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German Pages 51 [54] Year 1922
KLEINE T E X T E F Ü R THEOLOGISCHE UND PHILOLOGISCHE VORLESUNGEN UND ÜBUNGEN HERAUSGEGEBEN VON HANS LIETZMANN 5-
MEISTER ECKHARTS
BUCH DER GÖTTLICHEN TRÖSTUNG UND
VON DEM EDLEN MENSCHEN (UBER BENEDICTUS)
HERAUSGEGEBEN VON
PHILIPP STRAUCH
ZWEITE DURCH EINEN NACHTRAG VERMEHRTE AUFLAGE
BONN A. MARCUS UND E. WEBER S VERLAG 1922
Dass es mit der authentizität der deutschen predigten und tractate Meister Eckharts schlecht bestellt ist, ist bekannt und einein neuerdings durch A . Spamers gründliche Untersuchungen in Braunes Beiträgen 34, 307 f f . wider recht deutlich zum bewusstsein gekommen. Immerhin scheint mir die skepsis, die für Behaghels an Spamers ausführungen anknüpfende, an sich gewiss dankenswerte stilanalyse Eckhartschen eigen tum« (ebenda 34-. 530 ff.) den grundton bildet, doch zu weit getrieben, zu einseitig v e r w e r t e t , so dass die inzwischen erschienenen Kk-ioen beitrage zur Eckhartphilologie von M a x P a h n c k e (Jahresbericht des gymnasiums zu Neuhaidensleben 1909) schon deshalb als willkommene ergänzung zu Behaghels kritischen erwägungen beachtung verdienen Bei solchei Sachlage, zumal auch mit riicksicht auf den zvreck, den die ' K l e i n e n T e x t e ' verfolgen, kommt nun Spamers naebweis (a. a. O. s. 3 7 4 f f . ) , das B u c h d e r g ö tr Ii c h e n t r ü s t u n g , der fünfte traktat in P f e i f f e r s Eckliartausgahe (s. 4 / 9 f f ) sei das erste und einzige sicher bezeugte deutsche originalwerk Eckharts, besonders erwünscht. .Der Heidelberger theologieprofessor Johannes W e n c k (s Denifle in seinem A r c h i v f. litteratur- und kircbengeschichte 2, 503 anm 2) erwähnt in seiner gegen des Nicolaus Cusanus Docta. ignorantia gerichteten Streitschrift Ignota literatura, die Spanier in der Trierer handschrift 1467 (Cat mss. 228, K e u f f e r 3, 18 f.) wider aufgefunden hat und demnächst veröffentlichen •wird, dieses Eckhartschen traktates mit folgenden W o r t e n (Toi. 309 v) Huic tdidii
conclusieni pro regtna
alludit magist.tr vngarH sorort
eghardvs ducatn
in libro >uo volgari, austric. quod intipit:
quem Bene-
dictus deus et pater domini ihesu c h m ü , dicens, worauf 9, 1 4 — 1 9 in lateinischer Übersetzung wiedergegeben werden. Eckhart schrieb die trostschrift für A g n e s von U n g a r n , die tochtcr k ö n i g Albrechts und gemahlin Andreas I I I von Ungarn, die wir aus den brieien Heinrichs von Nördlingen als eine gönnerin der mystischen kreise kennen, s. meine anm. zu H v Nördlingen X X X I , 12. Wrnin die widmung geschah, lässt sich einstweilen nicht feststellen. N a c h Spanier a. a. O. s. 376 käme vielleicht die zeit um 1305 in betracht, in welchem jähre A g n e s ihre ihr besonders nahe stehende Schwägerin, die französische Königstochter Blanche durch den tod verlor; das einzige kind der Blanche — nicht der A g n e s , wie Spamer irrtümlich angibt — starb gleichfalls bald darauf. A b e r auch die ermordung könig Albrechts (1308), des v^ters der königin, oder der tod ihrer mutter Elisabeth, der 1313 erfolgte, konnte dies buch der tröstung in schwerem leid veranlassen. W e n n Büttner, M. Eckeharts Schriften und predigten, aus dem mhd. ubersetzt. 2, 2 1 9 die adressatin auf die Stieftochter der königin A g n e s , auf Elisabeth bezieht, die rechtmässige thronerbin von Ungarn', die 1336 im dominikanerinnenkloster zu T ö s s starb (s. jet.tt F . V e t t e r , Das leben der Schwestern zu Töss, beschrieben von E . Stagel s. 98 ff.), so verbietet dies schon der zusatz soror dueum Austriac bei Joh. W e n c k . Büttner, dem Spamers abhandlung unbekannt geblieben ist, hat aus einer andern quelle geschöpft, in der, so viel ich sehe, der zusatz soror dueuvt Austria* nicht enthalten war. l i e b e r diese andere quelle lässt sich Büttner an verschiedenen stellen des zweiten bandes seiner Eckhart-emeuerung, wenn auch etwas 1*
4
EINLEITUNG'
geheimnisvoll, aus, wenigstens in bezug auf Überlieferung und aufbewahningsort. Es ist eine umfängliche lateinische rechtfertigungsschrift Meister Hckharts aus dem october 1326 — bisher konnten wir die (irocessneten nur vom jähre 1327 ab verfolgen — , die 'in 15 artikeln eine reihe längerer stellen, die von der inquisition beanstandet waren, in twoi (getreuer lat Übersetzung' anführt, 'gezogen aus dem buche Benediclm' die Ludwig Keller wider autgefunden und Hüttner zur bearbreltiiiig und hefauigi.be übergeben hat. "Auszüge aus einer reihe genau bezeichneter deutscher predigten s c h l i e f e n sich an'. Die Wichtigkeit dieses fundes berechtigt zu dem dringenden wünsche, die rechtfertigungsschrift baldmöglichst der forschung zugänglich zu machen, ja es fragt sich, ob dieser nicht zunächst mehr mit ein^m genauen abdnick gedieht gewesen wäre, als den (und zuerst zwecken nutzbar zu inachen, die auf einen grösseren leserkreis g e r i e t e t sind. Wenn ich meinen vor jähren gemachten aufz«ichimngen tc&uun darf, muss Kellers entdeckur.g zeitlich bereits weiter zurückliegen Ueber ihre Bedeutung kann kein zweifei sein. Ich bringe im folgenden den tractat, den Pfeiffer ms normalisierte mittelhochdeutsch umgesetzt hatte, nach der Baseler handsemift B I X 15 (14 jahflmndert, s. über sie Spamer ,1. a. o. s. 32••>]'.)\ die ihn allein bietet, 7um Abdruck; Büttners gelegentlich kürzende Übertragung ins neuhochdeutsche (a. a. o, 2. 5G ff.) kann dabei mit nutzen zu rate geiogen Warden, wenn sie auch nicht selten sich mit schwierigen stellen der Überlieferung zu leicht abfindet und in sie hinein interpretiert. Ob wir berechtigt sind, das bisher unbekannte stück V o n d e m edelen n i e n s c h e n — mit Senno möchte ich es nicht ohne weiteres betiteln — als zweiten teil des buclies Benedictus zu bezeichnen, ist mir mit rücksicht auf die inhaltsangabe (0, 12 ff.) und weger des markanten abschlusses des ersten tractates durchaus nicht so sicher wie Büttner, der es gleichfalls in seiner auswahl (2, 104 ff.) erneut hat. Immerbin hat auch der schreiher der Baseler hs. es so aufgefassl (s. die lesarten am schluss des zweiten stückes), im vorhergehenden traclal ist ausdrücklich darauf verwiesen (29, 15 f.) und nach Biittnet s. 221 soll auch die rechtfertigungsschrift von 1346 die Zugehörigkeit bestätigen. A u s diesen gründen schien es angezeigt, auch an dieser steile das stück V o n d e m e d e l e n m e n s c h e n im Wortlaut der handschrift mitzuteilen; es konnte für dasselbe noch eine zweite I) Das titelblatt der Baseler handschrift zeigt folgenden eintrag : 7Y. das buch der gütlichen trostung C.xiiij Diß köstlich buch innhalt uß der massen vil trostung -wider allerhant betrnbfniß so den menschen cinfallent an sinem gut, an sinen frunden und an im selber an schmackeit an uttgemoch und an schmertzen des tibs und hertzleid, gelogen uß vilerlei sprüch der gotlichen lerer und der heiligen exempri geteilt in drij teil etc. — Beim binden der handschrift haben vertauschungen der einzelnen lagen stattgefunden; sie sind folgendermassen zu ordnen: bl. t — 3 3 ; 4 6 - 5 7 ; 3 4 — 4 5 : 5 8 — 1 0 7 ; 1 0 8 — ü i (unten auf bl. 108 der obere teil derlagennummer I X .-?); 122 — 1 3 3 ; 1 3 4 — 1 4 5 ; 200 — 211 (unten auf bl. 200 die lagennummer X ) : 1 8 6 — 1 9 9 (lagennummer X I ) ; 1 7 2 — 1 8 5 ; 158 — 171 (lagennummer X I I I ) ; 1 4 6 - 1 5 7 ; 212—287. Die kgennummern bereiten übrigens insofern Schwierigkeiten, als »ie mit der gesammten lagenfolge nicht in ein klang zu bringen sind: bl. I — 1 0 7 verteilen sich auf neun lagen.
EINLEITUNG
0
Handschrift v e r w e r t e t werden, die Stuttgarter handschrift cod. theol. et philos. 8° 13 (15 Jahrhundert, s. S p a m e r a. a. o. s. 4 1 s, vgl. 3 » ; d i e e s auf bl. I — 1 3 b b r i n g t ; an ein/einen steilen wird der Haseter text (Bj durch den Stuttgarter (Sti gebessert. B ist zierlich g e s c h r i e b i n , j e d o c h mit manchen f e h l e m behaftet. D i e abs i t z e — sie fehlen in S t — sind durch abwechselnd rote und blaue initialen g e k e n n z e i c h n e t . A b k ü r z u n g e n bestimmter Wörter und w o r t teile sind häutig u n d W a c k e r a a g e l hat in seinen A l t d . predigten s. 277 am:i. bereits einiges darüber a n g e f ü h r t ; sie w a r e n im texte aufzulösen. E r w ä h n u n g verdienen die f o l g e n d e n : vn, i- neben um, und: de — das; ' für 7. Ii. utserUch'tx e e • i • d, 's — mich. dich,, sich; — hat (hety, M, m — mrnscMc); tn, J = -j =
~neit; c 2 es
17 Ecclts.
7, 15?
10 der gfiten
29 ertzin
MEISTER ECKHAKT
12 dingen minnen rn mnet das ich
und hatte got nit v o n allem m i n e m hercen liep unt n o c h nit, das got wil v o n mir h a n unt sich mit g e wissen was wunders ist d e n n das, das g o t verhenget, gar billichen s c h a d e n unt leit l i d e ?
5
Sant Augustinus s p r i c h e t : herre, ich enwolte dich nit verlieren, ich weit aber mit dir besitzen die c r e a t u r e n ; das w a s von miner gittikeit wegen unt dar u m b verlos ich dich, w a n dir ist unmere, daz m a n mit dir — dich warheit! — die falschen creatureri besitze, er sprichet o u c h , anderswa, io d a s der alze gittig ist, d e m a n got alleine nit benftget. wie m o e c h t e den benÄgen gottes g a b e n an d e n creaturen, d e n an got unt mit gotte nit benfiget? E i n e n guoten m e n s c h e n sol nit benftgen n o c h troesten, s u n d e r ime sol ein pine sin alles das gotte fr8m(5»)de unt •s ungeliche ist. er sol allu eite s p r e c h e n : herre got unt min tröste, und wisest du mich uf üt d e n n e zuo dir, so gip mir einen andern dich., wan ich enwil nit d e n n dich, d o unser herre gelopte herren Moisen alles guot u n d sant in in d a z heilige lant, das d o beceichnet himelriche, do seit M o i s e s : »® o herre, nit send mich, d u wellest d e n n selber mit komen. A l l u neigunge, lust u n d m i n n e k u m e t v o n d e m , das ime geliche ist, wann allu ding neigent und minnent sich selben gelicheliche. der rein mensch minnet alle reinikeit, der gerechte minnet unt neiget z u o der gerechtikeit, d e r 's m u n t der menschen sprichet von dem, das i m e innige ist. also sprichet unser herre, das der munt sprichet von foelli d e s hercen, u n d S a l o m o n sprichet, das des menschen arbeit ist ime in d e m m u n d e , d a m m b ist das ein wares ceichen, d a s nit g o t ist in d e s (5 b ) menschen h e r c e n , sunder du 30 toetlichu unt citlichü creature, das n o c h usser neigunge unt tröste suochet unt vindet U n t d a r u m b sol sich ein guoter mensch vil sere schämen vor gotte unt in ime selben, das er noch gewar wirt, das g o t nit in i m e ist unt d a s got der vatter nit in ime würket, 35 sunder d u leidig creature n o c h in ime lebet unt würket. d a r u m b sprichet D a v i d in d e m salter unt claget e s : trehen warent min tröste t a g unt n a c h t , alle die wile das man sprechen mochte, w o ist d i n g o t ? wann neigunge uf usserheit unt an untroste lust unt tröste vinden unt v o n d e m mit 3 wisse 2 Mos. 33, 15?
10 alze Latsoti] falsche 18 b'z M. vgl. 45, (3 19 tC Lue. 6,45 27 EccUs. 6, 7 36d'd' 36 f. Pt. 41,4
DAS BUCH DEK GÖTTLICHEN T R f l S T U N »
j ^
lust geren und vil reden: das ist ein wares ceichen, daz got in mich nit schinet, nit wirket, noch me solt er sich schämen 4»s vor guoten luten, daa su des an ime gewar wurdint. ein guot mensche sol niemer schaden geclagen noch leit, er sol daz alleine (5c) clagen, das er der clage unt des leides in 5 ime gewar wirt. Die meister sprechent, daz undenen an dem himele ist füre, wit unt vil und sunder mittele, kreftig in siner hitze, unt doch wirt der himel von ime nit berfiret alcemale. nu sprich et. ein andru sehrift, das das nideroste der sele ist 10 edeler denne des himels hoechsti. wie mag denn der mensch sich vermessen, das er ein himelscher mensch si unt das sin herce in dem himele sie, der noch berfiret wirt unt leidige von so deinen dingen ? N u sprich ich ein anders, ein gut mensch mag nit 15 sin, der do nit wil, das got sunderlichen wil, wann ungeliche ist, das got iehtz welle denne guot; und sunderlichen in dem und von dem, das es got* wil, so wirt ez unt ist von not gut unt ouch das beste, unt darumb lerte unser herre die apostel unt uns in in unt wir bittent alle tage, das gescheh *> (,5) nicht wisse unt got allein wisse, nit wisse noch 5ch wissen welle denne gotes willen unt [willen wisse] also got bekenne als got in bekennet, als sant Paulus sprichet. got bekennet alles das er bekennet unt wil minnen alles das er minnet [und wil] in sich selben, is in sin selbes willen, unser herre sprichet: das ewig leben ist got bekennen alleine. Darumb sprechent die meister, das die seligen in himelriche die creaturen bekennent plos aller bilde der creature, die si bekennent in dem einigen bilde, das got ist und da ao got sich selben unt allü ding weis unt minnet unt wil. unt das leret uns betten und begeren got selben, da wir sprechent: vatter unser der da ist in den himelen, geheiliget werde din name, das ist dich bekennen plos alleine, zü kome din riche: das ich nichtes nit habe, das ich nichtes nit (6c) achte 25 unt wisse' denn din riche. do von sprichet das ewangelium: selig sint die armen des geistes, das ist des willen am. und wir bittent got, das sin wille werde in der erde, das ist in uns, als in dem himele, das ist in got selben, ein sogetaner mensch ist so ein unt einwillig mit got, das er alles das wil 30 das got wil unt in der wise so es got wil. unt darumb, wann got denn etliche wise wil, das ich ouch sünde han getan, so woelt ich nit, das ich si nit hetti getan, wann so wirt gottes wille in der erden, das ist in missetat, als in dem himele, das ist in woltunne. so wil der mensch gotes dur 5 Rom. 9, 3 ? 1 1 — 1 5 verderbt; mein text verwertet Lassan und Büttner 11 n. wellen n. ö. willen wisse d. g. wellen 12 bekennen als got nit bekennen 13 1 Cor. 13, 1 2 ? 14 minnen vnt wü alles wil in in s. s. 15 Joh. J7, 3 20 got nach ding; von Lassan gebessert 24 nichtes n. achte Lasson] riche a. 25 din Laison] dich 26 Matth. 5, 3 2 8 f f . Bonus homo debet sie conformare voiuntatem suam voluntati divinae, quod ipse velit quiequid Deus vult: quia Deus vult aliquo modo me peccasse, nollem ego, quod ego peccata non commisissem, et haec.est vera poenitentia artikel 14 der päpstlichen vtrdammungsbulle vom jähr» 1329
DAS BUCH DER GÖTTLICHEN
TRÖSTUNG
15
got enbern unt von got dur got gesiinclert sin, unt das ist alleine rechtu ruwe miner sünde, so ist mir sünde leit sunder leit. also hat got leit aller bozheit sunder leit. leit unt min meistes leit han ich umb sünde, wann ich nit sünde tete (6 erfrcewen miige und ime ein liebi bewisen. noch me sol man gedenken, unt hetti ein mensch ein fründe, der dur sin willen in lidenne were, in leit unt in ungemache, sicherlichen, es wen gar billichen, das er bi ime were und in tröste mit siri selbes gegenwurtikeit unt mit tröste, den er im tftn (i8t>) »5 moechte. do von spricht unser herre in dem salter von eim güten menSchen, das er mit im ist in dem lidenne. bi dem worte mag man nemen V I I lere unt tröste. Zuo dem ersten, das sant Augustinus spricht, das dii gedult in lidenne dur gotte ist besser, hoeher unt edeler denne 30 alles das, das man dem menschen wider sinen willen benemen mag; das ist alles usserliches g u o t weis got, man vindet nieman so riehen, der dis weit minnet, der nit willeclichen unt geren woelte lidenne grossen smertzen und leit ouch vil lange, das er dar nach moechte gewaltiger herre sin aller 35 dirre weit. Zuo dem andern male nime ich nit alleine bi dem worte, das got spricht, das er ist mit dem menschen in lidenne, sunder ich nime es in dem worte unt sprich also: ist got mit 8 Afosi. 5, 41
22 inliden
vgl. 35, 38
24 dem
10 ABER
leit] liei
in
20 Noch, atsaU mit biautr initiale
2$ Ps. 33, 19. 20
26 in
33 lidia
DAS BUCH OKK GÖTTLICHE* TRÖSTUNG
33
mir in lidenne, was wil ich denne me und anders? (18«) ich wil doch nit anders, ich enwil nit me denne got, ob mir recht ist. es sprichet sant Augustinus: der ist gar gittig unt unwise, den nit benftget an got. wie mag den menschen beiligen an gottes gaben usserlkhen oder innerlichen, so in 5 nit benftget an got selben? darumb sprichet er anderswa: herre, wisest du uns von dir, so gip uns ein andern dich, wan wir wellent nit wan dich. Darumb stet geschriben in der wisheit buche: mit got, der ewigen wisheit, sint mir komen cemale mit einander alles 10 guot. das meinet nach einem sinne, das nüt guot ist noch mag guot gesin was kumet äne got, unt alles das kumet mit got, das ist guot unt do von alleine guot, wan es mit got kumet. ich wil gottes geswigen, unt beneme man allen creaturen unt aller der weit das wesen das got git, so pliben 15 si plos nicht, ungeneme, (i8d) unwert unt hesseliche. und vil anders edeles sinnes hat das wort inne, wie alles guot kumet mit got, das nu celange würde ce sprechenne. es spricht unser herre: ich^ bin mit dem menschen in lidenne. darumb sprichet sant Bernhart: herre, bist du mit uns in 20 lidenne, so gip mir ce lidenne alle cit umb das du alle cit 442 bi mir unt mit mir siest, das ich alle cit dich haben miige. Zuo dem tritten male sprich ich, das got mit uns ist in lidenne, das ist das er mit uns Iidet selben, werlich, der warheit bekennet, der weis, das ich war spriche. got der »s lidet mit dem menschen ja unglich me nach siner wise denne der do Iidet, der dur in lidet. nu sprich ich: wil denne got selben liden, so soll ich gar billichen liden, wan ist mir recht, so wil ich das got wil. ich bitte alle tage und got heisset mich bitten: herre, din wille werde, und doch so got wil j» liden, so wil ich von liden clagen, unt (19») dem.ist gar unrecht ouch sprich ich sicherlichen, das got so geren mit uns lidet unt dur uns lidet, so wir alleine dur got lident das er lidet sunder lidenne. lidenne ist im so wunneclichen, das liden ist im nit lidenne. unt darumb, were uns recht, so 35 vere ouch uns liden nit lidenne, es were uns ein wunne unt trost. Aber zuo dem Vierden male sprich ich, das fründes mitlidenne minret natürliche dis lidenne. mag mich denne 3 vgl.
iz,
9ff.
1 4 benime, über i : e
6 vgl. 17
S t r a u c h , Güttl. Tröstung.
i2,
i6f.
9 Saß. 7, I I
1 2 got] guot
b)
3
MEISTER
34 getroesten
ECKHAXT
eines menschen liden,
mich vil m e troesten gottes
das es mit mir hat, so soi
mitlidenne.
Z u o d e m fünften male sprich ich: imd woelte ich d e n n e lidenne
mit
5 minnet,
einem
so
lidenne,
sol
der
menschen,
ouçh
ich
den ich minne unt der mich
geren
unt
gar
billichen
mit
got
d o lidet unt dur mich lidct von minne, die er
z u o mir hat. Noch
sprich
ich
zuo
dem
sechsten m a l e :
ist das got
vor lidet e denne ich liden, unt liden ich dur got, verliehen, io so ( i 9 b ) wie
wirt mir licht ein trost unt f r œ d e alles min lidenne,
gros
und
manigfaltig
das ist.
es ist war natürliche, so
der mensch tût ein werc dur ein andern, so ist das dur d e n ei
das tut, neher sinein hercen, unt das er tût, ist verrer v o n
sinem
hercen
is darumb
und
unt dur
rûret
das
herce
das er es tut.
niemer
denn
dur
der d o buwet unt
den,
houwet
das holtze und den steine, darumb und dur das er ein huse m a c h e für die hitz des sumers unt wider froste des
winters,
des herce ist zuo d e m ersten unt alcemale das hus, unt g e houwet » das den unt
niemer
huse.
nu
süssen wine, ist
war,
bitterkeit
allù
ist
nechste sflssikeit
teti die arbeite denne
so der sieche mensch
so dunket in unt spricht,
das er bitter si,
zungen
kome smak.
werc
sele,
rûren, unt
me
dur
mus
usserliche
das
so
mag nit
von
denne
und werliche,
got,
unt
e
ist nit
so der mensch
würket
d a got das mittele unt die
verliere
not
der
sele
unt das herce
b e w e g e n noch
das des
durch got unt dur gottes
verlieren
sin bitterkeit unt luter
30 süsse werden, ee d e n n e es des menschen herce iemer Die
dur
trinket
wine
der
443 menschen
noch
d o du sele bekennet und brûfet den ( 1 9 e )
ungeliche
sinü
steine
w a n der wine verluret alle sin silssekeit in der
der
inwendige, »5 also
den
sehen wir wol,
miige
bertiren.
meister
sprechent,
das
under
dem
himele si füre
vil al u m b unt umb, .unt darumb m a g kein regen noch wint n o c h allerlei stürm unt ungewitter v o n unden d e m himele s o 35 nach komen, das in oucli nit rûren müge : es wirt alles verbrant und verderbet
von hitze des fürs, e d e n n e e s an
den
himel kom. also sprich ich : alles das man lidet unt wùrket durch got,
das wirt alles süsse in gottes s&ssikeit,
e d e n n e es zuo
I h} 3 in der hs. kein absatz 12 so ist dej mit Pfeiffer und Büttner au lesen, scheint mir nicht gebeten : der grund des handelns und das handeln an sich sind einander gegenübergestellt 32 undenen an hiess es 13, 7- »9> 2 4
DAS BUCH DER GÖTTLICHEN
TRÖSTUNG
35
(iqd)
des menschen hercen kome, der durch got alleine würket und lidet wan das meinet das wort das man spricht 'dur got', wan es kumet an das herce niemer denne dur gottes sftssikeit, wann es oucb wirt verbrant von dem hitzigen füre der goetlichen minne, die des guoten menschen herce alumb 5 in sich beslossen het. nu mag man offenliche bekennen, wie billichcn unt in (wie) vil wise ein guoter mensche allenthalben getroestet wirt in lidenne. an leil und wurkende. ein wise ist, ob er lidet und würket durch got, ein ander wise, ob er ist in goetlicher minne. ouch soi der mensch bekennen und 10 wissen, ob er allü sinü werc dur got würket, wan sicherlich, wa der mensch leidig sunder tröste sich findet, also verre was sin werc nit dur got allein, sich ! unt also verre ist er nit in goetlicher minne. E s sprichet kür,ig D a v i d : ein für kumet mit got unt vor 15 got, das brennet alumb unt umb alles das got wider ime (20a) findet unt ime ungeliche ist, das ist leit, untroste unt bitterkeit. N o c h ist. das sibfcnde in dem worte, das got mit uns ist in lidenne unt mitlidet mit uns, das uns ouch krefteclichen 20 sol troesten: gotes eigenschaft do on, das er das luter ein ist sunder alle zûvallent mengi underscheides, ouch in gedenken, das alles, das in im ist, got selben ist. unt wan das war ist, so sprich ich : alles, das der guot mensch lidet dur got, das lidet er in got und got ist mit liden in lidenne, min iiden 45 in got, min liden got. wie mag mir denne liden leit gesin, so liden unt leit leit verlüret? leit min in got ist: got ist min leit. werlichen, als got warheit ist: wo ich vinde warheit, do vinde ich minen got, die warheit. also ouch minre noch me, so ich vinde luter liden dur gott und in gott, do vinde 30 ich got min liden. wer das nit bekennet, der clage sin plintheit, nit mich noch die goetlichen warheit. Minnecliche unt miitecliche so lident durch gott, {¿o h ) Sit das es so groeslichen nütze ist unt seleclichen, als ouch unser herre sprichet : selig sint die do lident dur die gerechti- 35 keit. wie mag der guot ininnende got das lidten, das sin m fründe, gut lüte, nit alle cil âne underlas in liden sint? hetti ein mensch einen frünt. der kurtze tage lidenne moechte zuo grossem nutze und ere unt gemach verdienen und lange besitzen, woelte er das hindern oder were. das ?m wille, das 4» 15 Ps. 96, 3
19 ir der hs. kein absatz
15 liden
35 Matth. 5, 10
3*
36
MEISTER
ECKHART
es von ieman gehindert wurde, man spreche nit, das er sin fründe were unt das er in och liep hetti. darumb villichte got moechte in kein wise liden, das sin fründe, guot lüte, iemer sunder liden weren, ob sie nit liden moechtin unt lidende liden. Alle gftti des usserlichen lidennes kämet unt flasset von gfiti des willen, als ich vor geschriben han. unt darumb alles, das der guot mensch liden woelte unt bereit ist unt begeret celidenne dur got, das lidet er (20«) vor gottes angesichte durch got unt in got. ki'inig David spricht in dem salter: ich bin bereit in allem ungemache unt min smercze ist mir allü eit gegenwärtige in angesichte mines hercen. saut jeronimus sprichet, das ein rein vas, das wol gewürket ist unt guot ist, dar us unt do von ce machenne was man so! unt wil, hat in sich beslossen aHeine alles das man do von gewürken mag, (ob) och usserlichen ie nieman do von it würke. ouch han ich do vor geschriben, das der steine nit minre swere ist, so er nider lit usserliche uf der erden; allü sin sweri du ist volkomen uf dem, das er nider neiget unt bereit ist 'in sich selber, nider ce vallenne. und also han ich ouch do obnan gesprochen, das der guot mensch hat ietzent getan in himelrich unt in ertriche alles, das er tuon wolte, ouch geliche dar an gotte. (20«l) N u mag man ouch bekennen und wissen gropheit der lüten, die gemeinlichen wunder hant, so sti sehent guot lüte smerzen liden unt ungemache, und vallent inen vil dike gedenk in unt ein wan, das es si dur ir heimlichen sünde. und sprechent ouch underwilent: ach, ich wände, das der mensch gar guot were! wie. kämet das, das er so gros leit unt ungemach lidet, unt ich wand, ime gebreste nüt! unt sicherlichen, were es leit unt ungemach unt were es in denne leit und ungelüke, das si lident, so enwerent si nit guot noch ane sünde. sint si aber guot, so ist in das liden nit leit noch ungelüke unt ungemach: es ist in ein gros gelücke und seiikeit. got sprichet: selig sint alle, die do lident dur gotte,,die gerechtikeit. Darumb sprichet das buch der wisheit, das der gerechten seien sint gotte (2 ja in siner hant. aber turnme lüte dunket unt wenent, das si sterbent: doch sint si in friden, in wunne 6 in der hs absatt erst nach 7 han Ps. 37» '8 17 f. vgl. 24, 18 ff. 21 35 Matth. 5, 10 37 Sap. 3. 1
7 vgl. 24, 33 ff. 11 vgl. 24, 12 (f. 28 »pj
DAS BUCH DER GÖTTLICHEN
TRÖSTUNG
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unt in selikcit. sant Paulus spricht, d o er schabet, wie vil der heiligen habent gelitten manigvaltig gros p i n e , ant sprichet» denn, das du weit des unwirdig was. und das 445 worte hat inne, der ime recht tuon wil, drierhant sinne, einer ist, d a s disn weit ist unwirdige vil guoter lüten gegenwürti- 5 keit. ein ander sin ist besser unt sprichet, das gäti ist diser weit unmere unt u n w e r t ; got ist (si) aüeine wert, darumb sint si gotte wert unt gottes wert, der tritte sin ist, den ich nu mein, unt wil sprechen, das disü weit, das sint die lüte, die dis weltlicheit minnent, sint des unwert, das si leit unt ung e m a c h e lident dur got. do von ist geschriben, das die heiligen apostlen sich des froutent, das si wirdig warent. das si durch gottes namen pine (21*>) unt ungemach littint. N u si der rede genfige, wan ich in dem tritten teile des buoches sprechen wil m a n g e r ! d e tröste, wie das sich liehen, der V. gratt ist, so der mensch lept allenthalben sin selbes in friden, stille ruowende in richheit unt in gebruchunge der obresten unsprechlichen wisheit. der V I . grat ist, so der mensch ist entbiltet unt überbiltet von gottes ewikeit unt komen ist in gantze volkomenheit und vergessen het aller 'S cergangclicheit (25c) unt citliches lebens unt gezogen ist und nbergevaren in ein goetliches bilde, ein kint gottes worden ist. fürbasser noch hoeher ist kein gratte und da ist ewigü ruowe unt selikeit. wann das ende des inren und des nüwen menschen ist ewige lebenne. I unt fehlt St 2 mit m. St 3 nie a. fehlt St uiserüch St gut* Kite St 4 ze lere vnd ze r. St 5 [unt] k. St 5 menschlicheit St 6 »ntht /e g. [unt] St 8 er ir St verre u. veiTe B 9 unt fehlt St und fehlt St wirfet *be St 10 ane] sunder St lüte St 1 1 tfin fehlt St 12 minnen St gottes fehlt St geb. also St unt getr. fehlt St 14 u. in Seligkeit fehlt St s. vnd «raakeil St alles das St 15 got] dem St ist vnd fremde St unt w. fehlt St 17 vnd in g. also St das er fehlt B alle cit fehlt St' 1 8 enpfahende St unt b. und fehlt St 18 f. wid'mfltè vnd ]. lidende St l y f. frSlich St 20 der ni.] er St 21 fride St gebr.] ùb'nùsse St tt vnsprechenlicher St 24 f. uollekomë v'gessenlichait zergangliches vnd St 26 ubergewandelt St gfitlich St [ein] gottes kint St 27 furbaz St enkain St 28 d. i. menschen St 29 ewig leben St
VON
DKM EDLEN
MENSCHEN
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V o n discm inren edelen menschen, da gottes bilde, gottes same ingetrucket unt ingeseijet ist — wie der same unt das bilde goetlicher nature unt goetliches wesens unt gottes sune erschine unt man sin gewar werde und ouch etwenne verborgen werde, do fon spricht der gros meister Origenes ein gelichnüs, das gottes sun, gottes bilde ist in der sele grünt als ein lebender braune, der aber erden, das ist irdenschii begeruiige, daruf wirfet, das hindert unt bedecket, das man sin nit gewar wirt noch erkennet, doch belibet er in sich selben lebende, und so man