ gegenüber staatskirchenrechtlichen und allgemein gegenüber Fragen mit religiösem Bezug vorgeworfen wurde, ist damit eine signifikante Wende markiert. Insbesondere der Verfassungsvertrag ist angetreten, den Umbau der Union von der Wirtschaftsgemeinschaft zur politischen Union, von der Union der Staaten zur Union der Völker, von der funktional ausgerichteten Verwaltungsstruktur zum Gemeinwesen wesentlich voranzubringen. Der Reformvertrag hat da Abstriche machen müssen – vor allem im Bereich der Symbolpolitik im engeren Sinne: Flagge, Hymne, Leitspruch sind nicht übernommen worden. Gleichwohl ist die Vertiefung der Integration erheblich vorangebracht worden. Das erstrebte Europa der Bürger muss sich auch darin realisieren, dass sich seine Vertragsorgane für die Diversität und Komplexität gesellschaftlicher Wirklichkeit und gesellschaftlicher Interessen öffnen. Insofern steht der Dialog nach Art. 17 III auch nicht isoliert, sondern gehört systematisch nicht nur zu Art. 17 I u. II und auch in den Zusammenhang des Art. 11 II EUV, der einen ähnlichen Dialog für die Zivilgesellschaft vorsieht. Diese Bestimmung lautet: „(2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.“

Im Folgenden wird der Artikel in fünf Perspektiven beleuchtet, die seine Verbindung zu diesen beiden Feldern – Religionsverfassungsrecht und Bürgerbeteiligung – darstellt. Danach wird anhand eines Praxisbeispiels – der Arbeit des Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – dargestellt, wie der Dialog im Alltag des politischen Brüssel umgesetzt wird.

2. Der Dialog a) Der Dialog als Ausprägung „partizipativer“ Demokratie Die Artikel I-47 und I-48 VVE waren mit „Grundsatz der repräsentativen Demokratie“ und „Grundsatz der partizipativen Demokratie“ überschrieben. ___________ 4

Ausführlich dazu Patrick Roger Schnabel, Der Dialog zwischen der Europäischen Union und den Kirchen nach Art. 17 III AEUV: In Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags. Universitäts-Dissertation, Potsdam 2011 (noch unveröffentlicht).

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Die Artikel 10 und 11 EUV übernehmen die Artikel, nicht aber die Überschriften. Da der Begriff der „partizipativen Demokratie“ im Unterschied zur „repräsentativen Demokratie“ nicht im eigentlichen Normtext aufgenommen war, ist ihm die Erhebung zum verbum constitutionale letztlich versagt geblieben. Da Art. 11 ansonsten unverändert geblieben ist, ist das Prinzip dennoch jedenfalls der Sache nach Teil des neuen Unionsvertrages. Ausprägungen dieses Prinzips sind die Öffentlichkeit des zivilgesellschaftlichen Diskurses über das Unionshandeln und die Verpflichtung der Union, diesen Diskurs zu fördern (Art. 11 I), die Anhörung der vom Unionshandeln Betroffenen (Art. 11 III), die Europäische Bürgerinitiative, die hier deshalb kein Instrument direkter Demokratie ist, weil sie letztlich völlig unverbindlich 5 für die Kommission ist, deren alleiniges Initiativrecht i.e.S. unberührt bleibt (Art. 11 IV), und eben der offene, transparente und regelmäßige Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft (Art. 11 II). Diese Bestimmungen dienen der Verwirklichung guter Regierungsführung einerseits und der Beteiligung der Bürger am politischen Prozess andererseits. Die Frage nach guter Regierungsführung (good governance) wird meist anhand konkreter Sachverhalte gestellt, mit einer großen Nähe zu Gesetzgebung und Verwaltungshandeln. Hier ist das übliche Instrument des Austausches die Betroffenenkonsultation, wobei der Betroffenenbegriff weit ausgelegt und allgemein auf „interessierte Kreise“ bezogen wird. Zahlreiche Anhörungen finden deshalb als offene online-Konsultationen statt. Daneben gibt es die klassischen Experten-Anhörungen. Davon zu unterscheiden, wenn auch nicht zu trennen, ist die allgemeinere Frage nach Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Hier geht es um die Partizipation am politischen Prozess, d. h. losgelöst von konkreten Entscheidungsfindungsprozessen. Im Mittelpunkt des Interesses steht die politische Meinungsbildung, die Entwicklung politischer Zielvorstellungen und mittel- und langfristiger Entwürfe und gegebenenfalls Visionen. Die Debatte um die Finalität Europas ist hier genauso verortet wie grundsätzliche Erwägungen über das ethisch verantwortbare in Forschung und Anwendung von Forschungsergebnissen, die Verhältnisbestimmung von Freiheit und Verantwortung, sozialpolitische Weichenstellungen: Orientierungsfragen des rechtlich geordneten Zusammenlebens in den europäischen Gesellschaften und ihrer Union.

___________ 5 Die Kommission ist auch durch eine erfolgreiche Bürgerinitiative nicht dazu verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen oder Legislativvorschläge zu unterbreiten. Es besteht aber eine Begründungspflicht, wenn sie nicht tätig wird.

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Die Partizipation – im Konkreten wie im Allgemeinen – erfüllt aus Sicht der Europäischen Kommission zwei Zwecke. 6 Zum einen erhöht sie die Qualität der Gesetzgebung, zum anderen ihre Akzeptanz. Die EU hat, in absoluten und erst recht in relativen Zahlen, eine kleine Verwaltung im Vergleich zu den Mitgliedstaaten. Die Kommission beschäftigt weniger Mitarbeiter als manche deutsche Großstadt. Sachgemäße Gesetzgebung in einer kaum noch überschaubaren Vielfalt von Regelungsbereichen erfordert eine Expertise, die ohne Zuarbeit von außen nicht vorhanden wäre. In vielen Bereichen ist das Wissen der Betroffenen daher von hohem Nutzen, sowohl was das rein Fachliche betrifft wie auch hinsichtlich sozialer Folgenabschätzung. Wenn auch sehr unterschiedliche Interessen an die Kommission herangetragen werden, z. B. haben Stellungnahmen eines Industrieverbandes eine andere Zielrichtung als die eines Umweltverbandes, ist dieses Expertenwissen unverzichtbare Voraussetzung adäquater administrativer wie legislativer Normsetzung. Zudem führt die Beteiligung der Betroffenen an der Entscheidungsfindung zu einer höheren Identifikation mit den Ergebnissen; und dies auch dann, wenn nicht alle eigenen Vorstellungen durchgesetzt werden konnten. Die Bedeutung institutionalisierter Beteiligungsmöglichkeiten darf daher nicht unterschätzt werden. Sie darf freilich auch nicht überschätzt werden. Partizipative Demokratie kann und soll die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, sondern ergänzen und stützen:7 Sie hat ihren Platz in der politischen Willensbildung und der konkreten Entscheidungsfindung. Die Entscheidung selbst bleibt den gewählten Organen vorbehalten, die die Gewichtung widerstreitender Partikularinteressen vornehmen müssen. Nur so bleibt die Zurechenbarkeit von Entscheidungen gewahrt.

b) Die Eigenständigkeit des Dialogs nach Art. 17 III Die Unterscheidung der Dialoge aus Art. 11 EUV und Art. 17 AEUV trägt der Identität und dem „besonderen Beitrag“ der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Rechnung. Diese Formulierung ist einerseits deskriptiv. Die Dimension des ReligiösWeltanschaulichen ist ein objektives Unterscheidungskriterium zu sonstigen Aktivitäten gesellschaftlicher Gruppen. Allgemeine Anerkennung findet, dass ___________ 6 KOM(2002)704 endg. Vgl. auch Notis Lebessis / John Paterson (eds.), Evolutions in Governance. What Lessons for the Commission? A First Assessment. FUS Working Paper, 1997. 7 Notis Lebessis / John Paterson, Improving the effectivness and legitimacy of EU governance. A possible reform agenda for the Commission. FSU Working Paper 1999 (CdP[99]750).

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zur Definition dieses Bereichs gehört, dass ein umfassendes – wenn auch nicht notwendigerweise rationales – System der Deutung der Seins- und Handlungszusammenhänge menschlicher Existenz vorliegt. Es geht mithin nicht um Einzelfragen, sondern um das Ganze. Insbesondere die Religion spricht den Menschen in seiner Bestimmtheit als Geschöpf Gottes an, d. h. nicht reduziert auf eine der gesellschaftlichen Rollen (Verbraucher, Arbeitnehmer, Elternteil …), auf die sich politische Interessenvertretungen typischerweise konzentrieren. Religion und Weltanschauung bringt sich daher umfassend in den Diskurs über die Ausgestaltung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft, Recht und Politik, Ethik und Moral ein. Dabei erheben sie den Anspruch, mit einer gewissen Verbindlichkeit normative Vorgaben zu machen oder Grenzen des Vertretbaren aufzuzeigen. Gerade die Religion tut dies auch aus der Perspektive des Transzendenzbezugs,8 der rein „säkularen“ Einrichtungen verschlossen bleibt. Hinzu kommt, dass gerade die etablierten Religionen und Volkskirchen sich auch durch ihre Struktur empirisch von anderen Organisationen unterscheiden. Sie weisen einen derartigen Grad der Organisation und Verbreitung auf, dass man wohl getrost sagen kann, dass sie Zugang zu den Menschen auf allen Ebenen haben: vom kleinsten Dorf bis in die Führungsetagen von Wirtschaft und Politik. Die Formulierung ist jedoch auch normativ. Sie spricht eine politische Anerkennung dieser Identität und Besonderheit aus. Auf dieser Grundlage etabliert sie den eigenständigen Dialog. Damit bringt sie zum Ausdruck, dass sie die Differenz von religiös-weltanschaulichen Organisationen zur übrigen Gesellschaft wahr- und positiv aufnimmt. Sie lässt sich aus einer Dimension ansprechen, die ihr als weltlicher Organisation weitgehend entzogen ist. Gerade darin verwirklicht sich die Unterscheidung zwischen säkularem Staat und einer Gesellschaft, in der diese Kräfte wirken – und von Vertrags wegen auch wirken dürfen und sollen. Dadurch, dass die begünstigten Gemeinschaften den Menschen in seiner ganzen Person ansprechen, bringen sie auch einen inhaltlichen Mehrwert ein. Sie verstehen ihren Beitrag als gemeinwohlorientiert. Damit sind einzelne Äußerungen zwar der Form nach nur Ausdruck einer möglichen Ansicht im Mei___________ 8 Christian Waldhoff, Kommentierung von Art. I-52 des Vertrages über eine Verfassung für Europa, in: Christian Calliess / Matthias Ruffert (Hrsg.), Verfassung der Europäischen Union. Kommentar der Grundlagenbestimmungen, München 2006, Rn. 18. Transzendenz muss dabei nicht notwendig einen außerhalb des Weltlichen (Immanenten) gelegenen Raum im Sinne der abendländischen Metaphysik beschreiben, sondern kann sich allgemeiner in einer Kontingenzbewältigung durch „Transzendierung des alltäglichen Erfahrungsraums“ realisieren (Hans Michael Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften. Studien zur Rechtstellung der nach Art. 137 Abs. 5 WRV korporierten Religionsgesellschaften in Deutschland und der Europäischen Union, SÖR 921 [2003], S. 57).

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nungspluralismus der offenen Gesellschaft, der Sache nach aber nicht orientiert an Partikularinteressen bestimmter Personen oder Gruppen. Insofern ist dieser Beitrag auch der Politik hilfreich, der für Entscheidungen aufgetragen ist, zwischen Partikularinteressen und Gemeinwohl zu vermitteln. Sie kann diesen Ausgleich nicht allein bewirken, sondern ist angewiesen auf gesellschaftliche Kräfte, die sich selbst schon um diesen Ausgleich bemühen.9 Die mithin etablierte Eigenständigkeit dieses Dialogs von dem ansonsten vergleichbaren Dialog mit der Zivilgesellschaft verbietet die Nivellierung der aus der religiös-weltanschaulichen Prägung dieser Organisationen erwachsenden Unterschiede zu den Vertretern der Zivilgesellschaft. Eine signifikante Wortlautabweichung der Vorschriften aus Art. 11 II EUV und 17 III AEUV liegt darin, dass der erstere die „repräsentativen Verbände“ benennt, der zweite aber auf diese Näherbestimmung verzichtet. Damit wird gerade auch kleineren Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften die Teilhabe am Dialog ermöglicht, soweit sie von sich interessiert und fähig sind, daran teilzunehmen. Eine Privilegierung der traditionellen Religionen und der großen Volkskirchen liegt also gerade nicht vor. Dahinter steht auch die Erkenntnis, dass es bei den eng mit diesem Dialog verbundenen Fragen nach Sinndeutung und der Entwicklung von Visionen für das menschliche Zusammenleben nicht nur auf die numerische Vertretungsmacht ankommt. Die Verknüpfung der Kompetenzausübungsvorschrift des Art. 17 I und II mit dem Dialog aus Art. 17 III stellt einen Zusammenhang zwischen der Schutzabsicht und dem geregelten Austausch her. Adressat der Kompetenzausübungsnorm des Art. 17 I und II ist die Union, Begünstigte sind die Mitgliedstaaten. Allerdings würde es die Verfassungswirklichkeit der allermeisten Mitgliedstaaten verkennen, wenn das Staatskirchenrecht bzw. Religionsverfassungsrecht als ein staatliches Recht verstanden würde, dessen Gehalt und letztlich Schutzfunktion völlig unabhängig von den Gemeinschaften bestimmt werden könnte, deren Rechtsverhältnissen es einen Rahmen gibt. Das ergibt sich aus der besonderen Geschichte dieses Rechtsgebiets, aber auch aus seiner engen Verknüpfung mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit. Soweit das Staatskirchenrecht – und das gilt allzumal für den deutschsprachigen Raum, aber auch zahlreiche andere Mitgliedstaaten – das Grundrecht mit institutionellen Gewährleistungen umhegt und ihm damit zur Entfaltung im gesellschaftlichen Raum verhilft, bedarf es zumindest der Konsultation des Grundrechtsträgers, ___________ 9 Richard von Weizsäcker prägte in seiner Auslegung des „kirchlichen Wächteramtes“ den Satz: „Es kann auch nicht darum gehen, Politik zu ‚machen‘, aber es geht halt doch darum, Politik möglich zu machen.“ (Grußwort auf der 7. Tagung der 8. Synode der EKD vom 3.-7.11.1996 auf Borkum). Dieser Satz wurde kirchlicherseits intensiv rezipiert, z. B. prominent im Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ (sog. Sozialwort) von 1997.

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um den Gehalt sinnvoll zu bestimmen. Daher kann auch der unionsrechtliche Schutz des vom nationalen Staatskirchenrecht bezweckten Schutzes der Religionsgemeinschaften nur dann wirksam sein, wenn sich die so mittelbar Begünstigten auch selbst zu möglichen Folgen unionsrechtlicher Maßnahmen für das nationale Recht äußern können. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen nationales Religionsverfassungsrecht einen Rahmen vorgibt, der es den religiös-weltanschaulichen Organisationen erlaubt, wirksam eigenes Recht zu setzen.10 Ob das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen durch einen Rechtsakt der Union beeinträchtigt wird oder nicht, können staatliche Stellen oft nur nach Rücksprache mit den Kirchen beurteilen. Insofern besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Schutz nach Art. 17 I und II und dem Dialog nach Art. 17 III: Der Dialog muss auch Betroffenenkonsultationen erfassen und diesen Kirchen und Gemeinschaften die Gelegenheit geben, nationale Rechtspositionen auf Unionsebene zu verteidigen. Zugleich werden Beschränkungen auf Statusfragen ausgeschlossen. Staatskirchenrechtliche Fragen sind ein wichtiger, aber nicht der einzige oder der wichtigste Bereich, in dem ein Austausch angestrebt wird. In das Dialoggebot und das Nivellierungsverbot einbezogen sind alle Themen, für die es in den Kompetenzen der EU Anknüpfungspunkte gibt. Entsprechend breit ist auch tatsächlich das Spektrum der vom Dialog erfassten Themen: Soziales, Asyl- und Migration, Umweltpolitik, Frieden und Sicherheit, Forschungs- und Technikethik, gerechter Welthandel, und viele mehr. Bei alledem ist deutlich, dass dem an die Union – vertreten durch ihre Organe und Einrichtungen – gerichteten Dialogauftrag nicht schon dann Genüge getan ist, wenn die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zusammen mit anderen Interessengruppen an allgemeinen Informations- und Dialogmaßnahmen beteiligt werden.11 Vielmehr bedarf es auch eigener Formate ___________ 10

Das in der Praxis wohl wichtigste Beispiel ist das Dienst- und Arbeitsrecht, mittels dessen Religionsgemeinschaften im individuellen wie kollektiven Arbeitsrecht die Möglichkeit eingeräumt bekommen müssen, sich gemäß ihrer jeweiligen religiösen Vorgaben zu verfassen, d. h. insbesondere bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter und bei der Festlegung von Loyalitätsobliegenheiten eigene Kriterien anlegen zu dürfen. Vgl. dazu ausführlich Patrick Roger Schnabel, Europarecht und kirchliches Arbeitsrecht, in: ZFA, 39,3 (2008), S. 413-443. 11 Gleichwohl bedeutet der eigenständige Dialog keinen Ausschluss von anderen, offenen Formaten der Konsultation. Vgl. auch Gerhard Robbers, Der Dialog zwischen der Europäischen Union und den Kirchen, in: Wilhelm Rees (Hrsg.), Recht in Kirche und Staat. Joseph Listl zum 75. Geburtstag, Berlin 2004, S. 753-759, 756 f.; Söbbeke-Krajewski, Acquis Communautaire (Fn. 1), S. 286 f.; Kolja Naumann, Eine religiöse Referenz in einem Europäischen Verfassungsvertrag, JusIntEu 22, Tübingen 2008, S. 206 f.; Claus Dieter Classen, Kommentierung von Art. 17 AEUV, in: Eberhard Grabitz / Meinhard Hilf / Martin Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 42. Ergänzungslieferung 2010 (zit. in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Art. 17 AEUV), Rn. 49.

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und des bilateralen Austausches, um die Anerkennung der Besonderheit mit Leben zu füllen.

c) Die Ausgestaltung des Dialogs Als Dialogauftrag macht die Norm das Angebot eines Austausches mit den begünstigten Gemeinschaften für die Union verbindlich. Angesprochen sind daher alle Organe und Einrichtungen, wobei sich die Intensität nach den Schnittmengen ihrer Arbeit mit den Dialogthemen richtet12. Die Kommission ist aufgrund ihres Initiativmonopols und ihrer steuernden Funktion im Integrationsprozess für die Kirchen – wie auch für weltliche Interessenvertretungen – die erste Anlaufstelle. Mit dem Kompetenzzuwachs ist aber auch das Europäische Parlament zu einem wichtigen Partner geworden – sowohl in grundsätzlichen Debatten wie auch im konkreten Gesetzgebungsprozess. Wichtiger Partner ist auch der Europäische Auswärtige Dienst, gerade für Menschenrechtsfragen. Hier spielt auch die Europäische Grundrechteagentur (FRA) eine Rolle. Berührungspunkte gibt es mit dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Der Rat ist erfahrungsgemäß wenig offen für den Austausch mit den gesellschaftlichen Kräften – hier müssen Interessen auf der nationalen Ebene eingespielt werden. Ein Dialog zwischen der EG-Kommission und den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wurde formell schon seit Beginn der 1980er Jahre,13 intensiver seit Beginn der 1990er Jahre geführt.14 Inzwischen ist eine große Zahl von Vertretungen insbesondere der Kirchen und ihrer Werke in Brüssel vertreten.15 Die Ausgestaltung unter Art. 17 III AEUV wird sich an der seitdem entwickelten Dialogpraxis orientieren, die durch die Vorschrift rechtlich abgesichert werden sollte. Sie ist aber offen für Entwicklungen. Es gibt drei Ebenen des Dialogs. Die erste und alltägliche Ebene ist der meist informelle Fachdialog auf der Arbeitsebene. Hier tauschen sich die Refe___________ 12 Ähnlich Classen, Kommentierung (Fn. 11), Rn. 41, der aber nur von den Organen (einschließlich der beratenden Nebenorgane) spricht. Auch Naumann nennt nur die Organe, siehe Naumann, Referenz (Fn. 11), S. 206. 13 Im Juni 1982 nahm der Präsident der Europäischen Kommission, Gaston Thorn, eine Empfehlung seines Generalsekretärs, Emile Noël, an, ein Verbindungssystem mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften aufzubauen, vgl. KOM(83) PV 705 vom 19.9.1983. 14 Vgl. Thomas Jansen, Europe and Religions: the Dialogue between the European Commission and Churches or Religious Communities, in: Social Compass 47,1 (2000), S. 103-112, Fn. 6. 15 Vgl. Patrick Roger Schnabel, Geschichte und Strukturen christlicher Vertretungen bei der Europäischen Union, in: öarr 54,2 (2007), S. 222-290.

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renten zu meist sehr konkreten Fragen rund um Gesetzgebung und Umsetzung von Unionsrecht aus. Dazu zählen neben Initiativstellungnahmen vor allem persönliche Gespräche mit Beamten der Kommission und Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Auch das Einreichen von Änderungsvorschlägen über Abgeordnete zählt noch zu dieser Ebene, ebenso offene Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, Vorträge oder der Austausch mit Besuchergruppen. Daneben hat sich eine formellere Ebene etabliert, bei der der Dialog in bestimmten, verabredeten Formaten erfolgt. Zu den geläufigsten Formen gehören die so genannten „Dialog-Seminare“, die von Vertretern der Kirchen und der Europäischen Kommission (unter teilweiser Beteiligung des Europäischen Parlaments) gemeinsam organisieren und durchführen. Hier kommt es zu einem intensiven Austausch zu Fachthemen. Andere Formate sind die – insbesondere in den Anfangszeiten des Dialogs häufig abgehaltenen – „Debriefings“ der Kommission für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Auch Anhörungen, Seminarreihen oder Konferenzen gehören dazu – insbesondere, wenn sie thematisch und von der Zusammensetzung auf den Dialog nach Art. 17 III zugeschnitten sind. Bei einigen Themen ist es aber auch möglich, Zivilgesellschaft und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zugleich zu konsultieren, ohne dass von einer unsachgemäßen Nivellierung ausgegangen werden muss, wie auch die Kirchen frei in der Wahl von Partnern bei ihrer Arbeit sind. Auch die inzwischen zahlreichen offenen (online-)Konsultationen verzichten meist auf eine Beschränkung von Zielgruppen und arbeiten mit einem weiten Begriff „interessierter Kreise“. Als dritte Ebene haben sich „high-level“-Treffen etabliert. Das öffentlichkeitswirksamste ist das alljährliche europäische Religionsführertreffen, das zunächst von der Kommission ausgerichtet wurde, zu dem inzwischen aber die Präsidenten von Kommission, Parlament und Rat gemeinsam einladen. Auch Begegnungen hoher Geistlicher mit Repräsentanten der EU gehören zu dieser Ebene. Die Themen sind eher allgemein; konkrete Verabredungen gibt es nicht. Die Funktion dieser Treffen ist es, dem Dialog eine nach außen sichtbare Gestalt zu geben, die gegenseitige Offenheit und Unterstützung zu dokumentieren, und auch den Dialog auf der Fachebene zu legitimieren – in traditionell eher laizistisch orientierten Behörden und Institutionen ein nicht zu unterschätzendes Signal der Leitungsebenen. Dadurch, dass die Union als solche verpflichtet wird, verbietet sich nicht nur eine Wahrnehmung etwa allein durch die Kommission, sondern auch eine Verengung auf eine zuständige Stelle.16 Zwar gibt es seit Anfang der 1980er Jahre ___________ 16 Söbbeke-Krajewski, Acquis Communautaire (Fn. 1), S. 267; Classen, Kommentierung (Fn. 11), Rn. 37; Markus Kotzur, Kommentierung von Art. 17 AEUV, in: Rudolf Geiger / Daniel-Erasmus Khan / ders. (Hrsg.), EUV / AEUV. Vertrag über die Europä-

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einen Beauftragten für den Dialog, seit Anfang der 1990er Jahre nimmt diese Funktion der jeweilige „Think-tank“ der EU-Kommission (heute: Bureau of European Policy Advisors) wahr. Die Benennung koordinierender Stellen hat auch ihre Vorteile: Eine konkrete Zuständigkeit sorgt dafür, dass das Thema auch bearbeitet wird. Dabei soll aber ein Nadelöhr vermieden werden: Der bisherige „many-entry-points-approach“, der gerade auf der Fachebene wichtig ist, ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Dialog.17 Es muss möglich sein, gerade mit den Fachreferaten direkt Kontakt aufzunehmen und sich frei an allen offenen Konsultationen zu beteiligen. So wichtig der Aufbau des Dialogs auf den etablierten Strukturen ist, so wichtig ist auch seine Offenheit für eine Weiterentwicklung. Der nun primärrechtlich abgesicherte Dialogauftrag wird vonseiten der Kirchen auch als Auftrag verstanden, die Qualität des Dialogs sicher zu stellen. Seminare, deren Ergebnisse nicht dokumentiert und in den EU-Institutionen wie in den Kirchen verteilt werden, bringen wenig. Zum Dialog gehört daher auch der Austausch über seine Ausgestaltung. Die Kirchen haben dazu in ökumenischer Geschlossenheit Konzepte entwickelt und vorgelegt.18

d) Strukturvorgaben und demokratische Kontrolle Wortlautgleich mit der Vorschrift aus Art. 11 II EUV sind die den Dialog näher bestimmenden Merkmale der Offenheit, der Transparenz und der Regelmäßigkeit. Diese Prinzipien sind erforderliche Elemente der rechtlichen Regelung eines Dialogs zwischen Staat und gesellschaftlichen Gruppen. Indem sie den Dialog zu einem Kommunikationsgeschehen im öffentlichen Raum machen, beschränken sie die Möglichkeiten illegitimer Einflussnahme sowie einseitiger politischer Steuerung, verschaffen vertretungsschwachen Minderheiten ___________ ische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Kommentar, München 2010, S. 213-215, Rn. 2. 17 Vgl. Katrin Hatzinger / Patrick Roger Schnabel, Religions and the European Union: A partnership in the making, in: Derecho y Religión IV (2009), S. 45-58. 18 So legten CSC / CEC und COMECE am 27.4.2010 ein Memorandum „Article 17 of the Treaty on the Functioning of the European Union. General Considerations on the implementation of the dialogue foreseen by its paragraph 3“ vor. An der Redaktion waren auch das EKD-Büro Brüssel (Hatzinger / Schnabel) und das Katholische Büro (Schneider) in Berlin beteiligt, die CSC / CEC hat die Vertreter anderer kirchlicher Vertretungen während der Vorbereitung konsultiert. Die gemeinsame Fassung wurde schließlich sowohl von der Vollversammlung der COMECE als auch vom Präsidium der CEC angenommen. Sie wurde den Institutionen zur Kenntnis gegeben und dient als Grundlage für weitere Gespräche. Fundstelle: http://csc.ceceurope.org/issues/europeanintegration (14.2.2010).

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bessere Zugänge und sichern die Einflussmöglichkeiten aller berechtigten Gruppen vor willkürlichen Beschränkungen seitens des Staates ab. 19 Offenheit ist inhaltlich wie formell auszulegen.20 Hinsichtlich der Themen gibt es nur die Beschränkung, dass es Anknüpfungspunkte in den Zuständigkeiten der Europäischen Union geben muss. Es gibt daher keinen Dialog über Glaubensfragen, aber auch nicht zu Themen, die allein in mitgliedstaatlicher Kompetenz liegen. Formell gilt vor allem, dass ein Ausschluss einzelner Gemeinschaften nicht möglich ist, soweit sie als „diese“ Gemeinschaften nach Art. 17 I u. II gelten können.21 Konkret bedeutet das, dass die Definitionskompetenz darüber, was eine Kirche, was eine Religions- und was eine Weltanschauungsgemeinschaft ist, bei den Mitgliedstaaten liegt.22 Fällt eine Gemeinschaft nach dem Recht eines Mitgliedsstaats unter eine dieser Kategorien, hat sie die Teilnahmeberechtigung. Nicht zulässig wäre etwa auch eine Beschränkung auf europäische Dachverbände.23 Transparenz kann als eigenständiges Prinzip, aber auch als Unterfall der Offenheit interpretiert werden. Sie ist ein wichtiges Instrument der Kontrolle politischer Akteure durch die Öffentlichkeit und als solches primär- wie sekundärrechtlich verankert.24 Immer dann, wenn auf den politischen Prozess, die Meinungsbildung und die Entscheidungsfindung Einfluss genommen werden soll, hat die Öffentlichkeit das Recht, zu erfahren, wer mit welchem Ziel und welchen Mitteln welche Interessen an wen heranträgt. Dabei geht es nicht darum, jedes Gespräch zu dokumentieren und jedes Papier zu veröffentlichen. Aber die Grunddaten sollten offen gelegt werden, und sei es nur, um den Eindruck zu vermeiden, dass hier auf illegitime oder sogar illegale Weise Einfluss genommen werden soll. Kommission und Parlament haben zu diesem Zweck ein „Transparenzregister“ der Interessenvertreter eingerichtet.25 Darin gibt es auch ___________ 19

So wohl auch Söbbeke-Krajewski, Acquis Communautaire (Fn. 1), S. 283. Kotzur, Kommentierung (Fn. 16), Rn. 6, will ausschließen, dass eine Religionsgemeinschaft eine Dialog-Beteiligung einfordern kann. Dem ist für einzelne Veranstaltungen sicher zuzustimmen, eine Nicht-Beteiligung bei offenen Formaten hingegen dürfte anfechtbar sein. 20 Robbers, Dialog (Fn. 11), S. 755 f., spricht von „mehreren Dimensionen“. Er ergänzt zu den hier ausgewählten Bedeutungen noch die Ergebnisoffenheit, eine offene Informationspolitik und den – hier an anderer Stelle behandelten – offenen Zugang zu allen EU-Institutionen. 21 Anderer Auffassung Berkmann, Katholische Kirche (Fn. 1), S. 270, der zahlreiche Teilnahmebedingungen aufstellen will. 22 Söbbeke-Krajewski, Acquis Communautaire (Fn. 1), S. 268. 23 Gegen Berkmann, Katholische Kirche (Fn. 1), S. 275. Berkmann verkennt hier die Bedeutung des Rückbezugs auf Art. 17 I (und II) AEUV und damit auf die nationale Ebene. Europäische Dachverbände sind eine sinnvolle Ergänzung, ihre Bildung und Beteiligung unterliegt aber der Organisationshoheit der Primäradressaten. 24 Art. 15 I und III AEUV; VO (EG) Nr. 1049/2001. 25 http://europa.eu/transparency-register/index_de.htm (14.2.2012).

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eine Rubrik für den Dialog nach Art. 17 III AEUV. Die Kirchenvertretungen, einige nach anfänglicher Sorge, es finde eine unsachgemäße Gleichstellung mit „Lobbyisten“ statt, begrüßen die Initiative. Auch sie haben ein Interesse, ihre inhaltlichen Beiträge breit zu streuen und auf ihr europäisches Engagement aufmerksam zu machen. Das Erfordernis der Regelmäßigkeit garantiert den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einen kontinuierlichen Dialog. Für die Arbeitsebene gilt das ohnehin, aber auch der formelle Austausch kann vonseiten der Union nicht einseitig ausgesetzt werden. Was unter regelmäßig zu verstehen ist, muss sich daher auch an der bisherigen Übung orientieren. Da allerdings auch keine konkreten Vorgaben aus den Vorschriften abgeleitet werden können, ist auch hier wieder einvernehmlich zu bestimmen, welche Erwartungen bestehen und welche erfüllt werden können. Daher ist der Dialog selbst auch hier wieder Gegenstand des Austausches.

e) Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Integration Als die staatskirchenrechtliche Literatur die europäische Integration als für sie relevantes Thema entdeckte, dominierten die vorsichtigen bis kritischen Stimmen. „Religionsblind“ sei diese neue Rechtsordnung. Diese Feststellung traf zwar weitgehend – wenn auch nicht ausschließlich – zu. Als Vorwurf war sie dennoch verfehlt, da die Gemeinschaften schon immer auf dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung beruhten und ihre beschränkten Kompetenzen nur über die Verträge von den Mitgliedstaaten empfingen. Diese hatten – obwohl natürlich Frieden, Freiheit, Versöhnung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte leitende Motive und Überzeugungen der Gründerväter waren – den Weg der Wirtschaftsgemeinschaft gewählt, um die Völker Europas nach der Katastrophe zweier Weltkriege und unter den Bedingungen des kalten Krieges und der europäischen Teilung wieder zusammenzuführen. Der Beginn der Wirtschaftsgemeinschaft und auch ihre Entwicklung in den ersten Jahrzehnten waren technisch und bürokratisch. So war es gewollt. Erst unter dem Einfluss des Präsidenten der Europäischen Kommission Jacques Delors und mit dem deutsch-französischen „Motor“ unter Helmut Kohl und François Mitterrand sowie schließlich unter dem Eindruck der europäischen Wiedervereinigung vom 1989/90 kam es zu einer Politisierung der Integration. Dazu gehörte auch ein Anknüpfen an die Lebensfelder, die eher der emotionalen26 Sphäre zuzuordnen sind.27 Der Zuwachs an Kompetenzen – Vertiefung ___________ 26 Zur Bedeutung der „emotio“ für das Einigungswerk vgl. auch Peter Häberle, Europäische Verfassungslehre, Baden-Baden 62009, S. 185.

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und Erweiterung der Union – brachten schließlich die Schnittmengen, die eine gegenseitige Auseinandersetzung von Europarecht und Staatskirchenrecht nötig und möglich machte. Der Ausbau der politischen und Werteunion fand nicht zuletzt auch in der Beteiligung der Bürger am politischen Prozess seinen Niederschlag.28 Gleichzeitig brachte sie auch die Union stärker in den Focus der Kirchen selbst. Diese hatten zwar das Projekt schon länger begleitet, aber eben doch eher nebenbei. Auch für sie gewann Europa erst durch die Politisierung an Bedeutung. Kirchen und Union lernten sich parallel als neue Partner kennen – ein Prozess, der natürlich Anstrengungen auf beiden Seiten brauchte. Die Union musste ihre Fokussierung auf wirtschaftliche Fragen beenden und lernen, die gesellschaftlichen Akteure auch in anderen Rollen als denen von Produzenten und Konsumenten, Arbeitgebern und Arbeitnehmern wahrzunehmen. Sie musste sich auch erst einen Eindruck von der Vielgestaltigkeit der religiös-weltanschaulichen Prägungen und der nationalen religionsverfassungsrechtlichen Systeme verschaffen. Schließlich musste sie sich aus der Umklammerung durch den französisch-belgischen Staatslaizismus lösen, der ihre Verwaltung historisch geprägt hatte. Aber ebenso mussten die Kirchen sich von den Selbstverständlichkeiten geschichtlicher Verbundenheit verabschieden, die sie auf der europäischen Ebene nicht mehr voraussetzen konnten. Sie mussten lernen, sich und ihre Anliegen vorzustellen und zu erklären. Und sie mussten sich damit vertraut machen, in einem hochgradig diversifizierten und pluralisierten Umfeld zu agieren. In diesem Prozess gegenseitigen Kennenlernens galt es zugleich, Strukturen zu etablieren, die den Austausch zu Sachthemen ermöglichen. Der strukturierte Dialog zwischen den Kirchen und zunächst der Europäischen Kommission, dann zunehmend auch anderen religiös-weltanschaulichen Akteuren und weiteren EU-Institutionen ist ein Erfolgsgeschichte, die in weniger als zwei Jahrzehnten dazu geführt hat, dass dieser Austausch Aufnahme in die Verträge gefunden hat. Die Aufnahme der religionsverfassungsrechtlichen Grundsatzentscheidungen des Art. 17 AEUV in das Primärrecht gehört daher unmittelbar in diesen Zusammenhang einer Weitung der Wirtschaftsgemeinschaft zur politischen Union, die sich für die Diversität und Komplexität gesellschaftlicher Wirklich___________ 27 Jacques Delors brachte das Anliegen schon früh auf den Punkt: „Si dans les dix ans qui viennent nous n’avons pas réussi à donner une âme, une spiritualité, une signification à l’Europe, nous aurons perdu la partie.“ (Gesprächsnotiz von Marc Luyckx, No. 264/92, Cellule de Prospective, 13.2.1992). Das schon von Robert Schuman gebrauchte Diktum von der „Seele Europas“ wurde seitdem zu einem Leitmotiv der „emotionalen“ Vertiefung der Integration. 28 Ähnlich Classen, Kommentierung (Fn. 11), Rn. 5 u. 12.

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keit und gesellschaftlicher Interessen öffnet. Art. 17 III AEUV nimmt die religiöse Dimension positiv auf, ohne damit die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten für die Regelung der Rechts- und Statusverhältnisse der Religionsgemeinschaften zu berühren. Indem die Verträge diesen Bereich, der zum Kern nationaler Verfassungsidentität gehört, in dieser doppelten Weise integrieren, unterstreichen sie seine Bedeutung für alle Systemebenen der Union.

II. Praxisbeispiel: Das EKD-Büro Brüssel (Katrin Hatzinger) 1. Struktur und Historie Seit 1990 ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Brüssel mit einer eigenen Vertretung präsent: der „Dienststelle Brüssel des Bevollmächtigten des Rates der EKD“ (EKD-Büro Brüssel). Der Hauptsitz des Bevollmächtigten ist in Berlin am Gendarmenmarkt.1 Eingerichtet wurde das Büro vor dem Hintergrund der zunehmenden Relevanz der EU-Gesetzgebung für die EKD und ihr grundgesetzlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht. Bis zu Beginn der 90er Jahre unterrichtete die „European Ecumenical Commission for Church and Society“ (EECCS) ihre Mitgliedskirchen (protestantische, orthodoxe und anglikanische) über die politischen Vorgänge in Brüssel und brachte deren Anliegen gegenüber den EU-Institutionen zur Sprache. Allerdings hatte der Rat der EKD dem Bevollmächtigten bereits 1968 die Befugnis übertragen, „die für die EKD wichtigen politischen Vorgänge bei den internationalen Behörden in Brüssel zu beobachten.“2 Aufgrund des besonderen Status, den die Kirchen in Deutschland genießen, entschloss sich die EKD 1990 anlässlich der Beratungen um die europäische Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG) schließlich, eine eigene Dienststelle in Brüssel einzurichten.3 Dabei war von Anfang an eine enge Zusammenarbeit mit der EECCS (heute: Kommission Kirche und Gesellschaft der Konferenz Europäischer Kirchen) avisiert; dem ökumenischen Kontext der Arbeit wird stets eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Leitung des Büros liegt seit Beginn in den Händen eines Juristen bzw. einer Juristin.4 Während das Büro in den Anfangsjahren von einem kleinen ___________ 1

Aktuell wird das Amt von Prälat Dr. Bernhard Felmberg ausgeübt. Hermann Kalinna, § 45 Verbindungsstellen zwischen Staat und Kirchen im Bereich der evangelischen Kirche, in: Joseph Listl / Dietrich Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, Berlin 21995, S. 192. 3 Vgl. auch Schnabel, Geschichte und Strukturen (Fn. 15), S. 222-290. 4 1990-1994 Hans-Joachim Kiderlen, 1994-2000 Heidrun Tempel, 2000-2008 Sabine von Zanthier, seit Juni 2008 Katrin Hatzinger. 2

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Katrin Hatzinger

Team aus Leiter und Verwaltungsmitarbeitern gemanagt wurde, wuchs der Mitarbeiterstab im Laufe der Jahre (mit den Aufgaben) stetig an. Aktuell hat das EKD-Büro acht feste Mitarbeitende. Neben der leitenden Oberkirchenrätin, dem juristischen Referenten, dem Verwaltungsleiter, der Sekretärin und einer weiteren Verwaltungskraft sind seit Herbst 2011 auch ein Referent für EUFörderpolitik, eine Förderberaterin und ein Assistent der Servicestelle EUFörderpolitik und -projekte (zunächst für zwei Jahre befristet) beim EKD-Büro angestellt. Darüber hinaus existiert seit September 2010 eine Kooperationsvereinbarung mit der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej), deren Mitarbeiterin mit einer halben Stelle als Referentin für Bildung und Jugend im EKD-Büro mitarbeitet. Mit den Gliedkirchen der EKD existiert seit Jahren zudem eine Absprache, die vorsieht, interessierte und qualifizierte Vikarinnen und Vikare für ein Jahr im Rahmen eines Spezialvikariats nach Brüssel zu entsenden.

2. Aufgaben Da Aufgabenspektrum der Dienststelle hat sich im Laufe ihrer Geschichte immer weiter ausgedehnt. Geblieben ist aber die doppelte Stoßrichtung der Arbeit und des Informationsflusses: aus Brüssel in die EKD und ihre Gliedkirchen und umgekehrt aus der EKD und den Gliedkirchen über das EKD-Büro Brüssel in den europäischen Meinungsbildungs- und Gesetzgebungsprozess.

a) Kirchendiplomatische Vertretung Betrachtet man die Kernaufgaben des Büros, dann sind es die klassischen Aufgaben einer diplomatischen Vertretung, wie sie das Auswärtige Amt in der Erläuterung der Botschaften beschreibt:5 „Diese Vertretungen kann man als ‚Augen, Ohren und Stimme‘ Deutschlands im Ausland bezeichnen. Aufgrund von Weisungen des Auswärtigen Amts vertreten sie unseren Staat, wahren seine Interessen und schützen seine Bürgerinnen und Bürger im Gastland. Sie verhandeln mit der dortigen Regierung und fördern die politischen Beziehungen und die wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit. Wesentliche Aufgaben der Vertretungen sind es u. a., – Informationen zu beschaffen, – über Angelegenheiten zu berichten, die für die verschiedenen Regierungsstellen des Bundes und der Länder von Bedeutung sind,

___________

5 http://www.auswaertiges-amt.de/DE/AAmt/Auslandsvertretungen/Uebersichtnode. html (14.2.2012).

Dialog zwischen der EU und den Kirchen – Praxisbeispiel

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– den Kulturaustausch zu fördern, – die Öffentlichkeit des Gastlandes über unsere Außenpolitik, über Deutschland im allgemeinen, seine Gesellschaft und Kultur, zu informieren, – hochrangige Besuche aus Deutschland vorzubereiten und zu begleiten.“

Abgesehen von konsularischen Aufgaben und der Schutzfunktion für deutsche Staatsangehörige lässt sich das EKD-Büro durchaus als „Botschaft der EKD“ bei der EU bezeichnen und die Arbeit in weiten Teilen als diplomatische Mission charakterisieren. Denn Hauptanliegen sind es, für die EKD in Brüssel „das Gras wachsen zu hören“, politische Prozesse zu dokumentieren und zu kommunizieren, die Interessen der EKD nach Rücksprache mit dem Kirchenamt und dem Bevollmächtigten gegenüber den EU-Institutionen zu vertreten, dem deutschen Protestantismus auf dem politischen Parkett in Brüssel ein Gesicht zu verleihen und die Kontakte in die Politik, Diplomatie, Ökumene und die Welt der Interessenvertreter zu pflegen.

b) Informationsbüro Eine wichtige Säule der Arbeit ist die kontinuierliche Beobachtung europäischer Gesetzgebungsprozesse, das sog. Monitoring. Konsultationsverfahren, neue Gesetzesinitiativen der Europäischen Kommission, Abstimmungsergebnisse aus dem Europäischen Parlament, Schlussfolgerungen des europäischen Rates zu für die Kirche relevanten Themen werden in Vermerken zusammengefasst und aus evangelische Perspektive einer ersten Einordnung unterzogen, um den Fachreferenten in Hannover und Berlin eine bessere Orientierung zu ermöglichen. Der Rat der EKD und die Kirchenkonferenz werden regelmäßig in schriftlichen Vorlagen oder mündlich über relevante europäische Entwicklungen in Kenntnis gesetzt. Die Leiterin des EKD-Büros ist zudem ständiger Gast des Europaausschuss der EKD-Synode und berichtet dort über die Arbeitsschwerpunkte. Die Beauftragten der Landeskirchen bei den Landesregierungen werden gleichfalls regelmäßig über aktuelle Entwicklungen informiert. Alle drei Jahre tagt der Kreis in Brüssel. Darüber hinaus erscheint vierteljährlich der Newsletter „EKD-Europa-Informationen“, der aus evangelischer Perspektive über das Brüsseler Politikgeschäft berichtet und politische Ereignisse kommentiert.6 Eine zunehmende Bedeutung hat in den letzten Jahren auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg erhalten: Wichtige Entscheidungen waren etwa zum Kruzifix in italieni___________ 6

Im Internet unter: http://www.ekd.eu.

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schen Klassenzimmern,7 zu den Loyalitätspflichten kirchlicher Arbeitnehmer8 oder zum kirchlichen Dienstrecht.9 Nach der erstinstanzlichen, inzwischen aufgehobenen Entscheidung im Fall Lautsi wurde vielerorts Kritik an einer Kompetenzüberschreitung des Menschenrechtsgerichtshofs geübt. Die folgenden Urteile mit staatskirchenrechtlicher Relevanz zeichneten sich aber durch einen angemessenen Umgang mit den staatskirchenrechtlichen Gegebenheiten aus. Vor diesem Hintergrund verfolgt das Büro auch die Rechtsprechung der Straßburger Richter und informiert regelmäßig über wichtige Entscheidungen.

c) „Frühwarnsystem“ Im Hinblick auf die institutionellen Interessen der EKD fungiert das Büro als „Frühwarnsystem“. Es geht darum, gesetzgeberische Aktivitäten möglichst frühzeitig wahrzunehmen und zu überprüfen, ob das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III der Weimarer Reichsverfassung tangiert werden könnte. Da es in diesen Fragen bislang noch keine systematische Konsultation der betroffenen Kirchen und/oder Religionsgemeinschaften seitens der EU-Kommission gibt, gilt es eigenständig an die notwendigen Dokumente zu gelangen und die Relevanz der geplanten Initiativen für den Status der Kirchen abzuschätzen. Hilfreich für die Wahrung der institutionellen Interessen der EKD ist der Umstand, dass seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon zum 1. Dezember 2009 der sog. Kirchenartikel, Art. 17 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEVU), rechtsverbindlich geworden ist, fungiert diese Norm doch als Kompetenzausübungsschranke bei der europäischen Gesetzgebung. Die Wahrung der institutionellen Interessen kam in den vergangen Jahren insbesondere hinsichtlich des europäischen Anti-Diskriminierungsrechts und des Datenschutzrechts zum Tragen. So etwa in der Debatte um das Vertragsverletzungsverfahren im Jahr 2008 gegen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der angeblich mangelhaften Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG sowie im Vorfeld der Veröffentlichung des Entwurf für eine neue europäische Datenschutzverordnung. Im ersten Fall ging es darum, darzulegen, warum die Rechtsauffassung der EU-Kommission, die Bundesregierung habe die Beschäf___________ 7

EGMR-Urteil v. 3.11.2009: Lautsi gegen Italien, Nr. 30814/06. Etwa Fälle „Obst“ v. 23.9.2010 (Beschwerde-Nr. 425/03), „Schüth“ v. 23.9.2010 (Beschwerde-Nr. 1620/03) und „Siebenhaar“ v. 3.2.2011 (Beschwerde-Nr. 18136/02). 9 Siehe Fälle „Baudler“, „Reuter“ und „Müller“ v. 20.12.2011 (Beschwerde-Nr. 38254/ 04). 8

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tigungsrahmenrichtlinie u. a. in § 9 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes europarechtswidrig umgesetzt, nicht zutreffend war. Die Richtlinie verbietet Diskriminierungen wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung im Bereich Beschäftigung und Beruf, lässt aber in Art. 4 Abs. II Ausnahmen für Tätigkeiten bei kirchlichen Arbeitgebern zu. Die Kommission war zunächst der Auffassung, dass den Kirchen im AGG ein zu weiter Ermessensspielraum bei der Festlegung der beruflichen Anforderungen eingeräumt würde. Sie stellte das Vertragsverletzungsverfahren aber im Jahr 2010 ein. Im zweiten Fall war es angezeigt zu vermitteln, dass allein durch eine Übernahme der Vorschriften zur Verarbeitung des Religionsmerkmals aus der Datenschutzrichtlinie von 1995 und einen Verweis auf Art. 17 Abs. I (AEUV) ein eigenständiges kirchliches Datenschutzrecht unter dem geplanten Verordnungsregime nicht realisierbar wäre. In dem Verordnungsentwurf findet sich nun eine spezielle Vorschrift, die den Umgang mit den bestehenden Datenschutzvorschriften von Kirchen und religiösen Vereinigungen (Art. 85 des Kommissionsvorschlags) regelt. Das Gesetzgebungsverfahren dauert an. d) Öffentlichkeitsauftrag der Kirche10 Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirche folgt aus dem Verkündungsauftrag. „Das Evangelium bezeugt und begründet die Freiheit im Glauben, die in der Verantwortung vor Gott und den Menschen gelebt wird. Es hat kulturelle, soziale und politische Kraft.“11 Die Kirche ist daher angehalten, die frohe Botschaft so umfassend wie möglich, d. h. öffentlich zu verkünden und damit auch zu wichtigen gesellschaftspolitischen Fragestellungen Position zu beziehen. Sie soll sich „um Gottes willen politisch einmischen“ (Richard von Weizsäcker). Die Kirche übernimmt damit öffentliche Verantwortung, wobei sie den unterschiedlichen Auftrag von Staat und Kirche akzeptiert und anerkennt. Das Zusammenwirken von beiden Ebenen kann aber die Demokratie bereichern und neue Orientierung und Impulse geben, deshalb „kann und soll eine positive Beziehung von Staat und Kirche in der Demokratie auch konkret wahrgenommen und gestaltet werden“.12 ___________ 10 Siehe dazu auch: Katrin Hatzinger, Dialog mit Europa – Der kirchliche Öffentlichkeitsauftrag auf europäischer Ebene, in: EKD-Europa-Informationen Nr. 135, Dezember 2010, S. 1. 11 Das rechte Wort zu rechten Zeit, Denkschrift des Rates der EKD, Gütersloh 2008, S. 18. 12 Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe (1985), in: Die Denkschriften der EKD, Bd. 2/4, Gütersloh 1992, S. 19.

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Die EKD-Denkschrift „Das rechte Wort zur rechten Zeit“13 zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirche benennt in diesem Zusammenhang einige Eckpunkte, die auch für die Arbeit des EKD-Büros Geltung beanspruchen. Danach müssen öffentliche Äußerungen der EKD insbesondere – in der Lage sein, sich unter den Bedingungen der Pluralität und des gesellschaftlichen Pluralismus zu Wort zu melden und dabei den Pluralismus grundsätzlich bejahen, also „pluralismusfähig“ sein; – sie müssen von der Bereitschaft geprägt sein, falls notwendig Partei zu ergreifen und somit eine anwaltschaftliche Aufgabe wahrzunehmen. Die Option für Arme und Schwache und ebenso das Eintreten für die Opfer von Krieg und Gewaltregimen sind hierbei leitend; – sie müssen schließlich eine Art von „offener Kohärenz“ zum Ziel haben, das heißt, an bisherige Äußerungen anschließen, aber zugleich einen Raum für kirchliche Lernprozesse bieten.14 Die Politikfelder, zu denen sich das EKD-Büro in Brüssel zu Wort meldet, spiegeln die Vielfalt kirchlichen Engagements wider. Die Gestaltung eines fairen und zugänglichen gemeinsamen Europäischen Asylsystems mit hohen Schutzstandards steht dabei genauso auf der Agenda, wie z. B. der Schutz des arbeitsfreien Sonntags, die Beachtung (bio-)ethischer Fragestellungen in der europäischen Forschungspolitik, Debattenbeiträge zur Zukunft Europas oder Fragen der Religionsfreiheit in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Pluralismusfähigkeit von Äußerungen ist dabei im Vergleich zu kirchlichen Äußerungen in Deutschland eine besondere Herausforderung (siehe Arbeitsumfeld). Die Option für die Schwachen schlägt sich beispielsweise in dem Einsatz der Dienststelle für die Belange von Asylsuchenden und Migranten, aber auch in der Hervorhebung der Notwendigkeit einer europäischen Sozialpolitik nieder, ebenso wie in dem ökumenischen Einsatz für das Armutsbekämpfungsziel in der Europa 2020-Strategie für integratives, innovatives und nachhaltiges Wachstum. Die Kohärenz wird durch die Anbindung an das Kirchenamt und die Berliner Dienststelle sowie den engen Austausch mit den Kammern der EKD sichergestellt (siehe Arbeitsweise).

e) Kultur / Repräsentanz Das Büro versteht sich auch als „Kulturbotschafterin“ des deutschen Protestantismus. Dementsprechend führt es auch immer wieder kulturelle Veranstal___________ 13 14

http://www.ekd.de/download/denkschriftendenkschrift.pdf, Gütersloh 2008. Prof. Dr. Wolfgang Huber im Vorwort zur Denkschrift (Fn. 39), S. 10.

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tungen durch. So nimmt es aktuell die Reformationsdekade, also die 10-jährige Phase bis zu Feier des 500jährigen Reformationsjubiläums 2017 und ihre Themenjahre zum Anlass, in Brüssel zu Konzerten und Podiumsdebatten einzuladen, wie z. B. zu einem Konzert der Kurhessischen Kantorei Marburg unter dem Titel „Ein neuer Klang für die Welt – Reformation und Musik“ in der Église Protestante de Bruxelles-Musée. Es ist ferner ein Anliegen, das vielfältige Engagement der EKD und den Sachverstand ihrer Gremien auf dem Brüsseler Parkett sichtbar zu machen und Foren der Begegnung und des Austauschs jenseits des politischen Tagesgeschäfts zu schaffen. Dies geschieht u. a. durch die Organisation von Vortrags-, und Diskussionsveranstaltungen, etwa bei der Vorstellung aktueller Denkschriften oder bei der Vorstellung des Friedensgutachtens. Einmal jährlich findet der gemeinsame Jahresempfang auf Einladung des evangelischen und des katholischen Prälaten in Brüssel statt. Zu diesem Anlass halten im Wechsel katholische und evangelische Geistliche den Festvortrag und stellen ihren Blick auf europäische Themen und Zusammenhänge dar oder äußern sich zu Themen von allgemeinpolitischer Relevanz. Seit einigen Jahren hat sich zudem der Parlamentarische Abend in Straßburg etabliert, zu dem die Prälaten alljährlich nach der Sommerpause die deutschen EU-Abgeordneten einladen. Die beiden ersten Parlamentarischen Abende standen ganz im Zeichen der Rechtsprechung des EGMR. Während 2010 Prof. Dr. Gerhard Robbers die Kruzifix-Rechtsprechung reflektierte und einen Überblick über die anhängigen Verfahren vor dem Gerichtshof zu kirchlichen Loyalitätspflichten gab, berichtete Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Angelika Nussberger M.A.15 im Jahr 2011 über die aktuelle und künftige Rolle des Gerichtshofs im Mehrebenensystem. 2012 referierte Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio über die Themenstellung „Der Demokratiebegriff im Spannungsfeld europäischer Kompetenz und nationaler Selbstbestimmung“.

f) EU-Förderpolitik- und projekte Im November 2011 wurde im EKD-Büro Brüssel die Servicestelle EU-Förderpolitik und -projekte eingerichtet, die zu einem Drittel vom Diakonischen Werk der EKD mitfinanziert wird. Dort sind neben einem Referenten für EUFörderpolitik eine Beraterin und ein Assistent tätig. Die Arbeit ist die Fortsetzung und Vertiefung der Vorarbeit des Verwaltungsleiters, der bis dahin die Gliedkirchen der EKD über EU-Fördermöglichkeiten informiert hatte. Das Hauptanliegen der Servicestelle besteht darin, kirchliche und diakonische Ein___________ 15

Prof. Dr. Nussberger ist deutsche Richterin am EGMR seit Januar 2011.

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richtungen dabei zu unterstützen, Ideen und Projekte mit europäischen Fördermitteln umzusetzen.16 Das Einsatzfeld europäischer Gelder umfasst dabei sämtliche Arbeitsbereiche von Kirche und Diakonie: Es reicht von der Sanierung von Kirchengebäuden über die Förderung der Jugend- und Migrantenarbeit bis hin zur Unterstützung europäischer grenzüberschreitender Pilgerwege. Das Leistungsspektrum der Stelle beinhaltet eine zielgerichtete Unterstützung von der Konzipierung der Projektidee, über die Identifizierung des geeigneten Förderprogramms, Hinweisen zur Ausarbeitung des Förderantrags, der Suche von europäischen Projektpartnern bis hin zur Unterstützung bei der Umsetzung und Durchführung der Projekte. Auf der Homepage17 findet sich unter der Rubrik „Förderservice“ eine Aufstellung erfolgreicher Projektbeispiele, ebenso wie ein Förder-ABC, häufig gestellte Fragen und Antworten und nützliche Materialien. Außerdem informiert die elektronische „FörderInfo Aktuell“ zeitnah über neue Ausschreibungen und Einreichungsfristen. Zusätzlich zu dem Informationsangebot führen die Mitarbeiter Schulungen und Fortbildungen für Interessierte aus den Landeskirchen und diakonischen Einrichtungen über den Aufbau, die Funktionsweise und die Fördermöglichkeiten der EU durch, um den Teilnehmern einen systematischen Überblick über die Förderprogramme der EU zu geben. Darüber hinaus sollen bereits bestehende Angebote und Strukturen auf Ebene der Gliedkirchen und der diakonischen Landesverbände in ihrer Arbeit unterstützt und an einer engeren Vernetzung gearbeitet werden. Schließlich beobachtet, begleitet und bewertet der Referent die politischen Entwicklungen, insbesondere hinsichtlich der neuen Förderperiode ab 2014, leitet Informationen dazu weiter und bringt kirchliche Anliegen in den politischen Prozess ein. So wurde im Juni 2012 gemeinsam mit den ökumenischen Partnern eine Stellungnahme zur Rolle kirchlicher Akteure in der Kohäsionspolitik erstellt und ihr Beitrag zum sozialen und territorialen Zusammenhalt in der EU dargestellt.

3. Selbstverständnis Das Büro versteht sich nicht zuletzt als Vermittlerin des europäischen Gedankens. Dabei kommt ihm durchaus die Rolle eines europapolitischen Think___________ 16 Siehe auch Christoph Schnabel, Start der Service-Stelle EU-Förderpolitik und -projekte von EKD und DW EKD im EKD-Büro Brüssel, in: EKD-Europa-Informationen, Nr. 138, November 2011, S. 4. 17 www.ekd.eu.

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Tanks zu. Die Frage nach der politischen Zukunft Europas, die Debatte um die Schuldenkrise oder deren soziale Dimension, mit all diesen Fragen setzen sich die Mitarbeiter in Publikationen18 und auf Podien auseinander. Doch das Büro hat auch einen Bildungsauftrag. Zahlreiche kirchliche Besuchergruppen erhalten regelmäßig Einblick in die verschiedenen Tätigkeitsfelder der Dienststelle und durch die Vermittlung von Gesprächspartnern aus der EU-Politik auch einen Einblick in die Funktionsweise der EU und ihrer Institutionen. Durch Zusammentreffen mit Kollegen aus dem politischen wie aus dem kirchlichen Umfeld wird zudem die Breite des Engagements und der Wert der Ökumene greifbar. Durch die Mitarbeit in der Präsidialversammlung des Deutschen Evangelischen Kirchentags bringt die Leiterin des Büros europäische Themen schließlich auch in die Programme des Kirchentages ein und bemüht sich auch in diesem Kontext Debatten mit den Teilnehmenden über Europa anzustoßen. Außerdem sind sowohl die Leiterin als auch die Referenten immer wieder zu Vortragsreisen in Deutschland unterwegs.

4. Arbeitsweise Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Büro in zwei Richtungen arbeitet und kommuniziert, von Brüssel nach Deutschland und von Deutschland nach Brüssel. Dabei findet eine enge Zusammenarbeit mit den Fachreferent/innen im Kirchenamt der EKD in Hannover und mit den zuständigen Kollegen und Kolleginnen in Berlin statt, um zu entscheiden, zu welchen Themen sich das Büro wie in Brüssel einbringen soll. Dabei nimmt die Brüsseler Dienststelle immer eine erste Einschätzung der Sachlage vor und unterbreitet einen Handlungsvorschlag. „Zuarbeit“ erhält das Büro auch durch die sachlich fundierten Arbeiten der zahlreichen Kammern des Rates der EKD. Die EKD Texte und Denkschriften sind ein wertvoller Leitfaden für die Arbeit, ebenso wie Äußerungen des Vorsitzenden des Rates der EKD. Eine enge Rückkopplung mit den Hauptamtlichen in Kirchenamt, Rat, Kirchenkonferenz und EKD-Synode findet zudem über die „Steuerungsgruppe Europafragen“ des Rates der EKD statt. Mitglieder der Steuerungsgruppe sind die hauptamtlich mit Europafragen Befassten des Kirchenamts der EKD (Europareferent, Rechtsabteilungsleiter, Leiterin der Europaabteilung), der juristische Stellvertreter des Bevollmächtigten des Rates der EKD, die Dienststellenleiterin des EKD-Büros Brüssel, zwei Mitglieder des Rates der EKD, die Vorsitzende des Europaausschuss der Synode, ein weiteres Ausschussmitglied sowie ___________ 18 Vgl. u. a. Patrick Roger Schnabel, Warum wir die EU brauchen – und warum die EU uns braucht, in: Zeitzeichen – Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft (Juli 2011), S. 43-45.

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zwei Bischöfe als Vertreter der Kirchenkonferenz. Das Gremium tagt dreimal jährlich, meist am Rande der Kirchenkonferenz. Für die Arbeitsweise ist Folgendes vereinbart: „Die Steuerungsgruppe Europafragen berät über aktuelle europäische Fragestellungen politischer und ökumenischer Natur. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf dem Informationsaustausch und der Verständigung über die Arbeitsformen der beteiligten Hauptamtlichen und der Gremien. Bei grundsätzlichen Problemstellungen unterbreitet die Steuerungsgruppe bei Bedarf Vorschläge für die Meinungsbildung der Gremien der EKD.“

Bereits vor Inkrafttreten von Art. 17 AEUV fand ein reger Austausch zwischen dem Büro und den EU-Institutionen statt, insbesondere zu Parlament und Kommission, über die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU aber auch mit dem Rat und punktuell auch dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Dabei zeichnen sich die EU-Institutionen mit Ausnahme des Rates allesamt durch eine große Offenheit und Zugänglichkeit aus. Je nachdem in welchem Verfahrensstadium sich ein Gesetzgebungsakt gerade befindet, umfasst die Arbeitsweise die Abgabe von Stellungnahmen, Hintergrundgespräche, öffentliche Diskussionsveranstaltungen und im Parlamentarischen Verfahren die Vorschläge von Änderungsanträgen. Insgesamt hat sich die Erfahrung bewährt, dass kirchliche Stimmen in Brüssel dann gehört werden, wenn sie Substanz haben und nach Auffassung der politisch Handelnden die Debatte bereichern. Folglich muss das kirchliche Proprium, gleichzeitig aber auch die Relevanz für das betreffende Politikfeld erkennbar sein. Nach dem Vorbild der Berliner Dienststelle werden in Brüssel außerdem regelmäßig Abgeordnetenfrühstücke abgehalten, verbunden mit einer Morgenandacht des Bevollmächtigten. Das Angebot findet guten Zuspruch und bietet die Gelegenheit, parteiübergreifend mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments über Themen von kirchlichem Interesse informell ins Gespräch zu kommen, aber auch aus der EKD zu berichten. Die pastorale Arbeit wird darüber hinaus durch die Vikarinnen und Vikare wahrgenommen, die auch regelmäßig in der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde sowie in der ökumenischen Chapelle de la Résurrection – une chapelle pour l’Europe“ (Auferstehungskapelle) im Europaviertel Gottesdienste halten.

5. Kooperationspartner Kooperationspartner für das EKD-Büro sind die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), in Brüssel vertreten durch ihre Kommission Kirche und Gesellschaft (CSC), und das Sekretariat der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen der europäischen Gemeinschaft (COMECE). Die KEK hat

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über 120 protestantische, anglikanische und orthodoxe Mitgliedskirchen.19 Die COMECE setzt sich aus den delegierten Bischöfen der 26 katholischen Bischofskonferenzen auf dem Gebiet der Europäischen Union zusammen. Der Sitz ihres Sekretariats ist Brüssel. Mit beiden Büros findet in verschiedenen Arbeitsbereichen eine Zusammenarbeit statt. So sind alle Büros Unterstützer der europäischen Sonntagsallianz zum Schutz des arbeitsfreien Sonntags und haben gemeinsam mit dem katholischen Büro in Berlin eine Stellungnahme zur Aufgabe der Kirchen in der Kohäsionspolitik verfasst. Die Leiterin des EKDBüros ist zudem Geschäftsführerin der Arbeitsgruppe EU-Gesetzgebung der CSC, die sich aus Juristen verschiedener KEK-Mitgliedskirchen zusammensetzt und zweimal jährlich im Haus der EKD in Brüssel tagt. Dort werden juristische Fragestellungen von gesamteuropäischem kirchlichem Interesse analysiert und debattiert. Die Deutsche Bischofskonferenz hat keine eigene Vertretung bei der EU. Das Kommissariat der deutschen Bischöfe (kurz: katholisches Büro in Berlin) ist allerdings durch seine Europa-Referentin in Brüssel präsent. Wie auch in bundespolitischen Angelegenheiten gibt es auch auf europäischer Ebene eine enge Abstimmung mit der katholischen Kirche. Im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik gibt es einen engen Austausch mit der sog. Christian Group, der u. a. die Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), der Jesuitenflüchtlingsdienst (JRS), COMECE und Caritas Europa angehören. Die Gruppe meldet sich regelmäßig zu Gesetzesinitiativen in diesem Politikbereich zu Wort. Das EKD-Büro ist aber auch Mitglied der European Platform on Asylum and Migration, die ein breites Spektrum von Nichtregierungsorganisationen umfasst und vierteljährlich im Haus des Brüsseler Büros des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Brüssel tagt. Naturgemäß eng ist die Zusammenarbeit mit der Vertretung des Diakonischen Werkes der EKD in Brüssel, die im Haus der EKD ihren Sitz hat. Insbesondere zu sozialpolitischen Fragen, aber auch zum europarechtlichen Umgang mit sozialen Diensten in kirchlicher Trägerschaft arbeitet man Hand in Hand. Gemeinsam und teilweise mit weiteren Partnern wie der aej werden Veranstaltungen durchgeführt, u. a. anlässlich der Europäischen Jahre zu Armut (2010), Freiwilligentätigkeit (2011) und Generationengerechtigkeit (2012). Auch zu den Gewerkschaftsbüros besteht ein guter Kontakt, gemeinsam engagiert man sich in der Sonntagsallianz und tauscht sich zu sozialpolitischen Fragestellungen aus. Ebenso existieren gute Kontakte in die Vertretungen der ___________ 19

Siehe dazu auch Hatzinger / Schnabel, Religions (Fn. 17), S. 48 ff.

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Bundesländer, die Ständige Vertretung bei der EU, die Ständige Vertretung bei der NATO, und die Deutsche Botschaft sowie nicht zuletzt in die Büros der politischen Stiftungen. Auch hier finden immer wieder themenbezogene Kooperationen statt, etwa mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und der COMECE in den Jahren 2009/2010 eine Seminarreihe zu „Islam, Christianity and Europe“.

6. Arbeitsumfeld Im politischen und pluralistischen Brüssel, in dem unterschiedliche Mentalitäten (allein im EU-Umfeld arbeiten Beamte, Angestellte, Lobbyisten etc. aus 27 Mitgliedsstaaten) und damit auch Vorstellungen von Staatskirchenrechtssystemen aufeinander treffen, ist das Büro in gewisser Weise Seismograph gesellschaftspolitischer Entwicklungen. Hier lässt sich eine zunehmende Säkularisierung und Pluralisierung von Diskursen wie unter dem Brennglas nachvollziehen und Erklärungsmuster, die im deutschen Kontext (noch) für selbstverständlich erachtet werden, greifen hier nicht. Es gilt also oft bei Null anzufangen und grundsätzlich zu werden. Doch dieses Reiben an anderen weltanschaulichen Einstellungen, Auffassungen und Sichtweisen bringt auch einen großen Zugewinn an Erkenntnissen und oft auch an Selbstvergewisserung mit sich. Belgien ist ein zutiefst säkularisiertes Land, in dem antiklerikale Freimaurerlogen und atheistisch-humanistische Verbände eine große gesellschaftspolitische Rolle spielen. Zwar ist es traditionell katholisch, nach der European Values Study aus dem Jahr 2009 bekannten sich allerdings nach Angaben der Katholischen Universität Leuven (KUL) und der katholischen Universität Louvain (UCL) nur noch 50 % der Belgier zum katholischen Glauben. Die gesellschaftliche Relevanz humanistischer Verbände zeigt sich auch darin, dass im Europäischen Parlament eine Plattform für säkularistische Politik, geleitet von der niederländischen Politikerin Sophia in‘t Veld existiert, die sich vehement gegen einen „regelmäßigen, offenen und transparenten Dialog“ mit den Kirchen verwehrt, da hier die Trennung von Staat und Religion missachtet werde. Die EU-Kommission mit ihrem alleinigen Initiativrecht für die Gesetzgebung wurde nach dem Vorbild französischer Verwaltungen geschaffen und ist per se für Religion nicht zuständig. So gibt es z. B. entgegen den bundesrepublikanischen Gepflogenheiten keine automatische Konsultation der Kirchen und Religionsgemeinschaften, wenn ihre Angelegenheiten betroffen sein könnten, sondern diese findet sporadisch oder erst auf Initiative der Betroffenen statt. Inwieweit die Umsetzung von Art. 17 III AEUV hier mittelfristig Veränderungen bringt, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz lädt seit 2005 der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, alljährlich führende Vertreter der drei monotheistischen Religionen nach Brüssel zum sog. „Religious Leaders Meeting“ ein,20 wo sie

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mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments und (seit 2010) dem Präsidenten des Europäischen Rates und ausgewählten Kommissaren und Kommissarinnen zusammentreffen. Von Anfang an ist die EKD an diesen hochrangigen Treffen beteiligt gewesen. Diskutiert wird jeweils ein Thema von europäischer Relevanz. Das letzte Treffen am 12. Juli 2012 stand unter der Überschrift „Generationensolidarität – Parameter für die europäische Gesellschaft von Morgen“. Daneben fand und findet auf der Arbeitsebene gleichfalls ein stetiger Dialog statt, der durch die Verbindlichkeit von Art. 17 AEUV rechtliche Anerkennung gefunden hat und die vielfältige Arbeit der Kirchen bei der EU weiter befördern wird.

___________ 20

Vgl. auch Hatzinger / Schnabel, Religions (Fn. 17), S. 55.

Protestantische Theologenausbildung in mitteleuropäischer Perspektive (SOMEF) Religionsrechtliche Überlegungen∗ Karl W. Schwarz

I. Einleitung 1996 wurde anlässlich des 175-Jahr-Jubiläums der Wiener EvangelischTheologischen Fakultät der Südostmitteleuropäische Fakultätentag für protestantische Theologie gegründet.1 Er sollte eine Plattform bilden, um die theologischen Ausbildungsstätten im Donau- und Karpatenraum in einen engeren wissenschaftlichen Diskurs zu ziehen, den Studenten- und Dozentenaustausch anzuregen und gemeinsame Projekte zu betreiben. Unter dem Kurzsigle SOMEF haben eine Reihe von Fakultäten, Hochschulen oder Institute die Vereinbarung getroffen,2 den „wissenschaftlich-theologischen Austausch“ zu pflegen, insbesondere die „religions- und christentumsgeschichtlichen Veränderungen“ in den jeweiligen Gesellschaften zu beschreiben und zu analysieren: – Die Evangelisch-theologische Fakultät der Universität Wien war die einladende Stelle, weil sie seit ihrer Gründung als Protestantisch-theologische Lehranstalt (1821) eine besondere Verantwortung gegenüber den protestantischen Gemeinden und Kirchen dieses Raumes wahrgenommen hat und sich einer weiter bestehenden Verpflichtung unter geänderten Bedingungen durchaus bewusst ist.3

___________ ∗ Dem Beitrag liegt ein Papier zugrunde, das für die 54. Europäische Tagung für Konfessionskunde „Konfessionsgebundene Theologie an der Universität“ am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim (5./6.3.2010) erstellt und in der Folge überarbeitet wurde. Ich bedanke mich für wertvolle Hinweise bei Walter Fleischmann-Bisten (Bensheim), Joachim Christoph (Hannover), Jan Roskovec (Prag), Jan Lašek (Prag), Ondrej Prostredník (Bratislava), János Molnár (Komárno-Komárom), Zoltán Csepregi (Budapest), Hannelore Reiner (Wien), Robert Schelander (Wien), Ulrich A. Landau (Wien). 1 Wiener Jahrbuch für Theologie [WJTh] 1, Wien 1996, S. 39-60 mit Beiträgen von Falk Wagner, Tibor Fabiny, Jakub S. Trojan und Gustav Reingrabner. 2 Statuten des Fakultätentages, in: Karl Schwarz / Wolfgang Wischmeyer (Hrsg.), SOMEF. Süd-Ost-Mittel-Europäischer Fakultätentag für evangelische Theologie, Dokumentation der Kongresse 1999 und 2001, Wien 2002, S. 207-209, 207. 3 Karl Schwarz, Evangelische Theologie zwischen kultureller Nachbarschaftshilfe und volksdeutschem „Sendungsbewusstsein“. Die Wiener Protestantisch-theologische

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– Dazu gesellten sich die beiden Fakultäten der Prager Karlsuniversität,4 die Evangelisch-theologische Fakultät und die Hussitische Fakultät, – die Evangelisch-theologische Fakultät der Comenius-Universität Bratislava / Pressburg,5 – die Reformierte Fakultät der (ungarischsprachigen) János-Selye-Universität Komorn / Komárno / Komárom,6 – die beiden theologischen Fakultäten in Budapest, an der reformierten Károlyi-Gaspár-Universität und die lutherische Fakultät mit selbständigen Universitätsstatus („egyetem“),7 – die kirchlichen Hochschulen der Reformierten Kirche in Sárospatak8 und Pápa9 sowie – die Reformierte Theologische Fakultät in Debrecen, – die Theologische Fakultät der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg / ClujNapoca / Kolozsvár, – das selbständige Protestantisch-theologische Institut in Klausenburg / Cluj-Napoca / Kolozsvár (mit Universitätsrang)10 und – das Theologische Institut11 an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt / Sibiu.

Diese Lehranstalten repräsentieren ein weites Verständnis des Protestantismus, wie er auch der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) zugrunde liegt, welche lutherische, reformierte, unierte und vorreformatorische ___________ Lehranstalt / Fakultät und ihre Bedeutung für den Donau- und Karpatenraum, in: Danubiana-Carpathica 1 (2007) S. 89-112. 4 Zdeněk Kučera, Prag, in: TRE XXVII (1996), S. 172-182. 5 Igor Kišš / David Daniel, Die Evangelisch-Theologische Fakultät der ComeniusUniversität in Bratislava, in: Lutherische Kirche in der Welt. Jahrbuch des MartinLuther-Bundes [JMLB] 51 (2004) S. 115-124; Ondrej Prostredník / Radoslav Hanus / Andrej Žitňan, Faculty of Evangelical Theology, in: Martin Dúbrava (Hrsg.). Comenius University. 90 Years of University, Education and Research in Slovakia, Bratislava 2009, S. 173-181. 6 Gegründet als Theologisches Institut Jan Kalvin 1994: Glaube in der Zweiten Welt [G2W] 1995/4, S. 9; seit 2004 Fakultät der neugegründeten ungarischsprachigen JánosSelye-Universität. 7 Zoltán Csepregi, Die Ausbildung lutherischer Pfarrer in Ungarn. Zur Geschichte und Gegenwart der theologischen Akademie [mit Universitätsrang] in Budapest, in: JMLB 47 (2000), S. 93-101. 8 István Györi, Theologische Akademie Sárospatak, in: G2W 2007/3, S. 30 f.; ders., Die Reformierte Theologische Akademie in Sárospatak, in: G2W 2011/6, S. 28 f. 9 G2W 1998/9, S. 10 f. 10 Református lelkipásztorképzés Gyulafehérvár (1622-1662) – Nagyenyed (16621895) – Kolozsvár (1895-1995), Kolozsvár 1995. 11 Susanne Kummer, Fünfzig Jahre theologische Ausbildung, in: G2W 2000/4, S. 6 f.; Renate Klein, Kirche in Bewegung, in: G2W 2010/11, S. 14 f.

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(hussitische) und methodistische Kirchen umfasst.12 Im SOMEF sind neben profiliert lutherischen und reformierten Ausbildungsstätten auch eine hussitische Fakultät (Prag) und innerhalb des Protestantisch-theologischen Instituts in Klausenburg eine unitarische Abteilung berücksichtigt. Seit 1996 haben sieben Vollversammlungen stattgefunden: in Budapest (1999), Klausenburg / Cluj-Napoca (2001), Prag (2003), Bratislava (2005), Debrecen-Berekfürdő (2007), Hermannstadt / Sibiu (2009) und Révfülöp / Ungarn (2011), bei denen themenbezogene Vorträge gehalten und Diskussionen durchgeführt wurden, die zum Großteil auch dokumentiert wurden.13 Die dreizehn Ausbildungsstätten haben ihre spezifische Geschichte, die hier nicht einmal in knappen Zügen referiert werden kann. Ihr jeweiliger Status im kirchlich-staatlichen Bezugsfeld (üblicherweise werden sie zu den res mixtae gezählt, zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche14) hängt mit den religionsrechtlichen Vorgegebenheiten in den jeweiligen Ländern zusammen. Da diese Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind, unterliegen sie somit auch europarechtlichen Normen, etwa der Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG,15 vor deren Hintergrund Konfessionsklauseln, Zugangsbeschränkungen und kirchliche Mitwirkungsrechte hinterfragt wurden.

II. Theologie zwischen Bedrohung und Bestand Ausgehend von Deutschland, wo die Theologischen Fakultäten trotz schärfster laizistischer Gegenpropaganda in der Weimarer Reichsverfassung eine beachtliche Bestandssicherung erfuhren (Art. 149 Abs. 3 WRV: Die Theologi___________ 12 Michael Bünker, „Versöhnte Verschiedenheit“. Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, in: ders., Mit weitem Herzen. Glaube kreuz- und quergedacht, Innsbruck / Wien 2008, S. 263-266; ders., Das Modell Leuenberg: Vom Wert der Unterschiede, in: http://www.argeoekumene.at/Berichte/2005_FT_Buenker.pdf (20.2.2012). 13 Siehe: http://somef.univie.ac.at/publikationen – Hervorzuheben ist die vierte Konferenz 2005 in Bratislava, die der „Theologischen Ausbildung an protestantischen Fakultäten Südostmitteleuropas“ gewidmet war und in deren Rahmen erste Reflexionen über den Bolognaprozess und seine Auswirkungen auf die theologische Ausbildung angestellt wurden. 14 Ernst-Lüder Solte, Theologie an der Universität, München 1971, S. 90; Axel von Campenhausen / Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht, München 42006, S. 219 ff.; Joachim E. Christoph, Kirchen- und staatskirchenrechtliche Probleme der Evangelischtheologischen Fakultäten. Neuere Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung des Bologna-Prozesses, Tübingen 2009, S. 23. 15 Richard Potz / Jürgen Wallner, Antidiskriminierung und theologische Bildungseinrichtungen, in: Österreichisches Archiv für Recht & Religion [öarr] 55 (2008) S. 304326.

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schen Fakultäten an den Hochschulen bleiben erhalten),16 wendet sich der Blick nach Österreich und in die Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie. Auch dort waren ähnliche Tendenzen zutage getreten wie in Deutschland. Der Theologie blies am Beginn des 20. Jahrhunderts ein eiskalter laizistischer Wind ins Gesicht: Die Universitätsneugründungen in Hamburg, Köln und Frankfurt / Main verzichteten von vornherein auf Theologische Fakultäten, ebenso in der Tschechoslowakei die Neugründungen in Brünn und Bratislava. In Österreich lag den Verfassungsberatungen neben anderen auch ein Entwurf vor, der ein klares Trennungsprogramm beinhaltete und den Religionsunterricht und die Theologischen Fakultäten aus dem öffentlichen Raum hinausdrängte.17 Die Sozialdemokraten, die mit den Christlichsozialen eine Koalition bildeten, hatten keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass sie dem Programm des Bundeskanzlers Prälat Ignaz Seipel vom „Halten aller Bastionen“ nicht zu folgen bereit waren. Er musste einen anderen Koalitionspartner suchen und fand diesen in der Großdeutschen Partei.18

Im Jahr 1919 schlug die Stunde der Theologischen Fakultäten.19 – Am 8. April 1919 beschloss das tschechoslowakische Parlament die Errichtung einer selbständigen Evangelisch-Theologischen Fakultät in Prag, die unter staatlicher Trägerschaft stehen, aber von der Karlsuniversität getrennt sein sollte, wie die Wiener Evangelisch-theologische Fakultät gegenüber der Universität Wien: zwar als staatliche Einrichtung organisiert, aber außerhalb der Alma Mater Rudolfina. Die Prager Hus-Fakultät,20 eingerichtet für die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses der protestantischen Kirchen in der Tschechoslowakei und für die Tschechoslowakische Nationalkirche, eine 1919 gegründete Kirche des radikalen Modernismus, wurde in Gegenwart des tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk eröffnet und atmete wohl auch die laizistische Luft dieser Zeit. Masaryk hatte bekanntlich die Losung ausgegeben, Staat und Kirche zu trennen. Mit dem Schlagwort „entöster-

___________ 16 Wolfgang Huber, Kirche und Öffentlichkeit, München ²1991, S. 295 ff.; Gottfried Seebaß, Die deutschen Evangelisch-theologischen Fakultäten im Recht des Staates und der Kirchen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 113, Kanonistische Abteilung 82 (1996) S. 353-368; Hartmut Kreß (Hrsg.), Theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten in der Perspektive von Ernst Troeltsch, Adolf von Harnack und Hans von Schubert, Waltrop 2004, S. 6 ff. u. 199 ff. 17 Inge Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht 1918 bis 1920, in: Audomar Scheuermann u.a. (Hrsg.), Convivium utriusque iuris. Festschrift für Alexander Dordett, Wien 1976, S. 367-380, 377 Fn. 66. 18 Maximilian Liebmann, Von der Dominanz der katholischen Kirche zu freien Kirchen im freien Staat, in: Geschichte des Christentums in Österreich, Wien 2003, S. 361456, 400. 19 Karl W. Schwarz, Theologie und Universität in laizistischen Zeiten. Der Untergang der Donaumonarchie und seine Auswirkungen auf die protestantisch-theologischen Ausbildungsstätten in Prag, Pressburg, Ödenburg und Wien, in: Peter Švorc u.a (Hrsg.), Große Zeit im kleinen Raum. Umbrüche in den Städten des mitteleuropäischen Raumes und deren Wirkungen (1918-1929), Prešov 2012, S. 311-327. 20 Miroslav Kunštát, Geschichte der Theologie und der theologischen Ausbildung, in: Martin Schulze Wessel / Martin Zückert (Hrsg.), Handbuch der Religions- und Kirchengeschichte der böhmischen Länder und Tschechiens im 20. Jahrhundert, München 2009, S. 237-265, 255 ff.

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reichern“ fasste er sein Programm zusammen: „Wir werden uns damit von der kirchlichen Autorität frei machen, wie sie Österreich aufgebaut hat“, gemeint war die enge Verbindung zwischen Thron und Altar, zwischen den Habsburgern und der Römischkatholischen Kirche.21 – Wenn der Tschechoslowakische Staat an der Comenius-Universität in Bratislava auf Theologische Fakultäten verzichtete,22 konterkarierte er ein schon weit gereiftes Projekt aus der ungarischen Zeit, als Bratislava noch Pozsony hieß. 1912 war dort die königlich ungarische Elisabeth-Universität errichtet worden,23 an der eine evangelisch-theologische Fakultät Platz finden sollte und zwar die schon längst bestehende Theologische Akademie der Evangelischen Kirche A.B., die dann in der Folge zur Theologischen Hochschule der Evangelischen Kirche A.B. in der Slowakei avancierte.24 Das ungarländische Projekt einer evangelischen Elisabeth-Universität als konfessionelles Gegenstück zur Reformierten István-Tisza-Universität Debrecen und zur römisch-katholischen Péter Pázmány-Universität in Budapest wurde ein Opfer der Geschichte und musste anderenorts realisiert werden. Die Elisabeth-Universität wurde nach Pécs / Fünfkirchen übersiedelt und ihr 1923 eine Theologische Fakultät in Ödenburg / Sopron angeschlossen, die bis 1950 als exponierte bzw. dislozierte Fakultät dieser Universität fungierte.25 Dann wurde sie von den kommunistischen Machthabern wieder entstaatlicht26 und als kirchliche Akademie nach Budapest übersiedelt. – Am 25. März 1919 nahm die Wiener Evangelisch-theologische Fakultät einen neuen Anlauf, um ihre seit 1848 vergeblich betriebene Inkorporierung in den Gesamtverband der Universität27 zu einem guten Ende zu bringen. Der Antrag nahm Bezug auf eine Resolution des Akademischen Senates der Universität Heidelberg, die den laizistischen Bestrebungen der Gegenwart mit aller Entschiedenheit entgegentrat – nicht zuletzt aus Gründen ihres universitären Selbstverständnisses, das durch eine Isolierung der theologischen Studien „einen schweren und unersetzlichen Verlust erleiden“ würde. Auf ähnliche Weise unterstützten auch die weltlichen Fakultäten in Wien das

___________ 21

Pavel Marek, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen, in: Handbuch der Religions- und Kirchengeschichte der böhmischen Länder und Tschechiens, S. 3-46, 9 ff.; Karl W. Schwarz, „Entösterreichern!“ (T.G. Masaryk) – Kultusrechtliche Weichenstellungen nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie, in: West Bohemian Historical Review 1 (2011) S. 187-198. 22 Gesetz vom 27.6.1919, Nr. 375/1919 = Gründungsdokument der ComeniusUniversität, Verordnung Nr. 595/1919. 23 GA XXXVI / 1912. 24 Karol Gábriš, Theologie im Dienst der Kirche. Symposium anlässlich des 60. Jahrestages der Evangelisch-theologischen Fakultät der Comenius-Universität zu Bratislava, Bratislava 1995, S. 28. 25 Gábor Viktor Orosz, Soprotól Sopronig: evangélikus hittudományi kar az egyetemen – http://teol.lutheran.hu/?lap=4 (8.12.2011). 26 Hanns Engelhardt, Die Vereinbarungen des ungarischen Staates mit den Kirchen, in: Hans Joachim Faller u.a. (Hrsg.), Verantwortlichkeit und Freiheit. Festschrift Willi Geiger, Tübingen 1989, S. 722-744, 741. 27 Gustav Reingrabner, Geschichtsmächtigkeit und Geduld: Probleme um die Eingliederung der Ev.-Theol. Fakultät der Universität Wien, in: Karl Schwarz / Falk Wagner (Hrsg.), Zeitenwechsel und Beständigkeit. Beiträge zur Geschichte der Ev.-theol. Fakultät in Wien 1821-1996, Wien 1997, S. 99-119.

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Anliegen der kleinen evangelischen Fakultät: Sie sei „zur Erhaltung der universitas litterarum unentbehrlich“.28 Dass die Angliederung 1922, im 101. Jahr ihres Bestehens, tatsächlich erfolgen konnte, lag an der politischen Konstellation. Denn gerade in den heiklen Fragen der religiösen Grundrechte war ein Konsens zwischen den Parteien nicht zu erzielen. Um das Verfassungswerk nicht zu gefährden, einigten sie sich auf einen historischen Kompromiss, nämlich den Grundrechtskatalog des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger aus 1867, der durch eine Rezeptionsklausel in die Verfassung aufgenommen wurde. Damit wurde aber zugleich das Staatskichenrecht der liberalen Ära übernommen. Was die Theologischen Fakultäten betrifft, so erbrachte eine Koalitionsabsprache zwischen den Christlichsozialen, der Partei des Politischen Katholizismus, und den Großdeutschen die Bestandssicherung aller Theologischen Fakultäten, wie in Weimar. Doch die Großdeutschen hatte ihre Zustimmung von einer Bedingung abhängig gemacht, dass diese Bestandsgarantie auch der Evangelisch-theologischen Fakultät zugute kommen und diese in den Verband der Alma Mater Rudolfina eingegliedert werden sollte. Das geschah auf gesetzlichem Wege 1922, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten.29

Der historische Zugang zum Thema hat gezeigt, dass die äußeren Umstände des Jahres 1919 auf der einen Seite eine verfassungsrechtliche Bestandssicherung der Theologischen Fakultäten in Deutschland erbrachten, weiters in Gestalt einer Kompromisslösung in Österreich den Status quo retteten, wobei die Bestandssicherung die Evangelisch-theologische Fakultät implizierte, schließlich unter laizistischen Vorzeichen in der Tschechoslowakei die Theologenausbildung in kirchlicher Regie beibehielt. Hier ist aber auch der Fall zu beobachten, dass eine Fakultät in staatliche Regie übernommen wurde, wenn sie die Ausbildung für eine Mehrzahl von Kirchen (protestantischer bzw. nicht-katholischer Provenienz) zu leisten hatte. Dieser Aspekt bewirkte in Prag seit der Gründung der Hus-Fakultät, die später 1948-1990 den Namen Comenius-Fakultät trug, eine größere ökumenische Offenheit und Freiheit gegenüber konfessionellen Festschreibungen. Sie hat in der Präambel und in Art. 2 des aktuellen Fakultätsstatuts30 ihren Niederschlag gefunden: – Ihre Sendung liege darin, durch freie Forschung der Erkenntnis der Wahrheit zu dienen, in der das Heil / Wohl der Menschheit liege, die Wissenschaft der evangelischen Theologie zu pflegen und allen, ohne Rücksicht auf kirchliche Zugehörigkeit den Zugang zu ermöglichen, – sie verpflichte sich zur Aufmerksamkeit gegenüber dem Zeugnis der Schrift, dem Erbe der tschechischen Reformation und der Weltreformation und zum Bestreben, diese mit Traditionen der christlichen Ökumene und mit zeitgenössischen Gedanken- und Geistesströmungen ins Gespräch zu bringen.

___________ 28 Karl Schwarz, „(…) zur Erhaltung der universitas unentbehrlich“. Die Inkorporierung der Evangelisch-theologischen Fakultät in die Alma Mater Rudolfina im Jahr 1922, in: WJTh 2 (1998), S. 393-428. 29 Novelle zum Universitätsorganisationsgesetz, Stenographisches Protokoll der 130. Sitzung des Nationalrates, 20.7.1922, 4182-4185 – BGBl. Nr. 546/1922. 30 Gespräch mit Prodekan Jan Roskovec (26.10.2009), der mir freundlicherweise eine Übersetzung des Fakultätsstatuts zur Verfügung stellte.

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– Sie verstehe sich in der Verantwortung gegenüber jenen Kirchen, die sie mit der Ausbildung ihrer geistlichen Amtsträger beauftragt haben, sowie auch gegenüber anderen theologischen Ausbildungsstätten im In- und Ausland, Kirchen und ökumenischen Einrichtungen, mit denen sie sich solidarisch verbunden weiß.

In Ungarn verhielt es sich völlig anders. Hier diente die Inkorporation einer Evangelisch-Theologischen Fakultät in die Königin Elisabeth-Universität in Pécs, 31 um zur Aufarbeitung der großen Identitätskrise nach Trianon beizutragen. Von der ungarischen Gesellschaft wurden dazu Impulse seitens der Theologie erwartet und eingemahnt. Dazu sollte auch die in Ödenburg / Sopron untergebrachte exponierte Lutherische-theologische Fakultät der Universität Pécs beitragen und den Ruhm der „civitas fidelissima“ (aufgrund der für Ungarn positiven Volksabstimmung am 14. Dezember 1921) unterstreichen. Das konfessionelle Profil der ungarländischen Fakultäten entsprach der überkommenen theologischen Tradition, die seit dem Scheitern eines Unionsprojekts im 19. Jahrhundert deutliche Grenzen zwischen A. B. und H. B. gezogen hatte. Eine programmatische Neugründung in Budapest32 hatte um die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesprochen unierte Züge aufgewiesen und sich ganz bewusst als Instrument zur Herstellung der ungarländischen Union zwischen A. B. und H. B. verstanden, sie war aber am konfessionellen Widerstand der lutherischen Slowaken und der reformierten Konfessionalisten in Debrecen gescheitert. Aus dieser unierten Akademie ging schließlich 1865 das reformierte Raday-Kollegium hervor, das heute als Theologische Fakultät in der Reformierten Károlyi-Gaspar-Universität wirkt. Eine für die Ausbildungsstätten in Ostmitteleuropa gravierende Epoche war jene des Kommunismus, der kommunistischen Machtherrschaft, in der die Theologie aus dem Raum der Universität verbannt oder davon ferngehalten wurde (Ungarn, Tschechoslowakei, Rumänien) und einer starken ideologischen Einflussnahme und politischen Reglementierung ausgesetzt wurde.33 Es ist nicht zu übersehen, dass nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems in Ostmitteleuropa die Theologischen Fakultäten (wieder oder erstmals) in ___________ 31

Regierungsbeschluss vom 8.2.1923. – Gábor Viktor Orosz, http://teol.lutheran.hu/ ?lap=4 (8.12.2011). 32 Joseph Székács / Paul Török, Memorandum über die Entstehung und kirchliche Beziehung der neu errichteten evangelisch-theologischen Lehranstalt in Pesth, Leipzig 1857. 33 Peter Maser / Jens Holger Schjørring (Hrsg.), Zwischen den Mühlsteinen. Protestantische Kirchen in der Phase der Errichtung der kommunistischen Herrschaft im östlichen Europa, Erlangen 2002; dies. (Hrsg.), Wie die Träumenden? Protestantische Kirchen in der Phase des Zusammenbruchs der kommunistischen Herrschaft im östlichen Europa, Erlangen 2003; Hartmut Lehmann / Jens Holger Schjørring (Hrsg.), Im Räderwerk des „real existierenden Sozialismus“. Kirchen in Ostmittel- und Osteuropa von Stalin bis Gorbatschow, Göttingen 2003.

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den Verband der Universitäten zurückgeholt wurden. Das geschah um erfahrenes Unrecht zu beseitigen, aber auch, um den Ruf der Universitäten in der Öffentlichkeit zu verbessern und sie am beachtlichen Sozialprestige der Kirchen zu beteiligen. Es versetzte freilich die Theologischen Fakultäten in einen völlig neu zu gestaltenden Kommunikationsraum.34 In Budapest wurde 1989 die Rückkehr der Theologischen Fakultäten ernsthaft erwogen, sie wurde jedoch von Seiten der katholischen Kirche zurückgewiesen, weil bereits die Vorstellung einer katholischen Universität als „ideologisches“ Gegengewicht zur staatlichen Eötvös-Loránd-Universität zum Tragen kam.35 Die Gründung der (katholischen) Pazmány-Péter-Universität erfolgte dann 1992.

III. Staat und Kirche in Südostmitteleuropa – ein Vergleich Ein Vergleich zwischen den Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Österreich erbringt zum Thema „Staat und Kirche“ charakteristische Unterschiede, die sich gerade auch auf die Konstruktion der Theologischen Fakultäten auswirkt.

1. Tschechien In dem am stärksten säkularisierten Land (58,3 % der Bevölkerung gehören keiner Kirche oder Religionsgesellschaft an), herrscht ein verfassungsrechtlich abgesichertes System der Religionsfreiheit und der Parität, das als „Kooperationsmodell“ bezeichnet wird.36 Elemente dieses Modells sind das Prinzip der Nichtidentifikation mit einer Kirche und der Autonomie. Ein Konkordat mit dem Hl. Stuhl wurde zwar ausverhandelt, aber noch nicht ratifiziert, weil sich eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus dagegen aussprach. Dadurch ist der Fragenkomplex der Restituierung des Kirchengutes als Grundlage der Kirchenfinanzierung noch ungelöst.37 Das bedeutet, dass das kommunistische Gesetz ___________ 34 Zdenĕk Kučera, Die Situation der theologischen Fakultäten an der Universität, in: Communio Viatorum 37 (1995) S. 205-213, 212; ders., Die Situation der Theologischen Fakultäten, in: Anna-Katharina Szagun (Hrsg.), Die religiöse Dimension (in) der Gesellschaft und die Aufgabe der Theologischen Fakultäten, Rostock 1997, S. 55-62. 35 István Karasszon, Die Wiedereingliederung Evangelisch-Theologischer Fakultäten in den universitären Zusammenhang, in: Szagun, Die religiöse Dimension (Fn. 34), S. 47-53. 36 Jiří Rajmund Tretera, Staat und Kirche in der Tschechischen Republik, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), Staat und Kirche in der Europäischen Union, Baden-Baden ²2005, S. 37-58. 37 G2W 2011/2, S. 8 f.; G2W 2011/7-8, S. 9; Ondřej Macek, Protestantismus in Tschechien, in: RGOW 2011/11, S. 8 f.

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über die wirtschaftliche Sicherung der Kirchen nach wie vor in Kraft ist. Die Kirchenfinanzierung erfolgt also aus den Mitteln des Staatsbudgets. Die Kooperation zeigt sich an verschiedenen Vereinbarungen betr. Militärseelsorge, Gefängnisseelsorge, Rundfunk etc. Ein Element der Verbindung sind auch die Theologischen Fakultäten an öffentlichen Universitäten.38 Theoretisch hätten die Kirchen auch die Möglichkeit Privatuniversitäten zu gründen, was bisher nicht geschehen ist. Es gibt insgesamt fünf Theologische Fakultäten in Tschechien, drei an der Karlsuniversität, zwei katholische Fakultäten an anderen Universitäten.39 Daneben bestehen Theologische Institute an anderen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen zur Ausbildung der ReligionspädagogInnen.

2. Slowakei In der Slowakei, einem stark katholisch geprägten Land (über 73 % der Bevölkerung ist römisch- oder griechisch-katholisch), besteht ein Verhältnis der Koordination von Staat und Kirche und der Parität, es beschreitet einen „Mittelweg“ zwischen strikter Trennung und staatskirchlichen Lösungen.40 Die Slowakei versteht sich als religiös-neutraler Staat und hängt laut Verfassung keiner Weltanschauung oder Religion an, auch wenn in der Präambel auf die Bedeutung von Cyrill und Method und das historische Vermächtnis von Großmähren verwiesen wird. Bezüglich der Kirchenfinanzierung ist dasselbe Gesetz wie in Tschechien in Kraft und regelt die Finanzierung der Geistlichen aller Kirchen nach einem bestimmten Schlüssel aus dem Staatsbudget. Als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche geordnet sind die Theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten:41 Bratislava (römisch-katholisch; evangelisch), Prešov / Eperies (griechisch-katholisch, orthodox), an der (ungarischsprachigen) János-Selye-Universität in Komorn / Komárno / Komárom (reformiert), und Trnava / Tyrnau (römisch-katholisch), weiters an der 2002 gegründeten Katholischen Universität Ružomberok / Rosenberg. Ein kulturwissen___________ 38

Jiří Rajmund Tretera / Vladimir Kindl, Theologenausbildung – Theologische Fakultäten, in: Tretera / Wolfgang Wieshaider (Red.), Recht und Religion in Mittel- und Osteuropa, Bd. 2: Tschechien, Wien 2004, S. 84-90. 39 Jiří Rajmund Tretera / Zaboj Horák, Die theologische Ausbildung in der Tschechischen Republik, in: Adrian Loretan (Hrsg.), Theologische Fakultäten an europäischen Universitäten, Münster 2004, S. 155-161, 159 ff. 40 Wolfgang Wieshaider / Peter Mulík (Red.), Recht und Religion in Mittel- und Osteuropa Bd. 1: Slowakei, Wien 2001; Karl Schwarz, Das Recht der Religionsgemeinschaften in der Slowakei, in: Wolfgang Lienemann / Hans-Richard Reuter (Hrsg.), Das Recht der Religionsgemeinschaften in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, Baden-Baden 2005, S. 443-471. 41 Michaela Moravčiková, Staat und Kirche in der Slowakischen Republik, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 36), S. 533-563, 550.

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schaftlicher Lehrstuhl mit einem religionspädagogischen Ausbildungsgang besteht an der Universität Žilina / Sillein, ein evangelikal-freikirchlicher Lehrstuhl an der Matej-Bel-Universität in Banská Bystrica / Neusohl.

3. Ungarn Die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien in Ungarn sind anders als in den anderen ostmitteleuropäischen Ländern und führen zu anderen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Theologischen Fakultäten.42 Aus dem verfassungsrechtlich festgeschriebenen (§ 60 Abs. 3 Verfassung) Trennungsgrundsatz werden in Ungarn noch weitere Folgerungen gezogen, die über das Verbot einer institutionellen Verflechtung von Staat und Kirche und einer inhaltlichen Identifikation mit der Lehre irgendeiner Kirche oder Religionsgesellschaft oder das Gebot der religiösen Neutralität des Staates hinausreichen, die ihn daran hindert, zu inneren Angelegenheiten der Kirchen Stellung zu nehmen. Die in Ungarn gebräuchliche Interpretation des Trennungsgrundsatzes geht weiter und schließt auch aus, dass der Staat im Sinne einer res mixta als „gemischte / gemeinsame Angelegenheit“ an seinen Universitäten Theologische Fakultäten oder Einrichtungen zur Ausbildung von Religionslehrern oder geistlichen Amtsträgern unterhält. Dementsprechend stehen alle diese Einrichtungen unter kirchlicher Trägerschaft, werden aber vom Staat in entsprechender Weise subventioniert (vergleichbar der staatlichen Lehrerausbildung in literarischen Fächern). Zusammenfassend wurde das Verhältnis Staat-Kirche in Ungarn als „eine auf Kooperation offene Trennung“ bezeichnet,43 die weder staatskirchliche noch religiösindifferente Konsequenzen zulässt. Im Vergleich zu anderen mitteleuropäischen Gesellschaften ist in Ungarn die Trennung demnach deutlicher ausgeprägt. Das kann am Beispiel der Theologie gezeigt werden, die im Unterschied zur Religionswissenschaft an staatlichen Universitäten nicht gelehrt werden darf. Alle universitären und hochschulischen Einrichtungen müssen jedoch staatlich akkreditiert werden – durch einen Akkreditierungsausschuss, der die Anerkennung von Fakultäten, Hochschulen, Fächern empfehlen kann (notwendig für die Ausbildung und die vermittelten akademischen Grade), wobei die Anerkennung durch das Parlament nach Regierungsvorlage ausgesprochen wird. Die Zahl der finanzierungsberechtigten Studienplätze wird in Verträgen ___________ 42 Balázs Schanda, Staatskirchenrechtliche Kontexte der theologischen Fakultäten in Ungarn, in: Loretan, Theologische Fakultäten (Fn. 39), S. 145-153; ders., Das Recht der Religionsgemeinschaften in Ungarn, in: Lienemann / Reuter, Religionsgemeinschaften (Fn. 40), S. 547-568; ders., Staat und Kirche in Ungarn, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 36), S. 351-376; ders., Ungarisches Staatskirchenrecht 15 Jahre nach der Wende, in: Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht [ZevKR] 52 (2007) S. 560-570. 43 Schanda, Staatskirchenrechtliche Kontexte (Fn. 42), S. 146.

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zwischen Staat und dem jeweiligen kirchlichen Träger der Einrichtung festgesetzt. Akkreditiert wurden bisher neben der römisch-katholischen PazmányPeter-Universität (mit fünf Fakultäten) und dem Rabbinerseminar / Jüdische Universität (mit drei Fakultäten) und beinahe dreißig Theologische Hochschulen für verschiedene Konfessionen: – zwei kalvinistische Fakultäten (an der Reformierten Károli-Gáspár-Universität [mit vier Fakultäten in Budapest, Kécskemet und Nagykörös] und in Debrecen); – eine lutherische Universität in Budapest; – Reformierte Hochschulen in Pápa, Sárospatak (ohne Promotions- und Habilitationsrecht).

4. Rumänien Das neue Religions- / Kultusgesetz aus dem Jahre 2006,44 um das viele Jahre gerungen wurde und das kurz vor dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union realisiert werden konnte, orientiert sich an europäischen religionsrechtlichen Standards der Religionsfreiheit und ordnet sich „in der Mitte“ zwischen staatskirchlichen und laizistischen Modellen ein, verzichtete auf die lange umstrittene besondere Hervorhebung der Rumänisch-orthodoxen Kirche als „Nationalkirche“,45 deren bedeutende Rolle in der Geschichte des rumänischen Volkes und im Leben der rumänischen Gesellschaft – neben anderen Kirchen und Religionsgesellschaften – gleichwohl notiert wird (Art. 7 Abs. 2). Das Gesetz stellt fest, dass es in Rumänien keine Staatsreligion gebe (Art. 9 Abs. 1) und sich der Staat gegenüber allen religiösen Bekenntnissen oder atheistischer Ideologie neutral verhalte. Theologische Fakultäten oder Abteilungen bestehen an staatlichen Universitäten:46 elf rumänisch-orthodoxe Fakultäten und vier entsprechende Abteilungen an anderen Fakultäten, zwei römisch-katholische Fakultäten, eine griechisch-katholische und eine evangelisch-theologische Fakultät. Einen besonderen Anspruch erhebt die Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg / Kolozsvár / Cluj-Napoca,47 welche als älteste und größte Universität ___________ 44 Abgedr. in: öarr 53 (2006) S. 411-426 – dazu Eva Synek, Das Rumänische Religionsgesetz, in: öarr 53 (2006) S. 427-432; Friedrich Gunesch, Das Verhältnis von Staat und Kirche im Lichte des neuen Kultusgesetzes, in: JMLB 55 (2008) S. 105-112. 45 Berthold W. Köber, Das Recht der Religionsgemeinschaften in Rumänien, in: Lienemann / Reuter, Religionsgemeinschaften (Fn. 40), S. 355-392, 368 ff.; Monica Vlad, Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat [Rumänien], in: ZevKR 52 (2007) S. 543559. 46 Köber, Das Recht der Religionsgemeinschaften in Rumänien (Fn. 45), S. 378. 47 Karl W. Schwarz, Religion und Kirchen in Rumänien, in: Thede Kahl / Michael Metzeltin / Mihai-Răzvan Ungureanu (Hrsg.), Rumänien, Wien / Münster 2006, S. 581599, 584.

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des Landes über vier Theologische Fakultäten für die historischen Kirchen in Siebenbürgen verfügt. Daneben gibt es landesweit vier römisch-katholische, drei griechisch-katholische und vier freikirchliche Theologische Hochschulen sowie eine protestantisch-ökumenische Theologische Hochschule (mit Universitätsgrad) in Klausenburg / Kolozsvár / Cluj-Napoca mit je einer ungarischsprachigen reformierten, unitarischen und evangelisch-lutherischen Fakultät.48 Der deutschsprachige Zweig dieser Theologischen Hochschule, der seit 1955 im Bischofshaus in Hermannstadt / Sibiu untergebracht war,49 wurde 2006 als Theologisches Institut der Lucian-Blaga-Universität Sibiu angeschlossen.50

5. Österreich Das in der historischen Hinführung erwähnte Staatsgrundgesetz von 1867 ist noch immer in Kraft. Das hat zur Folge, dass das hier grundgelegte Staatskirchenrecht mit dem der Zweiten Republik verbunden wurde und durch die Europäische Menschenrechtskonvention von 1958, die in Österreich als Teil der Bundesverfassung gilt, weiter entwickelt wurde. Es herrscht ein System der institutionellen Trennung von Staat und Kirche – mit einzelnen Elementen der Verbindung. Dazu zähle ich das Kultusamt im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und neben dem Religionsunterricht, der von den Kirchen durchgeführt wird, auch die Theologischen Fakultäten. Es gibt fünf katholische Fakultäten (Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck und eine solche päpstlichen Rechts in Linz) und eine evangelische Fakultät (mit derzeit elf Professuren),51 eine Ausbildungsstätte für islamische Theologen wird derzeit aufgebaut. ReligionspädagoInnen für den Pflichtschulbereich werden an einer ökumenisch eingerichteten „Kirchlichen Pädagogischen Hochschule“ ausgebildet, von der ganz erhebliche Impulse für das ausgezeichnete ökumenische Klima in Österreich ausgehen.52 ___________ 48

László Attila Kovács, Ungarische protestantische Pfarrerausbildung in Siebenbürgen, in: JMLB 49 (2002) S. 131-138. 49 Hans Klein, Evangelische Theologie in Hermannstadt (Sibiu), in: JMLB 49 (2002) S. 139-153. 50 Gerd Stricker, Eingliederung in die Universität Sibiu, in: G2W 2006/10, S. 6 f.; Hans Klein, Bericht des Dekans über das Studienjahr 2005/2006, in: Konfluenzen Nr. 6/2006, S. 9-12. 51 Gottfried Adam, Die Theologie als Wissenschaft in ihrer Bedeutung für die kirchliche Praxis, in: Ostkirchliche Studien 58 (2009) S. 123-137. 52 Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich (Hrsg.), Begegnung und Inspiration. Fünfzig Jahre Ökumene in Österreich, Wien / Graz / Klagenfurt 2008 (mit Beiträgen von Walter Hagel, Raoul Kneucker, Ulrike Greiner); Christine Gleixner, Ökumene in Österreich – ein Lernprozess (Lernweg) als Herausforderung für alle Kirchen, in: Michael Bünker (Hrsg.), Evangelische Kirchen und Europa, Wien ²2006, S. 93-111.

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Als Einrichtungen zur Ausbildung des geistlichen Nachwuchses der jeweiligen Kirche und zur Förderung der theologischen Wissenschaften wird etwa die Evangelisch-theologischen Fakultät der Evangelischen Kirche (nicht der Universität) gewährleistet (Protestantengesetz 1961); daraus folgt ein „Doppelstatus“,53 d. h. sie ist als staatliche Einrichtung innerhalb der Wissenschaftsverwaltung ein integraler Bestandteil der vom staatlichen Kulturauftrag getragenen Universität und geschützt durch das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 17 StGG); sie ist aber zugleich ein äußeres Rechtsverhältnis der Evangelischen Kirche und nur als „gemeinsame Angelegenheit“ zu verstehen und wird deshalb im „Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche“ (BGBl. Nr. 182/1961) = Protestantengesetz geregelt.54 Dieses sieht ein rechtlich abgestimmtes Zusammenwirken von Staat und Kirche vor. Das bedeutet, dass universitätsrechtliche Strukturreformen, organisationsrechtliche Veränderungen der Universitäten sowie die Verlagerung budgetrechtlicher Kompetenzen in den Autonomiebereich der Universitäten und deren Bindung an Zielvereinbarungen an der generellen institutionellen Gewährleistung der Theologischen Fakultät nichts ändern. Aus dieser Rechtslage resultieren Sonderbestimmungen bei den hochschul- und studienrechtlichen Regelungen und die Rücksichtnahme auf konkordatäre oder sonstige religionsrechtliche Vorgegebenheiten, etwa das Protestantengesetz.55

IV. Der Einfluss der Kirchen auf die Fakultäten Der Einfluss der Kirchen auf die Fakultäten ist unterschiedlich ausgestaltet.56 In Prag vermeiden die protestantischen Kirchen (im Unterschied zur RömischKatholischen Kirche) jedweden weiterreichenden rechtlichen Einfluss, etwa bei Berufungen, aber auch indirekt in Form einer Konfessionsklausel, sie geben sich mit der Kenntnisnahme der Fakultätsstatuten zufrieden. Die Fakultäten ___________ 53 Karl W. Schwarz, Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Wien im Spannungsfeld zwischen Brüssel, Bologna und Wittenberg, in: öarr 55 (2008) S. 327343, 330. 54 Karl Schwarz, Die Wiener Evangelisch-Theologische Fakultät. Eine gemeinsame (!) Angelegenheit von Staat und Kirche, in: Hans Walther Kaluza u.a. (Hrsg.), Pax et Iustitia. Festschrift für Alfred Kostelecky zum 70. Geburtstag, Berlin 1990, S. 171-182. 55 Martha Seböck, Universitätsgesetz 2002. Gesetzestext und Kommentar, Wien ²2003, S. 133. 56 Sehr kritisch gegenüber dem kirchlichen Einfluss Hans-Georg Babke, Theologie in der Universität aus rechtlicher, theologischer und wissenschaftstheoretischer Perspektive, Frankfurt am Main 2000, S. 106 ff. – wie hier im Sinne eines Doppelstatus der Theologischen Fakultäten: Adrian Loretan, Haben Theologische Fakultäten eine Zukunft in den staatlichen Universitäten Europas?, in: Konrad Breitsching / Wilhelm Rees (Hrsg.), Recht – Bürge der Freiheit. Festschrift für Johannes Mühlsteiger SJ zum 80. Geburtstag, Berlin 2006, S. 1021-1030.

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sind vollständig in die Universitätsstrukturen eingegliedert, ihre Statuten werden allerdings den entsprechenden Kirchen (Römisch-Katholische Kirche, Hussitische Kirche) vorgelegt, wenn es deren innere Vorschrift vorsehen (z. B. can. 816 § 1 CIC/1983). Die protestantischen Kirchen, deren geistlicher Nachwuchs in Prag ausgebildet wird (Ev. Kirche der Böhmischen Brüder, Methodistenkirche in Tschechien, Brüderunität, Brüderkirche in Tschechien) verzichten insbesondere auf eine Beteiligung bei allfälligen Berufungsverfahren. Die Habilitation bzw. Berufung der Professoren und der Lehrstuhlinhaber erfolgt ohne kirchliche Anteilnahme, allerdings auf differenzierte Weise. – Die Habilitation erfolgt durch die Fakultät, sie wird aber vom Wissenschaftlichen Rat der Universität überprüft und bestätigt. Der Wissenschaftliche Rat „mischt“ mit und kontrolliert auf der Grundlage der Wissenschaftlichkeit, der wissenschaftlichen Plausibilität und Diskursfähigkeit der Habilitationsschrift. Die Einmischung reicht von formellen Rückfragen bis zu inhaltlichen theologischen Kriterien. – Die Besetzung der Professuren erfolgt über Vorschlag der Fakultät durch den Wissenschaftlichen Rat der Universität (analog zur Habilitation). Die Ernennung erfolgt durch den Staatspräsidenten aufgrund der Entscheidung der Universität. – Die Besetzung der Lehrstühle erfolgt durch die Fakultät autonom. Diese ist dabei nicht an eine „Habilitation“ in wissenschaftlicher oder konfessioneller Hinsicht gebunden. [Es bestehen drei Klassen von akademischen Lehrern: A, B, C, wobei zwischen Lehre und Forschung differenziert wird – mit Gratifikationsunterschieden].

In der Slowakei verhält es sich völlig konträr. Hier ist der kirchliche Einfluss durch die Bindung des Lehrkörpers an die kirchliche vocatio zum Ausdruck gebracht (Satzung der Universität Bratislava Art. 4 Ziff. 2 lit.e), weiters bei Berufungen durch ein votum decisivum der Kirchenleitung. Das bezieht sich nicht nur auf die Evangelische Kirche A.B., sondern gilt mutatis mutandis auch für die Reformierte Christliche Kirche im Blick auf die Fakultät in Komorn / Komárno / Komárom. Die Kirchenleitungen sind auch an der Festlegung der Fakultätsstatuten beteiligt; diese können vom jeweiligen Akademischen Senat nur verabschiedet werden, nachdem die jeweilige Kirche dies beantragt hat. Die Ernennung der Professoren erfolgt nach Evaluierung der wissenschaftlichen Leistungen der für die Ernennung vorgeschlagenen Dozenten. Das Verfahren ist verschränkt und beteiligt den Wissenschaftsrat der Fakultät und der Universität, das Rektorat und die Kirchenleitung, der ein votum decisivum zukommt, sowie den zuständigen Minister. Von der Mindestzahl an vollamtlichen Professoren hängt die Akkreditierung der Fakultät ab. In Ungarn, wo die Trennung zwischen Staat und Kirche am augenscheinlichsten durchgeführt wurde, ist der Einfluss der Kirchen auf die theologischen Ausbildungsstätten evident, denn der kirchliche Träger der Schulen verfügt über ein votum decisivum bei sämtlichen Personalentscheidungen. Hier war allerdings die Verfahrensweise strittig, wie und durch wen Professoren an kirchlichen Universitäten ernannt werden, ob analog den staatlichen Universitätspro-

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fessoren durch den Präsidenten und wie dies mit der Trennungsklausel zu vereinbaren wäre. Ein Kompromiss wurde gefunden, welcher für den Besetzungsvorschlag das Einvernehmen mit der Kirche oder den privaten Hochschulträger vorschreibt.57 In Österreich sind die Kirchen in unterschiedlicher Weise am Berufungsverfahren der Professoren beteiligt: Im katholischen Bereich bestehen Nihil-obstatbzw. Missio-canonica-Regelungen, bei der Evangelischen Kirche verdünnt sich die Beteiligung der Kirchenleitung bei Berufungsverfahren auf eine „Fühlungnahme“. Sie hat nunmehr im autonomen Wirkungsbereich der Universitäten (mit monokratischer Entscheidungsvollmacht des Rektors) zu erfolgen. D.h. der Rektor ist verpflichtet, bevor er aus dem Besetzungsvorschlag der Fakultät eine Auswahlentscheidung trifft, an die Kirchenleitung heranzutreten, der ein votum consultativum zugestanden wurde. Das Kultusamt, welches § 15 des Protestantengesetzes umzusetzen hat, muss ebenfalls eingebunden sein. Die äußerst vage Bestimmung bezüglich der kirchlichen Mitbefassung ist der Reflex auf mehrjährige Verhandlungen, die zunächst auf eine zum Konkordat analoge Lösung (Nihil obstat, missio canonica) hinausliefen, aber am Widerstand der Fakultät gescheitert waren. Ebenso konfliktreich gestaltete sich die Beteiligung der Kirche bei den universitären Prüfungen: Nach langen Diskussionen über das sogenannte „Fragerecht“ konnte das Problem durch einen Kompromiss entschärft werden.58 Auch unter den neuen hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen konnte zwischen Universität und Kirchenleitung nunmehr ein Konsens erzielt werden,59 der geeignet ist, sowohl die kirchlichen Ansprüche im Blick auf die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses zufrieden zu stellen, als auch der Profilierung der Fakultät im interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs an der Universität Rechnung zu tragen.60

V. Konfessionsklauseln als Tendenzschutz Konfessionsklauseln61 sind Ausdruck eines gerechtfertigten Tendenzschutzes der betreffenden Einrichtung und sichern eine spezifische Loyalitätsoblie___________ 57 Balázs Schanda, Stabilität und Anpassungsbedarf im ungarischen Staatskirchenrecht, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 177 (2008) S. 40-55, 51. 58 Albert Stein, Diskussion um das Bundesgesetz über das Studium der evangelischen Theologie, in: ÖAKR 31 (1980) S. 190 f. 59 Evangelischer Pressedienst für Österreich Nr. 43 / 20.10.2009 – dazu Raoul Kneucker, Verträge mit Kirchenleitungen, in: öarr 58 (2011) S. 293-308. 60 Robert Schelander, Evangelische Theologie im Spannungsfeld zwischen kirchlichen und schulischen Anforderungen und dem universitären Studienprogramm, in: Ostkirchliche Studien 58 (2009) S. 152-168. 61 Dazu Christoph, Kirchen- und staatskirchenrechtliche Probleme (Fn. 14), S. 74 ff.

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genheit der Mitarbeiter ab. Solche bestehen in Prag nicht, was mit Rücksicht auf die ökumenische Ausrichtung der Fakultät nicht verwundert. So ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass dort eine Lehrkanzel durch einen römischkatholischen Professor und römisch-katholischen Assistenten geleitet wird. In Pressburg / Bratislava sichert eine Konfessionsklausel das lutherische Profil des Lehrkörpers und die „Verantwortung gegenüber dem konfessionellen Erbe“.62 Dabei wird freilich großer Wert darauf gelegt, dass die konfessionelle und ethnische Identität nicht mehr als Zielvorstellung paradigmatisch vorgegeben ist, sondern als Mittel verstanden wird, um eine „friedliche und konstruktive Kommunikation“ zu erzielen.63 In diesem Sinne konnten auch schon Habilitationsverfahren reformierter Theologen magyarischer Zunge durchgeführt werden. Konfessionsklauseln bezüglich des Lehrkörpers bestehen auch in Budapest und Wien. An der lutherischen Universität in Budapest wird so die konfessionelle Struktur des Lehrkörpers, mindestens in den theologischen Kernfächern gesichert, wenn dies nicht schon allgemein durch das Ernennungserfordernis einer kirchlichen vocatio geschieht. Habilitations- und Promotionsverfahren werden wechselweise an Reformierten Fakultäten in Debrecen und Budapest abgewickelt, reformierte Promovenden und Habilitanden an der Lutherischen Universität in Budapest. In Wien nennt das Protestantengesetz ausdrücklich das Erfordernis einer kirchlichen Mitgliedschaft beim Lehrkörper. Professoren bekleiden konfessionell gebundene Staatsämter,64 eine Bestimmung, die eine sachlich gebotene Diskriminierung enthält und deshalb dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgebot nicht widerspricht und auch vor dem Forum des europäischen Antidiskriminierungsrechts Bestand haben sollte. Gastprofessoren, Gastdozenten und -vortragende, weiters das wissenschaftliche und das nichtwissenschaftliche Personal dürfen auch anderen Kirchen, insbesondere Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen angehören. Da seit 1994 auch die Römisch-Katholische Kirche Vollmitglied im ÖRKÖ ist, hat sich der Regelungsgehalt dieser Bestimmung erheblich gewandelt und richtet sich nur gegen Ausgetretene. Umstritten ist im Übrigen bei allen Fakultäten der Fall einer Lehrbeanstandung.65 Wie ist zu verfahren, wenn ein Professor aus der Kirche austritt und ___________ 62 Július Filo, Erwartungen der Kirche an die Theologenausbildung, in: Robert Schelander / Wolfgang Wischmeyer (Hrsg.), Dokumentation der vierten SOMEF-Konferenz, Wien 2005, S. 54-63, 56. 63 Prostredník / Hanus / Žitňan, Faculty of Evangelical Theology (Fn. 5) S. 173. 64 Axel Freiherr von Campenhausen, Das konfessionsgebundene Staatsamt (1981), Nachdruck in: ders., Gesammelte Schriften, Tübingen 1995, S. 201-210. 65 Auf Deutschland bezogen: Joachim E. Christoph, Nachträgliche Lehrbeanstandung eines evangelischen Theologieprofessors, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 107 (2010) S. 505-531.

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sich einer protestantischen Freikirche anschließt? Da es sich um einen Träger eines konfessionellen Staatsamtes handelt, verliert er im Falle seines Kirchenaustrittes eine wesentliche und indispensable Ernennungsvoraussetzung und ist deshalb ex lege aus seinem Lehramt zu entfernen. In den Fakultätssatzungen der SOMEF-Fakultäten wird der Frage der Lehrbeanstandung keine Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl solche Fälle aufgetreten sind. Der Fall eines ungarischen Theologieprofessors, der von seiner Fakultät in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde und beim Arbeits- und Sozialgericht die Wiedereinstellung erstreiten wollte, beschäftigte sogar die ungarischen Höchstgerichte, weil die Gerichte eine Entscheidung aus Gründen der verfassungsrechtlichen Trennung von Staat und Kirche verweigerten, der Theologieprofessor aber auf Rechtsschutz bestand. Ein für das ungarische Trennungsmodell komplizierter Rechtsfall, denn das Gericht hätte über einen innerkirchlichen Vorgang zu entscheiden. Das Verfassungsgericht wies den Antrag zurück, wenn es auch die Rechtsschutzgewährleistungspflicht der Gerichte in solchen strittigen Grenzfragen präzisierte und klärte.66 Was die konfessionelle Bindung der Studierenden betrifft, so ist das Ergebnis meiner Recherchen eindeutig: sie unterliegen keinen Konfessionsklauseln, diesen ist es möglich, Lehrveranstaltungen aller Fakultäten zu besuchen, sofern sie die studienrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Eine Konfessionsklausel wäre eine nicht EU-konforme Diskriminierung aus religiösen Gründen. Umstritten ist freilich, ob fremdkonfessionelle Studierende ein reguläres Studium bis hin zur Promotion absolvieren dürfen. In Wien wurden jüdische, altkatholische und orthodoxe Absolventen promoviert, wobei immerhin argumentiert werden kann, dass ihnen sonst keine Möglichkeit eines regulären Theologiestudiums offen stünde. Wie sieht es aber bei einem allfälligen Promotionsansuchen eines römisch-katholischen Studierenden an der Evangelisch-Theologischen Fakultät – und vice versa aus? Nach meinem Verständnis würde ein solches Verfahren die Konfessionalität der Fakultät sprengen und die Integrität der Fakultät gefährden. Das schließt nicht aus, dass in Promotions- und Habilitationsverfahren Gutachten von Professoren der jeweiligen Nachbarfakultät eingeholt werden, wenn sie von der Sache her geboten sind und zur Steigerung des interkonfessionellen Diskurses beitragen.

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Schanda, Stabilität und Anpassungsbedarf (Fn. 57), S. 53 f.

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VI. Der Bologna-Prozess – eine Herausforderung für Zuordnung und Autonomie der Fakultäten Der sogenannte Bologna-Prozess hat die Frage der Autonomie der Theologischen Fakultäten gegenüber der Kirche mit Nachdruck gestellt.67 Die dabei zu beobachtende Kontroverse gipfelte in der Feststellung, dass die Einführung der gestuften Bachelor-Master-Studiengänge ohne Zustimmung der Kirche nicht möglich seien, weil es der Kirche obliegt, die Voraussetzungen für den Zugang zum Pfarrerberuf zu definieren.68 Als Gegenargument wurde vorgetragen, der Bolognaprozess gehöre gleichsam zu den allgemeinen Staatsgesetzen, denen die Kirche auch bei der Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten unterworfen sei. Kann man die staatlichen Hochschulgesetze als Schranken des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts sehen, oder müssen diese nicht ihrerseits das Grundrecht der Religionsfreiheit und die Kirchenfreiheitsgarantie beachten? Die Frage, von einem renommierten Staatsrechtslehrer so zugespitzt, wurde mit Nachdruck im Sinne der Kirchenfreiheit beantwortet.69 Dem Staat obliegt es, die allgemeinen Wissenschaftsstandards zu setzen, der Kirche hingegen, die Anforderungen festzulegen, die an die Vorbildung ihrer geistlichen AmtsträgerInnen gestellt werden. Dabei sind diese Anforderungen mit den Wissenschaftsstandards zu korrelieren. Nicht ohne Grund wird daher bei der rechtlichen Ordnung der Theologischen Fakultäten auf ein Zusammenwirken von Staat und Kirche wert gelegt und das Regelungskonstrukt als „gemeinsame“ Angelegenheit definiert.70 ___________ 67 Friedrich Schweitzer / Christoph Schwöbel (Hrsg.), Aufgaben, Gestalt und Zukunft Theologischer Fakultäten, Gütersloh 2007; Christian Grethlein / Lisa J. Krengel, Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf die Evangelische Theologie, in: Una Sancta 66,2 (2011), S. 103-112; Lisa J. Krengel, Die Evangelische Theologie und der BolognaProzess, ev.-theol. Diss., Münster 2011. 68 So mit Nachdruck Heinrich de Wall, Die Evangelisch-theologischen Fakultäten in der Hochschulreform – staatskirchenrechtliche Aspekte, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 101 (2004) S. 218-236, 230; ders., Rechtliche Rahmenbedingungen für Theologische Fakultäten und deren Entwicklung. Die Stellung der Evangelisch-Theologischen Fakultäten und des Studiums der Theologie in erneuerten Universitätsstrukturen und im Bologna-Prozess, in: Schweitzer / Schwöbel, Aufgaben (Fn. 67), S. 40-55, 52; Joachim E. Christoph, Zwangsweise Einführung gestufter Bachelor- / Masterstudiengänge in den Ev.-theol. Fakultäten?, in: ZevKR 52 (2007) S. 129-161, 151; ders., Kirchen- und staatskirchenrechtliche Probleme der Evangelisch-theologischen Fakultäten (Fn. 14), S. 100 ff. 69 Christoph Link, Der Rechtsstatus der Theologischen Fakultäten, in: Theologische Rundschau 53 (1988) S. 405-416, 408 f. 70 So auch mit Nachdruck Joachim Christoph, dessen juristische Expertise auch den diesbezüglichen Initiativen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) zugrunde liegt: „Die Ausbildung für das ordinationsgebundene Amt in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“. Mir liegt das vom Rat der GEKE am 11.2.2011 für das Stellungnahmeverfahren freigegebene Papier vor.

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Davon unabhängig haben die Fakultäten in Deutschland Bachelor- und konsekutiv gestufte Masterstudiengänge („Religion und Kultur“, Kunstgeschichte des Christentums“, „Medien – Ethik – Religion“, „Antike Kulturen“, „Religion im Kontext“, „Geschichte und Theologie des Christentums“, „Ecumenical Studies“) konstruiert, die zusätzliche InskribentInnen anlocken und die Theologischen Fakultäten mit anderen Fakultäten vernetzen. Da auch von freikirchlichen Seminaren und Fachhochschulen gestufte und modularisierte Studiengänge angeboten werden, die zu BA- und MA-Studienabschlüssen führen,71 hat sich der „Markt“ der Theologie erheblich erweitert, freilich auch die Konkurrenz- und Konfliktanfälligkeit verstärkt. Deshalb hat der Fakultätentag 2010 beschlossen, dass Studienleistungen, die an den freikirchlichen Fachhochschulen erbracht werden, „grundsätzlich nicht anerkannt werden können für den Studiengang zum Ersten Theologischen Examen / Magister Theologiae“72 – und zwar aus Gründen ihrer unterschiedlichen konfessionellen Profile und ihres erst zu prüfenden unterschiedlichen Wissenschaftsverständnisses. Die SOMEF-Fakultäten sind auch an dieser Stelle herausgefordert. Sie haben den Bolognaprozess unterschiedlich implementiert, teilweise zur Gänze wie die beiden Prager Fakultäten, Klausenburg und Hermannstadt73 oder mit Vorbehalt: Wien,74 teilweise wurden für die fachtheologischen Studienprogramme Ausnahmeregelungen getroffen (Bratislava, Budapest). Es ist in diesem Zusammenhang der Blick dafür geschärft worden, dass im Zuge solcher europaweiten Hochschul- und Studienreformen die Theologie nicht allgemeinen universitären Verwaltungsgesichtspunkten untergeordnet werden dürfe (so aber bei der Zusammenlegung der Theologischen Fakultäten in Erlangen, Hamburg und Mainz), dass nicht finanzpolitische Sachzwänge strukturelle Veränderungen herbeiführen dürfen, welche die Zusammengehörigkeit der Theologischen Fakultäten und der jeweiligen Kirchen in Zweifel ziehen. Schließlich ist auch vom Wissenschaftsrat in Deutschland in seinen bekannt gewordenen Empfehlungen75 diese Ausgangslage bestätigt worden. ___________ 71

Bernhard Ott, „Fit für die Welt“? Neuere Entwicklungen in freikirchlicher theologischer Ausbildung, in: Una Sancta 66,2 (2011), S. 113-122. 72 Zit. in ebd., S. 117. 73 Das Theologische Institut ist aufgrund struktureller Probleme dazu übergegangen, lediglich das Bachelor-Studium zu garantieren. 74 Martin Jäggle, Aufgabe und Ziel der theologischen Bildung an der Katholischtheologischen Fakultät der Universität Wien, in: Ostkirchliche Studien 58 (2009) S. 145151; Schelander, Evangelische Theologie (Fn. 60), S. 166-168. 75 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen (29.01.2010) – http://www. wissenschaftsrat.de/texte/9678-10.pdf (29.3.2010). – dazu Ernst-Lüder Sollte, Der Wissenschaftsrat, die Theologien und die religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen, in: Kirche und Recht 2010, 760, S. 1-7; Martin Heckel, Korollarien zur

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Wenn dieser auch an die Adresse der Theologischen Fakultäten die Aufforderung zu stärkerer Profilbildung und intensiverer Beteiligung an fakultätsübergreifenden interdisziplinären Forschungsprojekten richtete, so ist das Koordinatennetz der theologischen Wissenschaften in einer Zeit religiöser Pluralisierung nicht nur erhalten geblieben, sondern auch geschärft worden. Unabhängig davon hatte die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) auf ihrer Vollversammlung in Budapest 2006 eine Projektgruppe zur Erarbeitung einer Studie über die Ausbildung zum ordinationsgebundenen Amt beauftragt. Im Rahmen eines Konsultationsprozesses wurden europaweit verbindliche Standards für die Inhalte und Prüfungen des Theologiestudiums entwickelt,76 um den Anspruch der Leuenberger Konkordie gerecht zu werden, welche die gegenseitige Anerkennung der Ordination postulierte. Darin ist implizit natürlich auch die Stellung der Ausbildungsstätten im kirchlich-staatlichuniversitären Koordinatennetzwerk angesprochen. Für 2012 war der Abschluss dieses Prozesses geplant, der im Rahmen der 7. Vollversammlung der GEKE im Herbst 2012 in Florenz erfolgte. Für die SOMEF-Fakultäten in Ostmitteleuropa ergibt sich daraus Handlungsbedarf. Zwar hatte die GEKE das Ergebnispapier am 11. Februar 2011 nicht nur ihren Mitgliedskirchen zur Stellungnahme übermittelt, sondern auch den Theologischen Fakultäten, welche fakultativ reagieren konnten, aber seitens SOMEF ist keine Stellungnahme erfolgt. So wird die GEKE-Studie mit Sicherheit auch die Tagesordnung der nächsten SOMEF-Konferenzen bestimmen. Mit Rücksicht auf die Donaustrategie der Europäischen Union, die sich auch als kulturelle Plattform für das bildungspolitische Engagement der Kirchen in dieser Region anbietet, sollten auch die SOMEF-Mitglieder ihre unterschiedlichen Standpunkte deutlicher als bisher koordinieren und akkordieren – und zwar auf der Grundlage der in Florenz gefassten Beschlüsse.77

___________ „Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften“ – im Spiegel der Wissenschaftsratsempfehlungen vom 29.1.2010, in: ZevKR 55 (2010) S. 117-226. 76 Konsultationen 20.-23.11.2008 in Berlin mit einem Eröffnungsvortrag von Michael Beintker, Aufgaben und Ziele des Konsultationsprozesses zu Fragen der theologischen Ausbildung für das ordinationsgebundene Amt in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa; 19.-21.11.2010 in Wien (GEKE Focus Nr. 12/2010); 26.-28.9.2011 in Tutzing (GEKE Focus Nr. 14 / 2011) über protestantisches Bildungshandeln in Europa. 77 Der Schlussbericht ist dokumentiert: http://www.cpce-assembly-eu/media/pdf/Un terlagen/Schlussbericht-D-26-9.pdf – abgedr. in: epd-Dokumentation Nr. 41 / 9.10.2012.

Relations between the State and Religious Organizations in Contemporary Poland from Legal Perspective Piotr Stanisz

I. Introduction The past quarter of a century has been a period of profound changes in Polish law concerning church-state relations and religious freedom. The point of departure were the regulations adopted in the socialist state (that is, in the People’s Republic of Poland), where politics had primacy over law, and its shape was determined, among other things, by the anti-religiousness of the officially declared ideology. Thus, the law on religion of that period primarily served to minimize the influence of religion on the life of society, to restrict and control the activity of church institutions and to promote the materialistic view of the world.1 The transformational changes of 1989 opened a completely new stage, the most telling sign of which was reintroducing the pre-war name of the Polish State (the Republic of Poland). Importantly, it was defined as a democratic state ruled by law, implementing the principles of social justice, in which “supreme power shall be vested in the Nation” and “observance of the laws of the Republic […] shall be the fundamental duty of every organ of the state” (see art. 1-3 of the Constitution of 1952 after the changes following the amendment of 29 th December 1989).2 As a natural consequence, the acceptance of these principles led to the radical revision of the model of the relations between the State and religious organizations, and among these especially the Catholic Church, which represented the vast majority of society.

___________ 1

See Henryk Misztal, Polskie prawo wyznaniowe. Zagadnienia wstępne. Rys historyczny, Lublin 1996, pp. 169-352; Józef Krukowski, Kościół i państwo. Podstawy relacji prawnych, Lublin 2000, pp. 231-253. 2 Dziennik Ustaw (Polish Official Journal, further referred to as Dz. U.) 1976 No. 7, item 36, with subsequent amendments.

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II. Legislation of 1989 A real breakthrough in Polish law on religious freedom and Church-State relations was the introduction of the package of laws of 17 th May 1989. It consisted of three acts, which concerned the following: the relationship of the State to the Catholic Church, the guarantees of freedom of conscience and religion and the social insurance of the clergy. 3 Their adoption solved a number of urgent problems. For believers, it meant the real guarantee of the rights ensuing from the freedom of conscience and religion. For the Catholic Church, it involved the clear regulation of its legal status, which it had not had since 12 th September 1945. For all religious organizations, it constituted the actual protection of the freedom to perform religious functions. The clergy were provided with social insurance, which they had been refused before. What was of special importance, however, was that pursuant to the regulations of 17th May 1989, state authorities could no longer engage in promoting the materialistic view of the world.4 The process of democratization of Polish law on religion was obviously not closed after the introduction of the May legislation. Only two months later (on 17th July 1989), a decision was announced to resume diplomatic relations between Poland and the Holy See.5 Soon afterwards, the process of regulating the legal status of subsequent religious organizations in separate acts was initiated, and as many as 11 of these were passed after 1989.6 In order to fully acknow___________ 3

Dz. U. 1989 No. 29, items 154-156. See Józef Krukowski, Revisione del sistema dei rapporti tra lo Stato e la Chiesa in Polonia, in: Ius Ecclesiae 2 (1990), pp. 473-495; Michał Pietrzak, Stosunki między Państwem i Kościołem w świetle ustaw wyznaniowych z 17 maja 1989 r., in: Państwo i Prawo 1 (1991), pp. 3-15; Henryk Misztal, Ustawy majowe – o gwarancjach wolności sumienia i wyznania oraz o stosunku Państwa do Kościoła Katolickiego w Polsce – z perspektywy 20 lat, in: Przemysław Czarnek / Dariusz Dudek / Piotr Stanisz (eds.), Podstawy regulacji stosunków Państwo – Kościół w Rzeczypospolitej Polskiej i Republice Włoskiej, Lublin 2010, pp. 88-93. 5 See Accordi tra Santa Sede e Polonia. Cenni storici, in: L’Osservatore Romano of 6th August 1996, p. 6. 6 After 1989, separate acts were enacted to regulate the legal status of the following religious organizations (the enactment dates are provided in brackets): the Polish Autocephalous Orthodox Church (1991), the Evangelical Church of the Augsburg Confession (1994), the Evangelical Reformed Church (1994), the Polish Catholic Church (1995), the Seventh-day Adventist Church (1995), the Baptist Church (1995), the Evangelical Methodist Church (1995), the Old Catholic Mariavite Church (1997), the Pentecostal Church (1997), the Catholic Mariavite Church (1997), Jewish Communities (1997). Moreover, the prewar acts are still in force, which determine the legal status of the Muslim Religious Community (1936), Karaite Community (1936) and the Eastern Old Believers’ Church (1928). See Michał Rynkowski, State and Church in Poland, in: Gerhard Robbers (ed.), State and Church in the European Union, Baden-Baden 2005, pp. 427428. 4

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ledge citizens’ right to create religious communities, in the Act of 17th May 1989 on the guarantees of freedom of conscience and religion also the second possibility of regulating the legal status of religious organizations was established. It was the entry in the register maintained by the relevant minister for the affairs of religious organizations.7

III. Reintroduction of Religious Education in Schools One of the first results of the democratization processes was the reintroduction of religious education in public schools. The legal basis were two instructions of the Minister of Education, one of 3rd August 1990 (in reference to the Catholic religion) and the other of 24th August 1990 (in reference to other religions). The decisions regarding the reintroduction of religious education into schools were however met with opposition from some political circles attached to the radical conception of the separation of the Church from the State, which had been developed during the previous decades. The instructions of the Minister of Education were referred to the Constitutional Tribunal by the Ombudsman, who questioned not only the procedure applied (ministerial instructions instead of a parliamentary act), but also the very presence of religious education in schools. Nevertheless, the Constitutional Tribunal did not share the objections raised and in the judgment of 30th January 1991 (K. 11/90) ruled that both instructions were in accordance with the Constitution and parliamentary acts.8 Soon afterwards, the Act of 7th September 1991 on the system of education was passed,9 which clearly obliged public kindergartens and schools to organize religious education at the request of parents or (depending on their age) students themselves. Fulfilling the duties required by the Act, the Minister of Education issued the Ordinance of 14th April 1992 on the conditions and way of organizing religious education in public kindergartens and schools.10 Also this Ordinance was referred to the Constitutional Tribunal by the Ombudsman. In the judgment of 20th April 1993 (U 12/92),11 the Tribunal did not accept the objections raised and adjudicated that the Ordinance generally conformed to the Constitution and parliamentary acts, questioning only the specific regulation that concerned submitting statements about not attending religious lessons. The ___________ 7 After only five years, the number of entities in the register was close to 100 and it currently exceeds 150. See Artur Mezglewski, Rejestrowanie związków wyznaniowych, in: Artur Mezglewski / Henryk Misztal / Piotr Stanisz, Prawo wyznaniowe, Warszawa 2011, pp. 281-285. 8 Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego 1991-1992, item 2. 9 Dz. U. 1991 No. 95, item 425 with subsequent amendments. 10 Dz. U. 1992 No. 36, item 155, with subsequent amendments. 11 Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego 1993, item 9.

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judgment of 1993 significantly contributed to the stabilization of the solutions for religious education in schools. The Ordinance of the Minister of Education of 14th April 1992 has been in force (though with some amendments) for 20 years, and the very presence of religious education in schools was confirmed in the Concordat of 1993 (in which the accepted rule is that Catholic religious education is to be organized in public schools and kindergartens at the request of interested parties) and in the Constitution of 1997 (which guarantees the possibility of teaching religions of legally recognized organizations in schools). 12 The objections raised on legal grounds against the adopted solutions are today actually limited to the question of the number of students for whom schools are obliged to provide religious or ethical education. The number should not be lower than 7 pupils. Smaller groups, involving at least 3 students, are to be taught in inter-school groups or in religious education rooms outside schools. According to some representatives of the doctrine, these solutions restrict the activity of minority religious groups and are discriminatory. 13 However, it is rather the position of the Constitutional Tribunal that merits approval, which in the judgment of 5th May 1998 (K 35/97) stated that “this regulation significantly meets the needs of smaller churches and religious organizations to ensure religious education within the system of education,” and “the requirement to organize religious classes in religious education rooms for at least three pupils is not excessively rigorous“.14 Moreover, what has recently given rise to some controversy was the Ordinance of the Minister of Education of 13th July 2007, in which it was decided that grades in religious or ethical education be included in the average grade, entitling a student to obtain a pass with distinction as well as to graduate with distinction.15 Whether this Ordinance conformed to the Constitution and parliamentary acts was examined by the Constitutional Tribunal. However, in the judgment of 2nd December 2009 (U 10/07) it rightly did not find any incompatibility.16 More justified are the objections concerning the inadequate degree of consideration given in practice to the will of parents who demand that their children be provided with ethical education (which is indeed conducted in a small number of Polish schools). In connection to the regulations on including a ___________ 12 See Artur Mezglewski, Polski model edukacji religijnej w szkołach publicznych. Aspekty prawne, Lublin 2009. 13 See Paweł Borecki, Zasada równouprawnienia wyznań w prawie polskim, in: Studia z Prawa Wyznaniowego 10 (2007), pp. 115-160, 143. 14 Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego. Zbiór Urzędowy 1993 No. 3, item 32. 15 Dz. U. 2007 No. 130, item 906. 16 Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego. Zbiór Urzędowy Series A, 2009 No. 163, item 11.

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grade in religion or ethics in a school report – as indicated by the European Court of Human Rights – it can lead to breaching the ban on discrimination examined in relation to the guarantees of freedom of thought, conscience and religion (art. 9 and art. 14 of the Convention of 4th November 1950 for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms).17

IV. Concordat of 1993 Poland also became the first post-Communist State whose authorities decided to sign an agreement with the Holy See. It took place on 28 th July 1993. Unfortunately, it took almost 5 years for the agreement to be ratified (23rd February 1998),18 as the parliamentary majority elected in the autumn election of 1993 was unwilling to take on the regime of a concordat.19 The preamble to the Concordat emphasizes the role of the Catholic Church in the history and the present time of the Polish Nation and observes that “the Catholic religion is professed by the majority of citizens of the Polish State.” The boundary of simple acknowledgment of historical and sociological facts has not been overstepped, however, and neither the Catholic Church nor the Catholic religion – in accordance with the post-conciliar practice concerning concordats – was accorded a privileged position in the State.20 From a factual point of view, most of the provisions of the Concordat repeated the rules that had already been in force in the Polish legal order. Nevertheless, the elevation of the “repeated” regulations to the level of an international agreement did contribute to their reinforcement. However, an important novelty in Polish law constituted the provisions of the Concordat concerning the religious form of contracting a civil marriage. In adapting Polish legislation to the provisions of the Concordat, the Family and Guardianship Code21 was altered to include the possibility of contracting a civil marriage before a clergyman. The application of these regulations was not lim___________ 17 See the judgment of 15th June 2010 in the case of Grzelak v. Poland (Application Number 7710/02); http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp?item=1&portal=hbkm& action=html&highlight=7710/02&sessionid=91843526&skin=hudoc-en (12.4.2011). 18 Dz. U. 1998 No. 51, item 318. 19 See Wojciech Góralski, Konkordat polski 1993 od podpisania do ratyfikacji, Warszawa 1998; Piotr Stanisz, Chiesa cattolica e libertà religiosa in Polonia, in: Antonio G. Chizzoniti (ed.), Chiesa cattolica ed Europa centro-orientale. Libertà religiosa e processo di democratizzazione, Milano 2004, pp. 12-22. 20 Józef Krukowski, Konkordat polski. Znaczenie i realizacja, Warszawa 1999, p. 92 sq. 21 The Act of 25th February 1964 – the Family and Guardianship Code, Dz. U. 1964 No. 9, item 59, with subsequent amendments.

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ited to the Catholic Church, although at the same time they were not extended to all legally recognized religious organizations. The middle solution was adopted. The regulations on the religious form of contracting a civil marriage are applicable when such a solution is provided for in a ratified international agreement or an act on the relations between the State and a particular religious denomination. In consequence, it is today possible in Polish law to make expressions of will on contracting a civil marriage before clergymen of 11 religious organizations.22

V. New Principles of Law on Religion in the Constitution of 1997 Nearly a year before the ratification of the Concordat, the Constitution of the Republic of Poland of 2nd April 1997 was adopted.23 As a consequence of the clash of various conceptions, its final text included solutions having different inspirations. Some of them were modelled on the norms of international law concerning the protection of freedom of thought, conscience and religion. Others followed from Polish traditions. Still others referred to the solutions adopted in other states. Among the constitutional norms pertaining to ChurchState relations one can also find ones that make a clear reference to the teaching of the Catholic Church or to the demands put forward by other organizations. The final shape thus reflects a compromise solution, which accounts for the apparent heterogeneity of the adopted regulations.24 The regulations pertaining to the institutional relation between the State and the Catholic Church and other religious organizations appear in art. 25, in the first chapter of the Constitution (entitled “The Republic”). Thus they are appro___________ 22

See Artur Mezglewski / Anna Tunia, Wyznaniowa forma zawarcia małżeństwa cywilnego, Warszawa 2007. The regulations on the religious form of contracting a civil marriage are not applied to the following entities: (1) religious organizations listed in the register of churches and other religious organizations; (2) those religious organizations whose legal status was determined through the acts adopted before 1939 and (3) the Catholic Mariavite Church, whose representatives were not interested in such a solution. This diversification of the legal status of different religious organizations has been subject to justified criticism. See Tadeusz J. Zieliński, Konsekwencje konkordatu polskiego z 1993 r. dla sytuacji prawnej nierzymskokatolickich związków wyznaniowych, in: Czesław Janik / Paweł Borecki (eds.), Dziesięć lat polskiego konkordatu, Warszawa 2009, pp. 56-58. 23 Dz. U. 1997 No. 78, item 483, with subsequent amendments. 24 Józef Krukowski, Konstytucyjny system relacji między Państwem a Kościołem katolickim oraz innymi kościołami i związkami wyznaniowymi, in: Ryszard Mojak (ed.), Ustrój konstytucyjny Rzeczypospolitej Polskiej, Lublin 2000, p. 103; Michał Pietrzak, Stosunki państwo – kościół w nowej Konstytucji, in: Państwo i Prawo 11-12 (1997), pp. 176-178.

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priately highlighted, which well emphasizes their significance for determining the character of the State. The majority of the provisions which guarantee the freedom of conscience and religion of every person are set out in art. 53, contained in the second chapter of the Constitution (entitled “The freedoms, rights and obligations of persons and citizens”). The principles expressed in the provisions mentioned are tightly connected with the content included in the preamble to the Constitution. It emphasizes that the Polish Nation consists of those who believe in God (and for whom He is the source of truth, justice, good and beauty) and those who do not share this faith (and who derive the universal values mentioned from other sources and recognize their responsibility before their consciences). It is also emphasized that the equality of all persons before the law needs to be guaranteed. Moreover, it is ordered that in the application of the Constitution the inherent dignity of the person should be respected. The foundation of the constitutional regulations concerning the mutual relations between the State and churches and other organizations is freedom of conscience and religion. The provisions pertaining to this freedom correspond to international standards. What is however unique about them is a relatively high level of detail, which is the answer to the limitations on freedom of religion which occurred before 1989.25 The relationship between the State and churches and other religious organizations is defined by five principles. As for the shape of the relations under discussion, it is defined by the following four principles: (1) equality of rights of churches and other religious organizations, (2) impartiality of public authorities in matters of personal convictions, (3) autonomy of religious organizations and the mutual independence between them and the State, as well as (4) their cooperation for the individual and common good. Furthermore, the principle of bilateral agreements pertains to the forms of regulating Church-State relations. According to it, bilateral agreements (a concordat in the case of the Catholic Church and agreements between the Council of Ministers and their representatives in the case of other religious organizations) should constitute the basis for laws concerning the mutual relations between the State and religious organizations.26 ___________ 25 See Jarosław Szymanek, Wolność sumienia i wyznania w Konstytucji RP, in: Przegląd Sejmowy 2 (2006), pp. 39-60; Paweł Sobczyk, Wolność religijna w działalności orzeczniczej Trybunału Konstytucyjnego, in: Dariusz Walencik (ed.), Prawo wyznaniowe w Polsce (1989-2009). Analizy – dyskusje – postulaty, Katowice / BielskoBiała 2009, pp. 67-80. 26 See Michał Pietrzak, Church and State in Poland, in: Silvio Ferrari / W. Cole Durham (eds.), Law and Religion in Post-Communist Europe, Leuven / Paris 2003, pp. 222-224; Piotr Stanisz, The principles of the relationship between Church and State in the Constitution of the Republic of Poland of 2nd April, 1997, in: Soter 22,50 (2007), pp. 129-141; Józef Krukowski, Konstytucyjny model stosunków między Państwem a

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Taking a comprehensive view of these regulations allows one to state that the model of Church-State relations defined in the Constitution of the Republic of Poland significantly differs from the regulations adopted both in states with a constitutionally established State-Religion (the State Church model) and in extremely secular countries (the separation model). However, it corresponds to the most prevalent model in Europe, in which a basic separation of State and religion “is coupled with the recognition of a multitude of common tasks which link State and religious activity, and cooperation between the State and individual religious groups is often organized on the basis of agreements”.27

VI. Consequences of Poland’s Accession to the European Union The accession of the Republic of Poland to the European Union, which undoubtedly was one of the most important events in the latest history of Poland, did not directly give rise to any serious changes in Polish law on religion. The entire body of the laws of the European Union (acquis communautaire) only to a small extent pertains to Church-State issues, which is a consequence of the rules defining the distribution of competencies between the Union’s institutions and individual Member States. According to the adopted rules, “the Union respects and does not prejudice the status under national law of churches and religious associations or communities in the Member States”.28 Thus, Poland’s accession to the European Union did not involve any obligation to alter the State norms defining the shape of the relations between the State and churches and other religious organizations. Neither did the Polish regulations which generally guaranteed freedom of conscience and religion require any modification, as they had already fully conformed to the international standards and the Union’s standards of the protection of human rights. In this situation, the changes induced by the accession were limited to specific issues, such as adjusting the catalogue of reliefs from customs duty to which religious organizations are entitled to the Council Regulation of 28th March 1983 (918/83),29 which ___________ Kościołem w III Rzeczypospolitej, in: Artur Mezglewski (ed.), Prawo wyznaniowe w systemie prawa polskiego, Lublin 2004, pp. 79-101. 27 Norman Doe, Law and Religion in Europe. A Comparative Introduction, Oxford 2011, p. 29. 28 See art. 17 § 1 of the Treaty on the Functioning of the European Union (Official Journal of the European Union C 83/2010, p. 47). This regulation constitutes the repetition of the first sentence of the Declaration no. 11, which is included in the Final Act of the Intergovernmental Conference that drew up the Treaty of Amsterdam (Official Journal of the European Union C 340/1997, p. 133). 29 See the Act of 19th March 2004 – Regulations introducing the Act – Customs law (Dz. U. 2004 No. 68, item 623, with subsequent amendments).

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was in force at the time, and extending the regulations pertaining to equal treatment in employment and occupation according to the Council Directive of 27th November 2000 (2000/78).30

VII. Difficulties in the Application of the Principle of Bilateral Agreements As indicated above, in the current Constitution of the Republic of Poland a principle was adopted according to which the regulations pertaining to the relations between the State and religious organizations are to be based on bilateral agreements. Referring to this question, the Constitutional Tribunal in the judgment of 2nd April 2003 (K 13/03) stated that “the Constitution regulated the status of religious communities in a special way, different from other legal entities, establishing special guarantees of their rights. Among the important elements of this status there is the principle of adopting legal regulations which concern these communities by means of bilateral agreements”.31 Beyond doubt, the principle at issue should be ranked among the most significant regulations of the Polish Constitution. From the perspective of 15 years that have passed since the Constitution was adopted, it ought to be stated, however, that the practical application of the principle under discussion also involves special problems.32 Let us recall that acknowledging the idea of agreement-based regulation of the relations between the State and all religious organizations, the Polish constitutional legislator has nonetheless diversified the instruments used for this purpose. Due to the international legal status of the Holy See, in art. 25 § 4 of the Constitution it was stated that the relations between the Republic of Poland and the Catholic Church were to be determined by the provisions of a concordat. Parliamentary acts were cited as an acceptable additional form of regulation. They must be in accordance with the provisions of a concordat (see art. 91 § 2 of the Constitution). In order to ensure the proper application of the provisions of the Concordat, the Concordat Commissions were set up. Owing to their

___________ 30 See the Act of 14th November 2003 amending the Act – The Labour Code and some other acts (Dz. U. 2003 No. 213, item 2081). 31 Orzecznictwo Trybunału Konstytucyjnego. Zbiór Urzędowy Series A, 2003 No. 4, item 28. 32 See Dariusz Walencik, Realizacja art. 25 ust. 5 Konstytucji RP, in: Państwo i Prawo 6 (2010), pp. 42-54; Tadeusz J. Zieliński, Mankamenty układowego regulowania sytuacji prawnej związków wyznaniowych na podstawie art. 25 ust. 5 Konstytucji RP, in: Przegląd Prawa Wyznaniowego 1 (2009), pp. 27-45.

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work, a few agreements were concluded, whose parties were organs of State authorities and the Polish Episcopal Conference.33 The agreements to be made by the Council of Ministers with the representatives of non-Catholic religious organizations are of a special nature. They can be defined as law-creating agreements of national public law, as the aim of the agreements discussed is to establish the content of parliamentary acts.34 However, the application of art. 25 § 5 of the Constitution encountered major problems. To date no act has been adopted which would holistically regulate the whole legal status of any religious denomination on the basis of a bilateral agreement (however, 14 acts concerning the legal status of individual non-Catholic religious organizations, which had been enacted before the adoption of the current Constitution, are still in force). Nevertheless, a number of religious organizations keep petitioning for it. The reasons for this state of affairs should be sought not only in the lack of political will, but also in theoretical difficulties. For the last years, the Department for Religious Organizations and National and Ethnic Minorities of the Ministry of Administration and Digitization (and prior to November 2011 of the Ministry of the Interior and Administration) has conducted work that is supposed to bring about the introduction of acts that will regulate the legal status of religious organizations which – so far – do not have such regulation. Despite the visible progress, this work has not yielded expected results.35 The procedures shaped with reference to the principle of bilateral agreements were only applied in the preparation of two acts concerning specific issues in the relations between the State and religious organizations. The first of these was the Act of 17th December 2009 on regulating the legal status of some property possessed by the Polish Autocephalous ___________ 33 What especially deserves attention is the Agreement of 1st July 1999 between the Government of the Republic of Poland and the Polish Episcopal Conference on the legal status of universities set up and managed by the Catholic Church, including independent faculties and seminaries, and on the procedures and scope of the State’s acknowledgment of titles and degrees conferred by these entities (Dz. U. 1999 No. 63, item 727) and the Agreement of 6th September 2000 between the Polish Episcopal Conference and the Minister of Education on the required qualifications of religious education teachers (Dziennik Urzędowy Ministra Edukacji Narodowej 2000 No. 4, item 20). See Piotr Stanisz, Polonia, in: Stella Coglievina (ed.), Le Conferenze episcopali in Europa. Un nuovo attore delle relazioni tra Stati e Chiesa cattolica, Milano 2010, pp. 112-119. 34 Tadeusz J. Zieliński, Regulacja stosunków między państwem a związkami wyznaniowymi w trybie art. 25 ust. 5 Konstytucji RP, in: Państwo i Prawo 7 (2003), pp. 48-54, 51. 35 Ewa Ignaciuk, Realizacja art. 25. ust. 5 Konstytucji RP w praktyce Departamentu Wyznań Religijnych oraz Mniejszości Narodowych i Etnicznych Ministerstwa Spraw Wewnętrznych i Administracji, a paper delivered at the conference entitled “Układowe metody regulacji stosunków między państwem a związkami wyznaniowymi (art. 25 ust. 4-5 Konstytucji RP)”, the John Paul II Catholic University of Lublin, 9th December 2011.

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Orthodox Church.36 Before it was adopted, an agreement legitimizing its norms was concluded. This agreement was signed by the representatives of the Catholic Church of the Byzantine-Ukrainian rite, the Polish Autocephalous Orthodox Church and the minister competent for matters concerning religious organizations.37 Also the Act of 13th May 2011 on funding the Orthodox Seminary in Warsaw from the State budget38 was preceded by a Church-State agreement. Its parties were the Minister of the Interior and Administration, representing the Council of Ministers, and the Orthodox Metropolitan Bishop of Warsaw and All Poland, acting on behalf of the Polish Autocephalous Orthodox Church.

VIII. The Question of Religious Symbols in the Public Sphere The regulations directly concerning the presence of religious symbols in the public sphere in Poland are actually limited to § 12 of the Ordinance of the Minister of Education of 14th April 1992, cited above, which pertains to organizing religious education in public kindergartens and schools. It says that “a cross can be placed in classrooms”. The conformity of this regulation to higherorder norms, and especially the constitutional provisions on freedom of conscience and religion, was declared by the Constitutional Tribunal in the abovementioned judgment of 20th April 1993 (U 12/92). The Ombudsman – referring the regulation to the Constitutional Tribunal – stated at the time that the Ordinance “excessively allows a symbol of cult to be placed […] outside places and time allotted for the purposes of religious education”. However, the Constitutional Tribunal did not share this opinion, considering the regulation under analysis as conforming to the Constitution and parliamentary acts. The Court of Appeal in Łódź, for its part, in the judgment of 28th October 1998 (I ACa 612/98), referred to the presence of a cross in the chamber of one of municipal councils. The plaintiff was a citizen who claimed that the presence of a cross in that chamber violated his freedom of conscience. It was however stated in the judgment that “the very fact of hanging a religious symbol in a building belonging to public authorities is not sufficient to consider it as the violation of freedom of conscience”. It was also aptly remarked that in Polish reality (as well as in the reality of many other European states) the symbol of the ___________ 36

Dz. U. 2010 No. 7, item 43. See Monika Piszcz-Czapla, Proces uchwalania ustawy z dnia 17 grudnia 2009 r. o uregulowaniu stanu prawnego niektórych nieruchomości pozostających we władaniu Polskiego Autokefalicznego Kościoła Prawosławnego, in: Studia z Prawa Wyznaniowego 13 (2010), pp. 279-303. 38 Dz. U. 2011 No. 144, item 849. 37

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cross not only has a strictly religious meaning, but it is also inseparably connected with Polish history and national traditions, indicating their underlying values.39 The debate on the presence of the cross in the public sphere in all Europe was lent new impetus by the judgment of the European Court of Human Rights of 3rd November 2009, in which it was stated that the mandatory display of crucifixes on walls of Italian classrooms contravened art. 2 of the Protocol no. 1 in connection with art. 9 of the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms. Before the judgment was corrected by the Grand Chamber in the judgment of 18th March 2011, it was used in Poland as an argument in favour of removing the cross from the public sphere. It became for instance an incentive for one citizen who – in a similar way to the inhabitant of Łódź 10 years earlier – brought an action to remove crosses from the rooms of the Municipal Council in Świnoujście. The Court of Appeal in Szczecin, hearing the case on appeal, did not share the plaintiff’s view, supporting its judgment with a very extended and convincing justification.40 The judgment of the European Court of Human Rights of 3rd November 2009 was also commented upon and debated in the Polish Parliament. The resolution of its Lower House (Sejm) of 3rd December 2009 expressed “concern at the decisions that are against freedom of religion and neglect the rights and feelings of believers, as well as damage social peace”. It was at the same time emphasized that “the sign of the cross is not only a religious symbol and sign of God’s love for people, but in the public sphere it also reminds us of the readiness to sacrifice oneself for another person and expresses the values promoting respect for every person and his or her rights”.41 The extra-religious significance of the cross in European culture was also indicated in the resolution of the Upper House (Senat) of the Polish Parliament of 4th February 2010.42 The question of the presence of religious symbols in the public sphere, constituting one of the aspects of the debate on the role of religion and the Church in Poland, also appears in the 2011 election campaign for the Parliament. The issue was specifically raised by the members of a new political party (Ruch Palikota – Palikot’s Movement). Overusing the postulate of creating a modern State, they based their campaign slogans on the introduction of the radical version of Church-State separation in Poland (demanding for example removing religious education from schools and prohibiting clergymen from participating ___________ 39

Wokanda 1999, no. 11, p. 47. See the judgment of the Court of Appeal in Szczecin of 25th November 2010 (I ACa 363/10), in: Przegląd Prawa Wyznaniowego 4 (2012), pp. 195-218. 41 Monitor Polski 2009 No. 78, item 962. 42 Monitor Polski 2010 No. 7, item 57. 40

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in lay celebrations) and the liberalization of regulations regarding issues connected with convictions and morality (such as the legalization of partner relationships and liberalization of the abortion act). Following their success in the election to the Lower House of the Parliament (which is undoubtedly what 10.02 % of votes should be called, as it meant 40 seats in the house composed of 460 members), in their letter of 9th November 2011 to the Chairman of the Lower House of the Parliament they asked for a directive ordering that a Latin cross be removed from the Sejm chamber. In preparing to take the decision, the Chairman (Ewa Kopacz) commissioned legal opinions on the motion. The authors of all four opinions – while accentuating different aspects of the issues under analysis – uniformly noticed that the cross, even though it is primarily a religious symbol, also has an extra-religious significance, which follows from the relationship between Christianity and Polish tradition and culture. They also stated that the presence of the symbol of the cross, thus understood, in the chamber of the Lower House of the Polish Parliament is not in contradiction to current Polish law, and it especially does not violate the norms of the Polish Constitution.43 Owing to the opinions provided, the Chairman did not decide to take any action, leaving a cross on the wall of the Sejm chamber, where it had been placed over a dozen years ago.

IX. Economic matters Concerning the Catholic Church and other Religious Organizations The process of democratization of Polish law initiated in 1989 gave the legislator the task to re-regulate the property issues of the Catholic Church and other religious organizations. Of particular importance was the matter of making amends to religious communities for the loss of property in the previous period. The basis for the norms adopted in 1989 in relation to this issue was the assumption that the State should return the part of church property that had been nationalized in the previous decades.44 ___________ 43 The Chairman commissioned four opinions, whose authors were the following professors: Roman Wieruszewski (the Polish Academy of Sciences), Ryszard Piotrowski (the University of Warsaw), Lech Morawski (Nicolaus Copernicus University in Toruń) oraz Dariusz Dudek and Piotr Stanisz (the John Paul II Catholic University of Lublin). Texts published in: Zeszyty Prawnicze Biura Analiz Sejmowych 4 (2011), pp. 55-112. 44 There are no reliable data on the value of the property of the Catholic Church which was seized by the State in the period of the so-called People’s Poland. The range of losses can however be estimated by comparing the acreage of arable land which belonged to the Catholic Church of the Roman and Greek rite in 1949 (almost 170.000 ha) with the area of arable land actually possessed by all religious organizations in 1965 (nearly 39.000 ha). See Małgorzata Winiarczyk-Kossakowska, Przejęcie przez państwo “dóbr martwej ręki” (w pięćdziesiątą rocznicę), in: Państwo i Prawo 12 (2000), pp. 52-65.

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In the Act of 17th May 1989 on the relationship of the State to the Catholic Church two procedures were established, on the basis of which the ownership of particular types of property was to be reinstated to church institutions. The first procedure consisted in granting ownership rights by virtue of law. It was applied to these types of property which were defined in the Act and were possessed by the Church’s legal persons at the time when the Act came into force.45 The second procedure was defined as regulatory proceedings, and it was supposed to assist finding amicable solutions. The regulation could consist in reinstating ownership of property according to a motion submitted or granting substitute property or compensation. The proceedings were launched on the motion of the Church’s legal person entitled to do so, to be submitted up to 31st December 1992. The motion could only pertain to such property which belonged to the types indicated in the Act. The Property Commission was appointed to conduct the regulatory proceedings. It was composed of the representatives of both the Government and the Church. The participants of the proceedings (the interested entities of the State and the Church) could reach an agreement before the Commission. The matter could also be decided by a ruling made by the adjudication panel or the Commission in its full composition. In cases when there was no consensus required to agree on a ruling, it was not issued. The interested legal persons of the Church – if further conditions were fulfilled – could only ask a court to adjudicate the issue.46 The solutions adopted in reference to the Catholic Church were subsequently used as a model for the norms of the acts regulating the legal status of individual non-Catholic religious organizations. In 1997 the norms concerning the regulation of property issues were also introduced to the Act on the guarantees of freedom of conscience and religion, extending the possibility of submitting motions to initiate regulatory proceedings (up to 3rd December 1998) to the remaining religious organizations. Apart from the Property Commission, examining cases pertaining to the Catholic Church, four Regulatory Commissions were also appointed. Three of them were supposed to examine motions of the legal persons of the following: (1) the Polish Autocephalous Orthodox Church, (2) the Evangelical Church of the Augsburg Confession and (3) Jewish Communities. The fourth one (the Inter-Church Regulatory Commission) was given the task of conducting regulatory proceedings in reference to the remaining religious organizations.47 ___________ 45 According to estimates, approximately 5.000 ha of land was returned to the Church under this procedure. 46 Dariusz Walencik, Rewindykacja nieruchomości Kościoła Katolickiego w postępowaniu przed Komisją Majątkową, Lublin 2008, pp. 127-237. 47 See Michał Pietrzak, Prawo wyznaniowe, Warszawa 2010, pp. 280-286.

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The pace of work of the Commissions mentioned proved to be rather slow. None managed to finish its work before 2010. From among slightly over 3 thousand of motions which had been submitted to the Property Commission by the legal persons of the Catholic Church, about 200 left in the second half of 2010.48 In view of the criticism that was voiced in public debate and the small number of cases left to be considered, the Government proposed dissolving the Property Commission. The relevant act was adopted on 18th December 2010.49 However, other Regulatory Commissions were not closed, even though they act according to the same rules which were criticized in reference to the Property Commission (such as, for example, lack of possibility of appealing to a court). Moreover, in Poland there has been a lot of debate over the last years about a change in the model of funding church institutions. In the Concordat of 1993, the negotiating parties committed themselves to create a special commission which would provide an outline of changes in the financial matters regarding the institutions and goods of the Church and clergy. At the same time, it was accepted that current Polish legislation and regulations of the Church should constitute a point of departure, and that in drawing up new principles the needs of the Church should be recognized, as determined by its mission and the current practice of life of the Church in Poland (art. 22 § 2). In the present situation, the activity of churches and other religious organizations in Poland is based – in principle – on the rule of self-funding. The means necessary for these entities to achieve their goals predominantly come from donations, which are made by the faithful on various occasions. What can also be considered as a solution supporting some church institutions in raising funds for their activity is that taxpayers can grant 1 % of their personal income tax to public benefit organizations. The status of such organizations, according to the Act 24th April 2003 on public benefit and volunteer work,50 can also be obtained by legal persons of churches and other religious organizations. To some (usually small) extent, the activity of individual religious organizations is also funded from income generated by their own businesses. What is crucial here is that the means received by religious organizations from this source, if used for statutory purposes, are exempted from corporate income tax.51 ___________ 48 According to the report on the activity of the Property Commission, as a consequence of the regulatory proceedings conducted, the legal persons of the Catholic Church were given ownership of property of the total acreage of slightly over 65.000 ha. Moreover, nearly 150 million zloty (ca. 35 million euro) was paid in compensation. 49 The Act of 18th December 2010 amending the Act on the relationship of the State to the Catholic Church in the Republic of Poland, Dz. U. 2011 No. 18, item 89. 50 Dz. U. 2003 No. 96, item 873, with subsequent amendments. 51 Piotr Stanisz, Perspektywy zmiany systemu finansowania kościołów i innych związków wyznaniowych w Polsce, in: Studia z Prawa Wyznaniowego 12 (2009), pp. 6-11.

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Some kinds of activity of churches and other religious organizations are also funded from public money. It especially pertains to a few church universities.52 As for lower-level schools run by church entities, they are subsidized according to the general rules determined for schools managed by non-public entities. Subsidizing this type of institutions should not however be perceived as funding church entities from public money, but rather as the financial support of the public tasks performed by private entities. It is also tightly connected with the principle which follows from art. 22 § 1 of the Concordat and art. 21a of the Act of 17th May 1989 on the guarantees of freedom of conscience and religion. According to these regulations, activity undertaken by legal persons of the Catholic Church and other religious organizations for humanitarian, charitable, welfare and scientific aims as well as for the purposes of upbringing and education enjoys legal parity with activity carried out for similar purposes by State institutions. The debate on the financial matters of religious organizations is today focused on the Church Fund. It was set up in 1950, as a consequence of the nationalization of the majority of property belonging to churches and other religious organizations.53 Owing to the fact that State authorities did not properly fulfil their duties (it is not exactly known how much land was seized at the time), the Fund is today funded directly from the State budget. The size of subsidies granted is yearly defined in an act concerning the State budget. In the years 1945-1989 the Church Fund was used to carry out the anti-church policy. 54 After 1989, its main (and since 2010 the only) purpose has been providing the partial funding of the system of insurance of the clergy. 55 ___________ 52

The principles adopted for state universities are applied to funding the activity of the Catholic University of Lublin (the Act of 14th June 1991, Dz. U. 1991 No. 61, item 259, with subsequent amendments) as well as the Pontifical University of John Paul II in Cracow (the Act of 26th June 1997, Dz. U. 1997 No. 103, item 650, with subsequent amendments). Subsidies and other means from the state budget, according to the principles adopted for state universities, with the exception of funding the cost of building investments, are also given to the Pontifical Theological Faculties in Warsaw and in Wrocław and Jesuit University of Philosophy and Education “Ignatianum” in Cracow (the Acts of 5th April 2004, Dz. U. 2004 No. 94, items 648-650). Similar funding has recently been granted to the Orthodox Seminary in Warsaw (the Act of 13th May 2011, Dz. U. 2011 No. 144, item 849). 53 The legal basis was the Act of 20th March 1950 on seizing dead-hand goods by the state, guaranteeing that parish priests own arable farms, and setting up the Church Fund (Dz. U. 1950 No. 9, item 87 with subsequent amendments). 54 See Michał Zawiślak, Wydatkowanie środków Funduszu Kościelnego w latach 1945-1989, in: Studia z Prawa Wyznaniowego 12 (2009), pp. 241-266. 55 Andrzej Czohara, Podstawy prawne zadań Funduszu Kościelnego w III RP, in: Paweł Borecki / Andrzej Czohara / Tadeusz J. Zieliński (eds.), Pro bono Reipublicae. Księga Jubileuszowa Profesora Michała Pietrzaka, Warszawa 2009, pp. 199-212; Monika Piszcz-Czapla, Kryteria wydatkowania środków Funduszu Kościelnego, in: Studia z

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The question of the Church Fund was addressed already in the first stages of work carried out by the Concordat Commissions. In the discussion on the issue in connection with the reform of the system of social insurance, whose fundamentals came into force on 1st January 1999, it was only confirmed that this fund would continue to exist and agreed that it would be involved in the partial funding of insurance fees paid for the clergy. At the same time, it was stated that work on new principles of funding the activity of the Catholic Church in Poland should be continued.56 However, in the first years of the 21st century this work was actually not conducted. It happened despite the fact that the representatives of the Catholic Church many times declared their understanding of the need to introduce changes and expressed readiness to participate in drawing them up. Thus, the Church was surprised to hear the words of the Prime Minister Donald Tusk, which were part of his policy statement given on 18th November 2011. The Prime Minister expressed an opinion that there were no longer any reasons justifying the existence of the Church Fund, and the solution pertaining to the (partial) funding of insurance fees paid for the clergy from this source should be abolished. Following this statement, the Ministry of Administration and Digitization began to work out the principles of new solutions. They were presented to the Church by Michał Boni (the Minister of Administration and Digitization) during the meeting of the Joint Commission of the Representatives of the Government and the Polish Episcopal Conference on 15th March 2012. According to the proposal, the abolition of the Church Fund is to be accompanied by the possibility that personal income tax payers may grant 0.3 % of their tax to the Catholic Church and other religious organizations. Presenting the proposal, the Minister Boni asked the representatives of the Church to express their opinion within 30 days. They, however, voiced their disapproval of this type of conduct. They remarked that any discussions on the relevant issues should be conducted in the Concordat Commissions, and work carried out in this forum should result in the arrangements accepted by both parties. In search of a compromise solution, special working panels were created within the Concordat Commissions, and their first meeting took place on 3rd April 2012. During the meeting, both parties declared readiness to engage in a dialogue and hoped to be able to reach a common stance leading to the formal adoption of bilateral arrangements by the Council of Ministers and the Polish Episcopal Conference, ___________ Prawa Wyznaniowego 12 (2009), pp. 57-71; Michał Rynkowski, Financing of Churches and religious communities in Poland, in: Brigitte Basdevant-Gaudemet / Salvatore Berlingò (eds.), The Financing of religious communities in the European Union, Leuven / Paris 2009, pp. 279 sq. 56 Witold Adamczewski, Kompetencje “Komisji Konkordatowych” w Polsce, in: Józef Wroceński / Helena Pietrzak (eds.), Konkordat polski w 10 lat po ratyfikacji. Materiały z konferencji, Warszawa 2008, pp. 177-192, 184.

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entitled to do so by the Holy See (in accordance with the procedure defined in art. 27 of the Concordat). It will however require reaching an agreement especially in such issues as the “closing balance” of the Church Fund, the size of the part of tax which can be granted by taxpayers and the interim period.

X. Conclusion The transformational changes, initiated in Poland in 1989, also pertained to the sphere of the relations between the State and the Catholic Church and other religious organizations. The most important steps in the democratization of Polish law on religion were as follows: the adoption of the legislation of 17th May 1989, the adoption of the Constitution of 1997 and the ratification of the Concordat between the Republic of Poland and the Holy See, which took place in 1998. Due to this, Poland joined other European States in which the relations between political institutions and religious organizations rest on the principle of cooperation, though in a spirit of mutual independence. It is particularly on these foundations that the relations between the State and the Catholic Church are based in Poland. At the same time, although the Catholic Church constitutes the most numerous religious community in Poland, the relationship of the State to all religious organizations is guided by the constitutional principle of equal treatment. On the whole, the chief principles on which the current model of ChurchState relations is based in the Republic of Poland tend to receive widespread approval. They also constitute a good basis for solving problems which appear in these relations in reference to various detailed issues. Of special importance are the already-established Polish traditions of a dialogue conducted by the representatives of the State and the Catholic Church and other religious organizations. This dialogue not only facilitates finding compromise solutions, but it also does not allow one to forget that both the political and religious community “under different titles, are devoted to the personal and social vocation of the same men”, and because of this, “the more that both foster sounder cooperation between themselves with due consideration for the circumstances of time and place, the more effective will their service be exercised for the good of all”.57

___________ 57 The Second Vatican Council, “Gaudium et spes” Pastoral Constitution on the Church in the Modern World, no. 76.

Ausgewählte Aspekte der verfassungsrechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Marcin Stębelski

I. Grundzüge der verfassungsrechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften Die Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist in Polen in Art. 25 der Verfassung geregelt,1 also in dem Kapitel, in dem unter anderem auch die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Staatsordnung festgelegt wurden. Im Hinblick auf die Gliederung der Verfassung kann also festgestellt werden, dass sowohl die Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als auch die grundlegenden Regeln für ihre Beziehungen zum Staat für besonders wichtig gehalten wurden, wenn sie bereits im ersten, für die Staatsordnung maßgeblichen Kapitel normiert wurden.2 Unter Anwendung der Terminologie, die in der Rechtslehre und in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs vorkommt, kann man sagen, dass Art. 25 der Verfassung den institutionellen Aspekt der Religionsfreiheit bestimmt.3 Dieser umfasst vor allem den Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie die Grundsätze der gegenseitigen Beziehungen zwischen diesen Rechtssubjekten und dem Staat. Formell werden diese Beziehungen bilateral gestaltet. Die Beziehungen zwischen der Republik ___________ 1

Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997 (Gesetzblatt Nr. 78, Pos. 483, in der geltenden Fassung). 2 Ergänzend sei noch gesagt, dass Änderungen der Vorschriften der Kapitel I (Die Republik), II (Freiheiten, Rechte und Pflichten des Menschen und Staatsbürgers) und XII (Verfassungsänderung) in einem modifizierten gesetzgeberischen Verfahren vorgenommen werden (Art. 235 Abs. 5 der Verfassung) und die Änderungsgesetze zusätzlich zur Volksabstimmung vorgelegt werden können (Art. 235 Abs. 6 der Verfassung). Dadurch soll die Änderung dieser Kapitel der Verfassung erschwert werden. 3 Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 8. Juni 2011, Aktenzeichen K 3/09, in: OTK ZU, Nr. 5/A/2011, Pos. 39, Punkt III. 3. 2. der Begründung.

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Polen und der Katholischen Kirche werden von einem völkerrechtlichen Abkommen, das mit dem Heiligen Stuhl abgeschlossen worden ist, und von Gesetzen bestimmt (Art. 25 Abs. 4 der Verfassung). Die Beziehungen zwischen der Republik Polen und anderen Kirchen sowie Religionsgemeinschaften werden durch Gesetze geregelt, die auf Abkommen beruhen, die vom Ministerrat mit ihren zuständigen Vertretern abgeschlossen worden sind (Art. 25 Abs. 5 der Verfassung). In der Verfassung findet man auch Grundsätze, die materiellrechtlich für die Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften maßgebend sind. Dazu zählen der Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen sowie die obligatorische Gewährleistung der Freiheit, diese im öffentlichen Leben zu äußern (Art. 25 Abs. 2 der Verfassung). In der Verfassung wurden auch zwei weitere Grundsätze formuliert, und zwar der Grundsatz der Achtung des Selbstbestimmungsrechts und der gegenseitigen Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften einerseits und dem Staat andererseits sowie der Grundsatz des Zusammenwirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften und des Staats zum Wohle des Menschen und der Gesellschaft (Art. 25 Abs. 3 der Verfassung). Hervorzuheben ist, dass die angesprochenen Grundsätze, die sich aus Art. 25 der Verfassung ergeben, als Grundsätze der Staatsordnung betrachtet werden. In der Praxis bedeutet dies, dass alle anderen Vorschriften, die die Staatsordnung bestimmen, so auszulegen sind, dass die faktische Wahrung dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze möglich ist.4 Der kurz geschilderte institutionelle Aspekt der Religionsfreiheit wird durch die Garantien zur Gewährleistung der Gewissens- und Religionsfreiheit ergänzt, die in Kapitel II der Verfassung verankert sind, das einen Katalog der Freiheiten, Rechte und Pflichten des Menschen und des Staatsbürgers5 enthält. Eine der gewährleisteten persönlichen Freiheiten, die in Art. 53 Abs. 1 der Verfassung zugesichert wird, ist die Gewissens- und Religionsfreiheit. Sie umfasst, wie in Art. 53 Abs. 2 der Verfassung aufgezählt, die Freiheit, die Religion eigener Wahl anzunehmen und zu bekennen, sowie die Freiheit, die eigene Religion individuell oder mit anderen Personen öffentlich oder privat durch das Bezeigen von Verehrung, Gebet, die Teilnahme an religiösen Handlungen, Praktizieren und Lehren auszudrücken. Die Religionsfreiheit bezieht sich auch auf die Befriedigung der Bedürfnisse der Gläubigen: Sie umfasst konkret den ___________ 4

Ebd., Punkt 3. 2. der Begründung. Die gleiche Auffassung äußerte der Verfassungsgerichtshof im Urteil vom 2. Dezember 2009, Aktenzeichen U 10/07, in: OTK ZU, Nr. 11/A/2009, Pos. 163, Punkt V. 5. der Begründung. 5 In der Rechtslehre werden die in Art. 53 der Verfassung enthaltenen Normen als „gewährleistendes Staatskirchenrecht“ bezeichnet. Siehe M. Olszówka, Interferencja zasad prawa wyznaniowego instytucjonalnego, in: Przegląd Prawa Wyznaniowego 2 (2010), S. 63-86, 63.

Verfassungsrechtliche Stellung der Religionsgemeinschaften in Polen

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Besitz von sakralen Gebäuden und anderen den Bedürfnissen der Gläubigen entsprechenden Orten sowie das Recht der Gläubigen, religiöse Hilfe am Aufenthaltsort in Anspruch zu nehmen. Die verfassungsrechtlichen Garantien der analysierten Freiheit umfassen des weiteren das Recht der Eltern, die moralische und religiöse Erziehung und Unterweisung ihrer Kinder gemäß ihren Anschauungen sicherzustellen, wobei jedoch die Reife des Kindes, seine Anschauungen sowie seine Gewissens- und Bekenntnisfreiheit zu berücksichtigen sind (Art. 53 Abs. 3 i. V. m. Art. 48 Abs. 1 der Verfassung). Darüber hinaus darf die Religion einer Kirche oder einer anderen rechtlich anerkannten Glaubensgemeinschaft in der Schule unterrichtet werden (Art. 53 Abs. 4 der Verfassung), jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Gewissens- und Religionsfreiheit anderer Personen im Unterricht nicht berührt werden darf (Art. 53 Abs. 4 Satz 2 der Verfassung). Die individuelle Religionsfreiheit, also auf jede einzelne Person bezogen, darf nur unter besonderen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Diese werden in Art. 53 Abs. 5 der Verfassung aufgezählt und stellen eine Lex specialis dar, die den allgemeinen Voraussetzungen für die Einschränkung der verfassungsrechtlichen Freiheiten sowie der Rechte des Menschen und Staatsbürgers6 vorgeht, die in Art. 31 Abs. 3 der Verfassung normiert sind. In der Praxis besteht jedoch der einzige Unterschied darin, dass die Gewissensund Religionsfreiheit nicht zum Schutz der Umwelt eingeschränkt werden darf, der nicht in Art. 53 Abs. 5 der Verfassung Aufnahme fand. Die oben genannten Voraussetzungen müssen noch um den Inhalt der Abs. 6 und 7 des Art. 53 der Verfassung ergänzt werden. Beide Absätze sind ähnlich formuliert und stellen Ausschlussklauseln dar. Erstens darf niemand gezwungen werden, an religiösen Praktiken teilzunehmen oder nicht teilzunehmen (Art. 53 Abs. 6 der Verfassung), was die volle Autonomie der Religionsfreiheit betont, die jeder einzelnen Person zusteht. Zweitens darf niemand durch die öffentliche Gewalt verpflichtet werden, seine Weltanschauung, seine religiösen Anschauungen oder seine Konfession zu offenbaren (Art. 53 Abs. 7 der Verfassung). Auch hier kommt dem Staat eine Gewährleistungsfunktion zu, und zwar zum Schutz jeder einzelnen Person im Hinblick auf eine gewisse Sphäre ihrer eigenen philosophischen und religiösen Anschauungen. Zum Abschluss muss noch an die Präambel zur Verfassung angeknüpft werden, die Vorschriften enthält, welche die verfassungsrechtlichen Garantien der Gewissens- und Religionsfreiheit mitgestalten. Einerseits spricht dafür die ausdrückliche Anerkennung der Wahrheit, der Gerechtigkeit, des Guten und des ___________ 6

Gemäß Art. 31 Abs. 3 der Verfassung dürfen „Einschränkungen, verfassungsrechtliche Freiheiten und Rechte zu genießen, […] nur in einem Gesetz beschlossen werden und nur dann, wenn sie in einem demokratischen Staat wegen seiner Sicherheit oder öffentlicher Ordnung oder zum Schutz der Umwelt, Gesundheit, der öffentlichen Moral oder der Freiheiten und Rechte anderer Personen notwendig sind“.

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Schönen als universeller Werte, andererseits wiederum die Betonung, dass diese Werte sowohl aus dem Glauben an Gott als auch aus anderen Quellen abgeleitet werden können. Die Werte sind, ähnlich wie das christliche Erbe des Volkes, besonders wichtig, weil sie die Basis bilden, auf die sich die Nationalkultur stützt. In der Präambel zur Verfassung werden ebenfalls die Grundsätze der Freiheit und Gerechtigkeit erwähnt, die nicht nur die Grundlage für die Axiologie der Verfassung schaffen, sondern auch die Richtung und Art der Auslegung der Vorschriften der Verfassung angeben, die unter Berücksichtigung der dem Menschen angeborenen Würde sowie seines Rechts auf Freiheit und Solidarität mit anderen Menschen anzuwenden sind. Diese Grundsätze werden in der Präambel zur Verfassung als „unverletzliche Grundlage der Republik Polen“ bezeichnet. Eine erschöpfende Analyse der Rechtsstellung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in Bezug auf die oben angeführten Grundsätze ist angesichts des beschränkten Umfangs des vorliegenden Beitrags nicht möglich und bedarf einer eigenen Abhandlung. Ich möchte mich also darauf konzentrieren, nur zwei Grundsätze kurz zu schildern, und zwar den Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie den Grundsatz der Unparteilichkeit des Staates in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen (Art. 25 Abs. 1 und 2 der Verfassung). Zuerst werden diese Grundsätze kurz erläutert. Im Anschluss daran soll ihre Auslegung in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dargestellt werden.

II. Der Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 25 Abs. 1 der Verfassung) 1. Anerkennung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als gleichberechtigte Rechtssubjekte Die Anerkennung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als gleichberechtigte Rechtssubjekte (Art. 25 Abs. 1 der Verfassung) ist der Ausgangspunkt und gleichzeitig das grundlegende Prinzip für die Betrachtung der institutionellen Garantien der Gewissens- und Religionsfreiheit. In der Rechtslehre herrscht Einigkeit darüber, dass diese Formulierung direkt an die dem Menschen angeborene und unveräußerliche Würde anknüpft (Art. 30 der Verfassung), deren Achtung auf institutioneller Ebene voraussetzt, dass alle Religionsgemeinschaften gleich behandelt werden.7 Daher ist die Gleichberechtigung der Religions___________ 7

A. Mezglewski / H. Misztal / P. Stanisz, Prawo wyznaniowe, Warschau 32011, S. 76.

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gemeinschaften ein Ausfluss der Gleichheit aller Menschen im Hinblick auf ihre Würde.8 Die Gleichberechtigung ist darüber hinaus von besonderer Bedeutung für die Staatsordnung, weil sie die Möglichkeit ausschließt, eine Staatsreligion einzuführen und damit einer Religionsgemeinschaft eine besondere Stellung einzuräumen. In diesem Kontext wird darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung eine Basis für den demokratischen Rechtsstaat bildet.9 Der Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften hängt bereits allein aufgrund der terminologischen Verwandtschaft mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zusammen. Diesbezüglich müssen also zwei grundlegende Fragen gestellt werden. Die erste Frage, die im Grunde genommen rein formellen Charakter hat, betrifft das Verhältnis der in Art. 25 Abs. 1 der Verfassung verankerten Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu dem in Art. 32 der Verfassung normierten Gleichheitssatz, der eine der Grundlagen der verfassungsrechtlichen Regelung der Freiheit sowie der Rechte des Menschen und des Staatsbürgers bildet.10 Die zweite Frage hat hingegen einen materiell-rechtlichen Charakter. Sie bezieht sich auf den Inhalt des Grundsatzes der Gleichberechtigung und die Möglichkeit, bei dessen Auslegung auf die Herangehensweise zurückzugreifen, die sonst bei der Ermittlung der Verletzung des Gleichheitssatzes Anwendung findet. Mit beiden Fragen hat sich der Verfassungsgerichtshof auseinandergesetzt. In Bezug auf die erste Frage war der Verfassungsgerichtshof der Ansicht, dass Art. 25 der Verfassung eine erschöpfende Regelung aller Angelegenheiten darstellt, die mit der Gleichberechtigung der Kirchen zusammenhängen, so dass es nicht mehr nötig ist, in dieser Hinsicht auf Art. 32 der Verfassung zurückzugreifen.11 Die Rechtsstellung einer bestimmten Kirche ist im Vergleich zu den Regelungen, die auf andere Kirchen oder Religionsgemeinschaften Anwendung finden, allein auf der Ebene des Art. 25 Abs. 1 der Verfassung zu überprüfen. Entscheidend für das Urteil ist die Wahrung der Gleichberechtigung der in dieser Vorschrift genannten Rechtssubjekte. Eine solche Herangehensweise erscheint plausibel, wenn nur davon ausgegangen wird, dass die Gleichheit, von der Art. 32 Abs. 1 der Verfassung handelt, und die Gleichberechtigung, die in ___________ 8

J. Krukowski, Polskie prawo wyznaniowe, Warschau 42008, S. 69. Ebd. 10 Art. 32 Abs. 1 der Verfassung: „Alle sind vor dem Gesetz gleich. Alle haben das Recht, von der öffentlichen Gewalt gleich behandelt zu werden.“ Abs. 2: „Niemand darf aus welchem Grund auch immer im politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Leben diskriminiert werden.“ 11 Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 2. April 2003, Aktenzeichen K 13/02, in: OTK ZU, Nr. 4/A/2003, Pos. 28, Punkt III. 1. der Begründung; Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Dezember 2009, Aktenzeichen K 55/07, in: OTK ZU, Nummer 11/A/2009, Pos. 167, Punkt III. 7. der Begründung. 9

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Art. 25 Abs. 1 der Verfassung verankert ist, synonyme Begriffe sind. In der Rechtslehre wurde dies jedoch in Frage gestellt,12 was sich in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs widergespiegelt hat. Der Verfassungsgerichtshof merkte an, dass die eingeforderte Unterscheidung zwischen den Begriffen „Gleichheit“ und „Gleichberechtigung“ die tatsächliche Vielfältigkeit der Religionsstruktur in Polen betont.13 Um dies näher auszuführen, kann man annehmen, dass die Gleichberechtigung die Gleichheit der Kirchen und Religionsgemeinschaften vor allem im Hinblick auf ihre Rechte betont, ohne dabei ihre faktische Lage (z. B. Anzahl der Gläubigen, Besitzstand) zu berücksichtigen. Wenn man dieser Auffassung folgt, ist die Gleichberechtigung eine selbstverständliche Folge der vorherigen Anerkennung dieser Rechtssubjekte als rechtlich gleichgestellt, was sich, wie bereits erwähnt, unwiderlegbar aus der Gleichstellung jeder einzelnen Person im Hinblick auf ihre Würde ergibt und darin begründet liegt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in der Praxis festgestellten Unterschiede zwischen den einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichberechtigung auszugleichen sind. Die Feststellung, dass „Kirchen und andere Religionsgemeinschaften gleichberechtigt sind“, darf mit der angestrebten faktischen Gleichheit dieser Rechtssubjekte nicht gleichgesetzt werden. Dies scheint auch in den Vorschriften bestätigt zu sein, die die Herangehensweise bei der Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und den einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften bestimmen, und zwar in Art. 25 Abs. 4 und 5 der Verfassung. Diese Beziehungen werden nämlich zwar individuell, aber gleichzeitig im gegenseitigen Einvernehmen gestaltet, was nicht unbedingt bedeuten muss, dass immer die gleiche Rechtsstellung anzustreben ist, die zur faktischen Gleichheit aller Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen führen würde.14 Es scheint auch, dass eine solche Gleichheit in der Praxis nicht möglich ist, weil die religiösen Überzeugungen der Polen weitgehende Unterschiede aufweisen. Die zweite Frage bezieht sich auf den Inhalt des Grundsatzes der Gleichberechtigung. Trotz der begrifflichen Unterschiede, die beim Vergleich des Art. 25 Abs. 1 und des Art. 32 Abs. 1 der Verfassung auffallen, wird der Grundsatz der Gleichberechtigung genauso wie der Gleichheitssatz ausgelegt. Er bedeutet nämlich, dass „alle Kirchen und Religionsgemeinschaften, die ein gemeinsames wesentliches Merkmal aufweisen, gleich zu behandeln sind. Die ___________ 12 L. Garlicki, Rozdział I „Rzeczpospolita“, artykuł 25, in: ders. (Hrsg.), Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. Komentarz, Bd. V, Warschau 2007, S. 10, Fn. 9, einschließlich der Bibliografie. 13 Urteil des Verfassungsgerichtshofs in der Rechtssache K 55/07, Punkt III. 7. der Begründung. 14 Vgl. M. Olszówka, Kilka uwag o (nie)równouprawnieniu związków religijnych (na tle orzecznictwa Trybunału Konstytucyjnego), in: J. Szymanek / J. Zaleśny (Hrsg.), Problemy polityki wyznaniowej (Studia Politologiczne 23), Warschau 2012, S. 248-252.

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Kirchen und Religionsgemeinschaften, die kein gemeinsames, im Hinblick auf eine bestimmte Regelung wesentliches Merkmal aufweisen, sind also unterschiedlich zu behandeln“.15 Das angeführte Zitat bestätigt des weiteren, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung keinesfalls als ein Gebot zu verstehen ist, die innerhalb einer Kategorie, zu der die Kirchen und Religionsgemeinschaften zählen, vorkommenden Unterschiede auszugleichen. Im Gegenteil: Der Grundsatz der Gleichberechtigung erfordert, dass die Rechtsstellung der einzelnen Rechtssubjekte, die zu dieser Kategorie gehören, jeweils individuell ermittelt wird und davon abhängt, ob sie dasselbe wesentliche Merkmal aufweisen. Im Endeffekt soll das, wodurch sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften faktisch voneinander unterscheiden, die Grundlage dafür schaffen, ihre Rechtsstellung unter Wahrung des Grundsatzes der Gleichberechtigung unterschiedlich zu gestalten.

2. Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung Die Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung war Gegenstand der meisten Rechtssachen, in denen der Verfassungsgerichtshof sich mit den Vorschriften über Kirchen und Religionsgemeinschaften auseinandersetzte. In der Rechtssache K 35/97, in der das Urteil kurz nach dem Inkrafttreten der geltenden Verfassung erlassen wurde, prüfte der Verfassungsgerichtshof, ob es verfassungsmäßig war, die in den Gesetzen zur Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und einigen Kirchen und Religionsgemeinschaften enthaltenen Vorschriften abzuschaffen, die es ermöglichten, die Note für den Religionsunterricht in die von öffentlichen Schulen ausgestellten Schulzeugnisse einzutragen.16 Infolge dieser Abschaffung wurde das Recht auf Eintragung der Note für den Religionsunterricht ins Schulzeugnis in einem gesonderten Gesetz geregelt, das durch eine Verordnung ergänzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass diese Änderung die Rechte der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften gleich gestaltet hat, so dass eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung nicht vorliegt (Art. 25 Abs. 1 der Verfassung). Der Verfassungsgerichtshof hat sich erneut mit der Frage der Gleichberechtigung in einem anderen normativen Kontext auseinandergesetzt, und zwar in der Rechtssache K 13/02. Das Urteil wurde zu einem wichtigen Bezugspunkt für die späteren Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs, vor allem deshalb, weil es vom Plenum erlassen wurde. Der Verfassungsgerichtshof über___________ 15

Urteile des Verfassungsgerichtshofs in den Rechtssachen K 13/02, Punkt 1 der Begründung; K 55/07, Punkt 7 der Begründung; U 10/07, Punkt 5 der Begründung; K 3/09, Punkt 3. 3. der Begründung. 16 Urteil vom 5. Mai 1998, Aktenzeichen K 35/97, in: OTK ZU, Nr. 3/1998, Pos. 32.

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prüfte, ob es zulässig ist, dass die Vermögensangelegenheiten der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften unterschiedlich geregelt werden. Konkret ging es um eine gesonderte Regelung der Schadensersatzansprüche einer der Kirchen.17 Der Verfassungsgerichtshof war der Ansicht, dass eines der grundlegenden Prinzipien zur Gestaltung der Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen das Prinzip der bilateralen Regelung ist. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber in die Sphäre der Beziehungen zwischen den einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften einseitig nicht eingreifen darf.18 Der Verfassungsgerichtshof betonte des Weiteren, dass die Gleichberechtigung die Notwendigkeit bedeutet, alle Kirchen und Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln, solange sie ein gemeinsames, wesentliches Merkmal aufweisen. Dieses Merkmal ist im Hinblick auf das geprüfte Gesetz die in der Vergangenheit erfolgte Verletzung des Eigentums an Immobilien sowie anderer Vermögensrechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Wenn das Eigentum dieser Rechtssubjekte verletzt worden ist, sind sie nun nach gleichem Maß zu behandeln, was die Rechtsmittel zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen betrifft.19 Das „gleiche Maß“ bedeutet jedoch nicht, dass für alle Religionsgemeinschaften die gleichen Regelungen gelten müssen. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat die Rechtsstellung dieser Rechtssubjekte im Hinblick auf ihre unterschiedlichen faktischen Situationen differenziert zu gestalten. Im Endeffekt wird der Grundsatz der Gleichberechtigung durch unterschiedliche Regelungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht verletzt, solange sie durch Verhandlungen getroffen werden und die historisch bedingte Situation der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften dabei berücksichtigt wird. Der Verfassungsgerichtshof hat sich nicht nur mit den Vermögensabrechnungen sowie den Schadensersatzansprüchen der Kirchen und Religionsgemeinschaften beschäftigt, sondern hat auch den Grundsatz der Gleichberechtigung im Hinblick auf die staatliche Finanzierung einiger Hochschulen analysiert, die der Katholischen Kirche gehören.20 Die Abgeordneten, die den Antrag beim Verfassungsgerichtshof stellten, hatten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von drei Gesetzen, die vorsahen, dass ausgewählte, beim Namen genannte Hochschulen der Katholischen Kirche nach den Regeln zur staatlichen Finanzierung der öffentlichen Hochschulen gefördert werden. Die Antragsteller waren der Meinung, dass dies den Grundsatz der Gleichberechtigung der ___________ 17

Gemeint ist die Polnische Autokephale Orthodoxe Kirche, deren Vermögensangelegenheiten im Hinblick auf die Schadensersatzansprüche anders als die der Katholischen Kirche geregelt wurden. 18 Urteil des Verfassungsgerichtshofs in der Rechtssache K 13/02, Punkt III. 1. der Begründung. 19 Ebd., Punkt III. 10. der Begründung. 20 Urteil des Verfassungsgerichtshofs in der Rechtssache K 55/07.

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Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften verletzen würde, da nur eine Kirche diese besondere finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse erhalten sollte. Der Verfassungsgerichtshof musste also entscheiden, ob der Katholischen Kirche in diesem Tatbestand unberechtigte Privilegien gegenüber den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften eingeräumt wurden. Der Ausgangspunkt für die Lösung dieses Dilemmas war erneut die Feststellung, dass alle Kirchen und Religionsgemeinschaften, die ein gemeinsames, wesentliches Merkmal aufweisen, gleich zu behandeln sind. Ihre Rechtsstellung kann also dann unterschiedlich sein, wenn die betroffenen Subjekte unterschiedliche Merkmale aufweisen. Manchmal kann dies aber auch bei ähnlichen Subjekten der Fall sein. Es müssen dann allerdings drei Voraussetzungen erfüllt werden, die eine gesonderte Verfassungsmäßigkeitsprüfung darstellen. Erstens muss die Unterschiedlichkeit rational begründet sein, zweitens das Interesse, dem die Unterschiedlichkeit dient, in einem angemessenen Verhältnis zu den Interessen stehen, die infolge der Unterschiedlichkeit verletzt werden könnten, und drittens sich die Unterschiedlichkeit auf eine verfassungsrechtliche Grundlage an Werten, Geboten und Normen stützen. Diese kurz dargestellte Auffassung kann für eine wichtige Bestätigung der früheren Linie der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Grundsatz der Gleichberechtigung gehalten werden. Es scheint jedoch, dass es in der angeführten Rechtssache K55/07 nicht um die Überprüfung der angefochtenen Vorschriften im Licht der dargelegten Verfassungsmäßigkeitsprüfung ging, sondern eher darum, ob eine Teilregelung, die die Finanzierung von Hochschulen nur einer Kirche vorsieht, für unzulässig erklärt werden sollte, weil ähnliche Regelungen für andere Kirchen und Religionsgemeinschaften ausbleiben. Meiner Meinung nach gibt es zwei Möglichkeiten, um dieses Dilemma zu lösen. In der ersten Lösung wird davon ausgegangen, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften dann gleichberechtigt sind, wenn sie alle ihrem Wesen nach ähnliche Rechte im Hinblick auf die Finanzierung der von ihnen geführten Hochschulen besitzen. Es gilt also die Maxime „entweder alle, oder keine“. In der zweiten Lösung wird hingegen davon ausgegangen, dass die Zuerkennung von Rechten nur einer Kirche nicht allein deshalb angefochten werden kann, weil diese Rechte den anderen ähnlichen Rechtssubjekten nicht eingeräumt wurden. Chancenausgleich darf also nicht eine „Nivellierung nach unten“ bedeuten und zur Folge haben, dass einem Rechtssubjekt sein Rechtsgut genommen wird, weil ein anderes es nicht besitzt. Der Verfassungsgerichtshof hat sich für die zweite Lösung ausgesprochen. In der Begründung des Urteils in der Rechtssache K 55/07 geht er davon aus, dass der Verfassungsgeber vorübergehende Unterschiede zwischen den Religionsgemeinschaften, die auf die bilaterale Ausgestaltung ihrer Beziehungen zum Staat zurückzuführen sind, berücksichtigt und zugelassen hat (Art. 25 Abs. 4 und 5 der Verfassung). Dies hat zur Folge, dass die Regelungen, die nur für ausgewählte, namentlich genannte

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Hochschulen von Religionsgemeinschaften getroffen werden, an sich keine Verletzung der Verfassung darstellen.21 Das grundlegende Argument, das hierfür vorgebracht wurde, war der gewährleistende Charakter des Grundsatzes der Gleichberechtigung. Die angestrebte Angleichung der Rechtsstellung darf nicht bedeuten, dass manchen Rechtssubjekten ihre verfassungsmäßig eingeräumten Rechte zu nehmen sind. Andere Kirchen und Religionsgemeinschaften können entsprechende Gesetzesentwürfe zur staatlichen Finanzierung der von ihnen geführten Hochschulen einfordern, demnach die gleiche Rechtsstellung erlangen, die derzeit nur von einer Kirche genossen wird, deren Hochschulen genauso wie die öffentlichen Hochschulen aus der Staatskasse finanziert werden. Eine Entziehung der zuerkannten Rechte wäre in diesem Sachverhalt auch deshalb ein unbegründetes Mittel zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung, weil die Rechtsstellung der Rechtssubjekte, denen solche Rechte noch vorenthalten sind, dadurch nicht verbessert würde.22 Um diese Anmerkungen zu ergänzen, muss noch hinzugefügt werden, dass das Problem der staatlichen Finanzierung der weit gefassten Tätigkeit einer der Kirchen bereits Gegenstand eines Antrags war, der beim Verfassungsgerichthof zwar eingebracht, jedoch materiell-rechtlich nicht geprüft wurde.23 Nichtsdestoweniger lässt dies darauf schließen, dass dieses Problem in letzter Zeit oft Zweifel hervorgerufen hat, so dass es immer wieder zur Prüfung dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt worden ist. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die

___________ 21 Urteil in der Rechtssache K 55/07, Punkt 7 der Begründung. Diese Auffassung und das gesamte Urteil wurden in der Rechtslehre kritisiert. Siehe W. Brzozowski, Glosa do wyroku TK z 14 grudnia 2009 r., K 55/07, in: Państwo i Prawo 5 (2010), S. 126-131. Sollte man darauf warten, dass manche Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre Rechtsstellung endgültig bestimmen, hätte der Verfassungsgerichtshof, bevor es so weit ist, keine Möglichkeit, die Rechtsvorschriften zu überprüfen, die die Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften unterschiedlich gestalten. So Brzozowski (Punkt 2 des Kommentars). 22 Urteil in der Rechtssache K 55/07, Punkt 7 der Begründung. 23 Gemeint ist der Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 6. Februar 2007, Aktenzeichen K 16/06, in: OTK ZU, Nr. 2/A/2007, Pos. 13. Der Verfassungsgerichtshof stellte das auf Antrag einer Abgeordnetengruppe eingeleitete Verfahren ein, weil die angefochtene Vorschrift außer Kraft getreten war. Die Abgeordneten hatten in ihrem Antrag denjenigen Teil des Haushaltsgesetzes für 2006 angefochten, der die staatliche Finanzierung der Errichtung des Tempels der Göttlichen Vorsehung in Warschau vorsah. Die Vorschrift, auf die im Antrag hingewiesen wurde, trat jedoch außer Kraft, bevor der Verfassungsgerichtshof den Antrag prüfte. Die Richter waren der Ansicht, dass es für den Schutz der verfassungsrechtlichen Freiheiten und Rechte nicht notwendig war, einen Rechtsakt zu überprüfen, der bereits vor dem Erlass des Urteils außer Kraft getreten war. Diese Auffassung stieß in der Rechtslehre auf Kritik.

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Antragsteller die Abgeordneten waren, die ihr kollektives Recht auf Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof wahrgenommen haben.24 Der Verfassungsgerichtshof hat sich in der Rechtssache U 10/07 noch mit einem anderen Aspekt der Gleichberechtigung auseinandergesetzt.25 Auch hier wurde der Antrag von den Abgeordneten gestellt, die die Einrechnung der Note für den Religionsunterricht in den Notendurchschnitt in Frage stellten, der auf den von den öffentlichen Schulen ausgestellten Zeugnissen anzugeben ist. Dieses Problem wurde in der öffentlichen Debatte heftig diskutiert, einerseits wegen seiner praktischen Dimension und andererseits wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit der auch politisch geprägten Diskussion über das gewünschte Modell der Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften, insbesondere der Katholischen Kirche. In der ausführlichen Begründung des vom Plenum erlassenen Urteils wurde nicht nur der Inhalt der Religionsfreiheit, sondern auch die Regelung der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit im Zeitraum bis zum Inkrafttreten der neuen Verfassung im Jahre 1997 tiefgehend analysiert.26 In Bezug auf das Problem der Gleichberechtigung brachte der Verfassungsgerichtshof die sich aus Art. 25 Abs. 1 der Verfassung ergebende Erklärung in enge Verbindung mit den verfassungsrechtlichen Garantien der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit. Dies führte ihn zur Feststellung, dass „die Kirchen und Religionsgemeinschaften gleichberechtigt sind, wenn jede einzelne Person ihre aus der Religionsfreiheit abgeleiteten Rechte wahrnehmen kann und die Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre aus der Religionsfreiheit abgeleiteten Funktionen erfüllen sowie ihre zur Erfüllung dieser Funktionen notwendigen Rechte wahrnehmen […] so dass jedem Gläubigen die Rechte gewährleistet werden, die sich aus der Religionsfreiheit ergeben“.27 Dies bedeutet schlicht und einfach, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung sich auf die Sphäre der Tätigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften bezieht, die die Wahrnehmung der Religionsfreiheit durch jede einzelne Person betrifft. Bei der Prüfung der in der angeführten Rechtssache angefochtenen Vorschriften kam der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Religionsfreiheit, die eine der grundlegenden Garantien der Freiheit sowie der Rechte des Menschen und des Staatsbürgers darstellt, zu keiner fak___________ 24

Ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle kann beim Verfassungsgerichtshof vom Präsidenten der Republik, dem Sejmmarschall, dem Senatsmarschall, dem Vorsitzenden des Ministerrates, fünfzig Abgeordneten, dreißig Senatoren, dem Ersten Präsidenten des Obersten Gerichts, dem Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichts, dem Generalstaatsanwalt, dem Präsidenten der Obersten Kontrollkammer und dem Beauftragten für Bürgerrechte gestellt werden. 25 Urteil vom 2. Dezember 2009, Aktenzeichen U 10/07, in: OTK ZU, Nr. 11/A/ 2009, Pos. 163. 26 Ebd., Punkt V. 3. und V. 4. der Begründung. 27 Ebd., Punkt V. 5. der Begründung.

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tischen Gleichstellung der Religionen führen soll. Während also die öffentliche Gewalt alle Kirchen und Religionsgemeinschaften als gleichberechtigt anzusehen hat, kommt es auf die einzelne Person an, innerhalb welcher Konfession, wenn überhaupt, sie ihre Religionsfreiheit wahrnehmen will.28 Dies führte den Verfassungsgerichtshof zur Feststellung, dass „die Katholische Kirche im polnischen Rechtssystem eine besondere institutionelle Stellung hat, die ihre herrschende Position in der polnischen Konfessionsstruktur widerspiegelt“.29 Diese eindeutige Auffassung, die vor allem an die bilaterale Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche im völkerrechtlichen Abkommen (Art. 25 Abs. 4 der Verfassung) anknüpft, gilt jedoch unter dem Vorbehalt, dass die herrschende Position der Katholischen Kirche die jeder Person zustehenden gleichen Rechte auf Wahrnehmung der Religionsfreiheit nicht gefährdet. Die Aufzählung der Auffassungen des Verfassungsgerichtshofs zum verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 25 Abs. 1 der Verfassung) soll nun mit der Anführung des letzten Urteils enden, in dem der Verfassungsgerichtshof sich mit diesem Problem auseinandersetzte. In dem vom Plenum erlassenen Urteil in der Rechtsache K 3/0930 äußerte sich der Verfassungsgerichtshof zur Verfassungsmäßigkeit einiger Gesetzesvorschriften, die das Regulierungsverfahren bestimmten. Das Regulierungsverfahren zielte darauf ab, die Vermögensangelegenheiten der Katholischen Kirche in Polen zu ordnen sowie die materiellen Schäden, die ihr im Kommunismus zugefügt worden waren, zu ersetzen. Dies sollte durch Rückübertragung des Eigentums an den enteigneten Immobilien, Übertragung des Eigentums an Ersatzimmobilien oder finanziellen Schadensersatz geschehen. Der Gesetzgeber sah des Weiteren die Gründung einer besonderen Behörde vor, und zwar der Vermögenskommission, die das Regulierungsverfahren führen sollte. In dem beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrag wurde unter anderem die unentgeltliche Übertragung des Eigentums landwirtschaftlicher Grundstücke an die Katholische Kirche in den Gebieten, die nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen angeschlossen worden waren (die sog. West- und Nordgebiete), angefochten. Die Antragsteller (eine Gruppe von Abgeordneten) waren der Meinung, dass dies eine Privilegierung der Katholischen Kirche gegenüber den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften bedeute, an die zwar auch das Eigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken übertragen werden konnte, jedoch zu leicht abweichenden Bedingungen. Der Verfassungsgerichtshof verwies hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichberechtigung auf früher er___________ 28

Ebd., Punkt V. 6. der Begründung. Ebd., Punkt V. 5. der Begründung. 30 Urteil vom 8. Juni 2011 in der Rechtssache K 3/09, in: OKT ZU, Nr. 5/A/2011, Pos. 39. 29

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lassene Urteile. Die Entscheidung kann also als eine Zusammenfassung der gegenwärtigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofs zur Auslegung des Art. 25 Abs. 1 der Verfassung betrachtet werden. Der Verfassungsgerichtshof machte deutlich, dass die institutionelle Gleichberechtigung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ein Ausfluss der Religionsfreiheit ist und im Hinblick auf die Staatsordnung die Einführung einer Staatsreligion ausschließt. Den Inhalt der Gleichberechtigung spiegelt die mehrmals angeführte Auffassung wider, der zufolge Rechtssubjekte, die das gleiche, im Hinblick auf die einschlägige Regelung wesentliche Merkmal aufweisen, gleich zu behandeln sind, während diejenigen Rechtssubjekte, die dieses Merkmal nicht aufweisen, unterschiedlich zu behandeln sind. Dies bedeutet, dass eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsstellung von Konfessionen zulässig ist. Der Grundsatz der Gleichberechtigung ist nämlich in seinem institutionellen Aspekt mit dem Anstreben einer faktischen Gleichstellung aller Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht gleichzusetzen.31 Diese allgemeine Auffassung wurde durch den Verfassungsgerichtshof in der angeführten Rechtssache präzisiert. Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass die unterschiedlichen Regelungen der Vermögensverhältnisse der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung darstellen. Dieser Grundsatz ist nämlich kein Gebot, alle Konfessionen gleich zu behandeln. Er schafft auch keine Anwartschaft einer faktischen Gleichstellung. Art. 25 Abs. 1 der Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber nur zur Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, welche die Wahrnehmung der Gleichberechtigung unter Berücksichtigung der individuellen Eigenschaften der einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften ermöglichen.32 Die Gleichberechtigung ist also gemäß dieser Auffassung ein relativ dynamischer Zustand und hängt nur im begrenzten Umfang von der Gesetzgebung des Staates ab. Sogar in der Gesetzgebung dürfen für die einzelnen Kirchen und Religionsgemeinschaften unterschiedliche Regelungen getroffen werden, was sowohl auf den Mechanismus der individuellen Ausgestaltung der Beziehungen des Staates zu den einzelnen Rechtssubjekten als auch auf die faktischen Unterschiede zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften im Hinblick auf die Anzahl ihrer Gläubigen sowie ihre Verankerung in der Geschichte des Staates zurückzuführen ist“.33

___________ 31 32 33

Ebd., Punkt III. 3 .3. der Begründung. Urteil in der Rechtssache K 3/09, Punkt III. 3 .5 .2. 1. der Begründung. Ebd.

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III. Der Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt in Angelegenheit der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen (Art. 25 Abs. 2 der Verfassung) 1. Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt Die in der Verfassung erklärte Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt der Republik Polen in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen, ergänzt durch die Verpflichtung der öffentlichen Gewalt zur Gewährleistung der Freiheit, diese unterschiedlichen Anschauungen im öffentlichen Leben zum Ausdruck zu bringen, kann als die zweite Säule der institutionellen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Polen betrachtet werden. Dafür spricht nicht nur die Gliederung des Art. 25 der Verfassung, sondern auch der Inhalt des angesprochenen Grundsatzes. Um den Kontext kurz zu schildern, muss man hervorheben, dass der derzeitige Wortlaut des Art. 25 Abs. 2 der Verfassung, ähnlich wie der Wortlaut des ganzen Artikels, auf einen Kompromiss zurückzuführen ist, mit dem die Debatte über mögliche Modelle zur Gründung eines säkularen Staates endete, die der Verabschiedung der heute geltenden Verfassung vorausging.34 Aus diesem Grund bereitet seine Auslegung oft Schwierigkeiten, die sich aus der angedeuteten begrifflichen Diskrepanz zwischen den angenommenen Vorschriften ergeben. Dieses Problem betrifft u. a. den Inhalt des Art. 25 Abs. 2 der Verfassung und den darin verwendeten Begriff der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen, der anstelle der in einigen anderen Verfassungsentwürfen eingeforderten Neutralität steht. Im Ergebnis lassen sich der zitierte Absatz und die aus ihm resultierenden Pflichten der öffentlichen Gewalt in zweierlei, aller___________ 34

Krukowski, Polskie prawo wyznaniowe (Fn. 8), S. 71; M. Pietrzak, Prawo wyznaniowe, Warschau 42010, S. 241; Mezglewski / Misztal / Stanisz, Prawo wyznaniowe (Fn. 7), S. 75. Eine breitere Analyse der Arbeit an der heutigen Verfassung wurde im Hinblick auf Kirchen und Religionsgemeinschaften unter anderem von P. Borecki vorgenommen: Geneza modelu stosunków państwo-Kościół w Konstytucji RP, Warschau 2008. Der Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt wird u. a. von W. Łączkowski analysiert: „Bezstronność“ władz publicznych, in: Ruch Prawniczy, Ekonomiczny i Socjologiczny 2 (2006), S. 209-219; ders., Dylematy etyczne i światopoglądowe jako przedmiot kontroli konstytucyjnej, in: M. Zubik (Hrsg.), Księga XXlecia orzecznictwa Trybunału Konstytucyjnego, Warschau 2006, S. 379-403.; J. Szymanek, Bezstronność czy neutralność światopoglądowa państwa (uwagi na tle Art. 25 ust. 2 Konstytucji RP), in: Państwo i Prawo 5 (2004), S. 32-48. Eine Monografie dazu: W. Brzozowski, Bezstronność światopoglądowa władz publicznych w Konstytucji RP, Warschau 2011.

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dings widersprüchlicher Hinsicht auslegen. Einerseits kann davon ausgegangen werden, dass der Begriff der Unparteilichkeit verwendet wurde, weil man die Konzeption der weltanschaulichen Neutralität des Staates verwerfen wollte, besonders in ihrem geschlossenen Aspekt. Dies würde also deutlich dafür sprechen, dass die Rolle der öffentlichen Gewalt nicht mehr voraussetzt, dass sämtliche Formen des religiösen Ausdrucks aus dem öffentlichen Leben zu entfernen sind (z. B. die Entfernung der religiösen Symbole; Verbot für die Inhaber öffentlicher Ämter, an religiösen Veranstaltungen teilzunehmen).35 Andererseits könnte die Unparteilichkeit lediglich als ein Bestandteil der Neutralität betrachtet werden. Dies würde für den neutralen Charakter des Staates sprechen, was eine Verpflichtung zur Unterlassung von Eingriffen in religiöse und weltanschauliche Angelegenheiten bedeutet. Die so verstandene „Unterlassung“ würde zum Beispiel im Verbot bestehen, religiöse Symbole in öffentlichen Gebäuden anzubringen.36 Dass der Begriff der „Unparteilichkeit“ in der Verfassung anstelle von „Neutralität“ vorkommt, bedeutet, dass die Gleichsetzung beider Begriffe und deren Bedeutungen unberechtigt sind. Die Unterscheidung hat nicht nur einen sprachlichen Charakter, sondern deutet auch auf eine unterschiedliche Vorstellung von der Funktion des Staates hin. Die Wahrung der Unparteilichkeit schließt nicht aus, dass die öffentliche Gewalt Handlungen unternimmt, die jeder einzelnen Person ermöglichen, ihre Gewissens- und Religionsfreiheit wahrzunehmen.37 Dies widerspricht also der vollen Passivität, die auf eine Art Misstrauen oder gar mehr oder weniger ausdrückliche Abneigung gegen die Religion schließen lassen könnte. Die Voraussetzung für jegliches Handeln durch die öffentliche Gewalt ist also die Achtung der Unterschiedlichkeit der Menschen in allen in Art. 25 Abs. 2 der Verfassung genannten Sphären (der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen). Die bereits erwähnte Schaffung von allgemeinen Rahmenbedingungen durch den Staat, in denen jede einzelne Person ihre Gewissens- und Religionsfreiheit wahrnehmen kann (Art. 53 Abs. 1 der Verfassung), ist also konsequent auszulegen. Einerseits darf der Staat keine Handlungen unternehmen, die eine Privilegierung einer der Religionen oder Weltanschauungen zur Folge hätten. Andererseits sind jedoch auch alle Handlungen ausgeschlossen, die die Verwerfung sämtlicher Werte sowie die Abneigung gegen die religiösen Haltungen der Menschen unterstützen. Die so verstandene Unparteilichkeit, die vor allem als eine Art Objektivität der öffentlichen Gewalt ausgelegt wird, führt dazu, dass der Staat sich an der Seite keiner ___________ 35

Krukowski, Polskie prawo wyznaniowe (Fn. 8), S. 72; Mezglewski / Misztal / Stanisz, Prawo wyznaniowe (Fn. 7), S. 79. 36 Pietrzak, Prawo wyznaniowe (Fn. 34), S. 242. 37 B. Banaszak, Art. 25, in: Konstytucja Rzeczypospolitej. Komentarz, Warschau 2 2012, S. 184.

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konkreten religiösen, weltanschaulichen oder philosophischen Anschauung beteiligt.38 Sie darf aber, gerade wegen dieser Unbeteiligtheit, keine Grundlage dafür sein, sämtliche Erscheinung der axiologischen Selbstbestimmung der Menschen in Frage zu stellen sowie die Werte zu verwerfen, die unstreitig das Fundament der geltenden Verfassung bilden.39 Es ist eine Binsenweisheit, dass die Verfassung nicht in einer axiologischen Leere entworfen und verabschiedet wurde und sich in der Verfassung bestimmte axiologische Weisungen andeuten.40 Die verfassungsrechtliche Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt lässt also keine Ablehnung jener Werte zu, die der Verfassung zugrunde liegen, weil dies eine Widersprüchlichkeit bei der Auslegung der Verfassung an sich zur Folge hätte.

2. Aktuelle Auffassung des Verfassungsgerichtshofs zur Auslegung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der weltanschaulichen Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt Die aktuelle Auffassung des Verfassungsgerichtshofs zur Auslegung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der weltanschaulichen Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt knüpft deutlich an dessen Urteile an, die noch vor der Verabschiedung und dem Inkrafttreten der geltenden Verfassung erlassen wurden. Hervorzuheben sind die Urteile in den Rechtssachen K 11/9041 und U 12/92,42 in denen der Verfassungsgerichtshof sich mit dem Problem des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen beschäftigt hat. ___________ 38

Vgl. Garlicki, Rozdział I „Rzeczpospolita“, artykuł 25 (Fn. 12), S. 14. Bereits die Präambel zur Verfassung der Republik Polen handelt u. a. von „den universellen Werten der Wahrheit, Gerechtigkeit, des Guten und des Schönen“, „dem christlichen Erbe des Volkes“, „den allgemeinen menschlichen Werten“, die vom Souverän – dem Volk – wahr- und angenommen werden, und von der „dem Menschen angeborenen Würde“, die „die unverletzliche Grundlage der Republik Polen“ darstellt. 40 In der Rechtslehre wurde in diesem Kontext auf die Verwurzelung „des christlichen Wertesystems“ in der Tradition und Kultur der polnischen Gesellschaft hingewiesen: Łączkowski, Dylematy etyczne i światopoglądowe (Fn. 34), S. 382 und 396-397. Auch in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs wurde auf „die christlichen Werte“ als „universelle ethische Grundsätze“ hingewiesen: Urteil vom 2. März 1994 in der Rechtssache W 3/93, in: OTK 1994, Pos. 17; Urteil vom 7. Juni 1994 in der Rechtssache K 17/93, in: OTK 1994, Pos. 11. Diese Auffassung wurde auch in der späteren Rechtsprechung bestätigt: Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 23. März 2006 in der Rechtssache K 4/06, in: OTK ZU, Nr. 3/A/2006, Pos. 32, Punkt III. 5. 3. der Begründung. 41 Urteil vom 30. Januar 1991 in der Rechtssache K 11/90, in: OTK 1991, Pos. 2. 42 Urteil vom 20. April 1993 in der Rechtssache U 12/92, in: OTK 1992, Pos. 9. 39

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In der Rechtssache K 11/90 wurde die Einführung des fakultativen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen von der Beauftragten für Bürgerrechte angefochten. Es ging darum, ob ein solcher Unterricht überhaupt zulässig ist.43 Der Verfassungsgerichtshof hielt die Zweifel der Antragsstellerin für unbegründet und traf grundlegende Feststellungen über den säkularen und neutralen Charakter des Staates. Die Richter waren der Auffassung, dass diese Begriffe vor allem eine gewährleistende Funktion besitzen, weil sie die Sphäre der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit vor Eingriffen seitens der öffentlichen Gewalt schützen. Einerseits bedeuten die Säkularität und Neutralität, dass der Religionsunterricht an staatlichen Schulen nicht obligatorisch sein darf, andererseits aber, dass seine Einführung nicht nur deshalb untersagt werden darf, weil einige Bürger sich dies wünschen.44 Diese Auffassung findet sich im Urteil zur Rechtssache U 12/92, wo der Verfassungsgerichtshof entschieden hat, dass die Säkularität und Neutralität ihrem Wesen nach eine Autonomie des Staates gegenüber der Kirche bedeuten. Aus diesen Grundsätzen resultieren weder Isolierung noch Konkurrenzkampf zwischen dem Staat und der Kirche; vielmehr deuten sie auf die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit in Bereichen hin, die zum gemeinsamen Wohl sowie zur Entwicklung des Menschen beitragen. Deshalb können sie nicht als Argument für eine Abschaffung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen dienen. Es sei noch darauf verwiesen, dass der Verfassungsgerichtshof in der angeführten Rechtssache nicht nur die Wahrung der Säkularität und Neutralität durch den Staat geprüft hat, sondern auch Umstände, die der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen herbeigeführt hatte, konkret die Frage der Anbringung von Kreuzen in den Klassenräumen sowie des Schulgebets. Die Vorschriften, die der Verfassungsgerichtshof in der Rechtssache U 12/92 überprüft hat, sahen vor, dass beides zwar möglich, jedoch nicht obligatorisch ist. Der Verfassungsgerichtshof sprach sich eindeutig gegen staatliche Eingriffe in die Sphäre aus, in der jede einzelne Person ihre Gewissens- und Religionsfreiheit wahrnimmt. Die Funktion des Staates besteht in dieser Hinsicht vor allem darin, die Freiheit zu gewährleisten und zu schützen, und nicht darin, die Art und Weise vorzuschreiben, wie diese Freiheit wahrzunehmen ist. Der Verfassungsgerichtshof kam zu zwei Schlussfolgerungen: Einerseits darf niemand zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen und Handlungen gezwungen werden. Andererseits ist es nicht zulässig, interessierte Personen an der Teilnahme an ___________ 43 Die Beauftragte für Bürgerrechte war der Ansicht, dass die Einführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen gegen den Grundsatz der religiösen Neutralität des Staates verstößt und mit der Idee des demokratischen Rechtsstaats „in liberaler Version“ unvereinbar ist. Siehe das Urteil in der Rechtssache K 11/90, Punkt II. der Begründung. 44 Urteil in der Rechtssache K 11/90, Punkt II. der Begründung.

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solchen Veranstaltungen und Handlungen zu hindern, was nicht weniger wichtig ist. Die zweite Schlussfolgerung scheint besonders bedeutsam, insofern der Verfassungsgerichtshof sich auf sie berufen hat, als er für die Zulässigkeit der Anbringung von Kreuzen sowie des Schulgebets in den staatlichen Schulen plädierte. Beides wurde als ein wichtiger Bestandteil der Bewahrung der Religionsidentität unter den interessierten Schüler(innen) gewertet.45 Das Problem der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen wurde im Urteil zur Rechtssache U 10/07 weiter diskutiert, als die neue Verfassung bereits in Kraft war. Die Grundfrage, mit der sich der Verfassungsgerichtshof auseinanderzusetzen hatte, war praktisch mit der bereits früher geäußerten identisch. Der gestellte Antrag bezog sich auf die Vorschriften über die Einrechnung der Note für den Religions- oder Ethikunterricht in den Gesamtdurchschnitt, der in die von öffentlichen Schulen ausgestellten Zeugnisse eingetragen wird. Die vorgebrachten Einwände betrafen also vor allem den Mechanismus zur Klassifizierung der Schüler(innen) im Hinblick auf ihre Durchschnittsnote, obwohl das wesentliche Problem, auf das sie zurückzuführen waren, erneut in der Frage bestand, ob Religionsunterricht an öffentlichen Schulen überhaupt zulässig ist. Die Antragsteller wiesen darauf hin, dass die öffentliche Gewalt zur Unparteilichkeit in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen verpflichtet ist und die Religion öffentlich nicht fördern darf, indem sie es zulässt, dass die Note für den Religionsunterricht bei der Ermittlung der Durchschnittsnote mitberücksichtigt wird. Sie brachten auch das Argument vor, dass die Benotung des Religionsunterrichts die Schüler(innen) zur religiösen Aktivität außerhalb der Schule ansporne, u. a. auch zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen. Der Verfassungsgerichtshof blieb bei seiner Auffassung, die er im Urteil zur Rechtssache U 12/92 festlegte. Er entschied, dass die Note für den Religionsunterricht, die im Zeugnis aufscheint, eine Folge der Einführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen ist, während der Religionsunterricht ein Recht darstellt, das aus der Religionsfreiheit resultiert (Art. 53 Abs. 2 und 3 der Verfassung), die von der öffentlichen Gewalt zu gewährleisten ist. In der Ausübung dieser Funktion darf der Staat weder den Inhalt des Religionsunterrichts bestimmen, also z. B. den Lehrplan festlegen, noch ganz untätig bleiben, weil er als Bildungsträger möglicher Diskriminierung oder Intoleranz gegen Minderheitsmeinungen präventiv entgegentreten muss.46 In der Rechtssache U 10/07 hat sich der Verfassungsgerichtshof eindeutig für die Auslegung des Grundsatzes der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt ___________ 45 46

Urteil in der Rechtssache U 12/92, Punkt III. der Begründung. Urteil in der Rechtssache U 10/07, Punkt V. 6. der Begründung.

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ausgesprochen, die von der Achtung der Autonomie und der gegenseitigen Unabhängigkeit des Staates sowie der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ausgeht. Diese Auffassung soll gleichzeitig darauf hindeuten, dass die Beziehung der öffentlichen Gewalt zu diesen Rechtssubjekten freundlich ist, was mit der gewährleistenden Funktion des Staates im Hinblick auf die Wahrnehmung der Gewissens- und Bekenntnisfreiheit durch Einzelne zusammenhängt. In diesem Kontext äußerte der Verfassungsgerichtshof die Meinung, dass die Bezeichnung „säkularer Staat“ für die Beziehungen zwischen demokratischen Staaten einerseits und Kirchen und Religionsgemeinschaften andererseits heutzutage überflüssig, wenn nicht sogar irreführend ist, weil sie sich auf eine Konzeption bezieht, die auf eine feindliche oder zumindest abneigende Haltung des Staates gegenüber der Religion schließen lässt.47 Eine andere wichtige Äußerung des Verfassungsgerichtshofs zum Grundsatz der Unparteilichkeit bezieht sich auf die enorm wichtige und gleichzeitige nach wie vor umstrittene Frage der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt. Sie wurde in der Rechtssache K 55/0748 angesprochen, die die staatliche Finanzierung einiger zur Katholischen Kirche gehörenden Hochschulen in Polen zum Gegenstand hatte. Dieses Urteil wurde bereits im Hinblick auf die Gleichberechtigung besprochen (siehe Punkt II. 2.), weshalb ich mich nun bei seiner Darstellung lediglich auf die Stellungnahme des Verfassungsgerichtshofs zum Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt beschränke. Hervorzuheben ist, dass der Verfassungsgerichtshof auf die unterschiedliche Auslegung der Begriffe „neutral“ und „unparteilich“ verwiesen hat.49 Die Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt, die in Art. 25 ___________ 47

Ebd., Punkt V. 5. der Begründung. Es ist bemerkenswert, dass beide Urteile – in den Rechtssachen U 10/07 und K 55/07 – sich auf die gleiche Problematik beziehen und fast zum gleichen Zeitpunkt erlassen wurden: am 2. Dezember 2009 und am 14. Dezember 2009. Beide Aussagen scheinen miteinander vereinbar zu sein, was ihr wesentliches Thema betrifft, und zwar den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichberechtigung (Art. 25 Abs. 2 der Verfassung). Der Verfassungsgerichtshof stellt einen Unterschied zwischen der „Unparteilichkeit“ und der „Neutralität“ fest und legt den Grundsatz der weltanschaulichen Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt in Bezug auf den geltenden Wortlaut des Art. 25 Abs. 2 der Verfassung aus. Man kann also nicht behaupten, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in diesem Kontext nicht einheitlich ist oder dass im Urteil, das vom Verfassungsgerichtshof in fünfköpfiger Besetzung erlassen wurde (in der Rechtssache K 55/07), von dem vom Plenum erlassenen Urteil (in der Rechtssache U 10/07) abgewichen wird. Diese Auffassung vertritt: W. Brzozowski, Glosa do wyroku TK z 14 grudnia 2009 r., K 55/07, Punkt 4. 49 Das wesentliche Kriterium für die Unterscheidung zwischen diesen Begriffen ist die Zulässigkeit, dass durch die öffentliche Gewalt in die Sphäre der Wahrnehmung der Gewissens- und Religionsfreiheit einzelner Personen eingegriffen wird. Wenn solche 48

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Abs. 2 der Verfassung zum Ausdruck kommt, bedeutet, dass der Staat keine Vorurteile hegt und Objektivität wahrt. Der Staat muss im Umgang mit allen Kirchen und Religionsgemeinschaften gleichen Abstand wahren, wobei es aber nicht ausgeschlossen ist, dass er Handlungen zu ihren Gunsten unternimmt. Der unparteiliche Staat darf sich also für „die Gewährleistung einer möglichst breit gefassten Gewissens- und Religionsfreiheit für alle Mitglieder der demokratischen und pluralistischen Gesellschaft einsetzen“.50 Dies kann z. B. durch die staatliche Finanzierung der von Religionsgemeinschaften geführten Bildungseinrichtungen geschehen. Der Verfassungsgerichtshof betonte erneut die doppelte Funktion des Staates im Hinblick auf die Gewährleistung einer bestimmten Freiheitssphäre, z. B. der Gewissens- und Religionsfreiheit. Diese Funkti on besteht nämlich nicht nur darin, sämtliche Verbote und Hindernisse abzuschaffen, die die einzelne Person hindern, das eigene Leben in Übereinstimmung mit der selbst gewählten Weltanschauung zu gestalten, sondern möglicherweise auch darin, eine Art staatliche Beihilfe zu gewähren. Dass die von Religionsgemeinschaften geführten Bildungseinrichtungen finanziell gefördert werden, bedeutet nicht, dass der Staat sich für eine konkrete Religion ausspricht; vielmehr handelt es sich dabei lediglich um ein Instrument zur Unterstützung der einzelnen Personen bei der Wahrnehmung der von ihnen gewählten Religion und Weltanschauung.51 Dieselbe Auslegung des Grundsatzes der Unparteilichkeit wie in der Rechtssache K 55/07 wurde vom Verfassungsgerichtshof in der Rechtssache K 3/09 vertreten.52 Der Verfassungsgerichtshof bestätigte damit, dass die Unparteilichkeit immer einen gewissen Grad an Tätigkeit mit dem Ziel voraussetzt, den einzelnen Personen die Möglichkeit zu gewährleisten, ihre Gewissens- und Bekenntnisfreiheit wahrzunehmen. Diese Tätigkeit muss jedoch immer einen objektiven Charakter aufweisen. Es ist also erforderlich, dass der Staat „in seinem Umgang mit den einschlägigen Rechtssubjekten gleichen Abstand wahrt“. Es ist auch zu betonen, dass der Verfassungsgerichtshof in den beiden angeführten Rechtssachen einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt und dem Inhalt des Art. 1 der Verfassung festgestellt hat, dem zufolge die Republik Polen das gemeinsame Gut aller Staatsbürger ist, die Mitglieder einer pluralistischen Gesellschaft sind, unabhängig ihrer religiösen, weltanschaulichen oder philosophischen Überzeugungen. Der Staat darf sich also zu diesen Themen nicht äußern, sondern hat die Gleichbehandlung aller Staatsbürger und der von ihnen gehegten Überzeu___________ Eingriffe möglich sind, handelt es sich um die Unparteilichkeit, ansonsten um Neutralität. Vgl. die Beschreibung in Kap. III. 1. 50 Urteil in der Rechtssache K 55/07, Punkt III. 9. der Begründung. 51 Ebd. 52 Urteil vom 8. Juni 2011. Siehe oben, Kap. II. 2.

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gungen zu gewährleisten. Der Grundsatz der Unparteilichkeit ist somit „ein wichtiges Instrument“, das „eine Harmonie in den Beziehungen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen gewährleistet“.53

IV. Abschließende Bemerkungen Die dargelegte Analyse der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs behandelte lediglich zwei Aspekte der verfassungsrechtlichen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften: den Grundsatz der Gleichberechtigung und den Grundsatz der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt in Angelegenheiten der religiösen, weltanschaulichen und philosophischen Anschauungen. Das Thema der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist damit nicht erschöpft, was auch nicht angestrebt wurde. In Bezug auf die angesprochenen Aspekte möchte ich noch einige allgemeinere Bemerkungen anführen. Erstens ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, die die angesprochenen Grundsätze betrifft, nicht sonderlich umfangreich. Sie umfasst die knapp zehn von mir angeführten Urteile. Es ist bemerkenswert, dass die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Auffassungen relativ einheitlich sind, obwohl die Urteile zum Teil Anfang der 1990er Jahre erlassen wurden, also noch vor Inkrafttreten der geltenden Verfassung. Die älteren Entscheidungen haben im Wesentlichen nichts an Aktualität eingebüßt. Sie werden vom Verfassungsgerichtshof in der laufenden Rechtsprechung angeführt. Zweitens intendierte der Verfassungsgerichtshof in den meisten analysierten Rechtssachen, den Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften unter Verweis auf sein Verhältnis zum Gleichheitssatz auszulegen. Es scheint also, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung nur formellen Charakter besitzt, wenn der Verfassungsgerichtshof oftmals betont, dass es nicht notwendig ist, dass alle Kirchen und Religionsgemeinschaft auch faktisch gleich sind, was nachvollziehbar ist. Es gilt nicht die Maxime „jedem das Gleiche“, sondern „jedem genauso“. Im Endeffekt hat der Verfassungsgerichtshof in keiner der bisherigen Rechtssachen, in denen die allgemein geltenden Vorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften überprüft worden sind, eine Verletzung des Art. 25 Abs. 1 der Verfassung festgestellt. Drittens lässt die vom Verfassungsgerichthof vertretene Auslegung des Grundsatzes der Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt (Art. 25 Abs. 2 der ___________ 53

Urteil in der Rechtssache K 55/07, Punkt III. 9. der Begründung; Urteil in der Rechtssache K 3/09, Punkt III. 3. 4. 2. der Begründung.

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Verfassung) eindeutig zu, dass einzelne Personen bei der Wahrnehmung ihrer Gewissens- und Bekenntnisfreiheit vom Staat unterstützt werden. Als in dieser Hinsicht zulässiges Handeln des Staates ist zu betrachten, dass Religion an öffentlichen Schulen unterrichtet wird und manche Hochschulen sowie von Kirchen durchgeführte Projekte (z. B. Bau von Gotteshäusern) aus der Staatskasse finanziert werden können. Es stellt sich die Frage nach den Grenzen dieser „freundlichen Aktivität“ des Staates. Ohne dass relativ genaue Grenzen gesetzt werden, kann der Grundsatz der Unparteilichkeit kaum ein Instrument zur Harmonisierung verschiedener religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen sein. Es muss dabei betont werden, dass die Unparteilichkeit der öffentlichen Gewalt nicht einseitig ausgelegt werden darf, also nur als Grundsatz, der die Bevorzugung einer Religion oder Weltanschauung durch den Staat ausschließt. Es muss hier vielmehr noch eine Dimension berücksichtigt werden, und zwar das Verbot, unter dem Vorwand der angestrebten Gleichberechtigung sowie Unparteilichkeit (oder besser gesagt Neutralität des Staates) eine bestimmte Weltanschauung (z. B. liberale Sittlichkeit) oder Ansichten zu fördern, die Religion in all ihren Aspekten ablehnen (z. B. Atheismus). Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Verfassungsgerichtshof sich in Zukunft noch öfters mit dieser Problematik auseinandersetzen wird, obwohl sie bereits relativ häufig in seiner Rechtsprechung vorgekommen ist.

New Aspects in the Relationship between State and Religious Communities in Belgium Rik Torfs

I. Introduction Until several years ago reporting on the relationships between the State and religious communities in Belgium would have been an easy task. The constitutional framework remained virtually unchanged since 1831, the year of the promulgation of the Belgian Constitution. This document served as an example for many constitutions elsewhere in the world, as it combined liberal rights and liberties with a non-disruptive attitude with regard to the past. To put it in another way, the newly acknowledged liberties did not replace old values, they managed to strengthen them, and at the same time they gave room for new ideas. The constitutional framework consisted of four articles. The current article 19 proclaims religious freedom in a positive way. Article 20 is its negative counterpart, nobody can be obliged to adhere to religion or to participate in its ceremonies. Article 21 focuses on freedom of internal organisation of religious groups, and also spells out a particular exception, namely the obligation to conclude a civil marriage before a religious one can be performed. Finally, article 181 states that the salaries and pensions of the ministers of religion will be paid by the State. The Belgian system comes close to the content of the Concordat between Napoleon Bonaparte and Pope Pius VII concluded in 1801. One should not forget that this concordat was immediately applicable in what is, currently, Belgium, then occupied by the French. During the United Kingdom of the Netherlands (1814-1830) a country including the current Benelux, the concordat was not continued, notwithstanding promises in that direction. It was too liberal to be compatible with the rather interventionist policy of King William I, who was Dutch, protestant, and remote from the liberal ideas of his era. The Belgian constitution of 1831 was the result of a compromise between liberal Catholics and tolerant liberals. Earlier such a compromise would have been unlikely. And later in the nineteenth century it became impossible again, as liberalism came under the influence of vigorous anticlericalism. The latter

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was not completely absent during the preparation of the constitution, yet it concerned only a minority, never passing one quarter of the assembly members. The new constitution entailed some practical questions. For instance, should all religious ministers of every religious group be financed by the State; of course not. The constitution itself deliberately chooses for financing ministers of religion, not all ministers of religion. Initially ministers of the Catholic, Protestant, Anglican and Jewish denomination were financed. Muslims were added in 1974, the Orthodox in 1985, non-confessional humanist in 1993, while currently Buddhism is on its way to be part of this group. Obviously not all ministers belonging to recognised denominations can be paid. In principle the number of financially supported ministers is proportionate to the number of faithful belonging to a specific group. Yet, this method remains debatable. Negative freedom of religion as mentioned in article 20 of the constitution makes official questions asked by the State with regard to religious affiliation unconstitutional. Consequently the government has to rely on statistics provided by representatives of the religious groups themselves. It is common knowledge that religious leaders never lie, but that they sometimes make a mistake when presenting statistic data. An additional problem with regard to the financing of religious ministers is the method of calculation as used for the Roman Catholic Church. In order to determine the number of ministers qualifying for state payment, the legal fiction that all Belgians are Catholics served as a basis. In other words, the number of the global population of a certain village, town or city formed the criterion for calculating the number of paid ministers in that area. It goes without saying that this approach does not match with reality in a pluralistic society counting many Muslims, especially in towns and cities, and an ongoing secularisation all over the country. I make mention of this discussion because it illustrates two points. Firstly it shows that the constitutional system was and perhaps is alive and well. The introduction of new denominations as beneficiaries of state support proves that the system is not a petrified one. Secondly, the discussion about becoming part of the system implicitly means that the system itself is hardly challenged. In that regard the recognition of non-confessional groups weakened the resistance of the latter to the system as such. The basic idea is simple: the more groups that are financed by the state, the fewer people who will be opposed to the underlying mechanism. Strong opposition tends to come from those who have nothing to lose. It is no surprise that non-confessional humanists who previously challenged the system, kept silent for a long while after their financing in 1993. When dealing with the attitude of the State vis-à-vis religious groups, this rather peaceful picture is a good starting point. It lasted until the nineties of last century. From then onwards, things started to move. At first, changes seemed to

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be technical or occasional. That was the situation until 2010. Afterwards, a more complex debate with regard to the position of religion in society, including its legal status, emerged.

II. Two Discussions Starting in the Nineties The relationship between the state and religious communities in the nineties revolved around two main issues. One of them is technical, however entailing unexpected consequences. The other one touches the content of religious freedom, and can be seen as a precursor of later trends and tendencies.

1. Regionalisation The technical trend I am referring to is the partial regionalisation of the relationships between the state and religious groups. When Belgium was constituted in 1830, it was organised as a centralised state, which did not cause surprise. Most of the neighbour countries found themselves in a similar situation, including France and The Netherlands. Germany, of course, was not unified yet, which means that it could not serve as an example to anything different. However, although Belgium remained very centralistic for almost a century and a half, the situation started changing from the seventies of last century onwards, which led to a gradual move towards federalism. Today, many political parties even aim at confederalism, a magic notion with a rather elusive content. From the nineties onwards religion came into the picture as a possible target for regionalisation. As such this idea is not absurd, as in countries like Italy, Spain or Germany, room is offered to regional accents in the status of religious groups.1 In Belgium, the direct link between religion and federalism was made by article 4 of the special law of 13 July 2001. 2 This article stipulates that in the future the regions will be responsible for the so called fabriques d’églises and other institutions dealing with the gesture and administration of temporal goods of Church and, by extension, of the recognised religious groups, exception made for the recognition of these groups itself as well as of the salaries and pensions of the ministers of religion. The same law states in article 18, 2° that the regions have the obligation to conclude a contract of collaboration with fab___________ 1 G. Cimbalo / J. I. Alonso Pérez (eds.), Federalismo, regionalismo e principio di sussidiarietà orizzontale. Le azioni, le strutture, le regole della collaborazione con enti confessionali, Torino 2005. 2 Moniteur Belge, 3. August 2001.

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riques d’églises and other institutions dealing with the temporal goods of religion in case there are matters going beyond the competence of one specific region.3 What is the concrete significance of this reform? Part of the support given to recognised religions, as grounded in article 181 of the constitution, is transferred from the federal to the regional level. To put it in another way, the direct financing of religions is split up into a federal component (the recognition itself as well as the salaries and pensions of the ministers) and a regional one (the material framework of the religions). This partial regionalisation of competencies with regard to religious groups did not take place without discussion.4 During the parliamentary debate, some members of parliament clearly opposed to any form of regionalisation. Which arguments were used? What was the quality of the latter?5 Two arguments were invoked, the first one concerning the principle of regionalisation itself, the second one focussing on the originally planned practical organisation. The first argument developed the idea that no regional competency whatsover is possible with regard to fundamental rights, including religious freedom. In that perspective, only the federal legislator is competent concerning rights and liberties.6 This argument is not convincing. Why should a regionalisation of fundamental rights lead to a weakening of their position? Regions also are bound by international standards. Moreover, regionalising certain aspects of church financing does not include regionalising religious freedom. It is true that religious freedom as such forms a specific cluster, but religious freedom is limited to the articles 19, 20 and 21 of the constitution, dealing with positive and negative religious freedom as well as with freedom of internal organisation. Article 181 does not deal with religious freedom as such, but with selective positive measures supporting recognised religions. These measures are only permissible in case basic religious freedom is guaranteed to all individuals and religious groups, including groups falling beyond the scope of article 181. To summarise, article 181 does not deal with religious freedom, but with the rela___________ 3

For more details see J. Dujardin / E. Vandenbosshe, De regionalisering van de bestuursinstellingen van de erkende erediensten, in: Tijdschrift voor Bestuurswetenschappen en Publiekrecht 57 (2002), pp. 447-453. 4 Traditionally, the matter is perceived as being an integral part of the overall relationship between church and state. See F. Judo, De hervorming van de kerkfabrieken en haar constitutionele grenzen, in: Tijdschrift voor Bestuurswetenschappen en Publiekrecht 56 (2001), pp. 367-374. 5 For an overview on the parliamentary discussion see the report of MONFILS and MOENS, Parliamentary documents, Senat, 2000-2001, number 2-709/7,11. 6 Report Monfils and Moens, p. 197.

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tionship between religion and state. It should be noted that this relationship is only partially regionalised because, as mentioned above, the recognition of a religion and the payment of salaries remains federal matters. Yet, there was also a second, more practical concern regarding the project or regionalisation. In an initial concept, the regionalisation was limited to the fabriques d’église of the Roman Catholic Church. The historic reason was that the legislator always treated recognised religions differently. 7 Only the fabriques d’église were organised at the level of the town, Protestants for instance elaborated their organisation on the level of the province. However, maintaining this kind of distinction is not compatible with the principle of equality. Notwithstanding the discussion, the partial regionalisation finally was approved. Although the arguments invoked against partial regionalisation are not convincing, the fact that the latter effectively took place led to some concerns. The most important one is the implicit and involuntary choice for conservatism as a consequence of partial regionalisation. Indeed, if ever the need is felt to completely reorganise the relationships between public authorities and religious groups, many partners will have to agree on the basic principles underpinning such change. It is impossible or at least problematic to suppress, on the federal level, the idea of recognised religions as resulting from article 181 of the constitution and at the same time leaving intact the material organisation accompanying this recognition as it is settled on the level of the regions. Practically, any fundamental change of the relationship between religion and state in Belgium presupposes the cooperation of four different instances, namely the federal government, Flanders, Wallonia, and the Brussels region. Of course, technically it is not impossible to change the situation on a federal level without the consent and cooperation of the regions. An incoherent legislative system can be a valid one, no doubt about that. Yet, probably there will be some reluctance when it comes to changing a possibly outdated coherent system to a perhaps more appropriate incoherent one. The lesson that can be drawn from this discussion is clear: partial regionalisation of certain matters leads to a conservative policy, or at least tends to foster it.

2. The fight against sects A rather surprising aspect of law and religion issues in Belgium was the attention paid by Belgian politicians to so-called sects in an era characterised by the growth of Islam. The discussion in Belgium had been initiated by French speaking MP’s, following trends in France, where a negative attitude vis-à-vis ___________ 7

Report Monfils and Moens, p. 194.

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new religious groups was already firmly established. In other countries the debate already belonged to the past. In the Netherlands for instance a parliamentary report had been issued in the beginning of the eighties.8 The Belgian parliamentary commission of inquiry started its activities on 25 April 1996. A substantive report was issued on 28 April 1997. In slightly more than one year the commission organised 58 gatherings and heard 136 witnesses. From a quantitative perspective the performance delivered by the commission was impressive. Yet, as is often the case with parliamentary commissions lacking a solid scientific background, the methodology can be seriously questioned. People in favour of the so-called sects were only invited when they demanded to be heard, whereas opponents received an invitation from the commission itself. The information delivered by the last category of witnesses was easily taken for granted and was never submitted to critical analysis. Here, the lack of competence and knowledge of members of parliament with regard to religion should not be underestimated. The commission formulated a list of recommendations; including the creation of a body of observers,9 completely in line with the policy already established in France.10 Quite striking was the synoptic table added to the final report.11 The list was based on both official and individual information. However, it could hardly be considered as an official list of sects or cults; ultimately, the same thing could be said concerning the viewpoint of the commission itself, when arguing that the list was free from any value judgement. The fact that a group or movement is included does not imply that the commission is considered to be a sect or a fortiori, should be seen as dangerous. The commission could not control all information obtained, nor evaluate its correctness. As the list has no exhaustive character, the fact that a certain group is not mentioned, ___________ 8

T. A. M. Witteveen, Overheid en nieuwe religieuze bewegingen. Tweede Kamer der Staten-Generaal. Vergaderjaar 1983-1984, 16635 nr. 4. Onderzoek betreffende sekten, ’s-Gravenhage 1984, p. 203. 9 English would not use Observatory in this context. the option I have given is one possibility others might be “Observer group”, “observer body”, “oversight committee”. I will make the same alteration throughout but the final decision is yours. 10 Parlementair onderzoek met het oog op de beleidsvorming ter bestrijding van de onwettige praktijken van de sekten en van de gevaren ervan voor de samenleving en voor het individu, inzonderheid voor de minderjarigen. Verslag namens de onderzoekscommissie, uitgebracht door de heren Duquesne en Willems (deel II), Parl. St. Kamer 1995-96, nr. 313/8, p. 126. 11 Parlementair onderzoek met het oog op de beleidsvorming ter bestrijding van de onwettige praktijken van de sekten en van de gevaren ervan voor de samenleving en voor het individu, inzonderheid voor de minderjarigen. Verslag namens de onderzoekscommissie, uitgebracht door de heren Duquesne en Willems (deel II), Parl. St. Kamer 1995-96, nr. 313/8, p. 227-274.

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does not necessarily mean it is harmless. Further investigation with regard to these movements is needed, and the table requires permanent updating.12 This reasoning is not convincing. How can, on the one hand, it be argued that the list does not include any value judgement and is not more than a table of content, and on the other hand the need of continuous updating be underlined? Apart from this logical problem, there is the more fundamental question as to the effect of official tables including groups that are not sects but that look as if they were. To put it in another way, the list is not as innocent or neutral as the commission declares it is. The best proof of the latter is that tribunals made use of the list in discussions regarding guardianship over children. A parent being a member of a listed movement, found himself in a difficult position. When looking at the list, it’s very mixed character emerges right away. Listed are among others Catholic organisations such as San Egidio and Opus Dei, together with the Mormons, Scientology, the Black Madonna Satanic Church and the Jehovah Witnesses. Masonic Lodges were not included, for obvious reasons, as several members of the commission themselves belonged to these groups. Following a lot of commotion in the press and elsewhere,13 the chamber of representatives approved the report, with the exception however of the synoptic table.14 After the approval, an important legislative initiative was taken: the creation of a body of observers. In a parliamentary question of May 22, 1997, the fear was formulated that the observatory could become an institution through which people appointed with political support are in a position to observe political opponents. Moreover, the observatory offers no guarantee of independence whatsoever. Yet, according to the minister of Justice, the observatory should act objectively and take into consideration individual rights.15 Finally, the law was voted 16 and the observatory was created, notwithstanding considerable scepticism, albeit rather abroad than in Belgium.

___________ 12

Ibid., p. 227. See the remark formulated by Mr. Bastien, MP, during the plenary session of the Chamber of Representatives. Hand. Kamer 1996-97, 7 May 1997: „On voit ainsi voisiner – et c’est un scandale – des sectes sataniques telles que Abrasax avec des organisations officielles de l’Église catholique, telles que l’Opus Dei ou le Mouvement charismatique.“ 14 Hand. Chamber, 1996-97, 7 May 1997. 15 Chamber of Representatives, questions and answers, 1996-1997, 22 May 1997, 12965-12966 (question number 591 Bastien). Ms Bastien was elected as a member of the right-wing Front National. 16 Moniteur Belge, 2 June 1998. 13

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It is striking that the target of the law is not limited to illegal activities, yet also includes activities which are not illegal, but harmful or opposed to human dignity. It goes without saying that the second target is highly debatable. If certain practices are harmful or opposed to human dignity, 17 they should be illegal. The acceptance of a category of harmful, yet legal activities that are nevertheless controlled by authorities is regrettable and endangers religious freedom. Another law, which can be seen as a remote result of the report by the commission of inquiry, is the law of 26 November 2011, concerning the abuse of the weak situation of vulnerable people. 18 The new law is not limited to abuse committed by religious groups, but it goes without saying that the legislator had these groups in mind. Penal norms against the abuse of the weak situation of people are most of the time rather elusive, and also questionable from a nondiscrimination standpoint if they envisage religious groups more than they do others.

III. Tensions in the 21st Century All in all, the debate during the last decade of the previous century remained rather traditional. The discussion with regard to partial regionalisation of religion and state relationships was technical and did not question the constitutional framework as it has existed since 1831. The 1997 report of the parliamentary commission of inquiry is of another nature. It was rather well received by public opinion, yet it certainly did not show a positive attitude vis-à-vis religion. But then again, what happened in 1997 was a sign of a changing mentality in society as a whole. The Roman Catholic Church had been dominant in Belgium for many decades, if not centuries. Until several years ago, the informal political influence of the Church was considerable, yet declined at the end of the Second Vatican Council in 1965. To put it in another way, the debatable content of the parliamentary report of 1997 is not only due to the composition of the commission, it is also a consequence of changes in society as a whole. During the passed decade, two other events strengthened the increasing scepticism visà-vis church and religion. Firstly, the terrorist attacks of September 11th 2001 were of paramount importance for the future framing of the debate. Although 9/11 took place in the United States, its consequences, certainly in a later stage, went deep into Europe. Obviously, Americans also changed, at least for a while, their ranking of values. From 9/11 onwards, security came before religious freedom. However, ___________ 17 18

Art. 2 of the law. Moniteur Belge, 23 January 2012.

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the latter remained important. Americans think very highly of the First Amendment of their constitution. The famous Employment Division of Human Resources of Oregon v. Smith case pronounced by the Supreme Court in 199019 gave the impression that religious freedom was not as strongly protected any longer as it used to be in the past. Indeed, in the Smith-case, the US Supreme Court stated that a valid and neutral law of general applicability also binds people and groups exercising religious freedom. However, in the Hosanna Tabor Evangelical Lutheran Church and School v. Equal Employment Opportunity Commission case, the Supreme Court stated, in 2011,20 that the standards set by Smith do not apply when an internal church decision affects the faith and mission of the church itself. This decision is both remarkable and interesting. It shows that the rather restrictive interpretation of religious freedom as formulated in 1990 was expanded again in 2011, notwithstanding 9/11 and the new attention given to security. In some European countries, and certainly in Belgium, the evolution was very different. The decay of religious freedom, already visible in the parliamentary report of 1997, was amplified by 9/11, and led to both Islamophobia and a negative vision of religion. Some advocate a more restricted view on religious freedom, limiting the latter to its individual expression. Apart from 9/11, another phenomenon weakened the position of religion in society, namely sexual abuse in the Roman Catholic Church. An important moment was the resignation of monsignor Roger Vangheluwe, the bishop of Bruges, on 22 April 2010. Vangheluwe admitted sexual abuse of a nephew, was a minor for a period of more than 13 years. This event shocked the population, and was a catalyst for both new revelations concerning other priests, and an increasingly negative attitude towards the church as a whole. In addition to these specific elements, ongoing secularisation continued. The latter cannot be compensated for by a new phenomenon, which may, with some goodwill, be seen as positive towards religion, namely the emerging of cultural Christianity or Christianity without faith. In the Jewish tradition for instance this form of belonging without believing has impressive roots. Yet Christians hesitate when it comes to calling themselves Christians without faith. In the meantime the growth of Islam and the clear identity Muslims witness to, at least at first glance, makes Christianity without faith gain plausibility. Whether this new trend will be helpful in the long run for strengthening the legal position of religious groups in society, is another story. ___________ 19 Employment Division, Department of Human Resources of Oregon v. Smith, 494 U.S. 872 (1990). 20 Hosanna-Tabor Evangelical Lutheran Church and School v. EEOC, 10-553.

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Two different dossiers illustrate very well the vulnerable position of religious groups in Belgium during the early 21st century. The first dossier concerns the problem of church financing and the possible reform of it. This dossier remains traditional, as it focuses on article 181 of the constitution and its possible future development. The second issue deals with the attitude of parliament vis-à-vis the policy as developed by the Roman Catholic Church in Belgium concerning sexual abuse of minors. Here, a completely new situation should be brought into focus. Indeed, parliament forced the Roman Catholic Church beyond the borders of the legal system, asking her to wave prescription of the crime and to financially compensate victims, even without any legal ground. At stake is no longer the interpretation or working out of article 181 of the constitution, but the restriction of religious freedom (article 19) or freedom of internal organisation (article 21), as well as the violation of the principle of equality between the Catholic Church and other (religious) groups in society.

1. Church financing under pressure For several years, a debate has gone on regarding Church financing. Is Church financing by public authorities still a viable system? If so, should the current system centred round recognised religious groups be maintained? Or, alternatively, are there good reasons for taking over foreign systems, including the rather popular otto pro mile technique as used in Italy? The idea of an annual choice by the taxpayer seems modern and attractive. The rather static funding system of the Belgian constitution as well as the German model of Kirchensteuer based on membership look outdated in comparison to the Italian approach as resulting from the renewal of the concordat between Italy and the Holy See in 1984. However, generally speaking, there are few examples of radical change with regard to Church financing mechanisms. Even the Italian system, itself being the result of drastic change, is not perfect. The idea of annual choice contains two elements. Both of them are positive in theory, namely the notion annual and the word choice. Yet, choice and choosing remain a theoretical operation in which people express their feelings as they perceive them at a very concrete moment, while filling in their tax papers. In that regard, it comes close to political elections, the latter being also inspired by the love of the moment. Because the Italian system contains some similarities with democratic elections, it makes a democratic impression itself. What is more beautiful than giving everybody the right to express his or her choice? However, the discussion is more complex than one would think at first glance. Even apart from practical and organisational consequences for religious institutions as a result of the in-

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stability entailed by the principle of annual choice, two main remarks should be made. The first remark concerns the basic idea underlying to elections: religious groups eager to gain many votes have no choice but to make a nice and sympathetic impression; by doing so, with the help of a well-balanced publicity campaign, they attract voters. However, here is also a problem, as religions do not have the role of being popular but of making sense. Sometimes religious groups are the only voice counterbalancing trends in society directed towards power, money and glory. Critical voices are indispensible. Most of the time they are not popular and if they gain popularity, they only do so after a long period of rejection. Consequently, in a system connecting financial support to direct popularity they may have few chances to survive. The second point concerns the discrepancy between popular vote and social utility. Perhaps the basis for financing should not be popularity but the use people make of services offered. Just one example may illustrate this point. It is very well possible that a tax payer, disappointed by the sexual abuse cases in the Roman Catholic Church or by the public policy of the pope, does not vote for the Church he always belonged to, while in the meantime continues making use of church marriage or other sacraments and services. So it makes sense to take into consideration practical choice rather than theoretical will. During the last years some proposals were made with regard to changing of the current system. There was a parliamentary initiative by Gwendolyn Rutten, MP of the liberal party, aiming at a reform in the Italian style, taking into consideration however a transitory period for current ministers. This proposal had the advantage of simplicity, yet missed an overall vision taking into account also the partial regionalisation as discussed above. More ambitious were the activities of two commissions reporting on behalf of two different ministers of justice. The first commission, the commission Mortier-Rigaux,21 worked under Minister Laurette Onkelinx. It underscored the inequality between religious groups and was negative about the vague criteria and the high degree of discretionary power enjoyed by the government with regard to recognition. However, the changes proposed entailed important financial consequences. That made their implementation very problematic. The second commission, the commission Magits,22 was introduced by Minister Stefaan De Clerck. Clearer criteria are suggested with regard to the recogni___________ 21

Le financement par l’Etat fédéral des ministres des cultes et des délégués du Conseil central laïque. Rapport de la Commission des sages, 2005-2006, 227 p., http://www. laicite.be/images/tinymce/docs/zone03/Rapport_Commission_des_Sages.pdf (12.9.012). 22 Rapport sur le régime belge des cultes, commission Magits, 2010, 184 p. http:// www.uclouvain.be/358330.html (12.9.2012).

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tion. One can discuss the point whether this is an improvement or not, as the right to be recognised would be a novelty, and would eliminate all flexibility with regard to debatable religious groups with an impeccable legal record. Apart from some technical adjustments concerning the status and legal position of ministers, another novelty is proposed. Regularly, there would be a consultation of the population or a scientific study leading to a clearer image of the strength and relevance of a religious group. This would mean the end of the old approach in which the Catholic Church used to be the primus inter pares. However, the system as proposed also is vulnerable. Why? An Italian style consultation of the population entails, apart from strong points, also the weaknesses with regard to popularity and services enjoyed as described above. And a scientific investigation would not be easy to organise. In fact, what should be investigated? The official membership of a group is an important point, yet many people are members in theory, not in practice. For the Catholic Church membership is constituted by baptism and the latter has an indelible character. It goes without saying that many baptised people do not perceive themselves as Catholics. On the other hand criteria such as the participation in services including Sunday mass are weak, as the decreasing statistics do not only indicate evaporating faith, but also a changing sociological context. Indeed, customs and practises with regard to free time and Sunday morning occupations evolve independently from religious adherence or ideas. Other criteria, including funerals or marriages make some sense, as they are service-related, but they favour ritual and formal performances over more discrete pastoral work or counselling. Another element remains of paramount importance given to the popular consultation or scientific review, while other criteria could be taken into consideration, including tradition, history or even the compensation for the nationalisation of Church goods, affecting the Catholic Church. One should not forget that the current article 181 of the constitution was motivated by two arguments set forward by the Congrès National in 1831, namely the compensation for the nationalised Church goods and social utility of religion. An interesting question is whether this compensation idea should be maintained. Unlike the situation in 1831, nobody personally remembers the nationalised goods being church property. Yet, the 1831 constitution did not limit the compensation idea to that time. The choice was between the restitution of the goods and the payment of salaries, the latter solution was implicitly seen as eternal. Yet here is a problem: on earth nothing is eternal. It is likely that in the coming months a proposition of law will be introduced based upon the conclusions of the commission Magits, yet in a simpler and more feasible way. In my view, apart from the concrete financing discussion, another element set forward by the commission should not be maintained and even combated: the commission proposes an intermediate category of religious groups. Today there are two options. A religion is recognised. Or a religion is

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not recognised at all, not enjoying financial support yet covered by religious freedom protections. The commission Magits suggests an intermediate category of registered religions. This would lead to a more complex construction with three possibilities: (a) religious groups without a specific legal status, (b) registered religions, (c) recognised religions. The newly suggested category would lead to certain tax deductions. However, the latter happens already today and is perfectly possible without introducing a new legal category. While the advantages of the suggested category are unclear, the disadvantages are obvious. Indeed, on what ground can registration be refused? Imagine the Scientology Church introducing a demand, what arguments could the administration can invoke in order to refuse? The inclination to focus on a criminal record can be counterbalanced by two arguments, the first one being that many investigations are conducted against Scientology but that few condemnations have been pronounced. The second one is that the link between possible crimes on the one hand and the creed and organisation of Scientology on the other hand will not be easy to demonstrate. In other words, the introduction of an intermediate category will not offer advantages to non-recognised groups that they do not enjoy already, and will create lawsuits against the non-registration of groups applying for it. The introduction of the category of registered religions shows the crisis of European legal thinking. More and more norms are introduced; the sophistication of the system suggests perfection, whereas in reality they open a gateway to discrimination and undesirable state control.

2. Sexual abuse and the equality principle Following to the sexual abuse committed by Bishop Roger Vangheluwe, a parliamentary investigation commission was established. The commission organised hearings extensively covered by the media, during which Church leaders were questioned. The interrogation of Godfried Cardinal Danneels, archbishop of Malines-Brussels between 1980 and 2010, and his successor archbishop André Léonard, especially, drew the attention of observers in Belgium and abroad. On 31 March 2011 the commission presented its final report including a list of recommendations and propositions.23 Remarkable is the proposition made to the Roman Catholic Church, and not to any other religious group, nor any other player in society, to accept a specific procedure as an answer to the ___________ 23

Chambre des Représentants de Belgique, 31 March 2011, Le traitement d’abus sexuels et de faits de pédophilie dans une relation d’autorité, en particulier au sein de l’Église, rapport fait au nom de la commission spéciale relative au traitement d’abus sexuels et de faits de pédophilie dans une relation d’autorité, en particulier au sein de l’église par Mmes. Sophie De Wit et Marie-chrisitne Marchem et MM. Raf Terwingen et Renaat Landuyt, doc. 53 0520/002, 483 p.

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expectations expressed by the victims. It goes without saying that a proposal made by a parliamentary commission to one specific Church, without any legal basis or obligation whatsoever, causes surprise and cannot easily be reconciled with both separation of church and state and the principle of equality. What inspired the parliamentary commission when formulating such a proposal? The starting point is that most facts concerning sexual abuse took place long ago, as they were kept hidden for a considerable lapse of time. Consequently, due to prescription, victims cannot successfully formulate claims any longer. At the hearings, church authorities declared themselves prepared to assume moral responsibility and, at least according to the report of the parliamentary commission, asked for suggestions with regard to the indemnification of the victims. This readiness could be translated into the recognition, beyond the borders of liability norms as included in the articles 1382 and 1384 of the Code Civil, of a natural obligation as described by article 1235, 2° of the same Code. A natural obligation means that the execution of the obligation cannot be enforced unless the person bound takes himself the initiative for its execution. In that case he has no legal possibility of coming back to his position. So far goes the motivation developed by the parliamentary commission in favour of the unusual intrusion into internal church policy. The parliamentary commission formulates a concrete proposition in three parts. In a first part the proposition is made to the Church authorities suggesting their collaboration in procedures for arbitration, according to the articles 1676 and 1723 of the Code Judiciaire. These norms include equality among the parties with regard to the designation of arbitrators as well as the possibility to disapprove specific candidates in case of doubt concerning their impartiality or independence. A final element is the right of all parties to ask for concrete investigation measures including expertise. Still according to the parliamentary commission such an arbitration board would have the advantage of producing coherent jurisprudence, developing criteria on which decisions are based as well as guaranteeing fast and discrete procedures. Second point: the acceptance of this procedure would give church authorities the opportunity to take their responsibility as they did in other countries, where similar formulas of indemnification were implemented. Third point: under the guidance of a follow-up commission concerning sexual abuse in power relationships, one or more people will be appointed in order to establish a temporary arbitration panel. In the first stage they investigate its feasibility, in the second one its concrete elaboration. More specifically contacts should be established with leading church authorities, asking them for their readiness to participate in procedures without invoking prescription.

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Again, the proposal made by the parliamentary commission is at odds with the separation of church and state and the equality principle. Additional remarks could be formulated. The comparison made with other countries and indemnification granted there, forgets that in most cases that the Church took its responsibility autonomously, without state intervention. Another point of concern is that experts appointed by the state propose a procedure that should be implemented ‘freely’ by the Church. In practice, of course, this freedom will not exist; and so it happened in reality. This approach is inadmissible in a democratic state. Yet, given the moral bankruptcy of the Church as a result of the Vangheluwe case and many other dossiers of sexual abuse, protest in society remained minimal. After several months of negotiation with the experts indicated by the parliamentary commission, the Church proposed a brochure stipulating its future policy with regard to sexual abuse.24 On 14 December 2011, norms on arbitration in sexual abuse cases were adopted by the Belgian bishops and religious superiors.25 Article 7 of these norms makes a distinction between four categories of financial compensation according to the seriousness of the crime committed. The maximum sums in each category are 2.500, 5.000, 10.000 and 25.000 euro. Again, the compensation targets prescribed cases. A considerable weakness of the procedure is the burden of proof. Claims concerning deceased perpetrators remain possible, without right of defence. According to article 6 of the norms, the abuse should be proven or at least have a high degree of veracity. Especially the last criterion is very elusive, and the reputation of deceased priests is certainly not safe. These weaknesses are an illustration of what may happen when public indignation eclipses the rule of law, the right of defence as well as key principles of the modern liberal state. Rights and liberties are less solidly protected than usually admitted.

IV. Conclusion After decades of equilibrium, the relationship between the state and religious communities in Belgium is changing quickly. The topics of the nineties, namely the regionalisation issue and the legal status of new religious movements, were a prelude to more fundamental discussions taking place today, with both the relationships between religious groups and the state, and the underlying basic principle of religious freedom becoming highly problematic. ___________ 24 Belgian bishops and religious superiors, Une souffrance cachée, pour une approche globale des abus sexuels dans l’Église, January 2012, 58 p. 25 www.centrum-arbitrage-misbruik.be.

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The discussion on financing of religion is a traditional law and religion issue. It concerns the relationship between the state and religious groups. Changing the system is not a danger for the survival of the democratic state including the rule of law. At most it causes some practical and theoretical problems. What about equality among religions? Are old ideas such as the compensation for nationalised church goods still relevant? How can the adherence to religious groups or their practical relevance be measured in a credible way? A novelty is that the discussion takes place in an atmosphere of far going secularisation and hostility vis-à-vis the Roman Catholic Church as an institution. More dangerous is the possible limitation of religious freedom itself. The intervention of the parliamentary commission in religious matters and the unequal treatment between churches and other groups in society is very problematic. So is the pressure exercised on the church to fulfil a so-called natural obligation. Belgium is a country that should be monitored with regard to religious freedom and its protection, a warning completely unnecessary until the beginning of the nineties of last century. What this evolution shows is that rights and liberties are never safe, and certainly not when the majority of citizens does not sympathise anymore with religion as such. Here, an important question remains the following one. What will the status of religious freedom be like in a country hostile to the religious phenomenon? In many countries, this may be the paramount law and religion question of the coming decade. Yet the answer to it goes beyond the scope of this contribution.26

___________ 26 For an analysis of this topic see: R. Torfs, The internal crisis of religious freedom, in: International Journal for Religious Freedom 4,2 (2011), p. 17-27.

Kirchenfinanzierung in Europa: Erscheinungsformen, Eignung, Zukunftsperspektiven Arnd Uhle

I. Einleitung Vor dem Hintergrund der regelmäßig wiederkehrenden Diskussion über eine zeitgemäße Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften richtet sich der Blick zunehmend auf einen Vergleich der in Europa bestehenden Finanzierungsformen. Diese divergieren erheblich. Das beruht nicht alleine darauf, dass verschiedene Finanzierungsinstrumente existieren. Vielmehr werden diese auch vielfältig und mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen kombiniert. In der Folge bestehen in den einzelnen Staaten ausgesprochen vielgestaltige Systeme der Kirchenfinanzierung. Das reflektiert, dass die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa Ausdruck eigenständiger Tradition und Ausfluss jeweils eigener staatskirchenrechtlicher Verhältnisse ist.1 Auch wenn sich vor diesem Hintergrund die Formen der Kirchenfinanzierung in den einzelnen europäischen Staaten erheblich voneinander unterscheiden, ist ihnen zumindest eine Gemeinsamkeit zu eigen. Denn in der Praxis sind die Finanzierungssysteme durchgängig Mischsysteme, die einzelne Finanzierungsinstrumente miteinander kombinieren.2 Angesichts dessen steht eine vergleichende Analyse der verschiedenen Typen der Kirchenfinanzierung zunächst vor der Aufgabe, die einzelnen Finanzierungsinstrumente herauszuarbeiten, die den diversen Kombinationsformen zugrunde liegen (dazu sub II.) und zu prüfen, inwiefern diese den Blick auf Grundtypen der Kirchenfinanzierung freigeben, denen die Einzelinstrumente ihrerseits zugeordnet werden können (sub III.). Soll deren Leistungsfähigkeit vergleichend beurteilt werden, ist fer___________ 1 Hierzu Heiner Marré, Die Kirchenfinanzierung in Kirche und Staat der Gegenwart, 20064, S. 13 ff. 2 Andreas Mösenthin, Systeme der Kirchenfinanzierung in der Europäischen Union und ihre europarechtlichen Rahmenbedingungen, KuR 140, S. 69 ff. (69); Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 20; zuletzt so auch Felix Hammer, Kirchenfinanzierung in ausländischen Staaten, in: Dieter Birk / Dirk Ehlers (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2012, S. 65 ff. (65).

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ner ein nachvollziehbarer Bewertungsmaßstab zu entwickeln, mit dessen Hilfe die Vor- und Nachteile der einzelnen Finanzierungsinstrumente detailliert beleuchtet werden können (sub IV.). Die in der Folge möglich werdende Gesamtbewertung der einzelnen Finanzierungsformen und ein Ausblick auf die Zukunft der Kirchenfinanzierung in Europa runden die nachfolgenden Betrachtungen ab (dazu sub V.).

II. Überblick über die verschiedenen Einzelinstrumente der Kirchenfinanzierung Wendet man sich dementsprechend zunächst der Frage zu, welche Formen der Kirchenfinanzierung in den einzelnen Staaten Europas zur Anwendung gelangen, so lassen sich mit einer gewissen Vereinfachung und ohne Anspruch auf Vollständigkeit zehn Finanzierungsinstrumente unterscheiden:3 Zunächst die mehr oder weniger umfassende Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt (sub 1.), sodann deren Unterstützung durch staatliche Zuschüsse im Falle der kirchlichen Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben (sub 2.), ferner die staatliche Kostenübernahme für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht (sub 3.), weiterhin die Gewährung historisch begründeter Staatsleistungen (sub 4.), sodann die Einräumung von Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen (sub 5.), zudem Leistungen, die einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer entstammen (sub 6.), ferner die Finanzierung durch die mitgliedschaftsgebundene Kirchensteuer (sub 7.), ein Kirchenbeitragssystem (sub 8.) oder durch ein Spenden- und Kollektensystem, das unter Umständen durch Gebühren für die Inanspruchnahme kirchlicher Dienste ergänzt sein kann (sub 9.) und schließlich die Finanzierung aus Vermögenserträgen (sub 10.).

1. Allgemeine Finanzierung aus dem Staatshaushalt Eine erste Form der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften bilden direkte Finanzzuweisungen aus dem Staatshaushalt. Kennzeichnend für sie ist der Umstand, dass sie der allgemeinen Kirchenfinanzierung dienen und es den Kirchen und Religionsgemeinschaften auf diese Weise ermöglichen, ihren religiösen Sendungen und geistlichen Aufgaben nachzukommen.4 ___________ 3 Vgl. auch den Überblick bei Matthias Branahl, Die verschiedenen Modelle der Kirchenfinanzierung, in: Wolfgang Ockenfels / Bernd Kettern (Hrsg.), Streitfall Kirchensteuer, 1993, S. 95 ff. (96 ff.). 4 Vgl. hierzu Hartmut Böttcher, Typen der Kirchenfinanzierung in Europa, in: ZevKR 52 (2007), S. 400 ff. (403 ff.).

Kirchenfinanzierung in Europa

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Eine derartige allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften kennt beispielsweise Belgien. Hier übernimmt der Staat für die anerkannten Religionsgemeinschaften – zu denen dort neben Katholiken und Protestanten u. a. auch Anglikaner, Muslime und Orthodoxe zählen – die Kosten für die Gehälter und Pensionen der Geistlichen. Deren Höhe wird, ähnlich wie bei Beamten, staatlich festgelegt. Auch die für die betreffenden Religionsgemeinschaften tätigen Laien werden durch den Staat finanziert. Zudem sind die Provinzen und die örtlichen Gemeinden verpflichtet, für die Wohnungen der Bischöfe und Pfarrer zu sorgen sowie den Kirchengemeinden im Falle eines Vermögensdefizits einen entsprechenden Ausgleich zu gewähren.5 Bei Bau und Reparatur kirchlicher Gebäude gewährt der Staat finanzielle Unterstützung. Neben Belgien besteht eine vergleichbare staatliche Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Luxemburg.6 Auch in einigen östlichen Departements Frankreichs, in dem im Übrigen seit dem Trennungsgesetz von 1905 eine Finanzierung aus Spenden, Kollekten und Beiträgen vorherrscht, ist sie bekannt.7 Unter gänzlich anderen staatskirchenrechtlichen Vorzeichen als in Belgien und Luxemburg wird in Griechenland nahezu der gesamte Finanzbedarf der griechisch-orthodoxen Kirche durch den Staat gedeckt.8 In ähnlicher Weise wird in Liechtenstein die römisch-katholische Kirche – bislang als Staatskirche9 – aus allgemeinen Steuermitteln finanziert; die Geistlichenbesol___________ 5

Zu der Rechtslage in Belgien Rik Torfs, Staat und Kirche in Belgien, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), Staat und Kirche in der Europäischen Union, 20052, S. 9 ff. (14 f. u. 29 f.); Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 403; vgl. auch Willibald Hermsdörfer, Geschichte und Gegenwartsgestalt des Verhältnisses von Staat und Kirche in Belgien, 1998, S. 159 ff.; Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 110. 6 Zur Lage in Luxemburg Alexis Pauly, Staat und Kirche in Luxemburg, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 333 ff. (347); vgl. dazu auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 110. 7 Zur Lage in Frankreich näher unten sub 9.; aus dem Schrifttum hierzu René Metz, Staat und Kirche in Frankreich, in: Essener Gespräche 6 (1972), S. 103 ff. (108, 113); ders., Das Verhältnis von Kirche und Staat in Frankreich, in: Joseph Listl / Hubert Müller / Heribert Schmitz (Hrsg.), Grundriß des nachkonziliaren Kirchenrechts, 1980, S. 907 ff. (913, 917); Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 404 f.; zum Trennungsgesetz von 1905 und seinen finanziellen Folgen siehe Brigitte Basdevant-Gaudemet, Staat und Kirche in Frankreich, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 171 ff. (193 ff.). 8 Näher Charalambos Papasthatis, Staat und Kirche in Griechenland, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 125 ff. (142 f.). Zuletzt hierzu Theodora Antoniou, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Griechenland, in: Essener Gespräche 40 (2007), S. 157 ff. (166 f.); vgl. dazu auch Philippos C. Spyropoulos, Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Griechenland unter besonderer Berücksichtigung der orthodoxen Kirche, 1981, S. 143. 9 Gegenwärtig befindet sich Liechtenstein in einem Übergangsprozess, nachdem die dortige Regierung eine Trennung von Staat und Kirche eingeleitet hat. Dies dürfte Konsequenzen auch für die allgemeine Kirchenfinanzierung aus dem Staatshaushalt nach sich ziehen.

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dung und zum Teil auch der Unterhalt der kirchlichen Bauwerke obliegen dort den örtlichen Gemeinden.10 Auch in Norwegen wird die evangelisch-lutherische Staatskirche durch staatliche und kommunale Zuwendungen finanziert. So kommt der Staat für die Gehälter der Geistlichen auf, während die Kommunen den überwiegenden Teil des Unterhalts kirchlicher Gebäude tragen.11 Finanzielle Leistungen des Staates, vor allem durch das Instrument der Besoldung der Geistlichen, aber auch durch andere Formen der Unterstützung, kennen ferner Tschechien und die Slowakei, daneben auch etwa Estland.12 In erheblichem Ausmaß erfolgt eine entsprechende staatliche Förderung der Kirchen und Religionsgemeinschaften schließlich auch in Rumänien sowie in Dänemark an die Dänische Volkskirche.13 Letztere erhält staatliche Zuwendungen für die Geistlichenbesoldung und -versorgung, während sonstige Kirchen und Religionsgemeinschaften lediglich Zuschüsse zu karitativen bzw. diakonischen Institutionen erhalten.14 Demgegenüber läuft in Spanien die vor der Einführung der heute praktizierten Kirchenfinanzierung erfolgte staatliche Subventionierung aus.15

2. Finanzierung durch staatliche Zuschüsse zur kirchlichen Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben Von der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch allgemeine staatliche Finanzzuweisungen zu unterscheiden ist die Gewährung ___________ 10

René Pahud de Mortanges, System und Entwicklungstendenzen des Religionsverfassungsrechts der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein, in: ZevKR 52 (2007), S. 495 ff. (522). 11 Zur Kirchenfinanzierung in Norwegen Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 32; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 404. 12 Zur Lage in der Tschechischen Republik Pavla Bendová, Funding of Churches and Religious Societies in the Czech Republic, in: Ministra kultury České republiky (Hrsg.), Náboženství a veřejná moc v zemích Evropské unie, 2009, S. 120 ff. (121); zur Slowakei Radovan Čikeš, Funding of Churches and Religious Societies in the Slovak Republic, ebd., S. 103 ff. (103 f.); zu Estland Ringo Ringvee, The Financing of Churches in Estonia, ebd., S. 192; zusammenfassend wie hier Wilhelm Rees, Formen der Kirchenfinanzierung in Europa. Vergleich und Wertungen einzelner Systeme, in: Die österreichischen Bischöfe 10 (2010), S. 18 ff. (23). 13 Dazu einerseits Adrian Lemeni, The Financing of Churches in Romania, in: Ministra kultury České republiky, Náboženství (Fn. 12), S. 114 ff.; andererseits Jørgen Engmark, The Financing of Churches in Denmark, ebd., S. 97 ff. 14 Inger Dübeck, Staat und Kirche in Dänemark, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 59 ff. (77 f.); dies., Artikel „Kirche und Staat: Dänemark“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 416 f. (417). 15 Vgl. dazu Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 420. – Näher zu der heute in Spanien geläufigen Finanzierungsform einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer unten sub 5.

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staatlicher Zuschüsse zur kirchlichen Erfüllung von Aufgaben, deren Wahrnehmung (auch) im Allgemeininteresse liegt. Diese Zuschüsse können vielgestaltig sein. So zählt hierzu etwa die staatliche Förderung von kirchlichen Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen. Aber auch staatliche Finanzzuweisungen zu sonstigen Aufgaben kultureller und sozialer Art sowie zu Maßnahmen des Denkmalschutzes an kirchlichen Bauwerken gehören hierher. Von der allgemeinen staatlichen Kirchenfinanzierung unterscheidet sie ihre aufgabenspezifische Zweckbindung. Dieser Unterschied manifestiert sich nicht zuletzt darin, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften hier – anders als bei einer allgemeinen Finanzierung aus dem Staatshaushalt – jene Finanzmittel, die für ihre Organisation und ihr spezifisch geistlich-religiöses Wirken erforderlich sind, selbst beibringen müssen.16 Dies unterstreicht, dass beide Finanzierungsinstrumente voneinander zu unterscheiden sind, auch wenn ihnen gemeinsam ist, dass die aufgewendeten Finanzmittel dem Staatshaushalt entstammen. Staatliche Zuschüsse zur kirchlichen Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben kennt zunächst Großbritannien. Sie sind dort von umso größerer Bedeutung, als die Kirchen und Religionsgemeinschaften weitere staatliche Unterstützungsleistungen finanzieller Art – von staatlichen Zuwendungen für die Anstaltsseelsorge und vom Genuss steuerlicher Privilegien abgesehen17 – nicht erhalten.18 Die Zuschüsse betreffen u. a. das Privatschulwesen und erfassen demgemäß auch konfessionelle Privatschulen.19 Vielfach treten derartige Zuschüsse auch zu sonstigen staatlichen Unterstützungsleistungen hinzu, so etwa in Dänemark oder Belgien, wo die allgemeinen staatlichen Zuwendungen um entsprechende Leistungen ergänzt werden, namentlich um solche, die der Erhaltung kirchlicher Gebäude dienen.20 Das gilt weiterhin auch für Ungarn und Estland21 sowie in Bezug auf Österreich, wo derartige Zuschüsse aus dem Staatshaushalt ein Finanzierungsinstrument darstellen, das das Kirchenbeitragssystem ergänzt.22 In Irland können – verfassungsrechtlich eigens verbürgt – Zuwen___________ 16

Zutreffend so auch zuletzt Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 74. Hierzu nachfolgend sub 3. und unten m.w.N. sub 5. 18 Zur Lage in Großbritannien näher David McClean, Kirche und Staat im Vereinigten Königreich, in: Essener Gespräche 40 (2007), S. 13 ff. (19 f.); Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 27; Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 95 f. 19 Stefan Mückl, Europäisierung des Staatskirchenrechts, 2005, S. 131. 20 Zu den staatlichen Zuschüssen für den Erhalt von Kirchen in Dänemark Dübeck, Staat (Fn. 14), S. 77 f.; dies., Artikel (Fn. 14), S. 417; zu den Zuwendungen für den Bau und die Erhaltung kirchlicher Gebäude in Belgien Torfs, Staat (Fn. 5), S. 15; vgl. auch Hermsdörfer, Geschichte (Fn. 5), S. 214 ff.; Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 110. 21 Dazu im Hinblick auf Ungarn Balázs Schanda, Staat und Kirche in Ungarn, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 351 ff. (369 ff.); im Hinblick auf Estland Ringvee, Financing (Fn. 12), S. 192. 22 Zum Kirchenbeitragssystem in Österreich näher unten sub 8.; aus dem Schrifttum zu diesen Zuschüssen zuletzt Oliver Henhapel, Finanzierung der Kirchen in Österreich, 17

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dungen für die Finanzierung konfessioneller Schulen gewährt werden, obgleich dem Staat im Übrigen untersagt ist, Religionsgemeinschaften finanziell zu unterstützen.23 Auch Frankreich kennt derartige Zuwendungen,24 ebenso – namentlich für karitative Initiativen und für den baulichen Unterhalt denkmalgeschützter Kirchengebäude – die Niederlande.25 Gleiches gilt im Hinblick auf die römisch-katholische Kirche in Portugal, die ebenfalls für den Erhalt bedeutsamer, insbesondere denkmalgeschützter Kirchengebäude sowie für soziale Initiativen staatliche Unterstützung erhält.26 Außerhalb Europas gewähren entsprechende Leistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften etwa die USA. 27

3. Finanzierung durch staatliche Kostenübernahme für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht In deutlicher Nähe zu derartigen Zuschüssen stehen staatliche Zuwendungen zur sog. Anstaltsseelsorge – also für die Seelsorge in Krankenhaus, Militär und Strafvollzug – und zum konfessionellen Religionsunterricht als ordentlichem Lehrfach in der staatlichen Schule.28 Indessen lassen diese sich von jenen unterscheiden, weil die hier in Rede stehenden Aufwendungen ihren spezifischen Grund in der staatlichen Bindung an die Religionsfreiheit haben. Aus dieser Bindung folgt, dass der Staat verpflichtet ist, die Religionsfreiheit – namentlich in ihrer positiven Dimension – auch in den einzelnen Bereichen der Anstalts___________ in: Ministra kultury České republiky, Náboženství (Fn. 12), S. 183 ff. (185 f.); vgl. auch Richard Puza, Die Kirchenfinanzierung in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts – Die Katholische Kirche, Bd. VI, 2000, S. 341 ff. (344 ff.). 23 Art. 44 Nr. 2 Abs. 4 i.V.m. Nr. 2 Abs. 2 der Verfassung der Republik Irland vom 1. Juli 1937. 24 Zur Situation in Frankreich eingehend Jean-Paul Durand, Das französische Trennungsgesetz von 1905 und seine Folgen, in: Essener Gespräche 40 (2007), S. 5 ff. (9); vgl. auch Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 25 f. 25 Sophie C. van Bijsterveld, Staat und Kirche in den Niederlanden, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 399 ff. (418 f.). 26 Vitalino Canas, Staat und Kirche in Portugal, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 477 ff. (499 ff.); Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 403. 27 Zur Lage in den USA Georg Fischer, Finanzierung der kirchlichen Sendung. Das kanonische Recht und die Kirchenfinanzierungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland und den USA, 2005, S. 325 f.; Stefan Muckel / Markus Ogorek, Staatliche Kirchenund Religionsförderung in Deutschland und den USA, DÖV 2003, S. 305 ff. (311 ff.). 28 Für eine Zuordnung der Zuwendungen für die Anstaltsseelsorge zu jenen Zuschüssen, die für die Erfüllung kirchlicher Aufgaben im Allgemeininteresse geleistet werden: Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 74.

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seelsorge sowie beim Religionsunterricht in der Schule zu gewährleisten.29 Die staatliche Erstattung der (Personal-)Kosten für die Seelsorge in Krankenhaus, Militär und Strafvollzug sowie für kirchliche Lehrkräfte im konfessionellen Religionsunterricht lässt sich auf diese Pflicht zurückführen.30 Eine Übernahme der Kosten der Anstaltsseelsorge wird den Kirchen und Religionsgemeinschaften in einer Vielzahl europäischer Staaten gewährt. Das trifft beispielsweise auf Frankreich,31 England32 sowie auf Deutschland33 und die Niederlande zu,34 weiterhin auf Polen35 und etwa Estland.36 Auch der (Personal-)Aufwand für den konfessionellen Religionsunterricht in der staatlichen Schule wird in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus öffentlichen Mitteln finanziert. Das gilt namentlich etwa für Deutschland,37 Österreich,38 Polen39 und Rumänien.40

4. Finanzierung durch historisch begründete Staatsleistungen Von staatlichen Zuschüssen zur kirchlichen Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben wie auch von staatlichen Zuwendungen für Anstaltsseelsorge ___________ 29

Zur staatlichen Förderung der Kirchen unter dem Aspekt der Gewährleistung positiver Religionsfreiheit vgl. Gerhard Robbers, Förderung der Kirchen durch den Staat, in: HdbStKirchR2, Bd. 1 (1994), S. 867 ff. (876). 30 Vgl. auch Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 57 ff. 31 Jean-Paul Durand, Artikel „Kirche und Staat: Frankreich“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 422 ff. (423); Basdevant-Gaudemet, Staat (Fn. 7), S. 194. 32 Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 136 f. 33 Stellvertretend aus dem Schrifttum dazu Susanne Eick-Wildgans, Anstaltsseelsorge, in: HdbStKirchR2, Bd. 2 (1995), S. 995 ff. m.w.N. 34 van Bijsterveld, Staat (Fn. 25), S. 418 ff. 35 Aleksander Merker, Das Recht der Religionsgemeinschaften in Polen, in: Wolfgang Lienemann / Hans-Richard Reuter (Hrsg.), Das Recht der Religionsgemeinschaften in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, 2005, S. 329 ff. (345); siehe auch Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 422. 36 Ringvee, Financing (Fn. 12), S. 192. 37 Übernommen werden hier Personal- und Sachkosten, stellvertretend dazu Christoph Link, Religionsunterricht, in: HdbStKirchR2, Bd. 2 (1995), S. 439 ff. (469). 38 Karl Schwarz, Zwischen Subvention, Mitgliedsbeitrag und Kultursteuer: Wege der Kirchenfinanzierung in Österreich, öarr 2004, S. 244 ff. (248 f.); Richard Potz, Staat und Kirche in Österreich, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 425 ff. (438 ff.). 39 Walter Weinberger, Osteuropäische Länder und zukünftige Beitrittsländer, in: Wilhelm Rees (Hrsg.), Katholische Kirche im neuen Europa. Religionsunterricht, Finanzierung und Ehe in kirchlichem und staatlichem Recht – mit einem Ausblick auf zwei afrikanische Länder, 2007, S. 374 ff. (418). 40 Berthold W. Köber, Das Recht der Religionsgemeinschaften in Rumänien, in: Lienemann / Reute, Recht (Fn. 35), S. 355 ff. (382).

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und Religionsunterricht zu unterscheiden sind die sog. Staatsleistungen. Diese stellen wiederkehrende Leistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften dar, die anders als die vorstehend betrachteten staatlichen Zuwendungen nicht auf einem Gegenwarts- und Zukunftsbezug gründen, sondern auf einer historischen Rechtsgrundlage. Zudem bezwecken sie weder die Unterstützung im Allgemeininteresse liegender Aufgabenwahrnehmung durch die Kirchen und Religionsgemeinschaften noch einen Kostenersatz für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht. Ihr Zweck ist vielmehr der der Entschädigung.41 Angesichts dessen setzen Staatsleistungen voraus, dass eine entsprechend bezuschusste Kirche oder Religionsgemeinschaft in dem betreffenden Staat über historische Wurzeln verfügt und für diesen in der Vergangenheit liegende Opfer erbracht hat bzw. hat erbringen müssen, die (auch) mit den heutigen Leistungen (noch) ausgeglichen werden. Das impliziert, dass in den Staaten Europas derartige Staatsleistungen vor allem gegenüber den christlichen Kirchen denkbar sind. Vor diesem Hintergrund entzieht sich dieses Finanzierungsinstrument von vornherein einer Übertragung auf andere Staaten, in denen entsprechende historische Voraussetzungen nicht bestehen.42 In Deutschland etwa werden staatliche Zuwendungen aufgrund historischer Rechtstitel vor allem als Ausgleich für Säkularisationsvorgänge geleistet, wobei diese Säkularisationsvorgänge – entgegen manchem Missverständnis – nicht nur jene sind, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgten, sondern auch frühere, etwa solche, die dem Zeitalter der Reformation entstammen.43 Die betreffenden Staatsleistungen können auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen. Gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV sind sie nach Erlass eines Ablösungsgrundsätzegesetzes des Bundes durch Landesgesetzgebung abzulösen.44 Bis zu dieser Ablösung werden sie entweder als Geld- oder als Naturalleistungen erbracht und u. a. für den persönlichen und sachlichen Bedarf der allgemeinen kirchlichen Verwaltung, für Ausbildung, Besoldung und Versorgung der Geistlichen und anderer Kirchenbeamter sowie für weitere kirchliche Zwecke verwendet. Die Zuwendungen sind überwiegend als positive Staatsleistungen ausgestaltet, können aber als sog. negative Staatsleistungen auch die Form von Steuer- und Gebührenbefreiungen annehmen. ___________ 41

Josef Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: HdbStKirchR2, Bd. 1 (1994), S. 1009 ff. (1020 f.). 42 Ebenso Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 73. 43 Vgl. hierzu Heinrich de Wall, Die Fortwirkung der Säkularisation im heutigen Staatskirchenrecht, in: Essener Gespräche 38 (2004), S. 53 ff. (55, 63); Josef Schmitt, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1921, S. 37-61. 44 Dazu und zum Folgenden aus dem Schrifttum stellvertretend Isensee, Staatsleistungen (Fn. 41), zu den historischen Hintergründen S. 1009 ff., zum Ablösungsauftrag S. 1015 ff., zur Verwendung S. 1022 ff., zur Ausgestaltung als positive und negative Staatsleistungen ebd., S. 1024 ff.

Kirchenfinanzierung in Europa

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Neben Deutschland kennt auch Österreich einen in diesen Kontext gehörenden finanziellen Ausgleich für Vermögenswerte, die den Kirchen in der Vergangenheit entzogen worden sind. Dieser Ausgleich setzt sich dort aus einem jährlichen, in bestimmten Intervallen dynamisierten Festbetrag und dem Gegenwert pauschalierter Bezüge für eine bestimmte Anzahl von Kirchenbediensteten zusammen, die in Abhängigkeit von der Mitgliederzahl der jeweiligen Religionsgemeinschaft bestimmt wird.45 In den Niederlanden sind die bis dahin bestehenden Staatsleistungen 1983 gegen Zahlung eines Betrags von 250 Millionen Gulden abgelöst worden, der in eine Stiftung eingebracht worden ist. Diese Stiftung gewährt den berechtigten Kirchen im Bedarfsfalle eine jährliche Zuwendung.46

5. Ergänzende Finanzierungsinstrumente: Staatliche Förderung durch Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen Zu den genannten Formen der Kirchenfinanzierung treten ergänzende Steuererleichterungen oder Steuerbefreiungen zugunsten der Kirchen und Religionsgemeinschaften hinzu. Auch wenn hier keine unmittelbare positive Zuwendung erfolgt, die die Kircheneinnahmen erhöhen würden, bewirken sie doch durch die Gewährung vermögenswerter Vorteile eine nicht unbedeutende Förderung kirchlichen Wirkens. In der Sache können derartige Steuervergünstigungen verschiedenartig ausgestaltet sein und einen ganz unterschiedlichen Umfang einnehmen. Steuererleichterungen oder Steuerbefreiungen zugunsten der Kirchen und Religionsgemeinschaften kennen zahlreiche Staaten Europas. In Großbritannien etwa bestehen unter bestimmten Voraussetzungen entsprechende Vergünstigungen für die karitativ bzw. diakonisch tätigen Einrichtungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Bereichen der Einkommen-, Kapitalertrag-, Grund- und Erbschaftssteuer.47 Unter bestimmten Bedingungen werden Steuererleichterungen, die den Kirchen und Religionsgemeinschaften zugute kommen, auch in Frankreich gewährt, dort namentlich im Hinblick auf die Gewerbe-, die Grund-, die Grunderwerbs- sowie die Körperschaftssteuer.48 Weiterhin ___________ 45

Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 410; siehe auch Schwarz, Subvention (Fn. 38), S. 245 ff. 46 Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 408; siehe dazu auch van Bijsterveld, Staat (Fn. 25), S. 402. 47 Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 138 f., vgl. auch David McClean, Staat und Kirche im Vereinigten Königreich, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 604 ff. (623). 48 Dazu Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 215 f.

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kennen etwa die Niederlande Steuererleichterungen zugunsten der Kirchen und Religionsgemeinschaften,49 ebenso wie Belgien, wo zu den beschriebenen positiven staatlichen Finanzzuweisungen Steuerbefreiungen hinzutreten, die den anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährt werden. Steuerliche Vorteile werden den Kirchen und Religionsgemeinschaften weiterhin in Österreich eingeräumt, wo im Übrigen der Kirchenbeitrag als steuermindernde Sonderausgabe berücksichtigungsfähig ist.50 Umfangreiche Steuervergünstigungen, namentlich im Hinblick auf die Grundsteuer u. a. für Kirchen und Klöster, werden ferner in Rumänien gewährt.51 Steuerbefreiungen bestehen für Religionsgemeinschaften u. a. in Portugal,52 in Finnland53 und in Griechenland für die griechisch-orthodoxe Kirche u. a. hinsichtlich ihres Grundbesitzes.54

6. Finanzierung durch eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer Eine vergleichsweise junge Form der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften stellt die Zweckbindung eines Anteils der dem Staat geschuldeten Einkommen- bzw. Lohnsteuer dar. Sie wird teilweise auch als Kultursteuer bezeichnet.55 Im Kern – die Abweichungen im Detail sind freilich nicht zu vernachlässigen – zeichnet sich diese Finanzierungsform dadurch aus, dass die Pflicht zur Entrichtung eines entsprechenden Steueranteils alle Steuerpflichtigen gleichermaßen trifft, also unabhängig von deren Konfession bzw. Religionszugehörigkeit ist.56 Steuerpflichtig sind mithin, anders als im Falle der Kirchensteuer, nicht nur die Angehörigen der jeweiligen Kirche bzw. der jeweiligen Religionsgemeinschaft, sondern alle Bürger. Allerdings kann der einzelne ___________ 49

van Bijsterveld, Staat (Fn. 25), S. 419. Schwarz, Subvention (Fn. 38), S. 248 f., 255; vgl. auch Potz, Staat (Fn. 38), S. 448. 51 Köber, Recht (Fn. 40), S. 382. 52 Canas, Staat (Fn. 26), S. 499. 53 Markku Heikkilä / Kyrki Knuutila / Martin Scheinin, Staat und Kirche in Finnland, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 565 ff. (580). 54 Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 404; vgl. auch Antoniou, Verhältnis (Fn. 8), S. 166. 55 Näher dazu Jens Petersen, Die Finanzierung der Kirche in Europa – insbesondere in Italien und Spanien, KuR 140, S. 33 ff. (36, 43); Jörg-Detlef Kühne, Positive Bekenntnisfreiheit versus Kirchensteuererhebung im Spiegel bundesverfassungsgerichtlicher Wertungsimpulse und ausländischer Alternativmodelle, in: Georg Steinberg (Hrsg.), Recht und Macht, Festschrift für Hinrich Rüping zum 65. Geburtstag, 2008, S. 173 ff. (181 ff.); dazu auch Stephan Haering, Kirchensteuer und ihre Alternativen. Ein internationaler Vergleich, zur debatte, 7/2010, S. 23 ff. (24); ablehnend gegenüber der Klassifikation als Kultursteuer Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 418 ff. 56 Wie hier auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 113 ff., v. a. 115 ff. 50

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Bürger – je nach Ausgestaltung – entweder hinsichtlich des von ihm selbst zu entrichtenden Steueranteils oder hinsichtlich eines entsprechenden Anteils an den staatlichen Gesamteinnahmen aus der Einkommensteuer wählen, welcher Institution dieser zugute kommen soll: einer Kirche bzw. einer Religionsgemeinschaft, ggf. einer (sonstigen) gemeinnützigen Vereinigung oder aber dem Staat, der die aus dieser Steuer eingehenden Finanzmittel im Falle einer entsprechenden gesetzlichen Bindung seinerseits für humanitäre, namentlich für soziale oder kulturelle Zwecke zu verausgaben hat. Der Bürger verfügt also hier über die Möglichkeit, einen durch Gesetz festgelegten Anteil der eigenen Einkommensteuerschuld oder der staatlichen Einkommensteuereinnahmen mit einer Zweckbindung zu versehen. Dieses Optionsrecht führt im Falle seiner etwa aus Spanien oder Ungarn bekannten Ausgestaltung als Entscheidung ausschließlich über die Zuwendung des eigenen Steueranteils dazu, dass – eine entsprechende Festlegung vorausgesetzt – auch Nicht-Kirchenmitglieder den zweckbindungsfähigen Teil ihrer Einkommensteuerschuld einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft zugute kommen lassen können; umgekehrt ist es freilich ebenso möglich, dass die Angehörigen einer Kirche oder Religionsgemeinschaft verfügen, dass die von ihnen erbrachten Leistungen nicht jener Gemeinschaft zufließen sollen, der sie angehören.57 Anders ist die Lage hingegen bei einer Ausgestaltung des Optionsrechts als Entscheidung über die Verwendung eines Teils der staatlichen Gesamteinnahmen aus der Einkommensteuer. In dieser Form verfährt etwa das italienische System der Kirchenfinanzierung.58 Hier bezieht sich die Teilzweckbindung der Einkommensteuer von vornherein nicht auf die persönliche Einkommensteuerschuld, sondern auf einen Teil der staatlichen Gesamteinnahmen aus der Einkommensteuer, den der Staat für kirchliche bzw. soziale Zwecke zur Verfügung stellt. Daher besteht bei dieser Ausgestaltung das Optionsrecht des Einzelnen lediglich im Hinblick auf die Frauge, wie dieser Anteil verwendet werden soll. Das unterscheidet die Rechtslage in Italien von der in Spanien oder Ungarn und verdeutlicht, dass die Staatspraxis durchaus verschiedene Ausprägungen dieses Finanzierungsmodells kennt. Divergierende Regelungen bestehen auch für den Fall, dass der Steuerpflichtige auf die Wahrnehmung seines Zweckbindungsrechts verzichtet. So wird in diesem Falle etwa in Spanien und Ungarn der den Kirchen zugängliche Steueranteil anderen – insbesondere sozialen oder kulturellen – Zwecken zugeteilt. Demgegenüber erfolgt in Italien eine Aufteilung dieses Anteils zwischen den verschiedenen Verwendungsempfängern entsprechend dem Verhältnis, das sich ___________ 57

Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 419; zu dieser Finanzierungsform auch Sebastian Müller-Franken, Kirchenfinanzierung im freiheitlichen Staat des Grundgesetzes, BayVBl. 2007, S. 33 ff. (38 f.). 58 Für wertvolle Hinweise zur Rechtslage in Italien danke ich Herrn Kollegen Markus Graulich SDB, Päpstliche Universität der Salesianer, Rom.

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aus der Wahl derjenigen ergibt, die eine Zweckbindungserklärung abgegeben haben.59 In der Konsequenz sind hier von dem vereinnahmten Steueranteil im Jahre 2004 89,81 % an die Katholische Kirche, 0,20 % an die Adventisten, 0,19 % an die Assemblee di Dio, 1,43 % an die Waldenser, 0,26 % an die Lutheraner, 0,37 % an die jüdische Gemeinde und 7,74 % an den Staat geflossen;60 seit 2012 partizipieren an diesen Einnahmen auch Orthodoxe sowie die Apostolische Kirche. Die Verwendung der von den Kirchen und Religionsgemeinschaften solchermaßen vereinnahmten Finanzmittel kann aufgrund gesetzlicher Regelung für den Unterhalt des Klerus, die Erfordernisse des Kultes und für karitative Projekte erfolgen.61 Für die Verteilung ist die jeweilige Religionsgemeinschaft, im Falle der Katholischen Kirche etwa die italienische Bischofskonferenz, zuständig, die über die Mittelverwendung jährlich Rechenschaft abzulegen hat.62 Die erwähnten Unterschiede dieses Finanzierungsmodells betreffen nicht zuletzt auch die Höhe des zweckgebundenen Anteils an der Einkommensteuer. Über sie entscheidet der Staat, nicht die jeweilige Kirche oder Religionsgemeinschaft. Der widmungsfähige Steueranteil beträgt in Spanien, in dem diese Form der Kirchenfinanzierung zunächst – übrigens durch vertragliche Regelung zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl63 – eingeführt worden ist, seit dem Jahre 2007 0,7 % der Einkommensteuerschuld (statt der bis dahin abgeführten 0,5239 %).64 Hier kommt die Finanzierung durch Wid___________ 59 Dementsprechend werden hier gem. Art. 47 des Gesetzes Nr. 222 vom 20. Mai 1985 die Präferenzen der ihr Bestimmungsrecht wahrnehmenden Bürger hochgerechnet. Hierzu sowie zu dem „otto per mille“ System insgesamt instruktiv Markus Graulich, Staatliche Religionsförderung in Italien, in: Ansgar Hense / Matthias Pulte (Hrsg.), Grund und Grenzen staatlicher Religionsförderung, (in Vorbereitung). Zur Situation im Falle einer fehlenden Widmung aus italienischer Perspektive auch Silvio Ferrari, Staat und Kirche in Italien, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 229 ff. (244 ff.); zur diesbezüglichen Lage in Italien auch Petersen, Finanzierung (Fn. 55), S. 164; Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 37; Gianni Long, Das Verhältnis von Staat und Kirche in Italien, in: ZevKR 52 (2007), S. 524 ff. (533); Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 419. Zu Spanien und Ungarn m.w.N. Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 114. 60 Diese Angaben folgen Graulich, Religionsförderung (Fn. 59). 61 So die für die Katholische Kirche formulierte Regelung des Art. 48 des Gesetzes Nr. 222 vom 20. Mai 1985. 62 Zur Zuständigkeit und Rechenschaftspflicht der italienischen Bischofskonferenz siehe Art. 41 und 44 des Gesetzes Nr. 222 vom 20. Mai 1985. Hierzu auch Graulich, Religionsförderung (Fn. 59). 63 Vertrag zwischen dem Spanischen Staat und dem Hl. Stuhl über wirtschaftliche Fragen vom 3. Januar 1979 samt Zusatzprotokoll, deutsche Fassung abgedruckt in: AfkKR 148 (1979), S. 560 ff. 64 Eingehend zu Rechtslage und Praxis in Spanien Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 372 ff.; Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 34 ff. Siehe ferner Iván C. Ibán, Staat und Kirche in Spanien, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 151 ff. (166 f.); María J. Roca, Über die gegenwärtigen Beziehungen von Staat und Kirche in Spanien, in:

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mungserklärung des Steuerpflichtigen bislang nur der römisch-katholischen Kirche zugute, da sie von anderen Religionsgemeinschaften nicht in Anspruch genommen worden ist; allerdings erhalten die jüdischen, protestantischen und muslimischen Religionsgemeinschaften staatliche Zuwendungen aus der Stiftung „Pluralismo y Convivencia“, die der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen nicht zugänglich sind.65 In Italien betrifft die seit Anfang 1990 bestehende Wahlmöglichkeit der Steuerpflichtigen „otto per mille“, also 0,8 % der Einkommensteuereinnahmen. Die Höhe des Prozentsatzes der Steuer, über deren Zweckbindung der Steuerpflichtige entscheiden kann, soll hier alle drei Jahre durch eine paritätisch besetzte Kommission bewertet und unter Umständen verändert werden.66 Seit 2006 besteht ergänzend die Möglichkeit, weitere 0,5 % der Steuerschuld sozialen Zwecken zu widmen. Eine solche Widmung kann auch zugunsten der sozialen, namentlich der karitativen bzw. diakonischen Aktivitäten der Kirchen und Religionsgemeinschaften vorgenommen werden.67 Eine Kirchenfinanzierung durch eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer kennt seit 1997 auch Ungarn.68 Hier besteht für die Steuerpflichtigen eine zweifache Möglichkeit, eine Teilzweckbindung ihrer persönlichen Einkommensteuerschuld vorzunehmen. So kann 1 % der Steuerschuld wohltätigen und kulturellen Organisationen einschließlich kirchlicher Institutionen, ein weiteres ___________ Essener Gespräche 40 (2007), S. 127 ff. (132 f.); dies., Artikel „Kirche und Staat: Spanien“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 454 f.; Walter Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder, in: Rees, Katholische Kirche (Fn. 39), S. 254 ff. (331 ff.); Juan Ferreiro Galguera, Spanish Model of Church funding, in: Ministra kultury České republiky, Náboženství (Fn. 12), S. 141 ff. (147 f.). Vgl. auch EGMR, Entsch. v. 14.6.2001 – 53072/99 – Alujer Fernandez u. Caballero Garcia / Spanien. 65 Für diesen Hinweis danke ich Frau Kollegin María José Roca Fernández, Universidad Complutense, Madrid. 66 So Art. 49 des Gesetzes Nr. 222 vom 20. Mai 1985. Näher hierzu Graulich, Religionsförderung (Fn. 59); Ferrari, Staat (Fn. 59), S. 243 ff.; Josef Michaeler, Artikel „Kirche und Staat: Italien“, in: LKStKR Bd. II (2002), S. 429 ff.; Christoph Stragenegg / Walter Weinberger, Republik Italien, in: Rees, Katholische Kirche (Fn. 39), S. 153 ff. (186); Tiziana Giovanna Costantino, System of Church-Funding in Italy, in: Ministra kultury C eské republiky, Náboženství (Fn. 12), S. 157 ff. (159 f.); Rees, Formen (Fn. 12), S. 26 f.; siehe auch Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 36 ff. 67 Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 419 mit Fn. 100. 68 Hierzu Balázs Schanda, Staat und Kirche in Ungarn, in: Essener Gespräche 40 (2007), S. 151 ff. (154); ders., Artikel „Kirche und Staat: Ungarn“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 457 f.; Weinberger, Osteuropäische Länder (Fn. 39), S. 472 ff.; Péter Erdö, Das neue ungarische Staatskirchenrecht und die Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Ungarn, in: Folia Theologica 10 (1999), S. 121 ff. (143). Siehe auch Nikolaus Schöch, Die Kultursteuer – Ausweg oder Irrweg für die Kirchenfinanzierung in Österreich?, in: Andreas Weiß / Stefan Ihli (Hrsg.), Flexibilitas iuris canonici, Festschrift für Richard Puza, 2003, S. 751 ff. (757 ff.); ferner Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 40 f.

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Prozent der Einkommensteuer sozialen Tätigkeiten des Staates oder der Kirchen gewidmet werden. Damit können insgesamt bis zu 2 % der Einkommensteuerschuld den Kirchen und Religionsgemeinschaften bzw. deren karitativen Institutionen zugewiesen werden. Der ungarische Staat erhöht die Gesamtsumme der den Kirchen und Religionsgemeinschaften gewidmeten Zuweisungen auf nunmehr 0,5 % des gesamten Aufkommens der Lohn- und Einkommensteuer 69 und verteilt diesen Betrag auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften nach einem Schlüssel, der sich nach dem Verhältnis der auf diese im Einzelnen entfallenden Widmungen bzw. Widmungsbeträge richtet.70 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer seit wenigen Jahren auch in Polen. Hier können die Steuerzahler 1 % ihrer Einkommensteuerschuld den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften zukommen lassen.71 In modifizierter Form gelangt dieses Instrument schließlich seit 2004 auch in der Slowakei zur Anwendung, dort allerdings lediglich für die Finanzierung von Bürgervereinen, gemeinnützigen Organisationen sowie bestimmten kirchlichen Zweckgesellschaften, nicht für die allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, da für diese – namentlich im Hinblick auf die Geistlichenbesoldung – Finanzmittel des Staatshaushalts zur Verfügung stehen.72 In weiteren Ländern Europas wird die Einführung einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer diskutiert.73

___________ 69

Bis Ende 2010 betrug die staatliche Erhöhung der Gesamtsumme 0,9 % des Gesamtaufkommens der Lohn- und Einkommensteuer. Die gesetzlich bewirkte Absenkung der Erhöhung auf 0,5 % des Gesamtaufkommens gilt seit dem 1. Januar 2011. – Für wertvolle Hinweise zur Rechtslage in Ungarn danke ich Herrn Kollegen Balázs Schanda, Katholische Universität, Budapest. 70 Dazu Schanda, Staat (Fn. 68), S. 154; ders., Ungarisches Staatskirchenrecht 15 Jahre nach der Wende, in: ZevKR 52 (2007), S. 560 ff. (566); Rees, Formen (Fn. 12), S. 27; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 420; Weinberger, Osteuropäische Länder (Fn. 39), S. 472 ff. 71 Helmut Juros, Derzeitige Beziehungen von Staat und Kirche in Polen, in: Essener Gespräche 40 (2007), S. 109 ff. (120). 72 Siehe hierzu Július Filo, Das Verhältnis von Staat und Kirchen in der Slowakei, in: ZevKR 50 (2005), S. 527 ff. (532); Čikeš, Funding (Fn. 12), S. 103. 73 Siehe hierzu aus der schweizerischen Perspektive Konrad Sahlfeld / Wolfgang Sahlfeld, „Otto per mille“ – Die italienische Variante der Kirchensteuer und der gescheiterte Versuch im Kanton Basel-Stadt, sie mittels einer Mandatssteuer zu kopieren, SJKR 7 (2002), S. 103 ff. (111 ff.); aus österreichischer Perspektive Maximilian Liebmann, Kirchenbeitrag / Kirchensteuer – Kultussteuer / Kultursteuer, in: ThPQ 156 (2008), S. 19 ff. (31 ff.); Schöch, Kultursteuer (Fn. 68), S. 762 ff.; Schwarz, Subvention (Fn. 38), S. 258 ff.

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7. Finanzierung durch die Kirchensteuer Die Wahlmöglichkeit der Steuerpflichtigen ist eines der Charakteristika, die die Teilzweckbindung der Einkommensteuer von der Kirchensteuer unterscheidet, wie sie vor allem aus Deutschland, aber auch etwa aus Schweden, Dänemark, Finnland und verschiedenen Kantonen der Schweiz bekannt ist.74 Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Kirchensteuer eine Steuer darstellt, die die Religionsgemeinschaften nur von ihren Mitgliedern erheben.75 Die finanzielle Abhängigkeit der kirchensteuererhebungsberechtigten Kirchen und Religionsgemeinschaften besteht daher in diesem System ausschließlich gegenüber ihren Mitgliedern. Die von diesen Mitgliedern gezahlte Kirchensteuer ist von der Lohn- und Einkommensteuer abzugsfähig. Die sich hieraus ergebenden Steuermindereinnahmen des Staates kommen jedoch nicht unmittelbar den Kirchen und Religionsgemeinschaften selbst zugute, sondern begünstigen die einzelnen Kirchenmitglieder.76 Deshalb ist die Kirchensteuer auch keine Form einer direkten öffentlichen Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Mittelbar freilich dient sie auch den kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften, da aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit ein Anreiz zur mitgliedschaftlichen Kirchenfinanzierung gesetzt wird. Zudem liegt die Kirchensteuer auch insofern im Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften, als diese Form der Steuererhebung den Steuerpflichtigen nicht isoliert ___________ 74

Zur Kirchensteuer eingehend Peter Axer, Die Kirchensteuer als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche, in: Stefan Muckel (Hrsg.), Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag, 2003, S. 13 ff.; Joachim Grünewald, Die Kirchensteuer aus verfassungsrechtlicher Sicht – Last oder Nutzen für den Staat? in: Ockenfels / Kettern, Streitfall (Fn. 3), S. 130 ff.; Paul Kirchhof, Die Kirchensteuer im System des deutschen Staatsrechts, in: Friedrich Fahr (Hrsg.), Kirchensteuer, 1996, S. 53 ff.; ders., Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Kirchensteuersystems, in: Roman Seer / Burkhard Kämper (Hrsg.), Bochumer Kirchensteuertag, 2004, S. 11 ff.; Josef Jurina, Die Kirchensteuer als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche, ebd., S. 27 ff.; Heinrich List, Kirchensteuer, BB 1997, S. 17 ff.; Ansgar Hense, Grundlinien der Kirchenfinanzierung in Deutschland, in: Jürgen Erbacher (Hrsg.), Entweltlichung der Kirche?, 2012, S. 240 ff. (242 ff.); Heiner Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht, in: HdbStKirchR2, Bd. 1 (1994), S. 1101 ff.; ders., Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 62 ff.; Alexander Hollerbach, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag, in: HdbKathKirchR2, S. 1078 ff.; Wolfgang Rüfner, Artikel „Kirchensteuer – Römisch-katholisch“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 520 ff.; monographisch: Jörg Giloy / Walter König, Kirchensteuerrecht in der Praxis, 1993; Jens Petersen, Kirchensteuer in der Diskussion, 1995; Norbert Feldhoff, Kirchensteuer in der Diskussion, 1996; Ute Suhrbier-Hahn, Das Kirchensteuerrecht, 1999; Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5); ökonomische Analyse: Jörg Meuthen, Die Kirchensteuer als Einnahmequelle von Religionsgemeinschaften, 1993. 75 Vgl. dazu Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 45 u. 65 f. 76 Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1133 f.; vgl. auch Gerhard Hammer, Steuer- und Gebührenbefreiungen der Kirchen, in: HdbStKirchR2, Bd. 1 (1994), S. 1065 ff. (1081 f.).

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trifft, deshalb keinen kirchenspezifischen Steuerwiderstand auslöst und insofern finanzpsychologisch geschickt ist.77 In Deutschland ist das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV den Religionsgemeinschaften übertragen, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Diese machen von der ihnen eröffneten Möglichkeit in recht unterschiedlicher Weise Gebrauch; in Bayern etwa erheben von fünfzehn Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts derzeit lediglich fünf Kirchensteuern.78 Entschließen sie sich zur Kirchensteuererhebung, so erlassen sie im Rahmen der Kirchensteuergesetze der Bundesländer kirchliche Steuerordnungen sowie Hebesatzbeschlüsse, durch die die Höhe der nach der Kirchensteuerordnung zu erhebenden Kirchensteuerart festgesetzt wird. Die Kirchensteuergesetze stellen es den kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften hierbei frei, für die Kirchensteuer eigene Bemessungsgrundlagen zu entwickeln oder sie als Zuschlag zu staatlichen Steuern zu erheben. In Deutschland haben sich die Kirchen für die Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommen- und Lohnsteuer entschieden.79 In der Praxis ist daher Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer die Einkommensteuer bzw. die Lohnsteuer (Kircheneinkommensteuer, Kirchenlohnsteuer).80 Die Beschlüsse über den Kirchensteuerhebesatz werden von den zuständigen kirchlichen Organen getroffen, die mehrheitlich aus frei gewählten Kirchensteuerpflichtigen bestehen. Rechtliche Bindungswirkung erhalten diese kirchlichen Festsetzungen durch die staatliche Anerkennung bzw. Genehmigung und ihre Bekanntmachung.81 Entsprechend den derzeit geltenden Kirchensteuergesetzen werden in Baden-Württemberg und Bayern 8 %, in den übrigen Bundesländern 9 % der Lohn- und Einkommensteuer als Kirchensteuer eingezogen.82 Die Kirchensteuer macht in Deutschland ungefähr 70 %, teilweise auch bis zu 80 % des Einkommens der Kirchen aus. ___________ 77

Josef Isensee, Die Finanzquellen der Kirchen im deutschen Staatskirchenrecht, JuS 1980, S. 94 ff. (99). 78 Dazu m.w.N. Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 411. 79 Hierzu Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 69 ff. Der Beschluss darüber, im Rahmen welcher Steuerart die Kirchensteuer erhoben wird, ist hierbei in der Regel Gegenstand der vom jeweiligen Diözesanbischof erlassenen Kirchensteuerordnung, ebd., S. 88. 80 Dazu näher Paul Kirchhof, Die Einkommensteuer als Maßstab für die Kirchensteuer, DStZ 1986, S. 25 ff. (26); siehe auch Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 99 f.; Karl Eugen Schlief, Zukunft kirchlicher Finanzen unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen, in: Muckel, Kirche und Religion (Fn. 74), S. 809 ff. (815 f.); eingehend zu Maßstabsteuern und ihren Auswirkungen auf die Kirchensteuer auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 420 ff. Monographisch hierzu zuletzt Jens Petersen, Kirchensteuer kompakt, 2010, S. 27 ff., 42 ff. u. 70 ff. und passim. 81 Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1116 mit Nachw. 37. 82 Vgl. Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 73 f. u. 83 ff.

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Grundsätzlich kann die Kirchensteuer von den Kirchen und Religionsgemeinschaften durch eigene Organe verwaltet werden. Die Kirchensteuergesetze der deutschen Bundesländer ermöglichen jedoch, dass der Staat die von den Religionsgemeinschaften in ihrer Höhe festgesetzten Steuerschulden durch seine Organe (konkret: durch die staatlichen Finanzämter) einzieht und im Wege des Verwaltungszwangs notfalls auch beitreibt.83 Mit Ausnahme von Bayern, wo die Kircheneinkommensteuer – allerdings ohne die Kirchenlohnsteuer – durch kircheneigene Steuerämter verwaltet wird, haben die Kirchen in Deutschland von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die Bundesländer erhalten hierfür eine Aufwandsentschädigung in Höhe von ca. 2,5-4 % des Kirchensteueraufkommens.84 Ein solches Entgelt ist für die Religionsgemeinschaften erheblich kostengünstiger als der Aufbau und die Unterhaltung einer kircheneigenen Steuerverwaltung und für den Staat attraktiv, weil er ohne nennenswerten Mehraufwand seiner Finanzämter erhebliche Einnahmen reali-sieren kann.85 Eine der deutschen Kirchensteuer ähnliche Abgabe kennt beispielsweise Schweden. Seit der Entstaatlichung der evangelisch-lutherischen Kirche im Jahre 2000 wird sie dort auch zugunsten der übrigen registrierten Religionsgemeinschaften erhoben. Sie wird zwar nicht als Kirchensteuer, sondern als Kirchenabgabe bezeichnet, ist aber als Steuer ausgestaltet.86 In Dänemark ergänzt die dortige Ortskirchensteuer, die als Teil der Kommunalsteuer erhoben wird, die bereits dargestellten staatlichen Zuwendungen an die Dänische Volkskirche.87 Das ist insofern vergleichbar mit der Lage Islands, als die dortige, unmittelbar aus dem Staatshaushalt erfolgende Geistlichenbesoldung ebenfalls ergänzt wird durch das Instrument der Kirchensteuer. Diese ist als Kultursteuer ausgestaltet.88 Ihr Ertrag fließt entweder an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, denen der jeweilige Steuerpflichtige angehört, oder aber – falls Konfessionslosigkeit vorliegt – an den Hochschulfonds der Universität Reykjavik.89 In Finnland sind die lutherische und die orthodoxe Kirche zur Erhebung der ___________ 83 Zur Einziehung der Kirchensteuer Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 100; siehe ferner auch Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1136 f.; zur Möglichkeit der Beitreibung S. 1108 und S. 1114. 84 Suhrbier-Hahn, Kirchensteuerrecht (Fn. 74), S. 96. 85 Norbert Feldhoff, Ist die Kirchensteuer noch zeitgemäß?, in: Zeitfragen 48 (1994), S. 5 ff. (12); Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1132. 86 Dazu Lars Friedner, Neue Beziehungen von Staat und Kirche in Schweden, in: ZevKR 50 (2005), S. 445 ff. (448); ders., Staat und Kirche in Schweden, in: Robbers, Staat und Kirche (Fn. 5), S. 585 ff. (590 f., 598); zuletzt Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 69. 87 Engmark, Financing (Fn. 13), S. 97 f.; siehe auch Dübeck, Staat (Fn. 14), S. 77 f. Zu den staatlichen Zuwendungen an die Dänische Volkskirche oben sub 1. 88 Wie hier auch Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 417 f. 89 Bjarni Sigurdsson, Geschichte und Gegenwartsgestalt des isländischen Kirchenrechts, 1986, S. 352 ff., 382.

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Kirchensteuer berechtigt.90 Die Kirchensteuer als Instrument der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften kennt schließlich auch die Schweiz, wo die Zuständigkeit für die Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche bei den Kantonen liegt. Soweit sich die Kantone für die Erhebung der Kirchensteuer entschieden haben, erfolgt deren Einzug regelmäßig entweder durch den jeweiligen Kanton oder die jeweilige Gemeinde; kirchensteuerpflichtig sind hier überwiegend nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen.91 Indessen besteht in der Schweiz eine ausgeprägte staatskirchenrechtliche Vielfalt. Daher finden sich auch Kantone, in denen das Finanzierungsinstrument einer obligatorischen Kirchensteuer nicht zur Verfügung steht. Letzteres gilt etwa für den Kanton Neuenburg, Ähnliches für den Kanton Genf.92

8. Finanzierung durch ein Kirchenbeitragssystem Einen Sonderfall der Kirchenfinanzierung stellt das in Österreich praktizierte Kirchenbeitragssystem dar.93 Dieses System wurde 1939 von den Nationalsozialisten in kirchenfeindlicher Intention eingeführt, wobei seine für die Vereinnahmung nicht gezahlter Kirchenbeiträge charakteristische Verweisung der Kirchen auf den Zivilrechtsweg auf einer persönlichen Anordnung Adolf Hitlers beruhte. Die – unerfüllt gebliebene – Absicht ging dahin, nach Ablösung der bisher erbrachten Staatsleistungen möglichst viele Kirchenmitglieder durch eine neue Zahlungsverpflichtung zum Austritt aus ihrer Kirche zu bewegen.94 ___________ 90 Hierzu Heikkilä / Knuutila / Scheinin, Staat (Fn. 53), S. 580; Matti Halttunen, Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Ev.-luth. Kirche und dem Staat in Finnland seit 2000, in: ZevKR 50 (2005), S. 453 ff. (474 f.). 91 Dieter Kraus, Schweizerisches Staatskirchenrecht. Hauptlinien des Verhältnisses von Staat und Kirche auf eidgenössischer und kantonaler Ebene, 1993, S. 115 ff.; siehe auch Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 415. 92 Zur Lage in der Schweiz Ernst Buschor, Eidgenössischer Föderalismus und Staatskirchentum: Die Kirchenfinanzen in der Schweiz, in: Claus Rinderer (Hrsg.), Finanzwissenschaftliche Aspekte von Religionsgemeinschaften, 1989, S. 157 ff. (159 ff.); Kraus, Staatskirchenrecht (Fn. 91), S. 298 ff., 307, 387; Markus Ries, Die Kirchenfinanzierung in der Schweiz, in: Gatz, Geschichte (Fn. 22), S. 358 ff. (364 ff.); Walter Gut, Artikel „Kirche und Staat: Schweiz“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 449 ff. (452); Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 31 m.w.N.; Pahud de Mortanges, System (Fn. 10), S. 509. 93 Dazu näher Hans R. Klecatsky, Lage und Problematik des österreichischen Kirchenbeitragssystems, in: Essener Gespräche 6 (1972), S. 54 ff.; Schwarz, Subvention (Fn. 38), S. 250 ff.; Potz, Staat (Fn. 38), S. 446 f.; Hugo Schwendenwein, Kirchensteuer und Kirchenbeitrag. Kirchenfinanzierung in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in: Diakonia 34 (2003), S. 318 ff. (321 f.); vgl. auch Puza, Kirchenfinanzierung (Fn. 22); zur Einführung des Kirchenbeitragssystems 1939 ders., Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich, ebd., S. 281 ff. (283 ff.). 94 Hierzu Rees, Formen (Fn. 12), S. 25; Alfred Kostelecky, Das Kirchenbeitragsgesetz, seine Entstehung und Auswirkung bis heute, in: Franz Pototschnig / Alfred Rinner-

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Das Kirchenbeitragssystem zeichnet sich dadurch aus, dass die von ihm erfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften auf der Grundlage eines staatlichen Kirchenbeitragsgesetzes von ihren Mitgliedern privatrechtliche Beiträge erheben. Erhebungsberechtigt sind in Österreich die römisch-katholische Kirche, ferner die lutherische, die reformierte sowie die altkatholische Kirche. Die übrigen kleinen Religionsgemeinschaften – namentlich etwa die orthodoxe Kirche, die jüdische und die islamische Kultusgemeinde – finanzieren sich durch freiwillige Spenden. Die erhebungsberechtigten Kirchen bestimmen die Einzelheiten in kirchlichen Beitragsordnungen, die nach dem Kirchenbeitragsgesetz staatlicher Genehmigung bedürfen und ziehen den Beitrag dann von den Mitgliedern durch eigene Beitragsstellen ein.95 Beitragspflichtig sind die volljährigen Mitglieder der erhebungsberechtigten Kirchen, sofern diese ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben. Ähnlich wie die Kirchensteuer knüpft die Höhe des zu erbringenden Beitrags an die Leistungsfähigkeit des Beitragspflichtigen an. So ist Grundlage des Kirchenbeitrags das (Brutto-) Einkommen des jeweiligen Vorjahres. Von diesem ist ein um einen bestimmten Fixbetrag geminderter Beitrag in Höhe von 1,5 % zu entrichten.96 Allerdings stehen den Kirchen bzw. den von ihnen eingerichteten Kirchenbeitragsstellen die staatlichen Daten über das Bruttoeinkommen der Beitragspflichtigen nicht zur Verfügung, insbesondere besteht kein diesbezüglicher Datenaustausch. Das führt dazu, dass die kirchlichen Kirchenbeitragsstellen, die auf der Ebene der Pfarreien, Diözesen, Superintendenturen und den Gesamtkirchen bestehen, auf die Angaben der Beitragsverpflichteten über ihr Bruttoeinkommen angewiesen sind. Dort, wo derartige Angaben verweigert werden, bleibt den Kirchen keine andere Möglichkeit, als die Betroffenen hinsichtlich ihres Einkommens nach Schätzlisten einzustufen. Aufgrund der zivilrechtlichen Konstruktion besteht für die Kirchen bei Nichtzahlung des Kirchenbeitrags schließlich nicht die Möglichkeit einer Eintreibung im Wege des Verwaltungszwangs, sondern alleine die Möglichkeit, nicht gezahlte Beiträge vor den staatlichen Gerichten auf dem Zivilrechtsweg einzuklagen und dann durch den staatlichen Gerichtsvollzieher beitreiben zu lassen.97 ___________ thaler (Hrsg.), Im Dienst von Kirche und Staat. In memoriam Carl Holböck, 1985, S. 601 ff. (601 f.). Zu den geschichtlichen Hintergründen vgl. auch Liebmann, Kirchenbeitrag (Fn. 73), S. 20 ff.; Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 33 f. 95 Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 33; näher zu Problemen und Praxis der staatlichen Genehmigung der Kirchenbeitragordnungen Schwendenwein, Kirchensteuer (Fn. 93), S. 321 f. 96 Hierzu und auch zum Folgenden Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 409 f.; vgl. dazu auch Rees, Formen (Fn. 12), S. 26. 97 Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 117 ff., hier 119; ders., Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 69 f.

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9. Finanzierung durch ein System freiwilliger Spenden, Kollekten und Beiträge sowie durch Gebühren für Dienste der Kirchen und Religionsgemeinschaften Die Finanzierung durch ein System von Spenden, Kollekten und Beiträgen zielt auf eine dem Grundsatz nach freiwillige Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch deren Mitglieder. Folglich bleibt es hier dem einzelnen Kirchenmitglied überlassen, ob und in welcher Höhe es seinen Beitrag zur Kirchenfinanzierung erbringt. Das gilt auch dort, wo ein regelmäßig zu entrichtender, primär an die Höhe des Einkommens anknüpfender Beitrag innerkirchlich mehr oder weniger dringend erbeten oder empfohlen wird.98 Bemerkenswert ist, dass diese Form der Finanzierung in Ländern praktiziert wird, die das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Übrigen gänzlich unterschiedlich ausgestalten. So reicht die Verbreitung des Spenden- und Kollektensystems von Ländern mit einer strikten Trennung von Staat und Kirche bis hin zu Ländern mit einer Staatskirche und entfaltet dort vor allem Relevanz für jene Kirchen und Religionsgemeinschaften, die sich neben den Staatskirchen in einer Minderheitsposition befinden.99 Aber auch in Staaten mit einem auf freundschaftliche Trennung und Kooperation angelegten Staatskirchenrecht kommt diesem System zumindest ergänzend erhebliche Bedeutung für die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu. Zu den Ländern, in denen sich die Kirchenfinanzierung auf freiwillige Spenden, Kollekten und Beiträge stützt, gehören in Europa u. a. Frankreich, Portugal und die Niederlande. In Frankreich etwa sehen sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften seit dem Trennungsgesetz vom 9. Dezember 1905 vor die Aufgabe gestellt, für ihre eigene Finanzierung zu sorgen.100 Die Möglichkeit, hierfür auf Vermögenserträge zurückzugreifen, besteht kaum, da die Nationalversammlung die Kirche in der Französischen Revolution enteignete und deren – seinerzeit erhebliches – Vermögen zu weiten Teilen verkaufte, um damit das staatliche Finanzdefizit zu decken.101 Angesichts dessen sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Frankreich heute auf andere Finanzierungsinstrumente angewiesen. Hierzu greifen sie einerseits auf Spenden und Kollekten, andererseits auch auf das Instrument des sog. Kultbeitrags zurück. Dessen Entrichtung wird zwar kirchlich nachdrücklich empfohlen, ist aber – sowohl hinsichtlich der Frage, ob er überhaupt geleistet wird als auch hinsichtlich seiner ___________ 98 Vgl. hierzu am Beispiel der USA Fischer, Finanzierung (Fn. 27), S. 310 ff.; Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 23 f.; Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 313 ff. 99 So auch Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 23. 100 Näher zur seitdem erfolgten Entwicklung in Frankreich Durand, Trennungsgesetz (Fn. 24), S. 6 ff. 101 Vgl. Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 25.

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Höhe – letztlich der eigenen Entscheidung der Gläubigen überantwortet, wenngleich seitens der römisch-katholischen Kirche als Richtmaß zunehmend eine Höhe von 1 % des Einkommens angegeben wird.102 Dem Kultbeitrag entstammen auf Seiten der römisch-katholischen Kirche rund 25 % der kirchlichen Einnahmen, während 75 % durch Spenden und Kollekten aufgebracht werden; auf protestantischer Seite wird der Anteil des Kultbeitrages etwas höher geschätzt.103 Die durch Spenden, Kollekten und den Kultbeitrag erzielten Einnahmen reichen indessen kaum aus, um das kirchliche Leben – insbesondere die Geistlichenbesoldung – sicherzustellen. Partiell anders ist die Lage demgegenüber in Portugal. Auch dort sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften zwar auf eine Finanzierung durch Spenden, Kollekten und Beiträge verwiesen. Doch speziell die römisch-katholische Kirche profitiert hier zusätzlich von nicht unerheblichen staatlichen Zuwendungen zum Erhalt denkmalgeschützter Kirchen, zu karitativen Initiativen und manchem mehr; zudem verfügt sie nach wie vor über nicht unbedeutende Erträge aus ihrem Grundbesitz. Die für sie bestehende Lage ist daher komfortabler als die der übrigen, kleineren Religionsgemeinschaften in Portugal.104 Auch in den Niederlanden erfolgt die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften überwiegend durch ein System von Spenden, Kollekten und Beiträgen.105 Letztere ergänzen daher die kirchlichen Sammlungen auch hier. Der sog. Kirchenbeitrag, für den ein Betrag von 1 bis 3 % des jährlichen Einkommens empfohlen wird, wird von den Gläubigen freiwillig an die Gemeinde entrichtet, der sie sich zugehörig wissen. Die Gemeinden ihrerseits führen hiervon einen jährlichen Betrag an die Diözesen bzw. Kirchenleitungen ab. Die Angaben dazu, in welchem Ausmaß dieser Kirchenbeitrag zu dem kirchlichen Gesamteinkommen beiträgt, sind nicht ganz einheitlich und variieren zwischen 68 % und 80 bis 90 %.106 Zur Anwendung gelangt das System freiwilliger Spenden, Kollekten und Beiträge innerhalb Europas daneben auch in Irland, Malta, Polen, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei.107 Das gilt ferner für Großbritannien. Dort stellt es ___________ 102 Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 406; siehe auch bereits ders., Die Kirchen und ihr Geld. Finanzierungssysteme im europäischen Vergleich, Nachrichten der EvangelischLutherischen Kirche in Bayern 1992, S. 224 ff. (225); vgl. auch Basdevant-Gaudemet, Staat (Fn. 7), S. 193 ff. 103 Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 25; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 406. 104 Zur Lage in Portugal Canas, Staat (Fn. 26), S. 499 f. 105 Zur Lage in den Niederlanden van Bijsterveld, Staat (Fn. 25), S. 418 f.; dies., Artikel „Kirche und Staat: Niederlande“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 433 f. (434). 106 Zum Kirchenbeitrag in den Niederlanden näher Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 28; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 407 f. 107 Rees, Formen (Fn. 12), S. 24.

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für die kleineren, sich in einer Minderheitsposition befindenden Kirchen und Religionsgemeinschaften eine wesentliche Einnahmequelle dar, für die Church of England eine die Finanzierung durch Vermögenserträge ergänzende Form der Einnahmeerzielung.108 Ähnlich stellt sich – mit einer Ausnahme lediglich im Hinblick auf die griechisch-orthodoxe Kirche – die Lage für die Religionsgemeinschaften in Griechenland dar. Außerhalb Europas sind es insbesondere die USA, in denen sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften dieses Finanzierungssystems bedienen. Hier zeigt sich das Spenden- und Kollektensystem nicht nur in besonders ausdifferenzierter Form mit im Einzelnen vielfältigen Formen (church bonds, fund raising, endowment funds).109 Vielmehr wird dieses Finanzierungssystem hier auf Seiten der römisch-katholischen Kirche auch mit einem besonderen Konzept, dem Konzept des Stewardship, theologisch unterlegt. Dieses Konzept bettet die Finanzierung durch die Kirchenmitglieder ein in den Gesamtkontext der Teilhabe des Einzelnen am Apostolat der Kirche, die nicht auf materielle Gaben beschränkt ist, sondern sich auch auf das persönliche Engagement des einzelnen Gläubigen bezieht.110 Ergänzt wird die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch freiwillige Spenden, Kollekten und Beiträge in vielen Ländern Europas durch Gebühren, die die Gläubigen für die Inanspruchnahme kirchlicher Dienste entrichten.111 Diese historisch gewachsenen Gebühren sind vielgestaltig. Am bekanntesten dürften Stolgebühren und Mess-Stipendien sein. Die Stolgebühren knüpfen an die Spendung der Sakramente wie die Eheschließung oder Sakramentalien wie die Begräbnisfeier an. Entgegen ihrer Bezeichnung stellen sie freiwillige Gaben der Kirchenmitglieder dar, auch wenn sie historisch gesehen häufig als verbindlich betrachtet worden sind. Gleichwohl zeigen die kirchenrechtlichen Bestimmungen etwa im CIC eine gewisse Vorsicht ihnen gegenüber. So ist etwa die Vorenthaltung der Sakramente gegenüber Armen und Bedürftigen, die zur Entrichtung von Stolgebühren nicht in der Lage sind, verboten und von einem Mess-Stipendium ist „selbst jeglicher Schein von Geschäft oder Handeln gänzlich fernzuhalten“.112 Als Simonie von vornherein unstatthaft ist der Handel mit geistlichen Diensten.113 ___________ 108 Zur Lage in Großbritannien Hanns Engelhardt, Artikel „Kirche und Staat: Großbritannien“, in: LKStKR, Bd. II (2002), S. 426 ff. (427); Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 95 f. Wie hier Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 27. 109 Fischer, Finanzierung (Fn. 27), S. 310 ff. 110 Siehe hierzu die United States Conference of Catholic Bishops (Hrsg.), Stewardship – A Disciple’s Response. Tenth Anniversary Edition, 2002; näher dazu Fischer, Finanzierung (Fn. 27), S. 333 ff. 111 Hierzu zuletzt Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 74 f. 112 Siehe zu Ersterem c. 848, 1181, 1264 CIC, zu Letzterem c. 945 ff., hier 947 CIC. 113 Zum Begriff der Simonie näher Hans-Jürgen Guth, in: Stephan Haering / Heribert Schmitz (Hrsg.), Lexikon des Kirchenrechts, 2004, Sp. 896 f.

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10. Finanzierung durch Vermögenserträge Eine letzte denkbare Finanzierungsquelle der Kirchen und Religionsgemeinschaften bildet die Erzielung von Erträgen aus dem kircheneigenen Vermögen. Ihrem Umfang nach stellt sie für die jeweils betroffenen Kirchen in verschiedenen Ländern Europas ein außerordentlich bedeutsames Finanzierungsinstrument dar. Zu diesen Ländern zählen vor allem Großbritannien, aber auch Portugal und Dänemark. In Großbritannien verfügen die (anglikanische) Church of England und die (presbyterianische) Church of Scotland über eigene Vermögenserträge. Die ihnen hieraus zufließenden Mittel sind erheblich, was vor dem Hintergrund verständlich wird, dass ihr Vermögen von Säkularisation verschont geblieben ist. Sie sind umso bedeutsamer, als die Church of England und die Church of Scotland trotz ihres Status als Staatskirchen – abgesehen von Zuschüssen zur kirchlichen Übernahme im Allgemeininteresse liegender Aufgaben – keine unmittelbare finanzielle Unterstützung durch den Staat erhalten.114 Zu erheblichen Teilen aus den Erträgen des eigenen Vermögens finanziert sich auch die römisch-katholische Kirche in Portugal, die nach der dort zu Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgten Säkularisation aufgrund des Konkordats vom 7. Mai 1940 ihren Grundbesitz zu weiten Teilen zurückerhalten hat und aus diesem vor allem aufgrund landwirtschaftlicher Nutzung erhebliche Erträge erzielt.115 Auch für die Dänische Volkskirche sind die Erträge aus dem Kirchenvermögen und dem Grundeigentum von erheblicher Bedeutung.116

III. Von den Einzelinstrumenten zu den drei Grundtypen der Kirchenfinanzierung in Europa Die zehn vorstehend behandelten Einzelinstrumente der Kirchenfinanzierung lassen sich ihrerseits drei Grundtypen der Finanzierung zuordnen. Diese werden gebildet von einer mehr oder weniger umfassenden staatlichen Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, von einer Finanzierung durch deren Mitglieder und von der kirchlichen Eigenfinanzierung durch Vermögenserträge.117 ___________ 114 Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 401; McClean, Kirche (Fn. 18), S. 19 f.; Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 27. 115 Hierzu Weinberger, Süd- und Westeuropäische Länder (Fn. 64), S. 317 f.; Canas, Staat (Fn. 26), S. 499; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 402; Rees, Formen (Fn. 12), S. 24. 116 Dübeck, Artikel (Fn. 14), S. 417; siehe auch Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 416. 117 Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 20, unterscheidet zwei Grundformen, die der überwiegenden Staatsfinanzierung und die der überwiegenden Finanzierung durch

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Der erstgenannte Grundtyp, die Finanzierung durch den Staat, kennt sechs verschiedene Erscheinungsformen: die allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt, die Gewährung staatlicher Zuschüsse zur kirchlichen Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben, die staatliche Kostenübernahme für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht, die sog. Staatsleistungen, die Gewährung von Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen sowie schließlich die Teilzweckbindung der Einkommensteuer. Bei Letzterer mag ihre Zuordnung zu dem Grundtypus staatlicher Finanzierung prima facie zwar weniger deutlich sein als bei dessen übrigen Erscheinungsformen. Doch gerade das italienische „otto per mille“-System verdeutlicht, dass diese Form der Kirchenfinanzierung auf einer von der Kirchenmitgliedschaft unabhängigen, staatlich angeordneten Steuer beruht, über deren Erhebung bzw. Zuwendung an die Kirchen und Religionsgemeinschaften der staatliche Gesetzgeber prinzipiell jederzeit ändernd verfügen kann und deren kirchliche bzw. religionsgemeinschaftliche Verwendung Gegenstand gesetzlicher Regelung und staatlicher Kontrolle ist. Daher steht hier der Charakter einer staatlichen Leistung an die Kirchen und Religionsgemeinschaften im Vordergrund.118 Auch der zweite Grundtyp, die mitgliederbasierte Finanzierung, kennt Unterformen. Diese – insgesamt drei – Unterformen werden im Einzelnen gebildet durch die Kirchensteuer, das Kirchenbeitragssystem und das (ggf. um Gebühren für die Inanspruchnahme kirchlicher Dienste ergänzte) Spendenund Kollektensystem.119 Allerdings ist hierbei nicht zu verkennen, dass dem Spenden- und Kollektensystem die mitgliedschaftliche Komponente fehlt. Gleichwohl kann auch dieses Finanzierungsinstrument dem Grundtyp der mitgliederbasierten Kirchenfinanzierung zugerechnet werden, da es in der Regel vor allem die Mitglieder sein werden, die „ihren“ Kirchen und Religionsgemeinschaften eine Spende zukommen lassen werden. Einen dritten Grundtyp der Kirchenfinanzierung bildet schließlich die kirchliche Eigenfinanzierung aus Vermögenserträgen. Bei ihr können die Erträge im Einzelnen aus unterschiedlichen Vermögens- und Anlageformen – etwa aus Immobilien- oder Aktienbesitz etc. – stammen. ___________ die Mitglieder der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Ihm folgend etwa Rees, Formen (Fn. 12), S. 23. 118 Das dürfte auch für jene Staaten gelten, in denen – anders als in Italien – die Steuerpflichtigen über die Verwendung ihres persönlichen Steueranteils entscheiden können. Denn auch in diesem Falle vereinnahmt der Staat Steuern, auf die er zugunsten der Kirchen und Religionsgemeinschaften verzichtet. Für ein Verständnis der Teilzweckbindung der Einkommensteuer als Form einer verdeckten staatlichen Subventionierung der Kirchen auch Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 38; ebenso Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 418. 119 Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 20; Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 405.

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Auffällig an der solchermaßen grundtypensystematisierten Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist der Umstand, dass in den für die europäische Finanzierungspraxis charakteristischen Mischsystemen120 nicht nur Finanzierungsinstrumente jeweils eines Grundtyps zur Anwendung gebracht, sondern einzelne Finanzierungsformen grundtypenübergreifend miteinander kombiniert werden. In der Konsequenz treten in den einzelnen Staaten Europas regelmäßig Finanzierungsinstrumente aller drei Grundtypen nebeneinander auf. So sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften auch in Staaten mit einer allgemeinen öffentlichen Kirchenfinanzierung auf Spenden und Vermögenserträge angewiesen, während umgekehrt auch dort, wo sie sich überwiegend aus den Beiträgen ihrer Mitglieder oder aus Vermögenserträgen finanzieren, ergänzend staatliche Einzelzuweisungen – etwa zur Anstaltsseelsorge – oder steuerliche Erleichterungen hinzutreten.121 Vor diesem Hintergrund gründen die erheblichen Unterschiede in der europäischen Finanzierungspraxis nicht in einem Unterschied hinsichtlich der zum Einsatz gelangenden Grundtypen der Finanzierung, sondern in den Anwendung findenden Einzelinstrumenten und insbesondere in dem Mischungsverhältnis, in dem die Finanzierungsformen der drei Grundtypen miteinander kombiniert werden. Angesichts dessen sind es letztlich vor allem divergierende Schwerpunktsetzungen bei der Kombination der Finanzierungsgrundtypen, angereichert mit einer unterschiedlichen Auswahl der Verwendung findenden Einzelinstrumente, die die Wahrnehmung der Finanzierungspraxis in den einzelnen Staaten prägen und darüber entscheiden, ob die Kirchenfinanzierung überwiegend durch Instrumente des ersten, zweiten oder dritten Grundtyps erfolgt. Das ändert indessen nichts an dem Befund, dass in aller Regel die jeweils anderen beiden Grundtypen zumindest flankierend zu dem jeweils vorherrschenden Finanzierungsgrundtypus hinzutreten.

IV. Bewertung der verschiedenen Finanzierungsmodelle – aus der Sicht des deutschen Verfassungsstaates Wird der Blick auf eine Bewertung der vorstehend skizzierten Finanzierungsformen der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa gerichtet, gilt es im Anschluss an einige Vorbemerkungen (sub 1.), sich zunächst der entscheidenden Kriterien, also des Maßstabs einer solchen Bewertung für die Kirchenfinanzierung im säkularen Verfassungsstaat zu vergewissern (sub 2.), um sodann mit dessen Hilfe die Vor- und Nachteile der dargestellten Finanzierungsmodelle detailliert zu beleuchten (sub 3.). ___________ 120 121

Zu ihnen bereits oben im Rahmen der Einleitung näher. Vgl. Böttcher, Typen (Fn. 4), S. 423 f.

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1. Vorbemerkungen Richtet man den Blick auf eine Bewertung der vorstehend skizzierten verschiedenen Finanzierungsformen der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa, ist zunächst zu beachten, dass diese weithin das Resultat divergierender historischer Prägung in den einzelnen Staaten sind. Diese unterschiedlichen Finanzierungstraditionen, ihre Bedeutung für das Selbstverständnis der europäischen Staaten und ihre gewachsene gesellschaftliche Akzeptanz stehen einer ohne weiteres erfolgenden Übertragung der einzelnen Finanzierungsmodelle auf jeweils andere Staaten entgegen.122 Demgemäß wird es in aller Regel zumindest nicht alleine die Frage der Eignung einer Kirchenfinanzierungsform sein, die den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten eines bestimmten Finanzierungsmodells oder gegen ein solches geben wird. Gleichwohl wird die Tradition alleine auf Dauer als Legitimation für die Beibehaltung der jeweiligen Praxis kaum ausreichen. Deshalb ist ihr eine vergleichende Bewertung der zur Verfügung stehenden Finanzierungsalternativen und eine detaillierte Analyse der mit diesen im Einzelnen verbundenen Vor- und Nachteile an die Seite zu stellen. Im Vorfeld einer derartigen Beurteilung der in Europa zur Anwendung gelangenden Einzelinstrumente der Kirchenfinanzierung gilt es, sich die unterschiedlichen Perspektiven zu vergegenwärtigen, die hierbei eingenommen werden können. So kann es zu erheblichen Unterschieden in der Bewertung kommen, je nachdem, ob eine Beurteilung aus der Sicht der betroffenen Kirchen und Religionsgemeinschaften oder aber aus der Sicht der jeweiligen Staaten vorgenommen wird. Auch innerhalb dieser beiden Perspektiven werden die Bewertungen divergieren. Das gilt zunächst im Hinblick auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften, da deren Maßstab durch die jeweilige Glaubenslehre geprägt sein wird und sie daher die Frage, welche Finanzierung ihrer Glaubensüberzeugung entspricht, ggf. unterschiedlich beantworten werden;123 zudem werden sie unter Umständen Einzelfragen der Finanzierung im Lichte ihrer jeweiligen Mitgliederzahl und Organisationsstruktur verschieden beurteilen. Aber auch dort, wo die staatliche Bewertungsperspektive gewählt wird, werden die ___________ 122

Zuletzt wie hier auch Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 79. Zur Eignung der einzelnen Finanzierungsinstrumente speziell aus christlicher Perspektive Wilhelm Rees, „Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk 8,3). Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich. Rechtsgrundlagen, Traditionen und Tendenzen, in: Hans Paarhammer / Gerlinde Katzinger (Hrsg.), Kirche und Staat im Horizont einer globalisierten Welt, 2009, S. 67 ff. (80 ff.); Eugen Kleindienst / Josef Binder, Das Finanzwesen der katholischen Kirche in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BayVBl. 1999, S. 197 ff. (198 f.); zuletzt Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 79 ff.; speziell zur Eignung der Kirchensteuer aus christlicher Sicht ders., Zur Kirchlichkeit der Kirchensteuer, StuW 2009, S. 120 ff. (122 ff.). 123

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Beurteilungen angesichts der Vielfalt, die in Europa im Hinblick auf die Ausgestaltung des Verhältnisses von Staat und Kirche besteht, divergieren. So wird eine Bewertung aus der Sicht eines Staates, der eine Staatskirche kennt, notwendig anders ausfallen als aus der Perspektive eines dezidiert laizistisch ausgerichteten Staates oder aus dem Blickwinkel eines Staates mit einer freundschaftlichen Trennung und einem freiheitsverpflichteten Kooperationsverhältnis zwischen Staat und Kirche. Das erfordert die Klarstellung, dass die Bewertung im Folgenden aus der Perspektive jener Leitprinzipien erfolgt, die für das deutsche Staatskirchenrecht grundgesetzlicher Provenienz charakteristisch sind. Indessen wird der Bewertungsmaßstab, der an die in Europa Verwendung findenden Finanzierungsinstrumente anzulegen ist, nicht alleine durch die Überzeugungen der Religionsgemeinschaften oder die Grundsätze gebildet, die für das Verhältnis von Staat und Kirche in den einzelnen Staaten gelten. Vielmehr treten weitere Einzelkriterien hinzu, die sich staaten- und kirchenübergreifend als anschlussfähig erweisen und demgemäß als verallgemeinerungsfähige Anforderungen an eine geeignete Kirchenfinanzierung in Europa betrachtet werden können. Gemeinsam mit den jeweiligen verfassungsrechtlichen Grundsätzen bilden sie den für die Bewertung relevanten Gesamtmaßstab. Der Grad seiner Erfüllung vermag Auskunft darüber zu geben, welche Finanzierungsform jene ist, die dem freiheitlichen Verfassungsstaat grundgesetzlicher Prägung wie auch den Belangen der betroffenen Religionsgemeinschaften am weitestgehenden entspricht, insofern also ebenso verfassungs- wie auch sachgemäß ist.

2. Der Bewertungsmaßstab für die einzelnen Formen der Kirchenfinanzierung Für diesen Gesamtmaßstab erscheinen vor allem fünf Kriterien von entscheidender Bedeutung.124 Zu ihnen gehören – erstens die Vereinbarkeit der einzelnen Finanzierungsinstrumente der Kirchen und Religionsgemeinschaften mit den staatskirchenrechtlichen Grundprinzipien des Grundgesetzes, insbesondere mit den Grundsätzen einer prinzipiellen Trennung von Staat und Kirche, der Achtung sowohl der Religionsfreiheit als auch des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen und Religionsge___________ 124 Siehe hierzu und zum Folgenden Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 36 f.; wie hier bereits Arnd Uhle, Il finanziamento pubblico delle comunità religiose nello stato costituzionale laico. Osservazioni sulla loro legittimità e sulle forme in cui essi si presentano, in: Annuario DiReCom 7 (2008), S. 253 ff. (268 f.); vgl. zu den hiermit berührten Aspekten zuletzt Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 81 f.

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meinschaften, der staatlichen Neutralität sowie der Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften (Gebot verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit);125 – zweitens das Ausmaß, in dem die verschiedenen Finanzierungsformen geeignet sind, die personelle und geistliche Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu wahren (Gebot der Wahrung der Unabhängigkeit der Zuwendungsempfänger); – drittens der Umfang, in dem sich die einzelnen Finanzierungsinstrumente als geeignet erweisen, den Kirchen und Religionsgemeinschaften ausreichende Finanzmittel mit der erforderlichen Beständigkeit und Berechenbarkeit zur Verfügung zu stellen, also ausreichende finanzielle Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen (Gebot einer berechenbaren und ausreichenden Finanzausstattung);126 – viertens das Ausmaß, in dem mit den verschiedenen Formen der Kirchenfinanzierung dem Gebot der gesellschaftlichen Akzeptanz entsprochen wird, die sowohl aus staatlicher als auch aus kirchlicher Perspektive erstrebenswert erscheint: aus staatlicher Sicht, um zu dauerhaft bestehenden Finanzierungsregelungen zu gelangen, aus kirchlicher Sicht, um finanzierungsbedingte Kollateralschäden für den religiösen bzw. pastoralen Auftrag zu vermeiden (Gebot gesellschaftlicher Akzeptanz);127 – fünftens der Umfang, in dem die einzelnen Finanzierungsinstrumente eine gerechte Beitragsbelastung des einzelnen Kirchenmitglieds gewährleisten, die sich in dem Gebot der Gleichheit der den Einzelnen treffenden Last verdichten lässt: Eine solche gerechte Beitragsbelastung ist nicht nur Verpflichtung für den Verfassungsstaat, sondern im Interesse einer dauerhaften Akzeptanz der finanziellen Beitragslasten zugleich auch übergreifendes Ziel der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Gebot der Lastengleichheit).128

___________ 125

Vgl. dazu auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 153 ff. Kirchhof, Die Kirchensteuer im System (Fn. 74), S. 56 f. 127 Vgl. Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 38. 128 Hierzu Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1132 f.; ders., Die Kirchensteuer als Paradigma staatlicher Kirchenförderung, KuR 410, S. 11 ff. (19 ff.); siehe dazu auch Schlief, Zukunft (Fn. 80), S. 815 f.; siehe auch Paul Mikat, Grundfragen des Kirchensteuerrechts unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen, in: Hermann Conrad / Hermann Jahrreiß / Paul Mikat / Hermann Mosler u. a. (Hrsg.), Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 328 ff. (342); Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 342 ff., v.a. S. 344 ff. 126

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3. Die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Finanzierungsmodelle Betrachtet man anhand dieser Kriterien die vorstehend skizzierten Einzelinstrumente der Kirchenfinanzierung in Europa, wird es möglich, ein differenziertes Bild der mit dem einzelnen Finanzierungsmodell jeweils verbundenen Vor- und Nachteile zu gewinnen. Aus diesen Einzelbefunden ergeben sich nicht unerhebliche Unterschiede hinsichtlich der grundgesetzlichen Unbedenklichkeit, der Sachangemessenheit und der Leistungsfähigkeit der einzelnen Finanzierungsformen.

a) Allgemeine Finanzierung aus dem Staatshaushalt Eine allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt setzt unter dem Aspekt verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit die Erfüllung bestimmter Bedingungen voraus. Zu diesen zählt unter der Geltung des Grundgesetzes u. a., dass eine derartige Finanzierung gleichheitsgerecht erfolgen muss, dass sie das kirchliche Selbstbestimmungsrecht zu achten hat sowie weder zur Einführung staatskirchlicher Rechtsformen noch zu ungerechtfertigten kirchlichen Freiheitsverlusten führen darf.129 Auch dort, wo sich diese verfassungsrechtlichen Anforderungen als erfüllbar erweisen, bestehen gegen eine solche Form der Kirchenfinanzierung indessen Bedenken. Diese ergeben sich vor allem aus dem Umstand, dass in einem solchen Finanzierungssystem die Unabhängigkeit kirchlichen bzw. religionsgemeinschaftlichen Wirkens latent bedroht ist. Denn in einem System allgemeiner staatlicher Mittelzuweisung geht aufgrund der damit verbundenen staatlichen Einflussnahme und Kontrolle die Freiheit des Empfängers zwangsläufig zurück, unter Umständen gar ganz verloren.130 Dies belegen nicht zuletzt die geschichtlichen Erfahrungen mit staatlichen Dotationen an die Kirchen, die – historisch betrachtet – in Deutschland wesentlich zur Herausbildung des Finanzierungsinstruments der Kirchensteuer geführt haben.131 Hinzu tritt bei einer allgemeinen Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt die Gefahr, ___________ 129

Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 111; Robbers, Förderung (Fn. 29), S. 879 ff. So zu Recht auch Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 37; vgl. dazu bereits, wenngleich im Kontext der zweckgebundenen (und nicht der allgemeinen) Subventionierung von Kirchen und Religionsgemeinschaften Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 97. 131 Die historisch intendierte Sicherung der Unabhängigkeit der Kirchen durch verpflichtende Kirchensteuern der Gläubigen betonen Ernst Rudolf Huber / Wolfgang Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. III, 1983, S. V. Zur Bedeutung der Religionsfreiheit für die Entwicklung des Kirchensteuersystems vgl. auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 34 ff. 130

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dass eine ausreichende Finanzausstattung der Kirchen und Religionsgemeinschaften von der Bereitschaft der jeweiligen politischen Führung eines Staates wie auch der Verfügbarkeit staatlicher Finanzmittel abhängig ist. Auch wenn dieser Gefahr dadurch entgegengewirkt werden kann, dass die Leistungen verfassungsrechtlich oder staatskirchenvertragsrechtlich abgesichert werden, werden entsprechende rechtliche Sicherungen immer nur eine begrenzte Schutzwirkung entfalten können. Vor diesem Hintergrund erweist sich eine solche Finanzierungsform als nur wenig geeignet, die Anforderungen, die im Hinblick auf das Gebot einer berechenbaren und ausreichenden Finanzausstattung an die Kirchenfinanzierung zu stellen sind, zu erfüllen. Zu den skizzierten Bedenken kommt hinzu, dass direkte staatliche Leistungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften vielfach mit erheblichen Akzeptanzproblemen konfrontiert sein werden, da sie aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestritten werden, also nicht nur mit Mitteln der jeweiligen Religionsangehörigen finanziert werden.132 Dieses Gesamtsteueraufkommen wird zwar im freiheitlichen Verfassungsstaat in der Regel unter Beachtung des Gebotes der Lastengleichheit zusammengetragen, doch gerade von jenen Steuerzahlern, die areligiös eingestellt sind, wird geltend gemacht werden, dass die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften allein Sache der jeweiligen Glaubensangehörigen, nicht aber Sache der Allgemeinheit sei. Vor diesem Hintergrund erscheint eine allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt summa summarum als wenig geeignet, den vorstehend entwickelten Bewertungskriterien zu genügen. Eine solche Finanzierungsform empfiehlt sich daher nicht, jedenfalls nicht als Hauptform der Kirchenfinanzierung.

b) Finanzierung durch zweckgebundene staatliche Zuwendungen für die kirchliche Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben Eine – teilweise oder umfassende – staatliche Übernahme von Kosten, die den Kirchen und Religionsgemeinschaften aus der Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben entstehen, begegnet weder unter dem Aspekt der Trennung von Staat und Kirche noch unter dem Aspekt der Vereinbarkeit mit den staatskirchenrechtlichen Grundprinzipien des Grundgesetzes im Übrigen Bedenken. Das liegt zunächst daran, dass diese Prinzipien einer freiheitsgerechten Kooperation von Staat und Religionsgemeinschaften nicht im Wege stehen. Zudem werden die staatlichen Zuweisungen bei dieser Finanzierungsform nicht ___________ 132 Ausdruck solcher Akzeptanzprobleme, die – angereichert um die Ingredienzien des Laizismus – in der Bundesrepublik Deutschland in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf politischer Ebene zum Teil zu der Forderung nach Abschaffung historisch begründeter Staatsleistungen geführt haben: das „FDP-Kirchenpapier“ von 1973, Freie Kirche im freien Staat, liberal 1973, S. 694 ff. (697).

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für die kirchliche Organisation als solche und nicht für das kirchliche Personal als solches gewährt, sondern sind auf „staats-substituierende Leistungen im Sozial- und Kulturbereich beschränkt“.133 Hier stellen sie letztlich einen Ausgleich dafür dar, dass der moderne Leistungsstaat durch die kirchliche Übernahme entsprechender Aufgaben von der andernfalls eintretenden Notwendigkeit entlastet wird, diese als Kultur- und Sozialstaat selbst übernehmen und auch finanzieren zu müssen.134 Im Übrigen ist die Beschränkung auf zweckgebundene Zuwendungen für die kirchliche Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben auch der Grund dafür, dass die von ihnen ausgehende Gefahr für die Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Vergleich zu einer allgemeinen staatlichen Kirchenfinanzierung weniger groß erscheint, denn insbesondere die Wahrnehmung des geistlichen Auftrages dürfte hier in geringem Ausmaß bedroht sein. Nicht zu verkennen ist gleichwohl, dass diese Gefahr dem Grunde nach bei allen Formen der staatlichen Finanzierung und damit auch bei zweckgebundenen staatlichen Zuwendungen für die kirchliche Jugend- und Altenhilfe, für den Unterhalt von Krankenhäusern, Kindergärten und Bildungseinrichtungen etc., stets existent ist. Bei den hier in Rede stehenden staatlichen Finanzhilfen dürfte sie nicht zuletzt darin bestehen, dass sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften durch sie zur Schaffung immer neuer Einrichtungen veranlasst sehen können, ohne sicher zu sein, dass sie die hiermit verbundenen personellen und finanziellen Folgelasten auf Dauer tragen können.135 Sie kann sich – wie die Schwangerenkonfliktberatung in Deutschland eindringlich gezeigt hat – aber auch darin zeigen, dass die staatlichen Zuwendungen die Kirchen zur Übernahme von Tätigkeiten anregen, die in Konflikt mit deren Glaubenslehre geraten. Überdies gelten die für die allgemeine staatliche Kirchenfinanzierung unter dem Aspekt der Sicherstellung beständiger und berechenbarer Finanzmittel vorgetragenen Bedenken auch hier.136 Im Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz hingegen ist gegen staatliche Finanzhilfen für die kirchliche Übernahme gemeinwohldienlicher Aufgaben wenig einzuwenden, dies umso weniger, als auch sonstige gesellschaftliche Institutionen, namentlich die Träger der Freien Wohlfahrtspflege, über die Möglichkeit verfügen, Kindergärten und ähnliche Einrichtungen – ebenfalls mit staatlicher Unterstützung – zu betreiben. Auch unter dem Aspekt der Lastengleichheit ergeben sich keine durchgreifenden Einwände, zumal den von allen Bürgern getragenen Zuschüssen gegenübersteht, dass auch die kirchlichen Leistungen ___________ 133

Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 97, dort auch zum Folgenden. Geradezu geboten erscheint ein solcher Ausgleich, solange und soweit der Staat auch sonstigen gesellschaftlichen Initiativen in den entsprechenden Aufgabenbereichen seine finanzielle Unterstützung gewährt; vgl. dazu auch Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 73. 135 So auch bereits Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 97. 136 Siehe hierzu vorstehend sub a). 134

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grundsätzlich allen Bürgern offen stehen. Vor dem hier skizzierten Hintergrund ist entsprechenden staatlichen Zuwendungen zu attestieren, dass sie zwar ebenfalls nicht frei von Gefahren für die Unabhängigkeit der Zuwendungsempfänger, im Übrigen aber prinzipiell durchaus geeignet sind, den oben umschriebenen Anforderungen jedenfalls in weit höherem Maße zu genügen als dies bei einer allgemeinen staatlichen Kirchenfinanzierung der Fall ist. Freilich sind sie von vornherein als eine nur ergänzende Form der Finanzierung ausgestaltet, die die anderweitige Finanzierung der kirchlichen bzw. religionsgemeinschaftlichen Organisation voraussetzt.

c) Finanzierung durch staatliche Kostenübernahme für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht Ähnlich stellt sich die Lage im Falle der staatlichen Kostenübernahme für die Anstaltsseelsorge und den Religionsunterricht dar. Ist es hier die Sicherstellung der positiven Religionsfreiheit, die die diesbezüglichen staatlichen Finanzhilfen legitimiert, so ergibt sich daraus, dass jedenfalls in einer auf Kooperation angelegten staatskirchenrechtlichen Ordnung deren verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit zu bejahen ist, was für Deutschland das Grundgesetz in seinen Art. 7 Abs. 3 GG sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 141 WRV unterstreicht. Auch die – bei allen Formen der staatlichen Kirchenfinanzierung virulente – Gefahr für die Unabhängigkeit der Zuwendungsempfänger ist im Vergleich mit einer allgemeinen staatlichen Kirchenfinanzierung geringer ausgeprägt, wenngleich existent. Aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Verbürgung genügen entsprechende staatliche Zuwendungen zudem in vergleichsweise hohem Maße dem Gebot einer berechenbaren und verlässlichen Finanzausstattung, auch wenn hier – wie stets – zu vergegenwärtigen ist, dass selbst derartige Sicherungen einen nur begrenzten Schutz vermitteln können. Hinsichtlich ihres Ausmaßes freilich können sie bereits angesichts ihrer Zweckbindung kein Instrument der allgemeinen Kirchenfinanzierung sein, so dass auch sie – ähnlich wie staatliche Finanzhilfen für die kirchliche Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben – stets nur ergänzender Natur sein können, also eine anderweitige allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften voraussetzen. Sofern auf ihre legitimierende Verwurzelung in der staatlichen Gewähr der Religionsfreiheit verwiesen wird, dürfte für staatliche Zuwendungen zur Anstaltsseelsorge und zum Religionsunterricht überdies – eine rationale Betrachtungsweise vorausgesetzt – ein vergleichbar hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz erreichbar sein, dies um so mehr, als auch unter dem Aspekt einer gerechten Beitragsbelastung keine durchgreifenden Einwände gegen diese Finanzierungsform zu erheben sind.

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d) Finanzierung durch historisch begründete Staatsleistungen Das Instrument der Kirchenfinanzierung durch historisch begründete Staatsleistungen ist in Deutschland gegenwärtig durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV verfassungsrechtlich gesichert. Denn vorläufig, also bis zur Verwirklichung des dort vorgesehenen Ablösungsauftrags, wirkt sich diese Bestimmung als „Status-Quo-Garantie auf Widerruf“ aus.137 Wie jede Form partieller oder umfassender Kirchenfinanzierung durch den Staat bergen auch historisch begründete Staatsleistungen indessen die Gefahr in sich, die Kirchen in Abhängigkeit vom Staat zu bringen. Freilich ist zuzugestehen, dass diese Gefahr im Vergleich etwa mit dem Instrument einer allgemeinen staatlichen Kirchenfinanzierung reduziert ist, da sich die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 GG enthaltene Verfassungsgarantie für den Staat als Verbot auswirkt, die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung von kirchlichem Wohlverhalten abhängig zu machen und dies entsprechend zu sanktionieren.138 Zudem nehmen historisch begründete Staatsleistungen einen Umfang ein, der den Kirchen in Deutschland erhebliche Einnahmen gewährt. Unter dem Aspekt einer ausreichenden Finanzausstattung kommt ihnen daher erhebliche Bedeutung zu. Inwiefern diese Finanzierungsquelle freilich zugleich berechenbar und verlässlich auch in der Zukunft „sprudeln“ wird, ist angesichts des grundgesetzlichen Ablösungsauftrags durchaus ungewiss. Rückblickend auf eine nunmehr seit vielen Jahrzehnten andauernde Verweigerung des Staates, durch Erlass eines Ablösungsgrundsätzegesetzes die Vorbedingung für eine Ablösung zu schaffen, mag sich das ursprünglich als provisorisch angelegte Instrument zwar in den Augen der Kirchen und Religionsgemeinschaften als dauerhaft erwiesen haben – ob dies auch zukünftig, insbesondere unter veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ebenfalls der Fall sein wird, darf indes bezweifelt werden, erst recht im Lichte des verfassungsrechtlich unverändert fortbestehenden Ablösungsauftrages. Dieser nämlich trägt zu einer gesellschaftlichen Wahrnehmung bei, in der Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs.1 WRV zwar gegenwartsbezogene Legalisierungswirkung, weit weniger indessen zukunftsbezogene Legitimierungswirkung zu entfalten vermag. Damit eng verbunden ist der Befund, dass gegen Staatsleistungen als Instrument der Kirchenfinanzierung unter dem Aspekt gesellschaftlicher Akzeptanz weitreichende Bedenken bestehen und sie bis in die Gegenwart immer wieder von einzelnen Kirchenkritikern oder entsprechenden Institutionen in Frage gestellt werden.139 Gerade weil es sich bei ihnen um staatliche Leistungen handelt, die auf historischen Rechtstiteln beru___________ 137

Isensee, Staatsleistungen (Fn. 41), S. 1043 ff., v.a. 1048 ff. Ebd., S. 1049. 139 Stellvertretend hierfür etwa Horst Herrmann, Die Kirche und unser Geld: Daten, Tatsachen, Hintergründe, 1990, passim; Carsten Frerk, Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland, 2002, passim. 138

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hen, werden die Kirchen und Religionsgemeinschaften hier erfahrungsgemäß vor größten Vermittlungsproblemen stehen – und je älter diese Titel sind, um so schwieriger dürfte es sein, gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit deren Herkunft und Berechtigung darzustellen.140 Auch wenn das Alter eines solchen Rechtstitels keinen durchgreifenden Einwand gegen dessen Gültigkeit bilden kann, besteht daher doch die akute Gefahr, dass sich diese Finanzierungsform in erheblichem Ausmaß negativ auf die öffentliche Glaubwürdigkeit der staatsleistungsberechtigten Kirchen auswirkt, was wiederum negative Begleiterscheinungen für die Verwirklichung deren geistlichen Auftrags mit sich bringen kann. Diese Legitimationsprobleme werden aus Sicht der Öffentlichkeit auch nicht dadurch überwunden, dass es nicht die Kirchen sind, an denen eine Ablösung gegenwärtig scheitert, sondern dass hierfür die Untätigkeit des staatlichen Gesetzgebers verantwortlich ist: Dass die Kirchen zwar einen Anspruch auf Ablösungsleistung haben, nicht aber auf Vollzug der Ablösung,141 wird insofern in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Das führt dazu, dass gegen dieses Finanzierungsinstrument – selbst unter der Prämisse, dass im Hinblick auf das Gebot der Lastengleichheit weitere Bedenken nicht hinzutreten – wegen der damit verbundenen Gefahr gesellschaftlicher Fehlwahrnehmung gerade aus Sicht der Kirchen und Religionsgemeinschaften gewichtige Einwände bestehen.

e) Ergänzende Finanzierungsinstrumente: Staatliche Förderung durch Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen Gegen eine staatliche Förderung durch Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen – die freilich keine eigentliche Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu bewirken vermögen – bestehen keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken, sofern sie gleichheitsgerecht gewährt werden. Als Form staatlicher Unterstützung begegnen sie freilich unter dem Aspekt kirchlicher Unabhängigkeit wie auch im Lichte des Erfordernisses einer verlässlichen Finanzausstattung den grundsätzlichen Bedenken, mit denen derartige staatliche Fördermaßnahmen – wie bereits skizziert – stets verbunden sein werden. Ohnehin können sie zudem bereits von ihrem Umfang her eine ausreichende Finanzausstattung der Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht bewirken, sondern eine solche nur unterstützen und ergänzen. Die gesellschaftliche Akzeptanz entsprechender steuerlicher Privilegien wird weithin von ihrer Ausgestaltung und ihrer gleichheitsgerechten Gewährung abhängen, aber nicht ___________ 140

Isensee, Staatsleistungen (Fn. 41), S. 1012 ff., v.a. 1014. Vgl. dazu bereits Werner Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948, S. 50. 141

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als selbstverständlich vorausgesetzt werden können. Unter dem Aspekt der Lastengleichheit bestehen gegen sie keine durchgreifenden Einwände.

f) Finanzierung durch eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer Im Hinblick auf eine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer dürfte unter dem Aspekt der verfassungsrechtlichen Statthaftigkeit zunächst eindeutig sein, dass die Einführung einer solchen Form der Kirchenfinanzierung – falls durch sie die Kirchensteuer abgeschafft würde – in Deutschland einer Verfassungsänderung bedürfte.142 Doch auch darüber hinaus werden gegen diese Finanzierungsform im Schrifttum gravierende verfassungsrechtliche Einwände erhoben. So wird nicht nur die Frage aufgeworfen, ob ein Zuweisungsrecht der Steuerpflichtigen grundgesetzlich statthaft wäre, sondern überdies angezweifelt, ob auch im Falle des Verzichts auf die Wahrnehmung des Zweckbindungsrechts durch den Steuerpflichtigen eine Aufteilungsregelung italienischer Provenienz verfassungskonform wäre.143 Daneben erheben sich weitere Zweifel unter dem Aspekt der übrigen Beurteilungskriterien. So bringt das Modell einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer die Kirchen und Religionsgemeinschaften zumindest in die Gefahr einer freiheitsschmälernden Abhängigkeit vom Staat, da diesem das Bestimmungsrecht über diese Geldquelle – insbesondere über ihre Erhebung und ihre Höhe – zukommt.144 Das wird bereits daran deutlich, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften in diesem System dem Staat im Hinblick auf die Verwendung der Mittel rechenschaftspflichtig sind.145 Diese Abhängigkeit kann zunächst zu einem goldenen Zügel, also zu faktisch freiheitsbeschränkenden Formen staatlicher Einflussnahme führen, ist aber auch im Hinblick auf die Berechenbarkeit sowie die Sicherstellung ausreichender Finanzmittel nicht unbedenklich, da die Bestimmungsgewalt über Erhebung wie Höhe eben nicht bei den Religionsgemeinschaften liegt. Das Beispiel Spaniens belegt, dass dies unter Umständen dazu führen kann, dass die Einnahmen bei weitem nicht ausreichen, um eine angemessene kirchliche Finanzausstattung sicherzustellen. Überdies sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften jährlich neuen und nicht unerheblichen Unsicherheiten über die Höhe der Zuwendungen ausgesetzt, da die Bürger bei der Zuteilung des von ihnen zu entrichtenden Einkommensteueranteils ggf. von Jahr zu Jahr unterschiedlich entscheiden werden, je___________ 142

Wie hier auch Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 39. Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 115 ff.; insgesamt skeptisch auch Hense, Grundlinien (Fn. 74), S. 249. Darstellend Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 37. 144 So zu Recht Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 39. 145 Rees, Kirchenfinanzierung (Fn. 123), S. 109 f. 143

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denfalls von Jahr zu Jahr unterschiedlich entscheiden können. Das dürfte einer langfristigen Finanz- und Vorhabensplanung der Kirchen und Religionsgemeinschaften abträglich sein und verdeutlicht zudem, dass diese Finanzierungsform den Kirchen letztlich das Recht nimmt, ihre Mitglieder zu besteuern und die Höhe dieser Kirchensteuer am Bedarf der seelsorglichen und kirchlichen Aufgaben zu orientieren.146 Zudem mangelt es einer solchen Art der Kirchenfinanzierung aufgrund der fehlenden mitgliedschaftlichen Komponente und der ebenso fehlenden dauerhaften Verbindlichkeit der Zuwendung an der Sicherung der Gleichbehandlung der Kirchenmitglieder. Sie genügt also insofern dem Gebot der Lastengleichheit nicht.147 Wenn trotz dieser Bedenken das Instrument einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer weithin als eine ernstzunehmende Alternative für die Kirchenfinanzierung wahrgenommen wird, so gründet dies in dem Umstand, dass für sie jedenfalls prima facie der Aspekt der gesellschaftlichen Akzeptanz und der unbeschädigten Erhaltung des religiösen bzw. pastoralen Auftrags der Kirchen und Religionsgemeinschaften streitet – was bereits vor über einem Jahrzehnt der heutige Papst Benedikt XVI. unter Hinweis auf den Umstand hervorgehoben hat, dass aufgrund der mit einer solchen Finanzierungsform verbundenen Entscheidungsmacht des Einzelnen über den Zuwendungsempfänger die Freiwilligkeit der Leistung der Gläubigen besonders betont wird.148 Allerdings lässt sich dem entgegenhalten, dass die vielfach betonte Freiwilligkeit dieses Modells bei Lichte betrachtet weitaus geringer ausgeprägt ist als etwa bei der Kirchensteuer: Denn während man sich der Kirchensteuerzahlung noch durch Austritt aus der betreffenden Kirche bzw. Religionsgemeinschaft entziehen kann, vermag der Einkommensteuer letztlich niemand zu entgehen. Daher lässt sich argumentieren, dass im Vordergrund einer Teilzweckbindung der Einkommensteuer mehr Zwang, nicht aber mehr Freiwilligkeit steht149 Zudem wird geltend gemacht, dass diese Art der Finanzierung insofern auf Akzeptanzprobleme treffen kann, als sie eine verdeckte Form der staatlichen Kirchensubventionierung darstellt, da der Staat bei ihr zugunsten der Religionsgemeinschaften auf einen Teil einer ansonsten ihm zustehenden Steuer verzichtet.150 Schließlich ist auf eine mit der Teilzweckbindung der Einkommensteuer verbundene Gefahr für das religiöse und pastorale Wirken der Religionsgemeinschaften hinzuwei___________ 146

Vgl. Norbert Feldhoff, Kirchensteuer – ohne gleichwertige Alternative (Kirche und Gesellschaft Nr. 238), 1997, S. 4. 147 Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 38; vgl. auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 117. 148 Joseph Ratzinger – Benedikt XVI., Salz der Erde, 1996, Neudruck 2005, S. 167. 149 Feldhoff, Kirchensteuer (Fn. 85), S. 22 f. 150 Vgl. Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 38. Zum Modell der Finanzierung durch staatliche Zuwendungen rechnet den in Spanien und Italien geltenden Finanzierungsmechanismus daher Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 540.

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sen. Diese würde sich dann realisieren, wenn sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften im Wettbewerb mit anderen (karitativen und gemeinnützigen) Organisationen um die Zuordnung des Steueraufkommens gezwungen sähen, sich selbst auf ein öffentlichkeitswirksames Erscheinungsbild festzulegen sowie die Ziele und Inhalte ihres Wirkens an den Steuerzahlern auszurichten.151 Letzteres könnte zu einer Abwertung ihres Eintretens für ihre eigentliche religiöse Botschaft und ihr geistliches Wirken führen, wenn sich angesichts einer allgemeinen Tendenz zur Entchristlichung in Europa und dem Vordringen eines laizistischen Staatsverständnisses herausstellen sollte, dass die religiöse Kernbotschaft nicht so öffentlichkeitswirksam wie weltliche Anliegen konkurrierender Organisationen zu vertreten sind. Deshalb wird der Teilzweckbindung der Einkommensteuer vielfach attestiert, dass sie zu einer Zurückdrängung des religiösen Auftrags der Religionsgemeinschaften und stattdessen zu einer Betonung ihres karitativen Handelns führen wird: „Eine fatale Folge für die Kirche, die nach ihrem Selbstverständnis die Botschaft Gottes verkünden will und die karitative Betätigung als Folge ihres Dienstes am Menschen ansieht, nicht jedoch als Hauptzweck“. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften „würden sich damit zu einer – bildhaft gesprochen – Caritas (bzw. Diakonischem Werk) mit religiösem Anhang entwickeln“.152

g) Finanzierung durch die Kirchensteuer: Erleichterte Selbstfinanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften Im Hinblick auf die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch die in Deutschland verfassungsexplizit ermöglichte Kirchensteuer erweist sich zunächst, dass eine solche Steuer uneingeschränkt mit den Leitprinzipien des grundgesetzlichen Staatskirchenrechts vereinbar ist.153 Insbesondere liegt in ihr keine systemwidrige Privilegierung der christlichen Kirchen, was namentlich dann besonders deutlich wird, wenn man sich vor Augen hält, dass der für die Steuererhebung als Voraussetzung fungierende Körperschaftsstatus154 grund___________ 151

Wie hier auch Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 39. Stefan Hillebrecht, Kirchensteuern aus Marketing-Sicht, in: Ockenfels / Kettern, Streitfall (Fn. 3), S. 213 ff. (222); Feldhoff, Kirchensteuer (Fn. 85), S. 22 f. 153 So i. E. auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 155 ff., 204 ff.; Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 17 ff. u. 29; Grünewald, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 131 ff.; MüllerFranken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 37 f. 154 Allerdings gründet die Befugnis zur Kirchensteuererhebung nicht unmittelbar in der Gewährleistung des Körperschaftsstatus gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV, sondern in der Bestimmung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV. Vgl. dazu Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 19. 152

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sätzlich – bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen – auch von anderen Religionsgemeinschaften erlangt werden kann.155 Zudem erfüllt sie durch ihre Anknüpfung an die Lohn- bzw. Einkommensteuer das Gebot einer gerechten Beitragsbelastung der jeweiligen Glaubensangehörigen,156 auch wenn nicht zu verkennen ist, dass diese Abhängigkeit von der Einkommensteuer als Maßstabsteuer im Einzelfall Probleme aufwirft, die unter dem Begriff der „Annexsteuerfalle“ diskutiert werden.157 Vor allem aber – und das dürfte von entscheidender Bedeutung sein – gewährleistet die Kirchensteuer in geradezu vorbildlicher Weise das Gebot größtmöglicher Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften, da die Entscheidung über ihre Erhebung wie auch ihre Höhe ihnen selbst zusteht.158 Aufgrund dieser eigenen Entscheidungsmacht sind sie in einem hohen Maße frei gegenüber staatlichen Beeinflussungen.159 Auch gewährleistet diese Finanzierungsform den Kirchen und Religionsgemeinschaften ausreichende Finanzmittel mit der erforderlichen Beständigkeit und Berechenbarkeit. Vor diesem Hintergrund sind für die Kirchensteuer eine Vielzahl gewichtiger Vorteile geltend zu machen, die für diese Form der Kirchenfinanzierung sprechen. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Kirchensteuer gesell___________ 155

Dazu bereits Arnd Uhle, Staat – Kirche – Kultur, 2004, S. 139 ff., v.a. 143 und 146. Zu den Voraussetzungen für die Erlangung des Körperschaftsstatus BVerfGE 102, 370; dazu stellvertretend aus dem Schrifttum Christian Hillgruber, Der Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, NVwZ 2001, S. 1347 ff.; Stefan Muckel, Körperschaftsrechte für die Zeugen Jehovas?, Jura 2001, S. 456 ff.; Arnd Uhle, Ein „rätselhafter Ehrentitel“? – Die dogmatischen Konturen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV und die Zukunftsfähigkeit des deutschen Staatskirchenrechts, in: Otto Depenheuer / Markus Heintzen / Matthias Jestaedt / Peter Axer (Hrsg.), Festschrift für Josef Isensee, 2007, S. 1033 ff. (zu den Verleihungsvoraussetzungen S. 1045 ff., 1050 ff. u. 1055 f.). 156 Dazu Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1132 f.; zur Anknüpfung der Kirchensteuer an die Einkommensteuer und die daraus folgende Besteuerung der individuellen Leistungsfähigkeit Kirchhof, Einkommensteuer (Fn. 80), S. 27, 28 f.; vgl. auch Schlief, Zukunft (Fn. 80), S. 815 f.; Grünewald, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 141 f.; wie hier auch Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 343 ff., hier v. a. 353 ff.; Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 37. 157 Jörg Giloy, Neukonzeption einer Kirchensteuer vom Einkommen, DStZ 1999, S. 472 ff. (473 f., 479); Ferdinand Kirchhof, Verwerfungen der Kirchenzuschlagsteuern wegen des Maßstabs der Einkommensteuer, in: Karl-Hermann Kästner / Knut Wolfgang Nörr / Klaus Schlaich (Hrsg.), Festschrift für Martin Heckel, 1999, S. 373 ff.; vgl. auch ders., Einkommensteuer (Fn. 80), insbes. S. 32 f.; Schlief, Zukunft (Fn. 80), S. 816 f.; vgl. ferner Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht (Fn. 74), S. 1131 ff. 158 Zur Kirchensteuer als Instrument der Verwirklichung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts vgl. stellvertretend Axel von Campenhausen / Peter Unruh, in: Hermann von Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck (Hrsg.), GG, Bd. III, 20106, Art. 137 WRV Rn. 249; die Gewährleistung kirchlicher Unabhängigkeit durch die Kirchensteuer betont zu Recht auch Isensee, Finanzquellen (Fn. 77), S. 100. 159 Vgl. auch Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 37 u. 39.

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schaftlichen Anfechtungen ausgesetzt ist. Diese beziehen sich einerseits auf das mit ihr verbundene Zusammenwirken von Staat und Kirche,160 andererseits auf die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer, die zu einer verdeckten Subventionierung durch den Staat führen soll und zudem die Angabe der Konfession auf der Lohnsteuerkarte erfordert.161 Diese Kritik vermag indessen nicht zu überzeugen. Denn im Hinblick auf den erstgenannten Kritikpunkt ist festzuhalten, dass es ein laizistisches, alles Religiöse pauschal abzuwehren suchendes Missverständnis ist, dass jede Form des Zusammenwirkens von Staat und Religionsgemeinschaften die institutionelle Trennung zwischen beiden Potenzen missachte. Deshalb sind Einwände gegen das Zusammenwirken von Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften auf dem Felde der Kirchensteuer – wie dargestellt – verfassungsrechtlich unbegründet; zudem ist, wie zuletzt der EGMR bestätigt hat, namentlich die Konfessionsangabe auf der Lohnsteuerkarte auch sub specie Art. 9 EMRK unproblematisch.162 Auch Bedenken, die unter dem Aspekt der Abzugsfähigkeit gegen die Kirchensteuer geltend gemacht werden, vermögen nicht zu überzeugen, da die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht nur ein Charakteristikum der Kirchensteuer ist, sondern in gleichem Maße auch für die Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Institutionen gilt. Im Übrigen haben demoskopische Untersuchungen wiederholt belegt, dass die Kirchensteuer zwar von einigen – meist kirchen- bzw. religionsfernen – gesellschaftlichen Gruppierungen öffentlichkeitswirksam kritisiert wird, dass sie jedoch von den Mitgliedern der kirchensteuererhebungsberechtigten Kirchen und Religionsgemeinschaften überwiegend durchaus als erforderlich und sinnvoll anerkannt wird. Die Kirchensteuer wird hiernach regelmäßig erst dann als unzumutbare Belastung empfunden, wenn „ihr kein Äquivalent, kein subjektiv nachvollziehbarer Sinn mehr gegenübersteht“. In der Regel wird sie daher erst für denjenigen „zum zentralen Entscheidungskriterium“, der „zur Kirche keinen Kontakt mehr hat, am religiösen Leben nicht mehr teilnimmt und dem Glauben keine existentielle Bedeutung beimisst“.163 Angesichts dessen greifen die unter dem Aspekt gesellschaftlicher Akzeptanz gegen die Kirchensteuer geltend ___________ 160

Vgl. etwa die Polemik von Christian Sailer, Die staatliche Finanzierung der Kirchen und das Grundgesetz, ZRP 2001, S. 80 ff.; vgl. auch Markus Kleine, Institutionalisierte Verfassungswidrigkeiten im Verhältnis von Staat und Kirche unter dem Grundgesetz, 1993, S. 212 ff., der sich erfolglos bemüht, die verfassungsrechtliche Regelung über die Kirchensteuer als verfassungswidriges Verfassungsrecht darzustellen. Siehe auch die Darstellung der gegen die Kirchensteuer erhobenen Einwände bei Feldhoff, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 9 ff. und 49 ff.; Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 14 f.; Schlief, Zukunft (Fn. 80), S. 810 ff. 161 Vgl. die zusammenfassende Darstellung in Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 14 f. 162 EGMR, Entsch. v. 17.2.2011 – 12884/03 – Wasmuth / Deutschland, abgedruckt u. a. in NVwZ 2011, S. 1503. 163 Renate Köcher, Kirchenaustritte und Kirchensteuer, in: Ockenfels / Kettern, Streitfall (Fn. 3), S. 13 ff. (22).

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gemachten Einwände letztlich nicht durch. Das gilt um so mehr, als für die Akzeptanzfähigkeit der Kirchensteuer spricht, dass sie – anders als etwa eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer – nur von den Angehörigen der jeweiligen Kirche bzw. Religionsgemeinschaft erhoben wird, es sich bei ihr also um eine an die Mitgliedschaft gebundene Finanzierungsform handelt,164 die es erlaubt, sie als eine (wegen der staatlichen Hilfe bei ihrer Einziehung) erleichterte Selbstfinanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften anzusehen.

h) Finanzierung durch ein Kirchenbeitragssystem Die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch ein Kirchenbeitragssystem lässt sich mit den staatskirchenrechtlichen Leitprinzipien des Grundgesetzes vereinbaren. Überdies ist sie aufgrund der Unabhängigkeit der kirchlichen Finanzierung von der staatlichen Finanzverwaltung auch in einem hohen Maße geeignet, die innere Freiheit und Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu gewährleisten. Bedenken ergeben sich indessen unter dem Aspekt einer ausreichenden Finanzausstattung. So bleibt nach einer neueren Untersuchung das Aufkommen aus den Kirchenbeiträgen nicht unerheblich hinter dem anderer Finanzierungsformen – namentlich dem der Kirchensteuer – zurück. Überdies erfordern Beitragseinziehung und -verwaltung rund 10-15 % des Beitragsaufkommens.165 Vor diesem Hintergrund würde eine Übertragung des Kirchenbeitragssystems auf Deutschland dazu führen, dass sich die Kirchen wohl aus einer Vielzahl sozialer und karitativer Arbeiten zurückziehen müssten – eine gravierende Begleiterscheinung dieses Finanzierungsmodells, die jedenfalls insofern als nachteilig erscheinen muss, als den Kirchen hier ein von ihnen als bedeutsam beurteiltes Tätigkeitsfeld aus finanziellen Gründen entwunden wird.166 Positiver schneidet das Kirchenbeitragssystem demgegenüber unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Akzeptanz ab. Freilich dürfte diese Akzeptanz im Wesentlichen mit der der Kirchensteuer vergleichbar sein. So scheint zwar das Kirchenbeitragssystem in Österreich heute in einem vergleichsweise hohen Maße gesellschaftlich gebilligt zu sein, doch dürfte fraglich sein, inwiefern dieser Befund auf andere Länder übertragbar ist, da im Falle Österreichs diese Akzeptanz nicht unerheblich durch den dortigen spezifischen Entstehungszusammenhang des Kirchenbeitragssystems befördert worden sein dürfte.167 Zudem dürften jene, die an der steuerlichen ___________ 164

Dazu Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 19 f. So für Österreich Rees, Formen (Fn. 12), S. 27. 166 Vgl. Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 118 und 120. 167 Zutreffend so wiederum ebd., S. 120. 165

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Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer Anstoß nehmen, auch Bedenken gegen das Kirchenbeitragssystem erheben, da die Kirchenbeitragszahlungen im Rahmen der Einkommensteuer in einem begrenzten Umfang abzugsfähig sind.168 Auch dürfte es nur schwerlich dem Erscheinungsbild der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Öffentlichkeit entsprechen, gegen ihre Mitglieder bei Säumigkeit mit staatlichen Gerichten und Vollstreckungsorganen vorzugehen, weshalb dieses Modell zwar aufgrund der vollumfänglichen Privatisierung gesellschaftlich für akzeptanzfähig gehalten werden mag, jedoch trotzdem negative Rückwirkungen für das pastorale Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht auszuschließen sind.169 Erhebliche Bedenken gegen das Kirchenbeitragssystem ergeben sich schließlich unter dem Aspekt der Lastengleichheit. Denn im System des Kirchenbeitrags erhalten die Kirchen keinen Einblick in die staatlichen Steuerlisten, weshalb es ihnen an einer zuverlässigen Grundlage für eine gleichmäßige und damit gerechte Beitragsbemessung fehlt.170 Das wiederum wird sich auf die Akzeptanz der Kirchenmitglieder erheblich nachteilig auswirken.

i) Finanzierung durch ein System freiwilliger Spenden, Kollekten und Beiträge sowie durch Gebühren für Dienste der Kirchen und Religionsgemeinschaften Auch wenn gegen eine Finanzierung durch ein System freiwilliger Spenden, Kollekten und Beiträge sowie durch Gebühren für Dienste der Kirchen und Religionsgemeinschaften ersichtlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben sind, sprechen gegen dieses Finanzierungsinstrument – sofern es als alleinige Finanzierungsquelle und nicht nur als Form der ergänzenden Kirchenfinanzierung konzipiert wird – doch erhebliche Einwände.171 So erscheint ein solches System bereits als ungeeignet, den Kirchen und Religionsgemeinschaften mit der erforderlichen Berechenbarkeit und Beständigkeit jene hinreichenden finanziellen Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, deren ein kirchliches Wirken bedarf. Das kann die Versuchung befördern, ungeprüft auch Spenden aus zweifelhafter Herkunft anzunehmen, was sich im Lichte der Öffentlichkeit ___________ 168 Hierzu Peter Leisching, Die finanziellen Beziehungen von Kirche und Staat in Österreich aus rechtlicher Sicht, in: Rinderer, Aspekte (Fn. 92), S. 73 ff. (86). 169 Joseph Listl, Artikel „Kirchenbeitrag“, in: Alfred Klose / Wolfgang Mantl / Valentin Zsifkovits (Hrsg.), Römisch-katholisches Soziallexikon, 19802, Sp. 1383 ff. (1385). 170 Listl, Artikel (Fn. 169), Sp. 1385; Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 38. 171 Zu den Spenden- und Kollektensystemen, wie sie etwa in den USA, ferner in Frankreich, Portugal, Großbritannien, Irland und den Niederlanden bestehen, eingehend Marré, Kirchenfinanzierung (Fn. 1), S. 23 ff.

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dann wiederum negativ auf den geistlichen Auftrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften auswirken wird.172 Indessen resultieren Bedenken nicht nur aus dem Kriterium einer berechenbaren und ausreichenden Finanzausstattung, sondern auch aus dem Ziel, die Unabhängigkeit der Zuwendungsempfänger zu wahren. Denn ein solches System wird – was bereits im Rahmen der Beratungen zur Weimarer Reichsverfassung erkannt und artikuliert worden ist173 – die Kirchen und Religionsgemeinschaften zwangsläufig in Abhängigkeit von Großspendern bringen. Eine solche Abhängigkeit wiederum gefährdet die kirchliche Freiheit, da es die finanzkräftigen Kirchenmitglieder sind, die in einer solchen Lage durch ihre Unterstützung kirchlicher Aktivitäten oder deren Verweigerung einen maßgeblichen Einfluss auf das kirchliche Handeln gewinnen, zumindest gewinnen können.174 Das wird nicht nur zu erheblichen Akzeptanzproblemen bei der Mehrheit der Gläubigen führen, soweit sich diese um einen gerechten und gleichen Einfluss auf das Wirken ihrer Kirche bzw. Religionsgemeinschaft gebracht sehen werden, sondern unter Umständen auch dazu führen, dass sich ärmere Bevölkerungsschichten von der Kirche entfremden werden. Dies dürfte umso mehr gelten, als entsprechende Schichten die in einem solchen System vorgesehenen Gebühren für kirchliche Dienste – die ohnehin mit der Gefahr einhergehen, den geistlichen Auftrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu beschädigen – nicht aufzubringen vermögen.175 Darüber hinaus wird ein Spenden-, Kollekten- und Beitragssystem schließlich auch das Ziel einer gerechten Lastenverteilung bei der Kirchenfinanzierung verfehlen.176 Das beruht auf dem Umstand, dass ein derartiges System nicht sicherzustellen vermag, dass jeder Gläubige – entsprechend seiner Leistungsfähigkeit – auch tatsächlich seinen Beitrag zur Finanzierung leistet. Daher besteht hier die Gefahr, dass letztlich ein Teil der Mitglieder die Finanzierungslasten trägt, während sich der übrige Teil der Mitglieder der Erbringung ihres Beitrages entzieht.

___________ 172

Unter diesem Aspekt auch Paul Kirchhof, Der Auftrag der Kirchen und ihre Finanzierung, Lebendige Seelsorge 2002, S. 172 ff. (175 f.); Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 80. 173 Vgl. hierzu den Abg. Max Quarck, in: Bericht und Protokolle des Achten Ausschusses über den Entwurf einer Verfassung des Deutschen Reichs, 20. Sitzung vom 2. April 1919, S. 199. 174 Dies ist weithin anerkannt; stellvertretend so etwa Haering, Kirchensteuer (Fn. 55), S. 25. 175 Vgl. dazu Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 108 f. 176 Paul Kirchhof, Die Kirchensteuer in der Entwicklung des staatlichen Steuerrechts, in: Muckel, Kirche und Religion (Fn. 74), S. 443 ff. (447); Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 38.

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j) Finanzierung durch Vermögenserträge Eine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch Vermögenserträge begegnet keinerlei verfassungsrechtlichen Einwänden. Vielmehr muss eine solche Finanzierungsform zunächst unter den Aspekten der Wahrung geistlicher Unabhängigkeit und der Sicherung einer berechenbaren bzw. ausreichenden Finanzausstattung als geradezu ideal erscheinen. Allerdings ist sie angesichts des für eine solche Finanzierung erforderlichen Kapitalstocks – dessen Umfang erheblich sein muss, wenn dieser dauerhaft zur Deckung der kirchlichen Ausgaben dienen soll, ohne selbst aufgezehrt zu werden – außerordentlich schwierig zu realisieren. Das dürfte insbesondere für kleinere und jüngere Religionsgemeinschaften gelten. Zudem dürfte sich die Frage stellen, ob und wie eine Sicherung des Vermögensbestandes auch in Zeiten (welt-)wirtschaftlicher Krisen dauerhaft sichergestellt werden kann. Immerhin scheinen auf den ersten Blick gegen eine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch Vermögenserträge keinerlei Bedenken unter dem Aspekt gesellschaftlicher Akzeptanz zu bestehen. Ein zweiter Blick freilich zeigt auch hier, dass die Lage derart einfach nicht ist. So kann auch eine kirchliche Eigenfinanzierung aus Vermögenserträgen im Hinblick auf die erforderliche Dimension des Kapitalstocks problematische Rückwirkungen auf den geistlichen Auftrag zeitigen, sofern es für die betreffenden Kirchen und Religionsgemeinschaften zu einer gesellschaftlichen Konfrontation mit ihrem Vermögensbestand kommt und für sie hieraus kritische Fragen hinsichtlich der Legitimation ihres vermeintlichen „Reichtums“ resultieren.177 Zusätzliche Gefahren für den religiösen Auftrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften bestehen insofern, als die Vermögensverwaltung die Tendenz zur Verweltlichung in sich birgt, die ihrerseits zu Erschütterungen der kirchlichen Glaubwürdigkeit führen kann. Letzteres gilt namentlich dort, wo die Vermögensverwaltung zu Fehlwirtschaft führt. Demgegenüber liegt es in der Eigenart der Finanzierung aus Vermögenserträgen begründet, dass Bedenken unter dem Aspekt der Lastengleichheit gegen diese Finanzierungsform nicht bestehen.

V. Gesamtbewertung und Ausblick Aufgrund der vorstehenden Einzelanalysen ist festzuhalten, dass die jeweiligen Finanzierungsmodelle differenziert zu betrachten sind und unterschiedliche Stärken bzw. Schwächen aufweisen. Sprechen gegen eine allgemeine Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Staatshaushalt durch___________ 177 Kleindienst / Binder, Finanzwesen (Fn. 123), S. 201; Hammer, Kirchenfinanzierung (Fn. 2), S. 80.

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greifende Bedenken und werden hinsichtlich historisch begründeter Staatsleistungen gerade die begünstigten Kirchen selbst ein erhebliches Interesse an einer angemessenen Ablösung haben, ist die Lage sowohl im Hinblick auf zweckgebundene staatliche Zuwendungen für die kirchliche Wahrnehmung gemeinwohldienlicher Aufgaben als auch für die staatliche Kostenübernahme für Anstaltsseelsorge und Religionsunterricht eine andere. Das gilt vor allem hinsichtlich des Ausmaßes gesellschaftlicher Akzeptanz, das sie zu erzielen vermögen. Allerdings stellen beide Formen der staatlichen Unterstützung, ähnlich wie staatliche Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen, von vornherein nur eine ergänzende Form der Finanzierung dar. Letzteres gilt für die Teilzweckbindung der Einkommensteuer, die Kirchensteuer und das Kirchenbeitragssystem nicht, da diese drei Instrumente Finanzierungsformen darstellen, die den Kirchen und Religionsgemeinschaften jeweils eine Haupteinnahmequelle erschließen. Indessen ist eine Teilzweckbindung der Einkommensteuer, von der zum Teil eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz finanzieller Leistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften erwartet wird, mit gewichtigen Nachteilen verbunden. Diese reichen von einer doppelten kirchlichen Abhängigkeit – gegenüber dem Staat wie auch gegenüber den Steuerpflichtigen – bis hin zu der Gefahr negativer Rückwirkungen für das eigentlich religiöse Wirken der Religionsgemeinschaften, die in der Konkurrenz mit anderen Institutionen um die jährlichen Steuerzuweisungen wurzelt. Hinzu kommt, dass diese Form der staatlichen Kirchenfinanzierung nicht in der Lage ist, den Kirchen und Religionsgemeinschaften eine lang- oder auch nur mittelfristige Finanz- und Vorhabensplanung zu ermöglichen und überdies auch nicht geeignet ist, eine gleichmäßige finanzielle Lastenverteilung zwischen den Angehörigen einer Kirche bzw. einer Religionsgemeinschaft sicherzustellen. Deshalb erscheint es verfehlt, in der Kultursteuer kritiklos ein „Modell für die Kirchenfinanzierung im Europa der Zukunft“ erblicken zu wollen.178 Bei Lichte betrachtet stellt sich vielmehr auch diese Finanzierungsform kaum als jene optimale Regelung der Kirchenfinanzierung dar, die den oben skizzierten Bewertungskriterien am weitestgehenden entsprechen würde.179 Erhebliche Schwächen weist auch das Kirchenbeitragssystem auf. Das gilt namentlich unter dem Aspekt der Gewähr der finanziellen Leistungsfähigkeit. Seine umstandslose Übertragung auf Deutschland würde demgemäß wohl mit einem kirchlichen Rückzug aus vielfältigen sozialen und karitativen Tätigkeiten einhergehen. Bedenken gegen das Kirchenbeitragssystem resultieren ferner aus ___________ 178

So indessen Hermann Weber, Kirchenfinanzierung im religionsneutralen Staat, NVwZ 2002, S. 1443 ff. (1454). 179 So i.E. auch Feldhoff, Kirchensteuer – ohne gleichwertige Alternative (Fn. 146), S. 3 ff., 5 ff.; Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 117; Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 39.

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dem Umstand, dass es nicht geeignet ist, die Beitragsbelastung unter den Kirchenmitgliedern gerecht zu verteilen, da eine zuverlässige Grundlage für eine gleichmäßige Beitragsbemessung fehlt. Vor diesem Hintergrund treten die Vorzüge der Kirchensteuer – die hier als eine erleichterte Selbstfinanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften verstanden wird180 – in den Vordergrund, denn diese erfüllt nicht nur das Gebot verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit, sondern ermöglicht auch eine weitestgehende Unabhängigkeit der steuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften. Zudem vermag sie die Berechenbarkeit der Kirchenfinanzierung und ein auskömmliches Maß der zur Verfügung stehenden Finanzmittel zu gewährleisten. Ferner ist sie geeignet, im Vergleich mit anderen Finanzierungsformen gerade bei den zahlungsverpflichteten Kirchenmitgliedern ein durchaus beachtliches Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz zu erzielen und genügt überdies auch dem Gebot der Lastengleichheit. Auch wenn die Aufgabe bleibt, ihre gesellschaftliche Akzeptanz – für die durchgreifende sachliche Gründe bestehen – stets von Neuem zu gewinnen, ist es daher die Kirchensteuer, die sich unter diesen drei Modellen für die Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als die am besten geeignete Finanzierungsform empfiehlt. Deutlich überlegen ist die Kirchensteuer auch einem um Gebühren für kirchliche Dienstleistungen ergänzten System freiwilliger Spenden, Kollekten und Beiträge, sofern dieses nicht als ergänzende Form der Kirchenfinanzierung, sondern als Hauptfinanzierungsquelle konzipiert wird. So sprechen gegen eine solche Finanzierungsform die Kriterien der Unabhängigkeit der Zuwendungsempfänger, der Sicherstellung einer berechenbaren und ausreichenden Finanzausstattung, der Vermeidung finanzierungsbedingter Kollateralschäden für den geistlichen Auftrag. Einwände ergeben sich ferner auch unter dem Aspekt einer gerechten Lastenverteilung. Eine Finanzierung durch Vermögenserträge schließlich begegnet dem Einwand, dass der hierfür erforderliche Kapitalstock namentlich im Falle neuerer und kleinerer Religionsgemeinschaften kaum aufzubringen sein dürfte und jedenfalls für sie diese Form der Kirchenfinanzierung daher mangels Realisierbarkeit von vornherein ausscheidet.181 Vor diesem Hintergrund sprechen aus deutscher Sicht unter den zur Auswahl stehenden verschiedenen Finanzierungsformen die überwiegenden Argumente für das Modell der Kirchensteuer. Denn in der Gesamtbetrachtung der verschiedenen Finanzierungsmodelle ist sie es, die sich als geeignet erweist, die an die Finanzierung zu stellenden Anforderungen am weitestgehenden zu erfüllen – ___________ 180

Dazu oben sub IV. 3. g). Im Hinblick auf die christlichen Kirchen in Deutschland ließe sich die Lage abweichend beurteilen, wenn es zu einer Ablösung der Staatsleistungen durch eine adäquate Zahlung des Staates käme. Diese freilich dürfte angesichts des hierfür erforderlichen Finanzvolumens den deutschen Staat an die Grenzen des ihm Möglichen führen. 181

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und zwar gleichermaßen aus Sicht des säkularen Verfassungsstaates wie auch aus der Perspektive der Kirchen und Religionsgemeinschaften. Deshalb stellt die Kirchensteuer auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine ebenso verfassungskonforme wie sachlich angemessene und deshalb zukunftstaugliche Form der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften dar.182 Freilich ist mit Blick auf die übrigen Staaten in Europa zu bedenken, dass die hier vorgenommene Beurteilung divergieren kann, weil sowohl das Finanzaufkommen als auch die Akzeptanz der verschiedenen Finanzierungsinstrumente in diesen Staaten unterschiedlich ausgeformt sind und gerade die finanziellen Beziehungen der Staaten zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften besonders deutlich die historischen Grundlagen und nationalen Prägungen der einzelnen staatskirchenrechtlichen Ordnungen widerspiegeln.183 Aufgrund dieser unterschiedlichen Finanzierungstraditionen und ihrer Bedeutung für das Selbstverständnis der europäischen Staaten wird sich indessen nicht nur die Bewertung der hier erörterten Finanzierungsformen unter Umständen von Land zu Land unterscheiden. Vielmehr wird es vor ihrem Hintergrund in aller Regel auch nicht ausschließlich die Frage der Eignung einer Kirchenfinanzierungsform sein, die den Ausschlag für die Entscheidung zugunsten eines bestimmten Finanzierungsmodells oder gegen ein solches geben wird. Doch da auf Dauer alleine die Tradition als Legitimation für die Beibehaltung der jeweiligen Finanzierungspraxis kaum ausreichen wird, kann eine vergleichende Analyse der zur Verfügung stehenden Finanzierungsalternativen Impulse dort vermitteln, wo es zu Fortentwicklungen und Reformen der verschiedenen Formen der Kirchenfinanzierung in Europa kommt.

___________ 182 Wie hier auch die Bewertung bei Siegfried Marx, Die Kirchensteuer und die Freiheit der Kirche, KuR 410, S. 1 ff. (10); Feldhoff, Kirchensteuer – ohne gleichwertige Alternative (Fn. 146), S. 3 ff.; Axer, Kirchensteuer (Fn. 74), S. 29 ff.; so auch das Fazit bei Hammer, Rechtsfragen (Fn. 5), S. 504; ebenso Müller-Franken, Kirchenfinanzierung (Fn. 57), S. 39. 183 Mückl, Europäisierung (Fn. 19), S. 387.

Der Begriff der Religionsgemeinschaft im Deutschen Religionsverfassungsrecht – aktuelle Probleme Heinrich de Wall

I. Funktion und Auslegung des Religionsgemeinschaftsbegriffs und die Probleme seiner Anwendung auf islamische Gemeinschaften In jüngerer Zeit ist – vor allem im Zusammenhang mit der Integration des Islam in die deutsche Rechtsordnung – ein Grundbegriff des Religionsverfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland Gegenstand der Diskussion in Wissenschaft, Praxis und Politik geworden: der Begriff der Religionsgemeinschaft. Dabei ist unstreitig, dass der in Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG verwendete Begriff der Religionsgemeinschaft synonym mit dem Begriff der „Religionsgesellschaft“ ist, der in den durch Art. 140 GG in Bezug genommenen Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung verwandt wird.1 Der Begriff der Religionsgemeinschaft hat im Gefüge des Religionsverfassungsrechts mehrere zentrale Funktionen: Er kennzeichnet 1. Organisationen gemeinschaftlicher Religionsausübung, die unter dem Grundgesetz durch die Religionsfreiheit geschützt sind. Er grenzt 2. Religionsgemeinschaften von anderen Vereinigungen ab, bei denen es um die Pflege anderer Gegenstände als der Religion geht. Da es um die Ausübung durch die Religionsfreiheit gegen staatliche Einwirkungen geschützter grundrechtlicher Freiheit geht, konstituiert die Verfassung 3. die Religionsgemeinschaft als „Gegenüber“ zum Staat und weist ihnen 4. in dieser Eigenschaft bestimmte Rechte zu: so insbesondere das Selbstbestimmungsrecht in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV oder das ___________ 1 BVerwGE 123, 49 (54) m.w.N.; ferner Michael Germann, Art. 140 GG/137 WRV, in: Volker Epping / Christian Hillgruber (Hrsg.), GG – Grundgesetz, München 2009, S. 1671-1711, hier Rdnr. 14; Peter Unruh, Religionsverfassungsrecht, Baden-Baden 22012, Rdnr. 250; Bodo Pieroth / Christoph Görisch, Was ist eine Religionsgemeinschaft?, JuS 2002, S. 940; Axel Frhr. v. Campenhausen / Peter Unruh, in: Herrmann v. Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, München 62010, Art. 137 WRV, Rdnr. 19 ff.

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Recht zur Bestimmung der Grundsätze des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen in Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG. 5. unterscheidet der Begriff einen Typ von Vereinigungen mit religiöser Zielsetzung von einem anderen, nämlich den religiösen Vereinen, die in Art. 138 Abs. 2 WRV neben den Religionsgesellschaften genannt werden und daher etwas anderes sein müssen als Religionsgemeinschaften. In den aktuellen Debatten um den Islam geht es vor allem darum festzustellen, ob und welche der islamischen Vereinigungen Kooperationspartner in den Bereichen sein können, in denen das Grundgesetz die Kooperation von Religionsgemeinschaften und Staat voraussetzt, insbesondere also bei der Bestimmung der Grundsätze des Religionsunterrichts i.S.v. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG und im Rahmen islamisch-theologischer Einrichtungen an staatlichen Hochschulen. Die Feststellung der Religionsgemeinschaftseigenschaft islamischer Organisationen bereitet unter anderem deshalb Schwierigkeiten, weil die organisatorischen Strukturen des Islam in Deutschland noch relativ jung sind, weil die unterschiedlichen Organisationen von Muslimen in Deutschland häufig neben religiösen auch andere Zwecke verfolgen, weil ihre Abgrenzung untereinander häufig von anderen als religiösen Kriterien bestimmt ist – insbesondere von der Herkunft der Muslime – und weil in den Heimatländern der in Deutschland lebenden Muslime die Formen der organisierten Religiosität, die den Hintergrund des deutschen Religionsverfassungsrechts und des Begriffs der Religionsgemeinschaft bilden, nicht geläufig sind und daher das Bestreben, solche religiöse Organisationen zu bilden oder sich ihnen anzuschließen, nicht sehr ausgeprägt ist. Da die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft wegen der damit verbundenen Rechtsstellung für die muslimischen Gemeinschaften von erheblicher Bedeutung ist und weil es um den Schutz und das Recht der Muslime zur gemeinschaftlich organisierten Religionsausübung geht, kann der Begriff der Religionsgemeinschaft nicht auf die etablierten Kirchen beschränkt oder an Kriterien geknüpft werden, die allein diese erfüllen können. Denn die Kirchen haben zwar die religiöse Tradition in Deutschland geprägt und sie bilden daher den Hintergrund der rechtlichen Regelung. Das Grundgesetz, das neben der Religionsfreiheit auch die Gleichbehandlung der Religionen anordnet, abstrahiert aber mit dem Begriff der „Religionsgemeinschaft“ von den Kirchen und will die damit verbundenen Rechte auch Vereinigungen anderer Religion und Tradition zuweisen. Der religiös und weltanschaulich neutrale Staat behandelt die Religionen ihrem Selbstverständnis gemäß gleich und kann daher die Rechte der Religionsgemeinschaften, die dem Schutz und der Förderung der gemeinschaftlichen Religionsausübung dienen, nicht davon abhängig machen, dass diese den Kirchen vergleichbare Organisationsstrukturen ausbilden. Der Begriff der Religionsgemeinschaft muss daher im Interesse der Religionsfreiheit weit ausgelegt werden und auch weniger verdichtete und institutionalisierte Formen

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der organisierten Religionsausübung umfassen. Nicht die Erfüllung der Merkmale eines an den Kirchen orientierten, überkommenen Begriffs der Religionsgemeinschaft eröffnet das Recht zur organisierten Religionsausübung, sondern der Begriff der Religionsgemeinschaft muss so definiert werden, dass die in der Religionsfreiheit wurzelnden oder die die Religionsfreiheit unterstützenden Rechte der Religionsgemeinschaften grundsätzlich durch Vereinigungen jeder Religion erlangt werden können, wenn sie das Minimum an Organisationsgrad vorweisen können, das der Begriff der Religionsgemeinschaft voraussetzt. Dabei reicht es aber nicht aus, dass eine Gemeinschaft lediglich von sich behauptet, Religionsgemeinschaft zu sein. Die bloße Selbstbezeichnung als „Church“ macht beispielsweise aus einem Wirtschaftsunternehmen noch keine Religionsgemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts muss es sich bei einer Religionsgemeinschaft nicht nur nach der eigenen Behauptung und dem eigenen Selbstverständnis, sondern auch „tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild“ um eine Religion und Religionsgemeinschaft handeln.2

II. Die Elemente des verfassungsrechtlichen Begriffs der Religionsgemeinschaft Was der Begriff Religionsgemeinschaft bedeutet, ist nicht anders als durch Auslegung des Grundgesetzes auf der Grundlage der üblichen Auslegungskriterien zu ermitteln. Dafür sind Wortlaut, systematischer Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie die Entstehungs- und Begriffsgeschichte heranzuziehen. Der eben herausgearbeitete Zusammenhang des Begriffs mit der Religionsfreiheit ist dabei als teleologisches und systematisches Element einzubeziehen – der Begriff der Religionsgemeinschaft ist in seinem systematischen Zusammenhang mit den Regelungen zur Religionsausübung und mit seinem Ziel, Rahmenbedingungen für die organisierte Religionsausübung zu setzen, zu verstehen. Dabei braucht man nicht bei „Null“ anzufangen, sondern kann die bisher verwendete Begriffsdefinition zugrunde legen. Freilich muss man diese auch daraufhin überprüfen, ob sie möglicherweise zu eng am Beispiel der christlichen Kirchen orientiert ist und wegen der Beziehung des Begriffs zu Religionsfreiheit und religiöser Gleichheit mit Rücksicht auf die Organisationsformen des Islam zu modifizieren ist.

___________ 2

BVerfGE 83, 341 (Bahá‘í), vgl. a. BVerfGE 123, 54.

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Nicht nur in der wissenschaftlichen Literatur ist über den Begriff der „Religionsgemeinschaft“ diskutiert worden.3 Auch die Rechtsprechung hat sich – vor allem im Zusammenhang mit dem islamischen Religionsunterricht – mit ihm beschäftigt.4 Für die Definition des Begriffs der Religionsgesellschaft wird des Öfteren auf eine Formulierung aus dem führenden Kommentar zur Weimarer Reichsverfassung von Gerhard Anschütz zurückgegriffen. Danach ist Religionsgesellschaft „ein die Angehörigen eines und desselben Glaubensbekenntnisses – oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse (unierte evangelische Landeskirchen!) – für ein Gebiet (ein Land, Teile eines Landes, mehrere Länder, das Reichsgebiet) zusammenfassender Verband zu allseitiger Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben“.5 Diese Definition, die keine gesetzliche, sondern eine Auslegung des Verfassungstextes durch einen Wissenschaftler ist, ist deutlich von ihrer Entstehungszeit und den deutschen Verhältnissen geprägt, wie die Hinweise auf das „Reichs“gebiet und auf die unierten evangelischen Kirchen schon auf den ersten Blick zeigen. Allerdings enthält diese Definition wichtige, auch dem Verständnis des Grundgesetzes zugrundeliegende Merkmale. Ungeachtet der Diskussion um Einzelheiten der Begriffsdefinition sind folgende Elemente des Verfassungsbegriffs der Religionsgesellschaft oder Religionsgemeinschaft unstreitig, die sich aus dem Wortlaut und der Funktion des Begriffs ergeben und die sich auch in der Anschütz’schen Definition im Wesentlichen wiederfinden:6 (1) Eine Religionsgemeinschaft besteht aus natürlichen Personen. Sie besitzt insofern ein personales Substrat von Gläubigen, die zur gemeinsamen Pflege der Religion zusammengeschlossen sind. Dabei sind Besonderheiten für die im religiösen Bereich nicht unübliche Dachverbandsorganisationen zu berücksichtigen. (2) Zum Wesen einer Gemeinschaft – und damit auch einer Religionsgemeinschaft – gehören ein Minimum an Dauerhaftigkeit und organisatorischer ___________ 3

Überblick bei Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 1), Rdnr. 4 ff.; siehe auch Ralf Poscher, Totalität / Homogenität / Zentralität / Konsistenz – Zum verfassungsrechtlichen Begriff der Religionsgemeinschaft, in: Der Staat 39 (2000), S. 49-67, 49; Pieroth / Görisch, Religionsgemeinschaft (Fn. 1), S. 929. 4 BVerfGE 123, 49, hier S. 54. 5 Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, Berlin 141933, Neudruck 1960, Art. 137, S. 633; in Anlehnung daran etwa BVerfGE 123, 49, 54. 6 Zu den Begriffsmerkmalen siehe z. B. Axel von Campenhausen / Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht, München 42006, S. 116; Germann, Art. 140 GG / Art. 137 WRV (Fn. 1), Rdnr. 25; Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 1), Rdnr. 153.

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Struktur. Mindestens zwei Personen müssen sich mit dem Ziel verbunden haben, sich für eine längere Zeit der gemeinsamen Ausübung ihrer Religion zu widmen. Die spontane Versammlung von Betenden ist noch keine Religionsgemeinschaft. (3) Von anderen Gemeinschaften unterscheidet sich die Religionsgemeinschaft dadurch, dass es ihr gerade um die Pflege einer Religion bzw. eines Bekenntnisses geht. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass der Begriff des Bekenntnisses oder „Glaubensbekenntnisses“, wie er bei Anschütz verwendet wird, nicht an einem engen, an den lutherischen Bekenntnisschriften als wichtige Elemente der Abgrenzung vom römischen Katholizismus oder an der römisch-katholischen „professio fidei“ orientierten Verständnis ausgerichtet werden darf. Es gibt religiöse Richtungen, für die Bekenntnisschriften oder -formeln als autoritative Lehraussagen geringe Bedeutung besitzen. Und auch unter den christlichen Konfessionen in Deutschland ist die Bedeutung des „Bekenntnisses“ durchaus unterschiedlich, namentlich im Vergleich zwischen lutherischen und reformierten Kirchen. Um ein eingeschränktes Verständnis zu vermeiden, das anderen Religionen nicht gerecht wird, ist es besser, sich an dem allgemeineren Begriff der Religion zu orientieren und im Blick zu behalten, dass die innerreligiöse Ausdifferenzierung Gegenstand von Religionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ist: Aus staatlicher Sicht ist jede „Konfession“, die sich von einer anderen abgrenzt, eine Religion und kann Gegenstand einer Religionsgemeinschaft sein. (4) Ein viertes Merkmal dient der Abgrenzung der Religionsgemeinschaften von religiösen Vereinen. Dass eine solche Abgrenzung zu treffen ist, ergibt sich, wie erwähnt, aus Art. 138 Abs. 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG, der beide Begriffe nennt, den der Religionsgesellschaft und den des religiösen Vereines. Diese Abgrenzung erfolgt mit dem Merkmal der „allseitigen“, d. h. umfassenden Erfüllung der durch das Bekenntnis gestellten Aufgaben, die die Religionsgemeinschaft auszeichnet. Dagegen widmet sich ein religiöser Verein nur Teilaspekten des religiösen Lebens. So ist beispielsweise ein Verein, der sich aus religiösen Motiven mit der Krankenpflege beschäftigt, keine Religionsgemeinschaft, sondern ein religiöser Verein. Die Unterscheidung von Religionsgemeinschaft und religiösem Verein ist nun ganz offensichtlich geschichtlich geprägt und beruht auf den Spezifika der organisierten Religionsausübung im Deutschland des 19. Jahrhunderts, als eine Vielzahl religiös geprägter Aktivitäten durch Gläubige außerhalb der „verfassten Kirchen“ in Vereinen organisiert wurden. Da diese Unterscheidung in der Verfassung nun einmal getroffen wird und für die Abgrenzung etwa eines Diakonievereins zu seiner „Mutterkirche“ von Bedeutung ist und seinen guten Sinn hat, muss sie auch beibehalten bleiben. Zu achten ist aber darauf, dass nicht durch zu hohen Anforderungen an die „Allseitigkeit“ der

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Religionsausübung der Begriff der Religionsgemeinschaft allzu sehr eingeschränkt wird.

III. Die Begriffselemente und die Spezifika islamischer Organisationen In Bezug auf den Islam und die in Deutschland vorhandenen islamischen Organisationen stellen sich im Zusammenhang mit den hier genannten Begriffsmerkmalen besondere Probleme: In Bezug auf das personale Substrat die Frage, ob die in Deutschland vorhandenen und auf Landes- und Bundesebene agierenden Dachverbände Religionsgemeinschaften sein können (C.I.1.); daneben wie es zu bewerten ist, dass häufig nur wenige Personen formal Mitglieder der als Vereine privaten Rechts organisierten lokalen Moscheegemeinden sind, aber sehr viel mehr Personen an deren religiösen Aktivitäten teilnehmen (C.I.2.). Hinsichtlich des organisatorischen Minimums ist auf das Problem des Fehlens einer Lehrautorität hinzuweisen, die den Inhalt des Islam als Religion autoritativ definiert (C.II.). Mit Blick auf die Pflege gerade der Religion stellt sich die Frage, wie das Nebeneinander zahlreicher Organisationen zu bewerten ist, die nach eigenem Verständnis nicht unterschiedliche Religionen oder Konfessionen pflegen, sondern nach anderen Kriterien voneinander abgegrenzt sind (C.III.1.); weiter die damit zusammenhängende Frage, ob es von Bedeutung ist, dass die islamischen Verbände auch noch andere als religiöse Aspekte im Blick haben – wie etwa die Pflege der Kultur der Herkunftsländer der Muslime; ferner ob es die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft beseitigt, wenn einem Verband neben Moscheegemeinden religiöse Vereine mit beschränkter Aufgabenstellung angehören (C.III.2., C.IV.). Mit Blick auf die Allseitigkeit der Religionspflege stellt sich die Frage, inwiefern ein Moscheeverein tatsächlich eine umfassende Aufgabenstellung hat und nicht nur die äußere Hülle der Religionsausübung zur Verfügung stellt (C.IV.). Im Bereich des Religionsunterrichts und bei den Theologischen Hochschuleinrichtungen ist auch die Frage aufgetaucht, wie es zu bewerten ist, wenn Vereinigungen von Muslimen in Deutschland unter dem Einfluss ausländischer Staaten stehen (D.). Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.

1. Das personale Substrat von Religionsgemeinschaften a) Dachverbände als Religionsgemeinschaften Als Dachverband bezeichnet man eine Organisation, die ihrerseits aus Unterverbänden besteht. Ob auch ein Dachverband als Religionsgemeinschaft zu

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qualifizieren ist, ist deshalb diskutiert worden, weil nach der o. a. Begriffsdefinition eine Religionsgemeinschaft gerade der gemeinschaftlichen Pflege der gemeinsamen Religion der Gläubigen dient. In einem engeren Sinne „Gläubige“ können aber nur Individuen sein. Entsprechend ist die Religionsgemeinschaftseigenschaft von Dachverbänden in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Teil abgelehnt worden.7 Dem ist indes das Bundesverwaltungsgericht zu Recht entgegengetreten.8 Schon die in Art. 137 Abs. 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG gewährleistete Freiheit der Religionsgemeinschaften, sich ohne Beschränkungen zusammenzuschließen, legt es nahe, auch diese Zusammenschlüsse – und damit auch Dachverbände – allgemein als Religionsgemeinschaften zu qualifizieren.9 Denn ein solcher Zusammenschluss ist nur dann sinnvoll, wenn auch der Zusammenschluss die Rechte der Religionsgemeinschaften, wie z. B. das Selbstbestimmungsrecht (Art. 137 Abs. 3 WRV), die Militärseelsorge (Art. 141 WRV), die Garantie der Staatsleistungen (Art. 138 Abs. 1 WRV) oder die Mitwirkung beim Religionsunterricht (Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG) wahrnehmen kann. Entscheidend ist jedoch, dass sich aus der Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften gem. Art. 137 Abs. 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG und aus dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gem. Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG, auch das Recht ergibt, über die innere Struktur einer Religionsgemeinschaft nach eigenem Selbstverständnis zu entscheiden.10 Die Rechte, die das Grundgesetz den Religionsgemeinschaften in Art. 7 GG und in den durch Art. 140 GG in Bezug genommenen Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung einräumt, dienen der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und ___________ 7

Vor diesem Hintergrund wird die Religionsgemeinschaftseigenschaft von Dachverbänden abgelehnt vom OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 492 (die vorinstanzliche Entscheidung zur nachstehend referierten Entscheidung des BVerwG); siehe ferner Jörg Ennuschat, in: Wolfgang Löwer / Peter J. Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 2002, Art. 19, Rdnr. 12; differenzierend Stefan Muckel, in: JZ 2001, S. 58 (60 f.); Stefan Muckel, Wann ist eine Gemeinschaft Religionsgemeinschaft? Überlegungen zum Begriff der Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GG unter besonderer Berücksichtigung muslimischer Dachverbände, in: Willhelm Rees (Hrsg.), Recht in Kirche und Staat – Festschrift für Josef Listl zum 75. Geburtstag, Berlin 2004, S. 715-74, S. 736 ff.; Stefan Muckel / Reiner Tillmanns, Die religionsverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Islam, in: Stefan Muckel (Hrsg.), Der Islam im öffentlichen Recht des säkularen Verfassungsstaates, Berlin 2008, S. 234-272, 269. 8 BVerwG, Urteil v. 23.2.2005 (BVerwG 6 C 2.04) = BVerwGE 123, 49. 9 Siehe auch BVerwGE 123, 49 (59); Germann, Art. 140 GG / 137 WRV (Fn. 1), Rdnr. 26; Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 1), S. 153. 10 Statt vieler Axel von Campenhausen / Peter Unruh, in: Mangoldt / Klein / Starck, Kommentar (Fn. 1), Art. 137 WRV, Rdnr. 34.

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2 GG) in ihren kollektiven und korporativen Ausprägungen. Welche Aufgaben der Religionsgemeinschaften auf lokaler, gemeindlicher Ebene und welche besser durch übergeordnete Verbände wahrgenommen werden, muss dabei im Interesse des in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts den Religionsgemeinschaften selbst vorbehalten bleiben. Jedenfalls gibt es keinen triftigen Grund, eine Gemeinschaft deshalb von den Rechten der Religionsgemeinschaften auszuschließen, weil sie (lediglich) als Dachverband in die Religionspflege einer gestuften Verbandsstruktur eingebunden ist, die beispielsweise aus Ortsgemeinden, Gemeindeverbänden auf Landesebene und übergeordnetem Dachverband auf Bundesebene bestehen kann. Es ist ebenfalls kein Grund ersichtlich, Religionsgemeinschaften eine solche sinnvolle Struktur zur Aufgabenerfüllung zu versperren bzw. zu erschweren. Entscheidend ist nicht der Charakter als Dachverband, sondern ob ein Verband in eine Struktur eingebunden ist, die der gemeinsamen Religionspflege der Gläubigen dient – wobei die Gläubigen natürlich letztlich Individuen sind. Insofern reicht es aus, dass ein Dachverband in diesem Sinne ein personales Substrat besitzt und dessen korporativer Religionspflege dient. Nach einer differenzierenden Auffassung soll dagegen bei Dachverbänden, denen neben den Mitgliedsvereinen zugleich natürliche Personen als Mitglieder angehören, entscheidend sein, welche Intensität das religiöse Leben auf Dachverbandsebene erreicht. Dabei sollen umso höhere Anforderungen an dieses religiöse Leben auf Dachverbandsebene gestellt werden, je intensiver die religiöse Gemeinschaft auch in den zugehörigen Vereinen ist. Bei weitgehender Homogenität der Einzelverbände sollen aber die Anforderungen an die Gemeinschaft im Dachverband geringer sein. Indes ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Differenzierungen und Kriterien im Begriff der Religionsgemeinschaft angelegt sind. Sie vermag daher nicht zu überzeugen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber eine andere Einschränkung für den Religionsgemeinschaftscharakter von Dachverbänden formuliert. Ein Dachverband ist danach nur dann „Religionsgemeinschaft“, wenn er nicht „[…] auf die Vertretung gemeinsamer Interessen nach außen oder auf die Koordinierung von Tätigkeiten der Mitgliedsvereine beschränkt (ist). Vielmehr ist darüber hinaus erforderlich, dass für die Identität einer Religionsgemeinschaft wesentliche Aufgaben auch auf der Dachverbandsebene wahrgenommen werden“.11 Danach kann ein Zusammenschluss von Religionsgemeinschaften allein zu dem Zweck, die Grundsätze des Religionsunterrichts i.S.v. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG gegenüber dem Staat geltend zu machen, nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt werden, wenn die Entscheidung über die Grundsätze bei den Mitgliedsverbänden verbleibt. ___________ 11

BVerwGE 123, 59.

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Diese Einschränkung vermag vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften über die eigene Organisation und Verfassung nicht zu überzeugen. Wenn eine Religionsgemeinschaft wegen ihres religiösen Selbstverständnisses den einzelnen lokalen Gemeinden die für das Bekenntnis entscheidenden Kompetenzen einräumt, ist dies von ihrer Religionsfreiheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht gedeckt. Wenn nun, trotz dieser gemeindlichen Struktur, unter diesen Gemeinden über die Grundsätze des Religionsunterrichts oder andere Fragen Einigkeit herrscht, ist kein Grund erkennbar, weshalb eine zur Außenvertretung dieses religiösen Selbstverständnisses gegenüber dem Staat i.S.v. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG gebildete Organisation nicht als Religionsgemeinschaft qualifiziert werden kann. Diese Ansicht führt dazu, dass lediglich die Einzelgemeinden als Ansprechpartner für den Staat in Betracht kämen, obwohl sich diese kraft ihrer Selbstbestimmung zu einem Dachverband zur Interessenvertretung in diesen Fragen zusammengeschlossen haben, was wiederum durchaus im staatlichen Interesse sein kann. Für eine solche Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts ist kein hinreichender Grund erkennbar. Die vom BVerwG formulierte Einschränkung für Dachverbände zielt, wie das vom BVerwG genannte Beispiel einer von mehreren Religionsgemeinschaften eingesetzten „Kommission zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit“ zeigt, ersichtlich darauf ab, in ihrer Tätigkeit auf bloße Teilaspekte und auf sachlich beschränkte Interessenvertretung gerichtete Verbände vom Religionsgemeinschaftsbegriff auszuschließen.12 Insofern ist fraglich, ob das vom BVerwG formulierte Kriterium, dass „für die Identität einer Religionsgemeinschaft wesentliche Aufgaben auf der Dachverbandsebene wahrgenommen werden müssen“, um auch den Dachverband als Religionsgemeinschaft zu qualifizieren, das Gemeinte trifft. Welche Aufgaben in diesem Sinne identitätsstiftend sind, wird vom Bundesverwaltungsgericht zu Recht mit dem Hinweis darauf offengelassen, dass es nicht zuletzt vom Selbstverständnis der jeweiligen Gemeinschaft abhängt. Das Gericht verweist darauf, dass die gemeinschaftliche Pflege eines Bekenntnisses sich typischerweise und hauptsächlich in Kultushandlungen oder der Verkündung des Glaubens und der Glaubenserziehung äußert, die weniger auf der überörtlichen als auf der örtlichen Ebene stattfindet. Auf überörtlicher Ebene sei demgegenüber das Wirken eines geistlichen Oberhaupts, das die Gemeinschaft regiert und dessen Weisungen die Amtsträger und Gläubigen am Ort unterworfen sind, charakteristisch. Aber auch unabhängig von der Existenz strenger hierarchischer Strukturen kann, so das Bundesverwaltungsgericht, auf ___________ 12 Vgl. Wiebke Hennig, Muslimische Gemeinschaften im Religionsverfassungsrecht, Baden-Baden 2010, S. 97.

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der überörtlichen Ebene Autorität, insbesondere Lehrautorität ausgeübt und von den Gläubigen in den örtlichen Gemeinden respektiert und befolgt werden. Es liege auf der Hand, dass die Identität einer Religionsgemeinschaft maßgeblich von der Formulierung und Durchsetzung der ihr eigenen Glaubensinhalte geprägt werde.13 Vor diesem Hintergrund kann die Eigenschaft islamischer Verbände als Religionsgemeinschaft nicht an der Existenz mit verbindlicher Entscheidungsgewalt ausgestatteter Lehrautoritäten festgemacht werden. Da der Islam entsprechende Lehrautoritäten nicht kennt, ist für die Formulierung und Durchsetzung der Glaubensinhalte vielmehr die Pflege der Theologie in Bildungseinrichtungen und Veranstaltungen charakteristisch. Der identitätsstiftende Charakter von Aufgaben kann demgemäß nicht davon abhängig gemacht werden, dass verbindliche Lehraussagen, die für die Gemeinden und die Gläubigen verpflichtend sind, durch Organe der Dachverbandsebene getroffen werden. Identitätsstiftend in diesem Sinne ist es daher für islamische Verbände bereits, wenn auf der Dachverbandsebene beispielsweise Aus- und Fortbildung sowie die wissenschaftliche Pflege der Religion angesiedelt sind. Auch dies sind Aufgaben, die für eine Religionsgemeinschaft von überragender Bedeutung sind und sich gerade nicht auf die Interessenvertretung nach außen beschränken. Die Wahrnehmung solcher Aufgaben auf Dachverbandsebene ist daher beispielsweise ein Indiz für die Religionsgemeinschaftseigenschaft des entsprechenden Verbandes. Die Feststellung, ob eine Gemeinschaft Religionsgemeinschaft ist, ist insgesamt und abschließend nur auf der Grundlage einer wertenden Entscheidung möglich, die sowohl die rechtlichen Grundlagen der Vereinigungen als auch deren tatsächliches Wirken berücksichtigt. Wenn in einer gestuften Dachverbandsorganisation die Gesamtheit aller Organisationen der umfassenden Pflege der betreffenden Religion gewidmet ist, sind die Gesamtheit und die Unterorganisationen als Religionsgemeinschaften anzusehen.

b) Anforderungen an die Mitgliedschaftsstruktur Aus dem Begriff der Religionsgemeinschaft und seiner verfassungsrechtlichen Funktion lassen sich nur geringe Anforderungen an die Zahl der jeweiligen Mitglieder ableiten. Religionsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht sind Freiheiten, die auch kleinen Vereinigungen zustehen. Dafür, diese Rechte vom Erreichen einer bestimmten Mitgliederzahl abhängig zu machen, ist kein vernünftiger, vor dem Gleichheitssatz standhaltender Grund erkennbar. Die Zahl ___________ 13

BVerwGE 123, 60.

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der Mitglieder spielt daher keine entscheidende Rolle. Eine Gemeinschaft setzt mindestens zwei Personen voraus. Für die islamischen Verbände wären aber auch andere Mindestzahlen, denkbar wären drei oder sieben, unproblematisch, weil diese Zahlen erreicht werden. In anderen Zusammenhängen spielen allerdings sowohl die Mitgliederzahlen als auch die Regeln darüber eine Rolle, welche Person im Einzelfall einer Religionsgemeinschaft als Zugehöriger zuzurechnen ist. So geht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. 2. 2005 davon aus, dass eine Religionsgemeinschaft, die einen Anspruch auf Religionsunterricht geltend machen will, die in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG formulierten Voraussetzungen für die Verleihung des Körperschaftsstatus erfüllen muss, d. h. dass sie nach Verfassung und Zahl der Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten muss. Dieses Erfordernis sei angesichts des Aufwands für die Einführung des Religionsunterrichts unverzichtbar und in Art. 7 Abs. 3 GG im Begriff „ordentliches Lehrfach“ angelegt.14 Die Länder haben Mindestschülerzahlen für die Einrichtung des Religionsunterrichts festgelegt. Damit ist auch konkretisiert, was im Hinblick auf die Teilnehmerzahl als „ordentliches Lehrfach“ im Sinne des Art. 7 Abs. 3 GG zu verstehen ist. Für eine Religionsgemeinschaft, deren Mitgliederzahl nicht ausreicht, um die erforderliche Mindestschülerzahl nachhaltig zu erreichen, muss daher auch kein Religionsunterricht eingerichtet werden. Da der Religionsunterricht, vorbehaltlich der in Art. 7 Abs. 2 GG enthaltenen Abmeldemöglichkeit, für die konfessionsangehörigen Schüler Pflichtfach ist, bedarf es auch aus diesem Grund eindeutiger Regelungen über die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft, damit feststellbar ist, für welche Schüler sein Besuch verbindlich ist.15 Dies führt allerdings angesichts der Mitgliederstruktur der deutschen Moscheevereine bzw. -gemeinden zu Schwierigkeiten. Es ist nicht unüblich, dass nur eine geringe Zahl von Muslimen einem Moscheeverein angehört, jedenfalls eine sehr viel geringere Zahl, als sich dem Leben der zugehörigen Gemeinde verbunden sieht. Überdies ist oft nur jeweils ein Mitglied einer Familie auch Mitglied eines Moscheevereines. Dessen ungeachtet verstehen sich auch andere ___________ 14 BVerwGE 123, 70, siehe auch Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen eines islamischen Religionsunterrichts, Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe 2 der Deutschen Islamkonferenz, erarbeitet für deren Unterarbeitsgruppe, in: Deutsche Islamkonferenz / Bundesministerium des Inneren (Hrsg.), Drei Jahre Deutsche Islamkonferenz (DIK) 2006-2009, Berlin 2009, S. 56 (im Internet unter der Adresse: http://gsb.down load.bva.bund.de/BAMF/DIK/090616_DIK-Broschuere_gesamt_ONLINE.pdf (8.3.2011). 15 BVerwGE 123, 71.

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Mitglieder der jeweiligen Familien als Zugehörige der entsprechenden Gemeinschaft.16 Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es für die Zurechnung der Schüler gemäß Art. 7 Abs. 3 GG nicht auf die formale, vereinsrechtliche Mitgliedschaft ankomme. Vielmehr reiche es auch, wenn mindestens ein Elternteil bzw. ein Erziehungsberechtigter Mitglied sei. Das Gericht hat zudem die Freiheit der Religionsgemeinschaft hervorgehoben, „ein ihrem Selbstverständnis entsprechendes, von der förmlichen Vereinsmitgliedschaft unabhängiges Kriterium für die Zugehörigkeit zu ihnen vorzusehen“.17 Für Dachverbandsorganisationen kommt hinzu, dass es für die mitgliedschaftliche Zurechnung nicht auf die Zugehörigkeit zum Dachverband ankommen kann, sondern auf die Zugehörigkeit zu einer der Mitgliedsorganisationen. Solche Zugehörigkeitsregeln entsprechen aber nur dann den aus der Verfassung, insbesondere der Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG abzuleitenden Anforderungen, wenn niemand „einseitig und ohne Rücksicht auf seinen Willen“ als Mitglied einer Religionsgemeinschaft in Anspruch genommen wird.18 Einzelne islamische Gemeinschaften sehen die Führung eines Registers als Nachweis der Religionszugehörigkeit vor. Sofern ein Eintrag in das Register der Zustimmung des Muslims bedarf, der jederzeit die Löschung seiner Daten aus dem Registerbuch beantragen kann, genügt das dem Erfordernis, dass niemand ohne Rücksicht auf seinen Willen als Religionszugehöriger in Anspruch genommen werden darf.19 Daher sind solche Personen, ungeachtet der formalen Vereinsmitgliedschaft, dem Verband als Religionszugehörige zuzurechnen, sofern es auf die Zahl der „Mitglieder“ einer Religionsgemeinschaft ankommt.

2. Mindestanforderungen an die organisatorische Struktur Aus der Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften gem. Art. 137 Abs. 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG und aus dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gem. Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG, das sich, wie bereits ausgeführt, auf die Organisation erstreckt, ergibt sich, dass die ___________ 16 17 18 19

Vgl. Hennig, Muslimische Gemeinschaften (Fn. 12), S. 33. BVerwGE 123, 72. Vgl. BVerfGE 30, 423. Vgl. Hennig, Muslimische Gemeinschaften (Fn. 12), S. 109.

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innere Struktur einer Religionsgemeinschaft weitgehend deren eigener Selbstbestimmung nach ihrem Selbstverständnis unterliegt. Missverständlich ist es in diesem Zusammenhang, wenn für eine Religionsgemeinschaft vorausgesetzt wird, dass eine Instanz verbindlich über Lehre und Ordnung der Religionsgemeinschaft zu entscheiden befugt ist.20 Diesem Merkmal ist freilich zuzustimmen, soweit es um die Außenvertretung der jeweiligen Gemeinschaft gegenüber dem Staat in bestimmten Fragen wie der Bestimmung der Grundsätze des Religionsunterrichts i.S.v. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG geht. Insofern muss in der Tat ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen, der gegenüber dem Staat die erforderlichen Festlegungen zu Lehre und Ordnung der Religionsgemeinschaft trifft, oder, genauer gesagt, diese nach außen vertritt, ohne nach innen notwendig zur Entscheidung darüber befugt zu sein. Nicht zu fordern ist aber, dass die jeweilige Gemeinschaft auch eine autoritative Instanz zur verbindlichen Entscheidung über die Lehre der Gemeinschaft im Innenverhältnis hat. Anderenfalls wäre die Religionsgemeinschaftsqualität der evangelischen Landeskirchen in Deutschland nur schwer zu begründen, die doch nach Sinn und Zweck und historischem Hintergrund der grundgesetzlichen Regelungen unzweifelhaft zu den Religionsgemeinschaften zu zählen sind. Auch eine Religionsgemeinschaft, deren religiöse Homogenität auf der autonomen Entscheidung ihrer Angehörigen, also auf dem freiwilligen Konsens der Gläubigen über das jeweilige Bekenntnis beruht, jedoch keine verbindliche, nach innen über das Bekenntnis und eventuelle Zweifelsfragen entscheidende Instanz kennt, kann eine Religionsgemeinschaft sein. Auch an die übrige organisatorische Struktur von Religionsgemeinschaften können nur Minimalanforderungen gestellt werden.21 Solche Anforderungen haben die Funktion, Religionsgemeinschaften von bloßen Spontanversammlungen abgrenzen zu können. Daher muss lediglich ein Mindestmaß an Kontinuität und gemeinsamer Willensbildung und das Vorhandensein eines zur Außenvertretung im genannten Sinne und Umfang berechtigten Organs gewährleistet sein. Dem steht nicht entgegen, dass im Hinblick auf einzelne Rechte, die das Grundgesetz Religionsgemeinschaften einräumt, schärfere Anforderungen aus der Verfassung abzuleiten sind, wie das das BVerwG zu Recht für die Mitwirkung einer Gemeinschaft beim Religionsunterricht getan hat.22 Das sind aber keine allgemein an Religionsgemeinschaften zu stellenden Mindestanforderungen. Bereits aus dem Verfassungswortlaut folgt auch, dass ___________ 20 21 22

Muckel / Tillmanns, Rahmenbedingungen (Fn. 7), S. 254. Vgl. Hennig, Muslimische Gemeinschaften (Fn. 12), S. 91. Siehe oben Fn. 14.

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die Anforderungen, die Art. 137 V WRV an die Einräumung der Rechte einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts an Religionsgemeinschaften stellt, nicht für alle Religionsgemeinschaften gelten, sondern eben nur für solche Religionsgemeinschaften, die den Körperschaftsstatus erlangen möchten.

3. Religionspflege als Gegenstand Von anderen Verbänden unterscheiden sich Religionsgemeinschaften dadurch, dass sie sich gerade der Pflege einer Religion widmen und nicht anderen Aufgaben. Im Blick auf den organisierten Islam in Deutschland stellen sich in diesem Zusammenhang mehrere Fragen. Unproblematisch zu bejahen ist allerdings, dass der Islam allgemein eine „Religion“ im Sinne des Grundgesetzes ist. Zwar ist der Begriff der „Religion“ nicht einfach zu bestimmen und sind die dazu in der Rechtsprechung verwendeten Formeln angreifbar.23 Dass der Islam aber eine Religion und seine Ausübung durch Art. 4 I, II GG geschützt ist, dürfte niemand ernsthaft bestreiten. Die Frage, ob bestimmte Lehren des Islam mit Grundsätzen des Grundgesetzes zu vereinbaren sind, die bisweilen diskutiert wird, betrifft nicht den Begriff der Religion oder der Religionsgemeinschaft. Fraglich ist allerdings, ob die Integration verschiedener konfessioneller Richtungen des Islam in einer islamischen Organisation oder die Existenz mehrerer Verbände gleicher Konfession für den Begriff der Religionsgemeinschaft von Bedeutung sind. Zu diskutieren ist weiterhin, ob es die Eigenschaft einer Vereinigung als Religionsgemeinschaft beseitigt, wenn sie sich auch anderen Dingen als der Religionspflege widmet oder – bei einem Dachverband – wenn ihm neben Religionsgemeinschaften auch Vereinigungen angehören, die nicht Religionsgemeinschaften sind, sondern lediglich religiöse Vereine oder gar solche Vereine, die sich nicht einmal Teilaspekten der Religionspflege, sondern anderen Zwecken widmen.

___________ 23

Nach einer Definition des Bundesverwaltungsgerichts ist „Unter Religion oder Weltanschauung […] eine mit der Person des Menschen verbundene Gewißheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel des menschlichen Lebens zu verstehen“ (Neue Juristische Wochenschrift 1992, 2497). Diese Definition enthält nicht nur sehr vage Merkmale, was angesichts der Variationsbreite des Phänomens „Religion“ wohl unvermeidlich ist. Zweifelhaft ist vielmehr auch, ob wirklich alle als „Religion“ bekannten Phänomene davon erfasst werden. Enthalten Stammesreligionen tatsächlich Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und Ziel menschlichen Lebens schlechthin?

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a) Konfessionelle Spezifizierung innerhalb des Islam? Die traditionelle Begriffsbestimmung der Religionsgemeinschaften in Anlehnung an Anschütz verwendet nicht den Begriff der Religion, sondern den des Glaubensbekenntnisses. Dies geht darauf zurück, dass die christliche Religion in verschiedene Bekenntnisse zerfällt. Auch der Islam zerfällt in unterschiedliche Glaubensrichtungen, etwa die sunnitische und die schiitische. Angesichts dieser verschiedenen Glaubensrichtungen stellt sich die Frage, wie einheitlich das Bekenntnis einer Glaubensgemeinschaft sein muss und ob sie auch aus Angehörigen unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse bestehen kann. Dass durchaus unterschiedliche Bekenntnisse in einer Religionsgemeinschaft Platz haben können, zeigen schon diejenigen evangelischen Landeskirchen in Deutschland, die Gemeinden unterschiedlichen Bekenntnisstandes haben (reformiert, lutherisch, uniert). Dies ist in der oben zitierten Definition Anschütz’ dadurch berücksichtigt, dass eine Religionsgemeinschaft ein „die Angehörigen eines und desselben Glaubensbekenntnisses – oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse […] zusammenfassender Verband“ ist.24 Welche Bekenntnisse insofern „verwandt“ sind, kann nur unter Zugrundelegung des Selbstverständnisses der jeweiligen Gemeinschaft bestimmt werden: Religion bzw. Bekenntnis werden durch das religiöse Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften konstituiert bzw. definiert. Im Grundsatz können daher muslimische Gemeinschaften, wie andere Religionsgemeinschaften auch, selbst darüber entscheiden, ob nur Angehörige einer bestimmten Glaubensrichtung ihnen angehören können oder ob sie mehrere Richtungen umfasst. Genauso wie aus staatlicher Sicht die Religionsgemeinschaftsqualität einer vereinigten lutherisch-römisch-katholischen Kirche außer Frage stünde, ist auch eine Gemeinschaft, die schiitische und sunnitische Muslime umfasst, eine Religionsgemeinschaft. Dies gilt freilich unter der bereits erwähnten Einschränkung, dass es sich bei dem gemeinsamen Bekenntnis auch „nach dem geistigen Gehalt und äußerem Erscheinungsbild“ um eine „Religion“ handeln muss.25 Ausgeschlossen dürfte insofern freilich nur sein, dass so fundamentale Unterschiede zwischen den Glaubensrichtungen bestehen,26 dass die Postulati___________ 24

Anschütz, Verfassung (Fn. 5), Art. 137, S. 633. Vgl. BVerfGE 83, 341, 353. 26 Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 1), Rdnr. 459, Dass die Religionsgemeinschaftsqualität bei „fundamentalen Unterschieden“ zwischen den Glaubensrichtungen“ entfalle, erscheint mir aber zu weit und deshalb noch im hier genannte Sinne zu ergänzen, weil sich über die „Fundamentalität“ von Glaubensunterschieden trefflich streiten lässt und weil dieser Streit nicht vom religiös-weltanschaulichen Staat zu entscheiden ist. 25

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on, einer Religion anzugehören, offensichtlich nicht in Betracht kommt und die Inanspruchnahme der Religionsgemeinschaftsqualität für die vereinte Organisation daher als rechtsmissbräuchlich erschiene. Völlig zu Recht hat daher das BVerwG für islamische Religionsgemeinschaften entschieden, dass die Beschränkung auf die Anerkennung von Koran und Sunna als gemeinsame Glaubensgrundlage ausreicht. Eine weitergehende, vollständige konfessionelle Homogenität der Gemeinschaft ist nicht erforderlich.27 Auch die denkbar weite Formulierung einiger Satzungen muslimischer Verbände in Deutschland, die Gemeinschaft diene der Pflege der „islamischen Religion“, reicht aus. Dass eine islamische Gemeinschaft Mitglieder unterschiedlicher Rechtsschulen innerhalb des Islam umfasst, ist für ihre Eigenschaft als Religionsgemeinschaft unerheblich. Ebenso kommt es nicht darauf an, dass neben Muslimen sunnitischen Glaubens möglicherweise auch Schiiten oder Angehörige anderer islamischer Glaubensrichtungen zu ihren Mitgliedern zählen. Zweifel am Vorliegen einer Religionsgemeinschaft könnten weiter dadurch geweckt werden, dass die islamischen Gemeinschaften in Deutschland nicht die (im Sinne von: alle) Angehörigen des jeweiligen Bekenntnisses für ein bestimmtes Gebiet zusammenfassen, wie das in der Anschütz’schen Definition der Religionsgemeinschaft anklingt.28 Indes ist diese Definition vor dem Hintergrund des Kirchentums zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu verstehen, in der die evangelischen Landeskirchen und die römisch-katholischen Diözesen als Territorialkirchen im Wesentlichen alle Bekenntniszugehörigen im jeweiligen Bereich umfassten. Im Rahmen der fortschreitenden Entkirchlichung und Individualisierung der Religion und des Nachlassens konfessionell-institutioneller Bindungen muss aber damit gerechnet werden, dass es bekenntniszugehörige Personen gibt, die nicht Mitglied der betreffenden Gemeinschaft sind. Schon insofern ist das Begriffskriterium Anschütz’ nicht in dem Sinn zu verstehen, dass alle Bekenntniszugehörigen eines Bereichs von einer Religionsgemeinschaft erfasst werden müssen.29 Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob es die Religionsgemeinschaftseigenschaft eines Verbandes beseitigt, wenn andere Verbände seines Bekenntnisses in seinem Gebiet existieren, so dass die Zugehörigkeit zu der jeweiligen Gemeinschaft gerade nicht nach religiösen Kriterien, sondern nach anderen Kriterien bestimmt ist – sei es die eher konservative oder die eher ___________ 27

BVerwGE 123, 56, 64 f.; vgl. Hennig, Muslimische Gemeinschaften (Fn. 12), S. 93 f. 28 Anschütz, Verfassung (Fn. 5), Art. 137, S. 633. 29 Siehe auch BVerwGE 123, 56.

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fortschrittliche religionspolitische Ausrichtung, sei es die nationale Herkunft der Religionszugehörigen o. ä. Auch diese Frage ist unter der Herrschaft des Grundgesetzes zu verneinen.30 Es kann gute Gründe geben, weshalb eine Gemeinschaft, die der umfassenden Religionspflege dient, neben der Bekenntniszugehörigkeit nach anderen Kriterien zusammengesetzt ist oder weshalb ein Individuum sich zu einer nach solchen Kriterien abgegrenzten Gemeinschaft bekennt. So kann, bei ansonsten im Wesentlichen gleichen Glaubensinhalten, etwa die liturgische Praxis oder das Festhalten an bestimmten, kulturell geprägten Traditionen Anlass dafür sein, sich der einen oder anderen Gemeinschaft anzuschließen. Überdies ist die erhebliche Bedeutung sowohl der Sprache als auch der kulturellen Herkunft von Menschen für ihre Religion in Rechnung zu stellen. Religion wird über Sprache vermittelt, so dass es leicht erklärbar ist, dass trotz gleicher religiöser Grundsätze die Anhänger einer Religion sich in Gemeinschaften mit gemeinsamer Sprache zusammenfinden und sich dementsprechend von Gemeinschaften anderer Sprache abgrenzen. Entsprechendes gilt für die kulturelle Herkunft. Dem religiös und weltanschaulich neutralen Staat steht kein Urteil darüber zu, welche Kriterien für die Orientierung zu der einen oder anderen Gemeinschaft, die sich der umfassenden Religionspflege widmet, eine Rolle spielen. Überdies ist kein vernünftiger und verfassungsrechtlich tragfähiger Grund ersichtlich, die den Religionsgemeinschaften eingeräumten Rechte einer Gemeinschaft nur deshalb zu verweigern, weil es andere Gemeinschaften gleichen Bekenntnisses gibt, die nach anderen als religiösen Kriterien voneinander abgegrenzt sind. Dass es in der Bundesrepublik und den Ländern mehrere Verbände gibt, die sich der Pflege des sunnitischen Islam widmen, steht daher der Religionsgemeinschaftseigenschaft dieser Vereinigungen nicht entgegen.

b) Andere Zwecke als Religionspflege in einer Religionsgemeinschaft Eine Vereinigung ist allerdings nur dann eine Religionsgemeinschaft, wenn sie der Pflege der Religion, oder, um es mit der Anschütz’schen Definition auszudrücken, der Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben, dient. Keine Religionsgemeinschaften sind Vereinigungen, die sich anderen als religiösen Zwecken widmen, etwa der Kultur- oder Brauchtumspflege. Häufig gehören aber Aktivitäten, die nicht unmittelbar religiöse Zwecke verwirklichen, zu den satzungsgemäßen Aufgaben islamischer Vereinigungen, etwa die Gründung von Bildungseinrichtungen oder das Verbreiten von Infor___________ 30

BVerwGE 123, 56 f. m.w.N.

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mationsmaterialien. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass manche Tätigkeiten von Religionsgemeinschaften einen unterstützenden Charakter für die eigentlich im Vordergrund stehende religiöse Betätigung haben. Solches gilt etwa gerade für verlegerische und publizistische Aktivitäten, die der Ausbreitung der Religion dienen, oder für Bildungsarbeit, die ebenfalls der Ausbreitung der Religion bei den Zielgruppen, aber auch der Rekrutierung und Ausbildung von religiösem Personal dienen kann. Entsprechendes gilt auch für Tätigkeiten, die zwar auch von nicht-religiösen Vereinigungen ausgeübt werden, gleichwohl eine spezifisch religiöse Bedeutung oder Ausprägung erlangen können. Beispiele dafür sind die vielfältigen karitativen Aktivitäten der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften. Entsprechend sind bei muslimischen Vereinigungen mildtätige Aktivitäten als Konsequenz aus dem religiös fundierten, „islamischen Gebot der gegenseitigen Hilfe und Solidarität“ zu verstehen. Auch sie stellen den religiösen Charakter einer Vereinigung nicht in Frage, sondern bekräftigen ihn. Wenn auf den ersten Blick religionsfremde Zwecke gegenüber der religiösen Zwecksetzung sekundären, helfenden Charakter haben, ändert das nichts am Religionsgemeinschaftscharakter einer Vereinigung. Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, muss man auf den Gesamtcharakter der Vereinigung abstellen. Wenn die religiösen Zwecke im Vordergrund stehen, können religionsfremde Tätigkeiten den Charakter des Verbandes als Religionsgemeinschaft nicht beseitigen.

4. Die Abgrenzung von religiösen Vereinen und Religionsgemeinschaften Von religiösen Vereinen unterscheiden sich Religionsgemeinschaften dadurch, dass sie der „allseitigen“, d. h. umfassenden Erfüllung der durch das Bekenntnis gestellten Aufgaben dienen. Dagegen widmet sich ein religiöser Verein nur Teilaspekten des religiösen Lebens.

a) Moscheegemeinde als Religionsgemeinschaften In der Literatur wurde geltend gemacht, dass ein islamischer Trägerverein zur Unterhaltung einer Moschee nicht als Religionsgemeinschaft einzustufen sei, sondern als religiöser Verein, weil er nur eine partielle Zielsetzung aufweise.31 ___________ 31

Muckel / Tillmanns, Rahmenbedingungen (Fn. 7), S. 267.

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Dies mag für eine Vereinigung zutreffen, die sich allein mit dem Bau und dem Bauunterhalt eines Gebäudes beschäftigt – also einem bloßen Moscheebauverein. Die Zielsetzung der Moscheegemeinden und ihrer Trägervereine dürfte aber meist weit darüber hinausgehen. Die Bewertung der Trägerschaft und Organisation der Moschee muss deren zentrale Bedeutung für das muslimische Glaubensleben berücksichtigen. Sie ist Zentrum des Lebens der muslimischen Gemeinde, Mittelpunkt der Tätigkeit des jeweiligen Imam, Ort des Freitagsgebets, aber auch anderer religiöser Angebote. Insofern dafür ein Forum geboten und organisiert wird, beschränkt sich die Tätigkeit eines Moscheevereins kaum auf bauliche Aspekte. Vielmehr sind wesentliche Elemente des Lebens der Gemeinde Gegenstand der Tätigkeit des Vereins. Er nimmt damit wesentliche identitätsbildende Aufgaben wahr – ungeachtet seiner Einbindung in eine Dachverbandsstruktur. Jedenfalls wenn der Trägerverein einer Moschee neben dem bloßen Bau und Unterhalt der Moschee diese als Mittelpunkt der religiösen Tätigkeit der Gemeinde vorhält und die Religionspflege als Kern seiner Tätigkeit beschreibt, kann er nicht als bloßer religiöser Verein eingestuft werden, sondern ist Religionsgemeinschaft, sofern er selbst oder die Organisation, in die er eingebunden ist, der umfassenden Religionspflege dient.

b) Religiöse Vereine und Religionsgemeinschaften in Dachverbandsstrukturen Die Abgrenzung von Religionsgemeinschaften und religiösen Verbänden macht aber naturgemäß dann besondere Schwierigkeiten, wenn religiöse Vereinigungen in eine Dachverbandstruktur eingebunden sind, wie das in Deutschland der Fall ist: Wichtige islamische Organisationen sind in mehrstufige Dachverbandsstrukturen mit Dachorganisationen auf Bundes- und Landesebene sowie lokalen Moscheegemeinden eingebunden. Insofern stellt sich die Frage, ob für die Allseitigkeit auf den Gesamtverband unter Einschluss aller Unterverbände abzustellen ist, oder ob alle Teilverbände der allseitigen Erfüllung der religiösen Aufgaben dienen müssen. Ferner ist zu entscheiden, ob dann, wenn einem Dachverband auch Vereinigungen angehören, die mangels „Allseitigkeit“ der Religionspflege selbst nicht Religionsgemeinschaften sind, oder gar Gemeinschaften ohne religiöse Zielsetzung, das Gesamtgebilde nicht den Charakter als Religionsgemeinschaft verliert. Im Bezug auf die erste Frage ist die Antwort klar: es ist unschädlich, wenn der umfassende Charakter der Religionspflege nicht auf jeder Ebene und von jedem Unterverband verwirklicht wird. Vielmehr ist dabei die gesamte Dachverbandsstruktur mit der zugrundeliegenden Aufgabenteilung in den Blick genommen. Wenn die Ebenen der Dachverbandsstruktur insgesamt auf die all-

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seitige Erfüllung der durch das religiöse Bekenntnis gestellten Aufgaben gerichtet sind, handelt es sich um Religionsgemeinschaften. Niemand würde den Religionsgemeinschaftscharakter einer Landeskirche deshalb in Frage stellen, weil wesentliche Aktivitäten der Kirche wie Gottesdienste oder die Konfirmandenarbeit üblicherweise auf Gemeindeebene stattfinden. Unschädlich kann es aber auch sein, wenn ein Dachverband Mitgliedsvereine umfasst, die selbst lediglich religiöse Vereine sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Zusammenschluss von religiösen Vereinen zu einem Dachverband auch dann keine Religionsgemeinschaft entsteht, wenn darin zahlreiche unterschiedliche fachliche Ansätze und Zielrichtungen unter einem einheitlich religiösen Blickwinkel zusammengefasst werden.32 Das ist jedenfalls dann überzeugend, wenn die Dachverbandsstruktur in ihrer Gesamtstruktur nicht die Allseitigkeit der Religionspflege vermitteln kann. Dasselbe gilt auch, wenn der Dachverband sowohl aus fachorientierten Vereinigungen, also religiösen Vereinen, als auch aus örtlichen Kultusgemeinden zusammengesetzt wird, wenn Letztere den Dachverband nicht prägen, sondern von den fachorientierten Vereinigungen beherrscht werden.33 Wie bereits erwähnt, ist der Charakter einer Religionsgemeinschaft nur aufgrund einer wertenden Gesamtschau zu ermitteln. Ein Fachverband von Kindergartenträgern einer Konfession wird auch dadurch nicht zur Religionsgemeinschaft, dass ihm lokale Kirchengemeinden angehören. Die „Beherrschung“ durch Fachverbände schließt die Religionsgemeinschaftseigenschaft einer Vereinigung deshalb aus, weil dann eben nicht die Allseitigkeit der Religionspflege im Vordergrund steht. Ein Dachverband ist also dann keine Religionsgemeinschaft, wenn er seinerseits nicht von Unterverbänden geprägt wird, die in ihrer Gesamtheit der umfassenden Religionspflege dienen, sondern von religiösen Vereinen beherrscht wird.

IV. Die Bedeutung des Einflusses ausländischer Staaten auf deutsche islamische Organisationen Aus dem Begriff der Religionsgemeinschaft und seiner verfassungsrechtlichen Funktion lassen sich keine Einschränkungen dergestalt ableiten, dass die Organisation einer Religion, die in ihrem jeweiligen Herkunftsland Staatsreli___________ 32 33

BVerwGE 123, 61. Ebd.

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gion ist, in der Bundesrepublik nicht als Religionsgemeinschaft behandelt werden könnte. Auch die in der Bundesrepublik ansässigen und tätigen Organisationen von Staatsreligionen bzw. Staatskirchen können Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes sein.34 Denn die Freiheit von Einflüssen von außen gehört nicht zu den Definitionsmerkmalen einer Religionsgemeinschaft und kann es auch nicht sein, weil der Begriff der Religionsgemeinschaft eine dienende Funktion für die Religionsausübung der Gemeinschaftsangehörigen hat. Er markiert diejenigen Verbände, denen die besonderen Rechte einer Religionsgemeinschaft zukommen und diese Rechte bestehen gerade, wie bereits ausgeführt, um der Religionsausübung willen. Voraussetzung der Religionsausübung kann aber gerade der – etwa wegen der Staatsreligionseigenschaft der betreffenden Gemeinschaft im Heimatstaat notwendige – Kontakt und die Kooperation mit staatlichen Einrichtungen im Ausland sein. Es ist kein Grund ersichtlich, solche Gemeinschaften nicht als Religionsgemeinschaften zu qualifizieren und ihnen damit etwa das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV gegenüber dem deutschen Staat vorzuenthalten. Es ist – im Gegenteil – um der religiösen Gleichheit und der staatliche Neutralität in religiösen Angelegenheiten willen geboten, solche Gemeinschaften als Religionsgemeinschaften zu behandeln. Demgemäß ist das Merkmal „Freiheit von auswärtigen Einflüssen“, bisher – soweit ersichtlich – zu Recht auch noch nicht als Voraussetzung für die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft postuliert worden. Indes gelten für die Bestimmung der Grundsätze des Religionsunterrichts im Sinne des Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG Besonderheiten. Dass die Definition dieser Grundsätze den Religionsgemeinschaften obliegt, ist Ausdruck der Grundsätze der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften und der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates. Nicht der Staat, d. h. für den Religionsunterricht die Länder, können den Inhalt religiöser Bekenntnisse festlegen, vielmehr muss dies staatsunabhängig durch die Religionsgemeinschaften selbst geschehen. Daraus ergeben sich Besonderheiten für solche Religionsgemeinschaften, die der Einflussnahme ausländischer Staaten unterliegen. Es widerspräche nämlich dem Grundsatz der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften und der in Art. 7 Abs. 3 GG vorausgesetzten Unterscheidung von Religionsgemeinschaften und Staat, wenn ausländischen Staaten das Recht vermittelt würde, die Grundsätze der Religionsgemeinschaften im Sinne des Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG zu definieren und damit den Religionsunterricht an deutschen Schulen maßgeblich inhaltlich zu bestimmen. Dadurch würde ausländischen Staaten eine Befugnis im Bezug auf den Religionsunterricht an deutschen öffentlichen ___________ 34

Vgl. Hennig, Muslimische Gemeinschaften (Fn. 12), S. 92.

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Schulen eingeräumt, die das Grundgesetz der Bundesrepublik und den Ländern verwehrt.35 Damit würden sich die Länder in einen Widerspruch zu religionsverfassungsrechtlichen Grundsätzen des Grundgesetzes setzen. Ein Religionsunterricht, dessen Grundsätze nicht Ausdruck religiöser Selbstbestimmung, sondern staatlicher Fremdbestimmung sind (wenn auch die der eines anderen Staates), entspricht nicht dem im Grundgesetz vorgesehenen. Eine Gemeinschaft, die durch einen anderen Staat so beeinflusst wird, dass ihre Grundsätze nicht Ausdruck ihrer religiösen Selbstbestimmung sind, kann daher nicht Kooperationspartner der Länder beim Religionsunterricht sein.36 Allerdings ist insofern zu unterscheiden. Für eine Religionsgemeinschaft, deren Mitglieder überwiegend ausländischer Herkunft sind und noch Bindungen an das Herkunftsland unterhalten, und deren Existenz in Deutschland noch nicht so etabliert ist, dass ihre religiösen Bedürfnisse sich aus Deutschland befriedigen lassen, sind gewisse Kooperationsformen mit der Religionsgemeinschaft im Herkunftsland unvermeidlich und zur Ausübung ihrer Religion und damit der Religionsfreiheit und des Selbstbestimmungsrechts geradezu erforderlich. Wenn es sich um eine Staatsreligion oder, wie in der Türkei, um eine staatlich kontrollierte Religion handelt, ist es unvermeidlich, dass damit die Kooperation mit den entsprechenden staatlichen Stellen des Heimatstaates verbunden ist. Derlei Kooperationsformen stellen für sich weder die Eigenschaft eine Verbandes noch die Fähigkeit in Frage, Kooperationspartner im Bereich des Religionsunterrichts gem. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG zu sein, sofern die Selbstbestimmung der „deutschen“ Gemeinschaft gewahrt bleibt. Wenn staatliche Einflüsse so weit gehen, dass von einer Selbstbestimmung der deutschen Vereinigung nicht die Rede sein kann, stellt das zwar nicht deren Religionsgemeinschaftsqualität in Frage. Es ist aber Hindernis für die Festlegung der „Grundsätze“ des Religionsunterrichts gem. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG. ___________ 35 Vgl. Martin Heckel, Vom Religionskonflikt zur Ausgleichsordnung, München 2007, S. 109. 36 Deutsche Islamkonferenz, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen (Fn. 14), S. 61. Vorsorglich sei hier erwähnt, dass diese Bedenken der Bestimmung der Grundsätze des Religionsunterrichts durch die römisch-katholische Kirche in Deutschland nicht entgegenstehen. Zwar ist der Papst als deren geistliches Oberhaupt auch Oberhaupt des souveränen Staates der Vatikanstadt. Das bringt aber keine staatliche Fremdbestimmung der römisch-katholischen Kirche durch den Staat der Vatikanstadt mit sich. Vielmehr ist dieser aufgrund der Lateranverträge des Heiligen Stuhls mit dem italienischen Staat gegründet worden, um die Unabhängigkeit des Heiligen Stuhls und damit der römisch-katholischen Kirche zu sichern (siehe Präambel und Art. 2 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien vom 11.2.1929). Der Staat der Vatikanstadt dient also nicht der staatlichen Fremdbestimmung der Kirche, sondern der Sicherung von deren Selbstbestimmung.

Begriff der Religionsgemeinschaft im Deutschen Religionsverfassungsrecht

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V. Fazit Wie die bisherige Orientierung an der aus der Weimarer Zeit stammenden, Anschütz’schen Definition des Begriffs der Religionsgemeinschaft zeigt, schien dieser Zentralbegriff des deutschen Religionsverfassungsrechts lange Zeit unproblematisch und vergleichsweise einfach zu bestimmen. Die durch Zuwanderungsprozesse verursachte vermehrte Präsenz islamischer Organisationen mit ihren religiös und kulturell erklärbaren Unterschieden zu den länger etablierten Kirchen und Religionsgemeinschaften hat aber in einer ganzen Reihe von Einzelheiten Konkretisierungs- und Präzisierungsbedarf hervorgerufen. Die Auslegung des Begriffs der Religionsgemeinschaft und die Anwendung seiner Merkmale sind an den Grundlagen des deutschen Religionsverfassungsrechts, insbesondere an Religionsfreiheit, Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und religiöser Gleichheit zu orientieren. Wird dies berücksichtigt, bedarf es keiner grundlegenden Neuorientierung. Hier wie an anderen Stellen zeigt sich, dass die im Kern aus der Weimarer Verfassung übernommenen Grundlagen des deutschen Religionsverfassungsrechts anpassungsfähig sind und auch unter gewandelten Verhältnissen aktuell bleiben.

Religiöse Tradition und Rechtspersönlichkeit Wolfgang Wieshaider

I. Ausgangspunkte Die religiöse Landkarte Österreichs ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend bunter geworden, auch wenn man nur die gesetzlich anerkannten und die eingetragenen Religionsgemeinschaften in den Blick nimmt. Im Jahre 1983 ist mit der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft 1 erstmals eine im Fernen Osten entstandene Religion in den Kreis der gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften aufgenommen worden. Nach dem Inkrafttreten des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes2 (BekGG) hat dieses Feld mit dem Erwerb der Rechtspersönlichkeit als eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft durch die Hinduistische Religionsgesellschaft in Österreich am 10. Dezember 19983 seine Erweiterung gefunden. In weitaus überwiegender Zahl listen die Verzeichnisse der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie der eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften allerdings christlich geprägte Gemeinschaften auf, welche teils bereits in langer Tradition bestehen, teils aber auch jüngeren Gründungsdatums sind. Während der Staat zunächst mit der Altkatholischen Kirche eine weitere Kirche, die – in Folge des Ersten Vatikanischen Konzils – aus der katholischen Tradition hervorgegangen ist, aufgrund des kurz zuvor neu geschaffenen Anerkennungsgesetzes4 (AnerkG) im Jahre 1877 gesetzlich anerkannt hat,5 hat sich ___________ 1 Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 13. Dezember 1982 betreffend die Anerkennung der Anhänger des Buddhismus, BGBl 1983/72. 2 Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl I 1998/19. 3 Bescheid vom 15. April 1999, GZ 13.486/2-9c/99. 4 Gesetz vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl 1874/68. 5 Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 18. October 1877, womit die Anerkennung der altkatholischen Religionsgesellschaft ausgesprochen wird, RGBl 1877/99; siehe dazu Wilhelmine Zankl, Geschichte der Altkatholischen Kirche Österreichs, in: ÖAKR 31 (1980) S. 431-448, 431-434; Karl Anderle, Staatskirchenrechtliche Bemerkungen zur Stellung der Altkatholischen Kirche Österreichs, in: ÖAKR 31 (1980)

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insbesondere in jüngerer Zeit das Spektrum der körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaften im protestantisch-freikirchlichen Bereich diversifiziert. Jenseits des Christentums scheinen demgegenüber Bestrebungen um Neugründungen auf einen Umweg über den Verfassungsgerichtshof angewiesen zu sein. Sowohl im Judentum als auch im Islam hat offenbar eine magnetische Kraft – da des Israelitengesetzes6 (IsrG), dort des Islamgesetzes7 (IslG) – das behördliche Wirken auf die Erhaltung ausschließlicher und einheitlicher Organisationsstrukturen gelenkt. Diesem Phänomen des österreichischen Religionsverfassungsrechts soll im Folgenden nun etwas auf den Grund gegangen werden.

II. Der VfGH zum Israelitengesetz § 2 IsrG hat in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1890 normiert, dass jede Kultusgemeinde ein örtlich begrenztes Gebiet umfasst, in welchem auch jeweils nur eine einzige Kultusgemeinde bestehen kann. Jeder Jude – das Gesetz nennt ihn Israelit – jeder Jude also, so der Paragraf weiter, gehört jener Kultusgemeinde an, in welcher er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Damit hat der Staat über die jüdischen Gemeinden ein dem Ausschließlichkeitsprinzip verpflichtetes Konzept der Einheitsgemeinde gelegt. Wer von einer Kultusgemeinde als Jude anerkannt wird, zählt zu den inneren Angelegenheiten, welche selbständig zu ordnen und zu verwalten Art. 15 des Staatsgrundgesetzes8 (StGG) der Israelitischen Religionsgesellschaft verbürgt. Bis zur Novelle 1984 war das AnerkG auf Juden nicht anwendbar; so hatte dies schon der VwGH sogar vor Inkrafttreten des IsrG judiziert: „Daß das in der ö. m. Verhandlung citirte Gesetz vom 20. Mai 1874, R. G. B. №. 68, welches lediglich die Anerkennung bisher nicht anerkannter Religions-Gesellschaften zum Gegenstande hat, die Verhältnisse der längst vor Wirksamkeit dieses Gesetzes bereits anerkannten israelitischen Religionsgesellschaft keine Anwendung leidet, ist selbstverständlich.“9

___________ S. 455-469, 456-458; Christian Halama, Altkatholiken in Österreich. Geschichte und Bestandsaufnahme, Wien / Köln / Weimar 2004, S. 59-240. 6 Gesetz vom 21. März 1890, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft, RGBl 1890/57. 7 Gesetz vom 15. Juli 1912, betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft, RGBl 1912/159. 8 Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, RGBl 1867/142. 9 VwSlg 2 224 (1884); siehe auch VwSlg 3 092 (1886).

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Im Jahre 1981 hat der VfGH das örtliche Monopol der Israelitischen Kultusgemeinden aufgehoben und argumentiert, es sei „unsachlich – und verstößt daher gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz –, einer Personengruppe, für deren religiöse Überzeugung es essentiell ist, sich als ,Israelite‘ (zum jüdischen Glauben) zu bekennen, die Möglichkeit zu verwehren, neben der auf einem bestimmten Gebiet einzig bestehenden IKG eine andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft zu gründen, die sich selbst als ,israelitisch‘ versteht, und zwar derart, daß diese Personengruppe weder eine Kultusgemeinde nach dem IsraelitenG noch eine Religionsgesellschaft nach dem AnerkennungsG bilden kann; all dies auch dann nicht, wenn ihrer weiteren religiösen Überzeugung nach die bestehende IKG nicht den ihrer Meinung nach richtigen jüdischen Glaubensinhalt vertritt“.10

Der Gesetzgeber hat die infolge der Aufhebung des Halbsatzes, dass „in demselben Gebiete […] nur eine Cultusgemeinde bestehen [kann]“, entstandene relative Unbestimmtheit durch einen Verweis auf die Möglichkeit einer Anerkennung nach dem AnerkG geklärt. Die anfängliche Kritik an dieser Bestimmung11 hat im Laufe der Jahre keinen Widerhall gefunden.12 Mit Inkrafttreten des BekGG im Jahre 1998 samt seiner lex fugitiva zum AnerkG13 ist die Frage aufgebrochen, wie künftig der Verweis des § 2 Abs. 3 IsrG idF BGBl 1984/61, wonach wegen bestehender Ritusverschiedenheiten Israeliten die Anerkennung als Religionsgesellschaft nach dem AnerkG erwirken können, zu verstehen sei.14 Die Novelle BGBl I 2012/48 hat schließlich in verfassungskonformer Weise jegliche Verweise, die auf andere Gemeinschaften als die Israelitische Religionsgesellschaft anzuwenden wären, gestrichen. Das Gesetz macht nunmehr deutlich, ausschließlich die Rechtsstellung der Israelitischen Religionsgesellschaft zu regeln. Andere Gemeinschaften, welche sich auch im weiteren ___________ 10

VfSlg 9 185 (1981) = ÖJZ 37 (1982) S. 163-166. Johann Schima, Ende des kirchlichen Ausschließlichkeitsrechtes? (Zugleich eine Besprechung des Erk des VfGH 2. 7. 1981 G 31/79), ÖJZ 37 (1982) S. 141-147 u. 169175; Inge Gampl, Zur Frage der Verträglichkeit von VfGHErk. 2. Juli 1981 G 31/79-21 und Regierungsvorlage 25. März 1982, S. 1047 der Beilagen Sten.Prot. NR, XV. GP, ÖAKR 34 (1983/84) S. 314-319; Felix Ermacora, Die Wirkung des Erkenntnisses des VfGH v. 2. 7. 1981 auf die Novelle zum Israelitengesetz, ÖAKR 34 (1983/84) S. 320 f.; Hans R. Klecatsky, Rechtsgutachten über Inhalt und Zweckhaftigkeit der Regierungsvorlage vom 25. März 1982 eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird, 1047 der Beilagen Sten.Prot. NR, XV. GP, ÖAKR 34 (1983/84) S. 322-335. 12 Jens Budischowsky, Die staatskirchenrechtliche Stellung der österreichischen Israeliten, Wien 1995, S. 79 f.; Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 608. 13 Hiezu siehe nur Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsgemeinschaftenrecht. Anerkennung und Eintragung, Wien 1998, S. 110-118; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 12), S. 96-102. 14 Kalb / Potz / Schinkele, Religionsgemeinschaftenrecht (Fn. 13), S. 120 f.; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 12), S. 608. 11

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Sinne als jüdisch verstehen, können immer eine Rechtspersönlichkeit nach den allgemeinen Vorschriften erlangen.15 Bedenken verfassungrechtlicher Natur, welche gegen letztere vorgebracht worden sind,16 können sich nur einerseits gegen § 11 BekGG, andererseits gegen die unausgewogene Anknüpfung dritter Rechtsvorschriften an die Rechtsstellung eingetragener religiöser Bekenntnisgemeinschaften und gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften richten.17 Wegen Art. 15 StGG bzw Art. 9 i.V.m. Art. 11 EMRK kann das IsrG, wie sich auch aus dem unten Auszuführenden ergibt, hievon demgegenüber nicht berührt sein.

III. Der VfGH zum Islamgesetz Zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens im Jahre 1912 war das IslG auf die Anhänger „des hanefitischen Ritus“ beschränkt. Die Ordnung der äußeren Rechtsverhältnisse war gemäß § 1 Abs. 1 IslG dem Verordnungswege vorbehalten und über viele Jahrzehnte hin mangels muslimischer Gemeindestrukturen auf dem Gebiete der Republik nicht beschritten worden. 1979 wurde schließlich die erste Kultusgemeinde mit Bescheid eingerichtet. Da eine derartige Einrichtung nach Auffassung des VfGH jedoch eigentlich Verordnungscharakter habe, hob der Gerichtshof den Bescheid im Jahre 1988 auf.18 Noch im selben Jahre wurde die Islamische Glaubensgemeinschaft im Verordnungsweg eingerichtet.19 § 1 dieser Verordnung normiert, dass „[d]ie Anhänger des Islams […] als anerkannte Religionsgesellschaft die Bezeichnung ,Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich‘“ führen. Zudem hat die kurz zuvor erfolgte Aufhebung der einschränkenden Wortfolge durch den VfGH im Jahre 198720 den Anwendungsbereich des Gesetzes ausgedehnt: ___________ 15 In diesem Sinne auch die EB zur RV 1689 BlgNR, 24. GP, 2, wenn auch ohne Verweis auf das Bundesgesetz über Vereine, BGBl I 2002/66 i.d.F. (zuletzt) BGBl I 2012/50. 16 Siehe dazu oben Fn. 13. 17 Siehe hiezu VfSlg 17 021 (2003) = öarr 51 (2004) 275–281 (kommentiert von Brigitte Schinkele); VfSlg 18 965 (2009) = öarr 57 (2010) 286–302 (kommentiert von Stefan Hammer); VfSlg 19 240 (2010); sowie VfSlg 19 164 und 19 166 (2010) = BGBl I 2010/84 und die Novelle BGBl I 2011/78 zum BekGG. 18 VfSlg 11 624 (1988); vgl. Johann Bair, Das Islamgesetz. An den Schnittstellen zwischen österreichischer Rechtsgeschichte und österreichischem Staatsrecht, Wien / New York 2002, S. 110-112; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 12), S. 629. 19 Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 2. August 1988 betreffend die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, BGBl 1988/466. 20 VfSlg 11 574 (1987) = BGBl 1988/164; siehe hiezu auch Bair, Islamgesetz (Fn. 18), S. 106-110.

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„Insbesondere zählt zu den ,inneren Angelegenheiten‘ auch die Frage der Mitgliedschaft zur anerkannten Religionsgesellschaft. Der Gesetzgeber ist kraft Art. 15 StGG verhalten, bei Anerkennung einer Religionsgesellschaft deren Mitgliederkreis so abzugrenzen, daß er nicht gegen das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft verstößt.“

Im konkreten Fall gründet dieser Verstoß auf dem Ausschluss eines Teiles der Gemeinschaft, welcher nach dem Selbstverständnis der gesamten Religionsgemeinschaft zum gemeinsamen Bekenntnis gehört. Dadurch hat der Gesetzgeber „die durch Art. 15 StGG verfassungsrechtlich gewollte und verbürgte selbständige Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten der gesamten Religionsgemeinschaft“21 verhindert. Durch eine Zusammenschau dieses Erkenntnisses und der Anerkennungsverordnung aus 1988 wird – nur wenige Jahre nach der Einführung einer (ausdrücklichen) Öffnungsklausel ins IsrG – eine Monopolstellung der Islamischen Glaubensgemeinschaft wenigstens suggeriert. Zwar bleibt die Verordnung knapp und stellt kein Gebietsmonopol der hier als Religionsgemeinden bezeichneten territorialen Gliederungen her, doch deutet ihr zitierter Beginn, der „die“, also wohl „alle“ Anhänger des Islam der Islamischen Glaubensgemeinschaft zuweist, eher in die nämliche als in die gegenteilige Richtung. Zur nächsten Zuspitzung dieser Frage ist es etwas mehr als zwanzig Jahre später gekommen, als die Kultusbehörde unter Verweis auf die bestehende Rechtslage und unter Berufung auf das Erkenntnis aus dem Jahre 1987 sowohl die Anerkennung einer weiteren Gruppierung als „Islamische-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ als auch die Eintragung als „Islamische-Alevitische Bekenntnisgemeinschaft“ abgelehnt hat.22 Die zur Stellungnahme eingeladene Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich hat den Zusatz „islamisch“ als „eine unzulässige grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ“ betrachtet, weil das Alevitentum „der islamischen Glaubenstheologie diametral entgegensteh[e]“ und „als bereits außerhalb der islamischen Weltgemeinschaft (Ummah) stehend“ anzusehen sei.23 Der VfGH hat demgegenüber sein Verständnis des Begriffs der inneren Angelegenheiten präzisiert und festgehalten, „[a]us Art. 15 StGG kann nicht abgeleitet werden, dass nur eine einzige rechtlich verfasste (sei es in Form einer Bekenntnisgemeinschaft, sei es in Form einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft) islamische Religionsgemeinschaft bestehen darf. […] Ein solches Ergebnis stünde auch im Konflikt mit Art. 9 EMRK:

___________ 21

VfSlg 11 574 (1987) = BGBl 1988/164. Zur Chronologie der Ereignisse siehe im Detail Richard Potz / Brigitte Schinkele, Eintragung bzw. gesetzliche Anerkennung alevitischer Gruppen in Österreich, in: öarr 58 (2011), S. 137-155, 137 f. 23 VfSlg 19 240 (2010). 22

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Nach der Rechtsprechung des EGMR ist der Staat zur Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet. Eine Verletzung des Art. 9 EMRK ist dann anzunehmen, wenn die Anerkennung einer – keine neue Bewegung darstellenden – beschwerdeführenden Religionsgemeinschaft vom Willen einer bereits anerkannten kirchlichen Autorität abhängig gemacht wird […].“24

Auf Grundlage dieses Erkenntnisses hat die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich am 13. Dezember 2010 die Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft erworben.25

IV. Die inneren Angelegenheiten und der Mitgliederbegriff Des VfGH hat damit in seiner Rechtsprechung mehrfach unterstrichen, dass die Bestimmung der Mitgliedschaft, die Definition des Mitgliederbegriffs zum Kern der inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft gehört. Denn Religionsgemeinschaften sind Körperschaften; und das Wesen von Körperschaften als eine „zur juristischen Person erhobenen Personenmehrheit“26 bestimmt sich entscheidend durch das Mitgliedschaftsverständnis. Die Unantastbarkeit des Mitgliedschaftsverständnisses gewährt einerseits Art. 15 StGG hinsichtlich der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, andererseits Art. 9 i.V.m. Art. 11 EMRK hinsichtlich aller Religionsgemeinschaften. Dem Staat ist es verwehrt, eine Anerkennung zu eng zu fassen, und, wie es der VfGH 1987 ausgesprochen hat, Gruppen aus einer Gemeinschaft auszuschließen, die dem Selbstverständnis der Gemeinschaft und der Gruppe nach Teil der Gemeinschaft sind; e contrario ist es dem Staat verfassungsgesetzlich verwehrt, eine Anerkennung zu weit zu fassen und der anerkannten Gemeinschaft Gruppen zuordnen, welche nicht dem Selbstverständnis beider nach, sowohl der Gemeinschaft als auch der betreffenden Gruppe, Teil der Gemeinschaft sind.27 Dieses Prinzip verdeutlicht auch die gesetzgeberische Praxis in Bezug auf die orthodoxen und die orientalisch-orthodoxen Kirchen. Denn so___________ 24 Ebd. In diesem Zusammenhang verweist der VfGH auf EGMR 13. 12. 2001, 45 701/99 (Mitropolia Basarabiei şi Exarhatul Plaiurilor / Republik Moldau), RJD 2001XII, § 123 = öarr 50 (2003), S. 156-171 (kommentiert von Eva Synek); vgl. auch Katharina Pabel, Entwicklungen im Recht der Religionsgemeinschaften, Jahrbuch Öffentliches Recht 2011, S. 111-125. 25 Bescheid vom 16. Dezember 2010, GZ BMUKK-12.056/0005-KA/2010. 26 Walter Antioniolli / Friedrich Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien ³1996, S. 321. 27 Vgl. Brigitte Schinkele, Die Rechtsstellung der Orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich nach dem Orientalisch-orthodoxen Kirchen-Gesetz 2003 unter besonderer Berücksichtigung der Koptisch-orthodoxen Kirche, in: öarr 51 (2004), S. 221-243, 236 f.

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wohl das Orthodoxengesetz28 (OrthodG) und das Orientalisch-orthodoxe Kirchengesetz29 (OrientKG) fassen in ihren Bestimmungen mehrere religiöse Organisationen ähnlicher, aber nicht identischer Tradition zusammen. So sind in der Griechisch-orientalischen Kirche folgende Kirchengemeinden verbunden: (1) Griechisch-orientalische Kirchengemeinde zur Hl. Dreifaltigkeit, (2) Griechisch-orientalische Kirchengemeinde zum Hl. Georg, (3) Serbisch-griechisch-orientalische Kirchengemeinde zum Hl. Sava, (4) Rumänisch-griechisch-orientalische Kirchengemeinde zur Hl. Auferstehung, (5) Russisch-orthodoxe Kirchengemeinde zum Hl. Nikolaus, (6) Bulgarisch-orthodoxe Kirchengemeinde zum Hl. Iwan Rilski. Zusammenfassende Klammer ist ihnen die Orthodoxe Bischofskonferenz gemäß § 1a Abs. 1 OrthodG. Zu deren Aufgaben gehören gemäß § 1a Abs. 2 insbesondere die Koordination des Religionsunterrichts, das kirchliche Begutachtungsrecht sowie die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber dem zuständigen Bundesminister vor der Anerkennung von orthodoxen Einrichtungen nach dem OrthodG. Im Rahmen des § 1 OrientKG sind bislang drei Kirchen, deren Unterschiede zueinander größer als jene der eben genannten orthodoxen Kirchengemeinden zueinander sind,30 anerkannt: (1) Armenisch-apostolische Kirche in Österreich, (2) Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich, (3) Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich. Die beiden ersteren Kirchen waren bereits vor Inkrafttreten des OrientKG im Sinne von Art. 15 StGG gesetzlich anerkannte Kirchen.31 Die Materialien wiesen darauf hin, dass sich die orientalisch-orthodoxen Kirchen nicht in ihrer Lehre, wohl aber durch ihre eigenständigen Hierarchien unterscheiden.32 Sie

___________ 28 Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über äußere Rechtsverhältnisse der griechischorientalischen Kirche in Österreich, BGBl 1967/29 i.d.F. BGBl 1994/505 und I 2011/68. 29 Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich, BGBl I 2003/20. 30 Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27), S. 236. 31 Siehe die Verordnungen BGBl 1973/5 und BGBl 1988/129; ausführlich zu diesem Gesetz Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27). 32 RV 8 BlgNR 22. GP, 4.

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stehen zueinander in Kommuniongemeinschaft und pflegen gemeinsame ökumenische Aktivitäten.33 Zusammenfassende Klammer dieser Kirchen ist die Orientalisch-orthodoxe Kirchenkommission gemäß § 2 Abs. 1 OrientKG. Zu deren Aufgaben gehören gemäß § 2 Abs. 2 OrientKG die Koordination des Religionsunterrichts, das kirchliche Begutachtungsrecht sowie die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber dem zuständigen Bundesminister vor der Anerkennung einer anderen orientalisch-orthodoxen Kirche. Beide Gesetze kennen damit übergeordnete Einrichtungen, welchen zum überwiegenden Teil dieselben Aufgaben übertragen sind. Deren Aufzählung – und allein darin unterscheiden sich die Bestimmungen – sind hinsichtlich der Orthodoxen Bischofskonferenz demonstrativ, hinsichtlich der Orientalischorthodoxen Kirchenkommission jedoch taxativ gefasst. Darüber hinaus ordnet § 2 Abs. 3 OrientKG die Einstimmigkeit für die Beschlüsse der Orientalischorthodoxen Kirchenkommission an. In jedem Falle sind die übergeordneten Einrichtungen, und dies betonen auch die einschlägigen Gesetzesmaterialien,34 auf Grundlage innerkirchlicher Einigung aller beteiligten Kirchen zustande gekommen; die gesetzliche Regelung ist vorgenommen worden, „[u]m eine rechtliche Gleichstellung mit anderen christlichen Kirchen zu schaffen“.35 Aus den Prinzipien der Gleichbehandlung und der religiösen Neutralität des Staates folgt also einerseits, dass gemeinsame Organisations- und Verbandsstrukturen ermöglicht werden müssen; und andererseits, sozusagen als Kehrseite, die Zweiseitigkeit des Verbotes der erzwungenen Eingliederung:36 So darf weder einer weiteren Gruppierung als einzige Anerkennungsmöglichkeit die Eingliederung in einen Verband mit einer anderen, in der Regel bereits bestehenden körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaft geboten werden, noch darf der religiös neutrale Staat der letzteren die Aufnahme weiterer Gruppierungen in einen gemeinsamen Verband octroyieren. Anders formuliert, können Dissidenten beim Staate keinen Anspruch durchsetzen, in ihrer bisherigen

___________ 33

Vgl. Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27), S. 226; siehe näher auch Claude Sélis, Les Syriens orthodoxes et catholiques, Turnhout 1988, S. 221; Krikor Beledian, Les Arméniens, Turnhout 1994, S. 195 f.; Christian Cannuyer, Les coptes, nouvelle éd., Turnhout 1996, S. 189 f.; Thomas E. Fitzgerald, Eastern Christianity, in: Lindsay Jones (ed.), Encyclopedia of Religion ²IV, Detroit 2005, S. 2580-2595, 2584 f. 34 AB 1268 BlgNR 24. GP, 1. 35 Ebd. 36 Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27), S. 236 f.

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Religionsgemeinschaft eine eigene selbständige Organisationsstruktur eingerichtet zu bekommen:37 „[D]es mesures de l’Etat favorisant un dirigeant d’une communauté religieuse divisée ou visant à contraindre la communauté, contre ses propres souhaits, à se placer sous une direction unique constituent également une atteinte à la liberté de religion. Dans une société démocratique, l’Etat n’a pas besoin de prendre des mesures pour garantir que les communautés religieuses soient ou demeurent placées sous une direction unique.“38

Für den letzteren Fall hat der Gesetzgeber dieser Gruppe die Möglichkeit der Erlangung einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit zu eröffnen. So judiziert der EGMR, dass staatliche Verfügungen, religiöse Gemeinschaften unter einer gemeinsamen Führung zu halten oder unter dieselbe zu bringen, keine verhältnismäßigen, und daher keine gerechtfertigten Eingriffe in die Religionsfreiheit darstellen: „[I]n democratic societies the State does not need to take measures to ensure that religious communities remain or are brought under a unified leadership.“39

Zum Kern der von Art. 9 EMRK geschützten inneren Organisation einer Religionsgemeinschaft gehört nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR40 explizit die Gestaltung des Mitgliederbegriffs: „The Court reiterates that religious associations are free to determine at their own discretion the manner in which new members are admitted and existing members excluded. The internal structure of a religious organisation and the regulations governing its membership must be seen as a means by which such organisations are able to express their beliefs and maintain their religious traditions.“41

Was die Bezeichnung einer sich neu gründenden, selbständigen Gruppe betrifft, ist diese so zu wählen, dass es zu keiner Verwechslung mit der bereits anerkannten oder eingetragenen Religionsgemeinschaft kommt.42 Letzteres folgt aus dem zitierten Erkenntnis des VfGH aus 2012. Ebenso wie die Einsicht, dass ___________ 37

Jens Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Baden-Baden / Basel ³2011, Art. 9 EMRK, Rz 12. 38 EGMR 15. 9. 2009, 798/05 (Miroļubovs & andere / Lettland) Rz 80. 39 EGMR 22. 1. 2009 412/03 & 35 677/04 (Светия синод на Българската православна църква (митрополит Инокентий) und andere / Bulgarien), § 120; so auch schon EGMR 14. 12. 1999, 38 178/97 (Σερίφ / Griechenland) RJD 1999-IX, § 52 = öarr 49 (2002), S. 299-302 (kommentiert von Heike Jochum) und EGMR 26. 10. 2000, 30 985/96 (Хасан и Чауш / Bulgarien), RJD 2000-XI, § 78 = öarr 49 (2002), S. 302-305 (kommentiert von Heike Jochum). 40 EGMR 14. 6. 2007, 77 703/01 (Свято-Михайлівська парафія / Ukraine), in: öarr 55 (2008) S. 110-122 (kommentiert von Thomas M. Németh). 41 Ebd., § 150. 42 In diesem Sinn ist etwa auch § 6 IsrG i.d.F. BGBl I 2012/48 zu verstehen.

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religionsbezogene Zusätze zum Namen, solange nur die Verwechslungsmöglichkeit gebannt ist, nicht ausgeschlossen werden können. Steht der Staat vor der Notwendigkeit, zeitlich und wirtschaftlich beständige religiöse Gemeinschaften körperschaftlich zu verfassen, sind religiöse Lehre und religiöses Selbstverständnis Grenze der staatlichen Ingerenz:43 „The State’s duty of neutrality and impartiality, as defined in the Court’s case-law, is incompatible with any power on the State’s part to assess the legitimacy of religious beliefs.“44

Denn auf Unterscheidbarkeit der religiösen Lehre von Staates wegen beharren zu wollen, hieße die Schwelle zur staatlichen Auslegung von (Glaubens-) Doktrinen zu überschreiten. Diese können für den säkularen Staat kein notwendiger Parameter für eine selbständige Anerkennung sein.45 Konsequent weiter gedacht, bedeutet dies auch eine Absage an das dogmatische Konstrukt des Ausschließlichkeitsrechts (im positiven Sinn), welche körperschaftliche Exklusivität für jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft gewährleisten soll.46 Denn wie bereits der EGMR mehrfach judiziert hat, „[w]here the organisation of the religious community is at issue, Article 9 of the Convention must be interpreted in the light of Article 11, which safeguards associative life against unjustified State interference. Seen in this perspective, the believers’ right to freedom of religion encompasses the expectation that the community will be allowed to function peacefully, free from arbitrary State intervention.“47

___________ 43

So z. B. EGMR 15. 9. 2009, 798/05 (Miroļubovs & andere / Lettland) Rz 89. EGMR 22. 1. 2009 412/03 & 35 677/04 (Светия синод на Българската православна църква (митрополит Инокентий) und andere /. Bulgarien), § 120. 45 Siehe dazu Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27), S. 225 unter Verweis auf Hermann Weber, Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften, in: ZevKR 34 (1989), S. 337-382 (348). 46 Inge Gampl, Österreichisches Staatskirchenrecht, Wien / New York 1971, S. 163; Kalb / Potz / Schinkele, Religionsrecht (Fn. 27), S. 75-77 (samt Kritik 77); zudem sei auf die zu Recht kritische Abhandlung von Barbara Gartner in öarr 59 (2012) verwiesen; der genaue Publikationsort steht zur Zeit der Abfassung dieses Textes noch nicht fest. 47 EGMR 26. 10. 2000, 30 985/96 (Хасан и Чауш / Bulgarien), RJD 2000-XI, § 62 = öarr 49 (2002), S. 302-305 (kommentiert von Heike Jochum); siehe auch EGMR 13. 12. 2001, 45 701/99 (Mitropolia Basarabiei şi Exarhatul Plaiurilor / Republik Moldau), RJD 2001-XII, §§ 118, 123 = öarr 50 (2003), S. 156-171 (kommentiert von Eva Synek); EGMR 16. 12. 2004, 39 023/97, (Висш духовен съвет на Мюсюлманската общност /. Bulgarien), § 96. 44

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V. Ausblick und Schließung des Kreises Für die in Planung befindliche Neufassung des IslG bedeutet dies eine zusätzliche Herausforderung, wenn, wie zu vernehmen ist, dieses insoweit erweitert werden soll, als es mögliche Grundlage für die Gewährung der Rechtspersönlichkeit mehrerer islamischer Gruppierungen darstellen solle. Aus dem bisher Gesagten und aus Verfassung und Rechtsprechung Ableitbaren folgt, dass ein derartiges Unterfangen soweit zulässig ist, als ihm alle beteiligten Strömungen zustimmen. Des Weiteren folgt, dass eine solche Regelung nicht abschließend sein kann, weil ein eigenständiger Weg über das allgemeine Anerkennungsrecht (BekGG und AnerkG) offen bleiben muss.48 Die vorstehenden Ausführungen sind – und dies mag das eigentlich Bemerkenswerte daran sein – im Grunde nicht neu. Denn als der confessionelle Ausschuss des Abgeordnetenhauses am 1. März 1875 nach der Ablehnung des Entwurfs für ein „Gesetz, durch welches die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken geregelt werden“,49 einen stark verkürzten Entwurf für ein „Gesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse jener Katholiken, welche alle Lehrsätze der katholischen Kirche mit Ausnahme der in der päpstlichen Bulle „Pastor æternus“ vom 18. Juli 1870 verkündeten Lehrsätze von dem unfehlbaren Lehramte und von der höchsten ordentlichen und unmittelbaren Jurisdiction des römischen Papstes anerkennen“,50 vorgelegt hatte, beschloss das Abgeordnetenhaus am 17. März 1875 damit ein Gesetz, wonach Altkatholiken „eigene, den bisherigen kirchlichen Ebenen nicht unterstehende Kirchengemeinden innerhalb der bestehenden Pfarrsprengel oder auch solche, die sich über mehrere derselben erstrecken, zu bilden“

berechtigt werden sollten. Das Herrenhaus erkannte jedoch sogleich die Problematik. Seine confessionelle Commission empfahl dem Plenum mit Bericht vom 13. Dezember 1875 die Ablehnung, und zwar nicht nur, weil der Entwurf wegen des AnerkG überflüssig sei, sondern der Gesetzgeber anordnete, „einerseits, daß auch diejenigen bisherigen Katholiken, welche das ofterwähnte Dogma vom 18. Juli 1870 verwerfen, noch fortan Katholiken und Mitglieder der bisher von dem österreichischen Staate allein als katholische Kirche gesetzlich anerkannten Kirche bleiben, und andererseits, daß die sogenannten Altkatholiken alle übrigen Lehrsätze der katholischen Kirche annehmen. Dies sind aber Aussprüche rein dogmatischer Natur, welche über den Rechtsbereich der Staatsgesetzgebung hinausgrei-

___________ 48

So auch Schinkele, Rechtsstellung (Fn. 27), S. 237. 214 BlgAH 8. Session, S. 1 f.; auch abgedruckt in: ÖAKR 31 (1980), S. 478 f. in Anhang zu Anderle, Bemerkungen (Fn. 5). 50 346 BlgAH 8. Session, S. 5 f.; auch abgedruckt in: ÖAKR 31 (1980), S. 480 f. in Anhang zu Anderle, Bemerkungen (Fn. 5). 49

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fen, wozu daher der Staatsgewalt keine Competenz zukommt, indem die Ordnung und Entscheidung dieser inneren kirchlichen Angelegenheit kraft des Artikel 15 des mehrbezogenen Staatsgrundgesetzes ausschließend der bezüglichen Kirchengewalt anheimfällt.“51

Dem bleibt nichts hinzuzufügen.

___________ 51

235 BlgHH 8. Session, S. 3; der Empfehlung der confessionellen Commission zur Ablehnung ist das Plenum in der Sitzung vom 17. Jänner 1876 ohne weitere Wortmeldung nachgekommen, StenProtHH 8. Session, 42. Sitzung, S. 740; zu all dem Anderle, Bemerkungen (Fn. 5), S. 457.

Perspektiven der Religionsfreiheit in Deutschland Fabian Wittreck*

I. Einführung: Das deutsche Religionsrecht als „riskante Ordnung“ Die Religionsfreiheit ist unlängst als „Menschenrecht unter Druck“ (Marianne Heimbach-Steins) beschrieben worden.1 Gemeint ist damit weniger der – leider nach wie vor allzu selbstverständliche – Befund, dass weltweit schwere und schwerste Verletzungen der Glaubensfreiheit zu verzeichnen sind.2 Unter „Druck“ stehen vielmehr die bisherige bundesdeutsche Interpretation der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG)3 und mit ihr das gesamte deutsche Arrangement des Verhältnisses von Kirche und Staat (hier zunächst möglichst neutral als „Religionsrecht“ umschrieben; zur Kontroverse um „Staatskirchenrecht“ oder „Religionsverfassungsrecht“ näher unter III.1.). Der vorliegende Beitrag will diese Pressionen in drei Schritten nachzeichnen. Zunächst werden exemplarisch drei Kontroversen geschildert, in denen die deutsche (Fach-)Öffentlichkeit augenblicklich über die Frage streitet, wie die Grenzen der Religionsfreiheit zu bestimmen sind bzw. wie sich dieses Grundrecht in die vielzitierte ___________ * Für ihre wertvolle kritische Durchsicht danke ich Frau Staatsanwältin Dr. Barbara Rox (Braunschweig / Münster). – Um die Korrektur von Text und Fußnotenapparat haben sich unter Anleitung von Frau Akad. Rätin Dr. Kathrin Bünnigmann folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Professur für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie verdient gemacht: Patrick Abel, Igor Belozerov, Lennart Brüggemann, Lutz Friedrich, Richard Gräbener, Fee Niemeier, Stefanie Possienke und Matthias Wagner. 1 M. Heimbach-Steins, Religionsfreiheit – Ein Menschenrecht unter Druck, 2012, S. 11, 17 u. passim. 2 Näher der UN-Sonderberichterstatter H. Bielefeldt, Streit um die Religionsfreiheit. Aktuelle Facetten der internationalen Debatte, 2012, S. 5 ff.; vgl. ferner K. Bräuer u.a., Bedrohung der Religionsfreiheit. Erfahrungen von Christen in verschiedenen Ländern, 2003. 3 Statt aller im ersten Zugriff A. v. Ungern-Sternberg, Religionsfreiheit – ein ausuferndes Grundrecht?, in: H. Rensen / S. Brink (Hrsg.), Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 1, 2009, S. 247 (252 ff., 257 ff.).

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„praktische Konkordanz“ (Konrad Hesse) mit Individualrechten anderer und legitimen Gemeinwohlbelangen bringen lässt (II.). Der folgende Abschnitt fügt diese nur scheinbar punktuellen Auseinandersetzungen in einen größeren Rahmen ein und versucht darzulegen, dass sie lediglich Symptome für Veränderungs- oder besser Erosionsprozesse der (außerrechtlichen) „Religionsrechtsvoraussetzungen“4 sind, die in gleich mehrfacher Hinsicht zu religionsrechtlichen Paradigmenwechseln führen werden oder im Begriff sind, dies zu tun (III.). Im dritten Schritt werden sodann die konkreten Schlussfolgerungen explizit gemacht, also die sich abzeichnenden Änderungen der Interpretation von Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG bzw. Art. 140 GG i.V.m. den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung skizziert (IV.). Am Schluss steht eine vorsichtige Prognose, ob das deutsche Religionsrecht tatsächlich in Anlehnung an eine Prägung von Horst Dreier als „riskante Ordnung“5 gelten muss oder sich als ebenso zukunftsfest wie widerstandsfähig erweisen wird (V.).

II. Aktuelle Kontroversen um die Reichweite der Religionsfreiheit in Deutschland Gegenwärtig werden in der Bundesrepublik – mit wohlgemerkt unterschiedlicher Intensität – drei Fragenkomplexe debattiert, die sämtlich um die Reichweite der (individuellen oder kollektiven) Religionsfreiheit kreisen.6 Während die Beschneidung von Knaben nach einer zuvor nur von Fachleuten überhaupt wahrgenommenen Diskussion im Sommer 2012 mehr oder minder plötzlich durch eine zunächst als „Ausreißer“ apostrophierte Gerichtsentscheidung in den Fokus der öffentlichen Kontroverse geriet (1.), ist der Streit um die Strafbarkeit ___________ 4 In Anlehnung an H. Heller, Allgemeine Staatslehre (1934), in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 3, 1971, S. 77 (361 ff.). – Vgl. auch die Beiträge zum Generalthema „Erosion von Verfassungsvoraussetzungen“ in: VVDStRL 68 (2009) sowie J. Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen, in: ders. / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 190 Rn. 100 ff. 5 H. Dreier, Der freiheitliche Verfassungsstaat als riskante Ordnung, in: Rechtswissenschaft 1 (2010), S. 11 (11). 6 Einen ersten Überblick über den Stand der Debatten verschaffen die folgenden Beiträge: D. Pollack, Rückkehr des Religiösen? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland und Europa II, 2009, S. 19 ff.; G. Robbers, Perspektiven des deutschen Religionsrechts, in: G. E. Rusconi (Hrsg.), Der säkularisierte Staat im postsäkularen Zeitalter, 2010, S. 173 (174 ff.); U. Willems, Religiöse Pluralität, religiöser Pluralismus und Religionsfreiheit in westlichen politischen Gemeinwesen, in: K. Gabriel / C. Spieß / K. Winkler (Hrsg.), Modelle des religiösen Pluralismus. Historische, religionssoziologische und religionspolitische Perspektiven, 2012, S. 243 (254 ff.); zuletzt U. Steiner, Aktuelle Fragen der Religionsfreiheit in Deutschland, in: M. Sachs / H. Sieckmann (Hrsg.), Der grundrechtsgeprägte Verfassungsstaat. Festschrift für Klaus Stern, 2012, S. 1543 (1548 ff.).

Perspektiven der Religionsfreiheit in Deutschland

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der Blasphemie insofern älter, als er im Kern auf die Auseinandersetzungen um die sog. Mohammed-Karikaturen7 zurückgeht und durch aktuelle Wortmeldungen u.a. von Robert Spaemann und Martin Mosebach nur neue Nahrung erhalten hat (2.). Weit weniger Profil gewonnen hat schließlich die Wechselrede über die neuere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum schulischen Schwimmunterricht, die eine Befreiung unter dem Hinweis auf die Möglichkeit der Teilnahme in einem sog. Burkini zunehmend versagt; gleichwohl steht sie pars pro toto für eine insgesamt restriktivere Linie, die (nicht allein) den Anhängern „fremder“ Religionen Ausnahmen von „Bürgerpflichten“ deutlich zurückhaltender einräumt, als dies bislang der Fall war (3.).

1. Beschneidung Das Landgericht Köln hat am 7. Mai 2012 in einer aufsehenerregenden Entscheidung festgestellt, dass die religiös motivierte Beschneidung von Knaben grundsätzlich als Körperverletzung (§ 223 StGB) strafbar sein kann, sofern sie nicht im Einzelfall medizinisch indiziert ist.8 Insbesondere führe die Einwilligung der Eltern nicht zu einer anderen Bewertung des Eingriffs, da weder ihr Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) noch ihre Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) die staatliche Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) des Knaben aufwiegen könnten. Ganz im Gegenteil stehe das Kindeswohl i.S.v. § 1627 S. 1 BGB solchen körperlichen Eingriffen diametral ___________ 7 Dazu näher A. Steinbach, Die Beschimpfung von Religionsgemeinschaften gemäß § 166 StGB – eine Würdigung des Karikaturenstreits nach deutschem Strafrecht, in: JR 2006, S. 495 ff.; H. Langbein, Vom Karikaturenstreit zur Idomeneo-Kontroverse. Chronik einer verbalen Aufrüstung zum ‚Kampf der Kulturen‘, in: A. Reuter / H.G. Kippenberg (Hrsg.), Religionskonflikte im Verfassungsstaat, 2009, S. 290 (293 ff.); N. Nathwani, Freedom of expression and religious feelings, in: J. S. Nielsen u.a. (Hrsg.), Yearbook of Muslims in Europe 1, 2009, S. 507 (507 ff.); L. Langer, The Rise (and Fall?) of Defamation of Religions, in: Yale Journal of International Law 35 (2010), S. 257 (257 ff.) sowie zuletzt B. Rox, Schutz religiöser Gefühle im freiheitlichen Verfassungsstaat?, 2012, S. 59 f. 8 LG Köln JZ 2012, 805 (mit luzider Anmerkung v. B. Rox, S. 806 ff.; vgl. ferner die Erwiderung von H. Goerlich / B. Zabel, JZ 2012, S. 1058 ff. und das Schlusswort von B. Rox, ebd., S. 1061 ff.). – Vgl. dazu die weiteren Anmerkungen von W. Beulke / A. Dießner, „[…] ein kleiner Schnitt für einen Menschen, aber ein großes Thema für die Menschheit“. Warum das Urteil des LG Köln zur religiös motivierten Beschneidung von Knaben nicht überzeugt, in: ZIS 2012, S. 338 (340, 343 ff.); R. Neumann, Zirkumzision – Die Beschneidung beim Knaben, in: DRiZ 2012, S. 221 f.; S. Muckel, Strafbarkeit eines Arztes wegen religiös motivierter Knabenbeschneidung, in: JA 2012, S. 636 (638 f.); M. Jahn, Zur Strafbarkeit einer medizinisch nicht indizierten Beschneidung auf Grund religiös motivierten Wunsches der Eltern, in: JuS 2012, S. 850 ff.; C. Walter, Beschnitten, in: FAZ Nr. 160 v. 12.7.2012, S. 6 sowie zuletzt B. Fateh-Moghadam, Criminalizing Male Circumcision?, in: German Law Journal 13 (2012), S. 1131 ff.

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entgegen, die zu irreparablen Substanzverlusten führten, ohne dafür erkennbare gesundheitliche Vorteile mit sich zu bringen. Die Strafbarkeit der religiös motivierten Beschneidung entfällt daher nach Auffassung des Landgerichts Köln lediglich dann, wenn der volljährige oder zumindest einsichtsfähige junge Jude oder Muslim selbst seine Einwilligung in den Eingriff erklärt. Auch wenn im konkreten Fall wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums i.S.v. § 17 StGB gegen den behandelnden Arzt keine Strafe verhängt wurde9 (und zugleich die Möglichkeit einer Klärung durch weitere Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof weggefallen ist10), hat der Tenor „Die Beschneidung minderjähriger Knaben ist in Deutschland strafbar“ zur erheblichen Verunsicherung von Medizinern wie jüdischen und muslimischen Eltern geführt. Offizielle Reaktionen weisen dabei in unterschiedliche Richtungen: während Ärzteverbände ihre Mitglieder anhalten, von ausschließlich religiös motivierten Entscheidungen ganz abzusehen,11 haben der Deutsche Ethikrat wie der Deutsche Bundestag in ersten Stellungnahmen eine Straflosstellung der religiös motivierten Beschneidung gefordert bzw. in Aussicht gestellt, aber auch an Kautelen geknüpft.12 Inzwischen ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung angenommen worden,13 der durch Einfügung eines § 1631d BGB die Beschneidung ___________ 9

LG Köln JZ 2012, 805 (806). Dies beklagen Beulke / Dießner, Schnitt (Fn. 8), S. 345. 11 Siehe die Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zu dem Urteil des Landgerichts Köln (zur Rechtswidrigkeit der medizinisch nicht indizierten Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben) vom 7.5.2012, http://www.dgkic.de/index.php/presse/189-pressemitteilung-juli-2012; des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) vom 17.7.2012, http://www.kinderaerzteim-netz.de/bvkj/aktuelles1/show.php3?id=4277&nodeid=26&nodeid=26&query= beschneidung, des BVKJ vom 23.8.2012, http://www.kinderaerzte-im-netz.de/bvkj/ aktuelles1/show.php3?id=4322&nodeid=26&nodeid=26&query=beschneidung und des BVKJ vom 12.9.2012, http://www.kinderaerzte-im-netz.de/bvkj/aktuelles1/show.php3? id=4331&nodeid=26&nodeid=26&query=beschneidung; der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. vom Juli 2012, http://www.beschneidung-von-jungen. de/home/stellungnahmen-von-aerztegesellschaften/deutsche-akademie-fuer-kinder-undjugendmedizin.html (alle zuletzt abgefragt am 29.10.2012). 12 Konkret „1. umfassende Aufklärung und Einwilligung der Sorgeberechtigten 2. qualifizierte Schmerzbehandlung 3. fachgerechte Durchführung des Eingriffs sowie 4. Anerkennung eines entwicklungsabhängigen Vetorechts des betroffenen Jungen.“, http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/infobrief-02-12.pdf (29.10.2012); vgl. BT-Drs. 17/ 10331, S. 1 f.: Antrag der Fraktionen CDU / CSU, SPD und FDP für das Votum des Bundestages. 13 Fundstelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11.10.2012, BR-Drs. 597/12, S. 21 f.: „a) Fachgerechte Durchführung; b) Effektive Schmerzbehandlung; c) Erfordernis der umfassenden Aufklärung; d) Berücksichtigung des Kindeswillens“. – Kritisch dazu T. Walter, Der Gesetzentwurf zur Beschneidung – Kritik und strafrechtliche Alternative, in: JZ 2012, S. 1110 ff. sowie R. Merkel, Minima Moralia, in: FAZ Nr. 276 v. 26.11.2012, S. 8. 10

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straffrei stellt, sofern sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen wird (in den ersten sechs Monaten dürfen demnach sogar von der Religionsgemeinschaft bestimmte Personen den Eingriff vornehmen, wenn sie „besonders ausgebildet“ und einem Arzt „vergleichbar befähigt sind“14). Weitere Bestimmungen grenzen die Zirkumzision beispielsweise von der weiblichen Genitalverstümmelung ab.15 Der Vorgang ist nicht verständlich ohne seine Vorgeschichte. Während deutsche Gerichte und Staatsanwaltschaften in Übereinstimmung mit der weit überwiegenden Lehre im Schrifttum über Jahrzehnte die religiös motivierte Knabenbeschneidung entweder für sozialadäquat oder zumindest eingedenk der Einwilligung der Eltern für gerechtfertigt angesehen und deshalb von einer Strafverfolgung abgesehen haben,16 erhob sich seit 2008 punktueller, aber um so deutlicherer Widerspruch: Der Bochumer Strafrechtler Rolf Dietrich Herzberg und sein Schüler Holm Putzke haben in einer Fülle von Publikationen und zugleich in einer Kampagne, die phasenweise kreuzzugsartige Züge annahm, für die Strafbarkeit der Knabenbeschneidung gestritten17 und sind dabei vereinzelt auch vor dem (nachgerade absurden) Vergleich mit der ebenfalls als „Be___________ 14

§ 1631d Abs. 2 BGB (BT-Drs. 17/11295, S. 5). Gedacht ist hier ersichtlich an den jüdischen „Mohel“; vgl. näher P. Spiegel, Was ist koscher? Jüdischer Glaube – jüdisches Leben, 2003, S. 39 f.; G. Jerouschek, Beschneidung und das deutsche Recht. Historische, medizinische, psychologische und juristische Aspekte, in: NStZ 2008, S. 313 (315 ff.); T. Exner, Sozialadäquanz im Strafrecht. Zur Knabenbeschneidung, 2011, S. 169 f. 15 Konkret der Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 11.10.2012, BR-Drs. 597/12, S. 14 ff. 16 Als selbstverständlich vorausgesetzt von OVG Lüneburg NJW 2003, 3290 (3290); auf die Sozialadäquanz stellt ab Exner, Sozialadäquanz (Fn. 14), S. 131 ff., 168 ff., 189 f. – Die Lösung über die (stellvertretende) Einwilligung der Eltern favorisieren K.A. Schwarz, Verfassungsrechtliche Aspekte der religiösen Beschneidung, in: JZ 2008, S. 1125 (1128) sowie B. Fateh-Moghadam, Religiöse Rechtfertigung? Die Beschneidung von Knaben zwischen Strafrecht, Religionsfreiheit und elterlichem Sorgerecht, in: Rechtswissenschaft 1 (2010), S. 115 (128 ff., 138 f.); grundsätzlich zur Einwilligungslösung B.-R. Kern, Fremdbestimmung bei der Einwilligung in ärztliche Eingriffe, in: NJW 1994, S. 753 (755 ff.). 17 Einschlägige Beiträge: R. D. Herzberg, Rechtliche Probleme der rituellen Beschneidung, in: JZ 2009, S. 332 ff.; ders., Religionsfreiheit und Kindeswohl. Wann ist die Körperverletzung durch Zirkumzision gerechtfertigt?, in: ZIS 2010, S. 471 ff.; ders., Steht dem biblischen Gebot der Beschneidung ein rechtliches Verbot entgegen?, in: MedR 2012, S. 169 (170 ff.). – H. Putzke, Juristische Positionen zur religiösen Beschneidung, in: NJW 2008, S. 1568 ff.; ders., Rechtliche Grenzen der Zirkumzision bei Minderjährigen. Zur Frage der Strafbarkeit des Operateurs nach § 223 des Strafgesetzbuches, in: MedR 2008, S. 268 (269 ff.); ders., Die strafrechtliche Relevanz der Beschneidung von Knaben, in: Strafrecht zwischen System und Telos. Festschrift für Rolf Dietrich Herzberg, 2008, S. 669 (682 ff.). Zustimmend etwa T. Lenckner / D. SternbergLieben, in: A. Schönke / H. Schröder (Hrsg.), Strafgesetzbuch. Kommentar, 28. Aufl. 2010, Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 41.

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schneidung“ verharmlosten Verstümmelung der weiblichen Genitalien nicht zurückgeschreckt.18 Kritiker der auf diese Weise „vorgespurten“ Entscheidung weisen zunächst zu recht darauf hin, dass sie (wie die zugrundeliegenden Beiträge) in ihrer rein strafrechtlichen Betrachtungsweise Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinter der neueren Grundrechtsdogmatik zurückhängt.19 Denn bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Kindeswohls“ verkennt sie weniger die Reichweite der Religionsfreiheit20 als den Umstand, dass nach der klaren Wertung des Art. 6 Abs. 2 GG die Eltern Erstinterpreten des Kindeswohls sind; ihre Bestimmung kann der Staat nicht oder nur dann beiseite schieben, wenn sie erkennbar fehlsam ist.21 Das ist angesichts der geringen Intensität des Eingriffs, seiner zusätzlichen Aufladung durch die Religionsfreiheit i.S.v. Art. 4 Abs. 1 u. ___________ 18 So etwas konturlos Putzke, Relevanz (Fn. 17), S. 672; ähnlich Neumann, Zirkumzision (Fn. 8), S. 222. – Zum Problem der an Mädchen und Frauen verübten Genitalverstümmelung näher U. Bumke, Zur Problematik frauenspezifischer Fluchtgründe – dargestellt am Beispiel der Genitalverstümmelung, in: NVwZ 2002, S. 423 (423 ff.); H. Kentenich / I. Utz-Billing, Weibliche Genitalverstümmelung: Lebenslanges Leiden, in: Deutsches Ärzteblatt 103 (2006), S. A 842 (842 ff.); R. Cassman, Fighting to Make the Cut: Female Genital Cutting Studied within the Context of Cultural Relativism, in: Northwestern University Journal of International Human Rights 6 (2007-2008), S. 128 ff.; A. Bergfeld, Mädchenbeschneidung – global und in der Schweiz, in: P. G. Kirchschläger / T. Kirchschläger (Hrsg.), Menschenrechte und Religionen, 2009, S. 323 ff.; WHO, Female genital mutilation, Fact sheet Nr. 241, Februar 2012, http:// www.who.int/mediacentre/factsheets/fs241/en (29.10.2012); vgl. auch EGMR NVwZ 2012, 686 (686 ff.). 19 Dieser Tenor bei Walter, Beschnitten (Fn. 8), S. 6; Rox, Anmerkung (Fn. 8), S. 807 („unterkomplex“); Muckel, Strafbarkeit (Fn. 8), S. 638 f.; im Vorfeld der Entscheidung auch E. G. Mahrenholz, Religiöse Toleranz als Herausforderung an den säkularen Staat, in: S. Kadelbach / P. Parhisi (Hrsg.), Die Freiheit der Religion im europäischen Verfassungsrecht, 2007, S. 87 (91 ff.); C. Walter, Religiöser Pluralismus in Deutschland. Ein rechtswissenschaftlicher Kommentar, in: Gabriel / Spieß / Winkler, Modelle (Fn. 6), S. 223 (232 ff.). 20 Auf diese stellen ab Schwarz, Aspekte (Fn. 16), S. 1126 ff.; K. Zähle, Religionsfreiheit und fremdschädigende Praktiken. Zu den Grenzen des forum externum, in: AöR 134 (2009), S. 434 (446 ff.). – Nur schwer nachvollziehbar Goerlich / Zabel, Erwiderung (Fn. 8), S. 1059 f., die die Beschneidung zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Religionsgesellschaften i.S.v. Art. 137 Abs. 3 WRV zählen wollen; dazu statt aller lakonisch Rox, Schlusswort (Fn. 8), S. 1061, 1062 f. 21 Dies das zentrale Argument von Fateh-Moghadam, Rechtfertigung (Fn. 16), S. 138 f.; Walter, Beschnitten (Fn. 8), S. 6 sowie Rox, Anmerkung (Fn. 8), S. 807 f. – Vgl. aus der Literatur zu Art. 6 GG noch R. Gröschner, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2004, Bd. I, Art. 6 Rn. 95 ff.; M. Burgi, Elterliches Erziehungsrecht, in: D. Merten / H.-J. Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. IV, 2011, § 109 Rn. 23 ff.; D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / P. Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2012, Bd. I, Art. 6 Rn. 57 ff., 78 ff.; S. Heilmann, Die Gesetzeslage zum Sorge- und Umgangsrecht. Eine Bestandsaufnahme unter Einbeziehung aktueller Rechtsprechungstendenzen, in: NJW 2012, S. 16 (16 ff.).

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2 GG22 und eingedenk des Umstandes, dass weltweit Millionen von Menschen aus anderen als religiösen Motiven beschnitten werden,23 auch im Lichte der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht der Fall. Insbesondere dürfte schließlich der Hinweis des Landgerichts auf das Züchtigungsverbot gem. § 1631 Abs. 2 S. 1 BGB angesichts der unterschiedlichen „Fallhöhe“ hier deutlich fehlgehen.24

2. Blasphemie Ebenfalls im Sommer 2012 haben mehrere prominente Publizisten bzw. Philosophen mit Nachdruck staatliche Sanktionen für blasphemische Äußerungen gefordert und dabei im Kern auf den Schutz der Gefühle und Wertvorstellungen der Gläubigen abgestellt: Neben Martin Mosebach und Robert Spaemann ist hier noch Matthias Matussek zu nennen.25 Alle haben im Schrifttum Gefolgschaft,26 aber auch strikte Ablehnung gefunden;27 ein „Ergebnis“ der Debatte zeichnet sich noch nicht ab.28 ___________ 22

Nochmals Rox, Anmerkung (Fn. 8), S. 808. Materialreich Fateh-Moghadam, Rechtfertigung (Fn. 16), S. 117 ff. 24 LG Köln JZ 2012, 805 (806); kritisch wie hier Rox, Anmerkung (Fn. 8), S. 808 sowie Muckel, Strafbarkeit (Fn. 8), S. 638 f. 25 Quellen: M. Mosebach, Vom Wert des Verbietens. Warum es der Kunst und dem sozialen Klima dient, wenn Blasphemie strafbar ist, in: Berliner Zeitung Nr. 141 v. 19.6.2012, S. 25; M. Matussek, Toleranz und Tabus. Warum Beschneidung kein Verbrechen ist, in: DER SPIEGEL Nr. 30 v. 23.7.2012, S. 122 f.; R. Spaemann, Beleidigung Gottes oder der Gläubigen?, in: FAZ Nr. 172 v. 26.7.2012, S. 33. 26 Zustimmung in Hinblick auf eine konsequente Ahndung von Blasphemie etwa bei B. J. Berkmann, Von der Blasphemie zur „hate speech“? Die Wiederkehr der Religionsdelikte in einer religiös pluralen Welt, 2009, S. 89 ff. u. 102 ff. sowie in der (tendenziösen) Schrift von M. v. Gersdorff, Christenhaß im Visier. Christophobie, Religionskampf und Blasphemie in Medien und Politik, 2010, S. 21 ff. – Rechtsvergleichend H. G. Kippenberg, Die Kontroverse um Salman Rushdies Satanische Verse und der aktuelle Rechtsdiskurs über Blasphemie, in: Reuter / ders., Religionskonflikte (Fn. 7), S. 259 (272 ff.). 27 Kritisch etwa (im Vorfeld) A. Holl, Lästermäuler, Lästernamen. Die Sprache des Teufels, in: P. Janke (Hrsg.), Ritual. Macht. Blasphemie. Kunst und Katholizismus in Österreich seit 1945, 2010, S. 315 (320 f.); G. Scheit, „Kirchenmaler ohne Kirche“. Die Wiederkehr von Gnosis und Opferkult als Skandal, ebd., S. 325 (325 ff.); aus der aktuellen Debatte E. Hilgendorf, Respekt erreicht man nicht durch Strafrecht. Bischof will Blasphemie verbieten, in: Legal Tribune Online v. 7.8.2012; zuletzt pointiert B. Rox, Vom Wert der freien Rede – zur Strafwürdigkeit der Blasphemie, in: JZ 2013, S. 30 ff. 28 Instruktiv zu parallelen Debatten im Ausland L. McNamara, Blasphemy, in: P. Radan / D. Meyerson / R. F. Croucher (Hrsg.), Law and Religion. God, the State and the Common Law, 2005, S. 197 ff. (speziell zum englischen und australischen Recht). 23

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Die Diskussion wird nur verständlich vor dem Hintergrund des status quo des geltenden Rechts: „Gotteslästerliche“ Äußerungen sind in der Bundesrepublik lediglich dann strafbar, wenn sie – erste Alternative – den aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden individuellen Achtungsanspruch des einzelnen Gläubigen in Abrede stellen und somit als Beleidigungen i.S.v. § 185 StGB einzustufen sind.29 Zweite Alternative ist die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse, sofern sie denn geeignet ist, den sog. öffentlichen Frieden zu stören (§ 166 Abs. 1 StGB); das letztgenannte Tatbestandsmerkmal gehört zu den am heftigsten umstrittenen Rechtsbegriffen der bundesdeutschen Rechtsordnung.30 Die wohl herrschende Deutung nimmt eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens dann an, wenn entweder die Beschimpfung zur Gewalt gegen die religiöse Gruppe anstachelt oder diese ihrerseits gewaltsam auf die Beschimpfung zu reagieren droht.31 Dieser Interpretation wird nun insbesondere zum Vorwurf gemacht, sie privilegiere praktisch solche Religionen, deren Anhänger vor Gewalt nicht zurückschreckten, wenn ihre religiösen Gefühle verletzt werden (vulgo: „den“ Islam), und benachteilige solche Gemeinschaften, deren Mitglieder entsprechende Übergriffe still erduldeten (vulgo: „das“ Christentum).32 Als sinnfällig wird hier der Streit um die Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung „Jyllands Posten“ angeführt, der mittlerweile mehrere Akte erlebt hat:33 Während einzelne Muslime Gewalt gegen die verantwortlichen Zeichner und Redakteure ebenso angedroht und begangen haben wie gegen Sicherheitskräfte (zuletzt bei Demonstrationen zur Verhinderung von Akti-

___________ 29

Beispiel: Sexuelle Handlungen eines gläubigen Muslimen mit einem Hund, vgl. M. Hanfeld, Zu Besuch bei Abu Laban. Ein Bericht aus dem Herzen des Karikaturenstreits, in: FAZ Nr. 61 v. 13.3.2006, S. 37. Vgl. aus der Literatur A. v. Ungern-Sternberg, Öffentliche Auseinandersetzung um Religion zwischen Freiheit und Sicherheit: Vom Blasphemieverbot zur Bekämpfung der Hassrede, in: F. Arndt u.a. (Hrsg.), Freiheit – Sicherheit – Öffentlichkeit. 48. Assistententagung Öffentliches Recht, 2009, S. 61 (77 f. u. 82) sowie Rox, Schutz (Fn. 7), S. 164 ff. 30 Erste Hinweise bei Rox, Schutz (Fn. 7), S. 192 ff. u. 223 ff.; vgl. ferner A. v. Arnauld, Grundrechtsfreiheit zur Gotteslästerung?, in: J. Isensee (Hrsg.), Religionsbeschimpfung. Der rechtliche Schutz des Heiligen, 2007, S. 63 (82 ff.); T. Lenckner / D. Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, StGB (Fn. 17), § 126 Rn. 1. 31 Siehe OVG Rheinland-Pfalz ZUM-RD 1998, 148 (151 f.); S. Heller / N. Goldbeck, Mohammed zu Gast in Popetown. Religiöse (Bild-)Satire im Spannungsfeld von medienrechtlicher Fremdkontrolle und medienethischer Selbstregulierung, in: ZUM 2007, S. 628 (633 f.); F. Herzog, in: U. Kindhäuser / U. Neumann / H.-U. Paeffgen (Hrsg.), Strafgesetzbuch, Bd. 2, 3. Aufl. 2010, § 166 Rn. 13 ff. 32 In diese Richtung namentlich die Begründung eines entsprechenden Gesetzesantrags des Freistaates Bayern: BR-Drs. 683/07, S. 2. 33 Nachweise bei Langbein, Karikaturenstreit (Fn. 7), S. 293 f.; Langer, Rise (Fn. 7), S. 257; Rox, Schutz (Fn. 7), S. 3 f.

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onen der rechtsextremen Vereinigung „Pro NRW“ im Solingen und Bonn 34), beschränkt sich die Reaktion von Christen auf Fernsehformate wie „Popetown“ oder zuletzt das bestenfalls vorpubertäre Titelbild der Satirezeitschrift „Titanic“ zur sog. Vatileaks-Affäre35 auf verbale Proteste oder in extremis rechtliche Schritte, halten also in diesem Sinne den öffentlichen Frieden.36 Gleichwohl müsste jede Deutung, die etwa in Anlehnung an die ältere Rechtsprechung37 den öffentlichen Frieden mit dem „Gefühl“ der Gläubigen gleichsetzt, deren Schutz zu Lasten der freien Rede (oder der Kunst) überdehnen.38 Zunächst ist ganz grundsätzlich zu fragen, ob der Schutz von Gefühlen aller Art Aufgabe des Rechts sein kann – die Frage stellen, heißt sie verneinen.39 Die grundrechtsdogmatische Autopsie verrät, warum das Recht in diesem Sinne „gefühlskalt“ sein muss:40 Herleiten ließe sich ein an den Staat gerichteter Auftrag zum Schutz (speziell religiöser) Gefühle praktisch nur aus der Schutzpflicht für die Grundrechte, die sich nach wiederum einhelliger Ansicht auch auf Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG erstreckt.41 Aktiviert wird diese Pflicht aber nicht bereits dann, wenn die Religionsfreiheit „irgendwie“ betroffen ist; viel___________ 34

Gegen einen der Akteure ist mittlerweile vom LG Bonn (Az. 23 KLs 23/12) eine mehrjährige Haftstrafe verhängt worden: R. Bingener, Salafist für Messerangriff auf Polizisten verurteilt, in: FAZ Nr. 245 v. 20.10.2012, S. 5. 35 Statt aller die Bezeichnung der Titanic-Satire als „Spaßpostille für Grundschüler“ bei C. Geyer, Und wo sitzen die Hintermänner? Der Papst lädt Daniel Barenboim und Berliner Prominenz in seine Sommerresidenz – ein Nachmittag mit technischen Pannen, in: FAZ Nr. 161 v. 13.7.2012, S. 29; nicht mehr als ein „Geschäftsmodell“ erkennt H. Staun, Die lieben Kollegen, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 30 v. 29.7.2012, S. 25. 36 Vgl. LG Hamburg, Entscheidung v. 10.7.2012, Az. 324 O 406/12, becklink 1022180. 37 Das Reichsgericht etwa sah den öffentlichen Frieden schon dann bedroht, wenn „berechtigte Gründe zu der Befürchtung vorliegen, jenes Gefühl der öffentlichen Rechtssicherheit werde erschüttert werden“: RGSt 34, 268 (269); jüngst zur Frage der Verächtlichmachung von Bekenntnissen T. Hörnle, Strafbarkeit anti-islamischer Propaganda als Bekenntnisbeschimpfung, in: NJW 2012, S. 3415 (3416 ff.). 38 So i.E. auch McNamara, Blasphemy (Fn. 28), S. 213 f. sowie zuletzt Rox, Wert (Fn. 27), S. 30 f. 39 Dass nicht einmal die Moral oder die Regeln des Takts die Verletzung von Gefühlen kategorisch ausschließen können, belegt die schlichte Frage, wie eine Liebeserklärung ohne eine solche Verletzung von Gefühlen abgelehnt werden soll. 40 Das folgende im Anschluss an Rox, Schutz (Fn. 7), S. 81 ff. (dort auch umfangreiche w. N.). 41 Statt aller v. Arnauld, Grundrechtsfreiheit (Fn. 30), S. 79 f. – Allgemein zur Figur der grundrechtlichen Schutzpflicht H. Dreier, in: ders., GGK I (Fn. 21), Vorb. Rn. 101 ff.; C. Calliess, Schutzpflichten, in: D. Merten / H.-J. Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, 2006, § 44 Rn. 4 ff. u. 18 ff.; J. Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: ders. / Kirchhof, HStR IX (Fn. 4), § 191 Rn. 146 ff., 190 ff. u. 217 ff.

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mehr muss ein „Übergriff“ vorliegen oder unmittelbar bevorstehen, also ein Verhalten eines Dritten, das dem Grundrechtsträger die Ausübung der geschützten Freiheit substantiell erschwert oder unmöglich macht.42 Während dies bei der handgreiflichen Störung eines Gottesdienstes unschwer bejaht werden kann,43 dürfte weder die schlichte Leugnung von Glaubenswahrheiten (bspw. „Es gibt keinen Gott, und Mohammed war kein Prophet“) noch der bloße Ausdruck der Ablehnung der Religion als „unzeitgemäß“, „oppressiv“ oder sonstwie verwerflich diese Schwelle überschreiten. Jede andere Deutung müßte aus den Grundrechten (oder allein der Religionsfreiheit?) einen Rechtsanspruch auf öffentliche Zustimmung zum eigenen Lebensentwurf ableiten, der in einer pluralistischen Gesellschaft deplaziert ist.44 Ganz im Gegenteil gehen namentlich die Kommunikationsfreiheiten, aber auch die positive Glaubensfreiheit erkennbar davon aus, dass jeder im Sinne seiner Überzeugung auf andere einwirken und damit implizit deren Überzeugungen (und Gefühle) in Frage stellen darf.45 Das schließt auch Hohn und Spott ein, sofern nicht durch Verleumdung oder Formalbeleidigung die Grenze überschritten wird, die der Persönlichkeitsschutz für Gläubige wie Ungläubige zieht.46 An dieser Stelle ist eine kurze Kontrollüberlegung nützlich: Anerkanntermaßen schützen Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG nicht nur jede Form von Glauben – bis hin zum sprichwörtlichen Hexen- und Teufelskult47 –, sondern auch die negative Religionsfreiheit, also die Freiheit, keinen Glauben zu haben bzw. ihn nicht zu bekennen.48 Wollte man aber auch die Gefühle dieser „Ungläubigen“ gegen ihre Verletzung durch Manifestationen des Glaubens schützen, die sich häufig gezielt gegen ein seit jeher als feindlich verstandenes Gegenüber richten (man ___________ 42

Vergleichbare Definitionen, die an den sog. modernen Eingriffsbegriff angelehnt sind, bei v. Arnauld, Grundrechtsfreiheit (Fn. 30), S. 79 f.; Rox, Schutz (Fn. 7), S. 87 ff. 43 Diese ist folgerichtig strafbar nach § 167 Abs. 1 StGB; vgl. dazu nur W. Pauly / C. Pagel, Die Gewährleistung ungestörter Religionsausübung, in: NVwZ 2002, S. 441 (442 f.); T. Lenckner / N. Bosch, in: Schönke / Schröder, StGB (Fn. 17), § 167 Rn. 2 ff. 44 Prägnant Rox, Wert (Fn. 27), S. 32. 45 Nochmals Rox, Schutz (Fn. 7), S. 134 ff. 46 Siehe oben bei und in Fn. 29. Dabei sei eingeräumt, dass die exakte Grenzziehung hier zu den schwierigsten Aufgaben der Rechtswissenschaft gehört. Eine Vorverlegung an die Gefühlsschwelle wäre jedenfalls verfehlt. 47 Prononciert BVerfGE 33, 23 (28 f.); A. Frhr. v. Campenhausen, Religionsfreiheit, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII, 3. Aufl., 2009, § 157 Rn. 93. 48 BVerfGE 93, 1 (22 ff.), 108, 282 (301 ff.); aus der Literatur J. Listl, Glaubens-, Gewissens-, Bekenntnis- und Kirchenfreiheit, in: E. Friesenhahn / U. Scheuner (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1. Aufl., Bd. 1, 1974, S. 363 (368 ff.); differenzierend C. D. Classen, Religionsrecht, 2006, S. 67 ff.; kritisch M. Morlok, in: Dreier, GGK I (Fn. 21), Art. 4 Rn. 64 f.; U. Mager, in: v. Münch / Kunig, GG I (Fn. 21), Art. 4 Rn. 18.

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denke an die Widersagungsformel im Rahmen des katholischen Taufritus49 oder an bildliche Darstellungen vom Sturz Satans o.ä.50), so müsste man entweder die – dem Staat verbotene51 – Bewertung dieser Glaubensüberzeugungen vornehmen oder im Namen des Schutzes von Gefühlen Ungläubiger wiederum tief in die positive Religionsfreiheit der Gläubigen eingreifen. Das Ende wäre ein infiniter Regress des jeweils aus Art. 4 GG abgeleiteten Gefühlsschutzes. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die vermeintliche „Unwucht“ des § 166 StGB der Logik des klassischen deutschen Polizeirechts geschuldet ist: Danach sind Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die auf die Verteidigung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit resp. Ordnung zielen, zunächst an den sog. Störer zu richten, also denjenigen, der die Gefahrenschwelle überschritten hat (im Falle gewalttätiger Proteste gegen „blasphemische“ Äußerungen, also gegen den oder die religiös motivierten Gewalttäter).52 Wird die Polizei der Ausschreitungen aber schlicht nicht Herr, so steht es in ihrem Ermessen, unter bestimmten Voraussetzungen auch den gewaltlos agierenden Verursacher als sog. Nichtstörer in Anspruch zu nehmen und Maßnahmen gegen ihn zu richten. Das beträfe etwa Mitglieder von „Pro NRW“, die durch das Zeigen von Mohammed-Karikaturen die gewalttätigen Proteste von Salafisten ausgelöst haben, die von der Polizei mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr eingedämmt werden können.53

3. Burkini In der Bundesrepublik hatte sich seit den Achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine gefestigte Rechtsprechung herausgebildet, die im Zweifel muslimische Mädchen vom Sport- und insbesondere vom Schwimmunterricht freistellte, da – zumindest ab dem Alter von ca. zwölf Jahren – ihnen bzw. ihren

___________ 49 Vgl. Bischöfe Deutschlands und Österreichs und der Bistümer Bozen-Brixen und Lüttich (Hrsg.), Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch, 1975, Nr. 47 Rz. 8 (S. 87); als „Überwindung der Wurzel der Sünde“ bezeichnet von F.-P. Tebartz-van Elst, Art. Taufe, in: LThK3, Bd. IX (2006), Sp. 1282 (1288). 50 Vgl. Red., Art. Engelsturz, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. I, 1968, ND 1994, Sp. 642 f. 51 Statt aller BVerfGE 24, 236 (247 f.); Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 55; vertiefend Willems, Pluralität (Fn. 6), S. 243 (246 ff.). 52 Siehe v. Arnauld, Grundrechtsfreiheit (Fn. 30), S. 67 ff. u. 81 ff. 53 In diese Richtung nunmehr VG Berlin, Beschluss v. 16.8.2012, Az. VG 1 L 217.12, becklink 1021913.

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Eltern nicht zugemutet werden könne, ihren unzureichend verhüllten Körper männlichen Mitschülern zu präsentieren.54 Mehrere Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind hier symptomatisch für einen Neuansatz: Unter Berufung auf die Möglichkeit, einen sog. Burkini zu tragen, versagen sie seit 2008 muslimischen Mädchen regelmäßig die Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht.55 Dabei ist der von einer australischen Muslimin entwickelte Ganzkörperschwimmanzug, der durch mehrere Lagen an Stoff sowohl die Körperkonturen verhüllt als auch das unbehinderte Schwimmen erlaubt,56 nur ein Strang der neuen Argumentation. Im Kern nutzen ihn die Gerichte zur Abstützung ihrer ungleich wichtigeren neuen Linie, die generell dem staatlichen Erziehungsauftrag wie der Integration den Vorrang vor der Religionsfreiheit einräumt.57 Der Burkini ist hier praktisch nur das Feigenblatt für eine ganz grundsätzliche Neuausrichtung der Reichwei-

___________ 54

Vgl. BVerwGE 94, 82 (82 ff.); zuvor VGH München NVwZ 1987, 706 (707 f.). Zusammenfassend aus der Literatur P. Heine, Kleiderordnung, in: A. T. Khoury / ders. / J. Oebbecke (Hrsg.), Handbuch Recht und Kultur des Islams in der deutschen Gesellschaft, 2000, S. 184 (185 ff.); ders., In der Schule, ebd., S. 195 (196); N. Coumont, Islam und Schule, in: S. Muckel (Hrsg.), Der Islam im öffentlichen Recht des säkularen Verfassungsstaates, 2008, S. 440 (523 ff.); M. Koenig, Gerichte als Arenen religiöser Anerkennungskämpfe – eine rechtssoziologische Skizze, in: Reuter / Kippenberg, Religionskonflikte (Fn. 7), S. 144 (155 f.); Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von CDU / CSU (zur Situation muslimischer Frauen in Deutschland), BT-Drs. 15/3598, S. 9 f. 55 Erstmals VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11.8.2008 – Az. 4 L 526/08, BeckRS 2008, 39915; ferner OVG NRW NVwZ-RR 2009, 923 (923 f.); OVG Bremen, Entscheidung v. 13.6.2012, Az. 1 B 99/12; zuletzt VGH Hessen, Entscheidung v. 28.9. 2012, Az. 7 A 1590/12. – Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht noch aus, ist vom Hess. VGH aber ausdrücklich zugelassen worden. – Aus der Literatur zum aktuellen Streit A. Wallkamm, Muslimische Gemeinden in Deutschland im Lichte des Staatskirchenrechts. Eine systematische Gesamtbetrachtung, 2012, S. 74 ff. 56 Näher A. M. Harwazinski, Die Enthüllung der Verhüllung oder „Baden im Burkini“ – Junge Musliminnen in Deutschland und anderswo, in: dies., Aufsätze zum Islam – Gemischte Schriften, 2012, S. 99 ff. 57 So explizit VGH Hessen, Entscheidung v. 28.9.2012, Az. 7 A 1590/12 sowie jetzt – zum spiegelbildlichen Fall eines jungen Muslimen, der nicht in Gegenwart von Mitschülerinnen schwimmen wollte, VG Köln, Beschluss v. 20.11.2012, Az. 10 L 1400/12. – Die Judikate fügen sich in einen generell zurückhaltenderen Umgang mit Befreiungen von der Schulpflicht ein: Vgl. BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), NVwZ 2008, 72 (73 f.: Ethikunterricht); BVerwG NVwZ 2010, 525 (525: Heimunterricht); VGH BW NVwZ-RR 2003, 561 (564: Schulbesuch unmöglich); OVG Hamburg NVwZ-RR 2005, 183 (185: vermeintlich esoterische Unterrichtsinhalte). – Aus der Literatur in der Einschätzung wie hier Koenig, Gerichte (Fn. 54), S. 156, der die Entwicklung der restriktiveren Linie bereits in die frühen Jahre nach 2000 datiert; vgl. noch Wallkamm, Gemeinden (Fn. 55), S. 73 ff., 89 f. u. 112 f.

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te der Glaubensfreiheit von Muslimen und anderen Migranten. In der Sache wird die Latte für religiös motivierte Ausnahmen höher gelegt.58

III. Kontroversen im Kontext: Entwicklungsoptionen und -tendenzen des Religionsrechts Bettet man die skizzierten Auseinandersetzungen in einen größeren Zusammenhang ein, so erweisen sie sich lediglich als Symptome einer tiefgreifenden Umwälzung der rechtlichen Einfassung des Subsystems „Religion“. Das betrifft augenblicklich zwar noch nicht den einschlägigen Normenbestand. Hingegen lassen sich markante Verschiebungen dann ausmachen, wenn man den Blick auf die wissenschaftliche Wechselrede (1.), die Rechtsprechung (2.) sowie die Vernetzung der Exekutive mit den religiösen Akteuren (3.) richtet.

1. Religionsverfassungsrecht statt Staatskirchenrecht – Paradigmenwechsel in der Wissenschaft Beginnen wir mit der Wissenschaft. Hier firmierte die Beschäftigung mit dem Verhältnis von Religion und Recht lange ausschließlich unter dem Terminus des „Staatskirchenrechts“ – in Buchform geronnen in Gestalt der beiden Auflagen des gleichnamigen Handbuchs sowie weiterer Publikationen.59 Die so benannte Wissenschaft ruhte cum grano salis auf dem Konsens auf, dass das Subsystem „Religion“ mit den beiden Großkirchen praktisch in eins falle und diese darüber hinaus erstens zumindest staatsanalog organisiert seien und zwei-

___________ 58

Ähnlich H. Hofmann, Religiöse Symbole in Schule und Öffentlichkeit. Stand der Entwicklung der Landesgesetzgebung und Rechtsprechung nach der Richtungsentscheidung des BVerfG von 2003, in: NVwZ 2009, S. 74 (74 ff.); C. Waldhoff, Neue Religionskonflikte und staatliche Neutralität – Erfordern weltanschauliche und religiöse Entwicklungen Antworten des Staates?, in: NJW-Beilage 2010, S. 90 (93); ausführlich in: Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. I, 2010, S. D 9 ff. 59 Siehe E. Friesenhahn / U. Scheuner (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bde., 1. Aufl. 1974; J. Listl / D. Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bde., 2. Aufl. 1994; vgl. ferner die prominenten Schriften von A. Frhr. v. Campenhausen / H. de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006 und J. Winter, Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung mit kirchenrechtlichen Exkursen, 2. Aufl. 2008; zuletzt H. M. Heinig, Ordnung der Freiheit – das Staatskirchenrecht vor neuen Herausforderungen, in: ZevKR 53 (2008), S. 235 (235 ff.) sowie M. Jestaedt, Unverstandenes Staatskirchenrecht. Ein Zwischenruf, in: D. Bogner / M. Heimbach-Steins (Hrsg.), Freiheit – Gleichheit – Religion. Orientierungen moderner Religionspolitik, 2012, S. 77 ff.

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tens (deshalb) dem Staat als quasi gleichberechtigte Akteure entgegenträten.60 Natürliche Handlungsformen dieser auf Kooperation zielenden Deutung waren Konkordat bzw. Kirchenvertrag;61 zugleich war sichergestellt, dass die kommentierende Begleitung durch die Wissenschaft eher eine Form von Geleitschutz darstellte, konnte doch davon ausgegangen werden, dass die maßgeblichen Stimmen im Schrifttum den Großkirchen wenigstens aufgeschlossen gegenüberstanden und ausgewiesene Kritiker des status quo Randfiguren blieben.62 Auch wenn die in der jüngeren Literatur tendenziell dominierende Redeweise vom „Religionsverfassungsrecht“63 keineswegs umstandslos als religionsoder kirchenavers eingestuft werden darf, markiert sie doch einen spürbaren Neuansatz. Denn sie impliziert (wenigstens) zweierlei: Der Wortbestandteil „Religion“ öffnet das Rechtsgebiet für solche Erscheinungsformen kollektiver Glaubensfreiheit, die wie der Islam, kleinere protestantische Gruppen und die vielfältigen Formen „neuer“ Religionen eine kirchenanaloge Struktur entweder noch nicht angenommen haben oder dies aus Glaubensgründen auch nicht können oder wollen.64 Und die „Verfassung“ steht nicht allein für die Reintegration ___________ 60

Markant P. Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: K. A. Bettermann / H. C. Nipperdey / U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 4 / 1, 1960, S. 111 (148 ff. u. 171 ff.). 61 Siehe v. Campenhausen / de Wall, Staatskirchenrecht (Fn. 59), S. 45 ff. u. 141 ff.; I. Riedel-Spangenberger, Art. Konkordate, in: LKStKR, Bd. 2 (2002), S. 616 ff.; Classen, Religionsrecht (Fn. 48), S. 25 ff.; J. Listl, Art. Konkordat, in: LThK3, Bd. VI (2006), Sp. 263 ff. 62 Näher F. Wittreck, Religionsverfassungsrecht als Kompass einer modernen Religionspolitik, in: Bogner / Heimbach-Steins, Freiheit (Fn. 59), S. 53 (65 f.). 63 Prominent inauguriert von C. Walter, Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive, 2006, S. 204 ff., 332 ff. u. 494 ff. – Vgl. dazu eingehend die kontroversen Beiträge in H. M. Heinig / C. Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, 2007; siehe ferner A. Hense, Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht: mehr als ein Streit um Begriffe?, in: A. Haratsch u.a. (Hrsg.), Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, 2001, S. 9 ff.; C. Görisch, „Staatskirchenrecht“ am Ende?, in: NVwZ 2001, S. 885 (886 ff.) sowie P. Unruh, Religionsverfassungsrecht, 2. Aufl. 2012, S. 23 ff. 64 Dafür F. Hufen, Art. Religionsverfassungsrecht, in: LKStKR, Bd. 3 (2004), S. 424 (425 f.); A. Uhle, Die Integration des Islam in das Staatskirchenrecht der Gegenwart, in: Heinig / Walter, Staatskirchenrecht (Fn. 63), S. 299 (300 ff. u. 314 ff.); Robbers, Perspektiven (Fn. 6), S. 195 f. – Allgemeiner stellt auf die Pluralisierung religiösen Lebens ab D. Ehlers, Der Bedeutungswandel im Staatskirchenrecht, in: B. Pieroth (Hrsg.), Verfassungsrecht und soziale Wirklichkeit in Wechselwirkung, 2000, S. 85 (101 ff.). – Nochmals modifizierte Akzentsetzung bei M. Morlok, Religionsverfassungsrecht und Schule, in: Adolf-Arndt-Kreis (Hrsg.), Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion? Der Staat, das Recht und die Religionen, 2006, S. 37 (38): Der Terminus stelle weniger auf die Institution als den einzelnen ab und bringe ihn „ohne das Dazwischentreten einer religiösen Organisation“ in Beziehung zur Rechtsordnung.

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einer teils als „Ingroup“ angesehenen Wissenschaftsgemeinschaft65 in die Gesamtdisziplin des Öffentlichen Rechts,66 sondern in der Abgrenzung vom älteren Paradigma „Staat“ auch für eine behutsame Umorientierung in Richtung einer sich nicht mehr im Grundton als dezidiert konservativ verstehenden Staatsrechtslehrergemeinde.67 Welche Konsequenzen zeichnen sich hier wenigstens mittelfristig ab? Das bislang homogene und im Grundton kirchenfreundliche Meinungsbild in der Wissenschaft wird nicht nur disparater, sondern in der Gesamtschau auch kirchenfremder, ja womöglich insgesamt religionsskeptischer werden.68 Dies zieht zunächst eine inkrementelle Neuinterpretation des an sich unverändert fortbestehenden Normbestands nach sich; in einem zweiten Schritt ist damit zu rechnen, dass bislang unangefochtene Bestimmungen des deutschen Religionsrechts ihrerseits unter wissenschaftlich induzierten Reformdruck geraten.69

___________ 65

Mokant M. Stolleis, Eine neue Bilanz des Staatskirchenrechts – Zugleich Besprechung des Ersten Bandes der Zweiten Auflage des Handbuchs des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, in: ZevKR 41 (1996), 435 (438 ff.); gleichsinnig G. Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, 2008, Rn. 25 m. Fn. 1. – Als „ein eher deutsches Biotop“ bezeichnet das Staatskirchenrecht (im wohlgemerkt europäischen Vergleich) Steiner, Fragen (Fn. 6), S. 1544. 66 So prägnant Walter, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), S. 186 ff., 494 ff., 537 ff. 67 Zum Paradigmenwechsel vom „Staat“ zur „Verfassung“ m.w.N. Wittreck, Kompass (Fn. 62), S. 54 f. 68 Ähnlich C. Herrmann, Fundamentalistischer Atheismus und negative Religionsfreiheit – ethische Aspekte der antireligiösen Polemik bei Richard Dawkins, in: R. Hille (Hrsg.), Renaissance des Atheismus? Eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Religionskritik, 2011, S. 69 (69 ff.); U. Plessentin, Die „Neuen Atheisten“ als religionspolitische Akteure, in: U. Berner / J. Quack (Hrsg.), Religion und Kritik in der Moderne, 2012, S. 83 (84 ff.). – Instruktiv zur Religionsskepsis M. Weinrich, Religion und Religionskritik. Ein Arbeitsbuch, 2011, S. 25 ff., 95 ff.; erhellend auch A. Voßkuhle, Religionsfreiheit und Religionskritik – Zur Verrechtlichung religiöser Konflikte, in: Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtforschung 39 (2001), S. 5 (10 ff.). 69 In diese Richtung auch Ehlers, Bedeutungswandel (Fn. 64), S. 90 ff. u. 97 f.; S. Huster, Die Bedeutung des Neutralitätsgebotes für die verfassungstheoretische und verfassungsrechtliche Einordnung des Religionsrechts, in: Heinig / Walter, Staatskirchenrecht (Fn. 63), S. 108 (116 ff. u. 128 ff.). – Praktische Beispiele wären augenblicklich die Bestimmungen zum Einzug der Kirchensteuer; vgl. hierzu Robbers, Perspektiven (Fn. 6), S. 196 ff.; S. Muckel, Zukunft der Kirchensteuer oder Mitgliedschaft ohne Steuerpflicht, in: D. Birk / D. Ehlers (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2012, S. 229 (235 f.); H. Zapp, Römisch-katholisch in Deutschland ohne Kirchensteuer – Zum religionsrechtlichen Körperschaftsaustritt, ebd., S. 237 (237 ff.) sowie H. Langendörfer, Abschied von der Kirchensteuer?, in: StdZ 137 (2012), S. 721 f.

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2. Erosion des favor iuris – Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung Die geschilderte Wendung in der Rechtsprechung zur Teilnahme muslimischer Mädchen am Schwimmunterricht (oben II.3.) steht nicht allein. Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass die seit der frühen Nachkriegszeit dezidiert religions- und kirchenfreundliche bundesdeutsche Rechtsprechung70 einen merklichen Wandel durchläuft. Er bildet unschwer erkennbar einen soziologisch fassbaren Erosionsprozess in der Richterschaft ab, der den für die deutsche Gesamtgesellschaft charakteristischen Entkirchlichungsprozess lediglich nachvollzieht.71 Damit fallen sukzessive eine zuvor zu beobachtende basale Sympathie bzw. innerkirchliche Solidarität ebenso fort wie das schlichte Vertrautsein mit Religion, Kirchlichkeit und deren Vollzugsformen.72 Über die Frage nach der religiösen Sozialisation der Richter hinaus schlägt ferner ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs zu Buche, in dem weder „Kirche“ noch „Religion“ weiterhin schlechthin positiv konnotiert sind, sondern zunehmend als Problem bzw. zumindest als potentieller Auslöser von Konflikten wahrgenommen werden.73 In welchen Sachbereichen lässt sich dieser Wandel in Deutschland bereits greifen? Drei seien in der gebotenen Kürze vorgestellt. Primär zulasten der christlichen Großkirchen wirkt sich aus, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit zunehmend ihre Zurückhaltung in der Überprüfung von Kündigungen kirchlicher ___________ 70 In der Bewertung wie hier J. Wieland, Die Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften, in: Der Staat 25 (1986), S. 321 (328 ff.); H. Dreier, in: ders., GGK I (Fn. 21), Art. 1 III Rn. 76; M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. IV, 2012, S. 343 ff.; in Ansätzen auch Jestaedt, Staatskirchenrecht (Fn. 59), S. 78 f.; Steiner, Fragen (Fn. 6), S. 1545 (speziell für das Bundesverfassungsgericht) sowie – mit dezidiert kritischer Stoßrichtung – Czermak, Weltanschauungsrecht (Fn. 65), Rn. 94 ff. 71 Daten bei S. Muckel, Schutz von Religion und Weltanschauung, in: Merten / Papier, HGR IV (Fn. 21), § 96 Rn. 37; G. Pickel, Bedrohungsgefühle versus vertrauensbildende Kontakte – Religiöser Pluralismus, religiöses Sozialkapital und soziokulturelle Integration, in: D. Pollack / I. Tucci / H.-G. Ziebertz (Hrsg.), Religiöser Pluralismus im Fokus quantitativer Religionsforschung, 2012, S. 221 (238 ff. u. 244 ff.); vgl. ferner Waldhoff, Religionskonflikte (Fn. 58), S. 90; Steiner, Fragen (Fn. 6), S. 1544 f., der zudem auf den stärker werdenden europäischen Einfluss auf die deutsche Rechtsprechung hinweist. 72 Näher Wittreck, Kompass (Fn. 62), S. 66. 73 Dieser Tenor etwa bei U. Sacksofsky, Religiöse Freiheit als Gefahr?, in: VVDStRL 68 (2009), S. 7 (8 ff.); beschrieben wird das Phänomen bei Heimbach-Steins, Religionsfreiheit (Fn. 1), S. 27 ff.; vgl. auch D. Pollack, Rückkehr des Religiösen?, 2009, S. 170 ff. u. 178 f. und Walter, Pluralismus (Fn. 6), S. 234 sowie A. Liedhegener, „Neue Religionspolitik“ in der verfassungsstaatlichen Demokratie? Religionsfreiheit als Schranke und Ziel politischen Entscheidens in religiös-kulturellen Konflikten, in: Bogner / Heimbach-Steins, Freiheit (Fn. 59), S. 111 (112).

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Träger ablegt,74 die bislang nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch die Religionsfreiheit gegen staatliche Kontrolle abgeschirmt sein sollten.75 Sie nimmt damit Anregungen aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg auf, der bekanntlich die Kündigung des Organisten einer katholischen Kirchengemeinde als menschenrechtswidrig eingestuft hat, da die deutschen Gerichte infolge ihrer zurückhaltenden Überprüfung dessen Recht auf Achtung seines Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) nicht hinreichend geachtet hätten.76 Für Aufmerksamkeit hat hier in jüngerer Zeit der Fall des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf gesorgt, dessen Beschäftigungsverhältnis unter Berufung auf seine Wiederheirat beendet worden war. Das Bundesarbeitsgericht hat in letzter Instanz zwar die bisherige Linie bestätigt, dass dieser Verstoß gegen die kirchliche Morallehre als arbeitsrechtliche Loyalitätsverpflichtung zu werten sei und grundsätzlich die Kündigung rechtfertige.77 Zugleich hat es den Arbeitsgerich___________ 74 So im Ergebnis auch M. Morlok, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 137 WRV Rn. 66; differenziert: R. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 5. Aufl. 2009, S. 101 ff., 103 ff.; mit Blick auf die zukünftige Entwicklung ähnlich: P. Melot de Beauregard, Ende eines Sonderweges? – Zum Stand des kirchlichen Arbeitsrechts, in: NZA-RR 2012, S. 225 (232); instruktiv zum verfassungsrechtlichen Hintergrund der Problematik: D. W. Belling, Kirchliches Arbeitsrecht und kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit, in: NZA 2006, S. 1132 (1134 f.) und E. Fischermeier, Die Arbeitsgerichtsbarkeit der katholischen Kirche in Deutschland, in: RdA 2007, S. 193 (193 f.). – Nicht nur im Individual-, sondern auch im Kollektivarbeitsrecht sieht sich die einstige Zurückhaltung der Rechtsprechung einem strukturellen Wandel ausgesetzt, vgl. hierzu nur die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen (BAG, Urt. v. 20.11.2012 – Az. 1 AZR 179/11). 75 BVerfGE 70, 138 (162 ff.); aus der Literatur hierzu W. Dütz, Rechtsschutz für kirchliche Bedienstete im individuellen Arbeitsrecht, insbesondere Kündigungsschutzverfahren. Rückblick und aktueller Stand, in: NZA 2006, S. 65 (65 ff.) und Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), Rn. 192 ff., 195. – Kritisch bislang etwa Classen, Religionsrecht (Fn. 48), Rn. 433 ff., 437 ff.; M. Morlok, Die korporative Religionsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG / Art. 137 Abs. 3 WRV einschließlich ihrer Schranken, in: Heinig / Walter, Staatskirchenrecht (Fn. 63), S. 185 (206 ff.) sowie H. D. Jarass, in: ders. / B. Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 4 Rn. 38. 76 EGMR, Urt. v. 23.9.2010, Az. 1620/03 – Schüth / Deutschland, NZA 2011, 279 (279 ff., Rn. 43 ff., 53 ff.); vgl. dazu J. Joussen, Die Folgen des Mormonen- und des Kirchenmusikerfalls für das kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland, in: RdA 2011, S. 173 (173 ff.); M. Plum, Kirchliche Loyalitätsobliegenheiten im Lichte der Rechtsprechung des EGMR, in: NZA 2011, S. 1194 (1194 ff.) sowie C. Walter, Kirchliches Arbeitsrecht vor den Europäischen Gerichten, in: ZevKR 57 (2012), S. 233 (238 ff.). – Allgemein zur Rechtsprechung des Gerichts zu Art. 9 EMRK (Religions- bzw. Glaubensfreiheit) siehe J. Martínez-Torrón, The European Court of Human Rights and Religion, in: R. O’Dair / A. Lewis (Hrsg.), Law and Religion, 2001, S. 185 ff.; A. v. UngernSternberg, in: U. Karpenstein / F.C. Mayer (Hrsg.), EMRK, 2012, Art. 9 Rn. 7 sowie S. Ganz, Das Tragen religiöser Symbole und Kleidung in der öffentlichen Schule in Deutschland, Frankreich und England, 2009, S. 257 ff. 77 BAG, Urt. v. 8.9.2011 – Az. 2 AZR 543 / 10, NZA 2012, 443 sowie als Vorinstanz LAG Düsseldorf, Urt. v. 1.7.2010 – Az. 5 Sa 996/09, MedR 2011, 169; vgl. dazu

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ten jedoch ein Prüfprogramm aufgegeben, das namentlich nach der Behandlung vergleichbarer Fälle durch den kirchlichen Arbeitgeber fragt, eine etwaige Duldung der dem Dienstherrn bekannten Beziehung berücksichtigt und insbesondere die betroffenen Grundrechte des Arbeitnehmers (hier: Art. 6 Abs. 1 GG) mit denen der Kirche abwägt.78 Im Öffentlichen Recht ist mit dem Schwimmunterricht die Schule bereits angesprochen worden.79 Mit ihrer Grundtendenz, dass die staatliche Schule den Raum für religiöse Betätigung des Einzelnen verknappen kann, wenn belastbare Indizien dafür vorliegen, dass diese religiöse Praxis zu Auseinandersetzungen unter den Schülern führen wird, gehört auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schulgebet eines muslimischen Schülers hierher.80 Sie fügt sich in die bereits beschriebene polizeirechtliche Logik ein, wonach religiöse Betätigung unterbunden werden kann, wenn der Staat der durch sie ausgelösten Reaktionen nicht Herr wird.81 Zugleich bestätigt sie seinen Anspruch, im Rahmen des schulischen Erziehungsauftrags auf die Angehörigen aller Religionen im Sinne der gegenseitigen Toleranz auch dann einzuwirken, wenn dies einzelnen Schülern bzw. deren Eltern aus wohlgemerkt religiösen Gründen missfällt.82 ___________ aus der Literatur J. Trebeck / A. Weber, Kündigungsschutz im kirchlichen Arbeitsverhältnis nach der „Chefarztentscheidung“, in: ArbRAktuell 2012, S. 29 ff., 83 ff. 78 Näher BAG, Urt. v. 8.9.2011 – Az. 2 AZR 543 / 10, Rn. 18, 31, 42 f. (NZA 2012, 443 [445, 446, 447]); aus der Literatur vgl. die knappen Zusammenfassungen der entscheidenden Urteilsgesichtspunkte bei U. Kortmann, Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederheirat, in: öAT 2012, S. 86 (86); A. Lingscheid, BAG: Kündigung des Chefarztes einer katholischen Klinik wegen zweiter Ehe unwirksam, in: ArbRAktuell 2012, S. 149 (149) und Trebeck / Weber, Kündigungsschutz (Fn. 77), S. 85 f. 79 Oben II.3. 80 BVerwGE 141, 223; zuvor hatte das VG Berlin (Urt. v. 29.9.2009 – Az. 3 A 984.07) der Schulverwaltung Recht gegeben, wohingegen das OVG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 27.5.2010 – Az. 3 B 29.09, NVwZ 2010, 1310) die Rechte des Schülers als verletzt ansah. Aus der Literatur stimmen dem BVerwG in der Tendenz zu: F. Hufen, Islamisches Gebet in öffentlicher Schule, in: JuS 2012, S. 663 (664 f.); J. Skrzypczak / C. Hörich, Verbot öffentlichen Betens in der Schule?, in: LKV 2012, S. 449 (450 ff.). – Kritisch hingegen K. Wiese, Herausforderung für den Schulalltag: muslimisches Gebet in der Pause, in NordÖR 2012, S. 436 (437 ff.); H. Rubin, Das islamische Gebet in der Schule, in: Jura 2012, S. 718 (721 f.). – Kritisch zur vorangegangenen Rechtsprechung der Instanzgerichte J. P. Schaefer, Die religiöse Neutralität des Staates im öffentlichen Raum, in: VerwArch. 103 (2012), S. 136 (159 ff.). 81 So auch Skrzypczak / Hörich, Verbot (Fn. 80), S. 451 f., 453; vgl. auch K. Groh, Ist Religionsverfassungsrecht Integrationsrecht? Zu den „Integrationspolitiken“ der Gerichte, in: Bogner / Heimbach-Steins, Freiheit (Fn. 59), S. 89 (103 ff.). 82 In diese Richtung auch R. Zimmermann, Gesetzesvorbehalt für schulordnungsrechtliche Maßnahmen gegen religiöse Äußerungen von Schülern?, in: LKV 2010,

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Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Beispiele ließe sich vermehren; statt aller sei hier lediglich darauf hingewiesen, dass bundesdeutsche Steuerbehörden und Finanzgerichte ganz offensichtlich ihre langjährige Zurückhaltung aufgegeben haben, kirchliche Veranstaltungen etwa streng an den Regeln der Umsatzsteuer zu messen.83 Im Bereich des Strafrechts verdient schließlich der Umgang der bundesdeutschen Gerichtsbarkeit mit sog. Ehrenmorden Aufmerksamkeit.84 Während hier lange Zeit Unsicherheit obwaltete, ob die Überzeugung der Täter, zur Wahrung der „Ehre“ der Familie töten zu dürfen oder gar zu müssen, strafmildernd zu berücksichtigen sei, sofern sich ihre religiöse oder (meist) kulturelle Fundierung plausibel machen ließ,85 ist die neuere Rechtsprechung vergleichsweise einhellig auf eine harte Linie eingeschwenkt: Danach wird die Abweichung von den bundesdeutschen Vorstellungen über Geschlechtergleichheit und Freiheit unabhängig von ihrer religiösen oder kulturellen Radizierung grundsätzlich als niedriger Beweggrund i. S. d. Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 1. Gruppe StGB eingestuft.86 Die Botschaft lautet auch hier: Keine Ausnahme für die Religion. ___________ S. 394 (397 ff.) sowie Hufen, Gebet (Fn. 80), S. 665; kritisch hingegen Rubin, Gebet (Fn. 80), S. 721 f.; Wiese, Herausforderung (Fn. 80), S. 439 f. 83 Dazu nur J. Englisch, Umsatzsteuerpflicht kirchlicher Betätigungen, in: Birk / Ehlers, Kirchensteuer (Fn. 69), S. 193 (193 ff., 220 f.). 84 Zusammenfassend zum Problem A. Grünewald, Tötungen aus Gründen der Ehre, in: NStZ 2010, S. 1 ff. sowie E. R. Pohlreich, „Ehrenmorde“ im Strafrecht. Eine vergleichende Untersuchung unter Berücksichtigung des römischen, französischen, türkischen und deutschen Rechts, 2010, S. 23 ff. u. 192 ff.; Zahlenmaterial bei D. Oberwittler / J. Kasselt, Ehrenmorde in Deutschland 1996-2005. Eine Untersuchung auf der Basis von Prozessakten, 2011, S. 74 ff. 85 Beispiele für eine strafmildernde Berücksichtigung finden sich in der alten Rechtsprechung zuhauf, vgl. nur: BGH GA 1967, 244 (244); BGH MDR 1977, 809 (810), BGH NJW 1980, 537 (537); eine einheitliche Argumentationslinie war jedoch im Kontext dessen nicht immer erkennbar, ähnlich auch Grünewald, Tötungen (Fn. 84), S. 2 (Fn. 17). Aus der Literatur B.-R. Sonnen, Anmerkung zu BGH NJW 1980, S. 537, in: JA 1980, S. 746 (747 f.); ebenfalls für Milderung); vgl. zum Ganzen auch Pohlreich, „Ehrenmorde“ (Fn. 84), S. 212 ff., 216 ff. 86 BGH NJW 1995, 602 (602 f.); BGH NStZ 2002, 369 (370); BGH NJW 2004, 1466 (1467); BGH NJW 2006, 1008 (1011); aus der Literatur C. Momsen, Der Mordtatbestand im Bewertungswandel? Abweichende soziokulturelle Wertvorstellungen, Handeln auf Befehl und das Mordmerkmal der „niedrigen Beweggründe“ (§ 211 StGB), in: NStZ 2003, S. 237 (238); T. Trück, Niedrige Beweggründe – Subjektive Komponente, in: NStZ 2004, S. 497 (497); W. Küper, „Blutrache“, „Heimtücke“ und Beteiligung am Mord, in: JZ 2006, S. 608 (610); B. Valerius, Der sogenannte Ehrenmord: Abweichende kulturelle Wertvorstellungen als niedrige Beweggründe?, in: JZ 2008, S. 912 (915 f.); E. Hilgendorf, Strafrecht und Interkulturalität, in: JZ 2009, S. 139 (141; zustimmend) bzw. M. Köhler, Anmerkung zu BGH JZ 1980, S. 238, in: JZ 1980, S. 238 (240); F. Saliger, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 20.2.2002 – Az. 5 StR 538/01, in: StV 2003, S. 22 (23); W. Baumeister, Ehrenmorde, Blutrache und ähnliche Delinquenz in der Praxis

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Damit soll wohlgemerkt keine generelle „Religionsfeindlichkeit“ der bundesdeutschen Rechtsprechung konstatiert werden – eine Aussage, die ohnehin Schwierigkeiten hätte, sich hinreichend von Verschwörungstheorien abzugrenzen. Gleichwohl dürften die geschilderten Phänomene nur Vorboten einer Entwicklung sein, die bislang als selbstverständlich hingenommene Ausnahmen zugunsten der Religion nunmehr kritisch hinterfragt und immer häufiger verweigern wird.87 Ob sich dabei eine strikte Gleich(schlechter-)behandlung aller Religionen einstellt oder weiterhin implizit nach „abendländischen“ Traditionen und „anderen“ differenziert wird, bleibt allerdings abzuwarten.88

3. Erosion der entente cordiale – Paradigmenwechsel im Staatsapparat Der geschilderte Entkirchlichungsprozess wird schließlich – mit den Verlangsamungseffekten, die bürokratischen Aggregaten eigen sind – über die Gerichtsbarkeit hinaus notwendig auch den Regierungs- und Verwaltungsapparat erfassen. Das ist insofern von erhöhter Relevanz, als das deutsche Religionsverfassungsrecht resp. Staatskirchenrecht zu den Segmenten der bundesdeutschen Rechtsordnung gehört, in denen das „law in the books“ und das „law in action“89 am weitesten auseinanderklaffen. Hintergrund ist das seit Bestehen der Bundesrepublik existierende informelle Einvernehmen, dass mit dem konkreten Vollzug der religionsverfassungsrechtlichen und sonst für die Kirchen besonders relevanten Rechtsvorschriften in der Regel Amtsträger betraut werden sollten, die der Religion aufgeschlossen bzw. zumindest nicht explizit kritisch gegenüberstehen.90 Diese in verschiedenen Foren auch bewusst gepflegte Beziehung des gegenseitigen Wohlwollens hat bislang wiederum schon auf administrativer Ebene eine Deutung des einschlägigen Rechts sichergestellt, die ihrerseits im Grundton kirchenfreundlich war und dafür sorgte, dass viele Sachverhalte gar nicht erst vor die Gerichte gelangten. Nicht anders als bei der Recht___________ bundesdeutscher Strafjustiz, 2007, S. 149 (kritisch); instruktiv zum Ganzen auch T. Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, § 211 Rn. 29 ff. 87 Ausweislich der Überschrift „Herausforderungen im und durch das Recht“ ähnlich in der Einschätzung H. M. Heinig, Herausforderungen des deutschen Staatskirchen- und Religionsrechts aus verfassungsrechtlicher Sicht, in: I. Dingel / C. Tietz (Hrsg.), Kirche und Staat in Deutschland, Frankreich und den USA, 2012, S. 121 (122 f.). 88 Vgl. dazu unten unter IV.2. 89 Zu dieser Unterscheidung statt aller M. Rehbinder, Rechtssoziologie, 7. Aufl. 2009, Rn. 3. 90 Formate der Pflege der Kontakte zu diesem Personenkreis sind neben den „Essener Gesprächen“ auch die (protestantischen) „Kirchenjuristentagungen“; vgl. nur den Bericht von A.-R. Wellert / F. Witte, Kirchenjuristentagung 2011, in: ZevKR 57 (2012), S. 75 ff.

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sprechung ist nun zu erwarten, dass nachlassende persönliche Bindung wie sinkende gesellschaftliche Reputation das Fortschreiben dieser Praktiken nicht zulassen. Ein Beispiel für den bisherigen Konsens wie für sein Flüssigwerden dürften die Staatsleistungen an die Kirchen sein. Seit 1919 besteht in Gestalt von Art. 138 Abs. 1 S. 1 WRV der verbindliche Verfassungsauftrag, diese abzulösen.91 Das nach Abs. 1 S. 2 notwendige Reichs- bzw. Bundesgesetz ist bislang nicht ergangen,92 was weniger an den – in der Tat nicht unerheblichen – praktischen Schwierigkeiten der Berechnung wie der Finanzierung der resultierenden Ablösezahlungen93 liegen dürfte als am stillschweigenden Konsens der mit dem Vollzug Betrauten, diesen status quo nicht anzutasten.94 Zugleich zeichnet sich hier Bewegung im Kleinen ab, denn zahlreiche Bundesländer arbeiten daran, im Einverständnis mit den Kirchen einzelne überkommene Leistungen ohne das Rahmengesetz mehr oder minder geräuschlos abzulösen;95 zuletzt hat ausge___________ 91 Aus der Weimarer Literatur E. R. Huber, Die Garantie der kirchlichen Vermögensrechte in der Weimarer Reichsverfassung, 1927, S. 58; J. Schmitt, Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, in: ArchKathKR 115 (1935), S. 1 (10). Zum geltenden Recht im ersten Zugriff W. Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948; H.-J. Brauns, Staatsleistungen an die Kirchen und ihre Ablösung, 1970; G. Czermak, Die Ablösung der historischen Staatsleistungen an die Kirchen, in: DÖV 2004, S. 110 ff.; zuletzt M. Droege, Vom Beruf unserer Zeit für ein neues Loccum – Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften in Niedersachsen, in: NdsVBl. 2012, S. 1 ff. sowie F. Bernard, Anmerkung zu den Staatsleistungen an die katholische Kirche in Niedersachsen, in: NdsVBl. 2012, S. 128 ff. 92 M. Morlok, in: Dreier, GGK III (Fn. 74), Art. 138 WRV Rn. 21, 25; kritisch etwa D. Ehlers, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl. 2011, Art. 140 GG / Art. 138 WRV Rn. 5 sowie Czermak, Ablösung (Fn. 91), S. 110 u. passim; siehe auch den von der Humanistischen Union (HU) im April 2010 vorgeschlagenen Gesetzesentwurf über die Grundsätze zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, einzusehen unter www.staatsleistun gen.de, sowie den von einzelnen Abgeordneten sowie der Fraktion der Partei „Die Linke“ vorgelegten Gesetzesentwurf über die Grundsätze zur Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften, BT-Drs. 17/8791. 93 Vgl. nur die unterschiedlichen Rechenmodelle, die in der Kommentarliteratur erwogen werden: Morlok (Fn. 92), Art. 138 WRV Rn. 24 sowie A. Frhr. v. Campenhausen / P. Unruh, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck (Hrsg.), GG, Bd. III, 6. Aufl. 2010, Art. 138 WRV Rn. 12 f.; zum finanziellen Umfang der Staatsleistungen sowie ihrer Ablösung siehe Droege, Loccum (Fn. 91), S. 1 f. 94 In diese Richtung Czermak, Ablösung (Fn. 91), S. 110, der das Fehlen eines politischen Änderungswillens feststellt und als Grund hierfür die „Scheu, sich im Wahlkampf mit den […] Kirchen anzulegen“, ausmacht, sowie Droege, Loccum (Fn. 91), S. 1 („kein Interesse im politischen Raum“); tendenziell wird aber überwiegend die offene Finanzierung als Ursache für die Beibehaltung des status quo ausgemacht, siehe S. Mückl, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: Isensee / Kirchhof, HStR VII (Fn. 47), § 160 Rn. 52; Classen, Religionsrecht (Fn. 48), Rn. 607, kritisch dazu wiederum Czermak, Weltanschauungsrecht (Fn. 65), Rn. 355. 95 Appellativ in diesem Sinne Droege, Loccum (Fn. 91), S. 1 ff.

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rechnet der Freistaat Bayern in diesem Sinne die Neugestaltung der Besoldung u.a. der bayerischen katholischen Bischöfe sowie der Mitglieder des evangelischen Landeskirchenrates in die Wege geleitet.96

IV. Konkrete Auswirkungen auf die Deutung der Religionsfreiheit Der vorangegangene Abschnitt verharrt als Diagnose im Modus der bloßen Behauptung, sofern die skizzierten Entwicklungen nicht einen nachweisbaren Niederschlag im Meinungsbild der relevanten Fachöffentlichkeit, also in der einschlägigen Judikatur und Literatur, finden. Diesen „Fingerabdruck“ gilt es im Folgenden abzunehmen; dies soll wiederum anhand dreier Debatten geschehen. Konkret lassen sich nämlich erstens vermehrt Vorstöße nachweisen, den effektiven Garantiebereich von Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG dadurch enger zu fassen, dass die Norm nicht mehr als vorbehaltloses Grundrecht eingestuft, sondern einem einfachen oder moderat modifizierten Gesetzesvorbehalt unterworfen wird (1.). Zweitens lässt sich eine Neigung beobachten und belegen – obgleich dies nirgends so explizit gemacht wird wie beim Punkt „Gesetzesvorbehalt“ –, die vom Grundgesetz als Verheißung gleicher Freiheit konzipierte Religionsfreiheit abzustufen, je nachdem, ob es um den Umgang mit autochthonen oder eben „fremden“ Religionen geht (2.). Drittens schließlich begegnet eine Verschiebung im Gefüge von individueller und kollektiver bzw. korporativer Religionsfreiheit, die auf eine Privilegierung der erstgenannten hinausläuft und damit gleichzeitig die Durchsetzung der Interessen der korporativen Akteure (vulgo: der Kirchen) erschwert (3.).

1. Religionsfreiheit als Grundrecht mit Vorbehalt Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die durch Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG gewährleistete Religionsfreiheit erstens als ___________ 96 Siehe den Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Bezüge der Erzbischöfe, Bischöfe und Mitglieder der Domkapitel sowie über Zuschüsse zum Personalaufwand des Landeskirchenrates v. 1.10.2012 (LT-Drs. 16/13835; angenommen lt. LT-Drs. 16/15045); danach soll an die Stelle der unmittelbaren staatlichen Besoldung der Geistlichen eine kirchliche Zahlung treten, die wiederum vom Freistaat (anteilig) erstattet wird. Die Begründung verweist nebeneinander auf die Motive der Einsparung, der Entflechtung von Kirche und Staat sowie – insbesondere – auf die Notwendigkeit, die überkommene Regelung dem neuen Besoldungsrecht anzupassen (ebd., S. 1 u. 2). – Bereits zum 1.1.2010 wurde ebenfalls in Bayern die Verpflichtung abgelöst, sog. Konkordatswohnungen zur Verfügung zu stellen; siehe B. Dennemarck, Staatsleistungen an die Domkapitel in Bayern, in: ArchKathKR 178 (2009), S. 483 (499 ff.).

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einheitliches Grundrecht anzusprechen97 und zweitens in die Reihe der vorbehaltlos gewährleisteten Freiheitsrechte einzustufen ist,98 die wie die Kunst- oder Wissenschaftsfreiheit lediglich dann (regelmäßig durch Parlamentsgesetz) eingeschränkt werden können, wenn dies zum Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer Rechtsgüter von Verfassungsrang unabdingbar ist.99 Schulbeispiele sind die auf die staatliche Schutzpflicht für das Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) gestützte Untersagung eines nachvollziehbar religiös motivierten Menschenopfers100 sowie das unlängst vom Verwaltungsgericht Berlin bestätigte, letztlich auf Art. 20a GG gestützte Verbot, im Rahmen einer teils künstlerisch, teils religiös motivierten „Performance“ zwei Hundewelpen langsam mit Kabelbindern zu strangulieren.101 Das Schächturteil und seine diversen Folgeentscheidungen belegen zugleich, dass sich die Religionsfreiheit gegenüber anderen Verfassungspositionen nach wie vor mit vergleichsweiser Leichtigkeit durchsetzt.102 Neben dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG berufen sich das Bundesverfassungsgericht sowie die es stützenden Teile der Literatur103 auf die bewusste ___________ 97 BVerfGE 24, 236 (245); 83, 341 (354); 108, 282 (297); 125, 39 (79). – Dazu nur v. Campenhausen (Fn. 47), § 157 Rn. 51; Walter, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), S. 505 f. sowie Jarass / Pieroth (Fn. 75), Art. 4 Rn. 1. – Prominente Gegenposition bei S. Muckel, in: K. H. Friauf / W. Höfling (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 4 (2009), Rn. 6 f. 98 BVerfGE 33, 23 (29 ff.); 102, 370 (387); 108, 282 (297). 99 Näher zum Mechanismus BVerfGE 32, 98 (108); aus der Literatur nur H.-J. Papier, Vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte, in: D. Merten / ders. (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, 2009, § 64 Rn. 6 ff. 100 A.A. (es fehlt bereits an der Eröffnung des Schutzbereichs) S. Mückl, Religionsfreiheit und Sonderstatusverhältnisse – Kopftuchverbot für Lehrerinnen?, in: Der Staat 40 (2001), S. 96 (113 f.); in der Konsequenz wohl ebenso Muckel (Fn. 71), § 96 Rn. 80; dies dürfte für einen ernsthaften Anhänger der altaztekischen Religion nicht plausibel zu begründen sein: Näher J. Soustelle, Das Leben der Azteken, 3. Aufl. 1993, S. 183 ff.; H. J. Prem, Die Azteken. Geschichte – Kultur – Religion, 5. Aufl. 2011, S. 56 f. 101 VG Berlin, Beschluss v. 24.4.2012 – Az. VG 24 L 113.12, Beck-RS 2012, 49903. 102 Vgl. BVerfGE 104, 337; BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), GewArch. 2009, 82 sowie zuletzt BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), NVwZ-RR 2009, 245. – Zuvor hatten die Verwaltungsgerichte noch unter Hinweis auf den neuen Art. 20a GG mehrmals zuungunsten des Beschwerdeführers entschieden: HessVGH NJOZ 2006, 953 (dazu wiederum BVerwGE 127, 183) sowie HessVGH, Entscheidung v. 26.5.2009 – Az. 8 B 521/09; vgl. dazu nur A. Dietz, Das Schächten im Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und Tierschutz: Folgerungen für die behördliche Genehmigungspraxis aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 2006, 3 C 30.05, in: DÖV 2007, S. 489 (489 ff.) sowie C. Traulsen, Zum verfassungsrechtlichen Rahmen für einfachgesetzliche Regelungen über das Schächten. Anmerkung zu BVerwG, Urt. v. 23.11.2006 – 3 C 30 / 05, BVerwGE 127, 183, in: NuR 2007, S. 800 ff. – Zur Durchsetzungsstärke der Religionsfreiheit A. v. Ungern-Sternberg, Religionsfreiheit in Europa, 2008, S. 264 f., 330 f. sowie Steiner, Fragen (Fn. 6), S. 1546; er stellt pointiert fest, dass Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG „zu den ganz starken Grundrechten des Grundgesetzes“ gehört. 103 So etwa H. M. Heinig / M. Morlok, Von Schafen und Kopftüchern, Das Grundrecht auf Religionsfreiheit in Deutschland vor den Herausforderungen religiöser Plurali-

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Entscheidung des Verfassunggebers, in Abkehr von der Weimarer Handhabung (Art. 135 S. 3 WRV unterwarf das Grundrecht den „allgemeinen Staatsgesetzen“ bzw. erklärte diese für „unberührt“104) auf einen Vorbehalt zu verzichten.105 Hierbei ist allerdings einzuräumen, dass die Verhandlungen des Parlamentarischen Rates ein durchaus disparates Bild ergeben, steht doch etwa der allseits konsentierte Verzicht auf einen expliziten Vorbehalt einträchtig neben dem Hinweis, erkennbar notwendige Eingriffe auf die Bestimmungen zur allgemeinen Handlungsfreiheit stützen zu können.106 Hauptansatzpunkt der in der Literatur an Zuspruch gewinnenden (ohne schon im technischen Sinne „herrschend“ zu sein) Gegenposition ist der über Art. 140 GG inkorporierte Art. 136 Abs. 1 WRV, der bestimmt, dass „[d]ie bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten […] durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt“ werden.107 Aus dem Verbot einer Beschränkung der Pflichten wird nun entweder hergeleitet, dass Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG insgesamt einem Vorbehalt sog. Allgemeiner Gesetze unterliegen soll, also durch solche Gesetze eingeschränkt werden kann, die sich in Anlehnung an Art. 5 Abs. 2 GG nicht gezielt gegen die Religion richten, sondern anlässlich der Regelung nachvollziehbarer Gemeinwohlbelange lediglich reflexhaft zu Einbußen für einzelne Religionsgemeinschaften bzw. ihre Mitglieder führen.108 Alternativ dazu finden sich differenzierende Lösungen, ___________ sierung, in: JZ 2003, S. 777 (780); K. Fischer / T. Groß, Die Schrankendogmatik der Religionsfreiheit, in: DÖV 2003, S. 932 (935 ff.); H. Maurer, Die Schranken der Religionsfreiheit, in: ZevKR 49 (2004), S. 311 (311 ff.); v. Campenhausen (Fn. 47), § 157 Rn. 111; Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 112. 104 Eingehend G. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 14. Aufl. 1933, Art. 135 Anm. 6 (S. 621 f.) sowie L. Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 1932, Art. 135 Anm. 5 (S. 504). 105 BVerfGE 33, 23 (30 f.); 44, 37 (49 f.); 52, 223 (246 f.); 93, 1 (21); 102, 370 (387); aus der Literatur verweist Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 112 darauf, dass nur die Art. 136 ff. WRV in das Grundgesetz inkorporiert wurden, nicht aber das Grundrecht der Religionsfreiheit des Art. 135 WRV, welches einem Gesetzesvorbehalt unterlag. Maurer, Schranken (Fn. 103), S. 316 ff. stellt ergänzend auf die ausdrückliche Streichung eines Gesetzesvorbehalts in Art. 4 GG durch den Parlamentarischen Rat ab. 106 Näher m. N. F. Wittreck, Bonn ist doch Weimar. Die Religionsfreiheit im Grundgesetz als Resultat von Konflikt und Kontroverse, in: Reuter / Kippenberg, Religionskonflikte (Fn. 7), S. 66 (81). 107 Auf diesen Passus stützt sich zentral Herzberg, Probleme (Fn. 17), S. 337; ders., Religionsfreiheit (Fn. 17), S. 471. 108 Allgemein M. Heckel, Religionsfreiheit und Staatskirchenrecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: P. Badura / H. Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. 2, 2001, S. 379 (408); C. Starck, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / ders. (Hrsg.), GG I, 6. Aufl. 2010, Art. 4 Rn. 87 ff.; B. Pieroth / B. Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II, 28. Aufl. 2012, Rn. 577. – Speziell einen Vorbehalt sog. allgemeiner Gesetze nehmen an BVerwGE 112, 227 (231 f.); M. Mayer, Re-

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die diesen Vorbehalt nur auf Teilaspekte der Religionsfreiheit anwenden wollen, indem das sog. forum externum109 oder die noch weiter gefasste Freiheit, nach den Lehren seines Glaubens auch zu leben,110 Allgemeinen Gesetzen unterworfen werden.111 Hier fehlt regelmäßig nicht der Hinweis, dass der Staat angesichts zunehmender religiöser Pluralisierung einen notwendigen Kernbestand an bürgerlichen Pflichten nicht gegen geistlich motivierte Ausnahmen und Befreiungen werde aufrechterhalten können.112 Diese im Vordringen begriffene Position krankt allerdings an zwei zentralen Schwächen. In der Perspektive der Rechtsdogmatik verkennt sie den Charakter von Art. 136 Abs. 1 WRV als Gleichheitsrecht,113 das zwar seinem Wortlaut nach eine Interpretation als Einschränkungsvorbehalt tragen mag, der Intention der Weimarer Verfassungsurheber entsprechend diese Funktion aber nicht erfüllen sollte (und musste: dafür war Art. 135 S. 3 WRV gedacht).114 Schwerer ___________ ligionsfreiheit und Schächtverbot, in: NVwZ 1997, S. 561 (562 f.); W. Bock, Die Religionsfreiheit zwischen Skylla und Charybdis, in: AöR 123 (1998), S. 444 (467 ff.); S. Muckel, Streit um den muslimischen Gebetsruf. Der Ruf des Muezzin im Spannungsfeld von Religionsfreiheit und einfachem Recht, in: NWVBl. 1998, S. 1 (4); E. SchmidtJortzig, Bedingungen der Religionsfreiheit im toleranzverpflichteten Staat, in: A. Hoyer u.a. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Jörn Eckert, 2008, S. 823 (829 ff.); Muckel (Fn. 71), § 96 Rn. 94 ff. 109 So F. Schoch, Die Grundrechtsdogmatik vor den Herausforderungen einer multikonfessionellen Gesellschaft, in: J. Bohnert u.a. (Hrsg.), Verfassung – Philosophie – Kirche. Festschrift für Alexander Hollerbach, 2001, S. 149 (163 ff.); ebenso wohl auch Jarass / Pieroth (Fn. 75), Art. 4 Rn. 28; D. Ehlers, in: Sachs, GG (Fn. 92), Art. 140 GG / 136 WRV Rn. 4. 110 Näher zu dieser Rechtsprechungslinie, die auf die Entscheidung zur „Aktion Rumpelkammer“ (BVerfGE 24, 236 [244 ff.]) zurückgeht, BVerfGE 32, 98 (106); 83, 341 (354 ff.); 93, 1 (15); OVG Berlin NVwZ 1999, 786 (787) sowie Classen, Religionsrecht (Fn. 48), Rn. 149 ff.; Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 108), S. 394 f. und U. K. Preuß, in: E. Denninger u.a. (Hrsg.), AK-GG, Art. 4 Abs. 1, 2 (2001), Rn. 26; die Entscheidung kritisiert K.-H. Kästner, Hypertrophie des Grundrechts auf Religionsfreiheit? Über das Verhältnis der Religions- und Weltanschauungsfreiheit zum Geltungsanspruch des allgemeinen Rechts, in: JZ 1998, S. 974 (975 ff.). 111 So BVerwGE 112, 227 (231 f.); Starck (Fn. 108), Art. 4 Rn. 87 ff.; S. Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, Stellung und Funktion vorbehaltloser Freiheitsrechte in der Verfassung, 2006, S. 28 ff., insb. 36. 112 Dieser Tenor bei Starck (Fn. 108), Art. 4 Rn. 88; vgl. auch Schoch, Grundrechtsdogmatik (Fn. 109), S. 163 i.V.m. 150 ff. sowie Kästner, Hypertrophie (Fn. 110), S. 975, 977. 113 Prägnant Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 112 („Diskriminierungsverbot“); ders., in: Dreier, GGK III (Fn. 74), Art. 136 WRV Rn. 8, 11 ff.; in der dogmatischen Einstufung zustimmend Jarass / Pieroth (Fn. 75), Art. 136 WRV Rn. 1 sowie S. Korioth, in: T. Maunz / G. Dürig (Hrsg.), GG, Art. 136 WRV (2003), Rn. 1. 114 Art. 136 WRV sei im Lichte des Grundrechts der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu interpretieren: BVerfGE 33, 23 (30 f.); zustimmend v. Campenhausen (Fn. 47), § 157 Rn. 111; näher Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), Rn. 120 ff.; M. Germann, in: V. Epping / C. Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 4 Rn. 47.3; M. Borowski,

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wiegt, dass die auf den ersten Blick plausible Anlehnung an das Kriterium der „allgemeinen“ Gesetze zwangsläufig einen wahlweise als „westlich“ oder „abendländisch“ zu bezeichnenden Bias in die Entscheidung hineinträgt, wo die Grenzen der Religionsfreiheit verlaufen. Denn die Frage, ob sich ein Gesetz gezielt gegen die Religion richtet oder gezielt religiöse Praktiken erfasst, prolongiert nur die Frage, was Religion eigentlich ist – und sie hat das Bundesverfassungsgericht mit Zustimmung der Literatur zunächst dem Selbstverständnis des Grundrechtsträgers überantwortet.115 Demgegenüber nun einen gesellschaftlichen Konsens in Stellung zu bringen, dass bestimmte Verhaltensweisen nach „richtiger“ Auffassung nicht religiös motiviert oder konnotiert sein sollen, führt schnurgerade auf den Holzweg der Ungleichbehandlung.116

2. Religionsfreiheit als ungleiche Freiheit Damit sind wir nahtlos beim zweiten Punkt. Vereinzelt fühlt man Vertretern der soeben referierten restriktiveren Position förmlich an, dass es ihnen eigentlich um den Islam geht117 – präziser um die Zumutungen, die ein traditionelles Verständnis dieser Religion für die deutsche Rechtsordnung bereithält (von fundamentalistischen Ordnungsvorstellungen ganz zu schweigen). Wo anscheinend wertneutral von der Notwendigkeit die Rede ist, ein „ausuferndes“ Grundrecht118 wieder auf ein gesundes Maß zurechtzustutzen, geht es vergleichsweise punktgenau darum, die Burka, das Kopftuch oder das Schächten zu verbieten. ___________ Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, 2006, S. 487 ff.; v. Campenhausen / de Wall, Staatskirchenrecht (Fn. 59), S. 67 f.; Maurer, Schranken (Fn. 103), S. 311 ff. (insb. S. 324, 330); Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 112; Heinig / Morlok, Schafen (Fn. 103), S. 780 f.; zusammenfassend zur Diskussion um die Heranziehung des Art. 136 I WRV J. Kokott, in: Sachs, GG (Fn. 92), Art. 4 Rn. 129 ff. 115 Vgl. BVerfGE 12, 1 (3 f.); 24, 236 (247 f.); 30, 415 (423); 44, 37 (49 ff.); aus der Literatur prominent M. Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, 1993, S. 49 ff., insb. S. 52 ff., 78 ff. u. 393 ff. und passim; ders. (Fn. 48), Art. 4 Rn. 41 ff., 55 ff. u. 67 („zu plausibilisierende[s] Selbstverständnis“); Classen, Religionsrecht (Fn. 48), Rn. 85; M. Borowski, Der Grundrechtsschutz des religiösen Selbstverständnisses, in: Haratsch u.a., Religion (Fn. 63), S. 49 ff.; differenzierend P. Häberle, Grenzen aktiver Glaubensfreiheit. Zur Lumpensammlerentscheidung des BVerfG, Beschluss v. 16. Okt. 1968 (BVerfGE 24, S. 236 ff.), in: DÖV 1969, S. 385 (389). – Grundsätzlich kritisch hingegen J. Isensee, Wer definiert die Freiheitsrechte?, 1980, S. 29 ff. sowie hinsichtlich eines unbedingten Abstellens auf das Selbstverständnis Kokott (Fn. 114), Art. 4 Rn. 16 f. 116 Näher am Beispiel des Zinsverbots Wittreck, Kompass (Fn. 62), S. 60. 117 Mit Händen zu greifen bei K. A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, 2010, S. 119 ff. 118 Diese Redeweise in Anlehnung an v. Ungern-Sternberg, Grundrecht (Fn. 3), S. 247.

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Eine solche nach je „betroffener“ Religion differenzierende Handhabung begegnet im Kern in zwei Spielarten: Lediglich implizit obwaltet sie dann, wenn Einschränkungsmöglichkeiten der Religionsfreiheit entweder ergebnisorientiert so zugeschnitten werden, dass „fremde“ Religionen und ihre Lebensvollzüge gerade nicht mehr erfasst sind,119 oder das Ergebnis ohne solche Engführungen im Vorfeld jedenfalls nichtchristliche Religionen substantiell schwerer oder gar ausschließlich trifft120 – man denke an das Beschneidungsverbot (oben II.1.). Die explizite Differenzierung nach verschiedenen Religionen – regelmäßig in Form einer Verteidigung solcher Bestimmungen, die christliche Symbole oder Verhaltensweisen gegenüber denen anderer Religionen bevorzugen121 – stützt sich wiederum auf zwei Strategien, wie sich anhand der landesgesetzlichen Klauseln zum „Kopftuchverbot“ für Lehrerinnen darlegen lässt: 122 Die Bestimmungen der Landesschulgesetze, die zwar religiöse Symbole und Bekundungen in der Schule verbieten, davon aber christliche wie jüdische (in historisch gelinde gesagt gewagter Konjunktion als „christliche und abendländische Tradition“ zusammengezwungen, als habe es weder einen christlichen Antisemitismus noch den Holocaust je gegeben) ausnehmen,123 können angesichts des Art. 3 Abs. 1 u. 3 GG nur zwei Lösungswege beschreiten: Option eins ist der Versuch, aus einer Gesamtschau der Verfassung(en) eine Wertung abzuleiten, derzufolge das Christentum eingedenk seiner historischen Rolle ungeachtet des Gebotes der Neutralität wie der gleichen Religionsfreiheit aller „gleicher“ als

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In diese Richtung etwa noch J. Listl, Glaubens-, Bekenntnis- und Kirchenfreiheit, in: ders. / Pirson, Handbuch (Fn. 59), Bd. I, S. 439 (452): „Das Grundgesetz schützt vielmehr jede freie Betätigung der Religion […], soweit sie sich im Rahmen gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen der heutigen Kulturvölker hält“ (Hervorhebung im Original, F.W.). 120 Vgl. namentlich Muckel (Fn. 97), Art. 4 Rn. 19; siehe auch Jerouschek, Beschneidung (Fn. 14), S. 318 f.; für die weibliche Genitalbeschneidung Zähle, Religionsfreiheit (Fn. 20), S. 442 ff. 121 Siehe etwa P. Kirchhof, Die Freiheit der Religionen und ihr unterschiedlicher Beitrag zu einem freien Gemeinwesen, in: Religionen in Deutschland und das Staatskirchenrecht, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Bd. 39 (2005), S. 105 (114 f.). 122 Aus der reichhaltigen Literatur C. Traulsen, Distanzierende Neutralität an BadenWürttembergs Schulen?, in: RdJB 2006, S. 116 ff.; J. v. Blumenthal, Das Kopftuch in der Landesgesetzgebung, 2009, S. 123 ff.; M. Hummrich, Kopftuchverbot und der Grundsatz der strikten Gleichbehandlung, in: LKRZ 2009, S. 361 ff. 123 Diese Handhabung in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (vgl. § 57 Abs. 4 S. 3 SchulG NRW, § 38 Abs. 2 S. 3 SchulG BW); aus der Literatur dazu E.-W. Böckenförde, Anmerkung zu BVerwG, Urteil v. 24.6.2004, 2 C 45.03, in: JZ 2004, S. 1181 (1182 ff.) sowie C. Walter / A. v. Ungern-Sternberg, Verfassungswidrigkeit des nordrhein-westfälischen Kopftuchverbots für Lehrerinnen, in: DÖV 2008, S. 488 (492 ff.).

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andere Religionen zu behandeln sei.124 Regelmäßig liefern die Landesverfassungen hier mehr Anschauungsmaterial als das Grundgesetz,125 namentlich dann, wenn es um die „Ehrfurcht vor Gott“ als Erziehungsziel geht.126 Zugleich wirft dies im Lichte von Art. 31 GG die Frage nach der Geltungsreichweite solcher Bestimmungen auf.127 Zweite Option ist die Camouflage oder Eskamottierung des religiösen Elements, indem es hinter dem wunderwirkenden Vorhang eines „Kulturvorbehalts“ verschwindet: Das Kruzifix etwa ist in dieser Optik nicht mehr Zeichen des Christentums, sondern einer „abendländischen Kulturtradition“,128 deren Prolongierung dem Grundgesetz aufgegeben sei und seine religiöse Neutralität auch nicht in Frage stelle, da sie eben nicht als genuin religiös zu verstehen sei.129 Die letztgenannte Position ist bei Lichte betrachtet eine schlichte Verhöhnung der Religion130 und noch dazu ein bestenfalls fadenscheiniger Versuch, das Neutralitätsgebot wie den Gleichheitssatz der Verfassung zu umgehen.131 Demgegenüber kann die Losung nur lauten, strikt daran festzuhalten, dass Religionsfreiheit nur die gleiche religiöse Freiheit aller bedeuten kann.132 ___________ 124

In diese Richtung argumentieren VG Stuttgart NVwZ 2000, 959 (960 f.) sowie J. Bader, Darf eine muslimische Lehrerin in der Schule ein Kopftuch tragen?, in: VBlBW 1998, S. 361 (365). 125 Vgl. etwa F. Bernard, Der Gottesbezug in der Niedersächsischen Verfassung, in: St. Haering u.a. (Hrsg.), Festschrift für H. Paarhammer, 2012, S. 903 (907 ff.); zum Pendant auf Grundgesetzebene zuletzt A. Weiß, Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, ebd., S. 883 (885 ff.). 126 Siehe Art. 131 Abs. 2 BayVerf.; Art. 12 Abs. 1 BWVerf.; Art. 7 Abs. 1 NWVerf.; Art. 33 R-PVerf.; Art. 30 SaarlVerf.; kritisch L. Renck, Religionsfreiheit und das Bildungsziel Ehrfurcht vor Gott, in: NJW 1989, S. 2442 ff.; den Begriff befürwortet H.-M. Pawlowski, Ehrfurcht vor Gott als schulisches Bildungsziel in Bayern, in: NJW 1989, S. 2240 ff. in Anlehnung daran, dass „zur Zeit bereits mehr als 2 Millionen Mohammedaner unter uns leben“ (Zitat S. 2240). 127 Kritisch daher F. Hufen, Der Regelungsspielraum des Landesgesetzgebers im Kopftuchstreit, in: NVwZ 2004, S. 575 (578); U. Sacksofsky, Die Kopftuch-Entscheidung – von der religiösen zur föderalen Vielfalt, in: NJW 2003, S. 3297 (3301). 128 So explizit C. Link, Stat Crux? Die „Kruzifix“-Entscheidung des BVerfG, in: NJW 1995, S. 3353 (3355; im Anschluss an BVerfGE 41, 65 [84 f.]); kritisch hingegen Walter / v. Ungern-Sternberg, Verfassungswidrigkeit (Fn. 123), S. 493. 129 In diesem Sinne BVerwG NJW 2004, 3581 (3583); J. Müller-Volbehr, Positive und negative Religionsfreiheit, in: JZ 1995, S. 996 (997); A. Notte, Das Kreuz mit dem Kreuz, in: JÖR 48 (2000), S. 87 (94). 130 Kritisch wie hier zur „Profanisierung [sic!] des Kreuzes“ BVerfGE 93, 1 (20) sowie – sehr abgewogen – H.-J. Blanke, Religiöse Symbole im öffentlichen Raum, in: Sachs / Sieckmann, Verfassungsstaat (Fn. 6), S. 1249 (1260 ff.). 131 Beißend kritisch deshalb G. Czermak, Kopftuch, Neutralität und Ideologie – Das Kopftuch-Urteil des BVerfG im ideologischen Streit, in: NVwZ 2004, S. 943 (944). 132 Prägnant die Beiträge von C. Walter, Die Verschiedenheit der Religionen und ihre gleiche Freiheit unter dem Grundgesetz, in: R. Mellinghoff / U. Palm (Hrsg.), Gleichheit

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3. Religionsfreiheit als primär individuelle Freiheit Zuletzt bleibt eine Wendung zu verzeichnen, die man als Individualisierung der Religionsfreiheit bezeichnen könnte:133 Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG wird in Teilen der jüngeren Literatur sowohl generell als auch in Abgrenzung von der kollektiven Religionsfreiheit als höchstpersönliches Grundrecht (neu) modelliert.134 Nun ist eine differenzierte Bewertung von individueller und kollektiver Glaubensfreiheit im Grundgesetz durchaus angelegt, ist jene doch nach richtigem Verständnis vorbehaltlos gewährleistet (oben 1.), diese aber nach Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV den „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ unterworfen.135 Dem liegt die nicht von der Hand zu weisende Erwägung zugrunde, dass namentlich die christlichen Großkirchen als Organisationen von sozialer Mächtigkeit einem eingriffsintensiveren staatlichen Steuerungsregime unterworfen sein müssen als der einzige Gläubige, der individuell seinem Sinnentwurf folgt.136 Drei neuere Interpretationslinien gehen über diese Abstufung allerdings deutlich hinaus. An erster Stelle steht die bereits angesprochene Selbstverständnislehre,137 die zumindest in ihrer konsequentesten Spielart allein auf das Selbstverständnis des einzelnen Gläubigen abstellt138 und Religion damit radi___________ im Verfassungsstaat, 2008, S. 113 ff. sowie H. M. Heinig, Der Körperschaftsstatus nach Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV – ein Gleichheitsversprechen, in: Reuter / Kippenberg, Religionskonflikte (Fn. 7), S. 93 ff. – Aus Schweizer Perspektive W. Kälin / I. Grohsmann, Gleiche Rechte für Angehörige aller Religionsgemeinschaften in der Schweiz, in: Kirchschläger / Kirchschläger, Menschenrechte (Fn. 18), S. 219 ff. 133 Überlegungen zum Folgenden etwa bei Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 43 ff. sowie v. Ungern-Sternberg, Grundrecht (Fn. 3), S. 262 ff. – Auf eine weitere Form der Individualisierung, die hier nur gestreift werden kann, weist W. Rüfner, Modernisierung des Staatskirchenrechts durch Vergrundrechtlichung?, in: Sachs / Sieckmann, Verfassungsstaat (Fn. 6), S. 573 ff. hin: Die an sich überwiegend objektivrechtlichen Normen der Art. 136 ff. WRV werden in der Rechtsprechung zunehmend als verfassungsbeschwerdefähige Rechtspositionen des Individuums gedeutet (statt aller BVerfGE 125, 39 [79 ff.] – Berliner Ladenschlussgesetz). 134 Gleichsinnig M. Morlok, in: Dreier, GGK III (Fn. 74), Art. 140 Rn. 32; R. Herzog, in: T. Maunz / G. Dürig u.a. (Hrsg.), GG, Art. 4 (1988), Rn. 93 sowie G. Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften als Grundlage des staatskirchenrechtlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 2002, S. 130 ff. 135 Für eine solche Abstufung auch Wieland, Angelegenheiten (Fn. 70), S. 327. 136 Prägnant Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 98 sowie ders. (Fn. 74), Art. 137 WRV Rn. 15, 56; vgl. ferner BVerfGE 102, 370 (393) sowie H. Wilms, Amtshaftung der Kirchen für Äußerungen ihrer Sektenbeauftragten, in: NJW 2003, S. 2070 (2072). 137 Vgl. oben bei und in Fn. 115. 138 So, wenn auch unter dem Vorbehalt der Plausibilität, Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 55; ders., Selbstverständnis (Fn. 115), S. 78 ff.; H. de Wall / S. Muckel, Kirchenrecht, 2009, S. 66; v. Campenhausen / de Wall, Staatskirchenrecht (Fn. 59), S. 56, sowie

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kal individualisiert, ja potentiell atomisiert: Letztlich existieren danach allein in der Bundesrepublik 80 Millionen Entwürfe über den rechten Glauben bzw. den als sinnhaft erlebten Unglauben, die im Wege der Plausibilitätskontrolle bestenfalls lose an die Überlieferung festgefügter Gemeinschaften zurückgebunden sind.139 Zweiter Befund ist der Versuch, die kollektive Glaubensfreiheit dahingehend einzuhegen, dass die organisierten Religionsgemeinschaften entweder generell der Grundrechtsbindung unterworfen werden oder sich zumindest bereichsspezifisch an den Grund- und Menschenrechten ihrer Mitglieder (oder Dritter) messen lassen müssen. Während die erste Position vergleichsweise selten bleibt 140 und insofern der breite religionsverfassungsrechtliche Konsens noch „hält“, dass die Kirchen grundsätzlich grundrechtsberechtigt, nicht aber -verpflichtet sind,141 werden die Fälle einer mittelbaren oder über Schutzpflichten hergeleiteten Grundrechtsbindung häufiger:142 Neben die bereits erwähnte ___________ Borowski, Grundrechtsschutz (Fn. 115), S. 63 ff. Ebenso das Bundesverfassungsgericht im Fall „Aktion Rumpelkammer“: BVerfGE 24, 236 (247 ff.). Zurückhaltender agiert A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, 2. Aufl. 2001, § 138 Rn. 95, indem er nur auf das von autorisierten Instanzen artikulierte kirchliche Selbstverständnis abstellt. Ebenso BVerwGE 99, 1 (4); 112, 227 (229). 139 Näher zur Plausibilisierung des jeweiligen Selbstverständnisses Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), S. 64 ff.; Morlok (Fn. 48), Art. 4 Rn. 80; Winter, Staatskirchenrecht (Fn. 59), S. 113 f.; Borowski, Grundrechtsschutz (Fn. 115), S. 79 f. sowie BVerfGE 83, 341 (353), wonach „nicht allein die Behauptung und das Selbstverständnis, eine Gemeinschaft bekenne sich zu einer Religion […] die Berufung auf die Freiheitgewährleistung des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG rechtfertigen; vielmehr muß es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und Religionsgemeinschaft handeln“. 140 Zum Problem T. Marauhn, Grundrechte in den Kirchen?, in: P. Richli (Hrsg.), Wo bleibt die Gerechtigkeit?, 2005, S. 203 ff. sowie jüngst E. Klein, Bedeutung und Verständnis der Menschenrechte im Denken der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche in Deutschland, in: ZevKR 57 (2012), S. 410 (425 ff.). – Davon abzugrenzen ist die Forderung nach eigenen innerkirchlichen Grundrechten, wie sie zuletzt prominent A. Loretan, Menschenrechte in der Kirche – ein Schutz vor Machtmissbrauch, in: St. Haering u.a. (Hrsg.), Festschrift für H. Paarhammer, 2012, S. 263 ff. erhoben hat. 141 So BVerfGE 42, 312 (321 f.); H. Weber, Grundrechtsbindung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Listl / Pirson, Handbuch I (Fn. 59), § 19, S. 573 ff.; Dreier (Fn. 70), Art. 1 III Rn. 73 ff.; Walter, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), S. 586 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/2, 2011, S. 976; Jarass / Pieroth (Fn. 75), Art. 1 Rn. 37; Art. 140/137 WRV Rn. 16. 142 Vgl. etwa zuletzt H. F. Köck, Die Grundrechte im Spannungsfeld von Kirche und Staat – „Unterbelichtete“ Aspekte des Problems, in: St. Haering u.a. (Hrsg.), Festschrift für H. Paarhammer, 2012, S. 1035 ff., der die individuelle Religionsfreiheit dem Grundrecht der Kirchen klar vorordnet (S. 1039, 1041) und eine weitgehende Drittwirkung der (staatlichen) Grundrechte im innerkirchlichen Bereich annimmt (S. 1042 ff.).

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Rechtsprechung zum Kündigungsrecht143 treten hier von den Gerichten formulierte grundrechtlich induzierte Sorgfaltsanforderungen an die Äußerungen von kirchlichen Sektenbeauftragten144 sowie Forderungen, bei der lehramtlichen Verkündigung die Rechte von Frauen und Minderheiten (in Sonderheit Schwulen und Lesben) zu achten.145 Diskussionsbedarf wirft in diesem Kontext auch die kirchliche Mitwirkung an Personalentscheidungen im Hochschulbereich auf.146 Drittens und letztens lässt sich beobachten, dass im Konflikt der individuellen negativen mit der positiven Religionsfreiheit einer Bezugsgruppe regelmäßig die erstgenannte obsiegt.147 Denn der Dissident setzt sich meist auch dann mit seinem Ansinnen durch, im staatlichen Kontext nicht mit religiösen Symbolen konfrontiert zu werden, wenn die Mehrheit der Gruppe (oder in der Schule deren Eltern) das Symbol als Ausdruck einer positiv konnotierten gemeinsamen Überzeugung ausdrücklich wünschen.148 Man mag hier einwenden, dass die Entscheidung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Lautsi diesen Trend widerlege oder zumindest nicht bestätige.149 Die nähere Auswertung der Urteilsgründe führt allerdings zu dem ___________ 143

Vgl. oben III.2 (bei und in Fn. 75 ff.). BGHZ 154, 54 (62 f.) und dazu Wilms, Amtshaftung (Fn. 136), S. 2070 ff.; siehe noch BGHZ 148, 307 (311). 145 In diese Richtung Heimbach-Steins, Religionsfreiheit (Fn. 1), S. 186 sowie D. Mensink, Wieviel Eigensinn darf sein?, in: Bogner / Heimbach-Steins, Freiheit (Fn. 59), S. 155 (172 f.). – Aus der britischen Perspektive R. J. Ahdar, Religious Group Autonomy, Gay Ordination, and Human Rights Law, in: O’Dair / Lewis, Law and Religion (Fn. 76), S. 275 ff. 146 Hier begegnen Forderungen nach einer wissenschaftsadäquaten Ausübung der regelmäßig vertraglich vorbehaltenen kirchlichen Mitwirkungsbefugnisse, die namentlich auf eine Pflicht zur Begründung von Vorbehalten gegen die Person resp. Lehre eines Bewerbers umfassen: vgl. zusammenfassend J. E. Christoph, Kirchen- und staatskirchenrechtliche Probleme der Evangelisch-theologischen Fakultäten, 2009, S. 71 ff. sowie – dezidiert kritisch – H. F. Zacher, Offenkundige Mängel beim Nihil obstat: ein Brief an die zuständigen deutschen Bischöfe, in: Herder-Korrespondenz 56 (2002), S.133 ff. – Im Überblick zum Thema „[k]irchliche Rechte in bezug auf das wissenschaftliche Personal“ A. Hollerbach, Theologische Fakultäten und staatliche Pädagogische Hochschulen, in: Listl / Pirson, Handbuch II (Fn. 59), § 56, S. 549 (571 ff.). 147 In der Beobachtung wie hier Walter, Religionsverfassungsrecht (Fn. 63), S. 527; Köck, Grundrechte (Fn. 142), S. 1047 f.; E. Brems, The Approach of the European Court of Human Rights to Religion, in: T. Marauhn (Hrsg.), Die Rechtsstellung des Menschen im Völkerrecht, 2003, S. 1 (4 f.). 148 Dies beklagt etwa Stern, Staatsrecht IV/2 (Fn. 141), S. 456. 149 Vgl. EGMR, Urteil v. 18.3.2011, Az. 30814 / 06 – Lautsi II, NVwZ 2011, 737 (737 ff.) und dazu die (zustimmenden) Besprechungen von C. Walter, Religiöse Symbole in der öffentlichen Schule – Bemerkungen zum Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Lautsi, in: EuGRZ 2011, S. 673 (673 ff.); J.-M. Piret, A Wise Turn to Judicial Restraint, in: Religion and Human Rights 144

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Ergebnis, dass tragend für die Verwerfung der ersten Entscheidung weniger eine grundsätzlich abweichende Anschauung vom Verhältnis von individueller und kollektiver Religionsfreiheit war. Im Kern stützt sich die Große Kammer auf die „Margin of Appreciation“ und schreckt damit (zu recht) vor einer Unitarisierung des menschenrechtlichen Schutzes der Religionsfreiheit zurück, die angesichts der höchst vielfältigen Religionsverfassungsrechtsregime in Europa zu erheblichen Verwerfungen hätte führen müssen.150 Gleichwohl ist auch hier ein Trend unübersehbar, noch existierende genuin staatskirchliche Arrangements „abzuwickeln“.151 Er ist im Sinne der geschilderten Entwicklung konsequent.

V. Schluss: Das deutsche Religionsrecht als resolute Ordnung Ist danach zum Schluss der Schwanen- oder Abgesang auf das bundesrepublikanische Religionsrecht anzustimmen? Es besteht in der Tat die Möglichkeit, dass sich die Parameter dahingehend verschieben, dass die deutsche Rechtsordnung Religion weniger (öffentlichen) Raum einräumt bzw. weniger religiös motivierte Ausnahmen von allgemeinen Pflichten zulässt – eine solche Entwicklung droht zumal in Reaktion auf die nach wie vor als bedrohlich empfundene Präsenz des Islam in Deutschland. Gleichwohl ist der vorliegende Beitrag weder ein Plädoyer für eine solche Verschiebung, noch hält er sie für zwin___________ 6 (2011), S. 273 ff.; J. Giles, Case Note Lautsi v. Italy, in: Oxford Journal of Law and Religion, Advance Access published January 5, 2012, S. 1-2. 150 Unterstrichen von C. Grabenwarter / K. Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, § 18 Rn. 22; G. Ress, Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als pouvoir neutre, in: ZaöRV 69 (2009), S. 289 (299 f.) sowie Blanke, Symbole (Fn. 130), S. 1268 f. – Rechtsvergleichendes Material bieten K. Gebauer, Parallele Grund- und Menschenrechtsschutzsysteme in Europa?, 2007, S. 248 ff.; A. RuppSwienty, Die Doktrin von der margin of appreciation in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 1998, S. 27 ff.; v. Ungern-Sternberg, Religionsfreiheit (Fn. 102), S. 66 ff.; vgl. für den angloamerikanischen Raum die Beiträge in Radan / Meyerson / Croucher, Law and Religion (Fn. 28). 151 Sinnfällig sind hier die praktische Aufhebung der norwegischen Staatskirche zum 21. Mai 2012 sowie der schwedischen Staatskirche zu Beginn des Jahres 2000; in Island ist hingegen beim Verfassungsreform-Referendum im Oktober 2012 die Frage nach einer Abschaffung der bisherigen lutherischen Staatskirche (vgl. Art. 62 IslVerf.) verneint worden: FAZ, 23.10.2012, Nr. 247, S. 8. Zum Stand der Debatte um eine mögliche Reform der anglikanischen Staatskirche siehe A. Pearce, Religious Denomination or Public Religion? The Legal Status of the Church of England, in: O’Dair / Lewis, Law and Religion (Fn. 76), S. 457 ff.; A. Lynch, The constitutional significance of the Church of England, in: Radan / Meyerson / Croucher, Law and Religion (Fn. 28), S. 168 (185 ff.).

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gend.152 Denn wenn man das deutsche Religionsverfassungsrecht weiterhin konsequent als Ordnung gleicher Freiheit interpretiert, taugt es zur Integration des Islam wie zur Verarbeitung der religiösen Pluralisierung schlechthin. Eine riskante oder – wenn man so will – gefahrgeneigte Ordnung ist lediglich der vor- und außerrechtliche status quo des bisherigen Staatskirchenrechts, das sich in seiner überkommenen Form nicht in action halten wird.

___________ 152

an.

Das Folgende schließt an Überlegungen in Wittreck, Kompass (Fn. 62), S. 53 ff.,

Der postmortale Schutz religiöser Freiheit Diana Zacharias

I. Einführung Seit Menschengedenken glauben Angehörige der allermeisten Religionen, dass ihr gegenwärtiges irdisches Leben nur eine Etappe in einer Existenz ist, die über den Tod hinaus fortgesetzt werden kann, sei es über das Medium einer unsterblichen Seele, sei es durch die Auferweckung zu himmlischem Leben oder durch die Wiedererschaffung im Fleische am jüngsten Tag. Nicht wenige denken zudem, dass der Ort, die Zeit sowie die Art und Weise der Bestattung ihres Leichnams Auswirkungen auf ihre Fortexistenz im Jenseits haben. Deshalb treffen sie zu ihren Lebzeiten auf der Grundlage ihrer religiösen Überzeugungen Vorkehrungen dafür, wie nach ihrem Tod mit ihrem Körper verfahren werden soll.1 Darüber hinaus verfügen viele Menschen aus religiösen Gründen von Todes wegen, dass ihr Vermögen einem kirchlichen oder karitativen Zweck zugeführt wird und dass von ihnen genutzte sakrale Gegenstände weiterhin für den Gottesdienst Verwendung finden. Sie hoffen, dass ihnen ihre finalen guten Taten im Jenseits vergolten werden. Ihre Hoffnung wird dabei von dem Vertrauen getragen, dass ihre Vorkehrungen, Anordnungen und Wünsche für die Zeit nach ihrem Tod von der Nachwelt beachtet werden. Dieses Vertrauen könnte durch die menschenrechtlich und grundrechtlich garantierte Religionsfreiheit abgesichert sein. Die folgenden Ausführungen beleuchten, ob und inwiefern die religiöse Freiheit postmortal geschützt ist. Die Frage besitzt vor dem Hintergrund der Pluralisierung der religiösen Überzeugungen, die durch den Zuzug von Personen aus anderen Kulturkreisen und durch das missionarische Wirken neuer religiöser Gruppierungen entstanden ist, sowie des Wandels, der in Bezug auf den Umgang mit den Verstorbenen im Allgemeinen2 und die Bestattungsrituale im ___________ 1 Vgl. Jürgen Gaedke / Joachim Diefenbach, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Köln 102010, Einleitung Rn. 1-37 (S. 1-10). 2 Vgl. Dieter Bartetzko, Antastbare Würde, F.A.Z. Nr. 10, v. 13.1.2010, S. 27.

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Besonderen3 zu beobachten ist, eine wachsende Bedeutung. Zum einen sieht sich das Friedhofs- und Bestattungswesen mit dem Problem konfrontiert, Forderungen nach Bestattungsmodalitäten zu begegnen, die von den traditionellen Begräbnisvorstellungen abweichen und bislang gesetzlich nicht geregelt sind;4 zum anderen treten neue Gefahren für die Verwirklichung der zu Lebzeiten geformten Wünsche der Verstorbenen auf.

II. Postmortaler Schutz der Religionsfreiheit nach der Europäischen Menschenrechtskonvention Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Rechtsprechung mehrfach zu Fragen der Bestattung Stellung genommen. So erkannte der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Oktober 2001 in der Rechtssache Pannullo und Forte / Frankreich Eltern einen Anspruch darauf zu, dass der Leichnam ihres im Krankenhaus gestorbenen Kindes nach einer für die Vornahme der forensischen Untersuchungen angemessenen Zeit zur Beerdigung freigegeben wird.5 Die Eltern hatten dargelegt, dass Religion eine wichtige Rolle in ihrem Leben spiele und entscheidend für ihren Wunsch sei, ihr Kind baldmöglichst zu begraben.6 Gleichwohl stützten sie ihre Beschwerde nicht auf die Religionsfreiheit aus Art. 9 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), sondern auf das Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 EMRK. Der Europäische Gerichtshof folgte dieser Argumentation. Er nahm an, dass dieses Recht auch über den Tod hinaus gewährleistet sei. Obwohl die familiäre Beziehung der Eltern zu ihrem Kind durch dessen Tod erloschen sei, könnten sich aus dem Recht auf Achtung des Familienlebens Folgewirkungen ergeben.7 Ähnlich be___________ 3 Dazu etwa Birgit Frenzel, Traditional Burials Are Dying Out, Max Planck Research 1/2012, S. 88-93; Stefan Orth, Alles Asche? Der Wandel der Bestattungskultur in Deutschland, Herder Korrespondenz 58 (2004), S. 129-134; Birgit Schmidt am Busch, Postmortaler Würdeschutz und gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit, Der Staat 49 (2010), S. 211-249, hier insbes. S. 213-223. 4 Siehe zu den muslimischen Begräbnisvorstellungen etwa Adel Theodor Khoury, Der Umgang mit Sterbenden und Toten, in: ders. / Peter Heine / Janbernd Oebbecke, Handbuch Recht und Kultur des Islams in der deutschen Gesellschaft, Gütersloh 2000, S. 114-123, hier S. 116-122; Heiner Marré, Der Islam in Deutschland – Historische, politische und rechtliche Überlegungen zu einem komplexen Thema, in: Stefan Muckel (Hrsg.), Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag, Berlin 2003, S. 553-578, hier S. 568-569; Diana Zacharias, Islamisches und deutsches Bestattungsrecht im Widerstreit, ZevKR 48 (2003), S. 149-177. 5 EGMR, Urteil v. 30.10.2001, Appl. Nr. 37794/97 – Pannullo und Forte / Frankreich. 6 Ebd., Rn. 33. 7 Vgl. Christoph Grabenwarter / Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, München / Basel / Wien 52012, § 22 Rn. 18 (S. 183).

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urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rechtslage in seinem Urteil vom 12. November 2002 in der Rechtssache Płoski / Polen, wo er befand, dass sich aus Art. 8 EMRK unter bestimmten Voraussetzungen das Recht eines Strafgefangenen ergeben könne, der Beerdigung seiner Eltern beizuwohnen.8 Der Gerichtshof ging davon aus, dass das Relationsrecht auf Achtung des Familienlebens auch dann noch in Anspruch genommen werden kann, wenn die Relation aufgrund des Todes eines Beteiligten nicht mehr besteht. Dies eröffnet die Möglichkeit, das Relationsrecht nicht nur, wie in den beiden genannten Fällen, zu Gunsten des Überlebenden, sondern auch zu Gunsten des Verstorbenen zu aktivieren. Tatsächlich hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache Karner / Österreich eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes in Art. 14 EMRK in Verbindung mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 EMRK festgestellt, obwohl mittlerweile auch der Überlebende einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gestorben war.9 Die Feststellung bezog sich allerdings auf einen Sachverhalt, der sich zu Lebzeiten des letztverstorbenen Partners ereignet hatte. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof auch außerhalb des Relationsrechts auf Achtung des Familienlebens einen postmortalen Schutz von Menschenrechten für denkbar hält. Beispielsweise hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 18. Mai 2004 in der Rechtssache Plon / Frankreich, in der es um die Veröffentlichung von Informationen über die Krebserkrankung des verstorbenen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand ging, die Freiheit der Meinungsäußerung des Verlegers und des Autors aus Art. 10 EMRK dem ebenfalls in Art. 8 EMRK verankerten Aktionsrecht auf Achtung des Privatlebens von Mitterrand gegenübergestellt.10 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich bislang, soweit ersichtlich, noch nicht zu der Frage eines postmortalen Schutzes der Religionsfreiheit aus Art. 9 EMRK geäußert. Selbst in seinem Urteil vom 29. März 2011 in der Rechtssache Potomska und Potomski / Polen, die ein Bauverbot für das Gelände eines jüdischen Friedhofs betraf, stellte der Gerichtshof, entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdegegners, nicht auf die religiösen Vorstellungen der dort bestatteten Menschen ab, sondern auf den Schutz des kulturellen Erbes bzw. auf den Schutz von Denkmälern von besonderem historischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Wert.11 ___________ 8

EGMR, Urt. v. 12.11.2002, Appl. Nr. 26761/95 – Płoski / Polen; siehe auch EGMR, Beschl. v. 25.11.1999, Appl. Nr. 42662/98 – Marincola und Sestito / Italien; Beschl. v. 13.10.2000, Appl. Nr. 45138/98 – Georgiou / Griechenland. 9 EGMR, Urt. v. 24. Juli 2003, Appl. Nr. 40016/98 – Karner / Österreich. 10 EGMR, Urt. v. 18.5.2004, Appl. Nr. 58148/00 – Plon / Frankreich. 11 EGMR, Urt. v. 29.3.2011, Appl. Nr. 33949/05 – Potomska und Potomski / Polen.

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Gleichwohl lassen sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs einige wichtige Hinweise für den postmortalen Schutz religiöser Freiheit entnehmen. Zunächst ist ersichtlich, dass der Gerichtshof einen menschenrechtlichen Schutz über den Tod hinaus nicht auf ein einzelnes Katalogrecht beschränkt, sondern offen ist für postmortale Folgewirkungen verschiedener menschenrechtlicher Gewährleistungen. Dies ermöglicht, einen Schutz der Religionsfreiheit und ihrer Ausprägungen auch dann anzunehmen, wenn der Inhaber des Menschenrechts bereits verstorben ist. Darüber hinaus hat der Gerichtshof stets deutlich gemacht, dass der postmortale Schutz nicht den Toten gilt. Der postmortale Schutz knüpft vielmehr an den Schutz an, der den Lebenden zukommt. Er handelt sich um die Erfüllung einer Verpflichtung, die lebzeitig gegenüber den Verstorbenen begründet wurde. Schließlich hat der Gerichtshof demonstriert, dass die Gewährleistung des postmortalen Schutzes dieselben Schranken aufweist wie die Schutzgewährleistung für die Lebenden und dass sie sich in der Abwägung grundsätzlich ebenso wie Letztere verhält. Eine Ausnahme hat der Gerichtshof insofern vorgenommen, als er die Zeitdimension in die Abwägung einbezieht. So erläuterte er in seiner Entscheidung in der Rechtssache Plon / Frankreich, dass mit zunehmendem Zeitablauf das Interesse des verstorbenen Mitterrand an der Geheimhaltung der mit seiner Erkrankung verbundenen Umstände abnehme und demgegenüber das öffentliche Interesse an einer umfassenden historischen Erörterung der Präsidentschaft Mitterrands an Gewicht gewinne.12

III. Postmortaler Schutz der Religionsfreiheit nach nationalem Verfassungsrecht Das deutsche Bundesverfassungsgericht, das in seiner Rechtsprechung die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berücksichtigen muss,13 hat sich ebenfalls in mehreren Entscheidungen zu einem postmortalen Schutz von Grundrechten geäußert. Leitentscheidung ist dabei der Senatsbeschluss zu Klaus Manns Roman „Mephisto“ vom 24. Februar 1971. Darin hat sich das Gericht auf den Standpunkt gestellt, dass die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) Schutzwirkungen über den Tod hinaus entfaltet. Das Gericht argumentierte, dass es mit dem verfassungsverbürgten Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde, das allen Grundrechten zugrunde liege, unvereinbar wäre, wenn der Mensch, dem Würde kraft seines Personseins zukomme, in diesem allgemeinen Achtungsanspruch nach sei___________ 12

EGMR, Urt. v. 18.5.2004, Appl. Nr. 58148/00 – Plon / Frankreich (Rn. 53). BVerfGE 111, 307, 329; BVerfG, Beschl. v. 19.9.2006, Verb. Rechtss. 2 BvR 2115/01, 2132/01 und 348/03 (Rn. 54-58). 13

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nem Tode herabgewürdigt oder erniedrigt werden dürfte. Dementsprechend ende die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem Tode. Anders stelle sich die Rechtslage jedoch für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG dar. Die Fortwirkung eines Persönlichkeitsrechts nach dem Tode sei zu verneinen, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person sei; mit ihrem Tode erlösche der Schutz aus diesem Grundrecht. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG setze die Existenz einer wenigstens potenziell oder zukünftig handlungsfähigen Person als unabdingbar voraus.14 In mehreren Kammerentscheidungen aus jüngerer Zeit hat das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung bestätigt und weiter fortgeführt.15 Es hat dabei den postmortalen Schutz stets auf die Menschenwürde begrenzt, während die zivilgerichtliche Rechtsprechung weiterhin davon ausgeht, dass jedenfalls das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG durchaus Folgewirkungen über den Tod hinaus haben kann.16 Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings einen postmortalen Schutz religiöser Freiheit bislang auch nicht explizit ausgeschlossen. Das Gericht vertritt offenbar die Ansicht, dass einige Grundrechte, anders als die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG, zu ihrer Wirksamkeit der ständigen Aktualisierung durch ein Grundrechtssubjekt bedürfen; sie müssen also durch eine aktive Grundrechtsträgerschaft effektuiert werden. Eine solche Grundrechtsträgerschaft geht mit dem Tod eines Menschen unter. Das Bundesverfassungsgericht liegt insofern auf einer Linie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, als es eine postmortale „Grundrechtsträgerschaft in Liquidation“17 ablehnt. Es lässt jedoch zugleich ___________ 14

BVerfGE 30, 173, 194. Siehe BVerfG (Kammer), NJW 1993, S. 1462 – Heinrich Böll; BVerfG (Kammer), NJW 2001, S. 594 – Willy-Brandt-Gedenkmünze; BVerfG (Kammer), NJW 2001, S. 2957 – Wilhelm Kaisen; BVerfG (Kammer), NVwZ 2008, S. 549 – Hagener Mädchenmord. 16 Siehe etwa BGHZ 15, 249 – Cosima Wagner; BGHZ 50, 133 – Mephisto; BGH, NJW 1974, S. 1371 – Fiete Schulze; BGH, MDR 1984, S. 997 – Frischzellenkosmetik; BGHZ 107, 384 – Emil Nolde; BGH, NJW 1996, S. 593 – Willy-Brandt-Abschiedsmedaille; BGHZ 143, 214 – Marlene Dietrich; BGH, NJW 2000, S. 2201 – Der blaue Engel; OLG Hamburg, NJW 1990, S. 1995 – Heinz Erhardt; OLG Bremen, NJW-RR 1993, S. 726 – Friedrich Ebert; NJW-RR 1995, S. 84 – Wilhelm Kaisen; OLG Koblenz, ZUM 1999, S. 418 – Konrad Adenauer; OLG Düsseldorf, AfP 2000, S. 468 – Heinz Galinski; OLG München, NJW-RR 1994, S. 925 – Schreckliches Mädchen; LG Düsseldorf, ZUM 2002, S. 390 – Joseph Beuys. 17 Siehe Harm Peter Westermann, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach dem Tode seines Trägers, FamRZ 1969, S. 561-572, hier S. 564, der den Verstorbenen als „Persönlichkeit in Liquidation“ bezeichnet. Für eine postmortale Grundrechtsträger15

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bislang unberücksichtigt, dass zumindest eine ganze Reihe von Aktionsgrundrechten nicht lediglich ein aktives Verhalten, sondern auch daraus resultierende oder daran anknüpfende Manifestationen oder Perpetuierungen schützt. Besonders deutlich wird dies bei der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG, die sowohl den Werkbereich der Kunst, den die Anwesenheit des Künstlers erfordernden Prozess künstlerischen Schaffens, als auch den Wirkbereich der Kunst, welcher der physischen Anwesenheit des Künstlers nicht bedarf, erfasst.18 Ein weiteres Beispiel ist die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, die eine Meinungsäußerung nicht nur in dem Moment schützt, in welchem sie den Mund oder die Feder des Äußernden verlässt, sondern auch dann, wenn sie in einer Zeitung, in einem Buch oder im Internet veröffentlicht19 oder aber auf einem Grabstein eingemeißelt ist.20 Die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG schließlich schützt in ihrer Ausprägung als Religionsausübungsfreiheit zum Beispiel das Sprechen eines Gebets21 und, ungeachtet der Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung (WRV), die zu seiner Unterstützung gebrauchten Rosenkränze, Gebetsmühlen und Heiligenbilder, die Missionierung bei Andersgläubigen22 und die dabei verwendeten religiösen Schriften.23 Das zeigt zum einen, dass bei den Aktionsgrundrechten eine Verungleichzeitigung, eine temporale Entzerrung von Aktion und Schutz, möglich ist. Zum anderen können sich die Aktionsgrundrechte auf Aspekte erstrecken, die von der Person des Grundrechtsträgers verselbständigt sind. Die Verselbständigun___________ schaft auf Zeit Philip Kunig, in: Ingo von Münch / ders., Grundgesetz. Kommentar, Bd. 1, München 62012, Art. 1 Rn. 15 (S. 67); vgl. Ingo von Münch, Das Baby von Erlangen, JuS 1997, S. 248-252, hier S. 249; Ines Klinge, Todesbegriff, Totenschutz und Verfassung, Baden-Baden 1996, S. 218-225; Christian Hillgruber, Das Vor- und Nachleben von Rechtssubjekten, JZ 1997, S. 975-981, hier S. 977-978. 18 BVerfGE 77, 240, 251; Ingolf Pernice, in: Horst Dreier, Grundgesetz. Kommentar, München 22004, Art. 5 III Rn. 14 (S. 694-695); Christian Starck, in: Hermann von Mangoldt / Friedrich Klein / ders., Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, München 6 2010, Art. 5 Abs. 3 Rn. 307 u. 310 (S. 632 u. 633). 19 Vgl. Herbert Bethge, in: Michael Sachs, Grundgesetz. Kommentar, München 6 2011, Art. 5 Rn. 44-45 (S. 297-298); Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz (Fn. 18), Art. 5 I, II Rn. 75 (S. 590). 20 Tade Matthias Spranger, Die Beschränkungen des kommunalen Satzunggebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung, Berlin 1999, S. 107-108. 21 BVerfGE 24, 236, 246; Juliane Kokott, in: Sachs, Grundgesetz (Fn. 19), Art. 4 Rn. 58 (S. 254); Starck (Fn. 18), Art. 4 Abs. 1, 2 Rn. 57 (S. 473). 22 Diana Zacharias, Missionaries, in: Rüdiger Wolfrum, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Bd. 7, Oxford 2012, S. 292-295, hier S. 294 (Rn. 6); Ute Mager, in: von Münch / Kunig, Grundgesetz (Fn. 17), Art. 4 Rn. 23 (S. 344-345); Starck (Fn. 18), Art. 4 Abs. 1, 2 Rn. 36 (S. 465). 23 Vgl. Martin Morlok, in: Dreier, Grundgesetz (Fn. 18), Art. 4 Rn. 59-60 (S. 506507).

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gen werden nicht ohne weiteres substanzlos und gehen nicht automatisch unter, wenn der Grundrechtsträger verstirbt. Das legt die Annahme nahe, dass der Grundrechtsschutz, der einem Verstorbenen zu seinen Lebzeiten garantiert wurde, über seinen Tod hinaus fortbestehen kann. Dieser Fortbestand bedeutet den postmortalen Schutz. Weiter lässt sich für einen postmortalen Schutz von Aktionsgrundrechten die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Menschenwürdegehalten einzelner Grundrechte anführen. Das Gericht hat mehrfach betont, dass bestimmte Grundrechte einen Menschenwürdekern aufweisen oder, anders gewendet, Teilbereiche bestimmter Grundrechte zum Gewährleistungsinhalt von Art. 1 Abs. 1 GG gehören.24 Werden jedoch bestimmte Gehalte der speziellen Grundrechte zugleich von der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG erfasst, die postmortale Wirkungen zeitigt, ist denkbar, dass die betreffenden Grundrechte zumindest soweit, wie diese Gehalte reichen, ebenfalls einen Schutz über den Tod hinaus gewährleisten. Dies gilt besonders mit Blick auf die Religionsfreiheit aus Art. 4 GG, die einen engen Konnex mit der Menschenwürdegarantie aufweist. Das Bedürfnis nach religiöser und weltanschaulicher Orientierung und Ausrichtung ist, auch in Zeiten, in denen die Kirchenbindung abnimmt, ein fundamentales anthropologisches Anliegen; die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen bilden nach wie vor für die Mehrheit der Bevölkerung einen zentralen Bestandteil der menschlichen Persönlichkeit.25 Schließlich muss berücksichtigt werden, dass Begräbnisvorkehrungen und Bestattungsrituale seit jeher nicht nur im Abendland, sondern auch in anderen Kulturen und Regionen Elemente des religiösen Lebens sind.26 Sie zählen als solche zu den historisch überlieferten und fest etablierten Elementen, auf die sich der objektive Schutzbereich des Grundrechts der Religionsfreiheit er___________ 24

BVerfGE 84, 90, 120-121; 94, 12, 34; 94, 49, 102-103; 102, 370, 392; siehe auch Günter Dürig, Der Grundrechtssatz von der Menschenwürde, AöR 81 (1956), S. 117157, hier S. 136-137; Peter M. Huber, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Grundgesetz (Fn. 18), Art. 19 Abs. 2 Rn. 127-131 (S. 1793-1794); ders., Offene Staatlichkeit: Vergleich, in: Armin von Bogdandy / Pedro Cruz Villalón / Peter M. Huber, Handbuch Ius Publicum Europaeum, Bd. 2, Heidelberg 2008, § 26 Rn. 91 (S. 448). 25 Vgl. BVerfGE 35, 366, 376; Kokott (Fn. 21), Art. 4 Rn. 3 (S. 241); Peter Badura, Der Schutz von Religion und Weltanschauung durch das Grundgesetz, Tübingen 1989, S. 33; Roman Herzog, in: Theodor Maunz / Günter Dürig, Grundgesetz. Kommentar, München, Losebl. (Stand: Oktober 2011), Art. 4 Rn. 10-13 (S. 9-10). 26 Siehe Gaedke / Diefenbach, Friedhofsrecht (Fn. 1), Einleitung Rn. 2 (S. 1); Axel Freiherr von Campenhausen / Heinrich de Wall, Staatskirchenrecht, München 42006, S. 225; Winfried Jung, Staat und Kirche im kirchlichen Friedhofswesen, Diss. Univ. Göttingen 1966, S. 5-10.

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streckt.27 Der subjektive Schutzbereich bezieht sich unstreitig auf diejenigen, welche zu ihren Lebzeiten Vorkehrungen für ihr eigenes Begräbnis treffen, und auf diejenigen, welche die Leichname ihrer verstorbenen Verwandten bestatten möchten, also einerseits auf die Betroffenen, solange sie unter den Lebenden weilen, und andererseits auf die Hinterbliebenen. Eine Schutzlücke besteht danach für die Verstorbenen. Für die Zeit nach dem Tod keinen Schutz mehr zu gewähren für die aus religiöser Überzeugung zu Lebzeiten geformten und geäußerten Wünsche sowie getroffenen Vorkehrungen in Bezug auf das eigene Begräbnis würde insoweit die lebzeitige Ausübung des Grundrechts der Religionsfreiheit aus Art. 4 GG frustrieren. In der Folge könnte die Versagung des Schutzes beträchtliche Vorwirkungen für die Grundrechtsausübung zu Lebzeiten entfalten. Die Aussicht, dass Wünsche und Vorkehrungen, deren Beachtung nach dem religiösen Selbstverständnis von Bedeutung für das Verhältnis zu Gott sowie für die Art und Weise der Fortexistenz im Jenseits ist, in dem Zeitpunkt, für den sie bestimmt sind, unberücksichtigt bleiben, kann dazu führen, dass der Betroffene sich gezwungen sieht, diese Bestandteile seiner Religionsausübung aufzugeben, nach Alternativen zu suchen, wie er den religiösen Geboten, denen er sich verpflichtet sieht, entsprechen kann, oder Kompensationsleistungen zu erbringen, mit denen er Gott angesichts der unvermeidlichen Nichtbeachtung seiner Anforderungen gnädig stimmen kann. Der fehlende postmortale Schutz kann sich mithin für den Betroffenen als eine faktische Beschränkung seines ihm zu seinen Lebzeiten zukommenden Grundrechts auf Religionsfreiheit erweisen. Vor diesem Hintergrund nimmt eine wachsende Anzahl von Stimmen im Schrifttum mit Recht an, dass die religiöse Freiheit, nicht anders als die Menschenwürde, nach dem Tod des Grundrechtsträgers fortwirken kann.28 Einen ___________ 27 Vgl. BVerwGE 45, 224, 234; Morlok (Fn. 23), Art. 4 Rn. 76 (S. 513); Starck (Fn. 18), Art. 4 Abs. 1, 2 Rn. 57 (S. 473) m. Fn. 194. 28 Zacharias, Islamisches Bestattungsrecht (Fn. 4), S. 152-154; Martin Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, Tübingen 2006, S. 362-363; Claus Dieter Classen, Religionsrecht, Tübingen 2006, Rn. 177-179 (S. 74-75); Stefan Mückl, in: Rudolf Dolzer / Wolfgang Kahl / Christian Waldhoff / Karin Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, München, Losebl. (Stand: Februar 2012), Art. 4 Rn. 61 (S. 50); Peter Unruh, Religionsverfassungsrecht, Baden-Baden 2009, Rn. 70 (S. 49); siehe auch BVerwG, NJW 2004, S. 2844-2846, hier S. 2845-2846; Knut Müller, Postmortaler Rechtsschutz. Überlegungen zur Rechtssubjektivität Verstorbener, Frankfurt am Main 1996, S. 205-212; Gernot Werther / Wolfgang Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, Köln 1984, S. 17; Erich Samson, Legislatorische Erwägungen zur Rechtfertigung der Explantation von Leichenteilen, NJW 1974, S. 20302035, hier S. 2033-2034. A. A. etwa Peter M. Huber, Natürliche Personen als Grundrechtsträger, in: Detlef Merten / Hans-Jürgen Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. 2, Heidelberg 2006, § 49 Rn. 24 (S. 1142); Schmidt am Busch, Würdeschutz (Fn. 3), S. 231.

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postmortalen Schutz der Religionsfreiheit erkennen implizit auch die in jüngerer Zeit grundlegend novellierten Friedhofs- und Bestattungsgesetze der deutschen Bundesländer an, wenn sie bestimmen, dass sich Ort, Art und Durchführung der Bestattung nach dem Willen des Verstorbenen richten sollen, soweit gesetzliche Bestimmungen oder zwingende öffentliche Belange nicht entgegenstehen.29 Das Sächsische Bestattungsgesetz weist explizit auf die Religion des Verstorbenen hin, indem es klarstellt, dass bei der Vorbereitung und Durchführung der Bestattung die Würde und die Religionszugehörigkeit des Verstorbenen zu achten sind.30 Noch klarer ist die Regelung in den Bestattungsgesetzen der Länder Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, wonach die Bestattung sich nach den bekannt gewordenen sittlichen, weltanschaulichen und religiösen Vorstellungen des Verstorbenen zu richten hat, soweit nicht Belange der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen.31 Damit hat der Gedanke des postmortalen Schutzes der Religionsfreiheit Eingang in das positive Recht gefunden.

IV. Art und Umfang des postmortalen Schutzes der Religionsfreiheit Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des deutschen Bundesverfassungsgerichts gibt Hinweise darauf, wie der postmortale Schutz religiöser Freiheit aus Art. 4 GG beschaffen ist und wie er sich in der Abwägung mit anderen Verfassungspositionen verhält. Zunächst lässt sich festhalten, dass der postmortale Schutz kein subjektiv-öffentliches Recht der Toten darstellt. Die Grundrechtsträgerschaft endet nach zutreffender Auf___________ 29 § 19 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Bestattungsgesetz; § 32 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über das Friedhofs- und Leichenwesen Baden-Württemberg; Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Bestattungsgesetz Bayern; § 21 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen im Land Brandenburg; § 11 Satz 2 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen Hamburg; § 14 Abs. 1 Friedhofs- und Bestattungsgesetz Hessen; § 10 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen im Land Mecklenburg-Vorpommern; § 10 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen Niedersachsen; § 12 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen Nordrhein-Westfalen; § 8 Abs. 3 Satz 1 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz; § 27 Abs. 2 Gesetz über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen Saarland; § 16 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt; § 18 Abs. 3 Satz 1 Sächsisches Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen; § 15 Abs. 3 Satz 1 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein. 30 § 18 Abs. 3 Satz 4 Sächsisches Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen. 31 § 1 Abs. 1 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt; § 1 Satz 2 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein; vgl. § 1 Abs. 3 Thüringer Bestattungsgesetz.

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fassung mit dem Tod. Der postmortale Schutz korrespondiert mit der zeitlich vorausgegangenen und mittlerweile erloschenen Grundrechtsausübung des Verstorbenen oder zumindest mit den Schutzwirkungen, welche die grundrechtlichen Gewährleistungen zu seinen Lebzeiten ihm gegenüber entfaltet haben. Es handelt sich insofern um objektivrechtliche Nachwirkungen eines untergegangenen subjektiven Rechts.32 Diese Nachwirkungen sind dogmatisch als objektivrechtliche Schutzpflichten des Staates zu qualifizieren.33 Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Mephisto-Entscheidung auch von der Verpflichtung gesprochen, nach dem Tod Schutz zu gewähren.34 Der Staat übernimmt mit der Gewährung religiöser Freiheit gegenüber dem Grundrechtsträger die Verpflichtung, seine religiösen Überzeugungen sowie seine religiös motivierten Worte und Taten zu seinen Lebzeiten sowie nach seinem Tod zu schützen. Die objektive Schutzverpflichtung überlagert die Phase der Grundrechtssubjektivität; ihre postmortalen Wirkungen knüpfen an diese Phase an, obwohl sie zeitlich nachgelagert sind.35 Ein postmortaler Schutz kommt allerdings nur für solche religiös motivierten Festlegungen und Vorkehrungen in Betracht, die einen Jenseitsbezug aufweisen.36 Das bedeutet, dass ihre Beachtung durch die Nachwelt für die Fortexis___________ 32

Huber, Grundrechtsträger (Fn. 28), § 49 Rn. 25 (S. 1142-1143); Gerhard Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, Baden-Baden 1987, S. 219-220; zu anderen Ansichten siehe die Nachw. in Fn. 17. 33 Näher zu grundrechtlichen Schutzpflichten etwa Johannes Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, Berlin 22005; Peter Szczekalla, Die sogenannten grundrechtlichen Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, Berlin 2002; Christian Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, Tübingen 2001, S. 312-325; Detlef Merten, Grundrechtsorientiertheit des Verwaltungshandelns, in: Karl-Peter Sommermann / Jan Ziekow, Perspektiven der Verwaltungsforschung, Berlin 2002, S. 211222, hier S. 214-218; Günter Krings, Grund und Grenzen grundrechtlicher Schutzansprüche, Berlin 2003, S. 26-304; Oliver Lepsius, Besitz und Sachherrschaft im öffentlichen Recht, Tübingen 2002, S. 394-398; Ralf Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, Tübingen 2003, S. 380-397. 34 BVerfGE 30, 173, 194. 35 Vgl. Tatjana Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, Berlin 1990, S. 71; Arno Buschmann, Zur Fortwirkung des Persönlichkeitsrechts nach dem Tode, NJW 1970, S. 2081-2088, hier S. 2083-2085; Andreas Heldrich, Der Persönlichkeitsschutz Verstorbener, in: Kurt Kuchinke, Rechtsbewahrung und Rechtsentwicklung. Festschrift für Heinrich Lange zum 70. Geburtstag, München 1970, S. 163-178, hier S. 166-167; Heinrich Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, Köln 21967, S. 341-346; Peter Häberle, Menschenwürde und Verfassung am Beispiel von Art. 2 Abs. 1 Verf. Griechenland 1975, Rechtstheorie 11 (1980), S. 389-426, hier S. 419; Gotthelf Lindemann, Körper und Name des Menschen, DVBl. 1957, S. 37-41, hier S. 40; Samson, Legislatorische Erwägungen (Fn. 28), S. 2033; Joachim Linck, Vorschläge für ein Transplantationsgesetz, ZRP 1975, S. 249-252, hier S. 251. 36 Siehe dazu Diana Zacharias, Religionsfreiheit und Bestattungsrecht, DÖV 2012, S. 48-55, hier S. 50.

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tenz des Verstorbenen im Jenseits von irgendwelcher Bedeutung sein muss. Überlegungen und Entscheidungen genießen nach dem Tod keinen Schutz mehr, wenn sie nach der religiösen Überzeugung des Verstorbenen ausschließlich für das Diesseits gelten oder keine Verhaltensanweisungen für die Nachwelt enthalten, deren Befolgung für das Schicksal der Seele, für die Auferstehung, für die Stellung vor Gott oder für die Position des Verstorbenen in der neuen himmlischen oder paradiesischen Ordnung relevant sind. Dem postmortalen Schutz unterfallen vor diesem Hintergrund beispielsweise die lebzeitige Entscheidung gegen eine Feuerbestattung, die nach der Überzeugung des Grundrechtsträgers eine Auferstehung im Fleische hindert, und die Ablehnung einer Bestattung im Sarg, von welcher der Grundrechtsträger annimmt, dass sie der Reise der unsterblichen Seele in das Himmelreich entgegenstehe. Ebenfalls geschützt sind die Vorkehrungen, die der Verstorbene dahingehend getroffen hat, dass sein Leichnam in einem Kirchengebäude oder in geweihter Erde bestattet wird, damit er von Gott nicht vergessen wird, sondern am jüngsten Tag die Stimme Jesu Christi hört und in der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen wieder zum Leben kommt. Andererseits gewährt die religiöse Freiheit keinen postmortalen Schutz dagegen, dass eine Religionsgemeinschaft, welcher der Verstorbene nicht angehört hat, im Einklang mit ihrer religiösen Überzeugung zu seinen Gunsten eine Stellvertretertaufe durchführt, um ihm noch im Jenseits die Möglichkeit zur Konversion einzuräumen.37 Dies gilt selbst dann, wenn die betreffende Person ihr Leben wegen ihres Glaubens oder als Märtyrer für ihren Glauben verloren hat.38 Die Maßnahme wäre zu Lebzeiten des Betroffenen als ein zulässiger Missionierungsversuch zu werten gewesen; der postmortale Schutz reicht insofern nur temporal, aber nicht materiell über den Grundrechtsschutz hinaus, der dem Lebenden zukommt. Die materielle Grenze, die den postmortalen Schutz auslöst, ist unter Zugrundelegung der Erwägungen, die das Bundesverfassungsgericht in der Wilhelm-Kaisen-Entscheidung angestellt hat, in der es um die Vereinnahmung eines verstorbenen sozialdemokratischen Politikers durch eine rechtsextreme Partei ging,39 dann überschritten, wenn der Versuch unternommen wird, das religiöse Lebenswerk des Verstorbenen zu verfälschen oder ihm im Nachhinein seine religiöse Identität zu nehmen, etwa indem er in öffentlich einsehbaren Re___________ 37 Siehe zu der entsprechenden Praxis der Mormonen etwa Matthias Rüb, Tempel der Taschentücher, F.A.Z. Nr. 84 vom 10.4.2012, S. 3. 38 Siehe dazu Benjamin Schulz, Toten-Taufe bringt Mormonen in Bedrängnis, Spiegel online vom 1.3.2012, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/ 0.1518.druck-818403.00.html (14.10.2012). 39 BVerfG (Kammer), NJW 2001, S. 2957 m. Fn. Diana Zacharias, Zur Abgrenzung von Menschenwürde und allgemeinem Persönlichkeitsrecht, NJW 2001, S. 2950-2951.

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gistern als Mitglied geführt wird oder indem ihm in religiösen Schriften eine aktive Betätigung in der Religionsgemeinschaft angedichtet wird. Ebenfalls gelangt der postmortale Schutz der Religionsfreiheit zum Einsatz, wenn Leichname ohne Einverständnis der jeweiligen Verstorbenen im Wege der Umbettung in Anbetungsstätten von Religionsgemeinschaften verbracht werden, denen die Betreffenden nicht angehört haben. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an die altgermanischen Moorleichen, die in einer Reihe christlicher Kirchen ausgestellt werden. Für die Feststellung des religiösen Selbstverständnisses und der einschlägigen religiösen Überzeugungen des Verstorbenen, die das Ausmaß des postmortalen Schutzes determinieren, gelten grundsätzlich die allgemeinen Plausibilitätsanforderungen.40 Für Verstorbene, die Angehörige einer Religionsgemeinschaft waren, ist auf die Glaubensvorstellungen, die in dieser Religionsgemeinschaft herrschen bzw. zu seinen Lebzeiten geherrscht haben, abzustellen, soweit die Betreffenden keine davon abweichenden oder detaillierteren Überzeugungen geäußert oder entsprechende Vorkehrungen getroffen haben. Für Verstorbene, die sich von religiösen Vorstellungen leiten ließen, obwohl sie nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft waren, muss auf die Zeugnisse zurückgegriffen werden, die sie selbst hinterlassen haben oder die ihre Hinterbliebenen in Bezug auf ihre Überzeugungen abgeben können. Zweifel, die sich auf diese Weise nicht ausräumen lassen, führen dazu, dass die Verstorbenen entsprechend den Gepflogenheiten ihrer Generation und ihres kulturellen Umfeldes behandelt werden. Dem entspricht die derzeit immer noch in den meisten Friedhofs- und Bestattungsgesetzen der Länder enthaltene Vorrangsvermutung zu Gunsten der Erdbestattung. Die Schranken der Gewährleistung postmortalen Schutzes sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dieselben wie bei der Schutzgewährleistung für die Lebenden. Die Religionsfreiheit darf im europäischen Menschenrechtssystem nach Art. 9 Abs. 2 EMRK nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts und eines Teils der Literatur findet das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 GG seine Schranken in kollidierenden Grundrechten Dritter und anderen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern.41 ___________ 40 Dazu Stefan Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, Berlin 1997, S. 171-176. 41 BVerfGE 32, 98, 107; 44, 37, 49-50; 52, 223, 246-247; 93, 1, 21; 102, 370, 387; von Campenhausen / de Wall (Fn. 26), Staatskirchenrecht, S. 68; Kokott (Fn. 21), Art. 4 Rn. 127-133 (S. 273-275); Hartmut Maurer, Die Schranken der Religionsfreiheit, ZevKR

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Diese Ansicht ist insofern strenger als die Menschenrechtskonvention, als Einschränkungen, die auf den Schutz der öffentlichen Ordnung oder der Moral zielen, nicht genügen. Allerdings handhabt der Europäische Gerichtshof die Schrankenregelung des Art. 9 Abs. 2 EMRK insgesamt sehr zurückhaltend, und die beiden genannten Einschränkungsmöglichkeiten wurden bislang kaum relevant.42 Eine Lösung, die dem Wortlaut der Europäischen Menschenrechtskonvention näher steht, aber wohl noch nicht zur herrschenden Meinung erstarkt ist, vertreten das deutsche Bundesverwaltungsgericht und ein anderer, gewichtiger Teil des Schrifttums, die davon ausgehen, dass das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 GG gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 1 WRV unter einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt steht, der einen Eingriff durch Gesetze erlaubt, die sich nicht gegen einen Glauben, ein religiöses oder weltanschauliches Bekenntnis oder eine Form der Religionsausübung richten, sondern dem Schutz anderer Rechtsgüter dienen.43 Der Meinungsstreit hat in den meisten Fallkonstellationen keine Bedeutung, zumal auch Eingriffe in das Grundrecht auf Religionsfreiheit, die auf kollidierendes Verfassungsrecht gestützt werden, einer gesetzlichen Ermächtigungs-

___________ 49 (2004), S. 311-332, hier S. 330; Morlok (Fn. 23), Art. 4 Rn. 111-112 (S. 523-525); Bernd Jeand’Heur / Stefan Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, Stuttgart 2000, Rn. 125-127 (S. 102-103); Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 28), Rn. 131-133 (S. 82-83); Ulrich Vosgerau, Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes, Berlin 2007, S. 21-24; Christian Walter, Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive, Tübingen 2006, S. 515-518; ders., Religions- und Gewissensfreiheit, in: Rainer Grote / Thilo Marauhn, Konkordanzkommentar EMRK/GG, Tübingen 2006, Kap. 17 Rn. 116-122 (S. 880-884); Jörg Winter, Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland, Köln 22008, S. 118-121. 42 Näher Walter, in: Grote / Marauhn, Konkordanzkommentar (Fn. 41), Kap. 17 Rn. 111 (S. 877-878). 43 BVerwGE 112, 227, 231-232; Wolfgang Bock, Die Religionsfreiheit zwischen Skylla und Charybdis, in: AöR 123 (1997), S. 444-475, hier S. 472-473; Dirk Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz (Fn. 19), Art. 140/Art. 136 WRV Rn. 4 (S. 2531); Christian Hillgruber, Der deutsche Kulturstaat und der muslimische Kulturimport, JZ 1999, S. 538547, hier S. 543; Mager (Fn. 22), Art. 4 Rn. 35-38 (S. 353-356); Muckel, Religiöse Freiheit (Fn. 40), S. 230-231; ders., in: Karl Heinrich Friauf / Wolfram Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, Berlin, Losebl. (Stand: Dezember 2011), Art. 4 Rn. 52-53 (S. 54-56); Michael Sachs, in: Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2, München 1994, S. 552; Starck (Fn. 18), Art. 4 Rn. 8492 (S. 481-484); Thorsten Thaysen, Schrankenlose Toleranz oder Toleranz gegenüber Schranken?, Hamburg 2008, S. 134-163; Hermann Weber, Die Religionsfreiheit im nationalen und internationalen Verständnis, ZevKR 45 (2000), S. 109-156, hier S. 120-121; Diana Zacharias, Staatsrecht I: Grundrechte, Thüngersheim / Frankfurt am Main 32002, S. 88-89.

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grundlage bedürfen.44 So lassen sich sowohl nach der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch nach den beiden Auffassungen zum nationalen Verfassungsrecht Einschränkungen des postmortalen Schutzes religiöser Freiheit rechtfertigen, die dem Lebens- oder Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der Anwohner oder Besucher von Friedhöfen, des Friedhofspersonals oder der Leichenbestatter, dem Landschaftsschutz oder dem Schutz der geordneten städtebaulichen Planung zu dienen bestimmt sind.45 Andererseits kann der Meinungsstreit beispielsweise relevant werden, wenn mit ästhetischen Erwägungen bei der Friedhofsgestaltung Einschränkungen des postmortalen Schutzes der Religionsfreiheit gerechtfertigt werden sollen. Der postmortale Schutz religiöser Freiheit entfällt nicht dadurch, dass der Verstorbene eine Bestattungsmodalität gewählt hat, die nach seiner religiösen Überzeugung nicht einem zwingenden göttlichen Gebot entspricht, sondern lediglich Gott annehmbarer ist als eine andere. Die Religionsfreiheit schützt, anders als die Gewissensfreiheit,46 nicht nur die Befolgung als unbedingt verpflichtend empfundener Gebote, sondern auch die flexible Ausjustierung der persönlichen Lebensführung anhand genereller göttlicher Maßstäbe,47 die nach der Überzeugung des Betroffenen einen Spielraum für Entscheidungen lassen, mit deren Hilfe das Verhältnis zu Gott individuell bestimmt werden kann. Der Grad an Verbindlichkeit, der einer religiösen Norm beigemessen wird, ist allerdings auch nicht gänzlich irrelevant. Vielmehr findet er im Falle der Kollision zwischen religiöser Norm und säkularem Recht, zumal dem Friedhofs- und Bestattungsrecht der Bundesländer, Berücksichtigung bei der Suche nach einem schonenden Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz,48 also einem Kompromiss, bei dem den widerstreitenden Interessen auf beiden Seiten weitestmöglich entsprochen wird,49 oder, soweit ein solcher nicht möglich ist, nach einer verhältnismäßigen Lösung, bei der den betroffenen Rechtsgütern und den ___________ 44

Vgl. BVerfGE 83, 130, 142; Wolfgang Rüfner, Grundrechtskonflikte, in: Christian Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz. Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 2, Tübingen 1976, S. 453-479, hier S. 472. 45 Vgl. Zacharias, Religionsfreiheit (Fn. 36), DÖV 2012, S. 55; dies., Islamisches Bestattungsrecht (Fn. 4), S. 171, 175-176; Herbert Kalb / Richard Potz / Brigitte Schinkele, Religionsrecht, Wien 2003, S. 194; ferner EKMR, Entsch. vom 8.3.1994, Appl. Nr. 20490/92 – ISKCON / Großbritannien; EGMR, Urteil v. 10.7.2001, Appl. Nr. 41754/98 – Johannische Kirche / Deutschland. 46 Vgl. BVerfGE 12, 45, 55; 23, 191, 205; BVerfG (Kammer), NJW 1993, S. 455. 47 Vgl. BVerfGE 32, 98, 106; 93, 1, 15. 48 Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Heidelberg 201995, Rn. 72 (S. 28). 49 Vgl. Stefan Muckel, Religionsfreiheit für Muslime in Deutschland, in: Josef Isensee / Wilhelm Rees / Wolfgang Rüfner (Hrsg.), Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag, Berlin 1999, S. 239-257, hier S. 255-256; Rüfner, Grundrechtskonflikte (Fn. 44), S. 465-471.

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damit korrespondieren Schutzpflichten auf der einen Seite ein höheres Gewicht beigemessen wird als denjenigen auf der anderen Seite.50 Je geringer der Grad der Verbindlichkeit nach der Einschätzung des Verstorbenen ausfällt und je größer seine eigenen Entscheidungsspielräume gewesen sind, desto leichter kann der postmortale Schutz der religiösen Freiheit zurückgedrängt und im Rahmen der Abwägung mit kollidierenden Belangen als mindergewichtig hinweggewogen werden. Ein letzter Aspekt, der sowohl die Ebene des Schutzbereichs als auch diejenige der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Einschränkungen betreffen kann, ist die Dauer des postmortalen Schutzes. Nach der übereinstimmenden Auffassung von Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte und deutschem Bundesverfassungsgericht werden die Wirkungen des postmortalen Schutzes umso schwächer, je mehr Zeit seit dem Tod des Grundrechtsträgers vergeht, und irgendwann erlöschen sie endgültig.51 Dementsprechend wird im Schrifttum vertreten, dass weder für „Ötzi“, den im Südtiroler Ötztal gefundenen Menschen aus der Bronzezeit, noch für mumifizierte Ritter aus dem Mittelalter ein menschen- bzw. grundrechtlicher Schutz bestehe.52 Andererseits gibt es vereinzelte Stimmen, die berühmten Personen der Zeitgeschichte, wie etwa Karl dem Großen oder Johann Wolfgang von Goethe, offenbar einen „ewig währenden“ Schutz zukommen lassen wollen.53 Beispielsweise hat das Oberlandesgericht Bremen dem 1925 verstorbenen ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik Friedrich Ebert noch 67 Jahre nach seinem Tod ein postmortales Persönlichkeitsrecht zuerkannt.54 Insgesamt stellt sich die rechtliche Situation als noch nicht hinreichend theoretisch durchdrungen dar. Für den postmortalen Schutz der Religionsfreiheit kommt eine Lösung in Betracht, die nicht pauschal von einer kontinuierlichen Abzinsung mit bestimmten Parametern, sondern, nicht anders als der lebzeitige Schutz,55 primär ___________ 50

Zacharias, Religionsfreiheit (Fn. 36), DÖV 2012, S. 50. Siehe auch Kunig (Fn. 17), Art. 1 Rn. 15 (S. 67); Bernd Rüthers / Michael Berghaus, Der ungerechte Zorn des Dichters – oder: Literaturgeschichte contra Persönlichkeitsschutz, JZ 1987, S. 1093-1098, hier S. 1095; Hubmann, Persönlichkeitsrecht (Fn. 35), S. 345-346. 52 Vgl. Kunig (Fn. 17), Art. 1 Rn. 15 (S. 67); Thorsten Finger / Philipp Müller, „Körperwelten“ im Spannungsfeld von Wissenschaftsfreiheit und Menschenwürde, NJW 2004, S. 1073-1077, hier S. 1077; Ernst Benda, Von der Vergänglichkeit zum Plastinat, NJW 2000, S. 1769-1771, hier S. 1770-1771. 53 Vgl. Walter G. Becker, Der Umfang des Rechts öffentlicher Krankenanstalten zur Obduktion von Leichen, JR 1951, S. 328-333, hier S. 330; Fritz Wolpert, Persönlichkeitsrecht und Totenrecht, UFITA 34 (1961), S. 150-208, hier S. 153; Hermann Schünemann, Die Rechte am menschlichen Körper, Frankfurt am Main 1985, S. 275. 54 OLG Bremen, NJW-RR 1993, S. 726. 55 Vgl. BVerfGE 108, 282, 298-299; Martin Heckel, Kontinuität und Wandlung des deutschen Staatskirchenrechts unter den Herausforderungen der Moderne, ZevKR 44 51

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von dem Selbstverständnis des Verstorbenen ausgeht und nach einzelnen Aspekten der religiösen Überzeugung differenziert. So kann etwa der postmortale Schutz für religiös motivierte Vorkehrungen, die den Umgang mit dem Leichnam betreffen, spätestens dann enden, wenn keine Gebeine mehr vorhanden sind; richten sich die Vorkehrungen darauf, dass die Seele ungehindert den Körper verlassen und ihre Reise in das Himmelreich antreten kann, genügt für den postmortalen Schutz der Zeitraum, in dem dieser Vorgang nach der religiösen Überzeugung des Verstorbenen abgeschlossen wird. Was den Schutz des religiösen Lebensbildes anbelangt, spielt für den postmortalen Schutz der Religionsfreiheit eine Rolle, ob und inwiefern die Beurteilung des Wirkens in der Religion, die durch die Nachwelt erfolgt, nach den Vorstellungen des Verstorbenen Einfluss auf die Fortexistenz im Jenseits hat. Bei der Annahme einer finalen Bilanzierung und Festlegung der Honorierung im Todeszeitpunkt kann sich ein Schutz des religiösen Lebenswerks des Verstorbenen lediglich noch aus dem postmortalen Persönlichkeitsrecht ergeben. Der postmortale Schutz der Religionsfreiheit ist wegen der Determinanz der religiösen Überzeugungen im forum internum bei Personen der Zeitgeschichte grundsätzlich nicht stärker oder schwächer ausgeprägt als bei weniger bekannten Menschen.56 Allerdings kann Verstorbenen, die zu ihren Lebzeiten ein besonders intensives Verhältnis zu Gott gepflegt haben, ein Schutz gewährleistet sein, der im Hinblick auf seinen Umfang und sein Gewicht in der Abwägung über denjenigen hinausgeht, der Verstorbenen zukommt, die in ihrem Leben der Religion wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Im Übrigen betrifft die Verehrung von Religionsgründern und so genannten Heiligen vor allem die korporative Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaft, die sich auf diese Verstorbenen beruft, sowie die kollektive und die individuelle Religionsfreiheit ihrer Angehörigen und ihres geistlichen Personals. Der postmortale Schutz der Religionsfreiheit kann jedoch einschlägig sein, wenn sich die Religionsgemeinschaft über die religiös motivierten Vorkehrungen des betreffenden Verstorbenen hinwegsetzt, beispielsweise indem sie statt eines einfachen Erdbegräbnisses eine Mumifizierung vornimmt und den Leichnam danach in einem Schrein ausstellt oder indem sie den Verstorbenen zu einem Anbetungsobjekt deklariert, obwohl er selbst zu seinen Lebzeiten jede Form einer ___________ (1999), S. 340-384, hier S. 359-364; Werner Heun, Die Begriffe der Religion und Weltanschauung in ihrer verfassungshistorischen Entwicklung, ZRG 117 Kan. Abt. 86 (2000), S. 334-366, hier S. 352; Martin Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, Tübingen 1993, S. 395-296. 56 Vgl. dazu etwa Hannsgeorg Hoch, Fortwirken zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes nach dem Tode, Diss. Univ. Köln 1975, S. 33; Brita Lehmann, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, Diss. Univ. Bonn 1973, S. 121.

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herausgehobenen Behandlung vehement abgelehnt und darauf verwiesen hat, dass allein Gott Lobpreis und Ehre gebührt. Bei der bloßen Vereinnahmung eines Verstorbenen und seines religiösen Lebenswerks für die Belange einer Religionsgemeinschaft, welcher er nicht angehört hat, können die geschichtlichen Daten in der Abwägung entscheidend sein. Zu berücksichtigen ist, dass Religionen und Religionsgemeinschaften sich, ungeachtet ihrer zumeist konservativen Ausrichtung, fortentwickeln und Abspaltungen bilden, die auf der Suche nach einer eigenen Genealogie bisweilen an Vorzeiten anknüpfen, die von der Mutterreligion oder Mutterreligionsgemeinschaft oder von anderen Religionen und Religionsgemeinschaften für sich beansprucht werden, obwohl auch sie mit der damals existierenden Religion oder Religionsgemeinschaft nicht identisch sind oder mittlerweile in wesentlichen Punkten von der damaligen Lehre abweichen. Diese Situation kann dazu führen, dass verschiedene Religionsgemeinschaften eine Deutungshoheit in Bezug auf die religiösen Einstellungen und das religiöse Wirken historischer Persönlichkeiten geltend machen. Dabei können sich die Religionsgemeinschaften in Deutschland auf ihr in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistetes Selbstbestimmungsrecht,57 andernorts auf ihre Religionsfreiheit berufen, die gerade mit Blick auf den religiösen Wandel im Laufe der Zeit unterschiedliche Bewertungen bestimmter Personen und Vorgänge in der Vergangenheit zulassen. Das Gewicht der Rechtspositionen der Religionsgemeinschaften im Verhältnis zu demjenigen des postmortalen Schutzes der religiösen Freiheit eines Verstorbenen wird umso größer, je mehr die zeitliche Distanz zu den Lebzeiten des Betreffenden zunimmt und je stärker sich die religiösen Verhältnisse insgesamt wandeln. Allerdings ist von der Religionsgemeinschaft, die einen Verstorbenen vereinnahmt, zu fordern, dass sie ihre organisationsgeschichtliche, theologische, ideologische oder sonstige Verbindung zu ihm darlegt. Sie muss erläutern, warum sie ihr Fundament auf seinen Vorstellungen und seinem Wirken errichtet hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verstorbene Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft war, die dem Namen nach heute noch besteht. Eine Grenze ist dahingehend zu ziehen, dass personenbezogene historische Fakten zwar im Lichte der religiösen Lehre der Religionsgemeinschaft verklärt und neuinterpretiert, aber nicht verfälscht werden dürfen. Die bisherigen Ausführungen weisen auf eine Charakteristik hin, die den postmortalen Schutz religiöser Freiheit deutlich von dem menschen- und grundrechtlichen Schutz der durch den Lebenden ausgeübten Religionsfreiheit unter___________ 57 Vgl. Unruh, Religionsverfassungsrecht (Fn. 28), Rn. 149-246 (S. 94-146); Walter, Religionsverfassungsrecht (Fn. 41), S. 377-385; von Campenhausen / de Wall, Staatskirchenrecht (Fn. 26), S. 99-115.

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scheidet. Der postmortale Schutz ist nicht nur auf die Gegenwart und Zukunft, sondern auch auf die Vergangenheit hin ausgerichtet. Er hat seinen Bezugspunkt in Sachverhalten, die mehr oder weniger weit zurückliegen. Das lässt die Frage aufkommen, ob es einen zeitlichen Fixpunkt im Lauf der Geschichte gibt, der eine Grenze für die Begründung des postmortalen Schutzes religiöser Freiheit markiert mit der Folge, dass die religiösen Belange früher verstorbener Personen schutzlos gestellt sind. Im Rahmen der Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu konstatieren, dass sich der postmortale Schutz in Deutschland nicht zwingend auf diejenigen Verstorbenen beschränkt, die unter dem Grundgesetz und in der Erwartung gelebt haben, post mortem in den Genuss seiner objektiven Gewährleistungen zu gelangen. Die Religionsfreiheit wurde nicht nur in Art. 135 WRV, sondern auch bereits in vielen deutschen Verfassungen des 19. Jahrhunderts garantiert, beispielsweise in Titel IV § 9 der Verfassungs-Urkunde für das Königreich Bayern von 1818 und in Art. 12 der revidierten Verfassung für den preußischen Staat von 1850. Die jeweiligen Nachfolgerverfassungen sollten den grundrechtlichen Gewährleistungsbestand nicht verkürzen.58 Vielmehr haben ihre Bestimmungen zum Schutz der Religionsfreiheit den bisherigen Gewährleistungsbestand in sich aufgenommen. Sie führen die inkludierten Freiheiten mit sämtlichen daran geknüpften Pflichten für den Staat fort. Umgekehrt richtet sich die Beurteilung und Interpretation der Schutzwirkungen, die der übernommene Bestand entfaltet, nach der gegenwärtigen Dogmatik. Das hat zur Folge, dass der postmortale Schutz der Religionsfreiheit, abgesehen von dem Aspekt der abnehmenden Schutzwirkungen infolge Zeitablaufs, für Personen, die im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland verstorben sind, nicht grundlegend anders ausfällt als für diejenigen, deren Leben unter der Geltung des Grundgesetzes zu Ende gegangen ist. Dann stellt sich allerdings die Frage, ob Personen, die vor der Zeit des Konstitutionalismus und der Gewährleistung individueller religiöser Freiheit verstorben sind, von dem postmortalen Schutz der Religionsfreiheit in der Gegenwart ausgenommen sind. Dagegen sprechen vor allem drei Erwägungen. Erstens würden zumindest wesentliche Bestandteile des postmortalen Schutzes religiöser Freiheit auch dann von der Menschenwürdegarantie erfasst, wenn die Religionsfreiheit keine explizite verfassungsrechtliche Regelung erfahren hätte.59 Die Menschenwürdegarantie ihrerseits kann als ein ewiges Prinzip betrach-

___________ 58 59

Vgl. Art. 123 GG. Vgl. Morlok (Fn. 23), Art. 4 Rn. 41 (S. 500).

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tet werden,60 das nicht nur mit Blick auf die Zukunft ohne Ende ist, sondern auch, ohne das Erfordernis einer Verschriftlichung, beliebig in die Vergangenheit gedacht werden kann; dies gilt insbesondere dann, wenn die Berücksichtigung der Wünsche von Verstorbenen in der Gegenwart in Rede steht. Zweitens erscheint es unter dem Gesichtspunkt religiöser Gleichheit problematisch, in der Gegenwart Differenzierungen allein daran anzuknüpfen, ob ein Verstorbener in einer Zeit gelebt hat, in der religiöse Freiheit eingeräumt wurde oder nicht. Den postmortalen Schutz in dem letztgenannten Fall zu verweigern würde bedeuten, die historisch überwundene Situation der Unfreiheit durch die Anerkennung daraus resultierender Folgewirkungen zu sanktionieren und in gewissem Maße sogar zu perpetuieren. Drittens bestanden, soweit sich dies nachvollziehen lässt, zu allen Zeiten Konventionen in Bezug auf den Umgang mit Leichnamen. Die Missachtung dieser Konventionen wurde bisweilen gezielt als ein Mittel der Kriegsführung oder der Bestrafung eingesetzt, wie das Beispiel der Antigone anschaulich zeigt.61 Nach allem ist ein postmortaler Schutz religiöser Freiheit für Personen, die in verschiedenen Epochen vor dem Inkrafttreten des deutschen Grundgesetzes verstorben sind, denkbar. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob der religiösen Überzeugung des Verstorbenen nicht bereits entsprochen wird und inwiefern der Zeitablauf Auswirkungen auf das Kompromisspotenzial und das Gewicht des postmortalen Schutzes hat.

V. Sonderproblem religiös motivierte Nachlassregelungen Soweit der Verstorbene religiös motivierte Vorkehrungen dafür getroffen hat, wie sein Vermögen nach seinem Tod verwendet werden soll, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem postmortalen Schutz religiöser Freiheit und dem Erbrecht. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG wird das Erbrecht neben dem Eigentum grundrechtlich gewährleistet. Das Erbrecht hat die Funktion, das Privateigentum als Grundlage der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung mit dem Tod des bisherigen Eigentümers nicht untergehen zu lassen, sondern sei___________ 60 Siehe etwa Christian Thies, Ist Folter zur Terrorbekämpfung legitim?, abrufbar unter: http://www.phil.uni-passau.de/fileadmin/group_upload/64/VLSS10-Terrorbekaempf ung.pdf. (14.10.2012). 61 Sophokles, Antigone, S. 5-6 (Zeilen 21-38) und passim (übersetzt von Wilhelm Kuchenmüller, Stuttgart 2000); siehe auch Ernst Funken, Der strafrechtliche Schutz des Leichnams, Diss. Univ. Köln 1934, S. 1; Berthold Stentenbach, Der strafrechtliche Schutz der Leiche, Diss. Univ. Köln 1992, S. 1, Fn. 3; Jost Auler, Richtstätten-Archäologie: Grabungen an Orten des Grauens, Spiegel online vom 24.8.2005, abrufbar unter: http:www//spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,370449,00.html (14.10.2012).

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nen Fortbestand im Wege der Rechtsnachfolge zu sichern.62 Dabei gehen das Bundesverfassungsgericht und die Literatur davon aus, dass sich das Erbrecht aus zwei komplementären Garantien zusammensetzt. Auf der einen Seite stehe die Testierfreiheit als die Freiheit des Erblassers, sein Eigentum zu vererben, auf der anderen Seite die Freiheit des Erben, dieses Eigentum kraft Erbfolge zu erwerben.63 Auffällig ist, dass ein postmortaler Schutz des Erbrechts zu Gunsten des Verstorbenen nicht angenommen wird. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Erbe nicht den Schutz des Grundrechts genösse, der Grundrechtsschutz mit dem Tod des Erblassers erlöschen und damit weitgehend entwertet werden würde.64 Die Testierfreiheit soll danach mit dem Tod des Erblassers untergehen; post mortem soll allein die Eigentumserwerbsfreiheit des Erben bestehen. Dem Erblasser wird das Recht abgesprochen, „unbegrenzt aus dem Grabe heraus über sein Vermögen zu bestimmen“.65 Diese Ansicht ist insofern bedenklich, als es demjenigen, der von seiner Testierfreiheit Gebrauch macht, gerade darum geht, dass seine Anordnungen post mortem Beachtung finden. Die Testierfreiheit bedeutet die Möglichkeit des Eigentümers, Verfügungen über sein Eigentum zu treffen, die über den Tod hinaus Wirkungen haben.66 Diese Wirkungen jedoch sind nichts anderes als Ausdruck des postmortalen Schutzes, welcher der durch das Erbrecht gewährleisteten grundrechtlichen Freiheit zukommt. Der postmortale Schutz der religiösen Freiheit erstreckt sich auf die Verfügungen von Todes wegen, wenn und soweit sie auf der Grundlage einer religiösen Überzeugung getroffen werden. Dies hängt damit zusammen, dass das Grundrecht der Religionsfreiheit nach der herrschenden Meinung nicht nur das Recht zur Vornahme kultischer Handlungen, sondern vielmehr umfassend das Recht des Einzelnen meint, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Überzeugung gemäß zu handeln.67 Es schützt dementsprechend alle Manifestationen der religiösen Überzeugung, einschließlich solcher, die ohne das subjektive Moment in den Schutzbereich anderer spezieller Grundrechte fallen würden. Dies gilt auch für die Inanspruch___________ 62

Rudolf Wendt, in: Sachs, Grundgesetz (Fn. 19), Art. 14 Rn. 193 (S. 652). BVerfGE 93, 165, 174; Joachim Wieland, in: Dreier, Grundgesetz (Fn. 18), Art. 14 Rn. 66 (S. 1274). 64 BVerfGE 93, 165, 174; Wendt (Fn. 62), Art. 14 Rn. 194 (S. 652); Heinz-Joachim Pabst, Vererben und Verschenken aus grundrechtlicher Sicht, JuS 2001, S. 1145-1151, hier S. 1146. 65 Haimo Schack, Weiterleben nach dem Tode – juristisch betrachtet, JZ 1989, S. 609-615, hier S. 612. 66 Vgl. Wieland (Fn. 62), Art. 14 Rn. 67 (S. 1275). 67 Siehe etwa BVerfGE 32, 98, 106; 93, 1, 15; Mager (Fn. 22), Art. 4 Rn. 17 (S. 339-340); kritisch Muckel (Fn. 43), Art. 4 Rn. 6-7 (S. 17-21). 63

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nahme der Testierfreiheit zu einem religiösen Zweck, etwa um durch eine an die Kirche oder an eine karitative Einrichtung adressierte beträchtliche Vermögenszuwendung von Todes wegen Sündenvergebung zu erlangen oder die Stellung der Seele im Himmelreich zu verbessern. Die mögliche Einschlägigkeit sowohl der Religionsfreiheit als auch der Gewährleistung des Erbrechts führt nicht zu einer Grundrechtsverstärkung68 auf einer der beiden Seiten. Vielmehr ist die Religionsausübungsfreiheit gegenüber der Gewährleistung des Erbrechts lex specialis in Bezug auf die Freiheit, religiös motivierte Nachlassregelungen zu treffen, nicht anders als die Bekenntnisfreiheit gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit lex specialis ist in Bezug auf die Freiheit, die religiöse Überzeugung zu kommunizieren.69 Daher unterfallen die religiös motivierten Nachlassregelungen nach dem Tod des Erblassers allein dem postmortalen Schutz der religiösen Freiheit und nicht auch dem postmortalen Schutz des Erbrechts; insofern bestehen für den eigentumsbezogenen Ausschnitt der von der religiösen Überzeugung getragenen Vorkehrungen für die Zeit nach dem Tod keine Besonderheiten.

VI. Fazit Zeiten des wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und moralischen Umbruchs haben nicht nur Auswirkungen auf die Bewertung der Vergangenheit, sondern auch auf den Umgang mit den Toten, zumal mit ihren Körpern, mit ihrem Andenken und ihren religiösen Überzeugungen. Der postmortale Schutz der Religionsfreiheit gewährleistet, dass die religiösen Wünsche und Vorstellungen, deren postmortale Realisierung nach der Überzeugung des Verstorbenen für seine Fortexistenz im Jenseits relevant ist, beachtet werden. Dabei handelt es sich um eine objektive Schutzverpflichtung, die aus dem Grundrechtsschutz, der den Lebenden zukommt, nachwirkt. Besondere Charakteristika des postmortalen Schutzes sind die Zeitdimension und die Vergangenheitsorientierung. Sie stellen sicher, dass der postmortale Schutz den religiösen Belangen der Verstorbenen Rechnung trägt, aber trotzdem dynamisch und flexibel bleibt. Insgesamt ist der postmortale Schutz der religiösen Freiheit nicht nur ein wichtiges Element des Menschenrechts- und Grundrechtssystems, sondern auch ein bedeutender kulturerhaltender Dienst gegenüber den vorangegangenen Generationen ebenso wie gegenüber den Menschen in der Gegenwart, denn nicht ohne Grund mah___________ 68

Dazu etwa BVerfGE 104, 337, 346; Ekkehard Hofmann, Grundrechtskonkurrenz oder Schutzbereichsverstärkung? Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum „additiven“ Grundrechtseingriff, AöR 133 (2008), S. 523-555. 69 Siehe etwa Kokott (Fn. 21), Art. 4 Rn. 32 (S. 248-249); Muckel, Religiöse Freiheit (Fn. 40), S. 145; Mager (Fn. 22), Art. 4 Rn. 22 (S. 344).

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nen die toten Könige die lebenden in einem fast verwitterten Wandrelief aus dem Jahr 1400, das sich im Chor des ehemaligen Zisterzienserklosters von Knockmoy in Irland befindet: „Wir waren, wie ihr seid; ihr werdet sein, wie wir sind.“70

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Übersetzung durch Verf. – „We have been as you are, you shall be as we are.“

Autorenverzeichnis Bair, Johann, Dr. iur., Ass.-Prof., Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Leopold-Franzens-Universität, Innrain 52, 6020 Innsbruck, Österreich. Berkmann, Burkhard Josef, Dr. iur., Dr. theol., Lic. iur. can., ao. Prof. für Kirchenrecht an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten, Wiener Str. 38, 3100 St. Pölten, Österreich. Bijsterveld, Sophie van, Dr., Tilburg University, P.O. Box 90153, NL-5000 LE Tilburg, Niederlande. Chelini-Pont, Blandine, Dr. phil, Universität Aix-Marseille, Laboratoire Droit des Médias et des Mutations Sociales (LID2MS), l'Héritière, 13122 Ventabren, Frankreich. Combalía, Zoila, Univ.-Prof., Dr. Dr. iur. can., Catedrática de Derecho Eclesiástico de la Universidad de Zaragoza (España), Professorin für Staatskirchenrecht an der Universität Saragossa (Spanien), Pedro Cerbuna 12, 50009 Zaragoza, Spanien. Durán y Lalaguna, Paloma, Catedrática Acreditada de Filosofía del Derecho, Facultad de Derecho, Universidad Complutense de Madrid, Avenida Complutense S/N, Cuidad Universitaria, Madrid 28040, Spanien. Echterhoff, Anna, Ass. iur., Lic. iur. can., Rechtsberaterin, c/o Sekretariat der COMECE, Sq. de Meeûs 19, 1050 Brüssel, Belgien. Gartner, Barbara, Dr. iur., Amt der Kärntner Landesregierung, Verfassungsdienst, Mießtaler Straße 1, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Österreich. González Moreno, Beatriz, Univ.-Prof., Dr., Titular de Derecho Eclesiástico de la Universidad de Vigo (España), Professorin für Staatskirchenrecht an der Universität Vigo (Spanien), Ciudad universitaria de Vigo – Campus universitario As Lagoas, 36310 Marcosende, Vigo, Pontevedra, Spanien. González-Varas Ibáñez, Alejandro, Dr. Iur., Univ.-Prof. für Kirchenrecht, Juristische Fakultät, Universität Zaragoza, Pedro Cerbuna, 12, 50009 Zaragoza, Spanien. Hatzinger, Katrin, Oberkirchenrätin, Leiterin, Büro Brüssel der Evangelischen Kirche in Deutschland, Rue Joseph II 166, 1000 Brüssel, Belgien.

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Autorenverzeichnis

Herghelegiu, Monica-Elena, Dr. lic. Iur. can., Katholisch-theologische Fakultät Tübingen und Faculty of Canon Law Leuven, Schwabstr. 60, 72074 Tübingen, Deutschland. Horák, Záboj, JUDr. (Prag), Ph.D. (Prag), ICLic. (Lublin), LL.M. (Münster), Univ.-Doz. für Rechtsgeschichte (inklusive Kirchenrecht, Staatskirchenrecht und Römisches Recht), Lehrstuhl für Rechtsgeschichte, Juristische Fakultät der Karlsuniversität, nám. Curieových 7, 116 40 Praha 1, Tschechien. Kotiranta, Matti, Dr. theol., Professor of Church History, Head of the School of Theology of Eastern Finland and permanent member of the European Consortium for Church and State Research, University of Eastern Finland, Philosophical Faculty, Joensuu Campus, Po Box 111, 80101 Joensuu, Yliopistokatu 4, Agora, Joensuu, Finnland. Lipski, Jan, Rechtsberater, Nowotnik Lipski Szafranski Rechtsanwaltskanzlei, ul. Leszno 8/50, 01-192 Warszawa, Polen. Lund, Øystein, Dr. theol., Det teologiske Menighetsfakultet, Gydas vei 4, Postboks 5144 Majorstuen, N - 0302 Oslo, Norwegen. Medeni, Elif, Universitätsassistentin, Institut für Bildungswissenschaft – Islamische Religionspädagogik, Universität Wien, Sensengasse 3a, 1090 Wien, Österreich. Miguez Macho, Luis, Univ.-Prof., Dr., Titular de Derecho Administrativo de la Universidad de Santiago de Compostela (España), Professor für Verwaltungsrecht an der Universität zu Santiago de Compostela (Spanien), Facultade de Dereito, Avda. Dr. Ángel Echeverri, s/n. Campus sur, 15782 Santiago de Compostela, Spanien. Mohagheghi, Hamideh, M.A., Religions- und Rechtswissenschaftlerin und islamische Theologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Paderborn, Zentrum für Komparative Theologie, Warburger Str. 100, 33098 Paderborn, Deutschland. Mosquera, Susana, Dr. Iur., Prof. of Civil Ecclesiastical Law, Universidad de Piura, Avda. Ramón Mugica, 131, Urb. San Eduardo, 353 Piura, Peru. Muckel, Stefan, Dr. iur., Univ.-Prof. für Öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, AlbertusMagnus-Platz, 50923 Köln, Deutschland. Mückl, Stefan, Dr. iur., Prof., Institut für Öffentliches Recht IV, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Postfach, 79085 Freiburg, Deutschland.

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Pabel, Katharina, Dr. iur. habil., Univ.-Prof., Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Johannes-KeplerUniversität Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz, Österreich. Přibyl, Stanislav, Lic. theol., Dozent für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät der Südböhmischen Universität Budweis und Richter des Kirchlichen Metropolengericht in Prag; Teologická fakulta Jihočeské univerzity, Kněžská 8, 370 01 České Budějovice, Tschechien. Rees, Wilhelm, Dr. theol. habil., o. Univ.-Prof. für Kirchenrecht, Institut für Praktische Theologie, Katholisch-Theologische Fakultät, Leopold-FranzensUniversität, Karl-Rahner-Platz 1/II, 6020 Innsbruck, Österreich. Roca, María, Univ.-Prof., Dr. Dr. iur can., Catedrática de Derecho Eclesiástico de la Universidad Complutense de Madrid (España), Professorin für Staatskirchenrecht an der Complutense Universität zu Madrid (Spanien), Facultad de Derecho, Universidad Complutense de Madrid, Avenida Complutense S/N, Cuidad Universitaria, Madrid 28040, Spanien. Saje, Andrej, Dr. iur. can. habil., Dozent für Kirchenrecht, Theologische Fakultät der Universität Ljubljana, Poljanska cesta 4, 1000 Ljubljana, Slowenien. Schanda, Balázs, Univ.-Prof., Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Fakultät für Rechtswissenschaft und Staatswissenschaften, Katholische Péter-Pázmány-Universität, Szentkirályi u. 28., 1088 Budapest, Ungarn. Schiltz, Mathias, lic. iur. can, Altgeneralvikar der Erzdiözese Luxemburg (1977-2011), 4, Avenue Joseph Sax, 2515 Luxemburg, Luxemburg. Schima, Stefan, Mag. iur., Dr. iur., Mag. phil., MAS, a. o. Univ.-Prof. (Kirchenrecht, Religionsrecht), Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Schenkenstraße 8-10, 1010 Wien, Österreich. Schnabel, Patrick Roger, M.Theol., Pfr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Evangelischen Institut für Kirchenrecht an der Universität Potsdam, AugustBebel-Straße 89, 14482 Potsdam, Deutschland. Schwarz, Karl W., Dr. theol. habil., Dr. phil. h.c., Ministerialrat im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (Kultusamt), tit. Univ.-Prof., Institut für Praktische Theologie der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Freyung 1/131, 1014 Wien (BMUKK) bzw. Schenkenstraße 8-10/V, 1014 Wien (Institut), Österreich. Stanisz, Piotr, Dr. habil. of Law, University Professor specialising in Law on Relligion (Staatskirchenrecht), Department of Law on Religion, Institute of Law, Faculty of Law, Canon Law and Administration, the John Paul II Catholic University of Lublin, Al. Racławickie 14, 20-950 Lublin, Polen.

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Stębelski, Marcin, Dr. iur. (PhD in Law), Assistent, Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Fakultät für Recht und Verwaltung, Universität Warschau, Krakowskie Przedmieście Straße 26/28, 00-927 Warschau, Polen. Torfs, Rik, JCD, licentiate in law, licentiate in notary studies, full professor of canon law, Katholieke Universiteit Leuven, Tiensestraat 41, 3000 Leuven, Belgien. Toscer-Angot, Sylvie, Dr. phil., Universität Paris Est Creteil, Groupe Sociétés religions Laïcités (CNRS), 6, rue du Douanier Rousseau, 75014 Paris, Frankreich. Uhle, Arnd, Dr. iur. habil., o. Univ.-Prof. für Öffentliches Recht, insbesondere für Staatsrecht und Staatswissenschaften, Leiter der Forschungsstelle „Recht & Religion“, Juristische Fakultät, Technische Universität Dresden, 01062 Dresden, Deutschland. de Wall, Heinrich, Professor Dr. iur., Lehrstuhl für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht, Hans-Liermann-Institut für Kirchenrecht, FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Hindeburgstr. 34, 91054 Erlangen, Deutschland. Wieshaider, Wolfgang, Dr. iur., Ass.-Prof., Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Schenkenstraße 8-10, 1010 Wien, Österreich. Wittreck, Fabian, Dr. iur., o. Univ.-Prof. für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Institut für Öffentliches Recht und Politik, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Bispinghof 24/25, 48143 Münster, Deutschland. Zacharias, Diana, Dr. iur., LL.M., Forschungsstipendiatin der Max-PlanckGesellschaft, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, Deutschland.