438 64 9MB
German Pages 970 [1070] Year 2015
Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von
Horst Baier, Gangolf Hübinger, M. Rainer Lepsius †, Wolfgang J. Mommsen †, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann †
Abteilung II: Briefe Band 3 1. Halbband
J. C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Max Weber Briefe 1895 – 1902
Herausgegeben von
Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit
Uta Hinz
1. Halbband
J. C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Redaktion: Ursula Bube – Edith Hanke – Anne Munding Die Herausgeberarbeiten wurden im Rahmen des Akademienprogramms von der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und den Ländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gefördert.
1. Halbband ISBN 978-3-16-153753-0 Leinen / eISBN 978-3-16-157764-2 unveränderte ebook-Ausgabe 2019 ISBN 978-3-16-153755-4 Hldr Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungsbeständiges Werk druckpapier gedruckt. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier.
Inhaltsverzeichnis 1. Halbband Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Chronologisches Verzeichnis der Briefe 1895–1902 . . . . . . . . . .
IX
Siglen, Zeichen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXI
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Briefe Januar 1895 – Juni 1898 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
2. Halbband Briefe Juli 1898 – Dezember 1902 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
501
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
893
I.
Memorandum über die Gründung einer nationalsozialen Zeitung und Vereinigung 1896 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verlagsverträge über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ 1897–1901 . . . . . . III. Itinerar der Reise nach Schottland und Irland August–September 1895 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Itinerar der Reise nach Frankreich und Spanien August–Oktober 1897 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
906
Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
911
Verwandtschaftstafeln der Familien Fallenstein und Weber . .
991
Register der Briefempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
995
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
999
Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1013
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung II: Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1021
Bandfolge der Abteilung I: Schriften und Reden . . . . . . . . . . .
1028
Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1031
893 898 904
Vorwort
Der vorliegende Band umfaßt die Briefe Max Webers aus den Jahren 1895 bis 1902. Sie zeigen ihn als Gelehrten und engagierten Hochschullehrer in Freiburg i.Br. und Heidelberg, als politisch Interessierten und Ambitionierten, als unternehmungslustigen und scharf beobachtenden Reisenden, aber auch als den in eine tiefe Lebenskrise gestürzten Kranken, der erst langsam wieder zu neuer intellektueller Schaffenskraft zurückfindet. Die Herausgeberin zeichnet verantwortlich sowohl für die Briefe wissenschaftlich-politischen als auch privaten Inhalts. Die Editionsarbeit der wissenschaftlich-politischen Korrespondenz erfolgte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) mit den in der Arbeitsstelle am Historischen Seminar der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gesammelten Beständen. Die Editionsarbeit der privaten Korrespondenz erfolgte an der Arbeitsstelle Düsseldorf mit den Vorarbeiten der Arbeitsstelle am Institut für Soziologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Letztere wurde bis zu seinem Tod am 2. Oktober 2014 von M. Rainer Lepsius geleitet, dem es nicht mehr vergönnt war, seinen Beitrag zum Editionsmanuskript beizusteuern. Wir haben seine Expertise schmerzlich vermißt. Die Vorlagen der Transkriptionen erstellten für die Briefe wissenschaftlichen und politischen Inhalts Manfred Schön, für die Briefe der Familienangehörigen Diemut Moosmann. Manfred Schön unterstützte auch die abschließenden Transkriptionsarbeiten. Die Herausgabe dieses Bandes wäre ohne die Unterstützung von zahlreichen Institutionen und Eigentümern von Privatnachlässen nicht möglich gewesen. Nicht alle können hier namentlich genannt werden, obwohl wir ihnen ausnahmslos großen Dank schulden. Unser besonderer Dank gilt Eduard Baumgarten (†) und Max Weber-Schäfer (†) sowie deren Erben, die uns die in ihrem Besitz befindlichen Briefe zur Verfügung stellten. Thomas Schoeppe danken wir ausdrücklich. Georg Siebeck danken wir dafür, daß er uns die Bestände des Verlagsarchivs Mohr Siebeck zugänglich machte. Wir haben von zahlreichen Institutionen bei unserer Arbeit Unterstützung erfahren. Allen voran seien das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin und die Bayerische Staatsbibliothek München genannt, die Max Webers Nachlaßbestände aufbewahren und uns zugänglich machten. Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ermöglichte uns die Einsicht in noch unerschlossene Verlagsarchive. Unser Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterer Archive und Bibliotheken. Ausdrücklich genannt seien das Schweizerische Wirtschaftsarchiv Basel, das Staatsarchiv Basel-Stadt, das Bundesarchiv Berlin und Koblenz, das Archiv der Humboldt-
VIII
Vorwort
Universität Berlin, die Stadtarchive Bielefeld und Dresden, das Universitätsarchiv Freiburg i.Br., das Staatsarchiv Hamburg, das Universitätsarchiv sowie die Universitätsbibliothek Heidelberg, das Universitätsarchiv Jena, die Central Zionist Archives Jerusalem, das Generallandesarchiv Karlsruhe, das KIT-Archiv (ehemals Universitätsarchiv) Karlsruhe, das Landeskirchliche Archiv Kiel, die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, die Bibliothek des Heinrich-Suso-Gymnasiums Konstanz, das Stadtarchiv sowie die Universitätsbibliothek Konstanz, die Universitätsbibliotheken Leipzig und Marburg, das Universitätsarchiv München, die Columbia University Libraries, New York, die Universitätsbibliothek Tübingen, das Thüringische Hauptstaatsarchiv Weimar, das Hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden sowie das Schweizerische Sozialarchiv Zürich. Ohne all diese Institutionen, die uns den Zugang zu ihren Beständen großzügig ermöglichten und uns bei unseren Recherchen in vielfältiger Weise unterstützten, wäre dieser Band nicht zustande gekommen. Bei der Entzifferung der Gabelsberger Kurzschrift half uns Horst Grimm (Winsen an der Luhe); Anna Fattori (Frankfurt am Main) übersetzte Max Webers italienische Postkarten; Anka Steffen (Frankfurt an der Oder) half bei der Übersetzung polnischer Literatur zum Verbleib der Max-Klinger-Sammlung. Ihnen sei gedankt, wie auch Eberhard Meyer-König (Hamburg), der uns Material aus seiner privaten Sammlung zu Max Webers Sanatoriumsaufenthalt in Bad Urach zur Verfügung stellte. Die Editionsarbeiten wurden von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen der Forschungsförderung der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften gefördert. Federführend war hier die Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte unter Vorsitz von Knut Borchardt und seit 2013 von Friedrich Wilhelm Graf. Edith Hanke und Anne Munding von der Arbeitsstelle der Max Weber-Gesamtausgabe an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gebührt für ihre sorgfältige Durchsicht und Betreuung des umfangreichen Manuskripts vor und während der Drucklegung großer Dank. Gangolf Hübinger steuerte während des gesamten Entstehungsprozesses des Bandes zahlreiche sachdienliche Hinweise bei. Dorothee Hanke (Berlin) unterstützte uns vor allem bei aufwendigen Recherchen in dem damals noch weitgehend unerschlossenen Archiv des Verlages Mohr Siebeck in Berlin. Ihnen allen sei dafür gedankt. Ebenso danken wir Marcel Küsters (Düsseldorf) für seine Mitarbeit an der Erstellung des Personenverzeichnisses und Sybille Oßwald-Bargende von der Arbeitsstelle Heidelberg für ihre hilfreichen Hinweise zur Bearbeitung der privaten Korrespondenz. Unser besonderer Dank geht an Manfred Schön, der auch im Ruhestand stets ein offenes Ohr für besonders schwierige Rätsel hatte, die uns die Handschrift Max Webers aufgab. Ferner danken wir Ingrid Pichler, die in bewährter Manier die Register erstellte. Frankfurt (Oder) im Mai 2015
Rita Aldenhoff-Hübinger
Chronologisches Verzeichnis der Briefe 1895–1902 1. Halbband Datum
Ort
Empfänger
Seite
2. Januar 1895 5. Januar 1895
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
45
10. Januar 1895 vor dem 12. Januar 1895 15. Januar 1895 15. Januar 1895 18. Januar 1895 28. Januar 1895 28. Januar 1895 1. Februar 1895 11. Februar 1895 24. Februar 1895 27. Februar 1895 14. März 1895 15. März 1895 zwischen dem 12. und 31. März 1895
Freiburg i. Br.
Alfred Weber Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Marianne Weber
49 51
o.O. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Adolph Wagner Alfred Weber Marianne Weber Karl Oldenberg Karl Oldenberg Alfred Weber Alfred Weber Clara Weber Alfred Weber Alfred Weber Adolph Wagner Gustav Schmoller
53 54 57 60 63 65 67 69 71 74 76 78
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Alfred Weber Paul Siebeck
79 80 84
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Paul Siebeck Verlag J.C.B. Mohr
86 87
Freiburg i. Br.
Paul Siebeck
88
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Paul Siebeck Hans Delbrück Ferdinand Bissing Verlag J.C.B. Mohr Paul Siebeck
89 90 92 93 94
1895
17. Mai 1895 18. Mai 1895 27. Mai 1895 oder davor 20. Juni 1895 27. Juni 1895 oder davor zwischen dem 27. Juni 1895 und 6. Juli 1895 26. Juli 1895 27. Juli 1895 4. August 1895 7. August 1895
X
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
Seite
13. August 1895 14. August 1895
Edinburgh Luss am Loch Lomond
Fritz Baumgarten Helene Weber
95
Loch Maree Loch Maree Stornoway, Hebriden Strome Ferry Strome Ferry auf der Fahrt von Portree nach Oban Belfast Dublin Kilkee
Helene Weber Fritz Baumgarten Helene Weber Fritz Baumgarten Helene Weber Helene Weber Helene Weber Fritz Baumgarten Fritz Baumgarten
117 122 128 131
Killarney Glengariff Dublin Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Helene Weber Fritz Baumgarten Fritz Baumgarten Friedrich Naumann Paul Siebeck Marianne Weber Marianne Weber Friedrich Kluge
133 143 145 147 149 150 154 155
21. Januar 1896 11. März 1896 16. März 1896 24. März 1896 26. März 1896
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Charlottenburg Charlottenburg Berlin
161 162 165 168
26. März 1896 nach dem 27. März 1896 30. März 1896 3. April 1896 12. April 1896 12. April 1896 14. April 1896 21. April 1896 22. April 1896 29. April 1896 2. Mai 1896 9. Mai 1896
Berlin
Ludo Moritz Hartmann Lujo Brentano Marianne Weber Marianne Weber Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Marianne Weber
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Otto Lang Marianne Weber Marianne Weber Friedrich Naumann Martin Rade Helene Weber Heinrich Rickert Friedrich Naumann Friedrich Naumann Helene Weber Friedrich Kluge
176 178 181 184 187 188 191 192 193 195 198
17. und 18. August 1895 19. August 1895 22. August 1895 24. August 1895 24. August 1895 28. August 1895 1. September 1895 1. September 1895 6. September 1895 7., 8. und 9. September 1895 10. September 1895 12. September 1895 22. September 1895 23. September 1895 4. Oktober 1895 8. Oktober 1895 22. Dezember 1895
97 101 106 108 112 114
1896
171 173
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
XI
Datum
Ort
Empfänger
Seite
14. Mai 1896 6. Juli 1896 16. Juli 1896 22. Juli 1896 31. Juli 1896
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
200 201 203 205
8. August 1896
Freiburg i. Br.
13. August 1896 30. August 1896
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
4. September 1896
Freiburg i. Br.
Paul Siebeck Georg Jellinek Friedrich Kluge Heinrich Rickert Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Friedrich Naumann Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Brunn’sche Buchdruckerei) Verlag Vandenhoeck & Ruprecht
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Berlin o.O. Charlottenburg Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. o.O.
Friedrich Naumann Adolf Hausrath Adolf Hausrath Paul Siebeck Reichsamt des Innern Adolf Hausrath Clara Mommsen Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Martin Rade Friedrich Naumann Friedrich von Weech Ludwig Arnsperger Georg Jellinek Ludwig Arnsperger Karl Bücher Adolph Wagner Friedrich von Weech Lujo Brentano Karl Bücher Helene Weber
213 214 216 219 221 223 225 227 229 232 236 239 242 244 246 248 255 258 260 261 263 266
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Lujo Brentano Karl Bücher Adolph Wagner Lujo Brentano Lujo Brentano
267 269 271 274 276
9. September 1896 oder davor 13. Oktober 1896 15. Oktober 1896 1. November 1896 7. November 1896 9. November 1896 11. November 1896 20. November 1896 22. November 1896 25. November 1896 7. Dezember 1896 9. Dezember 1896 9. Dezember 1896 12. Dezember 1896 12. Dezember 1896 15. Dezember 1896 21. Dezember 1896 21. Dezember 1896 21. Dezember 1896 25. Dezember 1896 25. Dezember 1896 Weihnachten 1896
207 208 209
211 212
1897 1. Januar 1897 1. Januar 1897 1. Januar 1897 4. Januar 1897 12. Januar 1897
XII
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
Seite
17. Januar 1897 17. Januar 1897 25. Januar 1897 nach dem 28. Januar 1897 8. Februar 1897 9. Februar 1897 20. Februar 1897 24. Februar 1897 2. März 1897 10. März 1897 17. März 1897 20. März 1897
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
Heinrich Bassermann Alfred Weber Heinrich Bassermann
279 280 284
o.O. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Freiburg i. Br. Heidelberg Freiburg i. Br.
285 287 290 291 292 295 297 299
22. März 1897 30. März 1897
Freiburg i. Br. Freiburg i. Br.
31. März 1897 4. April 1897
Heidelberg Heidelberg
12. April 1897
Heidelberg
12. April 1897
Heidelberg
20. April 1897 26. April 1897 30. April 1897 5. Mai 1897 9. Mai 1897 14. Mai 1897 14. oder 15. Mai 1897 16. Mai 1897 oder danach 19. Mai 1897
o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Heinrich Sieveking Werner Sombart Paul Siebeck Carl Johannes Fuchs Carl Johannes Fuchs Carl Johannes Fuchs Carl Johannes Fuchs Lili Weber Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Edwin R. A. Seligman Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Heinrich Rickert Engerer Senat der Universität Heidelberg Engerer Senat der Universität Heidelberg Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Heinrich Sieveking Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Clara Mommsen Alfred Weber Marianne Weber
330
19. Mai 1897 1. Juni 1897
Heidelberg Heidelberg
1. Juni 1897
Heidelberg
1. Juni 1897
Heidelberg
Alfred Weber Engerer Senat der Universität Heidelberg Paul Siebeck Engerer Senat der Universität Heidelberg Engerer Senat der Universität Heidelberg Carl Johannes Fuchs
Heidelberg Heidelberg
301 302
304 310 311 312
313 315 317 319 321 323 325 328
331 332 334 335 336
Chronologisches Verzeichnis der Briefe Datum
XIII
Ort
Empfänger
Seite
zwischen dem 31. Mai und 5. Juni 1897 10. Juni 1897 15. Juni 1897 19. Juni 1897 19. Juni 1897 22. Juni 1897 oder danach 23. Juni 1897 24. Juni 1897 27. Juni 1897 29. Juni 1897 2. Juli 1897 4. Juli 1897 5. Juli 1897
Heidelberg Leipzig-Eisenach Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Alfred Weber Alfred Weber Alfred Weber Carl Johannes Fuchs Alfred Weber
338 341 343 348 350
o.O. o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
353 355 356 359 360 361 364
13. Juli 1897 13. Juli 1897 20. Juli 1897 28. Juli 1897 28. Juli 1897
Heidelberg o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg
30. Juli 1897 30. Juli 1897 30. Juli 1897 3. August 1897
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
3. August 1897
Heidelberg
8. August 1897 29. August 1897 30. August 1897 1. September 1897 2. September 1897 5. September 1897 7. September 1897
Heidelberg Luchon Luchon Cauterets Gavarnie Bordeaux Guéthary und San Sebastián Deva Deva Deva
Alfred Weber Alfred Weber Carl Johannes Fuchs Verlag J.C.B. Mohr Verlag J.C.B. Mohr Carl Johannes Fuchs Lujo Brentano Engerer Senat der Universität Heidelberg Verlag J.C.B. Mohr Alfred Weber Verlag J.C.B. Mohr Paul Siebeck Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) Hans Delbrück Hermann Losch Paul Siebeck Engerer Senat der Universität Heidelberg Engerer Senat der Universität Heidelberg Paul Siebeck Helene Weber Helene Weber Helene Weber Helene Weber Helene Weber Helene Weber
8. September 1897 10. September 1897 12. September 1897 zwischen dem 4. und 18. September 1897
o.O.
366 367 368 370 371
373 374 376 378 380 382 383 385 391 394 405 408
Helene Weber Helene Weber Helene Weber
416 421 424 427
Verlag J.C.B. Mohr
435
XIV
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
Seite
18., 19. und 20. September 1897 17. Oktober 1897 17. Oktober 1897 28. Oktober 1897
Las Arenas Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Helene Weber Helene Weber Marianne Weber Friedrich Naumann
436 448 452 454
12. Januar 1898 19. Januar 1898 29. Januar 1898 30. Januar 1898 4. Februar 1898 18. Februar 1898 18. Februar 1898 13. März 1898 14. März 1898 16. März 1898
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O. Heidelberg
457 459 461 462 465 468 470 471 473
27. März 1898 29. März 1898 10. April 1898 14. April 1898 13. Mai 1898 13. Mai 1898 15. Mai 1898 25. Mai 1898 28. Mai 1898 3. Juni 1898 19. Juni 1898 20. Juni 1898
Glion Glion Glion Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Heinrich Rickert Heinrich Rickert Alfred Weber Emmy Baumgarten Emilie Benecke Emmy Baumgarten Alfred Weber Paul Siebeck Carl Neumann Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Helene Weber Emilie Benecke Paul Siebeck Carl Bezold Carl Johannes Fuchs Paul Siebeck Paul Siebeck Friedrich Naumann Heinrich Sieveking
1898
475 476 478 480 481 484 486 488 489 492 494 496 499
2. Halbband 2. Juli 1898 4. Juli 1898 5. Juli 1898 7. Juli 1898 12. Juli 1898
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Alfred Weber Adolph Wagner Alfred Weber Carl Johannes Fuchs Gustav Schmoller
501 503 505 506 510
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
XV
Datum
Ort
Empfänger
Seite
16. Juli 1898
Heidelberg
21. Juli 1898 25. Juli 1898 26. Juli 1898 28. Juli 1898 30. Juli 1898 30. Juli 1898 1. August 1898 3. August 1898 4. und 5. August 1898 7. August 1898 9. August 1898 10. August 1898 13. August 1898 nach dem 13. August 1898 15. August 1898 17. August 1898 19. August 1898 21. August 1898 23. August 1898 23. August 1898 24. August 1898 26. August 1898 27. August 1898 12. September 1898 24. September 1898 5. Oktober 1898 5. Oktober 1898
Heidelberg Appenweier Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Carl Johannes Fuchs Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Paul Siebeck Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber
515 517 519 520 524 527 529 533 536 539 542 545 549 552
Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz Konstanz
8. Oktober 1898 15. Oktober 1898 17. Oktober 1898
Konstanz Konstanz Konstanz
26. Oktober 1898 8. November 1898 21. November 1898 1. Dezember 1898 7. Dezember 1898 12. Dezember 1898 oder davor
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Paul Siebeck Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Paul Siebeck Gustav Schmoller Dietrich Schäfer Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Friedrich von Weech Paul Siebeck Quästur der Universität Heidelberg Dietrich Schäfer Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck
556 558 560 563 566 568 570 573 575 578 579 582 584
590 591 593 595 596 598
Heidelberg
Paul Siebeck
599
585 587 588
XVI
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
Seite
13. Dezember 1898 14. Dezember 1898 17. Dezember 1898 18. Dezember 1898 19. Dezember 1898 20. Dezember 1898 26. Dezember 1898 30. Dezember 1898
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Helene Weber Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck
601 603 606 607 611 614 618 621
6. Januar 1899 8. Januar 1899 10. Januar 1899 22. Januar 1899 30. Januar 1899 2. Februar 1899 3. Februar 1899 4. Februar 1899 6. Februar 1899 13. Februar 1899 oder davor 25. Februar 1899 2. März 1899 23. oder 24. März 1899 25. März 1899 25. März 1899 28. März 1899 12. April 1899 12. April 1899
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Paul Siebeck Arthur Böhtlingk Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck
623 625 629 630 632 633 635 637 640
o.O. Heidelberg Heidelberg
Paul Siebeck Paul Siebeck Gustav Schmoller
641 642 644
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
647 648 649 650 651
13. April 1899 15. oder 16. April 1899 22. April 1899 22. April 1899 15. Mai 1899 3. Juni 1899 nach dem 10. Juni 1899 12. Juni 1899 20. Juni 1899 21. Juni 1899
Heidelberg
Ernst Francke Ernst Francke Carl Johannes Fuchs Paul Siebeck Friedrich Neumann Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Helene Weber
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Verlag H. Laupp Ernst Hasse Verlag H. Laupp Dietrich Schäfer Verlag H. Laupp
657 658 661 662 663
o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Heinrich Sieveking Verlag H. Laupp Emmy Baumgarten Fritz Baumgarten
665 666 669 671
1899
652 654
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
XVII
Datum
Ort
Empfänger
Seite
1. Juli 1899 5. Juli 1899 7. Juli 1899 8. Juli 1899 13. Juli 1899 14. Juli 1899 15. Juli 1899 23. Juli 1899 23. Juli 1899 26. Juli 1899 26. Juli 1899 2. August 1899 2. Oktober 1899 2. Oktober 1899 6. November 1899 8. November 1899 20. November 1899 27. Dezember 1899 30. Dezember 1899 31. Dezember 1899
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Eibsee Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Paul Siebeck Heinrich David Verlag H. Laupp Paul Siebeck Paul Siebeck Gustav Schmoller Gustav Schmoller Paul Siebeck Friedrich von Weech Adolf Buchenberger Robert Wuttke Alfred Weber Paul Siebeck Carl Johannes Fuchs Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Ludwig Arnsperger Marianne Weber Paul Siebeck
672 674 678 679 681 683 686 687 688 689 692 695 698 699 701 703 704 705 707 709
7. Januar 1900
Heidelberg
7. Januar 1900 8. Januar 1900 20. Januar 1900 21. Januar 1900 26. Januar 1900 27. Januar 1900 1. Februar 1900 18. Februar 1900 oder danach 8. März 1900 4. April 1900
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Wilhelm Nokk Ludwig Arnsperger Eugen von Philippovich Eugen von Philippovich Eugen von Philippovich Paul Siebeck Eugen von Philippovich
711 715 717 718 721 723 726 727
Heidelberg Heidelberg Heidelberg
23. April 1900 28. Mai 1900 3. Juni 1900 5. Juni 1900
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
1900
Alfred Weber Ludwig Arnsperger Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Ludwig Arnsperger Paul Siebeck Paul Siebeck Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts
728 729
732 734 736 738
740
XVIII Datum 11. Juni 1900 oder davor 29. Juni 1900 15. Juli 1900 17. Juli 1900 18. Juli 1900 20. Juli 1900 um den 23. Juli 1900 24. Juli 1900 26. Juli 1900 28. Juli 1900 4. August 1900 6. August 1900 8. August 1900 10. August 1900 vor dem 19. August 1900 vor dem 23. August 1900 vor dem 23. August 1900 1. Oktober 1900 3. Oktober 1900 4. Oktober 1900 zwischen dem 27. September und 6. Oktober 1900 zwischen dem 1. und 6. Oktober 1900 25. Oktober 1900 13. November 1900 17. November 1900 17. November 1900
Chronologisches Verzeichnis der Briefe Ort
Empfänger
Seite
Heidelberg Heidelberg Urach Urach Urach Urach
Paul Siebeck Alfred Klee Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber
741 742 744 747 748 750
Urach Urach Urach Urach Urach Urach Urach Urach
Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber
751 752 753 754 756 757 758 759
Urach
Marianne Weber
761
Urach
Marianne Weber
762
Urach Urach Urach Urach
Marianne Weber Paul Siebeck Marianne Weber Marianne Weber
763 764 765 767
Urach
Marianne Weber
768
Urach Urach Urach Urach
Marianne Weber Paul Siebeck Paul Siebeck Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts
769 770 771
Urach
773
774
1901 4. Juni 1901
Rom
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts
775
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
XIX
Datum
Ort
Empfänger
Seite
5. Juni 1901
Rom
7. Juli 1901 9. Juli 1901 10. Juli 1901 12. Juli 1901 14. Juli 1901 15. Juli 1901 15. Juli 1901 16. Juli 1901 17. Juli 1901 18. Juli 1901 19. Juli 1901 20. Juli 1901 22. Juli 1901 22. Juli 1901 23. Juli 1901 23. Oktober 1901 11. November 1901 30. November 1901 14. Dezember 1901
Grindelwald Eigergletscher Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Grindelwald Rom Rom Rom Rom
Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Alfred Klee Carl Neumann Alfred Klee Alfred Klee
777 778 780 781 782 783 784 785 786 787 788 790 791 792 793 794 795 796 799 802
1902 7. Januar 1902 16. Januar 1902 11. Februar 1902 13. Februar 1902 8. März 1902 26. März 1902
Rom Rom Rom Rom Rom Florenz
26. März 1902
Florenz
26. März 1902
Florenz
3. April 1902 5. April 1902 7. April 1902 7. April 1902 9. April 1902 10. April 1902 11. April 1902 12. April 1902
Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz
Alfred Klee Alfred Klee Paul Siebeck Paul Siebeck Paul Siebeck Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Ludwig Arnsperger Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Helene Weber
803 804 805 808 809
813 816
817 819 821 822 823 824 825 826 828
XX
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
Seite
12. April 1902 14. April 1902 15. April 1902 16. April 1902 17. April 1902 17. April 1902 18. April 1902 16. Mai 1902 22. Mai 1902 23. Mai 1902 23. Mai 1902 24. Mai 1902
Florenz Florenz Florenz Bologna Mailand Mailand Vercelli Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
832 833 834 835 837 839 840 843 845 846 847
28. Juni 1902 16. Juli 1902 oder davor vor dem 30. Juli 1902 12. September 1902 15. September 1902 5. Oktober 1902 26. November 1902 27. November 1902 28. November 1902 29. November 1902 30. November 1902 1. Dezember 1902 20. Dezember 1902 20. Dezember 1902 21. Dezember 1902 23. Dezember 1902 24. Dezember 1902 25. Dezember 1902 26. Dezember 1902 27. Dezember 1902 28. Dezember 1902 29. Dezember 1902 30. Dezember 1902 31. Dezember 1902 31. Dezember 1902
Heidelberg
Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Franz Böhm Franz Böhm Verlag H. Laupp Marianne Weber Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg Carl Johannes Fuchs
849 850
o.O.
Carl Bezold
853
o.O. Borkum Borkum Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Genua Nervi Genua Nervi Genua Genua und Nervi Nervi Genua Pisa-Genua Nervi Nervi Nervi Genua
Alfred Weber Paul Siebeck Helene Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber
854 857 860 862 864 866 867 868 870 872 873 875 876 878 879 881 883 884 885 886 887 888 889
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
|: :| >
[ ]
& § £ → 1) 2) 3) , , 1 2 3 , , O A1, A 2 a b c , , a a b b ... , ...
Einschub Max Webers Textersetzung Max Webers Von Max Weber gestrichene Textstelle Im edierten Text: Hinzufügung des Editors Im Briefkopf: erschlossenes Datum oder erschlossener Ort Im textkritischen Apparat: unsichere oder alternative Lesung im Bereich der von Max Weber getilgten oder geänderten Textstelle Ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar gestorben Pfennig und Paragraph Britisches Pfund siehe Indices bei Anmerkungen Max Webers Indices bei Sachanmerkungen des Editors Original der edierten Textvorlage Edierte Textvorlage bei paralleler Überlieferung Indices für Varianten oder textkritische Anmerkungen Beginn und Ende von Varianten oder Texteingriffen
7bre
Septembre
a. Abb. Ab.Bl. Abelsdorff, Beiträge
am Abbildung Abendblatt, Abendausgabe Abelsdorff, Walter, Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker. Mit einer Vorbemerkung von Max Weber (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 4, Heft 4). – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1900 Abteilung auf das Konto außer Dienst an der Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein Allgemeine Deutsche Biographie Alldeutscher Verband Aktiengesellschaft aktualisiert, aktualisierte am Main Anmerkung außerordentlich, außerordentlicher Artikel Auflage, Auflagen
[??] †
Abt., Abtlg. /Cto a. D. a.d. ADAV ADB A.D.V. A.-G., AG akt. a.M., a /M. Anm. a.o. Art. Aufl. à
XXII
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Aug. AWGA
August Alfred Weber-Gesamtausgabe
b. BA Baedeker, Großbritannien2, 1895
bei Bachelor of Arts Baedeker, Karl, Großbritannien. England (außer London), Wales, Schottland und Irland. Handbuch für Reisende, 2. Auflage. – Leipzig: Verlag Karl Baedeker 1895 Baedeker, Le sud-ouest Baedeker, Karl, Le sud-ouest de la France. De la Loire à la de la France 6, 1897 frontière d’Espagne. Manuel du voyageur, sixième Édition, revue et mise à jour. – Leipzig: Karl Baedeker, Éditeur 1897 Baedeker, Spanien, 1897 Baedeker, Karl, Spanien und Portugal. Handbuch für Reisende. – Leipzig: Verlag Karl Baedeker 1897 BA Bundesarchiv BAdW Bayerische Akademie der Wissenschaften Bad. Badischer, Badische, Badisches BDF Bund Deutscher Frauenvereine Bd., Bde. Band, Bände bearb. bearbeitet(e) bes. besonders betr. betreffend, betrifft bez., bezgl., bezügl., bzgl. bezüglich Bez. Bezirk bezw., bzw. beziehungsweise BGB Bürgerliches Gesetzbuch bibliogr. bibliographisch BK Briefkopf Bl. Blatt Borgius, Mannheim I,II Borgius, Walter, Mannheim und die Entwicklung des südwestdeutschen Getreidehandels. 1. Geschichte des Mannheimer Getreidehandels. 2. Gegenwärtiger Zustand des Mannheimer Getreidehandels (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 2, Heft 1 und 2). – Freiburg i.B. u.a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1899 Borgius, FruchtmarktBorgius, Walther, Die Fruchtmarktgesetzgebung in Kurpfalz gesetzgebung im 18. Jahrhundert, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1898 BSB Bayerische Staatsbibliothek
ca, ca. Chap. Char. Christl. Cía Cie., Cie Co. Coll. conf. Constz C.p. CV CZA
circa Chapter Charlottenburg Christlich Compañía Compagnie Compagnie, Company College Confer Constanz Cara piccola (Liebe Kleine) curriculum vitae Central Zionist Archives
Siglen, Zeichen, Abkürzungen d. dass. DDP Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik dems. dergl., dgl. ders., Ders. desgl. Dez. DGS d.h. dies., Dies. Die Zeit
XXIII
dig. Ress. Diss. Diss. phil. d.J. d.M., d.M.s, d.M’s d.O. DNVP D., Dr, Dr, Dr. Dr. iur./jur. Dr. iur. et rer. pol. Dr. iur et rer. pol. h.c. Dr. jur. utr. Dr. med. Dr. oec. publ. Dr. phil. Dr. rer. nat. Dr. rer. pol. Dr. sc. pol. Dr. theol. Dr. theol. et phil. dt. Düding, Der Nationalsoziale Verein
der, die, das, des, dem, den dasselbe Deutsche Demokratische Partei Demm, Eberhard, Ein Liberaler in Kaiserreich und Republik. Der politische Weg Alfred Webers bis 1920. – Boppard am Rhein: H. Boldt 1990 demselben dergleichen derselbe, Derselbe desgleichen Dezember Deutsche Gesellschaft für Soziologie das heißt dieselbe, Dieselbe Die Zeit. Organ für nationalen Sozialismus auf christlicher Grundlage, begründet von Friedrich Naumann, Berlin, 1.10. 1896–30.9.1897 Die Hilfe. Gotteshilfe, Selbsthilfe, Staatshilfe, Bruderhilfe (Untertitel seit Okt. 1901: Nationalsoziales Wochenblatt), hg. von Friedrich Naumann, Leipzig, seit 1897 Berlin, 1894–1919 digitale Ressource Dissertation dissertatio philosophiae des Jahres, dieses Jahres des Monats, dieses Monats der Obige Deutschnationale Volkspartei Doktor, doctor (span.) doctor iuris doctor iuris et rerum politicarum doctor iuris et rerum politicarum honoris causa doctor iuris utriusque doctor medicinae doctor oeconomiae publicae doctor philosophiae doctor rerum naturalium doctor rerum politicarum doctor scientiarum politicarum doctor theologiae doctor theologiae et philosophiae deutsch, deutsche Düding, Dieter, Der Nationalsoziale Verein 1896–1903. – München, Wien: R. Oldenbourg 1972
E.s ebd., ebda ed. eigent. engl., Engl. Erbgroßherzogl. Erg. erg.
Erachtens ebenda editor eigentlich englisch Erbgroßherzoglich Ergänzung ergebenst
Die Hilfe
XXIV
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
erw. etc., etc ETH Europ. ev., evtl. e. V. Evangel.-Sozial, Evangel.-Soz., ev.-soz. Exc. Expl., Exempl. extr. Ew, Ew.
erweitert et cetera Eidgenössische Technische Hochschule Europäischer eventuell eingetragener Verein evangelisch-sozial
f. Fasz. Febr. Fn. Fr., Frcs. Fr, Fr. Fr. freundl. Frhr. Frl., frz., Frz. F.Z.
folgende Faszikel Februar Fußnote Franc(s), frz. Franken, Schweizer Franken Freiburg Friedrich freundliche Freiherr Fräulein französisch Frankfurter Zeitung
gänzl. geb. gefl. Geh. gez. gg, gg. ggf, ggf. GLA Goldschmidt, Landarbeiter
Excellenz Exemplar, Exemplare extraordinarius Euer
gänzlich geboren, geborene gefällig Geheimer gezeichnet gegen gegebenenfalls Generallandesarchiv Goldschmidt, Salli, Die Landarbeiter in der Provinz Sachsen, sowie den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt (Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, hg. von Max Weber, Heft 1). – Tübingen: H. Laupp 1899 Gr. Gruß griech., Griech. griechisch Großh., Großherzogl. Großherzoglich(en) Grunenberg, Landarbeiter Grunenberg, Andreas, Die Landarbeiter in den Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover östlich der Weser, sowie in dem Gebiete des Fürstentums Lübeck und der freien Städte Lübeck, Hamburg und Bremen (Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, hg. von Max Weber, Heft 2). – Tübingen: H. Laupp 1899
Siglen, Zeichen, Abkürzungen GStA GT
XXV
Geheimes Staatsarchiv Great
HA Ha, Ha. H., Hdbg, Hdlb., Hdlbg h.c. Heid. Hs. HdStW1
Hauptabteilung Hektar Heidelberg honoris causa Heidelberger Handschrift Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hg. von Johannes Conrad, Ludwig Elster, Wilhelm Lexis und Edgar Loening, 6 Bände und 2 Supplementbände. – Jena: Verlag Gustav Fischer 1890–1897 Hentschel, WirtschaftsHentschel, Volker, Die Wirtschaftswissenschaften als akadewissenschaften mische Disziplin an der Universität Heidelberg 1822–1924, in: Waszek, Norbert (Hg.), Die Institutionalisierung der Nationalökonomie an deutschen Universitäten. Zur Erinnerung an Klaus Hinrich Hennings (1937–1986). – St. Katharinen: Scripta Mercaturae Verlag 1988, S. 192–232 herzl., Herzl., hzl., Hzl, Hzl. herzlich, herzlichem, herzlichen, herzlichst, herzlichsten hg., Hg. herausgegeben, Herausgeber HHStAW Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Hoh. Hoheit H, H., Hr, Hr., Hrn, Hrn. Herr, Herrn hl., Hl. Heilige, Heiliger, Heiligen HNO Hals-Nasen-Ohren H.-P. Hautes-Pyrénées hs. handschriftlich iB, iB., i.B., i/B, i/B, i.Br. i.e. IHK incl., inclus. insbes. I.R.B. irrt. ital., Ital. i /Ü i.V. i.W.
im Breisgau id est Industrie- und Handelskammer inclusive, inklusive insbesondere Irish Republican Brotherhood irrtümlich italienisch im Üechtland (Schweiz) in Vertretung in Westfalen
Jan. Jg. JNS jun.
Januar Jahrgang Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik Junior
K. KGA kgl., Kgl. KHM KIT k.J. k.k.
Kuß Ernst Troeltsch · Kritische Gesamtausgabe königlich, königlichen (Grimms) Kinder- und Hausmärchen Karlsruher Institut für Technologie kommenden Jahres kaiserlich-königlich
XXVI
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Klee, Landarbeiter
Klee, Alfred, Die Landarbeiter in Nieder- und Mittelschlesien und der Südhälfte der Mark Brandenburg (Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, hg. von Max Weber, Heft 3). – Tübingen: H. Laupp 1902 Kilometer Quadratkilometer
km km2 L. lat., Lat. Leg. Per. Lenger, Werner Sombart Lic. theol. Liefmann, Unternehmerverbände
L.S., L. Sch., L. Schn. lt. Ltd. m, M M., M.-, Mk, Mk. M, M. M. MAN MdprAH MdprHH MdprL MdR m.E., m.E.s MGH Mme Minist. Mo.Bl. Mommsen, Max Weber3
Liebe, Lieber, Liebes lateinisch Legislaturperiode Lenger, Friedrich, Werner Sombart 1863–1941. Eine Biographie. – München: C.H. Beck 1994 licentiatus theologiae Liefmann, Robert, Die Unternehmerverbände (Konventionen, Kartelle). Ihr Wesen und ihre Bedeutung (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 1, Heft 1). – Freiburg i.B. u.a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1897 Liebe, Lieber Schnauz(el), Liebes Schnauzele, Liebes Schnäuzchen laut Limited
Mte Mrd. Mscr., Ms., MS. Mte m.W. MWA MWG
Meter Mark Max Mannheim Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses Mitglied des preußischen Herrenhauses Mitglied des preußischen Landtags Mitglied des Reichstags meines Erachtens Monumenta Germaniae Historica Madame Ministerium Morgenblatt, Morgenausgabe Mommsen, Wolfgang J., Max Weber und die deutsche Politik 1890–1920, 3., verbesserte Aufl. – Tübingen: Mohr Siebeck 2004 Monte Milliarde, Milliarden Manuscript Monte (ital.: Berg) meines Wissens Max Weber-Arbeitsstelle Max Weber-Gesamtausgabe
Nachf. Nachl., Nl. nat.ök., Nat. Ök.
Nachfolger Nachlaß nationalökonomischen, Nationalökonomie
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
XXVII
naturw.-math. Diss. NB, N. B. n.Chr. neubearb. N.F., NF N.N. No, No, Nr. Nov. NSDAP N.W. NW
naturwissenschaftlich-mathematische Dissertation notabene nach Christus neubearbeitet(e) Neue Folge nomen nominandum Numero, Nummer November Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nord West (Himmelsrichtung) Nordwesten (Berliner Postbezirk)
O o. o., ord., Ordent. o.J. Okt. o.O. o.ö. O /Schl. o.V.
Original oder ordentlich, Ordentlicher ohne Jahr Oktober ohne Ort ordentlicher öffentlicher Oberschlesien ohne Verlag
PA p.a. PA AA PEN Pf., Pfg. Ph.D. phil. Diss. philosoph. PK P.m. pp. Prof. Prov. P.S. PSt
Personalakte per annum Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Poets Essayists Novelists Pfennig philosophiae doctor philosophische Dissertation philosophisch Preußischer Kulturbesitz Piccola mia (Meine Kleine) perge, perge (und so fort) Professor Provinz Postscriptum Poststempel
r Rep. resp. RGBl
RSt.G.B.
recto Repositur respective Reichs-Gesetzblatt, Jg. 1871–1879, hg. im Reichskanzleramt; Jg. 1880–1918 hg. im Reichsamt des Innern. – Berlin: Verlag des Gesetzsammlungsamts 1871–1918 Royal Mail Ship, Royal Mail Steamer Roth, Guenther, Max Webers deutsch-englische Familiengeschichte 1800–1950 mit Briefen und Dokumenten. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 2001 Reichsstrafgesetzbuch
S. S.
Seite Saale
R.M.S. Roth, Familiengeschichte
XXVIII
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
S. SchmJb, Schmollers Jahrbuch Schn.
San, Santa (italienisch Sankt) (Schmollers) Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich Schnauz, Schnauzel, Schnauzele, Schnäuzchen (Kosename von Marianne Weber) Schulthess’ Europäischer Geschichtskalender, hg. von Gustav Roloff, NF 11 = 36, 1895. – München: C.H. Beck 1896 dass., NF 12 = 37, 1896. – München: C.H. Beck 1897 dass., NF 13 = 38, 1897. – München: C.H. Beck 1898 dass., NF 14 = 39, 1898. – München: C.H. Beck 1899 Sektion senior September Session Shilling so Signore Sieveking, Heinrich, Genueser Finanzwesen mit besonderer Berücksichtigung der Casa di S. Giorgio, Band 1: Genueser Finanzwesen vom 12. bis 14. Jahrhundert (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 1, Heft 3). – Freiburg i.B.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1898, Band 2: Die Casa di S. Giorgio (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 3, Heft 3). – Freiburg i.B.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1899 sur Main sogenannt(e, en, er) Spalte spanisch Sozialdemokratische Partei Deutschlands Seiner Sommersemester Sankt, Saint, Sainte Staatsarchiv Statistischen Steiermärkisches Landesarchiv Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages, Bd. 19–325, 1871–1918. – Berlin: Julius Sittenfeld 1867–1918 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der Abgeordneten 1871–1918. – Berlin: W. Moeser 1871–1919 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Herrenhauses 1871–1918. – Berlin: Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei 1871–1919 Strafgesetzbuch Straße studiosus technicae Schriften des Vereins für Socialpolitik Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich, 4 Bände (Schriften des Vereins für Socialpolitik 84–87). – Leipzig: Duncker & Humblot 1899
Schulthess 1895 Schulthess 1896 Schulthess 1897 Schulthess 1898 Sekt. sen. Sept. Sess. Sh. sic! Sige Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II
s. M. sog., sogen. Sp. span., Span. SPD Sr. SS St., St, Ste StA Statist. Steierm. LA Sten. Ber.
Sten. Ber. pr. AH
Sten. Ber. pr. HH
StGB str. stud. techn. SVfSP SVfSP 84–87
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
XXIX
s.Z., s.Zt. s.v. SW
seiner Zeit sub verbo, sub voce (unter dem [Stich-]Wort) Südwesten (Berliner Postbezirk)
TH Tit. Tl. Ts.
Technische Hochschule Titel, Titulatur Transliteration Taunus
u., u u.a., u.A. UA u.ä. UB u. dgl. u.d.T. u.Umst. umgearb. undat. Univ. Univ. Diss. unpag. u.ö. USA USPD usw., u.s.w. UVK
und und andere, und Andere, unter anderem, unter Anderem Universitätsarchiv und ähnliches Universitätsbibliothek und dergleichen unter dem Titel unter Umständen umgearbeitete undatiert Universität, University Universitätsdissertation unpaginiert und öfters United States of America Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands und so weiter Universitätsverlag Konstanz
v v. VA v.d. V. f. Soz. Politik, V.f.S.P. verb. Verf. verfl. verm. verm. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen
verso von Verlagsarchiv vor der, vor dem Verein für Sozialpolitik (Socialpolitik) verbessert(e) Verfasser verflucht vermählt vermehrt(e) Ankündigung der Vorlesungen welche im Sommer [Winter]Halbjahre 1895 [–1898] auf der Großherzoglich Badischen Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau gehalten werden. – Freiburg i. B.: Universitäts-Buchdruckerei von Chr. Lehmann 1895–1898 Anzeige der Vorlesungen, welche im Sommer [Winter]-Halbjahr 1896 [–1902] auf der Großherzoglichen Badischen Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg gehalten werden sollen. – Heidelberg: Universitäts-Buchdruckerei von J. Hörning 1896–1902 vergleiche vorigen Jahres vorigen Monats volume, volumes
Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen
vgl. v.J. v.Mts., v. M. vol., vols.
XXX
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Volksw.
Volkswirtschaftliches (Seminar)
W. Wbg. W.C., W.=C. Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus
Weber Württemberg Water Closet Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus und sein Verhältnis zur Marx’schen Doktrin (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 4, Heft 3). – Tübingen u.a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1900 Weber, Marianne, Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild, 3. Aufl. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1984 (Nachdruck der Lebensbild3 1. Aufl., ebd. 1926) Weber, Max, Nationalstaat Weber, Max, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. und VolkswirtschaftsAkademische Antrittsrede. – Freiburg i.B. und Leipzig: Akadepolitik mische Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1895 (MWG I/4, S. 543–574) Wirkl. Geh. Rat Wirklicher Geheimer Rat, Geheimrat WS, W.S. Wintersemester Z. z. z.B. ZfGO z. H. ZHR zit. Ztg, ztg z.Z., z. Zeit
Zeile zum, zur zum Beispiel Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins zu Händen Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht zitiert Zeitung zur Zeit
Max Weber 1897 Generallandesarchiv Karlsruhe, Badische Historische Kommission Auf dieses Bild bezieht sich Weber unten, S. 260.
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1. Zum biographischen Kontext, S. 1. – a) Schwerpunkte in der Wissenschaft, S. 1. – b) Der akademische Kontext des Briefwerkes, S. 8. – c) Max Webers politische Ambitionen, S. 15. – d) Zur privaten Lebenssphäre, S. 18. – 2. Zur Überlieferung und Edition, S. 36.
Der Band umfaßt die überlieferten Briefe Max Webers aus den Jahren 1895 bis 1902. Wir wissen, daß nicht alle Briefe erhalten sind. Zum einen wurden Briefe vernichtet, die das Zerwürfnis mit seinem Vater betrafen, zum anderen wurden nachweislich Briefpassagen über Max Webers Krankheit getilgt.1 Dennoch bieten die hier edierten Briefe einen aufschlußreichen Einblick in seine wissenschaftliche und akademische Tätigkeit, seine politischen Ambitionen sowie seine persönliche Entwicklung in einer weichenstellenden Lebensphase.
1. Zum biographischen Kontext a) Schwerpunkte in der Wissenschaft Max Webers Lebensabschnitt zwischen 1895 und 1902 wurde geprägt durch den Beginn seiner Lehrtätigkeit als ordentlicher Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Freiburg i. Br., dem kurz darauffolgenden Wechsel auf den renommierten Lehrstuhl an der Universität Heidelberg 1897 und der im Sommer 1898 einsetzenden Erkrankung, die zu seinem Rückzug aus der universitären Lehre und seiner grundlegenden wissenschaftlichen Umorientierung führte. Als Max Weber im Herbst 1894 seine Professur in Freiburg antrat, bedeutete dies nicht nur einen Wechsel vom politischen Zentrum des Kaiserreichs an die Peripherie, sondern auch einen Fachwechsel von der Jurisprudenz zur Nationalökonomie. Die Einarbeitung in den neuen Stoff und die umfangreichen Lehrverpflichtungen stellten ihn vor große Herausforderungen. Dennoch verfolgte er auch weiterhin neben seinen neuen universitären Verpflichtungen seine bisherigen speziellen wissenschaftlichen Interessen. Die bevorstehende Reform der Börsengesetzgebung lenkte Max Webers Interesse auf diesen Bereich im Schnittpunkt von Wissenschaft und Politik
1 Vgl. unten, S. 36.
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und band einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Schaffenskraft in den Jahren 1895 und 1896. Er lehnte die geplanten und schließlich auf Druck großagrarischer Interessenvertreter umgesetzten Reglementierungen der Börsen und ihrer Geschäfte aus politischen Gründen ab, weil er davon ausging, daß diese Eingriffe zu einer Schwächung des Wirtschaftsbürgertums und des Handelsplatzes Berlin führen würden.2 Bereits 1894 hatte er für Friedrich Naumanns populärwissenschaftliche Göttinger Arbeiterbibliothek das erste Doppelheft „Die Börse. I. Zweck und äußere Organisation der Börsen“ veröffentlicht. Gleichzeitig hatte er seine Arbeit an der ersten Lieferung seiner Aufsätze über die Ergebnisse der Börsenenquetekommission, der vom Reichskanzler einberufenen Sachverständigenkonferenz zur Vorbereitung der Börsenreform, begonnen. 1895 und 1896 setzte er die Arbeit daran in Freiburg intensiv fort, und es erschienen die sich schließlich auf mehrere hundert Seiten belaufenden weiteren Folgen „Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete“, das zweite Doppelheft „Die Börse. II. Der Börsenverkehr“ in der Göttinger Arbeiterbibliothek sowie zwei Artikel zum Börsenwesen im allgemeinen und zu einzelnen Aspekten des Börsenhandels. Weil er auch seine Vortragstätigkeit dazu in Berlin von Freiburg aus fortsetzte, erwarb er sich zunehmend einen Namen als Experte auf diesem Gebiet, sodaß er im November 1896 vom Reichsamt des Innern in den provisorischen Börsenausschuß in Berlin berufen wurde. Nach Verabschiedung des Börsengesetzes im Juni 1896 war dieser Ausschuß gebildet worden, um im Bereich des Börsenhandels bis zum Inkrafttreten des Börsengesetzes am 1. Januar 1897 einheitliche Bestimmungen für den Bundesrat auszuarbeiten. Mit der Aussicht, nicht mehr nur als Beobachter, sondern als wissenschaftlicher Berater tätig zu werden, verband Max Weber die Hoffnung, wieder stärker von der politischen Peripherie in das Zentrum des Kaiserreichs und von der rein wissenschaftlichen Tätigkeit in die Politik rücken zu können. In seinen Briefen schlagen sich diese Erwartungen nieder. Er nahm die Berufung in den provisorischen Börsenausschuß umgehend an.3 An den Beratungen nahm er vom 19. bis 26. November 1896 teil, wurde mit der Berichterstattung der zunächst tagenden Subkommission und schließlich mit dem allgemeinen Abschlußbericht an den Reichskanzler über die Denkschriften zur Produktenbörse betraut. Da sich darin eine hohe Wertschätzung seiner Urteilskraft in der finanzrechtlich und finanzpolitisch höchst komplexen Materie spiegelte, rechnete er fest damit, nach Inkrafttreten des Börsengesetzes auch in den nunmehr sogenannten definitiven Börsenausschuß aufge2 Vgl. Borchardt, Knut, Einleitung, in: MWG I/5, S. 1 f. Alle im folgenden zitierten Schriften und Reden Max Webers zwischen 1893 und 1898 zum Börsenwesen sind ediert in MWG I/5. 3 Telegramm an das Reichsamt des Innern vom 7. Nov. 1896, unten, S. 221 f., mit Editorischer Vorbemerkung.
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nommen zu werden. Am 1. Januar 1897 schrieb er dem Berliner Nationalökonomen Adolph Wagner, er hoffe, ihn bald wiederzusehen, und fügte halb im Spaß, halb im Ernst hinzu, „wenn nicht Graf Arnim mit seinen Myrmidonen vorher dafür sorgt, daß so ,börsenfreundliche‘ Professoren nicht wieder in den Börsenausschuß kommen“.4 Tatsächlich wurde Max Weber auf Grund der Kritik aus agrarischen Kreisen nicht wieder berufen.5 Wie groß die damit für ihn verbundene Enttäuschung war, läßt sich schwer sagen. Jedenfalls veröffentlichte er 1897 nur noch zwei Artikel, zum Börsengesetz und zum Bankdepotgesetz von 1896. Eine Vortragsreihe zu „Geschichte und Organisation der Börse“ folgte im Januar und Februar 1898. Sein Urteil über das Börsengesetz und das damit verbundene Verbot des Terminhandels in Getreide änderte er nicht: „Mit dessen gesetzlichem Totschlag in Deutschland“, so schrieb er dem badischen Agrarpolitiker und Finanzminister Adolf Buchenberger am 26. Juli 1899,6 „haben wir die deutsche Preisbildung nicht dem Einfluß der Spekulation entzogen, sondern wesentlich nur an die Stelle des deutschen, durch die deutsche Gesetzgebung zu beeinflussenden Platzes Berlin den Platz New York gesetzt und dessen Übermacht den deutschen Effektivplätzen gegenüber, die früher in Berlin ein Gegengewicht fand, gesteigert“. Es ist dies die letzte ausführliche und inhaltlich gehaltvolle Äußerung Max Webers zur Börsenpolitik, die wir kennen.7 Seit 1896 behandelte er wieder Themen zur Geschichte des Altertums; mit einer Reihe von Veröffentlichungen knüpfte er an seine Habilitationsschrift zur römischen Agrargeschichte von 1891 an.8 Im Mai 1896 erschien sein Aufsatz über „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“,9 der auf einem populärwissenschaftlichen Vortrag in der „Akademischen Gesellschaft“ in Freiburg fußte und den Bogen von der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte zu kulturgeschichtlichen Fragestellungen der Antike schlug. 1897 folgte sein Beitrag „Agrarverhältnisse im Altertum“ für das Handwörterbuch der Staatswissenschaften in der ersten Auflage, bereits 1898 erschien die zweite, erweiterte Neufassung.10 Max Webers Briefe an den amerikanischen Nationalökonomen Edwin R. A. Seligman vom 22. März 1897 sowie an den Heidelberger Assyriologen Carl Bezold vom 15. Mai 1898 geben Hinweise auf den Entstehungszeitraum und -kontext dieser beiden Handwörterbucharti-
4 Brief an Adolph Wagner vom 1. Jan. 1897, unten, S. 272. 5 Vgl. eingehend dazu Borchardt, Knut, Einleitung, in: MWG I/5, S. 84–86. 6 Unten, S. 689 f. 7 Vgl. Borchardt, Knut, Einleitung, in: MWG I/5, S. 105–108. 8 Weber, Max, Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht (MWG I/2). 9 Ediert in: MWG I/6, S. 82–127. 10 Beide Fassungen ediert in: ebd., S. 128–227.
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kel.11 In zwei Briefen an seinen Heidelberger Kollegen, den Kunsthistoriker, Byzantinisten und Kenner Jacob Burckhardts, Carl Neumann, wird darüber hinaus Max Webers Interesse an der „Kulturentwicklung und – noch mehr – dem Kulturniedergang des Altertums“, d. h. an kulturgeschichtlichen Fragestellungen, deutlich.12 1901, während seiner Krankheit in Rom Erholung suchend, vertiefte er sich weiter in das Studium der antiken Kulturentwicklung, indem er intensiv Jacob Burckhardt las, mit dem verglichen er sich als „ein ökonomischer Banause“ bezeichnete.13 Auch in der zweiten Hälfte der 1890er Jahre prägte Max Weber die aktuelle Diskussion zu agrarpolitischen Themen; er verlieh ihr einerseits durch seine rechtshistorisch und nationalökonomisch fundierten Beiträge wissenschaftliche Tiefenschärfe, und andererseits erwarb er durch seine nationalpolitisch zugespitzten Reden öffentliche Aufmerksamkeit. In einer Reihe von Artikeln nahm er Stellung zu Gesetzesvorhaben zum Erbrecht und Heimstättenrecht.14 Seine grundsätzliche Haltung zur Frage des ländlichen Erbrechts und einer rechtlichen Einschränkung der individuellen Verfügungsfreiheit des bäuerlichen Erblassers legte er in diesem Zusammenhang auch in einem Schreiben an Lujo Brentano dar. Während der Münchener Nationalökonom von einem wirtschaftsliberalen Standpunkt aus argumentierend jegliche, mit einer Reaktivierung des Anerbenrechts verbundenen Beschränkungen ablehnte, befürwortete Max Weber unter gewissen Bedingungen Eingriffe in die individuelle Verfügungsgewalt des Grundeigentümers.15 In zahlreichen populärwissenschaftlichen Vorträgen und Vortragsreihen nahm er darüber hinaus zu weiteren Fragen der Agrarverfassung und Entwicklung der Bodenverteilung in den preußischen Ostprovinzen Stellung. Die dicht aufeinander folgenden Vorträge der Jahre 1894 bis 1897 in Berlin, Frankfurt am Main, Freiburg, Gießen, Karlsruhe, Mannheim, Saarbrücken und Straßburg auf Einladung der unterschiedlichsten Vereine und Vereinigungen16 zeigen nicht nur seine rastlose Reisetätigkeit, sondern auch sein hohes Engagement, mit seinen nationalökonomischen und juristischen Kenntnissen in der Öffentlichkeit zu wirken und dabei auch seine nationalpolitischen Ziele weiterhin zu verfolgen. In den Korrespondenzen hat sich diese Vortragstätigkeit nur am Rande 11 Vgl. unten, S. 302 f., 488, sowie Deininger, Jürgen, Editorischer Bericht, ebd., S. 130 f. 12 Brief an Carl Neumann vom 14. März 1898, unten, S. 473 f. 13 Brief an Carl Neumann vom 11. Nov. 1901, unten, S. 797; zu Max Webers Lektüre in Rom vgl. unten, S. 29–32. 14 Ediert in: MWG I/4, S. 586–596, sowie S. 641–666. 15 Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, unten, S. 162–164; vgl. dazu auch Max Webers Briefe an Hans Delbrück vom 30. Juli 1897, unten, S. 374 f., sowie an Adolf Buchenberger vom 26. Juli 1899, unten, S. 689–691. 16 Dokumentiert und ediert in: MWG I/4, II. Berichte über Reden und Diskussionsbeiträge, S. 715–855.
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in gelegentlichen Hinweisen niedergeschlagen.17 Allerdings befassen sich zwei Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 19. und 24. Juni 189718 eingehend mit konkreten Planungen zu einem sozialwissenschaftlichen Kursus, der im Oktober 1897 in Karlsruhe veranstaltet wurde. Die Einbindung Max Webers in Vortragsreihen dieser Art erfolgte oftmals über lokale evangelisch-soziale Vereine, in denen er selbst in Freiburg zusammen mit seinem Fachkollegen Gerhart von Schulze-Gaevernitz und dem zu diesem Zeitpunkt noch in Freiburg wirkenden Verleger Paul Siebeck engagiert war. So lud er im Auftrag der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden am 29. April 1896 Friedrich Naumann zu einem Vortrag nach Freiburg ein und erläuterte diesem zugleich seine Vorstellungen: Naumann möge sich „keinesfalls an rein ethische Erörterungen binden, sondern auch gewisse Grundzüge programmatischen Charakters erkennen lassen z. B. meinem allgemeinen Empfinden nach etwa dem Gegensatz gegen den ökonomischen Patriarchalismus deutlichen Ausdruck verleihen“.19 In die Freiburger Zeit fällt auch das wichtigste Dokument des in nationalstaatlichen Wertebezügen denkenden jungen Gelehrten, Max Webers am 13. Mai 1895 an der Universität gehaltene Antrittsrede „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“.20 Die Antrittsrede bezog ihre Brisanz aus der Kombination von wissenschaftlichen (agrarstatistischen) Analysen, methodischen Überlegungen zum Verhältnis von Tatsachenaussagen und Werturteilen sowie eigenen politischen Forderungen. Für eine universitäre Antrittsrede war diese Verbindung mehr als ungewöhnlich. So berichtete er wenige Tage später seinem Bruder Alfred Weber über das „Entsetzen“, das er mit der „Brutalität“ seiner Ansichten erregt habe und kündigte eine Publikation an.21 Das agrarstatistische Forschungsprogramm, das in der Antrittsrede eingangs implizit enthalten war, trat angesichts seiner politischen Provokationen und der Reaktionen darauf in den Hintergrund. Doch hat es Max Weber selber mit großer Beharrlichkeit weiterverfolgt, wenn auch der Abschluß, den er sich gewünscht hätte, nicht zu Stande kam. Seit dem Frühjahr 1896 mehren sich die Hinweise darauf, daß er wieder an größeren agrarpolitischen Studien gearbeitet hat. Dafür nahm er anscheinend 17 Vgl. die Briefe an Karl Oldenberg vom 18. Jan. 1895, an Friedrich Naumann vom 22. Sept. 1895 und 9. Dez. 1896 sowie an Lujo Brentano vom 12. Jan. 1897, unten, S. 60–62, 147 f., 240, 276. 18 Unten, S. 348 f., 356–358. 19 Brief an Friedrich Naumann vom 29. Apr. 1896, unten, S. 193 f. 20 Ediert in: MWG I/4, S. 535–574, vgl. dazu auch Aldenhoff, Rita, Nationalökonomie, Nationalstaat und Werturteile. Wissenschaftskritik in Max Webers Freiburger Antrittsrede im Kontext der Wissenschaftsdebatten der 1890er Jahre, in: Sprenger, Gerhard (Hg.), Deutsche Rechts- und Sozialphilosophie um 1900 (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 43). – Stuttgart: Franz Steiner 1991, S. 79–90. 21 Brief an Alfred Weber vom 17. Mai 1895, unten, S. 82.
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auch die Verzögerung beim Erscheinen der letzten Lieferung der „Ergebnisse der deutschen Börsenenquete“ bis nach der Verabschiedung des Börsengesetzes im Juni 1896 in Kauf.22 Bereits 1894/95 hatte er Material zur Bevölkerungsentwicklung in den östlichen Provinzen Preußens gesammelt und in Bezug zu den jeweils am Ort vorherrschenden landwirtschaftlichen Betriebsgrößen gesetzt. Es waren Teile dieses Materials, die er in der „Antrittsrede“ eingangs als sein implizites Forschungsprogramm präsentierte. Diese Studien wollte er auch auf die westlichen Provinzen Preußens ausdehnen. Sein Ziel war zu zeigen, daß der landwirtschaftliche Großgrundbesitz im Osten das Land entvölkere und es zugleich dem Zuzug polnischer Landarbeiter und Bauern überließ, wohingegen die bäuerliche Besitzstruktur im Westen zur Bevölkerungsstabilität führe. Nach der Jahrhundertwende formulierte er seine Forschungsabsicht im Rückblick weniger nationalpolitisch als gesellschaftskritisch, indem er von „einer größeren agrarstatistischen Arbeit über den landwirtschaftlichen Kapitalismus“ sprach, die er damals geplant und für die er Zahlenmaterial zusammengestellt und errechnet habe.23 So ist seit dem Frühjahr 1896 in seinen Briefen immer wieder die Rede von einer „Einführung in die Agrarpolitik“, möglicherweise einer Vorstudie zur großen agrarstatistischen Arbeit,24 von umfangreichen agrarstatistischen Rechenoperationen und „einem dicken Buch“, zu dem er „wohl in absehbarer Zeit“ kommen werde.25 Dem Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) kündigte er im Herbst 1897 ein Heft „Zur preußischen Agrarpolitik“ an.26 Inwieweit dieses im Zusammenhang mit der geplanten agrarstatistischen Studie stand oder noch mit Auswertungen der 1892/93 vom Evangelisch-sozialen Kongreß durchgeführten Erhebung über die Lage der Landarbeiter, ist nicht ganz eindeutig. Letzteres ist aber eher unwahrscheinlich, da sich Max Weber von der Auswertung der Enquete zurückzog, das Material seinen Doktoranden überließ und eine eigens für die Publikation der Arbeiten gedachte Reihe gründete.27 Darüber hinaus nahm er ein Angebot Friedrich Meineckes und des Oldenbourg-Verlags an, eine „Deutsche Agrargeschichte“ zu verfassen. Mit dem Verlag handelte er aus, wie sich aus den Korrespondenzen des Verlags an ihn ergibt, erst ab Sommer 1899 mit der Arbeit zu beginnen.28
22 Vgl. dazu Borchardt, Knut, Einleitung, in: MWG I/5, S. 104. 23 Weber, Max, Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur Fideikommißfrage in Preußen, in: MWG I/8, S. 93, Fn. 1; vgl. ausführlich zu diesem Projekt sowie Max Webers weiteren, im folgenden genannten agrarstatistischen Plänen: Aldenhoff-Hübinger, Rita, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39. 24 Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, unten, S. 164. 25 Brief an Helene Weber vom 2. Mai 1896, unten, S. 195–197. 26 Brief an Paul Siebeck, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, unten, S. 435. 27 Vgl. ausführlich dazu unten, S. 11 f. 28 Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 24. März 1896, unten, S. 169, Anm. 12.
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Max Weber hat schließlich keine „Deutsche Agrargeschichte“ verfaßt; das errechnete und bearbeitete agrarstatistische Material verwendete er zunächst in verschiedenen Vorträgen, seinem Gutachten zum Heimstättenrecht sowie in seinen Vorlesungen zur Agrarpolitik. Trotz seiner sich seit Sommer 1898 verschärfenden Erkrankung hielt er noch lange an seinem Plan einer Arbeit über den landwirtschaftlichen Kapitalismus fest. Noch während des Aufenthalts im Sanatorium „Konstanzer Hof“ versicherte er sich der Hilfe Marianne Webers: „Bei dem Zusammenarbeiten dachte ich egoistischer Weise auch an meine Sachen, und zwar nicht etwa wieder nur als Schreib-Sekretär oder als Rechenmaschine. Ich muß an meine agrarpolitische Arbeit gehen, sobald ich gesund bin“.29 Seinem Verleger Paul Siebeck gegenüber erwähnte er noch 1902 seine „längst begonnenen größeren agrarpolitischen Arbeiten“, es würden aber „immerhin 2–3 Jahre verstreichen, bevor ich mit einer größeren Arbeit zur Publikation fertig bin.“30 Weber hat das von ihm zusammengestellte und berechnete agrarstatistische Material abschließend 1904 in seinem Aufsatz „Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur Fideikommißfrage in Preußen“ verarbeitet.31 Dem Verein für Socialpolitik blieb Max Weber als Mitglied im Ausschuß verbunden.32 Er befaßte sich jedoch nur am Rande mit der neuen Erhebung, die der Verein zwischen 1897 und 1899 über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich durchführte. Anders als sein Bruder Alfred, der an der Enquete maßgeblich beteiligt und für ihre Organisation und Durchführung verantwortlich war, beschränkte er sich darauf, in Absprache mit Carl Johannes Fuchs, seinem Nachfolger in Freiburg, Bearbeiter für den südwestdeutschen Einzugsbereich zu finden. Vier Beiträge zur Heimarbei-
29 Brief an Marianne Weber vom 13. Aug. 1898, unten, S. 554 f. 30 Brief an Paul Siebeck vom 8. März 1902, unten, S. 809 f. 31 Ediert in: MWG I/8, S. 81–188, hier S. 93, Fn. 1. 32 Nach Franz Boese, Geschichte des Vereins für Sozialpolitik 1872–1932. – Berlin: Duncker & Humblot 1939 (hinfort: Boese, Geschichte), hier S. 69, wurde Weber im März 1893 auf der Ausschußsitzung erstmalig kooptiert und im September 1894 wiedergewählt (vgl. den Brief Max Webers an Gustav Schmoller vom 27. März 1893, GStA PK, I. HA, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 85; MWG II/2, in dem er die Wahl in den Ausschuß dankend annahm, sowie den Brief an Gustav Schmoller vom 6. Okt. 1894 zur Wiederwahl, GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 69, Bl. 201–202; MWG II/2). Für die Ausschußsitzung im Frühjahr 1895 in Berlin entschuldigte sich Weber (Brief an Gustav Schmoller vom 15. März 1895, unten, S. 78). In der Ausschußsitzung vom 22. März 1896 war er wieder anwesend (vgl. dazu den Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, unten, S. 164, Anm. 5, sowie Boese, Geschichte (wie oben), S. 79). Seine Teilnahme an der Ausschußsitzung vom 20. März 1898 sagte er kurzfristig ab (Brief an Alfred Weber vom 18. Febr. 1898, unten, S. 470, Anm. 1), wohingegen er auf der Ausschußsitzung vom 3. Januar 1899 wieder vertreten war (GStA PK, I. HA, Rep. 196, Nr. 99, Bl. 51–54).
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terenquete gehen auf Max Webers Schüler Albert Baer, Wilhelm Fuchs und Otto Reinhard zurück.33 b) Der akademische Kontext des Briefwerkes Die Briefe geben Einblick in Max Webers Hochschullehrertätigkeit in Freiburg i. Br. und in Heidelberg. Max Weber trat im Wintersemester 1894/95 seine Professur für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Freiburg an, wo er bis zu seinem Wechsel an die Universität in Heidelberg am 1. April 1897 lehrte. Die Universität Freiburg formte Max Weber nachhaltig durch sein Engagement. Er stärkte die Philosophische Fakultät durch die von ihm geförderte Ernennung des Neukantianers Heinrich Rickert zum o. Professor der Philosophie im September 1896.34 Noch entscheidender war die von ihm betriebene Ausgliederung der Staatswissenschaften aus der Philosophischen Fakultät und die Gründung einer neuen Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, die zum 1. Juni 1896 erfolgte. Dadurch verhalf er dem noch jungen Fach der Nationalökonomie zu mehr Eigenständigkeit und Anerkennung im tradierten Fächerkanon.35 Noch während seiner Freiburger Zeit wurde Max Weber in die renommierte „Badische Historische Kommission“ mit Sitz in Karlsruhe gewählt.36 Die Kommission zeichnete sich durch die biographische Erschließung bedeutender Persönlichkeiten sowie die Bearbeitung allgemein- und wirtschaftshistorisch relevanter Themen und Quellen zur badischen Landesgeschichte aus. Seit Herbst 1896 zeichnete sich seine Berufung zum Nachfolger von Karl Knies nach Heidelberg ab.37 Nach kurzen, zielstrebig geführten Berufungsverhandlungen wurde er am 7. Januar 1897 zum Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Heidelberg ernannt. In seinen Berufungsverhandlungen legte er besonderen Wert auf die Errichtung eines eigenständigen volkswirtschaftlichen Seminars nach dem Modell des von ihm gemeinsam mit Gerhart von Schulze-Gaevernitz geleiteten Kameralistischen Seminars in Freiburg. Diese für ihn wichtigste Bedingung wurde erfüllt; Max Weber wurde neben dem Staatsrechtler Georg Jellinek Direktor des bestehenden, älteren Staatswissenschaftlichen Seminars. Zugleich wurde zusätz33 Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, unten, S. 489–491, mit Editorischer Vorbemerkung. 34 Brief an Friedrich Kluge vom 22. Dez. 1895, unten, S. 155–160, mit Editorischer Vorbemerkung. 35 Brief an Friedrich Kluge vom 9. Mai 1896, unten, S. 198 f., mit Editorischer Vorbemerkung. 36 Brief an Friedrich von Weech vom 9. Dez. 1896, unten, S. 242 f., mit Editorischer Vorbemerkung. 37 Brief an Adolf Hausrath vom 15. Okt. 1896, unten, S. 216–218, mit Editorischer Vorbemerkung.
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lich das neue Volkswirtschaftliche Seminar unter seiner Leitung gegründet und großzügig mit Räumen ausgestattet. Dazu gehörte eine Bibliothek der Nationalökonomie, die die Eigenständigkeit des Fachs unterstrich und die für Max Weber zugleich als ein Ort des Lernens, Forschens und der Begegnung mit seinen Schülern von zentraler Bedeutung wurde.38 Nicht durchsetzen konnte er sich dagegen mit seiner Forderung nach einer Neufassung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens. Anders als in Freiburg, wo mit der Errichtung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät auch der neue Doktorgrad, Dr. iur. et rer. pol., verliehen wurde, gelang Max Weber in Heidelberg keine vergleichbare Umstrukturierung. Der Doktortitel für das Fach Nationalökonomie wurde weiterhin durch die Philosophische Fakultät verliehen, und zwar auch in den Fällen, wo keine Mitglieder der Philosophischen Fakultät, sondern ausschließlich Mitglieder der Juristischen Fakultät und des Staatswissenschaftlichen Seminars an den Prüfungen beteiligt waren, was je nach Wahl der Prüfungsfächer möglich war. Max Weber sah darin eine deutliche Herabminderung seines Faches: „Es ist nicht nur meine Meinung, daß durch eine Perpetuierung eines solchen Zustandes der Werth des Heidelberger volkswirtschaftlichen Doktorgrades und auch der Werth der Heidelberger volkswirthschaftlichen Lehrstelle gedrückt wird.“39 Von Beginn seiner Heidelberger Zeit an forderte Max Weber die Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur, zuerst als Umwandlung der von dem Heidelberger Nationalökonomen Emanuel Leser bekleideten außerordentlichen Professur in eine außerordentliche etatmäßige (besoldete) Stelle.40 Später rückte dann die Forderung nach einer zweiten ordentlichen Professur in den Vordergrund. Mit Hinweis auf die zweite Landesuniversität Freiburg, wo er 1896 die Umwandlung der außerordentlichen Professur Gerhart von Schulze-Gaevernitz‘ in eine ordentliche Professur erreicht hatte, beantragte Max Weber im Mai 1899 bei der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg die Bewilligung eines zusätzlichen Ordinariats: „Daß diese zweite Stelle als Ordinariat geschaffen werde[,] erscheint nicht nur im Interesse des Ansehens der Hochschule dringend erwünscht, nachdem nicht nur die andre Landesuniversität, sondern auch fremde kleinere Hochschulen zwei Ordinariate besitzen, sondern ist auch das geeignetste Mittel[,] den in 38 Briefe an Ludwig Arnsperger vom 15. Dez. 1896, sowie an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, unten, S. 248– 254, 304–309, jeweils mit Editorischer Vorbemerkung; vgl. auch zur Bedeutung der Seminare: Mommsen, Wolfgang J., Einleitung, in: MWG III/1, S. 18 f. 39 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, unten, S. 308 f. 40 Stellungnahme betr. Errichtung eines Extraordinariats an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg (7. November 1898), Universitätsarchiv Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 84v und 85r (MWG I/13); vgl. auch Max Webers Brief an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 1. Juni 1897, unten, S. 334, Anm. 2.
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erfreulichem Aufschwung begriffenen seminaristischen Unterricht weiter zu fördern.“41 Erst als Max Webers Krankheit fortschritt und ihn zunehmend unfähig zur Lehre machte, gab das Karlsruher Ministerium dieser Forderung nach und ernannte schließlich im Mai 1900 Karl Rathgen zum zweiten ordentlichen Professor der Nationalökonomie in Heidelberg. Max Webers Briefe, die er im Zusammenhang mit seinem ersten (nicht angenommenen) Entlassungsgesuch zwischen dem 7. Januar 1900 und der endgültigen Entscheidung des Ministeriums, Karl Rathgen zu berufen, verfaßte, spiegeln eindrücklich seine Sorge darüber wider, das Fach Nationalökonomie in Heidelberg auch weiterhin angemessen vertreten zu sehen.42 Bereits in seiner Freiburger Zeit hatte Max Weber zahlreiche Schüler um sich sammeln können.43 Die daraus hervorgegangenen Doktorarbeiten bewegten sich im Bereich der Wirtschaftsgeschichte, besonders der Agrargeschichte, der Gewerbe- und Handelsgeschichte, der Geschichte der Arbeiterfrage und -bewegung sowie der Arbeiterschutzgesetzgebung. Um seinem Schülerkreis die Möglichkeit der Publikation ihrer Arbeiten zu eröffnen, trat er an den Verleger Paul Siebeck heran. Als Resultat dieser Verhandlungen, in denen Max Weber federführend war, schlossen sich die in Karlsruhe, Freiburg und Heidelberg lehrenden Nationalökonomen zusammen und begründeten die Reihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“.44 Neben Max Weber, der die Heidelberger Nationalökonomie vertrat, wirkten als Herausgeber Heinrich Herkner (Karlsruhe), Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz (beide Freiburg) mit. 1898 schied Heinrich Herkner auf Grund seiner Berufung nach Zürich aus; 1901 trat als zweiter Heidelberger Nationalökonom Karl Rathgen in das Herausgebergremium ein. Zwischen 1897 und 1902 erschienen unter Max Webers Mitherausgeberschaft 22 Hefte in sechs Bänden; bei zehn Heften handelte es sich um von ihm direkt betreute Dissertationen bzw. anderweitig geförderte Publikationen.45 Die Korrespondenz mit den Mitherausgebern war oftmals gekenn41 Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg (Mai 1899), Universitätsarchiv Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 240 (MWG I/13). 42 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, unten, S. 711–714, bes. S. 713. 43 Vgl. ausführlich dazu Aldenhoff-Hübinger, Rita, Einleitung, in: MWG III/4, S. 11–18, sowie dies., Einleitung, in: MWG III/5, S. 14–23. 44 Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, unten, S. 317 f., mit Editorischer Vorbemerkung; vgl. auch die im Anhang, unten, S. 898–903, abgedruckten Verlagsverträge. 45 Vgl. dazu die Vereinbarungen mit dem Verlag (Brief an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, unten, S. 615 f., Anm. 7); zu den von Max Weber geförderten Arbeiten gehörten außer den hier genannten: Borgius, Mannheim I und II; Sieveking, Genueser Finanzwesen, I und II; Liefmann, Unternehmerverbände, sowie Liefmann, Robert,
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zeichnet von Streitigkeiten über den Umfang der jeweiligen Hefte und den Raum, der den beiden Freiburgern einerseits und Max Weber, der ja bis 1901 der einzige Heidelberger Herausgeber war, andererseits zuzubilligen sei.46 Da Max Weber auch weiterhin die Verhandlungen mit dem Verlag führte, bildet die Verlagskorrespondenz einen Großteil seines Briefwerkes in den Jahren 1898 und 1899. Sie weist ihn als zähen, aber auch humorvollen Verhandlungspartner Paul Siebecks aus. Zwischen ihm und dem Verleger entwickelte sich so im Lauf der Jahre ein vertrauensvolles Verhältnis. Ursprünglich waren neben Dissertationen auch Beiträge der Herausgeber vorgesehen, so hatte, wie bereits erwähnt,47 Max Weber im Herbst 1897 ein Heft „Zur preußischen Agrarpolitik“ angekündigt. Jedoch lieferten weder er noch die anderen Herausgeber eigene Beiträge, so daß Paul Siebeck hinnehmen mußte, daß sich die „Abhandlungen“ unter dem Einfluß des Agrarhistorikers Carl Johannes Fuchs zunehmend in eine Reihe mit „hyperbadischen Beiträge[n] aus dem Fuchs‘schen Seminar“ mit schwindenden Absatzzahlen entwickelten.48 Dazu hat sicher auch Max Webers Erkrankung und Unfähigkeit, eigene Beiträge zu verfassen, beigetragen. 1902 zog sich Paul Siebeck daher aus dem Unternehmen zurück und übersandte Max Weber seine Aufkündigung des Verlagsvertrags.49 An Paul Siebecks Erklärung, daß er mit ihm und Karl Rathgen „gern weitergearbeitet hätte“,50 knüpfte Max Weber 1903 bei der Suche nach einem geeigneten Verlag für das neue „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ an. Neben den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ gab es noch eine weitere Reihe, die Max Weber zwischen 1899 und 1902 im Zusammenwirken mit Paul Siebeck herausgab: „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“.51 Sie basierte auf der Erhebung über die Lage der Landarbeiter im Deutschen Reich, die Max Weber 1892/93 gemeinsam mit Paul Göhre im Auftrag des Evangelisch-sozialen Kongresses bei evangelischen Pfarrern durchgeführt hatte. Max Weber selÜber Wesen und Formen des Verlags (der Hausindustrie). Ein Beitrag zur Kenntnis der volkswirtschaftlichen Organisationsformen (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 3, Heft 1). – Freiburg i. Br. u. a.: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1899. 46 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, unten, S. 607. 47 Oben, S. 6. 48 Paul Siebeck an Max Weber vom 4. Juni 1900 (Original im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Durchschlag in: VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 49 Brief an Paul Siebeck vom 8. März 1902, unten, S. 809–812. 50 Paul Siebeck an Max Weber vom 20. Sept. 1902, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 51 Vgl., auch zum Folgenden, den Editorischen Bericht zu Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands, in: MWG I/4, S. 687–692.
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ber war nicht mehr zu einer Auswertung der Materialien gekommen, sondern betraute damit Doktoranden, darunter Salli Goldschmidt, Andreas Grunenberg und Alfred Klee. Die daraus entstandenen Arbeiten erschienen im Verlag H. Laupp, der seit 1899 ebenfalls unter der Leitung Paul Siebecks stand. Max Weber selbst steuerte einen Werbetext und eine aufschlußreiche Vorbemerkung zum ersten Band bei,52 sein ursprünglich vorgesehenes Resümee erschien dagegen nicht.53 Die Landarbeiterreihe gab Max Weber in alleiniger Verantwortung heraus. Obwohl letztlich nur drei der insgesamt fünf vorgesehenen Hefte erschienen,54 nahmen die Aushandlung des Verlagsvertrages mit Paul Siebeck bzw. dem Verlag H. Laupp, sowie Fragen der Drucklegung und Honorierung zwischen September 1898 und 1902 in seinen Korrespondenzen einen breiten Raum ein. Die vollständig überlieferte Korrespondenz mit dem Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) informiert nicht nur über Max Webers Verhandlungsgeschick in geschäftlichen Belangen, sondern gibt auch einen Einblick in den Umgang mit seinen Schülern. Dies ist umso aufschlußreicher, als mit Ausnahme der Briefe an den Freiburger Habilitanden Heinrich Sieveking und den Heidelberger Doktoranden Alfred Klee keine weiteren Briefe an seine Schüler bekannt sind. Max Weber hat, soweit ihm dies seine Erkrankung seit Ende der 1890er Jahre erlaubte, deren Arbeiten intensiv betreut, durch Diskussionen im Seminar befördert und sogar selbst vor der Drucklegung in die Manuskripte eingegriffen und Passagen neu geschrieben.55 Wenn es nötig war, hat er sich im Streit um Autorenkorrekturen hinter seine Doktoranden gestellt und in besonderen Fällen auch die Kosten selbst übernommen.56 Eine besondere Rolle spielt die Korrespondenz mit anderen Gelehrten, insbesondere Nationalökonomen. Hierzu zählen zunächst aus Max Webers alten Berliner „Netzwerken“ Gustav Schmoller und Adolph Wagner, bei den jüngeren Berliner Nationalökonomen Karl Oldenberg und natürlich auch sein Bruder Alfred Weber. Weitere hervorragende Nationalökonomen, mit denen Weber in Kontakt stand, waren der Münchener Lujo Brentano und der Leipziger Karl Bücher. Häufig standen die Schreiben Max Webers im Zusammenhang mit Berufungsfragen. So holte er im Falle seiner Freiburger Nachfolge u.a. gutachterliche Stellungnahmen von Karl Bücher, Lujo Brentano und Adolph Wagner ein.57 Er selber gutachtete anläßlich der Nachfolge Heinrich 52 Ediert in: MWG I/4, S. 693–711. 53 Vgl. den Brief an den Verlag H. Laupp vom 12. Juni 1899, unten, S. 668. 54 Vgl. Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter, und Klee, Landarbeiter. 55 Vgl. die Briefe an Paul Siebeck vom 13. März 1898, unten, S. 471, sowie vom 3. Juni 1898, unten, S. 494. 56 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 1. Juli 1899, unten, S. 672 f. 57 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, unten, S. 255 f.
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Herkners in Karlsruhe 58 und der Errichtung eines zweiten Lehrstuhls für Nationalökonomie in Basel.59 Zahlreiche Briefe an seinen Freiburger Nachfolger Carl Johannes Fuchs zeugen von der engen Zusammenarbeit im Herausgebergremium der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Dagegen ist nur ein Brief Max Webers an denjenigen Nationalökonomen überliefert, dessen Berufung er mehrfach empfahl, weil er ihn für den begabtesten unter den jüngeren Ökonomen hielt: Werner Sombart.60 Max Weber setzte sich für Sombart als seinen Nachfolger in Freiburg ein;61 er hat ihn auch als zweiten Ordinarius der Nationalökonomie an seiner Seite in Heidelberg favorisiert.62 1897/99 plädierte er zudem nachdrücklich für Werner Sombart als Nachfolger Heinrich Herkners in Karlsruhe.63 Der akademische Kontext wäre unzureichend beschrieben ohne den Hinweis auf zwei Rufe, über die wir nur indirekt informiert sind. Max Weber hat die Rufe zwar nicht erhalten, war aber in die nähere Auswahl gekommen. Durch den Tod von Alexander Franken wurde am 4. Oktober 1896 die ordentliche Professur für deutsches Recht an der Juristischen Fakultät der Universität Jena frei. Laut Fakultätsprotokoll vom 13. Oktober 1896 kam die Juristische Fakultät überein, nachdem man sich „privatim“ an Max Weber gewendet habe, diesen, falls er sich dem Ansinnen nicht völlig verschließe, an erster Stelle vorzuschlagen.64 Inzwischen hatte Max Weber aber diese Voranfrage zurückgewiesen, da sich zur gleichen Zeit die Aussichten auf die Professur in Heidelberg konkretisierten. Über die Vorgänge sind wir aus einem Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 13. Oktober 1896 ausführlich informiert: „Außerdem fanden wir bei unserer Rückkehr noch etwas Wichtiges vor, nämlich eine vorläufige Anfrage aus Jena, ob Max eventuell eine germanistische Professur, die mit einer Richterstelle am Oberlandesgericht verknüpft ist übernehmen würde mit vorzüglichen Gehaltsbedingungen. Max hat vorläufig eine ziemlich ablehnende Antwort gegeben – aber ich merke, es beschäftigt ihn doch sehr [,] ob der Ruf nun wirklich kommt ist ja noch zweifelhaft, ob er ihn
58 Brief an Arthur Böhtlingk vom 8. Jan. 1899, unten, S. 625–628. 59 Brief an Heinrich David vom 5. Juli 1899, unten, S. 674–677. 60 Brief (Abschrift) an Werner Sombart vom 8. Febr. 1897, unten, S. 287–289. 61 Ebd., unten, S. 288, sowie den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, unten, S. 255–257; vgl. auch das mit den Marginalien Max Webers versehene Gutachten „Die Wiederbesetzung des erledigten Nationalökonomischen Ordinariats betr.“, Entwurf von 1896/97, UA Freiburg i. Br., B 110/405, Bl. 271–284 (MWG I/13). 62 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Ludwig Arnsperger vom 8. März 1900, unten, S. 729. 63 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Arthur Böhtlingk vom 8. Jan. 1899, unten, S. 625; vgl. auch: Lenger, Werner Sombart, S. 117. 64 Universitätsarchiv Jena, Bestand K, Nr. 387, Bl. 118v, hier zitiert nach der Auskunft des Universitätsarchivs Jena vom 18. August 2011.
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dann annimmt oder nicht ebenfalls. Heidelberg ist auch wieder mehr in Sicht, da Philippovich im voraus abgelehnt haben soll. Natürlich würde Max dann nach H[eidelberg] gehen – ich ginge beinahe lieber nach Jena, wenn wir schon noch fort müßten!“65 Tatsächlich wurde Max Weber auf seine „ziemlich ablehnende Antwort“ hin am 23. Oktober 1896 nicht auf die Berufungsliste gesetzt; ernannt wurde am 13. Februar 1897 stattdessen der Breslauer Jurist Alfred Schultze.66 Ein weiteres Mal war Max Weber im Gespräch als Nachfolger des renommierten Münchener Kulturhistorikers und Volkskundlers Wilhelm Heinrich Riehl. Nach dessen Tod sollte der Lehrstuhl für Kulturgeschichte und Statistik im Wintersemester 1897/98 neu besetzt werden. Als mögliche Nachfolger zog die Staatswirtschaftliche Fakultät – ohne Reihung und nur in alphabetischer Reihenfolge – Eberhard Gothein, Georg Friedrich Knapp, Karl Lamprecht und Max Weber in Betracht. Max Weber wurde als Vielversprechendster unter den jüngeren Nationalökonomen bezeichnet. Ihm wurde nicht nur eine erstaunliche und unerschöpfliche Arbeitskraft attestiert, sondern auch eine besondere Befähigung als Lehrer.67 Die Gründe dafür, daß Max Weber im weiteren Verlauf der Verhandlungen gar nicht mehr erwähnt wurde, sind nicht bekannt. Im Februar 1898 wurde der Statistiker und hohe Wissenschaftsbeamte Georg von Mayr auf den ordentlichen Lehrstuhl für Statistik, Finanzwissenschaft und Nationalökonomie berufen. Zugleich wurden die beiden Münchener Professoren Lujo Brentano von der Lehre der Finanzwissenschaft (zugunsten der Wirtschaftsgeschichte) und Walther Lotz von der Verpflichtung, die Statistik zu vertreten, befreit.68 Es ist zu vermuten, daß Lujo Brentano und Walther Lotz deshalb ein Interesse an der Berufung eines Statistikers und Finanzwissenschaftlers hatten. Max Weber hätte mit seiner Art der Forschung und Lehre keine Ergänzung bzw. Entlastung, sondern eine Konkurrenz dargestellt.
65 Marianne Weber an Helene Weber vom 13. Oktober 1896, Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 66 Universitätsarchiv Jena, Bestand K, Nr. 387, sowie Bestand BA, Nr. 413 (Auskunft des Universitätsarchivs Jena vom 21. Sept. 2011). Der von Marianne Weber zitierte Antwortbrief Max Webers ließ sich weder in den einschlägigen Akten des Universitätsarchivs Jena noch des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar (Auskunft vom 23. Aug. 2011) ermitteln. 67 Schreiben des Dekans der Staatswirtschaftlichen Fakultät an den Akademischen Senat der Universität München vom 24. Nov. 1897, Universitätsarchiv München Y-XVI-6, Band 1. 68 Entschließung des Kgl. bayerischen Staatsministeriums des Innern für Kirchenund Schulangelegenheiten vom 20. Febr. 1898, No. 2612, eingelegt in den Akten bei Fasc. No. Prof. Dr. Georg v. Mayr, Universitätsarchiv München Y-XVI-6, Band 1.
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c) Max Webers politische Ambitionen Nach wenigen Jahren wurde die Aufbruchstimmung, die seit den sozialpolitischen Februarerlassen des Kaisers, dem Fall des Sozialistengesetzes, Bismarcks Rücktritt und dem Beginn der Reichskanzlerschaft Leo von Caprivis die deutsche Politik geprägt hatte, wieder Schritt für Schritt zurückgenommen. 1893 mobilisierte der Bund der Landwirte die oppositionellen agrarischen Kräfte gegen Caprivis Handelsvertragspolitik. 1894 wurde Caprivi zum Rücktritt gezwungen und ein neues, wiederum in erster Linie gegen die Bestrebungen der Sozialdemokratie gerichtetes Gesetz in den Reichstag eingebracht, die sogenannte „Umsturzvorlage“. Ende 1895 vollzog auch der Evangelische Oberkirchenrat in einem Erlaß die sozialpolitische Wende, und der Kaiser besiegelte endgültig die Abkehr von evangelisch-sozialen Reformbestrebungen, indem er „politische Pastoren“ zum „Unding“ und „christlichsozial“ zu „Unsinn“ erklärte.69 Zwei Personen verkörperten diese Tendenzen und drückten der Zeit ihren Stempel auf. Die Ära Stumm wurde benannt nach dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg, unter dessen Einfluß der Kaiser zunehmend geriet. Sozialpolitisch gesehen, wurde die zweite Hälfte der 1890er Jahre zudem durch den preußischen Finanzminister Johannes von Miquel geprägt. Seine Sammlungspolitik der gewerblichen und landwirtschaftlichen Interessengruppen stand ganz im Zeichen der Revision der von Caprivi eingeleiteten Handelsvertragspolitik. Durch sie sollte nicht nur der handwerkliche Mittelstand, sondern auch der Großgrundbesitz wieder zollpolitisch geschützt und wirtschaftlich gestärkt werden. Diese Abkehr vom sozialpolitischen Aufbruch spiegelt sich auch in Max Webers Briefen wider. Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg holte anläßlich der Debatten im Reichstag 1895 über die „Umsturzvorlage“ zu einem Generalangriff auf den Evangelisch-sozialen Kongreß, den Verein für Socialpolitik und die führenden Berliner Nationalökonomen aus. Letzteren unterstellte er, die Berufung Andersdenkender an die Universität zu Berlin zu verhindern. Darüber hinaus warf er indirekt Adolph Wagner vor, sozialdemokratische Studentenvereinigungen zu unterstützen. Max Weber griff entschieden in den sich daraus entwickelnden Pressestreit und die sich anschließende Duellaffäre zwischen den beiden Kontrahenten, Adolph Wagner und
69 Telegramm des Kaisers vom 28. Febr. 1896, bekannt geworden im Mai 1896, zit. nach: Pollmann, Klaus Erich, Landesherrliches Kirchenregiment und soziale Frage. Der evangelische Oberkirchenrat der altpreußischen Landeskirche und die sozialpolitische Bewegung der Geistlichen nach 1890 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 44). – Berlin, New York: Walter de Gruyter 1973, S. 262, Anm. 41; zur sozialpolitischen Wende des Evangelischen Oberkirchenrats vgl. ebd., S. 75–84.
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von Stumm-Halberg, ein.70 Dabei sprechen die flankierenden Briefe an Alfred und Clara Weber sowie Adolph Wagner eine deutliche Sprache.71 Als Johannes von Miquel 1899 anläßlich einer Debatte im preußischen Abgeordnetenhaus über den Landarbeitermangel den Wert der 1891/92 vom Verein für Socialpolitik durchgeführten Erhebung über die Lage der Landarbeiter in Zweifel zog, war es wiederum Max Weber, der den Verein für Socialpolitik verteidigte und die Angriffe auf seine Person als Bearbeiter der Enquete für das ostelbische Deutschland parierte. Auch in diesem Fall nahm Weber in seinen Briefen kein Blatt vor den Mund, schrieb von „Miquel’s Frechheiten“ und nannte den amtierenden preußischen Finanzminister einen „Schubiack“, d.h. Lumpen oder Gauner.72 Trotz oder vielleicht gerade wegen der politischen Wende setzte Max Weber auch nach seiner Berufung nach Freiburg unbeirrt seine bisherigen gesellschaftspolitischen Aktivitäten fort, wie sich an seinen Briefen verfolgen läßt. Er blieb Mitglied des Evangelisch-sozialen Kongresses und schloß sich darüber hinaus der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden an, zu deren Mitgliedern in Freiburg auch sein Fachkollege Gerhart von Schulze-Gaevernitz73 und der Verleger Paul Siebeck gehörten. In den Richtungskämpfen im Evangelisch-sozialen Kongreß stand er auf der Seite Friedrich Naumanns. Zusätzlich war er an Naumanns Aktivitäten beteiligt, die sich um die von ihm herausgegebene Wochenschrift „Die Hilfe“ gruppierten. Wie Gerhart von Schulze-Gaevernitz war er Mitglied der „Freunde der Hilfe“ und des Komitees, das die Gründung einer Tageszeitung mit ähnlichem Profil wie die wöchentlich erscheinende „Die Hilfe“ vorbereitete.74 Als ihm Adolf Hausrath in Anbetracht des noch nicht sicheren, aber in greifbare Nähe gerückten Rufes von Freiburg nach Heidelberg im Oktober 1896 riet, sich von Naumann aus politischen Gründen zu distanzieren, antwortete Weber seinem Onkel: „Ich bin nichts weniger als ,christl[ich]-sozial‘, sondern ein ziemlich reiner Bourgeois, und meine Beziehungen zu Naumann beschränkten sich darauf, daß ich ihn, dessen Charakter ich hochschätze, sachte von seinen sozialistischen Velleitäten loszulösen strebte. Aber grade jetzt ihn öffentlich zu ,verleugnen‘ ging
70 Weber, Max, Die Kampfesweise des Freiherrn v. Stumm, MWG I/4, S. 512–519, sowie: ders., Eingesandt, MWG I/4, S. 520–523. 71 Vgl. die Briefe an Alfred Weber vom 1. Febr. 1895 (mit Editorischer Vorbemerkung), Clara Weber vom 11. Febr. 1895, Alfred Weber vom 24. und 27. Febr. 1895, sowie Adolph Wagner vom 14. März 1895, unten, S. 67–77. 72 Brief an Gustav Schmoller vom 2. März 1899, unten, S. 644–646, mit Editorischer Vorbemerkung; die Zitate: S. 646. 73 Oben, S. 5. 74 Brief an Friedrich Naumann vom 22. Sept. 1895, unten, S. 147 f.
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am wenigsten an. Ich wünsche nichts gethan zu haben, was einem Ambieren um irgend eine noch so ehrenvolle Stelle auch nur von fern verwandt wäre.“75 So sehr Max Weber die Persönlichkeit Naumanns schätzte, so sehr war er skeptisch, was den Politiker Naumann anbelangte. Die Bestrebungen Naumanns, den Nationalsozialen Verein und die nationalsoziale Tagungszeitung „Die Zeit“ im Herbst 1896 zu gründen, hielt er für verfrüht und konzeptionell nicht ausgereift.76 Auf der Erfurter Gründungsversammlung des Nationalsozialen Vereins im November 1896 sprach er sich dezidiert gegen Naumanns Variante des nationalen Sozialismus aus und plädierte für „eine nationale Partei der bürgerlichen Freiheit“.77 Mit der Schroffheit seines Auftritts stieß er nicht nur Friedrich Naumann persönlich, sondern auch die liberalprotestantischen Kreise um Martin Rade vor den Kopf.78 Dennoch gehörte er auch weiterhin zu denjenigen, die Friedrich Naumann kontinuierlich sowohl ideell als auch finanziell unterstützten. Neben der Spende von kleineren Summen war es vor allem die Finanzierung der Reichstagskandidatur Naumanns 1898, die Helene Weber und Ida Baumgarten mit seiner, Otto Baumgartens und Alfred Webers Unterstützung überhaupt erst ermöglichten.79 Die Briefe verdeutlichen Max Webers Haltung zu Friedrich Naumann: Er hat ihn als Freund und Vorbild hoch geschätzt und als eine in ihrem politischen Handeln wertgeleitete Persönlichkeit geachtet, auch wenn er dessen politische Ziele selber nicht geteilt hat. So schreibt er ihm nach der verlorenen Wahl: „Lieber Freund, – – denn ich denke, wir dürfen einander wohl so nennen [. . .]. Lassen Sie Sich von Niemand, auch von Sich selbst nicht, einreden, daß sogenannte ,Fehler‘ etc. mitspielten. Daran scheitert eine groß gedachte Sache, von reinen Persönlichkeiten in ehrlicher Arbeit vertreten, nicht. [. . .] Aber war deshalb Ihre Arbeit vergebens, – auch nur in Ihrem Sinn? Sicherlich nicht: ich kann bezeugen, was Sie in unsren Kreisen, in denen nun einmal Ihre Wirkung lag, für Keime ausgestreut haben, – und auch[,] was Sie an mir selbst und meinesgleichen gethan haben. [. . .] Unsre letzten Ideale und Voraussetzungen weichen von einander vielfach ab, das wissen wir beide, aber ich denke, es bleibt Alles beim Alten!“80 Als durch und durch politischer Mensch sah Max Weber der Berufung nach Heidelberg „durchaus nicht mit völlig ungeteilten Empfindungen entgegen“.81 75 Brief an Adolf Hausrath vom 15. Okt. 1896, unten, S. 217 f. 76 Vgl. dazu das bislang unbekannte Memorandum Max Webers vom Sept. 1896, im Anhang, unten, S. 893–897. 77 MWG I/4, S. 621. 78 Brief an Martin Rade vom 7. Dez. 1896, unten, S. 236–238, mit Editorischer Vorbemerkung. 79 Brief an Friedrich Naumann vom 28. Okt. 1897, unten, S. 454–456, mit Editorischer Vorbemerkung. 80 Brief an Friedrich Naumann vom 19. Juni 1898, unten, S. 496 f. 81 Brief an Adolf Hausrath vom 15. Okt. 1896, unten, S. 217.
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Er war sich bewußt darüber, daß mit der Annahme dieser Professur „eine große Stellung“ verbunden sein würde und damit zugleich die Verpflichtung, „auf alle andre Wirksamkeit zu verzichten“.82 Doch wie hätte eine solche politische Wirksamkeit für ihn aussehen können? Friedrich Naumanns gesinnungsethischem Idealismus und christlich-sozialem Sozialismus wollte und konnte er nicht folgen. Die Hoffnungen auf eine konkrete politische Tätigkeit in Berlin scheiterten Anfang 1897, als ihm die erwartete Berufung in den definitiven Börsenausschuß versagt wurde. Den Alldeutschen Verband verließ er, nicht weil dieser ihm zu nationalistisch war, sondern weil er in der Frage der polnischen Saisonarbeiter die Interessen des Großgrundbesitzes vor die nationalen Interessen gestellt habe.83 Eine bürgerliche Partei mit nationaler und liberaler Zielsetzung zugleich, wie er sie sowohl in der Freiburger Antrittsrede als auch auf dem Erfurter Gründungsparteitag der Nationalsozialen beschworen hatte, war nicht in Sicht. Um selbst eine neue politische Richtung aufzubauen, hatte er nicht die Kraft, und dazu war er auch zu sehr Gelehrter. Als ihm in Saarbrücken im Frühjahr 1897 Nationalliberale eine Reichstagskandidatur für 1898 antrugen, um dem Schwerindustriellen von Stumm-Halberg Paroli zu bieten, lehnte er mit Verweis auf seine soeben erst angetretene Hochschullehrertätigkeit in Heidelberg ab.84 Noch ein Jahr später schrieb er an seine Cousine: „Alles Entscheidende und Große schlummert vorerst im Hintergrund und ist verhüllt durch einen Wust von Kleinlichkeiten. Ich dächte jetzt auch nicht daran, mich politisch zu beteiligen.“85 Die sich nur wenig später ankündigende und seit dem Sommer 1898 verschärfende Krankheit zwang ihn zudem, sich immer mehr aus dem öffentlichen und beruflichen Leben zurückzuziehen. d) Zur privaten Lebenssphäre Max Webers Briefe erlauben vielfältige Einblicke in seine private Lebenssphäre. In den Freiburger Jahren 1895 und 1896 zeigte er sich, trotz der fachlichen Umstellung und hohen Arbeitsanforderung als äußerst gesellig im Umgang mit Freunden, Kollegen und Studenten.86 Eine vertiefte Freundschaft entstand in diesen Jahren mit dem Ehepaar Heinrich und Sophie Rickert. Max Weber und Heinrich Rickert kannten sich bereits über ihre Eltern aus Berlin. Enge Kontakte entwickelten sich überdies zu dem Philosophen 82 Ebd. 83 Brief an Ernst Hasse vom 22. Apr. 1899, unten, S. 658–660. 84 Vgl. Mommsen, Wolfgang J., Einleitung, in: MWG I/4, S. 59 f.; zum Kontext vgl. auch MWG I/4, S. 810–812. 85 Brief an Emmy Baumgarten vom 18. Febr. 1898, unten, S. 469. 86 Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 10. Jan. 1895, unten, S. 51 f.; eingehend auch beschrieben in Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 215–218.
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Alois Riehl und seiner Frau Sophie, zu dem Juristen Richard Schmidt und seiner Frau Tilla Rosalin, die im selben Haus wie Max und Marianne Weber in der Schillerstraße 22 wohnten, sowie zu dem Historiker Wilhelm Busch und zu dem Romanisten Gottfried Baist. Letzterer war Vorsitzender der Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes, in der auch Max Weber Mitglied war.87 Ferner sind zu nennen die Mediziner Franz Keibel, ein Schwager Heinrich Rickerts, ebenfalls als Schriftführer aktiv in der Ortsgruppe der Alldeutschen, sowie Gustav Killian. Mit seinem Fachkollegen Gerhart von Schulze-Gaevernitz teilte Max Weber das gemeinsame Engagement für die evangelisch-soziale Bewegung und Friedrich Naumanns politische Bestrebungen. Der aus dem Hamburger Großbürgertum stammende Heinrich Sieveking war für Max Weber weit mehr als ein Schüler, dessen Habilitation es zu fördern galt. Weber bewunderte dessen Abkömmlichkeit und Möglichkeit zur Privatgelehrtenexistenz. Beziehungen zu dem Philosophen Hugo Münsterberg, der zu dieser Zeit noch in Freiburg lehrte, werden nur von Marianne Weber erwähnt,88 in der Korrespondenz sind sie dagegen nicht dokumentiert. Familiäre Kontakte bestanden zu Max Webers Cousin, dem Altphilologen Fritz Baumgarten, der als Gymnasiallehrer mit seiner Familie in Freiburg lebte. Weitere Verwandte lebten in Heidelberg, Stuttgart und Straßburg. Dank der bereits erwähnten relativ häufigen Verpflichtungen in Berlin rissen auch dort die alten Verbindungen zu den gleichaltrigen Kollegen der Nationalökonomie wie Karl Oldenberg und Karl Kaerger nicht ab. Die Besuche bei den Eltern und Geschwistern konnte Max Weber gut damit vereinbaren. Alfred Weber war nach Max Webers Wegzug von Berlin nunmehr der älteste der Geschwister in der „Villa Helene“ in der Marchstraße und unterrichtete seinen Bruder regelmäßig über wichtige Familienangelegenheiten. Max und Alfred Weber teilten darüber hinaus wissenschaftliche Interessen; in Prüfungssituationen stand der Ältere dem Jüngeren mit brüderlichem Rat zur Seite.89 Während es im Alltag Marianne Weber war, die die Korrespondenz mit Helene Weber führte, zog Max Weber es vor, seiner Mutter von den Reisen selber zu berichten. In seinen ausführlichen Briefen an Helene Weber aus Schottland und Irland 1895 sowie Frankreich und Spanien 1897 verband er humorvolle und unterhaltsame Anekdoten, wie z. B. das zufällige Treffen mit Otto Gierke und seiner Familie am Loch Katrine in Schottland,90 mit genauer Beobachtung und Analyse. Dabei fesselten ihn Landschaften und Regionen, die durch besondere Agrarverfassungen historisch geformt worden waren, ebenso wie neuzeitliche Methoden der industriellen Ausbeutung von Roh-
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Vgl. MWG I/4, S. 819. Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 216 f. Brief an Alfred Weber vom 2. Jan. 1895, unten, S. 47 f. Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1895, unten, S. 99 f.
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stoffen.91 Er erfaßte fremde soziale Phänomene in ihrer geschichtlichen Besonderheit und verglich sie mit den entsprechenden deutschen, etwa die gastlichen Hotels in den schottischen Highlands, die aus „Jagdsitze[n] der Landlords“ hervorgegangen seien, mit den deutschen Gasthöfen, ehemaligen einfachen Stadt- und Dorfkrügen oder Kaufmannsherbergen, die erst später den „üblichen internationalen ‚Cultur‘-Anstrich“ erhalten hätten.92 In die Analysen mischten sich mitunter auch nationale Stereotypen, wie Max Webers Bemerkungen über die „absolute wirklich erschreckende Nichtigkeit der Französinnen“ zeigt.93 Die Wunderheilung in Lourdes, eine außergewöhnliche Kulturerscheinung ekstatischer Volksreligiosität, wirkte auf Max und Marianne Weber Ende August 1897 faszinierend und abstoßend zugleich. Sie veranlaßte Max Weber zu Bemerkungen über „die Psychologie der katholischen Kirche“ und die „gewaltigen Akkorde, die sie auf dem Nervensystem der Massen“ anschlage.94 Max und Marianne Webers Reisen waren gut geplant. Ihren Irlandaufenthalt 1895 organisierten sie mit dem britischen Pauschalreiseunternehmen Thomas Cook & Son; das Arrangement umfaßte neben Fahrscheinen auch Hotelgutscheine für Unterkunft und Mahlzeiten.95 Als ständiger Begleiter war der klassische Reiseführer des deutschen Bildungsbürgertums, der „Baedeker“, mit dabei.96 Am 31. März 1897 zogen Max und Marianne Weber von der Schillerstraße 22 in Freiburg in die Leopoldstraße (Anlage) 53b in Heidelberg.1 Die Berufung nach Heidelberg bedeutete auch in privater Hinsicht einen gravierenden Einschnitt. Der gesellschaftlich zwanglose Umgang, den Max und Marianne Weber in Freiburg mit gleichaltrigen Kollegen und Freunden gepflegt hatten, wich zunächst einer steiferen und genauen Regeln folgenden Geselligkeit. Auch wenn die Rede von „noch bevorstehenden ca. 90–100 Besuchen“2 sicher übertrieben war, so zeigt sie doch, wie die zu absolvierenden Antrittsbesuche im neuen Kollegenkreis Max Weber belasteten. Dazu trat der Auf91 Vgl. die Briefe an Helene Weber vom 14. Aug., 17. und 18. Aug., 7., 8. und 9. Sept. 1895 (schottische und irische Agrarverfassung), unten, S. 97–105 und 133–142, sowie die Briefe zwischen dem 12. und 20. Sept. 1897 (Eisenerzausbeutung in Spanien), unten, S. 427–447. 92 Brief an Helene Weber vom 17. und 18. Aug. 1895, unten, S. 104. 93 Brief an Helene Weber vom 7. Sept. 1897, unten, S. 420. 94 Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, unten, S. 402. 95 Brief an Helene Weber vom 7., 8. und 9. Sept. 1895, unten, S. 134. 96 Dies geht aus dem Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1895, unten, S. 124, sowie den Briefen von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [4. Aug. 1895], sowie vom 23. Juni 1901, beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, hervor. 1 Vgl. die Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 10. März 1897, unten, S. 297, sowie an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 20. März 1897, unten, S. 301. 2 Brief an Clara Mommsen vom 9. Mai 1897, unten, S. 323.
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bau des Volkswirtschaftlichen Seminars. In dieser angespannten Situation kamen seine Eltern zu Besuch. Helene Weber war in Heidelberg aufgewachsen, sie war der Stadt und ihren dort lebenden Familienangehörigen tief verbunden. Zunächst war nur ein Besuch von ihr allein vorgesehen; sie war bei Max und Marianne Weber stets willkommen und hatte sie bereits in den Sommern 1895 und 1896 in Freiburg besucht.3 Auch dieses Mal wurde, wie schon 1895, der lange geplante Besuch immer wieder wegen anderer Pläne von Seiten Max Weber sen. verschoben. Am 14. Juni 1897 trafen schließlich – statt nur der Mutter allein – unangekündigt beide Elternteile in Heidelberg ein, wozu Max Weber seinen Vater noch am selben Abend zur Rede stellte.4 Über die Heftigkeit, das Ausmaß und den Inhalt dieser Auseinandersetzung, einer Art Generalabrechnung mit dem als patriarchalisch empfundenen Vater und dessen Verhalten der Mutter gegenüber, sind wir durch die unmittelbar darauf folgenden Briefe Max Webers an seinen Bruder Alfred aus erster Hand unterrichtet.5 Sie werden hier erstmalig vollständig ediert. Max Weber hat, wie diese Briefe zeigen, strikt auf seinem Standpunkt beharrt und Vermittlungsversuche seiner Geschwister Clara und Karl heftig zurückgewiesen. Selbst am Grab des Vaters, der wenig später, am 10. August 1897, auf einer Reise nach Riga verstarb, fand er keine Worte des Bedauerns über sein Verhalten.6 Seit Sommer 1897 entwickelten sich um Max Weber neue Formen der Geselligkeit und des informellen wissenschaftlichen Austauschs. So fällt in diese Zeit auch der Beginn der „Fachmenschenfreundschaft“ mit Ernst Troeltsch.7 Erstmalig nennt Max Weber den Heidelberger Theologen in einem Brief an Carl Johannes Fuchs vom 19. Juni 1897 als möglichen Referenten über „Sozialethik“ für den sozialwissenschaftlichen Kursus im Oktober 1897 in Karlsruhe.8 Im November des gleichen Jahres berichtete Marianne Weber bereits ihrer Schwiegermutter, daß am bevorstehenden Samstagabend „als
3 Briefe an Alfred Weber vom 24. Febr. 1895, unten, S. 72 mit Anm. 8, sowie an Marianne Weber vom 14. Apr. 1896, unten, S. 188 mit Anm. 3. 4 Zur Vorgeschichte und zum Verlauf des Streits vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, unten, S. 325 f. 5 Briefe an Alfred Weber vom 15., 19., am oder nach dem 22. Juni, 23. Juni sowie vom 13. Juli 1897, unten, S. 343–347, 350–355 und 368 f.; vgl. auch Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 243; weitere Familienkorrespondenzen dazu sind jedoch vernichtet worden, vgl. unten, S. 36. 6 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 245. 7 Umfassend dazu: Graf, Friedrich Wilhelm, Einleitung, in: ders., Fachmenschenfreundschaft. Studien zu Troeltsch und Weber. – Berlin, Boston: Walter de Gruyter 2014, S. 1–79 (hinfort: Graf, Einleitung), sowie ders., Fachmenschenfreundschaft. Bemerkungen zu ,Max Weber und Ernst Troeltsch‘ (1988), in: ebd., S. 269–293 (hinfort: Graf, Fachmenschenfreundschaft). 8 Unten, S. 348.
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ständiger Gast Tröltsch“ komme, „es ist sehr angenehm mit ihm“.9 Am 16. März 1898 schrieb sie von „obligaten, angeregten wissenschaftlichen Gespräch[en]“ nach einem gemeinsamen Spaziergang der beiden Gelehrten „u. auch vorgestern, als wir T[roeltsch] zum Abendessen hier hatten“. In deren Folge sei Max Weber aber wieder „so nervös angespannt“ gewesen.10 Die Inhalte dieser wissenschaftlichen Gespräche sind nicht bekannt. Korrespondenzen zwischen beiden Gelehrten sind nicht überliefert. In den folgenden Jahren sind die zunehmend freundschaftlichen Beziehungen aber dank der regelmäßigen Briefe Marianne Webers an Helene Weber gut dokumentiert; sie wurden intensiviert durch die Kontakte Marianne Webers mit Ernst Troeltsch, den sie zur Übernahme von Vorträgen für den von ihr geleiteten Heidelberger Verein „Frauenbildung“ gewinnen konnte, so erstmalig im November und Dezember 1898, als Troeltsch sechs Vorträge über „Prinzipienfragen der Ethik“ hielt.11 Ernst Troeltsch verfolgte Max Webers Erkrankung der kommenden Jahre mit großer Anteilnahme.12 Während der Sanatoriumsaufenthalte Max Webers traf er Marianne Weber regelmäßig; Marianne Weber ihrerseits begleitete seine Verlobung im August 1900 und seine Heirat Ende Mai 1901 mit großer Sympathie. Neben Ernst Troeltsch gehörten zu dem engsten Kreis der Philosoph Paul Hensel, dessen Seminare Marianne Weber besuchte und der sich wie Troeltsch an Vortragsreihen des Vereins „Frauenbildung“ beteiligte, und Carl Neumann. Ernst Troeltsch erwähnt den engen Zusammenhalt in einem Brief an Wilhelm Bousset vom 5. August 1898: „Den meisten Umgang pflege ich außerhalb der Fakultät, Max Weber, Hensel, Carl Neumann [. . .] sind mir sehr liebe Freunde.“13 Zu den Freunden, mit denen seit Sommer 1897 statt steifer Diners „nur die anspruchslose Freiburger Art des Zusammenseins“ in Heidelberg gepflegt wurde, zählten auch Georg Jellinek14 sowie die Verwandten Georg und Pauline (Paula) Schmidt. Ende August 1897 traten Max und Marianne Weber, wie geplant, die Reise nach Frankreich und Spanien an. Direkt nach der Rückkehr nach Heidelberg
9 Marianne Weber an Helene Weber vom 21. Nov. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 10 Marianne Weber an Helene Weber vom 16. März 1898, ebd. 11 Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Juli 1898, ebd.; vgl. dazu auch Graf, Einleitung (wie oben, S. 21, Anm. 7), S. 25. 12 Davon zeugt auch ein Brief von Ernst Troeltsch an Heinrich Rickert vom 10. März 1899, in dem es heißt: „Hier sieht es bei Webers momentan recht unerfreulich u sorglich aus, u ich setze auf die Ferien für Weber große Hoffnungen.“ (Ernst Troeltsch. Briefe II (1894–1904), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Harald Haury (Ernst Troeltsch · Kritische Gesamtausgabe, KGA, Band 19). – Berlin, München, Boston: Walter de Gruyter 2014, S. 241). 13 Ebd., S. 207 f.; vgl. dazu auch Graf, Fachmenschenfreundschaft (wie oben, S. 21, Anm. 7), S. 272 f. 14 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 240 und 271; das Zitat: S. 240.
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in der Nacht auf den 4. Oktober15 und trotz einer fiebrigen Erkrankung hielt Max Weber noch am selben Tag in Karlsruhe seinen ersten Vortrag im Rahmen des sozialwissenschaftlichen Kursus.16 Es folgten eine weitere Vortragsreihe in Mannheim im November und Dezember sowie ein Vortrag in Straßburg im Dezember,17 alle zusätzlich zu den Semesterveranstaltungen mit einer wöchentlichen Belastung von neun Stunden.18 Am Ende des Wintersemesters zeigten sich derart starke gesundheitliche Erschöpfungszustände, daß Max Weber den Heidelberger Psychiater Emil Kraepelin konsultierte. Dieser diagnostizierte, den Worten Marianne Webers zufolge, „Neurasthenie[,] die von jahrelanger Überanstrengung herrühre“ und empfahl Ausruhen sowie ein „vernünftiges Leben“.19 Max Weber verbrachte auf diese Empfehlung hin in Begleitung von Marianne Weber und Alfred Weber im Frühjahr 1898 gut drei Wochen in Glion bei Montreux.20 Im Anschluß an diesen Erholungsurlaub waren im Sommersemester 1898 wiederum eine der großen, fünfstündigen Vorlesungen sowie eine zweistündige Spezialvorlesung und das zweistündige Volkswirtschaftliche Seminar wöchentlich zu absolvieren.21 Für die Vorlesung zur allgemeinen (theoretischen) Nationalökonomie erarbeitete er im Frühjahr zudem zwei gedruckte Handreichungen für die Hörer: einen Grundriß sowie das erste Buch über die begrifflichen Grundlagen der Volkswirtschaftslehre.22 Dazu trat, wie bereits erwähnt, die Neufassung seines nunmehr erheblich erweiterten Beitrags zum Handwörterbuch der Staatswissenschaften „Agrarverhältnisse im Altertum“23 und, wie die dichte Korrespondenz mit dem Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) zeigt, eine rege Herausgebertätigkeit für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Nachdem Max Weber am 14. April 1898, direkt nach der Rückkehr von Glion, seiner Mutter noch geschrieben hatte, daß sich der Aufenthalt in gesundheitlicher Hinsicht doch als „sehr rentabel“ erwiesen habe, mehrten
15 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Okt. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 16 Die Vortragsreihe ist ediert in: MWG I/4, S. 826–841. 17 Ediert in: MWG I/4, S. 842–855. 18 Vgl. MWG III/1, S. 60 f. 19 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. März 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 20 Vom 20./21. März bis 13. April 1898; vgl. ausführlich dazu den Brief an Helene Weber vom 14. Apr. 1898, unten, S. 481–483, mit Editorischer Vorbemerkung. 21 Vgl. MWG III/1, S. 61. 22 Dies geht aus dem Brief Alfred Webers an Max Weber vom 28. Juni 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hervor; vgl. auch MWG III/1, S. 82 f. und 119. 23 Oben, S. 3 f.
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sich seit Juni 1898 in den Korrespondenzen mit anderen Gelehrten seine Hinweise auf eine anhaltende, nervöse Schlaflosigkeit.24 Am 16. Juli 1898 beantragte Max Weber beim Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts eine Beurlaubung für die letzten beiden Semesterwochen, um einen längeren Kuraufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ anzutreten. Als Ursachen nannte er Schlaflosigkeit, veranlaßt „nach ärztlicher Meinung durch frühere Überarbeitung, eine dazu getretene (vermutliche) Malaria-Infektion“ von der Spanienreise und andere „schädliche Einwirkungen“. Neben der Schlaflosigkeit sei es das Sprechen in den Vorlesungen, das ihm zunehmend Schwierigkeiten bereite.25 Medizinische Unterlagen von Max Webers anschließendem Aufenthalt im „Konstanzer Hof“ vom 25. Juli bis 23. Oktober 1898 sind nicht überliefert. Doch erlauben die während der fünfwöchigen Trennungszeit von Marianne Weber mit ihr ausgetauschten Briefe – die Ärzte hatten zu Beginn der Therapie ein Fernbleiben Marianne Webers angeraten – Einblicke in Webers Krankheitsverlauf und die dort angewandten Heilmethoden.26 Hier werden zum ersten Mal die sexuellen Beschwerden benannt, der „Deubel“, d. h. nächtliche Erektionen und Pollutionen, verbunden mit Traumvorstellungen.27 Später wird Max Weber in seinen in italienischer Sprache verfaßten Postkarten an Marianne Weber von „Fra Diavolo“ berichten.28 Der Aufenthalt im Konstanzer Hof29 wirkte auf Max Weber, wie die Briefe an Marianne Weber zeigen, wie eine Befreiung vom „krampfhaften Anklammern an die wissenschaftliche Arbeit wie an einen Talisman“; er ließ wieder Gefühle wie „Heimweh“ zu.30 Er akzeptierte sein Kranksein geduldig und zeigte sich offen für neue Behandlungsmethoden wie die Hypnose.31 Zugleich las er
24 Briefe an Heinrich Sieveking vom 20. Juni 1898, an Carl Johannes Fuchs vom 7. Juli 1898 und an Gustav Schmoller vom 12. Juli 1898, unten, S. 499 f., 507 und 514. 25 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, unten, S. 515. 26 Vgl. die Briefe an Marianne Weber zwischen dem 26. Juli und 27. Aug. 1898, unten, S. 520–526, 529–567 und 570–578; vgl. besonders den Brief vom 26. Juli 1898, unten, S. 520–523 mit Editorischer Vorbemerkung. 27 Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, unten, S. 529 mit Anm. 2; sowie vom 13. und 23. Aug. 1898, unten, S. 554, 572. 28 Vgl. die Karten an Marianne Weber vom 17. Apr., 27. Nov., 25. und 31. Dez. 1902, unten, S. 837, 866, 881 und 888. 29 Vgl. dazu die vom ärztlichen Leiter verfaßte Schrift: Fischer, Georg, Die Heilanstalt für Nervenkranke im Konstanzer Hof zu Konstanz. Ihre Einrichtung und ihre Ziele, 3. Aufl. – Konstanz: Otto Reuss 1893. 30 Vgl. vor allem den Brief an Marianne Weber vom 4. und 5. Aug. 1898, unten, S. 539–541. 31 Brief an Marianne Weber vom 26. Aug. 1898, unten, S. 575–577; vgl. auch die Einschätzung im Brief Marianne Webers an Helene Weber, undat. [1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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intensiv in einem breiten literatur- und kulturgeschichtlichen Spektrum: Émile Zola, Gustave Flaubert, Kuno Fischers Goethe-Interpretation, Julius Wellhausens „Israelitische und jüdische Geschichte“ sowie Treitschkes „Geschichte im 19. Jahrhundert“.32 Offenbar nutzte er auch die Bestände der (heutigen) Wessenberg-Bibliothek in Konstanz.33 Mit Marianne Weber erörterte er eingehend deren geplante Arbeit über den Sozialismus bei Johann Gottlieb Fichte und Karl Marx.34 Max Weber schien auf dem Weg der Besserung; so unterbreitete er Paul Siebeck u.a. den Vorschlag, eine neue Reihe – über die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands – herauszugeben, größere Arbeiten traute er sich allerdings noch nicht zu.35 Am 5. Oktober 1898 ließ er sich von der Spezialvorlesung Geld- und Bankwesen entbinden, um seine Lehrtätigkeit auf sieben Wochenstunden im Wintersemester 1898/99 zu reduzieren.36 Zurück in Heidelberg, spiegeln seine Korrespondenzen Ende 1898 und 1899 sein gesundheitliches Auf und Ab. Einerseits zeigen sie ihn als zähen Verhandlungspartner Paul Siebecks, des Verlags J. C. B. Mohr und H. Laupp bei der Aushandlung eines neuen Verlagsvertrags für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ und zudem als Herausgeber der neuen Reihe über die „Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“, deren erste beide Hefte 1899 erschienen. Andererseits verfaßte er selbst keine größeren Arbeiten mehr. Sein äußerst labiles Befinden, das bis zur völligen Apathie gehen konnte,37 machte auch „das anhaltende laute Sprechen, daher das Abhalten von Vorlesungen unmöglich“, wie er zu Beginn des Sommersemester 1899 dem Ministerium anzeigte.38 Er wurde daraufhin für das Sommersemester 1899 von der Vorlesung befreit, 32 Vgl. dazu die Briefe an Marianne Weber (in der Reihenfolge der zitierten Autoren) vom 26. Juli, unten, S. 523 mit Anm. 11, vom 9. Aug., unten, S. 546 mit Anm. 7 und 5, vom 15. Aug., unten, S. 559 mit Anm. 4, sowie vom 26. Aug. 1898, unten, S. 575 mit Anm. 1. 33 Auskunft von Horst Baier vom 11. Jan. 1993 (vgl. MWG I/4, S. 25). Welche Bücher Max Weber dort einsah bzw. auslieh, läßt sich nicht mehr feststellen. In dem Ausleihbuch der Wessenberg-Bibliothek, das sich im Stadtarchiv Konstanz befi ndet, fehlen in den Jahren zwischen 1896 und 1903 die entsprechenden Seiten mit dem Buchstaben W (Auskunft von Peter Chr. Wagner, Bibliothek der Universität Konstanz, vom 18. März 2014). 34 Briefe an Marianne Weber vom 7. und 10. Aug. 1898, unten, S. 542–544 und 549. 35 Briefe an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten, S. 580 f., sowie an Gustav Schmoller vom 24. Sept. 1898, unten, S. 582 f., mit der Absage, eine Lassalle-Biographie zu verfassen. 36 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Okt. 1898, unten, S. 585 f. 37 Vgl. dazu den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 16. Febr. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 38 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1899, unten, S. 652 f.
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hielt aber noch, zumindest anfänglich, sein Seminar ab.39 Den Monat August 1899 verbrachte er mit Marianne Weber in Eibsee, einem ihnen empfohlenen Kurort bei Garmisch-Partenkirchen; Anfang September reisten sie von hier aus mit unbekanntem Ziel weiter über den Fernpaß nach Süden.40 Wohin sie fuhren, ist in der Korrespondenz nicht dokumentiert. Im Wintersemester 1899/1900 begann er erneut mit der Vorlesung „Agrarpolitik“ und dem Volkswirtschaftlichen Seminar, mußte aber kurz nach Aufnahme der Lehre wieder abbrechen. Am 7. Januar 1900 reichte er schließlich sein erstes Entlassungsgesuch ein.41 Das Jahr 1900 bedeutete den Tiefpunkt in Max Webers Krankheitsverlauf. Obwohl das Ministerium sein Entlassungsgesuch nicht annahm und ihn stattdessen beurlaubte, muß ihm klar gewesen sein, wie aussichtslos eine Rückkehr in die Lehre war, denn er setzte sich von nun an dezidiert für die Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur in Heidelberg ein. Erst nach Klärung der Besetzung der zweiten Professur im April 1900 entschloß er sich auf ärztliches Anraten hin zu einem weiteren Aufenthalt in einem Privatsanatorium in Urach auf der Schwäbischen Alb. Dort verbrachte er viereinhalb Monate, vom 1. Juli bis 17. November 1900.42 Marianne Weber begleitete ihn zunächst, fuhr aber am 14. Juli wieder zurück nach Heidelberg, um die Wohnung in der Leopoldstraße (Anlage) 53b aufzulösen. Am 23. August kehrte sie dann nach Urach zurück. Anders als im Fall des Konstanzer Aufenthaltes ist die in dieser Zeit der Trennung zwischen Max und Marianne Weber ausgetauschte Korrespondenz stark reduziert; sie gibt einen Eindruck von der Schwere der Krankheit. Max Weber ging es so schlecht, daß Marianne Weber ihm Kärtchen vorgeschrieben hatte, in die er nur seinen Zustand stichwortartig zu ergänzen brauchte.43 Nach drei Monaten Aufenthalt und Therapie war er immer noch resigniert; so schrieb er am 3. Oktober 1900 an Marianne Weber, daß er nicht davon ausgehe, „in irgend absehbarer Zeit“
39 Vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 26. Mai 1899 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), demnach habe er 23 Hörer im Seminar und halte fast täglich Sprechstunde ab; die offizielle Teilnehmerliste dagegen verzeichnet keine Teilnehmer (vgl. MWG III/1, S. 62). 40 Vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 5. Sept. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 41 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, unten, S. 711–714. 42 Vgl. ausführlich zu Max Webers Aufenthalt in Urach einschließlich der dort verfolgten Ziele und angewendeten Therapien die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, unten, S. 744 f. 43 Vgl. die Briefe an Marianne Weber zwischen dem 15. Juli und bis vor dem 19. August 1900, unten, S. 744–761.
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wieder in seinen Beruf zurückkehren zu können: „und für die ‚Welt‘ ist Niemand leichter zu ersetzen als ein Docent.“44 Obwohl Max Weber fortlaufend bei vollen Bezügen beurlaubt wurde, bestand auf Grund der Arzt- und Behandlungskosten ein hoher Geldbedarf. Um die Behandlung in Urach und die Wohnungsauflösung mit den anschließenden Reisen finanzieren zu können, verkauften Max und Marianne Weber im August 1900 Doubletten aus ihrer umfangreichen Max-Klinger-Sammlung.45 Bereits im Juni 1900 hatte Marianne Weber Paul Siebeck gebeten, ihren Mann nicht mit Druckkostenzuschüssen für einen Schüler zu belasten, „er kann es wahrhaftig nicht! Durch seine Krankheit ist das Portemonnaie in beständiger Ebbe!“46 Die Frage, was Max Webers gesundheitlichen Zusammenbruch und seine anhaltende Unfähigkeit zur Lehre sowie zum wissenschaftlichen Arbeiten veranlaßte, ist wiederholt gestellt worden. Den ärztlichen Attesten zufolge litt er an einer Überreizung und funktionellen Schwäche (bzw. Erkrankung oder Störung) des Nervensystems. Schließlich ist die Rede von „schwerer und hartnäckiger Neurasthenie“.47 Diese Diagnose hatte bereits Emil Kraepelin gestellt.48 Trotz der Unschärfe dieses um 1900 weit verbreiteten Begriffs ließ sich bei Max Weber aufgrund der Atteste – weitere medizinische Unterlagen sind nicht überliefert – eine „depressive Neurose [. . .] vor dem Hintergrund einer Persönlichkeit mit Typus melancholicus-Zügen und Zügen, die wir je nach theoretischem Kontext als bipolar oder narzißtisch bezeichnen möchten“, diagnostizieren.49 In der Sekundärliteratur verweisen die Autoren auf die im Kindesalter erlittene Meningitis, die moralische Rigorosität der Mutter, die konfliktreiche Vater-Sohn-Beziehung sowie auf „eine auffallende Häufung psychiatrischer Erkrankungen“ im Familienkreis.50 Betroffen waren, und dies
44 Unten, S. 765 f. 45 Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 10. Aug. 1900, unten, S. 759 mit Anm. 5. 46 Zusatz Marianne Webers auf dem Brief von Max Weber an Paul Siebeck vom 3. Juni 1900, unten, S. 738, Editorische Vorbemerkung. 47 Die Atteste waren den jeweiligen Anträgen Max Webers auf Beurlaubung beigefügt (vgl. die Briefe Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, unten, S. 515, Anm. 1; 5. Okt. 1898, unten, S. 585, Anm. 1; 12. Apr. 1899, unten, S. 652, Anm. 3; 5. Juni 1900, unten, S. 740, Anm. 1 (hieraus das Zitat); 17. Nov. 1900, unten, S. 774, Anm. 1, und vom 4. Juni 1901, unten, S. 775 f., Anm. 4). 48 Vgl. oben, S. 23. 49 Frommer, Jörg und Frommer, Sabine, Max Webers Krankheit. Recherchen zur Krankheits- und Behandlungsgeschichte um die Jahrhundertwende, in: Fortschritte der Neurologie – Psychiatrie, Jg. 66, 1998, S. 193–200, das Zitat: S. 199; vgl. auch die erste, auf der Grundlage dieser Atteste verfaßte Untersuchung der Soziologin Sabine Frommer und des Arztes Jörg Frommer: Max Webers Krankheit – soziologische Aspekte der depressiven Struktur, in: ebd., Jg. 61, 1993, S. 161–171. 50 Frommer/Frommer, Max Webers Krankheit (1993), ebd., S. 163 f., Zitat: S. 164.
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ist auch Thema in Max Webers Briefen, seine Cousinen Emmy und Anna Baumgarten 51 sowie seine Cousins Hans und Otto Benecke. Letzterer wurde wie Max Weber in Urach behandelt und begleitete Max und Marianne Weber auf ihrer anschließenden Reise. Die Brüder Benecke kamen beide durch die eigene Hand ums Leben: Hans Benecke Anfang 1898 52 und Otto Benecke 1903. Die hier erstmalig vollständig edierten Briefe Max Webers könnten weitere Forschungen zu einer Erklärung seiner Krankheit eröffnen. Welche Rolle bei der Erkrankung Max Webers der Alkoholkonsum gespielt hat, läßt sich nicht klären. Sicher ist, daß Max Weber auf Drängen Marianne Webers seinen besonders während der Freiburger Zeit erheblichen Konsum nach dem Umzug nach Heidelberg dauerhaft einschränkte.53 Seit dem Beginn seiner Erkrankung im Frühjahr 1898 ist die Einnahme von Beruhigungs- und Schlafmitteln in den Korrespondenzen dokumentiert.54 Zunächst handelte es sich um das gängige Schlaf- und Beruhigungsmittel Brom (Kaliumbromid), das Max Weber auch sein Konstanzer Arzt Dr. Mülberger regelmäßig abends verabreichen ließ.55 Bereits im März 1900 verordnete ihm sein Heidelberger Arzt Professor Dr. Vierordt dagegen, anstelle von Brom, das er einmal aussetzen solle, „Baldrianthee u. Wadenpackungen, u. statt Kampferpillen Opiumstuhlzäpfchen“.56 Zeitweise scheinen kleine Opiumgaben Brom ersetzt zu haben: „Ich lese täglich u. nehme kein Brom, alle 2–3 Nächte etwas Opium.“57 Seit 1901/02 hat er Brom zunehmend ergänzt, teilweise auch ersetzt durch Trional und Codein (auch ein Opiat), welches ihm sein Schwager Ernst Mommsen verschrieb.58 Nach Beendigung des Aufenthalts in Urach reisten Max und Marianne Weber am 17. November 1900 nach Korsika, wo sie zusammen mit Otto Benecke den Winter verbrachten. Aus dieser Zeit der Erholung nach den erschöpfenden Behandlungen liegen keine Briefe Max Webers vor. Nach Marianne Webers Schilderung 59 besserte sich sein Zustand in der schönen 51 Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, unten, S. 462–464 mit Editorischer Vorbemerkung. 52 Vgl. den Brief Max Webers an Emilie Benecke vom 4. Febr. 1898: „Wie viel Schauer in unsrem Kreis!“, unten, S. 466. 53 Vgl. dazu den Brief an Clara Mommsen vom 9. Mai 1897, unten, S. 323 f. Marianne Weber zeigte sich in Freiburg sehr besorgt über das häufig mehrfache wöchentliche „Kneipen“ (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber, undat. [Juli 1895], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 54 Vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [31. Mai 1898], ebd. 55 Vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 26. und 28. Juli 1898, unten, S. 520–526. 56 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 28. März 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 57 Karte an Marianne Weber vom 16. Juli 1901, unten, S. 786. 58 Briefe an Marianne Weber vom 18. Apr., 28. Nov. und 1. Dez. 1902, unten, S. 840, 867 und 872. 59 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 259 f.
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Umgebung von Ajaccio zusehends. Am 13. März 1901 verließen sie die Insel und reisten über Pisa nach Rom, wo sie am 15. März 1901 eintrafen. Nach der Abreise des psychisch labilen Otto Benecke, dessen Gegenwart Max Weber zunehmend belastet hatte, konnte sich Max Weber den neuen Eindrücken öffnen. Bereits Mitte April 1901 verließen Max und Marianne Weber Rom wieder für einen einmonatigen Aufenthalt in Sorrent, Neapel und Capri; von dort kehrten sie Mitte Mai wieder nach Rom zurück und blieben dort bis Anfang Juli, die Zeit bis Ende September verbrachten sie in der Schweiz, wobei Marianne Weber auf der Hinreise alleine einen rund dreieinhalb Wochen dauernden Abstecher zu Verwandten und Freunden in Süddeutschland unternahm. Den Herbst und Winter (vom 27. September 1901 bis 11. März 1902) verbrachten sie gemeinsam in Rom. Es folgte ein gemeinsamer Aufenthalt in Florenz bis zum 4. April 1902. Während Marianne Weber von dort vorausreiste, um die neue Wohnung in Heidelberg in der Hauptstraße 73 einzurichten, blieb Max Weber noch bis Mitte April in Florenz. Dann reiste er über Bologna, Mailand und Vercelli (Piemont) ebenfalls zurück nach Heidelberg, wo er am Vorabend seines 38. Geburtstages und nach nahezu zweijähriger Abwesenheit eintraf. Alles in allem verbrachte Max Weber 1901/02 rund zehn Monate in Italien, davon zirka acht Monate in Rom. Den Herbst und Winter richteten sich Max und Marianne Weber in Rom in der Pension Martini in der Via Cicerone 35 fast häuslich ein. Von Anfang Oktober bis zum 22. November 1901 kamen Helene Weber und Anfang Februar 1902 kurzzeitig und überraschend Friedrich Naumann zu Besuch.60 Es war vor allem diese, von keinen weiteren Reisen und Ablenkungen unterbrochene Zeit, während der sich Max Weber den Eindrücken der Stadt Rom öffnete und auch „auf vielfältige Weise mit der fremden Welt des Katholizismus konfrontiert“ wurde.61 Zudem begann er wieder, konzentriert wissenschaftliche Literatur zu lesen. Zwar hatte er schon während der letzten Tage in Urach den Verleger Paul Siebeck nach dem Verbleib der Korrekturbögen der Arbeit seines Schülers Martin Offenbacher gefragt,62
60 Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 264 und 267. 61 Vgl. ausführlich zu Max Webers Italienreisen als Bildungserlebnis: Oßwald-Bargende, Sybille, Max Weber und „das den Göttern heilige Italien“. Impressionen zu den italienischen Reisen eines Heidelberger Gelehrten, in: Florilegium Suevicum. Beiträge zur südwestdeutschen Landesgeschichte. Festschrift für Franz Quarthal zum 65. Geburtstag, hg. von Gerhard Fritz und Daniel Kirn (Stuttgarter historische Studien zur Landes- und Wirtschaftsgeschichte, Band 12). – Ostfildern: Jan Thorbecke 2008, S. 293–307, Zitat: S. 299; zu Max Webers Verhältnis zum Katholizismus und seinen Aufenthalten in Rom zuletzt: Hersche, Peter: Der Romaufenthalt (1901– 1903) und Max Webers Verhältnis zum Katholizismus, in: Max Weber in der Welt. Rezeption und Wirkung, hg. von der Max Weber Stiftung. – Tübingen: Mohr Siebeck 2014, S. 145–158. 62 Karte an Paul Siebeck vom 13. Nov. 1900, unten, S. 771 f.
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auch mehren sich die Hinweise auf Lektüre im Sommer 1901. Im Juli las und kommentierte er nicht nur die Doktorarbeit von Else von Richthofen,63 sondern beschäftigte sich auch mit Gustav Claß’ „Untersuchungen zur Phänomenologie und Ontologie des menschlichen Geistes“, die er launisch als „‚ontologischen‘ Schafmist“ bezeichnete.64 Aber erst im Oktober 1901, zurück aus der Schweiz und wieder in Rom, setzte eine neue Phase intensivster Lektüre auf den unterschiedlichsten Gebieten ein. Die Hinweise in Max Webers Briefen und Informationen in Marianne Webers „Lebensbild“ und in ihren Briefen an Helene Weber aus Rom bestätigen und ergänzen sich wechselseitig. So heißt es im „Lebensbild“, daß Max Weber einige Zeit nach dem Eintreffen Helene Webers in Rom wieder begonnen habe, „ein richtiges Buch zu lesen“.65 Zu Max Webers Lektüre im Oktober und November 1901 gehörten seinen Briefen zufolge die Dissertationen von Alfred Klee sowie von Leo Wegener; letztere empfahl er zwar erst im März 1902 Paul Siebeck zur Aufnahme in die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, nach Angaben Marianne Webers las er sie aber bereits im November 1901.66 Am 11. November 1901 korrespondierte Max Weber mit Carl Neumann,67 dem befreundeten Heidelberger Kunsthistoriker und Byzantinisten, nachdem er dessen Aufsatz über Jacob Burckhardt sowie von Jacob Burckhardt selbst die „Griechische Kulturgeschichte“ gelesen hatte; bereits Anfang 1901 hatte er sich mit Burckhardts berühmtem „Cicerone“ auf den Besuch Roms vorbereitet. Daß Max Weber auch wieder begann, Fachliteratur zu rezipieren, zeigt nicht nur sein Seitenverweis auf den Methodenstreit unter Historikern im selben Brief an Carl Neumann, sondern auch der spätere Hinweis in einem Brief an Paul Siebeck vom 11. Februar 1902 auf die Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, deren aktuelle Ausgaben er verfolgte.68 Dieser Hinweis findet sich auch bei Marianne Weber,69 was die Zuverlässigkeit ihrer Angaben belegt; sie verfolgte die Lektüre ihres Mannes aufmerksam und berichtete im „Lebensbild“ und Briefen an Helene Weber darüber regelmäßig.
63 Brief an Marianne Weber vom 14. Juli 1901, unten, S. 783. 64 Karte an Marianne Weber vom 7. Juli 1901, unten, S. 778 f. 65 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 264. 66 Vgl. die Briefe an Alfred Klee vom 23. Okt. und 30. Nov. 1901, sowie an Paul Siebeck vom 8. März 1902, unten, S. 795, 799 sowie 811 f.; vgl. auch den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. Nov. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 67 Brief an Carl Neumann vom 11. Nov. 1901, unten, S. 796–798 mit Editorischer Vorbemerkung. 68 Brief an Paul Siebeck vom 11. Febr. 1902, unten, S. 805–807 mit Anm. 3. 69 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dez. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 266.
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Demnach las Max Weber über „Kunstgeschichte“,70 „allerhand historisches“,71 „allerlei über Klöster[,] ihre Geschichte, Verfassung, u. Wirtschaftsverhältnisse, über die er sich auch Notizen macht, dann Aristophanes‘ den Schweinigel [sic], Rousseau‘s Emil etc.[,] Voltaire, Montesquieu, dann englische Schriftsteller, u. größere historische Sachen“;72 zudem Georg Simmels „Philosophie des Geldes“.73 Die Briefe Max Webers selber geben keine weiteren Aufschlüsse über seine Lektüre. Doch lassen sich noch einige der von ihm rezipierten Autoren über Ausleihlisten der römischen Bibliotheken rekonstruieren. Die Literatur lieh sich Max Weber (in einem Fall auch Marianne Weber für ihn) aus der Bibliothek des Deutschen Künstlervereins aus oder sah sie in der Bibliothek des Königlich Preußischen Historischen Instituts ein. Dank neuerer Recherchen kann die Liste der von Max Weber ausgeliehenen Autoren ergänzt werden. Aus der reichhaltigen Bibliothek des Künstlervereins entlieh er von Anfang Oktober 1901 bis Anfang März 1902 Werke u. a. von Ferdinand Gregorovius, Émile Zola, Gottfried Semper, Heinrich Wölfflin, Franz Xaver Kraus, Hippolyte Taine, Madame de Staël, Aristophanes, Friedrich Schleiermacher und Marcel Proust.74 Besuche im Historischen Institut und der Bibliothek sind ab Dezember 1901 in den Briefen Marianne Webers an Helene Weber dokumentiert.75 Die Vermittlung war über Karl Schellhaß, einen langjährigen Freund der Familie, erfolgt. Schellhaß war in Rom mit der Edition der Nuntiaturberichte befaßt; sein Spezialgebiet war die Gegenreformation. Schellhaß hatte Max und Marianne Weber bereits die kleine Wohnung in der Pension Martini in der Via Cicerone vermittelt. Max Weber fand im Historischen Institut nicht nur in Karl Schellhaß einen Gesprächspartner, sondern auch in dem jüngeren Historiker Johannes Haller, damals Gast bzw. Mitarbeiter des Insti-
70 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 264. 71 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 6. Dez. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 265. 72 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 29. Jan. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 267 (mit zusätzlicher Nennung von „Taines sämtliche Bände“). 73 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dez. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 266. 74 Vgl. Schmitt, Silke, Max Webers Verständnis des Katholizismus. Eine werkbiographische Analyse nebst einem Exkurs über Max Webers Romaufenthalte (Online-Publikationen des Deutschen Historischen Instituts Rom), 2012 (hinfort: Schmitt, Max Webers Verständnis des Katholizismus), S. 112 f., Anhang, S. 157–159: „Webers Ausleihen im Künstlerverein KV 56“. Um welche Titel es sich dabei konkret handelte, ist nicht ermittelt (ebd., S. 113, Anm. 100). 75 Erstmalig im Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dez. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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tuts.76 Welche Bücher er in der dortigen Bibliothek eingesehen hat, läßt sich jedoch auch an Hand einer Liste der 1903 dort vorhandenen Literatur nicht feststellen.77 In der Vatikanischen Bibliothek war er als Leser nicht eingetragen.78 Er besuchte aber öffentliche Vorträge mit Diskussionen („Adunanzen“), wahrscheinlich zur Kunstgeschichte, im Deutschen Archäologischen Institut, wo er sich am 20. Dezember 1901 und 10. Januar 1902 in die Adunanz-Bücher eintrug.79 Mehr über Max Webers intellektuelle Entwicklung erfahren wir aus seiner Hand erst wieder nach der Abreise Marianne Webers am 4. April 1902 von Florenz nach Heidelberg. In seinen Briefen an sie berichtet er nicht nur über die Lektüre von Heinrich Rickerts endlich vollendetem Werk „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“,80 sondern auch über sein Verhältnis zum Katholizismus.81 Trotz der während seines Aufenthalts in Rom eingetretenen wesentlichen Besserung seines Gesundheitszustandes hat Max Weber noch vor der Abreise seiner Frau nach Heidelberg am 26. März 1902 in Florenz sein zweites Entlassungsgesuch an das Karlsruher Ministerium formuliert und am 3. April 1902 abgeschickt.82 Im Anschluß an seine Rückkehr nach Heidelberg nahm er nach einem persönlichen Gespräch mit Franz Böhm, dem Nachfolger Ludwig Arnspergers als badischer Hochschuldezernent, sein Gesuch zurück. Als Ausgleich für die ihm nach wie vor bei vollem Gehalt gewährte großzügige Urlaubsregelung spendete er zwischen Oktober 1902 und seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Oktober 1903 vierteljährlich mehr als die Hälfte seines jeweiligen Gehalts für das Volkswirtschaftliche Seminar.83 Im Laufe des Jahres 1902 hat Max Weber mehrfach versucht, seine akademische Tätigkeit wieder aufzunehmen. Dokumentiert sind seine Teilnahme an der Sitzung der Philosophischen Fakultät am 19. Juli 1902, wo auf seinen 76 Zu Schellhaß und Haller vgl. Schmitt, Max Webers Verständnis des Katholizismus (wie oben, S. 31, Anm. 74), S. 106 f.; zur Vermittlung der Pension vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 23. Juni 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 77 Vgl. „Systematischer Katalog von Bernhard Bess, angelegt August 1903“ (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts Rom). Die Auswertung erfolgte vor Ort durch Edith Hanke. 78 Vgl. Schmitt, Max Webers Verständnis des Katholizismus (wie oben, S. 31, Anm. 74), S. 115, Anm. 102. 79 Ebd., S. 109, S. 152 f. (Anhang). 80 Vgl. die Karten an Marianne Weber vom 7., 10. und 11. Apr. 1902, unten, S. 823, 825 und 826. 81 Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 18. Apr. 1902, unten, S. 840–842. 82 Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, unten, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung. 83 Vgl. den Brief an Franz Böhm vom 16. Mai 1902, unten, S. 843 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 3.
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Antrag hin die Habilitationsordnung geändert wurde,84 sowie an zwei Prüfungen im Fach „Politische Ökonomie“, die er am 29. November und 12. Dezember 1902 gemeinsam mit Karl Rathgen abnahm.85 Auch kündigte er wieder, wie schon für das Sommersemester 1902, für das Wintersemester 1902/03 Lehrveranstaltungen (Agrarpolitik, Volkswirtschaftliches Seminar bzw. Übungen) an, die jedoch ebenso wenig wie im vorhergehenden Semester zustande kamen.86 Anfang Juni, regelmäßig vor- und nachmittags, scheint er im Seminar und der Bibliothek u. a. an der Ausarbeitung eines Kolleghefts gesessen zu haben.87 Daß er auch wieder nationalökonomische Debatten verfolgte, zeigen seine Bemerkungen über die Lektüre des Aufsatzes von Alfred Weber über „Deutschland am Scheidewege“.88 Auch hatte er wieder Kontakt zu einzelnen Studenten, wie dem zionistischen Politiker Leo Mockin.89 Die Kontakte zu den „alten Freunde[n]: vor allem Troeltsch, Hensel, Jellinek, Neumann“ wurden wieder aufgenommen.90 Auf Anregung Marianne Webers fanden zudem seit Juni regelmäßige Treffen samstags mit weiteren Freunden, Kollegen und deren Angehörigen in Heidelberger Gasthäusern statt: im Sommer in der Stiftsmühle und im Winter im Scheffelhaus.91 Während Max Weber diese Form der Geselligkeit entgegenkam, empfand er die Teilnahme an der Hochzeit seiner jüngsten Schwester Lili in Berlin Anfang August 1902 als starke Belastung.92 Im September 1902 verbrachte er rund zwei Wochen (vom 8. bis 20. September) mit seiner Mutter, deren Umzug in Charlottenburg kurz bevorstand, seiner Schwester Clara und deren Familie auf Borkum.93 Diese Reise scheint ihm Erholung gebracht zu haben: Marianne Weber berichtete ihrer Schwiegermutter direkt einen Tag nach seiner Rückkehr, daß er „nun gleich Gottl‘s
84 Brief an Carl Bezold, vor oder am 16. Juli 1902, unten, S. 853. 85 Karten an Marianne Weber vom 27. und 30. Nov. 1902, unten, S. 866 und 870, jeweils mit Anm. 2. 86 Vgl. MWG III/1, S. 63. 87 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Juni 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 88 Brief an Alfred Weber, vor dem 30. Juli 1902, unten, S. 854–856. 89 Ebd. 90 Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 271. 91 Briefe an Marianne Weber vom 5. Okt. und 30. Nov. 1902, unten, S. 862 f. und 870 f.; vgl. auch den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Juni 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 92 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Juli 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 271 f. 93 Karte an Helene Weber vom 15. Sept. 1902, unten, S. 860 f.; vgl. auch den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 21. Sept. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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schweres Buch lese“;94 am 1. Oktober 1902 sah man ihn „ca. 4 Stunden täglich“ arbeiten und am 20. Oktober 1902 fügte Marianne Weber hinzu, daß er inzwischen auch eine Rezension von Philipp Lotmars Buch „Der Arbeitsvertrag“ für Heinrich Brauns Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik abgeschlossen habe.95 Wenig später muß diese kurze produktive Phase wieder unterbrochen worden sein, denn Marianne Weber berichtete am 8. November 1902, daß er seit 14 Tagen wieder „recht müde“ sei und „mit seiner litterarischen Arbeit pausieren“ müsse, „obwohl er alle Gedanken fertig im Kopfe“ habe.96 Tatsächlich belasteten ihn die Prüfungen, die er übernommen hatte, so erheblich, daß er am 1. Dezember 1902 Ernst Mommsen um ein neues Rezept für Codein bitten mußte.97 Am 10. Dezember 1902 berichtete Marianne Weber erneut über seine erheblich reduzierte Arbeitskraft und Konzentrationsfähigkeit; er arbeite „vormittags immer eine bis zwei Stunden, aber ohne Vergnügen“ und müsse nachmittags auf der Couch „dämmern“. Dieser Zustand dauere nun schon seit fünf Wochen an; besonders belaste ihn psychisch „Geld zu beziehen u. in absehbarer Zeit nichts leisten zu können, u. dazu das Gefühl, daß uns allen Dir u. mir u. allen Menschen nur der Berufsmensch u. der, der irgend etwas machen könnte für voll gälte.“98 Unter diesen Bedingungen wurde der Plan, wieder zu verreisen, den Marianne Weber schon Anfang November erwähnte hatte,99 konkret. Da Marianne Weber ihre Familienangehörigen über die Weihnachtszeit besuchte, reiste Max Weber kurz vor Weihnachten allein nach Genua. Trotz der gesundheitlichen Rückschläge hat Max Weber seit Herbst 1902 wieder intensiv geschrieben. Neben der zitierten Rezension arbeitete er an dem ersten größeren wissenschaftlichen Beitrag seit Ausbruch seiner Krankheit Mitte 1898, den er „mit Bleistift auf große Konzeptpapierbögen“ skizzierte.1 Es handelte sich um die spätere Abhandlung über „Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie“, die er zur Würdigung von Karl Knies und aus Anlaß einer Festschrift zum 100. Jah-
94 Marianne Weber an Helene Weber vom 21. Sept. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Es handelt sich um Gottl, Friedrich, Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. – Jena: Gustav Fischer 1901. 95 Vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 1. Okt. sowie 20. Okt. 1902, beide: Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Die Rezension ist ediert in: MWG I/8, S. 34–61. 96 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Nov. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 97 Karte an Marianne Weber vom 1. Dez. 1902, unten, S. 872. 98 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 99 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Nov. 1902, ebd. 1 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 20. Okt. 1902, ebd.
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restag der Neugründung der Universität Heidelberg 1903 übernommen hatte.2 Bis zu seiner Abreise nach Genua am 19. Dezember stellte er Teile davon fertig. Teils diktierte er den Text, teils schrieb ihn Marianne Weber ab. So erwähnte Marianne Weber, daß es eines zusätzlichen „Diktatschreiber[s]“ bedürfe, „denn mehr als eine Stunde pro Tag kann ich nicht gut für ihn schreiben“.3 Dieser „Diktatschreiber“, „der Jüngling“, wurde tatsächlich eingestellt; Mitte Dezember 1902 berichtete Marianne an Helene Weber, daß sie „noch einige Tage mit dem Diktat seiner Arbeit (1/3 etwa davon) zu thun“ habe, „auch nachher will ich für ihn schreiben, weil ich‘s so viel schneller kann als der Jüngling.“4 Ende Dezember – sie hatte das Manuskript mit nach Lemgo genommen – beklagte sie sich bei Alfred Weber: „Arbeiten kann ich natürlich nicht – nun schon wieder seit Wochen nicht – nur einen Teil von M‘s Arbeit habe ich zu entziffern u. abzuschreiben versucht. Es ist, wie wenn man Keilschriften u. Rösselsprünge erraten soll u. ich fauche wohl manchmal dabei, freue mich aber doch heimlich, wenn ich wieder einen klugen Gedanken enträtselt habe.“5 Noch genauer erfahren wir etwas über den Stand des Manuskripts am 30. Dezember 1902: „Hör mal Dein Roscher wird ja [ein] ernorm gelehrter u. komprimierter philosophischer Extrakt, Du, an der einen Seite 11 habe ich heute 2 ½ Stunden abgeschrieben. Ich finde es nur schade, daß Du so viel Weisheit in die Anmerkungen packst, die sollte auch oben im Texte stehen, das macht sich viel schöner?“6 Am 3. Januar 1903 war Max Weber soweit, daß er hoffte, „wenigstens die Stoffeinteilung für den Rest dieser verfl. Arbeit mit nach Hause zu bringen.“7 Am 10. Januar 1903 teilte Marianne Weber ihm ihrerseits mit: „Dein Roscher ist jetzt abgeschrieben“.8 Ob damit der ganze erste Teil über „Roschers ‚Historische Methode‘“ gemeint war, oder nur Teile davon, läßt sich nicht sagen. Obwohl sich also in den Äußerungen Max Webers selbst kaum direkte Hinweise auf seine wiederaufgenommene schriftstellerische Tätigkeit finden lassen, läßt sich dennoch dank der begleitenden Familienkorrespondenzen belegen, daß im Herbst 1902 definitiv das Ende seiner jahrelangen Unfähig-
2 Vgl. ebd. Max Weber bot sie Gustav Schmoller am 20. Februar 1903 für sein Jahrbuch an (vgl. MWG II/4, S. 43 f.). Die erste der insgesamt drei Folgen erschien dort im Oktober 1903 (Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. (Erster Artikel), in: SchmJb, N.F. 27. Jg., Heft 4, 1903, S. 1–41 (= S. 1181–1221); MWG I/7). 3 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 20. Okt. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 4 Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. Dez. 1902, ebd. 5 Brief von Marianne Weber an Alfred Weber vom 29. Dez. 1902, ebd. 6 Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 30. Dez. 1902, ebd. 7 Brief an Marianne Weber vom 3. Jan. 1903, MWG II/4, S. 33 f., Zitat: S. 34. 8 Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 10. Jan. 1903, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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keit zur intellektuellen Arbeit erreicht war und der Beginn einer neuen Phase einsetzte.
2. Zur Überlieferung und Edition Die Grundsätze, die die Herausgeber bei der Edition des Briefwerks geleitet haben, sind in der Einleitung zu Band II/5 der Max Weber-Gesamtausgabe niedergelegt (MWG II/5, S. 10–14). Darauf sei hier verwiesen. Dort ist auch dargelegt worden, welche Konsequenzen sich aus der fragmentarischen Überlieferung des Briefwerks für die Edition ergeben, einschließlich des Verzichts auf die Mitteilung der nur im Ausnahmefall überlieferten Gegenkorrespondenzen. Marianne Weber hat die an sie gerichteten Briefe Max Webers fast lückenlos gesammelt, und auch die Korrespondenz mit Paul Siebeck ist im Verlagsarchiv vollständig überliefert. Lücken in der Überlieferung sind entstanden durch die bewußte Vernichtung von Briefen durch Helene Weber, die ihre Kinder im Kontext des Zerwürfnisses Max Webers mit seinem Vater an sie gerichtet hatten.9 Dazu dürften auch Briefe Max Webers an seine Mutter gehört haben. Über den Streit mit Max Weber sen. sind wir daher aus erster Hand lediglich unterrichtet durch die Briefe Max Webers an seinen Bruder Alfred. Darüber hinaus sind keinerlei Briefe Max Webers an seinen Vater nach 1889 nachgewiesen; auch dies deutet auf eine Vernichtung von Briefen hin. Weitere Überlieferungslücken sind durch die Vernichtung von Material im Kontext von Max Webers Krankheit entstanden. So wurden nachweislich Passagen aus Briefen herausgeschnitten, die Max Weber während seines Aufenthalts im Sanatorium „Konstanzer Hof“ an Marianne Weber geschrieben hat.10 Diese Briefe werden als Brieffragmente ediert.11 Die Korrespondenz Max Webers mit seinem Verleger Paul Siebeck kann vom allerersten Brief vom 18. Mai 1895 an dokumentiert werden. Sowohl die Briefe Max Webers an Paul Siebeck sind vollständig überliefert als auch die Briefe des Verlegers an ihn. Die Briefe Max Webers an Paul Siebeck von 1895 an befinden sich zusammen mit den Gegenbriefen Paul Siebecks (Durchschläge) vom 1. Januar 1898 an als Deponat in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die vorausgehenden Gegenbriefe Paul Siebecks von 1895
9 Vgl. den Brief von Helene Weber an Alfred Weber, undat. [ca. Juli 1897], BA Koblenz, Nl. Alfred Weber; vgl. auch: Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 244, sowie Roth, Familiengeschichte, S. 530, Anm. 24. 10 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, unten, S. 520 f. 11 Vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 7., 15., 19. und 21. Aug. 1898, unten, S. 542–544, 558 f., 563–565, sowie 566 f.
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bis Ende 1897 liegen in den Briefkopierbüchern des Verlags in der Staatsbibliothek zu Berlin vor. Die Briefkopierbücher wurden für die Max WeberGesamtausgabe systematisch ausgewertet. Das Vorhandensein dieser Gegenkorrespondenzen, deren Inhalt im editorischen Apparat mitgeteilt wird, erlaubt die nahezu lückenlose Rekonstruktion von Max Webers frühen Herausgebertätigkeiten in enger Zusammenarbeit mit dem Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) und der ebenfalls der Familie Siebeck gehörenden H. Laupp’schen Buchhandlung. Darüber hinaus dokumentieren sie die Entstehung der lebenslangen Freundschaft, die Max Weber mit seinem Verleger verband. Die Überlieferungslage der Briefe Max Webers von den Reisen nach Schottland und Irland (1895) sowie Frankreich und Spanien (1897) stellten besondere Anforderungen an die Editoren. Im Falle der Briefe aus Frankreich und Spanien an Helene Weber zwischen dem 29. August und dem 20. September 1897 ist der Verbleib der Originale nicht ermittelt. Die Originale stammten aus dem Besitz der Familie Baumgarten. In der Edition wird auf die in der Max Weber-Arbeitsstelle der Universität Heidelberg befindlichen Kopien zurückgegriffen. Auf Abschriften wird nur dann zurückgegriffen, wenn weder Originale noch Kopien der Originale vorliegen. Es sind eine Reihe von Abschriftenkonvoluten speziell der Reisebriefe überliefert. Emmy Baumgarten erstellte für beide Reisen 1895 und 1897 handschriftliche Erst- und Zweitabschriften der Briefe Max Webers an Helene Weber.12 Auch liegen maschinenschriftliche Abschriften dazu in jeweils zwei Fassungen vor,13 versehen mit einigen Korrekturen von der Hand Marianne Webers. Inwieweit diese maschinenschriftlichen Abschriften im Kontext von Publikationsplänen Marianne Webers zu Beginn der 1950er Jahre oder bereits früher in einem anderen Zusammenhang entstanden sind, konnte nicht ermittelt werden. Emmy Baumgarten erstellte vermutlich ihre handschriftlichen Abschriften zeitnah, möglicherweise als eine Art Beschäftigungstherapie, die ihr über ihre eigene Krankheit hinweghelfen sollte. Emmy Baumgartens Abschriften stehen, wie ein systematischer Vergleich mit den maschinenschriftlichen Abschriften und den erhaltenen Originalbriefen Max Webers an Helene 12 Erste Fassungen: Privatbesitz, Verbleib unbekannt, Kopien in der Max Weber-Arbeitsstelle der Universität Heidelberg; zweite Fassungen: handschriftliche Reinschriften, unter dem Titel „Reisebriefe aus Schottland und Irland von Max. 1895“, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, sowie „Briefe aus Spanien[,] Abschrift von E[mmy] B[aumgarten]“, ebd. 13 Es handelt sich um: 1. „Reisebriefe aus Schottland u. Irland (1895) von Max Weber“, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, (zwei Ausfertigungen 1 und 1a), 2. „Briefe aus Spanien, 1897 (masch. Abschr.)“, (zwei Ausfertigungen 2 und 2a), ebd.; 3. „Reisebriefe an Helene Weber Sommer 1895“, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30/12, Bl. 22–44; 4. „Reisebriefe an Helene Weber, Sommer 1897“, ebd., Bl. 45–79.
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Weber ergibt, den Originalbriefen am nächsten. Auf ihre Abschriften wird daher in zwei Fällen, in denen kein Original oder eine Kopie des Originals vorliegt, zurückgegriffen.14 Die genannten maschinenschriftlichen Abschriften dagegen werden vernachlässigt. Des weiteren sind aus dem Kreis der Familie Baumgarten handschriftliche Abschriften der Briefe an Fritz Baumgarten von der Reise 1895 überliefert. Sie gelangten 1935 zusammen mit Originalbriefen Max Webers an Fritz Baumgarten und Hermann Baumgarten an Marianne Weber und befinden sich heute im Nachlaß Max Webers in Berlin.15 Der Schreiber läßt sich nicht feststellen. Im Fall des Briefes Max Webers an Fritz Baumgarten vom 19. August 1895 wurde, da der Verbleib des Originalbriefes nicht ermittelt ist, bei der Edition auf die entsprechende Abschrift zurückgegriffen.16 Die Originalreisebriefe Max Webers enthalten an einigen Stellen Zusätze von der Hand Marianne Webers. Diese werden, mit Ausnahme zweier von ihr mitunterzeichneter Briefe,17 editorisch vernachlässigt. Ebenfalls nur in Ausnahmefällen werden inhaltlich relevante Zusätze Marianne Webers in der Editorischen Vorbemerkung mitgeteilt. Nach dem Ausbruch der Erkrankung hat Marianne Weber Max Weber zunächst seit September 1898 und 1899 gelegentlich, dann in den Jahren 1900 bis 1902 (bzw. bis ca. Mitte 1903) regelmäßig bei der Abfassung offizieller Schreiben, von Verlagskorrespondenz sowie Schreiben an Doktoranden unterstützt.18 Wie aus Vermerken auf einigen dieser Schreiben hervorgeht, hat Max Weber diese Briefe diktiert,19 teilweise noch mit eigenen Zusätzen versehen, im übrigen aber nur unterzeichnet. Marianne Weber schrieb zudem im Juli und August 1900, als sich Max Weber in Behandlung im Sanatorium in Urach befand, zahlreiche Briefe in Form von Kärtchen vor; so konnte er sich auf wenige Zusätze beschränken, um ihr seinen gesundheitlichen und seelischen Zustand in groben Zügen mitzuteilen.20 Diese von Marianne 14 Vgl. die Briefe an Helene Weber vom 22. Aug. 1895, unten, S. 108–111, sowie vom 29. Aug. 1897, unten, S. 385–390. 15 GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 67–70. Die Überlieferung ergibt sich aus einem beiliegenden, an Marianne Weber adressierten Umschlag vom 23. Juli 1935, auf dessen Rückseite Marianne Weber notierte: „Max an Hermann Baumgarten 1882–1892 u. einige an Fritz Baumgarten von der schottischen Reise Sommer 1895“. 16 Unten, S. 106 f. 17 Vgl. die Briefe an Helene Weber vom 28. Aug. 1895, unten, S. 117–121, und vom 1. Sept. 1895, unten, S. 122–127. 18 Die einzige Ausnahme aus der Zeit vor 1898 bildet der Brief an Edwin R. A. Seligman vom 22. März 1897, unten, S. 302 f. 19 Vgl. u. a. die Briefe an Ludwig Arnsperger vom 3. Apr. 1902, unten, S. 819 f., sowie an Franz Böhm vom 16. Mai 1902, unten, S. 843 f. 20 Vgl. die Briefe an Marianne Weber zwischen dem 15. Juli und bis vor dem 19. Aug. 1900, unten, S. 744–760. Vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, unten, S. 744 f.
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Weber vorgeschriebenen Kärtchen werden editorisch ebenso wie die ihr diktierten Briefe behandelt, d.h. die jeweiligen Zusätze Max Webers werden grundsätzlich textkritisch als eigenhändig, im Falle von Einschüben in den laufenden Text bzw. beim Ausfüllen einer von Marianne Weber bewußt gelassenen Lücke auch diakritisch gekennzeichnet. Eine weitere Besonderheit sind die in italienischer Sprache abgefaßten, offen versandten Postkarten, die Max Weber zwischen dem 26. November und 31. Dezember 1902 (bzw. 9. Januar 1903) an Marianne Weber schrieb.21 Durch die italienische Sprache sollte der teilweise intime Charakter der Mitteilungen gewahrt bleiben.22 Die Karten werden in italienischer Sprache ediert, wobei in den sprachlichen Duktus, die Wortwahl und Grammatik nur behutsam eingegriffen und textkritisch mit „Zu erwarten wäre“ annotiert wird. Zum besseren Verständnis wird eine typographisch davon abgesetzte deutsche Übersetzung der Editoren beigefügt.23 Auch für diesen Band gilt, daß die Herausgeber und Bearbeiter alle denkbaren Schritte unternommen haben, die in den unterschiedlichsten Beständen verstreut überlieferten Briefe Max Webers zu ermitteln. Es darf davon ausgegangen werden, daß die erhaltenen Briefe nahezu vollständig in die Edition eingegangen sind. Die Herausgeber waren bemüht, Lücken in der Überlieferung durch eine angemessene Kommentierung und editorische Vorbemerkungen zu schließen und dem Leser den jeweiligen Kontext zu erhellen. Da die an Max Weber gerichteten Briefe, mit Ausnahme der Korrespondenzen mit Marianne Weber und Paul Siebeck, nur in Einzelfällen überliefert sind, blieb den Editoren nur die Möglichkeit, sich auf den Abdruck der Briefe Max Webers zu beschränken. Diese sind einschließlich nicht abgesandter Konzepte und Fragmente vollständig aufgenommen worden. Nicht überlieferte, aber nachgewiesene Briefe werden im Apparat verzeichnet. Soweit Korrespondenda vorliegen, deren Kenntnis für das Verständnis des Briefes erforderlich ist, wird der Leser in den Editorischen Vorbemerkungen auf diese hingewiesen und gegebenenfalls der Sachverhalt paraphrasiert wiedergegeben. Ansonsten sind Korrespondenda, soweit diese überliefert sind, im Anmerkungsapparat nachgewiesen. Die Briefe werden in chronologischer Abfolge präsentiert. Im Briefkopf werden zunächst der Adressat, dann die Datierung und der Ort der Niederschrift, die Art des Textzeugen und schließlich der Fundort mitgeteilt. Sofern die
21 Unten, S. 864–889; MWG II/4, S. 29–42. 22 Am 30. Dezember 1902 bat Marianne Weber Max Weber darum, auch weiterhin teils deutsch, damit ihr Vater die Karten lesen könne, teils italienisch, damit er sie nicht lesen könne, zu schreiben (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 23 Vgl. dazu auch die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Marianne Weber vom 26. Nov. 1902, unten, S. 864.
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Datierung aus dem Poststempel erschlossen worden ist, wird dies mit der vorangestellten Sigle PSt kenntlich gemacht. Sollte die Datierung eines Briefes nicht oder nur unvollständig möglich sein, so wird dieser am Ende des fraglichen Zeitraums mitgeteilt. Sofern der Ort der Niederschrift nur aus dem vorgedruckten Briefkopf erschlossen ist, wird dies durch die vorangestellte Sigle BK kenntlich gemacht, sofern sich dies aus dem Poststempel ergibt, wird dem Ort der Niederschrift die Sigle PSt vorangestellt. Von den Herausgebern erschlossene Datierungen sind in eckige Klammern gesetzt und die Datierung in der Editorischen Vorbemerkung begründet. Dort werden gegebenenfalls auch weitere Angaben über die Eigenart und den Zustand des Textzeugen mitgeteilt. Dabei wird zwischen Briefen, Karten und Telegrammen sowie Abschriften und Abdrucken unterschieden: Letztere sind dem Druck nur dann zugrunde gelegt worden, wenn die Originale nicht überliefert sind. Die Datumszeile reproduziert Max Webers eigenen Text; die vorgedruckten Teile des jeweiligen Briefkopfes – z. B. die Namen von Hotels – sind kursiv wiedergegeben, um sie von dem eigentlichen Text unterscheiden zu können. Die Textpräsentation behält die Orthographie, Interpunktion und Grammatik der Originale bei und emendiert nur dort, wo dies für das Textverständnis unabdingbar ist. Einschübe im Text sind kenntlich gemacht, Streichungen und Textersetzungen im Apparat annotiert. Mit Ausnahme der in der Datumszeile, in den Anrede- und Schlußformeln verwendeten Abkürzungen werden unübliche Abkürzungen im Text aufgelöst und die Ergänzungen durch eckige Klammern kenntlich gemacht; ansonsten sei auf das Abkürzungsverzeichnis verwiesen. Bei Max Weber durch Asterisken gekennzeichnete Zusätze bzw. Anmerkungen werden in arabischer Zählung unter dem Text wiedergegeben. Die Asterisken werden durch Ziffern mit runder Klammer ersetzt. Eindeutig falsche Schreibweisen, auch in Fremdsprachen, werden emendiert und im Apparat annotiert. Dies gilt ebenso für in den Reisebriefen nicht korrekt wiedergegebene Ortsnamen in der Fremdsprache (inklusive Akzentsetzung). Als Richtschnur gilt die Ausgabe des zeitnächsten „Baedeker“. Eine Ausnahme bilden die bereits oben erwähnten24 durchweg in italienischer Sprache verfaßten Karten an Marianne Weber von 1902, in deren Text nur in Ausnahmefällen eingegriffen wird. Satzzeichen werden dann, wenn sie für das Textverständnis notwendig sind, in eckigen Klammern ergänzt, bei den Abschriften, die in aller Regel auf Marianne Weber zurückgehen, werden offensichtliche Abschreibfehler stillschweigend korrigiert, z. B. de fakto > de facto; ebenso wird hier vom Nachweis handschriftlicher Korrekturen an maschinenschriftlichen Vorlagen abgesehen. Datierungsfehler werden nur dann emendiert, wenn sich die richtige Datierung zweifelsfrei nachweisen läßt. Im übrigen wird
24 Oben, S. 39.
Einleitung
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auf die Editionsregeln hingewiesen, die am Ende dieses Bandes wiedergegeben sind.25 Im Sachkommentar werden Sachverhalte, deren Kenntnis für das Verständnis der Briefe erforderlich ist, erläutert. Alle in den Briefen nur mit ihren Vornamen erwähnten Personen werden im Anmerkungsapparat unter Angabe des Nachnamens identifiziert. Von dieser Regel werden die nächsten Anverwandten Max Webers ausgenommen, und zwar seine Frau Marianne Weber, geb. Schnitger, seine Mutter Helene Weber, geb. Fallenstein, seine Geschwister Alfred Weber, Karl Weber, Arthur Weber, Clara Weber, verheiratete Mommsen, und Lili Weber, verheiratete Schäfer. Die Schwäger Max Webers, Ernst Mommsen und Hermann Schäfer, und die Schwägerin Valborg Jahn, verheiratete Weber, werden hingegen jeweils durch Mitteilung des Nachnamens im Anmerkungsapparat identifiziert. Alle in den Briefen genannten Namen von Mitpatienten während der Sanatoriumsaufenthalte in Konstanz und Urach werden anonymisiert. Das Personenverzeichnis gibt ergänzende biographische Hinweise auf die in den Briefen erwähnten Personen; im Sachkommentar werden daher nur solche Erläuterungen zu Personen gegeben, die für die betreffende Briefstelle aufschlußreich sein können. Um die weitverzweigten und teilweise sich kreuzenden Verwandtschaftsbeziehungen im Zusammenhang sichtbar zu machen, werden dem Personenverzeichnis Übersichten über die Nachkommen von Georg Friedrich Fallenstein, dem Großvater Max Webers, und Carl David Weber, dem Bruder von Max Webers Vater und Großvater von Marianne Weber, angefügt. Das Register der Briefempfänger sowie Orts- und Personenregister gewähren zusätzliche Möglichkeiten der Erschließung des Briefbestandes. Zur Entlastung des Anmerkungsapparates wird im Anhang ein bislang unbekanntes Memorandum Max Webers über die Gründung einer nationalsozialen Zeitung und Vereinigung durch Friedrich Naumann, das Max Weber zwischen dem 23. und 30. September 1896 verfaßt haben dürfte, erstmalig veröffentlicht. Außerdem werden die zwischen dem Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) und den Herausgebern der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ 1897, 1899 und 1900/01 geschlossenen Verlagsverträge mitgeteilt und die Itinerare der Reisen 1895 nach Schottland und Irland sowie 1897 nach Frankreich und Spanien angefügt.
25 Vgl. unten, S. 1021–1027.
Briefe Januar 1895 – Juni 1898
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Alfred Weber 2. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 2, Bl. 105–108 Bezug: der Brief Alfred Webers vom 29. Dezember 1894 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Darin fragt Alfred Weber nach Material „über die Erfolge der Sozialdemokratie auf dem Lande [. . .] außer den Generalberichten der Enquete des Vereins f. Soz. Pol. und einer neueren preußischen Wahlstatistik“: „Einem Dr. Senger, dessen Du Dich vielleicht aus den Donnerstag Abenden von vor ein paar Jahren erinnerst, und der gegenwärtig eine Arbeit über dies Thema für das Seringsche Seminar übernommen hat, habe ich versprochen Dich darüber zu fragen. Betreffs des in der Enquetebeantwortung des ev[angelisch-] soz[ialen] Kongresses enthaltenen Materials, nach dem Dr. Senger sich bei mir auch erkundigte, habe ich ihm gesagt, daß die Antworten noch nicht fertig verarbeitet wären. – Wenn Du mir bestätigen willst, daß Deines Wissens sonst nichts existiert, was ich bereits behauptet habe, wäre ich sehr dankbar.“ Der Brief steht darüber hinaus im Zusammenhang mit Max Webers Vortrag „Probleme der Börsenorganisation“ am 12. Januar 1895 in Berlin (MWG I/5, S. 893–897). Die Volkswirtschaftliche Gesellschaft hatte Max Weber dazu eingeladen; sie war 1860 aus dem 1846 gegründeten Freihandelsverein hervorgegangen und gab seit 1879 zusammen mit der ständigen Deputation des Kongresses deutscher Volkswirte die „Volkswirthschaftlichen Zeitfragen“ heraus. Wie aus dem Brief an Marianne Weber vom 10. Januar 1895, unten, S. 51 f., hervorgeht, hielt sich Max Weber zwischen Samstag, dem 12. Januar 1895, nachmittags, und dem 14. Januar 1895, mittags, in Berlin bzw. Charlottenburg auf, bevor er wieder nach Freiburg zurückreiste.
Schillerstr.a 22 Freiburg i /B 2/1 95 Lieber Alfred!
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Was zunächst die Frage von Herrn Dr S[enger] anlangt,1 so existiert m. W. keinerlei Material über die Sozialdemokratie und die Landarbeiterbewegung. Ich meinerseits weiß nur, daß neuerdings die dänische Landarbeiterpartei in Jütland sich officiell der Sozialdemokratie angeschlossen hat.2 Welchen Bruchteil der dortigen Landarbeiter sie umfaßt, ist mir nicht bekannt. – a O: Schillerst 1 Es konnte nicht ermittelt werden, um welchen Dr. Senger es sich handelt. 2 Der Delegiertenkongreß der sozialdemokratischen Landarbeitervereine Jütlands erklärte sich Pfingsten 1893 mit einer einheitlichen Organisationsform einverstanden, und zwar nach dem Muster der vom Sozialdemokratischen Bund, also der dänischen Sozialdemokratie, entworfenen Statuten für Landarbeitervereine. Diese sollten auch auf alle künftig zu errichtenden Landarbeiterorganisationen Anwendung finden. Vgl. Lahme, Hans-Norbert,
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Noch immer bin ich Dir den Dank für Deinen damaligen Brief schuldig, der mit Ernst’s Besuch zusammentraf. Was aus Allem hervorgeht, ist, daß, wie ja zu befürchten war, J. sich nicht als geeignete Stütze erweist.3 Unnütz ist er ja trotzdem keineswegs, wenn er, wie es nach Ernst’s Erzählungen scheint, sich Vertrauen zu erwerben wußte. Aber daß er bkeinesfalls etwas Entscheidendesb thun würde, geht mir noch deutlicher aus Julius Jolly’s Äußerungen über das hervor, was er diesem gesagt hat („ganz vorübergehende Geschichte“ etc. etc.) [.] 4 Und die Vermittlung, deren er sich zu Dir bediente, besagt ja auch genug. – Ich werde nun also, wie Du ja weißt, am Sonnabend über 8 Tage5 nach Berlin kommen und Montag darauf wieder abfahren. Die kläglichen Gesellen der „Volksw[irtschaftlichen] Ges[ellschaft]“ haben im letzten Moment noch verlangt, daß ich ein andres Thema als das ihnenc vorgeschlagene agrarische wähle; – ich hatte auf ihre erste Andeutung s. Z. angeboten, eventuell über Börsenorganisation zu reden, aber dabei betont, daß ich es sehr bedauern würde, wenn sie das wählten, da ich darüber nichts Neues zu sagen hätte.6 Trotzdem zogen sie es schließlich vor, da das „mehr Interesse fi nden würde.“ Ich wollte Marianne |:und Mama:| die Freude nicht verderben, sonst hätte ich daraufhin abgesagt. Hier geht es gut, die Collegen sind doch in der That exceptionell angenehm, Schulze-Gäv[ernitz] etwas unentwickelt in manchen Beziehungen, ich hatte auch im Seminar immer erst etwas zu schlucken,7 da stetig seine Angst hervortrat, ich möchte das Bedürfnis haben, ihn in den Hintergrund zu drängen und die Coordination, die ich ihm in aller Form zugesagt, nicht innehalten, – au fond aber ist er nicht übel und ich habe mein Urteil über ihn insofern zu seinen Gunsten revidiert, als er
b nichts > keinesfalls etwas Entscheidendes
c O: Ihnen
Sozialdemokratie und Landarbeiter in Dänemark (1871–1900). – Odense: Odense University Press 1982, S. 272. 3 Der Sachverhalt – der Besuch Ernst Mommsens und seine Berichte über Helene Webers Arzt „J.“ – ist nicht geklärt, da ein entsprechender Brief Alfred Webers an Max Weber nicht nachgewiesen ist. 4 Wie sich der Arzt gegenüber Julius Jolly, Max Webers Cousin, äußerte, ist nicht ermittelt. 5 Gemeint ist am Sonnabend, den 12. Januar 1895. 6 Der Brief Max Webers ist nicht nachgewiesen. 7 Max Weber spielt hier und im folgenden auf das von ihm gemeinsam mit seinem Freiburger Fachkollegen Gerhart von Schulze-Gaevernitz veranstaltete Kameralistische Seminar an. Vgl. MWG III/1, S. 55 f.
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in der That gescheut ist – nur ohne Geschmack, er sagt die größten Trivialitäten u. Umst. mit einem geheimnisvollen Ton in der Stimme, den ich wenigstens nicht fertig brächte, wenn ein College dabeisitzt. Am letzten Seminarabend vor den Ferien entwickelte sich, zum Gaudium der Hörer, ein Gladiatorenkampf, da er mein Bestreben, die „Einheit der wissenschaftlichen Wahrheit“ vor den Studenten zu wahren, also stets nur indirect zu widersprechen, wenn seine Brentano’schen8 Kategorien kamen, etwas misbrauchte. – Die Zuhörer-Verhältnisse sind keineswegs glänzend.9 – Gleichzeitig hiermit trifft ein erster Börsenenquete-Artikel ein,10 bitte gieb ihn auch Papa; ich habe so wenig Freiexemplare, daß ich nicht 2 schicken konnte. Die weitaus größte Belästigung sind hier vorläufig die gesellschaftlichen Pfl ichten, nach den ca 60–80 Besuchen kommen nun ebenso viele Einladungen, denen nicht zu entrinnen ist. Dazu kommen hier noch die Anforderungen des Erbgroßherzogl. Hofes. Neulich waren wir zum Tête-à-Tête befohlen, – er ist ein netter offner Kerl,11 sie dagegen horndumm,12 Marianne spielte mit einigem Glück das enfant terrible und gab ihr zu lachen, das war die einzige Rettung. Mit einigem Entsetzen hörte ich sie während einer Sprechpause sagen: „Oh, kgl. Hoh., ich bin noch aus einem viel kleineren“. . . „Stadt als Freiburg“ verbesserte sie sich noch im letzten Augenblick vor vollbrachter Majestätsbeleidigung. Doch genug des Plauderns über das Hiesige, das kann ja mündlich fortgesetzt werden. Sehr interessieren wird mich dagegen, wie weit es mit Deiner Arbeit ist.13 Ich habe mir wohl gedacht, daß die Sache noch nicht so schnell 8 Gemeint ist der Münchener Nationalökonom Lujo Brentano. 9 Da das Kameralistische Seminar privatissime und unentgeltlich angeboten wurde, gibt es keine Zahlungsliste, aus der sich die Teilnehmerzahl entnehmen läßt. Vgl. MWG III/1, S. 55. 10 Es handelt sich um die erste Folge von Weber, Max, Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete (MWG I/5, S. 195–353), die im Herbst 1894 erschienen war. Sie bildete den Auftakt einer eingehenden Darstellung Max Webers der Ergebnisse der Enquetekommission im Vorfeld der Börsenreformgesetzgebung von 1896. 11 Gemeint ist Friedrich I., Großherzog von Baden. 12 Es handelt sich um seine Gattin Luise, Großherzogin von Baden. 13 Gemeint ist die von dem Berliner Nationalökonomen Gustav Schmoller angeregte und betreute Doktorarbeit über die Hausindustrie, die Alfred Weber 1897 fertigstellte. Vgl. Weber, Alfred, Hausindustrielle Gesetzgebung und Sweating-System in der Konfektionsindustrie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1897 (auch in: AWGA, Band 5, S. 25–58). Alfred Weber
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druckreif werden würde. Entsinne ich mich im Augenblick recht, so schriebst Du s. Z. von einer etwas eigenartigen Unterredung mit Schmoller, speciell in Betreff des historischen Nebenfachs.14 Ich glaube, das ist eine ganz törichte Wichtigthuerei; das beste wäre wohl, wenn Du einmal (s. Z.) zu Scheffer-Boichorst15 und Lenz16 dgingest (neuered Geschichte ist schließlich das Bequemere, also kommt Lenz in Frage; mit ihm habe ich mich gut vertragen17 und er ist harmlos, während Sch[effer]-B[oichorst] sich nach Onkel Hermann’s Tode so häßlich äußerte,18 daß ich mit ihm hinter einander gerieth).e Ich kann mir nicht denken, daß der Krempel die geringste Schwierigkeit macht. – Schließlich möchte ich nicht unterlassen zu sagen, daß mir Karl, der über Weihnachten hier war, diesmal zum ersten Mal einen wirklich relativ erfreulichen Eindruck gemacht hat. Es schien mir, daß er ernstlich arbeitete und die Renommistereif nicht mehr so in erster Linie stand, wie früher, wohl unter dem Einfluß Schäfers,19 der in der That ein ganz außerordentlich starker zu sein scheint. Hiermit genug für heut. Auf Wiedersehen in 1½ Wochen. Ich schicke Dir und den näheren Bekannten Einladungskarten.20 Viele Grüße auch von Marianne [von] Deinem Max
d gingest; neuere > gingest (neuere
e gerieth. > gerieth).
f O: Rennomisterei
veröffentlichte seine Dissertation unter demselben Titel auch als Aufsatz (in: SchmJb, Jg. 21, 1897, Heft 1, S. 271–305). 14 Der Sachverhalt ist nicht geklärt, da ein entsprechender Brief Alfred Webers an Max Weber nicht nachgewiesen ist. 15 Es handelt sich um den Berliner Mediävisten Paul Scheffer-Boichorst. 16 Gemeint ist der Berliner Neuzeithistoriker Max Lenz. 17 Auf welchen Sachverhalt Max Weber hier anspielt, ist nicht ermittelt. 18 Der liberale Historiker Hermann Baumgarten, verheiratet mit Ida Baumgarten, einer Schwester von Max Webers Mutter, starb am 16. Juni 1893. Auf welche Äußerungen von Paul Scheffer-Boichorst Max Weber hier anspielt, konnte nicht ermittelt werden. 19 Gemeint ist der Architekturprofessor Karl Schäfer, der akademische Lehrer Karl Webers. 20 Vgl. den Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Jan. 1895, unten, S. 53.
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 5. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 446 Dieser sowie die folgenden Briefe an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, zwischen dem 12. und 31. März 1895, vom 26. März, 31. Juli, 8. August, 30. August sowie 4. September 1896, unten, S. 79, 171 f., 207, 208, 211 sowie 212, stehen in Zusammenhang mit der Abfassung und Drucklegung des zweiten Teils der populärwissenschaftlichen Schrift „Die Börse“, die Max Weber für die von Friedrich Naumann herausgegebene Göttinger Arbeiterbibliothek verfaßte. Im Herbst 1894 stellte Max Weber den ersten Teil fertig (Weber, Max, Die Börse. I. Zweck und äußere Organisation (Göttinger Arbeiterbibliothek, 1. Band, 2. und 3. Heft, hg. von Friedrich Naumann u. a.). – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1894, S. 17–48, ediert in: MWG I/5, S. 127–174, hinfort: Weber, Börse I). Unmittelbar danach kündigte er dem Verlag an, daß er den zweiten Teil im Verlauf der Weihnachtsferien 1894/95 erstellen wolle (Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 16. Oktober 1894, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 450; MWG II/2). Tatsächlich verzögerte sich, wie die folgenden Korrespondenzen mit dem Verlag zeigen, die Fertigstellung des Manuskripts um rund eineinhalb Jahre. Erst im August 1896 kam Max Weber dazu, den zweiten Teil zu vollenden bzw. niederzuschreiben, so daß die Broschüre im Herbst 1896 fertiggestellt und ausgeliefert werden konnte (Weber, Max, Die Börse. II. Der Börsenverkehr (Göttinger Arbeiterbibliothek, 2. Band, 4. und 5. Heft, hg. von Friedrich Naumann u. a.). – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1896, S. 49–80, ediert in: MWG I/5, S. 614– 657, hinfort: Weber, Börse II). Zur inhaltlichen Einordnung vgl. Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 1–111, sowie zur Entstehung die Editorischen Berichte, in: MWG I/5, S. 127– 134, 614–618.
Schillerstr.a 22 Freiburg i/B 5. 1. 95 Sehr geehrter Herr!
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Auf Ihren freundlichen Brief1 antwortete ich nicht gleich, da ich hoffte, das Mscr. fertig zu stellen und Ihnen gleich zuzuschicken. Es war nicht möglich, trotz erheblicher Arbeitsanstrengungen. Es ist nur zu ½ fertig und diese Hälfte muß noch comprimiert werden. Morgen beginnt das Semester wieder und vor Anfang Februar kann ich nun nicht daran denken, irgend etwas davon zu machen [.] Deshalb ist es mir beim besten Willen ganz unmöglich, es etwa in einigen Wochen fertig zu maa O: Schillerst. 1 Der Brief ist im Verlagsarchiv nicht verzeichnet (vgl. Copier-Buch vom 28.7.1893–11.3. 1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494).
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chen, der frühste Zeitpunkt wäre Ende Februar[.] Ultra posse nemo obligatur2 – ich habe die Fertigstellung hinter nichts Anderem zurücktreten lassen, aber grade rein populäre Sachen machen weit mehr Arbeit als der Nicht-Fachmann ihnen ansieht. Das Heft wird bestimmt ein Doppelheft und heißt: „Die Börse, II: Der Börsenverkehr“. Ihre sonstigen Wünsche werde ich gern, soweit irgend möglich, berücksichtigen. Aber mit dem Zeitpunkt der Fertigstellung muß ich Sie bitten bis Ende Februar Geduld zu haben, wie gesagt: mehr als ein Mensch an Arbeit leisten kann, kann er nicht. Hochachtungsvoll und ergebenst Max Weber P.S. Bezügl. Ihrer Anfrage nach einem „Evangel.-Sozialen“ Verlagsartikel, so ist noch die Bearbeitung der Landarbeiterenquête, von der eine erste Partie (Ost- und Westpreußen, Pommern) im Frühjahr fertig wird, zu vergeben.3 Ich wäre, das Einverständnis meines Freundes Göhre vorausgesetzt, bereit, mit Ihnen darüber zu verhandeln, bitte nur mit Ihren eventuellen Erörterungen ca 14 Tage zu warten, da ich jetzt derartig besetzt sein werde, daß ich vorher nicht auf Briefe antworten kann und die Sache leicht vergessen könnte. d.O.
2 Rechtsgrundsatz, nach dem Niemand verpflichtet ist, Unmögliches zu leisten. 3 Es handelt sich um die von Max Weber gemeinsam mit Paul Göhre 1892/93 im Auftrag des Evangelisch-sozialen Kongresses durchgeführte Erhebung bei Pfarrern zur Lage der Landarbeiter. Max Weber beauftragte eine Reihe von Doktoranden mit der Bearbeitung der Thematik und Auswertung der Fragebögen; die Arbeiten wurden allerdings erst zwischen 1899 und 1902 in der eigens dafür gegründeten Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ im Verlag H. Laupp, Tübingen, veröffentlicht (vgl. dazu den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten, S. 579–581, sowie MWG I/4, S. 688 f.).
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Marianne Weber 10. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers Vortrag „Probleme der Börsenorganisation“, den er am Samstag, dem 12. Januar 1895, auf Einladung der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft in Berlin hielt (vgl. MWG I/5, S. 893–897, sowie die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 2. Januar 1895, oben, S. 45). Anläßlich dieses Vortrags fuhr Weber am 11. Januar über Frankfurt a. M. nach Charlottenburg, wohin Marianne Weber bereits am 5. Januar 1895 gereist war (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 3. Januar 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Fr. i.B. Schillerstr.a 22 10 I 95 Liebes Herze!
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Schönsten Dank für Deinen Brief mit dem Bericht über Tante Henriette1 – aber liebes Herz, Du scheinst mir im Anschluß an Deine Ankunft in Charlottenburg vor allen Dingen einmal wieder Migräne gehabt zu haben, das ging mir aus der Müdigkeit hervor[,] die in Deiner Karte und auch noch in Deinem Brief lag. Ich habe inzwischen mein Dasein hier nicht eben besonders genossen, die letzten Nächte waren ziemlich schlaflos, einer derben Erkältung wegen, trotz riesiger Kübel starken Thees mit Wein [.] Montag Abend2 die Studenten hier waren recht nett, ich habe auch meinen Ehrgeiz nicht darein gesetzt sie in Strandkanonen zu verwandeln, – nur einer, ein ganz nettes frisches Kerlchen, hatte sich den Landwein etwas gar schmecken lassen und setzte sich, zufolge Eures gut gewichsten Bodens, beim Weggehen – statt wie Odysseus bei den Phäaken beim Kommen3 – in den Aschenkasten des Ofens [.] Zufolge meiner Verschnupftheit (im körperlichen Sinn), – übrigens liegt College Schmidt4 mit Halsentzündung zu Bett – komme ich auch
a O: Schillerst 1 Henriette Hausrath, Helene Webers Schwester. 2 Montag, der 7. Januar 1895. 3 Anspielung auf den 7. Gesang aus Homers Odyssee, in dem Odysseus sich bei der Ankunft im Palast des Königs der Phaiaken neben das Feuer in die Asche setzt und anschließend gastlich aufgenommen wird. 4 Der Jurist Richard Schmidt. Er wohnte im gleichen Haus wie Max und Marianne Weber.
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am Sonnabend erst mit dem Harmonika-Zuge5 Nachmittags, übernachte also in Frankfurt, werde aber noch unterwegs zu Mittag essen und also in Ch[arlottenburg] nur Kaffee trinken und mich dann bald nach Berlin trollen müssen. Abreisen werde ich Montag Mittag.6 – Eine Einladung zu Ziegler’s (Tanz im Europ. Hof) auf Sonnabend d. 19ten habe ich abgelehnt,7 da Du dann noch nicht zurück seiest. – Ich kann nicht sagen, daß ich es richtig fände, wenn künstlich jetzt eine Zusammenkunft mit Göhre arrangiert würde, es ist natürlicher, wenn ich ihm [,] etwa nachdem ich jetzt in Berlin gewesen bin [,] schreibe und wir uns dann etwa auf dem Evangel.-Soz. Congreß wiedersehen.8 Man muß ja jetzt doch in der Hauptsache, das Beste hoffend, abwarten was wird. 9 Nun herzlichen Gruß und Kuß [,] ich will zu Bett, genieße Charlottenburg bis es bald mit Dir thut Dein Max
5 Zeitgenössische Bezeichnung für einen Durchgangs-Zug. 6 Montag, der 14. Januar 1895. 7 Ob es sich um den Freiburger Pathologen Professor Ernst Ziegler und seine Frau Rosalie handelt oder um Theobald Ziegler und dessen Frau Minna in Straßburg, ist nicht zweifelsfrei zu klären. Die Einladung zu einer abendlichen Tanzveranstaltung spricht allerdings mehr für einen Bezug zu Freiburg. Das Hotel „Europäischer Hof“ lag gegenüber dem Freiburger Hauptbahnhof (der „Europäische Hof“ in Straßburg in der Blauwolkengasse 19). 8 Ein solcher Brief Max Webers an Paul Göhre ist nicht überliefert. Der Evangelisch-soziale Kongreß fand am 5. und 6. Juni 1895 in Erfurt statt. 9 Paul Göhre, Max Webers Weggefährte in der evangelisch-sozialen Bewegung, hatte vor ihrer Verlobung mit Max Weber vergeblich um Marianne geworben. Als Göhre Anfang Oktober 1894 dann seine Verlobung mit Luise Bischoff mit den Worten „endlich am Ziele“ mitteilte, war Weber nach Marianne Webers Darstellung „innerlich erregt u. in tiefster Seele entrüstet“ (Brief Marianne Webers an Helene Weber, undat. [am oder nach dem 9. Oktober 1894], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, vgl. auch den Brief an dieselbe, undat. [vor dem 8. Oktober 1894], ebd.)
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Adolph Wagner [vor dem 12. Januar 1895]; o.O. Abschrift; von dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 16 Diese und die folgenden Abschriften von vier Briefen an Adolph Wagner vom 14. März 1895, 21. Dezember 1896, 1. Januar 1897 und 4. Juli 1898, unten, S. 76 f., 258 f., 271– 273, und 503 f., befinden sich in einem Konvolut mit der Überschrift „5 Briefe Max Webers an Adolf Wagner. (Preuß. Staatsbibliothek)“ (ebd., Bl. 13–16). Abschriften dieser Abschriften von vierter Hand befinden sich ebd., Nr. 30, Bd. 4, Bl. 1–2, Bl. 8, sowie Bl. 11– 14. Da es sich, wie aus einem Verweis (ebd., Nr. 30, Bd. 4, Bl. 2) hervorgeht, eindeutig um Abschriften der Abschriften handelt, werden sie vernachlässigt. Das Datum ist erschlossen aus dem Inhalt und dem Brief an Alfred Weber vom 2. Januar 1895, oben, S. 48, in dem Max Weber sein Kommen nach Berlin und seinen Vortrag „Probleme der Börsenorganisation“ (MWG I/5, S. 893–897) für Samstag, den 12. Januar 1895 ankündigt.
Hochgeehrter Herr Geheimrath!
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Ich gestatte mir, gleichzeitig eine Karte für meinen Vortrag Sonnabend Ihnen zuzusenden. Sie erwähnten die Anwesenheit von Herrn Professor Dr. G. Cohn1 aus Göttingen. Falls denselben das Thema interessieren sollte, würde mir sein Erscheinen eine besondere Ehre sein. Da ich seine Adresse nicht kenne, so erlaube ich mir für den Fall [,] daß Sie ihn treffen sollten, eine Karte beizufügen. Mit den angelegentlichsten Empfehlungen Ihr sehr ergebener Max Weber
1 Gemeint ist der Nationalökonom Gustav Cohn, ein Spezialist in Börsenfragen.
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Alfred Weber 15. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 34–35 Dieser Brief und die folgenden Briefe an Karl Oldenberg vom 18. Januar 1895, unten, S. 60–62, sowie an Alfred Weber vom 28. Januar 1895, 1. Februar 1895 und 17. Mai 1895, unten, S. 65 f., S. 67 f. und S. 80–83, stehen im Zusammenhang mit der sogenannten „Affäre Kaerger“. Der Nationalökonom und Privatdozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule, Karl Kaerger, der zu Max Webers engerem Berliner Freundeskreis gehörte, war am 19. November 1894 in Berlin angeklagt worden, am 31. Mai 1894 in Wilmersdorf „mit einer Person unter 14 Jahren [. . .] unzüchtige Handlungen vorgenommen zu haben“ (Anklageschrift vom 19. November 1894, Abschrift, in: GStA PK, I. HA, Rep. 87 B, Nr. 20080, Bl. 20–21). Die Hauptverhandlung fand am 4. März 1895 bei der Zweiten Strafkammer des Kgl. Landgerichts II zu Berlin statt und endete mit einem Freispruch (Urteil vom 4. März 1895, Abschrift, ebd., Bl. 51–57). Kaerger wurde in der Folge gesellschaftlich gemieden und trat am 1. August 1895 eine Position als landwirtschaftlicher Sachverständiger im Auswärtigen Dienst in Südamerika an (PA AA, Personalakte Karl Kaerger). Kaerger war, wie Max Weber, Mitglied sowohl der Staatswissenschaftlichen Vereinigung als auch des daraus hervorgegangenen Donnerstagskreises, in deren beider Namen Max Weber nach der Anklageerhebung Kontakt zu Kaerger aufgenommen hatte, wie aus dem im folgenden edierten Brief hervorgeht. Die Staatswissenschaftliche Vereinigung war eng an das Berliner Staatswissenschaftliche Seminar angeschlossen. Ihr gehörten junge Gelehrte und fortgeschrittene Studenten unter der Leitung der Professoren Gustav Schmoller und August Meitzen an; ihre Mitglieder trafen sich jeden zweiten Montag zu Vorträgen. Der Donnerstagskreis dagegen war ein Gesprächskreis vor allem junger Juristen, Nationalökonomen und Historiker, der unabhängig von der Zusammenkunft in der Staatswissenschaftlichen Vereinigung wöchentlich am Donnerstagabend in zwangloser Runde zur Diskussion zusammen kam. Dieser Kreis wurde auch „kleine staatswissenschaftliche Gesellschaft“ genannt zur Unterscheidung von der 1883 von Gustav Schmoller gegründeten Staatswissenschaftlichen Gesellschaft, der ausschließlich renommierte Hochschullehrer und hohe Beamte angehörten (vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 148, weitere Belege: MWG I/4, S. 908 f. und S. 914 f.).
Schillerstr.a 22 Freiburg i /B 15. 1. 95 Lieber Alfred! Ich habe K[aerger] heute Vormittag noch einmal geschrieben1 u. ihm vorgehalten, daß seine Verurteilung höchst wahrscheinlich und im Fall derselben seine Verhaftung ziemlich sicher sei, dabei aber abschliea O: Schillerst. 1 Die Briefe sind nicht nachgewiesen.
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ßend bemerkt: daß [,] wenn er dessen ungeachtet das Bedürfnis empfi nde, den Termin wahrzunehmen, ich es nicht verantworten könneb ihn zum Fortgang zu drängen. Im Übrigen habe ich ihm unsre einstimmige Ansicht2 über die Unmöglichkeit weiteren Verkehrs mitgeteilt und gesagt, daß er auf heimischem Boden auch bei einer Freisprechung, es müßte denn der höchst unwahrscheinliche Fall einer „glänzenden“ Freisprechung eintreten, ein toter Mann sei und daß, wenn er anderwärts von der Pique auf neu beginnen wollte, ihm unsre Kameradschaft und Mittel, soweit sie uns selbst zu Gebote stünden, zur Seite stehen würden. – Wie es weiterc wird, kann ich nicht vermuthen, ich glaube man muß ihn nurd sich selbst überlassen. – Sollte er wider Erwarten sich etwas anthun, so telegraphiere mir bitte, ich komme dann eventuell, wenn es nützlich sein sollte. – Sering u. Oldenberg habe ich das Geschehene mitgeteilt.3 – Bitte halte mich doch auf dem Laufenden über erhebliche Geschehnisse. Als Termintag gab er, wie gesagt, wenn ich nicht ihn misverstanden habe, den 30ten an.4 Es ist mir nachträglich eingefallen, daß die Möglichkeit, daß ich ihn unrichtig verstand, nicht völlig ausgeschlossen ist [.] Man möchte doch jedenfalls gleich vom Ergebnis des Termins Nachricht haben. – Syndikus Endemann in Bremen hat seine junge Frau verloren, 5 wie er mir anzeigt. Vielleicht schicken die näheren Bekannten ihm eine Karte, auch soweit er ihnen keine Anzeige schickte.
b Alternative Lesung: könnte
c Alternative Lesung: wirken
d Unsichere Lesung.
2 Dies bezieht sich wohl auf die Mitglieder der Staatswissenschaftlichen Vereinigung sowie der „kleinen staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ (Donnerstagskreis). 3 Entsprechende Briefe an Max Sering und Karl Oldenberg sind nicht nachgewiesen. Möglicherweise unterrichtete Max Weber beide mündlich anläßlich seines Aufenthalts in Berlin, wo er am 12. Januar 1895 einen Vortrag über „Probleme der Börsenorganisation“ hielt; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 2. Jan. 1895, oben, S. 45. Vgl. auch den Brief an Karl Oldenberg vom 18. Jan. 1895, unten, S. 60–62, in dem er wieder auf die Affäre Kaerger Bezug nimmt. 4 Die Hauptverhandlung fand am 4. März 1895 statt (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 54). 5 Adolf Endemann, der zwischen 1894 und 1897 Syndikus der Bremer Handelskammer war, hatte seine Frau Brunhilde am 12. Januar 1895 verloren, die er erst am 21. April 1894 geheiratet hatte (Auskunft des Staatsarchivs Bremen vom 21. April 2010). 1890 hatte sich Max Weber um die Bremer Syndikusstelle beworben (Brief an Hermann Heinrich Meier (Handelskammer Bremen) vom 10. Juli 1890, Archiv der Handelskammer Bremen; MWG II/2).
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Endlich bitte ich Dich noch, Adolf Wagner, wenn Du ihn siehst, mich bestens zu empfehlen, ohne diese Kaergergeschichte hätte ich ihn aufgesucht.6 Mit herzlichem Gruß Max
6 Max Weber bezieht sich auf seinen unmittelbar vorhergehenden Berlinaufenthalt (vgl. S. 55, Anm. 3). Er hatte Adolph Wagner zu seinem Vortrag am 12. Januar 1895 eingeladen, dieser aber war der Einladung offensichtlich nicht gefolgt. Vgl. den Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Jan. 1895, oben, S. 53.
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Marianne Weber 15. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber war am Vortag erst mittags mit dem Zug von Charlottenburg nach Freiburg zurückgekehrt. Am 12. Januar 1895 hatte er in Berlin seinen Vortrag „Probleme der Börsenorganisation“ gehalten (vgl. MWG I/5, S. 893–897, sowie die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 2. Januar 1895, oben, S. 45). Marianne Weber blieb noch bis Ende Januar in Charlottenburg.
Schillerstr.a 22 Fr. i B 15. 1. 95 Liebes Frauchen!
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Schon damit die anderen sehen, daß Du einen Brief bekommst, zeige ich Dir meine glückliche Ankunft hiermit ergebenst an, ebenso daß ich meinen Hals bedeutend pflege: es ist nur noch etwas rauhe Stimme vorhanden, sonst geht es mir sehr gut. Ich habe heute seit lange zum ersten Mal die Sonne an meinem Schreibtisch aufgehen sehen, da es sich nicht mehr lohnte, zu Bett zu gehen und ich noch Colleg zu machen hatte. Unterwegs war es bis Frankfurt barbarisch voll und nachher war es mit dem Schlafen mäßig, da ein verfl. Sachse mit mir im Schlafcoupé lag und schnarchte und hustete. Bertha1 war sehr vergnügt, daß ich ihre Schwester2 gesehen hatte und bemüht sich, mich zu pflegen. Denkst du wohl daran, einmal bei Goldschmidts vorzusprechen?3 Von da wäre es ev. nicht weit zu Frau Oertmann4 (da wir ja nicht bei
a O: Schillerst 1 Bertha Schandau, das Dienstmädchen von Max und Marianne Weber. 2 Bertha Schandaus Schwester Elise lebte in Berlin. 3 Max Webers Doktorvater Levin Goldschmidt und seine Frau Adele. 4 Wahrscheinlich Emma Oertmann, die Mutter des Berliner Juristen Paul Oertmann. Die Witwe des Bielefelder Leinen- und Wäschefabrikanten August Oertmann wohnte in Charlottenburg. Vgl. Brodhun, Rüdiger, Paul Ernst Wilhelm Oertmann (1865–1938), Leben, Werk, Rechtsverständnis sowie Gesetzeszwang und Richterfreiheit. – Baden-Baden: Nomos 1999, S. 27 f.
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ihnen waren im Herbst) und kommst Du wohl zu Dernburgs?5 Ich habe Biermann6 gesagt, daß Du es eventuell versuchen würdest. Bitte sage doch der Mama, daß ich, ehe ich wegen Frl. Wedel7 Bestimmtes sagen könnte, erst die Abrechnung von Stürcke8 abwarten müßte, die hoffentlich in ca. 8 Tagen da ist. Die Buchhändlerrechnung hat unsre Finanzen nämlich doch wieder verschlechtert, sie ist um 200 M. höher als ich dachte. Eventuell würde es dann jetzt nicht, sondern erst in ca 5 Monaten |:(Anfang Juni):| gehen, dann aber sicher, denke ich.9 Nur fürchte ich fast, daß es grade darauf ankam, daß sie jetzt etwas bekam. Nun, zunächst wollen wir einmal sehen, wie sich die Rechnung stellen wird. Hier ist ekliges nasses Tauwetter und College Schmidt10 liegt wieder periodisch zu Bett – da kann ich’s doch besser! – Eine Einladung von Killian’s11 fand ich vor und habe sie abgesagt. Wie ich Dich verstand, wolltest Du Montag reisen und einen ganzen Tag in Heidelberg blei-
5 Gemeint ist sehr wahrscheinlich die Familie von Heinrich Dernburg, Max Webers Lehrer an der juristischen Fakultät der Universität Berlin. Heinrich Dernburg hatte eine Wohnung in Charlottenburg (Berliner Adreßbuch für das Jahr 1895. Unter Benutzung amtlicher Quellen hg. von W. & S. Loewenthal. XXVII Jahrgang, Zweiter Band. – Berlin: Verlag W.&S. Loewenthal o.J., Umgebung von Berlin, Charlottenburg, S. 7). Daß es sich um die Familie von Heinrich Dernburgs Bruder Friedrich handelt, ist indes nicht ganz auszuschließen. Der im Zusammenhang mit diesem Besuch genannte Johannes Biermann war Friedrich Dernburgs Schwiegersohn. 6 Johannes Biermann war, wie Max Weber, ein Schüler Heinrich Dernburgs. 7 Nicht ermittelt. Im Berliner Adreßbuch findet sich zwar ein Eintrag: „Wedel, E., Musiklehrerin, SW, Hafen Platz 2“ (Berliner Adreßbuch für das Jahr 1895 (wie Anm. 5), Erster Band, S. 1462), es gibt aber keinen Beleg, ob es sich dabei um das hier genannte Frl. Wedel handelt. In einem Brief an Marianne Weber vom 7. Jan. 1904 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) erwähnte Helene Weber nur: „Unser früheres Fräulein Wedel wohnt ja dort [i.e. Neustettin] und wird Lili in allem behülflich sein“. 8 Friedrich Hermann Stürcke, Leiter des Erfurter Bankhauses Adolph Stürcke, wo Max Weber ein Konto unterhielt. 9 Der Sachverhalt ist nicht ermittelt. In einem Brief an Helene Weber, undat. [Juli 1895], (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) teilte Marianne Weber im Juli 1895 nur mit, die Überweisung sei erfolgt. 10 Der Jurist Richard Schmidt, der im gleichen Haus wie Max und Marianne Weber wohnte. 11 Sehr wahrscheinlich der Freiburger Hals-Nasen-Ohren-Arzt Gustav Killian und seine Frau Helene. Insbesondere Marianne Weber stand mit Frau Killian in engerem Kontakt. Beide gehörten einem „Kränzchen“ um Sophie Rickert an und besuchten auch Lehrveranstaltungen an der Universität (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 23. [Juni] 1895, sowie undat. [Winter 1895/96], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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ben? Mach nurb die Sache jedenfalls so, daß der Onkel12 es ist, der Dich zum Bleiben drängt, sonst hat die Tante13 doch nichts Rechtes daran. Willst Du ev. auch noch nach Straßburg auf ein Stündchen zu Emmy14 von Appenweier aus? Ich glaube, jetzt ginge es.15 Dann kämst Du also Mittwoch oder Donnerstag.16 Aber bleib nur so lange Dirs danach ist, mein Herz, ich freue mich zwar wennc Du wiederkommst, aber in Charlottenburg bietestd Du doch viel und ich mache dann inzwischen einige Sachen ab, die sonst die Ferien belastet hätten. – Genieß es recht, grüß Alle und laß Dich herzlich küssen von Deinem Max (Laß bitte keine „Erziehungs-“Künste wie in Juist etc. an Dir ausüben! Du weißt von wem!)17
b Unsichere Lesung.
c O: wen
d Unsichere Lesung.
12 Adolf Hausrath. 13 Henriette Hausrath. 14 Emmy Baumgarten. 15 Emmy Baumgarten war psychisch labil. Im Herbst 1894 war es ihr so schlecht gegangen, daß ihr Bruder Otto erwog, sie zu sich zu nehmen (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 16. [und 19.] Okt. 1894, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 16 Tatsächlich kehrte Marianne Weber, nach Besuchen in Heidelberg und Straßburg, erst am darauffolgenden Sonntag (dem 27. Januar 1895) nach Freiburg zurück (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 28. Jan. 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 17 Gemeint ist Max Weber sen. In einem Brief aus Juist vom 28. Juli 1894 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Marianne Weber in Bezug auf ihren Schwiegervater an Alfred Weber geschrieben: „aber ich verzichte doch lieber auf jedes längere Alleinsein mit der Mama, um ihm keinen Anlaß zum Mißtrauen zu geben [. . .], lasse mir auch ruhig seine Erziehungskünste u. Versuche gefallen, werde wenigstens erst im äußersten Falle grob.“
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Karl Oldenberg 18. Januar 1895; Freiburg i. Br. Abschrift; maschinenschriftlich, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 35–36 Der Brief setzt die Korrespondenz über die „Affäre Karl Kaerger“ fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Januar 1895, oben, S. 54. Darüber hinaus steht dieser, sowie der folgende Brief an Karl Oldenberg vom 28. Januar 1895, unten, S. 63 f., im Zusammenhang mit einem weiteren nationalökonomischen Kursus, wie er bereits im Oktober 1893 unter der Mitwirkung von Max Weber in Berlin vom Evangelisch-sozialen Kongreß organisiert worden war (vgl. MWG I/4, S. 254–271). Diese mehrtägigen Veranstaltungen, auf denen Nationalökonomen in ihr jeweiliges Fachgebiet einführten, sollten vor allem Beamte und junge Theologen zur angemessenen Beurteilung der gegenwärtigen ökonomischen und sozialen Entwicklungsprozesse befähigen. Der im folgenden Brief angesprochene Kursus wurde jedoch anders als der Kurs 1893 federführend vom Verein für Socialpolitik und nur im Einvernehmen mit dem Evangelisch-sozialen Kongreß geplant; er fand zwischen dem 30. September und 12. Oktober 1895 in Berlin statt (vgl. vom Bruch, Rüdiger, Wissenschaft, Politik und öffentliche Meinung. Gelehrtenpolitik im Wilhelminischen Deutschland (1890–1914). – Husum: Matthiesen 1980, S. 265 f.). Karl Oldenberg, der Schüler und Mitarbeiter Gustav Schmollers, des Vorsitzenden des Vereins für Socialpolitik, war an der Vorbereitung des Kursus beteiligt. Er informierte Max Weber augenscheinlich darüber, daß dieser nicht eingeladen werden sollte, während der Verein für Socialpolitik ansonsten alle namhaften Vertreter der Nationalökonomie als Referenten vorsah (vgl. das gedruckte Programm „Verein für Socialpolitik. Nationalökonomische und socialpolitische Ferienkurse vom 30. Sept. bis 12. Okt. 1895“, in: HHStAW, Abt. 1088, Nr. 24). Max Weber wurde tatsächlich auch später nicht mehr dazu eingeladen. Er beteiligte sich erst wieder an dem Kurs, den der Evangelisch-soziale Kongreß 1896 – erneut in eigener Verantwortung – in Berlin organisierte (MWG I/5, S. 898–906), sowie ferner an dem sozialwissenschaftlichen Kursus, den die Evangelisch-soziale Vereinigung für Baden und die Evangelisch-soziale Konferenz für Württemberg 1897 in Karlsruhe veranstalteten (MWG I/4, S. 826–841). Vgl. Mommsen, Einleitung, in: MWG I/4, S. 28 f.
Freiburg, den 18. 1. 95. Lieber Oldenberg! In Bezug auf K[aerger]’s Frau1 und Kind2 hängt alles meines Erachtens von der Frau selbst ab. Niemand wird sie, wenn sie sein Schicksal nicht teilen will, dazu drängen wollen. Aber das Gegenteil scheint mir vorerst in hohem Maße wahrscheinlicher, und ich bin der Meinung, daß man in diesem Falle ihn nicht erleichtern sollte, sie im Stiche zu lassen. In Bezug auf „Erziehung“ wird er schwerlich viel leisten, weder Gutes noch Schlechtes, nicht mehr als Tausend andere Väter auf 1 Marie Kaerger. 2 Gertrud Kaerger.
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schwankender Existenz-Grundlage, und es ist – natürlich nur, wenn, wie ich vermute, die Frau den Willen dazu hat – in der Situation, in die er kommen wird, für ihn, namentlich aber auch für die Frau, an der seine Schande doch und sicherer kleben würde, wenn sie hier bleibt, die Gemeinschaft der neu zu ordnenden Existenz ein sittlicher Halt von, wie ich glaube, entscheidendem Werte. Hierin kann ich also Ihre Ansicht nicht teilen,3 die ja wohl praktisch darauf hinaus laufen würde, ihn zu ermutigen, Frau und Kind zu verlassen und sich – steckbrieflich verfolgt! – zu salvieren. Das Kind ist hier eine noch problematischere Existenz als in der Fremde. Ich habe Alfred Jaffé geschrieben,4 halte es nicht gerade für ausgeschlossen, daß dieser, welchem die Frau noch näher bekannt war, sie [,] wie ich gebeten habe, berät. In die Staatswissenschaftliche Vereinigung5 könnte K[aerger] meines Erachtens in keinem Fall, außer dem einer glänzenden Freisprechung, wieder kommen. Was meinen Sie mit „Qualifi kation“? Und wie sollte die Bekanntgabe an die persönlichen Bekannten vermieden werden, da er ruhig den Verkehr fortsetzte, obwohl er unter Anklage stand? Dann hätte ihm längst von denjenigen, die um die Sache wußten, das entsprechende bedeutet werden müssen. Es scheint mir und schien mir, sobald ich das, was Sering6 mir sagte, näher überlegte, unmöglich, die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß nicht irgendein ihm persönlich Bekannter ihn in eine Lage von eventuell unglaublicher Peinlichkeit versetzte. – Eine Freisprechung ist möglich, aber sehr unwahrscheinlich nach Ansicht aller, die die Gerichtspraxis kennen, auch der meinigen, – eine glatte Freisprechung wohl ausgeschlossen. Daß das Kursusprojekt, von dem Sie sprechen, in der Luft lag, hatte ich schon gehört; da es sich für Nobbe natürlich dabei nur darum handelte, daß kein „Anrüchiger“ wie ich sprechen würde, so wußte ich von vornherein, daß man mich nicht auffordern würde,7 ich halte auch 3 Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden, da der Gegenbrief von Karl Oldenberg nicht nachgewiesen ist. 4 Ein entsprechender Brief an Alfred Jaffé, den älteren Bruder Edgar Jaffés, ist nicht nachgewiesen. 5 Vgl. dazu Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54. 6 Max Sering. 7 Moritz August Nobbe, der zwischen 1891 und 1902 Vorsitzender des Evangelisch-sozialen Kongresses war, befürchtete wohl, Max Weber werde sich wieder kritisch zum ostelbischen Großgrundbesitz äußern, wenn man ihm das Thema Agrarpolitik übertrüge. Nobbe hatte bereits Anstoß an Webers Thesen auf dem fünften Evangelisch-sozialen Kongreß
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sachlich an sich die Zusammensetzung für angemessen – und nicht für richtig, daß man jüngere Dozenten von fernher importiert.8 Die Absicht der Kränkung, die in der Geheimnistuerei ja allerdings zum Ausdruck kommt, mit der mir gegenüber ebenso wie überhaupt der ganze Plan betrieben wird, ist mir gleichgültig; ich hoffe, daß der Kursus etwas Verständiges wird; bin ich, wie wahrscheinlich, in Berlin,9 so ist es mir schon deshalb angenehm, dem Dozentengremium nicht anzugehören, weil ich dann doch in den Diskussionsstunden, die es wahrscheinlich geben wird, umso ungenierter losschlagen kann. Das Bedürfnis dazu werde ich wohl stark empfi nden: man ist hier den süddeutschen Spießern gegenüber so oft genötigt, für unsere Junker einzutreten, daß man auch einmal wieder die andere Seite der Sache traktieren möchte. – Übrigens war Nobbes Angst gegenstandslos: da Sering da ist, hätte ich niemals über Landwirtschaft zu sprechen Neigung gehabt, sondern, wie schon voriges Mal projektiert war,10 entweder mir den Handel oder speziell die Börse zuteilen lassen.11 Also besten Dank für Ihre vertrauliche Mitteilung, aber eine vorherige „Beruhigung“, wie sie dadurch wohl erzielt werden sollte, war nicht nötig. Herzlichsten Gruß!
im Mai 1894 genommen. Vgl. Weber, Max, Die deutschen Landarbeiter. Korreferat und Diskussionsbeitrag auf dem fünften Evangelisch-sozialen Kongreß am 16. Mai 1894 (MWG I/4, S. 308–345, zur Position Moritz August Nobbes bes. S. 310). 8 Dem gedruckten Programm des Kursus (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 60) läßt sich entnehmen, daß folgende Nationalökonomen als Referenten eingeladen wurden: Lujo Brentano, Karl Bücher, Johannes Conrad, Ludwig Elster, Georg Friedrich Knapp, August von Miaskowski, Friedrich Julius Neumann, Eugen von Philippovich und Adolph Wagner. Auch Gustav Schmoller selber nahm teil. Max Sering wurde für das Thema Agrarfrage vorgesehen. Von den jüngeren Nationalökonomen trug lediglich Karl Oldenberg vor. 9 Als der Kursus zwischen dem 30. September und 12. Oktober 1895 in Berlin stattfand, hielt sich Max Weber tatsächlich in Freiburg auf (vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 4. und 8. Oktober 1895, unten, S. 150–153, 154). Möglicherweise war der Kursus ursprünglich für einen früheren Zeitpunkt vorgesehen. 10 Dies bezieht sich wohl auf den ersten Evangelisch-sozialen Kursus im Oktober 1893, wo Max Weber über „Landwirtschaft und Agrarpolitik“ sprach. Vgl. Weber, Max, Landwirtschaft und Agrarpolitik. Grundriß zu 8 Vorlesungen im Evangelisch-sozialen Kursus zu Berlin. Oktober 1893 (MWG I/4, S. 254–271). 11 Zu dem allein vom Evangelisch-sozialen Kongreß veranstalteten Kursus vom 24. September bis zum 2. Oktober 1896 in Berlin wurde Max Weber wieder als Referent eingeladen; er trug vom 24. bis 26. September 1896, wie hier schon angedeutet, zu „Börsenfragen“ (MWG I/5, S. 898–906) vor.
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Karl Oldenberg 28. Januar 1895; Freiburg i. Br. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 42–43 Der Brief steht im Zusammenhang mit dem vom Verein für Socialpolitik im Einvernehmen mit dem Evangelisch-sozialen Kongreß geplanten nationalökonomischen Kursus 1895; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Karl Oldenberg vom 18. Januar 1895, oben, S. 60.
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. . .a Was den Punkt betr. den Kursus anlangt, so habe ich gegen niemand als Nobbe1 „Argwohn“, gegen diesen aber mit Recht, – d. h. ich fand es eine Dreistigkeit, daß er, der garnichts für den Kursus s. Zt. geleistet hat, 2 über die Köpfe aller Beteiligten hinweg zu verhandeln sich für zuständig erachtete. Meines E.s sind ein Kursus des Vereins für Sozialpolitik und ein solcher des evangelisch-sozialen Kongresses absolut verschiedene Dinge. Bei dem ersteren wäre es eine höchst lächerliche Prätention, wenn ich, wie Sie fast zu glauben scheinen, meinte, ich hätte bei dessen Veranstaltung oder Nichtveranstaltung mitzureden, dagegen erhebe ich die Prätention, und zwar für uns alle, bei dem letzteren. Was insbesondre Schmoller3 anlangt, so muß ich mich sehr ungeschickt in der Eile ausgedrückt haben: ich hatte keinerlei Übelwollen gegen mich bei ihm unterstellen wollen, habe dafür auch keine Veranlassung.4 Es ist mir auch bekannt, daß er sich gelegentlich über mich persönlich liebenswürdiger geäußert hat, als ich, selbst wenn ich erheblich überdurchschnittlich eitel wäre, beanspruchen zu können glaube; ebenso weiß ich, daß ihm etwas fatal ist, daß ich seine Einmischung in die hiesige Berufungsfrage, 5 die man hier als unberufen empfand, ken-
a Auslassungszeichen in Abschrift. 1 Moritz August Nobbe, der Vorsitzende des Evangelisch-sozialen Kongresses. 2 Gemeint ist der allein vom Evangelisch-sozialen Kongreß 1893 in Berlin veranstaltete Kursus. 3 Gustav Schmoller, der Vorsitzende des Vereins für Socialpolitik. 4 Max Weber spielt darauf an, daß er zu dem unter der Federführung des Vereins für Socialpolitik geplanten nationalökonomischen Kursus nicht als Dozent eingeladen worden war. 5 Karl Oldenberg war zwischen 1888 und 1897 in der Redaktion des von Schmoller herausgegebenen Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deut-
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ne, ferner, daß er das Gefühl hat – und dies begreife ich sehr – einen dilettantenhaften Eindringling6 ungerecht bevorzugt zu sehen, und daß ihm endlich mein Temperament nicht diplomatisch genug erscheint und manche Äußerung von mir ihn unsympathisch berührt hat, sodaß auf seiner Seite nicht eben Sympathie-Empfindungen vorhanden sein können. Aus nicht weiter zu erörternden inneren Gründen sind solche auch bei mir für ihn trotz aller selbstverständlichen Bewunderung seiner wissenschaftlichen Bedeutung nicht zur Entwicklung gelangt.
schen Reich tätig. Er hatte auf der von der Freiburger Philosophischen Fakultät am 20. Januar 1894 erstellten Berufungsliste den dritten Platz hinter Max Weber und Ludwig Elster erhalten. Oldenberg sollte jedoch ggf. nur als Extraordinarius auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft berufen werden (UA Freiburg i. Br., B 110/409). Möglicherweise intervenierte Schmoller bei dieser Gelegenheit zugunsten seines Schülers. 6 Max Weber war ausgebildeter Jurist und nicht Nationalökonom.
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Alfred Weber 28. Januar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 37–38 Der Brief steht im Zusammenhang mit der „Affäre Kaerger“; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Januar 1895, oben, S. 54.
Schillerstr.a 22 Fr. iB 28/1 95 Lieber Alfred!
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Es war in den letzten Tagen unmöglich auf Deinen Brief zu antworten und nun steht ja das Urteil vor der Thür,1 welches wahrscheinlich Alles erledigt. Ich hätte auch kaum gewußt, wen ich aus dem Kreise als Delegierten für qualifi ziert erachten sollte; für mich wäre mir natürlich das Liebste, Du gingest hin [.] Von meiner Ansicht mach bitte jeden erwünschten Gebrauch |:falls Jemand darnach fragt:|; ich habe ja aber doch von hier aus nicht hineinzureden. Absolut feststehen wird ja wohl für Jeden, daß ein Donnerstag-Abend-Verkehr2 in jedem irgend denkbaren Fall auf jede absehbare Zeit ausgeschlossen erscheint. |:Denn hierbei geht das Empfi nden jedes Einzelnen Anderenb seinen Interessen vor. Ebenso darf ihn m.E. die Staatsw[issenschaftliche] V[ereinigung] 3 nicht dulden, wenn auch nur Einer Bedenken hat; denn es hat Jeder |:Einzelne:| ein Recht auf Beachtung grade dieser Bedenken:| [.] Für mich persönlich war der kümmerliche Eindruck bei der Unterhaltung Montags Morgens damals4 entscheidend; persönlich verkehren werde ich mit ihm, auch
a O: Schillerst
b Anderen, den > Anderen
1 Die Hauptverhandlung in der Sache Karl Kaerger fand erst am 4. März 1895 statt und nicht, wie Max Weber annahm, am 30. Januar 1895 (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 55). 2 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54. 3 Vgl. ebd. 4 Max Weber hielt sich anläßlich seines Vortrags „Probleme der Börsenorganisation“ am 12. Januar 1895 (MWG I/5, S. 893–897) zwischen dem 12. und 14. Januar 1895 in Berlin auf. In diesem Zusammenhang war er auch mit der „Kaergergeschichte“ befaßt (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54–56). Als Zeitpunkt des Treffens mit Karl Kaerger kommt demzufolge der Montagmorgen vom 14. Januar 1895 in Frage, denn mittags war er bereits wieder auf der Rückreise nach Freiburg (vgl. auch den Brief an
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wenn „glänzend“ freigesprochen, sofern er hierbleibt, sicher nie wieder, während ich mir denken könnte, daß man, wenn er mit Weib und Kind auswärts sich emporarbeitet, nach einer mir vorläufig unausdenkbaren Zeit Gras darüberc wachsen ließe. Jedenfalls werded ich, geht er fort, einerlei ob verurteilt oder nicht, für ihn thun, was man wird thun können. Welche Geschmacklosigkeit, mir jetzt den Maté herzuschicken! 5 Du benachrichtigst mich doch gleich vom Ausfall? – Ernst sollte seine Etablierungs-Angelegenheiten nicht so hinter Mama’s Rücken betreiben.6 Von der Geschichte mit dem Hause hatte sie natürlich doch gehört, aber |:wie immer:| unklar und willkürlich – wie ich von Marianne höre – und es kränkt sie doch naturgemäß und |:namentlich: es:| beunruhigt siee. Warum überhaupt irgend welche Heimlichkeiten bei derartigen Dingen? Herzlichen Gruß Max
c Fehlt in O; darüber sinngemäß ergänzt.
d werde, > werde
e 〈natürlich〉
Alfred Weber vom 2. Jan. 1895, oben, S. 45, Editorische Vorbemerkung, sowie den Brief an Marianne Weber vom 10. Jan. 1895, oben, S. 52 mit Anm. 6). 5 Karl Kaerger hatte bereits in den 1880er Jahren Forschungsreisen nach Südamerika unternommen und dort anscheinend diese Teesorte kennengelernt. 6 Es handelt sich um Ernst Mommsen, zu der Zeit verlobt mit Clara Weber. Der Bezug ist nicht geklärt.
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Alfred Weber 1. Februar 1895; Freiburg i. Br. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 44–45 Der Brief führt die Korrespondenz über die „Affäre Karl Kaerger“ fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Januar 1895, oben, S. 54). Darüber hinaus steht er, sowie die folgenden Briefe an Clara Weber vom 11. Februar 1895, an Alfred Weber vom 24. Februar 1895 und vom 27. Februar 1895, sowie an Adolph Wagner vom 14. März 1895, unten, S. 69–77, im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Adolph Wagner und dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg. Von Stumm war Abgeordneter der Deutschen Reichspartei. Er hatte anläßlich der Reichstagsdebatten am 9. Januar 1895 über die sogenannte „Umsturzvorlage“, mit der erneut gegen die Sozialdemokratie gesetzlich vorgegangen werden sollte, auch die Evangelisch-soziale Bewegung, die „Kathedersozialisten“ und indirekt den Berliner Nationalökonomen Adolph Wagner als Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses und vermeintlichen Förderer sozialdemokratischer Studentenvereinigungen angegriffen. Zudem unterstellte er den Berliner Nationalökonomen, die Berufung politisch Andersdenkender auf Lehrstühle gezielt zu verhindern (Sten. Ber. Band 138, S. 206–213). In der Folge entspann sich eine Kontroverse zunächst zwischen Wagner und der „Post“, dem Presseorgan der Deutschen Reichspartei, in deren Verlauf Wagner der Unaufrichtigkeit bezichtigt wurde. Als Wagner daraufhin eine ihm von einem Vertrauten von Stumms überbrachte Duellforderung ablehnte, wurde ihm in der „Post“ am 27. Januar 1895 Feigheit unterstellt. Dieser ehrenrührige Artikel (im Rückblick zitiert in: Wagner, Adolph, Meine Duellangelegenheit mit dem Freiherrn von Stumm, in: Die Zukunft, Band 10, 2. März 1895, S. 417) veranlaßte Max Weber, in die Debatte durch Einsendung von Artikeln an die „Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung)“ einzugreifen und öffentlich Stellung für Adolph Wagner zu beziehen. In der Folge wurden von der „Kreuzzeitung“ seine ersten beiden (nicht überlieferten) Artikel bzw. Zuschriften abgelehnt (vgl. den Brief an Clara Weber vom 11. Februar 1895, unten, S. 69 f.). Nachdem von Stumm am 15. Februar 1895 in einem nunmehr von ihm namentlich gezeichneten Artikel erneut die Evangelisch-soziale Bewegung, die Kathedersozialisten und Adolph Wagner angegriffen hatte, sandte Max Weber einen dritten Artikel an die „Kreuzzeitung“. Dieser wurde angenommen und erschien wenige Tage später unter der Überschrift „Die Kampfesweise des Freiherrn v. Stumm“ in der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 96 vom 26. Februar 1895, Ab.Bl., S. 2 (MWG I/4, S. 512–519). Dieser Artikel, in dem Weber von Stumm bezichtigte, „persönliche Ehrenhändel politisch zu fruktifizieren“ (MWG I/4, S. 517) war darauf angelegt, Widerspruch zu provozieren. Anfang März erschien daraufhin in der „Post“ (Nr. 64 vom 6. März 1895, 1. Beilage, vgl. MWG I/4, S. 520, Anm. 4) der anonyme Artikel „Zweikampf und Ehrengericht“, in dem Max Weber scharf angegriffen wurde. Er reagierte darauf wiederum umgehend; am 12. März 1895 erschien von ihm unter dem Titel „Eingesandt“ ein weiterer Artikel in der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 119 vom 12. März 1895, Mo.Bl., S. 3 (MWG I/4, S. 520–523), in dem er erneut und abschließend den Stil im Umgang mit politischen Gegnern durch den Freiherrn von Stumm brandmarkte.
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Freiburg, 1. 2. 95. Lieber Alfred! Auf vorstehende unglaubliche Zusendung K[aerger]s1 hin habe ich mir weitere Korrespondenz verbeten2 und ihm nur bemerkt, daß, wenn er so wenig Ehrgefühl habe, um versuchen zu wollen, als „Geduldeter“ in unserm Kreise zu verkehren, ich gewiß mich nicht für befugt erachten würde, mich dem zu widersetzen. Unser Vertrauen habe er so schnöde mißbraucht, daß, nun er da bliebe, für mich wirkliche Kameradschaft zu ihm für alle Zeit ausgeschlossen sei, auch wenn das Gericht auf Grund der Umstände, daß für seine Beurteilung erhebliche Tatsachen unbekannt blieben, ihn freisprechen sollte. Was die staatswissenschaftliche Vereinigung3 anlangt, so meine ich nur das Eine: der Widerspruch jedes Mitglieds muß genügen, K[aerger]’s Verbleiben darin unmöglich zu machen. Und für absehbare Zeit kann wohl in keinem Fall davon die Rede sein. Im Übrigen hat ja diese Erwägung jetzt hinlänglich Zeit. Was den „Eindruck in der Unterredung“ anlangt,4 so brauchen wir ja gegen E[vert] 5 kein Hehl daraus zu machen, welches derselbe war: die bestimmte Überzeugung, daß er sich eben faktisch vergessen hat. Das glaubt ja auch im Grunde doch jeder. Die einzige Frage ist doch für den Fall der Freisprechung die: ob man sich trotzdem auf einen formellen Standpunkt stellen kann und will. Für ganz unmöglich kann ich das nach Verlauf längerer Zeit nicht gerade halten. Schwer scheint es mir, und ich bin froh, meinerseits nicht vor die Frage gestellt zu werden. Aber wie gesagt: wenn auch nur Einer Bedenken hat, so gehen diese m.E. K[aerger]’s Interessen vor. Nachschrift. Bitte habe ein Auge auf die „Post“ und schicke sie mir, wenn sie etwas gegen mich bringt. Ich habe der Kreuzzeitung einen Artikel über Stumm geschickt, der sehr scharf persönlich ist. Ich weiß nicht, ob sie ihn aufnimmt.6 Falls etwas geschieht, muß ich wissen, was Stumm antwortet, und hier ist die „Post“ nicht aufzutreiben. – 1 Möglicherweise bezieht sich Max Weber auf die Zusendung von Maté-Tee durch Karl Kaerger, die er bereits in dem Brief an seinen Bruder vom 28. Jan. 1895, oben, S. 66, als „Geschmacklosigkeit“ bezeichnet hatte. 2 Ein entsprechender Brief an Karl Kaerger ist nicht nachgewiesen. 3 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54. 4 Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber vom 28. Jan. 1895, oben, S. 65 f. mit Anm. 4. 5 Georg Evert. 6 Der Artikel wurde abgelehnt, vgl. den Brief an Clara Weber vom 11. Febr. 1895, unten, S. 69. Ein Manuskript oder Entwurf dieses Artikels ist nicht überliefert.
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11. Februar 1895
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Clara Weber 11. Februar 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 3 Der Brief bezieht sich auf die Auseinandersetzung zwischen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg und Adolph Wagner und auf die damit verbundene publizistische Kontroverse anläßlich der sogenannten „Umsturzvorlage“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 1. Februar 1895, oben, S. 67).
Fr. i.B. 11. II. 95 Liebes Clärchen,
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das Buch schicke ich gleichzeitig hiermit,1 bitte sage „Vater“, daß ich es inzwischen von Pernice2 zur Besprechung erhielt und darüber ganz vergaß, daß ich es |:schon:| von ihm hatte, sonst hätte ich es schon zurückgeschickt. Warum ist er denn nicht zu uns gekommen? Alfred sage bitte, daß mein erster Artikel über Stumm von Herrn von Hammerstein3 beanstandet worden sei, weil er für Herrn v. Stumm zu beleidigend sei, indem er schrieb: „wenn er“ (Herr v. H[ammerstein]) „die Beleidigung eines Gegners für nötig erachte, schreibe er sie lieber selbst“; – als ich ihn dann höflicher gefaßt hätte, habe er mir zurückgeschrieben: „bei der großen Empfi ndlichkeit des Kaisers gegen Andeutungen, wie die, daß er unter dem Einfluß des Herrn v. Stumm stehe, würde es von der ‚Kreuzzeitung‘ unklug sein, einen Artikel, der das offen ausspreche, zu nehmen.“ Da wir aber wohl noch eine etwas strammere Erklärung gegen das „Umsturzgesetz“ machen würden, so würde Herr v. Stumm sein großes Maul wohl noch einmal aufthun und ich dann in den „Grenzboten“ oder irgendwo aihm darauf schlagen.a4 a losschlagen. > ihm darauf schlagen. 1 Um welches Buch es sich handelt, ließ sich nicht ermitteln. In ihrem Brief an Helene Weber vom 10. Febr. 1895 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Marianne Weber bereits angekündigt, Max werde das Buch suchen und an seine Schwester Clara schicken. 2 Es handelt sich um Alfred Pernice, seit 1880 Redaktionsmitglied der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte“ (Romanistische Abteilung). Max Weber hatte bereits 1893 auf seine Anfrage hin eine Rezension in der Zeitschrift veröffentlicht (vgl. [Rezension von:] Silvio Perozzi: Perpetua causa nelle servitù prediali romane, ediert in: MWG I/6, S. 71–81). 1895 hat Weber allerdings keine Rezension für die Zeitschrift der Savigny-Stiftung verfaßt. 3 Wilhelm Freiherr von Hammerstein war Chefredakteur der „Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung)“. 4 Zur Erklärung gegen die „Umsturzvorlage“ vgl. MWG I/4, S. 872–884, bes. S. 874–877.
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11. Februar 1895
Heut muß ich zu Bett, Marianne grüßt schönstens und schläft jetzt schon, ebenso bald Dein Max
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Alfred Weber 24. [Februar] 1895; Freiburg i. Br. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 41 Der Brief wurde von Marianne Weber irrtümlich auf den 24. Januar (statt Februar) 1895 datiert. Die Datierung ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt des Briefes. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Adolph Wagner und dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 1. Februar 1895, oben, S. 67.
Freiburg, den 24. 2.a 95. Lieber Alfred!
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Anliegend den Abzug des zweiten Artikels über Stumm, der wegen „Majestätsbeleidigung“ abgelehnt wurde.1 Der dritte, der den Kaiser möglichst aus dem Spiel ließ, ist nicht aufgenommen worden, 2 weil Wagner inzwischen ankündigt, daß er in der „Zukunft“ loslegen wolle.3 Er wird es sicherlich möglichst ungeschickt machen, ich glaube, die Ohrfeige, die ich Stumm verabfolgen wollte, hätte die Sache einfach tot gemacht resp. den Ingrimm dieses Preisochsen auf mich abgelenkt. – So hat Stumm die Genugtuung, die Blamage der Affaire Schmoller– Kaufmann hervorgerufen zu haben,4 – für den ersteren wieder sehr a In Abschrift: 1. 1 Die ersten beiden von Max Weber an die Kreuzzeitung geschickten Artikel wurden abgelehnt. Zu den näheren Umständen, vgl. auch den Brief an Clara Weber vom 11. Febr. 1895, oben, S. 69 f. Die beiden Einsendungen sind nicht überliefert. 2 Der Artikel erschien zwei Tage später unter der Überschrift „Die Kampfesweise des Freiherrn v. Stumm“ in der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 96 vom 26. Febr. 1895, Ab. Bl., S. 2 (MWG I/4, S. 517–519). 3 Adolph Wagner veröffentlichte in der „Zukunft“ eine Reihe von Artikeln zu seiner Auseinandersetzung mit von Stumm. Vgl. Wagner, Adolph, Mein Konflikt mit dem Großindustriellen und Reichstags-Abgeordneten Freiherrn von Stumm-Halberg. Erster Theil, in: Die Zukunft, Band 10, 16. Febr. 1895, S. 303–320; Zweiter Theil, in: ebd., 25. Febr. 1895, S. 349–365, sowie: Meine Duellangelegenheit mit dem Freiherrn von Stumm, in: ebd., 2. März 1895, S. 408–427. 4 Gustav Schmoller hatte offensichtlich Richard von Kaufmann(-Asser), der an der Technischen Hochschule Charlottenburg Nationalökonomie lehrte, gesellschaftlich ausgrenzen wollen, nachdem dieser sich in der Auseinandersetzung Wagner – von Stumm auf die Seite von Stumms gestellt hatte. Kaufmann stand den „Kathedersozialisten“ kritisch gegenüber. Er fühlte sich anscheinend durch diese, auch die Besetzung der Lehrstühle do-
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charakteristisch und wenig ehrenvoll. Ich werde nun vielleicht zur zweiten Beratung des Gesetzes5 in denb Grenzboten oder dergl. schreiben,6 sicher dann, wenn Herr von Eynern loslegt.7 . . .c Auf die Einladung an Mama habe ich einen Brief vom Papa erhalten, welcher neben drei Seiten geradezu widerwärtiger Klagetöne über eigenes Befi nden den Besuch auf Juni verschob, da jetzt noch drei Gesellschaften sein müßten. Nachträglich hat er sich natürlich wieder salviert wie Mama schreibt.8 Hier geht das Semester, durch Fastnacht unterbrochen, rapid zu Ende.9 Man wird dann wohl endlich ruhig arbeiten können. Inzwischen hat man allerhand Ärger: Es ist doch, als ob auf mir die Verwünschung haftete, überall gerade rechtzeitig zu kommen, um Henkersdienste zu verrichten. Hier müssen wir einen Kollegen wegen allgemeiner Unanständigkeit der Gesinnung disziplinieren, b In Abschrift: die
c Auslassungszeichen in Abschrift.
minierende Richtung der jüngeren Schule der Historischen Nationalökonomie, deren Haupt Gustav Schmoller war, in seinem Aufstieg benachteiligt. Zum Hintergrund vgl. Tennstedt, Florian, Hugo Thiel und der Verein für Sozialpolitik, in: Zeitschrift für Sozialreform, 34. Jg., 1988, Heft 9, S. 534. 5 Gemeint ist der „Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, des Militärstrafgesetzbuchs und des Gesetzes über die Presse“, kurz die „Umsturzvorlage“ genannt, mit der erneut gegen die Sozialdemokratie vorgegangen werden sollte. Die zweite Beratung fand am 8. und 9. Mai 1895 im Reichstag statt. Die Vorlage wurde am 10. und 11. Mai 1895 vom Reichstag abgelehnt. Vgl. Schulthess 1895, S. 130–136. 6 Max Weber hat anläßlich der zweiten Beratung der „Umsturzvorlage“ keinen Artikel geschrieben, er hat sich aber an der Veröffentlichung einer Erklärung gegen die Umsturzvorlage, die am 3. März 1895 in der „Hilfe“ und am 14. März 1895 in den „Grenzboten“ erschien, beteiligt (MWG I/4, S. 872–884). 7 Ernst von Eynern war Fraktionsführer der Nationalliberalen Partei im Preußischen Abgeordnetenhaus. Er galt als Vertreter großindustrieller Interessen und war ein Gegner der „Kathedersozialisten“. Anläßlich der Beratung des Kultusetats nahm er am 2. März 1895 im Preußischen Abgeordnetenhaus scharf gegen letztere Stellung und kritisierte die Besetzungspolitik des preußischen Kultusministers. Vgl. Schulthess 1895, S. 62. Max Weber hat auch anläßlich dieses Angriffs von Eynerns keinen Artikel veröffentlicht. Bekannt ist aber eine implizite Attacke auf von Eynern in seinem Vortrag „Die nationalen Grundlagen der Volkswirtschaft“ vom 12. März 1895 (MWG I/4, S. 727 mit Anm. 5). 8 Der Brief Max Webers an Helene Weber ist ebensowenig wie die übrigen genannten Briefe in den Familienkorrespondenzen (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) nachgewiesen. Erst Anfang August fand ein kurzer Besuch Helene Webers in Freiburg statt (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 4. Aug. 1895, ebd.). 9 Die Vorlesungszeit endete in Baden in der Regel in der ersten Märzwoche (vgl. das Schreiben des engeren Senats der Universität Heidelberg an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 4. Dez. 1891, UA Heidelberg, RA 6587, Nr. 699). Der Fastnacht-Dienstag fiel auf den 26. Februar 1895.
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und natürlich, da andere sich ekeln, bleibt auf mir die angenehme Aufgabe sitzen, die Aktion ins Werk zu setzen10 . . .d
d Ende der Abschrift mit Auslassungszeichen. 10 Am 26. Januar 1895 beriet die Philosophische Fakultät erstmalig über ihr Mitglied, den Professor der Chemie Adolph Claus, der den Fakultätssitzungen fernblieb und seine Lehrverpflichtungen vernachlässigte (UA Freiburg i. Br., B 3/795, Sitzungen der Gesamtfakultät, 1894–1911, Protokollbuch, S. 15); am 14. Februar 1895 griff Max Weber diese Vorwürfe nochmals auf, indem er eine Korrektur des Protokolls der vorausgehenden Sitzung beantragte, aus diesem ginge nicht klar hervor, wogegen Claus verstoßen habe „und wie derselbe sich ihnen [den Vorwürfen] gegenüber verhalten habe. Es sei Herrn Prof. Claus andauernde Pflichtverletzung vorgeworfen worden, und er habe diesen Vorwurf nicht zu widerlegen vermocht.“ (ebd., S. 16–17). Da inzwischen auch der Senat der Universität eine Aufklärung verlangte, wurde eine Kommission u. a. mit Max Weber gebildet und beauftragt, einen Bericht über die Vorgänge für den Senat abzufassen (ebd., S. 19–20). Am 23. Februar kam es unter der Teilnahme von Adolph Claus zu einer eingehenden Aussprache über den Fall, in die Max Weber wiederholt eingriff (ebd., S. 20–23).
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27. Februar 1895
Alfred Weber 27. Februar [1895]; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 39 Das Jahresdatum ist aus dem Inhalt des Briefes und dem handschriftlichen Zusatz Marianne Webers in der Datumszeile „95“ erschlossen. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Adolph Wagner und dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 1. Februar 1895, oben, S. 67.
Fr. 27/2 Lieber Alfred! Du wirst inzwischen ersehen haben, daß die „Kreuzz[eitung]“ meinen Artikel |:nun:| doch aufgenommen hat1 – freilich mit mehreren Druckfehlern verunziert – nachdem sie ihn 1½ Wochen liegen ließ. Es ist doch unglaublich, was Hammerstein2 für ein Kerl ist. Offenbar führt er die Wendung in der Stimmung des Kaisers gegen die Agrarier3 auf Stumm zurück, und während er, solange es schien, als lächle die kaiserliche Gunst auch den Agrariern – daher fand er es „politisch zur Zeit unklug“ ihn zu nehmen4 – den Generalgewaltigen unangetastet ließ, holt er jetzt meinen Artikel aus der Schublade und wirft |:ihn:|a ihm an den Schädel! Ich bitte Dich nunmehr die „Post“5 zu observieren, damit ich, thut er das Maul auf, ihm alsbald wieder an die Gurgel springe [.] 6
a [für] > ihn 1 Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber vom 24. Febr. 1895, oben, S. 71 mit Anm. 2. 2 Gemeint ist Wilhelm Freiherr von Hammerstein, Chefredakteur der „Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung)“ und Mitglied der Konservativen Partei, die vorwiegend die Interessen des Großgrundbesitzes verfolgte, im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag. 3 Anläßlich einer Audienz am 18. Februar 1895 hatte Wilhelm II. den Vorstand des Bundes der Landwirte ermahnt, sich jeder spektakulären Agitation zu enthalten. Vgl. Schulthess 1895, S. 47. 4 Vgl. dazu den Brief an Clara Weber vom 11. Febr. 1895, oben, S. 69. 5 „Die Post“ war das Publikationsorgan der großindustriell orientierten Deutschen Reichspartei, der auch von Stumm angehörte. 6 Vgl. dazu den Brief an Adolph Wagner vom 14. März 1895, unten, S. 77 mit Anm. 3.
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Wagner telegraphierte mir heute sehr erbaut. – Weizsäcker ist doch fast unglaublich!7 „Credo quia incredibile est“ sagt Augustinus.8 Herzlichen Gruß Max
7 Auf welche Person und welchen Sachverhalt Weber anspielt, konnte nicht ermittelt werden. Gemeint sein könnten Äußerungen des Tübinger evangelischen Theologen Carl Heinrich von Weizsäcker oder, weniger wahrscheinlich, des Frankfurter Kunsthistorikers Heinrich Weizsäcker, der der evangelisch-sozialen Bewegung und der Gruppe um Friedrich Naumann angehörte (vgl. MWG I/4, S. 887). 8 Die dem Kirchenvater Augustinus (354–430) zugeschriebene Formel: „credo quia absurdum est“ geht wahrscheinlich auf den frühen christlichen Schriftsteller Tertullian (150– 230) zurück (de carne Christi, V, 3): „Et mortuus est Dei Filius; prorsus credibile, quia ineptum est“ („Der Sohn Gottes ist gestorben; das ist völlig glaubhaft, weil es widersinnig ist.“) Vgl. auch MWG I/22-2, S. 356, Anm. 65.
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14. März 1895
Adolph Wagner 14. März 1895; Freiburg i. Br. Abschrift; von dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 14 Zur Überlieferungslage vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Januar 1895, oben, S. 53. Im folgenden Brief geht es weiterhin um die Auseinandersetzung zwischen Adolph Wagner und dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 1. Februar 1895, oben, S. 67).
Schillerstr. 22. Freiburg i.B. 14/III 95 Hochgeehrter Herr Geheimrath! Mit verbindlichem Dank erhielt ich Ihre freundliche Sendung1 und danke zugleich |:auch:| für die mir seinerzeit übersendete Nummer der „Kreuzzeitung“, 2 in der Sie meiner Person freilich in einer so ehrenden Form gedenken, wie ich sie schlechterdings nicht ohne Widerspruch
1 Adolph Wagner hatte die Artikel, die er in der „Zukunft“ im Zusammenhang mit seiner Duellaffäre mit dem Freiherrn von Stumm veröffentlicht hatte (vgl. Brief an Alfred Weber vom 24. Febr. 1895, oben, S. 71, Anm. 3), als Broschüre herausgebracht (Wagner, Adolph, Mein Konflikt mit dem Großindustriellen und Reichstagsabgeordneten Freiherrn v. Stumm-Halberg. – Berlin: O. Häring 1895). Dem darin enthaltenen Nachwort vom 10. März 1895 zufolge (S. 56–72), war diese soeben erschienen. Auf ihre Zusendung bezieht sich Max Weber. Im Nachwort der Broschüre zitierte Wagner nicht nur Webers Artikel „Die Kampfesweise des Freiherrn v. Stumm“ ausführlich (S. 57 f.), sondern lobte auch ausdrücklich „dieses geradezu vernichtende Urteil eines auch in solcher Duellsache kompetenten jüngeren Fachgenossen“. Darüber hinaus dankte er „dem jungen Kollegen herzlich für dieses offene und muthige Hervortreten, bei welchem es ihm durchaus in erster Linie um die Sache zu thun war, mit der er mir aber auch einen persönlichen Dienst geleistet hat.“ (S. 58). 2 Außer der Broschüre hatte Adolph Wagner Max Weber offensichtlich auch seinen neuesten Artikel zugesandt, der in der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 109 vom 6. März 1895, Mo.Bl., S. 1, unter dem Titel „Die Kathedersozialisten und die Besetzung der Professuren der National-Ökonomie“ erschienen war. Darin wies Wagner erneut von Stumm-Halbergs Kritik an den Berliner Nationalökonomen zurück, die angeblich eine Besetzung von Lehrstühlen mit politisch Andersdenkenden verhinderten. Zur Widerlegung führte er eine Reihe von Beispielen an, u. a. die Berufung Max Webers nach Freiburg: „An Philippovichs Stelle wurde, speziell auch weil man in Agrarsachen einen Spezialisten wünschte, M. Weber als Ordinarius berufen, einer der bedeutendsten Talente der jüngeren Generation, zugleich auch ein vortrefflicher Jurist [. . .]. Unter den Kaufleuten ist auch diese Bemerkung nicht wegen Webers bestimmter sozialer Richtung, sondern wegen der wissenschaftlichen Bedeutung des Mannes allgemein gebilligt worden.“
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über mich ergehen lassen darf: ich betrachte mich auf 9 /10 des Gebietes, das ich vertreten soll, als Anfänger. Meine letzte Replik gegen den Anonymus der „Post“ werden Sie in der „Kreuzz[eitung]“ vom 12. d. M. wohl gesehen haben.3 Ich bin nunmehr mit diesem Herren fertig, und Ihre Brochüre hat nunmehr (hoffentlich) den Streit überhaupt defi nitiv erledigt. Mit einem solchen Wicht, der sich nicht scheut, Sie anonym! zum mindesten indirekt der Unwahrhaftigkeit zeihen zu lassen und dabei selbst fortgesetzt leichtfertig mit der Wahrheit umgeht, wird kein anständiger Mensch sich verpfl ichtet halten können weiter zu diskutieren. Daß er mich nicht – wie er gemußt hätte – fordern würde, darüber war ich von Anfang an keinen Augenblick im Zweifel. Statt dessen hat sein unglaublicher Freund Vopelius4 die Taktlosigkeit besessen, meinen Vater auf meine Erklärung anreden zu wollen, der ihn selbstverständlich abwies. Ich kann nur noch einmal wiederholen, daß es mir bei meinem Artikel keineswegs in erster Linie um einen Ausdruck der Anhänglichkeit an Ihre . . .a, sondern um die Zurückweisung einer rein objektiv betrachtet skandalösen Kampfesweise zu thun war, aber es war mir natürlich eine Freude dabei zugleich zum Ausdruck bringen zu können, daß wir Jüngeren ohne Unterschied der Anschauungsweise uns hierin mit Ihnen völlig identificieren. Mit den angelegentlichsten Empfehlungen bleibe ich Ihr in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebener Max Weber
a Auslassungszeichen in der Abschrift mit der Bemerkung, in eckigen Klammern: unlesbar; vielleicht „Persönlichkeit“? 3 Weber, Max, Eingesandt, in: Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 119 vom 12. März 1895, Mo.Bl., S. 3 (MWG I/4, S. 520–523). Max Weber reagierte damit auf einen anonymen Artikel in der „Post“ (Nr. 64 vom 6. März 1895, 1. Beilage, vgl. MWG I/4, S. 520, Anm. 4). Vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 1. Febr. 1895, oben, S. 67. 4 Richard Vopelius, von Stumms Vertrauter, hatte Adolph Wagner die Duellforderung überbracht.
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15. März 1895
Gustav Schmoller 15. März 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, I. HA, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 345 Max Weber wurde am 19. und 21. März 1893 in den Ausschuß des Vereins für Socialpolitik kooptiert (Protokoll der Ausschußsitzung vom 19. und 21. März 1893, GStA PK, I. HA, Rep. 196, Nr. 67, Bl. 3). In dem folgenden Brief entschuldigt er sich bei Gustav Schmoller, dem Vorsitzenden des Vereins für Socialpolitik, daß er an der bevorstehenden Ausschußsitzung in Berlin nicht teilnehmen kann. Die Sitzung fand am 17. März 1895 statt (Protokoll der Ausschußsitzung vom 17. März 1895, ebd., Bl. 263–264).
Freiburg i /B Schillerstraße 22 15. 3. 95. Hochgeehrter Herr Professor! Zu meinem Bedauern ist es mir unmöglich, zum Zwecke der Teilnahme an der Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik jetzt nach Berlin zu kommen, da ich mit der Fertigstellung verschiedener unaufschiebbarer Arbeiten befaßt bin.1 Ich muß deshalb bitten, mein Ausbleiben freundlichst entschuldigen zu wollen und verbleibe mit den angelegentlichsten Empfehlungen Ihr sehr ergebener Max Weber
1 In Frage kommen neben der Vorbereitung seiner für Mai geplanten Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) Max Webers Arbeiten an dem Artikel „Börsenwesen“ für das Handwörterbuch der Staatswissenschaften (MWG I/5, S. 553–590, zur Datierung vgl. den Editorischen Bericht, S. 556) sowie an der zweiten Folge der „Ergebnisse der deutschen Börsenenquete“ für die Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht (MWG I/5, S. 353–411, mit Editorischem Bericht, S. 185–187).
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12. und 31. März 1895
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht [zwischen dem 12. und 31. März 1895; Freiburg i. Br.] Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 445 Das Datum und der Ort sind erschlossen aus dem beiliegenden Verlagsvermerk „Weber, Prof. Max Freiburg i/B., Ende März 95.“ sowie dem Kontext. Der Brief steht in Zusammenhang mit einer Anfrage des Verlags zur Veröffentlichung von Max Webers Vortrag „Die nationalen Grundlagen der Volkswirtschaft“ im Rahmen der von Friedrich Naumann herausgegebenen Göttinger Arbeiterbibliothek sowie der Niederschrift des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49).
Herrn Vandenhoeck und Ruprecht Göttingen Sehr geehrter Herr!
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Ob der Frankfurter Vortrag sich zur Veröffentlichunga eignet,1 ist mit recht fraglich. Bestimmt war er ursprünglich nicht dafür, auch müßte ich ihn erst aus dem Gedächtnis niederschreiben. Falls Pf[arrer] Naumann es wünschen sollte, würde ich den Versuch thun.2 „Börse“ II ist in voller Arbeit, macht sehr große Schwierigkeiten, ist hoffentlich bald fertig. Über die Enquete-Publikation3 hoffentlich in einigen Wochen Einiges. Mit besten Empfehlungen Max Weber a Unsichere Lesung. 1 Am 12. März 1895 hatte Max Weber im Evangelisch-sozialen Vortragsverein in Frankfurt am Main auf Einladung Friedrich Naumanns über „Die nationalen Grundlagen der Volkswirtschaft“ gesprochen (vgl. dazu die Presseberichte, in: MWG I/4, S. 720–728). Friedrich Naumann war zu dieser Zeit Vereinsgeistlicher der Inneren Mission in Frankfurt am Main. Der Bezugsbrief mit der Anfrage des Verlags ist im Verlagsarchiv nicht verzeichnet (vgl. Copier-Buch vom 28.7.1893–11.3.1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494). 2 Wie aus einer Verlagsnotiz auf dem Brief Max Webers hervorgeht, holte der Verlag die Zustimmung Friedrich Naumanns für eine Veröffentlichung in der Göttinger Arbeiterbibliothek ein und wandte sich anschließend am 5. April 1895 erneut an Max Weber. Die vorgesehene selbständige Publikation ist nicht zu Stande gekommen. Weitere Korrespondenzen sind nicht nachgewiesen. 3 Vgl. dazu den Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 50 mit Anm. 3.
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Alfred Weber 17. Mai 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 40–41 In dem Brief berichtet Max Weber über den Beginn seines zweiten Semesters in Freiburg, des Sommersemesters 1895. Darüber hinaus steht der Brief im Zusammenhang mit der „Affäre Kaerger“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Januar 1895, oben, S. 54).
Fr. Schillerstr.a 22 17/V 95 Lieber Alfred! Vielen Dank für Deine beiden letzten Briefe, ich hätte den ersten s. Z. beantwortet, wenn nicht grade der Teufel in Gestalt des Semesteranfangs losgewesen wäre.1 Auch jetzt noch schwimme ich ziemlich mühsam von einem Colleg-Tag zum andern. Ich habe 3 Collegien neu zu machen und 2 Seminare, 2 an ersterer Überlastung ist mein Spezialcollege durch eine sehr ungehörige nachträgliche Änderungb einer Anzeige schuld.3 Nun, ich habe seine Beförderung zum Ordinarius – unter gewissen Garantien für künftige Umbesetzung meiner Stelle – in Fluß a O: Schillerst.
b 〈[??]〉
1 Die Vorlesungszeit begann in Baden in der Regel in der Zeit zwischen dem 21. und 30. April und nur bei besonders später Lage des Osterfestes, was 1895 nicht der Fall war, zwischen dem 23. April und 4. Mai. Vgl. das Schreiben des engeren Senats der Universität Heidelberg an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 4. Dez. 1891, UA Heidelberg, RA 6587, Nr. 699. 2 Es handelt sich um die vierstündige Vorlesung „Praktische Nationalökonomie (Volkswirtschaftspolitik)“ (MWG III/2), die beiden jeweils zweistündigen Spezialvorlesungen „Die deutsche Arbeiterfrage in Stadt und Land“ (MWG III/4) und „Agrarpolitik“ (MWG III/5) sowie das „Kameralistische Seminar“ und „Handelsrechtspraktikum“. Letzteres bot Max Weber an der Juristischen Fakultät an. Vgl. die Aufstellung in: MWG III/1, S. 55 f. 3 Die Vorlesung „Agrarpolitik“ wurde nicht im Vorlesungsverzeichnis angekündigt, Max Weber hat sie also auf die zitierte „nachträgliche Änderung“ seines Fachkollegen Gerhart von Schulze-Gaevernitz hin in sein Lehrangebot übernommen. Um welche Änderung es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden. Gerhart von Schulze-Gaevernitz hat sich, dieses ist sicher, jedoch nicht beurlauben lassen, wie Marianne Weber (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 213) vermutet, da er in einem Brief an Lujo Brentano vom 16. Aug. 1895 (BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 56) im Rückblick über ein „sehr befriedigend[es]“ Freiburger Sommersemester berichtet. Vgl. auch MWG III/5, S. 51 f. Möglicherweise hatte Gerhart von Schulze-Gaevernitz seine im Vorlesungsverzeichnis angekündigte Spezialvorlesung „Über russische Volkswirtschaftsverhältnisse“ kurzfristig abgesagt. Vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1895, S. 18.
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gebracht und ist sie erfolgt,4 so bin ich gesonnen, ihn zu nötigen die Pfl ichten eines solchen zu übernehmen. – Was K[aerger] anlangt, so zahlte er mir kürzlich plötzlich seine Schuld ab. Kommt er nach auswärts so ist das ja das Beste. 5 Ich nehme doch an, daß nicht etwa aus Rücksicht auf mich er am Donnerstag Abend fortbleiben soll, – sofern die Andren anderer Ansicht sind? Freilich würde ich letzteres nicht recht verstehen. Hirsch6 hat sich also richtig wieder in die Tinte gesetzt; ich verstehe nicht, daß er auf Buecks Sirenenklänge hineinfiel und nicht nach Hannover ging.7
4 Max Weber stellte wenig später, am 25. Juni 1895, einen Antrag bei der Philosophischen Fakultät auf Beförderung von Gerhart von Schulze-Gaevernitz vom a.o. zum o. Professor für Nationalökonomie. Dieser Antrag wurde zunächst, d. h. am 28. Juni 1895, abgelehnt. Die Ernennung zum o. Professor erfolgte erst ein Jahr später, und zwar im Juni 1896, im Zusammenhang mit der parallel dazu von Max Weber betriebenen Bildung der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Fakultät. Die entsprechenden Anträge Max Webers vom 25. und 28. Juni 1895 sind im Protokollbuch der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg (UA Freiburg i. Br., B 3/795, Philosophische Fakultät, Sitzungen der Gesamtfakultät, 1894–1911, S. 32–33; MWG I/13) festgehalten. Zur Bildung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Friedrich Kluge vom 9. Mai 1896, unten, S. 198. 5 Max Weber hatte Karl Kaerger, während dieser unter Anklage stand, finanzielle Unterstützung für den Fall zugesagt, daß er sich im Ausland eine neue Existenz aufbauen wolle (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 55). Offensichtlich hatte Kaerger dieses finanzielle Angebot von Max Weber angenommen. Am 1. August 1895 trat er als landwirtschaftlicher Sachverständiger seinen Dienst im Auftrag des Auswärtigen Amtes in Lateinamerika an. 6 Gemeint ist Wilhelm Hirsch. Hirsch gehörte den Erinnerungen des Nationalökonomen Hermann Schumacher zufolge ebenfalls dem Kreis junger Nationalökonomen, Juristen und Historiker an, die sich jeden Donnerstagabend in Berlin trafen ( „Ein Leben in der Wirtschaft, seinem Bruder Fritz Schumacher gewidmet“ (1949), Typoskript, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Historisches Archiv, Nl. Schumacher, Hermann, I, B-6a-x, S. 176–178, zitiert in: MWG I/4, S. 915). Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54. 7 Henry Axel Bueck war zwischen 1886 und 1910 der Geschäftsführer des Centralverbandes Deutscher Industrieller. Offensichtlich hatte er Hirsch soeben eine, nicht näher bekannte Stelle angeboten, die dieser bis 1897 innehatte. Welche berufliche Alternative sich Wilhelm Hirsch in Hannover bot, konnte nicht ermittelt werden.
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Mit einem Burschen wie Schweinburg8 ist freilich nichts zu machen. Mit meiner Antrittsvorlesung9 hier habe ich übrigens Entsetzen über die Brutalität meiner Ansichten erregt, fast am zufriedensten waren die Katholiken, weil ich der „Ethischen Cultur“10 einen festen Tritt versetzt hatte. Ich denke [,] daß ich den Krempel drucken lasse. Wir nehmen also an, daß Du gg Ende Juli auf der Hinreise und Mitte September auf der Rückreise hier durch kommst. Wenn wir auch je nach den Umständen (den fi nanziellen nämlich) wohl für ca 5 Wochen uns ziemlich weit weg absentieren werden, so sind wir bis Mitte September wieder hier.11 Marianne hört mit Eifer dreierlei Vorlesungen, 2 philosophische – davon 1 ausgezeichnete bei Rickert12 – und eine über Goethe zum Abgewöhnen.13 Es geht ihr z. Z. mit recht unbedeutenden Unterbre8 Gemeint ist Victor Schweinburg, der spätere Begründer des Deutschen Flottenvereins. Er war Redakteur und Herausgeber mehrerer Nachrichten- und Pressedienste, die von der Schwerindustrie, namentlich dem Centralverband Deutscher Industrieller, finanziert wurden; er galt als Vertrauter von Henry Axel Bueck; ab 1896 sollte ihn Friedrich Alfred Krupp als Mittelsmann in Politik und Öffentlichkeit nutzen. In Regierungskreisen, vor allem in Süddeutschland, betrachtete man ihn als unseriös und auf finanzielle Vorteile erpicht. Vgl. Wolbring, Barbara, Krupp und die Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert. – München: Verlag C.H. Beck 2000, S. 74, S. 254–257. 9 Zu Max Webers Freiburger Antrittsrede, die er wenige Tage zuvor, am 13. Mai 1895, gehalten hatte, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, unten, S. 84. Sie erschien wenig später gedruckt in dessen Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik). 10 Max Weber bekannte sich in seiner Antrittsrede nachdrücklich zu einer machtvollen nationalstaatlichen Politik und grenzte sich mit scharfen Worten u. a. von der Gesellschaft für Ethische Kultur ab, die gesellschaftliche Reformen auf der Grundlage der ethischen Ziele des deutschen Idealismus verfolgte. Vgl. Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik, S. 573 mit Anm. 58. Zur Entstehung und Rezeption der Antrittsrede vgl. den Editorischen Bericht in: MWG I/4, S. 535–541. 11 Max und Marianne Weber bereisten von Mitte August bis Mitte September 1895 Schottland und Irland (vgl. die Briefe Max Webers dazu zwischen dem 13. Aug. und 12. Sept. 1895, unten, S. 95–146) sowie das Itinerar der Reise (im Anhang, unten, S. 904 f.). 12 Im SS 1895 wurden in Freiburg von dem Lehrstuhlinhaber für Philosophie Alois Riehl angeboten: „Die Probleme der Philosophie“, vierstündig, sowie „Das geistige Leben der Gegenwart in seinen Hauptströmungen“, einstündig. Heinrich Rickert, zu diesem Zeitpunkt außerordentlicher Professor, bot die vierstündige Vorlesung „Geschichte der neueren Philosophie (von der Renaissance bis Kant)“ an. Weitere Vorlesungen im Bereich „Philosophie“ gab der Ethnologe und außerordentliche Professor Ernst Grosse („Die Grundprobleme der Sociologie“, zweistündig, und „Ethnologische Übungen“, einstündig). Vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1895, S. 10. Vgl. auch Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 215. 13 Gemeint ist die dreistündige Vorlesung „Goethe“ des außerordentlichen Professors für Literaturgeschichte Richard Weissenfels. Vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1895, S. 14.
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chungen fast erstaunlich gut im Gegensatz zu früher, – mir nicht so besonders, aber in der That nicht in Folge von Überarbeitung, sondern von Influenza, die höchst widerwärtigen cKopf-Erscheinungencd aus dem Winter, wo ich sie hatte, beeinträchtigten meine Collegien bereits im Winter. Mit vielen Grüßen auch von Marianne Max
c Unsichere Lesung.
d 〈[diese]〉
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Paul Siebeck 18. Mai 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Übernahme des Verlags der Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) durch J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) steht am Anfang der lebenslangen Zusammenarbeit Max Webers mit Paul Siebeck. In diesem und den folgenden Schreiben an Paul Siebeck, vor oder am 27. Mai 1895, unten, S. 86, vom 20. Juni 1895, unten, S. 87, vor oder am 27. Juni 1895, unten, S. 88, zwischen dem 27. Juni und dem 6. Juli 1895, unten, S. 89, sowie vom 4. August 1895, unten, S. 93, geht es um die Übernahme, den Vertragsabschluß, die Drucklegung sowie die Übermittlung der gedruckten Exemplare der Antrittsrede. Am 22. Mai 1895 ließ Paul Siebeck Max Weber seine Bereitschaft mitteilen, die Antrittsrede zu verlegen (Brief von G. Zapf an Max Weber vom 22. Mai 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 35, Bl. 385). Druckbeginn war der 27. Mai 1895 (Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 27. Mai 1895, ebd., Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 35, Bl. 409). Flankierend dazu wurde der Verlagsvertrag vorbereitet und am 20. Juni 1895 von Paul Siebeck und am 21. Juni 1895 von Max Weber unterzeichnet. Er sah eine Auflage von 1250 Exemplaren vor, des weiteren für Max Weber ein Honorar von 100 Mark sowie 50 Freiexemplare und weitere Exemplare zum Buchhändler-Nettopreis (vgl. den Verlagsvertrag, ebd., V2, Ausgesonderte Verträge, Kr–Z, Ablage W– Z=B4, 7–8). Zu Inhalt, Entstehung und Rezeption der Antrittsrede vgl. ausführlich den Editorischen Bericht, in: MWG I/4, S. 535–541.
Schillerstr.a 22 Freiburg i.B. 18/V 95 Herren J.C.bB. Mohr, Akademische Verlagsbuchhandlung, z.H. Herrn Verlagsbuchhändler Paul Siebeck hier
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Sehr geehrter Herr! Da ich von verschiedenen Seiten gefragt werde, ob ich meine Antrittsrede vom vorigen Montag1 über „Die Nationalität in der Volkswirtschaft“2 drucken lassen wolle, so gestatte ich mir an Sie die sehr erge-
a O: Schillerst.
b Buchstabe C. fehlt in O; sinngemäß ergänzt.
1 Max Weber hielt seine Antrittsrede am 13. Mai 1895. 2 Unter diesem Titel hatte Max Weber die Antrittsrede gehalten (vgl. die Berichte der Freiburger Zeitung, Nr. 111 vom 16. Mai 1895, S. 2, der Breisgauer Zeitung, Nr. 113 vom 15. Mai 1895, S. 2, sowie die Ankündigung in: Hochschul-Nachrichten, Nr. 56 von Mai 1895, S. 16).
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bene Anfrage, ob Sie eventuell zur Übernahme des Verlages derselben geneigt sein würden. Andernfalls würde ich dieselbe den „Preuß[ischen] Jahrb[üchern]“3 senden. – Worauf es mir ankommt [,] ist in erster Linie eine sehr erhebliche Zahl anc Freiexemplaren zur Versendung nach auswärts. – Die Rede dauerte 1 Stunde, sie muß durch Wiedereinfügung einer Partie, welche ich mit Rücksicht auf die Zeit fortließ und die sich mit der Methode der „histor[ischen] Schule“ befaßte,4 noch etwas ergänzt werden. Ich taxiere sie darnach auf etwa 1½–2 Bogen Umfang. Mit vorzüglicher Hochachtung Professor Max Weber
c Alternative Lesung: von Wie aus dem folgenden Schreiben an Paul Siebeck, vor oder am 27. Mai 1895, unten, S. 86, hervorgeht, änderte er im Verlauf der Drucklegung den Titel. Der endgültige Titel lautet: „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“. 3 Gemeint sind die Preußischen Jahrbücher, die von Hans Delbrück herausgegeben wurden und in Berlin erschienen. Max Weber hatte darin im September 1894 die kürzere Version eines Aufsatzes veröffentlicht: Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter (MWG I/4, S. 362–462). 4 Vgl. Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik, S. 561, Z. 23–S. 565, Z. 16. In dieser Passage setzt sich Max Weber kritisch mit der Methode der Historischen Schule der Nationalökonomie, der vorherrschenden Richtung der Nationalökonomie zu diesem Zeitpunkt, auseinander.
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27. Mai 1895
Paul Siebeck [vor oder am 27. Mai 1895]; BK Freiburg i. Br. Visitenkarte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „27. V. 95.“ sowie dem Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 27. Mai 1895, in dem er Weber den Empfang der beiden Manuskriptsendungen bestätigte (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 35, Bl. 409). Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Drucklegung der Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, oben, S. 84.
Hochgeehrter Herr! Anbei gestatte ich mir Titel und Vorrede zu senden, sowie ein Blatt des Mscr., welches gestern versehentlich liegen blieb. Mit hochachtungsvoller Empfehlung Professor Max Weber Universität Freiburg i.B. Schillerstr. 22.
20. Juni 1895
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Verlag J.C.B. Mohr 20. Juni 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit dem Abschluß des Verlagsvertrags und dem Erscheinen der Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, oben, S. 84.
Schillerstr.a 22 20/VI 95
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Herren J.C.B. Mohr Akademische Verlagsbuchhandlung hier. Hochgeehrter Herr!
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Ich bitte ergebenst, mir außer den freundlichst zugesagten 50 Freiexemplaren noch 50 weitere unter gefl. Anrechnung auf das Honorar zustellen zu wollen1 und empfehle mich in ausgezeichneter Hochachtung Professor Max Weber Verlagsvertrag anbei zurück
a O: Schillerst. 1 Paul Siebeck bestätigte Max Weber noch am gleichen Tag die Vormerkung weiterer 50 Exemplare der Antrittsvorlesung gegen Anrechnung auf das Honorar (Paul Siebeck an Max Weber vom 20. Juni 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 72).
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27. Juni 1895
Paul Siebeck [vor oder am 27. Juni 1895]; BK Freiburg i. Br. Visitenkarte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „27.VI.95.“ sowie dem Antwortbrief Paul Siebecks an Max Weber vom 27. Juni 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 97. Das Schreiben steht im Zusammenhang mit dem Erscheinen der Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, oben, S. 84.
Sehr geehrter Herr! Ich erbitte noch weitere 20 Expl. meiner Antrittsrede gegen baar.1 Falls Sie, wie ich annehme, auch an Zeitungen Expl. versenden, würde ich ergebenst anheimgeben, neben „Frankf[urter] Ztg“, „Kreuzztg“, 2 „Münchener Allgem[eine] Ztg“ auch das „Deutsche Wochenblatt“, die „Nation“ und die „Neue Zeit“ eventuell zu berücksichtigen.3 Mit vorzüglicher Hochachtung Professor Max Weber Universität Freiburg i.B. Schillerstr. 22.
1 Paul Siebeck sandte Max Weber umgehend 20 weitere Exemplare der Antrittsvorlesung (Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 27. Juni 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 97). 2 Gemeint ist die Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung). 3 Paul Siebeck bestätigte Max Weber die Übersendung der Rezensionsexemplare an die genannten Zeitungen mit Ausnahme der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung) (Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 27. Juni 1895, ebd.). Von den von Weber aufgeführten Zeitungen und Zeitschriften vermerkten nur die Frankfurter Zeitung, Nr. 179 vom 30. Juni 1895, 4. Mo.Bl., S. 1, sowie das Deutsche Wochenblatt, Nr. 28 vom 11. Juli 1895, S. 336, den Eingang. Zu Besprechungen in der Presse vgl. ausführlich den Editorischen Bericht zu: Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik, in: MWG I/4, S. 539 f.
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27. Juni und 6. Juli 1895
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Paul Siebeck [zwischen dem 27. Juni und 6. Juli 1895]; BK Freiburg i. Br. Visitenkarte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Datierung ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „6/7 95.“, sowie dem Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 27. Juni 1895, mit dem dieser Max Weber die Zusendung von 20 weiteren Exemplaren der Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) zugesagt hatte (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 97). Der Brief setzt die Korrespondenz Max Webers mit dem Verleger über Drucklegung und Erscheinen der Antrittsrede fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, oben, S. 84).
Professor Max Weber
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bittet erg. um gefl. Zusendung von noch 5 Expl. seiner Antrittsrede. Auch wolle der Bote Quittung über die noch nicht beglichenen Expl. mitbringen. Hochachtungsvoll d.O.
Universität Freiburg i.B.
Schillerstr. 22.
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26. Juli 1895
Hans Delbrück 26. Juli 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. Hans Delbrück Der Brief steht in Zusammenhang mit der Zusendung eines Aufsatzmanuskripts von Hans Delbrück. Der entsprechende Brief von Hans Delbrück an Max Weber ist nicht überliefert. Aus den inhaltlichen Angaben Max Webers aber läßt sich schließen, daß es sich um den Aufsatz über die militärische Verfassung der Urgermanen und die Größe der germanischen Heere gehandelt hat, der unter dem Titel „Der urgermanische Gau und Staat“ (in: Preußische Jahrbücher, hg. von Hans Delbrück, Berlin, Band 81, 3. Heft, Juli bis September 1895, S. 471–501; hinfort: Delbrück, Urgermanischer Gau) erschien. Offensichtlich hatte Delbrück Max Weber hierbei um Rat bei der Zusammenstellung des Zahlenmaterials gebeten.
Fr. i.B. Schillerstr.a 22 26/VII 95 Sehr geehrter Herr College! Besten Dank für Ihre Zusendung.1 Sie interessierte mich sehr und hat mich, was die Zahlengrundlagen |:und die Schlüsse über den Charakter der german[ischen] Heere:| anlangt, durchweg völlig überzeugt [.] 2 (Leider konnte ich Ihnen hierbei nicht nützlich sein. Der Versuch, aus meinen auf die Jetztzeit bezüglichen Tabellen3 irgend welche für Sie brauchbare Zahlen zu entnehmen, gelang durchaus nicht, es sind allzu incommensurable Größen). –
a O: Schillerst. 1 Der entsprechende Brief von Hans Delbrück an Max Weber ist auch nicht als Entwurf im Nachlaß Hans Delbrück nachgewiesen, da die dafür infragekommenden Briefkonzeptbücher erst 1899 einsetzen. 2 Weber bezieht sich auf den ersten Teil der Erörterungen Delbrücks über die Größe der Heere in Bezug auf Bevölkerungszahl und Siedlungsweise. Delbrück veranschlagte die Größe der Heere als wesentlich kleiner als bislang angenommen. Vgl. Delbrück, Urgermanischer Gau (wie oben, Editorische Vorbemerkung), S. 471–493. 3 Seit 1894/95 verfolgte Max Weber ein agrarstatistisches Projekt, in dem er nachweisen wollte, daß der landwirtschaftliche Großbesitz im Osten zur Entvölkerung führe, der bäuerliche Besitz im Westen aber zur Bevölkerungsstabilität. Er setzte in diesem Zusammenhang Zahlenmaterial aus den preußischen Gemeindelexika zur jeweiligen Kreisgebürtigkeit mit der Größe der in dem jeweiligen Landkreis dominierenden landwirtschaftlichen Betriebe in Beziehung. Vgl. ausführlich dazu: Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39. Delbrück dürfte sich auf dieses Material, das Weber kurz zuvor auch in seiner Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) verwandt hatte, beziehen.
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Noch nicht überzeugt bin ich von der Richtigkeit Ihrer Theorie der Hundertschaft.4 Als Bezirk kennt sie ja doch nur die Hälfte der Germanen und |:im Allgemeinen:| nur die, welche auf römischem Boden erobernd vorgingen und dabei neue Bauernsiedlungen vornahmen (Franken, Angelsachsen, Alemannen), – daneben nur die Nordischen Völker (auch nicht alle), |:– und seit wann?:| Undb wie stimmt die Identifi kation von Geschlecht und Hundertschaft zu den Funktionen der Sippe. Oder sollen Sippe und „Genealogie“ etc. etwas Verschiedenes sein? – Kurz, hierüber muß ich weiter nachdenken, werde im Winter, wo ich Deutsche Rechtsgeschichte lese, dazu ja Gelegenheit haben.5 – Was soll nun mit Stöcker im Evang[elisch]-Sozialen Congreß werden?6 Mir thut Naumann bei der Sache leid, der nach Allem kaum defi nitiv die Brücken zu ihm abbrechen kann. Beste Empfehlungen und collegialen Gruß Ihr Max Weber
b und > Und 4 Delbrück identifizierte die frühgermanischen Siedlungsformen mit den militärischen Einheiten der „Hundertschaft“; er vertrat die Auffassung einer „Ureinheit von Gau, Hundertschaft, Geschlecht, Markgenossenschaft, Dorf“ in frühgermanischer Zeit. Delbrück, Urgermanischer Gau (wie oben, S. 90, Editorische Vorbemerkung), S. 493–501, Zitat: S. 500. 5 Max Weber bot im WS 1895/96 die vierstündige Vorlesung „Geschichte des deutschen Rechts“ an, von der jedoch kein Manuskript überliefert ist. Die für das WS 1896/97 erneut angekündigte Vorlesung „Deutsche Rechtsgeschichte“ hat er nicht gehalten. Zu den näheren Umständen vgl. Mommsen, Einleitung, in: MWG III/1, S. 11 f. Eine Auseinandersetzung mit Delbrücks Thesen ist daher erst 1904 nachweisbar. Vgl. Weber, Max, Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung (MWG I/6), S. 228–299, bes. S. 269 und 284. 6 Anspielung auf die sich verschärfenden Richtungskämpfe im Evangelisch-sozialen Kongreß. Nach dem sechsten Zusammentreffen vom 4. bis 6. Juni 1895 in Erfurt war ein Teil des sozial-konservativen Flügels ausgetreten, während Adolf Stoecker, der Exponent der konservativen Richtung, noch bis 1896 im Evangelisch-sozialen Kongreß verblieb. Stoekker geriet seit Juli 1895 indessen durch den Sturz seines politischen Vertrauten, des Redakteurs der „Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung)“, Wilhelm von Hammerstein, dem Unterschlagung von Geldern vorgeworfen wurde, selber immer stärker unter Druck. Schulthess 1895, S. 153 und 164; Pollmann, Klaus Erich, Landesherrliches Kirchenregiment und soziale Frage. Der evangelische Oberkirchenrat der altpreußischen Landeskirche und die sozialpolitische Bewegung der Geistlichen nach 1890. – Berlin, New York: Walter de Gruyter 1973, S. 174.
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27. Juli 1895
Ferdinand Bissing [27. Juli 1895; Freiburg i. Br.] Brief; eigenhändig Stadtarchiv Bielefeld, 300,6/Sammlung Autographen, Nr. 1175 Datum und Ort sind erschlossen aus dem Leserbrief Max Webers an die Redaktion der Breisgauer Zeitung vom 27. Juli 1895 (Stadtarchiv Bielefeld, 300,6/Sammlung Autographen, Nr. 1174, ediert in: MWG I/4, S. 577 f.). Beide Briefe, das im folgende edierte Anschreiben und der Leserbrief, waren an den Nationalliberalen Ferdinand Bissing gerichtet, der zwischen 1878 und 1900 alleiniger Redakteur der „Breisgauer Zeitung“ war (vgl. Haffner, Oskar, Geschichte und Entwicklung der Freiburger Tagespresse. Zweiter Teil: Von 1850 bis zur Gegenwart, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften, 35. Band, 1919, S. 1–52, hier: S. 34 f.). Max Weber hatte sich anläßlich des 80jährigen Bestehens der Freiburger Burschenschaft Allemannia kritisch zu den Studentischen Corps geäußert und einem Bericht der „Breisgauer Zeitung“ zufolge darüber gesagt: „Einer Burschenschaft wäre es auch niemals vorgekommen, daß sie einen Bismarck zuerst aus ihren Reihen gestoßen, und als er ein berühmter, einflußreicher Mann geworden, ihn demüthig eingeladen hätte, wieder einzutreten.“ (Vgl. den Bericht über die Rede Max Webers am 20. Juli 1895 in Freiburg: [Über Burschenschaften und Corps], MWG I/4, S. 731). Dem widersprach ein Angehöriger des Corps Hannovera, dessen Mitglied Bismarck war, in einer am 26. Juli 1895 in der „Breisgauer Zeitung“ veröffentlichten Zuschrift. Max Weber reagierte darauf umgehend mit einem Leserbrief, den er mit dem im folgenden edierten Anschreiben Ferdinand Bissing zusandte. In dieser Leserzuschrift schloß er einerseits die Möglichkeit eines Irrtums seinerseits nicht ganz aus, warf aber andererseits der „Breisgauer Zeitung“ vor, seine Rede nicht wörtlich wiedergegeben, sondern ihr eine „gradezu injuriöse Form“ gegeben zu haben. Max Webers Leserbrief wurde in der Breisgauer Zeitung, Nr. 175 vom 30. Juli 1895, S. 2, wortgetreu und ohne Kürzung veröffentlicht; er ist, wie der Bericht über Max Webers Rede vom 20. Juli 1895, in Abteilung I der MWG ediert (vgl. Weber, Max, [Die Couleurschicksale des Fürsten Bismarck], MWG I/4, S. 577 f., das Zitat S. 578; zum Hintergrund vgl. die Editorischen Berichte, ebd., S. 575 f. und 729 f.).
Sehr geehrter Herr Redakteur! Ich bitte Sie sehr ergebenst um geneigte unverkürzte Aufnahme des anliegenden Schreibens in Ihr geschätztes Blatt. Mit ausgezeichneter Hochachtung Prof. Max Weber
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Verlag J.C.B. Mohr PSt 4. August 1895; PSt Freiburg i. Br. Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben bezieht sich auf die Versendung von Exemplaren der Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Mai 1895, oben, S. 84.
Herrn J.C.B. Mohr Akademische Verlagsbuchhandlung
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Ich bitte je ein Expl. meiner Antrittsrede zu senden an: Herrn Baurath Professor Tiede1 Berlin, SW Dessauerstr. 29 und Herrn Privatdocenten Dr Simmel2 Berlin Universität und mich gelegentlich freundlichst, falls ich in nächster Zeit nicht Gelegenheit haben sollte vorzusprechen, an Erstattung zu erinnern [.] Hochachtungsvoll Prof. Max Weber
1 August Tiede. 2 Georg Simmel.
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Paul Siebeck 7. August 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser und der folgende Brief an Paul Siebeck vom 23. September 1895, unten, S. 149, stehen im Zusammenhang mit einer Anfrage des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, Ernst Hasse, an Max Weber. Die Anfrage selbst ist nicht überliefert. Wie sich aber aus dem im folgenden edierten Brief sowie der Antwort Paul Siebecks darauf vom 12. September 1895 ergibt, wollte Hasse Auszüge aus Max Webers nationalpolitisch zugespitzter Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) in drei Nummern des Presseorgans des Alldeutschen Verbandes (Alldeutsche Blätter. Mitteilungen des Alldeutschen Verbandes) veröffentlichen. Paul Siebeck machte seine Zustimmung zu diesen Plänen von drei Bedingungen abhängig: es dürfe nicht die ganze Antrittsrede, sondern nur ein ausführlicher Auszug mit Quellenangabe abgedruckt werden; die drei Nummern der Alldeutschen Blätter, die die Auszüge enthalten sollten, dürften nicht separat verkauft werden und drittens müsse eine Verlagsanzeige zur Antrittsrede unentgeltlich mit aufgenommen werden (Paul Siebeck an Max Weber vom 12. September 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 424). Max Weber bat Paul Siebeck daraufhin, die zweite Bedingung ganz fallen zu lassen; bezüglich der ersten und dritten Bedingung erklärte er sich einverstanden (Brief an Paul Siebeck vom 23. September 1895, unten, S. 149). Paul Siebeck verzichtete daraufhin auf seine zweite Bedingung, als er am 24. September 1895 die Verhandlungen mit Ernst Hasse aufnahm (Paul Siebeck an Max Weber vom 24. September 1895, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 500). Entsprechende Auszüge sind in den Alldeutschen Blättern nicht erschienen.
Freiburg i.B. 7. VIII. 95 Herrn J.C.B. Mohr Freiburg Anbei übersende ich Ihnen ergebenst einen Brief des Herrn Professor Dr Hasse in Leipzig. Ich nehme an, daß auch Sie gegen den beabsichtigten ausführlichen Auszug mit Quellenangabe nichts zu erinnern finden werden, habe aber selbstverständlich Herrn Prof. Hasse nur unter Vorbehalt Ihrer Zustimmung dieselbe gestatten zu können erklärt.1 Mit vorzüglicher Hochachtung Prof. Max Weber
1 Ein entsprechender Brief Max Webers an Ernst Hasse ist nicht nachgewiesen.
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Fritz Baumgarten 13. August [1895]; BK Edinburgh Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 65–66 Das Jahr ist aus dem Briefinhalt erschlossen. Diesen und alle nachfolgenden Briefe von Mitte August bis Mitte September 1895 schrieb Max Weber von seiner mit Marianne Weber unternommenen Reise nach Schottland und Irland. Dorthin zu fahren hatten sie bereits nach ihrer Hochzeit im September 1893 erwogen, wegen Zeitknappheit und der späten Jahreszeit damals aber wieder verworfen (vgl. Roth, Familiengeschichte, S. 552 f.). An Pfingsten 1895 erwähnte Marianne Weber bereits eine geplante Schottlandreise (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [1. Juni 1895], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und im Juli 1895 teilte sie ihrer Schwiegermutter mit: „Max scheint es sehr nach dort zu ziehn, er will wohl zugleich sich die keltische Landbebauungsart ansehen“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [Juli 1895], ebd.). Marianne Weber erhoffte sich von dieser Reise offensichtlich vor allem Erholung für ihren Ehemann, dessen tägliches Arbeitspensum sie ebenso kritisch sah wie sein – nach ihrem Eindruck – zu ausgiebiges gesellschaftliches Leben. An ihre wiederholten Klagen über sein häufiges abendliches Ausgehen und den damit verbundenen Alkoholkonsum anknüpfend, berichtete sie in einem weiteren Brief von Juli 1895 nach Charlottenburg: „Er vertröstet mich jetzt immer auf Schottland, da wolle er auch alles thun, was ich beföhle u. es gäbe dort ja auch nichts Gutes zu trinken.“ (Marianne Weber an Helene Weber, undat. [Juli 1895], ebd.). Anfang August teilte sie Helene Weber dann mit: „Max studiert heute Kursbuch u. Bädecker [!] u. wir ergehen uns schon in Vorfreuden.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [4. August 1895], ebd.). Diese Vorbereitung deutet bereits an, daß es sich um eine landeskundlich-touristische Reise handelte, vielfach den Routenvorschlägen des mitgeführten Baedekers folgend. Aus Max Webers Reisebriefen selbst sowie aus den Reiseaufzeichnungen Marianne Webers läßt sich der Verlauf ihrer Reise rekonstruieren. In der Nacht zum 11. August 1895 fuhr das Ehepaar über Ostende und Dover nach London. Von London reiste es am 12. August mittags nach Edinburgh und am folgenden Tag weiter, um die schottischen Highlands zu erkunden (Marianne Weber, „Schottland 1895“, Eintrag 14. August 1895 [1–5]), Tage- und Notizbücher Marianne Webers, Nr. V., Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Nach einer guten Woche Aufenthalt in den Highlands ging es am 20. August an die schottische Westküste, um von dort aus ein Seebad aufzusuchen. Da dieser Plan scheiterte, verbrachten Max und Marianne Weber noch einige Tage auf der Insel Skye und auf dem schottischen Festland. Die zweite Hälfte ihrer Reise führte sie nach Irland. Nach einem kurzen Aufenthalt in Dublin, am 1. September 1895, begab sich das Ehepaar Weber in den Südwesten, wo es sich weitere zwei Wochen aufhielt und zahlreiche Ausflüge unternahm. Am 13. September, fast genau einen Monat nach ihrer Ankunft in Schottland, verließen Max und Marianne Weber den Südwesten Irlands. Nach einem Wochenende in Wales verbrachten sie noch jeweils einen Tag in Chester, Liverpool und Oxford. Am 18. September mittags traten sie dann von London aus die Rückreise an und trafen – nach kurzem Aufenthalt in Straßburg – am 19. September 1895 wieder in Freiburg ein (zu den einzelnen Stationen der Reise vgl. das Itinerar, Anhang III, unten, S. 904 f.). Marianne Weber kommentierte die Reise rückblickend: „Das ist endlich ein köstliches Aufatmen und Zu-sich-kommen!“ (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 218). Max Weber selbst ließ seine Mutter auf der Fahrt nach Oban wissen: „ein solches Gefühl von Entlastung nach jeder Hinsicht haben wir bisher noch niemals gekannt“ (Brief an Helene Weber vom 28. August 1895, unten, S. 120).
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The Bedford Hotel, 83 Princes Street. Edinburgh. 13/VIII Lieber Fritz! Nur einen herzlichen Gruß von hier, da ich Dich leider verfehlte. Die Fahrt bis Ostende war eine greuliche Strapazea, weniger an sich als wegen des heillosen Drecks, den man sich auf sich anhäufen fühlte und von dem man sich nicht säubern konnte. Auf der See wurde es etwas windig. Um uns herum begann die Seekrankheit sich einzustellen, was keine Freude war. Nur eine Genugthuung hatten wir: eine Familie englischer Juden fraß oder „achelte“1 – man kann es nicht anders nennen – einen Truthahn uns vis-à-vis und es war mir eine Befriedigung, daß der edle Braten sich diese schnöde Beerdigungb nicht bieten ließ, sondern es machte wie Jonas aus dem Walfischc.2 In London kamen wir in sehr räubermäßigem Aufzug an, so daß der Hotelportier es unter seiner Würde hielt mit uns zu conversieren und uns durch den Hausknecht oben unter das Dach geleiten ließ. Trotzdem rettet man mit 1 £ in diesen Hotels noch kaum das nackte Leben [.] Gestern kamen wir Abends hierherd und fanden mit Mühe Platz. Zur Zeit weht „Scotsk mist“ um das dunkle alte Castell, das uns vis-à-vis auf grünem Hügel sich erhebt,3 aber ich denke es wird noch schön und heut Abend wollen wir nach Stirling und dann in die Berge.4 – Dann mehr, wenn wir etwas gesehen haben. Unsre Adresse ist für Briefe bis Donnerstag: Invernesse – dann vorerst bis Sonntag: Gairloch (Scotland) (– an der Nordwestküste –) „to be called for” [.] 5 Herzlichen Gruß an Else6 und Dich Max
a O: Strapatze
b Unsichere Lesung.
c O: Wallfisch
d 〈nach〉
e O: Inverneß
1 Jiddisch „áchlen“, (scherzhaft) für essen. 2 Anspielung auf die biblische Gestalt Jona, der von einem großen Fisch verschlungen, nach drei Tagen aber wieder ausgespieen wurde (Jona, 2, 1–11). 3 Das mitten in Edinburgh auf dem Castle Rock gelegene Edinburgh Castle. 4 Die schottischen Highlands. 5 Engl. für: postlagernd. 6 Fritz Baumgartens Ehefrau Elisabeth (Else).
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Helene Weber 14. August 1895; Luss am Loch Lomond Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 1–4 Der Brief enthält einen Zusatz von der Hand Marianne Webers, der hier nicht wiedergegeben wird.
Lussa am Loch Lomondb 14/VIII 95 Liebe Mutter!
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Auch von diesem wunderbar schönen Punkt abseits der Hauptstraße [,] da, wo der L[och] Lomondc in die Hochlandberge eintritt,1 einen kurzen Gruß. Von Edinburgh fuhren wir bei strömendem Regen gestern nach Aberfoyle |:(1 Stunde von Stirling):| in der Absicht bis zu The Trossachs am Loch Katrine zu kommen, 2 konnten aber nicht weiter, da keine Coach3 mehr ging und waren darüber zunächst entteuscht, dann aber sehr gut in einem reizenden kleinen schottischen einstökkigen Hotel untergebracht. Gegend Abend machten wir einen Spaziergang an einen der kleinen Lochs. Er fi ng bei Sonnenschein an – aber wie es hier zu Lande ist: ehe man sichs versieht, jagen ein paare Wolken über die Patina-grünen Bergkuppen daher und dann ist es, als ob Jemand einen Schwamm ausdrückte. Indessen es gehört, wenigstens für mich, jetzt schon mit zur Landschaft, man kümmert sich beim Gehen kaum darum, ob es 5 Minuten regnet oder nicht und erlebt an jedemf Tage ja fast regelmäßig die ganze Witterungsscala des seligen Klinkerfues durch.4 Diese absolute Menschenleere, so weit man geht a O: Luß b O: Lommond f einem > jedem
c O: Lommond
d Am > Gegen
e O: par
1 Der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 404 f., nennt Luss als reizend gelegenen „erste[n] Halteplatz“ für Dampfschiffe am Westufer des Loch Lomond. 2 Loch Katrine, im (Nord-)Osten des Loch Lomond. Zu den „Trossachs“, einem Waldgebiet, vgl. unten, Anm. 6. 3 Eine zwei- oder vierspännige Kutsche mit Innen- und Außenplätzen. Auf einigen Routen war die Coach das einzig regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. XX). 4 Gemeint sind die Wetterprognosen des 1884 verstorbenen Göttinger Astronomen Wilhelm Klinkerfues. Auch an Meteorologie interessiert, hatte er sich mit atmosphärischer Feuchtigkeit beschäftigt und ein 1877 patentiertes Hygrometer entwickelt, welches – allerdings wenig erfolgreich – für Wettervorhersagen eingesetzt wurde. Vgl. Hellmann, Gustav, Repertorium der deutschen Meteorologie. Leistungen der Deutschen in Schriften, Erfindungen und Beobachtungen auf dem Gebiete der Meteorologie und des Erdmagnetismus
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und sieht, von wenigen Hirtenwohnungen abgesehen, und der prachtvolle Ernst dieser Natur wirken beide zusammen fast ergreifend, so einfach die Mittel |:und namentlich die Farben:| sind, mit denen die Landschaft sich schmückt. Eigentlich doch nur zwei Grundfarben: grün und stahlgrau, aber doch unendlich gemischt: braungrün, gelbgrün, blaugrün die Wiesen und die Farrenkräuter, 5 welche die ewig feuchten Bergfelsen bis zur Kuppe bekleiden, nur von Heide unterbrochen, bräunlichgrau die kleinen Flüsse, die durch die Wiesen wie die Katzen pfeilschnell dahinschleichen, bleigrau die Seen, welche unfähig zu sein scheinen in starke Wellenbewegung zu gerathen, und dazu der wechselnd starke leise Dunstschleier, durch den die Sonne scheint. Das Alles wirkt aber doch nur als Staffage der großen wunderbaren Einsamkeit, welche wirkungsvoll in den Vordergrund des Empfi ndens zu drängen die Tendenz der Gestaltung der Landschaft zu sein scheint, – schon das Fehlen des Waldes und – mit Ausnahme einiger Teile des Loch Lomondg und der Trossachs6 – beinahe aller nennenswerthen Bäume wirkt dahin. – Es scheint mir, daß man diese Einsamkeit |:des platten Landes, die ja bis vor die Thore der Städte – z. B. Edinburgh’s – reicht:| hier anders empfi ndet als in England, wo man auf der ganzen Fahrt von London nach Edinburgh auch nicht ein einziges Bauerndorf sieht, sondern hie und da ein Schloß im Park, in einiger Entfernung Pächterwohnungen und einzelne Wirtschaftsgebäude, von Zeit zu Zeit auch Kirchen aus dem 13 [.] und 14. Jahrhundert, die zwischen |:einem Dutzend:| Arbeiterhütten statth wie einst zwischen 50–60 Bauernheimen stehen, iihrer Gemeindei zu groß geworden sindj wie der Anzug einem Schwindsüchtigen. Und in England empfi ndet man, daß hier Hunderttausende von Bauern ihren Platz fi nden könnten – während Schottland sich nun einmal als zur Rind- und noch mehr Schafweide geschaffen präsentiert. – Heut morgen ging es per Coach über die Berge nach den Trossachs, – dem einzigen nennenswerteren Walde – g O: Lommond
h 〈zw〉
i gewissermaßen > ihrer Gemeinde
j 〈für〉
von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Jahres 1881. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1883, S. 242 f., sowie Günther, Art. Klinkerfues, Ernst Friedrich Wilhelm, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 51. – Leipzig: Verlag von Duncker & Humblot 1906, S. 231– 233. 5 Ältere Bezeichnung für Farne. 6 Ein vielbesuchtes, von zahlreichen Seen durchzogenes Waldgebiet, am Ostende des Loch Katrine gelegen. Der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 405, beschrieb die Trossachs als „bewaldetes romantisches Thal“.
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am Loch Katrine. Es ist wunderlich, wie bleigrau das Laub der Steineichen, zahmen Kastanien, Lärchen und Stachelblattgewächsek, welche mit einem Gewirr von wunderlich krüppelhaften Zweigen die Mehrzahl dieser buschigen Niederwaldungen bilden. Es regnete natürlich plötzlich wieder für 15 Minuten kolossal, dann aber, während der Fahrt von Stronachlachar7 nach dem Loch Lomondl und auf diesem, kam die Sonne und am Nachmittag sogar das seltene Schauspiel eines fast ganz blauen Himmels mit vollem Sonnenschein bei der hier üblichen wunderbar behaglichm gedämpften feuchten und doch frischen Wärme. Der L[och] Lomondn hat sich uns auf der Fahrt und nachher bei einem Spaziergang in seiner ganzen Pracht gezeigt und jetzt sitzen wir wieder in einem kleinen 10-zimmerigen, dabei feinen und unglaublich behaglichen Hotel, im Begriff bald zu Bett zu gehen, um morgen noch einmal den See zu durchfahren und dann nach der Westküste (Oban) abzuschwenken, wo das erste Seebad winkt. – Die Welt ist übrigens doch auch in Großbritannien ein Dorf; sollte man es glauben, daß wir hier Berliner Bekannte trafen? Auf dem Dampfer auf Loch Katrine bemerkte ich plötzlich an einem Pier unter den sich zum Einsteigen Drängenden mit ihren scharfen englischen Mündern das germanistische Bardengesicht Gierke’s8 und dann die zierliche Tochter9 und die wie immer etwas schmuddelige Frau.10 Wir fuhren dann zusammen bis Stronachlachar und weiter zum Loch Lomondo, wo sich in Inversnaidp unsre Wege trennten. Das Zusammentreffen mit Landsleuten wirkt doch seltsam: sonst sind wir hier schon soweit akklimatisiert, daß wir uns dem allgemeinen Flüsterton anbequemen, thun als sähen wir die Menschen zur Rechten und Linken nicht und nur, wenn gefragt, kurz und sehr höfl ich antworten, immer k 〈aussieht〉 Lommond
l O: Lommond p O: Invensnaid
m 〈temperierten〉
n O: Lommond
o O:
7 Ort am Südwestufer des Loch Katrine, nur knapp zehn Kilometer Luftlinie vom weiter südlich gelegenen Loch Lomond entfernt. 8 Es handelt sich um den Berliner Rechtshistoriker und akademischen Lehrer Max Webers Otto Gierke, der mit seiner Familie in Charlottenburg wohnte und zum Freundeskreis der Familie Weber zählte. 9 Das Ehepaar Gierke hatte drei Töchter: Anna, Therese und Hildegard. Dokumentiert ist ausschließlich die Teilnahme Anna Gierkes an der Schottlandreise, da sie alle ihre Reisen in einem Heft festhielt. Vgl. Wegener, Hildburg, Anna von Gierke. Sozialpädagogin zwischen konservativer Politik und freier Wohlfahrtspflege. – Sulzbach/Ts.: Ulrike Helmer Verlag 2009, S. 54. 10 Marie Cäcilie Elise (Lili) Gierke.
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etwas weniger von Allem essen, als wir wohl möchten (ich wenigstens) und dabei auch die Schnute so wenig weit wie möglich öffnen, auch selbst bei hörbarem Knurren des Magens mit dem Löffel in der Suppe herumplätschern, alsq läge uns an dem Fraß nichts. Kaum aber waren Deutsche in der Nähe – so erhob sich schon in Stronachlachar beim Warten auf dier nachkommende Coach ein solches Gelächter unter uns, daßs alles Englische heraneilte die Barbaren zu sehen und ich hörte, wie Jemand auf der Coach „merry Germany“ sagte. Und vor dem Abschied in Inversnaidt hielten wir einen Lunch, an den die Kellner dort denken werden. Gierke begann ein Fressen, wie im Teutoburger Walde und ich machte nach. Die bestürzten waiters brachten, als stets Alles wieder verschwand, schließlich übermenschliche Quantitäten Roastbeefsu, Salmen etc., vermutlich fürchtend, wir würden sonst nach den Menschen schnappen. Zu Dreien umstanden sie unseren Tisch, als aber Gierke, anstatt zwischen „Marmalade“v und „Cheese“ zu wählen, sichw erst die erstere „genehmigte“ und dann auf denselben Teller Käse packte, öffnete sich der Mund des Chors und entsetzt starrten sie auf die Trümmer ihrer Habe, offenbar erleichtert, als endlich das Dampfschiff schellte und dem Fressen ein Ziel setzte. Dazu tranken wir – Gierke [,] der hier alle Temperance Hotels11 unsicher macht aus Überzeugung, ich aus Wetteifer, zum Erstaunen der Kellner ich weiß nicht wieviel Caraffen Wasser. Kurzum es war ein vaterländisches Fest, aber höchste Zeit, daß wir uns trennten. Jetzt sind wir schon wieder civilisiert und in diesem Zustand grüßt herzlichst Dein Max
q 〈L〉 r 〈Co〉 s O: das t O: Invensnaid malate“ w Fehlt in O; sich sinngemäß ergänzt.
u O: Roastbiefs
v O: „Mar-
11 Die Abstinenz-Bewegung hatte sich in Großbritannien in den 1830er Jahren etabliert, 1833 wurde das erste Temperance Hotel eröffnet. Im Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. XXII, wurde eigens auf diese Hotels hingewiesen: „Temperance Hotels, d. h. Häuser, in denen keine geistigen Getränke verabreicht werden, sind überall zu finden. Ihre Preise sind nicht hoch, doch zählen sie im allgemeinen, was Küche und Einrichtung betrifft, nur zu den Hotels zweiter Klasse.“
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Helene Weber 17. [und 18.] August 1895; Loch Maree Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 5–8 Der Brief wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen geschrieben: Max Weber begann am Samstag, dem 17. August, und fuhr, wie am Ende des Briefes angemerkt, am Sonntag (18. August) fort („Ich habe die beiden letzten Seiten Sonntag früh geschrieben“).
Hotel am Loch Maree, 17/VIII 95 Liebe Mutter,
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an diesem Punkt, dem weitaus schönsten von allen, an die wir bisher kamen,1 wollen wir den Winterschlaf des morgigen schottischen Sonntags überstehen und vielleicht auch Montag bleiben, dann Dienstag über den kleinen Hafenort Gairloch an der Westküste |:etwas südlich:| nach Strome Ferry – grade östlich von Skye – um von da mit dem Mail Steamer nach Stornoway auf |:Lewis,:| der nördlichsten der Hebriden zu fahren. Von dort gehen wir Donnerstag nach Barvas an der Nordwestküste der gleichen Insel, wo wir wahrscheinlich mindestens 8, vielleicht 14 Tage bleiben. Es sind dort Seebäder von der ganzen Stärke des Atlantischen und nordischen Ozeans und zugleich, wie wir hörten, ist es sehr billig und von Touristen sehr wenig besucht, dagegen sind Hotels – freilich Temperance2 – dort. Gefällt es uns nicht, so gehen wir nach Skye. Unsre Adresse ist: Stornoway, Western Islands, Scotland, poste restante.3 Von Lussa am Loch Lomond fuhren wir mit dem Dampfer und dann mit der Coach durch eine tiefe Einöde nach einer kleinen Station der Bahn, die uns nach dem westschottischen Badeort Oban brachte. Man müßte eigentlich vorher wissen, daß es auf den nach Schottland führenden und auch den schottischen Bahnen möglich und auch üblich ist, 3ter Klasse zu fahren (es giebt nur „fi rst“ und „third“, |:– diese auch auf den größten Schnellzügen –,:| die zweite Klasse ist seltsamer Weise ganz a O: Luß 1 Loch Maree in den Northwest Highlands. Die Schönheit dieses „langen wildromantischen, von hohen Bergen umgebenen Sees“ mit seinen vielen bewaldeten Inseln hob auch der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 415, hervor. 2 Zu den Temperance Hotels, die keine alkoholischen Getränke ausschenkten, vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1895, oben, S. 100, Anm. 11. 3 International übliche Bezeichnung für: postlagernd.
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abgeschafft4 – ein eigenartiger Ausdruck der scharfen socialen Contraste –). Während die 2te überall schlechter ist als in Deutschland, ist es mit der dritten umgekehrt, und sie hat den Vorzug, daß dort gelegentlich auch Leute hineinkommen, die den Mund aufthun. So war es hier mit einem australischen Quäker, der seine Europa-Tour machte und sich eindringlich nach den bTrunkenboldenhaftigkeits-Verhältnissenb in Deutschland erkundigte. Unter dem Eindruck dieses Gesprächs gingen wir in Oban, auf Mariannes Wunsch, in ein kleines Temperance Hotel, und fi nden uns von der Sehnsucht nach diesen Instituten gründlich curiert. Wie die Mehrzahl aller |:dieser:| – es gab 7–8 in Oban, war im Parterre eine Kneipe und oben herrschte die Wassersucht, dabei dreckig, von Leuten besetzt, welche die Beine auf die Sophas legen etc. etc. Wir schliefen recht schlecht, was unerfreulich war, da wir am andern Morgen um 5 aufstanden um durch den „Caledonian Channel“ quer durch ganz Schottland in 12½ Stunden nach Invernessc zu fahren.5 Oban selbst erinnert, in einer großen Bucht malerisch an die Höhen graphiertd, an italienische Städte an den nördlichen Seene, störend ist, daß vor der prachtvollen Castle-Ruine6 ein Zaun gezogen ist, der sich nur gegen Entree öffnet, wie denn hier selbst der Mont blanc von ganz Großbritannien, der Ben Nevis am Caledonian Canal, nicht ohne Entree zu besteigen ist.7 Wir haben eine Weile oben in der auch hier unmittelbar an das regste Leben sich anschließenden absoluten Einsamkeit der Heide gelegen mit dem Blick auf die Meerinseln. Nach Staffa zu fahren verschoben wir,8 da Regen aufzog, bis zur Rückfahrt b Alternative Lesung: Trunkenbolderhaftigkeits-Verhältnissen d Unsichere Lesung. e O: Seeen
c O: Inverneß
4 Einige der größeren britischen Bahngesellschaften – auch die meisten schottischen Bahnen – hatten die 2. Klasse ganz abgeschafft, dafür die 3. Klasse verbessert (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. XIX und 376). 5 Der 1822 fertiggestellte hundert Kilometer lange Kanal verbindet über Loch Dochfour, Loch Ness, Loch Oich und Loch Lochy die schottische Südwest- mit der Nordostküste (bei Inverness). Zunächst aus wirtschaftlichen Gründen gebaut, entwickelte er sich aufgrund der landschaftlichen Schönheit zur Touristenattraktion. Das erste Dampfboot fuhr morgens um sechs Uhr in 12¼ Stunden von Oban bis Inverness (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 414). 6 Dunollie Castle, im Norden Obans auf einem Felsvorsprung gelegene Burgruine. 7 Der Ben Nevis, nahe Fort William gelegen, ist mit über 1443 Meter der höchste Berg der britischen Inseln. Laut Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 413, war für die Benutzung des Pony-Pfades von Banavie (bei Fort William) auf den Ben Nevis ein Billet zu lösen; die Einnahmen wurden für die Instandhaltung des Pfades verwendet. 8 Staffa, eine unbewohnte Felseninsel der Inneren Hebriden, die aufgrund ihrer Naturdenkmäler (wie der Fingalshöhle) im 19. Jahrhundert von verschiedenen Künstlern (u. a.
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von Norden. – Auf dem Caledonian Canal regnete es zuerst, nachher war der Rückblick auf d[ie] Lochs, quer durch die Hälfte des Landes, und die überaus ernsten einfach geschnittenen Berglinien beiderseits sehr schön. In Invernessf fand ich Correcturbogen,9 Briefe nicht, die werden wohl nachkommen. Wir fuhren nach mancherlei Hotel-Ärgernissen, wie man sie eben nur in internationalen Touristen-Centren erlebt, dagegen nie in den nationalen schottischen Land-Hotels, nach Achnasheen auf der Route nach Strome Ferry und dann, zuerst nur mit einigen Jägern, deren Einer Deutsch verstand, dann allein mit Wagen in 3–4 Stunden hierher. – Die Fahrt zeigte die ganze charakteristische Differenz der nördlichen eigentlichen Highlands von Süd- und Mittel-Schottland. Der Charakter der absoluten Einsamkeit steigert sich hier noch bedeutend. Während im Süden eine Art grünes Plaid über die scharfen Kanten der Basaltberge gebreitet zu sein scheint, sind diese hier vielfach so steil, daß die Schnee-Schmelze im Frühjahr gwenigstens obeng von den Zacken |:Alles:| abreißt, was der Sommer vorher an Gras und Heide dort hatte wachsen lassen, massenhafte Steine, oft in wunderlichen Gruppen, bedecken die Abhänge, dazwischen statth der großen, in den Farben einander abwechselnden gelb- [,] braun- und graugrünen Flächen des Südens hier die bunte Heide, die alle ihr eigenen Farben von violett bis gelbgrün auf jedemi kleinsten Fleck zusammendrängt, wo sie sich dann zu dem bräunlich strahlenden Gesammt-Farbeneindruck vermischen. Man kann meilenweit in die „Glens“10 zwischen den Bergen über solche mit Torfmoor durchzof O: Inverneß Lesung: jeden
g Alles > wenigstens oben
h Unsichere Lesung.
i Alternative
William Turner, Felix Mendelssohn Bartholdy und Theodor Fontane) besucht und mit Ausflugsschiffen regelmäßig angelaufen wurde (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 410 f.). 9 Um welche Korrekturbögen es sich handelt, läßt sich nicht definitiv klären. In Frage kämen von den 1895 gedruckten Schriften zeitlich: Der preußische Gesetzentwurf über das Anerbenrecht bei Rentengütern, in: Soziale Praxis. Centralblatt für Sozialpolitik, 4. Jg., Nr. 50, 9. Sept. 1895, Sp. 956–960 (MWG I/4, S. 586–596), ggf. auch der dritte Teil von: Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete [3. Folge], in: Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht, 44. Band, 1. Heft, 1895, S. 29–74 (MWG I/5, S. 175–550), dessen Abfassung der Editorische Bericht (ebd., S. 175–190, bes. S. 186) auf Juni 1895 datiert; möglicherweise auch der Ende 1895 publizierte Artikel Börsenwesen (Die Vorschläge der Börsenenquetekommission), in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 1. Supplementband. – Jena: Gustav Fischer 1895, S. 241–252 (MWG I/5, S. 553–590), den Weber vermutlich im Frühjahr 1895 abgefaßt und im Juni/Juli 1895 noch bearbeitet hatte (ebd., Editorischer Bericht, S. 553–557, bes. S. 554 und 556). 10 Glen (gälisch: Gleann) bezeichnet ein enges Gebirgstal im schottischen Hochland.
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genen Flächen blicken, die trotz absoluter Eintönigkeit den Eindruck des Wechselvollen ähnlich hervorrufen, wie die See es thut. Nach einer guten Stunde Fahrt mit starkem Anstieg öffnete sich |:weithin:| das meilenlange von hohen |:Basalt-:| Felsenbergen umgebene Thal des Loch Maree und wir erkannten sofort [,] daß die ernste Einsamkeit dieses Flecks Erde selbst Mariannes Einsamkeitsbedürfnis genügen müsse. Auf mehreren Stunden Fahrt bekamen wir ein aus 8 kleinen Häusern, die zerstreut umherliegen, bestehendes Dorf und eine Unterkunft für Jäger zu Gesicht, jim Übrigenj hat man die Empfi ndung, auf weite Meilen im Umkreise fast keinen Menschen zu wissen. Die auf dem Basalt am See angelegte schmale Straße dröhnt unter dem Wagen in eigentümlicher Art, – in Folge der Risse, die das Wasser in das Gestein unter ihr gesprengt hat, vermutlich, – wie fernes Glockengeläute. Eigentümlich ist der Effekt, den die Nachmittags- und Abendsonne hervorbringt. Durch den Schleier von dünnem Dunst, der die ganze Landschaft von unten bis oben stets mehr oder weniger spürbar einschließt, erhalten ihre Strahlen etwas fahles, zuweilen fast grünliches, nur beim Untergang etwas in Rosa übergehendes und eigentümlich erbleichen die feuchten Felskanten der Berge da, wo sie von ihnen erreicht werden. In diese völlige Felseinöde fi ndet sich dann plötzlich in einer Einsenkung am See, mit einer kleinen Parkanlage auf einer grünen Wiesenmatte das reizende Loch Maree Hotel gelagert.11 An einen kleinen Mittelbau von Bruchsteinen reiht sich |:in einem einstöckigen Holzbau:| eine Serie von höchst behaglichen Cabinetten, die sich alle auf einen grünen Rasenhof öffnen [,] und in deren einer wir campieren. Diese discrete Cultur mitten in der fast völligen Wildniß, wie wir sie nun schon zum dritten Mal fi nden, ist eigentlich das Anziehendste in Schottland [.] Sie erklärt sich offenbar daraus, daß während bei uns die Gasthöfe teils aus |:Stadt- und:| Dorfkrügen teils aus Kaufmannsherbergen emporwuchsen und schließlich den üblichen internationalen „Cultur“-Anstrich erhielten, hier die Jagdsitze der Landlords dazu wurden [.] Während sie in Deutschland emporwuchsen, das |:sie besuchende:| Publikum sich allmälig verfeinerte, war es hier die höchststehende Gesellschaftsschicht zuerst, die darin unterkam [,] und erst allmälig verbreiterte sich der Kreis der Besucher nach unten. Noch jetzt notieren die englischen Reisebücher bei all diesen Hotels, welchem j sonst > im Übrigen 11 Das Loch Maree Hotel bei Talladale.
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|:Duke,:| Earl etc. sie gehören. Die Landlords legen die Hotels an und verpachten sie, ihnen gehören die Dampfschiff-Piers, die sie verpachten, sie verpachten die Dampfschiffahrt auf den Lochs in Nord-Schottland, für sie ist das Jagdgebiet eingehegt – so hier gegenüber für den Earl of Ross12 ein meilenweiter Deer-„Forest“,13 dem zum Forst im deutschen Sinn nur die Bäume fehlen. – Die Gesellschaft – 14–16 Personen (ca 20–25 faßt das Hotel) – ist außerk einer mit Diamanten bedeckten Whiskey saufenden Dame äußerst gewählt, man ist dringend veranlaßt sich äußerst anständig zu benehmen. Dabei ist aber dasl Dinner keineswegs steif, die Unterhaltung lief ganz flott (d. h. nicht mit uns, die man als unbekannte Tiergattung bei Seite läßt) und der am Tisch präsidierende alte Hotelpächter |:– d. h. ich halte ihn dafür –:| ist ein sehr behaglicher Mann von überaus guten Manieren und leidenschaftlicher Jäger. Ich habe die beiden letzten Seiten Sonntag früh geschrieben, wo man dem lieben Gott zu Ehren bis 10 Uhr auf das Breakfast warten muß. Jetzt ist es ¾ 9 und mein Magen knurrt gewaltig. Marianne war so klug, wie die übrige Gesellschaft noch im Bett zu bleiben [.] Es herrscht eine Totenstille im Haus und umher. Herzlichen Gruß, auch von Marianne aus dem Bett Dein Max
k Unsichere Lesung.
l 〈Table〉
12 Traditionell trugen die Chiefs des Clan Ross den Titel des Earl of Ross (bis 1889 der Grafschaft Ross-shire, die 1890 mit Cromartyshire zur Grafschaft Ross and Cromarty verbunden wurde). Der 1872 geborene Sir Charles Henry Augustus Lockhart Ross, 9th Baronet, galt mit seinen Ländereien von geschätzt 366 000 acres (1480 km2) als größter Landbesitzer Großbritanniens. 13 Engl. für: Hochwildgehege.
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19. August 1895
Fritz Baumgarten 19. August 1895; Loch Maree Abschrift; von unbekannter Hand, ohne Anrede und Schlußformel GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 67 Der Verbleib des Originalbriefes ist nicht ermittelt. Laut Katalog „Autographensammlung Robert Ammann, Aarau“, Auktion am 16. November 1961, S. 90, wurde er zusammen mit dem Original des Briefes an Helene Weber vom 22. August 1895 (unten, S. 108–111) zum Verkauf angeboten. Es liegt aber eine fortlaufende Serie von Abschriften der Reisebriefe Max Webers an Fritz Baumgarten von dritter, unbekannter Hand vor (GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 67–70). Sie stammt aus dem Kreis der Familie Baumgarten und wurde zusammen mit Briefen Max Webers an Fritz und Hermann Baumgarten im Juli 1935 an Marianne Weber geschickt (vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 38). Die Abschrift des Briefs vom 19. August 1895 dient daher hier als Editionsgrundlage. Auslassungszeichen in der Abschrift lassen bereits erkennen, daß es sich um einen Briefauszug handelt. Der Vergleich weiterer Abschriften dieser Serie mit den vorliegenden Originalbriefen an Fritz Baumgarten vom 24. August, 1., 6. und 10. September 1895, unten, S. 112 f., 128–130, 131 f. und 143 f., zeigt darüber hinaus, daß in den Abschriften weitere Kürzungen auch ohne Kennzeichnung vorgenommen wurden. Dies läßt vermuten, daß auch die hier edierte Abschrift des Briefes an Fritz Baumgarten vom 19. August 1895 weitere, nicht erkennbare Kürzungen enthält. Sie ist, von gleicher Hand, überschrieben mit: „Max am 19.8.95 aus Loch Maree.“
Es ist freilich Geschmacksache – nicht jedem würde die einsam moorige Heide auf den Basaltbergen mit dem ewigen dünnen Dunstschleier darüber, den braunen Schluchten und unhörbar dahinfl ießenden Bächen und den stahlgrauen Lochs dazwischen behagen, den meisten namentlich der Wald fehlen, vielen wohl auch die Menschen, denn Dörfer giebt es nicht, nur nach meilenlangem Fahren kleine Gruppen von Schäferhütten. Ebenso fehlt absolut alles, was unsern Wirtshäusern entspricht: nur kleine, unendlich behagliche, aber sehr aristokratische Hotels, in denen in dieser Felseinöde die absolut feste Tageseinteilung und die Formen der englischen Kultur herrschen. Aber was Heideschönheit ist, kann man doch nur hier kennen lernen und auf uns wirkt der große Ernst dieser Natur, den man in der That wohl „feierlich“ nennen darf, oft fast ergreifend. Und das angenehme ist, daß diese völlig nordische Scenerie mit der matt weißen Färbung des Sonnenlichts, welches zuweilen durch den Dunst in ein fahles Gelblich-Grün übergeht, in angenehm temperierter, feuchter und doch frischer Luft zu genießen ist. . .a Zu überwinden haben unsere Mägen an der englischen Kost. Sie ist doch etwas barbarisch mit geringem Firnißb. Die Trilogie Roastbeefc, a Auslassungszeichen in Abschrift. schrift: Roastbeaf
b In Abschrift: Genuß > Firniß
c In Ab-
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Roastlamb, Roast-Chicken |:(Hähnchen):| erscheint Tag aus Tag ein, die Gemüse sind einfach in heißes Wasser geworfen, den Salat frißt man wie die Ziege ohne selbst Essig und Öl, dabei stets die unumgänglichen 3 Mahlzeiten, außerhalb deren nichts zu haben ist. Dann der Tagesanfang mit dem kolossal schweren Breakfast mit Fisch, Speck etc. etc. Mein Magen muß sich auch diesmal erst akklimatisieren, ich war gestern z. B. effektiv der reine Sch. . .ßkerld den ganzen Tag. Dabei die Weine teuer und schlecht, kein Bier außer dem alkoholfreien (!) Ingwerbier – wer, wie ich, den üblichen Whiskey (Schnaps) mit Wasser nicht mag, ist auf Minimalgenüsse angewiesen. Nun – auch das ist ja bekömmlich.
d Auslassungszeichen in Abschrift.
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22. August 1895
Helene Weber 22. August 1895; Stornoway, Hebriden Abschrift; von der Hand Emmy Baumgartens MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie) Der Verbleib des Originalbriefes konnte nicht ermittelt werden. Laut Katalog „Autographensammlung Robert Ammann, Aarau“, Auktion am 16. November 1961, S. 90, wurde er zusammen mit dem Original des Briefes an Fritz Baumgarten vom 19. August 1895 (oben, S. 106 f.) zum Verkauf angeboten. Es liegen zwei nahezu identische Abschriften von der Hand Emmy Baumgartens vor, die von allen Reisebriefen Max Webers an seine Mutter Abschriften anfertigte (MWA, Universität Heidelberg, Fotokopie der Abschrift; sowie „Reisebriefe aus Schottland und Irland von Max. 1895.“, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Der Vergleich mit den übrigen Abschriften der Reisebriefe und den überlieferten Originalen sowie weiteren maschinenschriftlichen Abschriften zeigt, daß Emmy Baumgartens Abschriften den Textkorpus von Max Webers Briefen am wenigsten (durch Kürzung, Emendation oder sonstige Texteingriffe) veränderten (vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 37 f.). Sofortkorrekturen und die Übernahme von Spracheigenheiten Max Webers legen den Schluß nahe, daß sie zeitnah anhand der Originale erstellt wurden. Ihre in zwei Fassungen überlieferte Abschrift des Briefs an Helene Weber vom 22. August 1895 dient daher hier als Editionsgrundlage. Der Textkorpus beider Fassungen ist bis auf die Streichung des Schlußsatzes nahezu identisch. Die hier edierte Abschrift (A1; MWA, Universität Heidelberg, Fotokopie der Abschrift) enthält diesen Schlußsatz, der in der wahrscheinlich als Reinschrift verfaßten zweiten Fassung (A 2; Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) fehlt. Die Abweichungen von A 2 werden textkritisch annotiert. Am Dienstag, dem 20. August 1895, hatten Max und Marianne Weber Loch Maree verlassen und waren nach Fahrt über Achnasheen abends in Strome Ferry angekommen. Von dort nahmen sie laut Marianne Webers Aufzeichnungen am 21. August mittags das Dampfboot und kamen wiederum abends gegen 21.30 Uhr in Stornoway auf Lewis an (vgl. Tage- und Notizbücher Marianne Weber, Nr. V. (Schottland 1895), Eintrag „Stornoway, 22.8.“ [12–15], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Lewis Hôtel Stornoway Hebridena 22. VIII 95b Liebe Mutter! Wie Du siehstc sind wir nun in einer Gegend angelangt, deren Nordwestlichkeit allen billigen Ansprüchen genügt und in der That nur durch eine Reise nach Irland noch übertrumpftd werden könnte, zu der, glaube ich, Marianne an sich nicht übel Lust haben würde. Heut Nachmittag wollen wir an die Westküste, uns nach einem passenden Seebadeorte umzusehen. Dort wollen wir dann mindestens 8–10 Tage a A 2: Hebriden, e A 2: Badeort
b A 2: 95.
c A 2: siehst,
d A1: übertroffen > übertrumpft
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bleiben, wenn wir etwas passendes fi nden, andernfalls nach Skye gehen. Im Loch Maree Hotel1 war es die Tage von Sonnabend Abend bis Dienstag früh, die wir dort blieben, ganz allerliebst, schließlich kamen wir noch mit den zurückhaltenden, aber gar nicht steifen Gästen in ganz angenehme Unterhaltung, zumal nachdem sich Einer als Bruder einer uns bekannten Predigers-Wittwe in Freiburg entpuppt hatte. Übel erging es nur zeitweise unsern Mägen. Diese englische Kost ist doch ein ziemlich uncultivierter Fraß mit einem äußeren Anstrich von Cultur. Die Suppen eine Sudelei, die Gemüse als wären sie zufällig ins Wasser gepurzeltf und aufgefischt, die Pickles und scharfen Sachen, von denen ein Franzose die Maulsperre bekommen muß, und die ewige tägliche Trilogie: Roast Beef, Roast Mutton, Roast Chicken, nebst Puddings, die für mich meist unerträglich sind, so gut sie theoretisch sein mögen. Dabei die absolute Gebundenheit an die festen Stunden, schon durch den absoluten Mangel jeglicher Wirtshäuser, und das zum Jammern erbärmliche Bier! Schon daß man morgens mit zweierlei Fisch und dem unumgänglichen Ham and Eggs anfängt und so in den ahnungslosen Magen ein Pfund Fleisch abläd, ist für uns eigentlich eine Unmöglichkeit, – kurz [,] g ich war einen Tag lang ganz krank und kurierteh mich nur durch anhaltendes „Porridge“-Esseni (dicken Haferbrei, den die Menschheit hier noch außer! ihrem Fleische in sich stopft). – j Dienstag ging es mit der Post nach Achnasheenk zurück – Gairloch ließen wir bei Seite liegen, die etwaigen Briefe dorthin habe ich hierher bestellt, doch geht von dort nur 1l Dampfer wöchentlich hierher – und abends nach Strome-ferry, dem Hafen für Skye und die Hebriden.2 Der Ort liegt ganz ausnehmend schön und zumal die Ausfahrt war mit das Prachtvollste, was wir bisher sahen: zwischen einem Gewimmel felsiger Inseln durch, flankiertm weiterhin durch die Felsenküste West-Schottlands, über der sich, je weiter man sich entfernte,n f A 2: geplumpst g A 2: kurz, h A1: [??] > kurierte; A 2: kurirte Essen j In A 2 folgt ein Absatz. k A1: 〈und〉 l A 2: ein n A 2: entfernte
i A1: „Porridgem A 2: flankirt
1 Das Loch Maree Hotel bei Talladale, direkt am Ufer des Loch. 2 Von Achnasheen, einem Knotenpunkt (nord-)westlich von Inverness, zweigte die Poststraße nach Loch Maree ab (vgl. Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 415). Sie führte weiter zum Küstenort Gairloch, von wo aus Stornoway (auf Lewis) ebenfalls per Schiff erreichbar war. Max und Marianne Weber nahmen dagegen die Route nach Süden, per Bahn bis Strome Ferry, von dort aus mit dem Dampfschiff („Steamboat“) in Richtung Stornoway.
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immer höhere Kuppen auftürmten, und auf der andern Seite die fast unglaublichen Bergformen der Insel Skye und der davor und daneben liegenden Inseln sich durcheinander und durch die Wolken schiebend. Die See war fast völlig ruhig und ½ Stunde nach Ende der Dämmerung – die hier noch bis 9 Uhr dauert, bis dahin konnte man lesen – kamen wir in Stornoway an.3 Die Ankunft des Post-Dampfers ist das einzige Ereigniß dieses einzigen Städtchens der Insel Lewiso und die ganze Stadt drängt sich dann am Hafen; nur mühsam kamen wir in unser Hotel. Der Unterschied gegen England und Schottland ist bedeutend, wennschon die Wellen der Cultur auch bis hierher gelangt sind. Touristen, Badepublikum undp dgl. fi ndet man hier kaum, das Hotelbuch verzeichnet fast nur Kaufleute aus Glasgow, Aberdeen, vereinzelt Kopenhagen, Hamburg, auch Stettin. Das ganze Nest riecht intensiv nach leeren Heringstonnen, es lebt nur von Hering, das ganze Ufer liegt voll Kähne und Netze.4 – An der andern Seite der Bucht, dem Städtchen gegenüber, liegt das Castle der Eigentümer der Insel, 5 in dessen Park wir vorhin einen 1½ stündigen Spaziergang machten, ohne nach irgend einer Richtung das Ende zu fi nden. Etwas diesem Park an Üppigkeit Ähnliches erinnere ich michq nur etwa in der Villa Carlotta6 und ähnlichen am Comer See oder am Lago Maggiore rgelegenen Anwesenr gesehen zu haben.7 Man möchte seinen Augen nicht trauen, wenn man o A 2: Lewis, p A 2: u. q A1: 〈nicht〉; mich fehlt in A 2. genen Anwesen sinngemäß ergänzt.
r Fehlt in A1 und A 2; gele-
3 Der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 415, empfahl Stornoway: „der Hauptort der Hebriden, mit ca. 3000 E[inwohnern], verdient wegen seiner wilden Felsszenerie einen Besuch“. 4 Stornoway besaß einen Naturhafen, der zu einer frühen Expansion des Ortes bereits im Mittelalter beitrug. 5 Lews Castle, der 1847–1857 erbaute Landsitz von James Matheson. Der im Asienhandel (Opiumhandel) reich gewordene Matheson hatte die Insel nach seiner Rückkehr nach Schottland gekauft. Aufgrund seiner Infrastrukturinvestitionen und seiner Unterstützungsleistungen während der „Highland Potato Famine“ in den 1840er Jahren erhielt er 1851 den Titel Sir James Nicolas Sutherland Matheson, 1st Baronet. Nach Mathesons Tod 1878 lebte seine Frau Lady Mary Jane Matheson weiterhin auf Lews Castle; die Insel blieb bis 1918 im Besitz der Familie. 6 Die Villa Carlotta am Comer See. Deren im 19. Jahrhundert (durch die Eigentümer Gian Battista Sommariva ab 1801 und Charlotte von Sachsen-Meiningen ab 1843) geschaffene Parkanlage erlangte aufgrund ihrer üppigen Vegetation Berühmtheit und wurde zum touristischen Anziehungspunkt (vgl. Baedeker, Karl, Italien. Von den Alpen bis Neapel. Kurzes Reisehandbuch, 5. Aufl. – Leipzig: Verlag von Karl Baedeker 1903, S. 18 f.). 7 Max Weber hatte Italien erstmals Anfang der 1880er Jahre auf einer Reise mit seinem Vater besucht. Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 68.
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hier viertelstundenlang zwischen 3 Meter hohen Rhododendron-s und Laurus-Hecken geht und zwischen Fichten, Lärchen und Steineichen die immergrünen südlichen Bäume fi ndet, dabei Lorbeerbäume hochstämmig und Fuchsien als hohe Sträuchert gezüchtet. Unglaublich wunderlich nimmt es sich aus, wenn aus einer Fläche von rothbrauneru Heide auf grauem Felsboden plötzlich ein Rhododendronbuschv emporwächst. Die ganze, mitten in völlige Heide-Einöde hineingesetzte Anlage, deren Kosten keine Phantasie sich ausmalen kann, ist eine gärtnerische Leistung, wie man sie schlechterdings nicht für möglich halten sollte, und ihre Unterhaltung, mit zahllosen Glashäusern, Palmenhaus etc. etc. muß eine Legion von Händen beschäftigen.8 Alles in Allem: als Professor fühlte man sich in seiner Tagelöhner-Existenz, und als Sozialpolitiker taxiertew man den Besitzer als reif für den Dynamit. – Nun bin ich nur gespannt [,]x was wir heute in Barvas erleben.9 Es gibt dort, so viel ich sehe, nur ein – und zwar ein Temperance! – Hotel, die Seebäder sollen, was glaublich ist, außerordentlich kräftig sein. Außer Druidensteinen, zahllosen uralten Cyklopenbauten,10 Heide, Moor, zahllosen Lochs und Felsen bietet die etwa 3 deutsche Meilen breite Insel nichts. Aber was Heideschönheit ist, kann man eben doch nur in den Highlands und hier kennen lernen. Die Bevölkerung, ein rothaariger Kelten-Rest, ist nichts weniger als schön, und ihre Sauberkeit läßt, scheint es, untery dem Einfluß des Whiskey, dessen Dunst in den Orten dem Heringsgestank Concurrenz macht, zu wünschen übrig. Es wäre nicht übel, wenn wir es recht hübsch anträfen, so daß wir dort bleiben könnten. z Nun haben wir schon mehr als 1½ Wochen hier von Euch nichts gehört, hoffentlich bringt einer der nächsten Tage gute Nachrichten.z Herzliche Grüße Dein Max.
s A1 und A 2: Rododendront A 2: Sträuche u A 2: rotbrauner v A1 und A 2: Rododendronbusch w A 2: taxirte x A 2: gespannt, y A1: außer > unter z–z Fehlt in A 2. 8 James Matheson hatte fast 50 000 £ in die Kultivierung der Landschaft um Lews Castle, insbesondere auch in ausgedehnte private Gärten und einen Komplex von Gewächshäusern mit exotischen Pflanzen investiert (History of the Lews Castle, http://www.stornoway historicalsociety.org.uk/features/castle/ [30.5.2012]). 9 Ort an der Westküste der Insel Lewis. 10 Eine seit der Jungsteinzeit bekannte Bautechnik mit Steinquadern in Trockenbauweise.
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24. August 1895
Fritz Baumgarten [24.] August 1895; BK Strome Ferry Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 71–72 Die Tagesangabe ist aus dem Briefinhalt, in Verbindung mit den Briefen an Helene Weber vom 22. August 1895, oben, S. 108–111, sowie vom 24. August 1895, unten, S. 114– 116, erschlossen. Nach allen Angaben zu Aufenthalten und Reiseroute muß er zwei Tage nach dem Brief an Helene Weber vom 22. August verfaßt worden sein, nach der Rückkehr von Lewis. Denn Max Weber merkt zu Beginn des Briefes an: „kommen eben von der nördlichsten der Hebriden zurück“. Am 20. August hatten Max und Marianne Weber Loch Maree verlassen und waren bis Strome Ferry gefahren, am 21. August dann mit dem Dampfer nach Stornoway, dem Hauptort auf Lewis (vgl. den Brief an Helene Weber vom 22. August 1895, oben, S. 108–111, mit Editorischer Vorbemerkung). Ebenfalls nach dem Inhalt des Briefes vom 22. August 1895 fuhren sie von dort am Donnerstag, dem 22. August, ins Seebad Barvas an die Westküste von Lewis („Nun bin ich nur gespannt[,] was wir heute in Barvas erleben“, oben, S. 111). Laut dem Brief an Helene Weber vom 24. August 1895, unten, S. 115 f., übernachteten Max und Marianne Weber auch in Barvas einmal, ehe sie (am Freitag, dem 23. August) abends zunächst nach Stornoway und von dort noch in der Nacht (vom 23. auf den 24. August) mit dem Dampfboot nach Strome Ferry, an der Westküste des schottischen Festlandes, zurückkehrten (so auch Tage- und Notizbücher Marianne Weber, Nr. V. (Schottland 1895), Einträge „Stornoway, 22.8.“ [12–15] und „Oban, 29.8.95“ [19 f.], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Webers Hinweis „Wir fahren jetzt nach Skye, wo wir den toten schottischen Sonntag verleben wollen“ (unten, S. 113) läßt den Schluß zu, daß er den Brief an Fritz Baumgarten am Samstag, dem 24. August 1895, vor der Weiterreise von Strome Ferry nach Portree (auf Skye), schrieb. Der 25. August 1895 war ein Sonntag.
Station Hotel Strome Ferry. 24a /VIII 95 Lieber Fritz! Die nach Invernessb gegangenen Sachen habe ich nebst Deiner Notiz auf dem einen Couvert dankend richtig erhalten. Wir sind Euch speciell auch für Eure Mühewaltung bezüglich des Gasesc wirklich sehr zu Dank verpfl ichtet. – Wir kommen eben von der nördlichsten der Hebriden zurück, weil dort das erwartete Seebad sich nicht fand: der Strand ist versteint und übrigens ist gewaltige Brandung. Das Nest selbst (Barvas an der N.W. Seite von Lewis) bestand aus ca. 100 Erdhöhlen – die Cultur ist dort gänzlich zu Ende, die Leute verstehen nicht einmal
a O: 22
b O: Inverneß
c Unsichere Lesung.
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Englisch.1 In der Hauptstadt Stornoway dagegen ist ein Park des Landlord von märchenhafter Pracht: 2 unter dem 58–59 Breitengrade dichte Büsche von Rhododendrond, Lorbeer, Lebensbaum u. alle norditalienischen Bäume mitten in der Heide! Ein zu seltsames Klima! Auch die Fahrt war ganz prachtvoll. Da |:ein Holy Day:| (Festtag) war – deren Zahl ist Legion – konnte ich die Postsachen nicht bekommen. Ich habe sie nach: „Oban“ (to be called for) 3 erbeten und bitte auch Dich,e was bis zur Ankunft dieses Briefes |:noch:| da ist, dorthin zu senden, Späteres nach Glasgow (to be called for). Wir fahren jetzt nach Skye, wo wir den toten schottischen Sonntag verleben wollen. Es ist ein seltsames Land hier und wir werden Manches zu erzählen haben. Selbst in jenem Pechhütten-Nest4 von Torfgräbern auf den Hebriden fehlte in dem dortigen winzigen „Temperance Inn“, wo wir eine Nacht waren, das Water-Closet mit gerolltem Papier nicht, ebenso wurde der teilweise undefi nierbare Fraß mit aller englischen Peinlichkeit vorgeführt: wenn auch Dein Magen bis zum Brüllen knurrt, Du mußt warten, bis einzeln 2 Theetassen, dann 2 Teller, dann noch 2 Teller, dann 4 Gabeln, Messer, Löffel, dann 1 Thee-Mütze, Brod, Spülnapf etc etc etc hineingebracht und der ganze Krempel in genauem [,] stilvollem Arrangement aufgebaut ist – zuweilen um wild zu werden. Bald mehr – herzlichen Gruß – vonf uns an Euch Dein Max
d O: Rododendron
e 〈bis〉
f Fehlt in O; von sinngemäß ergänzt.
1 Auf den Äußeren Hebriden war das zu den keltischen Sprachen gehörende Schottisch-Gälisch traditionell stark verbreitet. Nach dem Zensus von 1901 sprachen dort ca. 75% der Bevölkerung Gälisch. Die Durchsetzung der englischen Sprache im Schulwesen war erst mit dem „Education Act“ von 1872 erfolgt. Vgl. Maurer, Michael, Kleine Geschichte Schottlands. – Stuttgart: Reclam 2008, S. 240–244. 2 Vgl. hierzu den Brief an Helene Weber vom 22. Aug. 1895, oben, S. 110 f. (mit Anm. 5 und 8). 3 Engl. für: postlagernd. 4 Anspielung auf die sprichwörtliche Redensart von den „aschgrauen Pechhütten“, als Bild für äußerste Abgelegenheit. Vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 24. Aug. 1895, unten, S. 115 mit Anm. 4.
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Helene Weber [24.] August 1895; BK Strome Ferry Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 9–11 Die Tagesangabe ist anhand des Briefinhalts erschlossen. Aufgrund der nachfolgend, wie auch im letzten Brief an Helene Weber (vom 22. August 1895, oben, S. 108–111) genannten Orts- und Zeitangaben, muß vorliegender Brief nach der Rückkehr von Lewis, am 24. August geschrieben worden sein (vgl. dazu auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Fritz Baumgarten vom 24. August 1895, oben, S. 112). Die unten beschriebene Weiterfahrt von Strome Ferry aus – zunächst mit dem Wagen über Loch Alsh und von dort aus weiter per Dampfboot nach Portree – belegt, daß er nach der Rückreise auf das schottische Festland und vor- bzw. während der Dampferfahrt zur Insel Skye verfaßt wurde. Bestätigt wird die Datierung auf den 24. August 1895 durch einen Nachtrag Marianne Webers am Ende des Briefes. Am Tag nach der Ankunft auf Skye schrieb sie: „Hier in Portree sind wir ganz gut untergekommen, haben uns ordentlich ausgeschlafen, u. machten heute (Sonntagmorgen) einen kleinen Spaziergang durchs Dorf, bei dem wir nicht weniger als sechs Kirchen zählten.“ Der 25. August 1895 war ein Sonntag. Der Brief enthält weitere Zusätze von der Hand Marianne Webers, die hier nicht wiedergegeben werden.
Station Hotel Strome Ferry. 24.a VIII 95 Liebe Mutter! Ehe wir auf den Dampfer nach Portree (auf Skye) gehen, will ich doch unser Schicksal kurz registrieren. Von Stornoway aus fuhren wir 2 Stunden lang auf einerb Straße quer durch die Insel, welche an Öde Alles bisher Gesehene übertraf: so weit man sah, nichts als braunes Moor.1 Dann kamen einige weiße Punkte in Sicht, zugleich mit dem Ozean, und Einer dieser Punkte entpuppte sich als das einstöckige Temperance Inn, 2 wo wir in eine Stube eintratenc[.] Auf dem Dampfer nach Skye, denselben Tag. Ich wurde hier unterbrochen. – Barvas schien Anfangs nur aus den besagten 3 hell gestrichenen Höfen zu bestehen. Sonst sah man nur, die Straße entlang, sich Reihen von scheinbar großen Maulwurfshügeln hinziehen. Näher angesehen zeigten sich diese aber als ca 100 Erdhöhlen, in denen ebenso viele Familien ihre Unterkunft hatten. Überirdisch ist nur eine etwa a O: 22.
b 〈[??]〉
c Unsichere Lesung.
1 Besonders der Norden von Lewis ist durch weite Torfmoorlandschaften geprägt. 2 Zu den Temperance Hotels vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1895, oben, S. 100, Anm. 11.
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1 Meter hohe Mauer aus Strandsteinen aufgeschichtet, das Dach aus Torf, gegen den Sturm dadurch geschützt [,] daß ein mit Steinen beschwertes Stricknetz darüber lag, mit einem Loch für den Rauch. Darin existierte die kein Englisch verstehende gälische Bevölkerung von Torfgräbern.3 Damit contrastiert es zuerst seltsam, daß jede Familie ein Pferd und einen Wagen besitzt, ihr einziges Capital für das Abfahren des Torfs nach Stornoway. Wir waren nun also Gott sei Dank wirklich an das Ende der Cultur, zu den „aschgrauen Pechhütten“ der Berliner Redensart,4 gekommen. Auf den Marschen nach der See zu weidete zahlloses halbwildes Rindvieh, bei den Hütten die Pferde, auf dem Moor Schafe, dazu wird etwas Hafer um die Hütten herum gebaut. Nachdem wir diesen Zustand |:der paradiesischen Uncultur:| mit Befriedigung constatiert hatten – |:d. h.:| im „Hotel“ kamen wir in einem ganz sauberen Zimmerchen, an dessen Decke ich mit dem Kopf stieß, zu ebener Erde unter, das Menü schrumpfte zu Hammelcotelettes (von riesiger Dimension) und einem seltsamen Pudding mit violettem Kleister, – das hinderte aber nicht, daß diese Schätze nach Art der größten englischen Hotels, mit 5–6 Essigen, Cherry-Sauce etc etc., X Tellern und Tellerchen, riesigen Blechdeckeln und dem ganzen pedantischen Klimbim, bei dessen Arrangement Einem, wenn man hungrig ist,d die Galle überläuft, aufgetragen wurden, daß ferner Institute wie das hier zu Lande mit W.C. abgekürzte sich in full dress befanden, kurz [,] daß auch in diese Gegend der Erdhöhlenbewohner die Hotel-Cultur Englands ihre Strahlen geworfen hatte, – also: nachdem wir dieses Alles gesehen hatten, suchten wir den Strand mit den „very strong baths“, von denen man uns gesprochen hatte. Siehe da: er war nicht da, d. h. er war mit Steinen überhäuft und unzugänglich. Es begann zu regnen, wir verirrten uns in den Dünen, quatschnaß, verstenkert vom Erdhöhlenrauche und mit Torf bespritzt langten wir wieder „zu Haus“ an. Man belehrte uns, der Strand liege nördlicher, am nächsten Morgen machten wir uns auf die Strümpfe – aber mit noch negativerem Erfolg: erd 〈Jedesmal〉
e Unsichere Lesung.
3 Zur Verbreitung des Gälischen vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 24. Aug. 1895, oben, S. 113, Anm. 1. 4 Sprichwörtlich für äußerste Abgelegenheit; da Pechhütten sich an entlegenen Orten befanden, von denen Holz kaum abzutransportieren war und zu Kohle oder Pech verarbeitet wurde (vgl. Borchardt-Wustmann-Schoppe, Die sprichwörtlichen Redensarten im deutschen Volksmund, nach Sinn und Ursprung erläutert, 7. Aufl., neu bearb. von Alfred Schirmer. – Leipzig: VEB F.A. Brockhaus Verlag 1954, S. 38 f.).
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stens fanden wir nur eine hohe Felsenküste, an der in zahllosen Klüften in wundervoller Brandung der Ozean tobte, zweitens aber konnten wir auch dies Schauspiel nicht in Ruhe genießen, denn zwei ungeberdige junge Bullen stürmten im Galoppf auf uns los, rannten uns über den Haufen und warfen uns die Küste hinab, glücklicherweise an einer Stelle, wo zunächst ein sandiger Abhang und dann erst die Felsenriffe lagen. Nach diesem Genuß hatten wir von Barvas genug und fuhren am Abend zu Wagen durchg den Nebel und die Heide nach Stornoway zurück und gleich weiter die Nacht durch bis Strome Ferry, wo wir uns, der menschlichen Cultur wiedergegeben, von allem BB5 dieser Phäaken-Fahrt reinigten.6 – Statt, wie ich, als ich den Brief begann, glaubte, dort auf den Dampfer zu warten, entschlossen wir uns dann aber im Wege einer Wagenfahrt ihm einige Stationen vorauszufahren. Diese Fahrt – d. h. meist ging es steil bergauf und dann saß nur Marianne auf dem Wagen, dann ebenso steil sausend bergab, – zum Loch Alsh und dem daran liegenden Balmacara-Hotel ist doch noch schöner als Loch Maree gewesen, sie war gradezu unglaublich schön durch die Combination phantastischer Bergformen, die sich wirr durcheinander drängten, der mannigfachsten Färbungen von tintenschwarz bis hellgrün auf den Felsenkuppen, den zwischendurch ziehenden Wolken und den braunen Bergwässernh und schwarzen Lochs – dabei mit Durchblicken in eine scheinbar endlose Ferne über die Meeresbucht hin auf weitere Berggruppen. Jetzt fahren wir Portree entgegen, wo wir einige Tage bleiben, um Skye zu durchwandern. – Ich breche lieber hier kurz ab; draußen wird es eben allzu schön. Ein Brief, der Donnerstag abginge,7 wird uns, denke ich, in Glasgow am sichersten erreichen. Weitere Pläne noch unbekannt. Herzlich Max
f O: Gallopp
g 〈die〉
h Alternative Lesung: Bergwüsten
5 Lautmalerisch für Bäh, Bäh; Schmutz, Dreck. 6 Vermutlich eine Anspielung auf den 6. Gesang in Homers Odyssee (Odysseus Ankunft bei den Phäaken), in dem Poseidon einen Orkan schickt, Odysseus mit seinem Floß Schiffbruch erleidet und nur mit Hilfe der Göttin Leukothea schwimmend das rettende Ufer der Insel erreicht. 7 Donnerstag, der 29. August 1895.
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Helene Weber 28. August 1895; auf der Fahrt von Portree nach Oban Brief; eigenhändig, von Marianne Weber mitunterzeichnet GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 12–16 Max Weber verfaßte den Brief an Bord des Raddampfers R.M.S. Gael auf der Rückfahrt von der Insel Skye nach Oban. Die „Gael“ pendelte von 1892 bis 1914 jeden Sommer im Zweitagestakt zwischen Oban und Gairloch, wobei sie auch in Portree (auf Skye) anlegte. Der Brief enthält Zusätze von der Hand Marianne Webers, die ihn auch mitunterzeichnete.
Glasgow and Highland Royal Mail Steamers The Royal Route R.M.S. „Gael“ auf der Fahrt von Portree nach Oban 28. VIII. 1895 Liebe Mutter!
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Jetzt sind wir wieder auf der Fahrt von Skye nach Süden und da das Wetter schlecht ist will ich die Zeit benutzen Dir zu schreiben. Der Gegensatz der Culturzustände auf den Hebriden und Skye war drastisch genug. In Barvas auf Lewis hing in unsrem Zimmerchen als Merkwürdigkeit das wohlgelungene Bildniß einer Lokomotive, es leben dort noch 2 alte Weiberchen, die Steingutgeschirr mit der Hand drehen, wir sahen solches: wunderlich primitive Formen, auf welche dann unvermittelt moderne Theekannen- und -Tassen-Motive gepfropft sind. Selbst in Stornoway hatte der Wirth noch nie eine 10 £-Banknote der Bank von England gesehen, er hielt sie für einen Check und verlangte das Indossament.1 In Skye ist durchgebildete Fremden- und Hotelcultur. Wir blieben zunächst den schauerlich öden Sonntag in Portreea, 2 – glücklicherweise regnete es. – Montag und a In O folgt der Zusatz Marianne Webers: uns an den sechs vorhandenen, nach einander bimmelnden Kirchen ergötzend. 1 Indossament ist ein Vermerk, in der Regel auf der Rückseite (ital. in dosso) eines Wertpapiers, das zugunsten einer namentlich genannten Person ausgestellt ist. Mit dem Vermerk werden die Rechte an dem Papier, speziell das Eigentum, auf einen anderen als den ursprünglich Berechtigten übertragen. 2 Die Stadt Portree bot sich laut Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 412, als Ausgangspunkt für Ausflüge auf Skye am besten an.
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Dienstag machten wir dann ein paarb Bergtouren im Nord und Süd der Insel. Trotzdem es sich nur um Berge von 2000–3000 Fuß und wenig darüber handelt und trotz der lauen Luft haben die Bergpartien selbst durchaus alpinen Charakter, auch die Blicke hinab auf die Lochs und die See erinnern im Gesammteindruck durchaus an den Rigi3 und Pilatus.4 Nur fehlen die Schneeberge, dafür öffnet sich zwischen den teils glockenförmigen, teils zackigen Gipfeln der „Ben‘s“5 und „Sguirr‘s“c6 der Blick auf die gleichfalls scheinbar berghoch zum Horizont ansteigende Fläche des Ozeans. Die geringere Höhe wird dadurch ausgeglichen, daß die Berge eben direkt vom Meere aus aufsteigen. – Am ersten Tage waren wir im äußersten Norden der Insel in der merkwürdigen Klippenregion des „Quiraing“.7 Man fährt zuerst 2 Stunden bis zu einem kleinen Hotel, wo man luncht – wir fuhren, da das Wetter unfreundlich war, allein auf dem kleinen Wagen. Dann abermals 1½–2 Stunden, dann wird man von einem Bergführer in Cur genommen. Es ging zunächst einen richtigen Alpenpfadd an einer teils steinigen, teils grasbewachsenen Halde, deren Abhang direkt ziemlich steil 1000 Fuß hinabreicht bis in das Thal [,] das man unter sich sieht, entlang. Dann geht es einen Pfad bergan, den man zum Teil auf allen Vieren kriecht, bis zu einem Gewirr von Klippen, den „Needles“ und wie sie alle heißen, in deren Mitte ein kleiner grasbewachsener Raum ist, von dem aus man zwischen den direkt aus dem Meer 1600–2000 Fuß hoch ansteigenden spitzen zerklüfteten Felsen |:in:| die See sieht. Einige Damen, die mit einem Herrn von anderswoher gekommen waren, blieben zurück und ich muß sagen, daß ich jeden Augenblick glaubte, meine Gattin kopfüber in die Tiefe sausen zu sehene – aber siehe da, Mariannchen entpuppte sich als eine vortreffl iche Bergsteigerin, namentlich was das Klettern anbetrifft. Da das Wetter mangelhaft b O: Paar c Alternative Lesung: „Sguire’s“ d 〈über〉 e In O folgt der Zusatz Marianne Webers: für den Gatten schien mir die Gefahr größer, nach seinem Pusten, Ächzen u. Schimpfen zu urteilen 3 Bergmassiv in der Zentralschweiz, zwischen Vierwaldstätter- und Zugersee. 4 Bergmassiv der Luzerner Voralpen. 5 Ben (oder Beinn) ist die gälische Bezeichnung für einen großen, massigen Berg. 6 Vermutlich ist der gälische Begriff Sgùrr für einen schroffen, felsigen Berg gemeint. 7 Der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 412, empfahl einen Besuch „vielleicht der großartigsten Felsenscenerie ganz Großbritanniens“ nachdrücklich. Die auf der Halbinsel Trotternish gelegene Landschaft des Quiraing wurde als eine „von hoch aufragenden Klippen und Felszacken in den seltsamsten Formen umschlossene[n] Grasfläche“ beschrieben (ebd.).
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war, so fand ich die letzte Kletterpartie nicht ganz lohnend, die Szenerie oben ist mehr interessant als schön, der Weg an der Berghalde entlang dagegen mit dem weiten Blick über die Küste und das Meer hinaus ist prachtvoll. Ebenso interessant und zugleich weitaus schöner war die Tour am zweiten Tage nach dem Süden der Insel, zu den „Cuchullin Hills“,8 Loch Coruisk9 und Loch Scavaig10 über Sligachan,11 zuerst zu Wagen, dann mehrere Stunden per Pony und schließlich zu Fuß auf steilem Alpenpfad. Zuerst regnete es, wie fast jeden Tag in Skye, und ich war einigermaßen wütend über diese ewige Douchef; aber man darf sich hier durch Regen nicht von einer Tour abhalten und durch Sonne nicht dazu encouragieren lassen. Es wurde nachher prachtvolles, d. h. ganz zur Landschaft passendes Wetter: zwischen den Wolken, die um die zackigen Bergkronen sausten, brach immer wieder die Sonne durch, von Zeit zu Zeit senkte sich ein fein gewebter weißer Schleier von den schwarzen Klippen herab in das Glen, kam auf uns zu und entpuppte sich als ein kurzer Regenschauer, als ob eine Gießkanne ausgegossen würde. Der Weg vom Sligachan Hotel in die Berge – die sog. „Cuchullin Hills“ oder „Cocolin Hills“ hinein, ist schlechterdings heillos, ich habe einen so rauhen „Pfad“ – durch reißende Bäche, fußtiefe Moore, Geröll, schlüpfrige Wiesen, schneidend scharfe und glatte Felsen aufund absteigend [–] kaum je gesehen.12 Man würde ihn für Menschen fast ungangbar nennen: daß aber die Pferde ihn machten, werde ich nie begreifen. Ich saß auf einem stämmigen kleinen Pony, mit den Beinen fast auf die Erde reichend, wie der Erzvater Jakob,g Marianne seelenvergnügt auf einem hochbeinigen Viech, dazu ein Führer, so ging es f In O folgt der Zusatz Marianne Webers: schimpfte wie ein Rohrspatz g In O folgt der Zusatz Marianne Webers: dabei spreizte er immer an der freien Hand den Daumen 8 Gemeint sind die im Südwesten von Skye gelegenen Cuillin Hills, bestehend aus den – durch Glen Sligachan getrennten – Massiven der Black Cuillins und der Red Cuillins. Die von Weber benutzte Schreibweise orientiert sich am Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 412. 9 Am Fuß der Black Cuillins gelegener Gletschersee. 10 Loch Scavaig bildet eine in die Insel einschneidende Meeresbucht, welche der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 412, als „wildromantisch“ bezeichnete. 11 Loch Scavaig war über See zu erreichen, aber auch auf dem Landweg durch Glen Sligachan bis zum Sligachan Hotel, einem Ausgangspunkt für Touren in die Cuillin Hills (ebd.). 12 Vom Sligachan Hotel aus war die Berggruppe der Cuillin Hills zu besteigen. Der Weg sei „steil und mühsam, aber sehr lohnend“; Frauen wurde von der Tour allerdings abgeraten (ebd.).
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los, wie die heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten. Die Pferde waren bald knietief im Wasser, |:durch mehrere Meter breite Bäche mit felsigem und Geröllboden watend:| bald quatschten sie imh Moor, bald rutschten die Geröllmassen unter ihnen, bald kletterten sie scheinbar fast senkrechti empor, um dann wieder ebenso abzusteigen, man hielt es zunächst nicht für möglich, daß sie nicht bei jedem Schritt ein Bein zwischen den Steinen ließen, fühlte sich aber bald ganz sicher. Freilich ist von meinen Reitkünsten nicht viel geblieben und wenn „Charlie“ an ebenen Stellen sich in einen Zuckeltrab setzte, mußte ich öfter vom „Majorszügel“13 Gebrauch machen. Auch sind mir einige Körpergegenden derart massiert und ramponiert, daß ich noch jetzt gern weich sitze – Marianne zeigte sich darin besser ausgestattet.j Es ist fabelhaft, wie gut ihr die Reise bekommt: auf ihre |:knall-:|rothen Backen (und d[it]o Nase) k gehen alle Bullen sofort los,l sie ist dicker geworden, ohne Migräne, ißt das Doppelte von mirm und schläft wie ein Murmeltier 10 n Stunden lango – das Ganze ist ein unendlicher Unterschied gegen die Hochzeitsreise mit ihrer nervösen Hast,14 ein solches Gefühl von Entlastung nach jeder Hinsicht haben wir bisher noch niemals gekannt.p Von der Höhe der „Cuchullins“ sieht man durch ein wildes Felsenthal, den „Loch Coruisk“ [,] der am entgegengesetzten Ende eine Lücke offen läßt, in die Felsenbucht des „Loch Scavaig“ auf die hellbeleuchtete See. Über den Lochs |:und unsren Köpfen:| lag eine Wolkenschicht, so daß man die Scenerie darunter her erblickte, als wenn der Vorhang des Theaters sich nicht ganz gehoben hat. Die Felsformen sind zum Teil schier unglaubliche und zwischen diesen zerfetzten Zackengipfeln tauchen dann glockenförmige Kuppen auf, die ganz so aussehen, als ob der quellenartig emporsprudelnde Basalt plötzlich erstarrt wäre. Es
h Alternative Lesung: ins i In O folgt der Zusatz Marianne Webers: ? j In O folgt öffnende Klammer mit gleicher Tinte von der Hand Marianne Webers. k In O folgt der Zusatz Marianne Webers: na, na, l In O folgt der Zusatz Marianne Webers: ob nicht auf Maxens erst recht! m In O folgt der Zusatz Marianne Webers: frech gelogen! n In O folgt der Zusatz Marianne Webers: ? o In O folgt der Zusatz Marianne Webers: Max geht am liebsten um ½10 zu Bett. p In O schließende Klammer mit gleicher Tinte von der Hand Marianne Webers. 13 In den zahlreichen Wörterbüchern zur Soldatensprache um 1900 findet sich der Begriff nicht. Gemeint sein dürfte wohl die Mähne des Pferdes. 14 Im Herbst 1893 hatten Max und Marianne Weber eine nur kurze Hochzeitsreise nach London und Paris unternommen.
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war die ganze etwa 10stündige Partie wohl das Lohnendste [,] was wir bisher an Touren gemacht haben.q Jetzt sind wir seit ½9 Uhr wieder auf dem Schiff um nach Oban zu fahren [,] wo wir heut Abend ankommen. Ist das Wetter gut [,] gehen wir morgen nach Iona15 und Staffa,16 wenn nicht, lassen wir es bleiben, da manche unserer Partien jedenfalls mindestens von gleicher Eigenart waren wie Staffa sein kann [.] Dann wollen wir auf einem kleinen Umweg nach Glasgow. Dort werden wir wohl noch Sonntag sein. – Dann aber wollen wir über Dublin oder Londonderry nach dem kleinen Seebad Kilkeer, unweit Limerick nördlich der Shannon-Mündung und werden dort dann wohl den Rest unserer Zeit und unseres Geldes durchbringen. – Man hätte ja mit einem „Circular-Ticket“ die Reiserei billiger gestalten können,17 aber ich muß doch sagen, daß ich in einem uns noch unbekannten Land die Ungebundenheit in der Route unschätzbar fand und es vorzog, lieber einige Tage früher abzubrechen, wenn das verfügbare Capital zu Ende ging, als an gleichgültige Orte gebunden zu sein. Freilich hat unser unstätes Herumvagieren die Folge gehabt, daß wir von Euch bisher nichts hörten und vons Freiburg nur in Invernesst und Stornoway – auf dem Rückweg kamen wir dort um Mitternacht durch, so daß ich keinen Brief abholen konnte.18 Es wird sich nun wohl Alles in Oban und Glasgow, wohin ich es bestellte, aufgesammelt haben. – Von nun an bitte ich Dich, poste restante19 Limerick (Ireland) zu schreiben. – Am 15. IX. wollen wir wieder in Freiburg sein. Herzlichen Grußu Maxv q In O folgt der Zusatz Marianne Webers: Das Reiten war begeisternd, nur war mein Bein zu dick für den Damensattel u. wurde deshalb etwas gequetscht r Kilkee > Kilkee s in > von t O: Inverneß u In O folgt der Zusatz Marianne Webers: u. Kuß. v In O folgt der Zusatz Marianne Webers: u. Marianne 15 An der Südwestküste von Mull gelegene Insel, auf der Kolumban der Ältere im 6. Jahrhundert ein Kloster errichtet hatte. Eine um 1200 dort wiedergegründete Abtei bildete bis zur Reformation eines der regionalen geistlichen Zentren. 16 Zur Insel Staffa vgl. den Brief an Helene Weber vom 17. und 18. Aug. 1895, oben, S. 102 f., Anm. 8. Eine Fahrt dorthin hatten Max und Marianne Weber schon zehn Tage früher geplant, aufgrund des Wetters aber verschoben. 17 Die schottischen Eisenbahnen boten für zahlreiche „Circular-Tours“ spezielle Rundfahrkarten an, für die eigens auch „Tourist Handbooks“ herausgegeben wurden. Die Tikkets waren für Eisenbahn, Dampfboot und Coach gleichermaßen gültig (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 375 f.). 18 Vgl. hierzu den Brief an Helene Weber vom 24. Aug. 1895, oben, S. 116. 19 International übliche Bezeichnung für: postlagernd.
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Helene Weber 1. September 1895; Belfast Brief; eigenhändig, von Marianne Weber mitunterzeichnet GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 17–20 Wie sich aus der im folgenden (sowie im Brief an Fritz Baumgarten vom 1. September 1895, unten, S. 129) beschriebenen Reiseroute ergibt, verfaßte Max Weber den Brief vor der Zugfahrt von Belfast nach Dublin, demnach vor dem Brief an Fritz Baumgarten (aus Dublin) vom gleichen Tag: Nach einem kurzen Aufenthalt in Glasgow am 30./31. August 1895, hatten Max und Marianne Weber in der Nacht zum 1. September Schottland verlassen und waren per Dampfboot nach Irland, der zweiten Etappe ihrer Reise gefahren. Der Brief enthält Zusätze von der Hand Marianne Webers, die ihn auch mitunterzeichnete. Am Briefkopf fügte sie hinzu: „Ich finde Max schreibt so hübsch u. so anschaulich, daß es Euer Schaden wäre, wenn ich ihn ersetzen wollte, ich lasse ihm deshalb mit Freuden den Vortritt, so lange er so produktiv ist.“
Belfast 1. IX. 95 Liebe Mutter! Obwohl der Sonntag in Irland wenigstens um so viel weniger streng ist, daß wir nachher einen Zug nach Dublin fi nden werden, haben diese Völker hier doch alles Schreibpapier während der „Divine Services“ unter Verschluß, so daß ich einige Fetzen Kanzleipapier zu einem Brief an Dich benutzen muß. Mit großer Freude erhielten wir in Oban und dann in Glasgow endlich Briefe von Dir, bisher waren wir ihnen immer durchgebrannt. – Marianne befi ndet sich, wie Du aus meinem letzten Brief schon gesehen haben wirst,1 recht gut, weder Migräne noch Asthma etc. hat sich eingestellt, auch keine Erkältung und Übermüdung, und ich glaube [,] daß es eher ein gutes Zeichen ist, daß sie diesmal im Gegensatz zur Hochzeitsreise2 etwas zur Seekrankheit neigt, die uns bisher übrigens in der That verschonte. Freilich that uns das Wetter den Gefallen, keine großen Ansprüche an unsre Seefestigkeit zu stellen. In Oban war das Wetter so zweifelhaft, daß wir auch diesmal die Partie nach Staffa, wo der Dampfer nur bei ruhiger See Passagiere aussetzt, nicht unternahmen.3 Dagegen machten wir am Donnerstag eine 1 Dem Brief an Helene Weber vom 28. Aug. 1895, oben, S. 120. 2 Ihre kurze Hochzeitsreise im Herbst 1893 hatten Max und Marianne Weber nach London und Paris unternommen. 3 Die Fahrt zur Insel Staffa hatten Max und Marianne Weber bereits zweimal geplant und wieder verschoben (vgl. die Briefe an Helene Weber vom 17. und 18. Aug., sowie vom 28. Aug. 1895, oben, S. 102 f. und 121).
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Rundtour nach dem „Glencoe“, dem von Macaulay4 schön beschriebenen wilden Schauplatz eines berühmten Massacres unter Wilhelm III; 5 – die Massacres und Morde spielen hier, von Edinburgh und Stirling angefangen, eine große Rolle: man sollte bei der Menschenleere des Landes kaum glauben, daß ein so intensives Bedürfnis nach Beseitigung von Mitmenschen bestanden haben könnte, wie dies offenbar der Fall war: bald die Mac Leods durch die Mac Donalds, dann diese durch die Campbells,6 etc. etc. fressen sich auf, fast allenthalben hat der Tourist die Gelegenheita, sich an den Stellen zu erfreuen, wo dieser oder jener Malcolm etc. ermeuchelt worden ist. – Das Glencoe aber ist freilich nicht nur aus diesem Grunde sehenswerth, sondern in der That von einer Gewalt der Felsenschönheit, wie sie selbst die Berge von Skye
a Freude > Gelegenheit 4 Macaulay, Thomas Babington, The History of England from the Accession of James the Second, 5 vols. – London: Longman, Brown, Green, and Longmans 1849–1861 (zahlreiche Neuauflagen); zuerst in deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel: Die Geschichte Englands seit dem Regierungsantritte Jakobs II. Übersetzt von Friedrich Bülau. – 11 Bände, Leipzig: Weigel 1850–1861. 5 Es handelt sich um das sog. Massaker von Glencoe am Clan der MacDonalds am 13. Februar 1692. Hintergrund war das Vorhaben Williams III., die (jakobitischen) Clans im Hochland mittels einer Amnestie zu einem Treueeid zu bewegen. Ein durch den schottischen Unterhändler John Campbell, First Earl of Breadalbane (vom Clan der Campbells), ausgehandelter Plan sah vor, daß der Eid vor dem 1. Januar 1692 abzulegen sei. Als der chief der MacDonalds von Glencoe, Alasdair Maclain, seinen Eid erst nach Ablauf der Frist ablegte, wurde dies für eine militärische Strafaktion genutzt. Mit stillschweigendem Einverständnis Williams III. rückten Truppen unter Führung von Robert Campbell ins Glencoe vor und töteten Maclain sowie 40 Männer seines Clans (Mackillop, Andrew, Massacre of Glencoe, in: The Oxford Companion to Scottish History, ed. Michael Lynch. – Oxford: Oxford University Press 2007, S. 272). Macaulay beschrieb die Vorgänge von Glencoe in einem ausführlichen Abschnitt als blutige Abrechnung der Campbells mit den MacDonalds; als Gemetzel, dem die überlebenden MacDonalds nur durch ihre Raffinesse und das Ungeschick der Verfolger entkamen. Vgl. Macaulay, The History of England (wie Anm. 4), vol. IV, 1855, Chap. XVIII, Glencoe, S. 191–217. 6 Die MacLeods waren vor allem auf den Inseln (u. a. Skye) ansässig, die Campbells im Hochland (Argyll). Die MacDonalds waren in verschiedene Linien (im Hochland und im Westen) gespalten. Interne Konflikte, aber auch Streit um Land- oder Rechtsansprüche zwischen den Clans waren endemisch, Fehden führten zur Zerstörung ganzer Clans: dem der MacLeods of Lewis im späten 16. Jahrhundert sowie dem durch zahlreiche Aufstände gegen die Krone geschwächten Clan der MacDonalds durch den immer bedeutenderen Clan der Campbells (Roberts, John Leonard, Feuds, Forays and Rebellions: History of the Highland Clans 1475–1625. – Edinburgh: Edinburgh University Press 1999, S. IX–XIV); zum sog. Massaker von Glencoe an den MacDonalds durch die Campbells vgl. Anm. 5.
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nicht zu bieten haben.7 Der Abschied von den Hochlanden brachte uns so einen eigenartigen Genuß, aber allerdings auch einiges ausgesuchtesb Pech. Kaum waren wir unterwegs – man fährt erst mit der Bahn nach Ostenc, dann per Dampfer auf dem Loch Etive – so begann es zu regnen und zu stürmen. Da man das öfter erlebte und nachher doch Sonnenschein fi nden kann in Schottland, dachten wir nichts Böses. Auf der Coach,8 die Einen als dann 6 Stunden lang durch Moor und Steinwüsten schleppt bis Ballachulishd am Caledonian Channel, und auf der mane, da der Bauch des Gefährts für das Gepäck bestimmt ist, hoch oben als Windfang sitzt, steigerte sich der „mist“. Es begann ein stundenlanger Platzregen wie aus Gießkannen. Das steigert in einer Art die Großartigkeit des Schauspiels. Die Wasser, durch keinerlei Wald etc aufgehalten, stürzen mit ungeheurer Wucht über die Klippen und Kuppen der Berge hinab. Lange schon ehe man die Umrisse eines Berges durch den Nebel erkennen konnte, sah man das Silbergeäder der strömend herabstürzenden Gewässer hoch in der Luft. Im Glencoe war ein Wasserreichtum wie angeblich seit 20 Jahren nicht, der sich tobend und brausend durch die Klippen zwängte, die Straße teilweise in einen Strom und alle Wiesenflächen in Seen verwandelte. Mit einem wahren Ingrimm und wie fortgesetzte Peitschenschläge sauste Einem der Regen ins Gesicht, man war wie |:von zahllosen Ohrfeigen:| zerbläut nachher und der vor die Augen gehaltene Schirm zerstäubte den Regen nur, ohne gegen ihn zu decken. Trotz aller Einwicklung in Gummidecken blieb kein Faden trocken. In dem wundervollen Ballachulishf Hotel kamen wir wie Räuber an, so daß der winzige Hotelköter die ganzen Stunden, die wir da waren, uns unausgesetzt ankläffte. – Die trotzdem schöne Fahrt war so etwas kostspielig: sie kostete einige £, – die wir ausgaben, – meinen Mantel – den der zerfl ießende Baedekerg mit einer kirschrothen Sauce drapierte – Mariannes Wasserkluft – rabenschwarz – und Winterjacke – in bejammernswertenh Zustand |:versetzt:| – und eineni Fuß, – den ich mir auf einer schlechten Dampfb Alternative Lesung: ausgesuchte c Westen > Osten d O: Ballachullish e O: Mann f O: Ballachullish g O: Baedecker h O: bejammernswertem i In O folgt der Zusatz Marianne Webers: rechten 7 Glencoe (oder: Glen Coe), ein südlich des Ben Nevis gelegenes sechzehn Kilometer langes Gletschertal, gilt als eines der spektakulärsten Täler der Highlands. 8 Eine zwei- oder vierspännige Kutsche mit Innen- und Außenplätzen; auf einigen Routen das einzig regelmäßig verkehrende Beförderungsmittel (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. XX).
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schifftreppe umknickte.j Aus letzterem Grund war es ganz gut, daß wir Freitag |:wesentlich:| nur zu fahren hatten – nach Glasgow – Sonnabend ebenfalls – in Glasgow ruhen und hierher – und auch heute – nach Dublin. – Der Umstand, daß wir |:das schöne aber teuere:| Ballachulishk Hotel nicht früher kannten, hat uns einige £. gespart und diese benutzten wir um in Glasgow Marianne, die etwas aschenbrödelhaftl aussah, namentlich gegenüber den reizenden Toiletten hier,m wieder lecker auszugestalten. Es ist unglaublich wie billig man in Glasgow die wundervollsten mantelartigen Cape’s, dick und warm, allerliebst gefüttert und garniert in schottischen Farben, haben kann: für 2–3 Guineen bekommt man wahre Ausstellungsexemplare. Da Marianne auf der Fahrt etc. stets ihr rothes Kleid trägt – also auch das graue nicht verdorben hat, wie sie Dir zu sagen bittetn – so sah sie aus diesem Staat heraus zuerst wie ein fideler Borsdorfer Apfel, der in Hummer-Majonnaise gerathen ist,o aus. – Damit war dieser Schaden repariert. – Meinen Fuß haben wir in einer elastischen Binde untergebracht und es geht ihm gut. – Der Gegensatz der Glasgower gegen die Hochlandschaft war freilich für die |:Lunge und:| Nase nicht erbaulich. Ein so dreckiges Loch haben wir noch kaum gesehen. Bei den schottisch-englischen Städten wirken ja die Straßen ohnehin wenig freundlich. Die Hausfaçaden schmucklos glatt, die obersten Fenster bis dicht an das Dachgesims reichend, das Dach selbst flach und deshalb unsichtbar, dagegen auf allen Brandmauern zinnenartig die zahlreichen runden Schornsteinchen, einen für jeden Kamin im Hause, – aber in Glasgow kommt dazu [,] daß alles wie angeblakt9 aussieht, ein- und dieselbe schwarze Rußfarbe hat. Das ganze Nest [,] vonp einer äußerlich unscheinbaren, aber |:innen:| schönen, bergunter gebauten Kathedrale10 und dem dahinter bergartig ansteigenden, an Père Lachaise in Paris erinnernden (nur poësieloseren) Friedhof11 bis zu der prachtvollen Universität [,] ist j In O folgt der Zusatz Marianne Webers: O ja! Das drohte zuerst tragisch zu werden! Wir kamen aber mit vielem Fluchen u. Schimpfen, einer Gummibinde, niedrigen Schuhen u. einem rotunterlaufenen Enkel weg. k O: Ballachullish l In O folgt der Zusatz Marianne Webers: entsetzlich! m In O folgt der Zusatz Marianne Webers: Max wird immer ganz neidisch auf die vielen eleganten Erscheinungen n In O folgt der Zusatz Marianne Webers: das graue wird immer als Dinnertoilette aufgespart! o In O folgt der Zusatz Marianne Webers: na, na! p mit > von 9 Vom mittelniederdeutschen bzw. mittelniederländischen blaken (rußen, schwärzen); so viel wie: rauchgeschwärzt. 10 Die 1816 fertiggestellte katholische St. Andrew’s Cathedral. 11 Necropolis, der Hauptfriedhof Glasgows (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 400 f.).
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in Dunst und Qualm gehüllt, aus dem sich am Clyde die Schiffsmasten, und sonst fast nur die beiden Schornsteine von der Höhe des Münsterturms erheben.12 Dazu dieser Whiskeydunst am Feierabend – besonders als wir Sonnabend gegen Abend zur Bahn fuhren, torkelte fast jeder zehnte Mensch auf Buchanan- und Argyle-Streetq,13 auch Frauen und Jungen, die überdies frech bettelten. Merkwürdig ungastlich sahen von Außen auch die Familienhäuser der – unterhalb der Landlords und Millionäre befi ndlichen – begüterten bürgerlichen Klassen in Glasgow (übrigens auch in London) aus. Schmucklos und angeblakt wie alle – es macht eben wegen des schmutziggrauen Anstrichs, den die Atmosphärer giebt, freilich wenig Unterschied, ob sie aus Sandstein (wie in Glasgow oft) oder schmutziggrauen Ziegeln erbaut sind: man erkennt das nur bei genauerem Zusehen. Nur die feinen Gardinen lassen das behagliche Interieur vermuthen. – Aus dem ungastlichen Loch,s einem |:planlosen:| Hümpel14 von Fabriken, Geschäftshäusern mit überlebensgroßen Reklamen, und einigen Wohnvierteln wie die meisten britischen Handelsstädte, und damit aus Schottland kamen wir dann gestern hierher. Man fährt zunächst per Bahn zur Küste, wo hier zwischen den schönen grünen Wiesenmatten die schwarzen Maulwurfshaufen von Kohlengruben und große Etablissements mit ihren Schloten die Landschaft beleben. Dann brachte uns ein kleiner, aber ganz transatlantisch mit festgeschraubten Drehstühlen, elektrischem Licht, Butzenscheiben etc. eingerichteter Dampfer in rasender Eile durch die mondbeschienene See – der erste Mondschein, den wir sahen, auch Sterne sahen wir nur in Barvas – an die irische Küste und nach Mitternacht kamen wir hier an. Es ist etwas weniger sauber in den Hotels, das ist bisher der erste irische Eindruck. Hier ist nicht viel los, Belfast verhält sich zu Dublin wie Glasgow zu Edinburgh. Von Dublin gehen wir morgen gleich nach Limerick und Kilkee, dort bleiben wir, denke ich, ca 8 Tage.t q O: Argyll-Street r O: Athmosphäre s 〈[??]〉 t In O folgt der Zusatz Marianne Webers: Hoffentlich! wir sind so entsetzlich herumgefahren − auf allen erdenk12 Es handelt sich um die beiden höchsten, in der ganzen Stadt sichtbaren Schornsteine der St. Rollox Chemical Works (130 Meter) und von Townsend’s Fabrik. Letzterer war mit 142 Metern, laut Baedeker, 1895 der höchste Schornstein der Welt (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 400). Der Vergleich bezieht sich auf das Freiburger Münster mit seinem 116 Meter hohen Westturm. 13 Die Buchanan- und die Argylestreet waren zwei der belebtesten Straßen Glasgows mit zahlreichen Geschäften (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 401). 14 Haufen; vom mittelniederdeutschen humpel.
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An Bertha schrieb ich, sie solle am 15ten in Fr[eiburg] sein.15 Clara schönsten Geburtstagsgruß,16 sie muß auf unser kleines Präsent bis zur Rückkehr warten, sonst kostet es Zoll, man weiß nie wie viel. Herzlichste Grüße Maxu
l[ichen] Vehikeln u. ich möchte gern einen Eindruck fester in mich aufnehmen können. u In O folgt der Zusatz Marianne Webers: u. Marianne 15 Bertha Schandau, das Dienstmädchen von Max und Marianne Weber. 16 Max Webers jüngere Schwester Clara feierte am 5. September 1895 ihren 20. Geburtstag.
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Fritz Baumgarten 1. September 1895; Dublin Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 73–74 Wie sich aus der im Brief an Helene Weber vom 1. September 1895, oben, S. 126, beschriebenen Reiseroute ergibt, verfaßte Max Weber den Brief aus Dublin nach dem Brief an Helene Weber vom gleichen Tag.
Dublin 1. IX. 95 Lieber Fritz! Das Geschäftliche vorweg: Marianne läßt Else,1 die ihr so freundlich war die Erfüllung dieser Bitte zuzusagen, bitten, die Reinmachfrau auf die Tage vor dem 15ten – auf welchen wir Bertha2 zurückbestellt haben, zu bestellen, um Böden u. Treppe reinzumachen, und ebenso den Teppich zua klopfen. Gegen den 15ten bin ich dann so frei Dir in einem recommandierten3 Brief eine 20 Mk.-Note zur Aushändigung an Bertha mitzuschicken. – Nun weiter: ich weiß nicht mehr, von wo aus mein letzter ausführlicherer Brief war.4 Wir sind von Invernessb aus in den Nordwesten, an den „Loch Maree“ in einer prachtvollen Felseneinsamkeit, dann nach der nördlichsten der Hebriden, Stornoway und Barvas, wo wir derart am Ende der Cultur anlangten, daß es uns doch etwas bunt wurde. Wir hatten auf „Seebäder“ gehofft, schon in Stornoway sagte man uns, daß solche nur „in plenis naturalibus“5 vorhanden seien auf den Hebriden, – das hätte uns nun nicht gestört, aber es war schließlich gar kein Strand da, |:alles Felsen,:| – wütende Ochsen nahmen uns auf die Hörner und warfen uns die Dünen hinab, es regnete Bindfaden, die Leute verstanden nur Gälisch, im „Hotel“ hing in unsremc Zimmer eine Abbildung einer Lokomotive als Merkwürdigkeit an der Wand, eine 10 £-Banknote hatten die Leute noch nicht gesehen etc. etc. – kurz wir concen-
a Fehlt in O; zu sinngemäß ergänzt.
b O: Inverneß
c einem > unsrem
1 Else Baumgarten, Fritz Baumgartens Ehefrau. 2 Bertha Schandau, das Dienstmädchen Max und Marianne Webers. 3 Älterer Begriff für: eingeschrieben. 4 Vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 24. Aug. 1895, oben, S. 112 f. 5 Möglicherweise eine Abwandlung von „in puris naturalibus“; lat.: im reinen Naturzustand; nackt.
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trierten uns schließlich rückwärts. Zunächst nach der Insel Skye.6 Dort haben wir einige richtige Alpentouren gemacht – d. h. die Wege und die Scenerie hatten ganz den Charakter des Vierwaldstätterseesd, nur wilder, dabei war aber laue Luft – teils zu Fuß, teils zu Pferde. Es ist ein fortwährender Wechsel zwischen Nebel, Sonne und Regen, letzterer fällt eigentlich jeden Tag etwas. Dann gingen wir zur See nach Oban an der Westküste und machten von hier aus unsre letzte Hochlandspartie in das „Glencoe“, ein wildes Felsenthal, berühmt durch Macaulay’s Beschreibung der Niedermetzelung des Clans der Mac Donalds durch gastfrei aufgenommene Truppen Wilhelms III.7 Dabei holte uns nun in der That annähernd der Teufel: abgesehen von einigen £ ließen wir meinen Mantel, den der vom Regen flüssig werdende Baedekere roth durchfeuchtete, Mariannes Mantel und Samtjackef, die total ruiniert wurden, 1 Regenschirm, der vom Sturm in eine Fahne verwandelt wurde und meinen rechten Fuß, den ich mir einmal wieder umknickte und aktionsunfähig machte, auf der Strecke. Es soll seit 20 Jahren kein solcher Tag im Glen erlebt worden sein, ich habe einen ähnlich wahnsinnigen Platsch lauwarmen Regenwassers, der stundenlang anhielt, noch nie über mich ergehen sehen. Man wurde durch und durch zu Matsch. Nun hatten wir genug: wir waren absolut nicht mehr präsentabel, namentlich in den dortigen feinen Hotels: jeder Hotelköter kläffte uns wütend an, Mariannes Aufzug mußte erst in Glasgow wieder lecker gemacht werden. In Glasgow blieben wir nur 1 Tag. Es ist wie London u. alle englischen Industriestädte ein unförmlicher Hümpel8 von Schornsteinen, schwarz angeblakten9 Häusern und – zumal Samstag Nachmittags – nach Whiskey stinkenden Menschen, ästhetisch unter jedem Strich. Wir machten [,] daß wir weiter und heute hierher kamen, – per Dampfer Nachts nach Belfast, am nächsten Tag per Bahn weiter. Die Physiognomieg Irlands ist von Schottland ungeheuer abweichend: statt der Einöde |:und Schafweiden:| das mit zahllosen Hütten von Pard O: Vierwaldstädtersees mie
e O: Baedecker
f O: Sammtjacke
g O: Physiono-
6 Zum Aufenthalt auf Skye vgl. auch den Brief an Helene Weber vom 28. Aug. 1895, oben, S. 117–121. 7 Zu dem sogenannten Massaker von Glencoe am Clan der MacDonalds im Februar 1692 infolge verspäteter Leistung eines Treueeides auf William III. vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1895, oben, S. 123 mit Anm. 4 und 5. 8 Haufen; vom mittelniederdeutschen humpel. 9 Rauchgeschwärzt.
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cellenpächtern – den elenden Kartoffel essenden und Schnaps saufenden, von englischen Landlords ausgebeuteten Nachfahren keltischer Clans – übersäte grüne Wiesenland, mit Strohdächern selbst in den Landstädten, häßlicherem Typus der Leute, viel Whiskey-Gestank und Besoffenen auf den Straßen Dublins und Belfasts am Sonntag. Wenn wir uns defi nitiv festgesetzt haben, schreibe ich wieder.10 Bis auf Weiteres treffen uns Briefe in: Limerick, to be called for.11 Herzlichen Dank noch einmal für alle Mühe, viele Grüße und gutes Ergehen im Rest der Ferien [.] Stets Dein Max
10 Vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 6. Sept. 1895, unten, S. 131. 11 Engl. für: postlagernd.
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Fritz Baumgarten 6. September 1895; Kilkee Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 75–76
Kilkee 6/IX 95 Lieber Fritz!
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Vielen Dank für alle Sendungen, die ich bisher erhielt (darunter auch die Gairloch-Post) [.]1 Wir reisen heute von hier weiter nach Killarney und Glengariff in der Südwestspitze Irlands, um von da aus uns über Dublin und Wales nach London zu retirieren. Anfangs wollten wir hier länger bleiben, aber der Grund – daß wir Kilkee für ein starkes Seebad hielten, trifft nicht zu. Es liegt an einer kleinen Ʊa-förmigen Bucht sehr geschützt und ist Damenbad.2 Draußen freilich rollt der Golfstrom gegen die Küste, aber gegen ungeheure Felsklippen ohne Strand. Wenn man oben steht, klingt das Anprallen jeder Welle wie ein ferner Kanonenschuß. Es ist ganz wunderbar wild und schön auf diesen ca 600–800 Fuß hohen Klippen, ganz die Scenerie von Böcklins „Schloß am Meer“, 3 aber zum Baden ist es nichts. Wir werden deshalb vielleicht noch 4–5 Tage auf der Rückreise in Ostende bleiben. Briefe treffen uns nun mit Sicherheit nur noch in London, Charing Cross Hotel b|:(Charing Cross H.).:|b Alles Andre lasse ich nachschicken. Du erhieltest doch unseren Brief |:mit der Bemerkung:| wegen Bertha?4 Ich habe sie wie gesagt auf den 15ten zurückbestellt. Irland ist ein eignes Land. In Schottland völlige Einöde, hier eine |:noch immer:| dichte elende Bevölkerung über das |:schöne:| Land zerstreut.5 Häßliche und viel betrunkene Leute, unbrauchbar zu allen era In O Zeichnung in Form eines Hufeisens. Schrift.
b Einschub in O in betont deutlicher
1 Im Brief an Fritz Baumgarten vom 13. Aug. 1895, oben, S. 96, hatte Max Weber Gairloch als Postnachsendeadresse angegeben. 2 Kilkee liegt an einer wegen ihrer Hufeisenform auch „horseshoe bay“ genannten Bucht. Deren durch ein Riff besonders geschützte Lage machte Kilkee schon im 19. Jahrhundert zu einem stark besuchten irischen Seebad (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 442). 3 Gemeint ist Arnold Böcklins Gemälde „Villa am Meer“. Das zwischen 1863 und 1878 in fünf Varianten gefertigte Bild gilt als eines der berühmtesten Werke des Schweizer Malers. 4 Vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 1. Sept. 1895, oben, S. 128. 5 Das zu Beginn des 19. Jahrhunderts rasante Bevölkerungswachstum in Irland war seit Mitte des Jahrhunderts beendet. Infolge der „Great Famine“ war die Einwohnerzahl von 8,2 Millionen im Jahr 1841 auf 6,5 Millionen im Jahr 1851 gesunken. Bis 1911 sank die
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heblicheren Arbeiten, selbst zum Kellnerberuf zu unzuverlässig. Ist es nicht schaurig? Wirc fanden in Belfast, dann in Dublin eine deutsche Kellnerschaft und hier einen Kellner aus dem „Wilden Mann“6 in Freiburg. Es ist etwas beklemmend unsre Nationalität so häufig grade in der Kellnerbranche im Ausland wiederzufi nden – auch in London sind nicht wenige Hotels mit ganz deutscher Bedienung –, dabei hat z. B. der Mann hier in den 2 Jahren, die er hier ist, schon fast das Deutsche verlernt, – und es ist noch nicht einmal immer angebracht, deutsch statt englisch mit den Kellnern zu sprechen – sie ziehen mit der deutschen Sprache alsbald die Miene dummdreister Vertraulichkeit auf, die unsre deutschen Kellner so widerwärtig macht und die man bei keinem englischen Kellner fi ndet. – Wir sind in sofern hier etwas gepeitschtd, als wir außer mit meinem noch etwas behinderten Fuß7 mit einer heftigen Erkältung begabt sind, die uns verhindert hat, von der wenn auch nicht starken, so doch sonst hübschen Badegelegenheit Gebrauch zu machen, – sonst aber überaus vergnügt. Auf Eins freut man sich für die Rückkehr: auf den deutschen Wald. Darin thut es uns eben doch kein Land, das ich kenne, gleich. Die baumlosen oder baumarmen Heide-, Fels- und Seelandschaften hier haben ihren unübertreffl ichen Reiz, aber die bewaldeten Berge der Heimath kommen Einem, wenn man sie längere Zeit entbehrt, dort auch |:noch:| schöner vor, als man sie bei täglichem Verkehr mit ihnen fi ndet. So bringt man von der Reise die gesteigerte Freude an Dem, was man zu Haus hat, heim, und das ist nicht die übelste Errungenschaft. Herzlichen Gruß, stets Dein Max
c O: wir
d Unsichere Lesung.
Einwohnerzahl weiter auf 4,4 Millionen. Vgl. Gillespy, Raymond, Population, in: The Oxford Companion to Irish History, ed. by S.J. Connolly, 2nd Edition. – Oxford: Oxford University Press 2007, S. 478 f. 6 Gasthaus in der Freiburger Salzstraße. 7 Max Weber hatte sich einige Tage zuvor den rechten Fuß vertreten. Vgl. die Briefe an Helene Weber und Fritz Baumgarten vom 1. Sept. 1895, oben, S. 124 f. und 129.
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Helene Weber 7., [8. und 9.] September 1895; BK Killarney Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 5, Bl. 21–28 Der Brief wurde nach Max Webers eigenen Angaben an drei aufeinanderfolgenden Tagen verfaßt: am Samstag, dem 7. September, am Abend des 8. September („Sonntag“) und am 9. September („Montag“). Er enthält Zusätze von der Hand Marianne Webers, die hier nicht wiedergegeben werden.
GT. Southern Hotel, Lakes of Killarney 7th Sept. (Sonnabend) 1895 Liebe Mutter!
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Der Punkt, an dem wir uns hier befi nden, verdient den Ruf, der schönste der britischen Inseln zu sein, schon nach dem bisherigen ersten kurzen Eindruck. Die kuppenförmigen steilen Berge Schottlands – nur weicher als z. B. auf Skye – fi nden hier zum ersten Mal eine Ergänzung in einer gradezu wundervollen Vegetation uralter Bäume. Die Südwestspitze von Irland, auf der Killarney liegt,1 wird zuerst vom Golfstrom getroffen und so fi ndet man hier alle Gewächse, welche z. B. der Garten der Villa Carlotta am Comersee bietet, 2 üppig im Freien wachsen.3 Der Hotelgarten, ein Park nach englischer Art, mit einsam verstreut stehenden prachtvoll geformten alten Bäumen auf weiten Samtrasenflächena, dazu Teppichbeeten, Spielplätzen, überwiegend ohne Wege – man geht auf dem Rasenteppich – ist der schönste, den ich je sah. Der Blumenluxus der englischen Hotel-Table-d’hôtesb4 führt dazu, daß reizende Blumengärten zu jedem großen Hotel gehören. Es ist nun doch merkwürdig, wie relativ billig dieser teilweise fabelhafte Luxus – Drawing Room5 (in diesem sitzt eben Marianne) für 50–60 a O: Sammtrasenflächen
b O: Hotel-Table-d’hotes
1 In der Grafschaft (County) Kerry. 2 Die Villa Carlotta am Comer See, die für ihren Park mit üppiger südlicher Vegetation berühmt war (vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 22. Aug. 1895, oben, S. 110, Anm. 6). 3 Zeitgenössische Reiseführer bezeichneten Killarney auch als „Eden of the West“ (vgl. Beauties and Antiquities of Ireland. Being a Tourist’s Guide to its most beautiful Scenery & an Archaeologists Manual for its most interesting Ruins, by T. O. Russell. – London: Kegan Paul, Trench Trübner & Co. 1897, S. 1). 4 Hotels, die ein Menü zu einem Fixpreis anbieten. 5 Engl. für: Salon, Aufenthaltsraum.
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Personen, Reading Room (darin sitze ich), Smoking Room (ich rauche seit 4 Wochen nicht), Billiard Room, Golf-, 3 Tennis-, 2 Croquet-Plätze, ca 1½ Ha. Park, Bibliothek etc etc., sehr gutes Zimmer, Breakfasts, Lunchs, Diners mit unerhörten Fleischmassen [–] verzapft wird – d. h. billig nach englischem Maßstab, den man sich unwillkürlich aneignet. Da unsere irische Route fast ganz genau gegeben war, habe ich diesmal ein Round-Ticket von Herrn Cook genommen,6 einschließlich einer Anzahl „Hotel-Tickets“. Herr Cook verkauft nämlich nicht nur zusammengestellte Fahrscheine, sondern auch |:Logier- und:| Speisemarken für alle mit ihm in Connex[ion] stehenden Hotels (die Mehrzahl der typischen „fi rst-rate-Hotels“ im Vereinigten Königreich) c.7 Ist Logis etc. und die typischen drei Mahlzeiten „ausgestanden“, dann zieht man hohnlachend sein Ticket aus der Tasche und zahlt damit statt baar, nur zuzüglich der „Extras“ (Getränke etc. – wir trinken fast nichts, beiläufig bemerkt im Gegensatz zu einem großen Teil auch des feinen englischen Publikums, welches Deutschland für ein wassersaufendes Land halten muß, wenn es uns sieht). Die Art der Einheizung des menschlichen Körpersd in den Hotels ist eben |:in den Hotels ersten Ranges – unde in den andren wiegt der Ärger über die kleinliche Übervorteilung die wenigen ersparten Shillings mehr als auf [–]:| gänzlich typisch geworden und dadurch, einige Luxushotels ausgenommen, auch der Preis, mit welchem man sein Leben vor dem Verhungern rettet. Cook’s Tickets kosten 10½ Sh.8 pro Tag u. Person, alles außer dem Hausknecht eingeschlossen. Faktisch wird sich ein Tag im Ganzen auf 15 Sh.9 im Durchschnitt stellen, wenn man, wie wir, nur etwa alle 3 Tage etwas consumiert, was man im Hotel 1. Rangs nicht consumieren muß. Dazu kommen dann Eisenbahnen, Coachs, Dampfschiffe, kurz die Beförderungskosten u. dgl. – aber nur diese, da man wegen Mangels an Kneipen u. dgl. hier außerhalb der Hotels gar nichts für etwas Anderes ausgeben kann. Doch damit genug der Hotels und zu unsren Erlebnissen. c Schließende Klammer fehlt in O.
d 〈[??]〉
e 〈[??]〉
6 Das 1871 begründete britische Reiseunternehmen „Thomas Cook & Son”, welches schon seit seiner Gründung Pauschalreisen anbot. 7 Wie einige Bahngesellschaften bot „Thomas Cook & Son“ zusätzlich zu speziellen Rundreisetickets auch „Hotel-Coupons“ zu günstigen Preisen an, die Unterkunft und alle Mahlzeiten beinhalteten (Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 375). 8 10½ Shilling entsprachen 1895 etwas mehr als 0,5 £, demnach ca. 10,50 Mark. Vgl. ebd., S. XVII. 9 Entsprach etwa 15 Mark.
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Irland bildet einen merkwürdigen Gegensatz gegen England und Schottland schon aus dem Fenster der Eisenbahn. In Schottland herrscht die majestätische Einöde. Man sieht den Menschen in den Hochlanden kaum. In Irlandf sieht man seine Hand bei jedem Blick aus dem Fenster. Aus Gründen, die in der Vergangenheit der agrarischen Entwicklung liegen, ist das ganze Land fast ausschließlich mit kleinbäuerlichen Einzelhöfen besiedelt. Dörfer sieht man kaum jemals, aber während sie in England durch die berufenen „Einhegungen“ der Landlords verschwunden sind, als die Bauern „gelegt“g wurden,10 haben sie in Irland nie bestanden. Jeder Hof liegt auf dem |:geschlossenen Stück:| Areal, das er bewirtschaftet. Die Entwicklung seit Anfang des 17ten Jahrhunderts, welche eine Confiskation des Landes für englische Grundherren bedeutet,11 hat die alten Eigentümer des Landes zu Zwergpächtern in typischen, mit 1 Thür hinten undh vorn und zwei Fenstern versehenen, weiß angestrichenen Häuschen mit (meist) Strohdachi gemacht. Das ganze Land ist in eingehegten Parcellen unter sie verteilt. Im Norden, bei Belfast und in Ulster, sind es meist lebendige Hecken, im Westen – in den Grafschaften Galway und Clare und in Connaught12 – ist der Boden entsetzlich steinig. Die jährlich herausgepflügten Steine hat man auf den Grenzen aufgeschichtet, später Grenzmauern davon cyklopisch, ohne Mörtel, gebaut, und so ist das ganze Land, bei stundenweiten Fahrten, wie ein schiefwinkliges Schachbrett eingeteilt |:bis oben auf seine nicht hohen Berge hinauf:|. Namentlich die |:zahllosen:| Steinmauern geben der Landschaft ein für uns sehr fremdartiges Aussehen. Wald fehlt ganz, außer da wo wir jetzt sind und an wenigen andren Punkten, – und selbstverständlich ausgenommen die Parks der Landlords. Deren giebt es namentlich am unteren Shanf 〈sieht〉
g „abgemeiert“ > „gelegt“
h 〈f〉
i 〈wohnenden Zwergpächtern〉
10 Es handelt sich um die Einhegung gemeinschaftlich genutzten Landes (Allmende) und Überführung in Privatbesitz (enclosures). Dieser in England seit dem späten Mittelalter einsetzende und ab dem 17. Jahrhundert sich beschleunigende Prozeß begünstigte große Grundbesitzer und verdrängte kleinere Pächter aus dem agrarischen Produktionsablauf. 11 Anspielung auf die 1605 unter Jakob (James) II. erfolgte Abschaffung des tradierten Systems der Landvergabe in Irland. Danach erfolgte die Vergabe des einst durch die irischen Clans besessenen Landes an englische und schottische Grundherren (vgl. Meitzen, August, Die Irische Landfrage und die Stein-Hardenbergische Gesetzgebung, in: SchmJb, 5. Jg., 1881, S. 695–729, hier: S. 712–714). Max Weber behandelte dieses Thema auch in seiner Vorlesung „Agrarpolitik” im Wintersemester 1897/98 (MWG III/5, S. 340 und 483 (Tanaist)). 12 Ältere Schreibweise für die Provinz Connacht, im Westen Irlands.
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non,j dessen grünes Wasser wir gestern nach Limerick durchfuhren – die Landschaft ist etwa eine in stark vergrößerten Dimensionen gemachte Wiedergabe der Potsdamer und Havel-Gegend, nur ohne Sand, – und ebenso hier. Aber im Ganzen sind moderne Landsitze in Irland nicht häufig, meist wird die Rente kdes Pächtersk in England verzehrt. Außer im steinigen Westen ist das Land schön grün, im Osten reicht diel Wiesenfläche meist ohne Dünen bis ans Meer, h[ier im] m Südwesten bot der Blick auf das fruchtbare Hügel[land] n heute etwa das Bild der |:östlichen lombardisch-:| venetianischen Ebene (n[ur] o ohne den Wein). Die Sch[afe] p erreichen eine ganz unerhörte Größe – die „Chops“, Hammelcotelettesq, die man hier zu fast jedem Lunch erhält wie etwa ein Beefsteak bei uns, sind weit größer als die mir bekannten Kalbscotelette[s] r irgend einer Gegend Deutschlands. Auch das Rind[vieh] s befi ndet sich wohl: die feuchte Luft scheint – [ich] t weiß nicht ob es sich wissenschaftlich begründen läßt – dem Haarwuchs gut zu thun, die Rinder haben h[ier] u vielfach lange Haarschwänze, ebenso wie die Mensch[en] v schönes (rothes) Haar. Aber: – an diesen Men[schen] w ist das Haar auch das einzig Schöne. Eine ähnl[ich] x schauderhafte Rasse giebt es sonst kaum wieder. D[ie] y Polen sind mir unendlich lieber.
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Sonntag Abend. Hier kam gestern Marianne und holte mich z[u] z einem Mondscheinspaziergang. Heut Vormittags waren wir dann nach dem (NB aus Fisch und Beefsteak bestehenden) ersten Frühstück 4 Stunden unterwegs in den Besitzungen des Earl of Kenmare13 und nach Ross Castle14 am j 〈den wir gest〉 k Alternative Lesung: der Pächter l 〈Weide〉 m Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. n Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. o Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. p Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. q O: Hammelcottelettes r Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. s Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. t Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. u Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. v Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. w Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. x Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. y Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. z Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. 13 Valentine Augustus Browne, 4th Earl of Kenmare. Allein Kenmare Park umfaßte einer Beschreibung aus den 1830er Jahren zufolge 500 acres (rund 200 Hektar), die Wälder des Kenmare Anwesens 2000 acres (rund 800 Hektar). Vgl. On the agriculture in the County of Kerry, in: The Quarterly Journal of Agriculture, vol. 7, 1837, S. 317–344, hier: S. 328 f. 14 Auf einer Halbinsel am Ostufer des Lough Leane gelegene Festung, vermutlich aus dem 15. Jahrhundert.
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Lough Leane, zu Fuß, dann nach dem Lunch per Wagen 3 Stunden nach Muckross Abbey.15 Jetzt werde ich auch bald aufhören, das Preisfressen beim Dinner macht Einena doch immer tüchtig müde. Wir wissen vorläufig noch kaum, wie wir zurb Trennung von hier uns schon übermorgen entschließen sollen. Die Schönheit dieses Stücks Erde spottet jeder nüchternen Beschreibung. Von den drei „Lakes of Killarney“ liegt der eine, „Upper Lake“, in den Bergen – zu diesem gehen wir morgen – die andren beiden, eigentlich einer, der durchc Landzungen in zwei ungleiche Hälften geteilt ist, liegt mit der einen Seite an ihnen, an der andren liegt die kleine Stadt Killarney, von ihm durch den eine halbe Quadratmeile großen Park des Earl of Kenmare, dem die halbe Grafschaft Kerryd zu gehören scheint, getrennt. Schon die Alleen nach dem See zu sind von ganz außergewöhnlicher Schönheit. Die inselartige Landzunge oben, an deren schmalster Stelle Ross Castle, eine schöne epheubewachsene Ruine liegt, und ebenso der Park des Earls – auf resp.e in beiden läuft man stundenlang umher – bieten ein Bild einer fast fabelhaft üppigen Vegetation, zwischen die sich Felsen, Seezungen und der Ausblick auf die Berge in mannigfachster Art hineinschieben. Unter sich hat man Brombeer-, Rhododendron-f und Buxbaumgestrüpp, dazwischen Epheu, an freien Plätzen prachtvollen Rasen, neben sich undurchdringlich dichte Rhododendron-g und Lorbeer-Gebüsche, über sich Pinien, Eiben, Steineichen, Buchen etc. Auf den Fahrstraßen heute Nachmittag sah es aus, als ob die Straße durch die in einander verschlungene Vegetation gebrochen wäre, wie durch einen Fels. |:Montag.:| – An dieser Stelle gingen wir gestern zu Bett. Heut machten wir eine Tagestour, zuerst mit Wagen, dann einige Stunden zu Pferde – dies war meinem Fuß,16 der sonst wieder auf dem Damm ist, noch etwas unbequem im Bügel – durch den „Gap of Dunloe“,17 einen a O: Einem b die > zur c 〈eine〉 f O: Rododendrong O: Rododendron-
d O: Keery
e Unsichere Lesung.
15 Ursprünglich im 14. Jahrhundert durch die Franziskaner begründete, mehrfach zerstörte und wiedererbaute Abtei am Lough Leane, rund 5 Kilometer von Killarney entfernt. 16 Max Weber hatte sich einige Tage zuvor den rechten Fuß vertreten. Vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1895, oben, S. 124 f. 17 Der Gap of Dunloe, ein Engpaß zwischen den Macgillycuddy Reeks im Westen und den Tomies und Purple Mountain im Osten, war zunächst per Wagen, danach zu Fuß oder mit Ponys zu durchqueren. Der Baedeker, Großbritannien2, 1895, S. 447, empfahl diese Tour auch bei „beschränkter Zeit“ wegen ihrer landschaftlichen Schönheiten.
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steinigen Hochpaß, der an die Skye-Berge erinnert, so steinig, daß selbst die Heide spärlich ist, mit einem Meer von allmälig mit den Frühlingsstürmen und -Wassern thalab geschleiften Blöcken. Man gelangt auf ihm schließlich zu dem früher erwähnten „Upper Lake“, der mitten in den felsigen Bergen gelegen, mit dem großen Ernst und der Einfachheit eigen gegen die lachende Ebene des Lough Leane contrastiert, in den man unter einigen uralten Brücken primitivster Steinform durch ein mehrfach sich in Stromschnellen bewegendes Flüßchen in einer ganz prachtvollen Fahrt gelangt. Auf dem Breitengrade von Berlin Palmen im Freien anzutreffen – die allerdings nur vereinzelt, dagegen alle andren südlichen Gewächse in üppiger Fülle – ist doch immer wieder erstaunlich. Während Marianne der völlig baumlosen Berg- und Heide-Einsamkeit nicht genug bekommen kann, freute ich mich jetzt, nachdem wir sie 4 Wochen fast ausschließlich um uns gehabt, doch auf die deutschen Bergwälder, in denen doch kein Land mit uns concurrieren zu können scheint, – hier scheint es nur die Alternative: Park (mit Rasenflächen und Baumgruppen schönster Art, aber eben: „Park“) oder: |:baumlose:| Einöde zu geben. Hier nun freilich übersteigt die Schönheit des Waldes, wie gesagt, alle Beschreibung, – aber es ist freilich ganz anderer Wald mit andren Empfi ndungsreflexen als in Deutschland. – Hier – endlich! – fanden wir auch, was wir bisher nicht sahen – vereinzelte Exemplare eines erfreulichen Bevölker[ungs]typush. Die Masse zwar und auch die angenehmen Exemplare sind bodenlos zerlumpt gekleidet, Hosenböden, Ellenbog[en] i etc. sind stets durchsichtig und zerfetzt, der Aufzug so, wie [man] j ihn bei einem englischen |:oder schottischen:| Kutscher absolut nie sieht, [auch] k ist die Bettlerplage fast so unleidlich wie in Italien, aber Eines scheint relativ weniger ausgebildet: der Schnaps-Suff. Schon daß die Drivers nicht wie überall sonst Whiskey, sondern Stout erbitten, fällt auf, auf Befragen behauptete ein sehr netter Ire, der unsre Ponies führte [,] auch, es werde hier sehr wenig, weniger als irgendwo in Irland, |:Schnaps:| getrunken, die Begründung war allerdings sozialethisch wenig wahrscheinlich: die Leute seien zu arm dazu. Ebenso tranken die Bootsleute Stout, keinen Schnaps. Die heutigen Unterhaltungen waren die bisher nettesten, die h Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. i Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. j Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten. k Verderbte Stelle in O; Blattrand abgeschnitten.
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wir |:mit Leuten des Landes:| hatten. Alle (4) Leute bekannten sich als eifrige Homerulers18 zugestandenermaßen deshalb, weil sie (mit Recht) in dem Landlord die Wurzel alles Übels sehen und diesen dann klein zu kriegen hoffen. Nun sind die agrarischen Zustände hier freilich unglaublich.19 Die detaillierten Ziffern, die über einige kleine Weidepachtungen oben im Gebirge zu erlangen waren, ließen auf einen Pachtwucher schließen, der nur schamlos genannt werden kann. Da, wie die Leute trocken und eigentümlich resigniert bemerkten, das Land jetzt „very quiet“ sei und „Captain Moonshine“20 – die Fenierbanden, 21 welche im letzten Jahrzehnt die Wiederbesetzungen erledigter Pächter mit der Flinte hinderten, 22 [–] vorerst noch schläft, so wurden uns viele ausgetriebene Pächter gezeigt, die teils als Bettler teils als Verkäufer von „Refreshments“ sich durchschlagen. Dabei ist 18 Anhänger der irischen Bewegung(en) zur Durchsetzung politischer Selbstverwaltung („Home Rule“), 1870 zunächst organisiert in der „Home Government Association“, 1873 in der „Home Rule League“, seit 1877 unter Vorsitz von Charles Stewart Parnell in der „Home Rule Confederation“ und ab 1882 in der „Irish Parliamentary Party“ (ebenfalls unter Führung Parnells). Die ersten 1886 und 1893 unter dem liberalen Premierminister William Ewart Gladstone eingebrachten Irish Home Rule Bills waren 1886 im Unterhaus, 1893 im Oberhaus gescheitert. Seit Ende der 1870er Jahre vertrat die Home Rule Bewegung außerdem die Interessen der Katholiken und der irischen Landpächter (Bartlett, Thomas, Ireland. A History. – Cambridge: University Press 2010, S. 315 f.; hinfort: Bartlett, Ireland). 19 Vgl. hierzu auch den Brief an Fritz Baumgarten vom 10. Sept. 1895, unten, S. 144 (mit Anm. 5). 20 Gemeint ist „Captain Moonlight“. Die mythische Figur stand für die während des „Land War“ (1879–1882) zunehmenden Anschlagsaktionen militanter Untergrundgruppen in Irland, die von Drohbriefen, über Verstümmelung von Tieren und Sabotage, bis hin zu Prügel- und Mordanschlägen auf Großgrundbesitzer reichten (Bartlett, Ireland (wie Anm. 18), S. 323). Zum „Land War“ vgl. Anm. 22. 21 Als „Fenians“ wurden die Anhänger der 1858 gegründeten „Irish Republican Brotherhood“ (I.R.B.) bezeichnet, die eine Unabhängigkeit Irlands nur durch bewaffneten Aufstand als erreichbar ansah. Nach einem gescheiterten Aufstandsversuch 1867 existierte die Organisation im Untergrund weiter. Während des „Land War“ (1879–1882) unterstützten die Home Rule Bewegung wie auch die I.R.B. (aus jeweils unterschiedlichen Interessen) die Kampagne der Land League (wie Anm. 22) für die Rechte der Pächter und Bauern gegen die Landlords. 22 Seit ihrer Gründung 1879 kämpfte die durch Michael Davitt initiierte „Irish National Land League“ unter Vorsitz Charles Stewart Parnells in einem temporären Bündnis mit der Home Rule Bewegung und den Fenians der I.R.B. im „Land War“ (1879–1882) für eine Senkung der Pachtzinsen und gegen die Vertreibung verschuldeter irischer Pächter. Infolge der Agrarkrise Ende der 1870er Jahre waren viele Pächter in Zahlungsschwierigkeiten geraten und von den Landlords vertrieben worden. Im Gegensatz zu früheren Vertreibungswellen stieß dies im „Land War“ auf erheblichen, teils auch gewaltsamen Widerstand von Pächtern und Land League. Zur Land League auch: Herkner, Heinrich, Die irische Agrarfrage, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 55 (N.F. Band 21), 1890, S. 449–497, bes. S. 475–489.
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die Jagd in den Bergen des Earl of Kenmare23 für 1000 £ im Jahr verpachtet, seine Estates24 werfen 60000 £ im Jahr ab. Auf allen Straßen, Brücken, Piers etc. hat man „Estate Fees“ an diese Raubritter zu zahlen, die nur bis zum Eingang der Rente (zwei Mal jährlich) zur Jagd etc. auf einige Wochen in ihren wunderbaren Schlössern erscheinen, im Übrigen sie in England verzehren. Nichts bewegt offenbar die Phantasie der Massen hier mehr als dieser Zustand. Der für Homerule ungünstige Ausfall der letzten Wahlen25 treibt offenbar wieder ganze Massen über See, so unsern Pferdetreiber, der nach den Vereinigten Staaten zu gehen im Begriff ist. Er fragte mich, ob ich daranl glaube, daß Irland jemals Homerule erhalten werde – er glaube es nicht. Ich sagte, daß auch ich es bezweifle und auch den Widerstand dagegen begreifen könne, – denn das Land würde den katholischen Priestern ausgeliefert werden und die könne nicht jeder Mensch ertragen. – (NB! ich habe noch nie ein so schauderhaftes, rohes, ungebildetes, widerlich „pfäffisch“ anmutendes Gesindel gesehen als den irischen niederen Clerus. Wir waren in Kilkee mit einigen Whiskey-duftenden Exemplaren dieser Gattung im Hotel zusammen und vom Shannon-Dampfer her ist uns ihr feistes und gemeines Lachen noch in Erinnerung, welches die Antwort darauf war, daß ein Amerikaner ihnen auseinandersetzte, sie sollten dies elende irische Pächtervolk doch per Schub26 nach den Vereinigten Staaten schicken.) – Indeß unser Pony-Treiber war, so sehr er über das Kirchgehen der Leute seine Witze machte, doch ein sozialer Parteigänger des Clerus, der, weil er aus Landleuten hervorgehe, mwisse, wo [dem] Land der Schuh drücke. m – Trübselig genug. – Diese Ausnahmen – hübsche Kerle mit melancholisch gewachsenen Gesichtern und einem Zug resigniert-lustiger Schelmerei – illustrieren nur um so mehr die Regel des Typus. Die scheußlichen Sittenzustände in den alten (für 16 Familien gemeinsamen!) Clanhäusern und Jahrhunl Alternative Lesung: dran Land der Schuh drücke.
m wisse, wo das Beste des Landes liege > wisse, wo [dem]
23 Wie oben, Anm. 13. 24 Grundbesitz, Ländereien. 25 Aus der General Election von Juli/August 1895 waren die Konservativen unter Lord Salisbury mit großer Mehrheit als Sieger hervorgegangen. Sie lösten die liberale Regierung von Premierminister William Ewart Gladstone in einer Koalition mit der (gleichfalls Home Rule feindlichen) „Liberal Unionist Party“ ab. 26 Schub bezeichnet den polizeilich durchgeführten Abtransport von Personen an einen festgelegten Bestimmungsort.
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derte lange Unterdrückung haben eine Bevölkerung herangezüchtet, die sich nicht sobald in ihren wesentlichen Eigenschaften umgestalten wird. – Wundervoll sind die Ruinen hier zu Lande |:wenigstens zum Teil:|. Namentlich Marianne ist immer hypnotisiert, wenn sie ein zerfallenes Gemäuer sieht und ich bin trotz einiger Fertigkeit in Verlegenheit, immer neue Geschichtslügen zur leidlichen Befriedigung ihres Bedürfnisses, die intime Geschichte der Ruinen-Insassen zu kennen, zu erfi nden. Übrigens ist wohl kein Land so reich an Ruinen wie Irland, nur sind sie zum guten Teil nicht weiter romantisch. Es sind über das ganze Land die großen Steinhäuser der alten sich zu Landlords auswachsenden Clanhäuptlinge verstreut, ebenso die Landlordsitze des 17ten Jahrhunderts. Sie sind jetzt verlassen, die Landlords wohnen zu 9 /10 in England, und dienen als Steinbrüche. Ihre keineswegs poëtische Vergangenheit hindert den Epheu nicht, sie |:schön:| zu garnieren [.] Eine andre Kategorie Ruinen – die massenhaften Abbey’s – wir sahen heut zwei der schönsten – hat Cromwell geschaffen, dessen Name sich hier an Alles zerfallene Gemäuer heftet.27 – Bei Kilkee hatten wir auf den prachtvollen Klippen am Ozean einmal in der That das fast frappante Ebenbild von Boecklins „Schloß am Meer“.28 Doch nun für jetzt genug. Du wunderst Dich offenbar über meine langen Briefe. Allein vor dem Dinner ist das Briefschreiben Beruhigungsmittel für den brüllenden Löwen im Innern, und im Zustand der Boa constrictor nachher ist es die einzig mögliche Beschäftigung. Du darfst Dich über diese prosaische Erklärung nicht betrüben, – sie sind deshalb nicht minder gut gemeint. Daß Marianne Dir nicht schreibt, hat seinen Grund darin, daß sie an einem geheimnisvollen Etwas schriftstellert, hinter dem ich Reise-Memoiren vermuthe.29 Ich werde 27 Anspielung auf die zwischen 1649 und 1653 erfolgte „Cromwellian Conquest“ des „Confederate Ireland“ durch Truppen des englischen Parlaments während der Bürgerkriege des 17. Jahrhunderts. Die Militäraktion, die Oliver Cromwell im ersten Jahr persönlich leitete, wurde mit außerordentlicher Härte und Brutalität geführt, weshalb Cromwell in Irland über die Jahrhunderte hinweg eine Hassfigur blieb. Durch den Act of Settlement von 1652 wurde im Anschluß katholischer Landbesitz in den fruchtbaren Regionen konfisziert. Vgl. Elvert, Jürgen, Geschichte Irlands. – München: Deutscher Taschenbuchverlag 1993, S. 213–235. 28 Dazu bereits der Brief an Fritz Baumgarten vom 6. Sept. 1895, oben, S. 131, Anm. 3. 29 Es handelt sich dabei wahrscheinlich um Marianne Webers Aufzeichnungen „Schottland 1895“, in denen sie auf 46 Seiten die Etappen ihrer Reise aufzeichnete (vgl. Tage- und Notizbücher Marianne Weber, Nr. V. (Schottland 1895), Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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es nächstens zu meiner Belehrung über den tieferen Sinn des Erlebten stibitzen. Wo wir nächster Tage sind, weiß der T. . . . – morgen in Glengariffn (Bay von Bantry), dann in Dublin. Briefe treffen uns nur in London, Charing Cross Hotel. Herzlichst Max
n Glengarriff > Glengariff
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Fritz Baumgarten 10. September 1895; BK Glengariff Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 77–78
View from Roche’s Royal Hotel. Glengariff. Südküste Irlands 10. IX. 95 Lieber Fritz!
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Nur einen schönen Gruß von diesen wunderbar schönen Parks. Die Sehnsucht nach Wald ist gestillt, so wunderbar stimmungsvolle Wälder wie in Killarney und hier bietet Großbritannien nirgends sonst und die Welt wohl wenige. Freilich sind sie ganz anders geartet als unser deutscher – auf den ich mich trotzdem freue: Stechpalmen, Arbutus,1 Lorbeer, Pinien, Rhododendrena, Eiben etc. zwischen schönen Steineichen und Buchen, in einer unerhörten Üppigkeit und, wenn die Sonne durch den warmen Dunst der Atmosphäreb bricht, fast unglaublich schöne Beleuchtung. Die Gegendc ist die Krone Großbritanniens, wir sahen hier nichts ähnlich schöne und ich erinnere mich kaum irgend eines so schönen Parks. Jetzt beginnt der Abmarsch nach Haus. Am 18ten Abends oder 19ten früh wollen wir dort sein. Ich denke, daß Alfred uns dann besucht, seine Übung muß am 18ten zu Ende sein.2 Ich habe ihn um Nachricht per Postkarte nach Freiburg gebeten.3 Briefe können nur bis inclus. Sonntag an uns nach London, Charing Cross Hotel, geschickt werden; die andren müssen uns dort erwarten. Ich schreibe noch einmal.4 a O: Rododendren
b O: Athmosphäre
c Parks > Gegend
1 Gattung immergrüner Bäume bzw. Sträucher aus der Familie der Heidekrautgewächse. 2 Alfred Weber, der 1889/90 in der bei Tübingen stationierten 10. Kompanie des Infanterieregiments Nr. 125 seinen Militärdienst geleistet hatte (Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik, S. 19 f.), nahm an einem Manöver in der Nähe von Heilbronn teil. Danach wollte er über Freiburg heimreisen (Brief Alfred Webers an Max Weber sen. vom 12. Sept. 1895, BA Koblenz, N 1197, Nl. Alfred Weber, Nr. 46). 3 Wie sich aus dem Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 26. Okt. 1895 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) ergibt, fand der geplante Besuch in Freiburg statt. 4 Vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 12. Sept. 1895, unten, S. 145 f.
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In Kilkee erhielt ich die letzte Sendung, der Rest erwartet uns in Dublin, wohin ich Alles beordert habe. Die Postonkels in Irland sind stierdämlich, sie haben lauter Unsinn gemacht, und uns fast in Geldverlegenheit gebracht. Es ist ein elendes Volk, – in Killarney trafen wir die ersten annehmbaren Iren – einige Pferdetreiber und Bootsleute – mit denen wir ganz interessanted politische Gespräche über Homerule etc. hatten. Der Fluch des Landes ist die schamlose Ausbeutung durch die englischen Landlords [,] denen Alles quadratmeilenweise gehört, mit unerhörten Pachten.5 Auch den Touristen brandschatzen sie durch „Estate Fee’s“ bei Passieren ihrer Gründe. Aber, wenn von diesen Blutsaugern befreit, wird das Volk den katholischen Pfaffen anheimfallen, und das ist hier eine Bande. . . doch davon mündlich. Herzlichen Gruß und Dank für Alles Max
d O: interesante 5 In Irland gehörte ein erheblicher Teil des Landes englischen Grundbesitzern, die ihren Besitz als reine Einnahmequelle ansahen und die Verwaltung ihrer irischen Ländereien nicht selbst übernahmen. Sie verpachteten das Land an Mittelsmänner, die es wiederum weiter vergaben, wobei insgesamt das Interesse an kurzfristigem Gewinn vorherrschte. Dieses System war nicht nur ein strukturelles Innovationshemmnis, es führte auch zu extrem hohen Pachtzinsen. Vgl. auch Herkner, Heinrich, Die irische Agrarfrage, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 55 (N.F. Band 21), 1890, S. 449–497, bes. S. 460–469; zur jüngsten Entwicklung vgl. Webers Ausführungen im Brief an Helene Weber vom 7., 8. und 9. Sept. 1895, oben, S. 139–141 (mit Anm. 20–22).
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Fritz Baumgarten 12. September 1895; BK Dublin Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 79–80
The Gresham Hotel Dublin 12ter Sept. 1895 Lieber Fritz!
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Ich erhalte eben mit vielem Dank Deine Sendung. Die Briefe, wenn sie auch Porto kosteten, mußte ich in der That doch möglichst schnell beantworten und daher war es gut, daß ich sie vorfand. Wenn Du so freundlich sein willst, und Bertha1 mit 20 M. ausstatten, danke ich Dir herzlich; es ist ja auch, näher zugesehen, in der That bequemer so; ich komme nur so ungern mit Schulden von der Reise zurück. Darf ich Dich wohl noch um das Eine bitten, wenn ein Brief |:oder Karte:| von Alfred (aus Württemberga alsob) kommen sollte, mir ihn, falls er vor Dienstag den 17ten Abends da ist, nach Straßburg postlagernd entgegenzuschicken?2 Wir richten uns ev. mit dem Zeitpunkt des Eintreffens in Freiburg je nach Dem, was er über sein Kommen schreibt, Donnerstag Mittag wirds wohl doch.3 Wir sind Freitag (morgen) bis Sonntag Abend in Wales, dann in Chester, Liverpool und Oxford und fahren Mittwoch Nachmittag4 von London ab, dann direkt bis Straßburg, wo wir ev. 2–3 Stunden zum Waschen hausieren und die Verwandten zu treffen versuchen. 5 Die letzten Tage waren noch von wunderbarer Schönheit. Aber jetzt ist es auch genug. Ich bin nun einmal zum Erholungsreisenden nicht geschaffen, hätte schon nach 8 Tagen genug gehabt, wenn ich nicht die a O: Würtemberg
b Unsichere Lesung.
1 Bertha Schandau, das Dienstmädchen von Max und Marianne Weber. 2 Zum geplanten Besuch Alfred Webers in Freiburg vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 10. Sept. 1895, oben, S. 143 (mit Anm. 2). 3 Zur Rückkehr am Donnerstag, dem 19. September 1895, vgl. auch das Itinerar, Anhang III, unten, S. 905. Zunächst war die Ankunft in Freiburg für den Abend des 18. oder den Morgen des 19. September geplant (vgl. dazu den Brief an Fritz Baumgarten vom 10. Sept. 1895, oben, S. 143). 4 Mittwoch, der 18. September 1895. 5 Sowohl Max Webers Tante Emilie (Nixel) Benecke und ihr Mann Ernst Wilhelm als auch seine Tante Ida Baumgarten lebten in Straßburg.
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herzliche Freude meiner Frau und wie gut es ihr – so weit man urteilen kann – bekam, gesehen hätte. Ohne Arbeit zu existieren ist uns doch – und das ist doch auch gut – nur kurze Zeit möglich. Ich werde künftig „Erholungsreisen“ nicht mehr machen, sondern nur so, daß ich meine Arbeiten damit verbinde resp. umgekehrt. Sie werden mich oft genug nach England einerseits und in die Florentiner Archive andrerseits führen. Dann freilich, wenn ich auch nur bis 2–3 Uhr arbeiten kann, mache ich mich anheischig, es in einem Lande von der Schönheit Englands an jedem Punkt Wochenc lang auszuhalten. Herzlichsten Gruß, auch an Else,6 von uns Stets Dein Max
c [??] > Wochen 6 Else (Elisabeth) Baumgarten, Fritz Baumgartens Frau.
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Friedrich Naumann 22. September 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 232, Bl. 93 Der Brief steht im Zusammenhang mit den politischen Bestrebungen Friedrich Naumanns. Naumann wollte sich vom Evangelisch-sozialen Kongreß, der noch stark von den Christlich-Sozialen älterer, konservativer Richtung, d. h. vor allem von Adolf Stoekker, geprägt war, lossagen und eine unabhängige Vereinigung Christlich-Sozialer schaffen. Diese Aktivitäten mündeten im November 1896 in die Gründung des Nationalsozialen Vereins. Max Weber und seine Familie unterstützten Friedrich Naumann auf den unterschiedlichen Etappen seines politischen Werdegangs: bei der Gründung der Wochenschrift „Die Hilfe“ 1894, bei der Gründung der Tageszeitung „Die Zeit“ und des Nationalsozialen Vereins 1896 sowie bei seiner Reichstagskandidatur 1897/1898. Diese Förderung war nicht nur ideell, sondern erfolgte auch mit erheblichen finanziellen Mitteln. Obwohl Max Weber, ebenso wie seine Mutter Helene Weber, sein Bruder Alfred Weber sowie seine Tante Ida Baumgarten und sein Cousin Otto Baumgarten, von der Ausstrahlung Naumanns und seinem bedingungslosen Einsatz für seine evangelisch-sozialen Ziele tief beeindruckt war, betrachtete er die Bildung des als Partei agierenden Nationalsozialen Vereins als verfehlt und nicht zukunftsfähig. Weber hatte Naumann bereits bei der Gründung der Wochenschrift „Die Hilfe“ Ende 1894 eine Bürgschaft angeboten und sich in das Mitarbeiterverzeichnis der neuen Zeitschrift eintragen lassen (MWG I/4, S. 885). Anläßlich des Treffens der „Freunde der Hilfe“ in Erfurt am 5. und 6. Juni 1895 wurde er zusammen mit seinem Freiburger Fachkollegen Gerhart von Schulze-Gaevernitz in das „Comité der Freunde der Hilfe“ gewählt. Weber war bereit, wie der folgende Brief zeigt, auch Naumanns weitere Schritte, die Institutionalisierung des Kreises „Freunde der Hilfe“ sowie die Gründung einer eigenständigen Tageszeitung, der späteren nationalsozialen „Die Zeit“, zu fördern. Er wurde Mitglied des Komitees, das die Gründung der „Zeit“ vorbereitete, und verantwortete auch deren „Leitlinien“ von Januar und Februar 1896 mit, der späteren Programmbasis des Nationalsozialen Vereins. Vgl. dazu ausführlich: [Vertrauliches Anschreiben und Programmentwurf für eine neue Tageszeitung], in: MWG I/4, S. 885–895. Bezug: das Rundschreiben Friedrich Naumanns an Martin Wenck, Gerhart von SchulzeGaevernitz, Gottfried Traub und Max Weber vom 14. August 1895 (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 232, Bl. 99–100) mit der Bitte, die „Ansicht zu den verschiedenen Punkten zu schreiben und die Zirkulation baldigst zu bewerkstelligen.“ Da Max Weber am 14. August 1895 bereits in Schottland war, erreichte ihn dieser Brief erst nach seiner Rückkehr.
Freiburg 22. IX. 95 Ich komme soeben von Irland zurück1 und fi nde die Anlagen hier vor. Bezüglich des „Agenten“ muß auch ich, wie mein Spezialcollege, eine genauere Andeutung der Art seiner Thätigkeit abwarten und bin 1 Dem Brief an Fritz Baumgarten vom 12. Sept. 1895, oben, S. 145, zufolge kehrte Max Weber am 19. September 1895 von seiner Reise nach Schottland und Irland zurück. Vgl. auch das Itinerar, Anhang III, unten, S. 904 f.
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der Meinung, daß ein öffentlicher Aufruf um Geld durchaus unthunlich ist.2 Vertrauliche Zusammenkünfte des engeren Kreises (Comités) würde ich am liebsten nach Frankfurt verlegt und auf das Mindestmaß beschränkt sehen.3 Alles nicht prinzipiell Wichtige wäre besser auf Grund autographiertera Anfrage zu erledigen [.] Möglichste Präzision der zu stellenden Fragen wäre dafür Voraussetzung. Die Zahl der Comitémitglieder dürfte nicht allzu groß sein. Constituierung der „Freunde der Hilfe“ zunächst in Großstädten und Industriecentren.4 (Hier in Freiburg z. B. vermöchte ich zur Zeit mir nichts Erhebliches davon zu versprechen). Auch ich bin gegen Anschluß einerb Versammlung derselben an den Berliner Cursus.5 Persönlich füge ich hinzu: Ich bin 29. X. in Gießen,6 könnte 28. X. in Frankfurt sein. Nachher könnte ich erst Weihnachten wieder von hier fort. Ein mündlich zu erörternder Gegenstand höchster Wichtigkeit scheint mir nach den jüngsten Vorkommnissen die Frage der Beziehung zu Stöcker als Person.7 Max Weber Freiburg. P.S. Ich schicke die Sachen nun direkt zurück. (Schulze-Gäv[ernitz] ist bis November in Rußland) a 〈Circular〉
b der > einer
2 Friedrich Naumann hatte in seinem Rundschreiben vom 14. August 1895 (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 232, Bl. 99–100) die „Anstellung eines praktischen Agenten“, vor allem um Gelder zu sammeln, empfohlen; öffentliche Aufrufe wollte auch er „am liebsten vermieden sehen.“ 3 Naumann hatte regelmäßige Zusammenkünfte des „Comités der Freunde der Hilfe“ sowie als nächstes ein Treffen in Berlin vorgeschlagen (ebd., Bl. 99). Letzteres sollte im Anschluß an den für Oktober 1895 geplanten sozialpolitischen und nationalökonomischen Kursus des Vereins für Socialpolitik stattfinden, zu dem Max Weber jedoch nicht eingeladen worden war. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Karl Oldenberg vom 18. Jan. 1895, oben, S. 60. 4 In seinem Rundschreiben erachtete Friedrich Naumann die Bildung von „Localvereinigungen“ als wünschenswert, um „vor allem die gebildeten Gesinnungsgenossen zum gegenseitigen Anschluß zu bringen“ (wie Anm. 2, Bl. 99). 5 Vgl. Anm. 3. 6 Max Weber hielt am 29. Oktober 1895 auf dem Jahresfest des Oberhessischen Vereins für innere Mission in Gießen den Vortrag „Die Bedeutung des Luxus“ (MWG I/4, S. 732– 742). Auch Friedrich Naumann war an dem Jahresfest, wie sich offensichtlich erst später herausstellte, als Referent und Mitorganisator beteiligt. 7 Vgl. dazu den Brief an Hans Delbrück vom 26. Juli 1895, oben, S. 91, Anm. 6.
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Paul Siebeck 23. September 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: der Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 12. September 1895 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 36, Bl. 424), in dem Siebeck drei Bedingungen für die auszugsweise Veröffentlichung von Webers Freiburger Antrittsrede in den Alldeutschen Blättern stellte (vgl. zur Anfrage des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, Ernst Hasse, sowie zu Paul Siebecks Bedingungen die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 7. August 1895, oben, S. 94).
Freiburg i.B. 23. IX. 95 Sehr geehrter Herr!
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Auf Ihren gefl. Brief hin bitte ich Sie, wenn möglich, die zweite Bedingung fallen zu lassen. Der Alld[eutsche] Verband will meiner Überzeugung nach und soweit ich sein Wesen kenne, keine Geschäfte machen, sondern verfolgt lediglich seine Vereinsinteressen an sich wohl billigenswerthen Inhalts. Ich glaube nicht, daß er den Absatz durch die Art der Verbreitung schädigen wird, das Umgekehrte ist mir wahrscheinlicher. Jedoch halte ich mich natürlich nicht für berechtigt, Sie zur Aufgabe Ihrer Bedenken zu drängen. Die erste Bedingung würde ich Sie ev. bitten in die Form einer selbstverständlichen Voraussetzung von thunlichst freundlicher Form zu kleiden, wenn Sie, worum ich Sie bitten möchte, Ihrerseits meinem Collegen Herrn Prof. Hasse in Leipzig, der die Bitte an mich richtete und dem s. Z. Ihre erste Mitteilung zuging, von Ihren Bedingungen Nachricht geben. Die dritte Bedingung erscheint mir durchaus angebracht. Es wäre mir, wie Sie sehen, angenehm, wenn Herrn Prof. Hasse entgegengekommen werden könnte, der in absolut uneigennütziger Absicht die nicht weiter anziehende Arbeit auf sich nehmen wollte, doch darf ich meinerseits, wie gesagt, da ich ja keine absolute Garantie für den Verband und sein Verfahren übernehmen kann, auch nicht beanspruchen, daß Sie aufs Ungewisse hin von Ihren Geschäftsgrundsätzen abweichen. Hochachtungsvoll Ihr sehr ergebener Professor Max Weber
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Marianne Weber 4. Oktober 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freiburg 4 / X 95 Abends Liebes Mariännchen! Vielen Dank für den von Dir selbst und die beiden in Vertretung von der Mama geschriebenen Briefe Dir und ihr. Ich bin nun begierig, was weiter werden wird. Ich meine auch, daß es richtig ist, wenn für Frl. D[avids] die Aussicht auf etwas vor ihr Liegendes, wie ein Besuch zu Weihnachten bei Dir oder dergl. von hohem Werth sein kann.1 Ich meine aber, wenn in der That es angezeigt sein sollte, daß sie das Verhältnis zu Fr. v. W.2 in der Idee weiter fortsetzt, so hat das „Offenhalten des Rückwegs“ doch sein Bedenken, sie muß jedenfalls in eine so feste Position innerlich kommen, daß sie nicht einem beliebigen Eindruck zum Opfer fallen und von Neuem unter ihre Tyrannei gerathen kann.3 –
1 Die Berliner Porträtmalerin Marie Davids, die Marianne Weber von ihrem Zeichenunterricht 1892 in Berlin bekannt war (Tage- und Notizbücher / Erinnerungen Marianne Webers, Nr. IV: Erinnerungen, beginnend mit dem 21.4.1892, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, S. 3–7). Der Besuch in Freiburg kam tatsächlich zustande. Die Malerin verbrachte das Weihnachtsfest 1895 im Hause Weber und porträtierte Marianne Weber (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [20. Dez. 1895], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Sehr wahrscheinlich handelt es sich um das in Marianne Webers Briefen an Helene Weber 1895 und 1896 mehrfach genannte Fräulein von Wedel. Sie war Marianne Weber ebenfalls von ihrem Zeichenkursus 1892 in Berlin bekannt. Die schwierige Beziehung Marie Davids‘ zu Fräulein von Wedel – insbesondere auch der Versuch Marianne und Helene Webers, Davids zu einer endgültigen Loslösung zu bewegen, – wird in den Briefen Marianne Webers an Helene Weber, undat. [21. Okt. 1895], vom [19. und] 20. Nov. 1895, undat. [26. Dez. 1895], sowie vom 12. März 1896 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) thematisiert. Näheres ließ sich zum Sachverhalt und zur Person von Wedels nicht ermitteln. 3 Schon in ihren Notizen zum Jahr 1892 (wie Anm. 1) hatte Marianne Weber die dominante Haltung Fräulein von Wedels vermerkt. Im Oktober 1895 schrieb sie ihrer Schwiegermutter über Marie Davids‘ Probleme: „wie wir uns dachten, läßt Frl. v. W[edel] sie selbst nach ihren letzten sehr deutlichen Briefen nicht in Ruhe mit ihrer ‚Liebe u. Sehnsucht‘ u. spricht im letzten Briefe, den mir Frl. D[avid]s schickt von einem Wiedersehen Weihnachten! Frl. D[avid]s leidet immer noch sehr, das fühle ich ihren Briefen an [. . .] sie muß im Dezember hierher kommen, ihr Körper u. ihre Nerven halten sonst die ewigen Erregungen nicht aus.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [21. Okt. 1895], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Jedenfalls meine ich solltest Du das Retourbillet ruhig verfallena und Dir zurückzahlen lassen, wenn es nützlich ist, daß Du da bist.4 Wir bekommen eben 35 Mk von Heymann geschickt.5 Mariechen Benecke6 lud in einem Brief an Dich, den ich aufmachte, da mir sein Inhalt von Dora7 annonciert war, Dich auf den 29ten – wo ich in Gießen den Baalspfaffenb predige8 – ein. Wer weiß? am Ende bist Du bis dahin in Berlin (oder in Hannover im Anschluß daran?).9 Ich werde vorerst Alles unbestimmt lassen [.] Dora10 war Mittwoch zu Tisch bei mir, Abends war ich bei Fritzens,11 wo sie logiert. Donnerstag früh ist sie nach Straßburg.12 Bertha13 läßt fragen: 1) wie das gelbe Kleid gefärbt werden sollte? Wenn braun, wüßte die Anstaltc wie, sonst nicht. U.d ob sie das große Stück Stoff mitgeben sollte? 2) was sie Herrn Häberle Alles wegen Reparaturen sagen sollte?14 Sie befi ndet sich nach wie vor gut und nährt mich redlich. Murx zeigt entfernte Anwandlungen von Stubenreinheit, andrerseits stinkt er zuweilen verliebt.15 – Mir selbst geht es vortreffl ich, ich gestehe, daß mir a 〈lassen,〉
b Unsichere Lesung.
c Waschanstalt > Anstalt
d O: u.
4 Marianne Weber hielt sich in Berlin-Charlottenburg auf. 5 Gemeint ist der Berliner Verlag Carl Heymann. Es handelte sich um das Honorar für Webers Artikel „Der preußische Gesetzentwurf über das Anerbenrecht bei Rentengütern“, der im September 1895 in der Zeitschrift „Soziale Praxis. Centralblatt für Sozialpolitik“ erschienen war (MWG I/4, S. 586–596). 6 Marie Schmidt, geb. Benecke. Sie lebte mit ihrem Mann Arthur Schmidt in Gießen, wo er Deutsches Recht und Kirchenrecht lehrte. 7 Dora (Dorothea) Benecke, Schwester von Marie Schmidt. 8 Am 29. Oktober 1895 hielt Weber in Gießen beim Jahresfest des Oberhessischen Vereins für innere Mission den Vortrag „Die Bedeutung des Luxus“ (MWG I/4, S. 732–742). Der auf die biblische Erzählung von Elias und den Propheten Baals (1. Könige 18, 19–40) zurückgehende Begriff „Baalspfaffe“ bezeichnete im allgemeinen Sprachgebrauch einen heuchlerischen Priester. 9 In Hannover lebte Marianne Webers frühere Pensionsleiterin Marie Heidsiek. Marianne Weber besuchte sie dort sporadisch (vgl. die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 4. April 1893 und 30. Sept. 1894, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 10 Dora Benecke. 11 Max Webers Cousin Fritz Baumgarten mit Familie. 12 Die Familie Emilie (Nixel) und Ernst Wilhelm Benecke lebte in Straßburg. 13 Bertha Schandau, das Dienstmädchen von Max und Marianne Weber. 14 Friedrich Häberle war Eigentümer des Hauses in der Schillerstraße 22, in dem Max und Marianne Weber wohnten. 15 Max und Marianne Weber hatten den Hund Murx (bzw. Murcks) im Sommer ange-
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die Arbeit zunächst noch wenig Spaß macht, ich gehe sogar täglich einmal den Schloßberg hinauf und hinunter auf dem Wege zum Seminar, um die gute Kost klein zu kriegen. – Übrigens muß eine Schwierigkeit bezügl. Frl. D[avids]’ Herkommen |:im Dezember:| noch erwogen werden: Fritzens neuer Sprößling16 wird ja dann auch das Licht der Welt erblicken und wohin dann die Kinder?17 Denn ich glaube [,] sie sind bei dem Gedanken, sich nicht ane Eimers18 wenden zu müssen, sehr erlöst. Mir ist diese Seite noch etwas dunkel, aber ich denke [,] es wird sich irgend wie arrangieren lassen. Eins von den beiden |:– die Kleinsten19 kommen ja zu Tante Ida20 –:| können sie ja am Ende behalten |:(z. B. Elschen):|, und für eins |:(Hermann z. B.):| ist ev. im Badezimmer Raum zu schaffen. Ev. werde ich mal mit Fritz sprechen, wenn Du Deine Meinung geschrieben hast. Nun aber muß ich den Brief fortbringen auf den Bahnhof, sonst bekommt ihn das Püppchen bis Sonntag früh nicht mehr[.] Herzlichen Kuß Dein Max Sonntag21 Abend war ich bei Riehls, 22 gestern bei Rickerts, 23 wo ich auch Keibels24 traf. Im Hause ist vorerst noch der T. . . los. Frau R.’s25 gebrannte Haare fi nde ich kein Embellissement. Grüß Alle schön. e zu > an schafft, auch um ihrem Dienstmädchen Bertha über den Wechsel nach Freiburg hinwegzuhelfen. Im Juni 1895 schrieb Marianne Weber: „‚Murks‘ ist unser Liebling, ein hübsches kleines Vieh, ohne Rasse vorläufig, grau mit schwarzer Schnauze, hat 16 Mk Hundesteuer gekostet, eine starke Probe für unsre Zuneigung, zerbeißt uns alle Schuhe, Teppiche, Trod[d]eln etc. Max spielt mit ihm, ich erziehe ihn, Bertha verzieht ihn“ (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 23. [Juni] 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 16 Fritz Baumgartens Frau Else erwartete ihr fünftes Kind. Der Sohn Otto wurde am 19. Dezember 1895 geboren. 17 Hermann, Theodor, Fritz (Fritzle) und Elisabeth (Elschen) Baumgarten. 18 Die Schwestern Marie und Karolina (Lina) Eimer, die in der Freiburger Katharinenstraße wohnten und zum Bekanntenkreis der Familie Baumgarten gehörten. 19 Fritz (Fritzle) und Elisabeth (Elschen) Baumgarten. 20 Ida Baumgarten, Fritz Baumgartens Mutter in Straßburg. 21 Sonntag, der 29. September 1895. 22 Alois und Sophie Riehl. 23 Heinrich und Sophie Rickert. 24 Der Freiburger Anatom Franz Keibel und seine Frau Susanna Keibel. Franz Keibel war Sophie Rickerts Bruder. 25 Gemeint ist vermutlich Sophie Rickert.
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Clara hat nun nichts zum Geburtstag bekommen! 26 – Denke an Frl. Bertha! 27 Eif ein Scherz für Fritz, dann ist die Lücke au[s]gefülltg[.] Ich hatte Dich schon bitten wollen zu Goldschmidts hinzugehen.28 Bertha lässt melden (für Alfred) [,] daß ihre Schwester „das Jeld nu jrode |:doch noch:| bekimmen hot“.29
f Alternative Lesung: E.
g Unsichere Lesung.
26 Max Webers Schwester Clara hatte am 9. September ihren 20. Geburtstag gefeiert. 27 Bezug unklar. Frl. Bertha war das Kindermädchen der Familie Fritz und Else Baumgarten (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [19. Okt. 1894], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 28 Levin Goldschmidt, Max Webers Doktorvater, lebte mit seiner Frau Adele in Berlin. 29 Bertha Schandaus Schwester Elise war im Frühjahr 1895 schwer erkrankt (Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 10. und 25. Febr. 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Alfred Weber hatte ihr im August geholfen, als es wegen einer Rentenauszahlung zu Problemen gekommen war. Anfang September hatte er Elise mitgeteilt, daß die Angelegenheit geklärt sei und sie die Rente von 26,55 Mk monatlich in den nächsten Wochen auf dem Postamt abholen könne (Brief Alfred Webers an Helene Weber vom 1. Sept. 1895, BA Koblenz, N 1197, Nl. Alfred Weber, Nr. 46).
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8. Oktober 1895
Marianne Weber 8. Oktober 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freiburg 8 X 95 Nun, liebes Herz, Du bist ja gänzlich verstummt? Was macht Frl. Davids?1 Was hast Du in Betreff der Rückreise beschlossen? Ich nehme jetzt an, daß Du noch länger bleibst, da ja Dein Billet wohl morgen abläuft. Jedenfalls wirst Du nach der ersten besorgniserregenden Nachricht über Tante Marie wohl haben abwarten wollen, wie die Krankheit weiter verläuft.2 Wenn sie nur einen zuverlässigen Arzt haben. Die Sache scheint mir doch recht bedenklich. – Sonntag3 habe ich eine Tagespartie zu Fuß gemacht – solo mit dem Collegen Knies,4 da Alle uns im Stich ließen. Gestern Abend war ich bei den nunmehr umgezogenen Rickerts, 5 heute gehe ich zu Baumgartens.6 Du siehst [,] daß ich in Saus und Braus lebe, die Arbeit ist fast bedenklich vernachlässigt. Sonst ist nichts zu berichten, ich muß noch einmal aufs Seminar und schicke deshalb nur diesen kurzen Gruß [.] Dein Max
1 Die Malerin Marie Davids (vgl. hierzu den Brief an Marianne Weber vom 4. Okt. 1895, oben, S. 150 mit Anm. 1 und 2). 2 Marie Schnitger, eine der beiden Tante Marianne Webers in Lemgo. 3 Sonntag, der 6. Oktober 1895. 4 Gemeint ist sehr wahrscheinlich der Freiburger Physiologe Johannes von Kries, den Marianne Weber auch im Zusammenhang mit den Ausflügen zum Gasthaus „Leimstollen“, bei Freiburg, erwähnt (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 217). 5 Möglicherweise bezieht sich Weber auf den für Herbst 1895 geplanten Einzug der Familie Keibel in das Rickertsche Haus in der Schwarzwaldstraße 12 (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [Juli 1895], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 6 Fritz Baumgarten und seine Familie.
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Friedrich Kluge 22. Dezember 1895; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Freiburg i. Br., B 38/283 Dieser und die folgenden Briefe an Heinrich Rickert vom 21. April 1896, unten, S. 191, sowie vom 22. Juli 1896, unten, S. 205 f., stehen im Zusammenhang mit der Berufung Heinrich Rickerts auf den Lehrstuhl für Philosophie in Freiburg i. Br. als Nachfolger von Alois Riehl. 1895 erhielt der bisherige Freiburger Lehrstuhlinhaber für Philosophie, Alois Riehl, für das Sommersemester 1896 einen Ruf an die Universität Kiel, den er annahm. Die daraufhin für seine Nachfolge gebildete Berufungskommission, bestehend aus Alois Riehl selber, dem Sprachwissenschaftler Rudolf Thurneysen sowie dem Zoologen August Weismann, erstellte eine Liste mit dem bisherigen Freiburger Extraordinarius für Philosophie, Heinrich Rickert, an erster Stelle, dem Grazer Hugo Spitzer an zweiter und dem in Halle lehrenden Edmund Husserl an dritter Stelle (Bericht der Berufungskommission vom 3. Dezember 1895, UA Freiburg i. Br., B 38/283). In der Fakultätssitzung vom 3. Dezember 1895 präsentierte sie diesen Vorschlag (vgl. das Protokoll der Sitzung, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 42), wobei Alois Riehl, wie aus dem im folgenden edierten Brief Max Webers hervorgeht, zur Entkräftung möglicher Argumente gegen Rickerts Plazierung an erster Stelle Teile von dessen noch nicht fertiggestellter Arbeit „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“ vorlegte. Es handelte sich dabei um vier Revisionsbogen der noch im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) im Satz befindlichen Schrift. Alois Riehl konnte jedoch die Entscheidung der Fakultät, entgegen dem Kommissionsvorschlag, Hugo Spitzer an die erste und Heinrich Rickert nur an die zweite Stelle zu setzen, nicht verhindern (vgl. ebd., S. 43, sowie den Bericht der Berufungskommission an den Senat der Universität Freiburg i. Br. vom 6. Dezember 1895, UA Freiburg i. Br., B 38/283). Selbst Rickerts Plazierung, an zweiter Stelle, erfolgte mit nur knapper Mehrheit: neun Fakultätsmitglieder stimmten dafür, sieben dagegen, und ein Mitglied enthielt sich der Stimme (Protokoll der Sitzung vom 3. Dezember 1895, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 43). Noch auf derselben Fakultätssitzung kündigten die sieben Gegner Rickerts ein Separatvotum „gegen die Aufnahme Rickerts in die Liste“ an, worauf Max Weber gleichfalls ein Separatvotum in Aussicht stellte: „Prof. Weber wird ein solches gegen die Zurücksetzung Rickerts an die II. Stelle und für den Commissions-Antrag einreichen“ (ebd., S. 43). Noch am selben Tag wurde von den genannten sieben Mitgliedern der Fakultät das Separatvotum eingereicht, in dem diese sich dafür aussprachen, Heinrich Rickert gar nicht, auch nicht an zweiter Stelle, auf die Berufungsliste zu nehmen. Dieses Separatvotum war u. a. von dem klassischen Philologen Bernhard Schmidt und dem Geologen Gustav Steinmann unterzeichnet (Separatvotum vom 6. Dezember 1895, UA Freiburg i. Br., B 38/283). Einen Tag später übermittelte Max Weber daraufhin seinerseits dem Akademischen Senat der Universität Freiburg ein ausführliches Separatvotum (Separatvotum betreffend die Besetzung des philosophischen Ordinariats vom 7. Dezember 1895, ebd.; MWG I/13). Darin plädierte er für den ursprünglichen Berufungsvorschlag der Kommission; er betonte die wissenschaftliche Ausstrahlung Rickerts über die Fachgrenzen der Philosophie hinaus, unterstrich die Bedeutung von Rickerts Erkenntnislehre für den Methodenstreit der Nationalökonomie und für seine, Webers, eigene Vorlesungen zur theoretischen Nationalökonomie. Das Bestreben einiger Naturwissenschaftler in der Philosophischen Fakultät nach einer stärker naturwissenschaftlichen Ausrichtung des neuen Lehrstuhlinhabers erkannte er zwar als „begreiflich“ an, veranschlagte aber die durch Wilhelm Windelband und Alois Riehl
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geschaffene und zu bewahrende Tradition des Lehrstuhls „als ein Moment, welches nicht nur aus ideellen Gründen Berücksichtigung“ erfordere. Als Kompromiß schlug er vor, äußerstenfalls „Prof. Rickert zunächst als Extraordinarius mit der Wahrnehmung des Ordinariats zu beauftragen, bis die vermißte Publikation der öffentlichen Kritik unterstanden“ habe (ebd.). Max Webers Separatvotum wurde zusammen mit dem Votum der Gegner Rickerts auf der Fakultätssitzung vom 17. Dezember 1895 verlesen (Protokoll der Sitzung, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 44). Zudem wurde eine neue Kommission gebildet, die Einigkeit in der Berufungsfrage erzielen sollte (ebd.). Zuvor hatte sich, wie aus dem im folgenden edierten Brief Max Webers hervorgeht, der Mitunterzeichner des gegnerischen Separatvotums vom 6. Dezember 1895, der Geologe Gustav Steinmann, ohne Auftrag der Fakultät und auf eigene Initiative direkt an den in Freiburg lebenden Verleger Heinrich Rickerts, Paul Siebeck, gewandt, um weitere Erkundigungen über den Stand von Rickerts Schrift einzuziehen, von der Alois Riehl auf der Fakultätssitzung vom 3. Dezember 1895 Auszüge vorgelegt hatte. Da dieses eigenmächtige Vorgehen auf der Fakultätssitzung am 17. Dezember 1895 (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 44) offensichtlich gar nicht bzw. nur kurz und ohne Niederschlag im Protokoll zur Sprache gekommen war, beantragte Max Weber in dem im folgenden edierten Brief an den Dekan, die Angelegenheit als ersten Tagesordnungspunkt der ersten Fakultätssitzung im neuen Jahr, am 20. Januar 1896, vorzusehen, um Steinmanns Verhalten durch eine Resolution zu rügen. Dazu ist es aber nicht gekommen. Denn im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen stellte sich August Weismann, einer der Mitglieder der ersten Berufungskommission, hinter Gustav Steinmann und reichte, wie sich seinem Schreiben an Max Weber vom 20. Januar 1896 entnehmen läßt (UB Freiburg, Nl. August Weismann), dem Dekan schriftlich einen Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ein; daraufhin zog Max Weber seinen Antrag noch vor der entscheidenden Sitzung der Fakultät am 20. Januar 1896, nachmittags, zurück; in dem Brief August Weismanns an Max Weber vom 20. Januar 1896 heißt es: „Um so erfreulicher ist es mir, daß Sie Ihren Antrag betr. Coll. Steinmann zurückziehen, so daß ich nun auch den meinigen als gegenstandslos zurückziehen kann. Wir müssen es nicht zu scharf miteinander nehmen!“ (ebd.) Auf der Fakultätssitzung vom selben Tag gaben Max Weber, Gustav Steinmann sowie der Dekan Friedrich Kluge Erklärungen ab, „die der Facultät zu ihrer Befriedigung vollkommen ausreichend erscheinen, die Mißhelligkeiten auszugleichen [. . .] Eine Eingabe des Prof. Webers, die dieser schon vor der Sitzung zurückgenommen hatte, ist dadurch gegenstandslos geworden“ (Protokoll der Sitzung am 20. Januar 1896, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 46–47, Zitat: S. 46). Da sich die Philosophische Fakultät auch weiterhin nicht auf einen Lehrstuhlnachfolger einigen konnte, wurde zu Beginn des Sommersemesters Heinrich Rickert mit der Vertretung des vakant gewordenen Lehrstuhls von Alois Riehl beauftragt und als provisorischer Verwalter des Seminars eingesetzt (vgl. den Brief Max Webers an Heinrich Rikkert vom 21. April 1896, unten, S. 191, mit Editorischer Vorbemerkung). Parallel dazu führte die neue Berufungskommission ihre Tätigkeit fort; sie verabschiedete am 21. Juli 1896 eine Liste, auf deren Basis die Philosophische Fakultät noch am selben Tag die Berufungsliste mit Heinrich Rickert auf Platz drei verabschiedete (vgl. das Protokoll der Sitzung, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 58, sowie den Brief Max Webers an Heinrich Rikkert vom 22. Juli 1896, unten, S. 205 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 11). Welche Umstände schließlich dazu führten, daß Heinrich Rickert den Ruf erhielt, ist im Einzelnen nicht ermittelt. Er wurde am 13. September 1896 zum ordentlichen Professor der Philosophie in Freiburg ernannt (Mitteilung des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 18. September 1896, UA Freiburg i. Br., B 38/283). Heinrich Rickert veröffentlichte noch im Sommersemester 1896, nicht zuletzt auf Drängen Max Webers
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(vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. April 1896, unten, S. 182), die bisherigen Ergebnisse, d. h. die ersten drei Kapitel seiner Schrift „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“. 1902 erschien die zweite Hälfte sowie die gesamte Schrift (Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften [1. Hälfte]. – Freiburg i. Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1896; dass. [2. Hälfte]. – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902; komplett in einem Band: ebd.).
Freiburg i.B. 22/XII 95 An den Herrn Dekan der Philosophischen Fakultät.
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Den nachstehenden, schon in der Sitzung vom 17ten d. M. zur Sprache gekommenen Sachverhalt beantrage ich als ersten Gegenstand auf die Tagesordnung der nächsten Fakultätssitzung zu setzen. Beia der Erörterung über die Neubesetzung des philosophischen Lehrstuhls waren der Fakultät von Herren Hofrath Riehl u. A. 4 Revisionsbogen eines im Druck befindlichen Werks des Professor Rickert1 hier vorgelegt worden. Nachdem in der Fakultätssitzung vom 3. d. M. beschlossen war, Herrn Professor Rickert an zweiter Stelle vorzuschlagen, – wogegen demnächst Herr Professor Steinmann und andere Mitglieder ein Separatvotum einreichten, – hat sich bHerr Professor Steinmannb zu dem Verleger des Professor Rickert, Herrn Buchhändler Siebeck hier, begeben, zu dem Zweck – nach seiner Angabe – festzustellen, wie weit der Druck fortgeschritten sei. – Es wurde ihm, den Thatsachen entsprechend, die Auskunft gegeben, daß zur Zeit außer ¾ in Satz stehender Bogen weiteres Manuskript noch nicht eingeliefert sei [.] – Herr Professor Steinmann hat bei dieser Nachfrage und zu deren Motivierung nach der von ihm nicht bestrittenen Angabe des Herren Siebeck diesem mitgeteilt: „Es werde – und zwar von Herren Hofrath Riehl – verbreitet, das ganze Manuscript des Werks befi nde sich bereits in den Händen des Verlegers.“2 a In > Bei
b Markante eigenhändige Unterstreichung.
1 Es handelt sich um Druckbogen der Schrift „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“, deren erste drei Kapitel vorab 1896 erschienen (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 155). 2 Max Weber hatte offensichtlich selber Erkundigungen bei Paul Siebeck eingeholt. Siebeck hatte bislang nicht nur Webers Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) verlegt, sondern war auch in der evangelisch-sozialen Bewegung Badens tätig (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 29. April 1896, unten, S. 193).
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1.c Diese Angabe war geeignet, ein Fakultätsmitglied einem Außenstehenden gegenüber bloßzustellen. 2.d Daß dieselbe den Thatsachen entsprochen habe, hat Herr Professor Steinmann bisher nicht zu behaupten versucht. Thatsächlich ist sie unw[ahr.] e Wie ferner Herr Professor Steinmann auf Vorhalt zugab, hat er, nach und auf Grund jener Unterredung, – welche er in der Fakultätssitzung als eine „sehr kurze“ bezeichnete, – seinerseits u. A. folgende Behauptungen verbreitet: 1) Es bestehe überhaupt kein Verlagsvertrag zwischen Herrn Siebeck und Professor Rickert, 3 – vielmehr seien 2) die der Fakultät vorgelegten Revisionsbogen nur ad hoc auf Kosten des Professor Rickert gedruckt worden. 3.f Für keine dieser Behauptungen hatte Herr Professor Steinmann irgend welche Anhaltspunkte. Der Verleger versichert, daß jede Deutung seiner Angaben in einem auch nur ähnlichen Sinn gänzlich ausgeschlossen gewesen sei. Herr Hofrath Riehl, welcher auf das Manuscript des Rickert’schen Werks wiederholt Bezug genommen hatte, und ebenso Herr Professor Rickert sind durch diese Unterstellung eines auf Täuschung der Fakultät zwecks Herbeiführung der Berufung des Professor Rickert berechneten Scheinmanövers einem für sie ehrenrührigen Verdacht ausgesetzt worden. Anwendbar war jedenfalls § 186 RSt.G.B.4 –
c Eigenhändiger Zusatz; zugleich mit senkrechtem Strich, links neben den beiden folgenden Zeilen. d Eigenhändiger Zusatz; zugleich mit senkrechtem Strich, links neben den beiden folgenden Zeilen. Vgl. Index c. e Lochung. f Eigenhändiger Zusatz; zugleich mit senkrechtem Strich, links neben den neun folgenden Zeilen. Vgl. Index c. 3 Der Verlagsvertrag zwischen Paul Siebeck und Heinrich Rickert über „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften“ war tatsächlich am 14. Oktober 1895 abgeschlossen worden (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), B 5, Heinrich Rickert). 4 § 186 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 1. Januar 1872 lautet: „Wer in Beziehung auf einen Anderen eine Thatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Thatsache erweislich wahr ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.“ RGBl 1871, S. 163.
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Nachdem die Unwahrheit seiner Angaben zur Sprache gebracht war, hat Herr Professor Steinmann erklärt, daß dieselben auf einem „Misverständnis“ der Auskunft des Verlegers beruht haben, welches gemacht zu haben er „bedaure“. Ein Anerkenntnis, sich zur Begehung einer schweren Verfehlung haben hinreißen zu lassen und eine Bitte um Entschuldigung wurde auf eine dahin gehende Anregung hin verweigert.5 – Durch die gedachte Erklärung sind zwar die Beteiligten und deren vorgesetzte Instanzen formell in die Möglichkeit versetzt, den sonst kaum vermeidlichen Strafantrag zu unterlassen. Eine materielle Sühne des m. E. schweren Verstoßes gegen die Würde der Fakultät aber ist nicht erfolgt. Der Begriff des „Misverständnisses“ kann im vorliegenden Fall schlechthin nicht zur Anwendung kommen. Bei Anwendung derjenigen wohlwollenden Beurteilung, auf welche auch Herr Professor Steinmann seitens seiner Collegen Anspruch erheben darf, ist vielmehr zu constatieren, daß es sich um subjektive Vermuthungen handelte, welche nur aus leidenschaftlicher Befangenheit des Urteils über die beteiligten Persönlichkeiten, insbesondre auch Herrn Hofrath Riehl, zu erklären sind, über deren Wahrheit sich zu vergewissern Herr Professor Steinmanng jeden Versuch unterließ, die er aber dennoch als Thatsachen kolportierte. – Ich fi nde mich genötigt, den vorstehenden Sachverhalt aktenkundig zu machen. Es erscheint mir, – vorausgesetzt [,] daß nicht Herr Professor Steinmann eine loyale Verständigung mit den Beteiligten, insbesondre Herrn Hofrath Riehl, herbeiführt, – eine Stellungnahme der Fakultät unumgänglich. In der letzten Fakultätssitzung konnte eine solche, da der Gegenstand nicht auf der Tagesordnung stand, nicht beansprucht werden. Es darf aber nicht der Anschein aufkommen, als erachte die Fakultät auf Fälle wie den vorliegenden den Begriff eines „Misverständnisses“, welches mit dem „Bedauern“ des stattgehabten „Irrtums“ genügend gesühnt sei, für anwendbar. Durch die Bloßstellung eines Mitglieds in Bezug auf sein Verhalten in internen Fakultätsangelegenheitenh (oben ad 1) 6 ist die Fakultät direkt beteiligt, außerg 〈unterli〉
h Fakultäts〈mitgl〉angelegenheiten
5 Ob Max Weber sich auf die Fakultätssitzung vom 17. Dezember 1895 oder eine andere Gelegenheit bezieht, ist nicht ermittelt. Das Protokoll der Fakultätssitzung gibt darüber keine Auskunft (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 43–44). 6 Siehe oben, S. 158.
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dem aber insofern, als sie verpfl ichtet erscheinen muß, die Amtsehre ihrer Mitglieder und Unterstellten gegen Angriffe dieser Art, zumal aus ihrer eignen Mitte, zu wahren. Ich werde den Antrag stellen:7 Die Fakultät wolle erklären: das Verhalten des Herrn Professor Steinmann in dieser Angelegenheit entspricht weder den Pfl ichten eines Dozenten gegen sein Amt und die Würde der Fakultät, noch den persönlichen Pfl ichten gegen seine Collegen. Zu dieser Resolution erscheint die Fakultät, – wie zu Resolutionen überhaupt, – unbedenklich zuständig. Die Annahme der Unzuständigkeit würde zur Abgabe der Angelegenheit an das Akademische Direktorium und den Senat führen müssen. Professor Max Weber
7 Max Weber hat den Antrag wieder zurückgezogen (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 156).
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Ludo Moritz Hartmann 21. Januar 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig MWA, BAdW München (Fotokopie des Originals) Der Brief steht im Zusammenhang mit einer Anfrage des Sozialhistorikers Ludo Moritz Hartmann, der 1893 die Zeitschrift für Social- und Wirthschaftsgeschichte in Wien mitbegründet hatte und jahrelang deren wichtigster Herausgeber war (zur Gründungsgeschichte der Zeitschrift, der Vorläuferin der 1903 gegründeten Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, vgl. Aubin, Hermann, Zum 50. Band der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 50. Band (1963), S. 8–18). Zu den Beiträgern der Zeitschrift gehörten an führender Stelle Althistoriker und Mediävisten, die ihren Schwerpunkt auf die Erforschung sozial- und wirtschaftshistorischer Zusammenhänge legten. In einem nicht überlieferten Schreiben wandte sich Ludo Moritz Hartmann an Max Weber. Hartmann hatte 1892 Max Webers „Römische Agrargeschichte“ (MWG I/2) rezensiert (in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, 5. Band, 1892, S. 215–218). Nunmehr wandte er sich, wie sich aus dem im folgenden edierten Brief schließen läßt, an Max Weber mit der Bitte, den ersten Band von Otto Seecks „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“ (Seeck, Otto, Geschichte des Untergangs der antiken Welt, 1. Band. – Berlin: Siemenroth & Worms 1895) zu rezensieren. Seeck vertrat darin die These, daß das Römische Reich infolge der Vernichtung „seiner Besten“ durch Bürgerkriege, Christenverfolgung und ihre Heranziehung zum Militärdienst und der damit verbundenen Ehe- und Kinderlosigkeit zugrundegegangen sei (vgl. bes. das Kapitel „Ausrottung seiner Besten“, ebd., S. 257–289). Max Weber hatte kurz zuvor, am 13. Januar 1896, in seinem Vortrag „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“ (MWG I/6, S. 82–127) in Freiburg i. Br. bereits implizit dazu Stellung genommen und diese Hypothese zurückgewiesen (ebd., S. 101; vgl. auch den Bericht der Breisgauer Zeitung, ebd., S. 92). Zu einer Besprechung ist es jedoch nicht gekommen. Vgl. ausführlich zu den Debatten über die Ursachen des Untergangs des Römischen Reichs 1895/96, Otto Seecks Thesen und Max Webers Stellung dazu: Deininger, Editorischer Bericht, in: MWG I/6, S. 83–86.
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 21. 1. 96 Sehr geehrter Herr College!
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Ich bin gern bereit, Seeck zu besprechen. Nur darf es keine allzu große Eile haben, da ich momentan voll beschäftigt bin. Mit besten Empfehlungen Ihr sehr ergebener Max Weber
a O: Schillerst.
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Lujo Brentano 11. März 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 176, 175 Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Vortrag „Die Zukunft der deutschen Bodenverteilung“, den Max Weber am 7. März 1896 in Frankfurt a. M. hielt, und zwar vor dem Friedrich Naumann nahestehenden Christlich-sozialen Verein (MWG I/4, S. 791–798). Dabei ging es um die Agrarverfassung im Osten Deutschlands, die Art der Bodenverteilung und des Erbrechts, sowie deren Auswirkungen auf die soziale Lage der westdeutschen Industriearbeiterschaft. Weber argumentierte, daß eine möglichst breite Grundbesitzstreuung im Osten auch im Interesse der westdeutschen Industriearbeiterschaft liege, insofern durch sie die Landflucht und weiterer Druck auf die Löhne im Westen verhindert werden könnten. Die „Frankfurter Zeitung“ und der „Frankfurter Volksbote“ berichteten ausführlich über diesen Vortrag (ebd., S. 794–798). In ihrem Bericht deutete die „Frankfurter Zeitung“ Max Weber als bedingungslosen Gegner des Anerbenrechts, das wegen der damit verbundenen Bevorzugung eines Erben als höchst undemokratisch galt, und schrieb ihm die Forderung „Das Land der Masse“ zu: „Die Verallgemeinerung des Anerbenrechts, abgesehen von den Fällen, wo sie der ausbeuterischen hausindustriellen Nebenbeschäftigung entgegentritt, will die Demokratisirung des platten Landes verhindern, d. h. gleichzeitig die industrielle Reservearmee vermehren, und deshalb ist es zu verwerfen. Unsere Parole lautet: Das Land der Masse.“ („Christlich-soziale Agrarpolitik“, Frankfurter Zeitung, Nr. 68 vom 8. März 1896, 3. Mo.Bl., S. 2, zit. nach: MWG I/4, S. 794). Der Münchener Nationalökonom und erklärte Gegner des Anerbenrechts, Lujo Brentano, nahm diesen Bericht zum Anlaß, sich direkt an Max Weber zu wenden, offensichtlich um ihm beizupflichten. Max Weber stellte in dem im folgenden edierten Brief seine Haltung zum Anerbenrecht klar.
Freiburg i.B. 11. III. 96 Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ich danke verbindlichst für Ihre freundliche Karte. – Allerdings ist in einzelnen Punkten das [,] was ich sagte, in der „F.Z.“ nicht richtig wiedergegeben. Ich suchte die von meinem Spezialcollegen s.Z. formulierte Parole „das Land der Masse“1 als eine solche der westdeutschen Arbeiterklasse zu interpretieren. Ich selbst stehe dem Anerbenrecht in sofern doch freundlicher gegenüber, als, so viel ich sehen kann, Ihrem 1 Diese Forderung geht auf Max Webers Freiburger Fachkollegen, Gerhart von Schulze-Gaevernitz, zurück, der sie im Kontext der Reformdebatten im Evangelisch-sozialen Kongreß, vermutlich erstmalig auf einer Ausschußsitzung 1895, erhoben hatte, und damit in den konservativen Kreisen auf schärfste Ablehnung gestoßen war. Vgl. den Briefwechsel zwischen Adolf Stoecker und Friedrich Naumann, in: Heuss, Theodor, Friedrich Naumann. Der Mann, das Werk, die Zeit. – Stuttgart, Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt 1937, S. 677– 680, sowie Krüger, Dieter, Nationalökonomen im wilhelminischen Deutschland. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983, S. 44 und S. 265 (hinfort: Krüger, Nationalökonomen).
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Standpunkt entspricht, als ich für Verhältnisse, die eine |:(relativ):| aristokratische (großbäuerliche) Gliederung der ländlichen Gesellschaft erfordern – mangelnder Lokalabsatz, ungünstiger Boden – die gesetzliche Begünstigung des ungeteilten Erbübergangs und der Begünstigung des Übernehmers nicht nur für zulässig, sondern positiv für erwünscht halte, soweit es sich um selbständige Bauernnahrungen handelt. Nur schlage ich andrerseits die praktische Schwierigkeit der Ausscheidung 1) der geeigneten Gegenden, 2) der betreffenden Besitzschichten sehr hoch an. Was den Osten anlangt, so ist für mich das Institut, vona den Gebirgs- und einigen Hochplateau-Gegenden, insbesondre gewissen national gemischten Distrikten abgesehen, nur für die durch systematische Colonisation zu schaffendenb Höfe acceptabel, hier aber auch erwünscht.2 Die private Rentengutsbildung, welche lediglich den Großgrundbesitzer in die Stellung des Güterschlächters setzt und dazu noch in seiner sozialen Position beläßt, 3 scheint mir in ihrer jetzigen Form höchst bedenklich und ich kann auch Ihrer kurzen Bemerkung nur beipfl ichten. Ich kann nicht ganz übersehen, wie weit ein Abstand Ihrer Auffassung über die für den Norden und Osten erwünschte Gestaltung der Agrarverfassung von dem, was ich nach dem Stande meiner Kenntnis glaube für richtig halten zu sollen, besteht – vermuthe aber, daß es sich um Quantitätsdifferenzen handeln wird. Ich habe Studien über die bea 〈wenigen〉 oder 〈einigen〉
b 〈größeren〉
2 Max Weber bezieht sich auf die preußische Ansiedlungsgesetzgebung von 1886. Die mit der Durchführung des Gesetzes betraute Ansiedlungskommission kaufte polnische Güter in Westpreußen und Posen auf, parzellierte sie und siedelte deutsche Bauern an. Die Verfügungsrechte der Eigentümer waren bei diesen neu gebildeten Rentengütern beschränkt; insofern war bei der Einführung des Anerbenrechts, das de facto eine weitere Einschränkung der privaten Verfügungsrechte bedeutete, mit mangelnder Akzeptanz oder gar Widerstand nicht zu rechnen. Die Einführung der Einzelerbfolge schien Max Weber hier aus nationalpolitischer Perspektive sogar dringend geboten, um eine vorzeitige unökonomische Aufspaltung der Rentengüter im Erbgang zu verhindern. Vgl. dazu auch seinen Beitrag: Weber, Max, Der preußische Gesetzentwurf über das Anerbenrecht bei Rentengütern, in: MWG I/4, S. 586–596. 3 Im Unterschied zur Ansiedlungsgesetzgebung von 1886 zielten die Rentengutsgesetze von 1890/91, die für ganz Preußen galten, nur auf die Vermittlung des Verkaufs privater Güter. Die zuständigen Behörden waren weder an einen nationalpolitischen Auftrag gebunden noch traten sie als direkte Käufer auf, sondern vermittelten nur zwischen Verkäufer, Ansiedler und Rentenbanken. Das von Max Weber und anderen Nationalökonomen gleichermaßen beklagte Resultat war, daß sich der Großgrundbesitz, statt eine systematische Bauernkolonisation zu ermöglichen, nur unrentabler Außenschläge entledigte, um sich zu sanieren.
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völkerungspolitische Wirkung der Agrarverfassung lange liegen lassen müssen, da ich erst jetzt einigermaßen die hier übernommene Stellung auszufüllen beginne, hoffe aber im Sommer mit einigen Studien zur „Einführung in die Agrarpolitik“ fertig zu werden.4 Vielleicht habe ich die Ehre, Sie in Berlin bei der Ausschußsitzung des „Vereins f[ür] Sozialpolitik“ begrüßen zu können, 5 in jedem Fall bleibe ich mit angelegentlichsten Empfehlung[en] Ihr hochachtungsvoll sehr ergebenster Max Weber
4 Eine solche Studie hat Max Weber nicht verfaßt. Zu Max Webers agrarpolitischen Projekten insgesamt vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39. 5 Die nächste Ausschußsitzung des Vereins für Socialpolitik, an der Max Weber teilnahm, fand am 22. März 1896 in Berlin statt (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 24. März 1896, unten, S. 168). Auch Lujo Brentano nahm an dieser Sitzung teil, wo es wiederum u. a. um landwirtschaftliche Fragen ging, insbesondere darum „ob eine Untersuchung der relativen Konkurrenzfähigkeit der verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebsformen durch den Verein ausführbar sei“ (Boese, Geschichte (wie oben, S. 7, Anm. 32), S. 79). Max Weber wurde in den Unterausschuß gewählt, der diese Frage untersuchen sollte (ebd.). (Das betreffende Ausschußprotokoll ist in den Akten des Vereins für Socialpolitik, GStA PK, I. HA, Rep. 196, nicht überliefert.)
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Marianne Weber 16. März [1896]; Charlottenburg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist aus dem Briefinhalt erschlossen: Am Samstag, dem 14. März 1896, hatte Max Weber in Frankfurt seinen Vortrag „Agrarschutz und positive Agrarpolitik“ gehalten und war am folgenden Tag nach Charlottenburg weitergefahren. Der 16. März 1896 war ein Montag.
Charl. Montag 16 / III Liebes Mariännchen!
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Gestern war es nicht mehr möglich zu schreiben. Wir hatten in Frankfurt bis gegen 1 Uhr disputiert1 – den Lobgesang im Sonntag-Morgenblatt wirst Du ja gesehen haben2 – und da kam ich nicht viel zum Schlaf und ging deshalb hier, wo ich „Onkel“ Rösing3 in vollem Glanz zum Abend erlebte, früh zu Bett. Jetzt werden wir uns gleich zu Clara auf den Weg machen [.] Die Eltern waren gestern mit Bäumlersa4 und Simsons5 zusammen, Frau B[äumler] hat Mordsgeschichten vom kleinen Murcks erzählt.6 a Unsichere Lesung. 1 Bei seinem Frankfurter Vortrag „Agrarschutz und positive Agrarpolitik“ am Samstag, dem 14. März 1896. Dieser war der fünfte und letzte einer von Weber im Februar und März 1896 gehaltenen Vortragsreihe über Agrarpolitik, die vom Freien Deutschen Hochstift veranstaltet wurde. An den Vortrag schloß sich eine ausführliche Diskussion an (vgl. „Agrarpolitik. Vortragsreihe am 15., 22. und 29. Februar, 7. und 14. März 1896 in Frankfurt am Main“, MWG I/4, S. 743–790, hier: S. 743–747, sowie „Agrarpolitik. Grundriß der Vortragsreihe“, ebd., S. 597–601). 2 Die Frankfurter Zeitung druckte in Nr. 75 vom 15. März 1896, 3. Mo.Bl., S. 2, einen ausführlichen, Webers Ausführungen überwiegend zustimmenden Bericht (MWG I/4, S. 785– 787). Nach einer Darstellung auch der Diskussion schloß der Berichterstatter: „Die stets nur von den größten Gesichtspunkten geleiteten Ausführungen des Herrn Professor Weber fanden bei seiner Zuhörerschaft die warme Anerkennung, welche er bei seiner glänzenden Darstellungskunst und der Originalität und Klarheit seines Denkens in vollem Maße verdient hat.“ (Zitat in: Frankfurter Zeitung, Nr. 75, vom 15. März 1896, 3. Mo.Bl., S. 2). 3 Johannes Rösing, ein Freund von Max Weber sen. 4 Möglicherweise das in Marianne Webers Korrespondenz 1895 und 1896 mehrfach erwähnte Ehepaar Professor Christian Bäumler (Direktor der medizinischen Klinik in Freiburg) und seine Frau Maria Viktoria. Diese war die Tochter des Berliner Verlegers Dietrich Reimer und eine Kusine von Theodor Mommsens Frau Marie. 5 Sehr wahrscheinlich der Berliner Justizrat August von Simson, in dessen Kanzlei Max Weber als Rechtsreferendar gearbeitet hatte, mit seiner Frau Beate. 6 Der kleine Welpe von Max und Marianne Webers Hündin Murcks (bzw. Murx). Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. März 1896, unten, S. 178 (mit Anm. 3).
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Mama ist recht wohl jetzt, nach einer schlechten Zeit vor einigen Wochen. Auch die Stimmung ist gut: Arthurs Versetzung ist Gott sei Dank gesichert und er ist beim Pionier-Bataillon angenommen.7 Auch Karl scheint jetzt zu arbeiten und hat sich nach Alfreds Urteil merkwürdigb zu seinem Vorteil verändert. Vielleicht – ? – drückt irgend eine Karlsruher Sache auf ihn.8 – Lili ist recht wohlauf und munter, auch wieder recht nett.9 Hoffentlich ist nun Frl. Davids glücklich hier angekommen,10 die Mama will nachher gleich einmal nachsehen. – Ich schicke hiebei eine Eingabe an das Bezirks-Commando, sie muß unter der Adresse: An das Kgl. Bezirks-Commando Freiburg . . .. – d. h. ich schicke sie besser selbst, fällt mir eben ein.11 – Aber, bitte, schicke mir doch die in dem Gestellchenc steckenden Briefe und Kar-
b [??] > merkwürdig
c Alternative Lesung: Gestellschrank
7 Max Webers Bruder Arthur strebte die Offizierslaufbahn an. Er hatte sich beim Kgl. Preußischen Garde-Pionier-Bataillon in Berlin-Kreuzberg beworben und war zum 1. Oktober 1896 angenommen worden. Ab April 1897 besuchte er als Unteroffizier die Kriegsschule Hannover (Brief von Helene Weber an Marianne Weber vom 26. März 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), im Januar 1898 wurde er zum Leutnant (Secondelieutenant) ernannt. 8 Max Webers Bruder Karl hatte bereits im Wintersemester 1894/95 und Sommersemester 1895 an der Großherzoglich Technischen Universität Karlsruhe studiert, wo der Architekt Karl Schäfer, Vater seines späteren Schwagers Hermann, lehrte. Zum Sommersemester 1896 ging er erneut für zwei Semester nach Karlsruhe (KIT-Archiv (ehemals: Universitätsarchiv) Karlsruhe, Matrikel 21003, 10 (1894/95–1896) und 21003, 11 (1896/97); Auskunft vom 5.11.2012). Im Sommer 1895 hatte Karl Weber fünf Veranstaltungen bei Schäfer besucht und von diesem die Bewertung „sehr fleißig“ erhalten (ebd., 21003, 10). 9 Max Webers jüngste Schwester Lili war 15 Jahre alt. 10 Die mit Marianne und Max Weber wie auch mit Helene Weber bekannte Berliner Malerin Marie Davids war Anfang März zu einem kurzen Besuch in Freiburg eingetroffen. Aufgrund einer überschwemmungsbedingten Unterbrechung der Bahnverbindung, mußte sie ihre – für den 10. März geplante – Rückreise um mehrere Tage verschieben (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 12. März 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 11 Die Eingabe ist nicht überliefert; Unterlagen des Bezirks-Kommandos Freiburg aus der Zeit vor 1914 sind nicht mehr existent. Max Webers Schreiben könnte im Zusammenhang mit seiner Überführung von der Reserve (Infanterie Regiment Nr. 47) in die Landwehr (1. Aufgebot) gestanden haben, die am 8. April 1896 erfolgte. Vgl. Personalbogen des Max Karl Emil Weber, Bemerkungen zur Dienstlaufbahn, GLA Karlsruhe, 456 E Nr. 13719 (Militärakte Max Weber).
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ten her, ich will sie von hier aus beantworten. Und bitte zahle die Rechnungen an Guttenberg, Dietsch-Hett[erich] aus.12 Der Post schreibe ich eben, sie sollen mir Alles hierher schicken, auch Zeitungen – Du liest ja doch mit Genuß nur das „Tageblatt“? – Rade sah ich in Fr[ankfurt] nur kurz,13 dagegen habe ich Frau Naumann kurz gesehen.14 – Der Besuch des Vortrags war verblüffend gut.15 Hier grüßt Alles, zumal Mama, herzlichst, es küßt Dich Dein Mann Reise doch wennd es Dir irgend paßt, nach Westfalen,16 – äußersten Falls könntest Du ja nach mir zurückkommen, wenn es zu knapp wird. Morgen mehr.17
d Alternative Lesung: wann 12 Es dürfte sich um Rechnungen der Freiburger Geschäfte Otto Guttenberg, Kaiserstraße 166, sowie Dietsch-Hetterich, einem Feinkostgeschäft in der Salzstraße 26, handeln. 13 Martin Rade lebte in Frankfurt. 14 Maria Magdalena Naumann, Friedrich Naumanns Ehefrau. 15 Weder im Bericht der Frankfurter Zeitung (wie oben, Anm. 2) noch in den übrigen Vortragsberichten (MWG I/4, S. 777–787) finden sich Angaben über die Zahl der Zuhörer. 16 Marianne Weber reiste im März 1896 zunächst nach Oerlinghausen, von dort nach Lemgo zu ihren Tanten Marie und Flora Schnitger und zu ihrem Vater Eduard Schnitger nach Lage. Geplant war zunächst, daß auch Max Weber von Berlin aus dorthin und mit Marianne Weber gemeinsam zurück nach Freiburg reisen sollte (vgl. die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 12. März und vom 25. März 1896, Bestand Max WeberSchäfer, BSB München, Ana 446). 17 Ein Brief an Marianne Weber vom 17. März 1896 ist nicht nachgewiesen.
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24. März 1896
Marianne Weber [24. März 1896; Charlottenburg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen: Weber verweist auf seinen Berliner Vortrag in der Staatswissenschaftlichen Vereinigung am Montag, dem 23. März 1896 („Montag – gestern“). Der 24. März 1896 war ein Dienstag.
Liebes Mariännchen! Nun habe ich Dir nicht einmal zua unsrem gestrigen Verlobungstage geschrieben,1 und es wäre auch etwas schwer geworden, denn vorgestern (Sonnabend) 2 war ich Mittags bei Goldschmidts, 3 Abends im Verein f[ür] Sozialpolitik, Sonntag war von 11–5 Ausschußsitzung,4 dann Essen, Abends kam ich nach Haus. Montag – gestern – war ich Mittag bei Oldenberg, 5 Abends hatte ich Vortrag in der Staatswissenschaftlichen Gesellschaft.6 Heut endlich liegt der Brocken hinter mir und ich kann „jappen“. Nun zunächst die weiteren Pläne. Ich schreibe eben an Wina,7 daß ich Donnerstag um 553 nach Bielefeld und dann entsprechend weiter nach Oerlinghausen komme, um Dich zu holen. Du bist jetzt jedenfalls bei den Tanten in Lemgo,8 wohin ich dies schicke und ich komme dann eventuell Freitag dorthin um Dich abzuholen,9 besuche vielleicht unterwegs Papa in Lage.10 Da ich b Sonntag Abend spätestensb gern in
a 〈D〉
b Sonnabend Nacht > Sonntag Abend spätestens
1 Max und Marianne Weber hatten sich im März 1893 verlobt. 2 Sonnabend, den 21. März; also eigentlich vor-vorgestern. 3 Adele und Levin Goldschmidt, Max Webers Berliner Lehrer und Doktorvater. 4 Zur Ausschußsitzung des Vereins für Socialpolitik am 22. März 1896 vgl. den Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, oben, S. 164 (Anm. 5). 5 Karl Oldenberg. 6 Gemeint ist die Staatswissenschaftliche Vereinigung (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54, Editorische Vorbemerkung). Webers Vortrag vom 23. März 1896 ist nicht überliefert (zum Kontext vgl. MWG I/4, S. 908 f. und 914 f.). 7 Alwine (Wina) Müller, Max Webers Cousine in Oerlinghausen. Der Brief ist nicht überliefert. 8 Flora und Marie Schnitger. 9 Marianne Weber machte eine Besuchsreise nach Oerlinghausen und von dort aus nach Lemgo und Lage, um ihre Tanten Flora und Marie Schnitger sowie ihren Vater zu besuchen. Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 16. März 1896, oben, S. 167 (mit Anm. 16). 10 Marianne Webers Vater Eduard Schnitger.
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Freiburg sein möchte, so müssen wir Sonntag Mittag in Frankfurt sein u. dort einige Stunden Zeit haben, oder Sonntag früh spätestens 8c Uhr 39d aus Coblenz fahren. Bis dahin müssen wir also bis Samstag gelangen, – wie ist gleich. Die ganze Sache geht ja so etwas „plötzlich“, aber es geht doch nicht gut anders. Ich bin ohnehin schon fürchterlich im Rückstand mit Allem. Merkwürdig gut bekommt einem doch die Berliner Luft, man ist nervös leistungsfähiger, denn „der letzten Tage Last und Müh war groß“ und doch bin ich vollkommen frisch. Heute steht noch als Pensum bevor, das ich erledigen muß: 1) Verhandlung mit der Tägl[ichen] Rundschau wegen Annahme unsres Programmes,11 – ich muß dazu gleich aufbrechen. 2) Verhandlung mit Dr Meinecke wegen eines zu schreibenden Buchs.12 3) Fertigstellung eines Artikels für Schrempf13 4) Arbeit auf der Reichstagsbibliothek, 5) c 11 > 8
d [??] > 39
11 Weber bezieht sich auf den Entwurf des Programms der eigenständigen nationalsozialen Tageszeitung „Die Zeit“. Das Komitee der „Freunde der Hilfe“, dem Weber angehörte, hatte den Entwurf unter Federführung Friedrich Naumanns Anfang 1896 vorbereitet. Ein überarbeiteter zweiter Entwurf war nach der Sitzung des engeren Kreises der jüngeren Christlich-Sozialen am 10. und 11. Februar ausgearbeitet worden. Der zweite Teil dieses Entwurfs, der grundsätzliche Leitlinien umfaßte, war zur Veröffentlichung in der Presse bestimmt und bereits am 1. März 1896 in der Freiburger Zeitung, Nr. 51, S. 1, abgedruckt worden. Vgl. [Vertrauliches Anschreiben und Programmentwurf für eine neue Tageszeitung], MWG I/4, S. 885–895 (die Leitlinien ebd., S. 893 f.); zum Kontext die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 22. Sept. 1895, oben, S. 147. In der Täglichen Rundschau findet sich kein Abdruck der Leitlinien. 12 Seit Anfang 1896 verhandelte Friedrich Meinecke mit dem Verlag Oldenbourg über den Zuschnitt der als Supplement zur Historischen Zeitschrift geplanten Reihe „Historische Bibliothek“, für die er auch Max Weber gewinnen wollte (zur Gründung der Reihe vgl. Friedrich Meinecke. Neue Briefe und Dokumente, hg. von Gisela Bock und Gerhard A. Ritter (Friedrich Meinecke, Werke; Band 10). – München: R. Oldenbourg 2012, S. 502, 504 und 510. Am 23. November 1896 teilte Meinecke dem Verlag dann drei Autoren mit, die bezüglich „weiterer Bände der Historischen Bibliothek“ bereit waren, einen Verlagsvertrag abzuschließen. Zu Weber hieß es dort: „ 3) Professor Dr. Max Weber, Freiburg, (‚Deutsche Agrargeschichte‘). Letzterer kann allerdings erst in etwa 2 Jahren die Arbeit beginnen, die ihn an sich sehr lockt. Da von ihm eine Arbeit von hervorragendem Interesse und anziehender Darstellung zu erwarten ist, so möchte ich sehr für ein höheres Honorar, etwa 100 M. pro Bogen, plädieren.“ (Brief vom 23. Nov. 1896, zit. nach: ebd., S. 514). Der Verlag erklärte sich mit diesem höheren Honorar einverstanden, da die Agrargeschichte Webers „natürlich“ am meisten interessiere (ebd., Anm. 4). Max Weber erstellte allerdings weder ein Manuskript noch Entwürfe dazu (vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, bes. S. 37 f.). 13 Es handelt sich um den Artikel „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“ (MWG I/6, S. 82–127), der im Mai 1896 in der Zeitschrift „Die Wahrheit. Halbmonatsschrift zur Vertiefung in die Fragen und Aufgaben des Menschenlebens“ erschien. Chri-
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Umzug zu Clara. Morgen ist hier große Gesellschaft Abends.14 Deshalb giebts auch diesmal in diesem Brief keine Seelenbeichte, sondern ich fasse mich kurz. Willst Du wohl feststellen, ob Hauptmanns uns Sonnabend Abend brauchen können?15 Wir telegraphieren dann den Zug. Ich denke aber, wir gehen ins Hotel, sie haben doch schwerlich Platz. Bitte grüße die Tanten herzlichst, ich hoffe also sie auch zu sehen, wenn auch leider nur kurz. Ich denke, wir versuchen es nochmal weitere 3 Jahre miteinander zu hausen, mir ist sehr vergnügt zu Muthe im Allgemeinen und speziell bei diesem Gedanken. Herzlichst küßt Dich Dein Mann
stoph Schrempf war Herausgeber der nur wenige Jahre bestehenden Zeitschrift (vgl. ebd., Editorischer Bericht, S. 82–89, hier: S. 88 f.) 14 Gemeint ist das Charlottenburger Haus von Helene und Max Weber sen. Clara Mommsen und ihr Ehemann Ernst wohnten in der Steglitzer Straße im Berliner Westen. 15 Gemeint sind die Verwandten Eleonore und Wilhelm Müller, die in Koblenz wohnten. Müller war zu dieser Zeit Hauptmann im Bekleidungsamt des VIII. Armee-Korps. Vgl. Adreßbuch der Stadt Coblenz mit den eingemeindeten Vororten Coblenz-Lützel und Coblenz-Neuendorf, der Stadt Ehrenbreitstein und der Gemeinde Pfaffendorf 1894/95. – Coblenz: Heinrich L. Scheid 1894, S. 239.
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 26. [März] 1896; Berlin Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 444 Das Monatsdatum ist erschlossen aus den Briefen Max Webers an Marianne Weber vom 16. und 26. März 1896, oben, S. 165–167, 173–175, denenzufolge sich Max Weber vom 15. bis zum 27. März 1896 in Berlin aufhielt. Der Brief steht im Zusammenhang mit einer Anfrage des Verlags zur Veröffentlichung von Max Webers Vortragsreihe „Agrarpolitik“ und setzt zudem die Korrespondenz mit dem Verlag über die Niederschrift des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49). Darüber hinaus geht es um weitere Projekte.
z.Z. Berlin 26/3a 96 Sehr geehrter Herr!
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Die Frankfurter Vorträge, wegen deren Sie vor einiger Zeit freundlichb bei mir anfrugen,1 werde ich jetzt noch nicht publicieren. Sie sind Vorarbeit für ein Buch [,] bezüglich dessen ich bereits gebunden bin.2 Aber ich werde mir überlegen, ob ich über die Wirkung der Grundbesitzverteilung ein Heft zurechtschneiden kann.3 Börse II wird jetzt, wo ich in a 5>3
b Unsichere Lesung.
1 Es handelt sich um die Vortragsreihe „Agrarpolitik“, die Max Weber im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main im Februar und März 1896 gehalten hatte (vgl. Weber, Max, Agrarpolitik. Vortragsreihe am 15., 22. und 29. Februar, 7. und 14. März 1896 in Frankfurt am Main, in: MWG I/4, S. 743–790). Am 7. März 1896 hatte er noch einen weiteren Vortrag im Christlich-sozialen Verein gehalten (vgl. Weber, Max, Die Zukunft der deutschen Bodenverteilung. Vortrag am 7. März 1896 in Frankfurt am Main, in: MWG I/4, S. 791–798). Der Verlag hatte angefragt, offensichtlich um Max Weber für eine weitere Publikation in der Göttinger Arbeiterbibliothek zu werben; die Anfrage ist im Verlagsarchiv nicht verzeichnet (vgl. Copier-Buch vom 28.7.1893–11.3.1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494). 2 Max Weber verfolgte eine ganze Reihe von Buchprojekten zur Agrargeschichte und Agrarpolitik (vgl. ausführlich dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39). Hier könnte es sich um zwei dieser Pläne handeln: um eine „Einführung in die Agrarpolitik“, die er kurz zuvor in einem Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, oben, S. 164, erwähnte, oder um eine zu verfassende „Deutsche Agrargeschichte“. Letzteres ist wahrscheinlicher, da Max Weber bereits seit März 1896 in konkreten Verhandlungen mit dem Oldenbourg-Verlag und Friedrich Meinecke in Berlin stand, der ihn als Autor für die „Historische Bibliothek“ warb (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 24. März 1896, oben, S. 169 f. mit Anm. 12). Die Publikation kam nicht zustande. 3 Gemeint ist ein weiteres Heft für die von Friedrich Naumann herausgegebene Göttinger Arbeiterbibliothek.
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Kurzem mit meinen umfassenden Börsenarbeiten fertig sein werde,4 in Angriff genommen. Wegen des Landarbeiter-Hefts5 schreibe ich in ca 4 Wochen. Dann kann ich die Lage übersehen. – Entschuldigen Sie bitte mein unhöfl ich langes Schweigen. Ich war wiederc bis aufs Äußerste überlastet. Mit besten Empfehlungen Ihr hochachtungsvoll ergebenster Max Weber Gegen einen Sonderdruck der beid[en] Börsenheft[e] s. Z. habe ich nichts,6 wenn es Naumann recht ist. Stets muß der Charakter des Populären auch in den Erscheinungsformen gewahrt bleiben.
c O: wider 4 Es handelt sich um die letzte Folge von Max Webers umfassendem Aufsatz „Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete (Schluß)“, die im Sommer 1896 in der Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht, Band 45, 1. Heft, S. 69–156, erschien (vgl. MWG I/5, S. 175– 550, bes. S. 187 und 460–550). 5 Vgl. dazu den Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Jan. 1895, oben, S. 50 mit Anm. 3. 6 Vgl. dazu auch die Briefe an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 28. Juli 1897 sowie vom 16. März 1898, unten, S. 373, 475, jeweils mit Editorischer Vorbemerkung.
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Marianne Weber 26. März 1896; Berlin Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Berlin 26/III 96 Liebes Mariännchen!
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Also „mine Fru die Ilsebill will nicht so als ik wohl will“1 – nun das ist recht, daß Du Dich entschlossen hast die Zeit auszudehnen und auszunutzena, 2 paßt mir auch ganz gut, da ich schnell nach Freiburg zurückmöchte. Ich reise nun morgen früh und komme Freitag Nacht hin, wie ich Bertha geschrieben habe.3 Hoffentlich ist es mir dann möglich, Ostern schon nach Oerlinghausen zu kommen,4 – es hängt von der Arbeit ab, in die ich mich zu stürzen habe. Hier bin ich jetzt bei Clara, 5 die ziemlich marode auf dem Sopha liegt. Die gestrige Gesellschaft draußen6 hat ihr Erbrechen etc. heut morgen verursacht – |:offenbar:| die ersten Vorboten für den Herbst.7 Ich dachte es ja: sie setzen gewiß ein Dutzend Kinder in die Welt. – a Unsichere Lesung. 1 Zitat aus dem plattdeutschen Märchen „Von dem Fischer un syner Fru“ aus den „Kinderund Hausmärchen“ der Brüder Grimm (KHM 19, Kinder und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm, Große Ausgabe, Siebente Auflage, Erster Band. – Göttingen: Verlag der Dieterichschen Buchhandlung 1857, S. 100–108, Zitat: S. 102). 2 Telegraphisch und in einem Brief an Helene Weber vom Vortag, der „eigentlich für Max bestimmt“ war, hatte Marianne Weber eine Änderung ihrer Besuchspläne mitgeteilt: Sie wolle erst am Freitag oder Samstag (28. bzw. 29. März) für drei Tage zu ihrem Vater nach Lage und im Anschluß fünf bis sechs Tage zu ihren Tanten Flora und Marie Schnitger nach Lemgo fahren. Diese Mitteilung sollte es Max Weber ermöglichen, seine geplante Fahrt von Berlin nach Oerlinghausen noch abzusagen, da eine gemeinsame Heimfahrt nach Freiburg somit hinfällig geworden war (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 25. März 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Bertha Schandau, das Dienstmädchen Max und Marianne Webers. Das Schreiben ist nicht überliefert. 4 Infolge ihrer geänderten Besuchspläne blieb Marianne Weber noch bis zum Osterwochenende (vom 3. bis 6. April 1896) in Westfalen (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 25. März 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Clara und Ernst Mommsen wohnten in der Steglitzer Straße im Berliner Westen. 6 Gemeint ist eine Abendgesellschaft im Charlottenburger Haus von Helene und Max Weber sen. 7 Clara Mommsen erwartete ihr erstes Kind. Der Sohn Konrad (jun.) wurde am 8. Oktober 1896 geboren.
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Die Gesellschaft gestern war ziemlich stumpfsinnig: Sattlersb,8 Rikkertsc,9 Böttchers,10 Jollys,11 Marggraff,12 Rösings13 etc. – sehr langes Essen, ich glaube 7 Gänge – ja wir sind jetzt eben doch verwöhnt, das müssen wir bedenken. – Vorige Woche war ich bei Gierkes, das war recht nett, ganz allein zu Erbsenbrei und Sauerkraut, die Tochter macht sich doch jetzt sehr nett.14 Dagegen war es bei Goldschmidts gradezu trostlos, man unterhielt sich immer über ihn weg und es ging auch nicht anders, er ist völlig stumpf äußerlich, kann sich kaum äußern, sie verbeißt das Weinen mühsam.15 Montag bei Oldenberg – der hoffentlich bald nach Marburg kommt.16 Abends heftige Diskussion in der Staatsw[issenschaftlichen] Gesellschaft bis gegen 1 Uhr, besonders mit Sering, der Anfangs ganz wild, nachher gemütlicherd war.17 Auch b Unsichere Lesung.
c Unsichere Lesung.
d 〈[??]〉
8 Möglicherweise der nationalliberale Berliner Politiker und Archivar Karl Sattler und seine Frau Sophie. 9 Heinrich Rickert (sen.) und seine zweite Frau Gerhardine. Der Vater des Philosophen Heinrich Rickert gehörte zum Berliner Bekanntenkreis der Familie Weber. 10 Der Publizist und nationalliberale Politiker Friedrich Böttcher und seine Frau Johanna. Böttcher gehörte zum Bekanntenkreis von Max Weber sen. (vgl. Mischnick, Harald, Friedrich Böttcher. Nationalliberaler, Publizist und Patriot aus Mengeringhausen, in: Geschichtsblätter für Waldeck, Band 81, 1993, S. 163–186, bes. S. 183). 11 Wer aus der Familie Jolly hier gemeint ist, ließ sich nicht klären. Es könnte sich sowohl um Max Webers Cousin Julius Jolly (jun.) und seine Frau Julie handeln als auch um seinen Cousin Philipp Jolly mit seiner Frau Emilie, geb. Hausrath (ebenfalls eine Cousine Max Webers). Möglich wäre im genannten Personenkreis allerdings auch der 1890 an die Berliner Charité berufene Psychiater Friedrich Jolly, ein Cousin von Julius und Philipp Jolly, mit seiner Frau Anna. 12 Carl Arnold Marggraff, wie Max Weber sen. langjähriger Stadtrat und Vorsitzender verschiedener Baudeputationen in Berlin. 13 Johannes Rösing, ein Freund von Max Weber sen., und seine Frau Clara. 14 Das mit der Familie Weber gut bekannte Ehepaar Otto und Marie Cäcilie Gierke. Gierkes hatten drei Töchter: Anna (geb. 1874), Therese (geb. 1878) und Hildegard (geb. 1880). Gemeint ist hier sehr wahrscheinlich die älteste Tochter Anna Gierke, die Helene Weber durch ihre Fürsorgearbeit in Charlottenburg näher bekannt war (vgl. Wegener, Hildburg, Anna von Gierke. Sozialpädagogin zwischen konservativer Politik und freier Wohlfahrtspflege. – Sulzbach/Ts.: Ulrike Helmer Verlag 2009, S. 22–24). 15 Max Webers Berliner Lehrer Levin Goldschmidt und seine Frau Adele. Goldschmidt hatte 1892 einen Schlaganfall erlitten, von dessen Folgen er sich bis zu seinem Tod am 16. Juli 1897 nicht mehr erholte. Vgl. Weyhe, Lothar, Levin Goldschmidt. Ein Gelehrtenleben in Deutschland. Grundfragen des Handelsrechts und der Zivilrechtswissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. – Berlin: Duncker & Humblot 1996, S. 153–155. 16 Karl Oldenberg, seit 1888 Assistent Gustav Schmollers beim „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“, hatte sich bereits 1891 habilitiert. 1897 erhielt er eine außerordentliche Professur in Marburg. 17 Webers Vortrag vom 23. März 1896 ist nicht überliefert (vgl. MWG I/4, S. 914 f.), daher auch die Diskussion mit Max Sering nicht dokumentiert.
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Jaffé18 war da – unverändert, – ebenso Münsterberg, – ebenfalls unverändert, der bald nach Ostasien geht.19 – Eben kommt die Mama mit Deinem Brief.20 Natürlich mein Herzchen, mußt Du die Tanten ausführlichst bedenken, und Zeit und Möglichkeit ist ja die Fülle da. Ich werde schon sorgen nicht umzukommen. Ich gebe der Mamae diesen Brief mit und schließe ihn daher lieber, damit Du ihn früher hast. Mama und Clara grüßen bestens, es küßt Dich Dein Mann
e 〈Deinen〉 18 Gemeint ist Alfred Jaffé, der ältere Bruder von Edgar Jaffé (vgl. auch den Brief an Karl Oldenberg vom 18. Jan. 1895, oben, S. 61). Die Familie Jaffé war mit der Familie Weber bekannt. 19 Oskar Münsterberg, den Max Weber 1895 in Freiburg mit einer Untersuchung über „Japans Edelmetall-Handel von 1542–1854“ promoviert hatte (Max Webers Promotionsgutachten vom 14. Juli 1895 (UA Freiburg i. Br., B 42/1275 Philosophische Fakultät, Promotionsgutachten 1895/96; MWG I/13)), legte 1896 eine erheblich erweitere Fassung vor: „Japans auswärtiger Handel 1542–1854, bearb. nach Quellenberichten von Oscar Münsterberg. – Stuttgart: Cotta 1896. 20 Vgl. Anm. 2.
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27. März 1896
Otto Lang [nach dem 27. März 1896]; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Schweizerisches Sozialarchiv Zürich, Nl. Otto Lang Datum erschlossen aus dem Inhalt des Briefes. Der Brief steht im Zusammenhang mit einer Anfrage des Statistikers Gustav Heinrich Schmidt. Schmidt lehrte als Privatdozent regelmäßig an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (Polytechnikum) sowie an der Universität Zürich Nationalökonomie mit den Schwerpunkten Statistik und Agrargeschichte. Wie sich dem folgenden Brief entnehmen läßt, wandte er sich an Max Weber mit der Bitte, dieser möge sich für die Errichtung eines Statistischen Amts der Stadt Freiburg i. Br. einsetzen und für ihn, Schmidt, als Leiter werben. Zugleich stellte er seine Habilitation in Freiburg i. Br. in Aussicht. Max Weber wandte sich daraufhin an den Züricher Juristen, Politiker und Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, Otto Lang, den er kurz zuvor anläßlich seines Aufenthalts in Berlin getroffen hatte.
Freiburg i /B Schillerstr.a 22 Sehr geehrter Herr! Unter Bezugnahme auf die kurze Begegnung, die wir in Berlin hatten,1 gestatte ich mir folgende vertrauliche Anfrage. Herr Dr Gustav H[einrich] Schmidt, Privatdocent in Zürich, 2 wendete sich an mich mit dem Ersuchen, die Errichtung eines Statistischen Amts in der hiesigen Stadt und seine Berufung zu dessen Leitung anzuregen und stellt gleichzeitig seine Habilitation für Statistik in Aussicht.3 Nun würde ich Bedenken gegen dies Ansuchen – namentlich gegen die Habilitation – nur dann haben, wenn dadurch eineb a[ls] c untüchtig oder doch als mangelhaft leistungsfähig zu erwartende Per-
a O: Schillerst.
b 〈gradezu〉
c Lochung.
1 Max Weber hielt sich zwischen dem 15. und 27. März 1896 in Berlin auf, wie sich seinen Briefen an Marianne Weber vom 16. und 26. März 1896, oben, S. 165–167, 173–175, entnehmen läßt. In welchem Zusammenhang sich Max Weber und Otto Lang begegneten, ist nicht ermittelt. 2 Laut den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Zürich pausierte Schmidt zwischen 1895/96 und 1896/97 mit seinen Vorlesungen in Zürich; er wird während dieser Zeit als in Mannheim wohnhaft verzeichnet. Vgl. Verzeichnis der Vorlesungen an der Hochschule Zürich im Wintersemester 1895/96 [Sommersemester 1896; Wintersemester 1896/97]. – Zürcher und Furrer 1895 [1896; 1896], S. 17 [S. 19; S. 19], Angabe des Wohnorts jeweils unpaginiert. 3 Gustav H. Schmidt hat sich offensichtlich nicht in Freiburg i. Br. habilitiert; in den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Freiburg wird er zwischen 1896 und 1904 nicht unter den Privatdozenten aufgeführt.
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sönlichkeit anderen, tüchtigeren Kräften, die vielleicht später einmal zu einer Habilitation geneigt sein würden, den Raum wegnähme, der bei der kleinen Studentenzahl hier ein beschränkter ist. Ich entsinne mich nun, daß Sie mir in Berlin den Namen des Herrn Dr Schmidt nannten, weiß aber nicht mehr, was Sie über ihn äußerten. Es wäre mir nun aber von Werth – da mir nur einige kleinere Schriften desselben gelegentlich durch die Hand gingen,4 von unbefangener Seite ein Urteil über die Art seiner Lehrwirksamkeit zu hören. Ich werde mich später natürlich an den Fachordinarius5 wenden müssen, im jetzigen Stadium aber thäte ich das im Interesse des Herrn Dr Schmidt nur ungern. Indem ich Sie bitte, diesen Brief als vertraulich zu behandeln und annehme, daß Sie bezüglich einer eventuellen Beantwortung desselben mir das gleiche Vertrauen schenken, bitte ich Sie, wenn möglich, mich über Ihre bzw. die in Zürich herrschende Meinung in Betreff des genannten Herrn in Kürze informieren zu wollen. Mit verbindlichstem Dank im Voraus Ihr hochachtungvoll sehr ergebener Prof. Max Weber
4 Die Literaturliste Schmidts verzeichnet zahlreiche kleinere Beiträge zur Statistik, zuletzt: Schmidt, Gustav Heinrich, Die Schweiz im Lichte der Statistik. Akademischer Rathausvortrag, gehalten im Kantonsratssaal in Zürich am 29. November 1894. – Zürich: Verlags-Magazin 1895; vgl. auch: ders., Die Notwendigkeit einer Erweiterung der Bevölkerungsstatistik in der Schweiz (Separatabdruck aus den Schweizer Blättern für Wirtschafts- und Socialpolitik). – Zürich: Albert Raustein 1894. Auch lassen sich Schriften zur Agrargeschichte nachweisen: Schmidt, Gustav Heinrich, Zur Agrargeschichte Lübecks und Ostholsteins. Studien nach archivalischen Quellen. – Zürich: Orell Füssli & Co. 1887; ders., La vie et les travaux de Georges Hanssen, in: Revue d’Économie Politique, année 3, 1889, S. 605–633. Möglicherweise ist Schmidt durch seine agrargeschichtlichen Interessen, die sich auch in seinen Vorlesungen dokumentierten, auf Max Weber als Betreuer seiner Habilitation gestoßen. 5 Zu diesem Zeitpunkt lehrten an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (Polytechnikum) Julius Platter und an der Universität Zürich Julius Wolf Nationalökonomie. Möglicherweise wollte Max Weber einen Kontakt mit dem umstrittenen und von ihm nicht geschätzten Julius Wolf vermeiden. Vgl. dazu seinen Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Juni 1897, unten, S. 356–358.
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Marianne Weber 30. März 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freiburg 30. III. 96 Liebes Frauchen! Vielen Dank für Deinen Brief. Bleib Du nur jedenfalls bis auf Weiteres dort, wie Du schreibst, ich werde dann schon sehen ob es möglich ist, daß ich Ostern hinkomme.1 Einstweilen hoffe ich es noch. Hier ist Alles so weit in gutem Stand. Bertha hat keinerlei Nachricht über Verschlimmerung, bleibt also sonst hier. 2 Der kleine Murx ist sehr aufgeräumt und beweglich, 3 er erfüllt sehr oft seine Mission in der oberen Etage. – Dort geht es recht schlecht,4 fi nde ich, dies ewige Fieber und die sich gar nicht schließende Wunde lassen doch die ungünstigste Deutung als die immer wahrscheinlichere erscheinen. Der arme Mann ist jetzt doch auch ganz herunter und hat innerlich, scheint mir, die Hoffnung aufgegeben. Vorgestern Abend war ich bei Rickerts.5 Er ist noch immer recht matt, ich habe ihm gut zugeredet. Jetzt allmälig kann er wieder anfangen zu arbeiten.6 Ich frage mich nur: wie soll er seine Stelle ausfül-
1 Marianne Weber hielt sich zu Verwandtenbesuchen in Westfalen auf. Zu Max Webers geplanter Osterreise vgl. den Brief an Marianne Weber vom 26. März 1896, oben, S. 173 (mit Anm. 4). 2 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen, deren Schwester im Vorjahr schwer erkrankt war (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 4. Okt. 1895, oben, S. 153, Anm. 29). 3 Max und Marianne Webers Hündin Murx (bzw. Murcks) hatte im Januar Nachwuchs bekommen. Einen kleinen Rüden hatten sie behalten. 4 Die dritte Etage über Max und Marianne Weber bewohnten der Jurist Richard Schmidt, Max Webers Universitätskollege, und seine Frau Tilla Rosalin. Frau Schmidt hatte sich im Januar einer Operation unterziehen müssen, die schwere Komplikationen nach sich zog (Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 28. Jan. 1896, vom 10. Febr. 1896 und vom 15. Juni 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Heinrich und Sophie Rickert. 6 Die Querelen um Alois Riehls Nachfolge (wie Anm. 7) setzten Heinrich Rickert schwer zu. An Emil Lask schrieb er später: „Sie wissen wohl, daß Riehl den Wunsch hatte, mich hier auf seinen Lehrstuhl als Nachfolger zu setzen. Das stieß, wie ich sehr wohl begreife, auf entschiedenen Widerspruch, aber dieser Widerspruch äußerte sich schließlich in einer Weise, die ich nicht ganz begriffen habe, und die mir lange Zeit hindurch in jeder Woche die fatalsten Aufregungen brachte. Meine Arbeit kam unter diesen Verhältnissen nicht vom
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len?7 Gestern war ich mit R. Schmidt8 bei Riehls zusammen zum Abend. Sie ist körperlich wiedera besser, nur merkt man jetzt, wie unglaublich schwer ihr der Gedanke an den Abschied wird.9 Ich mußte bis ½1 da bleiben und wiederzukommen versprechen. Offenbar will sie jede Stunde ausnutzen, welche sie hiesige Freunde noch um sich haben kann. – Eben geht Bertha fort, und macht mich darauf aufmerksam, daß sie den kleinen Murx mitnimmt [,] offenbar damit ich vom Balkon aus mir den Vorfall ansehen kann. – Das ist allerdings äußerst komisch. Sie hat ihn an einerb blauen Leine, und er kläfft sie wütend an, legt sich auf die Erde, galoppiert wie besessen, so daß sie hinterherspringen muß, bis sie ihn endlich losläßt. Dann schleift er die Leine und setzt laut kläffend hinter ihr her. – Aber das Erziehen scheint auch bei ihm schwer. Er sucht sich gefl issentlich die Stube aus, scheint es. Darin ist er wohl erblich belastet. Bertha prügelt ihn übrigens ordentlich. – So viel von hier. – In Berlin verließ ich Clara noch etwas marode und nicht sehr widerstandsfähig. Sie wird gründlich durchmachen müssen bei den körperlichen Schmerzen.10 Ernst11 ist mir gegenüber immer leidlich ausgiebig, ich habe natürlich versucht ihm indirekt mancherlei zu suggerieren über Interessen-Erweiterung u.s.w. Am meisten freute mich doch der gute Stand der Mama. Es wird nun bald Zeit wegen des Sommers und ihres Herkommens zu tribulieren.12 Arthur hat also glückl[ich] sein Examen gemacht und kommt zu den Garde-Pioniea 〈auf〉
b der > einer
Fleck, obwohl ich fast den ganzen Tag am Schreibtisch saß.“ (Brief von Heinrich Rickert an Emil Lask vom 12. Mai 1896, UB Heidelberg, Heid. Hs. 3820, Nl. Emil Lask, Nr. 42). 7 Seit Alois Riehl 1895 zum Sommersemester 1896 einen Ruf nach Kiel erhalten hatte, lief das Verfahren für dessen Nachfolge auf den Freiburger Lehrstuhl für Philosophie. Erst nach erheblichen Konflikten in der Philosophischen Fakultät, in deren Verlauf sich Max Weber vorbehaltlos für Rickert einsetzte, wurde dieser im September 1896 zum ordentlichen Professor für Philosophie ernannt. Im Sommersemester 1896 übernahm er zunächst die Vertretung des vakanten Lehrstuhls. Vgl. dazu die Editorischen Vorbemerkungen zum Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät, Friedrich Kluge, vom 22. Dez. 1895, oben, S. 155–157, sowie zu den Briefen an Heinrich Rickert vom 21. April und 22. Juli 1896, unten, S. 191 und 205. 8 Richard Schmidt. 9 Das Ehepaar Riehl gehörte zum engeren Freiburger Freundeskreis von Max und Marianne Weber. 10 Max Webers Schwester Clara Mommsen erwartete ihr erstes Kind. 11 Ernst Mommsen, Claras Ehemann. 12 Lat. für: plagen, jemanden durch ständiges Bitten quälen.
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ren [.]13 Daß Karl nach Karlsruhe kommt, ist trotz aller Bedenken doch gut, sonst würde Arthur nicht zum ordentlichen Arbeiten kommen und überhaupt in Karls Schnodderei hineinkommen.14 Ist er einmal Offizier, dann wird das Alles anders sein, denn er hat dann seinen festen Kreis von Leuten und von Begriffen, in dem er steht und der „Civilist“ wird ihm dann nicht weiter sonderlich imponieren, zumal wenn Karl noch Student ist, nachdem Arthur schon die Epauletten trägt.15 Daß Du Deinen Papa so wenig gut bei Stande antrafst,16 ist recht trübe. Aber ich glaube auch, es wird nichts zu machen sein. Hoffentlich geht es seinerzeit schnell mit ihm zu Ende, ich wüßte gar nicht, wie er fi nanziell durchkommen sollte bei längermc Siechtum, der arme Kerl! Hoffentlich sieht es bei den Tanten doch heiterer aus als Du dachtest.17 Grüße beide doch recht herzlich. Was mag in Detmold sein?18 Hast Du auch die Absicht zum Kupferhammer zu gehen?19 Kastendycks wirst Du doch einmal aufsuchen müssen, nicht wahr?20 Nun laß Dirs einstweilen gut gehen, auf Wiedersehen kann ich noch nicht sagen, denn bis Ostern muß noch viel Arbeit gethan sein und ich schreibe dieser Tage erst noch einmal. Es küßt Dich herzlichst Dein Mann
c Alternative Lesung: langem 13 Vgl. hierzu den Brief an Marianne Weber vom 16. März 1896, oben, S. 166 mit Anm. 7. 14 Zum Studium Karl Webers in Karlsruhe vgl. den Brief an Marianne Weber vom 16. März 1896, oben, S. 166, Anm. 8. 15 Militärische Redensart für das Erlangen des Offiziersrangs (vgl. Militärische Redensarten und Kunst-Ausdrücke, gesammelt und mit den nothwendigen Erläuterungen, hg. von Gotthold Krebs. – Wien: Verlag von L.W. Seidel & Sohn 1892, S. 32). 16 Bei einem Besuch in Lage hatte Marianne Weber ihren Vater Eduard Schnitger in einem sehr schlechten Gesundheits- und Gemütszustand angetroffen (vgl. ihren Brief an Helene Weber, undat. [28. März 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 17 Flora und Marie Schnitger in Lemgo. 18 In Detmold lebte Marianne Webers Onkel Hans Schnitger mit seiner Frau Wilhelmine. 19 In Kupferhammer (Brackwede bei Bielefeld) lebte die mit dem Maschinen- und Lederfabrikanten Karl Möller verheiratete Hertha Möller, eine Tante Marianne Webers. 20 Anna Castendyk, eine Tochter von Hertha und Karl Möller und ihr Ehemann Hermann.
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Marianne Weber 3. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freiburg i. B. 3a /4 96 Liebes Mariännchen!
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Du hast recht gehabt: Ostern kann ich nicht reisen.1 Aber ich habe aus Deinen Briefen den Eindruck, daß es den Tanten2 sehr wohlthut, wennb Du da bist, deshalb schlage ich Dir vor: bleib einfach bis zum 15ten April, dann hole ich Dich, wir feiern am 17ten den Geburtstag in Oerlinghausen mit.3 Dann könnte ich in Ruhe kommen. Wenn Du lieber jetzt kommst, so schreibe den Tag, ich komme Dir bis Heidelberg entgegen und wir können dann eine Nacht dort bleiben. Schreib |:aber:| dann auch an Onkel Adolf!4 Riehls würdest Du allerdings dann nicht mehr sehen, wenn Du erst nach dem 17ten kämst, 5 und ich müßte für Dich auch bei Buschs, wo wir am 13ten mit taufen sollen, absagen.6 Aber all das ginge ja ganz gut, wenn es auch schade wäre, – ich habe den Eindruck, es könnte Dir am Ende später leid thun, nicht lange genug bei den Tanten geblieben zu sein.7 Natürlich müssen wir ihnen auch pekuniär helfen. a 2>3
b O: wen
1 Noch Ende März hatte Max Weber erwogen, zu Ostern (am ersten Aprilwochenende) nach Westfalen zu fahren, wo sich Marianne zu Familienbesuchen aufhielt. Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 26. März 1896, oben, S. 173. 2 Marie und Flora Schnitger, Marianne Webers Tanten in Lemgo. 3 Am 17. April feierte Carl David Weber, Marianne Webers Großvater und Max Webers Onkel, seinen 72. Geburtstag. 4 Adolf Hausrath, der in der Fallensteinschen Villa in der Ziegelhäuser Landstraße 17 in Heidelberg lebte. Max Weber traf Marianne Weber auf ihrer Rückreise am 9. April in Heidelberg, und sie kehrten am 10. April gemeinsam nach Freiburg zurück. Da Hausrath verreist war, übernachteten sie allerdings bei Emilie und Ernst Wilhelm Benecke (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 14. April 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Alois und Sophie Riehl. Alois Riehl hatte zum Sommersemester 1896 einen Ruf nach Kiel angenommen, weshalb sie Freiburg Mitte April verließen. 6 Das Ehepaar Wilhelm und Else Busch. Der Freiburger Historiker und seine Frau gehörten zum engeren Freiburger Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber. Wie sich aus Max Webers Brief an Helene Weber vom 14. April 1896 (unten, S. 190) ergibt, nahm das Ehepaar Weber an der Taufe doch teil. 7 Wegen einer schweren Erkrankung ihrer Tante Marie im Vorjahr und familiärer Probleme der Schwestern Marie und Flora Schnitger war Marianne Weber seit dem Winter 1895/96
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Gestern war ich mit Riehls bei Rickerts, ihm geht es noch schlecht,8 ich habe ihm gerathen, jetzt nur einen Halbband zu publizieren,9 damit er nicht den ganzen Sommer in gedrückter Stimmung ist. – Jedesmal wieder merkt man, wie schwer Frau Riehl der Abschied wird, sie ist wirklich ganz desperat.10 Vorgestern war ich allein Abends bei Busch, er ist ein guter Kerl und die Frau ist wirklich in ihrer Art eine famose Person mit der Sicherheit, mit der sie auf ihren realistischen Füßen steht.11 Morgen Abend bin ich bei Baumgartens, Else geht es noch immer so merkwürdig gut,12 sie ist förmlich hübscher geworden. Der kleine Bengel ist wirklich reizend.13 Fritz hält Montag 13ten einen Vortrag, den wir leider wohl keinenfalls besuchen werden, (eventuell Busch’s wegen), ich wäre ganz gern einmal höfl ich gewesen und hingegangen.14 Jetzt haben sie natürlich wieder Not mit dem Haus in Straßburg, der Miether hat gekündigt.15 Ach es giebt doch viel Plage in der Welt. Dagegen geht es mir so unverschämt gut.
über den schlechten Gesundheitszustand ihrer Tante Flora sehr in Sorge (vgl. Marianne Webers Briefe an Helene Weber vom [19. und] 20. Nov. 1895, sowie vom 14. April 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Dies war auch der Grund für ihren längeren Besuch bei den Tanten in Lemgo. 8 Heinrich und Sophie Rickert. Zu Heinrich Rickerts Befinden vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. März 1896, oben, S. 178 f. mit Anm. 6. 9 Es handelt sich um Heinrich Rickerts „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“, deren ersten Teil (die ersten drei Kapitel) Rickert tatsächlich noch im Sommersemester 1896 veröffentlichte, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Kluge vom 22. Dez. 1895, oben, S. 156 f. 10 Zu Sophie Riehls Kummer vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. März 1896, oben, S. 179. 11 Vgl. oben, Anm. 6. 12 Anfang März war Fritz und Else Baumgartens zweitjüngster Sohn Fritz (Fritzle) an einer Hirnhautentzündung gestorben (Briefe von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [19. oder 26. Febr. 1896], und vom 12. März 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 13 Otto, der jüngste Sohn von Fritz und Else Baumgarten. Er war im Dezember 1895 geboren. 14 Fritz Baumgarten hielt im Saal der „Harmonie“ einen Vortrag über Albrecht Dürer. Laut Bericht der Freiburger Zeitung (Nr. 85 vom 15. April 1896, S. 2), fand dieser allerdings am 14. April 1896 statt. 15 Das Haus ist die um 1880 gekaufte Baumgartensche Villa in Straßburg. Unmittelbar nach dem Tod ihres Mannes Hermann hatte Ida Baumgarten, Fritz Baumgartens Mutter, das Haus 1893 vermietet und war in eine kleine Wohnung in der Goethestraße 40 gezogen. Sie verbrachte seither mehr Zeit in Stuttgart bei ihren Töchtern Emmy und Anna als in Straßburg (Roth, Familiengeschichte, S. 327).
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Halt den Kopf hoch, mein kleines Mäuschen, damit die Tanten Sonnenschein haben. Herzlichst küßt Dich Dein eiliger Mann. 5
Eilig deshalb, weil ich 1½ Tage mit Correctur meines Vortrags verlor.16 Der Drucker hatte lauter gänzlich sinnlose Buchstabenhaufen gedruckt! Verfluchte Handschrift!
16 Es dürfte sich um Korrekturen zur Druckfassung des Vortrags „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“ (MWG I/6, S. 82–127) handeln, den Max Weber am 13. Januar 1896 an der Universität Freiburg gehalten hatte und der im Mai 1896 in der Zeitschrift „Die Wahrheit“ erschien. Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 24. März 1896, oben, S. 169 (mit Anm. 13).
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Friedrich Naumann 12. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 113 Der Brief steht im Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten Friedrich Naumanns im Vorfeld der Gründung des Nationalsozialen Vereins. Naumann hatte Max Weber offensichtlich bereits vor einiger Zeit den von ihm verfaßten Entwurf zu einem Gründungsaufruf für den Nationalsozialen Verein zugesandt und um Ergänzungen gebeten. Darauf nimmt Weber zunächst Bezug. Darüber hinaus steht der im folgenden edierte Brief im Zusammenhang mit einer Anfrage Naumanns, die Besprechung einer Broschüre zu übernehmen, denn Max Weber unterstützte auch Naumanns journalistische Unternehmungen mit eigenen Beiträgen; so veröffentlichte er in der von Friedrich Naumann herausgegebenen populärwissenschaftlichen „Göttinger Arbeiterbibliothek“ die beiden Bände „Die Börse. I. Zweck und äußere Organisation der Börsen“ (1894; MWG I/5, S. 127–174), sowie „Die Börse. II. Der Börsenverkehr“ (1896; MWG I/5, S. 614–657).
Freiburg iB. Schillerstr.a 22. 12/4 96 Verehrter Herr Pfarrer! Umstehend das mir übersandteb Schreiben, das ich bisher immer wieder vergaß zu schicken.1 Die Getreidehandels-Broschüre kann ich jetzt a O: Schillerst.
b Alternative Lesung: übersendete
1 Beigefügt war der undatierte und nicht unterzeichnete Entwurf eines Gründungsaufrufs für den Nationalsozialen Verein, augenscheinlich verfaßt von Friedrich Naumann, mit handschriftlichen Ergänzungen und Korrekturen Max Webers (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 114). Der Entwurf ist in der gleichen Kanzleischrift abgefaßt wie das von Friedrich Naumann nur eigenhändig unterzeichnete Rundschreiben vom 14. August 1895 (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 22. Sept. 1895, oben, S. 147). Es darf daher als sicher gelten, daß auch der Entwurf des Gründungsaufrufs von Friedrich Naumann stammt und von ihm diktiert wurde. Dafür spricht darüber hinaus die darin enthaltene Anspielung auf den Deutschen Nationalverein von 1859, an dessen Vorbild sich die neu zu gründende Vereinigung orientieren sollte. Auf den Deutschen Nationalverein als Modell hatte Naumann auf der Erfurter Versammlung des engeren Kreises der jüngeren Christlich-Sozialen im Februar 1896 hingewiesen (vgl. Düding, Der Nationalsoziale Verein, S. 42 f.). Sein Entwurf des Gründungsaufrufs trägt am rechten Rand den Vermerk: „Abänderung des Herrn Prof. Sohm in Leipzig:“ und ist mit Marginalien versehen. Diese stammen einerseits wahrscheinlich von dem Mitbegründer des Nationalsozialen Vereins, dem Leipziger Kirchenrechtler und Rechtshistoriker Rudolf Sohm, andererseits eindeutig von Max Weber. Die Änderungen Sohms sind in Bleistift geschrieben, teils auch überschrieben und nicht lesbar. Daher wird der Entwurf im folgenden nur mit den bislang unbekannten Ergänzungen und Korrekturen Max Webers wiedergegeben. Diese werden kursiv gesetzt, Streichungen und sonstige Textänderungen werden nicht berücksichtigt: „Entwurf. Vertraulich. Hochgeehrter Herr! Aus den politischen u. sozialpolitischen Verhandlungen der letzten Jahre scheint sich zu ergeben, daß die bisherigen Parteiformen den Bedürfnissen einer nationalen u. sozialen Politik nicht in jeder Hinsicht
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unmöglich besprechen, 2 habe auch im Seminar Niemand, der dies gut machen würde. Berufen wäre dazu in erster Linie Herr Dr Schumacher 3 Berlin NW, Melanchthonstr. 23 oder eventuell Herr Dr Wiedenfeld4 Berlin, dessen Adresse der Erstgenannte kennt. Wir rechnen darauf, daß Sie, wenn Sie – ich weiß noch nichts Näheres – nunmehr zum Vortrag hier eingeladen werden, 5 bei uns – bescheiden zwar, aber ruhig – wohnen.
genügen. Es fehlt an einer Gruppe, welche den Wunsch breiter Kreise vertritt, die Wahrung und Fortbildung unserer großen nationalen Errungenschaften mit der freiheitlichen Ausgestaltung unserer politischen Institutionen und mit der aufrichtigen Förderung der Emporentwicklung des vierten Standes und zugleich mit der Wahrung der Lebensbedingungen einer zahlreichen und kräftigen ländlichen Bevölkerung zu verbinden, es fehlt an einer politischen Vereinigung, welche, ausgerüstet mit historischer, politischer u. technischer Bildung, die sozialen Wandlungen der Neuzeit als die Grundlage für neue Formen der nationalen Entwicklung auffaßt. Die Unterzeichneten geben sich nun die Ehre, Ihnen vertraulich mitzuteilen, daß die Absicht besteht einen über ganz Deutschland sich erstrekkenden politischen Verein zu gründen, der eintritt für Stärkung der Flotte u. des Landheeres, für eine kräftige und zugleich aufrichtig constitutionelle Leitung des Staatswesens unter Erhaltung des verfassungsmäßigen Reichstagswahlrechtes, für Freiheit jeder Berufsvereinigung der Arbeiter, für Kräftigung unserer Landwirtschaft durch die Mittel des Vereinswesens u. durch deren Kolonisation. Es ist daran gedacht worden, dem Verein den Namen ‚Neuer deutscher Nationalverein’ zu geben. Aber dieser Name sowie alle näheren Bestimmungen sind erst einer weiteren Besprechung von Interessenten zu überlassen. Um eine solche Besprechung zu ermöglichen, fragen wir bei Ihnen an, ob Sie dem Plan im allgemeinsten Sinne Ihre Zustimmung geben u. bereit sein würden, sich an weiteren Schritten irgendwie zu beteiligen. Gefl. Antworten sind an einen der Unterzeichneten erbeten.“ Ob dieses Schreiben später zur Versendung gekommen ist, läßt sich nicht feststellen. Vgl. auch Düding, ebd., der den Aufruf ohne die Randbemerkungen Max Webers wiedergibt. 2 Friedrich Naumann hatte sich offensichtlich an Max Weber mit der Bitte gewandt, eine „Getreidehandelsbroschüre“ zu besprechen, vielleicht für die „Hilfe“. Dort konnte jedoch keine derartige Besprechung, auch von keinem anderen Autor, ermittelt werden. 3 Gemeint ist Hermann Schumacher, der der „kleinen staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ (Donnerstagskreis) in Berlin angehörte (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54, sowie den Brief an Alfred Weber vom 17. Mai 1895, oben, S. 81, Anm. 6). Er veröffentlichte u. a. 1895: Der Getreidehandel in den Vereinigten Staaten von Amerika und seine Organisation, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 65, 1895, S. 361–392, S. 801–822; sowie: Die Getreidebörsen in den Vereinigten Staaten von Amerika, ebd., Band 66, 1896, S. 35–73, S. 161–236. 4 Gemeint ist Kurt Wiedenfeld. 1894 und 1895 erschien von ihm u. a. die Serie: Der deutsche Getreidehandel, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 62, 1894, S. 161–208, S. 360–377, sowie: ebd., Band 64, 1895, S. 337–379, S. 641–670. 5 Max Weber lud Friedrich Naumann wenig später im Auftrag der Evangelisch-sozialen
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Nach Frankfurt kam ich nicht, da meine Frau direkt kam.6 Auf Wiedersehen besten Gruß Max Weber P.S. Dieses skandalhafte Erfurter Blatt „Naumann’scher Richtung“7 dürfen Sie unserer Ansicht nach nicht alsc eins der Ihrigen anerkennen. Es ist ja jammervoll unklar. Namentlich Schulze-Gävernitz8 war ganz wild darauf[.]
c 〈das〉 Vereinigung für Baden zu einem Vortrag nach Freiburg ein. Vgl. den Brief an Friedrich Naumann vom 29. April 1896, unten, S. 193 f., mit Editorischer Vorbemerkung. 6 Auf der Rückfahrt von ihren Verwandten in Lemgo und Lage (Brief an Marianne Weber vom 3. April 1896, oben, S. 181 mit Anm. 4) kam Max Weber seiner Frau mit dem Zug bis Heidelberg entgegen, aber ohne den anscheinend zuvor geplanten Abstecher bei Friedrich Naumann und Martin Rade in Frankfurt a. M. zu unternehmen. Vgl. den Brief an Martin Rade vom 12. April 1896, unten, S. 187. 7 Anspielung auf die kurz zuvor, am 29. März 1896, begründete Christlich-Soziale Volks-Zeitung in Erfurt. Sie ging aus der evangelischen Arbeitervereinsbewegung hervor und verfolgte eine sozial-konservative, ständisch-patriarchalische Sozialpolitik auf christlicher Grundlage (vgl. den „Aufruf an den Leser“, in: Christlich-Soziale Volks-Zeitung, Nr. 1 vom 29. März 1896). Max Weber bezieht sich hier konkret auf den Artikel „Kingsley, der erste christlich-soziale Geistliche“, in dem es heißt: „So ist England auch die Heimat des christlich-sozialen Geistes, und der erste und bedeutendste Vertreter dieser Richtung war unter den Geistlichen Charles Kingsley, das englische Vorbild unseres Pfarrers Naumann.“ (Ebd., Nr. 3 vom 11. April 1896). Nach der Gründung des Nationalsozialen Vereins im November 1896 erfolgte eine Umbenennung in National-Soziale Volks-Zeitung („An unsere Leser“, in: National-Soziale Volks-Zeitung, Nr. 37 vom 5. Dez. 1896). Die Zeitung ist bibliographisch nicht ermittelbar; im Nachlaß Friedrich Naumanns (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 36) befinden sich jedoch Exemplare des 1. und 2. Jahrgangs, nach denen hier zitiert wird. Offensichtlich hat sie danach ihr Erscheinen eingestellt. 8 Gerhart von Schulze-Gaevernitz.
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Martin Rade 12. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Marburg, Ms. 839, Nl. Martin Rade Der Brief steht im Zusammenhang mit der Unterstützung von Friedrich Naumanns publizistischen Ambitionen. Max Weber war wie der Frankfurter Pfarrer Martin Rade, der Herausgeber der „Christlichen Welt“ und Schwager Naumanns, Mitglied des Komitees zur Vorbereitung der Gründung einer unabhängigen Tageszeitung, der späteren national-sozialen „Die Zeit“. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 22. September 1895, oben, S. 147.
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Meine Frau kam direkt hierher,1 ich reiste ihr bis Heidelberg entgegen, kam aber nicht nach Frankfurt, sonst hätten wir Sie sicher aufgesucht. – Was ist denn passiert? wobei ich Sie nicht im Stich lassen soll? Soll in der Zeitungsangelegenheit etwas unternommen werden? Oder was ist sonst? Beste Empfehlungen und Gruß Ihr Max Weber
a O: Schillerst. 1 Vgl. den Brief an Friedrich Naumann vom 12. April 1896, oben, S. 186, Anm. 6.
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Helene Weber 14. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 171–172
Freiburg 14/4 96. Liebe Mutter! Nur in Eile einen Geburtstagsgruß.1 Du weißt ja, daß wir heute an Dich denken und hoffen, daß es im kommenden Jahr mit Deinem Befi nden weiter aufwärts geht.2 Wir hoffen aber auch bestimmt, daß es uns schon im Sommer ein Wiedersehen bringt und zwar – das ist doch das Natürlichere – hier zu Lande, 3 wo es eben, nachdem die Sonne endlich zu siegen scheint, schön zu werden beginnt. Hoffentlich ist das Fäßchen Wein, welches ich zu der morgigen Geburtstagsbowle schickte, richtig angekommen. (Der Wein ist – ausgenommen etwa den letzten Rest – nicht auf Flaschen zu ziehen, er kann getrost allmälig getrunken werden, ¼ Jahr lang hält er sich im |:kühlen:| Keller ohne Weiteres. Hoffentlich hat sein Geschmack durch die Fahrt nicht gelitten. Aber gut ist es, wenn Ihr ihn, nachdem er sich einige Tage etwa geklärt hat, gleich trinkt, er wird nicht bessera u. ist überhaupt mehr Merkwürdigkeit, seiner Süße und Schwere halber |:1792 und 1865 soll er ähnlich gewesen sein.:|.) – Tante Ida und Emmy sind hier,4 wir hoffen sie nachher hier zu sehen. Emmy ist so merkwürdig wohl und lebendig, dem Eindruck nach, daß ich begreife, daß Dora5 unglücklich ist, daß sie nun wieder als selbstverständlich krank behandelt wird und ins Ottilienhaus soll.6 Aber man kann da nicht hineinreden, die Sache ist zu coma 〈)〉 1 Der 15. April war Helene Webers Geburtstag. 2 Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden. 3 Der Sommerbesuch 1896 in Freiburg fand zwischen Anfang Juli und Mitte August statt (vgl. Marianne Webers Briefe an Helene Weber vom 24. Juni 1896, sowie undat. [23. Aug. 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Ida und Emmy Baumgarten. 5 Dora Benecke, eine Cousine Max Webers und Emmy Baumgartens. 6 Die chronisch nervenleidende Emmy Baumgarten lebte immer wieder im Stuttgarter Ottilienhaus, einer von Adelheid Wildermuth geleiteten und von deren Bruder, Dr. Hermann Adalbert Wildermuth, ärztlich betreuten Privatklinik für Nervenkranke. Im Herbst 1895 hatte Marianne Weber der Schwiegermutter über ein Gespräch mit Ida Baumgarten berichtet, in dem letztere äußerte, seit vier Jahren keine wesentliche Besserung bei ihrer Tochter Emmy feststellen zu können. Emmy selbst, so Marianne Weber, fühle sich „kraftlos u.
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pliciert und Tante Ida kommt von ihrer Meinung und inneren Angst nicht los, wenn sie sie nun bei sich behielte. Auch hat eben Emmy wohl keinen Drang ins Leben hinaus. Marianne ist, trotz allen Trostlosigkeiten in Lage und Lemgo,7 ganz wohl heimgekehrt, äußerlich durch ihre Frisur sehr verändert. – Ob wohl das Bild auf der Ausstellung angenommen ist?8 Es wird ihr nun freilich |:auf den ersten Blick:| nicht mehrb ähnlich sein. Für Alfreds Brief danke ich schön. Meine Skripten hat mir Clara neulich geschickt. Dagegen hat sie 3–4 Hemden behalten, die ich Johanne9 zu schicken bat. Ernst10 passen sie glaube ich doch kaum, – könnte sie siec wohl gelegentlich unfrankiert hierher befördern? Eben kommt das Essen. Nachher muß ich in die Stadt; heut abend
b Alternative Lesung: recht
c Alternative Lesung: die
‚stumpfsinnig‘“; sie quäle sich mit jeder Kleinigkeit (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 5. Nov. 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Nach einer Phase der Besserung im Frühjahr 1896 ging es Emmy Baumgarten wieder so schlecht, daß sie früher als vorgesehen ins Ottilienhaus zurückkehrte (Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 14. April 1896, sowie undat. [22. Mai 1896], ebd.). 7 Zum Besuch Marianne Webers bei ihrem Vater in Lage sowie bei ihren Tanten Marie und Flora Schnitger in Lemgo vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 30. März 1896, oben, S. 180 (mit Anm. 16), sowie vom 3. April 1896, oben, S. 181 (mit Anm. 7). 8 Während des Freiburger Aufenthalts von Marie Davids an Weihnachten 1895 hatte Marianne Weber der Malerin Modell gesessen (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 4. Okt. 1895, oben, S. 150 (mit Anm. 1)). Das bei einem weiteren Besuch im März 1896 fertiggestellte Bild wurde nach einer ersten Ablehnung im April schließlich doch für die Internationale Kunst-Ausstellung angenommen (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 12. März und vom 24. April 1896, sowie undat. [Anfang Mai 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), die vom 3. Mai bis 30. September 1896 im Alten Museum auf der Berliner Museumsinsel stattfand. Das Gemälde „Bildniss der Frau Professor W.“ war das einzige ausgestellte Bild der Malerin auf der am 3. Mai 1896 in Anwesenheit des Kaiserpaares eröffneten Ausstellung (vgl. Internationale Kunst-Ausstellung Berlin 1896. Zur Feier des 200jährigen Bestehens der Königlichen Akademie der Künste. Katalog, 2. Aufl. – Berlin: Verlag von Rud. Schuster o.J. [1896], S. 27). Heute befindet es sich als Besitz des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg im Heidelberger Max Weber-Haus; Abbildung bei: Meurer, Bärbel, Marianne Weber. Leben und Werk. – Tübingen: Mohr Siebeck 2010, S. 611, Abb. 10 (hinfort: Meurer, Marianne Weber). 9 Vermutlich das Dienstmädchen von Clara und Ernst Mommsen. 10 Ernst Mommsen, Claras Ehemann.
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14. April 1896
kommt Sering,11 der mit uns gestern bei seinem Schwager taufte,12 zu uns mit der Absicht [,] eine umfassende Disputation zu beginnen [.]13 Deshalb leb wohl, herzlichste Grüße und Wünsche Max
11 Max Sering. 12 Serings Schwager war der mit Max und Marianne Weber gut bekannte Freiburger Historiker Wilhelm Busch; Max Serings Frau Anna war Buschs Schwester. Die Taufe bei Buschs fand am 13. April 1896 statt (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. April 1896, oben, S. 181). 13 Wie Marianne Weber in ihrem Brief an Helene Weber vom gleichen Tag (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) mitteilte, kam Sering zusammen mit dem Ehepaar Wilhelm und Else Busch zum Abendessen. Zum Inhalt der angekündigten umfassenden „Disputation“ vgl. den Brief an Helene Weber vom 2. Mai 1896, unten, S. 197 mit Anm. 12.
21. April 1896
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Heinrich Rickert [21. April 1896; Freiburg i. Br.] Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 5 Die Datierung ist aus der Erwähnung des Fakultätsbeschlusses, daß Heinrich Rickert mit der Vertretung des vakant gewordenen Lehrstuhls für Philosophie an der Universität Freiburg i. Br. betraut werden solle, erschlossen (vgl. dazu sowie zur Berufung Heinrich Rickerts auf den Freiburger Lehrstuhl für Philosophie als Nachfolger von Alois Riehl die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg i. Br., Friedrich Kluge, vom 22. Dezember 1895, oben, S. 155–157). Der Ort ist aus dem Kontext erschlossen. Auf der ersten Fakultätssitzung im SS 1896 am 21. April 1896 wurde der Entschluß gefaßt, Heinrich Rickert als Vertreter und provisorischen Verwalter des Lehrstuhls und des philosophischen Seminars einzusetzen. Der Dekan teilte dem Ministerium diesen Entschluß am 1. Mai 1896 mit; die ministerielle Genehmigung erfolgte am 13. Mai 1896 (UA Freiburg i. Br., B 38/283).
Lieber Rickert!
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1. Es kam heut in der Fakultät zur Sprache,1 was mit dem Philos[ophischen] Seminar werden solle. Man fragte, wo der Schlüssel desselben sich befi nde. Ich sagte, daß Sie bereits im Gespräch mit mir angeregt hätten, ob nicht die Fakultät Bestimmung darüber treffen solle, da Sie Sich nicht recht wohl im Besitz des Schlüssels fühlten. Man beschloß, die Regierung zu ersuchen, Sie vorerst mit der Leitung des Sem[inars] zu beauftragen und gleichzeitig auf Besetzung der Stelle zu dringen. 2. Wollen wir morgen (Mittwoch) 2 Abend auf den Leimstollen?3 Ev. holen Sie uns doch bitte gegen Abend ab! Besten Gruß Max Weber
1 Protokoll der Sitzung der Philosophischen Fakultät am 21. April 1896, UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 53. Das Protokoll vermerkt keine Wortmeldung Max Webers. 2 Mittwoch, den 22. April 1896. 3 Der „Leimstollen zu Leutersberg“ war ein beliebtes Ausflugslokal, am Eingang des Markgräflerlandes südwestlich von Freiburg gelegen. Max Weber kehrte dort im Sommer regelmäßig mit Freunden und Kollegen ein, am 22. April 1896 zur „Nachfeier“ seines Geburtstags (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 24. April 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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22. April 1896
Friedrich Naumann 22. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 5 Der Brief steht im Zusammenhang mit dem siebenten Evangelisch-sozialen Kongreß, der am 28. und 29. Mai 1896 in Stuttgart stattfand. Als Ausschußmitglied des Evangelisch-sozialen Kongresses und der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden engagierte sich Max Weber für das Gelingen des Kongresses und forderte Friedrich Naumann, den Exponenten der sogenannten jüngeren Christlich-Sozialen, zur Teilnahme auf.
Freiburg 22. IV. 96 Verehrter Herr Pfarrer! Gestern hörte ich von Vikar Schulz1 als Gerücht, |:welches in Berlin allseitig geglaubt werde,a :| daß es von Ihnen und Ihren Freunden beabsichtigt werde, nicht zum Ev[angelisch-]Soz[ialen] Congresse zu kommen? Das ist doch hoffentlich nicht richtig? Es wäre ja unter allen Umständen ein unverzeihlicher Fehler. Hoffentlich fordern Sie doch in der „Hilfe“ noch ausdrücklich zum Kommen auf! 2 Herzlichen Gruß Ihr Max Weber.
a Alternative Lesung: wurde, 1 Es handelt sich um den Freiburger Stadtvikar Wilhelm Valentin Schulz, der gemeinsam mit Max Weber und Paul Siebeck Vorträge für die Evangelisch-soziale Vereinigung für Baden organisierte. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 29. April 1896, unten, S. 193. 2 Dieser Bitte leistete Friedrich Naumann Folge. Am 10. Mai 1896 erschien in der „Hilfe“ über der Anzeige „Programm des VII. Evangel[isch]-soz[ialen] Kongresses“ im „Briefkasten“ die Notiz Naumanns: „Verschiedentlich werde ich gefragt, ob ich auch bestimmt zum Kongreß nach Stuttgart kommen werde. Ich komme sowohl zur Hauptversammlung der Evangelischen Arbeitervereine wie zum Kongreß und bitte alle Freunde, recht zahlreich beide Versammlungen zu besuchen.“ (Die Hilfe, Nr. 19 vom 10. Mai 1896, S. 7). Eine Woche später erschien die Einladung des Stuttgarter Lokalkomitees „Siebenter evangelisch-sozialer Kongreß in Stuttgart“ (ebd., Nr. 20 vom 17. Mai 1896, S. 7), die auch von Max Weber seitens der Evangelisch-sozialen Vereinigung Badens unterzeichnet war. Vgl. den Editorischen Bericht zu Max Webers Diskussionsbeitrag auf dem siebenten Evangelisch-sozialen Kongreß: Weber, Max, [Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Hans Delbrück: Die Arbeitslosigkeit und das Recht auf Arbeit], MWG I/4, S. 606 f.
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29. April 1896
Friedrich Naumann 29. April 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 119–120 Bereits am 12. April 1896 hatte Max Weber Friedrich Naumann die Einladung zu einem Vortrag in Aussicht gestellt (oben, S. 185). Die Einladung sollte im Auftrag der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden erfolgen, die am 7. Juni 1894 gegründet worden war (Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, Nr. 3 von März 1895, S. 5). Zu den Mitgliedern der Vereinigung zählten neben Max Weber u. a. auch sein Fachkollege Gerhart von Schulze-Gaevernitz sowie der damals noch in Freiburg ansässige Verleger Paul Siebeck. Anläßlich einer Zusammenkunft der Evangelisch-sozialen Vereinigung in Freiburg im Februar 1896 wurde beschlossen, „in den größeren Städten unseres Landes Vorträge zu veranstalten, durch welche über die Grenzen der Arbeiterwelt hinaus in weiteren Kreisen Verständniß und Interesse für die evangelisch-soziale Bewegung und ihre Ziele erweckt werden soll.“ (Freiburger Zeitung, Nr. 48 vom 27. Februar 1896, 2. Bl., S. 2). Geplant wurde die Einladung dreier Vortragender; der Prominenteste unter ihnen war Friedrich Naumann. Der Freiburger Stadtvikar Wilhelm Valentin Schulz, Paul Siebeck und Max Weber wurden „mit der Ausführung der besprochenen Pläne“ beauftragt. In diesem Zusammenhang wandte sich Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief an Friedrich Naumann. Wie aus dem Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 14. Mai 1896, unten, S. 200, hervorgeht, schlug Friedrich Naumann die Einladung jedoch aus.
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 29. IV. 96. Verehrter Herr Pfarrer!
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Im Auftrage der Evangelisch-Sozialen Vereinigung habe ich Sie einzuladen, hier in der Zeit vor dem Evangelisch-Sozialen Congreß,1 aber Spätestens um den 18 [.] –19 [.] Mai, besser etwas vorher, einen öffentlichen Abend-Vortrag, für den wir vorzugsweise auf Beteiligung gebildeten Publikums rechnen, zu halten. Bezüglich des Themas bitten wir Sie, Ihrerseits Sich zu entschließen. Die Wünsche, welche im Schooße der Vereinigung laut wurden, gingen nach zwei Richtungen: einerseits wurde gewünscht, Sie möchten die „Pfl ichten der Gebildeten gegenüber den unteren Klassen“ in den Mittelpunkt richten, andrerseits, und zwar von der Mehrheit einschließlich meiner, Sie möchten Sich keinesfalls an rein ethische Erörterungen binden, sondern auch gewisse Grundzüge programmatischen Charakters erkennen lassenb z. B. meinem allgemeinen Empfi nden nach a O: Schillerst.
b In O folgt sich öffnende, gestrichene Klammer.
1 Der Evangelisch-soziale Kongreß fand am 28./29. Mai 1896 statt (vgl. den Brief an Friedrich Naumann vom 22. April 1896, oben, S. 192).
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29. April 1896
|:etwa:| demc Gegensatz gegen den ökonomischen Patriarchalismus deutlichen Ausdruck verleihen, was unter der Firma „Pfl ichten der Gebildeten etc“ oder einer ähnlichen wohl nicht ausgeschlossen wäre. Bitte urteilen Sie selbst, was Ihnen z.Z. liegt1), uns kommt es auf einen auf das gebildete Publikum kräftig wirkenden Vortrag an, der hier kein gleichgültiges Ereignis sein würde, schon mit Rücksicht aufd den Diaspora-Charakter des hiesigen Protestantismus. – Ich bitte Sie um Mitteilung des Ihnen geeignet erscheinenden Themas und des Ihnen passenden Abends, wir werden dann alsbald ein Lokal beschaffen und darnach die Auswahl unter den von Ihnen vorzuschlagenden Tagen treffen. Deshalb wäre ich Ihnen auch für recht umgehende Erledigung sehr dankbar. Vor Ende nächster Woche wäre es wohl kaum möglich für uns ein Lokal zu fi nden – äußerstenfalls vielleicht. Ich nehme als selbstredend an, daß Sie bei uns wohnen und wir würden uns herzlich freuen, wenn Sie Ihre Zeit nicht zu kurz bemessen würden; man könnte dann noch über Manches reden. Herzlichen Gruß Ihr stets ergebener Max Weber
1)
Etwa auch ein ganz allgemeines Thema über die Ev[angelisch-] Soz[iale] Bewegung, oder über die Unterschiede gg. die Soz[ial-]Demokratie. – Wie Sie wollen [.]
c O: den
d 〈die〉
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2. Mai 1896
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Helene Weber 2. Mai 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 173–174
Freiburg 2. V. 96 Liebe Mutter!
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Ich muß mich im Drange des wieder begonnenen Semesters mit einem verspäteten und auch recht kurzen Dank für Papas und Deinen Brief und die ausgezeichneten Würste begnügen.1 Wäre das Frühjahr etwas schöner, – es ist thatsächlich bisher gradezu jammervoll, die Berge ganz braun noch am 2. Mai – so hätten wir wohl wieder eine größere Partie wie voriges Jahr unternommen, so blieb nichts übrig, als das schlechte Wetter zum Arbeiten zu benutzen, was auch endlich geschehen ist. Alles Weibliche bei uns rechnet Schweine, Rinder, Juden, Polen, Kinder, Wiesen, Flächengrößen etc etc. aus und erspart uns dadurch ein schönes Geld – denn das Rechnenlassen, zu dem ich jetzt doch, da ich es nicht mehr selbst durchführen kann, greifen muß, kostet Hunderte von Mark, selbst wenn ich Studenten engagiere.2 Alfred werde ich baldigst schreiben und dann noch persönlich für seinen Liebes-
1 Briefe und Geschenke hatte Max Weber wohl zu seinem Geburtstag am 21. April erhalten. Offizieller Beginn des Sommersemesters war der 15. April 1896 (Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1896). 2 Seit 1894/95 arbeitete Max Weber an einer agrarstatistischen Studie, mit der er den Nachweis führen wollte, daß die Großgüterwirtschaft im Osten Deutschlands zu Entvölkerung, die bäuerliche Wirtschaft im Westen Deutschlands dagegen zu Bevölkerungsstabilität führe (vgl. ausführlich dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35 f.). Belegen wollte er damit zugleich einen Verdrängungsprozeß nationaler Reichweite von deutschen (zumeist protestantischen) durch polnische (zumeist katholische) Landarbeiter und Bauern. In diesem Zusammenhang zählte er auch die Konfessionen. Zudem bemühte er sich um die Auswertung der Fragebogen der 1892 von ihm gemeinsam mit Paul Göhre initiierten Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses. Durch Webers Berufung nach Freiburg gerieten diese agrarstatistischen Arbeiten ins Stocken (vgl. die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 28. Jan. 1895, vom 9. [10. und 11.] März 1895, undat. [1. Juni 1895], sowie vom 23. [Juni] 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Für die Zeit von April bis Oktober 1896 ist mehrfach dokumentiert, daß Weber die mit erheblichem Rechenaufwand verbundenen Studien voranzutreiben suchte. Neben Marianne Weber (und phasenweise Max Weber selbst) rechneten ab April zunächst eine, im Mai drei bezahlte studentische Hilfskräfte; des weiteren auch der im vorliegenden Brief erwähnte Besuch Marianne Webers – Fräulein Welsch (Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 24. April 1896, undat. [Anfang Mai 1896], undat. [24. Aug. 1896], vom 2. Sept. 1896 sowie vom 13. Okt. und 27. Okt. 1896, alle Briefe ebd.).
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2. Mai 1896
dienst danken, 3 ebenso für die Zusendung seiner Recension.4 Ich revengiere mich nächster Tage mit einem kleinen Aufsatz.5 – Ich spüre in meinem Kopf noch jetzt die Nachwirkungen von Schottland,6 das Arbeiten geht besser als seit Jahren, vielleicht auch weil icha wöchentlich 2 Mal den Schloßberg hinaufrase, in 10 Minuten, so daß ich oben zuerst immer denke mir platzte die Brust – es bringt das Blut in Bewegung und ist ganz gut. Das Semester geht gut an und ich habe weniger mit Collegien zu thun als bisher. –7 Marianne hat sich doch schrecklich gefreut, daß Frl. Davids’ Bild angenommen ist,8 diese selbst schrieb einen Brief, aus dem man den Eindruck hatte, daß sie wieder Bodenb vor sich sieht.9 – Der jetzige Besuch, den Marianne in ihre „Seelenklinik“, wie Baist sich ausdrückt,10 genommen hat, ist etwas complicierterer Art und hat seine eigne Methode, sich den Schmerz zu „verbeißen“. Ein interessantes und sehr begabtes, nur jetzt tief disharmonisches Mädchen, das Gegenteil von sentimental und doch furchtbar mitgenommen von der Schlappheit dieses Mannes.11 Viel kann man nicht thun, namentlich nicht jetzt a 〈täglich〉
b Alternative Lesung: Bahn
3 Der Sachverhalt ließ sich nicht klären. Ein Brief an Alfred Weber ist für diese Zeit nicht überliefert. 4 Zeitnah erschien Alfred Webers Rezension zu: Gabriel J. Rosenberg, Die Arbeiterschutzgesetzgebung in Rußland. – Leipzig: Duncker & Humblot 1895, in: SchmJb, Jg. 20, 1896, Heft 2, S. 669 f. 5 Im Mai 1896 erschien Max Webers Artikel „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“ (MWG I/6, S. 82–127). 6 Zur als erholsam empfundenen Reise nach Schottland und Irland im August und September 1895 vgl. Max Webers Reisebriefe, oben, S. 95–146. 7 Im Sommersemester 1896 unterrichtete Max Weber erstmals in seiner Freiburger Zeit weniger als 12 Semesterwochenstunden. Vgl. „Übersicht über die Lehrveranstaltungen Max Webers in Freiburg von 1894–1897“, MWG III/1, S. 54–57. 8 Zur Ausstellung des von Marie Davids gemalten Portraits Marianne Webers auf der Internationalen Kunst-Ausstellung Berlin 1896 vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. April 1896, oben, S. 189 (mit Anm. 8). 9 Zu Marie Davids’ privaten Problemen vgl. den Brief an Marianne Weber vom 4. Okt. 1895, oben, S. 150 (mit Anm. 2 und 3). 10 Der Romanist Gottfried Baist gehörte in Freiburg zum engeren Bekanntenkreis Max und Marianne Webers. 11 Wie sich aus dem Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 24. April 1896 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) ergibt, handelt es sich um den Besuch von Fräulein Welsch (vgl. Anm. 2). Sie litt an Liebeskummer und blieb mehrere Wochen in Freiburg. Aus einem späteren Brief der Mutter, Marie-Renée Welsch, an Marianne Weber geht hervor, daß ihr Rufname Ada war und ihr Aufenthalt im Hause Weber „zum besten ihres kurzen u. durch viele Bedrängnisse erschütterten Lebens“ zählte (Brief
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2. Mai 1896
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versuchen sie in irgend ein Fahrwasser zu dirigieren, das wäre viel zu früh. Ich denke doch, sie nimmt ihre Studien schließlich wieder auf. Mit Sering, der neulich hier war, habe ich mich – in aller Freundschaft – gründlich gezankt. Es ist nachgerade Zeit, gegen die „conservative Phrase“, die jetzt an Stelle der früher so verlästerten „liberalen Phrase“ wuchert und jene an Widerwärtigkeit übertrifft, loszulegen.12 Ich werde wohl in absehbarer Zeit zu einem dicken Buch kommen.13 Freilich mit Th. Barth kann ich nicht.14 Er wollte neulich einen Aufsatz und als ich ihm ein Thema vorschlug, erbat er sich vorher „Angabe der Ergebnisse“. Diese hätten ihm nun wahrscheinlich in den Kram gepaßt, aber ich dankte doch. –15 Clarac danke ich nächstens noch direkt für ihren schönen Kuchen.16 Er stach – aber dies unter uns! – Mariannes eigentümliches Produkt, ich gestehe es, aus. Herzlichste Grüße an Papa, Alfred und alle Dein getreuer Sohn Max
c 〈[??]〉 von Marie-Renée Welsch an Marianne Weber vom 16. Aug. 1930, Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Weiteres ließ sich nicht ermitteln. 12 Max Sering, der Berliner Nationalökonom und Agrarpolitiker, war gut zwei Wochen zuvor zusammen mit dem Ehepaar Busch bei Max und Marianne Weber zu einem Abendessen (vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. April 1896, oben, S. 189 f., sowie den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom gleichen Tag, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Über den Disput Max Webers mit Sering berichtete Marianne Weber später in einem Brief an Helene Weber (undat. [5. Mai 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „A propos Sehring [!]: der Disput war riesig heftig, Max hat aber nur aus politischen Gründen den Nutzen des Großkapitalismus im Vergleich mit dem des Großgrundbesitzes u. Feudalismus hervorgehoben.“ 13 Vgl. dazu oben, Anm. 2. 14 Der freisinnige Politiker Theodor Barth, Herausgeber der führenden linksliberalen Wochenschrift „Die Nation“. 15 Eine Korrespondenz Max Webers mit Theodor Barth ist nicht überliefert. 16 Ein Brief an Clara Mommsen ist aus diesem Zeitraum nicht überliefert.
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9. Mai 1896
Friedrich Kluge 9. Mai 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Freiburg i. Br., B 110/409 Der Brief befindet sich auf der Rückseite des Schreibens des Akademischen Direktoriums an die Philosophische Fakultät der Universität Freiburg i. Br. vom 3. Mai 1896 (ebd.). Er steht in Zusammenhang mit der Bildung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. Die Initiative dazu war von Max Weber ausgegangen, der im Einvernehmen mit der Juristischen Fakultät am 25. Juni 1895 einen Antrag bei der Philosophischen Fakultät auf Herauslösung der staatswissenschaftlichen Fächer und Zusammenführung mit der Juristischen Fakultät gestellt hatte. Die Philosophische Fakultät stimmte seinem Antrag am 28. Juni 1895 zu (UA Freiburg i. Br., B 3/795, Philosophische Fakultät, Sitzungen der Gesamtfakultät, 1894–1911 (Protokollbuch), S. 32–33; MWG I/13). Das Ministerium genehmigte die Neugründung am 26. April 1896 prinzipiell, ließ jedoch den definitiven Termin offen (Schreiben des Ministeriums an den Senat vom 30. April 1896, in: UA Freiburg i. Br., B 110/409). Das Akademische Direktorium forderte daraufhin die Philosophische Fakultät zur Äußerung auf. Der Dekan, Friedrich Kluge, reichte seinerseits diese Aufforderung an Max Weber „zur Kenntnisnahme“ und mit der Bitte weiter, „etwaige anträge für die nächste sitzung vorzubereiten, die vermutlich dienstag den 19. Mai stattfinden wird“ (Vermerk auf dem Schreiben des Akademischen Direktoriums an die Philosophische Fakultät vom 3. Mai 1896, in: UA Freiburg i. Br., B 110/409). Vor diesem Hintergrund suchte Max Weber, mit dem im folgenden angekündigten Antrag bei der Philosophischen Fakultät die Entscheidung für den Termin des Zusammenschlusses zu beschleunigen. Dies war nicht zuletzt im Hinblick auf das zu erstellende Vorlesungsverzeichnis wichtig. Sein Antrag auf eine zügige Zusammenführung wurde auf der Sitzung der Philosophischen Fakultät vom 19. Mai 1896 verhandelt und positiv beschieden: „bezüglich einer zu errichtenden rechts- und staatswissenschaftlichen facultät wird beschlossen[:] die fakultät hege keine bedenken gegen die unverzügliche übernahme der staatswissenschaftl[ichen] fächer in die zu errichtende fakultät“ (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 55). Die neue Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät wurde daraufhin wenig später, am 1. Juni 1896, gegründet (Schreiben des Ministeriums an den Senat vom 28. Mai 1896, in: UA Freiburg i. Br., B 110/409; vgl. auch: Mommsen, Einleitung, in: MWG III/1, S. 13 f.). Im Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester 1896/97 wurden die von Max Weber und Gerhart von Schulze-Gaevernitz vertretenen volkswirtschaftlichen Fächer von nun an nicht mehr in der Philosophischen Fakultät unter vielen anderen angeboten, sondern im Rahmen der neugegründeten Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät prominent als Abteilung „B. Volkswirtschaftliche Fächer“ hinter Abteilung „A. Juristische Fächer“ verzeichnet (vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1896/97, S. 5).
Dem Herrn Dekan zurückgereicht nach Kenntnisnahme1 mit dem ergebensten Bemerken, daß ich beantragen werde, 1 Dies bezieht sich auf das Schreiben des Akademischen Direktoriums an die Philosophische Fakultät vom 3. Mai 1896 mit der handschriftlichen Notiz und Aufforderung Friedrich Kluges an Max Weber, „etwaige anträge“ vorzubereiten.
9. Mai 1896
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die Fakultät wolle sich für die unverzügliche Vornahme der Vereinigung aussprechen, jedenfalls aber dafür, daß falls dieselbe erst für das Wintersemester zu ermöglichen sein sollte, dennoch schon vor der Feststellung des Vorlesungsverzeichnisses der betreffende Entscheid getroffen und publiciert werde. Hochachtungsvoll ergebenst Freiburg. 9. V. 96 Professor Max Weber
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14. Mai 1896
Paul Siebeck 14. Mai 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber hatte Friedrich Naumann im Namen der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden nach Freiburg zu einem Vortrag eingeladen. Paul Siebeck war ebenfalls Mitglied der Vereinigung und gehörte zusammen mit Max Weber der Gruppe an, die die Einladungen aussprechen sollte. Vgl. dazu den Brief an Friedrich Naumann vom 29. April 1896, oben, S. 193 f.
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 14. V. 96. Sehr geehrter Herr Siebeck! Naumann hat abgesagt, seines Befi ndens halber, vor Pfi ngsten zu kommen.1 Ob wir ihn nun im Sommer haben wollen, müssen wir s.Z. überlegen. Ev. müssen wir nach dem Congreß einmal deshalb zusammenkommen, am besten |:kann wohl:|b bei Gelegenheit des vertrackten „Vortrags“-Abends darüber gesprochen werden. Mit bester Empfehlung Ihr sehr ergebenster Max Weber
a O: Schillerst.
b [erst] > kann wohl
1 Pfingstsonntag fiel auf den 24. Mai 1896; der siebente Evangelisch-soziale Kongreß fand am 28. und 29. Mai 1896 in Stuttgart statt. Max Weber hatte bei seiner Einladung vom 29. April 1896, oben, S. 193, Wert darauf gelegt, daß Friedrich Naumann vor dem anstehenden Evangelisch-sozialen Kongreß komme. Die näheren Umstände, unter denen Naumann absagte, sind nicht bekannt.
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6. Juli 1896
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Georg Jellinek 6. Juli 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31 Der folgende Brief steht im Zusammenhang mit der Nachfolge Wilhelm Jakob Behaghels, der am 18. Mai 1896 verstorben war und dessen Lehrstuhl für französisches und badisches Zivil- und Prozeßrecht neu besetzt werden mußte. Behaghel hatte seit 1861 als ordentlicher Professor in Freiburg i. Br. gelehrt. Keiner der im folgenden von Max Weber Genannten wurde berufen, vielmehr wurde der Lehrstuhl im WS 1896/97 durch Rudolf Merkel, der 1892 in Straßburg promoviert worden war und sich im August 1896 in Freiburg habilitierte, zunächst vertreten; Merkel wurde dann am 20. Februar 1897 zum etatmäßigen a.o. Professor und am 5. Februar 1899 zum Ordinarius ernannt. Er lehrte französisches Zivilrecht und badisches Landrecht, Zivilprozeßrecht und deutsches Zivilrecht (BGB) in Freiburg bis 1935 (vgl. Zeiler, Frank, Merkel, Rudolf, in: Biographische Skizzen zum Lehrkörper der Freiburger Rechtsfakultät in den Jahren 1860– 1918, 2008, S. 73, http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5871/pdf/Biographische_ Skizzen.pdf (11. April 2013)).
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 6. VII. 96 Sehr geehrter Herr College!
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Ich wäre Ihnen zu Dank verpfl ichtet, wenn Sie mir in aller Kürze Ihr Urteil über die beiden an Ihrer Universität französisches Recht dozierenden Herren – Barazetti1 und Seng2 – lediglich für meine persönliche Information, also vertraulich, mitteilen könnten. Ich beabsichtige mich zwar nicht allzu intensiv in die Frage der Besetzung der Stelle Behaghel’s einzumischen, wüßte aber doch gern für meine eigne Abstimmung, 3 was von ihnen zu halten ist, sofern sie in Frage kommen sollten, a O: Schillerst. 1 Es handelt sich um (August) Caesar (Joseph) Barazetti, der seit 1889 in Heidelberg als a.o. Professor mit den Schwerpunkten französisches Zivilrecht und badisches Landrecht lehrte. 2 Gemeint ist Alfred Seng, der zwischen 1891 und 1907 in Heidelberg ebenfalls als a.o. Professor vornehmlich französisches Zivilrecht und badisches Landrecht unterrichtete. 3 In der bevorstehenden Fakultätssitzung vom 8. Juli 1896 wurde keine Berufungsliste verabschiedet. Vielmehr wurde Gustav Rümelin, der zugleich Vertreter der Universität in der Ersten Badischen Kammer war, damit beauftragt, beim Ministerium die Vertretung des vakanten Lehrstuhls durch den kurz vor der Habilitation stehenden Rudolf Merkel zu erwirken (Sitzungsprotokoll, in: UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 156, sowie Aufzeichnungen des Dekans Richard Schmidt vom 8. Juli 1896, in: ebd., B 110/405, Bl. 139). Auf Rümelins Initiative ging auch die spätere Ernennung Merkels zum etatmäßigen a.o. Professor in der Nachfolge Behaghels im Februar 1897 zurück; die Abstimmung darüber erfolgte im Umlaufverfahren; Max Weber befürwortete den diesbezüglichen Antrag: „desgl. [d. h. für den
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6. Juli 1896
– was allerdings wohl nur bei dem letztgenannten der Fall zu sein scheint. Ist Ihnen zufällig auch Crome (Berlin) 4 bekannt [?] Für eine freundliche Auskunft auf diese vertrauliche Anfrage im Voraus bestensb dankend verbleibe ich Ihr in Hochachtung sehr ergebener Max Weber – Der gleichzeitig abgesandte Artikel über den Terminhandel5 interessiert Sie möglicherweise [.] –
b O: besten Antrag] Weber 28/I“ („In Umlauf!“, Schreiben des Dekans Richard Schmidt vom 26. Jan. 1897, in: UA Freiburg i. Br., B 110/405, unpaginiert). 4 Friedrich Theodor Carl Crome lehrte seit 1895 in Berlin als a.o. Professor; der Akzent seiner Arbeiten lag auf der Rechtsvergleichung. 5 Es handelt sich um Max Webers Artikel „Die technische Funktion des Terminhandels“, der in zwei Teilen in der Deutschen Juristen-Zeitung (Nr. 11 vom 1. Juni 1896, S. 207–210, und Nr. 13 vom 1. Juli 1896, S. 248–250; MWG I/5, S. 591– 613) soeben erschienen war.
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16. Juli 1896
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Friedrich Kluge 16. Juli 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Freiburg i. Br., B 42/1263 Das Schreiben steht am Ende des zweiten Verlängerungsgesuchs von Victor Daudert vom 14. Juli 1896. Der Brief steht in Zusammenhang mit der Promotion von Victor Daudert, der am 4. Februar 1895 von Max Weber mit einer Arbeit über die württembergische Biersteuer promoviert worden war (vgl. die Zulassung zur mündlichen Prüfung, ebd., sowie Max Webers Promotionsgutachten vom 23. Januar 1895, ebd.; MWG I/13). Am 8. Januar 1896, d. h. kurz vor Ablauf der Abgabefrist für Pflichtexemplare von einem Jahr am 4. Februar 1896, stellte Daudert einen Antrag auf Verlängerung der Frist um ein halbes Jahr, der von Max Weber unterstützt wurde (vgl. Max Webers Gesuch um Fristverlängerung für die Abgabe der Dissertations-Pflichtexemplare von Victor Daudert vom 8. Januar 1896, ebd.; MWG I/13). Da im besagten Verlängerungszeitraum weder eine selbstständige Veröffentlichung noch eine Publikation im Rahmen der großen Finanzzeitschriften gelang, stellte Victor Daudert am 14. Juli 1896 erneut einen Antrag auf Fristverlängerung, diesmal bis zum Dezember 1896 (ebd.), den Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief abermals unterstützte. Victor Dauderts Doktorarbeit erschien 1897, wie vorgesehen, als Aufsatz in den Annalen des Deutschen Reichs (Daudert, Victor, Beiträge zur Geschichte der württembergischen Biersteuer, in: Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik, 30. Jg., 1897, Nr. 2, S. 85–108) sowie separat als Sonderdruck (ders., Beiträge zur Geschichte der württembergischen Biersteuer. – München: Knorr & Hirth 1897, zugleich: Freiburg, Univ., Diss. 1897, Teil 1).
Freiburg i.B. 16. VII. 96.
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Dem Herren Dekan der Philosophischen Fakultät beehre ich mich das vorstehende Gesuch1 um Verlängerung des Einlieferungstermins bis Dezember d.J. ergebenst empfehlend zu überreichen. M.E. ist, da es [sich] a nicht um den staatswissenschaftlichen, sondern um den philosophischen Doktorgrad handelt, [die] b Philosophische Fakultät die zuständige.2 Herr Daudert, – der unbemittelt ist und die Kosten nicht selbst erschwingen kann, deshalb den Termin schon einmal verlängert erhielt, – hat mir den Nachweis geführt, daß zufolge Überfüllung der übrigen a Lochung.
b Lochung.
1 Es handelt sich um das Verlängerungsgesuch von Victor Daudert vom 14. Juli 1896 (UA Freiburg i. Br., B 42/1263). 2 Für staatswissenschaftliche Promotionen war die erst kürzlich, am 1. Juni 1896, auf Max Webers Initiative hin gegründete Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät zuständig (vgl. den Brief Max Webers an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg i. Br., Friedrich Kluge, vom 9. Mai 1896, oben, S. 198, Editorische Vorbemerkung).
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16. Juli 1896
Finanz-Zeitschriften die Veröffentlichung nur in den „Annalen des D[eutschen] Reiches“ und erst zu dem bezeichneten Termin erfolgen kann, weshalb ich ihn zu vorstehender Eingabe veranlaßt habe. Mit collegialer Hochachtung und Ergebenheit Professor Max Weber
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22. Juli 1896
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Heinrich Rickert 22. Juli 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber; Nr. 25, Bl. 3–4 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Berufung Heinrich Rickerts auf den Lehrstuhl für Philosophie in Freiburg i. Br. als Nachfolger von Alois Riehl (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg i. Br., Friedrich Kluge, vom 22. Dezember 1895, oben, S. 155–157). Nachdem die erste Berufungskommission sich mit ihren Vorschlägen nicht hatte durchsetzen können, war am 17. Dezember 1895 auf der Sitzung der Philosophischen Fakultät eine neue Kommission gebildet worden, in der u. a. der Althistoriker Ernst Fabricius Mitglied war (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 44). Auf der Basis der Empfehlungen der neuen Berufungskommission beschloß die Philosophische Fakultät am 21. Juli 1896 einstimmig eine Liste mit dem Züricher Philosophen Richard Avenarius an erster, dem Greifswalder Philosophen Johannes Rehmke an zweiter und Heinrich Rickert an dritter Stelle (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 58). Max Weber wurde von Ernst Fabricius über diese Entscheidungen informiert, da er selber seit dem 1. Juni 1896 nicht mehr der Philosophischen Fakultät, sondern der neu gegründeten Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät angehörte.
Fr. 22. 7. 96. Lieber Freund!
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Die Vorschläge der Fakultät sind – wie mir Fabricius für Sie erzählte, gestern festgestellt und zwar einstimmig folgendermaßen, 1) Avenarius mit Hervorhebung seiner Bedeutung als Gelehrter – 2) Rehmke mit Betonung seiner Dozentenerfolge – 3) Sie, mit dem Bemerken, daß Ihre Lehrtätigkeit in diesem Semester1 jeden Zweifel darüber, daß Sie gesundheitlich und im Übrigen den Lehrstuhl auszufüllen geeignet seien, beseitigt habe, überdies das Erscheinen Ihres Buches2 und die
1 Heinrich Rickert hatte während seiner Lehrstuhlvertretung im Sommersemester 1896 (vgl. dazu den Brief an Heinrich Rickert vom 21. April 1896, oben, S. 191, mit Editorischer Vorbemerkung) eine sogenannte große, d. h. vierstündige „Einleitung in die Philosophie“ gelesen (vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1896, S. 10), die in der Regel dem Lehrstuhlinhaber vorbehalten war. 2 Es handelt sich um die ersten drei Kapitel von „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“, die Heinrich Rickert 1896 u. a. auf Drängen Max Webers vorab veröffentlicht hatte (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg i. Br., Friedrich Kluge, vom 22. Dez. 1895, oben, S. 156 f.).
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22. Juli 1896
günstigen Auskünfte darüber (von Sigwart3 u. Windelband4) jeden Anlaß Ihre Ernennung zum Ordinarius auszusetzen, weggeräumt habe (so dem Sinne nach). – Siebeck, 5 Natorp,6 Walter7 sind im Bericht als schlechte Dozenten, Ziegler8 im Verein mit Falckenberg9 und Überhorst10 wegen Unwissenschaftlichkeit und allgemeiner Scheußlichkeit perhorresciert.11 – Sie sehen, Sie schneiden sehr anständig ab, obwohl natürlich Ihre Chancen überwiegend negative sind. Ich persönlich wünsche Ihnen die geeignete „Wurschtigkeits“-Empfi ndung damit die[se] Angelegenheit weiterhin |:Sie:| nicht mehr so wie bisher praeoccupiert. – Ob vor dem Winter irgend etwas erfolgt, ist äußerst zweifelhaft [.] Best[en] Gruß Max Weber
3 Christoph von Sigwart hatte sich auf Betreiben von Alois Riehl, der Mitglied der ersten Berufungskommission war, bereits am 6. Dezember 1895 in einem ausführlichen Schreiben überaus positiv über Heinrich Rickert geäußert und ihn unter den „jüngeren Fachgenossen“ besonders hervorgehoben (vgl. Christoph von Sigwart an Alois Riehl vom 6. Dez. 1895, Abschrift, in: UA Freiburg i. Br., B 38/283). 4 Ein entsprechendes Schreiben oder Gutachten von Wilhelm Windelband ist nicht ermittelt. 5 Gemeint ist der Philosoph (Gustav) Hermann Siebeck. 6 Paul Natorp. 7 Julius Walter. 8 Theobald Ziegler. 9 Richard Falckenberg. 10 Karl Überhorst. 11 Max Weber bezieht sich hier auf den Bericht der zweiten Berufungskommission vom 21. Juli 1896, der der Fakultät vorgelegt worden war (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 58). Die Fakultät folgte den Personalvorschlägen der Kommission, änderte jedoch die ursprüngliche Reihenfolge und setzte statt Johannes Rehmke an die erste Stelle Richard Avenarius. Heinrich Rickert blieb unverändert an dritter Stelle. Der geänderte Kommissionsbericht wurde an das Ministerium gesandt (vgl. das Exemplar im UA Freiburg i. Br., B 38/283). Er trug den Vermerk des Dekans Friedrich Kluge: „Dieser Kommissionsbericht ist in der korrigierten Form als Fakultätsbericht an das Ministerium am 22. Juli gegangen.“ Im Bericht werden auch die von Max Weber erwähnten, aber abgelehnten Dozenten genannt.
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31. Juli 1896
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht [31. Juli 1896; Freiburg i. Br.] Visitenkarte; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 443 Datum und Ort sind erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „31/7 96“ sowie dem Kontext. Das Schreiben befindet sich auf der Rückseite einer Visitenkarte Max Webers. Die vordere Seite dieser Karte wurde vom Verlag teilweise überklebt, sodaß der Zusatz „Universität Freiburg i.B. Schillerstr. 22.“ nicht mehr zu sehen ist. Er wurde hier analog zu der Visitenkarte, die Max Weber als Unterlage für sein Schreiben an Friedrich Naumann, vor oder am 9. September 1896, unten, S. 213, verwendete, ergänzt. Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Niederschrift und der Drucklegung des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49).
Hrn Vandenhoeck & Ruprecht.
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Ich habe eben meine Vorlesung geschlossen1 und mach[e] mich noch heute an die Ausarbeit[un]g des Hefts Börse II. Wie lange sie dauert, weiß ich nicht, aber jedenfalls keine allzu erhebliche Zeit. Dann geht das Mscr. alsbald an Sie ab [.] Hochachtungsvoll Dr. Max Weber o.ö. Professor der Staatswissenschaften. [Universität Freiburg i.B. Schillerstr. 22.]
1 Das SS endete am Freitag, den 31. Juli 1896; Max Weber las in diesem Semester fünfstündig „Theoretische Nationalökonomie“, und zwar jeweils Dienstags bis Freitags, 11–12 Uhr und Mittwochs 12–13 Uhr (vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1896, S. 17; die Vorlesung ist ediert in: MWG III/1). Seine letzte Vorlesungsstunde fiel also auf Freitag, den 31. Juli 1896.
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8. August 1896
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 8. August 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 442 Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem Verlag über die Niederschrift und die Drucklegung des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49).
Freiburg iB. 8. 8. 96 Schillerstr. 22 Herren Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen Ich bitte Sie, zunächst beiliegendena Teil in Fahnen setzen zu lassen,b damit ich berechnen kann, wieviel Raum ich für den Rest noch habe. Ich habe noch einige Anmerkungen einzufügen und werd[e] eventuell etwas kürzen und vielleicht hier und da etwas ändern müssen. Je schneller ich die Fahnen habe, um so schneller wird das Ganze fertiggestellt [.] Hochachtungsvoll Professor Max Weber
a O: beisetzenden
b lassen. > lassen,
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13. August 1896
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Friedrich Naumann 13. August [1896]; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 3–4 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Gründung der Tageszeitung „Die Zeit“ und des Nationalsozialen Vereins. Friedrich Naumann hatte für den 6. August 1896 eine Zusammenkunft der jüngeren Christlich-Sozialen in Heidelberg einberufen und offensichtlich auch mit der Teilnahme Max Webers gerechnet. Auf diesem Treffen wurden weitreichende Beschlüsse gefaßt: die seit längerem geplante Tageszeitung „Die Zeit. Organ für nationalen Sozialismus auf christlicher Grundlage“ sollte definitiv ab 1. Oktober 1896 erscheinen; darüber hinaus wurde zur Gründung einer eigenständigen Partei bzw. Vereins, des Nationalsozialen Vereins, die Einberufung einer Versammlung aller nicht konservativen Christlich-Sozialen für November 1896 in Erfurt beschlossen (vgl. Düding, Der Nationalsoziale Verein, S. 44). Max Weber, der an der Heidelberger Zusammenkunft am 6. August 1896 nicht teilgenommen hatte, da er die geplanten Schritte für verfrüht hielt, lud stattdessen Friedrich Naumann zu einem Treffen in Freiburg ein.
Fr. Schillerstraße 22 13. VIII. Verehrter Herr Pfarrer!
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Ich sehe aus der „Hilfe“,1 daß Sie in die Schweiz wollen und bitte Sie, entweder auf dem Hin- oder auf dem Rückwege eine Nacht hier zu bleiben.2 Meine Mutter[,] die jetzt hier ist, geht Sonntag weiter, 3 dann können wir Sie logieren. Ich bin bis 24. IX. hier[,] 4 alsoa noch 6 Woa Alternative Lesung: etwa 1 Ein entsprechender Hinweis auf eine Reise Naumanns in die Schweiz ließ sich in den in Frage kommenden Nummern der „Hilfe“ (Nr. 30 vom 26. Juli 1896, Nr. 31 vom 2. August 1896 sowie Nr. 32 vom 9. August 1896) nicht ermitteln. Max und Marianne Weber gehörten als Abonnenten zu den regelmäßigen Lesern der „Hilfe“. Vgl. den Brief von Marianne Weber an Friedrich Naumann vom 2. Mai 1895, BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 115. 2 Friedrich Naumann wohnte bei Max und Marianne Weber in Freiburg auf der Rückkehr von seiner 14tägigen Reise in die Schweiz vom 10. bis 11. September 1896. Dabei wurde ausführlich über Naumanns politische Pläne gesprochen. Vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [13. Sept. 1896, spätere Datierung von Marianne Weber irrtümlich: 12. Sept. 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch den auf der Basis dieses Briefs erstellten Bericht in: Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 233. 3 Sonntag war der 16. August 1896. Helene Weber verbrachte in der Regel jährlich mehrere Wochen bei Max und Marianne Weber, nachdem diese Berlin im Herbst 1894 verlassen hatten (vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 243). 4 Max Weber nahm vom 24. bis 26. September 1896 am zweiten nationalökonomischen Herbstkursus des Evangelisch-sozialen Kongresses in Berlin teil, wo er über Börsenfragen referierte (MWG I/5, S. 898–906); am 26. September 1896 abends hielt er zudem in Berlin
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chen. Ob und wann freilich Schulze5 hier sein wird, vermag ich nicht zu sagen, er ist jetzt in Heidelberg. Was geschehen ist, istb nicht zu ändern, und ich kenne die Gründe [,] die Sie zu dem Versuch [,] die Ernte zu schneiden [,] ehe sie reif ist, bewogen haben, im Wesentlichen ganz gut. Ich kam nicht, weil ich ziemlich sicher war, daß ich Ihnen höchstens das Herz schwer gemacht, aber nichts geändert hätte, und weil ich nicht gern meiner Freundschaft mit Göhre6 einen weiteren Stoß gegeben hätte, – das wäre geschehen, denn ich kann nun einmal nicht sehen, wenn politische Kinder |:– wie er es ist –:| mit dem Feuer spielen und das Haus anzünden. – Auch war es wichtiger jetzt v. Schulze in Fühlung mit Ihnen zu erhalten und das ging so besser. Also kommen Sie! Besten Gruß Max Weber
b Unsichere Lesung. in der „Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre“ den Vortrag „Die Gegensätze der deutschen Agrarverfassung in ihren Ursachen und Wirkungen“ (MWG I/4, S. 799–809). Anläßlich dieses Aufenthalts in Berlin fand ebenfalls ein Treffen mit Friedrich Naumann statt (vgl. dazu MWG I/4, S. 613). 5 Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 6 Paul Göhre.
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Brunn’sche Buchdruckerei) 30. August 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 441 Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem Verlag über die Niederschrift und die Drucklegung des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49).
Freiburg i /B Schillerstr.a 22 30/8 96
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An die Brunn’sche Buchdruckerei Heiligenstadt. Anbei erfolgt der Rest des Mscr. und die Fahnen zurück. Ich bitte nun jedenfalles zunächst den Rest abzusetzen. Ich muß dann sehn, ob es noch immer zu viel ist und kann mich erst dann entscheiden, wo noch weitere Kürzungen möglich sind. Ich habe jetzt über 70 Zeilen gekürzt. Bitte also noch einmal einen vollständigen Abzug in Fahnen. Hochachtungsvoll Professor Max Weber
a O: Schillerst.
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4. September 1896
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 4. September 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 440 Zu Niederschrift und Drucklegung des zweiten Teils der Broschüre „Die Börse“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 5. Januar 1895, oben, S. 49.
Freiburg i.B. 4. 9. 96. Herrn Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen Ich habe nun noch auf Fahne 9:1, auf Fahne 14:4, auf Fahne 15:13 Zeilen und auf Fahne 16:48 Zeilen, zusammen 66 Zeilen und das Litteraturverzeichnis1 gestrichen. Wo noch zu streichen wäre, weiß ich nicht, ich werd[e] mich überhaupt auf Arbeiten, wo ich die Hälfte meiner Zeit auf Silben- und Zeilenzählen verwend[e], absolut nie mehr einlassen. Ich bitte, wenn es noch nicht langt, pro Seite eine Zeile mehr zu setzen, oder auf den letzten Seiten die Zeilen enger zu rücken. Hochachtungsvoll Professor Max Weber
1 Tatsächlich erschien ein kurzes Literaturverzeichnis unter der Überschrift „Litteratur zur Einführung.“ im Petitsatz. Vgl. Weber, Börse II (wie oben, S. 49, Editorische Vorbemerkung), S. 656 f.
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Friedrich Naumann [vor oder am 9. September 1896]; BK Freiburg i. Br. Visitenkarte; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 228, Bl. 39 Das Datum ist erschlossen aus der telegraphischen Geldanweisung vom Bankhaus Adolph Stürcke, Erfurt, im Auftrag Max Webers an Friedrich Naumann vom 9. September 1896 (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 228, Bl. 5). Im Rahmen der Förderung Friedrich Naumanns (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 28. Oktober 1897, unten, S. 454 f.) spendete Max Weber Naumann 500 Mark für die geplante Tageszeitung „Die Zeit“. Diese Summe wurde über seine Erfurter Bank, das Bankhaus Adolph Stürcke, Friedrich Naumann in Frankfurt a. M. telegraphisch angewiesen und bar ausgezahlt: „Im Auftrage und für Rechnung Des Herrn Professor Dr. Max Weber, Freiburg i/B.“ (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 228, Bl. 5). Friedrich Naumann vermerkte die Spende in der Rubrik „Geschenke“ in einer (undatierten) Liste der Geldgeber für „Die Zeit“: „Prof. Dr. M. Weber, Freiburg i.B. Baar 500“ (ebd., Nr. 60, Bl. 89). Vgl. auch MWG I/4, S. 612.
Ich habe meinen Bankier1 angewiesen, 500 Mk einzusenden, die ich der „Tageszeitung“ als Geschenk zuwende. Besondere Quittung ist unnötig! Dr. Max Weber o.ö. Professor der Staatswissenschaften. Universität Freiburg i. B. Schillerstr. 22.
1 Leiter des Bankhauses Adolph Stürcke war zu dieser Zeit Friedrich Hermann Stürcke. Sowohl Max Webers Vater als auch Max Weber selbst unterhielten Konten in diesem Bankhaus. Auskunft des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar vom 10. Mai 2010; vgl. auch: Roth, Familiengeschichte, S. 384, 386 und S. 549.
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13. Oktober 1896
Adolf Hausrath 13. Oktober 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 4 Der Brief steht im Zusammenhang mit einer Vortragseinladung nach Heidelberg sowie einer möglichen Berufung auf den Heidelberger Lehrstuhl von Karl Knies für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft (vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolf Hausrath vom 15. Oktober 1896, unten, S. 216). Max Webers Onkel, Adolf Hausrath, war o. Professor für Kirchengeschichte in Heidelberg und hatte im Sommersemester 1896 das Amt des Dekans der Theologischen Fakultät bekleidet (vgl. das Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1896, S. 20).
Freiburg 13. X. 96 Lieber Onkel! Darf ich Dich mit der Frage behelligen, ob die Berufungsfrage für Knies nunmehr |:endlich:| erledigt ist? Der Grund ist, daß ein Herr Dr Amson, dem ich seinerzeit einmal einen Vortrag für diesen Herbst versprochen hatte, mich bittet, ihn jetzt zu halten.1 Nun wäre es mir an sich sehr gleichgültig, ob Jemand in Heidelberg glauben würde, ich wollte eine Probepredigt halten, – aber es scheint mir objektiv nicht passend, daß ich dort spreche, solange die schwebende Frage nicht entschieden ist, nachdem ich einmal – zu Pfi ngsten in Baden – durch Herrn Collegen Jellinek zu meinem Erstaunen darüber interpelliert wurde, ob ich eventuell dorthin kommen würde.2 Ich habe auf diese wahrscheinlich ganz gut gemeinte aber doch mir etwas unbequeme und peinliche Frage gesagt, daß ich darüber keine Erklärung abgeben könne und niemals ernstlich geglaubt, daß – zumal bei der Stellung der Regierung – ich als Candidat in Betracht käme. Aber es scheint mir, daß trotz alledem es nach diesem Vorgang ein „Schönheitsfehler“ wäre, wenn ich jetzt dort als Vortragender erschiene. Deshalb wäre ich Dir für eine ganz kurze Notiz, ob Deines Wissens die Vorschläge er-
1 Es handelt sich um Dr. jur. Ludwig Samuel Amson, der Mitte der 1890er Jahre in Heidelberg Staatswissenschaften bei Emanuel Leser studierte (UA Heidelberg, Quästurakte Emanuel Leser, Rep. 27–765, SS 1895). Der Sachverhalt konnte nicht geklärt werden. 2 Um welches Zusammentreffen mit Georg Jellinek es ist sich handelt, ist nicht geklärt. Das Pfingstfest fiel 1896 auf den 24./25. Mai. Möglicherweise traf Max Weber Georg Jellinek zu diesem Zeitpunkt auf dem alljährlichen Treffen der badischen Hochschullehrer in Baden-Baden, das allerdings in der Regel erst im Juni stattfand (vgl. dazu den Brief Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, unten, S. 490, Anm. 3).
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folgt sind, sehr dankbar. Ich habe Herrn Dr Amson zunächst geschrieben, daß ich um Aufschub bitte.3 Mit herzlichem Dank im Voraus und vielen Grüßen von Haus zu Haus Dein getreuer Neffe Max
3 Ein entsprechender Brief Max Webers ist nicht nachgewiesen.
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15. Oktober 1896
Adolf Hausrath 15. Oktober 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 1–2 Dieser und der Brief vom 9. November 1896 an Adolf Hausrath, unten, S. 223 f., setzen die Korrespondenz Max Webers mit seinem Onkel über die Nachfolge Karl Knies in Heidelberg fort; vgl. den Brief an Adolf Hausrath vom 13. Oktober 1896, oben, S. 215 f. Mit dem Ausscheiden des renommierten Staatswissenschaftlers Karl Knies, des Mitbegründers der älteren Schule der Historischen Nationalökonomie, wurde zum Sommersemester 1897 dessen Lehrstuhl in Heidelberg frei. Am 13. August 1896 hatte Karl Knies die Philosophische Fakultät von seinem Abschiedsgesuch in Kenntnis gesetzt (vgl. den Bericht der Berufungskommission an das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 2. November 1896, GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 55–58, hier Bl. 58). Daraufhin wurde eine Kommission gebildet, der neben den Historikern Bernhard Erdmannsdörffer und Dietrich Schäfer, dem klassischen Philologen Fritz Schöll und dem Germanisten Wilhelm Braune, der zugleich Dekan der Philosophischen Fakultät war, auch die Juristen Georg Meyer und Georg Jellinek angehörten. Die beiden Staats- und Völkerrechtler vertraten die Staatslehre im Bereich der Staats- und Kameralwissenschaften und waren daher in die Kommission der Philosophischen Fakultät kooptiert worden. Diese Berufungskommission erstellte gegen den ausdrücklichen Wunsch von Knies, der als seinen Nachfolger den Tübinger Gustav von Schönberg empfohlen hatte (ebd., Bl. 58), bis Anfang November eine Liste, in der an erster Stelle der Straßburger Ordinarius Georg Friedrich Knapp, an zweiter Stelle der Leipziger Karl Bücher und an dritter Stelle Max Weber aufgeführt wurden. Neben der Würdigung von Max Webers Schriften wurde besonders hervorgehoben, daß er mit „den umfassendsten juristischen Kenntnissen ausgerüstet“ sei und sich nicht nur in den Disziplinen Handelsrecht, römische und germanische Rechtsgeschichte hervorgetan, sondern auch gewußt habe, „in kundiger Weise Rechts- und Wirtschaftsgeschichte als eine höhere Einheit“ zu behandeln. Nach einer Würdigung seiner Qualitäten als Lehrer in Berlin und Freiburg endete der Bericht mit dem abschließenden Urteil: „Wenn er auch in Folge seiner Jugend an innerer Vollendung und Abklärung an die beiden zuerst Genannten noch nicht heranreicht, so verspricht er dennoch schon heute einer der führenden Männer seines Faches zu werden. Würde wider Erwarten weder Knapp noch Bücher zu gewinnen sein, so würde sich die Berufung Weber’s vor allen Anderen, älteren wie jüngeren Nationalökonomen empfehlen. Weber’s Berufung nach Heidelberg dürfte auch gegebenen Falles die Aussicht gewähren, diesen tüchtigen Gelehrten, nach dem zweifellos auch andere Universitäten Verlangen tragen werden, dauernd für Baden zu erhalten.“ (ebd., Bl. 57–58). Da Georg Friedrich Knapp und Karl Bücher ablehnten, erhielt Max Weber den Ruf nach Heidelberg, wo er nach kurzen Berufungsverhandlungen am 7. Januar 1897 zum ordentlichen Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft ernannt wurde (vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 204 f.).
Fr. 15. X. 96 Lieber Onkel! Vielen Dank für Deine Mitteilung. Es kann nun natürlich keine Rede davon sein, daß ich in Heidelberg spreche – nicht deshalb, weil ich per-
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sönlich Misdeutungen scheute, sondern weil ich es objektiv unpassend fände. Ich glaube freilich noch immer kaum, daß ich schließlich in Frage kommen werde: Bücher in Leipzig wäre eine glänzende Acquisition, und ich dächte, auch Knapp in Straßburg müßte in Betracht kommen. Mich zu berufen ist doch ein Wechsel auf die Zukunft, denn wie könnte auch nur ich selbst garantieren, was ich künftig vielleicht einmal leisten werde? Auch wird die Regierung nicht wollen. Ich selbst weiß kaum, ob ich mir eine Berufung wünschen soll. Dies, weil ich die Wahl, vor die ich damit gestellt werde: – hier zu bleiben und mich weiter politisch zu bethätigen, so weit dazu Gelegenheit und Anlaß ist – oder eine große Stellung anzunehmen und damit |:natürlich:| die Verpflichtung zu übernehmen, auf alle andre Wirksamkeit zu verzichten – gern noch auf eine Anzahl Jahre hinausgeschoben hätte. Zu einem solchen Verzicht würde ich mich durch die größeren Pfl ichten selbstverständlich genötigt glauben, und ich weiß sehr wohl, daß ich, vor jene Wahl gestellt, jetzta im Augenblick, wo die Politik, einschließlich der aussichtslosen Naumann’schen Projekte [,]1 für mich gar kein Thätigkeitsfeld bietet, unbedingt die breitere akademische Thätigkeit wählen würde. Allein ich weiß nicht, ob ich nicht künftig dies bedauern könnte, und dann wäre es zu spät. Deshalb sehe ich der Möglichkeit einer Berufung nach Heidelberg durchaus nicht mit völlig ungeteilten Empfi ndungenb entgegen. – Für das freundliche Interesse, welches Du mir an einer Verpflanzung zu Euch wiederholt bekundet hast, danke ich Dir herzlich. Aber Deinem Rath, mich reinlich von allem „Christlich-Sozialen“ zu scheiden, konnte ich, wie die Dinge liegen, nicht folgen, ich mußte ihm vielmehrc nach meiner Empfindung zuwiderhandeln. Ich bin nichts weniger als „christl[ich]-sozial“, sondern ein ziemlich reiner Bourgeois, und meine Beziehungen zu Naumann beschränkten sich darauf, daß ich ihn, dessen Charakter ich hochschätze, sachte von seinen sozialistischen Velleitäten loszulösen strebte. Aber grade jetzt ihn öffentlich zu „verleuga In O zweimal unterstrichen.
b 〈gegenüber.〉
c 〈jet[zt]〉
1 Es handelt sich um die Gründung der Tageszeitung „Die Zeit“, deren erste Nummer am 1. Oktober 1896 erschienen war, und um die bevorstehende Gründung des Nationalsozialen Vereins (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 13. Aug. 1896, oben, S. 209). Obwohl Max Weber diese Schritte ablehnte, förderten er, sowie seine Familie, aus persönlicher Achtung und Wertschätzung Friedrich Naumanns Politik mehrfach (vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 28. Okt. 1897, unten, S. 454 f.).
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nen“ ging am wenigsten an. Ich wünsche nichts gethan zu haben, was einem Ambieren um irgend eine noch so ehrenvolle Stelle auch nur von fernd verwandt wäre. Mit herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Dein getreuer Neffe Max Weber P.S. Die obigen Bemerkungen natürlich nur für Dich!
d 〈gleich käme.〉
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Paul Siebeck 1. November 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 31. Oktober 1896, in dem dieser Weber um Rat in Bezug auf eine Anfrage des Berliner Verlagsbuchhändlers Otto Mühlbrecht bat (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 41, Bl. 50). Demzufolge hatte sich Otto Mühlbrecht an Paul Siebeck mit der Bitte gewandt, vertraulich Erkundigungen über die Bedingungen einer Ehrenpromotion an der neu gegründeten Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität einzuholen. Siebeck erklärte Weber, obwohl er dieses Ansinnen für aussichtslos halte, wolle er Mühlbrecht gerne helfen und Weber besuchen, um mit ihm die Angelegenheit zu besprechen. Wie aus einer Randnotiz Siebecks auf dem im folgenden edierten Brief Max Webers hervorgeht, kam es am 2. November 1896 zu diesem Treffen. Zu einer Ehrenpromotion Otto Mühlbrechts an der Universität Freiburg i. Br. ist es nicht gekommen.
Freiburg i.B. 1. XI. 96 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Vielleicht erspare ich Ihnen einen Weg durch die Übersendung der anliegenden Promotionsordnung, zu der ich [,] wie Sie ersehen, an den geeigneten Stellen zwei Randbemerkungen gemacht habe.1 Sie werden daraus ohne Weiteres entnehmen, daß die Fakultät dem Wunsch des Herrn Mühlbrecht – dessen Verlag2 ebenso wie seine bibliographischen Leistungen3 sicherlich allseitig die vollste Hochschätzung genie1 Beigefügt war die „Promotions-Ordnung für die Juristische Facultät der Universität Freiburg i. B.“ von Februar 1895 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Dort heißt es in § 5, S. 2: „Die Inaugural-Dissertation muß ein rechtswissenschaftliches Thema behandeln“. Dazu bemerkt Max Weber am Rand: „Auch die hervorragendsten Bibliographien würden nach feststehender Tradition nicht als ‚Behandlung rechtswissenschaftlicher Themata’ angesehen werden können.“ In § 6, S. 3, heißt es: „Wenn der Bewerber die Fähigkeit zum Richteramte oder zum höheren Verwaltungsdienste besitzt und eine Dissertation eingereicht hat, welche von der Facultät als wissenschaftlich werthvoll erachtet worden ist, so tritt an die Stelle des mündlichen Examens ein Colloquium über das Fach, auf welches sich die Dissertation bezieht.“ Dazu lautet Max Webers Marginalie: „d. h. eine zwanglosere wissenschaftliche Besprechung, welche zwar der Sache nach eine Prüfung ist, aber nicht in den Formen einer solchen erscheint. – Ein Dispens von der mündlichen Prüfung überhaupt ist nicht zulässig.“ (alle Hervorhebungen eigenhändig; Randbemerkungen geschrieben und unterstrichen mit Tinte, Unterstreichungen im gedruckten Text mit Bleistift; „Colloquium“ zusätzlich mit Tinte.) 2 Puttkammer & Mühlbrecht mit Sitz in Berlin. 3 Es handelt sich vor allem um die Allgemeine Bibliographie der Staats- und Rechtswissenschaften, die Otto Mühlbrecht 1868 begründete und die bis 1915 jährlich in seinem Verlag erschien.
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ßen – nicht entsprechen könnte. Es giebt keinen Dispens von der mündlichen Prüfung bei der ordentlichen Promotion. Den Ehrendoctorgrad aber hat die Fakultät nur in ganz besonderen Fällen ganz ungewöhnlicher wissenschaftlicher Verdienste oder Förderung der Interessen der hiesigen Hochschule seitens Beamten in hoher Stellung verliehen, so bei Bildung der „R[echts-] u. Staatsw[issenschaftlichen] Fakultät“ an Meitzen und Minister Eisenlohr.4 Es ist – wie ich vertraulich bemerke – damals selbst die Verleihung an einen andern Minister – und an ein Mitglied des Großh. Hauses abgelehnt worden.5 Es würde glaube ich darnach ganz unthunlich sein, auch hervorragende Chefs auswärtiger Verlagsfi rmen, selbst wenn deren Verdienste sich in andern |:Formen:| als denen geschäftlicher Förderung der Wissenschaft bewegen, für Ehrenpromotionen in Betracht zu ziehen. Eine Bewerbung um eine solche giebt es, – wie Herrn Mühlbrecht selbst ja bekannt ist, – nicht. Darnach scheint auch mir leider der Gedanke nicht sehr aussichtsvoll und kann ich zu seiner weiteren Verfolgung kaum rathen. Ich habe mit dem Dekan, Prof. Richard Schmidt, gesprochen, der derselben Ansicht ist. Wir beide behandeln diese Anfrage natürlich – auch den andern Collegen gegenüber – streng vertraulich. Wünschen Sie noch weitere Auskunft, so bin ich Nachmittags regelmäßig zu Hause zu treffen und stehe mit Vergnügen zur Verfügung. Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr in vorzüglicher Hochachtung sehr ergebener Max Weber
4 Anläßlich der ersten Sitzung der am 1. Juni 1896 gegründeten Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät wurde beschlossen, die Ehrendoktorwürde an August Meitzen und August Eisenlohr zu verleihen (Sitzung vom 13. Juni 1896, UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 156). Max Webers Berliner akademischer Lehrer, August Meitzen, wurde am 12. Juli 1896 zum „Dr. iur. et rer. pol. h. c.“ ernannt. Die Ehrenpromotion von August Eisenlohr, zu diesem Zeitpunkt Präsident des Ministeriums des Innern, erfolgte am gleichen Tag (vgl. die Promotionsurkunden jeweils vom 12. Juli 1896, UA Freiburg i. Br., D 29/7/2350 (Meitzen) sowie D 29/7/2348 (Eisenlohr); ferner Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 15 f.). 5 Weder das Protokollbuch der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 156) noch die dazugehörigen Protokollbeilagen für 1896/97 (UA Freiburg i. Br., B 110/405) geben über diesen Vorgang Aufschluß.
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Reichsamt des Innern 7. November 1896; Freiburg i. Br. Telegramm BA Berlin, R 1501, Nr. 105524, Bl. 49 Bezug: das Schreiben des Reichsamts des Innern an Max Weber, Gustav Schmoller, den Reichstagsabgeordneten Karl Gamp und den Vorsitzenden des Verbandes deutscher Müller, Joseph Johann van den Wyngaert, vom 6. November 1896 (ebd., Bl. 21), mit der Anfrage, ob sie zur Mitwirkung im provisorischen Börsenausschuß in Berlin bereit seien. Max Weber gehörte zu den vier vom Bundesrat direkt berufenen Mitgliedern; statt Gustav Schmoller wurde später Wilhelm Lexis als zweiter Nationalökonom berufen. Dieses Telegramm und die folgenden Briefe an Marianne Weber vom 20., 22. und 25. November 1896, unten, S. 227–235, beziehen sich auf den provisorischen Börsenausschuß im Reichsamt des Innern in Berlin, in den Max Weber am 6. November 1896 berufen wurde (Schreiben des Reichsamts des Innern an Max Weber u. a., ebd.). Max Weber nahm an den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses vom 19. bis 26. November 1896 teil. Es handelte sich dabei um einen einmalig tagenden Ausschuß, der vor Inkrafttreten des im Juni 1896 vom Reichstag beschlossenen Börsengesetzes zum 1. Januar 1897 den Bundesrat bei der Ausarbeitung einheitlicher Bestimmungen für die Zulassung von Wertpapieren beraten sollte. Grundsätzliche Erörterungen waren hierbei nicht vorgesehen, ein Entwurf lag bereits vor. Zweiter Verhandlungsgegenstand des Ausschusses war eine Neuordnung der Produktenbörsen. Hierzu war dem Bundesrat im Oktober eine Denkschrift des Bundes der Landwirte zugegangen, zu welcher der Ausschuß ein Gutachten erstellen sollte. Weber, der nicht nur als ausgewiesener Experte für Fragen einer Börsenreform, sondern auch als leidenschaftlicher Kritiker börsenfeindlicher agrarischer Interessenspolitik galt, war neben seinem Göttinger Fachkollegen Wilhelm Lexis einziger Fachwissenschaftler. Von den übrigen Ausschußmitgliedern wurden fünfzehn durch deutsche Börsenorganisationen benannt, elf weitere von den Bundesstaaten. Unter den letztgenannten waren landwirtschaftliche Interessenvertreter deutlich überrepräsentiert. Die Vorlage des Bundesrates zur Zulassung von Wertpapieren wurde an vier Verhandlungstagen vom 19. bis 23. November beraten, die Denkschrift des Bundes der Landwirte über die Neuordnung der Produktenbörsen anschließend, vom 24. bis 26. November, behandelt. Vorbereitend hierzu bestimmte das Plenum bereits am 21. November eine Subkommission, der auch Max Weber angehörte. Die ohnehin schwierige und politisch umstrittene Materie wurde durch eine zweite Eingabe zur Reform der Produktenbörsen seitens des Deutschen Landwirtschaftsrats weiter verkompliziert. Die zunächst tagende Subkommission übertrug es Max Weber, ihre Ergebnisse im Plenum vorzutragen. Im Anschluß an sein Referat am 25. November wurde er zudem gebeten, die abschließende Berichterstattung über die Denkschriften zur Produktenbörse an den Reichskanzler zu übernehmen. Nachdem er dies zunächst ablehnte, stimmte er auf Bitten des Vorsitzenden am nächsten Tag doch noch zu (vgl. „[Beiträge zu den] Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in der Zeit vom 19. bis 26. November 1896“, MWG I/5, S. 658–735, Editorischer Bericht, S. 658–672). Am 27. November reiste Max Weber nach Freiburg zurück, fuhr allerdings bereits Anfang Dezember zu einem Treffen der Redaktionskommission erneut nach Berlin (vgl. „Bericht des provisorischen Börsenausschusses, betreffend die Neuordnung der Verkehrsnormen an den deutschen Produktenbörsen“, ebd., S. 736–776).
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ich bin mit dem vorschlage zum mitgliede des provisorischen boersenausschusz[es] a in gemaeszheit der an mich gerichteten anfrage einverstanden – professor max weber
a Rand abgeblättert.
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Adolf Hausrath 9. November 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.30, Bd. 3, Bl. 7–8 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Nachfolge Karl Knies und der Berufung Max Webers auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Heidelberg; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolf Hausrath vom 15. Oktober 1896, oben, S. 216.
Fr. 9. XI. 96. Lieber Onkel!
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Herzlichen Dank für Deine große Liebenswürdigkeit. Ich denke doch, daß einer der beiden vor mir Vorgeschlagenen kommen wird. Knapp, der schwer unter seiner kranken Frau1 litt, ist ein ganz Anderer, seit sie in eine Anstalt aufgenommen ist. Käme er, so würdet Ihr eine höchst eigenartige, keineswegs sofort durchsichtige, aber überaus feine und innerlich „adeliche“2 Natur gewinnen, noch mehr Künstler als Gelehrter, und ich glaube, daß mein verehrter Lehrmeister3 grade Dir bald sehr sympathisch sein würde. – Der Vorschlag Bücher’s schien mir, muß ich sagen, mehr dem Bestreben nach Dekoration der Liste mit einem großen Namen zu entspringen. Möglich ist, bei seinem schlechten Verhältnis zu seinen Fachcollegen und da nicht Alle in Leipzig seine Bedeutung als Gelehrter und Lehrer voll zu würdigen scheinen,4 daß mana dort die Thorheit begeht ihn gehen zu lassen. Sollte trotzdem an mich die Frage herantreten, so würde ich kaum anders können als annehmen. Aber wie gesagt, trotz allen persönlichen Beziehungen und Allem, was mich sonst hinzieht, bin ich nicht ganz
a Unsichere Lesung. 1 Gemeint ist Lydia Knapp. Nach den Erinnerungen von Theodor Heuss, des späteren Schwiegersohns von Georg Friedrich Knapp und Mitarbeiters Friedrich Naumanns, entstammte sie „einem russifizierten georgischen Geschlecht“; sie „war seit Jahren leidend und hatte die Heimat in Tiflis nie mehr gesehen.“ (Heuss, Theodor, Erinnerungen 1905– 1933, 4. Aufl. – Tübingen: Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins 1963, S. 128). 2 Mundartlich für adelig. Die Anspielung konnte nicht aufgelöst werden. 3 Max Weber hat nicht bei Georg Friedrich Knapp studiert, er betrachtete ihn aber wegen seiner grundlegenden Arbeiten zur preußischen Agrarverfassungsgeschichte als sein Vorbild (vgl. dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 28 und S. 33 f.). 4 Worauf Max Weber hier anspielt, ist nicht aufgeklärt; Karl Büchers Leipziger Fachkollege war der Nationalökonom und Agrarhistoriker August von Miaskowski.
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ungeteilt der Frage gegenüber, ob ich es mir wirklich wünschen soll. Deshalb habe ich gar keine Eile gegenüber dem Verlauf der Sache. Herzlichen Dank und Gruß, auch von Marianne, an Euch Alle Dein getreuerb Neffe Max Weber Mit H[errn] Jellinek werde ich nunmehr, nachdem die Sache erledigt ist, mir gern Mühe geben, in ein gutes Verhältnis zu kommen.5
b Unsichere Lesung. 5 Vgl. dazu den Brief an Adolf Hausrath vom 13. Okt. 1896, oben, S. 214 f.
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Clara Mommsen 11. November 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 9–10
Freiburg 11. XI. 96 Mein liebes Clärchen!
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Natürlich bin ich mit großem Vergnügen Pathen-Onkel bei Deinem Kleinen und es thut mir nur leid, daß ich bei seiner ersten festlichen Vorführung am 30ten nicht anwesend sein kann.1 Dafür werde ich ihn aber noch in seiner jetzigen heidnischen Verfassung kennen zu lernen das Vergnügen haben, denn – wenigstens wahrscheinlich – komme ich in der nächsten Woche auf kurze Zeit nach Berlin und werde mir ihn dann natürlich ansehen.2 Wir freuen uns sehr zu hören, daß Alles gut gegangen ist und offenbar nach wie vor gut geht, und dem jungen Thronfolger wird es ja nur gut thun, wenn er schon jetzt im Kinderwagen 1ter Klasse ausfährt und sich so darauf vorbereitet, künftig wie Vater3 und Onkel4 Stammgast in der Droschke 1ter Klasse zu werden. Er wird ja nun auch schon über das Stadium hinaus sein, wo der Mensch in den Augen wenigstens aller Männer, mit Ausnahme des Vaters, sich noch im Zustande eines kleinen Scheusals befi ndet, und wenn er nach seiner Mutter schlägt, werden die Grazien ja nicht ausbleiben. – Mariannes Bild ist nun auch angekommen und man kann erst jetzt [,] wo es gefi rnißt ist und im Zimmer zu gleicher Höhea mit dem Beschau-
a 〈steh〉 1 Am 8. Oktober 1896 war der erste Sohn von Max Webers Schwester Clara und Ernst Mommsen, Konrad (jun.), geboren worden. Am 30. November 1896 sollte die Taufe stattfinden. 2 Vom 19. bis 26. November 1896 nahm Max Weber an den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in Berlin teil. Seine Bereitschaft zur Teilnahme am Ausschuß hatte er am 7. November per Telegramm zugesagt (vgl. das Telegramm an das Reichsamt des Innern vom 7. Nov. 1896, oben, S. 221 f. und die Editorische Vorbemerkung ebd., sowie Webers „[Beiträge zu den] Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in der Zeit vom 19. bis 26. November 1896“, MWG I/5, S. 658–735, Editorischer Bericht, S. 658–670, bes. S. 659 f.). 3 Ernst Mommsen. 4 Gemeint sein könnte einer der Brüder Ernst Mommsens, Hans, Karl, Konrad, Oswald oder Wolfgang Mommsen, vermutlich aber der Patenonkel Max Weber selbst.
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er steht, seine ganze Schönheit sehen.5 Ich hoffe [,] daß wir Frl. Davids doch noch bereden uns zu Weihnachten zu besuchen, wennschon sie vorläufig nichts davon wissen wollte.6 Ich will eben in einen Vortrag von Fritz Baumgarten,7 deshalb seid für heut herzlich gegrüßt und für Euer Zutrauen zu meinen Pathenonkels-Qualitäten bedankt, auf frohes Wiedersehen – hoffentlich, denn vorerst habe ich meine Einberufung noch nicht erhalten8 – und weitere gute Gesundheit. Euer Max
5 Das von Marie Davids angefertigte Porträt Marianne Webers, welches von Mai bis Ende September auf der Internationalen Kunst-Ausstellung in Berlin ausgestellt war (vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 14. April 1896, oben, S. 189, Anm. 8). 6 Ein Besuch von Marie Davids an Weihnachten 1896 in Freiburg ist nicht dokumentiert. 7 Fritz Baumgarten hielt am 11. November abends in der Freiburger „Harmonie“ den Lichtbildervortrag: „Die merkwürdigsten Bildwerke am hiesigen Münster“ (Freiburger Zeitung, Nr. 261 vom 13. Nov. 1896, S. 2 f.) 8 Die offizielle Einladung nach Berlin wurde am 11. November 1896 verschickt (vgl. Beiträge zu den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses (wie Anm. 2), MWG I/5, S. 660).
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Marianne Weber 20. November 1896; [Berlin] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der Ort ist aus dem Briefinhalt erschlossen. Der Brief steht in Zusammenhang mit den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern, an denen Max Weber vom 19. bis zum 26. November 1896 teilnahm (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Telegramm an das Reichsamt des Innern vom 7. November 1896, oben, S. 221).
Reichsamt des Innern 20/11 96 Liebes Schnäuzchen,
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bisher ist die Sache strapaziös durch die unbeschreibliche Langstieligkeit der Erörterungen, wir haben bisher ungefähr 1/ 30 unsres Pensums erschöpft und wenn die Sache so weitergeht, bleibe ich bis Neujahr hier. Manches an der Sache ist ja ganz lustig: wir sitzen im Sitzungszimmer des Bundesraths. Die Börsenkerle haben den ganzen Haupttisch, wo Preußen sitzt, okkupiert. Die Agrarier haben die Plätze einiger mittlerer Randstaatena besetzt, und, von beiden verschmäht, sitzen College Lexis und ich vor den Schreibmappen von Reuß älterer und jüngerer Linie ganz fern in der Ecke.1 Mein nächster Nachbar ist ein Franzose aus dem Elsaß, der kaum versteht, was gesagt wird, und immer auseinandergesetzt haben will, warum und worüber denn eigentlich die Leute verschiedener Ansicht seien.2 Bisher geht es noch ganz höfl ich zu, die Knalleffekte kommen wohl erst morgen.3 Die feinere Sorte der Agrarier – Graf Kanitz,4 Graf Schwerin5 – schweigen. Nur die Knoten, a Alternative Lesung: Reststaaten 1 Die beiden thüringischen Klein-Fürstentümer hatten jeweils eine Stimme im Bundesrat und standen für die deutsche Kleinstaaterei. 2 Es handelt sich, laut Namensverzeichnis der Mitglieder des provisorischen Börsenausschusses, um Edouard Jaunez, den Präsidenten des elsaß-lothringischen Landwirtschaftsrates (vgl. den Anhang zum Editorischen Bericht zu „[Beiträge zu den] Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in der Zeit vom 19. bis 26. November 1896“, MWG I/5, S. 671). 3 Am dritten Sitzungstag, dem 21. November, wurde § 6 der Regierungsvorlage beraten, wobei sich eine längere Diskussion um die Bedingungen bei der Zulassung ausländischer Wertpapiere, speziell um die Frage der Feststellung der Finanzverhältnisse emittierender Staaten oder Körperschaften entspann (vgl. Beiträge zu den Verhandlungen (wie Anm. 2), MWG I/5, S. 658–735, hier: S. 688–696). 4 Hans Wilhelm Graf von Kanitz(-Podangen), ostpreußischer Rittergutsbesitzer. 5 Hans Axel Tammo Graf von Schwerin(-Löwitz), Rittergutsbesitzer und Präsident der pommerschen Landwirtschaftskammer.
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Graf Arnim6 und Gamp,7 legen los, Einerb von ihnen hat schon so viel zusammengesprochen wie wir Anderen alle zusammengenommen.8 – Gestern war Donnerstag Abend,9 wir hatten ziemlich schwere Arbeit und Ernst’s Frau10 wird Gelegenheit zu einer Gardinenpredigt bekommen haben. Bisher habe ich den Schirm und also auch das Schnäuzchen noch nicht vergessen, nicht einmal gestern bei Kempinsky.11 Mama ist offenbar recht wohl, Alfred nun in 14 Tagen etwa mit seinem Buche fertig.12 Schick mir doch alle Briefe, die gekommen sind, hierher. Schönsten Gruß und Kuß Max
b einer > Einer
6 Traugott Hermann Graf von Arnim(-Muskau), seit dem Ankauf der Standesherrschaft Muskau in der Oberlausitz Großgrundbesitzer. 7 Karl Gamp, Geheimer Ober-Regierungsrat a.D., von der Deutschen Reichspartei. 8 Es handelt sich hierbei wohl um Karl Gamp (vgl. Beiträge zu den Verhandlungen (wie Anm. 2), MWG I/5, S. 666, Anm. 38). 9 Der „Donnerstagabend“ war ein informeller Kreis, an dem Max Weber zu seiner Berliner Zeit gemeinsam mit seinem Bruder Alfred Weber teilnahm. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Alfred Weber vom 15. Jan. 1895, oben, S. 54. 10 Webers Schwester Clara, Ernst Mommsens Ehefrau. 11 Gemeint ist das Weinrestaurant „Kempinsky & Co.“ in der Leipziger Straße 25. 12 Alfred Weber stand vor dem Abschluß seiner Dissertation: Hausindustrielle Gesetzgebung und Sweating-System in der Konfektionsindustrie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1897, die zu Beginn des Jahres 1897 zugleich als Artikel in: SchmJb, Jg. 21, 1897, Heft 1, S. 271–305, erschien. Vgl. hierzu den Brief an Alfred Weber vom 17. Jan. 1897, unten, S. 280 f.
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Marianne Weber [22]. November 1896; o.O. Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Tagesdatum ist erschlossen aus dem Verweis „Nun aber muß ich für heute – es ist 2 Uhr – zu Bett“ am Ende des Briefes. Zum Kontext, den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern, an denen Max Weber vom 19. bis zum 26. November teilnahm, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Telegramm an das Reichsamt des Innern vom 7. November 1896, oben, S. 221.
22a /XI 96. Liebes Schnäuzchen,
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wie lange die Sache hier noch dauert, kann kein Mensch wissen, ich habe heut erst einmal Schmidt1 und Rickert2 geschrieben, daß ich Rikkert junior erst am Sonnabend prüfen kann.3 Ich reise Montag nach Erfurt,4 kehre Abends zurück, und muß dann jedenfalls noch bis Donnerstag Abend hier bleiben, bin also wie ich hoffe – aber das ist das Frühste – Freitag 1 Uhr zurück. Die Sache ist jetzt lebhafter und auch interessanter geworden. Zum großen Zorn der Agrarier hat man mich mit in eine Commission gewählt, in der ich mit dem Grafen Kanitz und einer Anzahl Börsen-Kerls über die Zukunft des deutschen Getreidehandels berathen soll.5 Einige lebhafte Zusammenstöße mit diesen a O: 21 1 Richard Schmidt, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg. Max Webers Schreiben ist nicht überliefert. 2 Franz Rickert. Das Schreiben Max Webers ist nicht überliefert. 3 Max Weber bezieht sich auf das Promotionsverfahren seines Freiburger Schülers Franz Rickert. In seinem Gutachten zu Rickerts Dissertation (veröffentlicht unter dem Titel: Das Schreinergewerbe in Freiburg i. Br. (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Band 69). – Leipzig: Duncker & Humblot 1896) hatte Max Weber am 15. November 1896 die Anberaumung eines Termins für die mündliche Prüfung beantragt. Vgl. Max Webers Promotionsgutachten vom 15. Nov. 1896, UA Freiburg i. Br., B 100/405, Bl. 143 und 151 (MWG I/13). Die Prüfung war per Zirkular vom 21. Nov. 1896 (Promotionsakte Franz Rickert, UA Freiburg, Juristische Fakultät, Protokoll-Beilagen 1896/97, Dekanat Richard Schmidt, B 110/405, Bl. 153) für den 24. November anberaumt worden, wurde dann jedoch auf Montag, den 30. November 1896 vertagt (ebd., Nachtrag des Dekans Richard Schmidt). 4 Zur Gründungsversammlung des Nationalsozialen Vereins, die vom 23. bis 25. November 1896 in Erfurt stattfand. Aufgrund seiner Verpflichtung bei den Sitzungen des provisorischen Börsenausschusses in Berlin nahm Max Weber nur am Montag, dem 23. November teil. Vgl. [Diskussionsbeitrag in der Debatte über das allgemeine Programm des Nationalsozialen Vereins], MWG I/4, S. 612–622, sowie die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Martin Rade vom 7. Dez. 1896, unten, S. 236. 5 Webers Wahl in die Subkommission zur Vorberatung der beiden Eingaben zur Reform
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Herrschaften sind schon erfolgt und auch ich habe mich mit diesen desparaten Kunden schon mehrfach gekabbelt, aber der Tonfall ist bisher ein so höfl icher, daß nicht zu befürchten ist, man werde sich nun demnächst paarweise totschießen. Wie es nun eben so geht, habe ich bisher anscheinend das Wohlgefallen der Millionen-Knöpfe erregt, wenigstens drückt mir der Geh. Commerzienrath von Mendelssohn Bartholdy6 immer so intensiv die Hand, daß ich immer mich wundre, nicht einen Check über einige 100.000 Mark unter meiner Schreibmappe – die sonst von Reuß älterer Linie benutzt wird7 – zu fi nden. – Die Art und Weise der Existenz bekommt mir sehr gut: um ½11 geht die Sache los, man braucht also nicht kurz nach Mitternacht aus den Federn zu kraufenb, um 1 ist Frühstückspause, dann darf geraucht werden, um ¾6 ist Alles zu Ende, dann geht man gruppenweise irgendwohin, z. B. ich zu Kempinsky,8 wo ich die Erfahrung mache, daß ich Austern am besten kauen kann und Pommery sec am besten jede Spur von Neuralgie vertreibt – die übrigens bei mir fast vollständig verschwunden ist.9 Nachher wird zu Hause noch bis 1 Uhr geplaudert und dann ins Bett gegangen. Heut Abend, wo die Eltern zunächst – bis eben – bei Mühlenbruchs10 waren, und Alfred diesen Augenblick von Sering heimkommt, b Unsichere Lesung. der Produktenbörsen war am dritten Verhandlungstag, dem 21. November, erfolgt (vgl. „[Beiträge zu den] Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in der Zeit vom 19. bis 26. November 1896“, MWG I/5, S. 658–735, 696). Graf von Arnim hatte eine solche Unterkommission vorgeschlagen, war allerdings mit seinem Versuch gescheitert, diese mehrheitlich mit Vertretern landwirtschaftlicher Interessen zu besetzen. Die siebenköpfige Kommission setzte sich schließlich aus jeweils drei Vertretern des Handels (Adolf Frentzel, Heinrich Haker und Franz Schröter) bzw. der Landwirtschaft sowie Max Weber zusammen („Bericht des provisorischen Börsenausschusses, betreffend die Neuordnung der Verkehrsnormen an den deutschen Produktenbörsen“, ebd., S. 736–776, Editorischer Bericht, S. 736–743, bes. S. 737 f.). 6 Ernst von Mendelssohn Bartholdy, Seniorchef des Berliner Bankhauses Mendelssohn & Co., war Mitglied des provisorischen Börsenausschusses. 7 Zu dieser Anspielung auf die Sitzordnung des Ausschusses im Sitzungssaal des Bundesrates vgl. Max Webers Brief an Marianne Weber vom 20. Nov. 1896, oben, S. 227 mit Anm. 1. 8 Das Weinrestaurant „Kempinsky & Co.“, in der Leipziger Straße 25. 9 Max Weber hatte vor seiner Berlinreise an Gesichtsschmerzen gelitten. Marianne Weber schrieb in einem Brief an Helene Weber, undat. [Herbst 1996] (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Denke, Max hat schon seit 14 Tagen ekliche neuralgisch-rheumatische Gesichtsschmerzen – sodaß wir einen Arzt gefragt haben – es ist aber nicht viel zu machen u. Max behauptet es wäre ihm viel lieber so, als wenn er wie sonst nach der Influenza Kopfschmerzen hätte – aber es ist doch recht lästig für ihn, u. wir haben unruhige Nächte gehabt.“ 10 Es könnte sich um den Maler Johann Mühlenbruch handeln. Mühlenbruch lebte seit
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war ich nach Kempinsky bei Clara. Ernst war in einer Gesellschaft und ich mußte das kleine Familienscheusal gebührend bewundern.11 Es ist übrigens ein ganz kräftiges Lümmelchen, was wohl seiner Zeit seinen Schoppen hebenc wird. – Nun aber muß ich für heute – es istd 2 Uhr – zu Bett, – leb wohl [,] vergiß mich nicht und bitte schicke Bertha12 doch mit dem e anliegenden Anschlag sofortf zum Oberpedell in die Universitäte[.]13 Alfred grüßt herzlich. Es küßt Dich Dein Max
c Unsichere Lesung. unterstrichen.
d 〈z[?]〉
e–e O: zweifach unterstrichen.
f O: dreifach
1879 in Berlin und gestaltete dort unter anderem auch drei heute zerstörte MonumentalWandbilder im Treppenhaus des Berliner Rathauses (Baedeker, Karl, Berlin und Umgebungen. Handbuch für Reisende, 7. Aufl. – Leipzig: Verlag von Karl Baedeker 1891, S. 130 f.). 11 Konrad Mommsen (jun.), der kleine Sohn von Clara und Ernst Mommsen (vgl. hierzu den Brief an Clara Mommsen vom 11. Nov. 1896, oben, S. 225). 12 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen. 13 Der beiliegende Anschlag ist nicht überliefert; Oberpedell der Freiburger Universität war 1896 Fabian Riffel.
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Marianne Weber [25.] November 1896; Charlottenburg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Tagesdatum ist aus dem Hinweis: „Morgen (Donnerstag) wird die Sache wohl ähnlich verlaufen“ erschlossen; der 26. November 1896 war ein Donnerstag. Zu den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern, an denen Max Weber vom 19. bis zum 26. November teilnahm, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Telegramm an das Reichsamt des Innern vom 7. November 1896, oben, S. 221; zu den im Brief gleichfalls angesprochenen Differenzen während der Gründungsversammlung des Nationalsozialen Vereins vom 23. bis 25. November 1896 in Erfurt vgl. den Brief an Martin Rade vom 7. Dezember 1896, unten, S. 236–238, mit Editorischer Vorbemerkung.
Charlottenburg 25a /11 96 Liebes Mariännchen! Ich habe eben Schmidt telegraphiert, daß ich auch Sonnabend noch nicht examinieren kann.1 Es ist möglich, daß der Ausschuß morgen fertig wird. Dann aber werde ich den Bericht an den Bundesrath, dessen Erstattung ich nicht entgehen kann, abzufassen haben.2 Da Börsenleute und Agrarier bezüglich des zweiten, die Produktenbörse betreffenden Teils auf mich verfallen sind, so werde ich meine heute ausgesprochene Weigerung morgen nicht aufrecht erhalten können.3 Es ist nun möglich, daß ich Freitag zu Sonnabend Nacht abfahren kann, aber es ist absolut nicht sicher. Es kann sein, daß ich also Sonnabend Mittag bei meinem kleinen Schnäuzchen bin, aber es kann auch Abend werden. – Die Schinderei ist ganz bedeutend, ich habe gestern von 9 Uhr bis 1 und von 2–6 gesessen und dann in der Nacht meinen Bericht vera Alternative Lesung: 23 1 Richard Schmidt, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg. Das Telegramm, welches sich auf die kurz bevorstehende Promotionsprüfung Franz Rickerts bezogen haben muß (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 22. Nov. 1896, oben, S. 229 mit Anm. 3), ist in den Fakultätsakten (UA Freiburg i. Br., B 110/405) nicht überliefert. 2 Es handelt sich um den „Bericht des provisorischen Börsenausschusses, betreffend die Neuordnung der Verkehrsnormen an den deutschen Produktenbörsen“, MWG I/5, S. 736– 776. 3 Am folgenden Tag nahm Max Weber die Ernennung zum Berichterstatter tatsächlich an (vgl. die Editorischen Berichte zu: Bericht des provisorischen Börsenausschusses (wie Anm. 2), S. 736–743, bes. S. 738 f., sowie zu „[Beiträge zu den] Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses im Reichsamt des Innern in der Zeit vom 19. bis 26. November 1896“, MWG I/5, S. 658–672, hier: 664 f.)
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faßt, heute wieder von 10–6 ohne Pause für mich, da ich, während die Andren frühstückten, ihn fertig machen mußte.4 Morgen (Donnerstag) wird die Sache wohl ähnlich verlaufen. Ich freue mich trotz Kempinsky darauf, wieder zu Hause zu sein.5 Montag in Erfurt hatte Naumann die Sache insofern arg verpfuscht, als er einen ganz neuen Programm-Entwurf vorlegte, in dem er die Frauenfrage (!) und die Stellungnahme gegen dieb Großgrundbesitzerc gestrichen hatte. Die Folge war, daß ich in scharfer Weise ihn und die ganze „Partei“ angriff, sagte, daß sie auf diese Weise „politische Hampelmänner“ würden, und bemerkte, daß wenn die jetzige Art der Behandlung der Polenfrage fortdauere, ich die Zeit6 weder halten noch unterstützen, sondern auf das Äußerste bekämpfen würde.7 Frau Gnauck hat ihm ebenfalls einen scharfen Angriff zu teil werden lassen.8 Das Gequatsche der Pfaffen, aus denen zu ¾ die Versammlung bestand,9 und dies ganze Schauspiel, wie politische Kinder in die Speichen des Rades der deutschen Entwicklung einzugreifen suchten, war über die Maßen kläglich. – Nun, es ist schließlich auf die Gründung der b 〈Großbesitz〉
c O: Großgrundbesitz
4 Max Weber war bereits am 24. November gebeten worden, den Bericht der Unterkommission im Plenum des Ausschusses vorzustellen (Bericht des provisorischen Börsenausschusses (wie Anm. 2), Editorischer Bericht, S. 736–743, bes. S. 738). 5 Die Sitzungen wurden schließlich am Abend des 26. November doch abgeschlossen und Weber reiste am 27. November zurück (vgl. Beiträge zu den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses (wie Anm. 3), Editorischer Bericht, S. 665). 6 Die von Naumann seit 1. Oktober 1896 herausgegebene Tageszeitung „Die Zeit“. 7 Zu Webers Auftreten bei der Gründungsversammlung des Nationalsozialen Vereins vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Martin Rade vom 7. Dez. 1896, unten, S. 236; Webers Diskussionsbeitrag ist ediert in MWG I/4, S. 619–622 (Diskussionsbeitrag in der Debatte über das allgemeine Programm des Nationalsozialen Vereins). 8 Die Sozialpolitikerin Elisabeth Gnauck-Kühne hatte am ersten Verhandlungstag ihr Befremden darüber ausgedrückt, daß Friedrich Naumann den ursprünglichen Paragraphen zur Frauenfrage in seinem Neuentwurf gestrichen hatte. Unter lebhaftem Beifall forderte sie dessen Wiederaufnahme. Der von Naumann gestrichene Paragraph zur Frauenfrage wurde daraufhin leicht abgeändert in das Programm wiederaufgenommen: „Wir sind für eine Regelung der Frauenfrage im Sinne einer größeren Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Stellung der Frau und ihrer Zulassung zu solchen Berufen und öffentlich rechtlicher Stellung, in denen sie die fürsorgende und erziehende Thätigkeit für ihr eigenes Geschlecht wirksam entfalten kann.“ (Vgl. Protokoll über die Vertreter-Versammlung aller National-Sozialen in Erfurt vom 23. bis 25. November 1896. – Berlin: Verlag der „Zeit“ o.J. [1897], S. 50 und S. 70 f., das Zitat S. 70 f.; hinfort: Protokoll über die Vertreter-Versammlung). 9 Mit 42 von 116 Vertretern stellten die Pfarrer die stärkste Gruppe, ein gutes Drittel der Versammlungsteilnehmer. Vgl. Düding, Der Nationalsoziale Verein, S. 47, Anm. 4.
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„Partei“ verzichtet worden, wie ich aus der Zeitung sehe und man hat einen „Verein“ gegründet. Was dann daraus weiter werden wird, ist abzuwarten. Ich glaube: wenig. Naumann ist eben schwach gewesen und vor den Berliner Kerls: Hans Delbrück & Genossen, zurückgewichen.10 Näheres mündlich. – Mama befi ndet sich recht wohl, muß ich wirklich sagen, und ist in jeder Beziehung normal und für Alles sehr interessiert. Also Du hast einmal wieder eine Frauendebatte gehabt mit diesen Spießbürgern, und scheinst Dich doch recht aufgeregt zu haben, ich sehed ordentlich, was Du für ein rothes Köpfchen gekriegt hast. Mich freut nur, daß Schmidts von Stutz einmal die Consequenz ihrer Auffassung der Stellung der Frau gehört haben.11 Bei Stutz ist sie aus Schweizer Verhältnissen erklärlich und entspricht dem absoluten Mangel an Lebenserfahrung, der ihn auszeichnet, ein so braver Kerl er im Übrigen ist.12 Als Wirtschafterin, die zugleich Maitresse wäre, könnte ja Dem, der daran Geschmack hat, eine Frau in dieser Position gefallen: nur müßte er sie dann doch auch, sobald sie ihm nicht mehr gefällt, auch zum Teufel jagen können. – Und in Rickert’s Seminar hast Du auch ein Correferat übernommen?13 Das wird aber auch wieder einige d Unsichere Lesung. 10 Vgl. hierzu den Brief an Martin Rade vom 7. Dez. 1896, unten, S. 237, Anm. 5. 11 Über ihre Freiburger Hausnachbarn, den Juristen Richard Schmidt und seine Frau Tilla Rosalin, mit denen Max und Marianne Weber näher bekannt waren, schrieb Marianne Weber wenig später in einem Brief an Helene Weber vom 28. Jan. 1897 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „ – wenn er nur nicht so ein furchtbarer Spießbürger in mancher Beziehung wäre, u. immer das Bedürfnis[,] ein klein wenig Pädagogik zu treiben [. . .] hätte. Die kleine Frau, garnicht dumm u. auch geistig regsam, aber immer voll Angst vor allem, was nicht in ihre Schablone paßt“. Offenbar war es während Max Webers Abwesenheit im privaten Kreis zu einer Diskussion über die Stellung der Frau gekommen, an der auch der aus Zürich stammende Jurist Ulrich Stutz beteiligt war. Stutz, im Herbst 1896 an die Universität Freiburg berufen, hatte zunächst geplant, seine Antrittsvorlesung „über die Stellung der Frau im bürgerlichen Gesetzbuch“ zu halten (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [24. August 1896], ebd.), dieses Vorhaben dann allerdings doch nicht realisiert. 12 Ulrich Stutz war zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt und unverheiratet. 13 Marianne Weber besuchte im Wintersemester 1896/97 als Gasthörerin Heinrich Rikkerts Seminar: Geschichte der neueren Philosophie (von der Renaissance bis Kant) (vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1896/97, S. 10). An Helene Weber schrieb sie Ende November, sie werde morgen dort ihre Gedanken „auf das Abstrakte u. den kategorischen Imperatif [!] richten, zum Glück aber noch nicht selber das Wort führen, das kommt erst in 14 Tagen, u. ich habe gehörig dafür zu arbeiten, was mir eigentlich jetzt vor Weihnachten etwas [viel] wird“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [29. Nov. 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Laut Max Webers
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Tage mit rothem Köpfchen geben! – Freitag wirst Du nun wohl die eventuell erscheinenden Leute, die nichts von meiner Abwesenheit wissen, allein empfangen müssen.14 Verzapf ihnen guten Wein und Cigarren und behandle sie mütterlich. Lüroth schreibe ich lieber doch ab.15 Ich werde es sehr höfl ich und freundlich thun, aber es ist mir wirklich zue unerträglich. Meine Neuralgie, – hier so gut wie ganz verschwunden, – muß als Vorwand dienen. Nun sei fidel, mein kleiner Liebling, bis ich wieder komme, und behalte lieb Deinen Max
e Unsichere Lesung. Brief an Alfred Weber vom 17. Jan. 1897, unten, S. 282, hielt Marianne Weber zumindest einen Teil ihres Referats am 17. Januar 1897. 14 Tatsächlich kamen an diesem Abend Karl Weber, der eine Studienreise unternahm, und auch ein Freund Ernst Mommsens überraschend zu Besuch (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [29. Nov. 1896], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 15 Möglicherweise der Freiburger Mathematiker Jacob Lüroth. Der Bezug ist unklar, ein Schreiben Max Webers an Lüroth nicht ermittelt.
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Martin Rade [7.] Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Marburg, Ms. 839, Nl. Martin Rade Der Brief bezieht sich auf Max Webers Auftreten auf der Gründungsversammlung des Nationalsozialen Vereins, die vom 23. bis 25. November 1896 in Erfurt stattfand. Obwohl er Friedrich Naumann schätzte und politisch unterstützte, machte er auf dieser Versammlung keinen Hehl daraus, daß er die Parteigründung nicht nur für verfrüht, sondern auch inhaltlich für verfehlt hielt. Er warf Naumann einen Mangel an politischem Denken vor. Vor allem beklagte er, daß Naumann einen neuen Programmentwurf vorgelegt habe, der in zentralen Punkten von dem ursprünglichen Entwurf, auf dessen Basis allein er erschienen sei, abweiche. Dazu gehörte die Einführung eines neuen Passus in Bezug auf die Rolle der Gebildeten bei der Unterstützung der Arbeiterschaft, wohingegen zwei andere Paragraphen, an denen Max Weber besonders viel lag, gestrichen worden waren: Die Forderungen nach ökonomischer und rechtlicher Besserstellung der Frau sowie nach Zurückdrängung des Großgrundbesitzes zugunsten der verstärkten Ansiedlung deutscher Bauern in den östlichen Provinzen Preußens. Darüber hinaus brandmarkte er scharf die redaktionelle Ausrichtung der neuen Tageszeitung „Die Zeit“ bei der Behandlung der Polenfrage durch Hellmut von Gerlach. Notwendig aber sei, und darin kulminierte seine Kritik, das klare Bekenntnis zu einer „nationale[n] Partei der bürgerlichen Freiheit“. (vgl. Weber, Max, [Diskussionsbeitrag in der Debatte über das allgemeine Programm des Nationalsozialen Vereins], in: MWG I/4, S. 619–622, das Zitat S. 621; vgl. ausführlich zum Kontext den Editorischen Bericht, ebd., S. 612–618). Der Effekt der Rede wurde noch dadurch verstärkt, daß sich Max Weber wegen seiner Teilnahme an den Sitzungen des provisorischen Börsenausschusses in Berlin vom 19. bis 26. November 1896 nur am 23. November in Erfurt aufhalten konnte, so daß es zu keiner Aussprache über die von ihm vorgetragene, vernichtende Kritik hatte kommen können. Jedoch kam es, wie sich dem folgenden Brief entnehmen läßt, nach Max Webers Abreise zu Attacken auf ihn, über die ihm Martin Rade, der Herausgeber der „Christlichen Welt“, Schwager und politische Weggefährte Friedrich Naumanns, berichtete.
Fr. 7.a XII. 96. Verehrter Herr Pfarrer! Bitte thun Sie das nicht! Ich pflege selbst deutlich zu sein und beschwere mich nicht, wenn es auch Andre gegen mich sind. Natürlich wäre es ja richtiger, nur Anwesende zu attackieren,1 und ich pflege das meinerseits zu thun. Aber ich kann so etwas nicht tragisch nehmen. – a Unsichere Lesung des Tagesdatums. 1 Max Weber reiste nachmittags wieder von Erfurt nach Berlin zurück (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 22. Nov. 1896, oben, S. 229: „Ich reise Montag nach Erfurt, kehre Abends zurück“); wahrscheinlich hat er daher die Kritik, die die beiden Redakteure der „Zeit“, Hellmut von Gerlach und Heinrich Oberwinder, gegen ihn vorbrachten, nicht mehr zur Kenntnis nehmen können. Besonders Gerlach distanzierte sich scharf von Max Weber: „Die Nietzschesche Herrenmoral werde ich in der Politik nie mitmachen.“ (Protokoll über die Vertreter-Versammlung (wie oben, S. 233, Anm. 8), S. 53–55, das Zitat: S. 54).
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Sie sagen, daß Sie mein Auftreten nicht verstehen. Nun – Sie sind nicht Politiker genug, um die tiefe Empörung nachzufühlen, die einen solchen ergreifen muß, wenn er politische Kinder, wie Göhre2 und 90% der anwesenden Pastoren3 es sind, |:ohne eine Ahnung von ihrer furchtbaren Verantwortlichkeit:| ihre Hand an das Steuerruder des Staatsschiffes legen sieht. Er mag die Kinder selbst recht gern haben, aber es handelt sich um eine gute und große Sache, die durch diese Verhandlungen, an die ich lange mit Schaudern zurückdenken werde, dem Gespött aller Welt preisgegeben und vorläufig innerlich gebrochen ist. Davon können Sie Sich durch Rückfragen bei jedem Unbefangenen überzeugen. Daß ich das, was die Außenstehenden bei diesem Eindruck empfi nden mußten, in der Verhandlung sagte, entspricht nun einmal meiner Natur. Und nicht zuletzt empörte es mich zu sehen, wie eine Persönlichkeit wie Naumann an diese jammervollen Schwätzer gekettet ist, von denen die Hälfte wie ich sehr wohl gesehen habe, jedesmal Beifall klatschte, sowohl dem der für als dem der gegen Streichung des berufenen „§ 6“ stimmte!4 Dazu die Enttäuschung über ihn selbst, über dies schwächliche Zurückweichen gegenüber Intrigantenb wie Gerlach und Leuten, die nicht grade diese, aber |:eine:| ähnliche Bezeichnung verdienen, wie Delbrück.5 – Kurz die Sache ist für mich b O: Intriguanten 2 Gemeint ist Paul Göhre. 3 Zur Zahl der teilnehmenden Pastoren vgl. den Brief an Marianne Weber vom 25. Nov. 1896, oben, S. 233, Anm. 9. 4 Der neue, von Friedrich Naumann unerwartet auf der Vertreterversammlung vorgelegte Programmentwurf enthielt unter Punkt 6 folgenden Passus: „Im Mittelpunkt des geistigen und sittlichen Lebens unseres Volkes steht nach unserer Überzeugung der Glaube an Jesus Christus, der nicht zur Parteisache gemacht werden darf, sich aber auch im öffentlichen Leben als Macht des Friedens und der Gemeinschaftlichkeit bewähren soll.“ (Protokoll über die Vertreter-Versammlung (wie oben, S. 233, Anm. 8), S. 39). In der sich anschließenden Debatte war umstritten, ob er Aufnahme in das Parteiprogramm finden solle. Während etwa der spätere Bodenreformer Adolf Damaschke sich gegen eine Aufnahme aussprach, bezeichnete der evangelische Theologe Ernst Trommershausen eine Streichung als „Opportunismus“ (ebd., S. 45–47, das Zitat S. 47). 5 Möglicherweise spielt Max Weber hier auf eine Kontroverse zwischen Hans Delbrück und Friedrich Naumann an, die im Vorfeld der Gründung des Nationalsozialen Vereins, Anfang November 1896, in der „Zeit“ veröffentlicht wurde. Delbrück hatte sich, wie bereits zuvor in den von ihm herausgegebenen Preußischen Jahrbüchern, grundsätzlich positiv zu Naumanns politischen Vorhaben geäußert. Er hatte auch die Einbeziehung der Gebildeten in die neue Bewegung zur Unterstützung der geplanten nationalen Arbeiterpartei christlich-sozialer Observanz begrüßt. Dennoch stellte er klar, daß er sich dieser Partei nicht anschließen werde. (Vgl. ausführlich dazu, mit allen weiteren Angaben, Düding, Der Nationalsoziale Verein, S. 45 f., sowie Theiner, Peter, Sozialer Liberalismus und deutsche
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zunächst tot und ich bleibe in meiner Schreibstube. Vielleicht sehe ich Sie bei Gelegenheit einmal. Herzlichen Gruß Ihr Max Weber
Weltpolitik. Friedrich Naumann im Wilhelminischen Deutschland (1860–1919). – Baden-Baden: Nomos 1983, S. 106; hinfort: Theiner, Sozialer Liberalismus). Hans Delbrück nahm an der Vertreterversammlung, wie aus dem Teilnehmerverzeichnis hervorgeht, nicht teil. Vgl. Protokoll über die Vertreter-Versammlung (wie oben, S. 233, Anm. 8), S. 81–83.
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Friedrich Naumann 9. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 111–112 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Gründung des Nationalsozialen Vereins und der vernichtenden Kritik, die Max Weber auf der Gründungsversammlung vom 23. bis 25. November 1896 dazu vorgetragen hatte (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Martin Rade vom 7. Dezember 1896, oben, S. 236). Max Weber hatte seine Teilnahme an den Sitzungen des Börsenausschusses in Berlin vom 19. bis 26. November 1896 nur für einen Tag, den 23. November, unterbrochen, um an der Gründungsversammlung teilzunehmen (vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 22. November 1896, oben, S. 229). Daher hatte sich keine Gelegenheit mehr für Friedrich Naumann und seine Anhänger ergeben, ihren Standpunkt in den folgenden Tagen gegenüber Weber zu verteidigen. Naumann verfaßte deshalb einen Artikel, durch den er hoffte, die Debatte in der „Zeit“ weiterzuführen. Diesen Artikel kündigte er Max Weber offensichtlich zuvor an, wobei er ihn zugleich bat, eine Replik in der „Zeit“ vorzubereiten.
Fr. 9. XII. 96. Verehrter Freund!
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Ich schicke Ihnen in einigen Tagen, sobald ich meine Colleggelder habe, die 300 Mk für Frau Rauh.1 Ihren Artikel enthält die heutige „Zeit“ noch nicht.2 Ich muß sagen, daß ich an sich nicht geneigt wäre, in der Zeit irgend etwas zu schreiben. Ich bin mit allen meinen Bekannten [,] die ich irgend gesprochen habe, die Alle für Sie das herzlichste Interesse haben, darüber einig, daß der Ton der Artikel des Herrn v. Gerlach, auch der z. B. auf den Prozeß Lützow-Leckert bezügliche,3 auf dem Niveau des „Kleinen 1 Offensichtlich handelt es sich um eine Mitarbeiterin Friedrich Naumanns. Näheres konnte nicht ermittelt werden. 2 Dieser Artikel erschien erst drei Tage später (Naumann, Friedrich, Das Ergebnis von Erfurt, in: „Die Zeit“, Nr. 62 vom 12. Dez. 1896, S. 1). Hier heißt es eingangs: „Professor Max Weber aus Freiburg war leider beruflich verhindert, länger als einen Tag in Erfurt zu bleiben. Dadurch ist es gekommen, daß der von ihm ausgesprochene Gedankengang in der Spezialdebatte in seinen Konsequenzen für die einzelnen Punkte unseres Programms nicht hinreichend erörtert worden ist. Wir wollen versuchen, nachträglich die Debatte in dieser Hinsicht zu ergänzen, indem wir hoffen, daß Professor Weber selbst im weiteren Verlauf der Besprechung das Wort ergreift.“ 3 Vgl. den Artikel von Hellmut von Gerlach über den „Prozeß Leckert-Larsen u. Gen[ossen]“, in: „Die Zeit“, Nr. 55 vom 4. Dez. 1896, I. Beiblatt. Angeklagt in diesem Beleidigungsprozeß waren die beiden Journalisten Karl von Lützow und Heinrich Leckert (alias Larsen). Wie sich herausstellte, waren sie von dem Kommissar der politischen Polizei in Berlin, Eugen von Tausch, benutzt worden, um in der Presse Artikel mit unhaltbaren Vorwürfen gegen den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Adolf Freiherr Marschall von Bieberstein, und den Oberhofmarschall, August Graf zu Eulenburg, zu lancieren, in denen diese beschul-
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Journal“4 steht und die Zeitung in ein Christl.-Soziales Käseblatt verwandeln wird. Und halten Sie es wirklich für richtig, daß ich die Grundrichtunga der Zeitung in ihr selbst angreife? Redaktionsabstriche ließe ich mir nicht gefallen, schweigen kann die Redaktion auch nicht, sie muß auch das letzte Wort haben. Mit Ihnen will ich gern diskutieren, aber mit politischen Renegaten, die jetzt die erste Violine spielen wollen, 5 nicht. Wenn Sie es wirklich für das Richtige halten, so will ich mir gern überlegen, ob ich es gewissenhafterb Weise kann. Das mag Ihnen als Wichtigthuerei erscheinen, aber es entspricht meinem Empfi nden. Es scheint mir, ich habe „einen andern Geist“, als Ihre Verbündeten. Das wird an unserenc Beziehungen, nicht nur an den persönlichen, von meiner Seite nichts ändern, aber zu den andren Herrn wünsche ich in kein Verhältnis zu treten. Anfang Januar spreche ich voraussichtlich in Saarbrücken im Handwerker-Verein.6 Besten Gruß Ihr Max Weber a Unsichere Lesung.
b O: gewisserhaften
c 〈nicht nur〉
digt wurden, im Interesse einer von England beeinflußten „Nebenregierung“ zu handeln. In deren Interesse hätten sie Falschmeldungen über den offiziellen Trinkspruch des Zaren anläßlich seines Zusammentreffens mit Wilhelm II. in Breslau am 5. September 1896 in Umlauf gebracht, um gezielt die deutsch-russischen Beziehungen zu gefährden. Auf einen Beschluß des Kronrats wurde daraufhin gegen die beiden Journalisten Klage wegen Verleumdung erhoben. Der Prozeß wurde am 2. Dezember 1896 eröffnet und endete am 7. Dezember 1896 mit der Verurteilung von Lützow und Leckert zu jeweils 18 Monaten Gefängnis. Ob Eugen von Tausch von der politischen Polizei aus eigenem Antrieb agiert hatte oder von hochkonservativen Hintermännern oder der Familie Bismarck dazu bewogen worden war, ist nie aufgeklärt worden. Der „Leckert-Lützow-Tausch-Prozeß“ gilt als Auftakt zur Regierungskrise von 1897. Vgl. Schulthess 1896, S. 104 und S. 145 f.; sowie Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band 4, Struktur und Krisen des Kaiserreichs, 2., verb. und ergänzte Aufl. – Stuttgart: Kohlhammer 1982, S. 281–283. 4 „Das kleine Journal“ (Berlin 1878–1918; 1920–1935; 1918–19 unter dem Titel: Berliner Mittagszeitung. Das kleine Journal) war nach dem Vorbild des französischen „Le Petit Journal“ konzipiert und markierte den Beginn der Massenpresse. 5 Gemeint sind die beiden Redakteure der „Zeit“, Hellmut von Gerlach und Heinrich Oberwinder, die vor ihrer Zusammenarbeit mit Friedrich Naumann die konservative, christlich-soziale Zeitung „Das Volk“, die von Adolf Stoecker herausgegeben wurde, redigiert hatten. Vgl. Wenck, Martin, Die Geschichte der Nationalsozialen von 1895 bis 1903. – Berlin: Buchverlag der „Hilfe“ 1905, S. 48 f. 6 Max Weber hielt am 9. Januar 1897 im Handwerkerverein St. Johann-Saarbrücken einen Vortrag über „Die bürgerliche Entwickelung Deutschlands und ihre Bedeutung für die Bevölkerungs-Bewegung“ (MWG I/4, S. 810–818). In diesem für sozialpolitische Fragen offenen Verein, der eher ein Volksbildungs- als ein Handwerkerverein war, hatte Friedrich Nau-
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Erscheint ein Stenogramm oder Protokoll? Dann muß ich meine Äußerungen zur Durchsicht haben.7 Die Zeitungsberichte waren skandalös,8 der in der „Zeit“ der schlechteste vond allen! 9
d 〈A〉 mann zuvor bereits zweimal vorgetragen. Der Verein versuchte so dem Einfluß des saarländischen Schwerindustriellen und Mitglieds der Deutschen Reichspartei, Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg, zu begegnen. Vgl. dazu ebd., S. 810. 7 Vgl. Protokoll über die Vertreter-Versammlung (wie oben, S. 233, Anm. 8). Der Beitrag Max Webers erschien ebd., S. 47–49 (MWG I/4, S. 619–622). Das „Protokoll“ erschien erst 1897, wie aus einer Pressemeldung in der „Zeit“ hervorgeht. Vgl. „Aus unserer Bewegung“, in: „Die Zeit“, Nr. 139 vom 17. Juni 1897, Beiblatt, S. 3. 8 Zeitungsberichte erschienen in „Die Hilfe“, Nr. 49 vom 6. Dez. 1896, S. 4–6, mit dem Stenogramm des Beitrags Max Webers, ebd., S. 5; der „Berliner Börsen-Courier“ (Nr. 552 vom 24. Nov. 1896, I. Beilage, S. 2) konstatierte eine „unfruchtbare Discussion“ und zweifelte, „ob der Congreß mit einem vollen Accord schließen wird“. Max Weber wurde kritisch zitiert; er erkläre das Bürgertum zum Verbündeten, „den Feudalismus zum Feind“ (ebd.). Während die „Frankfurter Zeitung“ (Nr. 324 vom 21. Nov. 1896, 3. Mo. Bl., S. 1; Nr. 328 vom 25. Nov. 1896, Nr. 329 vom 26. Nov. 1896 und Nr. 327 vom 24. Nov. 1896, jeweils Ab. Bl., S. 2) und die Münchener „Allgemeine Zeitung“ (Nr. 326 vom 25. Nov. 1896, 2. Ab. Bl., S. 5 f.) die Verhandlungen protokollartig referierten, äußerte sich die Wochenschrift „Ethische Kultur“ besonders scharf. An ihrem Artikel „Kanonen-Sozialismus“ über den Versuch, „Chauvinismus und Sozialreform“ zu „verkoppeln“, dürfte Max Weber vor allem Anstoß genommen haben, denn die Polemik war gegen ihn gerichtet. Über ihn heißt es: „Ein Redner verlangte, man müsse hart werden gegen die Polen“; dabei werde völlig verkannt, wie humanistisch und auf sozialen Ausgleich die Anhängerschaft Friedrich Naumanns ausgerichtet sei (Ethische Kultur. Wochenschrift für sozial-ethische Reformen, hg. von Friedrich Wilhelm Foerster, 4. Jg., 1896, S. 390 f.). 9 Gemeint ist der Artikel von Hellmut von Gerlach, Die Erfurter Versammlung, in: „Die Zeit“, Nr. 47 vom 25. Nov. 1896, Beiblatt, zit. nach dem Exemplar in: BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 30/1, Bl. 223. Max Webers Kritik bezeichnete Hellmut von Gerlach als „individualistisch“, auch schien sie ihm „in der Versammlung wenig Anklang zu finden“; mit Webers Sachargumenten setzte er sich nicht auseinander.
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Friedrich von Weech 9. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, Nl. Friedrich v. Weech, Nr. 36, Bl. 99 Dieser und die folgenden Briefe an Friedrich von Weech vom 21. Dezember 1896 und vom 8. Oktober 1898, unten, S. 260 und 587, stehen in Zusammenhang mit der Badischen Historischen Kommission, deren Mitglied Max Weber im Oktober 1896 wurde. Die 1883 gegründete Badische Historische Kommission hatte die Aufgabe, „die Kenntnis der Geschichte des Großherzoglichen Hauses und des badischen Landes zu fördern“ (§ 1 des Statuts, zit. nach: Fünfundzwanzig Jahre der Badischen Historischen Kommission. 1883–1908. – Heidelberg: Carl Winters Universitätsbuchhandlung 1909, S. 55). Dazu gehörten die biographische Bearbeitung bedeutender Persönlichkeiten sowie die Edition landesgeschichtlich relevanter Quellen von der Römerzeit an. Es wurde von Beginn an Wert auf die Berücksichtigung wirtschaftshistorischer Themen und dementsprechend die Kooptation von Nationalökonomen, wie Karl Knies (1883), Wilhelm Lexis (ebenfalls 1883) und Karl Bücher (1891), gelegt (ebd., S. 63 und S. 65). Der Kommission gehörten bis zu zwanzig ordentliche Mitglieder sowie eine unbestimmte Anzahl außerordentlicher Mitglieder an. Zu den ordentlichen Mitgliedern zählten ex offi cio die Mitglieder des Großherzoglichen Generallandesarchivs, während „die übrigen [. . .] ohne sonstige Bedingung aus den wissenschaftlich geeigneten Persönlichkeiten Badens, sowie des deutschen Reichs und eventuell der deutschen Provinzen Österreichs und der Schweiz ausgewählt“, d. h. von der Plenarversammlung vorgeschlagen und vom Großherzog ernannt wurden (§2 und §3 des Statuts, ebd., S. 55). Zwischen 1883 und 1905 lenkte Friedrich von Weech, der Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe, als Sekretär die Geschicke der Kommission (ebd., S. 64). Max Weber wurde auf der 15. Plenarsitzung am 19. und 20. Oktober 1896 kooptiert, und zwar ohne weitere Diskussion und nach geheimer schriftlicher Abstimmung mit acht gegen eine Stimme (GLA Karlsruhe, 449/234, S. 416). Vorgeschlagen hatte ihn sein Freiburger Kollege, der Historiker Bernhard von Simson, am 10. Oktober 1896 (Anträge zur XV. Plenarsitzung der Badischen Historischen Kommission am 19. und 20. Oktober 1896, in: GLA Karlsruhe, 449/238 III). Außer ihm wurden auch sein Onkel, der Kirchenhistoriker Adolf Hausrath, sowie der Historiker Dietrich Schäfer, beide von der Heidelberger Universität, kooptiert (vgl. auch Fünfundzwanzig Jahre der Badischen Historischen Kommission, S. 66; sowie den Bericht der Frankfurter Zeitung, Nr. 324 vom 21. November 1896, Ab.Bl.). Die Ernennung durch den Großherzog erfolgte am 12. November 1896 (Ministerialerlaß vom 17. November 1896, GLA Karlsruhe, 449/4). Kurz danach wandte sich Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief an Friedrich von Weech, um ihm für die Aufnahme in die Kommission zu danken. Max Weber nahm am 25. und 26. Oktober 1897, am 20. und 21. Oktober 1899 sowie am 6. und 7. November 1903 an den Plenarsitzungen in Karlsruhe teil (vgl. die Berichte über die jeweiligen Plenarsitzungen, in: ZfGO, N.F., Band XIII, 1898, S. 1; Band XV, 1900, S. 1; Band XIX, Heft 4, 1904, S. 1), an den wissenschaftlichen Projekten der Kommission war er jedoch nicht beteiligt. Die ihm auf der Herbstsitzung 1897 übertragene „Oberleitung der Publikation“ statistischer Arbeiten des Berliner Nationalökonomen Franz Eulenburg (Protokoll der Plenarsitzung vom 25. und 26. Oktober 1897, GLA Karlsruhe 449/234, S. 438) wurde ein Jahr später gegenstandslos, da die Weiterführung des Projekts wegen „unziemlichen Auftretens“ des Bearbeiters gegen die Archivdirektion und das badische Innenministerium abgebrochen wurde (Protokoll der Plenarsitzung vom 21. und
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22. Oktober 1898, ebd., S. 452). Auf der Plenarsitzung von 1899 nahm Max Weber an einer Diskussion teil, aber ohne, daß aus den handschriftlichen Protokollen sein konkreter Beitrag hervorginge (Protokoll der Plenarsitzung vom 20. und 21. Oktober 1899, ebd., S. 480). Seine Diskussionsbeiträge am 6. und 7. November 1903 (Protokoll der Plenarsitzung vom 6. und 7. November 1903, GLA Karlsruhe, 449/261, S. 88–168) werden in MWG I/13 ediert. 1904 schied er auf eigenen Wunsch als ordentliches Mitglied aus, wurde aber als korrespondierendes Mitglied erneut gewählt. Sein Heidelberger Lehrstuhlnachfolger, Eberhard Gothein, der der Kommission schon seit Ende der 1880er Jahre mit seinen Forschungen zur „Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes“ verbunden war (Maurer, Michael, Eberhard Gothein (1853–1923). Leben und Werk zwischen Kulturgeschichte und Nationalökonomie. – Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2007, bes. S. 57–60), wurde 1904 auch sein Nachfolger als ordentliches Mitglied in der Kommission (Bericht über die 23. Plenarsitzung, in: ZfGO, N.F., Band XX, 1905, S. 7). Zum Ausscheiden Max Webers vgl. den Brief an Friedrich von Weech vom 6. Dezember 1904, GLA Karlsruhe, 449/11, mit Editorischer Vorbemerkung, MWG II/4, S. 409.
Freiburg i.B. 9. XII. 96. Hochverehrter Herr Geheimrath!
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Ich habe mich bei Ihnen noch nicht für die Aufnahme unter die Mitglieder der Badischen Historischen Commission bedankt, obwohl dieselbe vermutlich auf Ihre Anregung und jedenfalls nicht ohne Ihre Unterstützung erfolgt ist. Ich hoffte, dies persönlich thun zu können, da ich anderer Angelegenheiten halber nach Karlsruhe kommen zu müssen annahm.1 Da ich jedoch vorerst verhindert bin, Freiburg zu verlassen, so gestatte ich mir zunächst auf diesem Wege Ihnen meinen ergebensten Dank auszusprechen, mir vorbehaltend, demnächst Ihnen persönlich meine Aufwartung zu machen. In vorzüglicher Hochachtung ergebenst Professor Max Weber
1 Offensichtlich hatte Max Weber schon damit gerechnet wegen des Rufs an die Universität Heidelberg in Berufungsverhandlungen mit dem badischen Kultusministerium in Karlsruhe einzutreten.
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Ludwig Arnsperger 12. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 65–66 Dieser Brief markiert den Beginn der Verhandlungen, die Max Weber mit dem Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts in Karlsruhe nach dem Empfang seines Rufes an die Universität Heidelberg führte und die am 15. Dezember 1896 fortgesetzt wurden (vgl. unten, S. 248–254, einschließlich Editorischer Vorbemerkung). Zuständig im Ministerium war der Hochschulreferent Ludwig Arnsperger. Max Weber muß den Ruf zwischen dem 7. und 12. Dezember 1896 erhalten haben, da die beiden vor ihm Plazierten, Georg Friedrich Knapp und Karl Bücher, erst am 4. bzw. 7. Dezember 1896 dem Ministerium ihre Absagen mitteilten (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 60 und 63). Der genaue Inhalt des Berufungsschreibens an Max Weber ließ sich in den Ministerialakten nicht ermitteln.
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 12. XII. 96. Ew Hochwohlgeboren geneigtes Schreiben habe ich erhalten und spreche zunächst für dessen höchst ehrenvollen Inhalt meinen sehr ergebensten Dank aus mit der Bitte, gütigst denselben auch Seiner Excellenz dem Herrn Staatsminister1 zu übermitteln. Die pekuniären Propositionen Ew. Hochwohlgeboren sind solche, daß ich nach meinem Lebensalter dagegen nichts zu erinnern berechtigt bin, zumal ich die früheren Bemerkungen2 Ew Hochwohlgeboren betreffend das Aufsteigenb der Gehälter nach langjähriger Dienstzeit wohl auch auf mein eventuelles neues Dienstverhältnis beziehen darf. Bevor ich mich jedoch entscheide, [möchte] c ich durch persönliche Rücksprache in Heidelberg die Chancen collegial angenehmer Verhältnisse feststellen. Auch läßt sich mancherlei, was später Veranlassung zu Differenzen geben kann, vor Annahme der Berufung mit den beteiligten Collegen glatter erledigen. Unmittelbar nach befriedigender Erledigung der betreffenden Punkte werde ich den Ruf annehmen, da ich dazu sicherlich ohne Weiteres in der Lage sein werde. Ich habe telegraphisch angefragt,3 ob diese Rücksprachen a O: Schillerst.
b Unsichere Lesung.
c Lochung.
1 Gemeint ist Franz Wilhelm Nokk, der badische Kultusminister und Ministerpräsident. 2 Max Weber spielt auf Bemerkungen an, die offensichtlich anläßlich seines Eintritts in den badischen Staatsdienst bei seiner Berufung nach Freiburg i. Br. zum WS 1894 gemacht wurden. 3 Vgl. dazu den Brief an Georg Jellinek vom 12. Dez. 1896, unten, S. 246 f.
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morgen erfolgen können, eventuelld anderfalls würde ich Dienstag hinüber fahren und Ew. Hochwohlgeboren also spätestens Mittwoch im Besitz meiner Antwort sein. Sollte die Erledigung unbedingt bis Montag erfolgen müssen, so würde ich sie irgendwie jedenfalls auf telegraphisches Ersuchen herbeiführen. Ich verbleibe Ew Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebenster Professor Max Weber
d Unsichere Lesung.
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Georg Jellinek 12. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31 Der Brief steht im Zusammenhang mit den Berufungsverhandlungen, die Max Weber nach Erhalt des Rufes auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität Heidelberg führte (vgl. dazu die Briefe an Ludwig Arnsperger vom 12. Dezember 1896, oben, S. 244 f., sowie vom 15. Dezember 1896, unten, S. 248– 254).
Freiburg. 12 XII 96 Sehr geehrter Herr College! Ich habe nunmehr die Berufung nach Heidelberg bekommen und möchte naturgemäß, ehe ich annehme, mich über die maßgebenden Verhältnisse unterrichten. Ich habe an Herrn Collegen Braune, der so viel ich ersehen konnte, Dekan ist,1 telegraphiert2 und falls ich ihn treffe [,] würde ich mit dem Vormittagszug morgen (Sonntag) kommen. Da für meine Thätigkeit ein nach allen Richtungen collegiales Zusammenarbeiten mit Ihnen die wichtigste Vorbedingung ist, ich auch gern die Art der Seminarausstatt[un]g etc., die so viel ich weiß zwischen Ihnen und mir gemeinsam sein würde, 3 gern |:vorher:| besprochen hätte, liegt mir aber vor Allem daran, Sie zu sprechen und möchte ich mir deshalb gestatten, Sie zu einer Ihnen passenden Stunde morgen Nachmittag aufzusuchen. Zu Tisch bin ich natürlich bei meinen Verwandten.4 Falls es Ihnen nicht gleichgültig ist, zu welcher Stunde ich bei Ihnen vorspreche, so würde ich für eine kurze Notiz dorthin über die Ihnen convernierendste Zeit sehr dankbar sein. –
1 Der Germanist Wilhelm Braune war im WS 1896/97 Dekan der Philosophischen Fakultät (vgl. das Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, WS 1896/97, S. 24). Zugleich gehörte er der Berufungskommission an (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolf Hausrath vom 15. Okt. 1896, oben, S. 216). 2 Die betreffenden Dekanatsakten sind im Universitätsarchiv Heidelberg nicht überliefert, daher auch nicht das Telegramm Max Webers an Wilhelm Braune. 3 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dez. 1896, unten, S. 248 f. 4 Gemeint ist die Familie seines Onkels Adolf Hausrath in Heidelberg.
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Ich zweifle nicht, daß im Fall ich, wie ja wohl höchst wahrscheinlich, den Ruf annehme, das Zusammenwirken mit Ihnen sich ganz besonders angenehm gestalten wird und verbleibe mit den angelegentlichsten Empfehlungen Ihr in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebener Max Weber
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Ludwig Arnsperger 15. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 69–73 Der Brief setzt die Berufungsverhandlungen Max Webers mit dem Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts in Karlsruhe fort. Als Anlage beigefügt war eine Eingabe, die Max Weber offensichtlich dem zuständigen Hochschulreferenten im Ministerium, Ludwig Arnsperger, am 14. Dezember 1896 persönlich hatte überreichen wollen, nachdem er zuvor in Heidelberg bei dem Mitdirektor des dortigen Staatswissenschaftlichen Seminars, Georg Jellinek, und dem Dekan der Philosophischen Fakultät, Wilhelm Braune, Erkundigungen eingezogen hatte (vgl. dazu den Brief an Georg Jellinek vom 12. Dezember 1896, oben, S. 246 f.). Es waren zwei Punkte, die Max Weber zögern ließen, den Ruf nach Heidelberg sogleich anzunehmen: (1) das Fehlen eines Volkswirtschaftlichen Seminars und (2) die Regelung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens. (1) Ein eigenständiges Volkswirtschaftliches oder Nationalökonomisches Seminar, wie in Freiburg, bestand nicht. Es existierte nur das Staatswissenschaftliche Seminar, das 1870/71 von dem Staatsrechtler Johann Caspar Bluntschli und dem Nationalökonomen Karl Knies als Einrichtung der Philosophischen Fakultät, aber mit fakultäts- und fächerübergreifendem Anspruch, begründet worden war, und zwar mit dem Ziel, angehenden Staatswissenschaftlern und Nationalökonomen eine erweiterte Ausbildung und Verankerung in der Juristischen und der Philosophischen Fakultät zugleich zu ermöglichen. Als Fernziel war dabei ebenso die Schaffung eines Doktorgrades der Staatswissenschaften angestrebt worden. Diese fakultätsübergreifende Zusammenarbeit erwies sich indes als außerordentlich schwierig. Nach Bluntschlis Tod 1881 wurde zunächst sein Nachfolger, August von Bulmerincq, neben Karl Knies Mitdirektor. Bulmerincqs Nachfolger war Georg Jellinek, der anläßlich seiner Berufung nach Heidelberg zehn Jahre später die Auflösung des Staatswissenschaftlichen Seminars zu Gunsten des neugegründeten Juristischen Seminars anstrebte. Jellinek scheiterte jedoch an der Intervention von Karl Knies und wurde stattdessen formell vom Ministerium zum Mitdirektor des Staatswissenschaftlichen Seminars, neben Karl Knies, ernannt. Das umstrittene Staatswissenschaftliche Seminar bestand weiterhin, ohne eigene Räume und angemessene finanzielle Ausstattung (vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 217–219). Das Verhältnis der beiden Direktoren blieb bis zum Ausscheiden Karl Knies’ und der Berufung Max Webers denkbar angespannt. (2) Problematisch erschien Max Weber auch die Regelung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens. Seit 1889 konnten die Fächer Politische Ökonomie (Nationalökonomie unter Einschluß der Finanzwissenschaft) sowie Allgemeine Staatslehre (mit Politik) im Hauptfach sowie im Nebenfach, die Fächer Staatsrecht, Völkerrecht und Verwaltungsrecht dagegen nur im Nebenfach gewählt werden; geprüft wurde in einem Hauptfach und zwei Nebenfächern (vgl. ebd., S. 231 f.). In Heidelberg oblag Georg Jellinek der Unterricht in Allgemeiner Staatslehre, wohingegen Max Weber, wie die im folgenden edierte Eingabe zeigt, kategorisch ablehnte, dieses noch von seinem Vorgänger, Karl Knies, bis 1896 vertretene Fach zu lehren. Dadurch war die Gefahr gegeben, daß sich Doktoranden im Hauptfach in Allgemeiner Staatslehre von dem Juristen Georg Jellinek prüfen ließen bei gleichzeitiger Wahl zweier juristischer Nebenfächer und dennoch den Doktorgrad des Dr. phil. erhalten würden, da das Staatswissenschaftliche Seminar ja der Philosophischen Fakultät zugeordnet war und in der Juristischen Fakultät die Verleihung des „Dr. jur.“ für staatswissenschaftliche Arbeiten nicht vorgesehen war.
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Als Max Weber Ende 1896 der Ruf auf den Lehrstuhl von Karl Knies erreichte, führte er diese Bedenken und zugleich seine Bedingungen für die Annahme des Rufs in der im folgenden edierten Eingabe aus. Als wichtigste Bedingung forderte er die Zusage zur Errichtung eines eigenständigen Volkswirtschaftlichen Seminars sowie, an zweiter Stelle, die Neuregelung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens. Das Ministerium stellte Max Weber am Ende der Verhandlungen die Erfüllung seiner zentralen Forderung, also der Errichtung eines unabhängigen Volkswirtschaftlichen Seminars, einschließlich der Beschaffung entsprechender Räumlichkeiten, des Aufbaus einer nationalökonomischen Bibliothek und der „Neuregelung“ des Etats (Aversums), in Aussicht; ebenso wurde ihm eine Erhöhung seines bisherigen Gehalts um 2000 Mark jährlich (von 4000 auf 6000 Mark, zuzüglich des auch bislang üblichen Wohnungsgeldes von 760 Mark) zugesagt, wie sich dem Bericht des Ministeriums an den Großherzog von Baden bzw. das Großherzogliche Staatsministerium vom 30. Dezember 1896 (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 74–75) entnehmen läßt. Zu keiner Regelung kam es dagegen in Bezug auf die staatswissenschaftliche Doktorprüfung. Da für Max Weber dieser Punkt nicht zentral war, akzeptierte er dennoch den Ruf (vgl. dazu die Briefe an Karl Bücher sowie an Adolph Wagner vom 21. Dezember 1896, unten, S. 256, sowie S. 258) und wurde am 6. Januar 1897 zum ordentlichen Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Heidelberg mit Wirkung vom 1. April 1897 an, also dem Tage des Dienstantritts, ernannt (GLA Karlsruhe, 235–3140, Bl. 76; vgl. auch ebd., 235/2643, Bl. 12). Auf die Problematik des staatswissenschaftlichen Doktorexamens kam er auch später wieder zu sprechen (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, unten, S. 304–309).
Freiburg 15a. XII. 96 Ew Hochwohlgeboren
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verfehlte ich gestern und gestatte mir, anliegend1 die mir entstandenen sehr ernstlichen Bedenken gegen die Übernahme der Heidelberger Stelle, trotz der großen Vorzüge, welche di[e]selbe bietet, ganz ergebenst vorzutragen. Weniger Punkt 2 – das staatswissenschaftliche Doktorexamen betreffend2 – als Punkt 1 – die Schaffung eines selbständigen nationalökonomischen Seminars betreffend, 3 ist mir entscheidend. Ob die Erledigung dieses Punktes vor dem 1[.] April möglich ist, weiß ich nicht, aber es wäre dies absolut für mich notwendig, da ich sonst mein ganzes Arbeiten mit denjenigen Herren, die mich nach Heidelberg begleiten würden,4 unterbrechen und dort gewissermaßen in der Luft schweben würde. Halten Ew Hochwohlgeboren eine pera 13 > 15 1 Unten, S. 250–254. 2 Unten, S. 252–254. 3 Unten, S. 250–252. 4 Ob und welche Studenten Max Weber von Freiburg nach Heidelberg folgten, ließ sich nicht ermitteln (vgl. dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 19 mit Anm. 88).
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sönliche Rücksprache für nützlich, so gestatte ich mir, behufs alsbaldiger Erledigung um – eventuell telegraphische – Nachricht zu bitten. Ich verbleibe Ew Hochwohlgeboren in vorzüglicher Hochachtung sehr ergebener Max Weber
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Freiburg i.B. Schillerstr.b 22 Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich zu berichten: Die bei persönlicher Rücksprache in Heidelberg vorgefundenen Zustände des staatswissenschaftlichen Unterrichts sind zum Teil derartig unhaltbar, daß sie mir, – wie übrigens jedem ernsthaften Fachvertreter mit moderner Vorbildung, – es ganz unmöglich machen würden, die dortige Stelle zu übernehmen, wenn nicht |:alsbald:| Wandel geschaffen werden kann. Ob das |:aber jetzt:| geschehen kann, erscheint nicht zweifelsfrei. 1. Es existiert kein nationalökonomisches Seminar. Keinerlei abgesonderte Räumlichkeit kann den nationalökonomischen Studenten als solchen in der Art zur Verfügung gestellt werden, wie dies in Freiburg (und ausnahmslos überall, wo ich die Verhältnisse kenne) der Fall ist. Es existiert keine Handbibliothek für die cameralistischen Studenten. Das sogenannte „staatswissenschaftliche Seminar“ besteht aus einer in der Universitätsbibliothek für die Studenten unzugänglich placierten Sammlung, die zu 2 / 3 völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Inhalts ist, imc Übrigen teils sogenannte „Staatslehre“ und „Verwaltungslehre“, teilsd ein klägliches Zufallsgemisch von ökonomischen Fachwerken enthält. Die Werke werden gegen Zettel ausgeliehen. Der bisherige Fachvertreter hat keinerlei Seminar in jetzt gebräuchliche[m] e Sinn des Wortes gehalten, sondern |:scheint seit langemf:| im Wesentlichen unter diesem Namen Diskutiera[bend]eg veranstaltet zu haben. – Das „Staatswiss[enschaftliche] Seminar“ steht unter einer Doppeldirektion (bisher Geh. Rath Knies und Professor Jellinek). Das Aversum beb O: Schillerst. g Lochung.
c O: in
d und > teils
e Tintenfleck.
f O: lange
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trägt 516 Mark, für den nationalökonomischen Vertreter die Hälfte = 258 M. (in Freiburg 700 Mark). – Es muß diesem Zustand gegenüber jeder Fachmann, der ernstlich arbeiten will, beanspruchen: 1) einen Raum, in dem eventuell 30 Leute um einen Tisch geräumig zu placieren sind, in welchem der Fachvertreter allein das Hausrecht hat ohne Ingerenz irgend eines Collegen, der juristische oder andre Fächer vertritt. 2) in diesem Raum ist eine gleichfalls allein diesem Fachvertreter und seinen von ihm allein zuzulassenden Seminarhörern verfügbare Präsenzbibliothek (wie sie in Freiburg besteht) erforderlich. Das radikalsteh Mittel, dazu zu gelangen, wäre die völlige Aufhebungi des „staatswissenschaftlichen Seminars“, welches nicht Zusammengehöriges verquickt, und die Beschaffung der vorgedachten Erfordernisse, unter Überweisung der jetzigen „staatswiss[enschaftlichen] Bibliothek“ an die allgemeine Universitätsbibliothek. Dazu wären aber Fakultätsbeschlüsse erforderlich. Herr Professor Dr Jellinek persönlich wäre, wie ich ermächtigt bin zu erklären, zu dieser völligen Trennung bereit. – Einfacher und mit geringeren Kosten jedoch könnte so verfahren werden: 1. Die gemeinsame Direktion bleibt formell bestehen. Die Bibliothek jedoch wird geteilt. Jeder der beiden Direktoren verfügt über den Ort der Aufstellung und die Art der Benutzung seiner Hälfte gänzlich selbständig. Die beiden jHälften des Aversumsj werden völlig getrennt verwaltet. 2. Die nationalökonomische Bibliothek muß in ausgedehntestem Umfang |:completiert werden:| [.] k Ganze Serien von Werken fehlen, Zeitschriften wohl fast gänzlich. Für den ersten Anfang wäre ein Betrag von mindestens 3000 Mark wohl ganz unbedingt erforderlich. 3. Für die Möglichkeit der Fortführung müßte, da |:z. B.:| das Freiburger Aversum (700 Mk.) nach den gemachten Erfahrungen auch jetzt nur das Notdürftigste deckt, ein Betrag von 1000 Mk – woraus der Assistent zu decken wäre5 – ausgeworfen werden, darauf also die jetzt 258 (!) M. der ökonomischen Aversenhälfte erhöht werden. h einfachste > radikalste i Trennung > Spaltung > Aufhebung ten des Aversums k 〈comp〉
j Aversa > Hälf-
5 Ein Assistent ist Max Weber nicht zugebilligt worden; erst sein Nachfolger, Eberhard Gothein, stellte 1908 einen Mitarbeiter ein, den „ersten Assistenten der Heidelberger philosophischen Fakultät“ überhaupt (Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 221).
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4. Es muß ein nationalökonomisches Seminarlokal geschaffen, beim Nichtvorhandensein von Räumen in den Universitätsgebäuden – es scheint thatsächlich daran zu fehlen – muß also ein solches gemiethet werden, bestehend aus einem für 30 Zuhörer und eine Handbibliothek von mindestens (vorerst) 3000 Bänden ausreichenden Raum. Über denselben verfügt der nationalökonomische Fachvertreter allein. Derselbe verfügt ferner für sich bezw. seinen Assistenten in Verbindung damit über ein Dozentenzimmer im Anschluß an den gedachten Raum. Ich glaube damit das Mindestmaß dessen umschrieben zu haben, was zur Ausstattung eines nationalökonomischen Seminars, wie es auch für minder angesehene Hochschulen heute |:wohl:| ausnahmslos als unumgänglich erforderlich gelten dürfte, benötigt würde. Ich würde, wenn diese Voraussetzungen, einschließlich derjenigen zu 3, sich nicht bis zum lAnfang des Sommersemestersl beschaffenm lassen sollten, gar nicht in der Lage sein alsdann in der Art, wie hier bisher, weiterzuarbeiten. Ich fürchte nun aber, daß Ew. Hochwohlgeboren die sichere Zusage dieser Änderungen und Neubewilligungen nschon vor demn April von Seiten Seiner Excellenz des Herren Staatsministers6 kaum werden erlangen können. Deshalb ist es mir, – da ohne dieselben ich das Verbleiben in meiner bisherigen Stellung gleichviel [,] welche persönlichen materiellen Vorteile mir die Heidelberger Stelle an Gehalt oder anderweit zu gewähren vermöchte, der Übernahme der letzteren ganz entschieden vorziehen zu müssen glaube, – fraglich, ob ich die an mich gerichtete, höchst ehrenvolle Berufung werde annehmen können. 2. Es besteht – nach Angabe der hiesigen Collegen im Gegensatz zu Freiburg – ein besonderer Lehrauftrag für „Staatslehre“, der dem staatsrechtlichen Ordinariat (Inhaber Herr Professor Dr Jellinek) angegliedert ist,7 während Herr Geh. Rath Knies die Vertretung dieses Fachs seit Bluntschli’s Ausscheiden auch für sich in Anspruch nahm.8 Für meine Person müßte ich darauf bestehen, daß mein Lehrauftrag l 1. April > Anfang des Sommersemesters zum > schon vor dem
m verwirklichen > beschaffen
n bis
6 Gemeint ist Wilhelm Nokk. 7 Georg Jellinek las in Heidelberg seit 1895 „Allgemeine Staatslehre und Politik“. Vgl. Hübinger, Einleitung, in: MWG III/7, S. 6. 8 Karl Knies lehrte seit Mitte der 1870er Jahre regelmäßig neben seinen Kernfächern Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in der Philosophischen Fakultät Staatslehre. Vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 203.
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|:ausschließlich:| unter Ausschluß dieses Fachs, welches ich als ein selbständiges nach dem heutigen Stande der wissenschaftlichen Arbeitsteilung nicht anerkenne, formuliert würde, also so wie hier: „Nationalökonomie und Finanzwissenschaft“.9 – Es besteht nun aber ferner ein „staatswissenschaftlicher“ Doktor, in welchem der Inhaber des Fachs „Staatslehre“ (Prof. Jellinek) den von der Fakultät anscheinend gebilligten Anspruch erhebto nicht nur im Nebenfach, sondern im Hauptfach prüfen zu dürfen. Das hat z. B. die Folge, daß wenn neben dem Hauptfach „Staatslehre“ nur juristische Nebenfächer gewählt werden, kein Mitglied der philosophischen Fakultät an der Prüfung beteiligt ist, die Promotion aber nichtsdestoweniger eine solche zum Doctor philosophiae ist. Ich meinerseits wünsche in diesem Examen, dessen Hauptfach ich als eine hybride Verbindung rechtsphilosophischer und staatsrechtlicher Momente betrachte, |:möglichst:| nicht mitzuwirken. Ich halte den betreffenden Doktorgrad für den eines Dr juris. Daß seine Bezeichnung als solcher vermieden wird und er nicht, wie sich gebührte, in die juristische Fakultät fällt, hat seinen Grund offenbar in den besonderen Verhältnissen, welche bezüglich des Niveaus des Heidelberger juristischen Doktorexamens obwalten.10 – Der bestehende Zustand trägt, wie die Erfahrungen des letzten Jahres zeigen,11 den Keim höchst unerquicklicher Streitigkeiten in sich. Ich kann zwar den Standpunkt des Herren Geh. Rath Knies, sofern derselbe – wie ich höre – auch den Ausschluß der Prüfung in juristischen Nebenfächern bei der cameralistischen Doktorprüfung beansprucht und Arbeiten [,] die unter fremder Leitung hergestellt waren, seinerseits zu censieren verlangte, nicht teilen. Esp scheint mir aber einen berechtigten Kern zu enthalten. Ich glaube, daß kein Inhaber des nationalökonomischen Fachs heute eine juristische Prüfung als gleichartig und gleichwerthig mit der ökonomischen Fachprüfung anerkennen wird. Ich würde damit o vertritt > erhebt
p Alternative Lesung: Er
9 Max Weber besetzte in Freiburg eine ordentliche Professur für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, wohingegen Karl Knies ein staatswissenschaftliches Ordinariat innehatte. Er war 1865 zum ordentlichen Professor der Staatswissenschaften ernannt worden. Vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 201 f., sowie Mommsen, Einleitung, in: MWG III/1, S. 19. 10 Max Weber spielt hier darauf an, daß die Heidelberger Juristen die Vergabe des „Dr. jur.“ offensichtlich aus Standesinteressen sehr restriktiv handhabten. Vgl. dazu auch den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, unten, S. 304–309. 11 Worauf Max Weber hier Bezug nimmt, konnte nicht ermittelt werden.
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überdies Herrn Professor Dr Jellinek gegenüber in die Rolle des jüngeren staatswissenschaftlichen Fachvertreters gedrängt und glaube die |:möglichste:| Vermeidung dieser Consequenz schon der Rücksicht auf meine hiesigen Herren Collegen schuldig zu sein. Der betreffende Doktorgrad muß von der juristischen Fakultät verliehen werden, mag er immerhin etwa „Doctor rerum politicarum“ genannt werden.12 Mit Rücksicht auf den zu Gunsten des derzeitigen Inhabers bestehenden Rechtszustandq würde die Änderung wohl bis zu einem etwaigen Personenwechsel aufgeschoben werden müssen. Allein ich glaube, daß sie mindestens für diesen Fall in Aussicht gestellt werden müßte. Die angemessenste Lösung wäre wohl das Erlöschen des Lehrauftrags für „Staatslehre“, oder falls derselbe |:als philosophisches Fach:| fortbestehen soll, die Ernennung eines Ordinarius in der philosophischen Fakultät, der Verwaltungsgeschichte und Gewerbepolitik und im Zusammenhang damit „Verwaltungslehre“ als speziellen Lehrauftrag erhielte. Mir ist aber sehr fraglich in wieweit Sr. Excellenz der Herr Staatsminister in diese Verhältnisse von Seiten der Regierung wird eingreifen wollen. Andererseits würde ich meinerseits keinesfalls mich in einen Zustand begeben wollen, welcher unerfreulichen Streit in sich birgt. Das große Wohlwollen, welches Seine Excellenz und Ew. Hochwohlgeboren mir wiederholt bewiesen haben, veranlaßtenr mich zu dieser offenen und möglichst scharfen Darlegung der Umstände, welche bei mir schwere Bedenken gegen die Annahme des höchst ehrenvollen Rufs hervorgerufen haben. Der Punkt sub 213 würdes wohl der nicht allein nur ausschlaggebende sein. Die alsbaldige Erledigung des Punktes sub 114 dagegen würde für mich wie für jeden gewissenhaften Fachverteter, glaube ich, ein ganz unumgängliches Erfordernis sein. Ich verbleibe mit dem Ausdruck ausgezeichnetster Hochachtung und vollkommener Ergebenheit Ew Hochwohlgeboren dankbar verpfl ichteter Professor Max Weber
q Rechtszustandes > Rechtszustand
r Zu erwarten wäre: veranlaßte
s 〈sich〉
12 Auf Max Webers Betreiben war nur wenige Monate zuvor in Freiburg im Sommer 1896 die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät begründet worden; sie verlieh den Titel des „Dr. iur. et rer. pol.“. Vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 15. 13 Oben, S. 252–254. 14 Oben, S. 250–252.
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Karl Bücher 21. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Leipzig, Nl. Karl Bücher, Nr. 181, Bl. 11–14 (NL 181/Web 11–14) Nach der Annahme des Rufs an die Heidelberger Universität wandte sich Max Weber im Auftrag der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg an die führenden auswärtigen Nationalökonomen Lujo Brentano (München), Karl Bücher (Leipzig), Georg Friedrich Knapp (Straßburg) sowie Gustav Schmoller und Adolph Wagner (beide Berlin), um Urteile über die in der Diskussion stehenden möglichen Nachfolger auf seinen Freiburger Lehrstuhl zu erhalten. Mit diesem Brief an Karl Bücher sowie den folgenden Briefen an Adolph Wagner vom 21. Dezember 1896 (unten, S. 258 f.) und an Lujo Brentano vom 25. Dezember 1896 (unten, S. 261 f.), bat er um informelle Gutachten zu den in Rede stehenden Kandidaten. Obwohl die entsprechenden Antwortbriefe bzw. gutachterlichen Stellungnahmen nicht überliefert sind, läßt sich aus weiteren Briefen Max Webers an Karl Bücher vom 25. Dezember 1896 und vom 1. Januar 1897 (unten, S. 263–265, S. 269 f.) sowie an Lujo Brentano vom 1. Januar 1897, 4. Januar 1897 und 12. Januar 1897 (unten, S. 267 f., S. 274 f., S. 276–278) und an Adolph Wagner vom 1. Januar 1897 (unten, S. 271–273) schließen, daß Lujo Brentano seinen langjährigen Schüler, den a.o. Professor und zweiten Münchener Nationalökonomen neben sich, Walther Lotz, empfahl, wohingegen Karl Bücher den Rostocker Wilhelm Stieda favorisierte. Adolph Wagner trat sowohl für Wilhelm Stieda als auch für seinen Bonner Schüler, Heinrich Dietzel, ein. Die für die Nachfolge Max Webers entscheidende Fakultätssitzung fand am 29. Dezember 1896 statt. Auf dieser Sitzung wurde beschlossen, Werner Sombart, Carl Johannes Fuchs und Walther Lotz „in dieser Reihenfolge vorzuschlagen“. Darüber hinaus wurde der Dekan beauftragt, „im Interesse einer Berufung des Erstgenannten dem Herrn Minister mündlich zu berichten.“ (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 160). Alle von Max Weber eingeholten Stellungnahmen – also auch die von Georg Friedrich Knapp und Gustav Schmoller, an die keine Korrespondenzen von Max Weber nachgewiesen sind – gingen anschließend in den Bericht der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an das badische Kultusministerium vom 3. Januar 1897 ein (vgl. zur Datierung die Mitteilung des Akademischen Direktoriums der Universität Freiburg i. Br. an das badische Kultusministerium vom 5. Januar 1897 (irrtümlich datiert auf 1896), GLA Karlsruhe, 235/43005). Dieser Bericht ist uns nur als Entwurf mit handschriftlichen Ergänzungen Max Webers bekannt (UA Freiburg i. Br., B 110/405, Protokollbeilagen der Juristischen Fakultät 1896/97, Bl. 271–284, mit Nennung aller auswärtigen Gutachter, Bl. 273; MWG I/13). Demzufolge schlug die Fakultät einstimmig, wie am 29. Dezember 1896 beschlossen, eine Liste mit Werner Sombart an erster, Carl Johannes Fuchs an zweiter und Walther Lotz an dritter Stelle vor (ebd., Bl. 272). Werner Sombarts Leistungen wurden vor denen der anderen Kandidaten hervorgehoben; zugleich machte die Fakultät aber auch deutlich, daß „falls wider Erwarten Sombarts Gewinnung sich als unmöglich herausstellen sollte, Fuchs allen Anderen ohne Zweifel voranzustellen sein würde“, dies gelte insbesondere für den Drittplazierten, Walther Lotz (ebd., Bl. 281 f.). Obwohl sich die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät mit Nachdruck für Werner Sombart einsetzte (vgl. den Brief Max Webers an Werner Sombart vom 8. Februar 1897, unten, S. 287–289), überging das Ministerium nicht nur Werner Sombart, sondern auch Carl Johannes Fuchs, indem es den Ruf an Walther Lotz erteilte. Lotz sagte ab, nutzte den Ruf aber, um seine Position in München zu verbessern und dort ein Ordinariat zu erlangen, ganz so, wie von Max Weber vorausgesehen und befürchtet (vgl.
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dazu besonders die Briefe Max Webers an Lujo Brentano vom 4. und 12. Januar 1897, unten, S. 274 f. und S. 276–278); Carl Johannes Fuchs nahm erst nach längerem Zögern und wohl auch mit einer gewissen Verärgerung, zumal die Angelegenheit in der Presse größere Kreise gezogen hatte, Anfang März auf Drängen Max Webers den Ruf an (Briefe Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 20. und 24. Februar 1897, unten, S. 291, S. 292–294, sowie vom 2. und 10. März 1897, unten, S. 295 f., S. 297 f.). Er wurde am 19. März 1897 zum ordentlichen Professor der Nationalökonomie und Finanzwissenschaft als Nachfolger Max Webers in Freiburg ernannt (GLA Karlsruhe, 235/43005, Schreiben des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Senat der Universität Freiburg i. Br. vom 26. März 1897).
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 21 XII 96 Sehr geehrter Herr Professor! Nachdem ich, aller Bedenken ungeachtet, die mir angebotene Stelle in Heidelberg angenommen hab[e], mußte die Fakultät schleunigst der Frage der Neubesetzung des hiesigen Lehrstuhls näher treten. Da ich nun mit manchen der jedenfalls in Betracht zu ziehenden Herren persönlich befreundet bin, möchte ich mich der persönlichen Einflußnahme möglichst enthalten, und die Fakultät hat demgemäß den dringenden Wunsch, die Äußerungenb der auswärtigen Herren Fachgenossen kennen zu lernen, namentlich auch die Ihrige, falls Sie – wie wir hoffen – geneigt sein sollten, uns Ihren Rath zu Teil werden zu lassen. Die Fakultät wird – zu meinem persönlichen großen Bedauern – nicht in der Lage sein, Prof. St[ie]dac in Betracht zu ziehen, dessen wissenschaftliche Bedeutung längst die Berufung auf einen größeren Wirkungskreis hätte veranlassen sollen.1 Die Regierung hat in einem früheren Fall sich scharf gegen ihn ausgesprochen2 und würde ihn nicht berufen, und die Fakultät muß nach ihrer Meinung die Lehrthätigkeit und ihre Erfolge in die erste Linie stellen. Ebenso erschien Prof. Herkner, welcher den Collegen hier persönlich bekannt ist [,] 3 der Fakultät nicht geeignet für die hiesigen Bedürfnisse, namentlich weil er sich mit
a O: Schillerst.
b Unsichere Lesung.
c Lochung.
1 Wilhelm Stieda lehrte seit 1884 in Rostock und hatte sich wiederholt bemüht, einen Ruf an eine andere Universität zu erhalten (vgl. dazu seinen Brief an den mit ihm befreundeten Karl Bücher vom 22. Febr. 1897, UB Leipzig, Nl. Karl Bücher, Nr. 181, Bl. 105–112; NL 181/ Sti 105–112). 2 Der Sachverhalt ist nicht aufgeklärt. 3 Heinrich Herkner hatte bis 1892 in Freiburg gelehrt.
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Herrn Prof. v. Schulze-Gävernitz nicht besonders gut ergänzt.4 Vielmehr glaubten wir, daß in erster Linie Prof. Sombart 5 (Breslau), Prof. Fuchs 6 (Greifswald) Dr Oldenberg 7 (Berlin) und eventuell, – falls sie zu gewinnen wären – Prof. Rathgen 8 (Marburg) Prof. Lotz9 (München), von den Jüngsten eventuell Dr Wittich10 (Straßburg) und vielleicht Dr Fick11 (München) in Betracht kämen. Ob Prof. Hasbach12 (Kiel) in Frage käme, ist noch nicht erörtert worden.– Soweit sind die Vorbesprechungen bisher gediehen. Wir würden Ihnen, sehr geehrter Herr Professor, zu außerordentlichem Dank verpfl ichtet sein, wenn Sie uns Ihre Ansicht über die Besetzungsfrage im Allgemeinen und, soweit Sie dazu in der Lage und geneigt sein würden, speziell auch über die Personen der genanntend Herren mitteilen würden.13 Indem ich für Ihre Mühewaltung im Voraus den verbindlichsten Dank sage, verbleibe ich Ihr mit ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebener Max Weber
d O: Genannten 4 Heinrich Herkner und Gerhart von Schulze-Gaevernitz, Max Webers Freiburger Fachkollege, legten ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte auf Gewerbe- und Handelspolitik, Arbeiterfrage, Geschichte des Sozialismus und der Sozialreform. Max Weber dagegen legte Wert darauf, daß die Agrargeschichte bzw. die wissenschaftliche Disziplin der Agrarpolitik, die er bislang in Freiburg vertreten hatte, auch weiterhin behandelt wurde. Dies geht auch aus seinen Randnotizen zum Entwurf des Berichts der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an das badische Kultusministerium hervor (UA Freiburg i. Br., B 110/405, Protokollbeilagen der Juristischen Fakultät 1896/97, bes. Bl. 273, 280 und 284; MWG I/13). Vgl. dazu auch Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 16 f. 5 Werner Sombart. 6 Carl Johannes Fuchs. 7 Karl Oldenberg. 8 Karl Rathgen. 9 Walther Lotz. 10 Werner Wittich. 11 Ludwig Fick. 12 Wilhelm Hasbach. 13 Vgl. dazu die beiden Briefe Max Webers an Karl Bücher vom 25. Dez. 1896, unten, S. 263–265, sowie vom 1. Jan. 1897, unten, S. 269 f.
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Adolph Wagner 21. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Abschrift; von dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 14–15 Zur Überlieferungslage vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Januar 1895, oben, S. 53. Der Brief steht in Zusammenhang mit der Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255– 257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg i.B. Schillerstr. 22. 21. XII. 96. Hochgeehrter Herr Geheimrath! Nachdem ich in Heidelberg angenommen habe, entsteht hier die schleunigst zu erledigende Frage der Neubesetzung. Ich möchte dabei, da ich mit mehreren der in Betracht zu Ziehenden befreundet bin, in möglichster Reserve bleiben. Deshalb bittet die Fakultät neben anderen Fachgenossen auch Sie um Ihren freundlichen Rath. – Wir sind – leider [–] darüber einig, daß der Vorschlag Stieda’s aussichtslos wäre. Ebenso reflektieren wir auf Herkner nicht. Von den Bonner Herren würde schwerlich Jemand zu gewinnen sein, bezüglich Dietzel’s bestanden auch Bedenken bezüglich der Colleg [ - ] u. Lehrbezahlung, bezüglich Gothein’s, daß er zu sehr reiner Historiker ist.1 Ob Hasbach in Betracht kommt, ist noch nicht erörtert. Als zweifellos in Betracht zu ziehen haben wir bisher vorgesehen: Fuchs, Sombart, Oldenberga, eventuell Rathgen und Lotz. Bezüglich Fuchs und Oldenbergb wären wir namentlich über die Lehrbezahlung gern informiert. Wir würden, wenn Sie uns, wie zu hoffen, Ihren Rath zu Teil werden lassen, insbesondere gern Ihre Ansicht über die fünf Genannten kennen lernen. Von den jüngeren Finanztheoretikern glauben wir nach unseren hiesigen Bedürfnissen absehen zu sollen, es kämen unter den ganz Jungen wesentlich Wittich (Marburg) 2 und Fickc (München) in Betracht.
a In Abschrift: Oldenburg
b In Abschrift: Oldenburg
c In Abschrift: Pick
1 Heinrich Dietzel und Eberhard Gothein lehrten beide seit 1890 Nationalökonomie an der Universität Bonn. 2 Werner Wittich war zu dieser Zeit Privatdozent in Straßburg.
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Indem ich für jede Auskunft im Voraus verbindlichst danke,3 verbleibe ich mit angelegentlichsten Empfehlungen Ihr dankbar ergebener Max Weber
3 Vgl. auch den Brief Max Webers an Adolph Wagner vom 1. Jan. 1897, unten, S. 271–273.
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Friedrich von Weech 21. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 449/23 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers Mitgliedschaft in der Badischen Historischen Kommission (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich von Weech vom 9. Dezember 1896, oben, S. 242 f.). Bezug: der Brief von Friedrich von Weech an Max Weber, undat., nach dem 15. Dezember 1896, GLA Karlsruhe, 449/23, in dem dieser ihn um eine Fotographie für das Album der Badischen Historischen Kommission bittet. Max Weber sandte diese später ein; sie befindet sich heute in der einschlägigen Sammlung der Badischen Historischen Kommission (GLA Karlsruhe, J – Ac B 185 I, Tafel 13). Vgl. die Abbildung, oben, S. XXXI.
Freiburg iB. Schillerstr.a 22 21 XII 96. Hochgeehrter Herr Geheimrath! Ich besitze leider keine Photographie und bin für die nächsten Wochen zu stark in Anspruch genommen, um ad hoc jetzt diese Lücke ausfüllen zu können. Da ich im Frühjahr nach Heidelberg übersiedele, so werde ich aberb demnächst doch in die Lage kommen, mich für meine Collegen vervielfältigen zu lassen und werde dann nicht verfehlen, Ihrem Ersuchen zu entsprechen. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr sehr ergebener Max Weber
a O: Schillerst.
b Alternative Lesung: eben
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Lujo Brentano 25. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 173–174 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255– 257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg i.B. Schillerstr. 22 25. XII. 96. Hochgeehrter Herr Geheimrath!
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Die Sparsamkeit der Badischen Regierung hat dahin geführt, daß mir der Heidelberger Lehrstuhl angeboten worden ist und ich habe nicht mehr anders gekonnt als ihn annehmen. Damit entsteht die Frage der schleunigen Umbesetzung der hiesigen Stelle, und da ich mit mehreren der in Betracht kommenden Persönlichkeiten mehr oder minder befreundet bin und mich deshalb etwas reserviert halten möchte, so hat die Fakultät den dringenden Wunsch die Meinung hervorragender Fachvertreter auswärts kennen zu lernen. So sehr ich vermuthen kann, daß Ihnen derartige Anfragen nicht besonders erwünscht sein werden, muß ich mir daher doch die Bitte um Ihren freundlichen Rath gestatten. Für uns kommt – nach Ansicht der Herrn Collegen – in erster Linie die Lehrbegabung, in zweiter, bei den besonderen Schwierigkeiten unserer Lage der Regierung gegenüber, die Wahrscheinlichkeit, keinen Fehlruf zu thun – eine Absage würde höchst unerwünschte Consequenzen haben können – in Betracht; sodann ist eine gegenseitige Ergänzung der |:spezielleren:| Fachinteressen der beiden Collegen hier recht wünschenswerth,1 und endlich ist nicht ausgeschlossen, daß in der Fakultät |:bei der schließlichen Entscheidung:| ein Gesichtspunkt mitspielen wird, über dessen Berechtigung man ja sicherlich streiten kann: daß eine Vertretung verschiedner wirtschafts- und sozialpolitischer „Richtungen“ erstrebt werden müsse. Meine Berufung hierher scheint nicht ohne Mitwirkung dieser Meinung erfolgt zu sein. –
1 Es ging um eine Ergänzung der von Gerhart von Schulze-Gaevernitz in Freiburg vor allem vertretenen handels- und sozialpolitischen Themen. Vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 256 f. mit Anm. 4.
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Von den |:darnach:| überhaupt in Betracht kommenden Persönlichkeiten sinda |:es:| namentlich C.J. Fuchs und Sombart, bezüglich deren den Collegen eine sachkundige Beurteilung ihrer Lehrgabe und wissenschaftlichen Persönlichkeit erwünscht wäre. Die Lehrbefähigung von Lotz steht bei uns außer Zweifel. Über Rathgen würde der Fakultät ein Urteil, namentlich im Vergleich mit den bisher Genannten, recht werthvoll sein, und ebenso über Oldenberg. Darüber, daß – leider! – Stieda für unsre hiesigen Bedürfnisse nicht geeignet ist, sind wir im Wesentlichen einig, ebenso halten die Collegen H. Herkner |:und Hasbach:| am hiesigen Platz nicht für glücklich. Auf die nach ihren wissenschaftlichen Leistungen eventuell sehr wohl in Betracht zu ziehenden Wittich und Fick würde immerhin erst gegriffen werden können, wenn die ältere Generation nichts zu bieten vermöchte. Sollten Sie Sich, unsrer Bitte entsprechend, entschließen, uns Ihre Meinung über die nach Lage der Verhältnisse geeignetste Besetzung mitzuteilen, 2 so würde die Fakultät besonders dankbar sein, wenn Sie in Kürze insbesondre auch auf die zuerst genannten Herren eingehen wollten. Mit dem Ausdruck des verbindlichsten Dankens im Voraus, und den angelegentlichsten Empfehlungen verbleibe ich Ihr in vorzüglicher Hochachtung sehr ergebener Max Weber
a ist > sind 2 Vgl. dazu die Briefe Max Webers an Lujo Brentano vom 1. Jan. 1897, unten, S. 267 f., 4. Jan. 1897, unten, S. 274 f., sowie 12. Jan. 1897, unten, S. 276–278.
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Karl Bücher 25. Dezember 1896; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Leipzig, Nl. Karl Bücher, Nr. 181, Bl. 15–18 (NL 181/Web 15–18) Der Brief setzt die Korrespondenz über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
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Für Ihren überaus liebenswürdigen und eingehenden Brief gestatte ich mir auf das Verbindlichste zu danken. Ich werde Ihre Bemerkungen der Fakultät s.Z. vorlesen und zweifle nicht, daß Ihr Urteil die gebührende Beachtung fi nden wird.1 Über Stieda werde ich schleunigst von allen mir irgend zugänglichen Seiten Material für die Fakultät zu beschaffen suchen, insbesondere der Fakultät auch das – relativ – günstige Urteil, welches einem hiesigen philosophischen Fachcollegen zugänglich gemacht worden ist, 2 vortragen. Als bei den Vorbesprechungen ich eindringlich nach meinen persönlichen Eindrücken gefragt wurde, habe ich natürlich nicht umhin gekonnt, zu berichten, daß ich St[ieda] in Berlin in einem sogen. „Evangelisch-Sozialen Cursus“ gehört habe3 und daß der Vortrag – überaus gründlich, stoffreich, und mich persönlich nach jeder Richtung belehrend und befriedigend – allerdings auf die Zuhörer durchweg seine Wirkung völlig verfehlte.4 Äußerlicha O: Schillerst. 1 Wie sich aus Max Webers folgender Reaktion schließen läßt, hatte Karl Bücher offensichtlich den mit ihm befreundeten, aber nicht unumstrittenen Wilhelm Stieda empfohlen. Zur freundschaftlichen Beziehung von Karl Bücher und Wilhelm Stieda vgl. den Brief Wilhelm Stiedas an Karl Bücher vom 22. Febr. 1897, wie oben, S. 256, Anm. 1. 2 Bei dem hiesigen philosophischen Fachkollegen kann es sich nur um Heinrich Rickert oder Hugo Münsterberg handeln; nur diese beiden lehrten im WS 1896/97 in Freiburg Philosophie (Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1896/97, S. 10). Max Weber unterhielt zu beiden gute Beziehungen. 3 Gemeint ist der vom 10. bis 20. Oktober 1893 in Berlin veranstaltete Kursus über soziale Fragen, den der Evangelisch-soziale Kongreß initiiert hatte und auf dem Max Weber über „Landwirtschaft und Agrarpolitik“ (MWG I/4, S. 254–271) referierte. 4 Wilhelm Stieda referierte über „Gewerbepolitik“ (vgl. den Editorischen Bericht, ebd., S. 255). Für die Hörer wurde ein sogenannter „Grundriß“ dazu als „Manuskript gedruckt“ (Stieda, Wilhelm, Gewerbe-Politik. Grundriß zu 8 Vorlesungen zum Evangelisch-sozialen
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keiten, wie Tonfall und dgl., spielen dabei ja leider oft ausschlaggebend mit. Ich werde aber – da ein solcher isolierter Eindruck sicherlich nichts besagt – beanspruchen, daß eingehend auf ihn zurückgekommen wird. Gegen die Stimmung der Fakultät ihn durchzudrücken werde ich in letzter Linie natürlich kaum in der Lage sein, schon des Soupçon’s halber, der bei dem etwas spießbürgerlichen Eifersuchtsverhältnis der beiden badischen Universitätenb mir entgegengebracht werden würde. – Sie werden mich ja für klug genug halten, um zu glauben, daß ich nicht prätendiere wissenschaftlich das Gleiche geleistet zu haben wie er, und ich empfi nde das ihm nun schon wiederholt widerfahrenec unverdiente Misgeschick nur um so peinlicher, 5 weil mir wiederholt unerstrebte und unbeanspruchte äußere „Erfolge“ zufielen. Aber allerdings scheint mir seine Lage relativ noch erträglich verglichend mit dem gradezu trostlosen Schicksal Oldenberg’s, dessen Charakterqualitäten nur wenige zu schätzen vermögen und dessen intellektuelle Fähigkeiten, denen aller in meinem Brief erwähnten Dozenten weit überlegen,6 so lange er sich unter dem Druck der auf ihm lastenden Lehrst[ellun]ge [??] f befi ndet, niemals weiteren Kreisen bekannt werden können,7 – am wenigsten aus seinen, unter dem Gesichtspunkt des „Fortkommens“ b 〈[??]〉 c O: wiederfahrene d Fehlt in O; verglichen sinngemäß ergänzt. e Unsichere Lesung. f Wortendung oder ein Wort nicht lesbar. Kursus zu Berlin. Oktober 1893, in: Grundriß zu den Vorlesungen im Evangelisch-sozialen Kursus zu Berlin. Oktober 1893. – Berlin: Vaterländische Verlags-Anstalt o.J.). 5 Stieda lehrte seit 1884 an der Universität Rostock und hatte mehrfach versucht, einen Ruf an andere Universitäten zu erlangen. Da es keine Bewerbungen gab, war dies nur über Empfehlungen möglich. Neben Karl Bücher empfahl auch Adolph Wagner Wilhelm Stieda als möglichen Nachfolger bei Max Weber. Stieda erkundigte sich darüber hinaus kurz vor Weihnachten selbst über den Stand der Dinge bei dem Freiburger Strafrechtler, Woldemar von Rohland, einem Mitglied der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (vgl., auch zu den übrigen Bemühungen, einen Ruf an andere Universitäten zu erlangen, den Brief Wilhelm Stiedas an Karl Bücher vom 22. Febr. 1897, wie oben, S. 256, Anm. 1; zu der Empfehlung durch Adolph Wagner vgl. auch: Adolph Wagner an Wilhelm Stieda vom 28. Dez. 1896, wo es heißt: „Ich hatte Gelegenheit, jetzt in Freiburg aufs schönste und in erster Linie für Sie einzutreten“, in: Adolph Wagner. Briefe, Dokumente, Augenzeugenberichte, 1851– 1917, hg. von Heinrich Rubner. – Berlin: Duncker & Humblot 1978, S. 310; hinfort: Wagner, Briefe, Dokumente, Augenzeugenberichte). Trotz dieser Empfehlungen und Bemühungen kam Stieda nicht in die nähere Wahl. 6 Vgl. den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 256 f. 7 Karl Oldenberg hatte sich 1891 für Staatswissenschaften habilitiert, konnte aber erst 1897 eine a.o. Professur in Marburg erlangen; zwischen 1888 bis 1897 war er als Assistent Gustav Schmollers in der Redaktion des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“ tätig. Max Weber kannte Oldenberg seit den frühen 1890er-Jahren aus Berlin.
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betrachtet, so ungünstig wie nur möglich gewählten Publikationen.8 Hier handelt es sich nicht nur um Fehlen des äußeren Erfolgs, sondern um ein langsames Sichverzehren der Nervenkraft und auf die Dauer ein inneres Verkümmern. – Höchst erwünscht wäre eine Äußerung über Lotz und Rathgen gewesen, da für ersteren von Seiten meines Spezialcollegen,9 für letzteren von Seiten eines Fakultätsmitgliedes entschieden eingetreten wird,10 während ich etwas zweifle, ob einer der beiden Herren grade für uns passend ist und beiden sowohl Sombart als Fuchs voranstellen möchte. Sie werden kaum geneigt sein, Sich für die Angelegenheit unserer Hochschule noch weiter zu interessieren, sonst |:würde:|g ich mir die Bitte um eine Äußerung darüber gestatten. – Mit nochmaligem verbindlichsten Dank verbleibe ich Ihr in vorzüglicher Hochachtung sehr ergebener Max Weber
g hätte > würde 8 Oldenberg war ein ausgewiesener Kenner der Arbeiterbewegung und des Anarchismus. So veröffentlichte er u. a. über die deutsche Sozialdemokratie und den russischen Nihilismus (vgl. Oldenberg, Karl, Die Ziele der deutschen Sozialdemokratie (Evangelisch-soziale Zeitfragen, 1. Reihe, Heft 8 und 9). – Leipzig: Fr. W. Grunow 1891, sowie ders., Der russische Nihilismus von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. – Leipzig: Duncker & Humblot 1888). 9 Gemeint ist Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 10 Um welches Fakultätsmitglied es sich handelt, ist nicht ermittelt.
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Weihnachten 1896
[Helene Weber] [Weihnachten 1896]; o.O. Briefzusatz; eigenhändig, ohne Anrede und Schlußformel Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max Webers Zusatz findet sich am Ende eines mit „Inhaltsverzeichnis u. Kommentar der Weihnachtskiste“ überschriebenen undatierten Briefes Marianne Webers an Helene Weber. Sie beschrieb darin die den einzelnen Familienmitgliedern zugesandten Weihnachtsgeschenke in Form einer numerierten Liste. Der Inhalt des Briefzusatzes, Max Webers Berufung nach Heidelberg, bestätigt die spätere Datierung Marianne Webers auf Weihnachten 1896.
Das Erstere auch von mir in ziemlicher Eile1 nach den ziemlich langatmigen schriftlichen und mündlichen Verhandlungen2 – hier zu Lande ist sogar in Telegrammen des Ministeriums die Anrede „Euer Hochwohlgeboren“ und der Schluß „ergebenst“ unvermeidlich. – Das Christkindchen muß sich bei uns nun schon auf die Heidelberger Geheimrathsbedürfnisse einrichten und ist darüber ziemlich bankerott. –
1 Unter dem einführenden „(Motto: ‚Schäbig aber von Herzen!‘)“ führte Marianne Weber als erstes Präsent ein japanisches Teekännchen für Max Weber sen. auf, „worüber er sich nicht ärgern soll, wenn’s kaput[t] ankommt o. wenn es nicht brauchbar ist“. 2 Zu Webers Berufung nach Heidelberg und dem Verlauf der Verhandlungen vgl. die Briefe an Adolf Hausrath vom 15. Okt. 1896, oben, S. 216–218, sowie an Ludwig Arnsperger vom 12. und 15. Dez. 1896, oben, S. 244 f. und 248–254, mit Editorischen Vorbemerkungen.
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Lujo Brentano 1. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 172, 171 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg i.B. 1. I. 97 Hochgeehrter Herr Geheimrath!
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Gestatten Sie, daß ich für Ihre eingehende Antwort, welche der Fakultät sehr nützlich war, verbindlichst danke. Es ist der Regierung an 1ter Stelle Sombart, an 2ter Fuchs, an 3ter Lotz vorgeschlagen worden. Der Erstgenannte ist als Redner – worauf die Collegen das Hauptgewicht legten – der 2te weil er sich fachlich besonders gut mit v. Schulze ergänzt,1 vorangestellt. Außerdem ist für einige wohl noch der Gesichtspunkt der „Richtung“ trotz Ihrer diesbezüglichen Bemerkungen2 bis zu einem gewissen Grade |:mit:| maßgebend gewesen. Die Zusammenarbeit von v. Schulze und mir hat, glaube ich, uns beiden das Anregende und Nützliche einer gewissen Reibungsfläche doch im günstigeren Lichte erscheinen lassen können. Und so unwissenschaftlich es auch wäre, bei der Analyse und causalen Erklärung ökonomischer Erscheinungen subjektiv unda durch Parteimeinungen gefärbte und daa Alternative Lesung: an 1 Der Schwerpunkt in Forschung und Lehre von Carl Johannes Fuchs lag auf Agrargeschichte und Agrarpolitik. Max Weber legte Wert darauf, daß diese Disziplinen auch nach seinem Weggang angemessen vertreten sein sollten. Gerhart von Schulze-Gaevernitz lehrte Gewerbe- und Handelspolitik, Arbeiterfrage, Geschichte des Sozialismus und der Sozialreform. 2 Brentanos gutachterliche Stellungnahme ist nicht überliefert, sein kurz zuvor veröffentlichter Aufsatz „Die Meinungsverschiedenheiten unter den Volkswirtschaftslehrern“ (in: Cosmopolis. Internationale Revue, Berlin, London, Paris, Band 2 (1896), Aprilheft, S. 241– 260) läßt aber Rückschlüsse auf seine „diesbezüglichen Bemerkungen“ zu. Darin plädierte er für eine strenge Trennung von Wissenschaft und Parteinahme, letztere machte er für einen geringen Erkenntnisfortschritt auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften verantwortlich. „Richtungen“ oder Ideale mit Anweisungen, was zu tun sei, wie Manchesterliberalismus und Sozialismus, hätten in der Wissenschaft keinen Platz, vielmehr ergäben sich die zu ergreifenden volkswirtschaftspolitischen Maßnahmen aus der historischen Analyse von Gesellschaft und Wirtschaft von selbst. Brentanos „Bemerkungen“ dürften konkret gegen Werner Sombart und dessen vermeintlich sozialistische Haltung gerichtet gewesen sein.
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durch verschiedene Ergebnisse als etwas |:auch:| principiell Mögliches anzusehen, so selbstverständlich erschien uns andererseits der Umstand, daß bei der Beurteilung dieser Erscheinungen in letzter Instanz die Ideale, von denen bewußt oder unbewußt der Urteilende ausgeht, entscheiden, mithin subjektive und auch „Partei“-Trübungenb gradezu unumgänglich, auch keineswegs ungesund sind, und also nur die Forderung, daßc der angelegte Urteilsmaßstab klargestellt werde, erhoben werden kann. Da es nun unvermeidlich scheint, daß dem Studenten nicht nur die Erklärung, sondern auch eine Beurteilung ökonomischer Erscheinungen vorgetragen wird, – zum mindesten dies ausnahmslos faktisch geschieht, so scheint es auch nützlich, wenn ihm eine Beleuchtungd an der Hand verschiedener Ideale als möglich aufgezeigt wird, – wenn einmal mehrere coordinierte Lehrstühle verfügbar sind, wie hier[.] Insofern möchte ich also einen gewissen Kern von Berechtigung doch in der Berücksichtigung sogenannter „Richtungen“ finden. – Im Übrigen habe ich mein persönliches Votum gänzlich zurücktreten lassen und der Fakultät lediglich die Dienste eines „ehrlichen Maklers“3 geleistet. Mit nochmaligem verbindlichsten Danke und den besten Empfehlungen verbleibe ich Ihr in ausgezeichneter Hochachtung stets ergebener Max Weber
b Unsichere Lesung. stempel verdeckt.
c 〈di〉
d Unsichere Lesung; teilweise durch Paginierungs-
3 Anspielung auf Bismarcks Erklärung am 19. Februar 1878 vor dem Reichstag, in der Orient-Krise die Interessen der europäischen Mächte auf dem Balkan uneigennützig und als „ehrlicher Makler“ in einer Konferenz, dem späteren Berliner Kongreß vom Juni 1878, austarieren zu wollen (Sten. Ber. Band 47, S. 98).
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Karl Bücher 1. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Leipzig, Nl. Karl Bücher, Nr. 181, Bl. 19–22 (NL 181/Web 19–22) Der Brief setzt die Korrespondenz über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie den Brief an Karl Bücher vom 25. Dezember 1896, oben, S. 263–265).
Freiburg i.B. Schillerstr.a 22 1. I. 97 Hochgeehrter Herr College!
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Die Fakultät hat schließlich, nach Einholung der Meinung auch Anderer, sich doch nicht entschlossen, auf Stieda zu greifen, weil die Herren Collegen durchweg der Meinung waren an die erste Stelle einen zweifellos als Redner wirksamen Docenten setzen zu wollen, und St[ieda] nicht gut hinter einem solchen figurieren könne, auch – im Gegensatz zu Sombart und Fuchs – sich auf agrarischem Gebiet nicht derart bewegt habe, um von Schulze-Gävernitz gut zu ergänzen.1 Die Liste ist demnachb : 1) Sombart 2) Fu[chs] c 3) Lotz ausgefallen und haben wir unseren Dekan2 mit energischer persönlicher Befürwortungd des Erstgenannten beim Minister beauftragt.3 – Der Gedanke, Gothein zu gewinnen zu suchen,4 wurde als voraussichtlich aussichtslos aufgegeben. Hingegen ist es ziemlich sicher, daß derselbe an erster Stelle für die Professur der Geschichte vorgeschlagen wird, 5 welche besser dotiert ist. a O: Schillerst.
b dadurch > demnach
c Lochung.
d Unsichere Lesung.
1 Gerhart von Schulze-Gaevernitz’ handels- und sozialpolitische Themenschwerpunkte sollten durch Agrarpolitik und Agrargeschichte ergänzt werden. Vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 256 f. mit Anm. 4. 2 Im Studienjahr 1896/97 war Richard Schmidt Dekan der Rechts- bzw. der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. 3 Bei der Verabschiedung der Liste am 29. Dezember 1896 beschloß die Fakultät zugleich, den Dekan zu beauftragen, „im Interesse einer Berufung des Erstgenannten“ dem badischen Kultusminister und Ministerpräsidenten, Wilhelm Nokk, „mündlich zu berichten“ (vgl. UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 160). 4 Gemeint ist Eberhard Gothein. 5 Eberhard Gothein wurde zwar in die engere Auswahl gezogen, den Ruf auf die Professur für Geschichte erhielt aber nicht er, sondern Alfred Dove (vgl. Maurer, Michael, Eberhard Gothein (1853–1923). Leben und Werk zwischen Kulturgeschichte und Nationalökonomie. – Köln u. a.: Böhlau 2007, S. 143).
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Mit nochmaligem verbindlichsten Dank für Ihre freundliche Auskunft und in vorzüglicher Hochachtung ergebenst Max Weber
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Adolph Wagner 1. Januar 1897; Freiburg i. Br. Abschrift; von dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 15 Zur Überlieferungslage vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Januar 1895, oben, S. 53. Der Brief setzt die Korrespondenz mit Adolph Wagner über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie den Brief an Adolph Wagner vom 21. Dezember 1896, oben, S. 258 f.).
Freiburg i.B. Schillerstr. 22 1. I. 97. Hochverehrter Herr Geheimrath!
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Verbindlichsten Dank für Ihren sehr eingehenden und freundlichen Brief, der der Fakultät zu sehr eingehender Erwägung Anlaß gab. Ich habe mich selbst bei der ganzen Verhandlung etwas reserviert verhalten müssen und berichte daher nur über das Resultat, mit dem ich mich nicht in allen Punkten identificieren möchte. Dietzel1 hängt für uns nach der Art der Dotation der hiesigen Stelle2 sicher, Rathgen vielleicht oder vielmehr wahrscheinlich zu hoch. Einen Refus von Marburg3 wollten die Collegen in der Mehrzahl nicht riskieren. Stieda begegnete allseitigem Widerstand,4 da die Collegen unbedingt einen Redner wollten, man kann gewiß streiten ob mit Recht. Es sind vorgeschlagen 1) Sombart, – um dessen Berufung der Dekan den Minister persönlich bitten soll5 – 2) Fuchs, 3) Lotz; – Oldenberga gegen meinen Wunsch nicht, da er leider nicht zu größeren Publikationen kommt. Die Finanzwissenschaft hat neuerdings v. Schulze mit größter a In Abschrift: Oldenburg 1 Heinrich Dietzel war ein Schüler Adolph Wagners. 2 Max Webers Freiburger Stelle war mit 4000 Mark Grundgehalt jährlich dotiert, zuzüglich 760 Mark Wohngeld; in Heidelberg erhielt er 2000 Mark Grundgehalt mehr (GLA Karlsruhe 235/3140, Bl. 74, Bl. 77–78). Ein Gehalt von 4000 Mark galt als „sehr mäßig“, wie Adolph Wagner Wilhelm Stieda in Bezug auf Max Webers Gehalt und die Ausstattung der Freiburger Stelle am 28. Dezember 1896 mitteilte. Vgl. Wagner, Briefe, Dokumente, Augenzeugenberichte (wie oben, S. 264, Anm. 5), S. 310. 3 Karl Rathgen lehrte in Marburg. 4 Adolph Wagner hatte auch Wilhelm Stieda empfohlen (vgl. den Brief Max Webers an Karl Bücher vom 25. Dez. 1896, oben, S. 264, Anm. 5). 5 Vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 1. Jan. 1897, oben, S. 269 mit Anm. 3.
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Vorliebe traktiert,6 deshalb haben wir keinen Spezialisten dafür berufen, Hasbach gilt als nicht sehr glücklicher Redner und Tönnies wurde als zu abstrakt philosophisch interessiert nicht in Betracht gezogen. Von Fuchs nehmen wir an, daß er nach seinen Schriften über englische Handelspolitik und ihre Handelstechnik7 sich doch recht selbständig entwickelt habe. Der Befürwortung von Lotz konnte ich als der Ausscheidende mich für die 3te Stelle nicht wohl widersetzen, trotz meiner Bedenken. – In Heidelberg fand ich schwierige Verhältnisse vor. Ein Seminar mußte erst neu gegründet werden.8 Auch aus manchen anderen Gründen wäre vielleicht ein Älterer mehr am Platze gewesen als ich. Nun – ich kann schließlich ja nichts dafür, daß die dortigen Collegen – weiß Gott wie – grade auf mich verfallen sind und werde sehen meine Sache so gut es mir möglich ist zu machen. Ich hoffe, Sie in absehbarer Zeit wieder in Berlin aufsuchen zu können, – wenn nicht Graf Arnim9 mit seinen Myrmidonen10 vorher dafür sorgt, daß so „börsenfreundliche“ Professoren nicht wieder in den Börsenausschuß kommen.11 6 Zeitnahe Publikationen zu finanzwissenschaftlichen Themen sind von Gerhart von Schulze-Gaevernitz nicht nachgewiesen, es muß sich daher um eine Anspielung auf seine Lehrtätigkeit handeln. Dieser hatte zuletzt im Wintersemester 1895/96 zu „Finanzwissenschaft“ vorgetragen (Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1895/96, S. 18). Für das laufende Wintersemester 1896/97 hatte er zunächst eine Spezialvorlesung zu „Geld und Währungsfrage“ angekündigt (ebd., WS 1896/97, S. 5), sich dann aber kurzfristig beurlauben lassen (vgl. den Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 4. Jan. 1897, unten, S. 274 mit Anm. 1). 7 Es handelt sich um folgende Monographie und Aufsätze: Fuchs, Carl Johannes, Die Handelspolitik Englands und seiner Kolonien in den letzten Jahrzehnten (SVfSP 57). – Leipzig: Duncker & Humblot 1893; ders., Der englische Getreidehandel und seine Organisation, in: JNS, Band 54 (N.F., Band 20), 1890, S. 1–67, sowie ders., Die Organisation des Liverpooler Baumwollhandels in Vergangenheit und Gegenwart, in: SchmJb, Jg. 14, 1890, S. 107–126. 8 Vgl. dazu den Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dez. 1896, oben, S. 248–254, mit Editorischer Vorbemerkung. 9 Gemeint ist Traugott Hermann Graf von Arnim(-Muskau). 10 Die Myrmidonen, ein archaischer Volksstamm Thessaliens, waren der Sage nach von Zeus aus Ameisen geschaffen worden; aus ihnen rekrutierte Achilles in der Ilias seine zahlreiche und emsige Gefolgschaft. 11 Max Weber war, wie Graf Arnim, in den provisorischen Börsenausschuß im Reichsamt des Innern berufen worden und hatte an dessen Sitzungen vom 19. bis 26. November 1896 in Berlin teilgenommen. Im Verlauf der Verhandlungen hatte Graf Arnim als Vertreter des Großgrundbesitzes mehrfach betont, daß die Repräsentanten der Landwirtschaft durch Vertreter des Handels und der Börse majorisiert würden; auch Max Weber und der Göttinger Nationalökonom Wilhelm Lexis, die Vertreter der Wissenschaft, wurden als zu
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Mit nochmaligem besten Dank und angelegentlichster Empfehlung Ihr stets aufrichtig ergebener Max Weber
börsenfreundlich in der agrarischen Presse angegriffen. Max Weber wurde, anders als erhofft, nicht wieder in den – seit dem 1. Januar 1897 nunmehr definitiven – Börsenausschuß berufen (vgl. ausführlich dazu Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 84–86, S. 105– 107).
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Lujo Brentano 4. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 169–170 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie die Briefe an Lujo Brentano vom 25. Dezember 1896 und 1. Januar 1897, oben, S. 261 f. und S. 267 f.).
Freiburg. 4/1 97 Hochgeehrter Herr Geheimrath! Verbindlichsten Dank für Ihren heute erhaltenen Brief. Um gemäß seinem Inhalt nochmals in Erörterungen einzutreten, war es, da die Sache sehr eilig betrieben worden ist, leider zu spät, auch ist v. Schulze, der sehr energisch für Sombart an erster Stelle eintrat, jetzt auf der Reise und nicht zu erlangen.1 Ich bin nicht sicher, wie die Fakultät sich zu der Sache gestellt hätte – ich selbst hätte nur nochmals feststellen können, daß die Lehrbegabung von Lotz, auf die die Fakultät das Hauptgewicht legte, ganz außer allem Zweifel steht. Die auswärtigen Urteile lauteten meist etwas kühl, und da ich selbst, als Fortgehender und mit Lotz seit Alters gut bekannt, nicht als classisch zu gelten beanspruchen kann, würde Fuchs wohl ebenfalls wie jetzt ihm vorangestellt worden sein. Auch ich war dafür, da F[uchs] der ruhigere von beiden ist und zwar langsamer, aber wohl auch umfassende[r] arbeitet als Lotz, den die Freude an der Mensur wohl leichter mit sich fortreißt. Ganz außerordentlich würde ich ihm selbstverständlich das Münchener Ordinariat gönnen. Aber hätte ich der Fakultät gesagt, daß Sie ihm dasselbe zu verschaffen suchen würden, so würde das, glaube ich, ihn sehr benachteiligt haben. Wir sind darin in eigenartiger Lage: die Regierung ist geneigt, die Stellea nicht mit einem Ordinarius zu besetzen, wie wir fürchten müssen, – aus Ersparnisrücksichten. Holen wir uns einen Korb, so genügt das als Vorwand für sie vollauf. Ich hatte daher in erster Linie vorgeschlagen, nur die Beiden, deren Kommen im a 〈einf〉 1 Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte sich zu Beginn des Wintersemesters 1896/97 beurlauben lassen (Schreiben des Dekans der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an den Senat der Universität Freiburg vom 7. Okt. 1896, GLA Karlsruhe, 235/43005) und hielt sich seit dem 4. Januar 1897 an seinem Privatwohnsitz in Hamburg auf (vgl. dazu die Karte an Paul Siebeck vom 9. Febr. 1897, unten, S. 290).
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Falle der Berufung sicher oder fast sicher ist, Sombart und Fuchs, vorzuschlagen. Wäre Lotz an die erste Stelle gesetzt, so wär dies nach der Stimmung der Fakultät sicherlich nicht ohne vorherige bindende Zusage der Annahme geschehen. – Nach dieser ganzen Sachlage, glaube ich, hätte auch ein früheres Eintreffen Ihres Briefes nichts Wesentliches geändert. – Natürlich bin ich aber der Meinung, daß Lotz das Ordinariat hier mindestens so sehr verdient wie Einer von uns. Seine jetzige Stellung dürfte aber kaum hinter demselben zurückstehen. – Noch möchte ich mir gestatten, dem möglichenb Misverständnis vorzubeugen, als hätte ich mir etwa erlauben wollen, mit den Erörterungen überc „Richtungen“ etc.2 Ihre Münchener Verhältnisse zu berühren.3 Wo ein präponderierender Gelehrter Schule macht, ist für jüngere von andrer sog. „Richtung“ erstens kein Platz und zweitens das Vorhandensein solcher auch keinerlei Gewinn für die Hochschule, das sehe ich völlig ein. Aber nicht Jeder von uns, der als Lehrer brauchbar ist, macht Schule, und wo mehrere coordinierte Persönlichkeiten in Frage kommen, ist – wenn sie sich persönlich vertragen – eine gewisse Divergenz der Ideale für den Studenten doch nicht übel. Mit nochmaligem besten Dank und in hochachtungsvoller Ergebenheit Ihr Max Weber
b Unsichere Lesung; Tintenfleck.
c 〈Mü〉
2 Vgl. dazu den Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 1. Jan. 1897, oben, S. 267 f. mit Anm. 2. 3 Brentano galt als Exponent der radikal freihändlerischen, linksliberalen und gewerkschaftsfreundlichen „Richtung“ innerhalb der Nationalökonomie, der auch Walther Lotz als sein Schüler folgte. Max Weber beklagte an anderer Stelle Lotz’ fehlende wissenschaftliche Persönlichkeit und Eigenständigkeit gegenüber seinem Lehrer (vgl. den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 2. März 1897, unten, S. 295 f.).
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Lujo Brentano 12. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 168, 167 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie die Briefe an Lujo Brentano vom 25. Dezember 1896, 1. und 4. Januar 1897, oben, S. 261 f., S. 267 f. und S. 274 f.).
Freiburg i B Schillerstr.a 22 12 I 97 Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ein Abstecher nach Saarbrücken verhinderte mich,1 schon vorher einige mögliche Misverständnisse aufzuklären: 1) Lotz ist nicht etwa seiner „Richtung“2 wegen nicht an die erste Stelle gesetzt. Dieser Gesichtspunkt, von dem ich geschrieben hatte, daß er unter Umständen mitspielen könne, 3 kommt nach unser aller Auffassung selbstverständlich nur „ceteris paribus“ in Betracht. Auch versteht es sich, daß nicht etwa die Abneigung gegen diese spezielle „Richtung“ mitgespielt hat, – Sombart steht Schulze und auch mir selbstverständlich grade seiner „Richtung“ nach erheblich ferner als Lotz. 2) Ich muß mich nicht geschickt ausgedrückt haben bezüglich der auswärtigen Urteile. Dieselben sind – von Straßburg, Leipzig, Berlin4 – nicht etwa absolut betrachtet „kühl“ ausgefallen, sondern nur – und zwar einstimmig – relativ, im Verhältnis zu Sombart undb Fuchs. Die günstigeren stellten ihn Rathgen etwa gleich. 3) Ich selbst und die Fakultät haben nicht etwa uns die Aufgabe gestellt, die einzelnen Personen nach ihrem Gesammtverdienst um die Wissenschaft abzuwägen, sondern ausschließlich gefragt: welche von ihnen für uns nach den derzeitigen Verhältnissen am besten passen. a O: Schillerst
b 〈Lotz〉
1 Vgl. den Brief an Friedrich Naumann vom 9. Dez. 1896, oben, S. 240 f., Anm. 6. 2 Vgl. den Brief an Lujo Brentano vom 4. Jan. 1897, oben, S. 275, Anm. 3. 3 Vgl. die Briefe an Lujo Brentano vom 25. Dez. 1896 und 1. Jan. 1897, oben, S. 261, S. 267 f. 4 Außer von Lujo Brentano selbst hatte Max Weber „auswärtige Urteile“ von Georg Friedrich Knapp (Straßburg), Karl Bücher (Leipzig) sowie Gustav Schmoller und Adolph Wagner (beide Berlin) eingeholt (vgl. den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255, Editorische Vorbemerkung).
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4) Auch die geringe Chance, daß Lotz käme, hat schließlich nicht mitgespielt, obwohl im Allgemeinen Fakultäten, welche ihn an die erste Stelle setzen, wohl eine |:vorherige:| Bindung von ihm verlangen würden. Wir z. B. hätten dies ohne Schädigung unsrer Interessen gar nicht unterlassen können, da ein Korb für die Regierung der willkommene Anlaß zu mindestens zeitweiliger Nichtwiederbesetzung des s.Z. mühsam durchgesetzten 2ten Ordinariates5 gewesen wäre. – Was die persönliche Seite anlangt, so ist Sombarts Schicksal in Breslau,6 vollends Oldenbergs in Berlin7 – letzteren halte ich an Intelligenz für uns Jüngere sämmtlichc überlegen – doch immerhin mit der Stellung von Lotz,d welche die hiesigen Ordinariate doch faktisch überragt, nicht zu vergleichen. Trotzdem muß jeder Freund von Lotz ihm ein Ordinariat, sei es in München oder anderswo, wünschen. Gelänge es mir doch Ihnen den Verdacht zu nehmen, als seien hier irgendwelche agrarischen oder sonst reaktionären Machenschaften beteiligt! Das „ethische Pathos“ geht mich wahrhaftig nichts an, und die „höchsten Ideale der Zeit“ sind ein mir unverständlicher Terminus.8 Wenn ich persönlich unerstrebte und unbeanspruchte „Erfolge“ in der akademischen Laufbahn erreicht habe, so lassen mich dieselben ziemlich kalt und geben mir namentlich keine Antwort auf die Frage, ob ich nun c 〈st〉
d 〈di〉
5 Gerhart von Schulze-Gaevernitz wurde erst mit der Gründung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät am 1. Juni 1896 vom etatmäßigen a.o. zum o. Professor der Volkswirtschaftslehre befördert (Mitteilung des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Senat der Universität Freiburg vom 15. Juni 1896, GLA Karlsruhe, 235/43005). Noch ein Jahr zuvor war Max Webers Antrag auf Schaffung eines zweiten nationalökonomischen Ordinariats und Umwandlung der Professur von Gerhart von Schulze-Gaevernitz am 28. Juni 1895 in der Philosophischen Fakultät gescheitert (UA Freiburg i. Br., B 3/795, S. 32–33; MWG I/13). 6 Werner Sombart war seit 1890 a.o. Professor in Breslau. Da er unter dem permanenten Verdacht stand, Sozialist zu sein, gelang ihm erst 1906 der Sprung auf eine Professur an der Handelhochschule Berlin. 7 Vgl. den Brief an Karl Bücher vom 25. Dez. 1896, oben, S. 264, Anm. 7. 8 Anspielung auf die ethisch-soziale Richtung der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie und deren Haupt Gustav Schmoller. Schmoller hatte 1881 die Wissenschaft der Volkswirtschaftslehre mit dem antiken Chor in der Tragödie verglichen: „Wie der Chor in der Tragödie der Alten soll sie nicht selbst handeln, sondern getrennt von der Bühne der Handelnden deren Thun mit ihren Betrachtungen begleiten, es messen an dem Maßstab der höchsten Ideale der Zeit.“ (Schmoller, Gustav, Über Zweck und Ziele des Jahrbuchs, in: SchmJb, Jg. 5, 1881, S. 9). Die jüngeren Nationalökonomen, wie Max Weber und Werner Sombart, setzten sich mit dieser Haltung kritisch auseinander (vgl. den Brief an Werner Sombart vom 8. Febr. 1897, unten, S. 287–289, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie Lenger, Werner Sombart, S. 98).
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grade in dieser Laufbahn an dem für mich passendsten Platze bin. Ich gönne sie deshalb wahrlich jedem Andren unde man wird es nicht erleben, daß ich aus persönlichen oder politischen Gründen Jemandem Steine in den Weg werfe. Deshalb braucht auch gegen mich Niemand sein „Pulver trocken zu halten“.9 Mit hochachtungsvollen Empfehlungen Ihr sehr ergebener Max Weber
e 〈werde〉 9 „Sein Pulver trocken halten“ bedeutet, stets in Verteidigungsbereitschaft zu sein. Die Wendung geht auf die irische Ballade „Oliver’s Advice“ zurück, deren Strophen jeweils mit „put your trust in God, my boys, and keep your powder dry“ enden. Mit diesen Worten soll Cromwell einst seine Truppen dirigiert haben: „put your trust in God; but mind to keep your powder dry.“ Vgl. Hayes, Edward (Hg.), The ballads of Ireland, Band 1, 2. Aufl. – A. Fullarton & Co.: London, Edinburgh, Dublin 1856, S. 190–192.
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Heinrich Bassermann 17. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Heidelberg, PA 2408 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Berufung Max Webers auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität Heidelberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dezember 1896, oben, S. 248 f.).
Freiburg iB 17 1 97 Euer Magnifi zenz
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beehre ich mich anbei ergebenst die Standeslistena ausgefüllt zu überreichen1 mit dem ergebensten Bemerken, daß ich den Dienst am 1. April 1897 antreten werde. Hochachtungsvoll sehr ergebenst Max Weber
a Zu erwarten wäre: Standesliste 1 Die von Max Weber eigenhändig ausgefüllte Standesliste befindet sich ebenfalls in seiner Personalakte (UA Heidelberg, PA 2408).
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Alfred Weber 17. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 42–43 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Übersendung des soeben erschienenen Artikels von Alfred Weber über „Hausindustrielle Gesetzgebung und Sweatingsystem in der Konfektionsindustrie“ (SchmJb, Jg. 21, 1897, Heft 1, S. 271–305), wie sich aus dem Inhalt schließen läßt. Bei dem Artikel handelt es sich zugleich um Alfred Webers Doktorarbeit, die selbstständig unter demselben Titel ebenfalls 1897 erschien (Weber, Alfred, Hausindustrielle Gesetzgebung und Sweating-System in der Konfektionsindustrie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1897, in: AWGA 5, S. 25–58). Diese Publikationen bildeten den Auftakt zu Alfred Webers intensiver Beschäftigung mit der Heimarbeiterindustrie und kritischen Auseinandersetzung mit der sozialen Lage der Heimarbeiter (vgl. dazu auch den Brief Max Webers an Alfred Weber vom 2. August 1899, unten, S. 695, Editorische Vorbemerkung).
Fr. 17 1 97 Lieber Alfred! Besten Dank erstens für Deinen Artikel.1 Er hat mir in jeder Hinsicht ganz vortrefflich gefallen, abgesehen von dem großen sachlichen Interesse. Auch fi nde ich die Formulierung sehr glücklich, meine nur, daß Du zu ängstlich comprimiert und Dir dadurch das Geschäft wahrscheinlich erschwert hast. Marianne raisonnierte aus dem gleichen Grunde über die langen Wortbildungen: „Fabrikgesetzausdehnungsgesetzgebung“2 u.ä. Der Gegensatz der östlichen und westlichen Be-
1 Weber, Alfred, Hausindustrielle Gesetzgebung und Sweatingsystem. Das Sweatingsystem war eine Form des Verlagssystems, bei dem der Verleger, in diesem Fall der Konfektionär, Preise und Produktionsmengen bestimmte sowie Rohstoffe an einen selbstständig wirtschaftenden Zwischenmeister lieferte, der seinerseits Heimarbeiter beschäftigte bzw. für seine Werkstatt rekrutierte. Diese Art der Betriebsverfassung war, wie Alfred Weber herausarbeitete, vorrangig in den östlichen Zentren der deutschen Konfektionsindustrie in Regionen mit einem Auswanderungsüberschuß, also einem Überangebot an Arbeitskräften, verbreitet. Im Westen dagegen, wo Arbeitskräftemangel in Konkurrenz mit anderen Industrien herrschte, rekrutierte und beschäftigte der Konfektionär die Heimarbeiter direkt, ohne einen Zwischenmeister einzuschalten; hier wurden die Familien selber Orte kleiner industrieller Betriebe (ebd., S. 294–303, bes. S. 301). 2 Ebd, S. 274: „Fabrikgesetz-Ausdehnungsgesetzgebung“. Dies betraf die zentrale Fragestellung Alfred Webers: nachdem er die Ausweitung der Fabrikgesetze einschließlich der Arbeiterschutzgesetze auf das kleine Handwerk und die Hausindustrie in Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und anderen Staaten geschildert hatte, fragte er nach dem Nutzen und der Reichweite einer solchen „Fabrikgesetz-Ausdehnungsgesetzgebung“ für die Hausindustrie in Deutschland.
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triebsverfassung3 ist äußerst lehrreich und dürfte wohl |:auch:|, ebenso wie die Flüssigkeit der Gewerkschaften im Osten, mit der geringen Bevölkerungsstabilität zusammenhängen. – Wie steht es mit dem Wälzer?4 Siebeck sagte, Du wollest damit bis nach dem Assessor warten, 5 – das wäre doch entschieden nicht praktisch und weit zeitraubender. Für Deine Mitteilung über Meinecke besten Dank.6 Er ist inzwischen erledigt und Stern und Gothein sind vorgeschlagen. Breysig
3 Vgl. dazu Anm. 1. 4 Es handelt sich um die noch anstehende, selbstständige Veröffentlichung der Doktorarbeit Alfred Webers und damit zusammenhängender Materialien (vgl. dazu Anm. 5). 5 Alfred Weber plante urspünglich eine Veröffentlichung der Ergebnisse seiner Recherchen zur Heimarbeiterindustrie und seiner Doktorarbeit im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck). Seit Herbst 1895 stand er deshalb in Verhandlungen mit Paul Siebeck, verschob den Termin der Fertigstellung und der Abgabe aber immer wieder. Zuletzt bat er Paul Siebeck am 31. Dezember 1896, wie aus dem Antwortschreiben Siebecks vom 2. Januar 1897 hervorgeht, um einen „längeren Aufschub“ bis nach der Doktorprüfung im März und dem Assessorexamen im Juli 1897. Siebeck gewährte Alfred Weber erneut diesen „längeren Aufschub“, zeigte sich jedoch bereits skeptisch, ob es unter diesen Umständen je zu einer Publikation in seinem Verlag kommen werde (vgl. den Brief Paul Siebecks an Alfred Weber vom 2. Jan. 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 41, Bl. 417). Tatsächlich veröffentlichte Alfred Weber seine Dissertation dann bei Duncker & Humblot (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 280). Die Verhandlungen zwischen Alfred Weber und Paul Siebeck sind ausführlich in den Briefkopierbüchern des Verlages J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) dokumentiert (vgl. die Briefe von Paul Siebeck an Alfred Weber vor allem vom 12. Sept. 1895, 11. Okt. 1895, 12. Dez. 1895, 30. Jan. 1896, 4. Aug. 1896, 14. Sept. 1896, 14. Okt. 1896 sowie der letzte nachgewiesene Brief vom 2. Jan. 1897, in: ebd., Kästen 5–10, 36, Bl. 420; 37, Bl. 114; 38, Bl. 73, Bl. 277; 40, Bl. 199, Bl. 281, Bl. 437 sowie 41, Bl. 417 (Zitat)). Alfred Weber wurde am 20. März 1897 promoviert. 6 Max Weber hatte sich offensichtlich bei seinem Bruder anläßlich der Wiederbesetzung des Lehrstuhls für Neuere Geschichte 1896/97 in Freiburg nach Friedrich Meinecke erkundigt. In den Berufungsakten (UA Freiburg i. Br., B 38/257) wird Meinecke nicht erwähnt.
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macht sich mit seinem Geschmiere noch mausetot!7 – Ob nun die Regierung Sombart beruft?8 Wir hören nichts. – Marianne kommt eben sehr vergnügt von ihrem Referat nach Hause,9 da Rickert anscheinend sehr angethan davon war und ihr „Talent“ zugebilligt hatte.10 Die Sache mit Fritz Wagner ist etwas trübe.11 Rickert war sehr unglücklich, meinte nur, der Aufsatz12 zeigea Formgewandtheit und Bea Alternative Lesung: zeigt 7 In Freiburg war es bei der Besetzung des Lehrstuhls für Neuere Geschichte (Nachfolge Wilhelm Busch) kurz hintereinander zu zwei Berufungsverfahren gekommen. Im Juli 1896 schlug die Berufungskommission den Marburger Historiker Albert Naudé an erster und den Berliner Historiker Kurt Breysig an zweiter Stelle vor (UA Freiburg i. Br., B 38/257, Bl. 287, 303). Albert Naudé wurde berufen, starb aber kurz darauf am 17. Dezember 1896, sodaß erneut ein Berufungsverfahren eingeleitet werden mußte. Vorgeschlagen wurden diesmal der Züricher Alfred Stern an erster, der Bonner Wirtschaftshistoriker Eberhard Gothein an zweiter und der Münchener Historiker und Jounalist Alfred Dove an dritter Stelle (vgl. den Kommissionsbericht vom 8. Febr. 1897, ebd., Bl. 273–285). Anstatt Kurt Breysig, die Nummer zwei der ersten Liste, zu berufen, was nahe gelegen hätte, wurde dieser nunmehr explizit ausgeschlossen, und zwar u. a. mit dem Argument, daß er „neuerdings eine Wandlung durchgemacht“ habe, „insofern er von der Verwaltungsgeschichte zur Sozialgeschichte übergegangen zu sein scheint.“ (ebd., Bl. 275). Zugleich wurde auf zwei neuere Aufsätze Breysigs verwiesen, „in denen eine starke Disharmonie zwischen Gedankengehalt und der anspruchsvollen Form hervortritt und die nach dem einstimmigen Urteil bedeutender Historiker und Nationalökonomen von Unreife, Leichtfertigkeit und Verworrenheit nicht frei sind.“ (ebd., Bl. 275, Bl. 277). (Gemeint waren: Breysig, Kurt, Die sociale Entwicklung der führenden Völker Europas in der neueren und neuesten Zeit. Ein Versuch [I. Teil], in: SchmJb, N. F. 20. Jg., Heft 4, 1896, S. 1–72, sowie ders., Über Entwicklungsgeschichte, I. Teil, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (Monatsblätter), N. F. 1. Jg., Nr. 6, 1896/97, S. 161–174, sowie II. Teil, ebd., Nr. 7/8, 1896/97, S. 193– 211). Berufen wurde später Alfred Dove. Max Weber war über diese Entscheidungen und die Beurteilung Kurt Breysigs offensichtlich bereits mündlich im Vorfeld durch seine früheren Kollegen von der Philosophischen Fakultät, möglicherweise durch Heinrich Rickert, informiert worden. 8 Werner Sombart war am 3. Januar 1897 an erster Stelle als Nachfolger auf Max Webers Freiburger Lehrstuhl von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät dem Ministerium vorgeschlagen worden. Nicht er, sondern Carl Johannes Fuchs wurde Webers Nachfolger (vgl. ausführlich dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255 f., Editorische Vormerkung). 9 Marianne Weber hatte im November 1896 in Heinrich Rickerts Seminar „Geschichte der neueren Philosophie (von der Renaissance bis Kant)“ ein Referat übernommen (vgl. den Brief Max Webers an Marianne Weber vom 25. Nov. 1896, oben, S. 234 f. mit Anm. 13; vgl. auch Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1896/97, S. 10). 10 Zwei Tage später, am 19. Januar 1897, berichtete Marianne Weber ihrem Schwager Alfred Weber (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), sie habe mit dem Referat bei Heinrich Rickert einen „Achtungserfolg“ erzielt. 11 Friedrich (Fritz) Wagner, der Sohn von Adolph Wagner, war mit Alfred Weber befreundet. 12 Friedrich Wagner veröffentlichte 1897 einen zweiteiligen Artikel über Friedrich Nietz-
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gabung, aber sonst sei er für jeden Fachmann kaum erträglich. W[agner] hat ihm recht nett geschrieben, aber sehr naiv: „welche Schriftsteller die Vertreter des Eudämonismus seien?“ Er wolle sie kritisieren. Er hat ihm heute 8 Seiten lang ausführlich geschrieben.13 Ob ich wieder nach Berlin komme? Der Himmel weiß es. Das Ministerium ist offenbar total versteinert, sie besetzen den Ausschuß vorerst gar nicht.14 Viele Grüße in Eile Max
sche und Arthur Schopenhauer (Wagner, Friedrich, Ist die Verneinung des Willens möglich?, in: Die Wahrheit. Halbmonatsschrift zur Vertiefung in die Fragen und Aufgaben des Menschenlebens, hg. von Christoph Schrempf, Stuttgart, 8. Band, 1897, S. 82–94 und 102–118). Anscheinend hatte er das Manuskript dazu an Heinrich Rickert gesandt. 13 Ein Briefwechsel zwischen Heinrich Rickert und Friedrich Wagner ist nicht ermittelt und somit auch das Zitat nicht nachgewiesen. Über den Inhalt des erwähnten Schreibens Heinrich Rickerts an Friedrich Wagner informiert aber der Brief Marianne Webers an ihren Schwager Alfred Weber zwei Tage später: „Rickert hat übrigens vorgestern einen zweiten acht-seiten-langen Brief an Wagner geschrieben, Nietzsche kritisiert u. ein ausführliches Kant-Studium anempfohlen“ (Marianne Weber an Alfred Weber vom 19. Jan. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 14 Max Weber gehörte dem provisorischen Börsenausschuß im Reichsamt des Innern bis Ende 1896 an, in den 1897 gebildeten definitiven Ausschuß wurde er jedoch nicht mehr berufen (vgl. den Brief an Adolph Wagner vom 1. Jan. 1897, oben, S. 272 f., Anm. 11).
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Heinrich Bassermann 25. Januar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Heidelberg, PA 2408 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Berufung Max Webers auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität Heidelberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dezember 1896, oben, S. 248 f.).
Freiburg iB. Schillerstr.a 22 25 1 97 Euer Magnifi zenz sende ich anbei die Correktur nach Änderung der Seminarstunde mit dem sehr ergebensten Bemerken zurück,1 daß ich vom 1. April d.J. an in Heidelberg Anlage 53b, 2 Treppen wohnen werde. Hochachtungsvoll und sehr ergebenst Professor Max Weber
a O: Schillerst 1 Eine entsprechende Ankündigung der Lehrveranstaltungen Max Webers ist nicht nachgewiesen.
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Heinrich Sieveking [nach dem 28. Januar 1897]; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich StA Hamburg, Nl. Heinrich Sieveking Die folgende Abschrift findet sich in einem Typoskript von Heinrich Sieveking, Erinnerungen 1871–1914, S. 94 f., ebd. Die Datierung ist erschlossen aus dem Hinweis Heinrich Sievekings auf seinen Vortrag in Max Webers Kameralistischem Seminar in Freiburg am 28. Januar 1897 (ebd., S. 91, 93). Am 23. Februar 1897 reichte Heinrich Sieveking sein Habilitationsgesuch bei der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg ein (UA Freiburg i. Br., B 110/406, Bl. 51). Heinrich Sieveking schreibt in seinen „Erinnerungen“ (S. 93 f.) an seine Zeit als junger Privatgelehrter und sein Treffen mit dem befreundeten Gerhart von Schulze-Gaevernitz, der sich seit Anfang Januar 1897 in Hamburg aufhielt: „Der Vortrag im Freiburger Seminar gelang, und ich konnte Weber auf seine Fragen mit umfassenderen Ausführungen antworten. In Hamburg traf ich Schulze-Gävernitz [. . .]. Da Max Weber einen Ruf nach Heidelberg angenommen hatte, riet er mir, meine Habilitation zu beschleunigen. Ich machte mich also sofort an die Arbeit [. . .] Da traf aus Freiburg ein Brief von Max Weber ein, in dem er der Freude darüber Ausdruck gab, daß ich auf so vorzügliches Material gestoßen sei. Bei der sicheren Hand, die ich in der Verwertung derartiger Quellen hätte, dürfte man einer Darstellung entgegensehen, welche die Wissenschaft um höchst wertvolle Gesichtspunkte bereicherte. Aber nun gälte es, dies Material in die großen Zusammenhänge einzuordnen, die großartigen Verhältnisse Genuas dem vielfach bearbeiteten deutschen Finanz-Stilleben als Kontrast gegenüberzustellen. Dazu brauchte ich Zeit, die mir nicht zur Verfügung stünde, wenn ich jetzt meine Habilitation beschleunigte. Er empfahl mir, zu warten. Er würde sich auch freuen, wenn ich nach Heidelberg käme. Die Habilitation sei selbstredend die reinste Formalität.“ Sieveking fährt, den Brief Max Webers direkt zitierend, fort:
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Sie sind jetzt weit mehr als ein x-beliebiger nationalökonomischer Privatdozent und auf dem Wege, ein Fachgelehrter zu werden, der in beneidenswerter Bewegungsfreiheit sich die Herrschaft über ein Material verschaffen kann,1 mit dem Sie später jeden Concurrenten auf diesem Felde schlagen können. Soweit werden Sie in kurzer Zeit, – sagen wir in zwei Jahren – wenn Sie entweder Florenz oder Venedig oder aber eine holländische Stadt in ähnlicher Weise durchkneten, kommen. Was wollen Sie jetzt an der Universität? Wenn Sie nach der Habilitation gleich Urlaub nehmen, was Sie absolut müssen; denn Sie schulden sich und der Wissenschaft die Ausnutzung ihrer besonders günstigen Situ-
1 Heinrich Sieveking arbeitete über das mittelalterliche Finanzwesen, und zwar über das Steuersystem der Seerepublik Genua vor und nach der Gründung der Banco di San Giorgio als dem zentralen Vermittlungs- und Finanzierungsinstitut (vgl. Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II).
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ation für die gelehrte Arbeit, 2 – so sind Sie doch nicht in der Carrière. Warum in des Teufels Namen wollen Sie jetzt Füchse dressieren? Niemals wieder kommt, sind Sie einmal angestellt, eine so angetretene Situation für Sie. Sie werden doch nicht im Ernst behaupten, daß Sie sich so lange als eine verfehlte Existenz ansehen müssen, als Sie nicht ein Colleg über den üblichen Lehrstoff ausgespuckt haben? Thun Sie mir lieber den freundschaftlichen Gefallen, die Sache noch einmal in Erwägung zu ziehen. Es ist 10:1 zu sagen, daß Sie sich eine Chance nicht vergeben, wenn Sie sich jetzt noch nicht habilitieren.3
2 Als Abkömmling einer alteingesessenen Hamburger Familie konnte sich Sieveking den Status eines Privatgelehrten leisten. 3 Anders als von Max Weber geraten, entschloß sich Sieveking zur Habilitation; er habilitierte sich im März 1897 mit Max Webers Unterstützung in Freiburg (vgl. dazu den Brief Max Webers an Heinrich Sieveking vom 20. April 1897, unten, S. 315 f., mit Editorischer Vorbemerkung).
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Werner Sombart 8. Februar 1897; Freiburg i. Br. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 54 Der Brief steht einerseits in Zusammenhang mit der Neubesetzung von Max Webers Freiburger Lehrstuhl, für den Werner Sombart an erster Stelle vorgeschlagen war (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung). Andererseits bezieht er sich, wie sich aus dem Inhalt schließen läßt, auf den Max Weber von Werner Sombart zugesandten Aufsatz „Ideale der Sozialpolitik“ (in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Band 10, 1897, S. 1–48; hinfort: Sombart, Ideale) von Anfang 1897. Sombart kritisierte in seinem Artikel das Vorgehen der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie, der ethischen Nationalökonomie, wissenschaftliche Analyse und ethisch-soziale Wertung unkritisch zu vermischen und dem zu analysierenden Stoff von außen fremde Wertmaßstäbe, „Ideale“, anzulegen (S. 15). Stattdessen postulierte er die Wiederherstellung der „Autonomie des sozialpolitischen Ideals“ (S. 25). Diese Autonomie sah er verwirklicht im „Ideal höchster Produktivität“, das mit der Unterstützung der wirtschaftlich starken und aufstrebenden Klassen, also des Bürgertums, „im Interesse des Kulturfortschritts“ erreicht werden sollte (S. 44 f.). Berührungspunkte ergaben sich mit Max Webers Kritik an der Methode der Historischen Schule und ihrer unreflektierten Verwendung von Werturteilen, wie sie Weber in seiner Freiburger Antrittsrede 1895 formuliert hatte (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik, bes. S. 561–565). Darauf nahm Sombart explizit Bezug: „Ich verzichte dieses Mal darauf, mich mit einer in neuester Zeit, namentlich von Max Weber in seiner Freiburger Antrittsrede ‚Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik‘ (Freiburg & Leipzig 1895) vertretenen Auffassung auseinanderzusetzen, wonach die Idee nationaler Macht zum Leitstern der Wirtschaftspolitik gemacht werden soll. Es handelt sich bei ihr einstweilen erst um einen hingeworfenen Gedanken, der der näheren Ausführung harrt. Ich glaube übrigens, daß sich der Webersche Standpunkt, namentlich in der Kritik der herrschenden Lehre, und im Ergebnis unserer Forschungen sehr nahe mit dem meinigen berührt. Beiden gemeinsam ist jedenfalls der Appell an das wirtschaftlich Starke.“ (Sombart, Ideale, S. 25; Hervorhebungen im Original).
Freiburg, den 8. 2. 97. Verehrter Freund und Kollege!
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Besten Dank für Ihre Sendung. Bei Gelegenheit werde ich mich damit auseinandersetzen.1 Sie werden zu noch sehr viel stärkeren Konsequenzen genötigt sein, als Sie jetzt etwa ziehen werden, und wir werden uns im Standpunkt sehr nahe kommen. Ihr trotz aller Vorbehalte rein 1 Max Weber hat, folgt man seiner gedruckten Handreichung für die Studenten von 1898, Werner Sombarts Artikel in seiner Vorlesung zur theoretischen Nationalökonomie behandelt. Vgl. Weber, Max, Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (MWG III/1, S. 81–117, hier: S. 117).
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technologisches „Ideal“2 ist ja doch kein Ideal, wenn Sie diesen Begriff nicht in so weitem Sinne fassen, in dem man etwa auch einen gut konstruierten Lokus einen „idealen Lokus“ nennt. Ihr Relativismus muß Sie ferner – die Ansätze sind ja da – zum Nationalismusa treiben, denn da Maximen der „Produktivität“ doch gleich Maximen der „Bedürfnis-Befriedigung“ sind, so sind vom Subjekt aus dessen Bedürfnisse anzugeben, und die sind nationalistischb determiniert. Sie sind jetzt ziemlich beim alten liberalen Ideal des „größten Wohlbefi ndens der möglichst großen Zahl“3 angelangt und befi nden sich in der optischen Täuschung, damit die Heteronomie des Ideals abgestreift zu haben.4 Das kann unmöglich Ihr letztes Wort sein! Aber ich kann mich in einem Brief nicht mit einer Abhandlung auseinandersetzen, die mich sehr interessiert hat; darum genug der Einwände, die hier notwendig oberflächlich erscheinen müssen und Sie nicht überzeugen können. Sie werden wissen, daß wir Sie einstimmig als Ersten hier vorgeschlagen haben, wir haben den Dekan zum Minister geschickt5 und heute nochmals einen möglichst fulminanten Bericht.6 Vielleicht macht dieser Eindruck, wenn das Ministerium inzwischen nicht etwa schon anders entschieden hat. Denn leider ist ja die Wahrscheinlichkeit a Alternative Lesung in Abschrift: Rationalismus rationalistisch
b Alternative Lesung in Abschrift:
2 Gemeint ist Werner Sombarts „Ideal höchster Produktivität“ (Sombart, Ideale (wie oben, S. 287, Editorische Vorbemerkung), S. 45). 3 Anspielung auf die utilitaristische Maxime Jeremy Benthams, der „das größte Glück der größten Zahl“ als Prinzip postuliert und damit nochmals, nach Adam Smith, den Zusammenhang von Ethik, Politik und Ökonomie im frühen Liberalismus unterstrichen hatte (Bentham, Jeremy, An Introduction to the Principles of Morals und Legislation. An Authoritative Edition by J.H. Burns and H.L.A. Hart with a New Introduction by F. Rosen and an Interpretative Essay by H.L.A. Hart. – Oxford: Clarendon Press 1996, S. 11: „the greatest happiness or greatest felicity principle“). 4 Vgl. Sombarts Ausführungen über die „Heteronomie in der Sozialpolitik“ (Sombart, Ideale (wie oben, S. 287, Editorische Vorbemerkung), S. 25–38). 5 Vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 1. Jan. 1897, oben, S. 269 mit Anm. 3. 6 Am 8. Februar 1897 beschloß die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, einen von Max Weber „vorgelegten Vortrag“ dem Ministerium mit dem Zusatz zu überreichen, „daß sie ihre Vorschläge für die Besetzung der Professur unverändert wiederholt und es insbesondere als ihre Überzeugung ausspricht, daß eine Nichtbesetzung des erledigten Lehrstuhls für das Sommer-Semester eine schwere Schädigung der Interessen des Unterrichts mit sich bringen würde.“ (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 161; der von Max Weber verfaßte Bericht an das Ministerium vom 8. Febr. 1897 ist weder im Protokollbuch der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, B 110/329, noch in den dazugehörigen Protokollbeilagen, B 110/405, noch in den einschlägigen Ministerialakten, GLA Karlsruhe, 235/43005, ermittelt.)
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trotz allem nicht für Sie. Der alte Herr7 ist zu ängstlich, und es wird, wie es scheint, stark für den Dritten gearbeitet.8
7 Gemeint ist der Großherzog von Baden, Friedrich I. Vgl. auch die betreffende handschriftliche Anmerkung Marianne Webers. 8 Anspielung auf das Engagement Lujo Brentanos für Walther Lotz (vgl. den Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255, Editorische Vorbemerkung).
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9. Februar 1897
Paul Siebeck PSt 9. Februar 1897; PSt Freiburg i. Br. Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 8. Februar 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 42, Bl. 185), in dem sich Siebeck nach der Adresse von Gerhart von Schulze-Gaevernitz erkundigte, dem er eine Sendung zu machen habe.
Sehr geehrter Herr Siebeck! Die Adresse des Prof[.] v. Schulze-Gäv[ernitz] ist Hamburg Holzdamm 65 [.]1 Hochachtungsvoll ergebenst Max Weber
1 Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte sich für das WS 1896/97 beurlauben lassen (Schreiben des Dekans der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an den Senat der Universität Freiburg vom 7. Okt. 1896, GLA Karlsruhe, 235/43005) und hielt sich zwischen dem 4. Januar und 25. März 1897 an seinem Privatwohnsitz in Hamburg auf, wo er in „St. Georg, Holzdamm 65 bei Frau A. Mielck“ gemeldet war. Danach verlegte er seinen Privatwohnsitz nach Berlin (Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg, Einwohnermeldekartei 1892–1925, Signatur 741–4, K 6949, schriftliche Auskunft vom 21.2.2011).
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Carl Johannes Fuchs 20. Februar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 1 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Berufung von Carl Johannes Fuchs zum Nachfolger Max Webers in Freiburg (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Fr. 20. 2. 97 Sehr geehrter Herr College!
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Die Adreße Schulze’s hatte ich leider verlegt1 und habe sie erst auf Ihr Telegramm hin mit einiger Mühe gefunden. Daher bitte ich um Entschuldigung wegen der Verzögerung der Nachricht. Darf ich, wenn Sie annehmen oder ablehnen, um Drahtnachricht bitten. Beste Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
1 Vgl. dazu die Karte an Paul Siebeck vom 9. Febr. 1897, oben, S. 290.
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24. Februar 1897
Carl Johannes Fuchs 24. Februar 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 2–3 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Berufung von Carl Johannes Fuchs zum Nachfolger Max Webers in Freiburg (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg 24 II 97 Sehr geehrter Herr College! Nach Empfang Ihres Briefes kann ich meinerseits nur wiederholen, was ich Ihnen mündlich sagte:1 Wir haben Sombart an erster Stelle vorgeschlagen, weil wir ihn für das nach manchen Richtungen bedeutendste Talent unter uns Jüngern und ebenso für den nach Interessenkreis und Lehrmethode speziell für die hiesigen Bedürfnisse Geeignetsten halten. Wir haben diese unsre Ansicht dem Ministerium in den Vorschlägen, 2 ferner mündlich3 und noch einmal schriftlich energisch vorgetragen.4 – Wir haben aber ebenso wenig den geringsten Zweifel darüber gelassen, daß nächst Sombart Sie uns als der für uns Erwünschteste erscheinen, und haben dies nochmals bei unsrer zweiten Eingabe, – dieselbe war ein Antrag von mir an die Fakultät, welcher von dieser dem Minister kraft einstimmigen Beschlusses vorgelegt wurde, 5 – in scharfer Form wiederholt [.] Die ganze Liste, so wie sie vorliegt, ist von der Fakultät einstimmig beschlossen.6
1 Wann Max Weber Carl Johannes Fuchs traf, ist nicht bekannt. 2 Gemeint ist der Bericht der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 3. Januar 1897 (vgl. dazu den Brief Max Webers an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255, Editorische Vorbemerkung). 3 Vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 1. Jan. 1897, oben, S. 269 mit Anm. 3. 4 Vgl. dazu die folgende Anm. 5. 5 Es handelt sich um den bereits im Brief an Werner Sombart vom 8. Februar 1897 erwähnten neuerlichen „fulminanten Bericht“, der auf Max Weber selbst zurückgeht und von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät am 8. Februar 1897 übernommen wurde (vgl. dazu den Brief an Werner Sombart vom 8. Febr. 1897, oben, S. 288 mit Anm. 6). 6 Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät beschloß die Berufungsliste am 29. Dezember 1896 ohne Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen (vgl. UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 160; vgl. auch Max Webers Brief an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255, Editorische Vorbemerkung).
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Ich gebe Ihnen diese in keiner Art vertrauliche Erklärung nach Verabredung mit dem mir zur Zeit allein zugänglichen Dekan.7 Die Fakultät als solche würde Ihnen nur Dasselbe erklären können. Wir halten Freitag Sitzung, legen Sie das mindeste Gewicht auf eine formelle Bestätigung dieses Briefesa durch dieselbe, so bitte ich um Drahtnachricht.8 Die Regierung wird Ihnen, zumal öffentlich, nicht leicht Erklärungen geben,9 da dies völlig ungewöhnlich wäre; wir meinen, daß Sie darauf nicht bestehen sollten. Die hiesige capitalistische Presse (Badische Landeszeitung) hat auch Sie sofort als „Kathedersozialisten“ bezeichnet,10 als Ihre Berufung bekannt wurde, mit gleichem Recht und Unrecht, wie mir dies stetig widerfährt.11 Wir glauben also, – so sehr wir Ihre Empfi ndung achten, – daß dieselbe unbegründet ist. Mit bestem Gruße, auch von College Schmidt, Ihr ergebenster Max Weberb
a 〈so〉
b In O folgt: verte!
7 Richard Schmidt. 8 Offensichtlich hat Carl Johannes Fuchs nicht auf einer formellen Bestätigung bestanden, denn auf der Sitzung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät am Freitag, den 26. Februar 1897, wurde die Nachfolgefrage nicht wieder erörtert (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 162). 9 Obwohl Carl Johannes Fuchs an zweiter Stelle der Liste stand, überging ihn die Regierung zunächst, nachdem sie die Berufung Werner Sombarts verworfen hatte, und erteilte Walther Lotz den Ruf, der an dritter Stelle stand. Erst nach dessen Absage wandte sie sich an Fuchs (vgl. dazu den Brief Max Webers an Karl Bücher vom 21. Dez. 1896, oben, S. 255 f., Editorische Vorbemerkung). 10 In einer Meldung der Badischen Landeszeitung vom 23. Februar 1897 heißt es: „Freiburg, 20. Febr. Wie ich Ihnen aus guter Quelle mitteilen kann, ist für den hiesigen Lehrstuhl für Volkswirtschaft Prof. Fuchs in Greifswald in Vorschlag. Derselbe ist ein Anhänger von Lujo Brentano (also des Kathedersozialismus).“ In: Badische Landeszeitung, Nr. 45 vom 23. Febr. 1897, 2. Blatt, S. 1. 11 Anspielung auf die von konservativer und agrarischer Seite erhobenen Vorwürfe gegenüber allen im Verein für Socialpolitik, im Evangelisch-sozialen Kongreß und im Kreis um Friedrich Naumann engagierten Universitätslehrer, zu denen auch Max Weber zählte. Als dieser als Sachverständiger am provisorischen Börsenausschuß im Reichsamt des Innern teilnahm, bezeichnete ihn der Bund der Landwirte als „Vater der Pfarrer Naumannschen Bewegungen: ‚Das Land der Masse!’“ (Deutsche Tageszeitung vom 20. Nov. 1896, BA Berlin, Reichslandbund, Nr. 3207, Bl. 80, zit. nach: Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 84).
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P.S. Es thut mir leid, daß die Adresse Schulze’s Ihnen so spät zukam.12 Sie konnten aber nur seine jetzige Privatadresse brauchen, diese hatte ich verlegt und fand siec erst nach langem Suchen durch einen Zufall wieder. Ich schrieb ihm meist „Hotel Kronprinz“13 und dies kam (mit Verspätung) an.14 Er ist gelegentlich von Hamburg abwesend, so war er neulich in Berlin. Er hat seinerseits – mir und in der Fakultät – stets gesagt, daß er mit Ihnen besonders leicht und sehr gern zusammenarbeiten werde. – d.O.
c Sie > sie 12 Vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 20. Febr. 1897, oben, S. 291, sowie die Karte an Paul Siebeck vom 9. Febr. 1897, oben, S. 290. 13 Das „Hotel zum Kronprinzen“ befand sich am Jungfernstieg 16 und damit ca. 850 Meter vom Holzdamm, der Wohnung von Gerhart von Schulze-Gaevernitz, entfernt (Hamburger Adreßbuch, Jg. 1897, 5. Abschnitt, S. 1144, schriftliche Auskunft des Staatsarchivs der Freien und Hansestadt Hamburg vom 21.2.2011). 14 Entsprechende Briefe Max Webers sind nicht überliefert.
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Carl Johannes Fuchs 2. März 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 4–5 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Berufung von Carl Johannes Fuchs zum Nachfolger Max Webers in Freiburg (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg 2. III. 97. Sehr geehrter Herr College!
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Mit großer Freude erhielten wir Ihr freundliches Telegramm, welches allen Schwierigkeiten ein Ende macht.1 Die höchst widerwärtige Preßfehde2 setzte uns naturgemäß in erhebliche Verlegenheit. Wir konnten in Sombarts Interesse – der diesen Erörterungen ganz fern stand – natürlich weder öffentlich noch sonst eine Erklärung abgeben, die ihn gewissermaßen preisgab, oder wünschen, daß die Regierung erklärte, sie habe ihn aus andren als politischen Gründen übergangen.3 Andrerseits mußten wir anerkennen, daß Ihr Zartgefühl durch diesen öffentlichen Spektakel empfi ndlich verletzt werden konnte und sahen uns also vor der Gefahr, daß Ihr Hierherkommen gefährdet würde. Daraus erklärt sich die etwas formelle Fassung meines Briefs [.] 4 Inzwischen ist 1 Es handelt sich um die Zusage von Carl Johannes Fuchs; Max Weber hatte zuvor auf eine Entscheidung gedrängt (vgl. die Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 20. und 24. Febr. 1897, oben, S. 291 und 292 f.). Das Telegramm ist in den Fakultätsakten nicht überliefert. 2 Nachdem am 22. Februar 1897 öffentlich bekannt geworden war, daß das badische Kultusministerium Werner Sombarts Berufung abgelehnt hatte, kam es deutschlandweit in der Presse zu einer heftigen Auseinandersetzung um die Berechtigung dieser Entscheidung. Während u. a. die National-Zeitung, die Berliner Neuesten Nachrichten und die Badische Landeszeitung Sombart „extrem-sozialistische Ansichten“ bescheinigten, kritisierten u. a. die Frankfurter Zeitung, die Kieler Zeitung und das Hamburger Echo den Entschluß und ergriffen für Sombart Partei. Vgl. Berliner Neueste Nachrichten, Nr. 80 vom 22. Febr. 1897; National-Zeitung, Nr. 124 vom 22. Febr. 1897; Badische Landeszeitung, Nr. 49 vom 27. Febr. 1897, 2. Bl.; Frankfurter Zeitung, Nr. 53 vom 22. Febr. 1897; Hamburger Echo, Nr. 47 vom 25. Febr. 1897 und Kieler Zeitung, Nr. 17816 vom 26. Febr. 1897, 1. Bl., abends; alle Artikel zitiert nach der Sammlung „Freiburger Berufung“, GStA PK, Nl. Werner Sombart, Nr. 40, Bl. 97, 127, 61, 136, 44 und 43 (Blattangabe in der Reihenfolge der zitierten Zeitungen; vgl. auch Lenger, Werner Sombart, S. 416). Zudem hatte die Badische Landeszeitung Carl Johannes Fuchs am 23. Februar 1897 als „Kathedersozialisten“ diffamiert (vgl. Max Webers Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Febr. 1897, oben, S. 293 mit Anm. 10). 3 Die näheren Umstände, weshalb Werner Sombart nicht berufen wurde, sind nicht dokumentiert (vgl. Lenger, Werner Sombart, S. 117). 4 Gemeint ist der Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Februar 1897, oben, S. 292–294.
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nun auch bekannt geworden, daß die hiesige Regierung, unsrem wiederholten Protest zum Trotz, zunächst Lotz berufen hatte. Lotz hat dann – oder vielmehr Brentano für ihn – diesen Ruf, ohne auf ihn überhaupt |:ernstlich:| zu reagieren, einfach geschäftlich ausgenutzt. Ich gestehe, daß er damit für mich tot ist. Er bleibt als Ordinarius ganz derselbe [,] was er als Extraordinarius neben Brentano ist – eine Null und B[rentano]’s Handlanger. Schade um ihn. – Wann werden Sie hier Wohnung aussuchen? Hoffentlich bin ich dann noch hier, so daß wir die Freude haben, auch Ihre Frau Gemahlin, 5 die Sie mitzubringen in Aussicht stellten, kennen zu lernen. Mit Herrn Verlagsbuchhändler Siebeck hier werde ich nun, da Sie einverstanden waren, die Verhandlungen beginnen.6 Mit bestem Glückwünsch für uns und Sie und collegialem Gruß Ihr Max Weber College Richard Schmidt bat mich, Sie bestens zu grüßen.
5 Berta Fuchs. 6 Es handelt sich um die Verhandlungen mit dem Verleger Paul Siebeck über die Einrichtung einer Schriftenreihe, den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, unten, S. 317 f. mit Editorischer Vorbemerkung.
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Carl Johannes Fuchs 10. März 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 6–7 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Berufung von Carl Johannes Fuchs zum Nachfolger Max Webers in Freiburg fort (vgl. dazu den Brief an Karl Bücher vom 21. Dezember 1896, oben, S. 255–257, mit Editorischer Vorbemerkung).
Freiburg iB Schillerstr.a 22 10. III. 97 Verehrter Herr College!
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Besten Dank für Ihren Brief. Die Collegen wünschen, daß ich Ihnen gegenüber nochmals betone,1 daß wir der Regierung gegenüber 3 Mal scharf betont haben, daß von Lotz nur die Rede sein solle, wenn Sombart und Sie etwa nicht zu haben seien. |:Bezüglich Lotz’ war Einstimmigkeit erst in der Gesammtabstimmung vorhanden, vorher entschiedener Widerspruch, während gegen Sie niemals von irgend einer Seite Bedenken aufgetaucht sind.2 (Dies nur für Sie).:| Ihre Misstimmung begreifen wir und teilen sie vollkommen. Aber zu machen ist nichts. – Ich werde, Ihrer Ermächtigung gemäß, nun die ersten Vorverhandlungen mit Siebeck wegen der „Badischen Studien“ zu führen beginnen.3 – Ich bin vom 1ten April ab in Heidelberg, – Anlage 53b 2 Treppen – und hoffe unter allen Umständen Sie dort zu sehen. Wir freuen uns, dann Ihre Frau Gemahlin4 kennen zu lernen, und ich mich auf die gute Nachbarschaft in Baden. Ich bitte Sie s.Z. um Nachricht, damit wir uns nicht verfehlen. – Vor 2 Tagen hat sich hier – wie ich Ihnen, irre ich nicht, schon s.Z. ankündigte – Herr Dr Sieveking (Schüler Bücher’s und Lamprecht’s) b a O: Schillerst.
b 〈hier〉
1 Vgl. bereits den Brief Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 24. Febr. 1897, oben, S. 292, mit den Anm. 2–5. 2 Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät stimmte am 29. Dezember 1896 ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen über die Liste ab. Detailliertere Angaben enthält das Protokoll nicht (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 160). 3 Gemeint sind die Verhandlungen mit dem Verleger Paul Siebeck über die Einrichtung einer neuen Schriftenreihe, den späteren „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, unten, S. 317 f.). 4 Berta Fuchs.
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habilitiert.5 Er ist wissenschaftlich offenbar als Wirtschaftshistoriker vortreffl ich, mit dem Docieren wird es wohl zunächst sehr hapern. Er will im Sommer hier lesen,6 dann wahrscheinlich Urlaub nehmen für die Fertigstellung seines Genueser Bankwerkes.7 Mit bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weber.
5 Heinrich Sieveking hatte in Leipzig bei Karl Bücher und Karl Lamprecht promoviert. Er habilitierte 1897 in Freiburg mit einer Arbeit über das Genueser Bankwesen, die von Max Weber betreut und begutachtet wurde (vgl. dazu die Briefe Max Webers an Heinrich Sieveking, nach dem 28. Jan. 1897, oben, S. 285 f., sowie vom 20. April 1897, unten, S. 315 f., jeweils mit Editorischer Vorbemerkung). Probevorlesung und Habilitationskolloquium fanden am Samstag, den 6. März 1897, statt (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 162). 6 Im SS 1897 hielt Heinrich Sieveking noch keine Vorlesung in Freiburg; im Vorlesungsverzeichnis für das WS 1897/98 hieß es: „Der Privatdozent Dr. Sieveking wird seine Vorlesungen später bekannt geben.“ (Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1897/98, S. 6). Die erste Vorlesung wurde im Vorlesungsverzeichnis für das SS 1898 angekündigt. Sieveking las demnach „Finanzwissenschaft“, vierstündig (ebd., SS 1898, S. 6). 7 Die Schrift wurde 1898 und 1899 in zwei Teilen im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II) veröffentlicht.
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Lili Weber 17. März 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 26, Bl. 4–5 Der Brief bezieht sich auf das Ende der Schulzeit und die Konfirmation von Max Webers jüngster Schwester Lili, die am darauffolgenden Wochenende, am Abend des 20. März sowie am Sonntag, dem 21. März 1897, in Charlottenburg stattfand (vgl. die Briefe von Helene Weber an Marianne Weber vom 26. März 1897, sowie von Lili Weber an Max und Marianne Weber vom 2. [April] 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Heidelberg 17 III. 97 Meine liebe Lili!
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Da ich wieder einmal hierher verreisen mußte,1 kann ich Dir nur einen kurzen Gruß und Glückwunsch für den morgigen Tag schicken, der Deine Kindheit abschließen soll.2 Nicht Viele werden an diesem Tag an eine so frohe |:erste:| Jugend mit so viel Kinderglück zurückdenken können wie Du, mein „kleinstes“ Schwesterchen, – wenn Dua auch in Deiner äußeren Stattlichkeit diese Titulatur eigentlich nicht mehr beanspruchen kannst, – und wir können es Dir herzlich gern zugestehen, daß Dein eigner heiterer und gleichmäßiger Sinn dazu ebensoviel gethan hat wie Diejenigen, deren Sorge und Zuneigung Dich die Jahre bisher umgab. Du wirst, wenn Du nun bald zum erstenmal über die Schwelle der Heimath gehen sollst,3 das für einige Zeit entbehren müssen, wir denken uns aber, daß Du Dich nicht allzu arg davor gruseln wirst, denn Du hast ja schon bisher mit allerlei sonderbaren Käuzen
a 〈es〉 1 Der Umzug Max und Marianne Webers von Freiburg nach Heidelberg stand unmittelbar bevor. Am 1. April 1897 nahm Weber seine Lehrtätigkeit in Heidelberg auf, der Umzug fand am 31. März 1897 statt (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 20. März 1897, unten, S. 301). 2 Möglicherweise bezieht sich Max Webers Hinweis auf den „morgigen Tag“ auf das Ende der Schulzeit, das für seine Schwester mit der Konfirmation zusammenfiel (vgl. den Brief von Lili Weber an Max und Marianne Weber vom 2. [April] 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Lili Weber sollte, wie bei jungen Mädchen ihres Alter üblich, am 15. Mai 1897 in Pension nach Altmorschen gegeben werden (vgl. den Brief von Helene Weber an Marianne Weber vom 26. März 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Dort hatte 1893 auch Marianne Weber einige Wochen verbracht, um vor ihrer Hochzeit die Grundlagen der Haushaltsführung zu erlernen.
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auskommen müssen, z. B. mit Deinen verschiedenen Brüdern,4 die mit dem „Nestküken“ ein Jeder in seiner Art Fangball gespielt haben oder doch hin und wieder äußerlich und innerlich Miene machten es zu thun, nicht wahr? Das Nestküken ist aber dabei im ganzen doch immer seinen eignen Weg gegangen und wir denken, das wird es auch weiter thun. Den verschiedenen Menschenkindern ist es sehr verschieden leicht gemacht durch ihre Natur, Andren zu gefallen. Dir wird das wahrscheinlich niemals sehr schwer fallen – aber ich bin sicher, Du wirst schon jetzt wissen und auch künftig immer gegenwärtig behalten, daß Das allein noch nichts bedeutet. Wie Du äußerlich wohl von uns allen am meisten unserer Mutter ähnlich gesehenb hast in Deinen Kinderjahren, so möchten wir hoffen, daß künftig, wenn – wie es nun einmal geht – auch Andres als nur harmlose Freuden, gute Freundschaft und die Liebe des Elternhauses Dich umgeben wird, – daß dann soviel von ihrer Art auf Dich übergegangen sein wird, um Dich uns als erwachsene |:und gereifte:| Schwester so lieb zu erhalten, wie wir Dichc gehabt haben, als Du noch ein fröhlich lachendes Kind warst. Ich wüßte Dir heute nichts Anderes zu wünschen, grüße Alle schön und sei selbst herzlich gegrüßt von Deinem nun schon beinahe „alten“ Bruder Max
b 〈s〉
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4 Max, Alfred, Karl und Arthur Weber.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 20. März 1897; Freiburg i. Br. Brief; eigenhändig UA Heidelberg, PA 2408 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Berufung Max Webers an die Universität Heidelberg, wo er am 1. April 1897 seine Lehrtätigkeit aufnahm (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dezember 1896, oben, S. 248 f.). Das Ministerium wies den Engeren Senat der Universität Heidelberg am 24. März 1897 an, unter Beifügung des im folgenden edierten Briefs Max Webers und der Berechnung der Umzugskostenvergütung, den betreffenden Betrag in Höhe von 778 Mark Max Weber „alsbald nach seinem Aufzug dortselbst zu bezahlen“ (UA Heidelberg, PA 2408).
Freiburg i.B. 20. III. 97
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betrifft: Anweisung des Umzugsgeldes des Professor Dr Max Weber von Freiburg nach Heidelberg. Das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts
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bitte ich um hochgeneigte Anweisung des mir gesetzlich zustehenden Umzugsgeldes bei der Universitätscasse in Heidelberg, da ich am 31ten d.M. dortselbst eintreffe und die Kosten des Umzugs alsdann sofort aus diesen Bezügen zu bestreiten genötigt bin. Des Hohen Ministeriums ehrerbietigst ergebener Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts Karlsruhe.
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Edwin R. A. Seligman 22. März 1897; Freiburg i. Br. Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers Columbia University Libraries, New York, Archival Collections, Ms Coll/Seligman Anfang März 1897 wandte sich der amerikanische Nationalökonom Edwin R. A. Seligman an Max Weber mit der Bitte um einen Beitrag zu der von ihm seit 1886 mitherausgegeben Zeitschrift „Political Science Quarterly“. Das folgende Antwortschreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „(Dictiert)“.
Freiburg iB., 22. 3. 97. Sehr geehrter Herr Kollege, Ich empfi ng mit Vergnügen Ihren vom 9. März datierten Brief und bin gern bereit, Ihnen einen Beitrag für die „Political sciences Quarterly“1 zu geben. Über die Geschichte der Korporationen in Europa im gegenwärtigen Augenblick zu schreiben [,] wäre vielleicht nicht zweckmäßig, da grade jetzt ein junger Gelehrter die Vorgeschichte der „maonae“ und „montes“ in Genua bearbeitet2 und nach einem Vortrag in meinem Seminar3 zu Resultaten zu gelangen scheint, welche von den bisherigen sehr stark abweichen.4 Daher ist es wohl besser, auf die Ergebnisse die1 Gemeint ist die 1886 gegründete und noch heute bestehende Zeitschrift „Political Science Quarterly“. Sie gilt als die älteste amerikanische Zeitschrift für Politikwissenschaft. Zu Edwin R. A. Seligman und seiner Mitarbeit an der Zeitschrift vgl. den Artikel „Seligman, Edwin R. A.“, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hg. Johannes Conrad u. a., 3. gänzlich umgearbeitete Aufl., 7. Band. – Jena: Gustav Fischer 1911, S. 472 f. 2 Es handelt sich um Heinrich Sieveking, der sich Anfang März 1897 in Freiburg mit einer Arbeit über das Genueser Finanz- und Bankwesen habilitiert hatte (vgl. dazu die Briefe Max Webers an Heinrich Sieveking, nach dem 28. Jan. 1897, oben, S. 285 f., und vom 20. April 1897, unten, S. 315 f., jeweils mit Editorischer Vorbemerkung). In seiner Habilitationsschrift, deren ausgearbeitete Fassung 1898 und 1899 in zwei Teilen im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ veröffentlicht wurde (Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II), spielten die mittelalterlichen Staatsgläubigergemeinschaften der „maonae“ oder „montes“ als Vorbilder für die 1407 in Genua gegründete St. Georgsbank (Casa di San Giorgio) eine wichtige Rolle. Bei diesen Organisationen, die seit dem 12. Jahrhundert besonders in italienischen Stadtstaaten aufkamen und korporative Strukturen entwickelten, handelte es sich um Zusammenschlüsse privater Staatsgläubiger zur Finanzierung öffentlicher, auch kolonialer Unternehmungen. Vgl. Meyer, Justus, Haftungsbeschränkung im Recht der Handelsgesellschaften. – Berlin u. a.: Springer 2000, S. 27–35. Zu den „maonae“ in Genua siehe auch: MWG I/22-4, S. 199 f. 3 Heinrich Sieveking referierte am 28. Januar 1897 im Kameralistischen Seminar Max Webers (vgl. Max Webers Brief an Heinrich Sieveking, nach dem 28. Jan. 1897, oben, S. 285, Editorische Vorbemerkung). 4 Die „maonae“ oder „montes“ wurden in der Forschung vielfach als Vorläufer der Aktien-
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ser Untersuchungen, welche hoffentlich im nächsten Winter vorliegen, 5 noch zu warten. Auch könnte ich, weil eben im Begriff nach Heidelberg zu übersiedeln, erst in einigen Monaten daran denken Ihnen einen Aufsatz zu liefern. Wünschen Sie alsdann speciell eine Arbeit auf diesem von Ihnen bezeichneten Gebiete, so werde ich sie Ihnen gern liefern; – andre Themata würden mir zur Zeit näher liegen und ich frage Sie, ob Ihnen eina Aufsatz über die agrarpolitische Lage Deutschlands, oder über die socialen Gründe des Vordringens der Slaven im Osten Deutschlands, oder, falls Sie ein historisches Thema wünschen – über die ökonomische Entwicklung der antiken Kultur genehm wäre? Ich habe über alle diese Gegenstände in den letzten Jahren einiges publiciert,6 aber inzwischen manche neue Gesichtspunkte gefunden. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener bMax Weber P.S. Müssen Sie den Aufsatz in englischer Sprache haben?b
a O: einen
b Eigenhändig.
gesellschaft bzw. als frühe Kolonialaktiengesellschaft angesehen. Gegen diese Sichtweise, die vorrangig von Levin Goldschmidt vertreten wurde (Goldschmidt, Levin, Universalgeschichte des Handelsrechts, Erste Lieferung, 3. Aufl. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1891, S. 295), wandte sich Sieveking: „Man hat in ihnen das Urbild der Aktiengesellschaft gesehen und mystische Zusammenhänge zwischen Staatsschulden und Bankwesen hergestellt.“ (Sieveking, Genueser Finanzwesen I, S. VI). Vgl. auch Sieveking, Genueser Finanzwesen II, S. VI: „Die Casa di S. Giorgio war nicht, wie frühere insonderheit Goldschmidt meinten, eine Aktiengesellschaft, sondern ist eher einem gesetzlichen Mehrheitsverbande nach Art der Konkursgläubiger zu vergleichen.“ 5 Sievekings Arbeit (Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II) wurde erst 1898 und 1899 publiziert (vgl. Anm. 2). 6 Vgl. dazu die einschlägigen, in MWG I/4 und I/6 edierten Veröffentlichungen.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 30. März 1897; Freiburg i. Br. Abschrift; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412 Der folgende Brief ist die von Max Weber eigenhändig angefertigte Abschrift seines Originalschreibens an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897. Max Weber fügte diese seinem Brief an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 4. April 1897, unten, S. 311, zur Kenntnisnahme bei. Da sein Originalschreiben an das Ministerium in den einschlägigen Beständen im GLA Karlsruhe nicht ermittelt ist, wird im folgenden die eigenhändige Abschrift ediert. Die außerdem überlieferte Abschrift fremder Hand in den Akten der Juristischen Fakultät (UA Heidelberg, H-II-111/114, Bl. 160–161) wird vernachlässigt. In Folge der von Max Weber bei seiner Berufung nach Heidelberg erhobenen Forderungen auf die Errichtung eines eigenständigen Volkswirtschaftlichen Seminars neben dem bestehenden Staatswissenschaftlichen Seminar und der Neuordnung des Staatswissenschaftlichen Doktorexamens (vgl. dazu den Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dezember 1896, oben, S. 248–254, mit Editorischer Vorbemerkung), hatte das Ministerium den Engeren Senat der Universität Heidelberg am 5. Februar 1897 zu einer Stellungnahme aufgefordert: Nachdem Max Weber in den Berufungsverhandlungen die Errichtung eines selbstständigen Volkswirtschaftlichen Seminars zugesichert worden sei, stelle sich nunmehr die Frage nach der Zukunft des älteren Staatswissenschaftlichen Seminars, ob es in unveränderter oder veränderter Form fortbestehen oder ganz wegfallen solle. Im Falle der Auflösung könnten die staatsrechtlichen Teile mit dem Juristischen Seminar verbunden werden, während die auf die Staatswissenschaften entfallenden Buchbestände sowie entsprechenden Gelder (Aversum) dem neu zu errichtenden Volkswirtschaftlichen Seminar zugeteilt würden. Das Ministerium forderte den Engeren Senat am 5. Februar 1897 dazu auf, mit den beiden beteiligten Fakultäten in Verhandlung zu treten (UA Heidelberg, RA 6412). Beide Fakultäten nahmen daraufhin in einer gemeinsamen Eingabe vom 13. März 1897 Stellung, die der Engere Senat am 19. März 1897 an das Ministerium weiterleitete (UA Heidelberg, RA 6412), welches wiederum Max Weber dazu aufforderte, Position zu beziehen. Das tat Max Weber mit dem im folgenden edierten Schreiben. Weder die Eingabe vom 13. März 1897, noch die Aufforderung des Ministeriums an Max Weber zur Stellungnahme, konnten in den einschlägigen Ministerialakten (GLA Karlsruhe, 235/3140), den Akten der Heidelberger Philosophischen bzw. Juristischen Fakultät (UA Heidelberg, Bestände H-IV-102 bzw. HH-II-111) oder den Akten des Staatswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Seminars (UA Heidelberg, RA 6412) ermittelt werden. Überliefert ist jedoch der Beschluß, den die Juristische Fakultät faßte und der Philosophischen Fakultät mit der Aufforderung, ihm beizutreten, am 8. März 1897 übermittelte. Dieser Beschluß bildete, wie sich aus der Argumentation Max Webers in dem im folgenden edierten Schreiben ergibt, die Basis der gemeinsamen Eingabe der beiden Fakultäten vom 13. März 1897. Das Schreiben der Juristischen Fakultät „das staatswissensch[aftliche] Seminar betr[effend]“ mit dem entsprechenden Beschluß wurde von dem Dekan, dem Direktor des juristischen Seminars und (Mit)direktor des Staatswissenschaftlichen Seminars, Georg Jellinek, verfaßt. Es lautet: „Der philosophischen Fakultät beehre ich mich, folgenden Beschluß der juristischen Fakultät [. . .] mit der ergebensten Bitte mitzutheilen, demselben beizutreten und ihn als gemeinsamen Antrag beider Fakultäten an den engeren Senat zu unterzeichnen. Es ist in Heidelberg stets eine größere Zahl namentlich ausländischer Studenten vorhanden, die
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sich dem eingehenden Studium der Staatswissenschaften im engeren Sinne (Staatslehre, Politik, Staats- und Völkerrecht) widmen. Zum größten Theile sind diese Studierenden nicht bei der juristischen, sondern bei der philosophischen Fakultät inscribirt, darin sie daneben historisch-philosophische und nationalökonomische, selten jedoch juristische Studien zu treiben pflegen, die ja für den Reichsausländer in der Regel von geringem praktischen Werte sind. Für diese Studierenden bildete bisher das staatswissenschaftliche Seminar den Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit, wie aus den dort vollendeten Arbeiten hervorgeht, von denen manche im Buchhandel erschienen sind und bei der competenten Kritik auch außerhalb Deutschlands Anerkennung gefunden haben. Es liegt daher nach unserer Überzeugung im Interesse der Universität, daß das staatswissenschaftliche Seminar auch nach Abtrennung der nationalökonomischen Abtheilung als selbständiges Seminar erhalten bleibe. Das juristische Seminar wäre nicht in der Lage, den öffentlich-rechtlichen Fächern eine Bevorzugung vor den privatrechtlichen einräumen zu können. Überdies fallen die Disciplinen der Staatslehre und Politik nur zum Theil unter die Jurisprudenz und könnten daher von der juristischen Fakultät nicht in vollem wünschenswerthen Umfang berücksichtigt werden. Aus den zuletzt angeführten Gründen empfiehlt es sich das in Rede stehende Seminar auch künftig bei der philosophischen Fakultät zu belassen. Die Staatslehre und Politik bilden ein Grenzgebiet zwischen juristischen und philosophischen Disciplinen, weshalb sie auch an unseren Universitäten ausdrücklich der philosophischen Fakultät zugesprochen sind. Dazu kommt aber noch der praktisch bedeutsame Umstand, daß die mit dem speziellen Studium der Staatslehre Beschäftigten häufig die Absicht haben, den philosophischen Doktorgrad zu erwerben und es doch nicht gut angehen würde, eine ganze Kategorie von Studierenden einer anderen Fakultät der philosophischen Fakultät zum Zwecke der Promotion zuzurechnen. Um die Übelstände zu vermeiden, die sich aus dem Mangel eines besonderen Lokales für das staatswissenschaftliche Seminar ergeben, hat die juristische Fakultät genehmigt, daß vorläufig, bis zur Beschaffung besonderer Räumlichkeiten die Bibliothek des staatswissenschaftlichen Seminars im Direktionszimmer des juristischen Seminars aufgestellt werde, wo sie dann von den Seminarmitgliedern [. . .] wie denen des juristischen Seminars benutzt werden könnte. Was schließlich das Aversum des Seminars anbelangt, so würde es genügen, wenn es wie bisher, so auch in Zukunft mit der Hälfte der gegenwärtig dem ungetheilt staatswissenschaftlichen Seminar zugewiesenen Summe ausgestattet werden würde. Jellinek“ (UA Heidelberg, H-II111/114, 1896/97, Bl. 157–158). Max Weber legte seinen Standpunkt dazu in dem im folgenden edierten Brief dar. Als Fazit seiner Überlegungen schlug er vor, das Ministerium möge so lange von einer endgültigen Regelung der Verhältnisse des Staatswissenschaftlichen Seminars absehen, bis eine Einigung aller Beteiligten über die Neuordnung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens getroffen worden sei. Entgegen dem Votum Max Webers, mit einer definitiven Neuordnung zu warten, setzte das Ministerium in seinem Erlaß vom 8. April 1897 fest, daß das Staatswissenschaftliche Seminar in der gegenwärtigen Form neben dem neu begründeten Volkswirtschaftlichen Seminar weiter bestehen bleiben solle. Da dasselbe der Philosophischen Fakultät auch weiterhin zugeordnet bleibe, werde Max Weber als Ordinarius für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft und Mitglied der Philosophischen Fakultät „auch künftighin Mitdirektor des Seminars bleiben müssen“. Der Etat (Aversum) des Staatswissenschaftlichen Seminars werde „ungeschmälert“ erhalten, „wobei die seitherige Übung – nach welcher jeder der beiden Direktoren über die Hälfte des Aversumsbetrages verfügungsberechtigt sein soll – auch fernerhin beibehalten werde“. Das besonders Max Weber problematisch erscheinende staatswissenschaftliche Doktorexamen wurde nicht erwähnt. Offener zeigte sich das Ministerium dagegen in Bezug auf den Umgang mit der staatswissenschaftlichen Bibliothek. Obwohl es eine weitere gemeinsame Aufstellung
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der Bibliothek bevorzugte, stellte es den beiden Fakultäten die Entscheidung über eine gemeinsame oder eine getrennte Aufstellung der Bestände frei, solange die Bände des Staatswissenschaftlichen Seminars sowie künftige Neuanschaffungen aus dem entsprechenden Etat äußerlich kenntlich gemacht würden (Brief/Erlaß des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 8. April 1897, UA Heidelberg, RA 6412). Auf Antrag Max Webers beschloß die Philosophische Fakultät im weiteren Verlauf der Verhandlungen eine getrennte Aufstellung der staatswissenschaftlichen Bibliothek. Der auf Antrag Max Webers gefaßte Beschluß lautete: „‚Die Bibliothek des staatswissenschaftlichen Seminars soll derart seminaristischer Benutzung zugänglich gemacht werden, daß dieselbe in ihrem jetzigen Bestande – im Einverständniß der beiden Direktoren – geteilt wird und die volkswirtschaftlichen Bestandteile im volkswirtschaftlichen Seminar Aufstellung finden, während über die öffentlichrechtlichen Bestandteile Herrn Prof. Dr. Jellinek, bezw. der Juristischen Fakultät die Verfügung vorbehalten bleibt, im Übrigen den Erfordernissen der Ministerialverfügung Genüge geschieht und die künftigen Anschaffungen des Herrn Prof. Weber ebenfalls im volkswirtschaftlichen Seminar Aufstellung finden.‘“ (zitiert im Brief der Philosophischen Fakultät an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 24. April 1897, UA Heidelberg, RA 6412; die entsprechenden Dekanatsakten der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, Bestand H-IV-102, sind für diesen Zeitraum nicht überliefert). Nachdem auch die Juristische Fakultät ihr Einverständnis mit der Aufteilung der Buchbestände gegeben hatte (Mitteilung an den Engeren Senat vom 22. Mai 1897, Abschrift, UA Heidelberg, RA 6412), teilte der Engere Senat am 26. Mai 1897 dem Ministerium mit, daß die Fakultäten sich im Einverständnis mit den beiden Direktoren, Max Weber und Georg Jellinek, für eine getrennte Aufstellung ausgesprochen hätten, und zwar dergestalt, daß „die volkswirtschaftlichen Bestandtheile im volkswirtschaftlichen Seminar und die öffentlich-rechtlichen im Direktionszimmer des juristischen Seminars Aufstellung finden“ (Beschluß des Engeren Senats vom 26. Mai 1897, UA Heidelberg, RA 6412). Auch wenn das Staatswissenschaftliche Seminar grundsätzlich in seiner bisherigen Form fortbestand, erreichte Max Weber, daß der nationalökonomische Teil der staatswissenschaftlichen Seminarbibliothek besser als bislang den Studenten der Nationalökonomie zugänglich gemacht wurde, indem er im neu errichteten Volkswirtschaftlichen Seminar unter seiner Leitung aufgestellt wurde (vgl. auch: Mommsen, Einleitung, in: MWG III/1, S. 18 f.). Die Frage nach einer Neuregelung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens blieb dagegen unbeantwortet. Eine Revision im Sinne Max Webers fand nicht statt (vgl. die §§ 6 und 7 der Promotions-Ordnung der Philosophischen Facultät zu Heidelberg. – Heidelberg: Universitäts-Buchdruckerei von J. Hörning 1902, S. 5 f., in: UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 335).
Freiburg 30.a März 1897 Abschrift. Das Staatswissenschaftliche Seminar zu Heidelberg betreffend. Aufgefordert, mich zu den beiliegend zurückgereichten Eingaben vom 13/19 März d.J. zu äußern, beehre ich mich, dem Hohen Ministerium ehrerbietigst zu berichten: a 29. > 30.
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Bei meiner Berufung war mir die Errichtung eines neuen Seminars neben dem von meinem Herrn Amtsvorgänger1 und Herrn Professor Dr Jellinek gemeinschaftlich geleiteten, mit selbständiger Ausstattung (Aversum etc.), geneigtest zugesagt worden. Ich habe aber keinen Grund, mich der Auffassung dieses Vorganges als eines „Ausscheidens“ der volkswirtschaftlichen Fächer aus jenem Seminar zu widersetzen. Wenn |:dann:| ferner an der Fortexistenz des Restseminars als selbständigen Instituts neben dem Juristischen Seminar Interessen bestehen, – und die Eingabe zeigt, daß dies der Fall ist, – so habe ich dagegen meinerseits Einwendungen nicht zu erheben, stimme also dem Antrag der Eingabe zu, das Seminar – unter beliebigem Namen, – wenn es gewünscht wird, auch unter dem an sich umfassenderen Namen „Staatswissenschaftliches Seminar“, – zu erhalten und, – was die Eingabe offenbar als selbstverständlich ansieht, – der Direktion des Herrn Professor Dr Jellinek |:allein:| zu unterstellen. – Nur scheint es mir alsdann entschieden nicht richtig, dies Seminar, welches Fächer behandelt, für welche nur in der Juristischen Fakultät ein Lehrauftrag erteilt ist, 2 welches demgemäß von einem Mitgliede der Juristischen Fakultät allein dirigiert wird, also einen Direktor hat, auf dessen Berufung der Philosophischen Fakultät ebensowenig der geringste Einfluß zusteht, wie sie sonst in seine Verhältnisse wirksam einzugreifen in der Lage wäre, trotzdem der Philosophischen Fakultät zuzuweisen. Ein solches Institut ist vielmehr thatsächlich, mag es formal wie immer behandelt werden, ein juristisches Institut. Ich vermag auch den Gründen für eine davon abweichende Behandlung, welche in der Eingabe enthaltenb sind, kein Gewicht beizumessen. Die Zugehörigkeit eines Seminars zu einer Fakultät bedingt ebensowenig die Fakultätszugehörigkeit der darin arbeitenden Studenten, wie die Nicht-Zugehörigkeit eines Seminars zu einer Fakultät eine Arbeit, welche in deren Fachkreis fällt |:weil siec in jenem Seminar hergestellt wurde:|, als Doktordissertation disqualificiert. Das bisherige sogenannte „Staatswissenschaftliche Seminar“ äußerte nach übereinstimmender Mitteilung aller Beteiligten seib enthaltend > enthalten
c 〈und〉
1 Gemeint ist Karl Knies. 2 Dies war bei der Staatslehre der Fall, die Georg Jellinek allein unterrichtete; zu der hier und im folgenden angesprochenen Problematik des staatswissenschaftlichen Doktorexamens vgl. auch schon Max Webers Standpunkt während der Berufungsverhandlungen (Brief an Ludwig Arnsperger vom 15. Dez. 1896, oben, S. 248–254, bes. Punkt 2, oben, S. 252–254, mit Editorischer Vorbemerkung).
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ne Existenz lediglich in einem dafür vorhandenen Aversum, aus welchem eine der seminaristischen Benutzung unzugängliche Bibliothek bestritten wurde. Nur die Person des Herrn Professors Dr Jellinekd bildete den Mittelpunkt der in der Eingabe erwähnten Studentenkategorie, nicht irgend ein Institut, am wenigsten jenes nur auf dem Papier bestehende; die von der Eingabe mit Recht gelobten Arbeiten sind im juristischen Seminar hergestellt, soweit sie überhaupt an Räumlichkeiten in ihrer Entstehung gebunden waren. Es ist nicht abzusehen, warum das Institut nicht innerhalb der Juristischen Fakultät neben dem Juristischen Seminar sollte bestehen können. In diesem Einzelpunkte also vermöchte ich mich der Auffassung der Fakultäten nicht anzuschließen, bin vielmehr der Meinung, daß das Restseminar thatsächlich ein Institut der Juristischen Fakultät ist. Trotzdem könnte ich selbst kaum wünschen, daß das Hohe Ministerium, nachdem ich von demselben erst in einem Stadium mit der Angelegenheit befaßt werden konnte, in welchem ein Wunsch der beteiligten Fakultäten bereits formuliert vorliegt, meine Ansicht jenem Wunsche voranstelle; falls das Hohe Ministerium also schon jetzt eine Regelung der Angelegenheit im Sinne der Eingabe für angezeigt hält, würde ich meine abweichende Ansicht in dem Falle gern zurückstellen, daß allseitig die Zuweisung des Seminars als eine reine Formsache anerkannt wird, aus welcher insbesondere Consequenzen und Ansprüche für die Art der Regelung des Staatswissenschaftlichen Doktorexamens nicht, weder jetzt noch künftig, abgeleitet werden dürfen. Wie der Herr Ministerialdezernent mir seiner Zeit bei den Verhandlungen über meine Versetzung mitteiltee, 3 hat das Hohe Ministerium in Bezug auf jenes Examen principiell meinen schriftlich und mündlich vorgetragenen Standpunkt gebilligt, daß ein philosophischer Doktorgrad auf Grund einer Prüfung, bei welcher philosophische Fachvertreter gar nicht oder nur in Nebenfächern mitwirken, eine Abnormität ist, welche nur durch besondre personale Verhältnisse zeitweilig gerechtfertigt werden kann. Es ist nicht nur meine Meinung, daß durch eine Perpetuierungf eines solchen Zustandes der Werth des Heidelbergerg volkswirtschaftlichen Doktorgrades und auch der Werth der Heidelbergerh volkswirthschaft-
d Jellinek, > Jellinek vermutlich Freiburger
e sagte > mitteilte f 〈di〉 g In O Überschreibung; zuvor h In O Überschreibung; zuvor vermutlich Freiburger
3 Der entsprechende Vorgang ist nicht dokumentiert.
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lichen Lehrstelle gedrückt wird.4 Ich erkenne jedoch |:gern:| an, daß zur Zeit ein berechtigtes Interesse |:insbesondre:| des Herrn Professor Dr Jellinek bezw. seiner Schüler daran besteht, daß ihm deren Prüfung im Hauptfache da obliege, wo auf Grund der in der Eingabe erwähnten Kategorie von Arbeiten promoviert wird und ebenso daran, daß der so zu erwerbende Doktorgrad nicht der nach formellen und materiellen Vorbedingungen andersartige juristische sei. Ebenso sehe ich ein, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen die materiellen (pekuniären) Consequenzen der Gestaltung des staatswissenschaftlichen Doktorexamens nicht einfach unbeachtliche sind. Mithin wird zur Wahrung dieser Interessen eine Verständigung über die Gestaltung |:bezw. Umgestaltung:| des staatswissenschaftlichen Doktorexamens gesucht werden müssen, über deren Notwendigkeit alle Beteiligten einig waren und welche schon durch den Umstand, daß das Fach „Allgemeine Staatslehre“ der Fakultät jetzt zweifellos nicht mehr angehört, erfordert wird. Ich bin nicht darüber im Zweifel, daß auch die Eingabe der Fakultäten bei ihren Vorschlägen in letzter Linie |:nur:| die Wahrung jener Interessen in Bezug auf das gedachte Doktorexamen im Auge hat und bei Erzielung einer Regelung desselben, welche ihnen gerecht wird, alle andren Fragen, auch die hier vorliegende, so gut wie gegenstandslos werden. Deshalb erschiene es mir als die zur Zeit allseitig befriedigendste vorläufige Erledigung, – welche zugleich jede Außerachtsetzung eines einmal vorliegenden Fakultätsbeschlusses am besten umginge, – wenn das Hohe Ministerium dahin verfügte, daß die defi nitive Regelung der Verhältnisse des Staatswissenschaftlichen Seminars, Abteilung für öffentliches Recht, bis zur Erzielung einer Verständigung der Beteiligten über die künftige Gestaltung des staatswissenschaftlichen Doktor-Examens auszusetzen sei. Des Hohen Ministeriums ehrerbietigst ergebener Professor Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts.
4 Anspielung darauf, daß die Juristische Fakultät den Doktortitel des „Dr. jur.“ nur sehr restriktiv bzw. für Arbeiten aus dem Staatswissenschaftlichen Seminar gar nicht vergab. Max Weber begriff dieses Verhalten offensichtlich nicht nur als Ausdruck verkappter Standesinteressen, sondern auch als deutliche Herabminderung der noch relativ jungen Disziplin der Nationalökonomie.
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31. März 1897
Heinrich Rickert PSt 31. März 1897; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 6 Die Karte steht in Zusammenhang mit Max und Marianne Webers Umzug nach Heidelberg, der am 31. März 1897 stattfand (zum genauen Umzugstermin vgl. den Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 20. März 1897, oben, S. 301). Max Weber trat am 1. April 1897 seine Professur an der Universität Heidelberg an. Offensichtlich hatte ihm Heinrich Rickert bei seiner Abreise in Freiburg noch einen Hut geliehen.
Lieber Rickert! In der That – der Hut paßt mir zwar sehr gut, während meiner etwas eng war, – aber es ist leider doch Größenwahn, daß er zu meinem Kopf paßt. Ich muß diesen philosophischen Teil meines Haupts wohl auch bis morgen früh behalten, da erst dann meine anderen Hüte ausgegraben werden und alle Geschäfte hier heute Abend schon zu sind. Besten Gruß und vor Allem beste Wünsche Max Weber
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4. April 1897
Engerer Senat der Universität Heidelberg 4. April 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412 Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, oben, S. 304– 309; Max Weber hatte davon eigenhändig eine Abschrift für den Engeren Senat der Universität Heidelberg angefertigt, die er mit dem im folgenden edierten Schreiben übermittelte.
Heidelberg 4. IV. 97. Das [Sta]atswissenschaftlichea Seminar betreffend
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Über die vom Engeren Senat unter dem 19. v.M. weitergereichte Eingabe der Juristischen und Philosophischen Fakultät vom 13. v.M. hat mich s.Z. das Ministerium zum Bericht aufgefordert.1 Ich lege denselben in Abschrift hiermit dem Engeren Senat ergebenst vor zur geneigten Kenntnisnahme. Professor Max Weber An den Engeren Senat zu Händen des Herrn Prorektor2 Magnifi zenz
a Verderbte Stelle in O; Tintenfleck. 1 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 30. März 1897, oben, S. 304–306. 2 Gemeint ist Heinrich Bassermann.
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12. April 1897
Engerer Senat der Universität Heidelberg 12. April 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 5865 Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Antrag Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1897, unten, S. 313 f.
Heidelberg 12. April 1897 betrifft: bauliche Änderung im Volkswirtschaftlichen Seminar Dem engeren Senat der Universität
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beehre ich mich anliegenden Antrag an das Großherzogliche Ministerium mit der Bitte ergebenst einzureichen, denselben, – soweit erforderlich, nach Einvernehmen mit der Großherzoglichen Bau-Inspektion, – befürwortend geneigtest weiterreichen zu wollen, unter geneigter Beifügung des mit meinem heutigen Antrage betreffend die innere Seminareinrichtung vorgelegten Situationsplans. Des Engeren Senats ergebenster Professor Max Weber Direktor des Volkswirtschaftlichen Seminars.
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An den Engeren Senat der Universität z.H. Seiner Magnifi zenz des Herrn Prorektors1
1 Gemeint ist Heinrich Bassermann.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 12. April 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 5865 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Errichtung des Volkswirtschaftlichen Seminars, die Max Weber bei seiner Berufung an die Universität Heidelberg ausgehandelt hatte. Dafür wurden vom Ministerium Räumlichkeiten im zweiten Stock des Hauses Augustinergasse 13 zur Verfügung gestellt (Mitteilung des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 12. April 1897; UA Heidelberg, RA 5865). Max Webers im folgenden edierter Antrag auf bauliche Veränderungen dieser Räumlichkeiten wurde am 14. April 1897 von der Bezirks-Bauinspektion Heidelberg und am 20. April 1897 vom Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts genehmigt sowie die dafür nötigen Mittel in Höhe von 80 Mark bereitgestellt (beide Briefe jeweils an den Engeren Senat der Universität Heidelberg, ebd.). Vgl. auch den Brief Max Webers an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 12. April 1897, oben, S. 312.
Heidelberg 12. April 1897 betrifft: bauliche Veränderung im Volkswirtschaftlichen Seminar 5
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Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts beehre ich mich ehrerbietigst die Bitte vorzutragen, Hochdasselbe wolle genehmigen bzw. verfügen, daß die vor den Räumlichkeiten des neu errichteten volkswirtschaftlichen Seminars zur Zeit befi ndliche Glasthür – als Thür a bezeichnet auf dem mit meinem Antrag vom heutigen Tage, betreffend die innere Seminar-Einrichtung, eingereichten Plane1 – kassiert und an die daselbst mit „neu zu schaffende Thür a’“ bezeichnete Stelle versetzt bezw. eine neue Glasthür daselbst beschafft werde. Ich beabsichtige alsdann, die auf dem Plan mit „Thür b“ bezeichnete Thür als solche zu kassieren und mit Bücherbrettern zuzustellen, die neu geschaffene Thür als einzige Eingangsthür des Seminars unter Verschluß zu halten und den als „Gang“ bezeichneten Raum zum Ablegen der Garderobe der Seminaristen zu benutzen. – Die „Thür a“ 1 In der Akte nicht enthalten.
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kann als Seminarthüre nicht fungieren, da durch sie die Bewohner des Oberstocks verkehren müssen; es würden also ohne Schaffung der „Thür a’“ 3 Eingänge |:(b,c,d):| controlliert und innerhalb der sehr engen Seminarräume Gelegenheiten zum Ablegen der Garderobe geschaffen werden. Das Letztere wäre ohne erhebliche Schwierigkeiten derart, daß die Garderobe sicher untergebracht wäre, gar nicht zu erreichen. Die „Thür b“ ist, wenn die Änderung vorgenommen wird, entbehrlich und soll abgeschlossen und zugestellt bleiben. – Die Kosten der Änderung dürften minimale sein. Um den Gang zu erhellen, wird sich bei a’ eine Glasthüre empfehlen. – Um den Unterricht und die Benutzung des Seminars rechtzeitig in vollem Umfang eintreten lassen zu können, dürfte eine Beschleunigung, soweit möglich, dringend rathsam sein. Ehrerbietigst Professor Max Weber Direktor des Volkswirtschaftlichena Seminars
a Staatswissenschaftlichen > Volkswirtschaftlichen
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20. April 1897
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Heinrich Sieveking 20. April 1897; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich StA Hamburg, Nl. Heinrich Sieveking Die folgende, auf den 20. April 1897 datierte, Abschrift findet sich in einem Typoskript von Heinrich Sieveking, Erinnerungen 1871–1914, S. 96 f., ebd. Obwohl Max Weber Heinrich Sieveking davon abgeraten hatte, sich noch vor seinem, d. h. Webers, Weggang nach Heidelberg in Freiburg zu habilitieren (vgl. den Brief an Heinrich Sieveking, nach dem 28. Januar 1897, oben, S. 285 f.), entschied sich Sieveking für eine beschleunigte, kumulative Habilitation. Dazu reichte er neben kleineren Schriften und seinen beiden Dissertationen an der Juristischen und der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig den bereits fertiggestellten Teil der geplanten, weit umfassenderen Studie über das Genueser Steuer- und Bankwesen ein. Max Weber begutachtete die Schriften („Gutachten betr. die von Herrn Dr. H. Sieveking zur Habilitation vorgelegten 5 Arbeiten“ vom 1. März 1897, UA Freiburg i. Br., B 110/406, Bl. 53–55; MWG I/13). Probevorlesung und Habilitationskolloquium an der Freiburger Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät fanden am Samstag, den 6. März 1897, statt (UA Freiburg i. Br., B 110/329, S. 162; vgl. Sieveking, Erinnerungen, S. 95); im Verlauf des Kolloquiums wurde Sieveking wider Erwarten nach seinem Probevortrag über den Hamburger Nationalökonomen Johann Georg Büsch von den Juristen „in ein Verhör genommen über alle möglichen anderen Fragen“, auf das er, wie er berichtet, „durchaus nicht vorbereitet war und worin ich äußerst ungünstig abschnitt.“ (Sieveking, Erinnerungen, S. 96). Nach erfolgreicher Habilitation und Ernennung zum Privatdozenten für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft kehrte er nach Genua zurück, wo er seine Studien fortsetzte. Dort traf ein Brief von Max Weber bei ihm ein. Es heißt: „Sehr herzlich schrieb mir auch Max Weber aus Heidelberg:“
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Ich bin so völlig überzeugt, daß bei Ihrer Arbeit etwas herauskommt, womit Sie Ehre einlegen und unsere Wissenschaft nach der historischen Seite in seltenem Maße fördern werden,1 daß es mir förmlich physisch schmerzhaft ist, zu sehen, daß Sie sich die kleine Malträtierung und Schikanierung bei dem Colloquium – denn das war sie – wie es scheint, ernstlich zu Herzen genommen haben. Bitte thun Sie das doch nicht, mir war es wirklich auch kein Genuß, Sie da schinden zu müssen, weil die juristischen Collegen, die Ihren Vortrag doch kaum würdigen konnten, des Teufels waren. – Sie sind Gelehrter in erster Linie, würden sich selbst untreu werden, wenn sie auf die Dozenten-Seite das Schwergewicht legten, und ich kann nur wiederholen, daß ich um Sie eine einzige Befürchtung habe, Ihr Blick möchte zu sehr auf die
1 Heinrich Sievekings Studie erschien 1898 und 1899 ausgearbeitet und in voller Länge im Rahmen der von Max Weber mitherausgegebenen Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen (Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II). Vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 10. März 1897, oben, S. 297 f.
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20. April 1897
eine doch recht sehr hazard-artige Seite der sogenannten „akademischen Laufbahn“ abgelenkt werden. Bin ich auch nicht viel älter als Sie, so habe ich doch zu viel – an mir selbst in positivem, an andern in negativem Sinn erlebt, um das nicht empfi nden zu dürfen.
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26. April 1897
Paul Siebeck 26. April 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser Brief eröffnet die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über die neue Schriftenreihe, die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, die Carl Johannes Fuchs (Freiburg i. Br.), Gerhart von Schulze-Gaevernitz (Freiburg i. Br.) und Max Weber planten. Ziel der Reihe war es, dem akademischen Nachwuchs und den Hochschullehrern der badischen Hochschulen die Möglichkeit zu bieten, ihre Dissertationen und sonstigen Forschungsergebnisse zu veröffentlichen. Die Reihe erschien ab 1897 in Einzelheften, die jeweils zu Bänden zusammengefügt wurden. Die Zusammensetzung des Herausgebergremiums wandelte sich mehrfach. Noch in der Konstituierungsphase wurde Heinrich Herkner (Karlsruhe) hinzugezogen; er schied jedoch 1898 wegen seiner Berufung nach Zürich wieder aus, so daß vorübergehend Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber als alleinige Herausgeber verantwortlich zeichneten. 1901 wurde der Kreis wiederum ergänzt, und Max Webers neuer Heidelberger Fachkollege, Karl Rathgen, kooptiert (vgl. die Karte an Paul Siebeck vom 25. Oktober 1900, unten, S. 770). Max Weber gehörte dem Herausgeberkreis bis Ende 1904 an. Die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ erschienen bis 1902 im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck); von 1903, d. h. von Band 7, Heft 1 an, wurden sie von der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe verlegt (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1902, unten, S. 857–859). Max Weber führte die Verhandlungen mit dem Verleger Paul Siebeck; der größte Teil seiner Korrespondenz mit ihm drehte sich um die Aushandlung der Verlags- und Redaktionsverträge. Insgesamt wurden drei Verträge mit den jeweiligen Herausgebern abgeschlossen. Der erste im Juli/ August 1897 zwischen dem Verlag und Carl Johannes Fuchs, Heinrich Herkner, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber; der zweite, bereits sehr umstrittene, nach dem Ausscheiden Heinrich Herkners im Mai 1899, und schließlich, gleichlautend mit dem zweiten, der dritte im November 1900/Januar/März 1901, der nach der Kooptation Karl Rathgens notwendig geworden war. Der besseren Übersichtlichkeit halber werden die Verlagsverträge im Anhang, unten, S. 898–903, wiedergegeben. Dieser und die folgenden Briefe an Paul Siebeck bzw. den Verlag J.C.B. Mohr vom 30. April, 5. und 19. Mai, 27. und 29. Juni, 13., 20., 28. und 30. Juli, 8. August und zwischen dem 4. und 18. September 1897, unten, S. 319 f., 321 f., 332 f., 359, 360, 367, 370, 371 f., 378 f., 383 f. und 435, sowie an Carl Johannes Fuchs vom 1. Juni 1897, unten, S. 336 f., stehen in Zusammenhang mit der Konstituierung der Reihe, der Zusammensetzung des Herausgebergremiums, der Aushandlung des Verlagsvertrags von Juli/August 1897 sowie der Drucklegung des ersten Heftes (Liefmann, Unternehmerverbände) und der Erstellung eines Verlagsprospekts.
Heidelberg Anlage 53b 26. IV. 97 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Wenn es anginge, wäre es jetzt, glaube ich, für alle Beteiligte angenehm, einer greifbaren defi nitiven Festlegung unserer Abmachungen näher zu treten. Wenn also nichts Ihrerseits im Wege steht, so wäre es
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26. April 1897
mir recht angenehm, von Ihnen nunmehr einen Contrakt-Entwurf zu erhalten.1 Herr Professor v. Schulze-Gävernitz, der |:so viel ich weiß:| morgen nach Freiburg zurückkommt, wird Alles, was noch im Zweifel ist, ja leicht mit Ihnen abmachen können. Wie denken Sie Sich den Titel? Es wäre recht wesentlich, daß im Sommer noch ein Heft, – die Kartelle betreffend – erscheinen könnte: Der betreffende Herr würde, wenn er bis Herbst warten müßte, nicht gut in der Lage sein, die sehr gute Arbeit uns zu geben.2 Im Herbst kämen dann mein Heft3 und eine – wie ich schon jetzt sagen kann, ebenfalls sehr gute Arbeit über Mannheimer Getreidehandel.4 Eventuell könnte mit dem ersten Heft aucha die Arbeit eines Schülers des Herrn Prof. v. Schulze über Colbert publiciert werden.5 Ihren freundlichen Nachrichten gern entgegensehend verbleibe ich mit den besten Empfehlungen Ihr stets ergebener Max Weber P.S. Ihrer Expedition wäre ich für die Zusendung von 5 Expl. meiner Antrittsrede6 sehr verbunden.
a Unsichere Lesung. 1 Paul Siebeck sandte Max Weber daraufhin am 30. April 1897 einen ersten Entwurf zu einem Verlags- und Redaktionsvertrag (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 5. Mai 1897, unten, S. 321). 2 Gemeint ist Robert Liefmanns Untersuchung über die Unternehmerverbände, die als erstes Heft des ersten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erschien (Liefmann, Unternehmerverbände). 3 Max Weber plante, selbst ein Heft „Zur preußischen Agrarpolitik“ zu verfassen, wie aus einer entsprechenden Ankündigung in seinem Schreiben an den Verlag J.C.B. Mohr, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897 (unten, S. 435), hervorgeht. Dieses Heft ist nicht erschienen. Vgl. auch den Editorischen Bericht zu: Weber, Max, [Über die Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen“], in: MWG I/4, S. 675. 4 Gemeint ist die Arbeit von Walther Borgius, die allerdings erst 1899 als erstes und zweites Heft des zweiten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erschien (Borgius, Mannheim I, II). 5 Die Arbeit erschien als zweites Heft des ersten Bandes: Hecht, Gustav, Colbert’s politische und volkswirtschaftliche Grundanschauungen (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen. Erster Band, Zweites Heft). – Freiburg i. Br. u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1898 (hinfort: Hecht, Grundanschauungen). 6 Gemeint ist: Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik.
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30. April 1897
Paul Siebeck 30. April 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 26. April 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 43, Bl. 346), in dem Siebeck anfragte, ob auch die Heidelberger Dissertation von Franz Bensing über den „Einfluß der landwirtschaftlichen Maschinen auf Volks- und Privatwirtschaft“ in die projektierte Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ aufgenommen werden solle (zu der Schriftenreihe vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317).
Heidelberg Anlage 53b 30. IV. 97. Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich glaube, es wäre nicht richtig, Arbeiten, die keiner von uns Herausgebern angeregt oder controlliert hat, in die Sammlung zu nehmen. Würden Sie Gewicht darauf legen, würde ich nach einer Form suchen, es zu ermöglichen. Herr Dr Bensing müßte dann seine Arbeit hier einreichen und etwa im Seminar vortragen,1 auch sich gefallen lassen, daß ich mit ihm über deren Gestaltung ins Benehmen trete. Das wird er nicht wollen. –
1 Franz Bensing hat nicht an Max Webers Seminaren teilgenommen; seine Dissertation erschien auch nicht in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Er reichte seine Dissertation vielmehr an der naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät der Universität Heidelberg ein. Die betriebswirtschaftlich orientierte, ursprünglich an der Universität Göttingen angeregte Doktorarbeit wurde in Heidelberg von dem Dozenten der landwirtschaftlichen Produktions- und Betriebslehre, Professor Adolph Stengel, von der naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät betreut (vgl. Bensing, Franz, Der Einfluß der landwirtschaftlichen Maschinen auf Volks- und Privatwirtschaft. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg. – Breslau: Schletter 1897, S. 3 und S. 207).
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30. April 1897
Ich bestätige im Übrigen meinen letzten Brief2 und verbleibe in Erwartung Ihrer weiteren Nachrichten Ihr bestens ergebener Max Weber Die 5 Expl. habe ich richtig erhalten.3
2 Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317 f. 3 Max Weber hatte Paul Siebeck am 26. April 1897, oben, S. 318, um die Zusendung von fünf Exemplaren seiner Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) gebeten.
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5. Mai 1897
Paul Siebeck 5. Mai 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Gründung der Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Bezug: Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 30. April 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 43, Bl. 385), dem der erste Entwurf zu einem Verlags- und Redaktionsvertrag zu der projektierten Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ beigefügt war (ebd., Bl. 386–388). Vorgesehen waren drei Herausgeber: Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber. Siebeck schlug vor, auch Eugen von Philippovich einzubinden (ebd., Bl. 385). Als Reihentitel plante er „Volkswirthschaftliche Abhandlungen aus den staatswissenschaftlichen Seminaren zu Heidelberg und Freiburg i. B.“ (§ 1 des Entwurfs, ebd., Bl. 386). Der Vertragsentwurf war ansonsten in allen wesentlichen Punkten gleichlautend mit dem im Juli/August 1897 unterzeichneten Vertrag (vgl. im Anhang, unten S. 898 f.).
Heidelberg Anlage 53b 5. V. 97. Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Den Vertrags-Entwurf, der wohl jedenfalls von uns allen dreien unterzeichnet werden muß, habe ich an Fuchs nach Greifswald geschickt, damit dieser ihn an Schulze-G[aevernitz] schickt. Ich habe als Titel eventuell vorzuschlagen: V[olkswirtschaftliche] A[bhandlungen] aus den staatsw[issenschaftlichen] Sem[inaren] „der badischen Universitäten“ (statt: der U[niversitäten] Heidelberg und Freiburg), „herausgegeben von C[arl] J[ohannes] Fuchs, G[erhart] von Schulze-Gävernitz, Max Weber“. Aber ich lege kein Gewicht darauf und acceptiere auch – fast ebensogern – den Ihrigen. Was Philippovich anlangt, so mache ich keinerlei Schwierigkeiten, wenn die beiden anderen Herrn mit seiner Beteiligung einverstanden sind bezw. sie wünschen. Ein gewisser Schönheitsfehler wäre an sich vielleicht die Beteiligung eines Einzelmitgliedes einer ganz fernlie-
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genden Universität, deshalb habe ich an sich einen positiven Wunsch, daß er aufgefordert wird, nicht.1 Mit bester Empfehlung Ihr stets ergebener Max Weber
1 Eugen von Philippovich lehrte seit seinem Weggang von Freiburg i. Br. im Herbst 1893 Nationalökonomie an der Universität in Wien. Er wurde nicht in den Herausgeberkreis kooptiert; einer späteren Mitteilung Siebecks zufolge lehnte er eine solche Beteiligung ohnehin aus Zeitgründen ab (Paul Siebeck an Max Weber vom 13. Mai 1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 43, Bl. 458).
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Clara Mommsen [9. Mai 1897]; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 11–12 Das Datum ist erschlossen aus dem Datierungsvermerk von Marianne Weber sowie dem Briefinhalt: Der Brief wurde vor dem 10. Mai 1897 geschrieben, denn Max Weber weist auf den erwarteten Besuch Helene Webers hin, den sie erst am 10. Mai absagte (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, unten, S. 325 f.). Daß er ihn in der zweiten Maiwoche verfaßte, ergibt sich auch aus Webers Hinweis auf seine nunmehr fünfwöchige Abstinenz seit dem Umzug nach Heidelberg (am 31. März 1897). Max Weber antwortete auf einen Brief seiner Schwester Clara zu seinem Geburtstag am 21. April. Ihr Ehemann Ernst Mommsen hatte ihm einen Gruß und eine Fotografie von Clara und ihrem kleinen Sohn Konrad (jun.) beigefügt (Brief Clara Mommsens an Max Weber (mit Zusatz von Ernst Mommsen) vom 20. April 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Heidelberg Anlage 53b Mein liebes Clärchen!
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Ich kann dir erst heute für Deinen – und Ernst für seinen – freundlichen Gruß und für das hübsche Bild danken, welches den kleinen Burschen in erfreulicher Stattlichkeit, wenngleich mit der Miene eines vom Meuchelmörder mit dem Dolch gekitzelten Tyrannen, und seine Mutter in offenbar bestem Wohlsein vorführt. Seit meinem Geburtstag ist heute eigentlich erst zum ersten Mal etwas Ruhe, die nun, abgesehen von den noch bevorstehenden ca 90–100 Besuchen1 – ein Dutzend ist erledigt – wohl bleiben wird, nachdem das Semester ina Gang ist. – Ich habe nun, um einmal auszuprobieren, was dann aus mir wird, seit 5 Wochen außer an einem Wochentag [,] wo ich mit Marianne Abends auszufl iegen pflege [,] und am folgenden Morgen, wo der ehrwürdige Frühschoppen der Collegen besteht, 2 keinerlei Alkohol zu mir genommen – hingegen täglich zusammen 3–4 Pullen Apollinaris (!), so daß ich meinen Gesammtkonsum davon schon auf 1 Hektoliter schätze. Es hat mir weiter nichts geschadet bisher, auch war es nach den letzten a Alternative Lesung: im 1 Gemeint sind die obligatorischen Antrittsbesuche bei Kollegen der Universität. 2 An der Heidelberger Universität gab es die gesellige Tradition eines Frühschoppens, der jeden Samstag stattfand (vgl. Sauerland, Karol, Heidelberg als intellektuelles Zentrum, in: Heidelberg im Schnittpunkt intellektueller Kreise. Zur Topographie der „geistigen Geselligkeit“ eines „Weltdorfes“: 1850–1950, hg. von Hubert Treiber und Karol Sauerland. – Opladen: Westdeutscher Verlag 1995, S. 12–30, hier: S. 20).
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Wochen in Freiburg, die uns unter Sprit setzten wie die Anatomie-Präparate, in den ersten 8 Tagen ganz angebracht vielleicht. Sonst aber scheint mir, daß es ziemlich Wurst ist, was der Mensch durch sich hindurchrinnen läßt. Nun, ich werde wie der Bürgermeister von Schrimm je 1–2 Monate im Jahr mich zum Kohlensäure-Ballon aufblasen. 3 – Marianne geht in nächster Woche für 1½ Tage nach Freiburg zu Rikkert, in dessen Seminar sie ein Referat (das zweite) halten soll über allerhand nur durch Fremdwörter auszudrückende Dinge,4 und wir freuen uns sehr, dann Mama bei uns zu sehen.5 Hoffentlich wird der Aufenthalt nicht zu kurz, sonst hat er nicht viel Zweck; sie schrieb, daß Du vielleicht zu Pfi ngsten kurze Zeit nach Charlottenburg gehen würdest, ihr die Sorge um den Haushalt vertreiben – das wäre sehr lieb von Dir, – und auch von Ernst. Was macht denn dieser verflixte Schlot von Otto W.6 für Fisimatenten? Oder weshalb meint sie, wegen dieses Kunden zurückkommen zu müssen? Der muß ja dochb nachgerade aus den Windeln heraus sein. Nun Adieu, überlegt Euch, ob Ihr im Sommer einmal mit dem Sprößling in eine Luftcurc hier in die Nähe kommt, und seid herzlichstd gegrüßt von Eurem Max Weber b Unsichere Lesung.
c Unsichere Lesung.
d Alternative Lesung: herzlich
3 Möglicherweise spielt Max Weber auf einen glimpflich verlaufenen Zwischenfall mit einem Ballon in der Nähe der Kreisstadt Schrimm im preußischen Regierungsbezirk Posen an, wo er im Sommer 1891 seine letzte militärische Übung absolviert hatte. Allerdings war es nicht der Bürgermeister von Schrimm, der mit diesem Zwischenfall für Heiterkeit sorgte, sondern ein Hauptmann, ein Gefreiter und ein Lieutenant der Luftschifferabteilung. Meldungen zufolge blieb ihr Ballon an Bäumen hängen und sie „stürzten aus beträchtlicher Höhe herab“. (Vgl. Teltower Kreis-Blatt, Nr. 39 vom 1. April 1890, S. 2). 4 Näheres ist hierzu nicht überliefert. Es könnte sich um ein Referat in Heinrich Rickerts einmal wöchentlich gehaltenem Seminar „Probleme der Ästhetik“ handeln, dessen Termin im Freiburger Vorlesungsverzeichnis allerdings nicht aufgeführt ist. Vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1897, S. 11. 5 Zu dem für Mai geplanten und mehrfach verschobenen Besuch, der Anlaß des Bruchs Max Webers mit seinem Vater war, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, unten, S. 325 f. 6 Gemeint ist wahrscheinlich Max Webers Cousin Otto Weber (jun.), ein Enkel Karl August Webers, aus dem Hamburger Zweig der Familie (vgl. Roth, Familiengeschichte, S. 487). In ihrem Brief an Marianne Weber vom 26. März 1897 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) berichtet Helene Weber von einem Besuch Otto Webers in Charlottenburg und daß er kurz vor seinem Fähnrichexamen stehe. Am 10. Mai 1897 schrieb sie dann, Otto, dessentwegen sie den Sommer nicht hätte fortgehen können, sei nicht mehr da (Brief Helene Webers an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Alfred Weber [14.] Mai 1897; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 59–60 Die Datierung ist erschlossen aus den Briefen an Clara Mommsen vom 9. Mai 1897, oben, S. 323 f., und an Marianne Weber vom 14. oder 15. Mai 1897, unten, S. 328 f. Der Brief an Clara Mommsen enthält den Hinweis auf Marianne Webers Aufenthalt in Freiburg i. Br. in der kommenden Woche; im zweiten Brief teilt Max Weber seiner in Freiburg weilenden Frau mit, daß er seinem Bruder Alfred geschrieben und den an sie gerichteten Brief von Marie Schnitger geöffnet habe. Am 14. Juni 1897 fand in Heidelberg der Bruch Max Webers mit seinem Vater statt. Den äußeren Anlaß dafür bildete der lange angekündigte, aber mehrfach verschobene Besuch Helene Webers in Heidelberg. Dieser für Mitte Mai vorgesehene Besuch wurde zuerst auf Juli verschoben, dann, nachdem sich Marianne Webers Tante, Marie Schnitger, für Anfang Juli angekündigt hatte, erneut verlegt, und zwar auf den Juni, mit Beginn am 11. Juni 1897. Max Weber sen. beabsichtigte, seine Frau nach Beendigung der Sitzungen des Preußischen Abgeordnetenhauses im Juli in Heidelberg abzuholen. Helene Weber hielt sich zwischen dem 16. und 23. Mai 1897 bei ihren Verwandten in Oerlinghausen auf, bevor sie nach Antwerpen weiterreiste, wo sie ihre Halbschwester, Laura Bunge, bis zum Pfingstwochenende (5. bis 7. Juni 1897) besuchte. Max Weber sen. erfuhr bei seinem Aufenthalt in Oerlinghausen zu Pfingsten, oder meinte zumindest, erfahren zu haben, daß Marie Schnitger nun doch nicht im Juli zu Max und Marianne Weber nach Heidelberg fahren werde, was jedoch nicht den Tatsachen entsprach. Er änderte daraufhin umgehend seine Reisepläne, traf seine Frau direkt nach Pfingsten in Soest und unternahm von dort aus mit ihr und seinem Freund Ferdinand Frensdorff eine ca. einwöchige Rundreise an Ruhr und Rhein. Zugleich entschied er sich, seine Frau nicht nur, wie ursprünglich geplant, im Juli in Heidelberg abzuholen, sondern sie direkt im Anschluß an diese Rundreise nach Heidelberg zu begleiten. Nachdem der Ankunftstermin erneut mehrfach verschoben worden war, traf Helene Weber in Begleitung ihres Mannes am 14. Juni 1897 in Heidelberg ein, wo es noch am selben Abend zur Auseinandersetzung Max Webers mit seinem Vater kam. Der nachfolgende Brief bildet den Auftakt zu einer Reihe von Briefen an Alfred Weber und Marianne Weber, die den Kontext beleuchten, in dem der Bruch Max Webers mit seinem Vater stattfand (vgl. die Briefe an Alfred Weber, am oder nach dem 16. Mai, zwischen dem 31. Mai und 5. Juni, vom 10., 15., 19. Juni, am oder nach dem 22. Juni, vom 23. Juni und vom 13. Juli 1897, sowie den Brief an Marianne Weber vom 14. oder 15. Mai 1897, unten, S. 330, S. 338– 340, S. 341 f., S. 343–347, S. 350–352, S. 353 f., S. 355 und S. 368 f., sowie S. 328 f.). Bezug des im folgenden edierten Briefs: das Schreiben Alfred Webers an Max Weber, undat. [zwischen dem 10. und 14. Mai 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Am 10. Mai 1897 sagte Helene Weber ihren für Mitte Mai 1897 geplanten Besuch in Heidelberg ab und schlug stattdessen den Monat Juli vor (vgl. Helene Weber an Max Weber vom 18. April 1897, sowie an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897, beide Briefe: ebd.). Als Grund führte sie an, daß sich ihr Mann übergangen fühle, wenn sie bereits im Mai reise, weil er sie dann auf Grund seiner Verpflichtungen im Preußischen Abgeordnetenhaus nicht abholen könne. Helene Weber berichtete, ihren Mann zitierend: „‚Ihr macht es mir wenn Du jetzt fährst also unmöglich nach Heidelberg zu gehn
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und es ist überhaupt als wäre ich gar nicht da’ fuhr es ihm endlich heraus ‚und es ist doch eine Unnatur, daß wenn ich meine Kinder in Heidelberg habe wo ich so wie so so gern bin ich nicht hin soll, da sie mich nicht wollen.’ “ (Helene Weber an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897, ebd.). Daraufhin gab es einen offensichtlich kurzen Briefwechsel zwischen Max Weber und seiner Mutter, der in den Familienkorrespondenzen (ebd.) nicht überliefert ist, der sich aber aus dem Bezugsbrief Alfred Webers ergibt. Demzufolge hatte Max Weber, ungehalten über die Änderung der Reisepläne und die Rolle, die er dabei seinem Vater zuschrieb, seiner Mutter einen „für Papa mitgeschriebenen Brief“ gesandt. Helene Weber zeigte diesen Brief ihrem Mann jedoch nicht, und Alfred Weber unterstützte sie bei dieser Entscheidung: „Ich glaube, sie hat, wie die Dinge im Augenblick bei uns liegen, recht darin, wenn sie ihn Papa jetzt nicht giebt. Papa hat thatsächlich gegen Mama’s Alleinsein bei Euch keinen offenen oder latenten Widerstand mehr geleistet; vielmehr hat er das, wie überhaupt das ‚Die-eigenen-Wege-gehen lassen’ jetzt endlich im wesentlichen als etwas Notwendiges und Selbstverständliches eingesehen [. . .] Der Grund, weswegen er die Pläne bezüglich Mama’s Aufenthalt bei Euch so gern umgestaltet hätte, daß Mama erst im Juli zu Euch gekommen wäre, war einfach sein Wunsch eine Veranlassung zu haben auch seinerseits unter der Firma Mama abzuholen etwas in Heidelberg zu sein. Es war, soweit ich die Sache jetzt hier zu beurteilen vermag nicht die bekannte alte ‚Durchkreuzungspolitik’, die Du nach früheren Vorgängen dahinter gesehen hast, sondern thatsächlich lediglich der Gesichtspunkt seines Amüsements, der ihn dabei leitete.“ (Alfred Weber an Max Weber, undat. [zwischen dem 10. und 14. Mai 1897], ebd.).
Heidelberg (Mai 1897). Lieber Alfred! Eben erhalte ich Deinen, vor einer Stunde Mamas Brief.1 So eben ferner einen, in dem sich Tante Marie2 für den Juli ansagt. – Der Sommer ist uns allen verdorben, denn was sollen ca. drei im Juni mühsam der Tante Laura abgerungene Wochen Aufenthalt von Mama hier?3 Wir verzichten darauf besser. Jetzt noch, sodaß er Mama noch antrifft, einen Brief des von ihr gewünschten Inhalts zu schreiben ist gegenstandslos, da wohl schon dieser Brief sie nicht mehr bei Euch treffen wird.4 Ich täte es aber auch nicht, wenn ich dabei die Empfi ndungen und Ansichten, die wir über den unerhörten Vorgang, welchen wir erlebt haben, verhehlen müßte. Denn der Vorgang ist unerhört, selbst wenn Deine Darstellung zutrifft, wonach nicht die übliche, durch „Stimmungen“ 1 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung, letzter Absatz. 2 Marie Schnitger. 3 Helene Weber wollte „bis den Tag vor Pfingsten“, also den 5. Juni 1897, bei ihrer Halbschwester, Laura Bunge, in Antwerpen bleiben (Helene Weber an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Helene Weber hatte ihre Abreise für Mitte Mai 1897 von Charlottenburg nach Oerlinghausen geplant, von wo aus sie am 23. Mai 1897 weiter nach Antwerpen fahren wollte (Helene Weber an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897, ebd.).
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den Boden mürbe machende und dann durch „herausgefahrene Äußerungen“ das Fazit einheimsende Diplomatie vorliegt sondern nur die Tatsache, daß Papas Amüsementbedürfnisse auf Kosten der Gefährdung ernsterer, geistiger Interessen befriedigt werden sollte. Ich bin auch davon offen gestanden noch nicht überzeugt, habe vielmehr den Eindruck, daß Du zur Beruhigung von Mama die Sache milder darstellst denn Deine Darstellung widerspricht Mamas Angabe, daß die jetzt beliebte Regelung „ihr und andern Kämpfe gekostet“ habe.5 Ich bin vorerst nicht gesonnen, Papa, sei es jetzt, sei es zu seinem Geburtstage6 oder später, irgendetwas zu schreiben und werde ihm im Sommer aus dem Wege reisen. Weiter kann ich Mama in ihrem Wunsche Erörterungen vermieden zu sehen, wirklich nicht entgegenkommen. Es handelt sich hier nicht, wie sie schreibt, um „Erziehung“ irgend Jemandes,7 sondern darum, daß Papa sich daran gewöhnt, die Rechte Anderer zu achten oder die Konsequenzen der Nichtbeachtung auf sich zurückfallen zu sehen. Will sie nicht, daß ich ihm Gelegenheit gebe, unsern Standpunkt kennen zu lernen, so bleibt mir nichts übrig als zu schweigen. Mehr aber zu tun, bin ich nicht bereit.
5 In dem Brief Helene Webers an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897 (ebd.) heißt es über die Entscheidung, den Besuch zu verschieben: „Aber bitte macht mich nicht darin irre, denn es hat mir Kampf genug gekostet und andern auch bis ich zu dem Resultat gekommen“. 6 Max Weber sen. war am 31. Mai 1836 geboren. 7 Als Zitat nicht nachgewiesen; die Passage stammt wahrscheinlich aus dem nicht überlieferten Brief Helene Webers.
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Marianne Weber [14. oder 15. Mai 1897; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Hinweis im Brief an Clara Mommsen vom 9. Mai 1897, oben, S. 324: „Marianne geht in nächster Woche für 1½ Tage nach Freiburg zu Rickert“, dem Briefinhalt sowie der Tagesangabe „Freitag Nacht“. Der 14. Mai 1897 war ein Freitag. Der Ort erschließt sich aus dem Briefinhalt. Wie der vorausgehende Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 325–327, steht er in Zusammenhang mit dem angekündigten und immer wieder verschobenen Besuch Helene Webers und dem Zerwürfnis zwischen Max Weber und seinem Vater im Juni 1897 (dazu ebd., Editorische Vorbemerkung, S. 325 f.).
Freitag Nacht. Liebes Schnäuzchen! Anbei die Brief-Litteratur. Mamas Brief kam morgens, also zu spät um wenn ich gewollt hätte noch zu schreiben. Ich habe Alfred geschrieben,1 daß Tante Marie2 kommt und daß die paara (ca 3) Juni-Wochen sich nicht lohnten, daß ich meinerseits überhaupt an Papa nicht mehr schreiben würde und den Sommer für uns defi nitiv verdorben halte. Vielleicht kommt ‚nur noch‘ ein Herbstaufenthalt heraus. – Tante Maries Brief machte ich auf, da ich ja wußte, daß er nur die Antwort über ihr Kommen enthalten konnte. Ich schreibe ihr,3 daß wir sie erwarten und werde um Angabe des näheren Termins bitten. Läge dieser erst im Juli,4 so könnten ja noch ca 4 Wochen äußerstenfalls für Mama herauskommen, wenn sie schließlich wirklich kommen will. – Anbei Karte für Killians Dedikation [.] 5 –
a O: par 1 Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 326. 2 Marie Schnitger, Marianne Webers Tante aus Lemgo. 3 Der entsprechende Brief Max Webers ist nicht nachgewiesen. 4 Marie Schnitger besuchte Max und Marianne Weber tatsächlich erst am 9. Juli und blieb bis zum 3. August 1897 (vgl. den Brief an Alfred Weber, zwischen dem 31. Mai und 5. Juni 1897, unten, S. 338, sowie den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [4. Aug. 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Gemeint ist vermutlich Max Webers früherer Freiburger Kollege, der Mediziner Gustav Killian. Die Karte, die möglicherweise im Zusammenhang mit dessen bahnbrechenden Leistungen auf dem Gebiet der Bronchoskopie an der Freiburger Poliklinik für Hals- und Nasenkranke stand, ist nicht nachgewiesen.
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Frage doch Schulze bitte, ob ich ihm eigentlich die 18 Mk Caution geschickt habe?6 Ich glaube ziemlich sicher, ich habe es vergessen. – Und ob er den Verlagsvertrag von Fuchs erhalten und an Siebeck weitergegeben habe?7 – Jetzt bist Du hoffentlich schon einen Bergb heraufgekommen, grüße Rickerts8 herzlich. – Als ob alle Satanasse sich zusammenthäten, kam Donnerstag gegen Abend Frl. Welsch angetost.9 Ich war auch weg, sie kommt Montag wieder. Wüßte ich ihre Adresse, schriebe ich ihr. Jetzt ist es spät, ich will zu Bett, schönsten Kuß, mein kleines Philosophenschnäuzchen,10 von Deinem Max
b Fehlt in O; Berg sinngemäß ergänzt. 6 Um welche Kaution für Gerhart von Schulze-Gaevernitz es sich handelt, ist nicht ermittelt. 7 Gemeint ist der Entwurf für einen Verlagsvertrag für die geplanten „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Max Weber hatte den Entwurf an Carl Johannes Fuchs geschickt und gebeten, ihn anschließend an Gerhart von Schulze-Gaevernitz weiterzuleiten (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 5. Mai 1897, oben, S. 321). 8 Heinrich und Sophie Rickert. 9 Ada Welsch hatte im Frühjahr 1896 mehrere Wochen bei Max und Marianne Weber in Freiburg gelebt (vgl. den Brief an Helene Weber vom 2. Mai 1896, oben, S. 196 f. mit Anm. 11). 10 Anspielung auf Marianne Webers Referat in Heinrich Rickerts Seminar (vgl. den Brief an Clara Mommsen vom 9. Mai 1897, oben, S. 324 mit Anm. 4).
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Alfred Weber [am oder nach dem 16. Mai 1897]; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 60 Die Datierung ist erschlossen aus dem Briefinhalt in Verbindung mit dem Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [16. Mai 1897] (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Die im folgenden edierte Abschrift trägt den handschriftlichen Zusatz von Marianne Weber: „Juni 1897“. Bezug: der Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [16. Mai 1897] (ebd.) im Zusammenhang mit dem Besuch von Helene und Max Weber sen. 1897 in Heidelberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 325 f.). Alfred Weber hatte in seinem Antwortschreiben auf Max Webers Brief vom 14. Mai 1897 nochmals die defensive Haltung Helene Webers gegenüber ihrem Mann zu erklären versucht und auf ihren jetzigen Zustand hingewiesen: „Sie muß erst wieder eine Zeit lang bei Euch gewesen sein, damit sie den jetzigen Schwächezustand innerlich überwindet. Dann wird sie das nötige Rückgrat dafür wieder finden.“
Heidelberg (undatiert) Lieber Alfred! Marianne gibt mir ein Blatt in einen Brief beizulegen.1 – Die Angelegenheit mit Mama muß um ihrer Ruhe willen jetzt wohl ruhen, aber ich hielte es nicht für richtig, wenn getan würde als wäre gar nichts passiert und Mama, wie sie schreibt, sich nun schon wieder an Ernst2 wenden will, damit dieser die „Verstimmung“ beseitigen sollte. Wir sind hier vom 7. Juni bis 9. Juli so wie sich die Sache schließlich gestaltet hat, ganz frei und wissen nicht, ob dies zu irgend einer späteren Zeit wieder der Fall sein wird. Kommt Mam[a] jetzt nicht, so ist Papas Egoismus und Eifersucht damit ein Opfer gebracht, welches wir nicht vergessen werden. Da Mama um keinen Preis will, daß ich Papa meine Meinung über die Sache direkt auseinander setze, bin ich in der Lage, überhaupt nichts tun zu können, weil ich „weit vom Schuß“ bin und Mama dann die Sache auszubaden hat. Tritt nun aber die weitere Folge ein, daß sie Papa noch weiter um seiner „Stimmungen“ willen entgegengekommen ist, dann werde ich eben doch, glaube ich, nicht in der Lage sein, zu schweigen. Es handelt sich nicht nur um dies, sondern vor allem um künftige Jahre. Es ließe sich jetzt gar nichts machen . . .a a Auslassungszeichen in Abschrift. 1 Der Sachverhalt ist nicht aufgeklärt. 2 Ernst Mommsen.
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Engerer Senat der Universität Heidelberg 19. Mai 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412 Dieser und die folgenden Briefe vom 1. Juni 1897, unten, S. 334 f., vom 5. Juli 1897, unten, S. 366, sowie vom 3. August 1897, unten, S. 380–382, stehen in Zusammenhang mit der Errichtung des Volkswirtschaftlichen Seminars in Heidelberg (vgl. dazu den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1897, oben, S. 313, Editorische Vorbemerkung).
betrifft: die Instandhaltung des Volkswirtschaftlichen Seminars.
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Dem Engeren Senat beehre ich mich den Antrag ergebenst zu unterbreiten: es möge, nachdem in den nächsten Tagen die nötigen Arbeiten der vorläufigen Instandsetzung des Seminars ihrer Erledigung entgegengehen, für die laufenden Arbeiten: Zimmer-Reinigung und -Lüftung, im Winter Heizung etc. aus den verfügbaren Kräften eine Person bezeichnet werden, welche der Seminardirektion für diese Arbeiten verantwortlich ist, – vielleicht der mit den gleichen Arbeiten im Theologischen Seminar, welches im gleichen Gebäude liegt, beauftragte Diener. Heidelberg 19. V. 1897 Direktion des Volkswirtschaftlichen Seminars Max Weber An den Engeren Senat zu Händen Seiner Magnifi zenz des Herrn Prorektors1
1 Gemeint ist Heinrich Bassermann.
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Paul Siebeck 19. Mai 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317) und setzt die Korrespondenz mit dem Verleger über Fragen der Drucklegung und den Abschluß des Verlagsvertrags fort. Dazu war Max Weber Anfang Mai der Entwurf zugegangen. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 5. Mai 1897, oben, S. 321 f., mit Editorischer Vorbemerkung.
Heidelberg Anlage 53b 19. V. 97 Sehr geehrter Herr Siebeck! Den Vertrag schicke ich eben an v. Schulze. Fuchs ist d’accord. Wenn dies auch von Schulze zutrifft, ist also der Vertrag perfekt.1 Ich werde den Herrn Liefmann schon jetzt, vor der Ausfertigung, bitten, sich mit Ihnen wegen des Drucks seiner Arbeit ins Benehmen zu setzen.2 Ihm liegt an sofortigem oder doch baldigem Druck, mit Recht, denn der Werth der Arbeit liegt zum Teil in der absoluten Vollständigkeit der Benutzung alles jetzt vorliegenden Materials. – Er möchte statt des Drucks der 3 Bogen in der vorgeschriebenen Zahl von ca 200 Expl. die 10 Voll-Exemplare haben. Die Fakultät begnügt sich damit.3 Da deren Mitglieder sie sonst doch kaum gekauft hätten, tritt eine Schädigung des Absatzes nicht ein.4 Mit der Form des Drucks und 1 Der Vertrag wurde erst im Juli/August 1897 nach der Kooptation von Heinrich Herkner im Juni 1897 abgeschlossen. Vgl. zu Herkners Kooptation den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 1. Juni 1897, unten, S. 336 f. 2 Robert Liefmann wurde im März 1897 von Max Weber an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg promoviert. Vgl. Max Webers Promotionsgutachten vom 6. März 1897, UA Freiburg i. Br., B 110/405, Bl. 385 (MWG I/13). Seine Dissertation über „Unternehmerverbände“ erschien 1897 als erstes Heft des ersten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Liefmann, Unternehmerverbände). 3 Am 29. April 1897 hatte Robert Liefmann einen Antrag an die Fakultät auf Reduktion der einzureichenden Pflichtexemplare seiner Dissertation gestellt, den Max Weber am 3. Mai, die Fakultät am 8. Mai 1897 unterstützten bzw. positiv beschieden (UA Freiburg i. Br., B 110/406, Bl. 61; MWG I/13). 4 Paul Siebeck stimmte dem zu und bestätigte Max Weber am 21. Mai 1897, daß die zehn Vollexemplare und die entsprechende Genehmigung durch die Fakultät vorgemerkt seien (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 63).
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der Ausstattung, die Sie wählen, bin ich im Voraus einverstanden, denn ich meine, das müssen Sie leisten. Beste Empfehlung und Gruß Ihr stets ergebener Max Weber
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Engerer Senat der Universität Heidelberg 1. Juni 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412
betrifft: Das Volkswirtschaftliche Seminar Dem Engeren Senat beehre ich mich anzuzeigen, daß Herr Professor Dr Leser1 hier nach Abkunft mit mir in das Verhältnis eines „Lehrers am Volkswirtschaftlichen Seminar“ getreten ist und beantrage, diese Anzeige dem Hohen Großherzoglichen Ministerium zur geneigten Kenntnisnahme überreichen zu wollen.2 Heidelberg 1. Juni 1897 Direktion des Volkswirtschaftlichen Seminars Professor Max Weber. An den Engeren Senat der Universität.
1 Gemeint ist Emanuel Leser, der in Heidelberg seit 1881 als a.o. (Titular-)Professor Nationalökonomie und Finanzwissenschaft lehrte. 2 Der Engere Senat zeigte die Ernennung Emanuel Lesers zum „Lehrer am Volkswirtschaftlichen Seminar“ dem Ministerium am 4. Juni 1897 an (UA Heidelberg, RA 6412). Wie dieser Anzeige zu entnehmen ist, war mit der Ernennung weder ein weiterer Lehrauftrag noch irgendeine sonstige Honorierung verbunden. – Max Weber setzte sich parallel dazu dafür ein, daß Emanuel Leser eine a.o. etatmäßige Professur für Nationalökonomie in Heidelberg erhielt, was eine entsprechende Honorierung beinhaltet hätte (vgl. das Schreiben der Philosophischen Fakultät Heidelberg an das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 14. Mai 1897, in: GLA Karlsruhe 235/3140, Bl. 83, sowie Max Webers Stellungnahme betr. die Errichtung eines Extraordinariats an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg vom 7. Nov. 1898, UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 84v und 85r; MWG I/13). Zu einer Ernennung Lesers zum a.o. etatmäßigen Professor ist es nicht gekommen, da an die Stelle der Forderung nach einem etatmäßigen Extraordinariat die nach einem zweiten Ordinariat der Nationalökonomie trat; dafür wurde Leser nicht vorgesehen (vgl. Max Webers Brief an Ludwig Arnsperger vom 27. Dez. 1899, unten, S. 705, Editorische Vorbemerkung).
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betrifft: das Staatswissenschaftliche Seminar, Volkswirtschaftliche Abteilung
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Dem Engeren Senat beehre ich mich anzuzeigen, daß ich die Instandhaltung, Heizung und Reinigung der Volkswirtschaftlichen Seminar-Räumlichkeiten dem Seminardiener Greiner, Schulstraße 4,1 übertragen habe. Ich beantrage, der Engere Senat wolle für diese Arbeiten die Gewährung einer Entschädigung beantragen. Deren Höhe anlangend, so erhält Hr. Greiner für die Arbeiten im Praktisch-Theologischen Seminar 300 Mk., im Wissenschaftlich-Theologischen Seminar 100 Mk. Die Arbeiten im Volkswirtschaftlichen Seminar, welches doppelt so viele Räume wie das Wissenschaftlich-Theologische Seminar zählt, einen Ofen mehr, 1 ½ mal so viele Fenster und viele kleine, in den [??] a Räumen verteilte Tische hat, dürften zwischen den in den beiden gedachten Instituten zu leistenden dem Umfang nach etwa die Mitte halten. 2 Heidelberg 1. Juni 1897 Direktion des Volkswirtschaftlichen Seminars Professor Max Weber An den Engeren Senat der Universität. a Ein Wort nicht lesbar. 1 Es handelt sich um Karl Greiner, wohnhaft in der Schulgasse 4 (vgl. Adreßbuch der Stadt Heidelberg nebst den Stadtteilen Neuenheim und Schlierbach für das Jahr 1897. – Heidelberg: J. Hörning 1897, S. 119). 2 Der Engere Senat hielt eine Honorierung von 100 Mark (pro Jahr) für ausreichend und stellte einen entsprechenden Antrag an das Ministerium (Beschluß und Mitteilung an das Ministerium vom 16. Juni 1897, UA Heidelberg, RA 6412), der am 19. Juni 1897 bewilligt wurde (Brief des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 19. Juni 1897, ebd.).
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Carl Johannes Fuchs 1. Juni 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 8–9 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Planung der Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, deren Titel noch nicht endgültig festgelegt war. Auch die Frage, ob neben Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber noch ein vierter Herausgeber kooptiert werden sollte, war noch nicht entschieden (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317, sowie zur Titel- und Kooptationsfrage den Brief an Paul Siebeck vom 5. Mai 1897, oben, S. 321 f.).
Heidelberg Anlage 53b 1. VI. 97. Lieber College! Verzeihen Sie die im Drange der hiesigen Geselligkeit unpräcise Antwort. 1. Was den Titel anlangt, ist mir an sich Alles gleich. Schulze war mein hingeworfener Vorschlag1 willkommen, weil dadurch z. B. für Sieveking die Möglichkeit gegeben war, sein (vorzügliches) Buch darin erscheinen zu lassen.2 Aus diesem Grunde möchte auch ich bei Ihnen ein gutes Wort dafür einlegen. Erwägen Sie die Sache noch einmal. Die Namen sind schließlich ja doch gleichgültig [.] 2. Herkner wies Schulze s.Z. ab, als icha von ihm sprach. Ich bin nicht grade gegen ihn (die 2te Auflage seines Buchs bessert meine Meinung über ihn immerhin etwas),3 aber ich bin auch nicht grade in der Lage, mich sehr für ihn ins Zeug zu legen. Bisher wurde auf der Grundlage seiner Nicht-Teilnahme verhandelt. |:Dieselbe schien auch Siebeck von Anfang an als selbstverständlich zu behandeln. Ein Seminar hat
a 〈für〉 1 Möglicherweise bezieht sich Max Weber auf seinen Titelvorschlag, den er im Brief an Paul Siebeck vom 5. Mai 1897, oben, S. 321, formulierte. 2 Gemeint ist Heinrich Sievekings Habilitationsschrift bzw. ausgearbeitetes Werk über das Genueser Finanzwesen, das 1898 und 1899 in zwei Teilen in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erschien (Sieveking, Genueser Finanzwesen, I, II). 3 Heinrich Herkners Studie „Die Arbeiterfrage“ von 1894 erschien 1897 in einer stark umgearbeiteten und erweiterten Auflage. Herkner, Heinrich, Die Arbeiterfrage. Eine Einführung. − Berlin: J. Guttentag 1894; 2., völlig umgearb. und stark verm. Aufl. 1897.
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H[erkner].:| Legen Sie entscheidenden Werth auf ihn, dann bitte ich um Nachricht, ich werde mich dann meinerseits nicht sträuben. Schulze kommt nächster Tage hierher und ich sehe ihn dann, werde beide Punkte mit ihm besprechen. Mir sind wie gesagt beide nicht wichtig. Mit collegialem Gruß Ihr Max Weber (Bekommen Sie den Bosse’schen „Praktiker“4 zum Nachfolger?)
4 Wahrscheinlich handelt es sich um eine Anspielung auf den Wiesbadener Amtsgerichtsrat Karl Theodor Reinhold, der wenig später zum WS 1897/98 als a.o. Professor der Staatswissenschaften an die Universität Berlin berufen wurde. Hintergrund waren Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen Kultusminister, Robert Bosse, und dem saarländischen Schwerindustriellen, Carl Ferdinand von Stumm-Halberg. Bosse hatte gegenüber den konservativen Angriffen von Stumms auf die preußische Unterrichtsverwaltung, nur „Kathedersozialisten“ auf die nationalökonomischen Lehrstühle zu berufen, erklärt, daß es nahezu unmöglich sei, Nationalökonomen anderer Richtung zu berufen, da alle, ohne Ausnahme, Mitglied im Verein für Socialpolitik seien. Um andere politische Richtungen zu finden, müsse sich die Unterrichtsverwaltung „nach wirthschaftlich durchgebildeten Männern der Praxis“ umsehen und „versuchen, wie weit man sie für eine akademische Lehrthätigkeit auf dem Gebiete der Staatswissenschaften gewinnen“ kann. Er, Bosse, habe dieser Frage auch schon Aufmerksamkeit gewidmet (Sten. Ber. pr. AH, 18. Leg. Per., 4. Sess., 1896/97, Band 3, S. 2383–2387, Sitzung vom 4. Mai 1897, das Zitat S. 2386). Am 28. Mai 1897 replizierte von Stumm darauf im Herrenhaus: „Der Herr Kultusminister meinte, es sei schwer, Gelehrte anderer Richtung zu finden, und man müsse zu dem Zwecke in die Praxis hineingreifen“ (Sten. Ber. pr. HH, 1896/97, Band 1, S. 383). Auch in einem anderen Zusammenhang nahm Max Weber auf diese Kontroverse Bezug (Weber, Max, [Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg: „Über Deutschland als Industriestaat“], in: MWG I/4, S. 634). Zu Karl Theodor Reinhold vgl. vom Bruch, Rüdiger, Wissenschaft, Politik und öffentliche Meinung. Gelehrtenpolitik im Wilhelminischen Deutschland (1890–1914). – Husum: Matthiesen Verlag 1980, S. 304 f.; zu Carl Johannes Fuchs’ tatsächlicher Nachfolge in Greifswald vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Juni 1897, unten, S. 356.
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Alfred Weber [zwischen dem 31. Mai und 5.] Juni 1897; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 60–61 Das Tagesdatum ist erschlossen aus dem Inhalt des Briefes in Verbindung mit den Briefen Helene Webers an Max und Marianne Weber vom 10. Mai 1897 und Marianne Webers an Alfred Weber vom 31. Mai 1897 (beide: Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Besuch von Helene und Max Weber sen. 1897 in Heidelberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 325 f.) sowie dem Vortrag von Karl Oldenberg über „Deutschland als Industriestaat“ am 10. Juni 1897 auf dem achten Evangelisch-sozialen Kongreß in Leipzig (vgl. auch die Karte an Alfred Weber vom 10. Juni 1897, unten, S. 341 f.). Die im folgenden Brief zitierten Schreiben von Max Weber sen. an Helene Weber sind in den Familienkorrespondenzen im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, nicht überliefert.
Heidelberg, Anfang Juni 1897 Ich will nunmehr unsern Bericht1 nur dahin vervollständigen, daß Papa jetzt an Mama geschrieben2 und ihr vorgeschlagen hat, jetzt zu fahren und bis zu Tante Maries3 Kommen – 9. Juli – zu bleiben. Mama wird darauf nun wie wir denken eingehen, es sind ja dann vier Wochen ruhige Zeit.4 Er hat auch dabei getan, als sei dies sein Vorschlag gewesen, während er ihr vor acht Tagen noch geschrieben hatte: „Du gingest
1 Marianne Weber hatte am 31. Mai 1897 Alfred Weber berichtet, daß Max Weber sen. geplant habe, Mitte Juli, also noch während des Besuchs von Marie Schnitger, zusammen mit Helene Weber nach Heidelberg zu kommen und daß es natürlich unmöglich gewesen sei, auf diese Vorschläge einzugehen. „In einem so u. so vielten Brief schlug Max dann vor: Mama möge jetzt gleich nach Pfingsten bis zum 7. Juli hierher kommen u. sich dann entweder mit Papa hier im Juli treffen [. . .], oder besser Papa hier im Herbst auf seiner Rückreise von Karlsbad in Empfang nehmen u. eine Zeit lang mit Papa hiersein.“ (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Demzufolge hielt sich Helene Weber noch in Antwerpen bei ihrer Halbschwester Laura Bunge auf. Dort wollte sie, wie sie Max und Marianne Weber am 10. Mai 1897 (ebd.) mitgeteilt hatte, „bis den Tag vor Pfingsten“, also den 5. Juni 1897, bleiben. 3 Gemeint ist Marie Schnitger. 4 Der 9. Juli 1897 fiel auf einen Freitag. Demnach wäre Helene Weber am Freitag, den 11. Juni 1897 in Heidelberg eingetroffen. Das deckt sich mit Max Webers Ankündigung weiter unten (vgl. Zeile 18 mit Anm. 7). Ob zu diesem Zeitpunkt schon die gemeinsame Rundreise an Ruhr und Rhein von Helene und Max Weber sen. in der Woche nach Pfingsten geplant war, ist unklar. Jedenfalls traf Helene Weber weder am 11. Juni noch alleine in Heidelberg ein, sondern erst am 14. Juni 1897 in Begleitung ihres Mannes.
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jetzt nur gegen meinen Willen nach Heidelberg“. Inzwischen wurde ihm wohl deutlich, daß wir uns die Mißachtung unserer Rechte nicht gefallen lassen. Deshalb tut er jetzt so als ob der Vorschlag, den ich gemacht hatte, der seinige sei. Nun, umso besser. Aber für künftig wird man die Konsequenzen ziehen. Er will nun Mitte Juli kommen, Mama abzuholen, während er vorher von Westfalen aus irgendetwas unternehmen und dann kommen wollte, sodaß Mama ca. 8–14 Tage höchstens hier gewesen wäre. Das hat sie natürlich nicht gewollt und wir haben es uns verbeten. . . .a Wir sind zugleich erheitert darüber, daß Papa nunmehr die Sache so dreht, als ob wir Mama nicht haben wollten und gespannt ob nicht auch jetzt noch im letzten Augenblick „Schwierigkeiten“ entstehen. In diesem Fall hätte es dann aber „geschnappt“, denn ich bin diese Manier absolut satt. Ich werde Oldenbergs Referat jedenfalls hören, aber kaum in die Debatte eingreifen, da ich das Zahlenmaterial nicht durcharbeiten kann, wie ich es dazu müßte.5 Nach Berlin zu kommen, ist unmöglich, ich muß sofort nach Mannheim, einer Arbeit eines Schülers über Getreidehandel wegen.6 Freitag Abend7 wollte auch Mama schon kommen. Dein zweiter Aufsatz8 hat mir, wie gesagt, sehr gut gefallen, ich werde ihn nächstens benutzen, wenn ich auf bevölkerungspolitische Arbeia Auslassungszeichen in Abschrift. 5 Karl Oldenberg referierte am 10. Juni 1897 auf dem Evangelisch-sozialen Kongreß über „Deutschland als Industriestaat“, wobei er die These vertrat, daß die deutsche Industrie auf Kosten der Landwirtschaft gefördert werde, was Deutschland langfristig in Abhängigkeit von ausländischen Lebensmittelimporten bringen werde (vgl. Die Verhandlungen des Achten Evangelisch-sozialen Kongresses, abgehalten zu Leipzig am 10. und 11. Juni 1897. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1897, S. 64–104). Trotz seines Vorsatzes griff Max Weber zweimal in die Debatte ein und bezog damit in der sich abzeichnenden Agrar- und Industriestaatsdebatte eindeutig Position für die industrielle Entwicklung und gegen eine Autarkiepolitik (vgl. Weber, Max, [Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg: „Über Deutschland als Industriestaat“], in: MWG I/4, S. 623–640). 6 Es handelt sich um die Vorbereitung der Dissertation von Walther Borgius über Mannheim und die Entwicklung des südwestdeutschen Getreidehandels. Sie wurde 1898 fertiggestellt (vgl. Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung); 1899 erschien sie in zwei Teilen in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. 7 Helene Weber beabsichtigte also am 11. Juni 1897 in Heidelberg einzutreffen (vgl. oben, S. 338 mit Anm. 4). Damit rechnete auch Marianne Weber (Brief von Marianne Weber an Alfred Weber, undat. [11. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Meine Freundin habe ich nun heute an die Luft gesetzt, da ich hoffte Mama käme schon heute abend!“ 8 Gemeint ist Alfred Webers Aufsatz „Das Sweatingsystem in der Konfektion und die Vorschläge der Kommission für Arbeiterstatistik“ (in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Band 10, 1897, S. 493–518). Seinen ersten Aufsatz hatte Alfred Weber seinem
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ten zurückkomme.9 Vorerst hat mich die hiesige, selbst im Sommer nicht pausierende Geselligkeit in allem gestört. In allen anderen Beziehungen geht es gut. Die Studenten sind qualitativ anscheinend besser als in Freiburg.
Bruder vor dem 17. Januar 1897 zugesandt (vgl. den Brief Max Webers an Alfred Weber vom 17. Jan. 1897, oben, S. 280 f.). 9 Max Weber plante seit Mitte der 1890er Jahre größere Arbeiten zu den bevölkerungsund nationalpolitischen Folgen des agrarischen Kapitalismus, auf die er sich jedoch zunächst aufgrund der Lehrbelastung, seit 1898 aufgrund seiner zunehmenden Erkrankung nicht konzentrieren konnte (vgl. auch Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35 f.). Der Gegensatz zwischen der Wirtschaftsverfassung im Osten und der im Westen Deutschlands war dabei, so wie in den Artikeln Alfred Webers zur Heimindustrie, konstitutiv.
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Alfred Weber [10. Juni 1897]; PSt Leipzig-Eisenach Karte; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 44 Das Datum ist erschlossen aus der Tagesangabe „morgen (Freitag)“ im Zusammenhang mit dem Bericht über den Vortrag von Karl Oldenberg am Donnerstag, den 10. Juni 1897, in Leipzig. Der Poststempel (Ausgangsstempel) zeigt nur den Absendeort und den Monat; ansonsten ist das Absendedatum unleserlich. Die Karte wurde laut dem zweiten, dem Auslieferungsstempel, am 11. Juni 1897 zwischen 7:30 Uhr und 8:30 Uhr in Charlottenburg zugestellt. Die Karte steht in Zusammenhang mit dem achten Evangelisch-sozialen Kongreß in Leipzig am 10. und 11. Juni 1897 und dem Vortrag Karl Oldenbergs am 10. Juni 1897 über „Deutschland als Industriestaat“ (vgl. dazu den Brief an Alfred Weber, zwischen dem 31. Mai und 5. Juni 1897, oben, S. 339 mit Anm. 5).
Lieber Alfred!
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Ich kann nicht kommen, denn ich muß unbedingt zurück und hatte morgen (Freitag) Abend bei Bücher schon zugesagt.1 (Auch sonst wäre es kaum möglich gewesen). – O[ldenberg]’s Vortrag dauerte 2¾ Stunden! ich war – von dem Standpunkte natürlich ganz abgesehen – doch offen gestanden recht enttäuscht, er schien mir (ich muß es natürlich noch nachprüfen) teilweise zwar recht scharf und hie und da nicht uninteressant, aber teilweise direkt unwissenschaftlich, schief, nicht ohne Sensations-Bedürfnis. Hoffentlich kommt era nun endlich wirklich in feste Position, 2 dies schien mir ein Produkt nervöser Abspannung. –
a 〈bald〉 1 Es handelt sich offensichtlich um eine Einladung bei dem Nationalökonomen Karl Bücher in Leipzig. Ursprünglich hatte Max Weber noch am Freitag, den 11. Juni 1897, direkt nach dem Kongreß über Mannheim nach Heidelberg zurückfahren wollen, wo er mit dem Besuch seiner Mutter rechnete (vgl. den Brief an Alfred Weber, zwischen dem 31. Mai und 5. Juni 1897, oben, S. 338 f. mit Anm. 4, 6 und 7). Nunmehr plante er, erst nachts nach dem Besuch bei Karl Bücher nach Heidelberg zurückzufahren (vgl. den Brief von Marianne Weber an Alfred Weber, undat. [11. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446: „Max ist in Leipzig, u. reist wohl heute nacht zurück“). 2 Karl Oldenberg blieb auch nach seiner Habilitation 1891 noch sechs Jahre Redaktionsassistent in Gustav Schmollers „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“. Erst im weiteren Verlauf des Jahres 1897 erhielt er eine a.o. Professur in Marburg und 1902 eine o. Professur in Greifswald.
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Glücklicherweise trat Wagner sehr warm für ihn ein,3 ich mußte ihn scharf bekämpfen.4 Herzlichen Gruß Max
3 Adolph Wagner unterstützte Karl Oldenberg mit einem Diskussionsbeitrag, in: Die Verhandlungen des Achten Evangelisch-sozialen Kongresses, abgehalten zu Leipzig am 10. und 11. Juni 1897. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1897, S. 116–122. In der sich wissenschaftlich und publizistisch abzeichnenden Agrar- und Industriestaatsdebatte war Wagner einer der profiliertesten Kritiker der industriestaatlichen Entwicklung. 4 Weber, Max, [Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg: „Über Deutschland als Industriestaat“], in: MWG I/4, S. 623–640.
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Alfred Weber 15. Juni 1897; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 61–64 Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Besuch von Helene und Max Weber sen. 1897 in Heidelberg (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 325 f.). Er wurde einen Tag nach der Auseinandersetzung Max Webers mit seinem Vater geschrieben. Die Abschrift trägt den handschriftlichen Hinweis Marianne Webers „nicht drucken“. Aus Antwerpen kommend, wo sie ihre Halbschwester Laura Bunge besucht hatte, traf Helene Weber zunächst ihren Mann in Soest (Westfalen). Von dort aus unternahmen sie erst gemeinsam mit dessen Göttinger Freund Ferdinand Frensdorff eine Rundreise an die Ruhr und fuhren anschließend allein weiter nach Bonn und Koblenz, bevor sie am 14. Juni 1897, drei Tage später als von Helene Weber geplant, in Heidelberg eintrafen (vgl. den Brief von Max Weber sen. an Emilie Benecke vom 19. Juni 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, abgedruckt bei: Roth, Familiengeschichte, S. 528 f.).
Heidelberg, 15. 6. 97. Lieber Alfred!
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Ich reiste natürlich auch zurück, um die Entwicklung betreff Mamas abzuwarten.1 Marianne hat Dir ja berichtet.2 Es kam noch ein Brief, der die Ankunft auf vorgestern, dann ein Telegramm, das sie auf gestern ankündigte. Darauf telegraphierte ich mein Befremden und das Ersuchen, daß Mama entweder nun wirklich oder gar nicht kommen möge3 – sie kam mit Papa, der mit Marianne, die sie an der Bahn empfi ng, sehr jovial zu scherzen suchte, daß er sie ihr ja „gönne“. Sie
1 Max Weber besuchte am 10. und 11. Juni 1897 in Leipzig den Evangelisch-sozialen Kongreß. Der Einladung seines Bruders Alfred nach Berlin folgte er nicht, weil er und Marianne Weber mit der Ankunft Helene Webers am 11. Juni 1897 rechneten (Brief an Alfred Weber, zwischen dem 31. Mai und dem 5. Juni 1897 mit Anm. 4 und 7, oben, S. 338 f., sowie die Karte an Alfred Weber vom 10. Juni 1897 mit Anm. 1, oben, S. 341 f.). 2 Noch während Max Webers Aufenthalt in Leipzig hatte Marianne Weber an Alfred Weber geschrieben, daß sie „eine ziemliche Angst“ habe, „daß es nun doch einen Krach giebt, bes[onders] da Max so gar keine Zeit haben wird sich zu beruhigen.“ Der Grund: Helene Weber habe „gestern“ geschrieben, „Papa habe in Oerlingh[ausen] gehört, Tante Marie käme im Juli nicht zu uns, u. deshalb wolle Papa jetzt gleich mit Frensdorff [reisen] u. kann nach Heidelberg kommen u. bis zum 20. Juni oder so mit ihr hier zusammen sein.“ Brief von Marianne Weber an Alfred Weber, undat. [11. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Das Telegramm Max Webers ist nicht nachgewiesen.
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schwieg aber. – Abends fand dann hier die Auseinandersetzung statt. Sehr stürmisch und ohne Einigung – d. h. ich brach sie als zwecklos ab. Papa förderte ein solches Meer von Unaufrichtigkeit und dicker Lüge zutage, daß Mama zunächst ganz konsterniert war, und dann jede einzelne von mir ihm vorgehaltene Tatsache bekräftigte. – Er wollte seit Jahren stets seine Aufgabe darin gefunden haben, Mama und Marianne zusammenzubringen. Absolut unwahr sei es, daß er durch seine Verstimmungen zu Mamas Nichtkommen Mitte Mai beigetragen habe. – Ich bezog mich auf Deine Mitteilung,4 worauf ein Wutausbruch gegen Dich erfolgte. – Ich habe so ziemlich alles gesagt, was uns auf der Seele lag, und da jedenfalls in Charlottenburg Auseinandersetzungen folgen werden, bemerke ich nur: erstens, ich habe verlangt, daß festgestellt werde, daß Mama jedes Jahr in Ruhe 4–5 Wochen allein hierherkäme. Natürlich habe ich dies nicht als Anspruch für uns verlangt, sondern ich habe beansprucht, daß Mama berechtigt sein solle ihrem Herzen zu folgen, wenn es sie zu uns treibe. Zweitens, ich habe ihm vorgehalten, daß allein seine Eifersucht der Grund des Zwistes sei. Natürlich handelt es sich um Eifersucht auf die Pflege der bekannten Interessen. Drittens: Ich habe betont, daß in der Beurteilung der Motive seines Handelns wir alle, Mama und Du, wir, Ernst etc. einig seien. Er hat behauptet „ein Teil meiner Geschwister sei über unsere Ansprüche seiner Meinung“ – worauf ich bemerkt habe, daß ich mit diesem Teil brechen, und da er sich auf Clara bezog, die Patenstelle bei deren Kind5 niederlegen würde. – Er beanspruchte seinerseits allein darüber zu verfügen – „nach Pfl icht und Gewissen wie bisher“ – wann Mama hierher käme, das entspräche seiner Stellung als Familienvater etc. etc. Wir hätten die bisherige Praxis „dankbar anzuerkennen und entgegenzunehmen“ u. dgl. – Du wirst Dir selbst denken, was und wie ich auf diese grotesken Unverschämtheiten antwortete. – Ich habe hervorgehoben, daß ich auf die Fortdauer irgendwelcher Beziehungen keinerlei Wert lege, wenn jener
4 Auf welche Mitteilung sich Max Weber bezieht, ist unklar. Möglicherweise handelt es sich um den Brief, den Alfred Weber zwischen dem 10. und 14. Mai 1897 verfaßte (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [zwischen dem 10. und 14. Mai 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446); in diesem Brief versuchte Alfred jedoch, das Verhalten des Vaters zu erklären und den sich abzeichnenden Konflikt einzudämmen (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 326). 5 Konrad Mommsen, der Sohn von Ernst und Clara Mommsen.
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Anspruch nicht anerkannt werde und ihn schließlich zur Türe hinauskomplimentiert. Er sitzt mit Mama im Waldhorn,6 um ihr zu zeigen, daß er das Recht habe, hier zu sein, wann er wolle. Und um den Verkehr mit Mama, welche diea Vormittage hierherkommt, zu beschneiden. Das Kindische dieser, nur aus dem sinnlosen Wahnwitz der Eifersucht kommenden Manifestation lächerlichen Trotzes wird ihm ja wohl selbst in nicht allzu langer Zeit aufgehen. Ich habe ihm im Übrigen lediglich anheim gestellt zu machen [,] was ihm beliebe [,] und seines hohen patriarchalischen Amtes in seiner Weise „pfl ichtgemäß“ (wie er sagt) zu walten und dazu bemerkt, daß die Frage, wie sich jetzt die Sache demgemäß äußerlich reguliere, mich absolut nicht interessiere, möge entweder die Mama gar nicht hierherkommen oder auf Grund unseres (und ihres) Rechts – was dazwischen liegt, ändert an meinem Verhalten nichts. Nötigt er Mama jetzt, mit zurückzureisen, so hat er sich damit defi nitiv ins Unrecht gesetzt. – Ich habe klargestellt, daß ich mit ihm über diese Frage nicht verhandeln kann bei seinem jetzigen Standpunkt, denn ich werde selbstverständlich ihn um irgendetwas nicht bitten, am wenigsten um Mamas Hierbleiben. Wir sehen ihn hier nicht und werden ihn auch sonst meiden. – Die Mama, die jetzt nach der Auseinandersetzung weit ruhiger ist, will nun jetzt nach Hause,7 da sie meint, daß die Auseinandersetzung des Papas mit ihr dazu führen könnte, daß Du aus dem Hause gingst und sie allein bliebe, was sie nicht aushalten würde. – Ich meinte, daß Du das doch in Wirklichkeit aus dem gleichen Grunde nicht tun würdest. Es versteht sich, daß wenn du dazu genötigt bist, ich soweit etwa die Finanzseite in Betracht kommt, für Dich einstehe. – Das weißt Du ja – aber es scheint mir, daß es doch ein wenig glücklicher Schritt sein würde, wenn nicht er in ausnahmslos jeder Hinsicht dabei ins Unrecht gesetzt würde; – von Mama ganz abgesehen. – Ich werde Mama sagen, daß ich Dir über den Punkt geschrieben habe, Mama selbst hat im Üba In Abschrift: des 6 Max Weber sen. und Helene Weber hielten sich bis zum 21. Juni 1897 in der Pension „Waldhorn“ in Heidelberg auf, bevor Max Weber sen. allein nach Berlin zurückreiste, um an den Verhandlungen des Preußischen Abgeordnetenhauses teilzunehmen (vgl. den Brief von Max Weber sen. an Emilie Benecke vom 19. Juni 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 7 Tatsächlich blieb Helene Weber nach der Abreise ihres Mannes am 21. Juni 1897 noch mindestens weitere 16 Tage allein in Heidelberg (vgl. den Brief Max Webers an Alfred Weber vom 13. Juli 1897, unten, S. 368 mit Anm. 2).
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rigen vollständig eingesehen, daß die Auseinandersetzung unvermeidlich war. Das war auch der Fall, denn bei der Korrespondenz der letzten Wochen, von welcher Du Dir keine Vorstellung machen kannst, stand mir vor Ekel und Abscheu des Öfteren der kalte Schweiß am Leibe, und ich hätte es einfach physisch so nicht weiter ausgehalten. Jetzt ist mir wohler. Ich bitte Dich nun seinerzeit in Charlottenburg von der Tatsache auszugehen, daß er in einer überhaupt mir noch niemals von irgendjemand vorgekommenen Weise dreist lügt, zumal in Behauptungen über das, was er oder Andere geäußert haben. Es wurde ihm das gestern nachgewiesen, ohne daß es ihn im mindesten erschütterte. Er ist im äußersten Stadium des Paroxysmus der Eifersucht und des kindischen Trotzes und deshalb wirkt nur absolut ablehnende und zugleich die Gründe seines Verhaltens ihm selbst nüchtern vorführende Haltung. So ziemlich alles, was in meinem Briefe von damals stand,8 habe ich ihm gesagt, insbesondere auf seine widerliche Intoleranz von früher als Grund der Sprengung der Familie hingewiesen. Ebenso darauf, daß nur, wenn man Jeden „seine Straße ziehen“ lasse, sich auch nur äußerlich erträgliche Verhältnisse herstellen lassen. Dies gab er übrigens zu. Ich möchte aber auf Deine Bemerkung, daß er darin etwas „gelernt“ habe,9 doch antworten, daß jetzt keine Personen (Voigt,10 Otto Baum-
8 Wahrscheinlich handelt es sich um den „für Papa mitgeschriebenen Brief“, den Max Weber nach der Absage seiner Mutter, Mitte Mai zu kommen, an sie und indirekt an seinen Vater gesandt hatte. Helene Weber und auch Alfred Weber, den Helene Weber ins Vertrauen gezogen hatte, hatten davon abgesehen, diesen Brief Max Weber sen. zu zeigen, weil sie einen Eklat befürchteten (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [zwischen dem 10. und 14. Mai 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 326). 9 Alfred Weber hatte geschrieben, daß der Vater das Alleinsein von Helene Weber bei ihren Kindern in Heidelberg ebenso akzeptiert habe, wie „das ‚Die-eigenen-Wege-gehen lassen’“ (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [zwischen dem 10. und 14. Mai 1897], ebd. 10 Gemeint ist der Theologe Johannes Voigt, der ehemalige Hauslehrer von Max Webers Bruder Karl. Helene Weber hatte Voigt im Juni 1885, als dieser noch Primaner am Joachimsthaler Gymnasium in Berlin war, als Hilfe für ihren Sohn Karl geworben und später als Hauslehrer eingestellt. Das Verständnis, das sich in religiösen Fragen zwischen ihr und dem angehenden Theologen während dieser Zeit entwickelte, führte bei Max Weber sen. zu dessen Ablehnung und vorzeitiger Entlassung im April 1887 (vgl. den Brief Max Webers an Emmy Baumgarten vom 10. und 11. April 1887, Bestand Eduard Baumgarten, Deponat BSB München, Ana 446 (MWG II/2), sowie Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 152 f., und Völkel, Eduard, Gedenket Eurer Lehrer! D. Johannes Voigt 1866–1932. Pastor und Bruder-
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garten, Göhre,11 wir) außer Dir, der sich zur Zeit vergräbt, hinter diesen Interessen stehen und deshalb seine Eifersucht nicht geweckt wird. – Sollte – was ich nicht annehme, was aber möglich ist – sich aus der jetzigen Situation ein defi nitiver Bruch entwickeln, auch mit Dir, sodaß Du aus dem Hause gehst, dann würde ich voraussichtlich zum Frühjahr meine Professur kündigen und nach Berlin ziehen. (N.B.! Als Haupttrumpf glaubt Papa ausspielen zu können, er behalte sich vor, sich hier ein Haus zu kaufen – !! –) Ich habe ihn lediglich verspottet wegen dieser Kinderei. – Ich bitte Dich um Nachricht über Klara und Ernsts Verhalten,12 welches in sehr seltsamen Licht erscheint. Verzeih im Übrigen den sehr eiligen Bericht, ich habe wie toll zu tun neben dieser erbärmlichen Geschichte . . .b
b Auslassungszeichen in Abschrift. hausvorsteher in Rickling 1911–1928, o.O. und Jahr [Rickling 1956], S. 7 f., in: Landeskirchliches Archiv Kiel, Bestand 94, Sammlungen: Dokumentation, Nr. 709). 11 Es handelt sich um Paul Göhre, dem Helene Weber über gemeinsame religiöse und soziale Interessen ebenso eng verbunden war wie ihrem Neffen Otto Baumgarten. Zu Beginn der 1890er-Jahre waren beide häufig in Berlin bei Helene Weber zu Gast. 12 Alfred Weber berichtete seinem Bruder daraufhin, wie Ernst und Clara Mommsen Max Weber sen. „in der unglaublichsten Weise verwöhnt“ hätten. „Wesentlich trägt zu ihrer ganzen Haltung wohl bei, daß sie ja noch pekuniär von Papa abhängig sind“ (Alfred Weber an Max Weber, undat. [nach dem 15. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Carl Johannes Fuchs 19. Juni 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 10–11 Dieser und der folgende Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Juni 1897, unten, S. 356–358, stehen im Zusammenhang mit der Planung des sozialwissenschaftlichen Kursus, der gemeinsam von der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden und der Evangelisch-sozialen Konferenz für Württemberg vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe veranstaltet wurde. Der Kursus wurde nach dem Vorbild der bereits vom Verein für Socialpolitik und vom Evangelisch-sozialen Kongreß durchgeführten Kurse konzipiert und richtete sich an ein breites, aber gebildetes bürgerliches Publikum. An mehreren aufeinanderfolgenden Tagen wurden jeweils Vorlesungen von namhaften Fachleuten zu ausgewählten Themen gehalten. Max Weber war wie sein ehemaliger Freiburger Fachkollege Gerhart von Schulze-Gaevernitz und der Verleger Paul Siebeck Mitglied der Evangelisch-sozialen Vereinigung für Baden und bemühte sich, weitere Kollegen für eine Mitwirkung zu gewinnen. Gesucht wurden Referenten für nationalökonomische, sozialpolitische und kommunalpolitische Themen. Trotz seiner Bemühungen konnte er Carl Johannes Fuchs nicht zur Teilnahme bewegen. Vgl. ausführlich zum Aufbau und zur Durchführung des Kursus sowie zu Max Webers eigenen Beiträgen zum Thema „Agrarpolitik“ MWG I/4, S. 826–841, sowie S. 900–903.
Heidelberg, Anlage 53b 19/VI 97 Lieber College! Ich komme nun auf meine Bitte und Anfrage, ob Sie nicht im Oktober bei dem Cursus mitmachen wollen, auf nochmalige Anregung der andren Herren zurück. Es wäre wirklich sehr wünschenswerth. Bisher scheint festzustehen: Herkner: Gewerkschaften1 Lautenschlager: „Communalpolitik“ – (wahrscheinlich) 2 Losch: Bevölkerungsfragea3 Tröltsch (Heidelberg): Sozialethik (vielleicht) 4 Weber: Agrarwesen. a Bevölkerungspolitik > Bevölkerungsfrage 1 Heinrich Herkner las über „Unternehmer- und Arbeiterverbände“ (vgl. den von Max Weber unterzeichneten „Aufruf zum Besuch eines sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe vom 4. bis 8. Oktober [1897]“, in: MWG I/4, S. 902 f.). 2 An Stelle des Stuttgarter Kommunalpolitikers Karl Lautenschlager referierte der Frankfurter Stadtrat Karl Flesch über Kommunalpolitik (vgl. MWG I/4, S. 827). 3 Hermann Losch, Nationalökonom und Finanzassessor am Statistischen Landesamt in Stuttgart, referierte über das „Bevölkerungsproblem“ (vgl. „Aufruf“, wie Anm. 1, S. 902 f.). 4 Der Heidelberger Theologe Ernst Troeltsch nahm nicht teil; das Thema „Sozialethik“ wurde auch anderweitig nicht vergeben (vgl. ebd.).
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Um Ihnen – ganz unvorgreifl ich – einige wegen weiterer Themata gehegte Wünsche zu unterbreiten, so war als höchst erwünscht, bezeichnet: „Mittelstand[s]politik“ bzw. „Groß- u. Kleinbetrieb“ (dem Sinne nach im Wesentlichen mit Gewerbepolitik bzw. Handwerkerfrage identisch) 5 oder – dies nach Herkner’s Meinung: Handelspolitik.6 – Letzteres hielte auch ich für sehr wichtig, wenn wir es bekommen könnten. Aber bitte machen Sie selbst Vorschläge, wenn Sie Sich entschließen, und – vor allen Dingen – entschließen Sie Sich und machen Sie mit! – Obb die Sache mit Siebeck nun im Reinen ist, wird mir ja wohl morgen Schulze-Gävernitz erzählen. Ich bin wie gesagt mit Allem einverstanden.7 – Beste Empfehlung höheren Orts und besten Gruß Ihr Max Weber
b Ist > Ob 5 Über „Handwerkerfrage“ referierte der Tübinger Nationalökonom Walter Troeltsch (ebd.). 6 Gerhart von Schulze-Gaevernitz übernahm das Thema „Handelspolitik“ (ebd.). 7 Es handelt sich um die laufenden Verhandlungen, die Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber mit Paul Siebeck über die Gründung der Schriftenreihe „Die Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ führten (vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 1. Juni 1897, oben, S. 336 f., mit Editorischer Vorbemerkung).
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Alfred Weber 19. Juni 1897; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 64–66 Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Besuch von Helene und Max Weber sen. 1897 in Heidelberg und dem Bruch Max Webers mit seinem Vater am 14. Juni 1897 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 14. Mai 1897, oben, S. 325 f., sowie den Brief an Alfred Weber vom 15. Juni 1897, oben, S. 343–347, mit Editorischer Vorbemerkung). Max Weber bekräftigt in dem folgenden Brief nochmals seinen Standpunkt. Insbesondere bezieht er sich auf das Verhalten seines Vaters seit Pfingsten (6./7. Juni 1897), d. h. auf die Rundreise, die Max Weber sen. mit seiner Frau im Anschluß an deren Besuch in Antwerpen in der Woche nach Pfingsten unternahm. Zu Beginn dieser Reise fiel wohl die Entscheidung von Max Weber sen., seine Frau direkt im Anschluß daran für eine Woche nach Heidelberg zu begleiten. Er ging dabei offensichtlich davon aus, daß Marianne Webers Tante, Marie Schnitger, ihren Besuch verschoben habe und nicht Anfang Juli nach Heidelberg kommen werde, sodaß Helene Weber noch genug Zeit allein bei ihren Kindern verbringen könnte (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Juni 1897, oben, S. 343, Anm. 2).
Heidelberg, den 19. 6. 97. Lieber Alfred! Es ist möglich, daß Papa nach seiner Rückkehr auf die höchst unerquicklichen Erörterungen hier zu sprechen kommt.1 Wir haben das Interesse, daß unser Standpunkt dabei nicht unrichtig dargestellt wird, und diese Gefahr besteht, da Papa sich hier mit den Tatsachen fortlaufend in Widerspruch befand, während – wie ich statt alles näheren Eingehens auf den Tatbestand nur bemerken will, Mama unsere Sachdarstellung in allen einzelnen Punkten ohne irgendwelche Ausnahme als richtig bestätigte. Ich begnüge mich nur, festzustellen, daß aauch die einzigea noch bisher für uns unkontrollierbare Angabe Papas: Wina2 habe „positiv und bestimmt zwei mal behauptet zu wissen“ (wörtlich!) [,] daß Tante Marie3 nicht kommen werde, sich als unrichtig herausgestellt hat: Wina hat wie sie briefl ich versichert, lediglich beia In Abschrift: auf die einzigen 1 Max Weber sen. hielt sich noch gemeinsam mit seiner Frau in der Pension „Waldhorn“ in Heidelberg auf; er reiste erst am 21. Juni 1897 alleine nach Berlin zurück (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Juni 1897, oben, S. 345, Anm. 6). 2 Es handelt sich um Alwine Müller, eine Cousine von Max Weber und Tante von Marianne Weber aus Oerlinghausen. 3 Marie Schnitger.
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läufig im Gespräch erwähnt, sie habe davon gehört, daß „vielleicht“ – Tante Marie nicht kommen würde (Woher? werde ich noch von ihr zu wissen verlangen). Ob dies der Fall war, konnte Papa durch eine telegraphische Anfrage bei uns sofort feststellen. Statt dessen behauptete er Mama gegenüber das Obige und enthielt sie, obwohl er ihren bsehnlichen Wunsch nach Ruheb bei uns kennt, zum Zweck seines Amusements uns abermals seit anderthalb Wochen vor; – Wir erheben den Anspruch, daß Mama das Recht haben soll, jährlich in Ruhe zu einer ihr passenden Zeit allein auf 4–5 Wochen zu uns zu kommen. Wir beanspruchen natürlich nicht etwa, wie Papa, daß Mama unseres Vergnügens halber ohne oder gar gegen ihren Wunsch bei uns sei, sondern wir verlangen, daß sie als etwas Anderes als ein Stiefelknecht und eine Flasche Wein behandelt wird. Und daß ihr demgemäß die Freiheit eingeräumt bleibe, ihrem Herzen zu folgen, ohne daran durch egoistisches Plaisierbedürfnis oder Eifersucht gehindert zu werden, wie dies seitens Papas dreimal: erstens durch die von Dir und Mama uns geschilderten „Verstimmungen“4 – zweitens durch seinen Brief, in dem er ihr schrieb, sie gehe jetzt nur gegen seinen Wunsch hierher, 5 drittens durch sein Verfahren nach Pfi ngsten bis zum heutigen Tage geschehen ist und noch geschieht. Daß auch Mama selbst jenes Recht als solches für sich in Anspruch nimmt, können wir aus jedem ihrer Briefe beweisen. – Wie früher die höchst widerwärtige Eifersucht Papas gegen Dritte, mit denen Mama geistige Interessen teilte – Voigt, Otto Baumgarten, Göhre6 – auf ihren psychischen und physischen Zustand jahrelang furchtbar drückte und ihm uns gegenüber eine Verantwortlichkeit auflegt, die ich wenigstens – und wohl auch Du – nicht vergessen kann, so drückte jetzt die Wendung dieser selben Eifersucht gegen uns auf sie, weil sie glaubte, durch frühere allzugroße Hingebung und Nachgiebigkeit diesen rücksichtslosen Egoismus zur Entfaltung gebracht zu haben, und deshalb nachgeben zu müssen; – Solange diese Zustände bestehen und unser – d. h. Mamas Recht nicht anerkannt ist, haben irgendwelche Familienbeziehungen zu Papa für uns keinerlei Gehalt und ist ihre äußerliche Aufrechterhaltung für uns ohne Wert, ist es uns auch gänzlich gleichgültig, ob der Schein derb In Abschrift: sehnlichen Nach Ruhe 4 Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber vom 15. Juni 1897, oben, S. 344, Anm. 4. 5 Der entsprechende Brief von Max Weber sen. an Helene Weber ist nicht nachgewiesen. 6 Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 15. Juni 1897, oben, S. 346 f., Anm. 10 und 11.
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selben Dritten gegenüber bestehen bleibt. Nach Papas hiesigem Verhalten halte ich mich vollends aller Rücksichten für enthoben, denn es versteht sich [,] daß die Frist, welche Mama jetzt noch günstigenfalls bleibt, uns nicht genügt, so wenig wie ihr selbst, ganz abgesehen von der inneren Belastung, die er auf sie geladen hat. Mama selbst ist, wie sie sagt, entschlossen in Zukunft milde in der Form, aber entschieden in der Sache ihr Recht unter allen Umständen durchzusetzen. Ich selbst fühle mich nach diesen Vorgängen in der Bewegung freier. Bisher war eine unbefangene Korrespondenz mit Mama nicht möglich, da wie Du weißt, Papa die Indiskretion besitzt, die Briefe an Sie zu öffnen. Dies ist mir nach der stattgehabten Aussprache jetzt wesentlich gleichgültiger, als es mir früher gewesen wäre. Und ich empfi nde jetzt auch nicht, wie bisher, Abneigung gegen die Benutzung der Möglichkeit, Briefe an sie unter Deiner Adresse ihr zugehen zu lassen. Sollte die Erfahrung zeigen, daß Mama ihr Recht nicht genügend durchsetzt, so werde ich den in den letzten Wochen mir immer näher getretenen Gedanken, mir eine Stellung in Berlin zu suchen, weiter verfolgen. So angenehm die Stellung hier ist, so binde ich mich an die akademische Tätigkeit doch innerlich nicht. – Ich bitte Dich, diesen Brief sobald Du dies aus irgendeinem Grunde erwünscht fi ndest, Papa und den Geschwistern vorzulegen.7
7 Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber, am oder nach dem 22. Juni 1897, unten, S. 353 f., mit Editorischer Vorbemerkung.
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Alfred Weber [am oder nach dem 22. Juni 1897]; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 68 Die Datierung ist erschlossen aus dem Brief von Karl Weber an Max Weber vom 22. Juni 1897 (ebd., Bl. 67 f.). Der Brief setzt die Korrespondenz Max Webers mit Alfred Weber über den Besuch der Eltern in Heidelberg sowie den Bruch mit dem Vater fort. Max Weber insistierte darauf, herauszufinden, wer aus der Familie behauptet habe, Marie Schnitger komme doch nicht Anfang Juli 1897 nach Heidelberg, sodaß Helene Weber noch genug Zeit haben würde, allein bei ihren Kindern zu verbringen. Er hatte bereits bei seiner Cousine, Alwine (Wina) Müller, in Oerlinghausen Erkundigungen darüber eingezogen (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 19. Juni 1897, oben, S. 350–352, mit Editorischer Vorbemerkung). Max Weber stellte Alfred Weber frei, seinen Brief vom 19. Juni 1897 auch dem Vater und den Geschwistern zu zeigen. Alfred Weber gab ihn daraufhin dem jüngeren Bruder Karl Weber, der ihn auch Ernst und Clara Mommsen zeigte (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [21. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Karl Weber berichtete daraufhin seinem Bruder Max am 22. Juni 1897 über seinen und des Vaters Aufenthalt in Oerlinghausen zu Pfingsten, am 6. und 7. Juni 1897, d. h. unmittelbar vor Beginn der Rundreise von Max Weber sen. mit Helene Weber: „Schon am Pfingstsonntag teilte Alwine Müller dem Vater mit, daß Tante Marie wahrscheinlich nicht nach Heidelberg gehen würde. Am Montag früh kam Emily Weber zu Müllers und sagte in meinem Beisein wörtlich zu Alwine: ‚Tante Marie geht also nicht nach Heidelberg’. Diese Worte wurden mit großer Bestimmtheit gesprochen und in dem Ton, wie man eine lang erwartete Nachricht befriedigt mitteilt! – Ob Vater bei diesem Gespräche anwesend war, weiß ich nicht. Jedenfalls habe ich nachher kurz vor seiner Abreise von dort über diese uns sehr befriedigend erscheinende Wendung der Dinge mit ihm gesprochen; also hat er die bestimmte Nachricht von der Aufgabe der Reise der Tante Marie vielleicht erst durch mich bekommen.“ (Brief von Karl Weber an Max Weber vom 22. Juni 1897, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 67).
Lieber Alfred!
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Umstehende Stilübung Carls schicke ich Dir zur Kenntnis. Ich habe dem dummen Bengel natürlich lediglich geantwortet,1 daß er wisse, daß ich Wina mehr glaube als ihm und daß „wahrscheinlich“ ebensowenig identisch sei, mit „positiv und bestimmt“2 als „vielleicht“. Emilys Äußerung geht natürlich auf Papa selbst zurück. – Im Übrigen hätte ich ihn unter den „Geschwistern“ [,] die den Brief lesen wollten, gar
1 Der Brief Max Webers an Karl Weber ist nicht nachgewiesen. 2 Max Weber bezieht sich auf die Behauptung seines Vaters, Alwine Müller habe „positiv und bestimmt zwei mal behauptet zu wissen“, Marie Schnitger werde nicht nach Heidelberg reisen (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 19. Juni 1897, oben, S. 350).
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22. Juni 1897
nicht mitbegriffen, da wir alle wüßten, daß er von diesen Dingen nichts verstehe. Er solle daher seine „eigene Ansicht“ [,] welche Niemand interessiere, ganz und gar – nicht nur „so lange als möglich“ [–] für sich behalten.3 Für Mamas Ruhe könne er durch bessere Erfüllung seiner Pfl icht und Schuldigkeit besser als durch bombastische Phrasen und Stilübungen sorgen. Künftige Briefe gebe ich der Post zurück. Ich denke Dich mit Korrespondenz nicht weiter behelligen zu müssen, da Du zu tun hast, und bitte nur um kurzen Bericht über das Endergebnis etwaiger Auseinandersetzungen in Mamas Interesse. Unser Standpunkt ist ganz einfach: Solange nicht feststeht, daß es nicht wieder vorkommt, daß Mama direkt oder indirekt durch Briefe oder „Verstimmungen“ gehindert wird, zu uns zu kommen, wann und wie lange es ihr Wunsch ist, es sei aus welchem Grunde immer, haben wir zu Papa keinerlei Beziehungen und machen daraus, wo wir irgendwie ein Interesse daran haben, auch evtl. Niemanden gegenüber ein Hehl.
3 In dem Brief Karl Webers an Max Weber vom 22. Juni 1897 heißt es eingangs: „Deinen letzten Brief an Alfred habe ich gelesen. Da es mein Vorsatz ist, mich in die traurige, darin behandelte Angelegenheit solange irgendmöglich, nicht einzumischen, so muß ich meine Ansicht über das Übrige noch Dargestellte für mich behalten.“
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Alfred Weber 23. Juni 1897; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 66 Bezug: Brief Alfred Webers, undat. [21. Juni 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Darin erkundigte sich Alfred Weber, ob inzwischen „eine äußerliche Ausgleichung“ zwischen Max Weber und seinem Vater vor dessen Abreise von Heidelberg stattgefunden habe. „Er kam eben an, äußerlich absolut ungeniert, und sprach, obgleich ich mich gänzlich schweigend verhielt, von allem Möglichen“. Darüber hinaus beklagte Alfred Weber das Verhalten Ernst Mommsens, der zwar Karl Weber, nicht aber ihn zu einer „Gesellschaft“ eingeladen habe, und zwar als Reaktion auf die familiären Auseinandersetzungen, die er, Alfred, ihm kurz zuvor geschildert habe. Ernst Mommsen habe dergestalt „die Familiendifferenzen“ „publik“ gemacht.
23. 6. 97. Lieber Alfred!
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Von „äußerlicher Ausgleichung“ war keinerlei Rede. Wir haben Papa die ganze Zeit und bei der Abreise nicht gesehen. Wenn er also den Anschein erweckt, als sei nichts geschehen, so entspricht das nicht der Wirklichkeit. An Mama schreibt er denn auch Briefe,1 welche deren Ruhe weiter stören. Den Inhalt kenne ich nicht, da sie den heute angekommenen sofort zerriß. Mama ist in allen Punkten unserer Meinung. Wünscht nur die Schroffheit des Gegensatzes zu mildern. Ich bin dazu nach Lage der Dinge nicht bereit. Der Sommer ist uns durch Papas Plaisier-Interesse zerstört. Es ist keinerlei Gewähr gegen Wiederholung gegeben. Folglich existiert Papa für uns nicht. Ich weise alles etwaige Entgegenkommen schroff zurück, solange im Hauptpunkt: – Freiheit für Mama kein Wandel stattfi ndet. Wiederholt sich ein Vorgang wie der der letzten acht Tage, dann läuft die Sache auch äußerlich anders ab als diesmal. Ich werde dann auch Dritten gegenüber nicht schweigen. Mit Klara und Ernst habe ich solange nichts zu schaffen, als ich keine Genugtuung für ihre unberufene Einmischung habe. Das kindische Benehmen Ernsts gegen Dich bestärkt mich in meiner Stellungnahme – Mama geht es sonst gut.
1 Die entsprechenden Briefe von Max Weber sen. an Helene Weber sind nicht nachgewiesen.
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24. Juni 1897
Carl Johannes Fuchs 24. Juni 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 12–13 Der Brief steht zum einen in Zusammenhang mit den evangelisch-sozialen Kursen vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe (vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 19. Juni 1897, oben, S. 348 f., mit Editorischer Vorbemerkung), zum anderen mit der Nachfolge Carl Johannes Fuchs’ in Greifswald (vgl. auch die Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 1. Juni 1897, oben, S. 337, Anm. 4, sowie vom 2. Juli 1897, unten, S. 361–363). Nachdem Carl Johannes Fuchs den Ruf auf den Freiburger Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft angenommen hatte, erstellte die Greifswalder Philosophische Fakultät für seine Nachfolge eine Liste mit dem Rostocker Wilhelm Stieda an erster und dem Wiener Carl Grünberg an zweiter Stelle. Am 22. Juni 1897 wurde der Greifswalder Philosophischen Fakultät mitgeteilt, daß der preußische Kultusminister, Robert Bosse, sich trotz eingehender Prüfung nicht in der Lage sehe, diesen Vorschlägen zu folgen, sondern stattdessen beabsichtige, den Züricher Julius Wolf zu berufen (vgl. Kiesewetter, Hubert, Julius Wolf 1862–1937. Zwischen Judentum und Nationalsozialismus. Eine wissenschaftliche Biographie. – Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2008, S. 207 f.; hinfort: Kiesewetter, Julius Wolf). Offensichtlich hatte Carl Johannes Fuchs diese überraschende Wendung Max Weber in einem nicht überlieferten Schreiben mitgeteilt, worauf Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief reagierte. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen versuchte die Greifswalder Fakultät sich diesem drohenden Oktroi zu widersetzen, nicht nur, weil sie Wolfs wissenschaftliche Leistungen als unzureichend erachtete, sondern auch, weil dieser als dezidierter Gegner des Sozialismus und der jüngeren historischen Schule der Nationalökonomie politisch extrem konservative Positionen bezog (ebd., S. 208). Zudem war er dafür bekannt, daß er gezielt versuchte, über den einflußreichen preußischen Hochschuldezernenten, Friedrich Althoff, seinen Ruf an eine preußische Hochschule durchzusetzen (ebd., S. 204–206). Auch eine zweite, von der Fakultät erstellte Liste mit dem Königsberger Otto Gerlach an erster Stelle scheiterte (ebd., S. 208 f.). Stattdessen wurde tatsächlich Julius Wolf zum Ordinarius in Greifswald ernannt, aber zugleich, da inzwischen der Nationalökonom Ludwig Elster von Breslau nach Berlin in das Kultusministerium übernommen worden war, nach Breslau versetzt. Dort bildete Wolf ein willkommenes Gegengewicht zu dem unter Sozialismusverdacht stehenden Werner Sombart (ebd., S. 211).
Heidelberg 24. VI. 97 Lieber Herr College! Die fr[aglichen] Curse sollen in der ersten Hälfte des Oktober in Karlsruhe, veranstaltet von der „Evangelisch-sozialen Vereinigung Badens“ stattfi nden, gegen ein die Kosten deckendes Entree (ca 2 Mk.), berechnet auf ein Publikum des Genres wie diea Curse des V.f.Soz.Politik in
a Unsichere Lesung.
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Berlin s.Z.1 Erstattet werden die Reisekosten. Das Interesse, namentlich in den besseren und Beamtenkreisen, ist ein sehr reges, das Auditorium also ein recht dankbarer Boden. – Hoffentlich entschließen Sie Sich! Sie sind dann in Freiburg grade so weit, daß Ihre Frau Gemahlin Sie doch nicht brauchen kann. 2 – Daß Ihnen der Züricher Schweinekerl oktroyiert werden soll, ist ein sehr starkes Stück. Ich würde in Ihrer Lage in denkbar schärfster Form opponieren, schon aus Gründen, die in der unqualificierbaren Persönlichkeit liegen. Schamloser als er bei der hiesigen Berufungsfrage kann man die Bewerbung an eine Stelle nicht betreiben, 3 ähnlich treibt er es mit Berlin4 – ohne Erfolg bisher –, ähnlich bei jeder Vacanz der letzten Jahre. Keine Fakultät kann eine derartig unakademische Persönlichkeit, wie dies Individuum, in ihre Mitte aufnehmen. – Wollen Sie nicht Sombart und neben ihm einen möglichst gut [erz] b-scheinbaren preußischenc Mann – Gerlach, 5 oder auch Hasbach,6 oder Oldenberg,7 an dem die Agrarier jetzt Geschmack gewinnen,8 vorschlagen. Das sind b Unsichere Lesung.
c O: zweifach unterstrichen.
1 Es handelt sich um die nationalökonomischen und sozialpolitischen Ferienkurse, die der Verein für Socialpolitik zwischen dem 30. September und 12. Oktober 1895 in Berlin mit großem Erfolg für die gebildete Mittelschicht durchführte. Max Weber war damals als Referent nicht eingeladen worden (vgl. die Briefe an Karl Oldenberg vom 18. und 28. Jan. 1895, oben, S. 60–62, 63 f., mit Editorischer Vorbemerkung, S. 60). Zahlreiche Anmeldungen zeugen vom Erfolg der Kurse (vgl. die Teilnehmerlisten im HHStAW, Abt. 1088, Nr. 24). 2 Carl Johannes Fuchs trat die Nachfolge auf Max Webers Freiburger Lehrstuhl zum Wintersemester 1897 an. Er war verheiratet mit Berta Fuchs. 3 Max Weber bezieht sich auf Vorgänge im Zusammenhang mit seiner Berufung auf den Heidelberger Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, die nicht aufgeklärt werden konnten. Ausführlicher äußerte er sich dazu wenig später in seinem Brief an Carl Johannes Fuchs vom 2. Juli 1897 (unten, S. 362). 4 Vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 2. Juli 1897, unten, S. 361 mit Anm. 1. 5 Der Königsberger Nationalökonom Otto Gerlach wurde tatsächlich auf der zweiten, von der Greifswalder Philosophischen Fakultät wenig später erstellten Liste von Juli 1897 an erster Stelle genannt (Kiesewetter, Julius Wolf (wie oben, S. 356, Editorische Vorbemerkung), S. 208). 6 Wilhelm Hasbach. 7 Karl Oldenberg. 8 Anspielung auf Karl Oldenbergs Vortrag „Über Deutschland als Industriestaat“ am 10. Juni 1897 auf dem achten Evangelisch-sozialen Kongreß in Leipzig, an dem auch Max Weber teilgenommen hatte. Weber hatte Oldenberg scharf kritisiert, weil dieser in der Debatte über Deutschland als Agrar- oder Industriestaat entschieden für eine noch stärkere Subventionierung des Agrarsektors und des Großgrundbesitzes auf Kosten der Industrialisierung und der Exportfähigkeit Deutschlands plädiert hatte. Vgl. ausführlich dazu: Weber, Max, [Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg: „Über Deutschland als Industriestaat“], in: MWG I/4, S. 623–640.
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doch ernsthafte lautere Gelehrte, und Preußen müssen es, wenn Wolf droht, sein. Ich bin auf den Ausgang gespannt. – Beste Empfehlung und Gruß Ihr Max Weber
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Verlag J.C.B. Mohr 27. Juni 1897; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Diese und die folgenden Karten an den Verlag J.C.B. Mohr bzw. Paul Siebeck vom 29. Juni, sowie 13. und 20. Juli 1897, unten, S. 360, S. 367 sowie S. 370, stehen im Zusammenhang mit der Drucklegung des ersten Heftes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (zu den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Mit dem Satz des ersten Heftes, der Dissertation von Robert Liefmann, war auf Max Webers Wunsch Anfang Juni 1897 begonnen worden, obwohl der Verlagsvertrag noch nicht vorlag (vgl. den Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 3. Juni 1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 171). Bezug: die Anfragen des Verlags (G. Zapf) vom 23. und 26. Juni 1897 mit Bitte um Rücksendung der Revisionsbögen und Erteilung der Imprimatur (ebd., Bl. 287 und 294).
Herrn J C B Mohr Verlag.
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Die Qu[art] 4 Bogen |:(Liefmann)1 :| können abgesetzt werden! Ich habe die Correkturen s.Z. nicht aufbewahrt. Hochachtungsvoll Max Weber Heidelberg 27/VI 97
1 Gemeint ist: Liefmann, Unternehmerverbände. Ein Quartbogen (Druckbogen) ergibt acht Seiten.
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Verlag J.C.B. Mohr PSt 29. Juni 1897; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief des Verlags (G. Zapf) an Max Weber vom 28. Juni 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 303). Zapf bat um Zusendung des fünften Bogens von Robert Liefmanns Dissertation (Liefmann, Unternehmerverbände) mit Imprimatur. Zur Drucklegung des ersten Heftes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Paul Siebeck vom 27. Juni 1897, oben, S. 359.
Herrn J C B Mohr Freiburg. Bogen 5 Liefmann kann abgesetzt werden, ich finde nichts zu ändern. Hochachtungsvoll Max Weber
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Carl Johannes Fuchs 2. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 14–15 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Nachfolge Carl Johannes Fuchs’ in Greifswald (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Juni 1897, oben, S. 356).
Heidelberg 2/VII 97 Lieber College!
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Sie fragen nach J[ulius] Wolf’s Persönlichkeit. Ich kann nicht verhehlen, daß er der vielleicht Einzige unter den Fachgenossen ist, den ich für so minderwerthig in persönlicher Beziehung halte, daß ich unter keiner Bedingung in einer Fakultät bliebe, der er angehört. Er ist der Typus des Strebers. In letzter Zeit hat er 1) sich bei A[dolph] Wagner (!) persönlich mündlich um ein Ordinariat in Berlin für sich beworben1 – A[dolph] Wagner muß dies ev. bezeugen 2) sich bei seinen hannöverschen Verwandten brüstenda, er komme nun bald nach Berlin – Prof. Böhm/Freiburg, 2 ein Vetter von ihm, muß dies bezeugen
a Unsichere Lesung. 1 Max Weber spielt hier auf Vorgänge im Vorfeld der Ernennung von Karl Theodor Reinhold zum Extraordinarius in Berlin an. Reinhold wurde zum WS 1897/98 als a.o. Professor der Nationalökonomie und als konservatives Gegengewicht zu Gustav Schmoller berufen. Offensichtlich hatte sich Wolf in diesem Kontext an Adolph Wagner gewandt, um sich selber als Kontrapunkt zu Schmoller zu empfehlen. Wagner erklärte später, er habe belastendes Material über Wolf, wobei er sich allerdings auf Briefe bezog (vgl. den Brief Adolph Wagners an Karl Bücher vom 28. Februar 1898, in: Wagner, Briefe, Dokumente, Augenzeugenberichte (wie oben, S. 264, Anm. 5), S. 338). Daß Wolf sich ausgerechnet an Wagner wandte, um an Stelle Reinholds auf eine Berliner Professur berufen zu werden, war eine Provokation, war Wolf doch in der Auseinandersetzung des Freiherrn von Stumm mit Adolph Wagner 1895 stets als Paradebeispiel dafür angeführt worden, daß die „Kathedersozialisten“ die Berufung sozialpolitisch Andersdenkender auf Lehrstühle der Nationalökonomie boykottierten (vgl. Wagner, Adolph, Die Kathedersozialisten und die Besetzung der Professuren der National-Ökonomie, in: Neue Preußische Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 109 vom 6. März 1895, Mo.Bl., S. 1). 2 Gemeint ist der Geologe Georg Böhm, ein ehemaliger Freiburger Kollege Max Webers.
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3) sich 1. bei Kuno Fischer |:(durch einen unbekannten Dritten):|, 2. durch A[nton] Menger bei Jellinek3 3. durch G[ustav] Cohn (in Zürich) 4 bei noch einem Collegen hier um die hiesige Stelle beworben.5 4) s.Z. in Wien hatte er Plener (ohne jeden Erfolg) für sich arbeitenb lassen und sein sozialisten[tötendes] c Werk unreif und vorzeitig publiciert,6 um die dortige Stelle zu erhalten,7 – 5) schämte er – Österreicher und Jude – sich nicht, in der „Kreuzzeitung“ im Juni d.J. für sich in einem 2–3 Spalten langen Artikel Reklame |:als deutschen Patrioten und Gesellschafts[retter] d :| zu machen, als irgendwo behauptet war, er sei „Kathedersozialist“.8
b Unsichere Lesung.
c Unsichere Lesung.
d Unsichere Lesung.
3 Georg Jellinek. 4 Gustav Cohn lehrte zwischen 1875 bis 1884 an der ETH Zürich; seit 1884 war er Ordinarius in Göttingen. Julius Wolf war bis 1897 Professor in Zürich. 5 Die Umstände, unter denen Julius Wolf eine mögliche Bewerbung auf den Lehrstuhl von Karl Knies in Heidelberg sondiert hat, sind nicht ermittelt. 6 Gemeint ist Julius Wolfs Schrift: Sozialismus und kapitalistische Gesellschaftsordnung. Kritische Würdigung beider als Grundlegung einer Sozialpolitik. – Stuttgart: J. G. Cotta 1892, mit deren Erscheinen er sich einen Namen als Sozialismuskritiker machte. 7 Es handelt sich um die Nachfolge August von Miaskowskis in Wien, der 1891 an die Universität Leipzig berufen worden war; anscheinend hatte sich aber nicht Ernst von Plener für Julius Wolf verwendet, wie Max Weber annimmt, sondern Emil Steinbach. Wolfs autobiographischer Darstellung zufolge, wurde er zwischen 1891 und 1893 als Nachfolger Miaskowskis in Wien gehandelt und dabei von dem amtierenden österreichischen Finanzminister, Emil Steinbach, einem Schüler von Lorenz von Stein, der bis 1885 den betreffenden Lehrstuhl innegehabt hatte, protegiert (Wolf, Julius, [Selbstbiographie], in: Die Volkswirtschaftslehre der Gegenwart in Selbstdarstellungen, hg. v. Felix Meiner. – Leipzig: Felix Meiner 1924, S. 218). Ernst von Plener war erst zwischen 1893 und 1895 österreichischer Finanzminister, zu einem Zeitpunkt also, als der Lehrstuhl bereits mit Eugen von Philippovich besetzt war. Ob Plener zuvor seinen Einfluß als Mitglied im Abgeordnetenhaus des Reichsrats zu Gunsten von Wolf geltend gemacht hat, ist nicht ermittelt. Wolf verfügte jedenfalls auch über gute Beziehungen zu Plener. Bevor sein erster Habilitationsversuch 1885 in Tübingen scheiterte, gab er der dortigen Philosophischen Fakultät u. a. Plener als Referenz an (vgl. Kiesewetter, Julius Wolf (wie oben, S. 356, Editorische Vorbemerkung), S. 62). 8 Es handelt sich um den Artikel bzw. die namentlich von Julius Wolf gezeichnete Leserzuschrift, die am 21. Mai 1897 unter dem Titel „Soziale Wissenschaft“ in der Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung), Nr. 235 vom 21. Mai 1897, Mo.Bl., Beilage, S. 1, Sp. 1–2, erschien. Darin verwahrte sich Wolf gegen Unterstellungen, die von der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung in Umlauf gebracht und von der Kreuzzeitung (Nr. 214 vom 8. Mai 1897, Ab.Bl., S. 1, Sp. 1–2) aufgegriffen worden waren. Der Vorwurf lautete, er habe mit einer Broschüre zur Lösung der Wohnungsfrage der Sozialdemokratie unbewußt Vorschub geleistet. Statt dessen wies er scharf den Eindruck zurück, er habe seine wissenschaftspolitischen Überzeugungen, die ihm „jahrelang die bittersten Prüfungen auferlegt“ hätten, „jetzt schlankweg verlassen.“ (ebd., Nr. 235 vom 21. Mai 1897, Mo.Bl., Beilage, S. 1, Sp. 2).
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Ein solcher Geschäftsmann gehört an die Börse, nicht aufs Katheder. Discretion, wenigstens ihm gegenüber, ist unnötig. Herzlichen Gruß und beste Empfehlung Ihr Max Weber
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Lujo Brentano 4. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 165–166 Der Brief steht in Zusammenhang mit einer Anfrage des Studenten der Technischen Hochschule München, Martin Roßmann, der sich bei Max Weber nach den Möglichkeiten einer Promotion in Heidelberg erkundigt hatte. Dabei hatte er angegeben, daß einer Promotion an der Universität München formale Probleme im Wege stünden. Daraufhin wandte sich Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief an den Münchener Ordinarius für Nationalökonomie, Lujo Brentano, um sich über mögliche Hinderungsgründe zu informieren. Diese waren anscheinend nicht gravierend, denn Roßmann wurde ein Jahr später, im SS 1898, an der Münchener Staatswirtschaftlichen Fakultät von Walther Lotz, dem zweiten Nationalökonomen neben Lujo Brentano, promoviert (UA München, Promotionsakte, M-II-22p). Die Doktorarbeit wurde 1899 veröffentlicht (Roßmann, Martin, Die Getreide- und Mehltarife der Bayerischen Staatsbahnen. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde vorgelegt einer hohen staatswirtschaftlichen Fakultät der Universität München von Martin Roßmann aus Berlin. – Leipzig: Duncker & Humblot 1899).
Heidelberg Anlage 53b 4. VII. 97 Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ich muß Sie heute mit einer Anfrage behelligen. Ein Herr stud. techn. Roßmann |:aus München:| meldete sich durchreisend bei mir mit dem Wunsche eine Arbeit zum Zweck der Promotion zu machen mit der Behauptung, von Ihnen an mich gewiesen zu sein. Da er mir unbekannt war und nur ¼ Stunde Zeit hatte, habe ich ihm zunächst mit dem Hinweis darauf, daß ich natürlich im Allgemeinen nur hiesige Seminararbeiten, deren Entstehung ich kenne und deren Verfasser ich habe arbeiten sehen, nehme, dilatorisch behandelt und ersucht, sich eventuell schriftlich noch einmal hierher zu wenden. Dies um so mehr, als er als sein Interessengebiet nur „Statistik“ im Allgemeinen angeben konnte und als Grund, weshalb er nicht in München zu promovieren versuchte, sich auf angebliche formale Schwierigkeiten bezog. Absolut abgeschlagen habe ich dem Herren ein eventuelles Entgegenkommen nicht, aber allerdings schien mir bei dem flüchtigen Eindruck der Fall zunächst nicht dazu angethan, eine Ausnahme von jener Praxis zu machen. Ich würde das nur in Fällen thun, wo wirklich rein formale Schwierigkeiten dazu führen, daß ein von Ihnen als außergewöhnlich tüchtig beurteilter und empfohlener Mann in München selbst nicht promovieren kann, da ich sonst mit auswärtigen Promotionsgesuchen überschüttet werden
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würde. Ich möchte mir heute nur die Frage gestatten, ob thatsächlich in München unüberwindliche formelle Schwierigkeiten diejenigen Herren, denen sei es die Maturität, sei es das volle Triennium als immatrikulierte Studenten fehlt, daran hindern, zur Promotion zugelassen zu werden?1 Es thut mir leid, Sie damit belästigen zu müssen, aber es war hier leider in den letzten Jahren Stil geworden, daß die Leute mit den verschiedensten, nachher mehrfach als unrichtig ermittelten Behauptungen ihre Gesuche, grade hier zu promovieren, motivierten und ich habe mir vor diesen Petenten zunächst durch Festhaltung an jenem Princip, welches natürlich nicht gut als absolut undurchbrechlich festgehalten werden kann, Ruhe schaffen müssen. Daher wüßte ich über den gedachten Punkt gern authentisch Bescheid. Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr hochachtungsvoll sehr ergebener Max Weber
1 Nach der Promotionsordnung der staatswirtschaftlichen Fakultät an der Universität München mußte der Bewerber u. a. neben dem Reifezeugnis „Ausweise über seinen Studiengang, welcher in der Regel einen dreijährigen Besuch einer Universität umfassen soll, und über den Erwerb einer tüchtigen allgemeinen und einer gründlichen staatswirtschaftlichen Fachbildung“ vorlegen. Studien „an anderen höheren Lehranstalten“ sollten „nach Ermessen der Fakultät in Anrechnung“ kommen (Promotions-Ordnung der staatswirtschaftlichen Fakultät der Kgl. Ludwig-Maximilians-Universität München. – München: Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei Wolf & Sohn [o.J. 1892], S. 1 f., in: UA München, B-I100, VL 144). Bei der Zulassung zur Promotion im Juni 1898 wurden Martin Roßmann ausdrücklich die Maturität, 1892 erlangt in Berlin, sowie das akademische Triennium bescheinigt. Demnach wurde ihm ein siebensemestriges Studium – ein Semester an der Universität Berlin, zwei Semester an der TH Berlin sowie vier weitere Semester in München an der Universität München sowie der Technischen Hochschule – angerechnet (Universitätsarchiv München, Promotionsakte, M-II-22p). Als Roßmann im Sommer 1897 bei Max Weber vorsprach, fehlte ihm also noch ein Semester am vollen Triennium; möglicherweise hatte er gehofft, eine längere Studienzeit durch eine Promotion in Heidelberg umgehen zu können. Im WS 1897/98 und SS 1898 war Roßmann als Gasthörer an der Universität München immatrikuliert (UA München, Quästur-/Belegbücher, Stud-BB-90, Bl. 1323, und StudBB-97, Bl. 149).
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5. Juli 1897
Engerer Senat der Universität Heidelberg 5. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412 Bezug: die Anfrage des Engeren Senats der Universität Heidelberg an Max Weber vom 5. Juli 1897 (UA Heidelberg, RA 6412, Aktenstück Nr. 1222) um Anzeige des Tages, an welchem der Seminardiener Greiner seine Tätigkeit für das Volkswirtschaftliche Seminar aufgenommen habe. Vgl. dazu auch die Briefe Max Webers an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 19. Mai 1897, oben, S. 331, sowie vom 1. Juni 1897, oben, S. 334 f. Der Brief enthält zusätzliche Unterstreichungen von dritter Hand, die nicht annotiert werden.
Dem engeren Senat beehre ich mich auf die geneigte Anfrage vom 5. Juli 1897 No 1222 ergebenst zu erwidern, daß Herr Greiner die Bedienung des Seminars, schon vor der erst nachträglich auf Grund des Schreibens des Senats1 formell erfolgten |:defi nitiven:| Übertragung durch mich, und zwar seit Semesterbeginn,2 in meinem Auftrage besorgt hat. Der erste Seminarabend wurde am 5. Mai abgehalten, daher würde jedenfalls die Zeit vom 1. Mai ab meines Dafürhaltens ihm in Anrechnung zu kürzen sein. Heidelberg 5. Juli 1897 Direktion des Volkswirtschaftlichen Seminars Professor Max Weber
An den Engeren Senat der Universität.
1 Die definitive Bewilligung durch das Ministerium erfolgte am 19. Juni 1897 (Brief des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 19. Juni 1897, UA Heidelberg, RA 6412). Aus einer Aktennotiz, ebd., geht hervor, daß Max Weber die Bewilligung mitgeteilt wurde; ein entsprechendes Schreiben an ihn ist nicht überliefert. 2 Der Beginn des Sommersemesters fiel in Baden in der Regel zwischen den 21. und 30. April (vgl. das Schreiben des Engeren Senats der Universität Heidelberg an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 4. Dez. 1891, UA Heidelberg, RA 6587).
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Verlag J.C.B. Mohr PSt 13. Juli 1897; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Zur Drucklegung des ersten Heftes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Liefmann, Unternehmerverbände) vgl. die Editorische Vorbemerkung zur Karte an den Verlag J.C.B. Mohr vom 27. Juni 1897, oben, S. 359.
Herrn J C B Mohr’s Verlag Bogen 6 und 7 von Liefmann sind druckreif.1 Hochachtungsvoll Max Weber
1 In seinem Antwortschreiben vom 14. Juli 1897 teilte Paul Siebeck Max Weber mit, daß Bogen sechs und sieben im Druck seien (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 401).
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13. Juli 1897
Alfred Weber 13. Juli 1897; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 66–67 Der Brief setzt die Korrespondenz mit Alfred Weber über den Besuch der Eltern in Heidelberg sowie den Bruch mit dem Vater fort (vgl. dazu den Brief an Alfred Weber vom 23. Juni 1897, oben, S. 355, mit Editorischer Vorbemerkung).
13. 7. 97. Lieber Alfred . . .a Deinen letzten Brief hatte ich bisher nicht Zeit zu beantworten. Du schriebst, daß Papa davon gesprochen habe, daß er sich „schwer beleidigt“ fühle.1 Diese konstruierte Beleidigtheit ist eines der üblichen Mittel [,] durch die Papa sich in solchen Fällen in eine dialektisch ihm günstig scheinende Position zu manövrieren sucht. Die Sache ist diesmal aber doch zu ernst, als daß sie sich auf dem Niveau dieser Dialektik bewegen könnte. Wir werden, nachdem Mama im Ganzen nur 16 Tage allein bei uns war, 2 Papa also uns dies Jahr, welches er uns nicht wieder verschafft, in rücksichtsloser Weise verdorben hat, ihn freiwillig nicht mehr wiedersehen, weder jetzt, noch in künftigen Jahren. Ich halte mich von schlechthin allen Rücksichten entbunden, habe absolut nicht die Absicht, jetzt oder künftig jemals wieder Papa oder Dritten gegenüber mich irgendwelcher Schminken zu bedienen und den Schein des Bestehens von Beziehungen zu erwecken, welche Papa gesprengt hat. Hat Mama bnicht dieb Kraft freien Verkehr für sich mit uns durchzusetzen, dann kommen wir nach Berlin; ministerielle Äußerungen lassen es sehr möglich erscheinen, daß irgendwann auch hier mir irgendein Kandidat Schmoller?c an die Seite gesetzt wird, 3 und dann a Auslassungszeichen in Abschrift Abschrift.
b In Abschrift: die nicht
c Fragezeichen in
1 Ein entsprechender Brief von Alfred Weber ist nicht ermittelt, das Zitat nicht nachgewiesen. 2 Max Weber sen. reiste am 21. Juni 1897 von Heidelberg nach Berlin, demzufolge wäre Helene Weber bis zum 8. Juli 1897 allein bei Max und Marianne Weber gewesen. Ob sie danach auch abreiste oder noch weitere Tage gemeinsam mit Marie Schnitger in Heidelberg verbrachte, ist nicht geklärt. 3 Auf welche „ministeriellen Äußerungen“ Max Weber hier anspielt, ist nicht ermittelt; der Hinweis auf Gustav Schmoller ist wahrscheinlich zugleich ein Hinweis auf die anstehende
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gehe ich ohnedies. Wie Papa denken kann, Du solltest „vermitteln“, ist mir ein Rätsel. Wenn für ihn die Anerkennung von unseren und Mamas Rechten ein „Rechtsgeschäft“ ist [,] auf das er sich nicht einlassed, so gibt es nichts zu „vermitteln“.4 Wir haben natürlich gar nicht versucht, Mama zu veranlassen, im Herbst nochmals herzukommen.
d In Abschrift: einlasse“ Berufung von Karl Theodor Reinhold zum Extraordinarius in Berlin, wo dieser ein konservatives Gegengewicht zu Schmoller bilden sollte (vgl. auch den Brief Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 1. Juni 1897, oben, S. 337, Anm. 4). 4 Als Zitate nicht nachgewiesen; vgl. Anm. 1.
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Verlag J.C.B. Mohr 20. Juli 1897; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Zur Drucklegung des ersten Heftes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Liefmann, Unternehmerverbände) vgl. die Editorische Vorbemerkung zur Karte an den Verlag J.C.B. Mohr vom 27. Juni 1897, oben, S. 359.
Herrn J C B Mohr Verlag Freiburg Die mir übersandten Bogen Liefmann sind sämmtlich druckreif.1 Hochachtungsvoll Max Weber
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1 Am 22. Juli 1897 antwortete Paul Siebeck Max Weber, daß die betreffenden Bogen das Imprimatur erhalten hätten (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 474).
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Paul Siebeck 28. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Begründung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Bezug: Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 27. Juli 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 45, Bl. 26). Siebeck bat um Entwurf und Zusendung eines Programms in Absprache mit den anderen Herausgebern, das dem ersten Heft der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Liefmann, Unternehmerverbände) als Vorwort oder Prospekt vorangestellt werden solle. Das erste Heft sei fast fertiggestellt.
Heidelberg 28 7 97 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich habe zunächst Herkner gefragt, ob er für eine „Vorrede“ ist, Sonnabend sehe ich Schulze und frage ihn. Wenn nicht, dann werde ich einen Prospekt entwerfen und Ihnen zuschicken behufs Unterbreitung an die anderen Herren.1 Ich bin eher für letzteren. Er wäre von Verlag und Herausgebern zu zeichnen und dürfte nur kurz sein. – Ich vergaß s.Z. zu sagen, daß ich von Liefmann, 2 da ich die defi nitive Niederschrift der Arbeit bis ins Einzelnste durchgeprüft habe,3 eigentlich keiner Revisionsbogen bedurfte, – der letzte Bogen ausgenommen, in dem er einen Zusatz gemacht hat, wie er schreibt. Im Herbst – Oktober spätestens – liegt Heft 2: eine sehr gute Darstellung des süddeutschen Getreidehandels (sprich Mannheim) vor,4 im Umfang etwas hinter Liefmann zurückstehend. Kann alsdann gedruckt werden? Verfasser: Referendar Dr Borgius. –
1 Max Weber sandte Paul Siebeck einen entsprechenden Prospekt-Entwurf am 8. August 1897 zu (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 8. Aug. 1897, unten, S. 383 f. mit Anm. 1). 2 Gemeint ist: Liefmann, Unternehmerverbände. 3 Vor der Drucklegung hatte Robert Liefmann Max Weber, auf dessen Angebot hin, seine Arbeit noch einmal zur Durchsicht zugesandt (vgl. den Brief Robert Liefmanns an Max Weber vom 16. April 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Borgius, Mannheim I, II, erschien erst 1899 als Heft 1 und 2 des zweiten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“. Zuvor erschien als zweites Heft des ersten Bandes Hecht, Grundanschauungen (wie oben, S. 318, Anm. 5).
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Die Verlagsverträge habe ich unterschrieben, sie sind an Herkner abgegangen.5 Besten Gruß und Empfehlungen Ihr ergebenster Max Weber
5 Das für den Verlag bestimmte Exemplar befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3 (unter 1 abgedruckt im Anhang, unten, S. 398 f.). Neben den Unterschriften von Paul Siebeck (24. Juli 1897) und Max Weber (28. Juli 1897) trägt es die Unterschriften von Carl Johannes Fuchs (26. Juli 1897), Heinrich Herkner (30. Juli 1897) und Gerhart von Schulze-Gaevernitz (13. August 1897).
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) 28. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 451 Dieser Brief sowie die folgende Karte an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) vom 16. März 1898, unten, S. 475, stehen im Zusammenhang mit einer Anfrage Gustav Ruprechts an Max Weber vom 27. Juli 1897, die beiden in der Göttinger Arbeiterbibliothek erschienenen Börsen(doppel)hefte (Weber, Börse I; Weber, Börse II, wie oben, S. 49, Editorische Vorbemerkung) durch ein weiteres Heft oder ggf. auch durch ein Doppelheft zu ergänzen und so als ein in sich geschlossenes Ganzes herauszubringen. Als Begründung führte Gustav Ruprecht an, daß die Broschüren „auch offenbar mehrfach von Fachgenossen von Ihnen den Studierenden empfohlen“ würden. Ferner fragte der Verleger wegen einer Publikation zur Landarbeiterfrage an (vgl. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) an Max Weber vom 27. Juli 1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), Copier-Buch vom 12.3.1897–12.2.1900, Bl. 106).
Heidelberg 28/VII 97 Sehr geehrter Herr!
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Jetzt ist es mir unmöglich, dazu zu kommen. Aber später hoffentlich bestimmt. Wenn ich noch einmal Sociales über Landarbeiter schreibe, was möglich, aber jetzt nicht wahrscheinlich ist, will ich gern an Sie denken. Beste Empfehlung Max Weber
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Hans Delbrück 30. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. Hans Delbrück Der Brief steht in Zusammenhang mit einer Anfrage von Hans Delbrück, einen Beitrag für die von ihm herausgegebenen Preußischen Jahrbücher zu verfassen. Wie sich aus dem Brief Max Webers schließen läßt, sollte er zur Kontroverse zwischen Lujo Brentano und Max Sering über die Reform des Agrarrechts Stellung nehmen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde von Agrarpolitikern und Nationalökonomen die Frage erörtert, ob und inwieweit eine Wiederbelebung des Anerbenrechts angebracht sei, um der steigenden Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes entgegenzuwirken. Das Anerbenrecht (Einzelerbfolge) begünstigte einen Erben, den Anerben, gegenüber den weichenden Erben. Nach dem geltenden Recht hatten alle Erben einen gleichen Anspruch entweder auf Realteilung oder volle Entschädigung zum Verkehrswert, der meistens über dem Ertragswert lag und insoweit den landwirtschaftlichen Betrieb schwer belastete. Während Brentano, von einem linksliberalen Standpunkt aus argumentierend, jegliche Eingriffe in das ländliche Erbrecht, vor allem die Reaktivierung des Anerbenrechts, als Angriff auf die individuellen Eigentumsrechte ablehnte, verteidigte Sering sie als ein wirksames Mittel für den Erhalt eines kräftigen, mittleren Bauernstandes und die Minderung der landwirtschaftlichen Verschuldung. Dieser für die Auseinandersetzungen über Agrarreformen in den 1890er-Jahren typische Streit entbrannte im Juli 1897 erneut, als Max Sering eine kritische Besprechung von Lujo Brentanos Schrift „Agrarpolitik“ (Brentano, Lujo, Agrarpolitik. Ein Lehrbuch, 1. Teil: Theoretische Einleitung in die Agrarpolitik. – Stuttgart: J.G. Cotta 1897) veröffentlichte (Sering, Max, [Besprechung von:] Lujo Brentano, Agrarpolitik, in: Deutsche Litteraturzeitung, Nr. 27 vom 10. Juli 1897, Sp. 1065–1074). Darin warf Sering Brentano u. a. Parteilichkeit („Tendenz“, ebd., Sp. 1067) sowie den „Mangel einer umfassenden Kenntniß und lebendigen Anschauung des wirthschaftlichen Lebens“ (ebd., Sp. 1073) vor. Brentano behandele den Boden wie Kapital und verkenne die besonderen Erfordernisse landwirtschaftlicher Tätigkeit und die soziale und nationale Bedeutung des Grundbesitzes (ebd., Sp. 1067– 1070). Brentano replizierte darauf vierzehn Tage später (Brentano, Lujo, Wollen oder Erkennen? Ein ernstes Wort an Herrn Prof. Dr. Max Sering, in: Die Nation. Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft und Litteratur, Nr. 43 vom 24. Juli 1897, S. 649–653). Er bezichtigte nun seinerseits Sering der Parteilichkeit statt des Strebens nach objektiver Erkenntnis: „Sering steht von vornherein auf Grundlage des Wollens.“ Brentanos Kritik an Sering gipfelte in dem Vorwurf: „Sein Ideal ist ein agrarisches Zünftlerthum“ (beide Zitate: S. 650). Die Kontroverse schlug Wellen, sodaß Alfred Weber bereits am 28. Juli 1897 seinen Bruder auf Brentanos Replik aufmerksam machte und fragte: „Was hältst Du übrigens fachlich von der Berechtigung der Kritik Sering’s?“ (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [28. Juli 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber, einer der besten Kenner des Agrarrechts und der zeitgenössischen Reformbestrebungen, sagte daher Delbrück eine Stellungnahme zu, hat jedoch später keinen entsprechenden Artikel für die Preußischen Jahrbücher verfaßt.
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Heidelberg Anlage 53b 30. 7. 97. Lieber Herr College!
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Ich bin recht gern bereit, mich bei Ihnen kurz zu äußern. Haben Sie die betr. No der „Litteraturzeitung“1 und der „Nation“, 2 so wäre ich für Übersendung dankbar, da ich sie sonst erst feststellen und mir kommen lassen muß – hier sind beide merkwürdiger Weise nicht zugänglich. Haben Sie sie nicht, beschaffe ich sie mir natürlich. – Ihren früheren Brief3 habe ich, wie ich bei Durchsicht meiner Mappe feststellte, leider! doch s.Z. bekommen, aber alsbald offenbar mit den anderen, damals sehr gehäuften, Sachen in die falsche Mappe – die erledigtena – gesteckt und total, so total vergessen, daß ich auch beim Wiederfi nden mich auf die erstmaligeb „Apperzeption“ seines Inhalts nicht wieder besann. Es thut mir aufrichtig leid. Eine Recension von Brentanos Agrarpolitik4 hatte ich inzwischen schon H[einrich] Braun zugesagt.5 Durch Sombart habe ich mich immer noch nicht hindurchgerechnet, will es aber jetzt unmittelbar wieder versuchen.6 – Den gewünschten Artikel aberc kann ich jedenfalls im Lauf der ersten Ferienhälfte liefern.7 Mit angelegentlichen Empfehlungen Ihr ergebenster Max Weber a Alternative Lesung: erledigte
b erste > erstmalige
c Alternative Lesung: oben
1 Es handelt sich um die Deutsche Litteraturzeitung, Nr. 27 vom 10. Juli 1897 (vgl. die Editorische Vorbemerkung). 2 Gemeint ist: Die Nation. Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft und Litteratur, Nr. 43 vom 24. Juli 1897 (vgl. die Editorische Vorbemerkung). 3 Der entsprechende Brief von Hans Delbrück an Max Weber ist nicht nachgewiesen, auch nicht als Entwurf im Nachlaß Hans Delbrück, da die dafür infrage kommenden Briefkonzeptbücher erst 1899 einsetzen. 4 Hans Delbrück hatte Max Weber offensichtlich zuvor um eine Rezension des umstrittenen Werks von Lujo Brentano (Brentano, Agrarpolitik; wie oben, Editorische Vorbemerkung) gebeten. 5 Es handelt sich um die von Heinrich Braun herausgegebene Zeitschrift Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik. Eine Rezension Max Webers von Lujo Brentanos „Agrarpolitik“ ist nicht erschienen. 6 Möglicherweise handelt es sich um eine Besprechung von Werner Sombarts Schrift: Sozialismus und soziale Bewegung im 19. Jahrhundert. – Jena: Gustav Fischer 1896, oder seines gleichnamigen Vortrags: Socialismus und sociale Bewegung im 19. Jahrhundert (Ethisch-socialwissenschaftliche Vortragskurse, Band IV). – Bern: Steiger & Cie., vorm. A. Siebert 1897. 7 Max Weber hat keinen entsprechenden Artikel verfaßt.
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30. Juli 1897
Hermann Losch 30. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig Nach Kopie des Originals; Original in Privatbesitz Der Brief steht in Zusammenhang mit der Promotion eines Schülers von Max Weber, Alfred Somborn. Somborn studierte von 1894 bis 1898 an der Universität Heidelberg; davon hörte er drei Semester, von SS 1897 bis SS 1898, bei Max Weber. Die Doktorarbeit wurde von Webers Heidelberger Fachkollegen, Emanuel Leser, angeregt und von ihm und Max Weber betreut (vgl. Somborn, Alfred, Die Elfenbein- und Beinschnitzerei unter besonderer Berücksichtigung ihrer Lage in Erbach i[m] O[denwald] und in Geislingen a[m] Steig, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Universitäts-Buchdruckerei von J. Hörning 1899, S. 5). In seiner wirtschaftshistorisch angelegten Doktorarbeit untersuchte Somborn die Entwicklung der Elfenbein- und Beinschnitzerei an ihren wichtigsten Standorten, in Erbach im Odenwald (hessische Provinz Starkenburg) und Geislingen an der Steige (württembergischer Donaukreis) seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart. Neben dem Ausbau der internationalen Handelswege im Zuge des europäischen Elfenbeinimports stand dabei die Untersuchung der Betriebsformen (Kleinbetrieb, Handwerk, Heimarbeit), der Verwendung der Materialien sowie der Arbeitsbedingungen am Beispiel der beiden Standorte im Zentrum. Um Somborns Recherchen zu unterstützen, wandte sich Max Weber an den Nationalökonomen Hermann Losch vom Württembergischen Statistischen Landesamt in Stuttgart.
Heidelberg 30. VII. 97 Sehr geehrter Herr College! Herr Somborn, dem ich diese Zeilen mitgebe, interessiert sich für die Entwicklung der Elfenbein- und Bein-Schnitzerei, hat die Zustände in dem einen Haupt-Produktionsstandort – Erbach – persönlich aufgenommen und möchte nunmehr – im Herbst – den zweiten – Geislingen – besuchen. Vorher aber soll die statistische Bedeutung des Gewerbes wie sich dieselbe aus den Urmaterialien der Berufszählung feststellen lassen muß, so weit möglich zu eruierena gesucht werden. Da die Publikationen die Bein- etc.- Schnitzerei mit andren heterogenenb Gewerben combinieren, kann dies nur geschehen, wenn die Urtabellen über das gedachte Gewerbe speciellen Aufschluß geben und wenn dieselben – in diesem Fall – zugänglich sind.1 Darf ich Sie um die große Freunda Unsichere Lesung.
b Alternative Lesung: heterogeneren
1 Wie aus Somborns Dissertation hervorgeht, zeigten die Rohmaterialien zu den Gewerbezählungen im Großherzogtum Hessen und in Württemberg große Unschärfen bei der Erfassung des Schnitzereigewerbes. Somborn verzichtete daher ganz auf die Untersuchung der statistischen Bedeutung der Elfenbein- und Beinschnitzerei in Hessen und Württemberg und konzentrierte sich allein auf die Untersuchung der beiden Hauptstandorte (vgl. Somborn, Elfenbein- und Beinschnitzerei, S. 34–36).
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lichkeit bitten, Herren Somborn Ihren Rath, in welcher Art und durch wessen Vermittlung er darüber Aufschluß erhalten könnte, zu Teil werden zu lassen. Verbindlichsten Dank im Voraus! Auf Wiedersehen beim Cursus im Oktober! 2 Besten Gruß Ihr Max Weber
2 Es handelt sich um den von Max Weber mitveranstalteten sozialwissenschaftlichen Kursus vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe, an dem sich auch Hermann Losch mit Vorträgen zu demographischen Fragen beteiligte (vgl. MWG I/4, S. 827 sowie S. 902 f.; vgl. auch Max Webers Vortragsreihe sowie den von ihm mitunterzeichneten Aufruf zum Besuch des Kursus, ebd., S. 826–841, sowie S. 900–903).
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Paul Siebeck 30. Juli 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Begründung und Gestaltung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317).
Heidelberg Anlage 53b 30 VII 97 Sehr geehrter Herr Siebeck! Zu dem Titelbogen von Liefmann1 möchte ich nur bemerken: College Fuchs hat in den Vertrags-Ausfertigungen überall statt: „C.J. Fuchs“ – „Carl Johannes Fuchs“, insbesondere auch für die Titel-Bezeichnung im ersten § corrigiert.2 In der Titel-Correctur steht: „C.J.“. Ich weiß nicht, ob für „Carl Johannes“ die erste Zeile nicht zu wenig Raum bietet. „Carl Joh.“ würde wohl Platz haben. Vielleicht schicken Sie Fuchs die Correktur nach Greifswald mit der Bitte, unter Berücksichtigung der Raum-Verhältnisse auf das Ausschreiben seiner Vornamen zu verzichten. Liegt ihm etwa daran, daß ich dann auch nicht so breitspurig als „Max Weber“ figuriere, so mag meinetwegen M. Weber daraus gemacht werden, lieb wäre es mir nicht, denn M. ist nicht ganz eindeutig und als „Moritz“ gältea ich nicht gern. – a hieße > gälte 1 Es handelt sich um das erste in der Reihe erscheinende Heft von Robert Liefmann (Liefmann, Unternehmerverbände). 2 Max Weber bezieht sich hier auf den (zweiten) Vertragsentwurf von Mitte Juli 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3), der dem endgültig abgeschlossenen Vertrag von Ende Juli 1897 (ebd., abgedruckt im Anhang unter 1, unten, S. 898 f.) vorausgegangen war. Dieser Entwurf „Verlags- und Redactionsvertrag“ war, wie aus einer Randnotiz Max Webers hervorgeht („Herrn Professor Fuchs[,] bitte dann an College Herkner! Heidelberg 14/7 Max Weber“) im Umlaufverfahren an die drei anderen Herausgeber geschickt und mit weiteren Randnotizen versehen und abgezeichnet worden: am 14. (Max Weber), 15. (Carl Johannes Fuchs), 16. (Heinrich Herkner) und 20. Juli 1897 (Gerhart von Schulze-Gaevernitz). In diesem Zusammenhang hatte Carl Johannes Fuchs die von Weber zitierte Änderung in § 1, die Titelzeile betreffend, vorgenommen und seine Initialen ausgeschrieben. In § 1 des daraufhin definitiv abgeschlossenen Vertrags wurden daher seine beiden Vornamen ausgeschrieben (vgl. im Anhang, unten, S. 898). So erschienen sie auch auf dem Titelbogen des ersten Heftes (Liefmann, Unternehmerverbände).
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Sie werden, verehrter Herr Siebeck, über diese langen vielköpfigen Pourparlers, welche die ganze so einfache Angelegenheit gekostet hat und noch kostet, nicht sehr entzückt gewesen sein. Aber nun ist ja das Schlimmste überstanden und ist Fuchs erst in Freiburgb, dann sitzt man näher zusammen. Daß v. Schulze etwas unpräcis in der Erledigung der Geschäfte war,3 ist schließlich mit seinem verlobten Zustande zu entschuldigen.4 Die Correktur wird von Fuchs und mir unterschrieben und jetzt bei Herkner, der sie wohl auch schon weiterexpediert hat, wenn er nicht verreist ist. Besten Gruß von Haus zu Haus – führt Ihr Weg Sie nicht zuweilen hier durch? – Ihr Max Weber
b Greifswald > Freiburg 3 Der (erste) Verlagsvertragsentwurf, den Paul Siebeck den Herausgebern Ende April zugesandt hatte, wurde von Gerhart von Schulze-Gaevernitz erst Mitte Juli 1897 durchgesehen und am 13. Juli 1897 an den Verleger zurückgesandt (vgl. den Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 13. Juli 1897, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 44, Bl. 381). Siebeck hatte sich über diese Verzögerung im Frühsommer bei Max Weber wiederholt beklagt. 4 Gerhart von Schulze-Gaevernitz war seit Weihnachten 1896 mit Johanna Hirsch verlobt, der Tochter des Mannheimer Getreidegroßhändlers Emil Hirsch und seiner Frau Bertha, einer bekannten Kunstmäzenin. Die Hochzeit fand am 31. Juli 1897 in Baden-Baden statt. Vgl. die Lebenschronik von Gerhart von Schulze-Gaevernitz, in: Archiv des Liberalismus, Bestand Gerhart von Schulze-Gaevernitz, N109-57, S. 5 und S. 8.
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Engerer Senat der Universität Heidelberg 3. August 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 6412 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Errichtung des Volkswirtschaftlichen Seminars in Heidelberg; der Antrag Max Webers auf Beleuchtung wurde, nachdem die Baubehörde den finanziellen Bedarf von 250 Mark ermittelt hatte (Brief der Bezirks-Bauinspection Heidelberg an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 11. Aug. 1897, UA Heidelberg, RA 6412), vom Ministerium am 20. August 1897 genehmigt (Brief des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 20. Aug. 1897, ebd.).
betrifft: Beleuchtung des Volkswirtschaftlichen Seminars Dem Engeren Senat beehre ich mich vorzutragen: Die Anfrage betr. elektrischer Beleuchtung des Seminars habe ich s.Z. bejahend beantwortet. Der Angelegenheit ist jedoch anscheinend weiterer Fortgang nicht gegeben worden. Zur Zeit entbehrt daher das Seminar jeder Beleuchtungseinrichtung. Ich beantrage: Der Engere Senat wolle zuständigen Orts die Inangriffnahme der für die Beleuchtung erforderlichen Arbeiten derart, daß dieselben bis 1. Oktober d.J. erledigt sind, in Anregung bringen. Falls – wie dies anscheinend der Fall ist – nur Gas-Beleuchtung in Betracht kommt, so würden diesseitigen Erachtens folgende Flammen zu erstellen sein: 1) im Hauptraum des Seminars: 4 Flammen an 2 Armen 2) in dem dahinter liegenden Bibliothekszimmer 1 Wandarm – hierfür müßte Rohr gelegt werden, 3) im zweiten Raum des Seminars 2 Flammen an 1 Arm und 1 Flamme an 1 Wandarm, für letzteren wäre Rohr zu legen 4) im Direktorialzimmer entweder 1 Flamme an 1 Arm, oder – zweckmäßiger – 1 Schreibtischlampe mit Schlauch, – Rohr wäre zu legen 5) im Hinterraum des Seminars 1 Wandarm-Flamme 6) für die Flur [ - ] bzw. Treppen-Beleuchtung 1 Wandarm-Flamme
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Da[ne]ben wird die Verwendung von Quer-Licht vorausgesetzt. Heidelberg 3 [.] August 1897 Direktion des Volkswirtschaftlichen Seminars Professor Max Weber 5
An den Engeren Senat der Universität.
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Engerer Senat der Universität Heidelberg 3. August 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, RA 5865 Der Brief steht in Zusammenhang mit Einrichtungskosten des Volkswirtschaftlichen Seminars in Heidelberg. Der Antrag Max Webers auf Zahlung der Beträge aus dem Requisitenfonds wurde nur in Bezug auf die dritte Rechnung bewilligt; die beiden übrigen Beträge waren aus dem regulären Etat des Volkswirtschaftlichen Seminars zu bestreiten. Dies läßt sich der Verfügung des Prorektors, Georg Meyer, die sich als Notiz auf dem Brief befindet, entnehmen.
betrifft: Das Volkswirtschaftliche Seminar. Dem Akademischen Engeren Senat überreiche ich anbei ergebenst: 1. Rechnung der Firma Jul. Wettstein Nachfolger1 vom 28.V.1897 über 66,80 Mark 2. Rechnung der Firma Jul. Otto2 vom 28.V.1897 über 4,50 Mark 3. Rechnung der Firma A. Lamprecht 3 vom 30.VI.1897 über 56 Mark, mit dem ergebensten Antrage, da es sich um Kosten der erstmaligen Einrichtung des Seminars handelt, die Beträge auf den Requisitenfonds übernehmen und anweisen zu wollen [.] Heidelberg 3. August 1897 Direktion des Volksw. Seminars Professor Max Weber An den Engeren Senat der Universität.
1 Die Firma Julius Wettstein Nachfolger wird im Heidelberger Adreßbuch unter Buchbinder geführt (vgl. Adreßbuch der Stadt Heidelberg nebst den Stadtteilen Neuenheim und Schlierbach für das Jahr 1897. – Heidelberg: J. Hörning, S. 198). Die Rechnung selbst ist, ebenso wie die beiden im folgenden genannten, nicht ermittelt. 2 Gemeint ist die Firma von Julius Otto „Fabrikation von Korbwaren und Korbmöbellager“ (vgl. Adreßbuch der Stadt Heidelberg, 1897, S. 155). 3 Es handelt sich um den Tapezierbetrieb von August Lamprecht (ebd., S. 141).
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Paul Siebeck 8. August 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Herausgabe der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Bereits im Brief an Paul Siebeck vom 28. Juli 1897, oben, S. 371, hatte Max Weber die Übersendung eines Prospektentwurfs angekündigt.
Heidelberg 8/8 97 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Anbei ein Entwurf des Prospekt-Eingangs,1 mit dem die anderen Herren, nach ihren Briefen zu urteilen, wohl sachlich einverstanden sein werden. Daran anzuschließen hätte sich die – von Ihnen hinzuzufügende – Darlegung der buchhändlerischen Bedingungena, dann die Unterschriften der Herausgeber und die Ihrige. Bitte bessern Sie nach Belieben – ich bin in großer Eile, da ich in wenigen Tagen abreise2 – und senden Sie den 3 Herren (Fuchs nach Greifswald, Herkner nach Kohlgrub b. Murnau (Bayern) und v. Schulze nach Crainsdorf b. Neurode (Schlesien) Correkturabzug. Mit allen Änderungen bin ich im Voraus absolut einverstanden. Glauben Sie [,] daß der Prospekt doch besser unterbliebe, und vielleicht durch eine Buchhändlernotiz auf dem Rücken der Hefte ersetzt würde, so lassen Sie den Entwurf auf sich beruhen. 3 Wenn ich versua In O folgt: anzuschließen 1 Ein Manuskript dieses Entwurfs ist nicht überliefert. Paul Siebeck bestätigte Max Weber am 10. August 1897 den Eingang des Entwurfs; der Prospekt werde im Verlag durchgesehen, durch buchhändlerische Notizen ergänzt, im Anschluß daran gesetzt und den anderen Herausgebern vorgelegt (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 45, Bl. 95). 2 Max und Marianne Weber traten am 27. August 1897 ihre Reise über Frankreich nach Spanien an (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, unten, S. 385 f.). 3 Der entsprechende Verlagsprospekt ist erschienen. Ein dem zweiten Heft der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ eingebundenes Exemplar konnte in der BSB München ermittelt werden (Hecht, Grundanschauungen, wie oben, S. 318, Anm. 5). Der insgesamt dreiseitige Prospekt enthält eingangs einen kurzen Werbetext mit einer Charakterisierung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“, der mit „Die Herausgeber“ und „Die Verlagsbuchhandlung“ unterzeichnet ist und auf Webers Entwurf des „Prospekt-Eingangs“ zurückgehen dürfte. Es folgen eine Reihe weiterer Verlagshinweise und Ankündigungen anderer
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chen würde, ausführlicher zu werden, so wäre die Chance, daß wir mit den anderen Herren Schwierigkeitenb bekommen könnten, sofort eine größere. Die Stilisierung fi nde ich nicht schön, aber ich habe absolut keine Zeit, sie jetzt zu ändern. Das zweite Heft muß fertig vorbereitet werden,4 es wird Anfang Oktober bis Mitte Oktober im Mscr. in Ihren Händen sein (es ist hier ein brillanter Doktor darauf gemacht worden) [.] 5 Beste Empfehlung Ihr Max Weber
b 〈gebe〉 Autoren sowie weitere Titel, die für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ vorgesehen waren und die auf die Mitteilung Max Webers an Paul Siebeck, zwischen dem 4. und 18. September 1897, unten, S. 435, zurückgehen. Zur Entstehungsgeschichte des Verlagsprospektes im einzelnen sowie Max Webers Anteil daran vgl.: Weber, Max, [Über die Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen“], in: MWG I/4, S. 674–677. 4 Gemeint ist die Dissertation von Walther Borgius (Borgius, Mannheim I, II), die noch zu diesem Zeitpunkt als Heft zwei des ersten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ geplant war (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Juli 1897, oben, S. 371 f.). Auf Grund des großen Umfangs wurde aber später umdisponiert und stattdessen erschien als Heft zwei des ersten Bandes die Dissertation eines Schülers von Gerhart von Schulze-Gaevernitz (Hecht, Grundanschauungen, wie oben, S. 318, Anm. 5). Vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, unten, S. 471. 5 Walther Borgius hatte seine mündliche Doktorprüfung, das examen rigorosum, kurz zuvor, am 6. August 1897, in Heidelberg abgelegt (vgl. Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung, S. 64).
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Helene Weber 29. August 1897; Luchon Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Dieser und die folgenden Briefe an Helene Weber vom 30. August 1897, vom 1., 2., 5., 7., 8., 10. und 12. September 1897, unten, S. 391–393, 394–404, 405–407, 408–415, 416–420, 421–423, 424–426 und 427–434, sowie der Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. September 1897, unten, S. 436–447, entstanden auf der Reise Max und Marianne Webers nach Frankreich und Spanien. Der Verbleib der Originale konnte nicht ermittelt werden (vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 37). In der Fotokopie des Briefes vom 29. August (O) fehlt die zweite Briefseite. Zur Ergänzung dieser fehlenden Textpassage dient die zweite und vollständigere Abschrift von der Hand Emmy Baumgartens (A 2; Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. dazu auch die Einleitung, oben, S. 37 f.), während die erste Abschrift (A1; MWA Universität Heidelberg, Fotokopie der Abschrift) wegen ihres fragmentarischen Charakters unberücksichtigt bleibt. Der Text (unten, S. 386, Z. 12 bis S. 387, Z. 27) folgt der als Reinschrift verfaßten zweiten Fassung A 2. Elf Tage nach der Beerdigung von Max Webers Vater am 16. August 1897 in Berlin traten Max und Marianne Weber eine rund fünf Wochen dauernde Reise in den Süden Frankreichs und nach Nordspanien an. In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1897 reisten sie per Nachtzug nach Paris und von dort weiter in den französischen Südwesten. Sie hielten sich – von einem Abstecher nach Bordeaux abgesehen – vor allem im Norden der Pyrenäen auf, ehe sie entlang der Küste die Grenze nach Spanien passierten. Dort blieb das Ehepaar vom 7. bis 20. September an der spanischen Nordküste, ehe es am 21. September Richtung Mittelmeerküste weiterreiste. Über die Planung der Reise, die Wahl der Routen und Reiseziele ist wenig bekannt. Nur ein Brief Marianne Webers an ihren Schwager Alfred erwähnt Ende Mai 1897 die Unwägbarkeiten ihrer Planungen für den Sommer und einen beabsichtigten mindestens dreiwöchigen Urlaub (Brief von Marianne Weber an Alfred Weber vom 31. Mai 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber verweist im Brief an Paul Siebeck am 8. August 1897 (oben, S. 383) auf die bevorstehende Abreise. Auch der Verlauf der Reise ist nur zum Teil dokumentiert (zur Reiseroute vgl. das Itinerar, Anhang IV, unten, S. 906 f.). Gut nachvollziehbar ist anhand der vorliegenden Briefe Max Webers an Helene Weber die Zeit bis zum 20. September; für die beiden letzten Wochen der Reise gilt dies dagegen nicht. Inwieweit die Reise durch das Zerwürfnis Max Webers mit seinem Vater und dessen überraschenden Tod belastet war, ist den Briefen nur andeutungsweise zu entnehmen. Auch Marianne Weber verwies später im „Lebensbild“ darauf nur knapp. Ihr Mann, so heißt es dort, „braucht geistige und seelische Entspannung und findet sie nur im Bann neuer Eindrücke“ (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 246). Sie erwähnte die Reizbarkeit Webers während dieser Reise und seine Rastlosigkeit, die er selbst ebenfalls als Ausdruck „nervöser Erschöpfung“ gedeutet habe (ebd.). Gleichfalls beschrieb sie aber auch die Faszination einer neuen fremden Welt, der sich Weber auch diesmal „mit Begier“ geöffnet habe – trotz etlicher unerwarteter organisatorischer Probleme und Widrigkeiten (ebd.). Daß die Reise nicht ohne Spannungen verlief, ergibt sich aus Marianne Webers Hinweis in einem Brief vom Sommer 1898, in dem sie sich an einen Streit in Zaragoza erinnerte und diesen auf Max Webers „Nervenanspannung“ und ihre eigene „Schwerfälligkeit“ zurückführte (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 19. August 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber thematisierte, ebenfalls im Jahr 1898, rückblickend seine damalige Nervosität und er-
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wähnte ein „Fieber“ in Barcelona (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 21. August 1898, unten, S. 567). Die Rückkehr nach Heidelberg schoben Max und Marianne Weber möglichst lange auf. Zunächst aus dem praktischen Grund, weil ihr Dienstmädchen Bertha Schandau sich von einer Operation im August nur langsam erholte (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [4. August 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446); wohl aber auch, weil Max Weber sich nicht in der Lage sah, zu arbeiten (vgl. den Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. September 1897, unten, S. 437). Sie kehrten in der Nacht auf den 4. Oktober 1897 zurück (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Oktober 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Trotz eines während der Rückreise sich einstellenden fiebrigen „Unwohlseins“ (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 247), absolvierte Weber noch am gleichen Tag seinen ersten Vortrag über „Agrarpolitik“ beim „Sozialwissenschaftlichen Kursus“ in Karlsruhe (Agrarpolitik [Vortragsreihe vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe], MWG I/4, S. 826–841).
Grand Hôtel du Parc Broc – Verdeil Allées d’Etigny – Luchon – Pyrénées Bagnères de Luchon 29. VIII. 97 Liebe Mutter! Nachdem wir nun die Hauptstrapazea überstanden haben, möchte ich Dich nicht länger auf einen Gruß warten lassen. Der Orient-Zug, mit dem wir Freitag Nacht nach Paris fuhren,1 hat die große Annehmlichkeit so ungemein ruhig zu fahren, daß selbst Marianne schlafen konnte. Trotzdem waren wir Morgens natürlich einigermaßen zerschlagen und die häßlichen Faubourg-Straßen2 von Paris, durch die man zur Gare d’Orléans fährt, 3 waren auch weiter nicht anregend. Nach 2 Stunden Aufenthalt ging unser Zug, der 12 Stunden Zeit bis Toulouse braucht. Auf der Fahrt bis Orléans überwiegt zunächst noch der nordfranzösische bTypus des Aussehens des platten Landes. Von Süddeutschland unterscheidet ihn wesentlich die städtische Hausform: Das kleine mit Giebelwänden, die die Schornsteine tragen, und blena O: Hauptstrapatze
b–b (S. 387) Fehlt in Kopie des Originals; Text folgt A 2.
1 In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1897. Der seit 1888 durchgehend zwischen Konstantinopel und Paris verkehrende Orient-Express fuhr von Wien kommend über München – Stuttgart – Straßburg und Nancy bis zur Pariser Gare de l’Est. 2 Frz. für: Vorortstraßen. 3 Älterer Name der Gare d’Austerlitz, von der die Züge Richtung Südwestfrankreich fuhren.
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dend weißem Bewurf äußerlich graziös anmuthendec (innerlich gräulich dreckige) Einstockhäuschen fällt als abweichend stark in die Augen. Südlich der Loire gelangt man dagegen in die eigentlichen Agrargegenden Frankreichs, bei denen nicht das Land Annex der Städte mit ihrer Industrie, sondern die wenig belangreichen, gewerblich rückständigen Städte Dependenzen des Landes, von dessen Kauffähigkeit sie leben, sind. Das macht sich stark bemerkbar: an Stelle der dunklen Misthäufchen der kleinen Bauern treten auf den Feldern der großen Wirthschaften, die hier stärker vertreten sind, die weißen Häufchen des Kunstdüngers – Thomasmehl,4 Kaïnit5 etc. – der Boden muß billig sein, weil die Bevölkerung dünn ist, und deshalb dehnen sich die Städte verschwenderisch in die Breite, bestehen aus lauter ein- bis allenfalls zweistöckigen Häuschen und gruppiren sich an den Flüssen malerisch von Grün unterbrochen, wie ein Dorfcomplex. Straßenpflasterung und dergleichen sind teils unbekannt, teils höchst primitiv, so viel man sehen kann. Man bemerkt zwischen den Dörfern, denen die Kirchturmspitze fehlt – die Türme sind einfache romanische Stumpfe – [,] große Vorwerke, eher noch deutschen als englischen Gutswirthschaften ähnlich: die schönen Wiesenpläne Englands fehlen. Je mehr man in die nördliche Hügelabdachung des Limousin gelangt,6 desto mehr emancipirt sich das Land von der Stadt: der Bauer hier ißt noch selbst was er baut und verkauft es nicht, oder doch nur zum Theil, das Haus ist nicht vom Maurerpolier der nächsten Kleinstadt gebaut, ohne Rücksicht auf die daneben stehenden Wirthschaftsgebäude, sondern ist aus Lehm oder Fachwerk in das vom Dorfstellmacher7 oder -Zimmermann hergestellte Balkengerüst hineingesetzt, und man sieht, daß nicht die Unterkunft desb Menschen, sondern die des Viehs, überhaupt ländliche Wirtschaftsbedürfnisse, für sein Arrangement maßgebend waren. Waldiges Hügelland, stellenweise Heide, beginnt; und da die Jagdsaison eben begann, steckte der ganze Zug voll Jäger, die in diese nördb (S. 386)–b Fehlt in Kopie des Originals; Text folgt A 2.
c A 2: anmuthenden
4 Thomasmehl, auch Thomasschlacke genannt, ist ein Phosphatdünger, benannt nach dem Briten Sidney Thomas. Er ließ das Nebenprodukt der Stahlerzeugung (Thomas-Verfahren) patentieren. 5 Aus Abraum- bzw. Kalisalz gewonnener Dünger aus Chlorkalium und Magnesiumsulfat. 6 Der geologische Begriff „Abdachung“ bezeichnet die Hauptgefällsrichtung eines Gebirges. Gemeint ist in diesem Fall wohl die nordwestliche Abflachung des Zentralmassivs. 7 Synonym für Wagner, das Handwerk der Holzverarbeitung für Wagen oder landwirtschaftliche Geräte.
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liche,d an Nordwestdeutschland, auch der Färbung der immer schöner werdenden Hügel und Wälder nach, erinnernde menschenarme Landschaft strömten. Nach Süden zu mischt sich in die Eichen und Buchengruppen zunehmend die Kastanie, Fettweiden, Maisfelder, dazwischen wunderbar schöne Herrensitze zwischen den blaugrünen Waldhügeln, schnell fl ießende, immer tiefer einschneidende Bäche und Flüsse zeigen reizende Thal-Ausblicke, und man bedauert, daß die Dunkelheit diesen wunderschönen Garten, in den sich zwischen Dordogne und Garonne das Land ausgestaltet, dem Blick entzieht. Der Zug fährt reißend schnell,e man ißt Pfund-weise das wundervolle Obst, bis man Abends an einer Station in 20 Minuten ein Diner von 8 Gängen in den Leib gezaubert erhält [.] (Ich wünschte meinen Collegen – z. B. E.I. Bekker8 – die Fähigkeit dieser Schnellfresserei: sie brauchen dazu 4 Stunden, und das im Sommer). In Toulouse empfi ng uns ein schon total eingeschlafenes und deshalb halb verwunschenes Hotel. In der schlecht gebauten, elend gepflasterten Stadt, der kein Mensch ihre 150000 Einwohner anmerken kann, ist fast nur die sehr alte romanische St Saturnin-Kirche sehenswerth,9 ein Bauwerk, welches mit der Überzahl seiner Rundbogen – wie sie das Ziegel-Material (die alten butterbrodartig flachen römischen Ziegel) als einziges Motiv ergab – den Blick fast gefl issentlich immer wieder zur Erde lenken fbestrebt zu seinf scheint und dadurch eineng Eindruck von kaum zu überbietender Weltlichkeit erzielt. Südlicher Schmutz und südlich offene Läden, ein Markt – Sonntag Vormittag! –, massenhafth Absinth-Trinker auf den Trottoirs ergeben den Gesammteindruck. Die 3-stündige Fahrt hierheri war recht heiß, aber die Gegend auf der zweiten Hälfte zunehmend schöner. Die Ernte war auch hier miserabel gewesen,10 – das sah man schon an der Winzigkeit der Getreidemiethen [,]11 aber immer mehr tritt Gemüse und zumal Wein – nach antiker Art höchst wenig sorgsam auf dem Acker in Ranken oder an niedrigen Stöcken gezogen – in den Vordergrund, das Land wird hügelig, wie im südlichen Limousin zahlreiche Ruinen und hie und da moderne Landsitze, und dazu nähert man sich d 〈sonst〉 e 〈[wie eine Zu]〉 f zu [??] > bestrebt zu sein tive Lesung: massenhafte i 〈ist〉
g 〈[??]〉
h Alterna-
8 Gemeint ist der Heidelberger Jurist Ernst Immanuel Bekker. 9 Die Kathedrale St. Saturnin bzw. St. Sernin in Tolouse; die größte erhaltene romanische Kirche Europas. 10 Vgl. hierzu den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, unten, S. 397 f. (mit Anm. 13). 11 Eine Lagervorrichtung für Getreide.
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in schräger Richtung den Pyrenäen, die in der Plötzlichkeit ihres Anstiegs aus der Tiefebene einen fast unglaubwürdig hohen Eindruck machen, eine große, dunkelblaue Wand von unabsehbarer Länge, oben gezackt, mit Zinnen, Spitzen und Kanten und Wolken-umlagert. Sie sind bis zu sehr großer Höhe hinauf bewaldet [,] trotz ihrer unglaublichen Steilheit, welche die grauen felsigen Spitzen, diej hie und da in die tief eingeschnittenen Thäler blicken, fast wie zum Herunterfallen bereit erscheinen läßt. Der Schnee hat sich, abgesehen von den Gletschern, jetzt, am Schluß des Sommers, meist in die Schründe und Spalten zurückgezogen. Unten in den Thälern – das ist der Gegensatz gegen die Alpen – k herrscht üppigel halbsüdliche Vegetation. Die Pappel in ihren verschiedenen Arten beherrscht die Landschaft, so weit man sieht, dazwischen Platanen, Katalpen12 und zahme Kastanien, Akazien-artiges Niederholz und immergrünes Gestrüpp, prachtvoll gesättigt grüne Wiesen, Wein und Mais-Felder bis hierher, unmittelbar an den Fuß der 11000 Fuß hoch ansteigenden Maladetta-Gruppe13 heran. Die Berge, welche das Thal von Luchon umgeben, steigen, mit blaugrünem Niederholz hoch, oft bis zur Kuppe, bewaldet, wohl 5000 Fuß hochm steil an, von einem Aussichtspunkt über dem, durch seine 66° warme Schwefelquelle ausgezeichneten Ort aus bieten sie einen Eindruck von unendlichem Ernste, mit dem lachenden Himmel darüber, dem lachenden Thal unten, in welchem sich reizende Hotels, Parks, Wiesen, Clubhäuser u.s.w. mehrere Kilometer weit in die Breite dehnen, in |:gleich:| merkwürdigem Contrast und gewissermaßen als Pedanten desavouiert durch ihre höheren Oheime, welche |:in:| graubraunen Felsenzacken, mit eleganten Schneestreifchen, freundlich durch die Lücken der unteren, das Thal bis auf einigen ziemlich enge Ausgänge fest umschließende Bergwelt herabwinken. Auf den ersten Eindruck hin glaubt man sich an alles Mögliche, Schwarzwald, Alpenthäler, selbst gelegentlich Schottland erinnert, bei genauerem Zusehen ist es doch wieder ganz anders. Der gewaltige Eindruck des Näherrückens der Riesenmauer bei der Fahrt die Garonne aufwärts ist am ehesten zu vergleichen mit dem Eindruck des Blicks vom Mailänder Friedhof auf die Alpen (Monte Rosa). Bagnères de Luchon selbst ist ein schöner j 〈in〉
k 〈beherrscht〉
l 〈süd〉
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n [??] > einige
12 Trompetenbäume. 13 Die südlich von Bagnères de Luchon auf der spanischen Seite gelegene Berggruppe mit dem Pico Aneto, dem mit 3404 Metern höchsten Gipfel der Pyrenäen.
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großer Badeort von mittlerer Vornehmheit,14 überaus behaglichen Hotels, schönen Alleen und Parks, südlich-lustigem Treiben, Tabled’hôteo15 vor dem Restaurations-Pavillon an der Allee an kleinen Tischen, vollgestopft mit unendlich seidenen und – des Rauschens wegen, namentlich: – seidengefütterten Kleidern, französischen Hochzeitsreisepaaren, schnurrigemp Führervolk etc. Da die Hochsaison im Abmarsch ist, wird man sehr zuvorkommend behandelt. – Morgen wollen wir, wenn das Wetter so brillant ist wie heute, was sehr zweifelhaft scheint, zunächst einige Stunden ins Hochgebirge. Das Wunderbare hier ist, daß man in 6–8 Stunden die ganze Scala der Eindrücke, vom Gletscher bis zum südlich-üppigen Thal, durchmachen kann. Dann wollen wir weiter in das Thal von Cauterets am Fuße des Mont Perdu16 und dort einige eigentliche Tages-Fußtouren mit dem Tornister auf dem Rücken machen. Dann wird, denke ich, der Zweck dieser Tage, unser Nervensystem in eine Verfassung zu setzen, daß ihm das Seebad zuträglich ist, erreicht sein. Marianne befi ndet sich, nach Kopfweh und leichtem asthmatischem Anflug in Heidelberg, schon jetzt ganz brillant. Eine Adresse kann ich heute noch nicht, sondern höchstens übermorgen angeben. – Einstweilen herzlichen Gruß, auch an die Geschwister, auch von Marianne, die eben ins Bett ist. Max qin
Wirklichkeit weit reizvoller, kleiner und behaglicher! q
o O: Table-d‘hote p Alternative Lesung: schauerigem kopf, als Kommentar zur Abbildung des Hotels.
q Zusatz in O am Brief-
14 Bagnères de Luchon (oder Luchon) war seit der Antike ein Heilbad (Baedeker, Le sudouest de la France6, 1897, S. 327 f.). 15 Menü zu einem Fixpreis. 16 Cauterets, eine Kleinstadt rund 20 Kilometer südlich von Lourdes, war ebenfalls ein bekanntes Heilbad. Es zog damals jährlich über 20 000 Besucher an (Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 298 f.). Der südlich von Cauterets gelegene Mont Perdu (span.: Monte Perdido) ist der dritthöchste Berg der Pyrenäen.
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Helene Weber 30. August 1897; BK Luchon Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals)
Grand Hôtel du Parc Broc – Verdeil Allées d’Etigny – Luchon – Pyrénées Montag 30. VIII. 97. Liebe Mutter!
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Heute nur einen kurzen Gruß. Wir kommen von einer Fuß-Partiea nach dem „Val de Lys“,1 einem Hochthal in den Absenkungen des Maladetta, 2 zurück. Zuerst zu Wagen aus dem Thalkessel von Luchon heraus in das üppig bewaldete enge Thal, welches sofort an Schwarzwald- und ähnliche Eindrücke erinnerte, nur daß selbst in sehr beträchtlicher Höhe Kastanien, Eschen, Goldregen etc. sich zwischen die kleinblättrigen Eichen, Buchen, Birken und Schwarzwaldtannen – bei stark vorwiegender Laubvegetation – mischten und daß die Berghänge um etwa das Doppelte höher und weit steiler sind, – dabei quellen auch an den steilsten, für das Auge senkrechten Stellen gewaltige Exemplare von Buchen und Tannen aus dem feuchten Gestein. Man gelangt ansteigend in eine halbkreisförmige Hochthalmulde, umgeben von den Spitzen der Maladettagruppe, deren Gletscher sich leider mit Nebel überzogen [,] und steigt auf einem schotterigen Pfade |:zu Fuß:| im Zickzack 1½ Stunden einen zunehmend steiler, bis zu |:fast:| senkrechtem Absturz sich auftürmenden, dennoch aber wunderschön bewaldeten Hang in die Höhe, in welchen sich der Abfluß der großen Gletscher eine tiefe und enge Spalte gefressen hat, durch die er in gewaltigen, 100 und mehr Meter hohen Sprüngen hinabstürzt oder pfeilschnell schräg abrinnt, und welche man immer wieder auf Brücken, Vorsprüngen etc. teils kreuzt, teils seitlich neben sich hat – eine ins a Fuß-[??] > Fuß-Partie 1 Eigentlich Vallée du Lys. Im Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 333, wurde diese rund dreizehn Kilometer lange Wanderung in eines der schönsten Pyrenäentäler besonders empfohlen. Die Tour endete in dem von Gletschern umgebenen Cirque du Lys. 2 Zu dieser Berggruppe der Pyrenäen vgl. den Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 389 (Anm. 13).
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Steile und Groteske übertragene Parallele zum Höllenthal3 und Triberger Wasserfall4 – „Cascade“ und „Gouffre de l’Enfer“.5 Endlich gelangt man oben in eine zweite kleinere Halbkreismulde, und sieht sich vis-à-vis einer von Gletschern gekrönten dunklen Wand, in welche sich der Gletscherbach einen fi nsteren, ungangbaren Spalt gerissen hat, die „Rue de l’Enfer“. Die Nebel, die mit der warmen zum Gebirge aufsteigenden und hier abgekühlten Thalluft stets in kurzer Entfernung hinter uns hergerückt waren und das Thal abgeschlossen hatten, |:holten uns hier ein und:| umhüllten leider die Gletscher und Spitzen, trotzdem ist der Eindruck ein ganz eigenartiger, durch die Combination von Alpen-Motiven oben mit üppigem Baumwuchs in unmittelbarer Nähe. – Für Marianne war die Partie immerhin eine Leistung: sie hatte in der Nacht doch noch einmal etwas Asthma und es war erstaunlich, wie wenig schwer ihr trotzdem in der leichten Luft das Steigen wurde. – Morgen übersiedeln wir nach Cauterets – südöstlich von Lourdes am Fuße des Mont Perdu,6 um von da aus eine ca 3tägige Tour an die Gletscher von Vignemale und nach Gavarnie auf der Höhe des Gebirges zu machen.7 Wahrscheinlich richten wir unsre Reise dann so ein, daß wir nicht jetzt nach Zaragozab gehen, sondern Freitag Abend zunächst nach Bordeaux zurück, teils um Geld zu holen, teils weil ich es jedenfalls sehen möchte,8 dann von da nach Biarritz und von da die Küste entlang nach San Sebastiánc und Bilbao (Las Arenas), um uns das Seebad auszusuchen. Wir fahren dann s.Z. vielleicht über Zaragozad – Barcelonae – Narbonne oder – Marseille zurück.
b O: Saragossa
c O: Sebastian
d O: Saragossa
e O: Barcellona
3 Das teils schluchtartige und felsige Höllental bei Freiburg. Max und Marianne Weber hatten es kurz nach ihrem Umzug nach Freiburg im Herbst 1894 besucht (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 27. Okt. 1894, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Die Triberger Wasserfälle im mittleren Schwarzwald. Mit über 160 Meter Fallhöhe auf mehreren Stufen sind sie die höchsten Wasserfälle Deutschlands. 5 Wasserfall mit angrenzender Felsenschlucht. 6 Zu Cauterets und dem Mont Perdu vgl. den Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 390 (mit Anm. 16). 7 Zum Ausflug nach Gavarnie vgl. den Brief an Helene Weber vom 2. Sept. 1897, unten, S. 405–407. 8 Die Fahrt nach Bordeaux verschob sich dann um einen Tag auf Samstag, den 4. September 1897, vgl. den Brief an Helene Weber vom 5. Sept. 1897, unten, S. 409.
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Es bekommt uns beiden prächtig, wir sind seereif und wollen deshalb ans Meer. Herzlichen Gruß Max
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Helene Weber 1. September 1897; BK Cauterets Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Dieser und die folgenden Briefe an Helene Weber vom 2., 5. und 7. September 1897, unten, S. 405–420, tragen in der Datumszeile die Abkürzung „7bre“ (frz.: septembre). Es handelt sich um eine im 19. Jahrhundert in Frankreich noch gängige Abkürzung nach dem ursprünglichen römischen Kalender. Diesem zufolge begann das Jahr im März und der September war somit der siebente (frz.: septième) Monat. Der Brief enthält Zusätze von der Hand Marianne Webers, die hier nicht wiedergegeben werden.
Hotel de Paris Cauterets (Hautes-Pyrénées) 1. 7bre 97 Liebe Mutter! Man lebt in Südfrankreich in mancher Beziehung reizend: die Leute sind im Allgemeinen harmlos, gesprächig und gefällig, die Kutscher, Führer etc. mit einem gewissen Anflug koketter Cavaliersmanieren, wie das glückliche Klima verbunden mit Reminiszenzen alter Kultur und – in adem Gebirgea – einer stets ziemlich weitgehenden bäuerlichen Freiheit sie anerziehen. Man ist, wenn man so klug ist ohne weiteres in die sogenannten „ersten“ Hotels zu gehen, ausgezeichnet aufgehoben zu Preisen, die z. B. gegen Schottland um 30% niedriger sind. Die Verpflegung kann nicht gut anders als „großartig“ genannt werden. Das scheint höchst materiell und gefräßig, allein das Schwergewicht liegt auf der künstlerischen Form der menschlichen Ernährung. Wir haben eben wieder unser Hoteldiner in 35 Minuten absolviert und wieder gefunden, daß es unmöglich ist sich in Frankreich zu überladen, und daß es etwas Civilisierteres als diesen Vorgang kaum geben kann. Die englische däftigeb unvermeidliche tägliche Trilogie von Roast Mutton, Roast Chicken, Roast Beefc und Pies, scharfen Saucen etc. etc. ist doch eine unerhörte Barbarei hiergegen. Neu scheint in den Hotels eine gewisse, in England W.C. abgekürzt gesprochene Lokalität zu sein, vor die Einen aus diesem Grunde hier jeder Hotel-Inhaber, Herr oder Dame, beim Empfang sofort mit großem Applomb zu führen pflegt. a Alternative Lesung: den Gebirgen
b Alternative Lesung: dürftige
c O: Beaf
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Das Bade-Publikum ist natürlich recht verschiedenen Werthes, durchweg von unerhörter Eleganz, in seinen seidenen Dessous rauschend, die hübscheren jungen Mädchen meist durch einen scharfen unliebenswürdigen Zug dam Munded entstellt, die weit überwiegenden häßlichen in abschreckender Weise ihr Portemonnaie in fürchterlich auffallenden Seiden-Costümen und Hüten zur Schau tragend. Greulich ist das unterschiedslose Spucken, welches Civil, Militär, Geistlichkeit und Weiblichkeit betreibt. Die zierlichsten und offenbar aus wirkliche besten Kreisen stammenden jungen Frauen, die verschleiert einem in der 1. Classe gegenübersitzen, schieben plötzlich den Schleier in die Höhe und ehe man es ahnt – chfft! qualstern sie aus dem Fenster. – Als wir gestern Abend von Lourdes zuerst per Bahn, dann per Wagen durch eine enge waldige Thalschlucht, deren Fuß man von der hohen Alpenstraße aus in der Dämmerung nicht mehr sah, während die Bergspitzen die Nebelschicht verhüllte, unter der wir herfuhren, im Dunkel hier ankamen, war die Stadt mit Lampions, Fahnen etc. illuminiert, Musik und ein Mordsspektakel anläßlich der unbeschädigten Heimkehr des Präsidenten aus Rußland.1 Die südlichen Zeitungen, die ich gesehen habe, machen sonst zwarf hie und da thörichte Bemerkungen, aber eigentlich weniger als ich dachte, namentlich ist von Elsaß-Lothringen kaum gelegentlich die Rede, 2 sondern mehr von der wiedergekehrten Sicherheit gegen Deutschland und dem erneuten Prestige.3 Sozialistische Blätter unterscheiden sich übrigens darin von andreng
d im G > am Munde
e 〈gu〉
f 〈eini〉
g Alternative Lesung: andern
1 Der französische Präsident Félix Faure war am 18. August 1897 zu einem Staatsbesuch nach Rußland gereist. Sein Treffen mit dem russischen Zaren Nikolaus II. bekräftigte feierlich die 1894 geschlossene französisch-russische Allianz. Bei seiner Abreise war nahe der Gare du Nord eine Bombe explodiert. Faures Rückkehr am 31. August wurde als „nationaler Festtag“ begangen (vgl. Schulthess 1897, S. 263). 2 Anspielung auf die Annexion Elsaß-Lothringens durch Deutschland nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71. 3 Nach Bismarcks Rücktritt trat in den 1890er Jahren insofern eine gewisse Entspannung der deutsch-französischen Beziehungen ein, als in Frankreich Forderungen nach „Revanche“ bzw. einer kriegerischen Rückgewinnung Elsaß-Lothringens ihre öffentliche Brisanz verloren. Durch die deutsche Abkehr von Bismarcks Bündnispolitik gewann das zuvor weitgehend isolierte Frankreich in Europa neuen außenpolitischen Spielraum, der sich im Bündnis mit Rußland (wie oben, Anm. 1) aber auch in einer Annäherung an Italien manifestierte (vgl. Poidevin, Raymond und Bariéty, Jacques, Frankreich und Deutschland. Die Geschichte ihrer Beziehungen 1815–1975. – München: C.H. Beck 1982, S. 193–203).
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nicht. Das Duell des Prinzen von Orleans mit dem Grafen von Turin ist noch immer mindestens ebenso interessant. – 4 Das Schwefelbad Cauterets, 5 in dem wir uns befi nden, offenbar mit seinen Umgebungen der Glanzpunkt der Pyrenäen – ich glaube ich schrieb neulich schon, daß hier Onkel Wilhelm’s Vater auf der Reise (mit dem berühmten Wagen) |:1852 ca.:| starb6 – liegt in einer kleinen Thalmulde zwischen steil zu 7–8000 Fuß ansteigenden zackigen, hoch hinauf bewaldeten Bergen, ist aber trotzdem noch jetzt sommerlich heiß. Wir machten heute, nachdem der Wind umgeschlagen war und den Nebel zu Thal getrieben hatte, eine Fußwanderung durch das Thal der Gave de Pau7 aufwärts zum Lac de Gaube,8 einem blaugrünen Gebirgssee auf ca 6000 Fuß Höhe, umgeben auf zwei Seiten vonh graziös gegen den blauen Himmel ausgezackten Bergen, an denen bis zu den letzten senkrecht steilen Zacken streifenweise die Schwarzwaldtannen hinaufkriechen, scheinbar gegenseitig auf ihren Kronen stehend, während an der vierteni an der von Schneeresten schmutzig grau gefärbten Wand des Pic de Vignemale – eine Spitzej der Mont-Perdu-Gruppe [–] in Treppenabsätzen ein strahlend weißer Gletscher tief herabsteigt, dessen Abfluß den See speist. Der Aufstieg auf einer an die Südausgänge der Alpen erinnernden |:Hoch-:| Straße, von der man alsdann in steilem Pfade abbiegt, erinnerte in den Färbungen der Berge, ihrer Bewaldung etc. oft an oberbayrische und Tiroler Bilder, nur ist die Vegetation üppiger, die Luft wärmer, die Berghalden steiler, und wo sich Spuren des Menschen zeigen, tritt in der Bauart der Häuser – den
h 〈zackigen〉
i Unsichere Lesung.
j Kupp > Spitze
4 Das Duell zwischen Henri Philippe Marie d’Orléans und Vittorio Emanuele di Savoia, dem Grafen von Turin, am 15. August 1897 bei Paris erregte international erhebliches Aufsehen. Henri d’Orléans, der sich im „Figaro“ öffentlich abfällig über die italienische Armee in Abessinien geäußert hatte, wurde vom Grafen von Turin zum Duell gefordert und überlebte schwer verletzt (Schulthess 1897, S. 263). 5 Zu Cauterets vgl. den Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 390 (Anm. 16). 6 Gemeint ist Victor Benecke, der Vater von Ernst Wilhelm Benecke. Der an einer Lungenkrankheit leidende Benecke starb 1853 auf einer Erholungsreise bei Cauterets im Alter von nur 44 Jahren (vgl. Roth, Familiengeschichte, S. 156 f.). 7 Im Cirque de Gavarnie entspringender Fluß, der auch durch Lourdes fließt. Wie Weber im Brief an Helene Weber vom 2. Sept. 1897, unten, S. 405, selbst bemerkt, verwechselte er hier den (im Nachbartal fließenden) Gave de Pau mit dem Gave de Gaube. 8 Ein 1700 Meter hoch liegender Bergsee, rund drei Fußstunden von Cauterets entfernt, mit Blick auf den Vignemale.
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Sennhäusernk fehlen, der Thür- und Fenstersteuer wegen,9 die Fenster meist ganz – der Süden in sein Recht. Ebenso unten im Vorland: man ist an Süddeutschland in der Art der Feldanlage, der Hecken, Obstbäume auf den Feldern etc. erinnert, allein die Dörfer habenl städtisches Gepräge, die kleinen Städte liegen, mit flachen Hausdächern, hohen |:weißen:| Gartenmauern und koketten alten Thürmen malerisch auf Hügeln, der Mais herrscht auf den Feldern neben Gemüsen, dazwischen ist an Weißdornbäumchen der Wein emporgewachsen – man schmeckt es dem à Person 1 Liter |:weißen undm roten:| Wein, den man zu jeder Mahlzeit auf den Tisch gesetzt erhält, an, daß er zwar rein, aber auf dem Kartoffelacker gewachsen ist. – Marianne ist überaus wacker gelaufen und gestiegen, das Asthma ist fort und wir steigen morgen in das Hochgebirge hinein, nach Gavarnie, von wo wir zu Fuß in zwei Tagen hierher zurückkommen, um dann nach Bordeaux und von da nach Biarritz – Irúnn – San Sebastiáno zu fahren.10 – |:(Adresse bis Sonntag |:früh:| abgehend: San Sebastiánp (Espagne) poste restante):| [.]11 Unser Haupteindruck in den letzten Tagen war aber, worauf ich doch noch kommen muß, Lourdes. Wir fuhren dorthin von Bagnères-deLuchon aus, wobeiq wir bei Tarbes im Thal des Adour unter mörderischem Geschnatter der Franzosen eine Stunde weit per Wagen statt per Bahn fahren mußten, da der Adour die Brücke weggerissen hatte (das Hochwasser war |:auch hier:| stark, die Ernte in ganz Frankreich |:verregnet und:| miserabel, die Franzosen kaufen von unsrem Freunde Hirsch12 in Mannheim massenhaft Getreide, was seit Jahrzehnten
k Bauernhöfen > Sennhäusern l 〈etwa〉 m 〈Ro〉 stian p O: Sebastian q nicht ohne daß > wobei
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9 Die 1798 in Frankreich eingeführte Gebäudesteuer richtete sich nach der Zahl der Hausöffnungen und wurde – je nach Größe der Ortschaft – in verschiedenen Tarifklassen erhoben. Vgl. Gebäudesteuer, in: Meyers Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens, 5. Aufl., Band 7. – Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut 1895, S. 145 f., hier: S. 146. 10 Vgl. hierzu im Einzelnen das Itinerar der Reise, Anhang IV, unten, S. 906 f. 11 International übliche Bezeichnung für: postlagernd. 12 Emil Hirsch war einer der bedeutendsten deutschen Getreidegroßhändler und Miteigentümer der Mannheimer Firma Jacob Hirsch & Söhne. Helene Weber war insofern mit dem internationalen Getreidehandel vertraut, als ihre Halbschwester, Laura, in die niederländische Familie Bunge eingeheiratet hatte. Die Firma Bunge & Born in Antwerpen entwickelte sich zu einer weltweit agierenden Importfirma für überseeisches, besonders argentinisches Getreide (vgl. Roth, Familiengeschichte, S. 88–90). Ein weiterer persönlicher
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nicht da war).13 Wir verpaßten so den Zug hierher in Lourdes und hatten statt einer Stunde deren vier Aufenthalt dort, und das war gut, denn so konnten wir zwei gewaltige Pilgerzüge, die von Nantes und aus der Bretagne (wenn ich nicht irre) kamen, eingehend in ihrem Gebahren beobachten, und der Eindruck war einer der eigenartigsten, die man haben konnte.14 Lourdes, ein kleines Städtchen15 amr Austritt der Gave de Pau aus den Pyrenäen, ist an sich ein höchst malerisch von einer grauen alten Citadelle16 und einem Calvarienberge mit prachtvoller Aussicht überragter Ort, auf einem Hintergrund von hohen kahlens steinigen Bergkuppen, die der Landschaft einen überaus ernsten Gesammtcharakter verleihen, und zwischen denen sich, überragt von den höchstent Spitzen der Pyrenäen, das, zuerst breite, |:dann sich schnell verengende:| schöne Thal der Gave de Pau öffnet. Von den Kirchen der Stadt liegt die eine halbvollendet in Trümmern! – „faute de ressources“,17 d. h. weil der Clerus die Stadtkirchen als Concurrentinnen der Wallfahrtskirche nicht aufkommenu lassen wollte.18 Man geht vom Bahnhof aus nach der letzteren durch einige Straßen der Stadt hinab und hat bald, von einer Brücke über die Gave de Pau aus, über einen von Alleen durchzogenen Rasenplatz hin, einen Blick auf sie, um sie und das ganze architektonische Arrangement des Wallr 〈Ausgang〉
s 〈Felskup〉 〈St〉
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u 〈ließen〉
Bezug zu Max Weber ergibt sich daraus, daß Gerhart von Schulze-Gaevernitz im Juli 1897 die Tochter von Emil Hirsch, Johanna, geheiratet hatte. 13 Frankreich war weitgehend selbstversorgend und importierte in der Regel nur zwischen 2 und 10% des benötigten Getreides. Ausnahmen bildeten schlechte Erntejahre, zu denen das Jahr 1897 gehörte. 1897/98 mußte 25% des inländischen Bedarfs durch Importe gedeckt werden (vgl. Aldenhoff-Hübinger, Rita, Agrarpolitik und Protektionismus. Deutschland und Frankreich im Vergleich 1879–1914. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002, S. 174 f.). 14 Nach Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 217–220, hier: S. 218, umfaßten zur Zeit der „pèlerinage national“ Mitte August manche Pilgerzüge bis zu 30 000 Personen. Organisiert wurden sie durch den im 19. Jahrhundert gegründeten Assumptionisten-Orden und die „association de Notre-Dame-de Salut“, die im Sommer nahezu täglich tausende von Pilgern mit Extrazügen aus ganz Frankreich nach Lourdes transportierten. Für Kranke waren Fahrt und Unterbringung in Lourdes unentgeltlich, was durch ein erhebliches Spendenaufkommen finanziert wurde. 15 Lourdes hatte zu dieser Zeit rund 7700 Einwohner (Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 217). 16 Dem Château fort de Lourdes. 17 Frz. für: mangels Geldmitteln. 18 Bei der Stadtkirche handelt es sich um die 1877 im romanischen Stil nahe der alten Pfarrkirche begonnene Église neuve (Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 218). Im Jahr 1900 wurden die Bauarbeiten allerdings wiederaufgenommen.
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fahrtsplatzesv, der sich an die Grotte |:angegliedert hat:|, in welcher vor 30 Jahren die jetzt längst |:im Kloster:| verstorbene, zu ihren Lebzeiten gänzlich vergessene, erst jetzt in Panorama-Bauten (!ein solches Panorama „Apothéose de Bernadette“ steht 10 Minuten vom Wallfahrtsplatz!) etc. verherrlichte Bernadette Soubirous19 die Jungfrau in weißem Kleide mit blauer Schärpe, – Hochzeitstracht der Bauernmädchen – schaute, so wie sie in |:– für meinen Geschmack –:| greulichem Standbild in der Grotte stehtw. Die Grotte selbst |:– eine Felsausbuchtung von einigen Metern Tiefe –:| liegt unten in dem steilen Fuße des jetzigen Calvarienberges, der sich einer großen schönen, am Fluß belegenen Allee zukehrt. Sie ist jetzt mit einem Gitter versehen und innen austapeziert mit zahllosen sogenannten „ex voto“, 20 Krücken, die „Geheilte“ zurückgelassen haben etc. etc. Die frische Quelle in ihr ist aufgefangen und nach links inx eine marmorne Badeanstalt mit mehreren durch Vorhänge verschlossenen Eingängen geleitet, einige Strahleny rinnenz davor im Freien und aus ihnen trinkt der Gesunde, während für den Kranken das Bad bestimmt ist. Senkrecht über der Grotte |:hoch:| oben erhebt sich die Wallfahrtskirche, 21 deren Portal und Thurm sich nach links zu, nach der Richtung der Stadt und des erwähnten Rasenplatzes wenden. Das ganze architektonische Arrangement ist von raffi nierter Geschicklichkeit. Von dem Portal führt nach der Stadt zu eine weit ausladende Freitreppe herunter, herum um eine vor dem Portal unten belegene zweite, mit Wellblechkuppeln versehene große Kirche, |:besser:| ein Kapellenconglomerat, 22 und noch weiter greifena die gewaltigen Rampen aus, welche links und rechts um diese untere Kirche |:und die Freitreppe:| herumb auf Viadukten zur Erde hufeisenförmig niedergeführt sind, auf welchen von links die pèlerinagesc23 herauf- und nach links24 herabziehen. Vond der einen diev Wallfahrts[??] > Wallfahrtsplatzes y 〈,〉 z 〈dah〉 a 〈zw〉 b 〈und〉
w O: stehe c O: pélérinages
x 〈einen Baderaum〉 d 〈diese〉
19 Die 1925 selig- und 1933 heiliggesprochene Bernadette Soubirous. Ihr soll im Alter von vierzehn Jahren (erstmals im Februar 1858) bei der Grotte mehrfach die Jungfrau Maria erschienen sein. 1879 war sie in einem Kloster verstorben. 20 Lat. für: Gelübde. Als Dank und Versprechen zurückgelassene Votivgaben. 21 Die nach Plänen von Hippolyte Durand im gotischen Stil erbaute, 1876 geweihte Basilique de l’Immaculée-Conception (Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 219). 22 Die vorgelagerte, zwischen 1885 und 1889 erbaute Église du Rosaire mit insgesamt 15 Kapellen (ebd.). 23 Frz. für: Pilgerzüge. 24 Sinn unklar. Gemeint ist hier vermutlich rechts.
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ser Rampen aus kann man auf den Platz vor der Grotte und das was dort geschieht hinabsehen. – Kommt man von der Stadt aus auf diesen Aufbau zu, so fühlt man sich zunächst befremdet durch die große Schmalheit des Portals und Thurms der – romanischen, nicht gothischen – Wallfahrtskirche, die Känguruh-artig in die Höhe strebt. Allein wenn man eine Weile unter dem Eindruck der singenden Pilgerschaaren gestanden hat,e begreift man, daß das Gespenstische dieses ohne architektonische Nötigung, wie ein „Finger Gottes“, nach oben weisenden Baues nicht unbeabsichtigt sein kann und in den Gesammteindruck paßt. Als wir uns dem Bau näherten, sahen wir den Pilgerzug von Nantes, die Standartenf voran, den Clerus vermischt mit den Laien, am Schluß den Bischof, 25 nachlässig, wie ein „abwinkender“ Major, Segen spendend, inmitten des Capitels, von links die Rampe emporgestiegen und ebeng im Abstieg. Der ganze Zug, untermischt mit allerlei einheimischem Volk, mochte 2000–3000 Menschen umfassen. Mehrere 1000 andre, Neugierige und Pilger – denn in der Saison (nach der Ernte) kommen täglich Pilgerzüge an – |:knieten und:| standen unten. In einem eignen Gemisch dumpfen Baß-Gemurmels und hellen Sopran-Gekreisches dröhnte das Ave-Maria und die andren Gesänge, dem Tonfall nach wie in schnellem Tempo gesungene Trauermärsche. Die Laien im Zuge waren dem Habitus nach Kleinbürger – spezifische Physiognomienh offenbar leidlich gestellter Handwerker – und besser gestellte Bauern und Bäuerinnen in weißer Haube |:– der typische französische „Mittelstand“:|. Wir folgten dem Zuge, der nach der Grotte umbog, um das Schauspiel der „Heilungen“ zu sehen. Von der Rampe aus, von den Bänken am Flusse aus und in unmittelbarer Nähe sahen wohl 4–5000 Menschen Dem zu, was nun folgte. Deri jüngere Clerus und die dazu angestellten jungen Pilger – alle Lebensalter waren vertreten – schlossen, zunächst |:mit einem langen Lederriemen bzw. mehreren solchen:| einen ziemlich engen Ring; nur an bestimmten Stellenj wurden durch Hochheben des Riemens Leute – malades26 – eingelassen. Um den Ring drängte die Pilgerschaar, mit Recht steht bei der Grotte und an allen Säulen der granitenen Badeanstalt als einzige, freilich wenig überweltliche Inschrift: „Veillez sur vos portee 〈[??]〉 nomien
f Fahnen > Standarten g Alternative Lesung: oben i 〈Cle〉 j 〈waren Eingest〉
25 Bischof von Nantes war seit 1896 Pierre-Émile Rouard. 26 Frz. für: Kranke.
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monnaies“.27 Nach rechts zu, auf einer steinernen Kanzel nahe der Grotte, stand anfangs ein Domcapitular, 28 dann der Bischof, und hielten kurze Ansprachen, die sicher Niemand verstand, denn alles Interesse conzentrierte sich nach links, wo die Kranken durch die Einpaßstellen auf Wagen, Krücken, Tragbahren dem Bad zuströmten. Als Träger sah man nicht selten elegante Herren in Touristencostümen von keineswegs „frommem“ Gesammteindruck, – wohl Wahlcandidaten des Clerikalismus.k Um die Badeanstalt geschaart stand der ordinierte Clerus und es begann der Akt der Anrufung der vierge. 29 Innerhalb des Ringes befanden sich die Kranken, deren Zahl aus dem großen Hospital der Stadt, 30 in dem ein Sammelsurium wirklicher und eingebildeter Kranker aller denkbaren Sorten sich stetig vermehrte und ergänzte. Dumpfes Gemurmel und Abgleiten der Rosenkränze. Dann Niederknien und Niederwerfen. Dann unterscheidet man die hohe, fast kreischende Stimme des leitenden Priesters: Ayez pitié de nous! 31 – gleichlautende Antwort gemurmelt aus 2000 Kehlen – pitié de nos malades! 32 – ebenso – à cause de ton fi ls priezl pour nous! 33 – ebenso – in allerlei Abwandlungen wohl 10 Mal wiederholt, stürmischer, kreischender, – à cause de ton fi ls ayez pitié de nous et guérissez nos malades! 34 – von Tausenden in steigender Aufregung, schließlich in rasendem Donner, wiederholt. Ich stand gedrängt zwischen einigen wirklich reizend hübschen |:und feinen:| Mädchen mit recht angenehmem Ausdruck des Gesichts und dicken Bäuerinnen verschiedensten Alters, und sah, wie die Augen groß und roth wurden, zum Himmel aufgeschlagen, ohne daß die Thränenströme die Augenlider zucken ließen, diese zuckenden Lippen, die ganze Athemlosigkeit, als nun die Kranken, einer nach dem andern, hinter den Gardinen des Baderaums verschwanden, wobei die immer in eintöniger Abwandlung k 〈Ums〉
l O: prie 〈de nous〉
27 Frz. für: Achten Sie auf Ihre Portemonnaies. 28 Ein Priester des Domkapitels, welcher den Bischof bei Gottesdiensten und bei der Leitung des Bistums unterstützt. 29 Frz. für: Jungfrau. 30 Vermutlich das auf dem Weg zwischen Stadt und Grotte gelegene Hospice St.-Frai, in dem die meisten Kranken nach ihrer Ankunft in Lourdes mit ihren Pflegern untergebracht wurden (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 219 f.). 31 Frz. für: Erbarme Dich unser! 32 Frz. für: Erbarme Dich unserer Kranken! 33 Frz. für: Um Deines Sohnes willen, bitte für uns! 34 Frz. für: Um Deines Sohnes willen, erbarme Dich unser und heile unsere Kranken!
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sich wiederholenden kreischend flehenden Bitten des vorbetenden Priesters sich stets, bis zur physischen Grenze der Möglichkeit, im Ton zu steigern und – wie ein Schriftsteller es ganz richtig wiedergegeben hat: – „den Himmel zu vergewaltigen“ suchten.35 Eine ähnlich gewaltige Nervenerregung wird man nicht leicht sehen können. Mir selbst trat, als ich diese Menschen intimer beobachtete, |:einen Augenblick:| der kalte Schweiß auf die Stirn, und wie mag einem „Gläubigen“m zu Muthe sein? Aber dies ist bei weitem nicht das Angreifendste, – ich will zwischendurch nur bemerken, daß an sich, bei oberflächlicher Betrachtung, die ganze Sache den Eindruck eines sich drängenden Menschenknäuels mit allerlei Klim-bim macht, wer aber die Psychologie der katholischen Kirche kennt, sieht sich |:in dem Knäuel:| die Individuen individuell und genau an und hier erst gelangt er auf die Spurenn der gewaltigen Akkorde, die sie auf dem Nervensystem der Massen anschlägt [.] – Das Angreifendste also war ersto der Eindruck der Kranken selbst, – derjenigen wenigstens, die ich heranfahren, -tragen und [ - ] humpeln sah. Dieses arme kleine 12jährige Mädchen, welches in einer Tragbahre lag, scheu um sich blickend, mit den Zähnen klappernd, gelb und in rasender Aufregung, werde ich nie vergessen; noch weniger freilich den zugleich rührenden und vernichtenden Eindruck einer Gruppe [,] die uns auf dem Rückweg begegnete: ein Fahrstuhl, daneben zwei junge Leute, offenbar Tochter und Schwiegersohn der Frau mit dem feinen, unendlich leidenden Gesicht, mit fastp erloschenen Augen, die ohne jeden Ausdruck von Hoffnung, meinem bestimmtenq Eindruck nach |:direkt:| sterbend, darin lag, – offenbar eine schwer und m Schließendes Anführungszeichen fehlt in O. p 〈ers〉 q 〈An〉
n 〈ihrer〉
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35 Eine entsprechende Formulierung und Szene findet sich in Émile Zolas 1894 erschienenem Roman „Lourdes“, einer Fundamentalkritik, die er nach seinem Besuch der Wallfahrtsstätte verfaßte. Im 2. Kapitel des Abschnittes „Vierter Tag“ wird das sich ekstatisch steigernde Ritual der Anrufung der Jungfrau beschrieben. Im Wortlaut der deutschen Erstausgabe heißt es: „Es war reiner Wahnsinn. Der Pater Fourcade hatte am Fuß der Kanzel, überwältigt von der außerordentlichen Leidenschaft, die aus den Herzen überströmte, die Arme emporgehoben; auch er schrie mit donnernder Stimme, wie um den Himmel mit Gewalt zu bestürmen.“ (Zola, Émile, Lourdes, 3 Bände. – Stuttgart u. a.: Deutsche Verlags-Anstalt 1895, Band 2,2, hier: S. 305). Im französischen Original endet die Passage: „criant lui aussi de sa voix de foudre, pour violenter le ciel“ (Zola, Émile, Les trois villes. Lourdes. – Paris: Bibliothèque-Charpentier 1894, hier: S. 389). Daß Max Weber den Roman gelesen hat, ist allerdings erst für den Sommer 1898, während seines Aufenthaltes in Konstanz, belegt (vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 30. Juli und 9. Aug. 1898, unten, S. 531 und 545 f.).
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|:erst:| kürzlich Erkrankte sei es aus der Stadt oder einer Nachbarstadt, – geschoben von ihrem Mann, mit einer Kanzleiraths-Physiognomier und aufgeregten angstvollen Augen. – Den Vorgang einers „Heilung“ derart, daß das „Magnificat“ erklingt, d. h. des Vorgangs, daß ein Kranker unter dem ungeheuren Druck der Aufregung plötzlich wie ein Rasender dem Bad entspringt: – „je suis guéri!“36 – sahen wir nicht. Was ich an Kranken aus dem Baderaum humpeln sah, machte – soweit es ebent auf seinen Füßen stehen konnte, – ganz vergnügte Gesichter, ich glaube einfach weil die Berührung mit dem hier auchu psychisch unheimlich kalten Wasser und die ganze fürchterliche Exaltation überstanden war. Der Priester sprach sie an, einige – offenbar die [,] welche Besserung zu spüren behaupteten – gingen zum „bureau des constatations“, 37 wo Geistliche und einige Ärzte ihrer warten (die Ärzte hat offenbar die Regierung hindeputiert, um das Nötige verordnen zu lassen, in Anbetracht [,] daß das Wasser im Bade gebirgskalt ist, was ja eigentlich ein polizeiwidriger Unfug ist) v. – Das ganze ist ein unauslöschlicher Eindruck. Schwache oder |:auch:| rein ästhetisch interessierte Naturen, namentlich solche |:der letzteren Art:|, welche die |:psychischen:| Machtmittel der katholischen Kirche zum ersten Mal staunend kennen lernen, müssen durch Eindrücke dieser Art, durch die momentane gewaltige Massendisciplin, gradezu über den Haufen geworfen werden. Einseitige Protestanten müssen einen unbeschreiblichen Abscheu empfi nden, und nicht nur sie, sondern jeder, der die Einstellung der Menschenmassen als „nervöses Vieh“ als eine Erniedrigung der Menschenwürde empfindet. Ich habe meinerseits einen gewissen Ekel aus Gründen, auf die ich ein ander Mal wohl zurückkomme, auch nicht ganz los werden können, trotz aller geschichtlicher Reflexionen. Als Machtinstrument ist trotzdem das ganze Arrangement fast beispiellos. Merkwürdig gemischt und schnell abgewandelt sind die Wirkungen der pèlerinagesw.x Das ganze Gebirge wimmelt von kleinen Gruppen wohlhabender Pilger, die auf Grund der Pilger-Tarife, meist in Begleitung oft recht lebenslustiger Priester, jetzt – nach der Ernte, die in Frankreich längst gedroschen und verkauft ist – eine Ferienreise in den Pyrer O: Kanzleiraths-Physionomie s 〈[??]〉 nur u.〉 w O: pélérinages x 〈Wir〉
t 〈gehen〉
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v 〈und
36 Frz. für: Ich bin geheilt. 37 Aufgabe des Büros ist bis heute die Erfassung und medizinische Überprüfung der durch Pilger empfundenen Heilungen.
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näen machten. Jedesmal wieder interessant sind ja auch die PriesterPhysiognomieny: neben höchst behaglichen alten dicken Falstaffsz direkt gemeine pfäffische Fratzen, dazwischen junge, bleiche, großäugige Fanatiker, deren herber Mund von Kämpfen zur Abtötung des Fleisches spricht, andre, denen sie gelungen ist und wieder andre,a welche sie aufgegeben haben und entweder in materiellem Verblöden oder in geistreicher Skepsis sich weiterentwickeln. – Unendlich kurz und stoßartig ist auch der Eindruck der Wunder: die Gespräche des sich auflösenden Pilgerzuges, auch die Gespräche zwischen Geistlichen und Laien, waren höchst prosaischen, zum Teil |:anscheinend:| lasciven Inhalts, im Durchschnitt Erörterungen über den Abendtrunk. Ein winziger Kreis Nervöser überwand den Chok nicht so schnell. – bPhysisch stehen denb „geheilten“ malades imaginaires38 oder Psychopathischenc die durch das Bad – welches laut Reglement „à risque et péril des malades“39 erfolgt – verschlimmerten Fälle gegenüber. – Alles Papier ist zu Ende, daher für diesmal lebewohl! Ich muß auch zu Bett, sonst verschlafen wir uns [.] Von Herzen Dein Max
y O: Priester-Physionomien z In O folgt: und stehen den c In O folgt: stehen
a 〈denen s〉
b Den > Physisch
38 Frz. für: eingebildete Kranke. 39 Frz. für: Auf eigene Gefahr. Der Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 219, verwies nicht nur auf die ausgesprochene Kälte der Wunder wirkenden Quelle, sondern auch auf die dort eigens angebrachte Hinweistafel, nach der die Nutzung auf eigene Gefahr erfolge.
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Helene Weber 2. September 1897; BK Gavarnie Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals)
Hotel des Voyageurs Gavarnie (H.-P.) 2. 7bre 97 Liebe Mutter!
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Da wir morgen erst spät Abends nach einem Tagesmarsch zu Pferd und Fuß nach Cauterets,1 von wo wir heute hierher kamen, zurückkehren werden und ich dann nicht zum Schreiben komme, will ich doch jedenfalls einen kurzen Gruß aus diesem, wie ich glaube, schönsten Hochthal der Pyrenäen schicken.2 Wenn wir nicht gern an die See und auch nach Irúna wollten, wo wir hoffentlich Nachrichten von Euch vorfi nden, würden wir unbedingt einige Tage uns hier festsetzen. Das Reisen in so weiter Fremde hat den Nachteil, daß man notwendig erst nachträglich darüber klar ist, wo man gernb von Anfang an gewesen wäre. Man fährt von Cauterets aus vor Sonnenaufgang mit einem |:Break resp.:| Landauer3 |:– auch hier „Landau“ genannt –:| – wir mit zwei sehr gesprächigen Bürgersfrauen zusammen – zunächst thalab, dann ein Nachbarthal hinauf auf einer Alpenstraße von wirklich hinreißender Schönheit aufwärts nach den beiden Badeorten Luz und St Sauveur. Letzteres kleine Nestchen liegt hoch über der Thalschlucht der Gave de Pau – die hier, nicht wie ich annahm4 bei Cauterets fl ießt – angeklebt an den Berg an der Alpenstraße so reizend, daß wir, wenn uns der Weg je im Leben wieder in die Pyrenäen führt, unbedingt dorthin gehen werden. Die Kirchen in den |:älteren:| Orten – so in Luz – sind
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1 Zu Cauterets vgl. den Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 390 (Anm. 16). 2 Die Kleingemeinde Gavarnie, nahe der spanischen Grenze, liegt eine gute Fußstunde entfernt vom Cirque de Gavarnie, einem auf über 1600 Meter hoch gelegenen von Felswänden umgebenen Kessel am Ende des Hochtals. Der Wasserfall im Cirque ist mit mehr als 420 Meter Fallhöhe einer der höchsten Europas (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 310 f.). 3 Viersitzige Kutsche mit einem aufklappbaren Verdeck. 4 Vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, oben, S. 396.
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zum Teil Kapellen aus dem Besitz des Templerordens und deshalb befestigt und in jeder Beziehung höchst sonderbar, fast ohne Reminiscenz an Kirchenbaustil zusammengekalkt.5 Die Straße führt dannc – nachdem den Pferden je 1 Liter Wein (!) zur Stärkung in das Maul gegossen und durch Hochhalten desselben auch in den Magen gegossen ist (auch Schnaps saufen diese Viecher resp. müssen ihn saufen) steil bergan durch eine öde Steinschlucht, die Marianne an die bei Killarney in Irland belegene „Gap of Dunloe“d, für sie der schönste Punkt, den wir damals sahen,6 erinnerte, immer mehr in die Öde des Hochgebirges zwischen Bergkuppen von höchst abenteuerlichen Formen, in den Lükken zeigen sich Schneefelder und Gletscher; und sie endet endlich hier bei diesem überaus behaglichen, englisch ausgestatteten kleinen Hotel. Im Hintergrundee erscheinen, in einer Stunde Fußmarsch erreichbar, steile in Treppenabsätzen 1000–1500 Meter fast senkrecht aufsteigende Bergkegel, welche dort denf mit Recht berühmten „Cirque de Gavarnie“ umsteheng, ein Halbrund |:von ca 3 Quadratkilometern:| in welches sich 450 Meter hoch in einem gewaltigen Guß eine Caskade, – also so hoch etwa, wie der Königstuhlthurm über dem Meeresspiegel steht,7 – hinabstürzt, die den Ausfluß der Gletscher bildet, welche oben über den senkrechten Wänden |:aufgetreppt lagern und:| in der Nachmittagssonne strahlen. Etwas Großartigeres an |:alpiner:| Eislandschaft gesehen zu haben erinnere ich mich nicht, die Dimensionen sind so ungeheuer, daß man jeden Maßstab verliert, und nur die Winzigkeit der Tannen, welche in den vor demh Eingang zum Cirque lagernden Bergen bis hoch oben, weit höher als die Gletscher |:gegenüber:| hinabreichen, heraufkriechen, läßt die Höhe ermessen. Dabei ist, während den Boden des Cirque da, wo die Sonne nicht hinscheint, Schnee bec 〈durch〉 d Schließendes Anführungszeichen g bilden > umstehen h 〈schm〉
fehlt
in
O.
e 〈[??]〉
f 〈be〉
5 Der nach dem Ersten Kreuzzug 1120 in Jerusalem gegründete Tempelritterorden unterhielt in Frankreich und Spanien zahlreiche befestigte Komtureien und Ordenshäuser. Deren Kirchen waren aufgrund des Armutsgelübdes kapellenartig schlicht gehalten. Nach Aufhebung des Ordens durch Papst Clemens V. 1312 gingen dessen Güter meist in weltlichen Besitz über (Demurger, Alain, Die Ritter des Herrn. Geschichte der geistlichen Ritterorden. – München: C.H. Beck 2003, S. 201 f. und S. 301 f.). 6 Vgl. hierzu Max Webers Beschreibung im Brief an Helene Weber vom 7., 8. und 9. Sept. 1895, oben, S. 137 f. 7 Der 1835 fertiggestellte Aussichtsturm auf dem 567 Meter hohen Königstuhl bei Heidelberg (Liedvogel, Heinrich, Ein Nachruf auf den alten Königstuhlturm, in: Heidelberger Fremdenblatt, Jg. 62, 1961, Heft 13, S. 2 f.).
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deckt, draußen die Wärme recht bedeutend, es wird Getreide,i ca 200 Meter tiefer sogar noch Mais gebaut. Wundervoll war das Schauspiel von hier aus, als jeine dünne Nebelwandj zwischen hier und den Bergen aufstieg, der Schnee auf diesen grüngelb von der Abendsonne beleuchtet wurde und durch den Nebel wie durch einen wirklichen Schleier leuchtete. – Morgen ist der letzte Tag in den Pyrenäen, übermorgen (Sonnabend) Abend treffen wir in Bordeaux ein, von da geht es Montag Abend nach Biarritz, Dienstag nach Irúnk |:und dann nach San Sebastiánl :|,8 wo wir hoffentlich |:– an einem von beiden Orten –:| gute Nachrichten von Euch fi nden. Herzlichen Gruß Max
i 〈weniger〉 j ein dünner Nebelschleier > eine dünne Nebelwand l O: Sebastian
k O: Irun
8 Zu dieser so auch umgesetzten Reiseplanung von Samstag, dem 4. September bis Dienstag, dem 7. September, vgl. das Itinerar, Anhang IV, unten, S. 906 f.
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Helene Weber 5. September 1897; BK Bordeaux Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Anläßlich der Fahrt nach Bordeaux thematisiert Max Weber nachfolgend ausführlicher die Krise des französischen Weinbaus, die bereits seit über zwanzig Jahren anhielt und als nationale Katastrophe galt. Ursache war der Befall der Reben durch die 1868 entdeckte Reblaus. Von den zunächst betroffenen Regionen im Languedoc breitete sich der Schädling bis Ende der 1870er Jahre in großen Teilen Südfrankreichs, bis 1890 in fast allen französischen Anbaugebieten unterschiedlich stark aus. Trotz staatlicher Hilfen für die Winzer griffen Gegenmaßnahmen (der Einsatz von Schwefelprodukten und vor allem das Pfropfen von Reben auf resistente amerikanische Wurzelstöcke) nur schleppend, da die Behandlung der Reben ebenso langwierig wie teuer war. Erst in den 1890er Jahren trat eine Erholung ein und Ende der 1890er Jahre sollte der Schädling überwunden sein. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 450 000 Hektar in 64 Departements neu bepflanzt worden, über 80% der Reben in den am schlimmsten betroffenen Departements Gard und Hérault, 40% in der Gironde. Die französische Weinernte, die 1875 einen Höchststand von 83 Millionen Hektolitern erreicht hatte, fiel bereits 1876 auf 41 Millionen und bis 1889 sukzessive auf unter 30 Millionen Hektoliter. Zu den massiven Ernteausfällen trat als weiteres Problem der Verfall des Weinpreises hinzu. Der Ausfall der heimischen Ernten wurde durch den massiven Import insbesondere spanischen Weins ausgeglichen, der zwischen 1876 und 1890 von rund 300 000 auf über 8 Millionen Hektoliter anstieg. Die Konsequenz war, daß nach einer krisenbedingten Preissteigerung 1878–1883 der Preis für den Hektoliter einfachen Wein konstant, bis 1903 um über 50% sank. Vgl. Agulhon, Maurice u. a., Apogée et crise de la civilisation paysanne 1789–1914 (Histoire de la France rurale, tome 3). – Paris: Édition du Seuil 1976, S. 388– 391 und 396 f. (hinfort: Agulhon, Apogée et crise); sowie Gwinner, Arthur, Die Handelspolitik Spaniens in den letzten Jahrzehnten, in: Die Handelspolitik der wichtigeren Kulturstaaten in den letzten Jahrzehnten, 3. Band (SVfSP 51). – Leipzig: Duncker & Humblot 1892, S. 69–123, hier: S. 78; hinfort: Gwinner, Handelspolitik).
Hôtel Richelieu Bordeaux, le 5 7bre 1897 Liebe Mutter! Wir haben die Pyrenäen nun hinter uns, nachdem sie uns vor dem Abschied noch einmal ihr unfreundliches und dann ihr freundliches Gesicht gezeigt hatten. Ihr unfreundliches am Freitag, wo wir vom Ort meines letzten Briefs, Gavarnie im Hochgebirge, eine elfstündige Tour über die Berge nach Cauterets zurück machten. Der Anstieg durch wilde Steinschluchten war zuerst wunderbar schön. Marianne war zu Pferd, ich zu Fuß, und nur zweierlei stört mich in dergl. Fällen stets: einmal wirken Zickzackpfade, die in 50–60 Windungen unausgesetzt, eintönig aufwärts kriechen, erschlaffend auf meine Nerven, dann aber stören mich die Heerden schöner, hellgelb-brauner, sauberer Kühe –
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ich kann lächerlicherweise (seit Eckeren 1872 noch!)1 an einer Heerde dieser Viecher nicht unbefangen vorbeigehen, und – als ob die Bestien ahnten, wie viel Roastbeef ich esse, – thatsächlich fast jedesmal beginnt irgend ein Bulle Miene zu machen, auf mich loszugehen. Ich weiß nicht ob ich mich als Esser oder als Professor dadurch getroffen fühlen soll. Sonst war alles schön, solange wir auf der Südseite des großen Pic de Vignemale waren.2 Das Überschreiten der Schneefelder, angeschwollener Bäche und des Gerölls, in welches die Pferdehufe alle Wege verwandeln, war sehr anstrengend, – so daß ich die letzten 10 Minuten meinerseits ritt und Marianne lief! – aber die blauen Gletscher über und gegenüber uns und die abenteuerlichen Formen der Berge entschädigten für Alles. Aber als wir auf dem 9000 Fuß hohen Col de Vignemale, 3 unterhalb seiner ca 11000 Fuß hohen Spitze, angelangt waren und nach Norden abzusteigen begannen, hatten wir unseren Proviantsack und Weinschlauch verloren und steckten zugleich im dichtesten Nebel, so daß wir, da es schon 3 Uhr war, um nicht in die Dunkelheit zu gerathen, in größter Hast absteigen mußten. Es begann zu regnen und wir hörten – zum ersten Male – das Donnern einer vom Regen losgethauten Lawine, auf der entgegengesetzten, unsa verhüllten Seite des Thales. Alle Wege wurden Ströme, zahllose Bäche mußten, bis an die Knie ins Wasser stapfend, passiert werden, aber in einem Gewaltmarsch bis in die Nacht hinein setzten wir es doch durch, nach Cauterets zurückzukommen, in einem Zustande wie in Schottland nach der Glencoe-Partie.4 Als wir am folgenden Tage – gestern – zuerst auf der Correspondance5 und dann per Bahn hierherfuhren, strahlten, namentlich vom Pau6 aus gesehen, die Pyrenäen, wenn auch noch immer wolkendurchzogen, doch in jenen blaß-graugrünen und gelblich a 〈un〉 1 Sachverhalt nicht ermittelt. 2 Der Vignemale, im gleichnamigen Massiv direkt an der französisch-spanischen Grenze gelegen, ist mit seinem 3298 Meter hohen Gipfel (Pique-Longue) der höchste Berg der Pyrenäen auf französischem Gebiet. 3 Der 2738 Meter hohe Col de Vignemale (oder Hourquette d‘Ossoue) liegt ca. sechs Stunden Fußmarsch entfernt von Cauterets (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 304 f.). 4 Diese beschrieb Max Weber während der Schottlandreise 1895 in seinem Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1895, oben, S. 122–124. 5 Gemeint ist sehr wahrscheinlich eine Postkutsche (frz.: diligence). 6 Gave de Pau, bei Gavarnie entspringender und zunächst nach Norden (bzw. NordOsten) fließender Fluß.
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leuchtenden Farben, über die die Nachmittagssonne bei uns nur nach Gewittern zu verfügen hat. Da massenhaft frischer Schnee gefallen war, präsentierte sich die wiederum endlos sich hinstreckende und auch hier riesenhaft hoch erscheinende Wand mit ihren graziösen Zinnen und Zacken in überaus vornehmer Schönheit. Spät in der Nacht kamen wir hier an und wollen heute Abend auf einige Stunden nach dem Badeort Arcachon südlich der Mündung der Gironde, morgen Abend nach Biarritz und übermorgen |:(Dienstag):| über Irúnb, wo wir (endlich!) wohl etwas von Euch werden hören können, nach San Sebastiánc. – Bordeaux ist eine ganz unvergleichlich viel schönere Stadt als die nächstgrößte Stadt im Südwesten,d Garonne-aufwärts, Toulouse. Von dem großen, ½ Kilometer langen steinernen Pont de Bordeaux aus gesehen,7 zieht sich die Stadt in einem wirklich imponierenden Halbrund um die ziemlich scharfe Biegung der Garonne südlich herum. Der meerbusenartig |:breite:|, sich zur „Gironde“ erweiternde Fluß ist zugleich der Hafen. Da der Hamburger Hafen jetzt zerlegt ist8 und der Liverpooler nicht leicht zu übersehen ist, auch in Antwerpen und Rotterdam kein eigentlich geschlossenes Hafenbild mehr besteht, so kann sich der eden Fluß entlang gestreckte Quaie von Bordeaux, hinter welchem unmittelbar die öffentlichen Gebäude der Stadt und die Uferstraßen aufsteigen, sehr wohl daneben sehen lassen. Auch sind einige der großen Straßen der Stadt, |:an und:| in denen Theater, Börse, Banken und die größten Hotels liegen, gut gepflastert, sehr breit, die Häuser zwar von französischer Eintönigkeit: – stets die |:vergitterten:| Fensterbalkons und die Dachstuben-Aufbauten, sonst keinerlei Unterschiede, kaum je ein Erker etc. – aber doch sehr sauber und oft ganz außerordentlich stattlich im Gesammteindruck, stattlicher als etwa Rotterdam, Bremen etc. sich präsentierten. Aber man hat den Eindruck, als ob der Wohlstand zwar bedeutend, aber nicht im Ansteigen b O: Irun c O: Sebastian gestreckte Quai
d 〈Toulouse mit dem〉
e Hafen > den Fluß entlang
7 Die zwischen 1819 und 1821 errichtete, knapp 500 Meter lange Steinbrücke über die Garonne. Sie galt als eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt, auch wegen des guten Blicks auf die Stadt und den Hafen (vgl. Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 82). 8 Der Zollanschlußvertrag von 1881 und der Generalplan zum Bau des Hamburger Freihafens, dessen weitläufige Anlagen am Südufer der Norderelbe entstanden, hatten seit den 1880er Jahren das zuvor auf das Nordufer konzentrierte Hafenbild fundamental verändert.
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begriffen sei. Da der Wein hier entscheidend ist, kann das nicht Wunder nehmen. Die Reblaus ist noch immer unerbittlich am Werke. Die kleinerenf Winzer-Besitzungen sind nicht mehr haltbar, da die Zahl der Jahre mit halben Ernten nun schon seit den 70er Jahreng anhält. Zu solchen „kleineren“ Besitzungen aber werden hier auch solche von 50 Ha Weinland noch gezählt. Diese Wirtschaften können die ganz enormen Kosten einer wirklich absolut wirksamen Durchführung aller gegen die Reblaus wirksamen Maßnahmen, einer vollständigen Ausstockung und Neu-Anlage, nicht bezahlen.9 Die großen Besitzer – so Rothschild, welcher Chateau Lafiteh besitzt10 – können es, aber die Bordeaux-Wein-Cultur wird auf diese Art aus einer Massencultur ein Betrieb, der als Luxusgegenstandi, ähnlich dem deutschen Rittergut, nicht um seiner wirtschaftlichen Rentabilität willen, |:von Millionären:| gehalten wird, und ein Produkt erzeugt, welches immer mehr nur dem Luxusconsum dient. Die mittleren und kleineren Weinsorten müssen verschwinden, soweit sie die Existenzgrundlage für einen breiten, geschulten Winzerstand bildeten, die Weine für den Massen-Consum werden in höchst primitiver Art auf den Kartoffeläckern draußen, gewissermaßen in zerstreuter Flucht vor der Reblaus, produziertj werden, soweitk nicht durch den schon jetzt nur durch sehr hohe Zölle gehemmten spanischen und italienischen Import11 ein noch weiterer Rückgang des Weinbaus als Ergebnis sich herausstellt.12 Die Bedeutung von Borf 〈Winzer-〉 g 〈sich [??]〉 stand j 〈, s〉 k 〈sie〉
h O: Lafitte
i Luxusproduktion > Luxusgegen-
9 Gemeint ist die Methode, Reben auf resistente amerikanische Wurzelstöcke zu pfropfen. Pro Hektar mußten dafür 3000 bis 4500 Francs investiert werden, was Winzern, die nicht über großes Kapital verfügten angesichts von Ernteausfällen und Preisverfall kaum möglich war (Agulhon, Apogée et crise (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 390 f. und S. 396 f.). 10 Baron James de Rothschild, einer der führenden französischen Bankiers, hatte das Weingut Château Lafite in Paillac (Médoc) 1868 erworben. Nach seinem Tod noch im gleichen Jahr war das ertragreiche Gut, das zum exklusiven Kreis der „Premiers Crus“ zählte, in den Besitz seiner Söhne Alphonse, Gustave und Edmond übergegangen. 11 Der 1882 geschlossene Handelsvertrag zwischen Frankreich und Spanien, der den Weinzoll auf ein Minimum gesenkt hatte, war 1892 ausgelaufen. Da sich der französische Weinbau langsam erholte und Frankreich seine Winzer schützen wollte, gerieten beide Staaten in einen regelrechten Zollkrieg und wendeten beim Wein jeweils ihre Maximalsätze an (Gwinner, Handelspolitik (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 79 f. und S. 118–122). 12 Tatsächlich reduzierte sich die Anbaufläche infolge der jahrzehntelangen Weinbaukrise in Frankreich um fast ein Drittel (Agulhon, Apogée et crise (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 391).
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deaux wird sich deshalb wohl keinesfalls auf dem aufsteigenden Ast bewegen. Wie überall in Frankreich, ist ein nicht unbedeutender Teil des Handels in deutschen Händen,13 es existiert eine protestantische Kirche,14 ein d[eutscher] Friedhof,15 auf der Bahn sprach ein Gepäckträger gebrochen deutsch, schon in Cauterets wurden wir von Mitgliedern des französischen Club Alpin |:(= Pyrenäen-Club):| deutsch angeredet. – Die Baulichkeiten von Bordeaux sind in verschiedenem Maße schön: das große Denkmal der vom Convent hingerichteten Girondins ist ganz französischer Geschmack, in Deutschland gradezu unmöglich: die |:Marmor-:|Säule mit Relief-Palmenwedeln, unten tostl nach jeder Seite ein |:Muschel-:|Wagen mit Seepferden los, dirigiert von Genien und je einer Göttin unbekannten Berufs und Standes, auf der Muschel hocken je zwei (nackte!) Porträt-Ganzfiguren (Vergniaud etc. – eben die Girondins) Hand in Hand.16 Sieht man von diesen Tollheiten ab, so gehört das Ganze doch noch zu den entschieden schöneren französischen Monumenten. Seltsam niedrig und fast wie eingeschrumpft präsentieren sich auch die in Wahrheit recht geräumigen, freilich aus den verschiedensten Jahrhunderten stammenden Kirchen. Die clocher’s stehen bei der
l tobt > tost 13 Seit dem 18. Jahrhundert existierte in Bordeaux eine beachtliche deutsche Kolonie, die auch im expandierenden Weinhandel tätig war. Im Jahr 1866 umfaßte sie 939 Personen (die Schweizer Kolonie im gleichen Jahr 851 und die britische 430 Personen). Eine Statistik von 1912 zählte 1681 Deutsche in Bordeaux. Vgl. Espagne, Michel, Bordeaux-Baltique. La présence culturelle allemande à Bordeaux aux XVIIIe et XIXe siècles. – Bordeaux: CNRS 1991, S. 9–11. 14 Die deutsche evangelische Kirche war in den 1860er Jahren in der Rue Tourat errichtet worden (vgl. ebd., S. 156). 15 Es dürfte sich um den „Cimetière des étrangers“ genannten Friedhof für deutsche Protestanten handeln, der im Jahr 1769 auf Initiative des Lübecker Kaufmanns Jean-Philippe Weltner errichtet wurde. Er bestand bis 1887, verlor aber mit der Eröffnung des bis heute bestehenden protestantischen Friedhofs in der Rue Judaïque 1827 zunehmend an Bedeutung (vgl. ebd., S. 156 f.). 16 Das 1897 eingeweihte Monument des Girondins auf der Place des Quinconces, dem größten Platz der Stadt (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 83 f.) erinnert an die Fraktion republikanischer Abgeordneter während der Französischen Revolution, deren berühmteste Vertreter aus dem gleichnamigen Departement stammten. Die Girondins verfügten ab August 1792 im Konvent über die Mehrheit, wurden nach längerem Machtkampf im Juni 1793 aber politisch ausgeschaltet. 22 Girondisten, darunter ihr einflußreichster Redner Pierre Victurnien Vergniaud, wurden im Oktober 1793 angeklagt und kurz darauf hingerichtet.
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Cathedrale17 und St Michel18 separat, der eine vor der Façade, der andre am Chor, die Strebepfeiler sind in willkürlicher Zahl an willkürlichen Orten angelehnt, alle Formen der Gothik gehen durcheinander; die Kathedrale hat zwei Cigarren-artig geformte Spitzen auf der |:einen:| Querschiff-Façade sitzen; ihr Glockenthurm war in der Revolution auf Abbruch verkauft, die Spitze halb niedergerissen, auf dem Stumpf steht eine maßlos plumpe riesige vierge;19 gradezu zahllose Wasserspei-Viecher aller Art übergeben sich von ihrem Dach aus und von allen möglichen Stellen aus auf die Straße, im Innern ist die eine Hälfte des Längsschiffs halb so hoch als die andre, der Chor wieder höher, etc. etc. – ein ganzer Knäuel von unverbundenen architektonischen Ideen, und doch ein nicht unbedeutender Gesammteindruck. Alles in Allem lohnt es sich doch recht sehr die Stadt gesehen zu haben, obwohl ich zu den eingehenderen Erkundigungen nach den Wirkungen der Kunstwein-Gesetzgebung, 20 die ich eigentlich hier einziehen wollte, nicht kommen werde, da wir nun doch endlich zum Stillsitzen kommen wollen. – Abends: Wir kommen eben von Arcachon zurück und wissen jedenfalls, daß dies nichts für uns gewesen wäre. Der Ort liegt mit der einen Hälfte, |:namentlich:| den zum Teil sehr schönen Hotels, an einer durch eine lange Dünen-Landzunge fast ganz umschlossenen Meeresbucht, mit der andren, der sog. „ville d’hiver“, 21 in einem in seiner Art recht schönen hügeligen Pinienwalde und besteht aus vielfach allererstenm Villen, Osterien, Läden etc., ist den ganzen Winter hindurch, seines m Unsichere Lesung. 17 Die gotische Kathedrale Saint-André. 18 Die Basilika Saint-Michel mit ihrem 1472–1492 neu erbauten, 30 Meter vom Schiff entfernt stehenden Glockenturm (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 90). 19 Frz. für: Jungfrau (Maria). 20 Durch die Weinkrise hatte die Produktion von Weinsurrogaten (vin artificiel), z. B. aus Zuckerwasser, entmosteten Trauben, Rosinen und Hefe, erheblichen Aufschwung erfahren. Sie wurde in den 1890er Jahren in Frankreich stark reglementiert. Hatte das Gesetz von 1889 die Kennzeichnung von Kunstweinen eingeführt und bestimmte Zusatzstoffe verboten, beschränkten die folgenden Gesetze durch Lizenzen, Kontrollen und Besteuerung zunehmend Herstellung und Vertrieb. Im April 1897 wurden bestimmte Arten von Kunstwein (außer für den Privatgebrauch) endgültig verboten, die übrigen aus der Weingesetzgebung ausgeschlossen (vgl. Vin, in: La Grande Encyclopédie. Inventaire raisonné des sciences, des lettres et des arts, par une société de savants et de gens de lettres, tome 31. – Paris: Société anonyme de la Grande Encyclopédie o.J. [1902], S. 1016–1023, bes. S. 1020 f.). 21 Frz. für: Winterstadt.
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milden Klimas wegen, im Gange und von Tausenden von Curgästen gradezu vollgepfropft.22 – Aber von Wellen ist recht wenig zu spüren,n und darauf kommt es uns doch an. – In der Bai ist eine der größten, sorgsam gepflegten Austernbänke der Welt.23 Das Dutzend kostet in Arcachon |:im Laden:| 15–20 Centimes! – aber ich muß doch sagen, daß ich Kempinski in Berlin bewundre. Man zahlt bei ihm 2 Mark, in den Hotels in Arcachon |:schon:| 1 Fr. 2524 für das weit weniger guteo Dutzend! – Wir aßen auf einer hübschen Terrasse zu Abend und hatten als Entschädigung für die Enttäuschung in Bezug auf das Meer eine violett-rothe Abendbeleuchtung, wie ich sie auch in Italien nie gesehen habe.25 – Die Fahrt v[on] Bordeaux nach Arcachon führt durch die „Landes“, einen jetzt mit großen Kosten teilweise mit Kiefern bepflanztenp und seitdem colonisierten Landstrich.26 Bis dahin und wo die künstliche Anpflanzung fehlt auch jetzt bestehen sie aus Wüsten-Flugsand, dessen ungeheure Fläche, |:vom Seewinde erweitert,:| in bedrohlicher Weise zunahm und die kleinen Oasen in seiner Mitte [,] |:in welchen plötzlich Mais, Wein, Bohnen wachsen [,] :| ebenso dezimierte, wie das rückwärts gelegene Binnenland. Er war, – und ist, wo er noch vorherrscht, noch jetzt, – so locker, daß die Bewohner sich, da erst jetzt Chausseen u. dgl. entstanden sind, Jahrhunderte lang nur auf Stelzen von großer Höhe – auf diesen allerdings mit Bummelzugs-Geschwindigkeit – bewegten und bewegen.27 Der Contrast zwischen den n 〈In der〉
o O: Gute
p 〈[??]〉
22 Der Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 199, nannte eine Zahl von 100 000 Touristen, die jährlich das 8000 Einwohner zählende Arcachon besuchten. 23 In der Bucht von Arcachon nahm die Austernzucht eine Fläche von über 4000 Hektar ein: Laut Baedeker, ebd., S. 200, wurden jährlich mehr als 400 Millionen Austern (im Wert von rund 6 Millionen Francs) verkauft, was diese Kulturen zum bedeutendsten Industriezweig der Region machte. 24 1 Franc 25 entsprach 1 Mark (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, „Tableau de Monnaies“). 25 Max Weber hatte Italien erstmals Anfang der 1880er Jahre, mit seinem Vater zusammen, besucht. Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 68. 26 Die über 6000 Quadratkilometer große Küstenregion „Landes“ zwischen Atlantik, Garonne und Adour, deren spezifische mikroklimatische Bedingungen und Bodenbeschaffenheit eine landwirtschaftliche Nutzung nahezu unmöglich machten, war unter Napoleon ab 1801 mit Strandkiefern kultiviert worden, auch um den jährlichen Landverlust durch Dünenwanderung einzudämmen (Agulhon, Apogée et crise (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 194). 27 Auch der Baedeker, Le sud-ouest de la France6, 1897, S. 197, beschrieb diese Stelzenläufer, die sich, auf einen Stab gestützt, auf 1,5 bis 2 Meter hohen Stelzen mit einer Geschwindigkeit von leicht 10 Kilometern pro Stunde durch die „Landes“ bewegt hätten.
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Weinbergen um Bordeaux und dieser Wüste ist ganz außerordentlich schroff. – Jetzt sieht man überall die Holzhütten der durch diese „innere Colonisation“28 geschaffenen Kleinbauern, und an den Kiefern fällt dem Fremden der an jedem Baum befi ndliche breite Streifenq von Rinde entblößten weißen Holzes auf, unter dem ein kleines Töpfchen für den herausfl ießenden Harz – das Hauptprodukt des Landstrichs – festgebunden oder hingestellt ist. – Marianne ist schon zu Bett, ich will auch brav sein und daher lieber schließen. Herzlichen Gruß! Max
q 〈abgeschälter〉 28 Anspielung auf die preußische Ansiedlungsgesetzgebung in Westpreußen und Posen (vgl. dazu ausführlich den Brief an Lujo Brentano vom 11. März 1896, oben, S. 163 mit Anm. 2 und 3).
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Helene Weber 7. September 1897; BK Guéthary und San Sebastián Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Max Weber verfaßte den ersten Teil des Briefes noch im französischen Guéthary, am Morgen vor der Abreise nach San Sebastián. Den zweiten Teil schrieb er nach der Ankunft dort. Der Brief enthält keine Schlußformel. Am Briefkopf des ersten Teils notierte Marianne Weber: „Wir sehnen uns sehr nach Nachrichten von Euch, die wir endlich in einigen Stunden in Irun oder San Sebastian zu finden hoffen!!“ Am Schluß des zweiten Briefteils aus San Sebastián findet sich ein längerer, zweiter Zusatz von Marianne Webers Hand. Über den weiteren Verlauf der Reise schrieb sie: „Morgen landen wir hoffentlich in Las Arenas u. hoffentlich behagt es uns dort, wenigstens für einige Zeit. Max meinte heute – ob es ihn wohl ausruhen würde an einem Orte zu bleiben – da er aber etwas arbeiten muß, bleibt ihm keine Wahl. [. . .] Max ist recht vergnügt, aber er knipst noch oft mit den Augen, das muß erst verschwinden. Er würde gern recht lange fortbleiben u. empfindet den Karlsruher Kursus als großes Opfer.“
HOTEL DE LA PLAGE à GUÉTHARY (Basses-Pyrénées) Guéthary, le 7. 7bre 1897 (Dienstag früh) Liebe Mutter! Wir haben zunächst hier Station gemacht, in unmittelbarer Nachbarschaft von Biarritz, um uns die französische Küste des Golfs anzusehen.1 Der kleine Fischerort liegt hoch über dem Meer, von der Altane2 des kleinen „Hotels“ sieht man den Leuchtthurm und das Vorgebirge bei Biarritz, steigt man etwas höher, so sieht man die Pyrenäen in langer Kette sich nach Spanien hereinerstrecken, und die schöngeformte Rhune3 als ihren Ausläufer in das Meer ragen. Als wir kamen, war der Himmel heiter, und Abends, als wir zu Fuß erst am Strande, dann oben auf der Chaussee nach Biarritz gingen, war er glänzend gelb, roth und violett illuminiert. Nach Biarritz kamen wir leider erst mit der Dämmerung, und konnten so nur einen allgemeinen Eindruck dieses offenbar großartig vornehmen und in der That wundervoll schön gelegenen, felsigen und von Parks und Schlössern umrahmten Ortes gewinnen. Aber die See ist hier, so weit bisher zu sehen, nirgends annähernd so stark wie in Ostende, Holland und den meisten Nordseebädern. Meist
1 Gemeint ist der Golf von Biskaya. 2 Ein balkonartiger, abgestützter Vorbau. 3 Der 905 Meter hohe Berg an der französisch-spanischen Grenze gilt als baskisches Wahrzeichen.
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liegen unterseeische Felsen vor, oft ist der Strand in Halbkreisbuchten, jedenfalls kann man sich hier nirgends so den Rücken von den Wellen gerben lassen wie bei uns. Allenfalls ist die (fast unbenutzte) Plage des Basques4 in Biarritz damit zu vergleichen. Heute regnet es und wir haben daher dasa Baden hier aufgegeben, bwarten damit vielmehr bisb San Sebastiánc, wo wir heute Nachmittag eintreffen. – Ferner giebt es hier keine Seebäder mittlerer Feinheit |:nach unsren Begriffen:| [.] Biarritz etc sind spezifisch hoch-aristokratisch, 5 mit glänzenden Hotels von wesentlich englischer Einrichtung. Die Seebäder, die unterhalb dieses Niveaus stehen, sind dagegen gleich ziemlich primitiver Art, zugeschnitten auf die kleinen Vermögen des weit breiteren französischen Mittelstands, der hier verkehrt. Die Primitivität wäre zu ertragen, wenn man das gleiche sichere Gefühl der Reinlichkeit hätte, wie in Holland, Friesland und England: Aber das ist in Frankreich und sicher ebenso in Spanien nicht der Fall. Manche intimen Gemächer sind derart schauderhaft und stehen kaum über der urwüchsigen Stange, auf der „les Vespasiennes“6 die Funktion der Schwalben des Tobias übernahmen,7 daß man sich die Zustände des Mittelalters in dieser Beziehung vergegenwärtigen kann undd menschlich mitempfi ndet mit jenen Übelthätern, welche sich des in den Städtestatuten des Mittelalters erwähnten „crimen quod vocatur Bogenschiß“8 (zum Fenster hinaus) schuldig gemacht hatten. Man möchte es am liebsten selbst thun und duckt sich in den Straßen bei jedem Balkon. – Gewaltig ist der landschaftliche Contrast zwischen den endlosen Fichtenwäldern und Heiden der „Landes“9 und dem Thal des Adour bei Bayonne, wo Mais, Wein, und üppige Wiesen mit schönem Lauba 〈[??]〉 b fahren vielmehr nach > warten damit vielmehr bis d 〈diese [??]〉
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4 Eigentlich Côte des Basques, ein wegen seiner außergewöhnlich starken Brandung nur wenig besuchter Strand (Baedeker, Le sud-ouest de la France 6, 1897, S. 210). 5 Biarritz galt als eines der renommiertesten Seebäder und als Treffpunkt der europäischen Aristokratie (ebd., S. 209). 6 Öffentliche Urinale, in Frankreich 1834 zunächst in Paris installiert. Die Bezeichnung geht auf den römischen Kaiser Vespasian zurück, der erstmals öffentliche Toiletten einführte. 7 Anspielung auf das alttestamentarische Buch Tobit (Tobias), 2, 9–10, in dem Tobit durch herabfallenden Kot brütender Vögel erblindet. 8 Lat. für: Das Bogenschiß genannte Verbrechen. 9 Vgl. hierzu Webers Beschreibung im Brief an Helene Weber vom 5. Sept. 1897, oben, S. 414 f. Gemeint sind wohl Kiefernwälder.
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wald abwechseln. Aber die Menschen sind dreckig. Eben präsentierte die propriétaire10 hier uns ein deutsches Kindermädchen, die mite einer Pariser Herrschaft hier ist, – aus Baden-Baden – ½ Jahr aus Deutschland fort, schon ebenso dreckig wie die hiesigen, und was das Tollste ist, schon halb gebrochen deutsch sprechend – nach 6 Monaten! f Ganz wie mit den Kellnern in Irland.11 Das deutsche Idiom muß unglaublich leicht zu vergessen sein. –
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HOTEL CONTINENTAL ST. SEBASTIEN San Sebastiáng 7. 9. Ich mußte den Brief abbrechen, weil der Zug nach Irúnh und San Sebastiáni abging. Wir passierten die vielbesungene Bidassoa12 nach Spanien hinein noch bei ganz leidlichem Wetter, so daß die schöne Ebene an der Meeresbucht von Irúnj, die Grenzforts und Wachthürme auf den Bergen, die alte Grenzfeste Fuenterrabíak13 und die dunklen Pyrenäen hinter den Mais-, Bohnen-, Wein- und Obstgärten sich schön präsentierten. In Irúnl holten wir Deinen und Alfreds Brief – über diese nachher – und dann begann es leider gründlich zu regnen, so daß die Fahrt durch die wundervoll grünen „Pasajes“14 nach San Sebastiánm viel von ihrer Schönheit einbüßte. Der ganze spanische Jammer tritt einem schon bald hinter der Grenze entgegen. Eine greuliche Bummelei, unpräcises Zugabfahren, wüthender Trinkgelddurst (für 50 Centimes zeigte uns vorhin ein Infanterie-Unteroffi zier das Fort auf dem Monte Urgull einschließlich der Geschützconstruktionen)15 |:um den Oke bei > mit f 〈Es〉 g O: Sebastian h O: Irun k O: Fuenterrabia l O: Irun m O: Sebastian
i O: Sebastian
j O: Irun
10 Frz. für: Eigentümerin. 11 Zu Max Webers Ausführungen über deutsche Kellner in Irland vgl. den Brief an Fritz Baumgarten vom 6. Sept. 1895, oben, S. 132. 12 Fluß in Nordspanien, der auf den letzten Kilometern vor seiner Mündung in den Atlantik die französisch-spanische Grenze markiert. Max Weber benutzt die französische Schreibweise. 13 Das 900 Einwohner zählende Dorf, als Grenzfestung mehrfach belagert und beschossen, empfahl der Baedeker als sehenswertes Zeugnis des „alten, verkommenen und heroischen Spaniens“. Vgl. Baedeker, Spanien, 1897, S. 9 f. 14 Gemeint ist die 14 Kilometer lange Bucht von Pasajes mit dem gleichnamigen Fischerort zwischen Irún und San Sebastián (Baedeker, Spanien, 1897, S. 10). 15 Das Castillo de la Mota, auf dem nördlich der Altstadt gelegenen Monte Urgull (Baedeker, Spanien, 1897, S. 13).
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troy16 in San Sebastiánn zu umgehen, forderte der Hotelportier 1 Peseta zur Bestechung:| dabei ein klassischer Schmutz, ewige Cigarillos, ewiges Spucken, Übervorteilen an allen Enden etc. Von diesem spanischen Eindruck muß jedoch die Stadt San Sebastiáno ausgenommen werden. Ich glaube, daß es nicht leicht einen schöner gelegenen Ort als sie geben wird. Sie liegt um eine hufeisenförmige Meeresbucht, an dem einen Schenkelende des Hufeisens liegt isoliert der |:mit Kastanien und Platanen:| bewaldete Monte Urgull, auf seiner Höhe das Fort, – dieses in einem Zustande, der es nur zum Bleisoldatenspielen verwendbar erscheinen läßt, – am anderen der Monte Igueldo, ein kahler, grün beraster Endkegel der Bergkettep, auf der Spitze der Leuchtthurm. In der Nähe dieses Hufeisenendes liegt vor derq einen Seite der Bucht noch die Felseninsel S[an]ta Clara mit ihrer kleinen weißen Kirche. Die Stadt liegt eben |:am Fuß des Mte Urgull:|, erstreckt sich aber nach dem Monte Igueldo zu um die Bucht amphitheatralisch empor, an diesem Ende liegen zuerst, vis-à-vis dem Ausgang der Bucht, die großen Hotels, vor ihnen der Strand, dann das Schloß der Reina-Regente,17 ein Bau, der mehr nach einem Bade-Casino aussieht, in bunten Ziegeln, mit Verandas, Balustradenr und spitzen Thürmen. Von unsrem Hotel aus sah man heute Nachmittag, nachdem ess etwas klarer geworden war, zuerst auf die |:blau-:|grüne Bucht, dann auf die dunklen Thorwächter, und dazwischen durch den Ausgang in den Ozean, und vom Monte Urgull aus konnte mant entlang der Küste des in allerhand Schattierungen schillernden Ozeans die hohe Küste und landeinwärts, mit dichten Wolken belegt, die dunklen Pyrenäen sehen. – Diese Schönheit bezahlt man freilich auch entsprechend teuer und wir werden froh sein, ihr morgen nach Bilbao zu entrinnen. Die Gesellschaft im Hotel ist ziemlich international, – so sprach mich vorhin der Correspondent des New York Herald für Europa an,18 der eben nach Marokko und Ägypten reist, um einen Artikel über Mahdi,19 Araber n O: Sebastian r O: Ballustraden
o O: Sebastian p Alternative Lesung: Bergketten s 〈auf〉 t 〈über〉
q 〈Bu〉
16 Eine kommunal erhobene Abgabe. 17 Die Regentin Maria Christina. Die zweite Frau des 1885 verstorbenen Königs Alfons XII. von Spanien regierte von 1885 bis 1902 für ihren 1886 geborenen Sohn (Alfons XIII.). San Sebastián war ihre Sommerresidenz. 18 Der Korrespondent ließ sich nicht zweifelsfrei ermitteln. Es könnte sich möglicherweise um den Journalisten Hubert Howard handeln, der in den 1890er Jahren für den New York Herald über den Mahdi-Aufstand berichtete und 1898 ums Leben kam. 19 Gemeint ist der seit den 1880er Jahren anhaltende, von Muhammad Ahmad ange-
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etc etc. im Allgemeinen zu schmieden, und dem ein Mann, der im Coupé gesessen habe und nach Buenos Ayres reiste, gesagt hatte, er habe früher in Berlin bei mir Handelsrecht gehört und mich wiedererkannt20 – ich fühlte mich ungemein gehoben! – ebenso treibt sich viel französisches Volk hier herum |:eben hört man auch eine Dame deutsch sprechen:|. Aber das Gros |:der Herren:| in dem großen Parterre-Flur des Hotels sind doch Spanier, welche mörderlich politisieren, und nebenan im Salon ist ein gewaltiges spanisches Geschnatter und sich-Abschmatzen der Damen. So schauderhaft, wie in Frankreich oft, sind die Toilettenkünste nicht, aber die Ohren von Damen von Tante Maries21 Umfang sind doch gelegentlich ganz heruntergezogen vonu daumengroßen Brillantgehängen, die Hüte sind meterhoch, und wenn sich die Gesichter auch über die absolute wirklich erschreckende Nichtigkeit der Französinnen etwas erheben, so sind sie im Ganzen doch schwatzende Seiden- und Blumenständer. Die Rüben vollends mit den alten Gesichtern sind erträglich, wo sie unter sich sind, aber diese widerlich koketten Weiber sind um sie herum und es ist ein Wesen, daß einem ganz übel werden kann. –
u 〈Daumengroßen〉 führte Mahdi-Aufstand im Sudan. Der gegen die britische Kolonialherrschaft gerichtete Aufstand wurde 1898/99 durch eine britisch-ägyptische Armee niedergeschlagen. 20 Max Weber las vom Wintersemester 1892/93 bis zum Sommersemester 1894 regelmäßig in Berlin Handelsrecht (vgl. MWG III/1, S. 52–54). Der betreffende Hörer ist nicht ermittelt; die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität nicht überliefert. 21 Marie Schnitger.
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Helene Weber 8. September 1897; Deva Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals)
halbwegs zwischen San
Deva (Prov. Vizcaya) und Bilbao am Meer 8. 9. 97
Sebastiána
Liebe Mutter! 5
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Ende gut, Alles gut. Das kleine spanische Nestchen, in das wir heute halb zufällig gerathen sind, übertrifft Alles, was wir bisher an Bädern gesehen haben an Reiz so sehr, daß wir wohl, statt nach Las Arenas1 weiter zu gehen, hier 12–14 Tage bleiben werden.2 Heute Morgen in San Sebastiánb offenbarte sich die ganze spanische Schweinerei zunächst in Hochblüthe. Ich hatte Wecken bestellt, um mit dem Frühzug über Zumárragac nach Bilbao zu fahren. Natürlich waren die Stiefel nicht geputzt (im ersten Hotel, mit pro Person 20 Francs Tagespension). Dann kam kein Omnibus; |:trotzdem er auf der Rechnung stand:| [.] 3 Schließlich nötigte ich das Bureauweib, uns eine Droschke zu zahlen.4 Auf der Bahn öffnete trotz allen Klopfens kein Mensch den Schalter. Schließlich kam der „Jefe“5 und erklärte, der Zug ginge heute nicht. Warum nicht, weiß ich nicht. Inzwischen kam der Hotel-Omnibus, den ich auf Rath des „Jefe“ bestach, uns an die andre Station zu a O: Sebastian
b O: Sebastian
c O: Zumarraga
1 Ein Seebad unmittelbar bei Bilbao. 2 Der Baedeker, Spanien, 1897, S. 20, erwähnt zu Deva: „in hübscher Lage am Monte Anduz, als Seebad viel besucht, mit unbedeutendem Hafen“. Nach einer guten Woche Aufenthalt wechselten Max und Marianne Weber am 16. September dann doch nach Las Arenas (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [15. Sept. 1897], Abschrift, von der Hand Emmy Baumgartens, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Ein eigener Hotel-Omnibus (Coches) war nicht nur in größeren Städten üblich (vgl. Baedeker, Spanien, 1897, S. XXI). 4 Der Baedeker, ebd., S. XXVI, verwies in seinen einführenden Hinweisen auf die notwendige Eigenständigkeit des Reisenden: „Auskunft über Verkehrsverhältnisse, die Schalterstunden der Post, Besuchszeiten von Kunstsammlungen u. dergl. wird selbst in den Bureaus der Gasthöfe nur selten in ausreichender und zuverlässiger Form erteilt, die Lohnbediensteten aber, wie Portiers, Kellner u. a., sind sowohl wegen ihres geringen Bildungsgrades wie wegen ihrer Gleichgiltigkeit gegen alle außerhalb ihres engeren Berufes liegenden Dinge zu einer derartigen Unterstützung des Fremden unfähig.“ 5 Span. für: Chef, Leiter, Vorsteher.
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fahren, um nach |:Zarauz und:| Deva,6 die Küste entlang, und eventuell von da nach Bilbao zu fahren. Angekommen, zeigte sich, daß ein Zug um 11 Uhr gehen sollte. Also in die Stadt bis dahin, wo sich zeigte, daß außerhalb der üblichen Mahlzeiten hier so wenig wie in England etwas außer Käse und zu haarsträubenden Preisen zu haben ist. Um ¾11 an der Station, begierig dort auch eine „Retrete“7 zu fi nden. Keine da! freundliche Aufforderung des dortigen „Jefe“ (= Chef) die Hinterwand des Bahnhofs zu dekorieren. Und richtig, im Drang der Umstände haben wir schließlich beide von der Station herab das „crimen“, von dem ich gestern schrieb,8 begangen. – Es war schönes Wetter geworden, man fuhr zunächst per Bahn durch üppige Thäler, graugrün die Berge, gelbgrün die Kastanien, dunkelgrün die Platanen, hellgrün die Wiesen, Alles Frühlingsfarben, nur die Hunderte von Pfi rsichbäumen, jeder über und über voll rotherd Früchte, die Tausend-weise auf dem Boden verfaulten, belehrten eines andern. Dann, von dem Seebad Zarauz, nordwestlich S. Sebastiáne, in enger Diligence9 mit fünf stinkfaulen Postpferden davor, zuerst auf der Felsenstraße am blauen Ozean, mit vorlagernden hohen Felsinseln, durch schmale Stege mit dem Lande verbunden, oben Kapellen und halbverwitterte alte Forts, in tiefe Felsbuchten hinein, an Nestern vorüber, die in den schmalen Flußmündungen dicht um die aus nichts als Strebepfeilern bestehende, fast fensterlose flachgedeckte Kirche gedrängt und an sie angebaut in den Felsen kleben. Dann wohl 1000 Fuß hoch zu einem Nest auf den Bergen ansteigend, und schließlich hierher hinab, nach 3½ Stunden. Unterwegs stürzen sich uns ein halbes Dutzend kichernde und kreischende Bauernmädel auf den Schoß, die der lustige Kutscher mitnimmt. Musik auf den kleinen Märkten der Nester, dazu tanzen die Mädchen reizend graziös, schon die Kinder. Überall in den engen Gassen Balkons vor den Fenstern, über welche die Vorhänge lang herunterhängen, dahinter schwarze lustige Köpfe. Prachtvolle Bauerngestalten mit glatt rasierten Bankiersgesichtern, in blauen Tuchjaquettesf und -Hosen, gestärkten Leinenhemden und -Manschetten. Hier ein d O: rothe
e O: Sebastian
f O: Tuchjaquets
6 Von San Sebastián aus fuhr eine Nebenbahn entlang der Küste bis nach Zarauz; von dort „Diligencen-Verbindungen“, pferdegezogene Omnibusse, bis Deva (Baedeker, Spanien, 1897, S. 13). 7 Span. für: Toilette. 8 Vgl. den Brief an Helene Weber vom 7. Sept. 1897, oben, S. 417 mit Anm. 8. 9 Vgl. oben, Anm. 6.
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Hotel, in dem natürlich, wie durchweg, kein Mensch etwas andres als spanisch versteht. Eine offene Felsenbucht mit Strand, auf den die Wogen des Ozeans hereinrollen, an der Mündung eines freundlichen schmalen Flußthälchens, mit hohen Zackenbergen dahinter, wenn man die Felsenstraße hinausgeht, nichts als Felsenküste und Ozean, so weit das Auge reicht. Eine unendlich primitive „Kapelle“ vor dem Haus, die Tänze aufspielt, zu denen die Mädchen tanzen, Wände für baskische Ballspiele, eine primitive Promenade, eine Frau Wirthin, die sich über uns halb totlacht, spanische Küche – mundete prachtvoll, nachdem wir seit 7 Uhr nichts als 2 Mal Café au lait genossen hatten. Dabei für uns beide 14 pesetas Pension (die Peseta kaufte ich zum Curse von etwas unter 56 ) – (also à Person 34 / 5g Mk) [.]10 Leider fanden wir keinen Brief in San Sebastiánh. Ich habe wohl die Adresse zu spät gegeben. Ich bestelle uns die etwaigen Briefe von dort hierher nach. Nach Bilbao reise ich übermorgen auf einen Tag hin.11 Morgen mehr. Wir bleiben jedenfalls hier. Adresse: Señor D. Max Weber, Professore, Deva chez San Sebastiáni, Éspagne via Bordeaux Hotel Deva Herzlichen Grußj
g Unsichere Lesung. Fotokopie.
h O: Sebastian
i O: Sebastian
j Unterschrift fehlt in
10 Hotels kosteten (außer in Madrid) zwischen 6 und 15 Pesetas, abseits der Touristenrouten waren sie günstiger. Der Baedeker, Spanien, 1897, S. XXI und XI, gab den Wert der Peseta noch mit 81 Pfennig an, verwies aber auf den ständig fallenden und schwankenden Kurs. 11 Die Tour nach Bilbao verschob sich um einen Tag auf den 11. September (vgl. den Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1897, unten, S. 427–431).
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Helene Weber 10. September 1897; Deva Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Im eingangs erwähnten Brief Marianne Webers vom 10. September 1897 aus Deva gab sie Helene Weber eine ausführliche Beschreibung von Hotel und Umgebung und teilte ihr ferner mit: „Seit vorgestern sind wir nun in Ruhe und ich hoffe, daß wir es 10–12 Tage aushalten werden, das wäre auch für Maxens Erholung gut, wir haben letzthin in den unruhigen Hotels wenig geschlafen und seit wir seit gestern ganz ohne Eisenbahn- und Hotelsorgen sind und nicht mehr so viel zu schimpfen haben – denn das gehört nun mal so dazu und Maxchen thut es ausgiebig – kommt bei ihm die Abspannung erst recht zur Geltung, er möchte viel schlafen und behauptet st. . .faul zu sein.“ (Abschrift, von der Hand Emmy Baumgartens, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Deva 10/9 97 Liebe Mutter! Einige Zeilen möchte ich Mariannes Brief noch hinzufügen, da ich morgen, wo ich in Bilbao und Portugalete (resp. las Arenas)1 sein werde, kaum dazu komme. Wir sind im Ganzen bis auf das Wetter recht gut gefahren.2 Manche Eigenarten der Kost muß man ja erst capieren: so ist es Geschmacksache, ob man für die täglichen weißen Bohnen und Taubenei-großen Erbsen mit Speck fanatisiert ist, ebenso für das |:Anmachen der Gemüse, das:| Braten der Fische und der – ausgezeichneten, aus fein geriebenen Kartoffeln mit Milch angerichteten – Pufferts mit Öl statt – Margarine (ich ziehe Öl vor). Wie man frühera „Doppelbier“3 unterschied, so kocht man hier „Doppelsuppe“ aus Rindfleisch und Huhn, das bis zur völligen Geschmacklosigkeit ausgelaugte Fleisch erscheint dann mit besagten Bohnen als erstes Gericht. Ferner berührt es uns etwas kindlich, wenn, um die maßlos große Zahl der Gänge voll zu machen, welche das ausgehängte Schild verspricht, als ein Gang einfach Kartoffeln erscheinen. Dagegen sind die Fische, zumal frische Sardinen, die hier gefangen werden, die Beefsteaks von ganz jungem Vieh etc. sehr gut, ebenso der schwarze Wein à discréa anderwärts > früher 1 Hafenstadt und Seebad an der Nervión-Mündung in die Bucht von Bilbao. 2 Marianne Weber berichtete in ihrem Brief vom 10. Sept. 1897 (wie oben, Editorische Vorbemerkung) über den verregneten Vortag: „Max hat ein wenig gearbeitet und gelesen – wenn nun nur ein frischer Seewind käme, der würde uns guth tun und vergnügt machen.“ 3 Gemeint ist Starkbier.
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tionb,4 und man wird knallig satt. In der Pension ist auch das Bad eingeschlossen, mit höchst dezenten, d. h. Mann wie Weib bis an Hals, Ellbogen und Knie umhüllenden Badetrachten und einem caballero5 – so heißt hier vom Hausknecht an Alles – der die Honneurs macht und wenn bei Herren oder Damen |:z. B.:| die Badehosen rutschen, Miene macht, sehr handgreifl ich Hülfe zu leisten. Morgen wird sich Marianne mit ihm allein vergnügen müssen. – Auch das hierzulande charakteristischerweise einfach „la miseria“6 genannte Ungeziefer hat sich Gott sei Dank nur in Gestalt von Flöhen eingestellt.7 Vom Lande haben wir erst wenig gesehen, nächste Woche wird das anders. Jedem muß sofort der schöne Bauernschlag auffallen. Die stolze Freiheit des Wesens, die den spanischen Bauern im Norden und in der Mitte des Landes überhaupt auszeichnet, ist hier mit kaufmännischer Klugheit gepaart: aus dem glattrasierten Gesicht, mit zahlreichen Falten um den ironischen Mund schauen diec lebhaften Augen förmlich lustig heraus. In den baskischen Provinzen beherrscht der Einzelhof die Landschaft, den Mittelpunkt auch des bäuerlichen Lebens bilden die zahlreichen kleinen, oft sehr kleinen Städte. Überall kleine Häfen für die Fischer, aber auch für den Schmuggel. Ein solcher ist auch hier, dazu streckt unterd dem Berge her in einem Tunnel der Verkehr einen Finger in Gestalt einer kleinen Sekundärbahn her.8 Draußen an der Küste tritt hie und da neben dem Schiefergestein die Steinkohle zu Tage. Erst seit zwei Jahrzehnten wird der Eisenerzbau bei Bilbao, mit jetzt gewaltig zunehmenden Dimensionen, betrieben.e9 Dazu das relativ kühle Klima, in starkem Gegensatz gegen den Süden. Während der Südabhang der Pyrenäen und ihre Fortsetzung sich in das |:zum Teil:| halbwüste Salzplateau Castiliens und Aragoniensf hinabsenkt, ist hier Überfluß an Niederschlägen, es regnet jetzt fortwährend und keine Spur von b Alternative Lesung: discretion den〉 f O: Arragoniens
c 〈lustigen〉
d durch > unter
e 〈Während
4 Frz. für: nach Belieben. 5 Span. für: Herr, Gentleman. 6 Span. für: Elend, Misere. 7 Der Baedeker empfahl Spanienreisenden sich gegen Ungeziefer am besten schon in Deutschland mit „persischem Insektenpulver“ auszustatten (Baedeker, Spanien, 1897, S. XXII). 8 Sekundärbahnen, auch Lokal- oder Nebenbahnen genannt, dienten vor allem der Anbindung ländlicher Räume. 9 Zum Eisenerzabbau vgl. ausführlicher den Brief vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 436–447, mit Editorischer Vorbemerkung.
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Herbststimmung liegt in der Vegetation. Wasserkräfte hat das Land in Fülle, und sobald die Technik ihrer Voll-Ausnutzung entsprechend fortentwickelt sein wird,10 kann die ganze Küste im Norden Sitz eines Gewerbes in den wirtschaftlichen Formen des Occidents werden,11 wie es weiter östlich in Catalonien schong im Entstehen begriffen ist,12 nachdem die orientalischen Formen des Gewerbes im Süden seit dem 15ten Jahrhundert für immer erloschen sind.13 Zur Zeit ist noch immer – wennschon zufolge der Zölle weniger als früher – die französische Reblaus Quelle des Wohlstandes des Landes auch hier im Norden.14 Aber schwerlich auf die Dauer, so schön der nicht verschnittene Landwein auch ist.15 Für heute genug, herzlichen Gruß, Max
g 〈besteht,〉 10 Spanien verfügt im Norden über erhebliche Wasserkraftressourcen. Deren Bedeutung war bereits bekannt, die elektrische Nutzung der Wasserkraft setzte allerdings erst um die Jahrhundertwende ein, auch wegen der für große Wasserkraftanlagen notwendigen hohen Investitionen (Loscertales, Javier, Deutsche Investitionen in Spanien 1870–1920. – Stuttgart: Franz Steiner 2002, S. 141 f.; hinfort: Loscertales, Deutsche Investitionen). 11 Aufgrund der durch den Eisenerzexport erzielten Gewinne (vgl. hierzu die Editorische Vorbemerkung zum Brief vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 436 f.) entwickelte sich die baskische Provinz Vizcaya tatsächlich zum Zentrum der spanischen Schwerindustrie, der Handelsschiffahrt sowie des Finanzsektors. Zwischen 1880 und 1930 wurden zwei Drittel des spanischen Roheisens dort produziert (Bernecker, Walther L. und Segura, Francisco Simón, Spanien 1850–1914, in: Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, hg. von Wolfram Fischer, Band 5: Europäische Wirtschafts- und Sozialgeschichte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. – Stuttgart: Klett-Cotta 1985, S. 664–686, hier: S. 681). 12 Katalonien hatte sich im 19. Jahrhundert zur führenden Industrieregion Spaniens entwickelt. Basis war die Textilindustrie, die verschiedene verarbeitende Industrien nach sich zog. In Barcelona war um 1900 40% der spanischen Industrie ansässig. Befördert wurde diese Entwicklung unter anderem durch die Gewinne des Textilhandels, eine hohe Investitionsbereitschaft der katalanischen Industriellen und einen beständig hohen Zustrom an Arbeitskräften (Bernecker/Segura, Spanien 1850–1914 (wie Anm. 11), S. 681 f.). 13 Anspielung auf die spanische Reconquista, die 1492 mit der Übergabe Granadas durch Muhammad XII. an Königin Isabella endete. 14 Zur französischen Weinkrise und der Zollgesetzgebung von 1892 vgl. den Brief an Helene Weber vom 5. Sept. 1897, oben, S. 408–415, sowie die Editorische Vorbemerkung ebd. 15 Ein großer Teil des nach Frankreich exportierten einfachen spanischen Weines wurde dort mit dem leichteren französischen Wein verschnitten (Tortella, Gabriel, The Development of Modern Spain. An Economic History of the Nineteenth and Twentieth Centuries. Translated by Valerie J. Herr. – Cambridge, Mass. und London: Harvard Univ. Press 2000, S. 92 f.; hinfort: Tortella, Development of Modern Spain).
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Helene Weber 12. September 1897; Deva Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Dieser und der folgende Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. September 1897, unten, S. 436–447, stehen in Zusammenhang mit Max Webers Eindrücken zur industriellen Entwicklung der baskischen Küstenregion, die er besonders während seiner Fahrt nach Bilbao am 11. September 1897, sowie eines Besuchs der baskischen Eisenerzgruben am darauffolgenden Samstag, dem 18. September 1897 sammeln konnte. Zum Kontext vgl. ausführlich die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. September 1897, unten, S. 436 f.
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Weder in San Sebastiána noch in Bilbao sind – so scheint es – bisher Briefe von Euch eingetroffen. Hoffentlich hören wir in den nächsten Tagen hierher etwas, denn unsreb Nachrichten liegen nun schon der Zeit nach fast 14 Tage zurück. Möglich ist auch, daß die spanische Post-Schweinerei Schuld an Allem trägt und die Beamten, denen ich meine Adresse zurückließ, die Briefe einfach verbummeln. – Gestern Abend habe ich im deutschen Club in Bilbao – Skat gespielt, bei Pilsner Bier, und mit dem Consul,1 bei dem ich vorher zu Abend gegessen und glänzende Moselweinec – doch noch etwas Anderes als die hiesigen Getränke – vorgesetzt erhalten hatte, nachdem er sich als Kartellbruder aus Tübingen entpuppt hatte.2 – Die Fahrt nach Bilbao durch das Bergland gehört zum Schönsten was ich gesehen habe. Kastanien, Platanen und Eichen füllen die Thäler; wo sie sich erweitern, wächst in ihrem Grunde Mais und die spanische Pfefferstaude, die |:beide:| mit ihren großen und glänzend-dunkelgrünen Blättern den gesättigten Farbenton der bestellten Felder ergeben. Überall kleben an und zwischen den Bergen die kleinen Nester, dicht geschaart um ihre, mit Ausnahme einer |:d. h. ornamentlosen runden Öffnung:| Rose auf der einen Schmalseite und einemd hoch oben befi ndlichen Fenster in der eia O: Sebastian
b Alternative Lesung: nähre
c O: Moselwein
d 〈hohen〉
1 Dr. Eugen Erhardt. Seit längerem als Kaufmann in Bilbao ansässig, übte er dort seit 1891 das Amt des Wahlkonsuls aus (so der eigenhändige Lebenslauf von Hermann Eugen Erhardt, Bilbao, vom 25. April 1891, PA AA Berlin, R 252294). 2 Eugen Erhardt hatte Ende der 1870er Jahre in Tübingen Rechtswissenschaft studiert.
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nen Langseite fast stets ganz fensterlosen, unregelmäßigen [,] |:Kirche, die:| fast nur aus Wänden, Strebepfeilern und dem ganz kurzen viereckigen, an irgend einer Ecke aufgesetzten Glockenturm besteht. (– So auch die Kirche von Deva. Sie alle sehen äußerlich höchst unansehnlich, nur ziemlich groß, wie Befestigungen aus. Tritt man in den dunklen Raum, so sieht man, daß seine meist „frühgothischen“e Wölbungen |:dennoch durchaus regelmäßig,:|f meist dreischiffig gegliedert sind und das Innere mit großer Liebe, oft wirklich schön, ausgestattet ist. Jeder Besucher bringt, um lesen zu können, sein Lichtchen mit und kniet daneben auf der Erde, ein ganz eigentümlicher Anblick.) – Die Bahn nach Bilbao fährt 2 Stunden durch diese reizende, im ganzen Aufbau gradezu deutsch anmuthende, nur üppigere und etwas farbenreichere Berglandschaft, bis auf einem Hochplateau bei Durango, einem von üppigen Gärten umgebenen kleinen Städtchen, plötzlich südlich wie eine ungeheure Säge die Klippen der hohen kahlen, in allen denkbaren Formen gezackt und schief in die Luft ragenden Berge hervortreten, welche Castilien nördlich begrenzen.3 Man behält dann diese und ähnliche Bergformen in Sicht, wenn man in dem Gartenthal des Nervion nach Bilbao hinabsteigt. Bilbao selbst liegt in dem immerhin engen Thal, umgeben von hohen Bergen, dicht am Fluß, der hier bis in die Stadt von der Fluth angestaut wird, so daß zur Fluthzeit die größten Schiffe bis an die Stadt kommen.4 Der Mangel an Platz treibt die Häuser 5–6 Stock hoch in die Höhe, die schmalen Straßen |:der Altstadt:| lassen ebeng noch den Himmel sehen, jedes Haus hat entweder seine Serie von 5 Balcons über einander, über jeden der Vorhang herabhängend, oder – moderner – einen 5 Stockwerke hohen Glaskasten vom 1 Stock an – eine Serie von Erkern aus Holz und Glas. Nervion-abwärts breitet sich die moderne Neustadt aus, rapide wachsend, denn Bilbao ist in schnellster Entwicklung begriffen.5 Schon in den Bergthälern auf der Fahrt und bei Spaziergängen von hier aus, bemerkt e „frühgothisch“ [??] > „frühgothischen“
f 〈doch〉
g Alternative Lesung: oben
3 Südlich der am gleichnamigen Fluß in einem Hochtal gelegenen Kleinstadt erhebt sich das Gebirgsmassiv Peñas del Duranguesado. Es begrenzt allerdings nicht den Norden Kastiliens, sondern die südlichste baskische Provinz Álava. 4 Durch die Kanalisierung des Nervión 1878 war Schiffen bis zu 2000 Tonnen eine Einfahrt möglich (Baedeker, Spanien, 1897, S. 22). 5 Zur ökonomischen Entwicklung Bilbaos und der baskischen Provinz Vizcaya vgl. den Brief an Helene Weber vom 10. Sept. 1897, oben, S. 425 f. (mit Anm. 11), sowie den Brief an dies. vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 436–447.
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man, daß nicht nur unser „Hotel“, sondern alle Landsitze, alleh die malerischen dreckigen Nester der Küste elektrisch beleuchtet sind – von Siemens & Halske (dessen Ingenieur ich in Bilbao kennen lernte) 6 unter Ausnutzung der Wasserkraft,7 – sondern daß auch, bis hoch in das Gebirge hinauf, kleine Brutstätten des Capitalismus sich eingenistet haben, hier Cementwerke, dorti Maschinenfabriken, Stahlwerkej, Eisenhütten, Möbelfabriken etc. In Bilbao selbst und eine halbe Stunde flußab- und aufwärts aber verändert sich dies ganze Landschaftsbild. Über das Thal und die Berge hin führen Viadukte, Drahtseilfähren für Kohlen- und Erzeimer, Eisenbahngleise, Schüttvorrichtungen bis zum Fluß herunter, die Eisengruben hier, zur Zeit in dieser Art wohl die größten der Welt, haben schon ganze Berge vollständig abgetragen und sind weiter am Werke.8 Die Entwerthung des Papiergeldes führt dazu, daß die 3 Peseta Lohn jetzt nur noch ⅔ soviel, in Mark ausgedrückt, für den Unternehmer kosten, wie früher, als der Lohn auch 3 Peseta betrug,9 und die Arbeiterschaft, die aus |:dem Nachwuchs:| der prachtvollen, klugen und kräftigen, durchaus modern |:und nordeuropäisch:| gearteten Bauh 〈D〉
i 〈zu Ei〉
j O: Stahl〈sch[??]〉werke
6 Es handelt sich wahrscheinlich um den von Marianne Weber in einem undatierten Brief namentlich genannten, „Max von Bilbao her bekannten Ingenieur Rühle“, mit dem sie am 15. September einen Tagesausflug unternahmen (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [15. Sept. 1897], Abschrift von der Hand Emmy Baumgartens, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Ernst Ruehle war in den 1890er Jahren für die Madrider Niederlassung von Siemens & Halske tätig (Siemens-Archiv München, SAA 4173; mit schriftlicher Auskunft des Siemens-Archiv München vom 23.10.2013). 7 Die Einführung elektrischen Lichts erfolgte in Spanien vergleichsweise früh und zunächst in kleinen Ortschaften. Genutzt wurde neben der Dampf- auch die vor Ort verfügbare Wasserkraft. 1898 gab es in 39 von 48 Provinzen in allen Orten mit mehr als 4000 Einwohnern elektrische Beleuchtung (Lietke, Arthur, Elektrische Anlagen in Spanien, in: Elektrotechnische Zeitschrift, 19. Jg., 1898, Nr. 18, S. 277–279, bes. S. 278). An deutschen Unternehmen war neben der Berliner „Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft“ auch die 1847 gegründete Firma Siemens & Halske in Spanien engagiert. Sie stieg in den 1890er Jahren verstärkt ins spanische Elektrizitätsgeschäft ein, installierte 1895 ein eigenes „Technisches Büro“ und baute vor allem kleinere Anlagen (vgl. Loscertales, Deutsche Investitionen (wie oben, S. 426, Anm. 10), S. 136–143 und 207–210). 8 Zum Eisenerzabbau bei Bilbao vgl. insbesondere den Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 436–447 (mit Editorischer Vorbemerkung). Dort beschreibt Max Weber ausführlich seinen Besuch einer Grube der Orconera Iron Ore Co. Ltd. 9 Aufgrund des chronischen Staatsdefizits (vgl. unten, Anm. 17) und des hohen Banknotenumlaufs erfolgte seit den 1880er Jahren eine sukzessive Abwertung der Peseta. Durch den Krieg in Kuba 1895 (wie unten, Anm. 16) erhöhte sich die Geldumlaufmenge nochmals.
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ern herangezüchtet wird, soll vorerst allenk Anforderungen mehr als gerecht werden, zugleich wurde Fabelhaftes über das Maß der Ausbeutung, Truck, Cottage etc. in den trivialsten Formen vonl Anfang des Jahrhunderts in England erzählt.10 Unter diesen Umständen kann zur Zeit Eisen nach England exportiert werden und wird es zunehmend.11 Nach 20|:–30:| Jahren freilich werden die Eisengruben erschöpft sein, dann kommen die jetzt noch unzugänglichen Gruben in Galicien und Asturien an die Reihe und Bilbao ist gewesen.12 Aber vorerst stehen noch 2 Jahrzehnte rapider capitalistischer Entwicklung bevor, und wenn neben der großen catalonischen Textilindustrie bei Barcelona,13 die Eisengruben der Pyrenäen, jetzt noch ohne Eisenbahn, erschlossen sind und der Kohlenzoll,14 der jetzt noch die Entwicklung der Eisenindustrie hemmt,m15 den Kohlenbergbau entsprechend gefördert haben wird, um wegzufallen, kann der Norden Spaniens Schauplatz einer industriellen Entwicklung werden, deren Entwicklungsfähigkeit allerdings vorerst durch die traurigen politischen Ereignisse weit zurückgedämmt werden kann. Die Madrider Zeitungen scheinen zum Teil Cuba k 〈Auf〉
l 〈A〉
m 〈und〉
10 Das Truck-System war eine in Großbritannien während der Frühindustrialisierung verbreitete Methode, Arbeiter mit Waren (meist zu überteuerten Preisen) statt mit Geld zu entlohnen. Das Cottage-System bestand im Bergbau in der Zwangsvermietung von Wohnungen, deren Miete gleichfalls vom Lohn abgezogen wurde. Vgl. MWG III/4, S. 136, 200, 294, 348 und S. 357. 11 Exportiert wurde vor allem Eisenerz. Spanien war Ende des 19. Jahrhunderts der größte Eisenerzexporteur Europas (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 436 f.). Zur im europäischen Vergleich eher marginalen Eisenerzeugung vgl. unten, Anm. 15. 12 Die noch schlechte Verkehrsanbindung sowie die geringere Qualität des dort lagernden Erzes hemmten den industriellen Aufschwung der Provinz Asturien. Max Webers Prognose zur Erschöpfung der Eisenerzvorkommen bei Bilbao bewahrheitete sich nicht, die Attraktivität der dortigen phosphorarmen Erze ließ allerdings mit der Durchsetzung des Thomas-Verfahrens zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach. 13 Zur führenden Rolle der katalanischen Industrie vgl. den Brief an Helene Weber vom 10. Sept. 1897, oben, S. 426, Anm. 12). 14 Nach einer Phase des Freihandels kehrte Spanien in der Restaurationszeit zum Protektionismus, ab 1890 zur Hochzollpolitik zurück. Der spanische Zolltarif von 1892 war ausgesprochen protektionistisch: Für Kohle, die zum großen Teil importiert wurde (vor allem aus Großbritannien), verdoppelten sich Maximal- und Minimaltarif (Gwinner, Handelspolitik (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 112 und S. 116–118). 15 Zwar entwickelte sich durch die Gewinne des Eisenerzexports ab den 1880er Jahren auch die baskische Eisen- und Stahlindustrie, die Produktion blieb allerdings weit hinter anderen europäischen Erzeugern zurück (Tortella, Development of Modern Spain (wie oben, S. 426, Anm. 15), S. 88–90).
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schon verloren zu geben.16 In jedem Fall schreitet der latente Staatsbankrott langsam weiter fort.17 Eine der bisher stärksten |:Einkommens- und damit:| Steuerquellen, der Wein, hat seine große Zeit hier auch hinter sich.18 An der Mündung des Nervion, der bis dahin von Bilbao an – ½ Stunde mit der elektrischen Bahn – ein einziger Kai ist, liegen an der großen, von hohen Küsten, an der einen Seite vonn einem ganz ungeheuren spitzen Kegel, eingefaßten Ria de Bilbao19 der Hafen Portugalete und der Badeort Las Arenas einander gegenüber, über den Nervion hinüber verbunden durch eine Schwebefähre, d. h. je einen kirchthurmhohen graziösen Eisenpfeiler auf jeder Fluß-Seite, verbunden durcho Eisengehänge und -gestänge, an welchem, tief bis auf die Uferhöhe herabhängend, eine Fähre in der Luft über dem Fluß schwebend sich hinund herbewegt.20 Landschaftlich schöner ist es hier, nur hätte man in Las Arenas Anschluß nach Bilbao gehabt. – Wir sind aber hier, nachn Fehlt in O; von sinngemäß ergänzt.
o 〈eiserne Querbalken aus〉
16 1895 waren Proteste und Unruhen in der spanischen Kolonie Kuba in einem Unabhängigkeitskrieg kulminiert. Der Versuch der Regierung Cánovas, den Aufstand militärisch niederzuschlagen, scheiterte ebenso wie der ab Oktober 1897 durch den neuen Regierungschef Sagasta eingeschlagene Kurs, Kuba Autonomie zu gewähren. Das Eingreifen der USA und die Niederlage im Spanisch-amerikanischen Krieg 1898 besiegelten den Verlust der spanischen Überseekolonien. Vgl. Bernecker, Walther L. und Pietschmann, Horst, Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, 2. überarb. und erw. Auflage. – Stuttgart, Berlin und Köln: W. Kohlhammer 1997, S. 265 f. (hinfort: Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens). 17 Der spanische Staatshaushalt war während des gesamten 19. Jahrhunderts chronisch defizitär. Die seit langem angewachsene Staatsschuld und die laufenden Haushaltsdefizite wurden durch immer neue Staatsanleihen mit steigender Zinslast kompensiert. Zu Beginn der 1890er Jahre, noch ehe der Krieg in Kuba die Lage weiter zuspitzte, betrug die Staatsschuld (bei einem Budget von rund 760 Millionen) ca. 6,5 Milliarden Pesetas (Gwinner, Handelspolitik (wie oben, S. 408, Editorische Vorbemerkung), S. 83; sowie Heckel, Max von, Die Finanzen Spaniens, in: Finanz-Archiv. Zeitschrift für das gesamte Finanzwesen, Jg. 10, 1893, Band 2, S. 113–189, S. 185, der für Juni 1892 die Zahl von 6,2 Mrd. Pesetas angibt). 18 Zum massiven Profit des spanischen Weinbaus durch die Weinkrise in Frankreich vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Helene Weber vom 5. Sept. 1897, oben, S. 408. In den 1890er Jahren geriet er dann selbst in die Krise. Die Reblaus breitete sich auch in Spanien aus, die Zolltarife von 1892 hatten dem fast ungehinderten Export nach Frankreich ein Ende gesetzt und der französische Weinbau begann sich zu erholen. 19 Ría bezeichnet eine tief ins Land hineinreichende, lange Meeresbucht. 20 Die Puente Vizcaya, 1893 vom baskischen Ingenieur Alberto Palacio Elissague erbaut. Die Schwebefähre über den Nervión verbindet bis heute Bilbao mit dem Hafen Portugalete und dem Seebad Las Arenas. An einer Stahlkonstruktion hängend, konnte sie in einer Minute 200 Passagiere befördern (Baedeker, Spanien, 1897, S. 24).
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dem schönes Wetter eingetreten ist, sehr zufrieden. Wir gingen gestern Abend, als das Meer in allen Regenbogenfarben spielte, die Felsenküste entlang bis zum nächsten Flußausgang. An diesem liegt ein allerliebstes kleines Felsennest die Felsenbucht hinaufgeklebt, davor |:– wie überall –:| ein aus zwei gemauerten Pieren, zwischen denen ein schmaler Einlaß frei bleibt, bestehendes kleines Miniatur-Hafen-Exemplar, gefüllt mit buntbewimpelten Fischerbooten. Auf dem Rückweg stieg der Mond dunkelroth aus dem Meer. Heut fuhren wir nach der andren Seite einige Stunden durch schönes, unwillkürlich an Thüringen und die |:Thäler und:| Berge in der Heimath Luthers erinnerndes Bergland nach Azpeitiap, einem kleinen, wie alle diese Nester, am Mittag von Markt, Bauern, Schweinen, Spektakel aller Art erfüllten Nest in einem freundlichen und fruchtbaren, rings von Bergen, teils kahlen grauen Kuppen, teils grün bewaldeten Gipfeln, umschlossenen Hochthal. Eine Viertelstunde davon liegt, inq lachenden Wiesen und Gärten, das Kloster Loyola, erbaut auf der Geburtsstätte des Hl. Ignaz21 und alle Reminiscenzen an denselben conservierend, neustens durch eine trotz des schwarzen Marmors im Innern zufolge ihrer zopfigen Überladenheit unschön wirkende Kirche, und im Übrigen jetzt Convikt.22 Nach dem Essen in einem dabei liegenden Hotel wurde man zunächst, in Begleitung von Bauern, |:einem:| Capuziner, einem jungen Zögling mit seinem geistlichen Leiter, einem alle Knixe etc. mitmachenden Juden (offenbar Bankier) und mehreren Damen durch die ganze Reliquien- und ReminiscenzenSammlung geführt. In das Kloster durften die Frauenzimmer nicht mit hinein. Und doch war dieses allein wirklich sehenswerth. Elektrisches Licht, Dampfwäsche, W. C., wunderschöner Klostergarten, ebenso schöne Höfe, fl ießende Brunnen mit Gläsern und Handtüchern, sehr saubere, Bett, Kommode, Tisch und Stuhl enthaltende weißgetünchte Zellen für die jungen Priester und Akoluthen, 23 an der Thür ein Zettel p O: Azpéitia
q 〈freundlichen〉
21 Ignatius von Loyola, im 16. Jahrhundert Begründer des Jesuitenordens (Societas Jesu). 22 Das Kloster San Ignacio de Loyóla. Mit dem Bau des Klosters beim Geburtshaus von Ignatius von Loyola war 1683 begonnen worden (Baedeker, Spanien, 1897, S. 13). Die Basilika mit ihrer 65 Meter hohen, mit Marmor und Schmucksteinen verzierten Kuppel, war aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts fertiggestellt worden. 23 Griech. für: Begleiter. Akoluthen bezeichnet einen bestimmten Status von Priesterkandidaten vor der Ordination.
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mit ihren Reih-um gehenden Obliegenheiten darauf gedruckt, bei jedem einr Stift neben die ihm grade zufallende gesteckt, 24 Schulstuben, die Schüler selbst zu 40–50 in dichter, schweigender Schaar – dem |:absoluten:| Schweigegebote dieses Stadiums entsprechend – bei Voll die Treppe hinabströmend, in den großen Refectorien der große gedeckte Hufeisentisch. Die Bibliothek aber war an deutschen Sachen etwas seltsam ausgestattet: Adelung „Vom deutschen Stil“, 25 eine längst verschollene Schwarte, war die pièce de résistance.26 Wenn man durch alle Fenster diese reizende, keineswegs ernstes Luft aus der schönen Berglandschaft hereinfluthen sah und fühlte, war der Contrast der Menschen gegen Anstalt und Umgebung gleich eigenartig. – Alles in Allem würde Niemand darauf verfallen, daß grade dies Ensemble die Heimath des Stifters des Jesuitenordens sein müsse, – so wenig wie man den friedlichen kleinen Nestern am Meert ansehen würde, daß in einem von ihnen – hier in der Nachbarschaft – der spanische Ministerpräsident Cánovas vor 4 Wochen |:von Anarchisten:| ermordet worden ist. – u27 Hiermit genug für heute des Plauderns. Du nimmst mit Unrecht an, daß es mir ein „Opfer“ sei, es ist die bequemste Zeitausfüllung nach dem Abendessen sich in geschwätziger Breite über das Erlebte zu ergehen, das Einem selbst dabei noch einmal deutlich wird. – Marianne läßt Dich bitten, ihr den 2ten Band von Alexis Ruhe ist die erste Bürgerpfl icht nach Heidelberg zu schicken.28 – Sonst ist nichts zu bestellen außer sehr vielen herzlichen Grüßen. Bis Ende der Woche sind wir hier, d. h. wohl jedenfalls bis Montag, Briefe, die Freitag |:spätestens Nachmittag:| abgingen, träfen uns noch eben an. Dann ist unsre Adresse für Briefe bis Montag abgehendv: r [??] > ein rag〉
s 〈Natur einströmen〉
t 〈zutrauen〉
u 〈Daß dies bis tief〉
v 〈Sa-
24 Tatsächlich dienten die Zettel dazu, bei Abwesenheit den Aufenthaltsort anzugeben (schriftlicher Hinweis von Professor Javier Rodriguez Martinez an die Heidelberger Arbeitsstelle der Max Weber-Gesamtausgabe, September 2003). 25 Adelung, Johann Christoph, Über den Deutschen Styl, 2 Bände. – Berlin: Christian Friedrich Voß und Sohn 1785. 26 Frz. für: Meisterstück, Herzstück, Hauptsache. 27 Antonio Cánovas del Castillo, der spanische Premierminister und Führer der Liberal-Konservativen Partei, war am 8. August 1897 in der baskischen Stadt Mondragón von einem italienischen Anarchisten erschossen worden (Schulthess 1897, S. 225). 28 Häring, Georg Wilhelm Heinrich (Pseud.: Willibald Alexis), Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Vaterländischer Roman, 5 Bände. – Berlin: Carl Barthol 1852.
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Zaragoza, poste restante, dann bis Donnerstag Barcelona poste restante.29 Wir werden noch eine Tour auf Kloster Montserrat bei Barcelona machen, ehe wir uns heimwärts bewegen. Nochmalige herzliche Grüße, Marianne mahnt zu Bett Max wEben
kam Dein Brief! w
w Zusatz am Briefkopf. 29 International übliche Bezeichnung für postlagernd. Zum weiteren Reiseverlauf vgl. auch den Brief an Helene Weber vom 18., 19. und 20. Sept. 1897, unten, S. 447, sowie das Itinerar im Anhang, unten, S. 907.
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Verlag J.C.B. Mohr [zwischen dem 4. und 18. September 1897]; o.O. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „abgelegt: 18. IX. 97“. Bezug: der Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 4. September 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kästen 5–10, 45, Bl. 185), mit dem Siebeck Weber einen Korrekturabzug des Verlagsprospektes sandte, verbunden mit der Bitte, die Hinweise auf die in Vorbereitung befindlichen Hefte der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ durchzusehen und ggf. zu berichtigen. Max Weber hatte dem Verleger bereits am 8. August 1897 einen Entwurf („Prospekt-Eingang“) zugesandt. Die nachfolgende Ankündigung erschien, wie auch der auf der Grundlage des Weberschen Entwurfs zum „Prospekt-Eingang“ verfaßte Werbetext, im Rahmen des Verlagsprospekts (vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 8. August 1897, oben, S. 383 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 1 und 3).
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Mannheima und der süddeutsche Getreidehandel Von Dr W[alther] Borgius1 Ferner: Die Landarbeiter in Deutschland nach den Erhebungen des Evangelisch-sozialen Congresses Von verschiedenen Verfassern, herausgegeben von Max Weber2 Zur preußischen Agrarpolitik Von Max Weber3 NB! Dies falls Herr Siebeck diese Angaben wünscht! Leider erreicht mich die Correktur erst heute hier! Weber
a In O gehen zwei Einschubmarkierungen Max Webers voraus. 1 Gemeint ist: Borgius, Mannheim I, II. 2 Die Ergebnisse der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses, an der Max Weber 1892/93 maßgeblich beteiligt war, wurden seit 1899 unter seiner Leitung in der eigenständigen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ herausgegeben. Sie erschienen also nicht, wie hier noch vorgesehen, im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten S. 579–581, mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 9. 3 Dieses Heft ist nicht erschienen.
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18., 19. und 20. September 1897
Helene Weber 18., [19. und 20.] September 1897; Las Arenas Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Max Weber schrieb den Großteil des Briefs am Samstag, dem 18. September 1897, den Schluß („Sonntag abend.“) am 19. September und einen kurzen Nachtrag am „Montag“ (dem 20. September). Er knüpft darin an seine Beobachtungen über die Entwicklung Bilbaos und der baskischen Provinz Vizcaya vom 10. und 12. September 1897 an (vgl. die Briefe an Helene Weber vom 10. und 12. September 1897, oben, S. 424–426, 427– 434). Ausgangspunkt der ökonomischen Entwicklung war der Mitte der 1870er Jahre einsetzende Abbau der Eisenerzvorkommen bei Bilbao. Am 18. September 1897 hatte Max Weber Gelegenheit, mit einem Ingenieur der Orconera Iron Ore Co. Ltd. deren Eisenerzgruben zu besichtigen. Neben dem Bergbaugesetz von 1868, das Investoren dauerhaft Abbaurechte sicherte, waren es an spanischen Bodenschätzen interessierte ausländische Investoren, die den Aufschwung der Region ermöglichten und nicht nur das Kapital, sondern auch moderne Technik für den Bau von Anlagen und der nötigen Infrastruktur mitbrachten. Um 1900 lag die bei Bilbao konzentrierte spanische Eisenerzförderung mit 8,6 Millionen Tonnen an der europäischen Spitze. 90% des Erzes (rund 7,8 Millionen Tonnen) wurden ausgeführt, davon etwa zwei Drittel nach Großbritannien (Tortella, Development of Modern Spain (wie oben, S. 426, Anm. 15), S. 96–102, Zahlen ebd., S. 100 und 102). Die Eisenerzförderung der Orconera Iron Ore Co. Ltd. war typisch: 1873 gegründet, betrieb die Gesellschaft sieben Gruben bei Bilbao. Beteiligt waren mit je einem Viertel des Aktienkapitals zwei britische und ein baskisches Unternehmen sowie die Firma Krupp. Nach Beginn der Förderung Mitte der 1870er Jahre stieg diese bis 1881 auf rund 651 000 Tonnen und erreichte 1894 fast eine Million Tonnen. Allein Krupp bezog aus seiner Orconera-Beteiligung bis 1913 acht Millionen Tonnen Eisenerz. Die besondere Attraktivität der phosphorarmen Erze bei Bilbao für das damals bei der Stahlerzeugung etablierte Bessemerverfahren nahm allerdings mit der Einführung des neuen Thomasverfahrens zu Beginn des 20. Jahrhunderts ab (Loscertales, Deutsche Investitionen (wie oben, S. 426, Anm. 10), S. 94–97, die Zahlen ebd., S. 97 f.). Max Weber beschreibt im folgenden auch politisch bedeutsame Strukturelemente der 1875 restaurierten bourbonischen Monarchie. So das mit der Wiedereinführung des allgemeinen Männerwahlrechts 1890 etablierte System des organisierten Wahlbetrugs. Es ermöglichte den dynastietreuen Parteien Spaniens (Liberal-Konservativen und Fusionistisch-Liberalen), ihre Vorherrschaft im Parlament und eine abwechselnde Regierungsverantwortung zu sichern. Es erlaubte zugleich einer eng verflochtenen oligarchischen Schicht aus Großgrundbesitzern, dem in Handel und Industrie engagierten Großbürgertum sowie bürokratischen und militärischen Eliten ihre sozioökonomischen Interessen durchzusetzen (vgl. Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens (wie oben, S. 431, Anm. 16), S. 245–247). Für die baskische Provinz Vizcaya bedeutete die Restaurationszeit in politischer Hinsicht eine besondere Zäsur. Die erzkonservative karlistische Bewegung, die sich die Verteidigung traditioneller regionaler Rechte auf ihre Fahnen schrieb und im Baskenland vor allem in den konservativ-ländlichen Schichten Rückhalt besaß, erlitt im dritten Karlistenkrieg 1872–1876 eine endgültige Niederlage. Die neue spanische Verfassung von 1876 schaffte die seit dem Mittelalter bestehenden baskischen foralen Sonderrechte (Fueros) endgültig ab. Diese hatten in Bezug auf den Zentralstaat in der weitgehend autonomen regionalen Selbstverwaltung durch die traditionellen baskischen „Volksversammlungen“ (Juntas) und der Befreiung von Steuerabgaben und
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Wehrpflicht bestanden. Um die baskischen Eliten in den Staat zu integrieren, waren die abgeschafften Volksversammlungen durch Provinzverwaltungen mit vor allem fiskalischer Eigenständigkeit ersetzt worden. Praktisch führte dies in Vizcaya dazu, daß die agrarischen Eliten mit der Abschaffung der Juntas ihre Macht weitgehend verloren. Das industriell engagierte Großbürgertum gewann dagegen an Einfluß und konnte über die Verteilung einer festgelegten Pauschalabgabe an den Zentralstaat im wesentlichen selbst entscheiden (vgl. Kasper, Michael, Baskische Geschichte, 2. bibliogr. akt. Auflage. – Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2008, bes. S. 100–118; hinfort: Kasper, Baskische Geschichte).
Las Arenas 18. IX. 97 Liebe Mutter!
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Es ist richtig, was Du schreibst, daß unter normalen Verhältnissen die Vielheit der Eindrücke, die wir an uns vorübergehen lassen, vielleicht nicht wohlthuend awäre.1 Abera so lange von Arbeiten bei mir keine Rede war und sein konnte, hätte ich es an einem Ort nicht ausgehalten; jetzt kommen die Nerven allmälig wieder in Ordnung, und man würde entweder sich irgendwo festgesetzt haben oder – an sich am liebsten – nach Heidelberg an die Arbeit gehen. Aber das Letztere ist Berthas wegen unmöglich2 – die letzten Nachrichten waren nicht gut; wir bleiben deshalb so lange als möglich, bis 2.X., fort. Das Erstere wird durch das Wetter erschwert, mit welchem wir Unglück haben. Es ist viel Föhn, und es zeigt sich, daß Marianne dies feuchte Klima hier nicht gut thut, was ich freilich nicht erwartet hätte. Sie hatte heute Nacht einen stärkeren Asthma-Anfall, als je seit wir verheirathet sind und ist ihn noch nicht los.3 Es ist die Anlage [,] eben doch ein nervöses Erbteil (nichts Periodisches). Sie hat eine Geduld dabei, wie ich sie glaube ich schwerlich hätte. Wir wollen aber unter diesen Umständen doch in das trockene Aragonienb und dann an das Mittelmeer aufbrechen, reisen also Dienstag4 nach Zaragozac – 13 Stunden! – und dann nach Barce-
a O: wäre, Aber
b O: Arragonien
c O: Saragossa
1 Im überlieferten Brief Helene Webers an Max und Marianne Weber vom 13. Sept. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, findet sich keine entsprechende Aussage. 2 Zur Erkrankung von Bertha Schandau, dem Dienstmädchen Max und Marianne Webers, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 386. Zwischenzeitlich hatte es erneut Komplikationen gegeben. 3 Marianne Weber litt seit ihrer Kindheit an Asthma (Weber, Marianne, Lebenserinnerungen. – Bremen: Johs. Storm 1948, S. 33). 4 Dienstag, der 21. September 1897.
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lona. Dort wollen wir etwas bleiben und das Kloster Montserrat5 von da aus besuchen, dann geht es heimwärts. Von eigentlichem Arbeiten ist doch |:– da wir eben doch einen gewaltigen Rückweg vor uns haben –:| keine Rede, zum Naturgenießen in der unbefangenen Art wie sonst wäre ja natürlich auch die Stimmung nicht da, man kann eben nur die ganze Fülle der gewaltigen Eindrücke, die Einem hier zugänglich sind, auf sich wirken lassen, um so zunächst nervös vollständig kräftig und dem objektiven Durcharbeiten alles Erlebten gewachsen zu werden. Das ist jetzt, glaube ich, erreicht, und zugleich habe ich speziell doch eine solche Fülle des Interessanten gesehen und gehört, daß die Reise auch nach dieser Seite nicht nutzlos gewesen ist. Wenn ich Dir so ausführlich davon erzähle, so geschieht es auch und namentlich, weil bei der Vielseitigkeit der Eindrücke es angenehm ist, sich Abends von ihnen kurz Rechenschaft zu geben. – So auch heute. – Ehe wir hierherkamen, und hier selbst, hatten wir genugsam Gelegenheit, den unerhörten Contrast zwischen der Tüchtigkeit der Landbevölkerung in diesen schönen Provinzen und der Niederträchtigkeit der spanischen Verwaltungd kennen zu lernen. Der Schuft fängt beim Beamten an. Keinen Pfennig Geld vertraut der Staat seinen Postbeamten an. Die Postmarken kann man nur von der Tabaks-MonopolPacht-Gesellschaft kaufen |:– sie vertreibt sie gegen Tantièmen –:|, nicht am Schalter.6 Post-Anweisungen giebt es nicht, Werthbriefe nur für den Auslandsverkehr. Wie recht der Staat thut, zeigt sich beim Telegraphieren, |:der einzigen Gelegenheit, bei der der Postbeamte Geld vereinnahmt:| [.] Man muß sich bei Aufgeben des Telegramms eine Quittung – gegen Entgelt – geben lassen, sonst kommt es, wenn man nicht ansässiger Kunde ist, einfach nicht an, der Beamte steckt die Peseta einfach ein. Es ist uns |:zwei Mal:| so gegangen und geht hier Jedem so. – Dagegen ist die Bauernschaft sicher eine der glänzendsten der Welt. Die Leute sinde wie es scheint – ich konnte volle Klarheit noch nicht gewinnen – |:meist:| Erbpächter großer Grundherrn, (denen d 〈ange〉
e 〈zumeist〉
5 Das Benediktinerkloster Santa Maria de Montserrat, nordwestlich von Barcelona auf dem Berg Montserrat gelegen, eines der ältesten Klöster Spaniens. Ende des 19. Jahrhunderts war die Klosteranlage Anziehungspunkt für jährlich rund 60 000 Wallfahrer und Besucher (Baedeker, Spanien, 1897, S. 228–230). 6 Zu erhalten waren Briefmarken nur in Tabakläden (Baedeker, Spanien, 1897, S. XIXf. und XXIII).
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der Wald und die Berge zum Teil noch gehören), und sitzen zu Primogenitur-Erbrecht auf ihren Höfen [.]7 Die ganze soziale Verfassung des Landes, gesellschaftliche Gewohnheiten und Institutionen sind streng demokratisch. Im Gegensatz zu den innerspanischen Bezirken mit landwirtschaftlichem Großbetrieb und feudalen Gepflogenheiten wird ein Unterschied der Klassen hier, z. B. an der Wirthstafel oder wo immer sonst, in keiner Weise gemacht, Niemand höfl icher als der Andre bedient. Kommen die Grundherren zur Jagd ins Bergland auf ihre zum Teil reizenden, aber einfachen Landsitze, so akkommodieren sie sich der Sprache und den Gewohnheiten. Die Kirchenzucht ist streng: die Kirche setzt durch, daß hier |:im Allgemeinen:| nur „offen“ getanzt wird – und zwar höchst graziös. Ebenso schreiben sich die scheußlichen ganz einhüllenden schwarzen oder braunen Badeanzüge in den Landbädern wohl sicher daher – hier in Las Arenas, am internationalen Hafen, trägt man ähnliche wie bei uns. Die untere, fnicht akademischf gebildete Schicht der Geistlichen verkehrt höchst unbefangen und freundschaftlich mit der Bauernschaft, teilt auch ihre Leidenschaften, sog das Rauchen, – selbst bei heiligen Akten gelegentlich verstoh[len] h und ebenso im Leichengefolge, – und Spucken. Die obere Schicht scheint hier zumeist aus Jesuiten – an der schwarzen Schärpe kenntlich – zu bestehen. Die öffentlichen Gemeinde-Einrichtungen der kleinen Städte umfassen außer der |:offi ziell obligatorischen, faktisch miserabel besuchten:| Schule: die Anstellung der Ärzte gegen Gehalt [.] (Auf Entgelt haben sie keinen Anspruch, die Wohlhabenden zahlen freiwillig. Die Zahl ist groß; die daneben bestehendeni |:die Praxis als:| Privatzweck treibenden „médicos“j affichieren ihr „cabinete“8 wie eine Barbierstube). Ferner |:hat die Gemeinde zu besorgen:| die Anstellung von Spielleuten, die Abends und an Sonntagen Mittags zum Tanz |:und Spaziergang:| aufspielen. So haben auch die Städte, z. B. Bilbao, ihre Kapelle. Dazu gehört dann: der „paseo“k, die Promenade, bei gutem Wetter in leiner Alleel , für schlechtes Wetter ist ausnahmslos überall f akademisch nicht > nicht akademisch g 〈daß〉 h Verderbte Stelle in Fotokopie. i 〈ein〉 j O: „medicos“ k O: „paséo“ l Alleen bei [??] > einer Allee 7 Anders als im Süden Spaniens, der vorrangig durch Latifundien geprägt war, bestanden in der Mitte und im Norden neben dem Großgrundbesitz auch selbständige Kleinstbetriebe. Letztere wurden sowohl von Lohnarbeitern als auch von eigenständigen Pächtern bestellt, die ihren Besitz jeweils geschlossen an den ältesten Sohn vererbten (Primogenitur). 8 Vermutlich Ableitung vom frz. Begriff cabinet für: kleines Geschäftszimmer; Beratungszimmer. Im Spanischen: gabinete.
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eine überdeckte Säulenhalle von großer Ausdehnung hergestellt, oft im Anschluß an die Kirche, oder unter dem Rathause. Der paseo vertritt unseren Ball als Heirathsmarkt für alle Stände, vom Dienstmädchen bis zur jungen Dame präsentiert sich hier Sonntags bei Musik Alles – eventuell mit der Mama – in der mantilla,9 Reflektanten10 suchen durch Vermittlung die Erlaubnis nach, mit der jungen Dame „zu gehen“, – Assistenz der Mama für die besseren Stände selbstverständlich; da ein Familienverkehr unserer Art nicht stattfi ndet, beschränkt sich die Bekanntschaft der künftigen Eheleute mit einander oft auf paseoUnterhaltungen. „Verlobungen“ giebt es im Allgemeinen nicht: der Zukünftige kommt |:entweder:| eines Tages als Werber und es wird geheirathet, oder er „schwimmt ab“. |:Das Tanzen betreibt hier nur die untere Schicht. Die „Gesellschaft“ tanzt nicht und giebt keine Gesellschaften. Einziger Luxus |:der Damen:|: Toiletten für die Kirche (2 Mal täglich) und den paseom (jeden Abend und Sonntag Mittags) [.] Der Mann lebt im Café. Geistige Interessen: keine. Abends mit den Hühnern zu Bett, Morgens Toilette bis zur Vormittagsmesse, im Haushalt nichts, nur Kinder-„Verziehung“ [.] :| – Des Weiteren stellt jede Gemeinden den Ballspielplatz, eine Ecke von 2 sehr hohen glatten Wändeno an einem mit Fliesen gedeckten Platz, – oft überdeckt, – auf dem das Lawn-Tennis-artige baskische Ballspiel täglich geübt und an Wettspieltagen – so heute in Bilbao – öffentlich aufgeführt wird,11 nächst den Stierkämpfen, deren Reizen sich auch die hier ansässigen Deutschen nicht entziehen, das Hauptvolksvergnügen. – Höchst eigenartig ist die feste Zunft- pOrganisation der Sardinenfischer in den Küstennestern. Jeder Fang, von wem immer gemacht, wird in das gemeinsame Verkaufshaus gebracht und gehört der |:Fischer-:|Zunft, also ZunftCommunismus. Der Fang wird im Wege der Versteigerung veräußert. Dafür existiert eine kleine Börse, in der jeder Händler der Händlergilde seinen festen |:nummerierten:| Platz hat. Der Auktionator versteigert, indem er einen Preis nennt und damit herabgeht: 30, 29¾, . . . 29½ . . . etc. – bis ein Händler, der zu dem Preise kaufen will, auf einen m O: paséo
n 〈[??],〉
o 〈mit〉
p–p (S. 441) Zusatz am linken Blattrand.
9 Ein zumeist ganz aus Spitze gefertigtes Tuch, traditionelle Festtracht der spanischen Frauen. 10 Ältere Bezeichnung für Bewerber, Interessenten. 11 Das traditionelle baskische Rückschlagspiel Pelota wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts in öffentlichen Wettkämpfen, auch professionell, betrieben (vgl. Baedeker, Spanien, 1897, S. XXX f.). Lawn tennis bezeichnet das im Freien gespielte (Rasen-)Tennis.
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Knopf an seinem Platz schlägt. Darauf springt beim Auktionator seine Nummer hervor und er hat nun – die Vorhand zu kaufen so viel er haben will. Die Sardinen werden teils |:frisch:| verhökert, teils an Ort u. Stelle in Öl gelegt. Sinken die Preise, so wird eine rothe Fahne aufgesteckt, – worauf Niemand auf die See ausfahren darf. Classische Zunftinstitution! p Die Gemeinden wie die Bezirke der baskischen Provinzen verwalten sich streng demokratisch selbst.12 Es existiert keine allgemeine Staatssteuer, sondern die Provinzen, die bis zum letzten Carlistenkriege nichts an Spanien zahlten,13 leisten jetzt eine feste „Kriegsentschädigung“, ein Aversum,14 welches ausschließlich durch die alte historische Grundsteuer und Accisen15 auf notwendige Lebensmittel gedeckt wird.16 Besitz und Einkommen sind steuerfrei. Dabei beruht das Wahlrecht auf dem allgemeinen gleichen Stimmrecht Aller, die zwei Jahre in der Gemeinde ansässig sind.17 Für die Praxis bedeutet das, daß die Wahl Kaufgeschäft ist. So für die Cortes,18 wo die Stimme 25 Pesetas (= 25 Francs, heute nur = 13 Mark) kostet, die |:gedruckten:| Parteiwahlzettel aus 2 Talons bestehen, deren Einer dem Wähler bei der Wahl abgetrennt eingehändigt wird zum Stimmen, deren andren er nach Abgabe des ersteren als Anweisung auf die Parteikasse erhält. Ebenso bei den Municipalwahlen. Die geschonte Steuerkraft des Capitals wirkt so als „Stimmkaufkraft“ bei den Wahlen, der Besitzende zahlt statt der Steuern Wahlbestechungsgelder. – p (S. 440)–p Zusatz am linken Blattrand. 12 Das in den 1870er Jahren eingeführte System beschränkter Selbstverwaltung galt auch für die kommunalen Haushalte (Kasper, Baskische Geschichte (wie oben, S. 437, Editorische Vorbemerkung), S. 94 und S. 108). 13 Zum Karlistenkrieg 1872–76 und den nachfolgend abgeschafften baskischen Foralrechten vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 436 f. 14 Eine nach Schätzung veranschlagte Pauschalsumme. 15 Verbrauchssteuern. 16 Wie Navarra durften die baskischen Provinzen diese Steuern selbst erheben und entrichteten eine festgelegte Abfindungssumme (Heckel, Max von, Die Finanzen Spaniens, in: Finanz-Archiv. Zeitschrift für das gesamte Finanzwesen, Jg. 10, 1893, Band 2, S. 113– 189, hier: S. 150). 17 Die Verfassung von 1876 hatte das nach dem Sturz Isabellas II. 1870 eingeführte allgemeine Männerwahlrecht zunächst wieder abgeschafft und durch ein Zensuswahlrecht ersetzt. Die Wiedereinführung des allgemeinen Wahlrechts 1890 sollte vor allem die demokratisch-republikanische Opposition schwächen (Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens (wie oben, S. 431, Anm. 16), S. 245–247). 18 Das spanische Parlament.
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Diese „demokratische“ Organisation ist an die Stelle der alten feudalen „junta“ der Basken getreten,19 deren Rechte in den „fueros“q verbrieft waren, einer Notabelnversammlung, welcher an der heiligen Eiche in Guernica, 2 Stunden mit der Bahn von hier in einem schönen Bergthal, zusammentrat. Die abgestorbene Eiche, seit einigen Jahrzehnten durch eine neue ersetzt, wird als Strunks von einem Glashäuschen umgeben, noch als Nationalheiligtum verwahrt. 20 Wir waren auf der Reise hierher dort, man fühlt sich an die Dortmunder Vehmlinde erinnert.21 Das Landtagshaus, in dem in den letzten Jahrhunderten getagt wurde, ist von geschmackvoller Einfachheit. Die juntas waren Träger der Carlistenbewegungen, was 1875 |:nach dem letzten Kriege:| ihre Abschaffung zur Folge hatte.22 Auch zur Zeit ist eine, wennschon aussichtslose, separatistische Bewegung im Gange.23 Man will die Contribution los sein. – Daß jene „Demokratie“ überhaupt zu einer brauchbaren Verwaltung führt, ist erstaunlich, indessen es muß anerq O: „fuéros“
r 〈in〉
s 〈unter〉
19 Die traditionelle Volksversammlung (Junta General) trat in Vizcaya seit dem 15. Jahrhundert alle zwei Jahre in Guernica zusammen. Zwischen den Zusammenkünften sicherte eine Art Regierung (Diputación) die Umsetzung und Einhaltung der Beschlüsse. Grundsätzlich waren alle Basken rechtlich gleichgestellt. Da zur Teilnahme an den Versammlungen aber ein Minimum an Grundbesitz Voraussetzung war, entwickelte sich die Junta zu einer Interessenvertretung der örtlichen grundbesitzenden Eliten (Jauntxos), die auch meist die Ämter besetzten (Kasper, Baskische Geschichte (wie oben, S. 437, Editorische Vorbemerkung), bes. S. 54). 20 Zu Guernica schrieb der Baedeker: „[B]is zur Aufhebung der ‚fueros‘ Sitz des Landtages von Vizcaya, der hier vor der Casa de Juntas unter der in dem Nationalliede der Basken besungenen Eiche alle zwei Jahre zusammentrat“ (Baedeker, Spanien, 1897, S. 21). Die Eiche gab als Symbol der baskischen Freiheit auch der inoffiziellen baskischen Hymne „Baum von Gernika“ ihren Namen. 21 Die Dortmunder Femlinde stand noch im 19. Jahrhundert beim Hauptstuhl, dem Ort des alten westfälischen Femgerichts, auf einer Anhöhe direkt am Bahnhof (Thiersch, Bernhard, Die Vemlinde bei Dortmund. – Dortmund: J. Bauer 1849, S. 6). Dort war das Zentrum der mittelalterlichen Institution des Fem- oder Freigerichts (mit dem vom Kaiser verliehenen Blutbann, dem Recht Todesurteile zu verhängen), das sich in Westfalen bis in die Neuzeit hielt. 22 Zur Abschaffung der traditionellen Juntas in der Verfassung von 1876 vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 436 f. 23 Träger der seit 1895 in der Partido Nacionalista Vasco organisierten baskischen Autonomiebewegung war vor allem die vom industriellen Aufschwung ausgegrenzte untere Mittelschicht, unterstützt durch den niederen Klerus. Sie argumentierte mit der jahrhundertealten baskischen Selbständigkeit und Demokratie, propagierte aber auch eine ethnisch-kulturelle Einzigartigkeit. Da ihr die Unterstützung des regionalen Großbürgertums fehlte, blieb die Bewegung (im Gegensatz zur katalanischen) aber marginal (vgl. Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens (wie oben, S. 431, Anm. 16), S. 264 f.).
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kannt werden, daß der Zustand der Straßen und die Reinigung der Städte etc etc. jedenfalls weit bessere sind, als man erwarten sollte, besser z. B. auch als in Südfrankreich (Bordeaux ausgenommen!). 24 |:Die höhere Schweinerei fängt erst beim Gouverneur, dem ersten staatlichen Beamten, an. –:| Auf diesem Untergrunde entfaltet sich nun der modernste Capitalismus mit unerhörter Wucht. Ich war mit dem Ingenieur25 der „Orconera“-Gesellschaft – bestehend aus Krupp, 2 Engländern und 3 oder 4 Spaniern ähnlichen „Kalibers“26 – einen Vormittag über in den Eisengruben dieser Gesellschaft. Das Terrain ist einer grundherrlichen baskischen Familie abgepachtet, gegen 1 Shilling pro geförderte Tonne Erz, – also, da 1 Million Tonnen gefördert werden, 1 Million Shilling Rente pro Jahr.27 Die Gesellschaft – Direktor ein Herr Gill, 28 der Erscheinung nach Bruder oder Vetter des verstorbenen Berliner29 – montiertt die Gruben, welche ein ganzes Gebirge umfassen, mit Bahnen, Schüttwerken etc. etc. und leitet die Förderung. Die Beschaffung der Arbeitskräfte ist an einen Unternehmer für jede Grube vergeben, der pro Tonne bezahlt wird und ein glänzendes Geschäft macht. Die Gesellschaft ihrerseits verteilt das Rohprodukt an die Partner, die es in ihren Betrieben verwenden, verhütten etc.30 – |:Die nominelle Divident 〈das Bergw〉 24 Straßen- und Eisenbahnbau blieben auch nach Abschaffung der Fueros eine Domäne der Provinzialverwaltung. 25 Der Name des Ingenieurs ließ sich nicht ermitteln (schriftliche Auskunft des Historischen Archivs Krupp vom 13.11.2012). 26 An der Orconera Iron Ore Co. Ltd., London waren neben der Firma Krupp die beiden britischen Firmen Dowlais Iron Co. und Consett Iron Co. sowie die baskische Ibarra Hermanos y Cía zu je 25% beteiligt. Letztere vertrat die Familien de Ibarra und de Zubiría, auf deren Grund die Erzvorkommen lagerten (Loscertales, Deutsche Investitionen (wie oben, S. 426, Anm. 10), S. 95 f.). 27 Zumindest die Familie de Ibarra war selbst in der Eisenindustrie tätig und laut Vertrag der Firmen sollte auch die Ibarra Hermanos y Cía einen gleichen Anteil an gefördertem Erz beziehen. Da ihre Verbrauchskapazitäten allerdings gering waren, gab sie einen Teil ihres Abbauanteils an die Partnergesellschaften ab (Loscertales, Deutsche Investitionen (wie oben, S. 426, Anm. 10), S. 95–97). 28 Der britische Ingenieur William Gill. 29 Es handelt sich um Henry Gill, 1873 Direktor der städtischen Wasserwerke in Berlin. William und Henry Gill waren tatsächlich Brüder. 30 Krupp hatte anfangs erwogen, das spanische Erz vor Ort zu verhütten, sich aber doch für die Verarbeitung in Deutschland entschieden (Krupp 1812–1912. Zum 100jährigen Bestehen der Firma Krupp und der Gußstahlfabrik zu Essen-Ruhr, hg. auf den hundertsten Geburtstag Alfred Krupps. – o.O. o.J. [Essen 1912], S. 190). Alle vier Gesellschafter waren
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de pflegt ca 40–50 % zu betragen [.] :|31 Großartigeres als diese Gruben giebt es auf der Welt nicht. Keine polizeilichen Vorschriften hemmen die Kühnheit des Technikers. Man fährt auf einer Lokomotive oder in einem kleinen, an den Güterzug der Grube angehängten Wagen in die Berge,u dann auf einer selbstthätigen Drahtseilbahn, auf welcher die vollgeladen |:führerlos:| bergab sausenden Wagen die leeren, die am andernv Ende des Drahtseiles hängen, in rasender Eile bergauf reißen, auf einen der letzteren empor, im Ganzen gegen 1000 Fuß hoch, und kann das fieberhafte, Terrassen-förmige Abtragen der Erzberge – es wird nur „über Tage“ gearbeitet – beobachten. Für die mehreren Tausend Arbeiter sind auf den Höhen dieser Berge Dörfer angeklebt, gebaut einschließlich der Kirchen, Hospitäler, Polizeiwachen, Kneipen, Kleinkinderbewahranstalten durch die Gesellschaften, – in ihrem zum Teil scheußlichen Schmutz, ständig die schwarzen Pocken etc.32 Die Arbeiter sind für die |:Masse der:| einfachen Handlangerarbeiten ohne Qualitätsansprüchew Galicier, 33 für die Qualitätsarbeit |: – Bohren etc. – :| Basken, die sehr gesucht sind und höhere Löhne – 14–15 Realen = 3½ Pesetas pro Tag – erhalten, – kein niedriger Lohn, auch im Vergleich mit Deutschland. Das technische Problem ist reines Transportproblem, d. h. es kommt nur darauf an, xdie unter dem Rasen zu Tage liegenden bräunlichenx Erzmassen bis auf den tief darunter liegenden Kalkfels abzusprengen oder zu -hacken, von Thon und Abfällen oberflächlich zu reinigen und unter möglichster Ersparnis an Menschenarbeit hinab an den Nervion-Fluß zu befördern. Mir fehlen die technischen Kenntnisse, um die genial-einfache Art |:richtig:| zu schildern, in welcher es gelöst ist: wie das Erz ganz oben, zunächst durch yeine gewaltigey Trichter-Öffnung in der Erde in einen |:darunter herlaufenden:| Tunnel sich hinabergießt, durch den eine Maschine die vollzuu 〈vom Ger〉 v Alternative Lesung: andren w 〈Astu〉 x das bräunliche > die unter dem Rasen zu Tage liegenden bräunlichen y einen gewaltigen > eine gewaltige zu einer Mindestbezugsmenge verpflichtet, die erhöht werden konnte (Loscertales, Deutsche Investitionen (wie oben, S. 426, Anm. 10), S. 96 f.). 31 Die von Weber genannte Größenordnung von 40–55% erreichten die Dividenden, nach Amortisation der Investitionen, zu Beginn der 1890er Jahre (ebd., S. 97). 32 Eine staatliche Sozialgesetzgebung entwickelte sich in Spanien erst um die Jahrhundertwende (Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens (wie oben, S. 431, Anm. 16), S. 257). 33 Im noch wenig industrialisierten Galizien bestand ein erheblicher Überschuß an ungelernten Arbeitern, was zu einer verstärkten Abwanderung führte.
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ladenden Wagen fährt, wie diese dann durch ein System von schiefen Ebenen allmälig hinabgleitend durch ihre Schwere andere leere hochziehen, sich auf selbstthätige Umstürzvorrichtungen begeben, welchez die mit Erz beladenen |:Wagen:| in andre größere hinein umkippend sich ergießen lassen, während der Abfall |:an andren Stellen:| tief hinab ins Thala gestürzt wird, und wie schließlich durch zahllose sich kreuzende hoch über das Thal sich bewegende Drahtseile mit daran hängenden Eimern, oder Kleinbahnen, „Schüttschnauzen“ etc. das Erz in die Schiffe geschüttet wird.34 Das Ganze ebenso wie die Rundsicht von den allmälig sich |:durch den Abbau:| verkleinernden Bergen nach Santander zu, 35 über das Meer und das aus hundert Schloten rauchende Thal des Nervion ist so einfach großartig, daß man es nicht vergißt. Die gewaltige Macht der auf solchen Unterlagen ruhenden Capitalien, die |:auf dem Gebiet des Eisens:| jetzt auch Hochofen-Anlagen, Gießereien, selbst einige allerdings technisch noch rückständige Maschinenfabriken und Waffenfabriken gezeitigt haben und daneben in allen denkbaren Produktionszweigen Anlagen gesucht und gefunden haben, nutzt nun den trostlosen Zustand der spanischen Verwaltung in ungeheuerlichen Dimensionen aus. Die Bestechlichkeit des Gouverneurs, der Minister, aller staatlichen Beamten überhaupt ist den Herren, die ich hier sprach, schlechthin selbstverständlich. Mag manches übertrieben sein, so bleibt des Wahren genug.b Unter diesen Verhältnissen in Verbindung mit der schlechten Finanzlage36 entwickelt sich Das, was man bei uns „Cartelle“ nennt, hier in einfachster Form folgendermaßen: die Regierung hat |:z. B.:| die Dynamit-Fabrikation „monopolisiert“. Das heißt zunächst: neue Fabriken dürfen nicht in privaten Händen entstehen. Die Regierung selbst ist natürlich weit entfernt, solche zu gründen – woher die Mittel? Sondern da wie im alten Rom die Erhebung aller Steuern verpachtet wird an private Unternehmer gegen feste Pachtsummen im Wege des Meistgebotesc, so gez 〈sie〉
a 〈sich ergießt〉
b 〈Dies〉
c Alternative Lesung: Meistgebots
34 Nach Erfindung des Drahtseilbetriebs 1850, mit dem Transporte über größere Distanzen und beträchtliche Höhenunterschiede ohne wesentlichen Kraftverlust möglich wurden, verbreitete sich diese Technik bis Ende des Jahrhunderts weltweit. (Über Drahtseilbahnen, in: Dinglers Polytechnisches Journal, 75. Jg., 1894, Band 293, S. 196–200 und 220–225, hier: S. 197 und S. 220). 35 Santander liegt ca. 100 Kilometer westlich von Bilbao. 36 Der spanische Staat war hoch verschuldet, der Haushalt chronisch defizitär. Vgl. dazu bereits den Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1897, oben, S. 431 (mit Anm. 17).
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schieht dies auch mit dem Betrieb der |:„staatlich“:| monopolisierten Dynamitfabrikation.37 Es wird zu Meistgeboten aufgefordert für die Conzession zur Dynamitproduktion. Natürlich läuft nur ein Gebot ein: das der schon bestehenden Fabriken, die sich zu einem Ring zusammengeschlossen haben. Sie zahlen |:also:| der Staatskasse einen festen Betrag jährlich dafür, daß sie das Recht haben, fortan allein, ohne Concurrenz, Dynamit zu fabrizieren, und kommen auf ihre Kosten |:für jene Abfi ndungssumme an den Staat:|, indem sie – wie es geschehen ist – den Preis auf das Doppelte erhöhen: das ist das Ergebnis des „staatlichen“ Monopols. Genau so ist es jetzt mit dem Petroleum, welches |:soeben:| ebenfalls |:– als Raffi nieren –:| |:„staatlich“:| monopolisiertd ist, verlaufen.38 Die Regierung schrieb die Verpachtunge aus und verlangte pro Jahr 18 Millionen Pesetasf. Resultat: Es liegt ein Gebot, aus Bilbao, vor, in Höhe von |:nur:| 14 Millionen. Die Blätter sind wüthend, rechnen aber mit der Chance, daß dasselbe dennoch acceptiert wird. Und in der That: selbst bei Aufwendung von 2–3 Millionen Bestechungsgeldern pro Jahr würden die Offerenten ja noch billiger als der staatliche Mindestpreis es zulassen wollte, wegkommen. Der Petroleumpreis würde beliebig diktiert werden. – So knechtet der Übermuth des Kapitals in aller Form Rechtens den hülflosen Staat.1)
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Die Arbeiter werden als nüchtern, genügsam etc. gelobt. Das Maß ihrer Ausbeutungsfähigkeit |:– politisch und ökonomisch, Ersteres noch mehr als Letzteres –:| beruht natürlich in erster Linie auf der Festbannung im Traditionalismus durch den Clerus. Die Sozialisten sind jetzt stark am Werke.39 Was werden wird, wenn mit der „Demokratie“ einmal Ernst gemacht wird, kann Niemand wissen. d „monopolisiert“ > monopolisiert folgt: pro Jahr
e Conzession zu > Verpachtung
f In O
37 Das in Spanien 1897 eingeführte Sprengstoff- und Pulvermonopol übernahm die 1896 in Bilbao gegründete „Unión Española de Explosivos“, eine als Trust organisierte Vereinigung überwiegend spanischer und französischer Sprengstofferzeuger. Sie zahlte dem spanischen Staat dafür zunächst jährlich 3 Millionen Pesetas (vgl. Delaunay, Jean-Marc, Méfi ance cordiale. Les relations franco-espagnoles de la fin du XIXe siècle à la Première Guerre Mondiale, vol. 3: Les relations économiques. – Paris: L’Harmattan 2010, S. 356–358). 38 Max Weber bezieht sich möglicherweise auf die Ausbildung eines monopolartigen Zusammenschlusses der spanischen Petroleumindustrie in der 1894 gegründeten „Sociedad Española de Compras y Fletamentos“ (vgl. Tortella, Gabriel; Ballestero, Alfonso; Fernández, José Luis Díaz, Del Monopolio al libre mercado. La historia de la industria petrolera española. – Madrid: LID 2003, S. 16 und 45). 39 Vor allem im Süden Spaniens und in Katalonien hatten sich zunächst sehr starke anar-
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Sonntag Abend. Schon gestern, bei meiner Partie in die Mineng, war Marianne nicht mit, da sie in der Nachth ziemlich starkes Asthma gehabt hatte. Die Nacht von gestern auf heute war es leider recht schlimm: das arme Frauchen hatte die ganze Nacht im Bett sitzend so furchtbar zu arbeiten, um Luft zu bekommen, daß wir heute Alles was wir vorhatten, aufgaben, und sie ganz im Bett blieb, was glücklicherweise auch bedeutend geholfen hat. Da ich aber inzwischen gehört habe wie überaus ungünstig speziell das jetzt hier herrschende Wetter auf alle zu Lungenaffektionen etc. Neigenden wirkt – z. B. wird der tuberkulöse Direktor Gill daran sterben – so wollen wir, wenn irgend möglich, Dienstag früh über Miranda dei Ebro40 das Ebrothal hinab nach Zaragozaj und Donnerstag nach Barcelona fahren. Da der Strand hier ganz ausgezeichnet, die Wellen von riesiger Stärke und die ganze Umgegend herrlich ist, so ist es jammerschade, aber doch besser. Ich denke, am Mittelmeer vergeht es; so meinte man wenigstens auch hier. – Ich schließe – Briefe bis Sonnabend früh abgehend treffen uns in Barcelona, poste restante.41 Auf Alles Andre in Deinem Brief ein ander Mal. Marianne grüßt herzlichst, ebenso, Dich und die Geschwister, Dein Max Montag: Der Brief ist vergessen worden. Es geht heute, nachdem ich vom Arzt ein Lösemittel erhalten habe, besser. Das schlechte Wetter hält an, wir wollen jedenfalls morgen fort. kWir
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haben bisher 2 Briefe von Dir: 1) in Irúnl 2) in Deva. Ich habe Alles nach Bilbao nachbestellt, aber wie weit die Postschweinebande darauf reagiert, wer weiß es?k
h 〈etwas〉 g Berge > Minen Briefkopf. l O: Irun
i O: del
j O: Saragossa
k–k Zusatz in O am
chistische Strömungen entwickelt. Erst das Gesetz über die Vereinsbildung ermöglichte der 1879 gegründeten sozialistischen Arbeiterpartei (seit 1888: Partido Socialista Obrero Español) sowie der 1888 gegründeten sozialistischen Gewerkschaft (Unión General de Trabajadores) eine legale politische Tätigkeit. Ihre Anhänger gewannen die Sozialisten dann vor allem unter den Arbeitern der baskischen und asturischen Industrieregion, während in Katalonien der Anarchismus weiterhin stark verankert blieb (Bernecker/Pietschmann, Geschichte Spaniens (wie oben, S. 431, Anm. 16), S. 256–260). 40 Die Stadt in der Provinz Burgos war ein zentraler Eisenbahnknotenpunkt für die Strekken nach Bilbao und Zaragoza (Baedeker, Spanien, 1897, S. 17). 41 International übliche Bezeichnung für: postlagernd.
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Helene Weber 17. Oktober 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 175–176 Dieser und der folgende Brief an Marianne Weber vom selben Tag, unten, S. 452 f., stehen in Zusammenhang mit der Herausgeberschaft der „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“ sowie den Richtungskämpfen im Evangelisch-sozialen Kongreß. Am 16. Juli 1897 war Levin Goldschmidt, Max Webers Berliner Lehrer, nach langer Krankheit verstorben. Er hatte die von ihm 1858 begründete und ab 1865 zusammen mit Paul Laband herausgegebene „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“ bis zu seiner Erkrankung 1892 geleitet. Nach Goldschmidts Tod war die Frage der Herausgeberschaft ungeklärt. Am 16. Oktober 1897 fuhr Max Weber daher nach Stuttgart, um mit dem Verleger Alfred Enke über die Zukunft der Zeitschrift zu verhandeln. Bei den im Brief angesprochenen Auseinandersetzungen im Evangelisch-sozialen Kongreß handelt es sich um das Bestreben des Vorsitzenden Moritz August Nobbe, Paul Göhre aus dem Kongreß hinauszudrängen. Paul Göhre, Gründungsmitglied des Evangelisch-sozialen Kongresses und dessen erster Generalsekretär zwischen 1891 und 1894, hatte sich 1896 Friedrich Naumanns Nationalsozialem Verein angeschlossen und wurde dessen zweiter Vorsitzender. Auf der Sitzung des erweiterten Ausschusses des Evangelisch-sozialen Kongresses am 15. Oktober 1897 erklärte Paul Göhre auf Druck Nobbes seinen Austritt (vgl. die Meldung in „Die Hilfe“, Nr. 43 vom 24. Oktober 1897, S. 14). Max Weber, der seit 1892 Ausschußmitglied des Evangelisch-sozialen Kongresses war (vgl. MWG I/4, S. 27 f.), verfolgte die Auseinandersetzungen mit wachsendem Ärger. Der Streit zwischen Nobbe und Göhre war anläßlich eines Artikels von Paul Göhre (Ein Besuch auf einer Oderbruchdomäne, in: Die Wahrheit. Halbmonatschrift zur Vertiefung in die Fragen und Aufgaben des Menschenlebens, Band 8, 1897, Heft 9 (1. Augustheft 1897), S. 257–265; hinfort: Göhre, Besuch) eskaliert. Göhre beschrieb darin die soziale Lage der Arbeiter auf einer Pachtdomäne als die eines „Sklavenvolk[s]“ (ebd. S. 262) und forderte die „wirtschaftliche und politische Vernichtung ihrer ‚Herren‘, dieses brutalen ostelbischen Herrschervolks, das solche Zustände verschuldet und duldet“ (ebd., S. 264 f., Zitat S. 265). Nobbe publizierte daraufhin die von Max Weber, unten, S. 450 , als „Ex-Cathedra-Artikel“ bezeichnete scharfe Replik in den Preußischen Jahrbüchern und erhöhte nach gescheiterten Vermittlungsversuchen im September 1897 den Druck: Göhre solle den Kongreß verlassen, Friedrich Naumann sich von Göhre distanzieren. Als Naumann dies ablehnte, formulierte Nobbe eine Erklärung zu Wesen und Zielen des Evangelisch-sozialen Kongresses und seinem Verhältnis zu den Nationalsozialen. Seinen weiteren Vorsitz knüpfte er an deren Annahme – und an ein Ausscheiden Göhres und Naumanns. Die Erklärung wurde am 15. Oktober 1897 dem erweiterten Ausschuß des Evangelisch-sozialen Kongresses, dem auch Naumann und Göhre angehörten, vorgelegt. Daraufhin erklärte Göhre seinen Austritt. Naumann knüpfte nach längerem Zögern seine Zustimmung zur Erklärung an die Zusicherung, daß diese erst vier Wochen später veröffentlicht werden sollte, d. h. nach Abklingen des erwarteten Wirbels um Göhres Austritt (vgl. Nottmeier, Christian, Adolf von Harnack und die deutsche Politik 1890–1930. Eine biographische Studie zum Verhältnis von Protestantismus, Wissenschaft und Politik. – Tübingen: Mohr Siebeck 2004, S. 219–225). Max Weber war zum Zeitpunkt der Niederschrift des Briefes über Paul Göhres definitiven Austritt noch nicht informiert.
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Heidelberg 17 X 97 Liebe Mutter!
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Ich möchte auf Deinen langen Brief, den Marianne mir hier gelassen hat,1 nur einen kurzen Gruß schicken. Ich war gestern in Stuttgart, wegen Übernahme der „Zeitschrift für Handelsrecht“ (Goldschmidt) mit dem Verleger zu verhandeln, 2 da ich dagegen große Bedenken habe. (Möglich ist, daß die Sache schließlich doch an mir hängen bleibt, 3 Dank ist nicht viel dabei, aber sie muß gehalten werden). Tante Ida liegt |: (oder vielmehr sitzt) :| zwar fest zu Bett, aber sie war eigentlich recht wohl, sprach ohne Anstrengung lange Zeit, hat jetzt keine Schmerzen mehr4 und war eigentlich von dem Zusammenleben recht befriedigt.5 Anna scheint es zeitweise mäßig gegangen zu sein,6 aber jetzt war sie sehr wohl und interessierte sich für Alles, bis ihr mit absoluter Pünktlichkeit Schlag ½9 die Augen zupurzelten. Emmi7 habe ich – und ich kann fast nicht glauben [,] daß es Schein ist – noch nicht so wohl gesehen seit langen Jahren, obwohl auch sie schlechte Zeiten gehabt hat. Wir haben lange in die Nacht zusammen allein gesessen und viel von alten und jetzigen Dingen gesprochen. Sie meinte, daß das Zu1 Marianne Weber besuchte Sophie und Heinrich Rickert in Freiburg (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 23. Okt. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Nach der Übernahme des väterlichen Verlages Ferdinand Enke 1874 hatte Alfred Enke dessen Sitz nach Stuttgart verlegt. Die „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“ erschien seit ihrer Gründung in diesem Verlag. 3 Tatsächlich übernahm nach Levin Goldschmidts Tod sein Schüler Max Pappenheim neben Paul Laband die Mitherausgeberschaft; dies allerdings nur kurzfristig, 1898 schied auch Paul Laband aus. 1899 übernahm der Rostocker Ordinarius für Deutsches Recht und Handelsrecht, Karl Lehmann, die alleinige Herausgeberschaft. Vgl. Landwehr, Götz, Die ZHR als Organ der Handelsrechtswissenschaft. Die wissenschaftlichen Abhandlungen Band 1–123 (1858–1960), in: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, Band 150, 1986, S. 39–86, hier: S. 40 f. 4 Helene Webers Schwester Ida Baumgarten. Sie litt seit längerem an einer schweren Lungenkrankheit (vgl. den Brief von Emmy und Anna Baumgarten an Helene Weber vom 29. Juli 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Schon seit April 1897 hatte Ida Baumgarten ihren endgültigen Umzug von Straßburg nach Stuttgart zu ihren Töchtern geplant, wobei nicht zuletzt gesundheitliche Gründe eine Rolle spielten (vgl. den Brief Helene Webers an Max Weber vom 18. April 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Sie mietete eine Wohnung in der Gänsheidestraße 108, im gleichnamigen Stuttgarter Stadtteil. Dort lag auch das Nervensanatorium Ottilienhaus, in dem ihre Töchter Emmy und Anna immer wieder in Behandlung waren. 6 Anna Baumgarten war wie ihre Schwester Emmy psychisch labil. 7 Emmy Baumgarten.
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sammenleben noch nie so gewesen sei wie jetzt, und auch die Tante sprach davon und namentlich, daß Otto8 nie seit seiner Studentenzeit so viel mit ihr und ihnen allen geteilt habe, wie jetzt. Ich freue mich dieses günstigen Eindrucks sehr, natürlich kann das Befi nden der Tante ihn jeden Tag wieder stark modifi zieren. Sie nimmt mit Erfolg Creosot,9 der Sitz des Übels ist das Zwerchfell in der Nähe der noch nicht ausgeheilten Stellen. Könnte sie aufstehen, wäre die Sache wahrscheinlich schnell behoben, aber eben dies darf sie jetzt nicht. – Die Wohnung ist recht behaglich und scheint ihnen auch ohne Vorbehalt zu genügen, merkwürdig ist, daß man von der Kneipe darunter so wenig merkt. –10 Sehr erstaunt hat mich, was ich von den Affairen des |:E[vangelisch]-S[ozialen]-:| Congresses Deinem Brief entnehme, hätte ich davon gewußt, wäre ich allerdings gekommen.11 Keineswegs aus Vorliebe für Göhre, sondern weil ich, wenn Nobbe zu der Unverschämtheit seines Ex-Cathedra-Artikels12 die weitere Unverschämtheit eines Hinausdrängens Göhres fügt, auszutreten beabsichtige.13 Natürlich werde ich mir die Sache noch überlegen, aber ich sehe dann keinen Grund drinzubleiben, denn einem Censurgericht dieses dummen Schwätzers
8 Otto Baumgarten. 9 Kreosot wurde um 1900 als Arzneiwirkstoff zur Behandlung von Lungen-, Magen- und Darmerkrankungen eingesetzt. 10 Direkt unter Ida Baumgartens Wohnung in der Gänsheidestraße 108 befand sich im Parterre die Schankwirtschaft „Geroksruhe“ (Adreß- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Stuttgart für das Jahr 1898, hg. von der Stadtgemeinde Stuttgart. Zweiter Teil. – Stuttgart: Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft o.J., S. 536 und S. 541). 11 Gemeint ist zur Sitzung des erweiterten Ausschusses des Evangelisch-sozialen Kongresses am 15. Oktober 1897 (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 448). 12 Nobbe, Moritz August, Ecrasez l’infame, in: Preußische Jahrbücher, hg. von Hans Delbrück, Berlin, Band 89, 3. Heft, Juli bis September 1897, S. 559–569. Nach einer Auseinandersetzung mit Göhres Artikel (Göhre, Besuch, wie oben, S. 448, Editorische Vorbemerkung) endete Nobbes Replik: Eine Sache sei, daß Göhre den Großgrundbesitz des Ostens für bedenklich halte und auch den Haß gegen „die sogenannten ostelbischen Junker“ mit „vielen Liberalen der schärferen Schattierung“ teile; „daß er aber die preußischen Großwirthe ein ‚brutales ostelbisches Herrschervolk‘ nennt, das um der Befreiung des elenden und versklavten Volkes willen ‚wirthschaftlich und politisch vernichtet‘ werden müsse – das reißt in meinen Augen nach Form und Inhalt eine der wesentlichsten Schranken nieder, die ihn bisher von der Sozialdemokratie trennte und läßt zu meinem tiefen und schmerzlichen Bedauern für unser beiderseitiges praktisches Wirken auf sozialem Gebiet keinen gemeinsamen Raum mehr übrig.“ (Nobbe, Ecrasez l’infame, ebd., S. 569). 13 Max Weber ist nicht ausgetreten.
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und Hänschen Delbrücks14 zu unterstehen ist mir denn doch nicht schmackhaft. Uns geht es jetzt wieder ganz ordentlich. Ich habe nur noch etwas Ohrensausen von den wenig erbaulichen Zuständen zurückbehalten und auch das ist im Schwinden.15 Jedenfalls kann ich arbeiten, und dazu ist es an der Zeit. Das Wetter ist jetzt hier ganz wundervoll, auch in der Herbstfärbung des Laubes, und in diesem Zustand sind die kleinen schwäbischen Nester, an denen ich vorbeifuhr, doch unendlich malerischer als etwa Zaragozaa oder Burgos. Alfred vielen Dank einstweilen für seinen Brief. Er hat Dich übrigens keineswegs schwarz gemalt. Ein gewisses Gefühl von Leere ist die Folge jedes Wegfalls irgendwelcher Probleme, welche die Kraft in Anspruch nehmen, sei es auch zum Zweck eines an sichb nur kräfteaufzehrenden Kampfes. Wir sind gar nicht besorgt darum, daß dies schon wieder weichen wird.16 Für heute herzlichen Gruß Max
a O: Saragossa
b 〈ganz〉
14 Hans Delbrück war langjähriges Mitglied des Aktionsausschusses des Evangelisch-sozialen Kongresses. 15 Die Anspielung Max Webers bezieht sich möglicherweise auf seine Erkrankung auf der Rückreise von Spanien (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Helene Weber vom 29. Aug. 1897, oben, S. 386). 16 Tatsächlich waren Helene Webers Kinder um das Befinden ihrer Mutter besorgt (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. Okt. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Alfred, Max und Marianne Weber drängten Helene Weber deshalb zu einem längeren Erholungsaufenthalt in Stuttgart (vgl. den Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, unten, S. 463 mit Anm. 4).
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Marianne Weber 17. Oktober 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt in Stuttgart, seinen Verhandlungen über die „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“ und den Auseinandersetzungen im Evangelisch-sozialen Kongreß, vor allem zwischen dem Vorsitzenden Moritz August Nobbe und Paul Göhre, vgl. den Brief an Helene Weber vom gleichen Tag, oben, S. 448–451, mit Editorischer Vorbemerkung.
H. 17 X 97 Liebes Schnäuzchen, Tante Ida ist jetzt ganz wohl, sitzt im Bett und spricht viel, ist namentlich geistig ganz intakta. Anna purzelten ½9 die Augen zu, bis dahin war sie ganz munter, mit Emmy habe ich dann noch bis nach 10 allein gesessen und von Vielem, am Meisten von zu Hause, gesprochen. Ich habe sie noch nie so gut gefunden, scheinbar ohne alle Anspannung. Auch singt sie wieder. Die Wohnung ist jetzt wirklich behaglich. Es war ein höchst erfreulicher und lebhafter Abend.1 Mit der Zeitschrift ist noch nichts entschieden, aber sie wird wohl an mir hängen bleiben, ich denke aber erst vom Frühjahr an. Mama habe ich kurz geschrieben. Nobbe ist ein Unverschämter, ich denke auszutreten, wenn sie Göhre herausdrängen, denn diese Sittengerichte passen mir nicht. – Deine Eingabeb, mit Riehls Complimenten, geht eben an Neumann ab.2 –
a Unsichere Lesung.
b 〈und〉
1 Max Weber hatte anläßlich seines Aufenthalts in Stuttgart auch seine erkrankte Tante Ida Baumgarten und seine Cousinen Emmy und Anna Baumgarten besucht. Vgl. den Brief an Helene Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 449 f. 2 Friedrich Neumann, Dekan der Philosophischen Fakultät Heidelberg. Um ihre Studien in Heidelberg fortsetzen zu können, mußte Marianne Weber einen Antrag auf Kollegbesuch bei der Fakultät stellen. Dazu reichte sie zwei Zeugnisse ihrer in Freiburg bei Heinrich Rikkert und Alois Riehl besuchten Veranstaltungen ein. Wie sie Helene Weber am 13. Okt. 1897 mitgeteilt hatte (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), hatte sie Max Weber „breit geschlagen“, bei ihm „prakt[ische] Nationalök[onomie] u. Agrar[politik]“ hören zu dürfen. Ihr Antrag wurde genehmigt, und im November schrieb Marianne Weber: „Wir sind jetzt sehr fleißig, ich höre nun bei Max prakt[ische] Nationalök[onomie] 5stündig u. Agrarpolitik 2stündig. Es ist herrlich, er liest famos, aber man muß sehr aufpassen, denn man wird mit einer unglaublichen Fülle von Stoff überschüttet.“ (Brief
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Ich war heute mit Onkel Adolf zusammen spazieren. Bitte sprich doch mit Niemandem weiter von dem Besuch des famosen Kapitänesc, ich wünsche nicht als Offi zieller zu gelten.3 Bertha4 besorgt alles sehr schön, der Piepurzeld zu Mittag war sehr amön. Grüße die Brüste, an denen Du saugst vielmals.5 In Eile Dein Max
c Unsichere Lesung.
d Unsichere Lesung.
von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [6. Nov. 1897], ebd.). Die Vorlesungen werden ediert in: MWG III/2 und MWG III/5. 3 Die Anspielung bezieht sich vermutlich auf das äußerst angespannte und nach dem Tod von Helene Webers Schwester Henriette Hausrath noch weiter abgekühlte Verhältnis der Familie Weber zu dem Heidelberger Theologen Adolf Hausrath (vgl. Roth, Familiengeschichte, S. 336–343). 4 Bertha Schandau. 5 Gemeint sind Sophie und Heinrich Rickert, die Marianne Weber für einige Tage in Freiburg besuchte (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 23. Okt. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Friedrich Naumann [28. Oktober] 1897; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 10–11 Datierung und Bezug: das schwer lesbare Datum ist erschlossen aus dem Brief Alfred Webers an Max Weber vom 25. Oktober 1897 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), in dem es heißt: „Naumann war heut hier, um über die Verwendung der 20 000 Mk zu sprechen [. . .] Wirst Du ihm schreiben? ich glaube es wäre sehr gut.“ Die Datierung ergibt sich ebenfalls aus den Briefen Friedrich Naumanns an Max Weber vom 28. Oktober 1897 (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 109), sowie vom 3. November 1897 (ebd., Bl. 110). In diesem und dem Brief an Friedrich Naumann vom 19. Juni 1898 (unten, S. 496–498) geht es um die Reichstagskandidatur Friedrich Naumanns. Max Weber und seine Familie haben Friedrich Naumann wiederholt finanziell unterstützt. Max Weber bot ihm anläßlich der Gründung der „Hilfe“ die Übernahme einer Bürgschaft von 3000 Mark an (vgl. die Briefe an Martin Rade vom 17. August 1894, BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 116, sowie an Friedrich Naumann vom 4. November 1894, ebd., Nr. 60, Bl. 9–10, beide MWG II/2); am 9. September 1896 ließ er Naumann für die geplante Tageszeitung „Die Zeit“ 500 Mark telegraphisch überweisen (oben, S. 213); am 9. Dezember 1896 kündigte er Naumann die Überweisung von 300 Mark seiner Kolleggelder an (oben, S. 239). Zu einer substantiellen finanziellen Transaktion der Familie kam es im Herbst 1897 anläßlich der Kandidatur Friedrich Naumanns für die Reichstagswahlen 1898. Die Initiative ging dabei von Max Webers Cousin, dem Theologen Otto Baumgarten, und Helene Weber aus, die wie ihre Schwester, Ida Baumgarten, inzwischen verwitwet war, und daher über ihr Vermögen frei verfügen konnte. Anläßlich eines Treffens mit Otto Baumgarten in Kiel hatte Naumann zu erkennen gegeben, daß er für seine Reichstagskandidatur für den Nationalsozialen Verein 20 000 Mark benötige. Otto Baumgarten regte daraufhin während eines Aufenthalts in Berlin bei Helene Weber und Alfred Weber eine Unterstützung Naumanns in diesem Sinne an. Vor allem Helene Weber, die sich, wie ihre Schwester, im christlich-sozialen Vereinswesen engagierte, zeigte sich davon sofort überzeugt, so daß im Kreise der Familie einvernehmlich folgendes Vorgehen beraten wurde: Otto Baumgarten wollte 20 000 Mark dem Vermögen seiner Mutter entnehmen; Helene Weber sollte den Betrag durch eine jährliche Zahlung von 1000 Mark aus ihrer Witwenrente amortisieren; für die Ida Baumgarten entgehenden Zinsen wollte ihr Sohn, Otto Baumgarten, zunächst alleine, dann mit Max Weber, ggf. auch mit Alfred Weber, aufkommen, sowie das Risiko mit den Brüdern gemeinsam tragen für den Fall, daß eine der beiden Schwestern versterben sollte. Max Weber wurde über diese Absprachen durch seinen Bruder Alfred am 18. und 25. Oktober 1897 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) sowie durch Otto Baumgarten am 19. Oktober 1897 (abgedruckt in: Roth, Familiengeschichte, S. 692–694) informiert und in die Verhandlungen miteinbezogen. Am 28. Oktober 1897 war der Entschluß gefaßt, denn am selben Tag schrieb ihm Friedrich Naumann einen Brief, in dem er sich für „das große Opfer“ der Familie Weber bedankte: „Sie u. Ihre ganze Familie haben auf Anregen Ihres Vetters Baumgarten sich entschlossen, mir mit einer sehr wesentlichen Summe die Vorbereitung der nächsten Reichstagswahlen zu erleichtern. Haben Sie dafür innigen, herzlichen Dank, der um so wärmer ist, als ich Ihre kritische Stellung zu vielem, was geschehen ist u. geschieht, kenne.“ (Friedrich Naumann an Max Weber vom 28. Oktober 1897, BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 109). Da sich dieser Brief mit dem hier im folgenden edierten Brief Max Webers kreuzte, schrieb Naumann Weber am 3. November 1897 erneut (ebd., Bl. 110) und antwortete: „Für Ihren freundl[ichen] Brief,
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der sich mit meinem kreuzte, besten Dank! Es ist mir lieb, daß sie offen sagen: Sie glauben an keinen Erfolg! Das erleichtert die Annahme des großen Opfers Ihrer Familie, denn so bleibt mir in Ehren möglich, daß es trotz aller Mühe so geht wie Sie sagen“. Zum sozialpolitischen Engagement Helene Webers und Ida Baumgartens vgl. auch: Roth, Familiengeschichte, S. 536–538.
Heidelberg [28]/[10] 97 Verehrter Freund!
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Mein Bruder schreibt mir,1 daß Sie wegen der Verwendung des für die Wahlen von uns mit garantierten Betrages mit ihm gesprochen hätten. Ich bitte Sie – wie er es wohl auch gethan hat2 – ganz nach Ihrem Ermessen zu verfahren. Am allerwenigsten könnte ich wünschen, daß irgend etwas in Ihrem Verhalten durch die Rücksicht auf die Herkunft dieses Betrages bestimmt würde. Was wir bei der Beteiligung an der Bereitstellung der Mittel bezweckten, war lediglich, zu verhüten, daß die Bewegung aus Mangel an dem elenden Geldea daran gehindert werde, sich auszuleben. Ich persönlich halte einen Miserfolg bei den Wahlen für annähernd sicher, und glaube auch wenn er wider Erwarten nicht eintritt, nichtb an die Zukunft der Bewegung so wie sie ist. Aberc sie muß in die Lage gesetzt werden, mit gleicher Verteilung von Sonne und Wind sich politisch zu versuchen, und deshalb durfte sie nicht an dem Fehlen von einigen Tausend Mark scheitern. Hätten wir den gleichen Betrag für die Zeitung zur Verfügung gestellt, so hätten wir Ihre entsetzliche Quälerei um ein Viertel Jahr verlängert und Sie hätten Weihnachten da gestanden, wo Sie jetzt stehen.3 Scheitern Sie bei den Wahlen oderd überzeugen Sich später, wenn die Bewegung sich parlamentarisch versucht hat, davon, daß sie so wie sie geworden ist, zukunftslos ist, dann wird es Ihnen leichter werden, ihr mit der Empfi ndung lebewohl zu sagen, daß nicht Sie oder äußere Hemmnisse |:und Fehler:|, sondern Entwicklungstendenzen, gegen die der Einzelne machtlos ist, ihr den Erfolge verdorben haben. – a 〈sich〉
b 〈mit〉
c 〈daß〉
d 〈– eventuell –〉
e 〈[versar]〉
1 Es handelt sich um den Brief Alfred Webers an Max Weber vom 25. Okt. 1897 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Im Brief Alfred Webers an Max Weber (ebd.) heißt es: „Sehr stark habe ich betont, daß er selbstverständlich sachlich nach wie vor in der Art seines Vorgehens nach unser aller Auffassung absolut frei sein solle“. 3 Die von Friedrich Naumann gegründete Tageszeitung „Die Zeit. Organ für nationalen Sozialismus auf christlicher Grundlage“ konnte sich nur vom 1. Oktober 1896 bis zum 30. September 1897 halten. Vgl. MWG I/4, S. 615, Anm. 17.
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Deshalb bitte ich Sie, sowohl |:Dritten gegenüber:| über die Herkunft des Geldes zu schweigen, als uns gegenüber über seine Verwendung, und lediglich insofern Sich |:darin:| gebunden zu halten, als das Geld der – direkten oder indirekten – Förderung der nächstjährigen allgemeinen Reichstagswahlen, gleichviel wie, dienen sol[l.] Beste[r] Gruß Ihr Max Weber
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Heinrich Rickert 12. Januar [1898]; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 7–8 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Inhalt sowie dem handschriftlichen Zusatz Marianne Webers zur Datumszeile „98“. Dieser und der folgende Brief an Heinrich Rickert vom 19. Januar 1898, unten, S. 459 f., stehen in Zusammenhang mit der Berufung des Philosophen Paul Hensel zum a.o. Professor in Heidelberg. Heinrich Rickert und Paul Hensel waren seit ihrer gemeinsamen Zeit in Straßburg bei Wilhelm Windelband einander freundschaftlich verbunden. Die Entscheidung zugunsten Hensels fiel nicht, wie erwartet, am 12. Januar, sondern erst auf der Fakultätssitzung vom 19. Januar 1898. Paul Hensel wurde einen Monat später, am 20. Februar 1898, zum a.o. Professor der Philosophie in Heidelberg ernannt und begann seine Lehrtätigkeit dort am 1. April 1898 (UA Heidelberg, PA 1706, Personalakte Paul Hensel).
H. 12/1 Lieber Rickert!
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Die Angelegenheit H[ensel]’s kommt, da infolge Rohde’s Tod die Sitzung ausfiel, erst in ca 8–10 Tagen zum Klappen.1 An der Annahme ist nicht zu zweifeln, obwohl gewisse Bedenken, die aus dem Vorhandensein zweier Ordinariate, die man s.Z. doch auch beide besetzen möchte, erhoben werden2 und principiell auch als nicht unberechtigt anzuerkennen sind. Ich kann aber nach erledigter Sache unmöglich an H[ensel] schreiben, muß dies vielmehr K[uno] F[ischer] überlassen, da er sicher Dekan wird.3 Übrigens wird, da das Ministerium Carte-blanche gegeben hat, die Sache, wenn sie einmal durch die Fakultät und den Senat ist, wohl auch sofort amtlich erledigt werden. Unerhört genug, daß sie so
1 Auf Grund des Todes des klassischen Philologen Erwin Rohde am 11. Januar 1898 war die für den 12. Januar 1898 vorgesehene Fakultätssitzung abgesagt worden. Wie aus dem Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 19. Jan. 1898, unten, S. 459 f., hervorgeht, wurde sie genau eine Woche später, am Mittwoch, den 19. Januar, nachgeholt. 2 Zu diesen Bedenken vgl. den folgenden Brief an Heinrich Rickert vom 19. Jan. 1898, unten, S. 459. 3 Im Oktober 1898 wurde nicht Kuno Fischer, sondern Dietrich Schäfer Dekan der Philosophischen Fakultät (vgl. Weisert, Hermann, Die Rektoren und die Dekane der Ruperto Carola zu Heidelberg (1386–1985), in: Doerr, Wilhelm (Hg.), Semper Apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386–1986, Band IV. – Berlin: Springer 1985, S. 390). In Heidelberg begann das Dekanatsjahr seit 1862 jeweils am 1. Oktober (ebd., S. 336).
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lange hinausgezögert wurde, – der Brief des Ministers an K[uno] F[ischer] datiert vom Oktober.4 Jellinek und ich hatten versucht, für S[immel] in Berlin in erster Linie einzutreten, aber darauf hat er nicht angebissen.5 Man meint, der sei ihm als Dozent zu bedeutend [.] a Übrigens besteht die Absicht, für ihn |:(S[immel]):| in Berlin ein Extraordinariat zu errichten.6 – Alles dies notgedrungen vertraulich, dies nach ausdrücklicher Verabredung mit Collegen. – Wissen Sie nichts von Riehl? Er war an erster Stelle vorgeschlagen, die Nichtberufung soll auf Intervention Lieber’s zurückzuführen sein. Ob nun eigentlich Erdmann, wie behauptet wird, wirklich berufen ist, konnte ich nicht sicher in Erfahrung bringen.7 Besten Gruß, auch vom und zum Weibe Ihr Max Weber Das Weib legt Gewicht darauf, daß ich Ihnen eröffne, daß Jellinek einen Vortrag in ihrem Backfisch-Bildungs-Verein übernommen hat,8 nachdem sie ihm auf die Bude gestiegen |:war:| und an seinem empfi ndlichsten Körperteil – seiner Eitelkeit – gekitzelt hatte.
a Lochung. 4 Kuno Fischer hatte am 1. Oktober 1897 eine Eingabe an das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts gerichtet und darin um die Freigabe der Besetzung des zweiten Lehrstuhls für Philosophie bzw. eine Vertretung gebeten. Dieser Eingabe wurde stattgegeben: der badische Staatsminister Wilhelm Nokk und der Hochschuldezernent Ludwig Arnsperger forderten Kuno Fischer und die Philosophische Fakultät am 2. November 1897 zu Vorschlägen auf (GLA Karlsruhe, 235/3134). Auf diese Aufforderung reagierte Kuno Fischer erst am 15. Dezember 1897, indem er dem Minister Paul Hensel als Kandidaten präsentierte (ebd.). 5 Der Bezug ist nicht geklärt. 6 Georg Simmel wurde 1901 in Berlin zum etatmäßigen a.o. Professor ernannt. 7 1898 wurde der Philosoph Benno Erdmann von Halle nach Bonn berufen. Anders als von Max Weber befürchtet, erhielt Alois Riehl noch im selben Jahr Erdmanns Lehrstuhl in Halle, wo er zugleich auch dessen Nachfolge als Direktor der Psycho-Physischen Sammlung, des späteren Psychologischen Seminars, der Universität Halle antrat. Auf welche Intervention Ernst Liebers, des führenden Zentrumpolitikers, Max Weber hier anspielt, ist nicht ermittelt. 8 Georg Jellinek sprach am 9. Februar 1898 im Verein „Frauenbildung“ in Heidelberg, dessen Vorsitzende Marianne Weber war, über die „Öffentlich-rechtliche Stellung der Frau in Deutschland“ (vgl. ausführlich dazu MWG I/4, S. 916 f.).
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Heinrich Rickert 19. Januar 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 9–10 Der Brief setzt die Korrespondenz Max Webers mit Heinrich Rickert in Zusammenhang mit der Berufung des Philosophen Paul Hensel zum a.o. Professor in Heidelberg fort (vgl. den Brief an Heinrich Rickert vom 12. Januar 1898, oben, S. 457 f., mit Editorischer Vorbemerkung).
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Die Angelegenheit Hensel ist in der Fakultät nunmehr erledigt und einstimmig durchgegangen.1 Die erwähnten Bedenken gingen wesentlich dahin, daß 2 Ordinariate da seien, wennschon seit 20 Jahren nur eines besetzt ist, 2 und daß die Fakultät, wenn auch Hensel nicht an die Chance denke, K[uno] F[ischer]’s Nachfolger zu werden, doch in der Erfüllung des eventuellen Wunsches, einen zweiten, z. B. einen naturwissenschaftlich-psychologisch gerichteten, Ordinarius neben den Nachfolger K[uno] F[ischer]’s zu stellen, möglicherweise durch Rücksichten auf Hensel sich beengt fühlen könnte, da nun einmal die unsichere Gesundheit H[ensel]’s den Gedanken ausschließe, ihn künftig in ein – auch ein zweites – Ordinariat einrücken zu lassen.3 Ich glaubte sagen zu dürfen, daß m.E. H[ensel] selbst an eine solche Chance in keinem Fall – |:auch nicht im Fall zweier Ordinariate –:| denke und sprach die Vermutung aus, daß er selbst Bedenken tragen würde, sich mit der weit größeren Gebundenheit eines solchen Amtes zu beladen, so lange seine gesundheitlichen Verhältnisse sich nicht geändert haben würden. – In die pekuniären Fragen sich einzumischen hielt die Fakultät nicht für richtig, das sei Sache der Regierung. Ich habe mich sonst nur veranlaßt gesehen, einen misdeutbaren Ausdruck in K[uno] 1 Die Fakultätsakten, die über den Verlauf dieser Sitzung nähere Auskunft geben könnten, sind im UA Heidelberg im Bestand H-IV-102 nicht überliefert. 2 1877 starb Karl Alexander von Reichlin-Meldegg, der neben Kuno Fischer in Heidelberg als ordentlicher Professor Philosophie gelehrt hatte. Seitdem vertrat Kuno Fischer allein die Philosophie; der zweite Lehrstuhl blieb bis zur Berufung von Wilhelm Windelband 1903 vakant (vgl. Riese, Reinhard, Die Hochschule auf dem Wege zum wissenschaftlichen Großbetrieb. Die Universität Heidelberg und das badische Hochschulwesen, 1860–1914. – Stuttgart: Klett 1977, S. 110 f.). Kuno Fischer lehrte in Heidelberg von 1872 bis 1906. 3 Tatsächlich sollte Paul Hensel bereits 1902 einem Ruf als o. Professor an die Universität Erlangen folgen.
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F[ischer]’s Schreiben4 dahin richtig zu stellen, daß H[ensel] nicht seinerseits die Initiative in dieser Angelegenheit ergriffen habe, diese vielmehr von K[uno] F[ischer] ausgegangen sei. – Letzterer war wie immer nicht zugegen, und ich glaube daher, daß es nicht völlig unzulässig wäre, wenn H[ensel] nunmehr, falls es für ihn von Interesse ist, auch eventuell durch Dritte erführe, daß die Sache in Ordnung ist. Nur dürfte allerdings Niemand außer ihm etwas davon erfahren; ferner: später stehen ihm natürlich alle die Angaben, die ich vorstehend Ihnen gemacht habe, zur Verfügung, aber jetzt würde ich Sie bitten, wenn Sie es überhaupt für richtig halten, ihm eine Mitteilung zu machen, jedenfalls nur zu schreiben, daß die Sache bei uns |:einstimmig:| erledigt ist. Meine Frau |: – sie stud[i]rta Sigwart, Band I S. 110 5 – :| behauptet nächste Tage an die Ihrige zu schreiben. Besten1) Gruß Ihr Max Weber 1)
Meine Frau fi ndet dies: „steif“ à la Sch[ulze]-G[aevernitz] – Also: „herzlichen“ Gruß!
a Unsichere Lesung. 4 Im Brief Kuno Fischers an den badischen Staatsminister Wilhelm Nokk vom 15. Dez. 1897 heißt es: „So erlaube ich mir, Eurer Excellenz einen jüngeren Mann zu präsentiren, der mir zu wiederholten malen mündlich und schriftlich den Wunsch ausgesprochen hat, zu dem genannten Zweck in einer ihm angemessenen Stellung an unserer Universität verwandt zu werden“ (GLA Karlsruhe, 235/3134). 5 Es handelt sich um den ersten Band des Hauptwerks von Christoph Sigwart (Sigwart, Christoph, Logik, Band 1: Die Lehre vom Urtheil, vom Begriff und vom Schluß, 2., durchges. und erw. Aufl. – Freiburg i. Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1889). Seite 110 ist Bestandteil des ersten Teils über das „Wesen und die Voraussetzungen des Urtheilens“ (S. 23–306) und behandelt „die objective Gültigkeit der Urtheile“.
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Alfred Weber PSt 29. Januar 1898; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 45 Der Brief steht im Zusammenhang mit dem Abschluß des zweiten Juristischen Staatsexamens Alfred Webers. Nach der Promotion 1897 legte Alfred Weber noch im selben Jahr die zweite Juristische Staatsprüfung ab; der Abschluß der schriftlichen Arbeiten für das Assessorexamen erstreckte sich jedoch bis zu Beginn des Jahres 1898 (vgl. die Briefe Alfred Webers an Max Weber vom 4. August und 18. Oktober 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Lieber Alfred!
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Nur in Eile meinen und Mariannes herzlichen Glückwunsch! – Endlich ist die Ära der Examina abgeschlossen. Was hast Du nun vor? Hältst Du an Reiseprojekten nach entfernteren Zielen für das Frühjahr fest? Es ist ja noch Zeit bis dahin, zu überlegen, ob ich unter irgend welchen Modalitäten mit kann.1 Hier bist Du uns natürlich, falls Du etwa, was doch in Betracht käme, schon jetzt eine kurze Ausspannung nehmen willst, jederzeit willkommen. Herzlichen Gruß Max
1 Vgl. dazu den folgenden Brief an Alfred Weber vom 18. Febr. 1898, unten, S. 470 mit Anm. 2.
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Emmy Baumgarten 30. Januar 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Eduard Baumgarten, Deponat BSB München, Ana 446 Max Webers Cousine Anna Baumgarten litt – wie ihre Schwester Emmy – seit Jahren unter psychischen Problemen und war deswegen wiederholt im Stuttgarter Privatsanatorium „Ottilienhaus“ in Behandlung (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 27., [28., 29. und 30.] Oktober 1894, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im Januar 1898 trat eine akute Verschlimmerung ein, sodaß sie in eine Klinik gebracht werden mußte. Die Diagnose lautete „Katatonie“, in die sie „ziemlich akut verfallen“ sei (Brief Otto Baumgartens an Ida Baumgarten vom 17. Februar 1898, ebd.). Bis Jahresende besserte sich Anna Baumgartens Zustand nur sehr langsam (Brief Otto Baumgartens an Emmy Baumgarten vom 2. Dezember 1898, ebd.). Im Herbst 1898 befand sie sich, da sie unter quälenden Wahnvorstellungen litt, zur stationären Behandlung in der psychiatrischen Klinik Stephansfeld-Hördt bei Straßburg (Brief Emmy Baumgartens an Helene Weber vom 7. September 1898, ebd.). Von dort kehrte sie erst im Februar 1899 wegen des sehr schlechten Gesundheitszustands ihrer Mutter Ida Baumgarten nach Stuttgart zurück (Brief Emmy Baumgartens an Helene Weber vom 11. Februar 1899, ebd.). Als sich Anna Baumgartens Zustand im Januar 1898 akut verschlimmerte, hielt sich Helene Weber gerade zu einem längeren Erholungsurlaub bei ihrer Schwester Ida auf.
Heidelberg 30/1 98 Liebe Emmy! Ich wollte nur gern Dir und der Tante1 sagen, wie herzlich Marianne und ich an dem Schweren, was Ihr in letzter Zeit mit Anna durchzumachen hattet, Anteil nehmen, und wie sehr wir mit Euch wünschen und hoffen, daß Alles jetzt schwerer scheint, als es schließlich ist, und daß sie in der treuen Pflege, in der Ihr sie jetzt wißt, ihre Klarheit und ihr Selbstvertrauen allmälig wiedergewinnt. Aber wie schwer und hart der Druck dieser Sorge jetzt auf Euch, zumal auf Deiner Mutter, lasten muß, das wissen wir und möchten Euch gern glauben machen, daß wir herzlich mit Euch fühlen und daß wir gern ein Anrecht darauf hätten, jetzt und später in bösen und in guten Tagen – und auch diese werden wiederkehren! – mit Eurena anderen Geschwistern, 2 zu denen wir uns doch auch zählen, Euch zur Seite zu stehen. Längst hätte ich gern die
a den > Euren 1 Ida Baumgarten. 2 Fritz und Otto Baumgarten.
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schöne Abendplauderstunde mit Dir vom letzten Herbst wiederholt3 – wir sind ja jetzt so nah – und auch meine Frau hatte längst Sehnsucht nach einem Besuch bei Euch, aber wir wußten, daß Ihr in schwerer Sorge wart und dachten auf ruhigere Zeiten zu warten. Nun freut uns nur der Gedanke, daß unsre Mutter bei Euch ist und sicher vorerst auch bleibt4 – sie kann es ja sehr gut, die paarb Sachen, derentwegen sie am 15/2 zurückwollte, lassen sich ja so gut brieflich oder durch Alfred erledigen – und ihr selbst thut es gut, körperlich ebenso wie innerlich: sie sieht wieder, daß sie Anderen etwas sein und bedeuten kann, daß sie Euch helfen kann und nicht, wie sie meint, „immer Alles verkehrt macht“, und dann, denken wir, wird sie auch leichter sich selbst vertrauend sich |:wieder wie früher:| auf ihre eignen Füße stellen und ohne Ängstlichkeit für ihre Art das Leben anzusehen und anzufassen einstehen, – und das braucht sie innerlich für die keineswegs leichten Aufgaben und Sorgen, die auch ihr bevorstehen. – Von Dir liebste Emmy, schien mir im Herbst, daß Du entschlossen bist den Kopf hoch zu halten und daß wenn Du Deinen Kräften nicht zu viel zumuthest, Du es auch können wirst, wenn auch immer wieder schwere Zeiten kommen. Möchte doch die Krankheit bei Deiner Mutter mit dem beginnenden Frühling wieder weichen, 5 damit sie körperlich die Kraft gewinnt, die schwere Prüfung zu überstehen. – Von dem ernsten Schritt, den Lieserle Jolly6 gethan hat, habt Ihr ja sicher gehört. Der Mann ist gegen 50 Jahre alt,7 der tüchtigste Mitar-
b O: par 3 Zu Max Webers Besuch bei seiner Tante Ida Baumgarten und den Cousinen Emmy und Anna in Stuttgart vgl. die Briefe an Helene Weber und an Marianne Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 449 f. und S. 452. 4 Zu Helene Webers Aufenthalt in Stuttgart, wo sie sich auf Drängen ihrer Kinder auch ärztlich untersuchen ließ, vgl. den Brief von Marianne Weber an Alfred Weber, undat. [Ende Januar 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, sowie die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 6. und 20. Jan. 1898, ebd.). 5 Zur schweren Erkrankung Ida Baumgartens vgl. den Brief an Helene Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 449 f. Das Frühjahr brachte keine Besserung, im Gegenteil verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand im Jahr 1898 gravierend (Briefe Helene Webers an Max und Marianne Weber vom 4. und 29. Mai 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 6 Elisabeth (Lieserle) Heil, geb. Jolly, Max Webers Cousine. 7 Gemeint ist Karl Heil, seit 1889 Ministerialrat im Badischen Innenministerium. Elisabeth Jolly und der siebzehn Jahre ältere Karl Heil heirateten im gleichen Jahr.
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beiter des Ministers Eisenlohr8 und mit L[ieserle] durch den Ladnerinnen-Verein persönlich bekannt geworden.9 Mit herzlichsten Grüßen an Euch, auch an unsre Mutter Dein Max
8 August Eisenlohr. 9 Karl Heil war ehrenamtlicher Beirat des Badischen Frauenvereins und hatte Elisabeth Jolly bei der gemeinsamen Arbeit für das „Geschäftsgehilfinnenheim“ des Badischen Frauenvereins in Karlsruhe kennengelernt.
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Emilie Benecke 4. Februar 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Der Brief von Wilhelm Benecke an Max Weber vom 3. Februar 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Webers Cousin Wilhelm hatte Max und Marianne Weber darin den Tod seines Bruders Hans mitgeteilt. Der jüngste Sohn von Emilie und Ernst Wilhelm Benecke war im Alter von vierzehn Jahren am 2. Februar 1898 durch Selbststrangulation ums Leben gekommen. Zu den Todesumständen schrieb Wilhelm Benecke (ebd.): „Das Bild stillen Friedens, das er darbietet, verrät uns nicht, ob und welcherlei äußerer Auslöser die erregbare Phantasie des Kindes mit Gedanken spielen ließen, und zu einer That veranlaßten, deren Enderfolg, das steht fest bei dem Naturell des Kindes, er nicht vor Augen und im Sinne hatte.“
Heidelberg 4/IIa 98 Meine liebe Tante,
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ich konnte nicht, wie ich auf die erschütternde Nachricht in Wilhelms Brief wollte, gleich zu Euch kommen, da ich heute und morgen hier und auswärts gebunden bin,1 vielleicht gelingt es mir Sonntag, 2 sonst jedenfalls in allernächster Zeit. Denn schriftlich läßt sich unser tiefes Mittrauern mit Euch nicht ausdrücken. Das liebe stille Kind, welches das Schicksal in für Euch so harten Formen von Euch gefordert hat, lernte derb Außenstehende ja nicht leicht in seiner Eigenart kennen, aber wir wissen, was Ihr und Eure Kinder3 einander seid in der wunderbaren Harmonie Eures Hauses und wie unendlich schwer Ihr es empfi nden werdet, nicht auch ihn haben hineinwachsen lassen können in den schönen Kreis selbständiger und frei ihrer Eigenart nachgehender Menschen, den Ihr in Euren älteren Kindern um Euch seht. Selten viel liebevolles Eingehen, Rücksicht und Verständnis für all die kleinen und doch auch herzbewegenden Schwierigkeiten und Kämpfe, die auch das Kind heute durchmacht, ist ihm entgegengebracht, – wer a I > II
b O: der auf neuer Briefseite wiederholt.
1 Am Samstag, dem 5. Februar 1898, hielt Max Weber den vierten Vortrag seiner mehrteiligen Vortragsreihe über „Börsenwesen und Börsenrecht“ beim Frankfurter Freien Deutschen Hochstift (vgl. MWG I/5, S. 907–909). 2 Der Besuch in Straßburg am Sonntag, dem 6. Februar 1898, kam nicht zustande (vgl. den Brief von Emilie Benecke an Max Weber vom 6. Febr. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Emilie und Ernst Wilhelm Benecke, sowie Hans Beneckes ältere Geschwister Dorothea (Dora), Wilhelm, Marie, Auguste, Margarete, Otto und Elfriede Benecke.
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will wissen, ob man nicht sagen darf: wohl ihm, daß es ihm nicht beschieden war, die kalte und harte Hand des Lebens in sein wohlc zartes undd verwundbares Wesen, wie es wohl immer geblieben wäre, eingreifen zu fühlen? daß er als ein Opfer einer Phantasie, die noch mit dem furchtbar Ernsten ahnungslos |:und seine Bedeutung nicht kennend:| spielen konnte, von Euch gegangen ist, und nicht erst auf seine lebensfremde Natur später, wenn er einsam ohne die warme Elternhand im Leben gestanden hätte, die harten Wirklichkeiten eingestürmt sind. Und wenn die Form seines Scheidens furchtbar ergreifend an Euch herantrat und mit schrecklicher Plötzlichkeit, so wird Euch darüber wohl nicht die Zeit an sich, wohl aber die große Zahl von Sorgen und Pfl ichten, die das Leben verschwenderisch auf Euch legte, hinwegheben, – und vielleicht darf dazu unsre dankbare Liebe auch ein wenig das Ihre beitragen. Wie viel Schauere in unsrem Kreis! Hier Paulas4 ganz unsicheres Loos (sie ist z.Z. hier, schwerlich auf lange), dann der schwere Schlag bei Baumgartens, 5 – und ohne Sorge sind auch wir noch keineswegs, wenn auch die Nachrichten jetzt nicht direkt bedenklich sind6 – geht der morgende Tag vorüber, dann steht es besser. Wilhelm herzlichen Dank, daß er in all Eurem Kummer noch ein freundliches Gedenken um unsere Sorgen hatte.7
c 〈immer〉
d 〈verletzbares〉
e Unsichere Lesung.
4 Paula Schmidt, geb. Hausrath. Max Webers in Heidelberg lebende Cousine war wegen psychischer Probleme seit längerem in ärztlicher Behandlung (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. Okt. und vom 21. Nov. 1897, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Marianne Weber vermutete bei ihr „Hysterie“ (im Brief an Helene Weber vom 17. Febr. 1898, ebd.). Später schrieb sie, Paula leide an Angstzuständen und quäle sich „immer mit religiösen Problemen“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. Aug. 1898, ebd.). 5 Gemeint ist die akute Verschlimmerung von Anna Baumgartens Krankheit (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 462). 6 Max Webers Schwager Ernst Mommsen war an Lungenentzündung erkrankt (vgl. den Brief Alfred Webers an Max Weber vom 30. Jan. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 7 Wilhelm Benecke hatte seinen Brief vom 3. Febr. 1898 (wie oben, S. 465, Editorische Vorbemerkung) mit dem Wunsch beendet: „Hoffentlich hört ihr bald Gutes aus Berlin“.
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Unsre Mutter wird Euer Schicksal wie ein eignes fühlen, das wißt Ihr. Wir denken, daß sie Euch bald sieht, wenn in Berlin die Dinge gut gehen.8 – Herzlichen Gruß, in alter kindlicher Liebe zu Dir und dem Onkel Euer Max
8 Wegen Ernst Mommsens schwerer Erkrankung hatte Alfred Weber seine Mutter gebeten, nach Berlin zurückzukehren (Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 30. Jan. 1898, wie Anm. 6). Sie unterbrach deshalb ihren Erholungsaufenthalt in Stuttgart.
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Emmy Baumgarten 18. Februar 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Eduard Baumgarten, Deponat BSB München, Ana 446 Der im Brief angesprochene Besuch Max Webers bei seiner Tante Emilie (Nixel) Benekke und ihrem Ehemann Ernst Wilhelm Benecke in Straßburg steht in Zusammenhang mit dem plötzlichen Tod ihres jüngsten Sohnes Hans (vgl. dazu den Brief an Emilie Benecke vom 4. Februar 1898, oben, S. 465–467).
Heidelberg 18/2 98 Liebe Emmy! Ich wollte Dir eigentlich gern zum Geburtstag schreiben,1 aber der herzliche Glückwunsch dazu kommt nun zu spät: der Semesterschluß naht und ich habe täglich zu examinieren etc., ganz abgesehen von den weiblichen Versammlungen, in denen ich jetzt, um meine Frau heraus zu hauen, aufzutauchen beginne – so am vorigen Mittwoch, 2 – so ist es nichts geworden und ich kann nur nachträglich sagen, wie herzlich wir an Euch gedacht haben, und wie froh wir sind, unsre Mutter noch für einige Zeit bei Euch zu wissen.3 – Wir wollen nächsten Sonntag, auf Wunsch der Tante, einmal nach Straßburg hinüberfahren; sie haben offenbar sehr das Bedürfnis nach Menschen, wie ja auch aus ihrer Fahrt nach Stuttgart und aus Tante Nixels Brief an mich hervorging,4 – auch Rosenbusch5 wollte aus diesem Grunde nächster Tage einmal hinüberfahren. Die Tante ist ja in der Art, wie sie diese schweren Sa1 Emmy Baumgartens Geburtstag war am 18. Februar. 2 Am Mittwoch, dem 9. Februar 1898, hatte Georg Jellinek im Rahmen einer Vortragsreihe des Heidelberger Vereins „Frauenbildung“, dessen Vorsitzende Marianne Weber war, über die „Öffentlich-rechtliche Stellung der Frau in Deutschland“ gesprochen. Der mit viel Widerspruch aufgenommene Vortrag war Anlaß zu einem weiteren Diskussionsabend am Mittwoch, dem 16. Februar, an dem Max Weber mit einem längeren Diskussionsbeitrag aktiv teilnahm (vgl. [Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Georg Jellinek am 16. Februar 1898 im Verein „Frauenbildung“ in Heidelberg], MWG I/4, S. 916 f.). 3 Helene Weber hielt sich zu einem längeren Erholungsaufenthalt in Stuttgart auf, wo ihre kranke Schwester Ida Baumgarten mit den Töchtern lebte. Nach einer Unterbrechung wegen Ernst Mommsens schwerer Erkrankung war sie nach Stuttgart zurückgereist und blieb dort bis Anfang März (vgl. die Briefe an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 463 (mit Anm. 4), sowie an Emilie Benecke vom 4. Febr. 1898, oben, S. 466 f. (Anm. 6 und 8)). 4 Möglicherweise handelt es sich um den Brief Emilie Beneckes an Max Weber vom 6. Febr. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, in dem sie ihre tiefe Dankbarkeit für die Anteilnahme von Familie, Freunden und Bekannten ausdrückte. 5 Der Heidelberger Geologe Karl Harry Rosenbusch, ein Kollege Ernst Wilhelm Beneckes, der in den 1870er Jahren ebenfalls in Straßburg lehrte.
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chen berühren, eine der glücklichsten Naturen, und es scheint mir nicht allzu schwer, ihr wohlzuthun. Aber wie es mit der schweren grübelnden Natur des Onkels6 stehen mag, ist mir weit problematischer und namentlich kommt bei ihm so schwer eine wirklich nachhaltige Stimmungsbesserung zur Wirkung. – Von Otto und ob er nun doch an eine Reichstags-Candidatur denkt oder es defi nitiv aufgegeben hat, habe ich nichts gehört;7 ich hoffe eigentlich, daß er es für diesmal noch läßt, es ist im Reichstag nicht viel Schönes zu habena und grade für sein Naturell wären Zeiten mit so wenig klaren und großen Problemen und Fragestellungen wenig geeignet. Alles Entscheidende und Große schlummert vorerst im Hintergrund und ist verhüllt durch einen Wust von Kleinlichkeiten. Ich dächte jetzt auch nicht daran, mich politisch zu beteiligen. – Wie es mit Alfreds Kommen wird,8 ist noch ganz unsicher, ich muß erst wissen, wann der Termin ist, zu dem ich nach Berlin hin muß,9 um darnach Alles Andre einteilen zu können. Aber jedenfalls hat er vor, stark auszuspannen, und ich denke schon dies endliche Ende der langen Examensquälerei wird seine Nerven wieder in Ordnung bringen.10 Meine Frau, die hier etwas bête noire bei den Geheimräthen und namentlich -räthinnen ist, hat in dieser Woche viel vorgehabt und behauptet „etwas dumm“ zu sein, befi ndet sich aber sonst ganz wohl und schickt Euch die herzlichsten Grüße. – Ich hoffe Euch irgendwann in den nächsten Wochen einmal zu sehen. Sei herzlich gegrüßt und grüße auch die Tante11 und meine Mutter vielmals, in alter Freundschaft Dein Max a Alternative Lesung: holen 6 Ernst Wilhelm Benecke. 7 Max Webers Cousin Otto Baumgarten wurde nach eigenen Angaben gedrängt, bei der bevorstehenden Reichstagswahl im Juni 1898 für die Nationalsozialen zu kandidieren. Er hatte sich aber bis zu einem Gespräch mit Friedrich Naumann Bedenkzeit ausgebeten (Brief von Otto Baumgarten an Ida Baumgarten vom 17. Febr. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Wie sich aus einem Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 19. März 1898, ebd., ergibt, hatte sich die Kandidatur zu diesem Zeitpunkt „erledigt“. 8 Ende Januar hatte Max Weber seinen Bruder Alfred zu einem Erholungsaufenthalt nach Heidelberg eingeladen (vgl. die Karte an Alfred Weber vom 29. Jan. 1898, oben, S. 461). 9 Bei dem Termin handelt es sich um die Ausschußsitzung des Vereins für Socialpolitik. Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 18. Febr. 1898, unten, S. 470. 10 Alfred Weber hatte 1897 promoviert; zusätzlich hatten ihn bis zu Beginn des Jahres 1898 die Abschlußarbeiten für das zweite Juristische Staatsexamen belastet. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Weber vom 29. Jan. 1898, oben, S. 461. 11 Ida Baumgarten.
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Alfred Weber 18. Februar 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 46 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Ausschußsitzung des Vereins für Socialpolitik am 20. März 1898 in Berlin. Als Schwerpunkt vorgesehen waren das Thema Heimarbeit und die geplante Enquete dazu, an der sich Alfred Weber maßgeblich beteiligte (vgl. Boese, Geschichte (wie oben, S. 7, Anm. 32), S. 86 f.).
H. 18/2 98 Lieber Alfred! Könntest Du nicht feststellen, wann die Sitzung des Ausschusses des V.f.S.P. ist? Damit man dann endlich etwas Festes ausmachen könnte.1 Ich warte fortgesetzt auf die Einladung. Mir wäre eine Unterredung vor dieser Sitzung das liebste, ich muß in den Ferien nachher eine längere geschlossene Arbeitszeit haben, kann also am besten am Anfang oder am Schluß. Ob ich mit nach Dalmatiena kann, wird mir noch einiges Kopfzerbrechen machen.2 Aber könntest du nicht erst einmal bei Wen[c]kstern3 über obige Frage Erkundigungen einziehen? Bis auf Weiteres besten Gruß Max
a Unsichere Lesung. 1 Max Weber plante, nachdem der Termin der Ausschußsitzung feststand, am 17. März 1898 nach Berlin zu reisen, um daran teilzunehmen, und verabredete sich zu diesem Zweck mit seinem Bruder (vgl. den Brief Alfred Webers an Max Weber vom 14. März 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Da sich sein gesundheitlicher Zustand aber verschlechterte, sagte er kurzfristig ab (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 16. März 1898, ebd.). Ein Protokoll der Sitzung ist in den Akten des Vereins für Socialpolitik (GStA PK, I. HA, Rep. 196) nicht überliefert. 2 Eine solche gemeinsame Reise fand nicht statt. Max und Marianne Weber luden Alfred Weber stattdessen ein, sie mit nach Glion in der Schweiz zu begleiten, wie aus dem Brief Alfred Webers an Max Weber vom 14. März 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht. Max Weber suchte dort, nach seinem gesundheitlichen Zusammenbruch am Ende des Wintersemesters, von Ende März bis Mitte April 1898 Erholung (vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. April 1898, unten, S. 481–483, mit Editorischer Vorbemerkung). 3 Adolph von Wenckstern war nach dem Weggang Karl Oldenbergs nach Marburg 1897 Gustav Schmollers engster Mitarbeiter in Berlin geworden.
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Paul Siebeck 13. März 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser Brief setzt die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über die Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 8. August 1897, oben, S. 383 f., mit Anm. 4). Borgius’ Untersuchung sollte ursprünglich als Heft zwei bzw. Heft drei des ersten Bandes erscheinen. Auf Grund des großen Umfangs kam es jedoch zu Unstimmigkeiten darüber, ob die Arbeit überhaupt einen Platz in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ werde einnehmen können. Am Ende einer langwierigen Korrespondenz kam schließlich ein Kompromiß zwischen Max Weber als Betreuer der Dissertation, Paul Siebeck als Verleger und dem Autor zustande. Die zur Vorlage bei der Heidelberger Philosophischen Fakultät dringend notwendigen Pflichtexemplare erschienen vorab 1898 mit einem Auszug der Dissertation unter dem Titel „Die Fruchtmarktgesetzgebung in Kurpfalz im 18. Jahrhundert“ (Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung). Erst 1899 folgte die vollständige Fassung „Mannheim und die Entwicklung des südwestdeutschen Getreidehandels“, und zwar auf Grund des Umfangs nicht als ein einziges Heft im Rahmen des ersten Bandes, sondern als erstes und zweites Heft des zweiten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ (Borgius, Mannheim I, II). Die Diskussion um die Drucklegung der aus Siebecks Perspektive für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ viel zu umfangreichen Dissertation von Borgius beherrschte den Briefwechsel Max Webers mit dem Verleger bis November 1898.
Heidelberg 13. III. 98. Anlage 53b Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich erlaube mir anzufragen, ob der Druck von Borgius, „Mannheim und die Entwicklung des südwestdeutschen Getreidehandels“ – Heft III der Badischen Abhandlungen – bald beginnen könnte? Ich bin eben beschäftigt, die letzten Unebenheiten des Manuscripts zu tilgen und kann es Ihnen dann zusenden. Der Verfasser, dem ich, da die einzelnen Abschnitte und Capitel noch durch Überschriften zu sondern sind, Fahnen-Abzüge zuzusenden bitte, wohnt Breslau, Kohlenstr. 1, und ist Dr. und Referendar a.D. (jetzt bei der Handelskammer daselbst beschäftigt). Die Arbeit darf als teilweise ganz ausgezeichnet bezeichnet werden, nur einige mittlere Partien sind nicht ganz so geworden, wie ich wünschte, was aber in der Schwierigkeit des Stoffs lag. Es existiert noch nichts Ähnliches in unseren Monographien in Deutschland. – Der Verf[asser] soll 3 Bogen als Dissertation gedruckt einreichen, er wird auf Grund der ersten Abzüge angeben können, welche. Auf der
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Rückseite des Titelblatts der Dissertationa würde zu bemerken sein, daß die ganze Arbeit vorgelegen hat.1 In Erwartung Ihrer freundlichen Antwort mit bester Empfehlung Ihr sehr ergebenster Max Weber
a 〈ist〉 1 Auf der Rückseite des Titelblatts der Pflichtexemplare (Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung) wurde später vermerkt: „Der Fakultät hat die ganze Arbeit, nicht bloß der als Doktordissertation gedruckte Teil vorgelegen.“
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Carl Neumann 14. März 1898; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 72 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Lektüre des 1898 erschienenen Aufsatzes von Carl Neumann über Jacob Burckhardt (Neumann, Carl, Jacob Burckhardt, in: Deutsche Rundschau, Band 94, März 1898, S. 374–400). Max Webers Heidelberger Kollege, der Kunsthistoriker und Byzantinist Carl Neumann, war zugleich mit Max und Marianne Weber befreundet.
14. 3. 98. An Carl Neumann.
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. . .a Meine Frau ebenso wie ich haben unsere herzliche Freude an Ihrem Aufsatz gehabt und können Ihnen nur aufrichtig für die schönen Abende, die Sie uns verschafften, danken. Ich bin weitaus zu wenig künstlerisch durchgebildet, um Jakob Burckhardtb auf seinem eigensten Gebiet je mit einem Anflug von Kritik oder mit selbstständiger objektiver Würdigungc gegenüberstehen zu können, kannte ihn andererseits persönlich nicht,1 und habe daher Ihrer Darstellung nichts an eigener abweichender Empfi ndung entgegenzusetzen; es hat deshalb auch keinen Wert für Sie, wenn ich noch speziell versichere, wie durchaus ich mich in allen Punkten von Ihnen führen lassen könnte, nachdem ich die gegenüber Ihren anderen Schriften etwas schwierige Gedankenfolge der ersten Partie Ihres Aufsatzes2 mir durch wiederholte
a Auslassungszeichen in Abschrift. haben
b In Abschrift: Burkhardt
c In Abschrift folgt:
1 Carl Neumann war nach seiner Promotion zu den Vorlesungen Jacob Burckhardts in Basel im Sommersemester 1882 zugelassen worden und hatte Burckhardt persönlich erlebt. Durch Burckhardt fand er zur Kunstgeschichte (vgl. Fink-Madera, Andrea, Carl Neumann: 1860 bis 1934. – Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 1993, S. 17). 2 Es handelt sich um Kapitel „I. Die Ideen Burckhardt’s“ (in: Neumann, Jacob Burckhardt (wie oben, Editorische Vorbemerkung), S. 376–386). In diesem Kapitel setzte sich Neumann u. a. kritisch mit Burckhardts Auffassung von der Renaissance auseinander, deren Entstehung Burckhardt „dem italienischen Volksgeist“ und dem „Antheil des classisch-antiken Elementes“ zuschreibe. Neumann sah den „Individualismus“ vielmehr als „das Resultat und die feinste Blüthe des Mittelalters, zu Tage gefördert durch die seelische Verfeinerung und Durchknetung der menschlichen Natur in der Schule des Christenthums.“ Sein Fazit: „Dieselbe Frucht ist auch diesseits der Alpen ohne die Sonne der Antike gewachsen als ein Erzeugnis des Mittelalters.“ Darüber hinaus hob er die Bedeutung der
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Lektüre verdeutlicht hatte. – Sachlich interessierten mich am lebhaftesten naturgemäß Ihre vorsichtigen Andeutungen über diejenige universalgeschichtliche Stellung, die Sie der Kulturentwicklung und – noch mehr – dem Kulturniedergang des Altertums zuweisen, 3 wie sie auch in Ihren byzantinischen Arbeiten niedergelegt ist.4 Da mein Fach mich verdammt, mich zunächst in die Zustände des Altertums zu vergraben und nur über diesen zäh-materiellen Umweg an den Menschen des Altertums gelangen zu können, so fehlt für mich vorerst noch die – nicht objektiv, aber nach dem „Geist“ meines Ressorts – notwendige Brücke zu dem Gebiet Ihrer Studien, z. B. über Psellosd ; 5 ich bin auch hier außerordentlich interessiert, ohne andererseits Ihre Resultate und Anschauungen leicht in meine, freilich höchst unvollkommenen, Vorstellungen vom Wesen des sinkenden Altertums eingliedern zu können. Doch denke ich, die Zeit wird diese Lücke füllen . . .e
d Handschriftliche Korrektur von Marianne Weber in Abschrift: Selos? > Psellos? e Auslassungszeichen in Abschrift. byzantinischen Kultur mit ihren „Analogieen zum italienischen Humanistenwesen“ hervor (S. 380 f.). Vgl. dazu ausführlich Deininger, Einleitung, in: MWG I/6, S. 24. 3 Dies bezieht sich vor allem auf die bereits zitierten Passagen (Neumann, Jacob Burckhardt (wie oben, S. 473, Editorische Vorbemerkung), S. 380 f.). 4 Neumann hatte sich 1894 in Heidelberg mit einer Arbeit über das byzantinische Reich habilitiert (Neumann, Carl, Die Weltstellung des byzantinischen Reiches vor den Kreuzzügen. – Leipzig: Duncker & Humblot 1894). 5 Neumann hatte dem byzantinischen Gelehrten, Michael Psellos, „als Schriftsteller“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet und ihn mit den „großen Humanisten der italienischen Renaissance“ in eine Reihe gestellt (ebd., S. 81–93, die Zitate: S. 81 f.).
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Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) PSt 16. März 1898; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), G 1888–1936, Tasche 07, Bl. 452 Die Karte setzt die Korrespondenz mit dem Verlag über eine Ergänzung der beiden bereits erschienenen Doppelhefte „Die Börse“ fort (vgl. dazu den Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) vom 28. Juli 1897, oben, S. 373, Editorische Vorbemerkung). Bezugsbrief: die Anfrage des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht (Gustav Ruprecht) vom 14. März 1898 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 494 (Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht), Copier-Buch vom 12.3.1897–12.2.1900, Bl. 274). Gustav Ruprecht schlug Max Weber erneut vor, die beiden Doppelhefte der Börse durch ein weiteres Heft bzw. Doppelheft zu ergänzen: „Das letzte Doppelheft hat Ihnen Noth gemacht mit der Umfangsabmessung. Diesmal wollen wir Ihnen 2 Seiten Spielraum dadurch schaffen, daß wir nöthigenfalls einen Gesammttitel andrucken. Wollten Sie nicht die gegenwärtige Lage der Börsengesetzgebung oder etwas anderes als Einleitung behandeln? [. . .] Für etwaige Schluß-Ausführungen würden wir ein sechstes Heft drucken können. [. . .] Wir würden dann vom III. Bande [der Göttinger Arbeiterbibliothek] Heft 1 u. 6 als Doppelheft herausgeben. [. . .] Ihre beiden bisherigen Doppelhefte werden immer wieder von Studenten in Freiburg, Heidelberg, Berlin etc. gekauft, der Vertrieb im Buchhandel erfordert aber ein abgeschlossenes Ganzes, und es wird auch Ihnen nur erwünscht sein, daß die Studierenden etwas Abgeschlossenes in die Hände bekommen.“ Der Brief schloß mit der Anfrage, ob Max Weber „nicht ein größeres Werk im Plane“ habe. „Wir würden uns außerordentlich freuen, von Ihnen auch noch etwas anderes als diese kleinen, zwar sehr nothwendigen, aber auch lediglich darum unternommenen Hefte bringen zu können. Unsere Honorarbedingungen würden wir so günstig wie möglich gestalten.“
Sehr geehrter Herr!
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Ich muß zu meiner Erholung für mehrere Wochen verreisen1 und kann jetzt nicht daran denken, an eine Arbeit zu gehen. Auch habe ich außer einer Anzahl Schülerarbeiten und einer Arbeit, die schon fest vergeben ist, 2 jetzt nichts unter der Feder. Hochachtungsvoll Prof. Max Weber
1 Max Weber verreiste von Ende März bis Mitte April 1898 nach Glion in die Schweiz. 2 Vgl. dazu den Brief an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht vom 26. März 1896, oben, S. 171 f. mit Anm. 2.
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Paul Siebeck 27. März 1898; BK Glion Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Borgius, Mannheim I, II), vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, oben, S. 471.
Glion le 27. III 1898 Sehr geehrter Herr Siebeck! Ich erhielt Ihre freundlichen Nachrichten verspätet.1 Ich bin auch etwas ratlos, denn ich hatte diesen Umfang nicht vermuthet. Kürzungen wären auch nur im Umfang von ca ½–¾ Bogen möglich, und dazu müßte ich erst die Correctur haben. Es ist mir nicht angenehm, Sie mit einer so dickleibigen Arbeit zu belasten. Es ist in der That wohl nur möglich, Band II mit der Arbeit beginnen zu lassen [,] dann müßte die zu erwartende Arbeit von Herrn Dr Hecht (Herr v. Schulze weiß davon) 2 den Schluß von Band I bilden, Band II könnte noch eine im Winteranfang druckreife sehr gute statistische Arbeit von Herrn Abelsdorff über die Buchdrucker (Erhebung von 6000 Buchdruckerfamilien durch Vermittlung der Verbände) enthalten,3 die ziemlich dünn ausfallen wird, Herr Sieveking hätte dann Band III,4 Band IV könnte die
1 Paul Siebeck informierte Max Weber am 19. und 23. März 1898 (beide Briefe: VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) über den zu erwartenden Umfang der Dissertation von Walther Borgius. Dabei wies er auf die Schwierigkeit hin, sie noch im Rahmen des ersten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ zu drucken. Der Verlag kalkulierte den Umfang mit 28 Bogen, was 448 Druckseiten entspricht. 2 Hecht, Grundanschauungen (wie oben, S. 318, Anm. 5) erschien als zweites Heft des ersten Bandes. Gustav Hecht war ein Schüler des Freiburger Nationalökonomen Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 3 Gemeint ist: Abelsdorff, Beiträge. Die Arbeit erschien erst 1900 als viertes Heft des vierten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, unten, S. 701, sowie den Editorischen Bericht zu: Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers [zu: Walter Abelsdorff, Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker], in: MWG I/8, S. 25–29. 4 Gemeint ist: Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II. Die Schrift wurde 1898 und 1899 in zwei Teilen im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ veröffentlicht, und zwar jeweils als drittes Heft des ersten und dritten Bandes.
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Landarbeiterenquete des Evangelisch-Sozialen Congresses sein.5 Ich bin aber mit jeder Lösung einverstanden. Wollen Sie Kürzung, so bitte ich um Fahnenabzug, die „Anlagen“ können zur Noth stark beschnitten werden. Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
5 Es handelt sich um die Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses von 1892/93, an der Max Weber führend beteiligt war. Deren Ergebnisse wurden jedoch nicht in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“, sondern seit 1899 von Max Weber in der eigenständigen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ herausgegeben. Vgl. ausführlich dazu: Editorischer Bericht zu: Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands, in: MWG I/4, S. 687–690.
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Paul Siebeck 29. März [1898]; Glion Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist aus dem Verlagsvermerk: „1.IV.98.“ erschlossen. Der Brief führt die Korrespondenz über die Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius (Borgius, Mannheim I, II) im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, oben, S. 471.
Glion 29/III Sehr geehrter Herr Siebeck! Ihr Schreiben setzt mich in eine sehr schwierige Lage.1 Ich habe Herrn B[orgius] dafür aufzukommen, daß seine Arbeit, und zwar jetzt, bei Ihnen erscheint. Ob eine Teilung durchführbar ist, bedürfte erst eingehendster Prüfung an der Hand der Arbeit; die Teile würden jedenfalls nicht wissenschaftlich selbständige Arbeiten sein, sondern den Charakter von Lieferungen an sich tragen, gleichviel ob man sie als „Hefte“ bezeichnet. (Ich bitte Sie jedenfalls für die Zukunft mir anzugeben, welchen Maximal-Umfang eines Hefts Sie zulassen wollen, wir haben nichts vereinbart und bei Schmoller in dessen „Forschungen“ erscheinen Hefte von bis zu 40 Bogen (Rathgen, Japan z. B.) 2 neben solchen von 4–5). Ich halte es für denkbar, ohne daß eine entscheidende Schädigung der Arbeit eintritt, in den „Anlagen“ zu kürzen und bitte Sie mir anzugeben, welchen Umfang diese einnehmen. Im Text könnte wie
1 Paul Siebeck hatte in seinem Schreiben an Max Weber vom 29. März 1898, VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, vorgeschlagen, die Dissertation von Walther Borgius nicht in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erscheinen zu lassen, sondern selbständig zu veröffentlichen. Für den Fall, daß sich dies nicht durchsetzen lasse, müsse die Arbeit „mindestens auf 2, wenn nicht 3 Hefte vertheilt werden – ein 28 Bogen starkes Heft würde unsere Abonnenten verscheuchen.“ Vertragsgemäß erschienen die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ in „zwanglosen Heften“, die in Bände bis zu jeweils 30 Bogen Umfang zusammengefaßt werden sollten. Vgl. den Verlags- und Redaktionsvertrag von 1897, § 2 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3, abgedruckt unter 1, im Anhang, unten, S. 898 f.). 2 Gemeint ist: Rathgen, Karl, Japans Volkswirtschaft und Staatshaushalt (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, hg. von Gustav Schmoller, Band 10, Heft 4). – Leipzig: Duncker & Humblot 1891. Die Studie umfaßt 785 Seiten (mit Vorwort: 805 Seiten), also 49 bzw. 50 Bogen.
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gesagt3 etwa ½–¾ Bogen allenfalls wegfallen. Ist bei der Schätzung des Umfangs berücksichtigt, daß die „Anlagen“ in wesentlich kleinerem Satz zu setzen sind? Ist etwa nach der Seitenzahl-Angabe geschätzt? Es fehlen bei der Nummerierung etwa 100 Seitennummern, die ich gekürzt habe. Ich kann mir nicht denken, daß die Arbeit 28 Bogen füllt. Handelt es sich nur darum, die Arbeit gesondert neben der Sammlung erscheinen zu lassen, so würde ich das natürlich bei dem Verf[asser] durchsetzen, ich hafte ihm nur unbedingt meinerseits dafür, daß die Arbeit bei Ihnen unter den bekannten Bedingungen erscheint und muß ihm dafür aufkommen, daß dies geschieht, ohne daß er davon Unkosten hat. Ich bitte Sie also, mir zunächst recht bald mitzuteilen, 1) welchen absoluten Maximalumfang Sie Ihrerseits für diese Arbeit, als 1 Heft, zulassen zu können glauben. Ich würde natürlich an sich keine Schranke wünschen. 2) welchen Umfang im Satz nach Schätzung a) Text und b) Anlagen haben 3) wie es sich, wenn eventuell die Arbeit wirklich nicht in die Sammlung kommen könnte (was ich auf das allerlebhafteste beklagen würde!), mit einer Publikation derselben außerhalb derselben durch Sie verhalten würde. Ich halte die wegen der Abonnenten geäußerten Bedenken gegen die Stärke der Arbeit für nicht begründet, meine vielmehr[,] daß eher der Einzel-Absatz gefährdet sein könnte, – aber natürlich messe ich hier meinem Urteil kein maßgebendes Gewicht gegenüber Ihrer Erfahrung bei. – Eventuell müßte ich die B[orgius]’sche Arbeit dann hier nochmals durchgehen und ändern.4 Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
3 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 27. März 1898, oben, S. 476. 4 Max Weber hatte das Manuskript bereits Mitte März 1898 durchgesehen und für den Satz überarbeitet. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, oben, S. 471.
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Paul Siebeck 10. April 1898; BK Glion Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius (Borgius, Mannheim I, II) im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, oben, S. 471.
Glion le 10/4 1898 Sehr geehrter Herr Siebeck! Mit dem Druck von vorläufig 3 Bogen (resp. ungefähr diesem Umfang, abbrechend an einer passenden Stelle) wird Herr Borgius sehr einverstanden sein, da er ein Diplom dringend braucht.1 Bitte lassen Sie also beginnen und schreiben Sie ihm direkt über die Sache. Ich werde mir dann das weitere Mscr. seinerzeit von Ihnen nochmals zur Kürzung erbitten. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Max Weber
1 Paul Siebeck hatte sich in seinem Brief an Max Weber vom 1. April 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) zu der Verteilung der umfangreichen Dissertation von Walther Borgius auf zwei Hefte des zweiten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ bereit erklärt. Dabei hatte er allerdings die Bedingung gestellt, daß zunächst der erste Band der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ komplett herausgebracht werde. Um Borgius jedoch die dringend benötigten Pflichtexemplare zur Vorlage bei der Fakultät zu verschaffen, bot er den Vorabdruck eines Auszugs im Umfang von drei Bogen (48 Seiten) an. Dieser erschien bereits 1898 (Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung).
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Helene Weber 14. April [1898]; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 177–178 Das Jahr ist aus dem Briefinhalt erschlossen. Am Ende des Wintersemesters 1897/98 überfiel Max Weber nach Marianne Webers späterer Darstellung nach einer Prüfung abends „völlige Erschöpfung mit Kopfhitze und starken Spannungsgefühlen“ (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 247). Er litt an Schlafstörungen und vor allem das Sprechen in den Vorlesungen fiel ihm zunehmend schwer. Als die Symptome nach Semesterende nicht nachließen, konsultierte Weber am 19. März 1898 den renommierten Heidelberger Psychiater Emil Kraepelin. Marianne Weber berichtete Helene Weber im Brief vom 19. März 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Kräpelin hat ihn scheint‘s nach allen Richtungen beklopft u. untersucht – u. auf Neurasthenie[,] die von jahrelanger Überanstrengung herrühre, erkannt. Er solle sich nur keine Sorgen machen, das müsse mit der Zeit besser werden u. durch vernünftiges Leben [. . .] – vor allen Dingen solle er sich keine Sorgen machen u. tüchtig ausruhen. Die übrigen körperlichen Reizzustände von früher, von denen Max, scheint’s auch gesprochen, hingen auch mit Überarbeitung zusammen.“ Während Max Weber nach der Untersuchung bemerkt haben soll, „diese Leute sind ja alle Charlatans“ (zitiert ebd.), war Marianne Weber über die Diagnose erleichtert und setzte auf die Wirkung einer zusammen mit Alfred Weber geplanten Erholungsreise an den Genfer See (ebd.). Schon am 20. oder 21. März 1898 fuhren sie nach Glion (bei Montreux) und blieben trotz schlechten Wetters gut drei Wochen. Von dort schrieb Marianne Weber: „Max kann glücklicherweise trotzdem die Berge ordentlich abklabastern u. das tut ihm auf alle Fälle gut, wie ich denn überhaupt glaube, daß das kalte Wetter für seine Nerven ganz gut ist“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 26. März 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Am 13. April 1898, kurz vor Helene Webers Geburtstag am 15. April, kehrten Max, Marianne und Alfred Weber gemeinsam nach Heidelberg zurück. In ihrem eigenen Geburtstagsbrief an Helene Weber vom 14. April 1898, dem der im folgenden edierte Brief wohl beigelegt war, äußerte sich Marianne Weber hinsichtlich der gesundheitlichen Wirkung der Reise vorsichtig: „Wie es nun mit dem Befinden der beiden Jünglinge in Wahrheit steht, ist mir nicht ganz klar, bei Max wird es sich erst zeigen, wenn er wieder ins Semester eingespannt ist – ganz ohne Sorgen kann ich seinetwegen noch nicht sein, jedenfalls darf er sich keinerlei außergewöhnliche Arbeit aufladen – aber augenblicklich ist er entschieden frischer u. gesünder als vor 3 Wochen.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 14. April 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Ich will nur einen kurzen herzlichen Gruß beifügen, nur damit Du siehst, daß ich wieder auf dem Damm bin. Der Aufenthalt war doch sehr rentabel, ich merke seine Folgen jetzt, wo ich wieder kräftig zu arbeiten anfange, und denke in einigen Wochen die letzten Reminiscenzen los zu sein, um so mehr, als es sich offenbar um Reconvalescenten-Erscheinungen handelte, da ich mich au-
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ßer den Anspannungen ganz bestimmter Kopfnerven und leichter Congestionen1 und Reizungen körperlich und geistig ganz besonders wohl fühlte und jetzt erst recht fühle. Im Übrigen war es freilich ganz ausgesucht scheußlich, daß wir mit Ausnahme von etwa 4–5 schönen Tagen fortgesetzt froren und uns an einer ganz farbentoten Landschaft ödeten und erst hier in den Frühling gekommen sind. Das Zusammensein war nachdem Marianne ihren greulichen Zustand, der meiner Meinung nach eben doch wieder durch Bleichsucht2 motiviert sein wird (die in Montreux nicht selten heftig zum Ausbruch kommen soll), überwunden hatte, 3 überaus behaglich. Was Alfred anlangt, so ist bei Jemand, der so fabelhaft gut schläft wie er, davon gar keine Rede, daß man sich um seine Nerven ernstlich Sorgen zu machen hätte.4 Jetzt [,] wo er keine überflüssigen Dinge mehr zu arbeiten hat, die Examina überwunden sind und er sich durch die Aussprache mit Ernst und Clara Luft geschafft hat, 5 auch sieht, daß Du die Dinge nicht mehr so tragisch nimmst, wird es ihm sicher wesentlich besser gehen. Natürlich, nervöse Käuze bleiben wir allesammt, daran ist nichts zu ändern, aber man hat jetzt nachdem allmälig Alles [,] was Einena drückte, verdaut ist, den Humor dazu, sich daran nicht viel zu kehren. – Um die Geldsachen darfst Du Dir keine Sorgen machen. Man muß eben rechnen, daß das Grundstück in jedem Jahr mehrere 1000 Mk werthvoller wird, und deshalb selbst eine kleine Unterbilanz wie sie in a 〈D〉 1 Ein lokaler Blutandrang, der auf Nervosität oder Entzündungen zurückgeführt wurde (Blutandrang (Kongestion), in: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens, 6., gänzlich neubearb. u. vermehrte Aufl., Band 3. – Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut 1903, S. 83). 2 Umgangssprachliche Bezeichnung für eine spezifische Form der Anämie. 3 Marianne Weber hatte aus Glion nur über eine hartnäckige Erkältung berichtet (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 1. April 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Zu Alfred Webers Überanstrengung vgl. den Brief an Emmy Baumgarten vom 18. Febr. 1898, oben, S. 469 (mit Anm. 10). 5 Im Februar/März 1898 berichtete Alfred Weber seinem Bruder, es habe „infolge der dauernden Anwesenheit von Ernst u. Clara bei Gelegenheit eine gründliche Auseinandersetzung stattgefunden“, die zu einem „ganz erträglichen modus vivendi“ geführt hätte. Über den Inhalt der Auseinandersetzung wollte er nur persönlich sprechen (Brief von Alfred Weber an Max Weber, undat. [Februar oder März 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Daß es nicht zuletzt um die seiner Ansicht nach zu hohen Ansprüche vor allem Claras an Helene Weber ging, deutet sich in einem Brief vom Mai 1898 an. Dort schrieb er, seine Mutter halte „Clara jetzt konsequenter und bewußt in ihren Schranken“ (Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 16. Mai 1898, ebd.).
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diesem exceptionellen Jahr wohl kommen wird, nichts zu sagen hat. Zeigt sich nach 5–6 Jahren, daß es wirklich nicht verständig ist so weiter zu wirtschaften, dann ist noch immer Zeit zum Verkaufen. Selbst wenn bis dahin jedes Jahr so viel zugesetzt würde, wie ungünstigstenfalls in diesem Jahr, ist bei der Größe des Vermögens (ca 700 000 Mk) die Abnahme desselben gar nicht fühlbar.6 – Verzeih diese eiligen Zeilen, die Dir nur die herzlichsten Wünsche für dies neue Jahr und das nun ganz anders gestaltete neue Leben bringen sollten. Ich werde doch bald, jedenfalls wohl Pfi ngsten, einmal vorbeikommen um zu sehen wie es geht. – Alfred hätten wir am liebsten noch hierbehalten, aber er scheint keine Ruhe zu haben, da einige notwendige Arbeiten noch in diesem Monat angefangen werden müssen,7 und will Sonnabend zu Oldenberg.8 Herzlich Dein Max
6 Anlaß für diese Überlegungen war ein Kaufangebot für das Charlottenburger Haus der Familie in der Leibnizstraße 19, über das Alfred Weber seinen Bruder Max im Januar informiert und einen Verkauf des Hauses als finanziell durchaus „empfehlenswert“ bewertet hatte (Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 17. Jan. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Hintergrund der „Unterbilanz“ war, daß Helene Weber nach dem Tod ihres Mannes im Wesentlichen von Dividenden und Zinsen aus ihrem Kapitalvermögen lebte, wovon nicht nur der Unterhalt von Haus und Personal, sondern auch Zuwendungen an die Kinder zu bestreiten waren (Roth, Familiengeschichte, S. 506). Der Verkauf unterblieb zunächst, erst nach der Hochzeit der jüngsten Tochter Lili 1902 zog Helene Weber in ein kleineres Haus in der Marchstraße 7f (ebd.). Zu Helene Webers Vermögensverhältnissen vgl. auch den Brief an Helene Weber vom 23. Mai 1902, unten, S. 847 f., Anm. 3. 7 Es handelt sich um Vorarbeiten für die geplante Erhebung des Vereins für Socialpolitik über die Lage der Heimarbeiter (vgl. dazu die Editorischen Vorbemerkungen zu den Briefen an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898 und an Alfred Weber vom 2. Aug. 1899, unten, S. 489 und 695). Bis Mai hatte Alfred Weber dann bereits ein „Exposé“ sowie einen „sehr umfangreichen Fragebogen“ ausgearbeitet und an Eugen von Philippovich geschickt (Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 16. Mai 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 8 Karl Oldenberg war seit 1897 Professor in Marburg.
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Emilie Benecke 13. Mai 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber antwortet nachfolgend auf die Einladung zur Hochzeit seiner Cousine Margarete Benecke mit Carl-August Beneke am 2. Juni 1898 in Straßburg. Er bezieht sich in seiner Absage auf die Ende des Wintersemesters bei ihm aufgetretenen Beschwerden, derentwegen er im Frühjahr auch die erwähnte Erholungsreise an den Genfer See unternommen hatte (vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. April 1898, oben, S. 481– 483, mit Editorischer Vorbemerkung). Den Brief zeichnete Weber auch im Namen von Marianne Weber.
Heidelberg 13/V 98 Liebe Tante! Herzlichen Dank für Eure freundliche Einladung; Du und Ihr Alle wißt, wie herzlich gern wir grade an der Hochzeitsfeier dieses Paares teilnehmen würden. Aber ich bin meine zeitweise ganz unerträgliche Schlaflosigkeit in Montreux nicht losgeworden und würde, nachdem es mir eben etwas besser geht, voraussichtlich wieder allen Erfolg verscherzen, wenn ich die Pfi ngstferien anders als der auf die Dauer keineswegs kurzweiligen sogenannten „Erholung“ widmete,1 und da ich unbedingt mußa arbeiten können und mir ärztlicherseits alle und jede Geselligkeit, und dergleichen absolut untersagt ist, so haben wir, so herzlich sauer uns das grade in diesem Jahr wird, nach reiflicher Überlegung doch beschlossen, Euch, die Cousine und den Vetter zu bitten, unsre herzliche Mitfreude und Teilnahme aus der Ferne diesmal anstatt unsrer persönlichen Teilnahme zu nehmen. Habt nochmals herzlichen Dank! Eure stets getreuen Max und Marianne Weber
a Unsichere Lesung. 1 Kurz nach Pfingsten schrieb auch Marianne Weber über Max Webers Befinden, es sei „am wichtigsten, daß Max sich in dieser Woche so viel wie möglich erholt u. das kann er nur bei absoluter Ruhe u. absolutem Sich-gehen-lassen-können. Die Schlaflosigkeit ist eben noch immer sehr angreifend – ich habe ihm gestern u. vorgestern Brom gegeben, das hat auch entschieden gut gewirkt – heute nacht ziehe ich nun selbst für einige Wochen ins Fremdenzimmer, denn mit meinem Schlaf war es natürlich auch nichts, u. es ist doch besser, wenn einer von uns frisch ist.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [31. Mai 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Daß meine Mutter in Stuttgart ist, wißt Ihr natürlich. Hörte man doch bald einmal etwas Besseres von dort – oder: machte der Himmel, wenn das nicht sein soll, bald ein gnädiges Ende! 2
2 Helene Weber war am 9. Mai nach Stuttgart gereist, um ihre Nichte Emmy bei der Pflege der schwerkranken Ida Baumgarten zu unterstützen. Helene Webers ältere Schwester war mittlerweile dauerhaft pflegebedürftig und phasenweise verwirrt (vgl. die Briefe von Helene Weber an Max und Marianne Weber vom 4. und 29. Mai 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Paul Siebeck 13. Mai 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Borgius, Mannheim I, II), vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 13. März 1898, oben, S. 471.
Heidelberg 13/V 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Auch ich bedaure lebhaft, daß die Publikation der Arbeiten manche Schwierigkeiten zeigt, welche ich nicht vorausgesehen hatte. Wenn Ihnen aus diesem Grunde die Belastung mit der Sammlung in absehbarer Zeit zu erheblich werden sollte, so würde ich einen etwaigen Rücktritt Ihrerseits zwar sachlich auf das allerlebhafteste beklagen, aber Ihnen persönlich natürlich nicht verargen können, denn ich muß zugeben, daß Ihre geschäftlichen Bemerkungen am Schluß Ihres Briefs vom 7. d.M.1 ihre Berechtigung haben und daß es nicht zu beanspruchen ist, daß Sie dauernd einem reinen Zubuße-Unternehmen Ihren Verlag zur Verfügung stellen. Ich kann leider beim besten Willen nichts daran ändern, daß grade die ersten Hefte – auch einige der zunächst in Aussicht stehenden, etwas stark mit Tabellen etc. belastet sind. Denn es war und ista nicht wohl anders möglich, als zunächst Arbeiten zu bringen, welche die wissenschaftliche Qualifikation des Unternehmens außer allen Zweifel stellten. Dagegen werde ich Alles zu thun bestrebt sein, um den Umfang der einzelnen Hefte in angemessenen Schranken zu halten, soweit mein Seminar in Betracht kommt, – den Umfang der Borgius’schen Arbeit habe ich absolut falsch geschätzt. Wollen Sie mir bitte das Mscr. zu Pfi ngsten zugehen lassen, 2 ich werde kürzen, was irgend möglich, a ist > war und ist 1 In seinem Brief an Max Weber vom 7. Mai 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Paul Siebeck nochmals seine Bedenken gegenüber dem großen Umfang der Dissertation von Walther Borgius geltend gemacht und darauf hingewiesen, daß die Beigabe des statistischen Zahlenmaterials als Anlagen die Herstellung noch darüber hinaus erschwere: „Großer Umfang und komplizirter Satz der Abhandlungen sind dem jungen Unternehmen nachteilig. Die Hefte werden zu kostspielig.“ 2 Pfingsten fiel 1898 auf den 29. Mai. Tatsächlich sandte Paul Siebeck Max Weber das
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kann aber nicht garantieren, wie viel es sein wird. Sie werden doch jetzt die Arbeit bis an einen Abschnitt – es muß ein solcher unmittelbar am Anfang von Bogen 4 sich fi nden – setzen, um dem Herrn Dr Borgius die Dissertationsexemplare zuzustellen?3 Von dem Titelblatt der Dissertation: Titel: „Die Fruchtmarktgesetzgebungb von Kurpfalz im 18ten Jahrhundert“4 erbitte ich s.Z. Correcturabzug. Haben Sie die Adresse des Herrn Dr B[orgius]? Ich habe sie nicht. Bis auf Weiteres mit bester Empfehlung Ihr hochachtungsvoll ergebenster Max Weber
b Kornmarktgesetzgebung > Fruchtmarktgesetzgebung Manuskript zu, der es ihm kurz nach Pfingsten durchgesehen wieder übermittelte (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 3. Juni 1898, unten, S. 494). 3 Es war vereinbart worden (vgl. Brief an Paul Siebeck vom 10. April 1898, oben, S. 480), vorab Pflichtexemplare zur Vorlage bei der Fakultät von drei Bogen (48 Seiten) separat zu veröffentlichen. 4 Die Pflichtexemplare erschienen 1898 unter dem Titel „Die Fruchtmarktgesetzgebung in Kurpfalz im 18. Jahrhundert“ im Verlag H. Laupp, Tübingen (Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung). Die H. Laupp’sche Buchhandlung befand sich im Besitz der Familie Siebeck. Die vorab gedruckten Pflichtexemplare umfaßten nahezu die ersten vier Druckbögen der gesamten Dissertation (61 Textseiten, dazu kam noch der Lebenslauf mit 3 Seiten).
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Carl Bezold PSt 15. Mai 1898; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig UB Heidelberg, Heid. Hs. 1501, Nl. Carl Bezold Die Karte steht in Zusammenhang mit Max Webers Arbeiten an der zweiten, erweiterten Fassung seines Artikels „Agrarverhältnisse im Altertum“, die im Juli 1898 erschien (Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum, in: MWG I/6, S. 128–227; zum Kontext der im folgenden edierten Karte: S. 128 und 131 f.). Max Weber hatte sich bei seinem Heidelberger Kollegen, dem Assyriologen Carl Bezold, nach der Zuverlässigkeit von Angaben über Geld „in Ringform“ in einem Kommentar Bruno Meissners zu einem altbabylonischen Urkundentext erkundigt. Bezold fragte ihn daraufhin offenbar nach der genauen Stelle und erhielt die folgende Antwort.
Lieber College! Die Sekel1 „in Ringform“ fi nden sich in Meißner’s „Urkunden und Texte.“ s.v. „Auftrag“, Urk[unde] No 85 (Quittung über mehrere „1/ 3 S[ekel] Silber in Ringform“).2 – Ich habe die Sammlung nicht da, deshalb kann ich die letztere Bezeichnung nicht nachsehen. 3 Besten Gruß Max Weber
1 Ursprünglich ein mesopotamisches Gewicht; in Silberform eine Werteinheit. Vgl. MWG I/6, S. 834 (Glossar). 2 Vgl. Meissner, Bruno, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht (Assyriologische Bibliothek, hg. von Friedrich Delitzsch und Paul Haupt, Band 11). – Leipzig: J.C. Hinrichs 1893, S. 68 (Nr. 85, im Kapitel „Verträge: Auftrag“, S. 67–69) und S. 147 (zu Nr. 85). Der Titel „Urkunden und Texte“ ist irrtümlich. Vgl. ausführlich MWG I/6, S. 131, Anm. 20 (Editorischer Bericht). 3 Wie sich sich einer Notiz (in Gabelsberger Kurzschrift) von Carl Bezold auf dem Brief Max Webers entnehmen läßt, antwortete er auf Webers Anfrage direkt und bestätigte Meissners Angaben: „Heidelberg 16.5.98[.] Lieber Kollege, Meissner hat Recht! [. . .] Es liegt also kein Grund zur Änderung der Stelle vor.“
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Carl Johannes Fuchs 25. Mai 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 16–17 Dieser und die folgenden Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 7. Juli 1898 und 21. Juli 1898, unten, S. 506–509 und 517 f., sowie an Alfred Weber vom 5. Juli 1898 und 2. August 1899, unten, S. 505 und 695–697, stehen im Zusammenhang mit der Enquete, die der Verein für Socialpolitik zwischen 1897 und 1899 über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich durchführte und deren Ergebnisse er 1899 in vier Bänden (SVfSP 84–87) veröffentlichte. Im Herbst 1897 beschloß der Ausschuß des Vereins für Socialpolitik die Durchführung einer Erhebung über die Lage der Heimarbeiter. Ziele und Vorgehensweise wurden auf der Ausschußsitzung vom 20. März 1898 präzisiert (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 18. Februar 1898, oben, S. 470 mit Anm. 1, sowie Boese, Geschichte (wie oben, S. 7, Anm. 32), S. 86). Hauptziel war, die Kenntnisse über die äußerst vielfältigen Formen hausindustrieller Betriebe systematisch zu erweitern, um so die Einbeziehung der Heimarbeiter, insbesondere der zahlreichen Heimarbeiterinnen, in die Arbeiterschutzgesetzgebung vorzubereiten (vgl. auch zum Folgenden: Weber, Alfred und Philippovich, Eugen von, Untersuchungen über die Formen von Hausindustrie und Heimarbeit [Zirkular], in: SVfSP 84, S. VI–VIII). Zur Planung, Erstellung eines Fragebogens und zur Durchführung der Enquete wurde eine Kommission gebildet, der Carl Johannes Fuchs (Freiburg i. Br.), Eugen von Philippovich (Wien), Werner Sombart (Breslau), Wilhelm Stieda (Rostock/Leipzig), Alfred Weber sowie der Wiener Sozialpolitiker Otto Wittelshöfer angehörten. Wie sich ebenfalls dem von Alfred Weber und Eugen von Philippovich gezeichneten Zirkular an die Mitglieder des Vereins für Socialpolitik entnehmen läßt, sollten das in den Erhebungen gesammelte Material und die entsprechenden Manuskripte bis Frühjahr 1899 eingereicht werden, um die Drucklegung bis zur Generalversammlung im Herbst 1899 zu gewährleisten. Während Alfred Weber bei der Durchführung der Erhebung eine führende Rolle spielte (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 2. August 1899, unten, S. 695), beschränkte sich Max Weber darauf, Studenten und Doktoranden zu werben und mit der Bearbeitung von Teilbereichen in Süddeutschland zu betrauen. Wie sich aus dem Vorwort des 1899 erschienenen ersten Bandes der Enquete ergibt (Philippovich, Eugen von, Vorwort, in: SVfSP 84, S. XIV), sind vier Beiträge auf Schüler Max Webers, nämlich Albert Baer, Wilhelm Fuchs und Otto Reinhard, zurückzuführen. In dem im folgenden edierten Brief wendet sich Max Weber an Carl Johannes Fuchs, um die Verteilung der Untersuchungsbereiche innerhalb Süddeutschlands abzusprechen.
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Ich habe sehr bedauert, daß ich s.Z. Ihrer freundlichen Aufforderung, Sie zu besuchen, die mir mein Bruder brachte, nicht folgen konnte, da ich zu lange in Montreux geblieben war,1 um noch Station zu machen.
1 Max und Marianne Weber hatten sich von Ende März bis Mitte April 1898 in Begleitung
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Nur meine Frau war 1½ Tage dort und hätte Ihrer Frau Gemahlin2 gern ihre Aufwartung gemacht, wenn ihr dies ohne Zurücksetzung anderer möglich gewesen wäre, – so ist sie ganz incognito geblieben. Hoffentlich fühlen Sie Sich in Fr[eiburg] wohl und hoffentlich sehen wir uns in Baden-Baden bei der Zusammenkunft der 3 Universitäten.3 Die Heimarbeits-Enquete wird nun bald in Fluß kommen und es ist wohl gut, daß wir uns über eine Arbeitsteilung einigen, damit nicht Doppel-Arbeiten vorkommen. Ich habe 1) einen Herren für den Taunus4 2) –„– Württemberga – Schwarzwald (näheres Gebiet wird noch vorbehalten, wahrscheinlich Balingen) 5 a O: Würtemberg von Alfred Weber zur Erholung in Glion bei Montreux am Genfer See aufgehalten (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 18. Februar 1898, oben, S. 470, Anm. 2). 2 Berta Fuchs. 3 Gemeint ist das alljährliche Treffen der Professoren der drei Hochschulen Freiburg, Heidelberg und Straßburg in Baden-Baden. 1898 fand diese informelle und gesellige Zusammenkunft am Sonntag, den 26. Juni 1898, statt (vgl. den Bericht im Lokalteil des Badener Tagblatts, Nr. 145 vom 28. Juni 1898). Die Teilnehmer wurden nicht namentlich aufgeführt. Auch Friedrich Meinecke erwähnt in seinen Erinnerungen dieses alljährlich an einem Sonntag im Juni stattfindende Treffen von Professoren und Dozenten der Universitäten vom Oberrhein. Demnach wurde der Kreis nach der Jahrhundertwende um Vertreter der Hochschulen Basel und Karlsruhe erweitert (vgl. Meinecke, Friedrich, Autobiographische Schriften, hg. und eingeleitet von Eberhard Kessel. – Stuttgart: Koehler Verlag 1969, S. 167). Friedrich Meinecke lehrte zwischen 1901 und 1906 in Straßburg und anschließend bis 1914 in Freiburg. 4 Es handelt sich um Wilhelm Fuchs. Seine Untersuchung wurde 1899 im ersten Band der Schriftenreihe über die Heimarbeiterenquete veröffentlicht (Fuchs, Wilhelm, Über Hausindustrie und verwandte Unternehmungsformen auf dem Taunus, in: SVfSP 84, S. 105–142). 1899 versuchte Max Weber Wilhelm Fuchs augenscheinlich auch für die Auswertung der Fragebögen der Erhebung des Evangelisch-sozialen Kongresses über die Lage der Landarbeiter von 1892/93 zu gewinnen, wie aus einem Brief von Wilhelm Fuchs an Max Weber vom 24. Februar 1899 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht. Eine entsprechende Auswertung der Landarbeitererhebung durch Fuchs kam aber nicht zustande. 5 Gemeint ist der Heidelberger Student Otto Reinhard, der zugleich bei Max Weber über die Hausindustrie promovieren wollte (vgl. dazu die Briefe von Otto Reinhard an Max Weber vom 29. Aug. 1898, 11. Sept. 1898, 17. Nov. 1898, 31. Dez. 1898, 7. Jan. 1899, 16. Jan. 1899 und 1. März 1899, alle im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Während die Dissertation nicht zustande kam (vgl. dazu MWG III/4, S. 17, Anm. 72) wurden zwei Beiträge von Otto Reinhard im Rahmen der Heimarbeiterenquete veröffentlicht (Reinhard, Otto, Die württembergische Trikot-Industrie mit specieller Berücksichti-
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für St Blasien6 (ist dort beschäftigt und bearbeitet auf Grund der Akten die dortigen Versuche der Regierung, den Absatz zu organisieren, soll daher auch gleich die Heimarbeit mit in Angriff nehmen). 4) und 5) noch 2 Herren,7 von denen ich einen im Schwarzwald, den andren anderswo in der Pfalz oder in einer mittleren Stadt beschäftigen möchte, nach näherer Überlegung; die beiden müssen sich für die Arbeit erst stark vorbereitend beschäftigen. Was haben Sie vor? was v. Schulze?8 Darf ich Sie beide um eventuelle Nachricht bitten, ob sie collidieren? Mit der Bitte um beste Grüße an v. Schulze und eine angelegentliche Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin Ihr ergebenster Max Weber 3)
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gung der Heimarbeit in den Bezirken Stuttgart (Stadt und Land) und Balingen, in: SVfSP 84, S. 1–77, sowie ders., Die Feinmechanik im Oberamt Balingen, ebd., S. 79–103). 6 Der vorgesehene Bearbeiter ist nicht ermittelt. 7 Es konnte nicht ermittelt werden, auf wen sich Max Weber hier bezieht. 8 Beiträge, die aus dem Schülerkreis von Gerhart von Schulze-Gaevernitz hervorgingen, wurden in Publikationen des Vereins für Socialpolitik nicht genannt (vgl. Philippovich, Eugen von, Vorwort, in: SVfSP 84, S. XIV).
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Paul Siebeck 28. Mai 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief der Vertreter von Paul Siebeck, G. Zapf und Richard Pflug, an Max Weber vom 24. Mai 1898, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Mit diesem Schreiben sandten Zapf und Pflug Max Weber das Manuskript der Dissertation von Walther Borgius (Borgius, Mannheim I, II) zur erneuten Durchsicht und Kürzung zu. Darüber hinaus teilten sie ihm mit, daß Siebeck die Zusammenlegung des Verlags J.C.B. Mohr mit der H. Laupp’schen Buchhandlung beabsichtige und für diesen Fall die Verlagsstandorte in Freiburg und Leipzig aufgeben und die Geschäfte in Tübingen konzentrieren wolle. Unter diesen Umständen könne Siebeck den Verlag der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, mit Betonung auf „Badischen“, nicht weiterführen.
Heidelberg 28. V. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Die Mitteilung Ihres Herrn Vertreters1 in dem Schreiben vom 24. d.M. ist mir natürlich, da ich gern mit Ihnen in Verbindung bliebe, höchst unerfreulich. Ich bleibe jedoch bei meiner früheren diesbezüglichen Bemerkung stehen; 2 – selbst wenn ich es könnte, würde ich nicht den Wunsch haben, Sie an ein Unternehmen gekettet zu sehen, für welches Sie anscheinend Vertrauen und Interesse verloren haben und welches Ihnen lästig wird. Ich würde das nur in einem Fall als eine schwere persönliche Kränkung ansehen und behandeln – dann nämlich, wenn die Bemerkung in einem früheren Schreiben3 betr. die mehreren einander im Wege stehenden Unternehmungena besagen sollte, daß Sie die nach unserem Unternehmen von Ihnen übernommenen „Wiener Studien“, deren erstes Heft mir inzwischen zuging,4 nicht mit dem ersteren zusammen weiter führen können und wollen und deshalb unser a 〈bed〉 1 Der Brief war unterzeichnet von G. Zapf und Richard Pflug in Vertretung. 2 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 13. Mai 1898, oben, S. 486. 3 In seinem Schreiben an Max Weber vom 7. Mai 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Paul Siebeck bezüglich der Absatzchancen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ kritisch bemerkt: „Dazu kommt noch, daß die zahlreichen Sammlungen dieser Art in Deutschland einander gegenseitig den Absatz erschweren.“ 4 Gemeint ist: Adler, Emanuel, Über die Lage des Handwerks in Österreich (Wiener staatswissenschaftliche Studien, Band 1, Heft 1). – Freiburg i. Br. u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1898. Die Reihe wurde u. a. von Eugen von Philippovich, Max Webers Vorgänger auf dem Freiburger Lehrstuhl, herausgegeben. Sie erschien bis 1902 im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).
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Unternehmen aufgeben und das andre weiterführen. Selbstverständlich setze ich etwas Derartiges nicht voraus. Eine baldige Klarheit über die Lage wäre mir jedenfalls erwünscht. Ich beabsichtige, eventuell selbst ohne die Collegen in Freiburg, 5 falls diese etwa wider Erwarten abgeneigt sein sollten, das Unternehmen fortzusetzen, dem ich meine ganze Kraft zuwenden will und an dessen wissenschaftlichem Erfolg ich auf die Dauer nicht zweifle, – selbst wenn ich dabei pekuniär Schaden auf mich nehmen müßte. Da ich eventuell an einen andren Verlag gehen müßte, wäre esb erwünscht dies bald thun zu können, wenn es sein muß. Ebenso muß ich wegen der Arbeiten, die demnächst in Betracht kommen – 1) 3 Hefte über die Landarbeiter, von mir eingeleitet,6 2) mein Heft über die preußische Agrarpolitik,7 3) die Arbeit über die Sozialpolitik der Buchdrucker8 – im Klaren sein. Haben Sie kein Vertrauen und keine Freude an der Sache, so ändert daran auch Ihr Freiburger Domicil nichts, – ist es anders, so ist offenbar ein Tübinger Domicil kein Gegengrund. – Herkner wünscht gestrichen zu werden,9 er will weiter nur dann mitmachen, wenn der Titel ein umfassenderer würde (wogegen ich an sich gar nichts habe, wie ich s.Z. schrieb, da mir diese Exteriora alle ganz gleichgültig sind). Mit hochachtungsvoller Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber 10 P.S. Borgius folgt kommenden Donnerstag zurück. b 〈ers〉 5 Gemeint sind Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 6 Die Ergebnisse der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses von 1892/93, an der Max Weber führend beteiligt war, wurden nicht in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ veröffentlicht, sondern in der von Max Weber zwischen 1899 und 1902 herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“. Die von Max Weber angekündigte Einleitung (MWG I/4, S. 694–711) erschien im Rahmen des ersten Heftes. Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten, S. 579–581. 7 Ein entsprechendes Heft hat Max Weber weder in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ noch in der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ veröffentlicht. 8 Gemeint ist: Abelsdorff, Beiträge. 9 Nach seiner Berufung von Karlsruhe nach Zürich schied Heinrich Herkner aus dem Herausgebergremium der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ aus. 10 Max Weber sandte das Manuskript (Borgius, Mannheim I, II) am Freitag, den 3. Juni 1898, zurück. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 3. Juni 1898, unten, S. 494.
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3. Juni 1898
Paul Siebeck 3. Juni 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber hatte Paul Siebeck um Zusendung des Manuskripts der Dissertation von Walther Borgius gebeten (Brief vom 13. Mai 1898, oben, S. 486 f.), um durch eine erneute Überarbeitung und Kürzung die umstrittene Veröffentlichung in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ sicherzustellen.
Heidelberg 3. VI. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Anbei die Borgius’sche Arbeit.1 Ich habe im Text bei nochmaligera Durcharbeitung nicht sehr viel streichen können, dagegen die Anlagen um einen bedeutenden Bruchteil verkürzt und den verbliebenen Rest zusammengestrichen. Von Formularen ist nur ca ½ Blatt voll geblieben, von der Statistik etwa die Hälfte2 – auch diesen Rest zu streichen wäre eine schwere Schädigung, da derartige Statistiken noch nirgends in dieser Art existieren. Ich muß aufrichtiger Weise allerdings zugeben, daß die Arbeit in der Art wie die Anlagen (Formulare und statist[ische] Tabellen) zuerst gestaltet waren, Grund zur Beschwerde gab und daß ich es diskutabel fände, wenn in etwaigen künftigen Fällen – falls unser Verhältnis weiterdauern sollte – dafür Sonderbedingungen zu Gunsten des Verlegers ausbedungen würden. Ich schätze Sie im Besitz meiner Antwort auf den Brief Ihres Herrn Vertreters vom 24. VI.3 Mit hochachtungsvollster Empfehlung ergebenst Max Weber
a O: noch maliger 1 Gemeint ist: Borgius, Mannheim I, II. 2 Zum definitiven Umfang von Anlagen und Tabellen vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 23. Aug. 1898, unten, S. 568 f., Anm. 4 und 5. 3 Das Schreiben von Siebecks Vertretern, G. Zapf und Richard Pflug, an Max Weber stammt vom 24. Mai, nicht Juni, 1898. Max Weber antwortete darauf in einem direkt an Paul Siebeck gerichteten Brief vom 28. Mai 1898, oben, S. 492 f.
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P.S. 1) Könnte der Druck jetzt gleich weitergehen, so wäre das, da dann die großen Darstellungen der Getreidehandelspolitik von Schmoller– Naudé‚4 sie |:jedenfalls:| auch berücksichtigen könnten, der Arbeit von Nutzen. 2) Von den von mir geschriebenen Partien wird es vielleicht gut sein, wenn ich die Fahnen bereits zur Durchsicht bekomme.5
4 Die Königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin gab unter der wissenschaftlichen Leitung des Berliner Nationalökonomen Gustav Schmoller die „Acta Borussica“ heraus. In diesem Rahmen waren auch Aktenpublikationen zur Getreidehandelspolitik vorgesehen. Davon war 1896 der erste Band erschienen: Die Getreidehandelspolitik der Europäischen Staaten vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, als Einleitung in die Preußische Getreidehandelspolitik. Darstellung von W[ilhelm] Naudé (Acta Borussica; Die einzelnen Gebiete der Verwaltung; Getreidehandelspolitik, Band 1). – Berlin: Paul Parey 1896. Der zweite Band befand sich in Vorbereitung und erschien 1901: Die Getreidehandelspolitik und Kriegsmagazinverwaltung Brandenburg-Preußens bis 1740. Darstellung und statistische Beilagen von W[ilhelm] Naudé. Acten bearbeitet von G[ustav] Schmoller und W[ilhelm] Naudé (Acta Borussica; Die einzelnen Gebiete der Verwaltung; Getreidehandelspolitik, Band 2). – Berlin: Paul Parey 1901. Band 3 erschien 1910. 5 Entsprechende Fahnen mit den handschriftlichen Vorgaben und Änderungen Max Webers sind weder in der Korrespondenz Max Weber/Paul Siebeck (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München) noch in den übrigen in Frage kommenden Korrespondenzen des Verlags (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488) ermittelt.
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Friedrich Naumann 19. Juni 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 105–106 Der Brief steht im Zusammenhang mit dem Scheitern der Reichstagskandidatur Friedrich Naumanns und des von ihm im November 1896 begründeten Nationalsozialen Vereins. Der Nationalsoziale Verein, der in elf Wahlkreisen angetreten war, errang in den Reichstagswahlen vom 16. Juni 1898 (Hauptwahl) lediglich 27 000 Stimmen und konnte sich in keinem Wahlkreis für die Stichwahlen positionieren. Die Enttäuschung war für Friedrich Naumann besonders groß, denn er hatte einen aufwendigen und kräftezehrenden Wahlkampf in vier Wahlkreisen – in Hannover, Wiesbaden, Frankfurt am Main und Neustadt an der Orla (mit Jena) – geführt. Vgl. dazu Handbuch der Reichstagswahlen 1890–1918. Bündnisse, Ergebnisse, Kandidaten, bearbeitet von Carl-Wilhelm Reibel (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 15). – Düsseldorf: Droste 2007, 1. Halbband, S. 596–599, 757–762, 781– 785, 2. Halbband, S. 1393–1396 (hinfort: Handbuch der Reichstagswahlen); sowie: Theiner, Sozialer Liberalismus (wie oben, S. 237 f., Anm. 5), S. 87 f. Helene Weber und Ida Baumgarten hatten im Herbst 1897 im Einverständnis mit ihren Söhnen Max und Alfred Weber und Otto Baumgarten Naumanns Reichstagskampagne mit einer erheblichen Summe unterstützt (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Naumann vom 28. Oktober 1897, oben, S. 454 f.). Nach dem Scheitern der Kandidatur sandte Max Weber Friedrich Naumann den im folgenden edierten Brief als Zeichen seiner bleibenden Freundschaft. Naumann antwortete Max Weber darauf am 23. Juni 1898: „V[erehrter] l[ieber] Fr[eund]! Herzl[ichen] Dank für Ihren freundl[ich] treuen Brief! Sind auch direkte Erfolge jetzt nicht da, so war doch die Mühe nicht vergeblich. 26.000 Stimmen ist immerhin ein Anfang. Ihnen u. den Ihrigen gebührt dabei besonderer Anteil. Mit viel[en] Grüßen an Sie u. Ihre verehrte Frau Gemahlin Ihr treu erg[ebener] Fr. Naumann“ (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 104).
Heidelberg 19 VI 98 Lieber Freund, – – denn ich denke, wir dürfen einander wohl so nennen, – nachdem an dem nä[ch]sten Mißerfolg1 nicht mehr zu zweifeln ist, möchte ich Ihnen nur einen kurzen Gruß als Zeichen unwandelbarer Teilnahme und Anhänglichkeit schicken. Sie werden ja vorbereitet gewesen sein, wie ich auch. Aber ich denke auch an die große leidenschaftliche Liebe Ihrer lieben Frau2 für Ihre Sache, – füra sie, die wohl immer noch eine geheime Hoffnung genährt haben wird, ist es eine schwere Prüfung. a 〈Si〉 1 Anspielung auf den vorhergehenden Mißerfolg der von Friedrich Naumann begründeten Tageszeitung „Die Zeit. Organ für nationalen Sozialismus auf christlicher Grundlage“, die sich nur zwischen dem 1. Oktober 1896 und 30. September 1897 halten konnte. 2 Maria Magdalena Naumann.
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Und nun: Lassen Sie Sich von Niemand, auch von Sich selbst nicht, einreden, daß sogenannte „Fehler“ etc. mitspielten. Daran scheitert eine groß gedachte Sache, von reinen Persönlichkeiten in ehrlicher Arbeit vertreten, nicht. Und es ist mir auch jetzt eine großeb Beruhigung, daß wir an unserem kleinen Teil dazu beitragen durften, daß Sie nicht die bittere Empfi ndung haben: nur das fehlende Geld, die Armuth des Idealismus, ist schuld. – Sondern das, was Sie wollten und nach Ihrer Natur wollen mußten, – dafür ist es jetzt zu früh gewesen, die Massen sind dafür nicht reif, die Problemstellung ist vorerst eine andere, brutalere. Und Sie mußten Ihr Häuflein und Sich selbst erst rangieren und einexercieren, als es schon ins Feld ging. Und nicht nur die blöden Massen, auch die ebenso blöde Regierung war nicht reif [.] Aber war deshalb Ihre Arbeit vergebens, – auch nur in Ihrem Sinn? Sicherlich nicht: ich kann bezeugen, was Sie in unsren Kreisen, in denen nun einmal Ihre Wirkung lag, für Keime ausgestreut haben, – und auch [,] was Sie an mir selbst und meinesgleichen gethan haben. Es ist theilweise Anders,c als Sie vielleicht selbst gewollt hätten, aber es wird wirken, wenn die jetzt hereinbrechende Zeit der Pisänge3 von rechts und links und der wirklichen oder vermeintlichen Schlauberger: der Miquèls4 und Delbrücks5 – vorüber sein wird. Unsre letzten Ideale und Voraussetzungen weichen von einander vielfach ab, das wissen wir beide, aber ich denke, es bleibt Alles beim Alten! Ihr entsagungsvolles Los ist ungünstigstenfalls, nicht selbst in vorderster Reihe mit an der schließlichen Durchsetzung einer Politik arbeiten zu können, für deren Vorbereitung Sie so unentbehrlich waren, wie Niemand sonst. Jetzt aber ist Ihre Pfl icht, zuerst Ihre Gesundheit zu wahren, und zwar ehe Sie irgend welche Entschlüsse fassen. Von dem Geld ist hoffentlich für diesen Zweck ein Rest geblieben?
b Unsichere Lesung.
c Alternative Lesung: Andres,
3 Seit dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 verbreitete Verballhornung des französischen Wortes „paysan“ (Bauer). Vgl. das Rheinische Wörterbuch, bearb. und hg. von Josef Müller, Band 6. – Berlin: Erika Kopp 1941, Sp. 878 f. 4 Der preußische Finanzminister Johannes von Miquel, seit 1897 zugleich stellvertretender preußischer Ministerpräsident, galt als Exponent der nationalliberal-konservativen Sammlungspolitik. 5 Bereits im Brief an Martin Rade vom 7. Dez. 1896, oben, S. 237, hatte sich Max Weber zu Hans Delbrück sehr kritisch geäußert.
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Grüßen Sie Ihre Frau, auch die andren mir bekannten Herrn (Gerlach,6 Weinhausen,7 Göhre,8 Lorenz9) und seien Sie selbst herzlich gegrüßt von Ihrem treu ergebenen Max Weber und Frau
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Hellmut von Gerlach. Friedrich Weinhausen. Paul Göhre. Max Lorenz. Alle vier waren Gründungsmitglieder des Nationalsozialen Vereins.
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Heinrich Sieveking 20. [Juni] 1898; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich StA Hamburg, Nl. Heinrich Sieveking Die folgende auf den 20. Juli 1898 datierte Abschrift findet sich in einem Typoskript von Heinrich Sieveking, Erinnerungen 1871–1914, S. 115, ebd. Aus den von Heinrich Sieveking zitierten Briefpassagen Max Webers und seinem Hinweis auf das bevorstehende Treffen der Hochschullehrer der drei Universitäten Freiburg, Heidelberg und Straßburg in Baden-Baden ergibt sich jedoch eine Datierung auf „Juni“ statt „Juli“, denn das Treffen war für den 26. Juni 1898 vorgesehen (vgl. den Brief Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 490, Anm. 3). Der Brief steht in Zusammenhang mit den Reichstagswahlen von 1898. Gerhart von Schulze-Gaevernitz, Max Webers ehemaliger Freiburger Fachkollege, kandidierte für die Freisinnige Vereinigung im Wahlkreis Schaumburg-Lippe. Obwohl seine Kandidatur von der Nationalliberalen Partei unterstützt wurde, gelang es ihm nicht, sich in der Hauptwahl vom 16. Juni 1898 durchzusetzen und für die Stichwahl zu qualifizieren, da die zweite linksliberale Partei, die Freisinnige Volkspartei, einen Gegenkandidaten ins Rennen geschickt hatte. Vgl. Handbuch der Reichstagswahlen (wie oben, S. 496, Editorische Vorbemerkung), 2. Halbband, S. 1474 f. Schulze-Gaevernitz war mit Heinrich Sieveking befreundet; auch zwischen Max Weber, der Sievekings Habilitation in Freiburg gefördert hatte (vgl. die Briefe an Heinrich Sieveking, nach dem 28. Januar und vom 20. April 1897, oben, S. 285 f. und 315 f.), und Sieveking entwickelten sich kollegiale und freundschaftliche Beziehungen. In den „Erinnerungen“ (ebd., S. 114 f.) schreibt Sieveking: „Durch eine Gegenkandidatur der Richter’schen Gruppe mißglückte die Wahl von Schulze-Gävernitz. Max Weber schrieb mir damals:“
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Daß es von Schulze nicht gelungen ist, gewählt zu werden, ist mir sehr bedauerlich. Einmal weil Viele ihm mißgönnten, dann weil die Kandidatur ihm immerhin in seiner Stellung geschadet hat. Es ist jetzt schwer, ihn wo anders hin zu berufen, da keine Fakultät einen Halbschichtarbeiter gern nimmt. Wenn er nur nicht den Fehler der Einschränkung seiner Lehrtätigkeit gemacht hätte. Ein zweistündiges Privatkolleg ist zu wenig, nachdem er eben ein Halbjahr Urlaub gehabt hatte.a1 Ich leide immer noch an Schlaflosigkeit, – Folge, wie es scheint Spanischer Malaria, die gar nicht weichen will. Wenn nur erst Ferien
a Es folgt der Zwischentext Heinrich Sievekings: „[. . .] Weber wurde durch seine Krankheit gequält. Ich durfte nicht hoffen, ihn in Baden-Baden zu treffen. Er schrieb:“ 1 Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte sich im WS 1896/97 freistellen lassen (vgl. die Karte Max Webers an Paul Siebeck vom 9. Febr. 1897, oben, S. 290, Anm. 1). Im laufenden SS 1898 bot er neben dem gemeinsamen Kameralistischen Seminar mit Carl Johannes Fuchs lediglich zwei Spezialvorlesungen „Bankwesen“ (zweistündig) und „Deutsche Handels- und Kolonialpolitik“ (einstündig) an (Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, SS 1898, S. 6).
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wären! Ich muß dann sofort eine gründliche Cur brauchen.2 Die Politik sieht schrecklich aus. Die Wahlen: – pfui Teufel!
2 Max Weber ließ sich die letzten beiden Semesterwochen von der Lehre entbinden (vgl. sein Urlaubsgesuch vom 16. Juli 1898, unten, S. 515 f.).
Briefe Juli 1898 – Dezember 1902
Max und Marianne Weber auf Reisen, ca. 1900/01 Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Sammlung Geiges
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Alfred Weber 2. Juli [1898]; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 47–48 Das Jahresdatum ist aus dem Bezugsbrief von Alfred Weber vom 28. Juni 1898 erschlossen. Der Brief wurde in der Mitte quer zerrissen und später wieder zusammengeklebt. Einige Stellen sind daher beschädigt. Dieser und der folgende Brief an Alfred Weber vom 5. Juli 1898, unten, S. 505, stehen in Zusammenhang mit einer Bürgschaft, die Arthur Weber übernommen hatte. Bezug: Brief Alfred Webers vom 28. Juni 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, BSB München, Ana 446), in dem er ausführlich über die finanziellen Schwierigkeiten des Bruders, Arthur Weber, berichtete. Demzufolge hatte Arthur Weber einem „Kameraden“, der in Geldnot, wahrscheinlich Spielschulden, geraten war und sich inzwischen das Leben genommen hatte, helfen wollen und für ihn eine Bürgschaft übernommen bzw. einen Schuldschein in Höhe von 2700 Mark unterzeichnet. Das Geld war am 1. Oktober 1898 fällig. Da der Vater des Schuldners, der Berliner Pfarrer und Konsistorialrat Otto Leonhardt es offen ließ, die Schulden seines toten Sohnes zu übernehmen, mußte Arthur Weber nun damit rechnen, die Schulden zu begleichen. Arthur vertraute sich daraufhin seinem Kommandeur an, der ihm wiederum riet, seine Familie, also die Familie Weber, um Hilfe zu bitten. Arthur wandte sich nunmehr an Alfred Weber, der wiederum seinen Bruder Max einweihte. In dem im folgenden edierten Brief sicherte Max Weber unter gewissen Bedingungen seine Hilfe zu; am 5. Juli 1898 zeigte er sich zuversichtlich, das Geld aufzubringen (vgl. den Brief an Alfred Weber vom 5. Juli 1898, unten, S. 505), zu diesem Zeitpunkt hatte der Vater des Schuldners sich aber schon zur Übernahme der Schulden bereiterklärt (vgl. den Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 8. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, BSB München, Ana 446).
H. 2. VII. Lieber Alfred!
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Ob wir das Geld werden leisten können, ist nicht zweifellos, da meine Kur etc. uns stark belasten wird. Es würde der ziemlich letzte Rest von Mariannes mütterlichem Vermögen sein. Aber ich werde sehen, ob es geht, und äußerstenfalls muß es gehen, – vorausgesetzt [,] daß wir es zurückerhalten von Mama sobald wir es unumgänglich brauchen sollten [.] Suche nur Arthur jedenfalls zu dem Versprechen zu bringen, daß er es als Ehrensache ansieht, nie zu jenen a zu gehena und nie wieder einen Schuldschein zu unterschreiben, sei es für sich oder Andre, sondern sich, wo es einmal hapert, stets an uns wendet.
a Fehlt in O; zu gehen sinngemäß ergänzt.
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Dem Vater jenes Hallunken1 muß allerdings doch die Hölle geheizt werden! Heute nur dies, damit Du siehst, daß Du, wenn es gar nicht and[ers] b geht, voraussichtlich auf uns zählen kannst. Arthur soll natürlich über die Sache zu jedem schweigen, auch zu Karl2 [??] c Herzlichen Gruß Max NB! Dein Brief war nach Hirschberg 3 gegangen, dann erst hierher. Ich erhielt ihn eben. Ob Arthur noch an uns schreibt,4 schein[t] d mir am besten ihm zu überlassen.
b Verderbte Stelle in O.
c Verderbte Stelle in O.
d Verderbte Stelle in O.
1 Der Berliner Pfarrer und Konsistorialrat Otto Leonhardt hatte drei Söhne aus erster Ehe: Johannes (geb. 12.5.1872), Otto (geb. 16.9.1873) und Walther (geb. 30.11.1876) (Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, Akte des Evangelischen Oberkirchenrats über das Konsistorium der Kirchenprovinz Brandenburg, Nachweisung der persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Konsistorialraths Leonhardt, Bl. 175–177). Welcher dieser drei Söhne Arthur Webers Regimentskamerad war, konnte nicht ermittelt werden, da die Personalunterlagen von Angehörigen der Preußischen Armee aus der Zeit vor und während des Ersten Weltkriegs 1945 vernichtet worden sind (Auskunft des Bundesarchivs-Militärarchivs, Freiburg i. Br., vom 15. März 2012). 2 Gemeint ist der vierte der Brüder, Karl Weber. 3 Bezug unklar; möglicherweise ist Hirschberg (Schlesien) gemeint. 4 Alfred Weber hatte in seinem Brief vom 28. Juni 1898 vorgeschlagen, daß Arthur Weber sich unter Umständen direkt an Max Weber wenden solle.
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4. Juli 1898
Adolph Wagner 4. Juli 1898; Heidelberg Abschrift; von dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 3, Bl. 15–16 Zur Überlieferungslage vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Adolph Wagner, vor dem 12. Januar 1895, oben, S. 53. Der Brief steht in Zusammenhang mit einer Anfrage Adolph Wagners, in der er Max Weber um Hilfe bei der beruflichen Vermittlung des Historikers Bernhard Heisterbergk bat. Der Althistoriker Heisterbergk lebte seit 1878 als freier Journalist und Auslandsberichterstatter, aber ohne feste Anstellung, in Rom (vgl. den Artikel „Bernhard Wilhelm August Heisterbergk“, von Julius Adolf Bernhard, in: Jahresbericht über die Fortschritte der classischen Altertumswissenschaft, Band 107, Biographisches Jahrbuch 1900. – Leipzig: O.R. Reisland 1901, S. 1–8). Seine wissenschaftliche Reputation bezog er vor allem aus seinen Arbeiten über die Entstehung des Kolonats, die Max Weber besonders schätzte (vgl. MWG I/2, S. 248 f. und S. 374).
Heidelberg 4. VII. 98 Hochverehrter Herr Geheimrath!
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Zu meiner aufrichtigen Betrübnis zerbreche ich mir vorläufig vergebens den Kopf, wie dem von mir sehr hochgeschätzten Heisterbergk geholfen werden kann. Hier in Baden wüßte ich absolut nichts für ihn Passendes – es müsste grade in der Archiv-Verwaltung sein, deren Verhältnisse ich nicht kenne und auf die ich keinen irgendwelchen Einfluß üben könnte. Aber auch sonst scheinen mir die Chancen recht wenig günstig, wenn nicht etwa Koser1 ihn irgendwie verwenden kann – was kaum der Fall sein wird. Was Zeitungen anlangt, so habe ich nach Jolly’s Tod zur „Allgemeinen“ gar keine Fäden mehr, 2 und die „National-Zeitung“ ist in Rom ausgezeichnet bedient. Ob die „Kreuzzeitung“ Jemand brauchen könnte? Ihre italienischen Correspondenten sind nicht grade prima. Ich fürchte, ich werde in dieser Sache kaum etwas thun können, es versteht sich aber, daß wenn mir irgend ein Ausweg für den tüchtigen und verdienstvollen, wohl nicht mehr ganz jungen Mann einfallen sollte, ich nicht zögern werde ihn Ihnen vorzuschlagen. 1 Es handelt sich um Reinhold Koser, den Direktor der preußischen Staatsarchive und des Geheimen Staatsarchivs in Berlin. 2 Max Webers Cousin, Julius Jolly, war von 1896 bis zu seinem Tode am 20. Februar 1898 Chefredakteur der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ gewesen. Im Dezember 1897 hatte sich Max Weber noch an der von der „Allgemeinen Zeitung“ veranstalteten Flottenumfrage beteiligt (MWG I/4, S. 667–673).
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Mit den besten Wünschen für Ihr Ergehen – ich bin so herunter, daß ich eine sehr langwierige Kur vor mir habe – Ihr in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebener Max Weber
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Alfred Weber 5. Juli 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 49 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Bürgschaft Arthur Webers für einen Regimentskameraden (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 2. Juli 1898, oben, S. 501) sowie der vom Verein für Socialpolitik zwischen 1897 und 1899 veranstalteten Enquete über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 489).
Heidelberg 5/VII 98 Lieber Alfred!
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Das Geld für Arthur werden wir irgendwie schon schaffen. Über das Nähere seinerzeit. – Bitte schreibe mir, ob Ihr einen Mann schon habt, der die badische Tabak-Industrie (Fortsetzung von Woerishoffer)1 bearbeitet, da dieselbe in dem Cirkular speziell genannt ist.2 Herzlichen Gruß Max
1 Gemeint ist: Wörishoffer, Friedrich, Die sociale Lage der Cigarrenarbeiter im Großherzogthum Baden. Beilage zum Jahresbericht des Großh[erzoglichen] badischen Fabrikinspektors für das Jahr 1889. Herausgegeben im Auftrage des Großherzoglichen Ministeriums des Innern. − Karlsruhe: Thiergarten & Raupp 1890. 2 In dem von Alfred Weber und Eugen von Philippovich gezeichneten Zirkular an alle Vereinsmitglieder „Untersuchungen über die Formen von Hausindustrie und Heimarbeit“ (in: SVfSP 84, S. VI–VIII) wird u. a. als Ziel angegeben, „für einige zu großen lokal konzentrierten Hausindustrien ausgewachsene Gewerbe (wie die Tabakindustrie [. . .]) Monographien und Fortsetzungen früherer Monographien ins Leben zu rufen“ (ebd., S. VI). Ein entsprechender Fortsetzungsbeitrag wurde von Edgar Jaffé verfaßt (vgl. Jaffé, Edgar, Hausindustrie und Fabrikbetrieb in der deutschen Cigarrenfabrikation, in: SVfSP 86, S. 279–341), wahrscheinlich durch die Vermittlung Alfred Webers in Berlin.
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Carl Johannes Fuchs 7. Juli 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 18–19 Der Brief führt die Korrespondenz mit Carl Johannes Fuchs über die Durchführung der Erhebung des Vereins für Socialpolitik über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 489.
Heidelberg 7. VII. 98 Lieber Herr College! Vorerst besten Dank für Ihre Antrittsrede,1 ich habe sie – zunächst oberflächlich – gelesen, bin natürlich ganz d’accord, abgesehen von einigen Zügen der südwestlichen Entwicklung, die ich etwas anders beurteile [,] und einigen nur Nuancenhaftena Abweichungen bezüglich des Ostens. – Sodann anbei mit bestem Dank die Liste zurück.2 Ich erfahre in 4–5 Tagen, ob der betr. Herr nun defi nitiv St Blasien bearbeitet oder nicht, es hängt von amtlichen Verhältnissen ab, ich gebe Ihnen dann gleich Nachricht.3 Auf die Stroh-Verarbeitung bei Triberg etc. hatte ich meinerseits auch ein Auge geworfen, kann aber Ihrem Herren vielleicht ausweichen, und darf auch darüber wohl in 6–7 Tagen an Sie schreiben.4 Sonst habe ich: 1) Taunus, 5 2) Württemb[erg] b Bez. Balingen,6 3) vielleicht Spessart, dann werde ich 4) Herrn Dr Liefmann, den Sie so a O: Nüancen-haften
b O: Würtemb.
1 Carl Johannes Fuchs, Max Webers Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Freiburg i. Br., hatte als Thema für seine Antrittsvorlesung Agrargeschichte und Agrarpolitik gewählt, die auch zu Max Webers Interessenschwerpunkten in den 1890er Jahren gehörten (vgl. Fuchs, Carl Johannes, Die Epochen der deutschen Agrargeschichte und Agrarpolitik. Akademische Antrittsvorlesung. – Jena: Gustav Fischer 1898). 2 Eine entsprechende Liste mit Bearbeitern der Heimarbeiterenquete ist im Nl. Carl Johannes Fuchs (UB Tübingen, Md 878 a–d, Vorträge, Briefe, Entwürfe 1888–1923) nicht ermittelt. 3 Vgl. den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 21. Juli 1898, unten, S. 517 f. 4 Vgl. ebd. 5 Es handelt sich um Wilhelm Fuchs (vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 490 mit Anm. 4). 6 Als Bearbeiter vorgesehen war Otto Reinhard (vgl. dazu den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 490 f. mit Anm. 5).
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freundlich unterstützten, auch meinerseits wenn er es will, für das Weilerthal berathen,7 5) vielleicht Tabak, 6) ebenso vielleicht Confektion. Mein Material außer ad 1 und 2 sind junge Leute, die nicht sehr viel taugen, ich bin eher c unsicher[,] was wird. Zu meiner aufrichtigen Verzweiflung muß ich die ganzen Ferien für eine Nerven-Kur verwenden,8 um endlich wieder ganz auf den Damm zu kommen. Ich gehe nach Constanz. Alte Überreizung, die dann verschleppt war, spanische Malaria-Infektion etc., manche Aufregungen und ganz falsche Anfangsbehandlung tragen mir diese harte Prüfung ein. – Mit Bedauern entnehme ich Ihrem Brief, daß Sie mit v. Schulze,9 den ich trotz seiner Eigenheiten doch schließlich als eined wirklich auch als Menschen werthvolle Persönlichkeit schätzen lernte, schlecht oder doch kühl stehen. Ich hörte auch von Andren davon und weiß, wie unausstehlich und wirklich aufbringend seine Manier sich zu geben resp. nicht zu geben sein kann. Und dennoch ist es zu 9 /10 nur Ungeschick und Steifheit und die daraus hervorgehende stete Furcht, sich etwas zu vergeben etc., was ihn so unumgänglich macht, – und er hatte sich so auf Sie gefreut! Aber das Bewußtsein unbeliebt zu sein, die jüc Alternative Lesung: also
d einen > eine
7 Robert Liefmann bearbeitete auf Vermittlung von Carl Johannes Fuchs „Die Hausweberei im Elsaß“ (in: SVfSP 84, S. 191–247; zur Vermittlung vgl. Philippovich, Eugen von, Vorwort, in: ebd., S. XIV). Dabei wurde er zugleich von Max Weber beraten, wie aus einer Reihe von Briefen an Max Weber hervorgeht (vgl. Robert Liefmann an Max Weber vom 24. Juni 1898, vom 27. Juli 1898, vom 18. Sept. 1898 und vom 3. Nov. 1898, alle im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im November 1898 beendete Liefmann seine Recherchen und beschloß, nur den empirischen Teil unter dem Titel „Die Hausweberei im Elsaß“ im Rahmen der Schriftenreihe des Vereins für Socialpolitik zu veröffentlichen; die theoretischen Erörterungen, die er „über das Wesen der Hausindustrie“ hinzugefügt hatte (vgl. Robert Liefmann an Max Weber vom 3. Nov. 1898, ebd.), veröffentlichte er als selbständige Schrift 1899 in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Liefmann, Robert, Über Wesen und Formen des Verlags (der Hausindustrie). Ein Beitrag zur Kenntnis der volkswirtschaftlichen Organisationsformen (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 3, Heft 1). – Freiburg i. Br. u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1899; hinfort: Liefmann, Wesen). Die Beratung für das „Weilerthal“, die Max Weber hier anbietet, bezieht sich auf die Tatsache, daß die von Liefmann untersuchte Hausweberei im Elsaß ihren Schwerpunkt in Markirch (Ste Marie) hatte, Heimarbeiter aber bis weit in das Weilertal bei Badenweiler hinein beschäftigte (vgl. Liefmann, Die Hausweberei im Elsaß, ebd., S. 198). 8 Vgl. dazu den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, unten, S. 515 f. 9 Gemeint ist Max Webers früherer Freiburger Fachkollege Gerhart von Schulze-Gaevernitz.
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dische Frau10 (die ich ganz außerordentlich gern habe, über die aber, wie Sch[ulze] weiß, manche Andre nun einmal unfreundlich denken) bringen ihn immer in eine innerliche Sonderstellung, die fast unüberwindlich ist. Daß er kandidierte,11 habe ich bedauert, daß er aber, nachdem es geschehen, durchfiel, dennoch in noch höherem Maße – schon weil manche auch sonst recht nette Collegen in Fr[eiburg], wie auch Sie wissen werden, dabei ihre kleine Schadenfreude gehabt haben.12 – Aber nach Allem, was man hört, sind Sie ja jetzt mit Fr[eiburg] doch schon fest verwachsen, und ich wünsche namentlich auch Ihrer verehrten Frau Gemahlin,13 daß Sie beide Sich dort recht wohl fühlen möchten. – Ihr freundlicher Antrag,e mich hier aufzusuchen, würde geschäftlich jetzt vorerst – bis in etwa 4–5 Tagen – im Fall der Ausfüh[run]g uns noch nicht weiterbringen.14 Persönlich habe ich sehr den Wunsch, Sie einmal wieder zu sehen und überhaupt öfter zur Aussprache Gelegenheit zu haben. Dennoch bitte ich Sie, jetzt, wo ich mich tageweise – nach gutem Schlaf – ganz ordentlich – aber tageweise und ganz unberechenbar hundsmiserabel fühle, dieses Risikos für Sie wegen lieber noch nicht zu kommen. Ich hoffe Sie Ende Oktober zu besuchen oder irgendwie treffen zu können. Mit herzlichem Gruß und Empfehlung Ihr Max Weber
e Unsichere Lesung. 10 Es handelt sich um Johanna von Schulze-Gaevernitz, die der Mannheimer Familie Hirsch entstammte (vgl. dazu Watzinger, Karl Otto, Geschichte der Juden in Mannheim 1650–1945 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Mannheim, Band 12), 2., verb. Aufl. – Stuttgart u. a.: Kohlhammer 1987, S. 102 f.). 11 Gerhart von Schulze-Gaevernitz kandidierte bei den Reichstagswahlen von 1898 für die Freisinnige Vereinigung im Wahlkreis Schaumburg-Lippe. Vgl. ausführlich dazu Krüger, Nationalökonomen (wie oben, S. 162, Anm. 1), S. 45 f. 12 Die Anspielung konnte nicht entschlüsselt werden. 13 Berta Fuchs. 14 Vermutlich handelt sich um ein Treffen im Zusammenhang mit der Herausgabe der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, an der Carl Johannes Fuchs beteiligt war. Seit Frühjahr 1898 verstärkten sich die Unstimmigkeiten zwischen den Herausgebern und dem Verleger Paul Siebeck, zunächst über den Umfang der einzelnen Abhandlungen, später über die Fortführung der Reihe überhaupt (vgl. insbesondere den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 13. Mai 1898, oben, S. 486 f.).
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Karlsruhe? Vor 2 Monaten schien Sombart’s Berufung zweifellos.15 Was jetzt geschieht, weiß der Teufel, womöglich Kindermann, der die Vertretung hat16 – es wäre ein Skandal!
15 Heinrich Herkner, der bislang an der Technischen Hochschule Karlsruhe lehrte, nahm 1898 einen Ruf nach Zürich an. Für seine Nachfolge wurde Werner Sombart in Aussicht genommen, der aber auf Grund seiner politischen Haltung, wie schon im Fall der Nachfolge Max Webers in Freiburg, vom Ministerium abgelehnt wurde (vgl. Lenger, Werner Sombart, S. 117). Zur Rolle Max Webers in dem Berufungsverfahren vgl. ausführlich die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Arthur Böhtlingk vom 8. Jan. 1899, unten, S. 625. 16 Es handelt sich um den Heidelberger Nationalökonomen Carl Kindermann, der die Nationalökonomie in Karlsruhe nach dem Weggang Heinrich Herkners vorübergehend vertrat. Max Weber wurde wenig später um eine Stellungnahme zu ihm als eventuellem Nachfolger Herkners in Karlsruhe gebeten (vgl. den Brief an Arthur Böhtlingk vom 8. Jan. 1899, unten, S. 625–628).
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Gustav Schmoller 12. Juli 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, Bl. 15–16 Der Brief betrifft die Empfehlung von Else von Richthofen, Max Webers Heidelberger Schülerin, an Gustav Schmoller in Berlin. Darüber hinaus stehen dieser und der folgende Brief an Gustav Schmoller vom 24. September 1898, unten, S. 582 f., sowie der Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, unten, S. 524–526, in Zusammenhang mit einer geplanten Mitarbeit Max Webers an der Reihe „Politiker und Nationalökonomen“. Diese auf zwölf bis fünfzehn Bände angelegte „Sammlung biographischer System- und Charakterschilderungen“, so der Untertitel, wurde vom Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff) in Stuttgart konzipiert; sie sollte sich, vergleichbar der seit 1896 bestehenden Reihe „Frommanns Klassiker der Philosophie“, „in populärwissenschaftlicher Haltung und gründlichen und gut lesbaren Darstellungen“ an „Gebildete und Studierende aller Fakultäten“ richten (vgl. den Verlagsprospekt, undat., GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, Bl. 9–12, das Zitat: Bl. 11). Die Biographien sollten dementsprechend preisgünstig sein und zehn, maximal zwölf Druckbogen (160–192 Seiten) umfassen. Für die jeweiligen Autoren waren Honorare von 50 Mark pro Bogen geplant, jährlich sollten zwei bis vier Bände erscheinen; als Herausgeber der Reihe und wissenschaftliche Betreuer wurden Gustav Schmoller und Otto Hintze gewonnen (vgl. den Verlagsvertrag vom 20./21. April 1898, GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, Bl. 37–38; vgl. auch den Brief Otto Hintzes an Ferdinand Tönnies vom 15. Januar 1898, Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Cb 54.56:388,01). Als mögliche Bände kamen Biographien u. a. zu Jeremy Bentham, Auguste Comte, Friedrich Christoph Dahlmann, Rudolf von Gneist, Karl August von Hardenberg, Barthold Georg Niebuhr, Johann Karl Rodbertus und Friedrich Julius Stahl in Betracht. Eine Aufstellung von Otto Hintze gibt Aufschluß über die potentiellen Autoren. Derzufolge waren u. a. Ferdinand Tönnies (zu Bentham), Karl Rathgen (zu Niebuhr), Rudolf Sohm (zu Stahl), Georg Simmel (zu Comte) und Max Weber (zu Gneist oder Rodbertus) als Verfasser vorgesehen bzw. angefragt worden (GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, Bl. 8 und Bl. 17, hier: Bl. 17). In diesem Zusammenhang wurde an Max Weber zunächst die Anfrage herangetragen, eine Biographie zu Rudolf von Gneist zu verfassen. Wer sich und zu welchem Zeitpunkt an ihn wandte, ob Gustav Schmoller oder Otto Hintze oder der Verleger Emil Hauff, ist nicht bekannt. Die Anfrage muß vor dem 15. Januar 1898 erfolgt sein, denn in dem Brief Otto Hintzes an Ferdinand Tönnies vom 15. Januar 1898 (ebd.) heißt es: „Mit einer Anzahl anderer Herren [. . .] Max Weber [. . .] etc. schweben die Verhandlungen noch.“ Wie aus dem im folgenden edierten Brief Max Webers hervorgeht, lehnte er es jedoch ab, eine Biographie über Rudolf von Gneist zu verfassen, obwohl er ursprünglich, wie er schreibt (unten, S. 512), dem Verleger unter Vorbehalt zugesagt hatte. Gustav Schmoller schlug ihm daraufhin vor, wie sich nur indirekt dem Brief Max Webers an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, unten, S. 526, entnehmen läßt, eine Biographie von Ferdinand Lassalle zu verfassen; diesen hatte Schmoller nunmehr offensichtlich an die Stelle des ursprünglich für Weber als Alternative zu Gneist vorgesehenen Rodbertus als Nationalökonomen und Sozialisten gesetzt. Aber auch diesen Vorschlag nahm Max Weber nicht an (Brief an Gustav Schmoller vom 24. September 1898, unten, S. 582 f.). Wie Max Weber lehnten auch die meisten anderen vorgesehenen Autoren ab (vgl. die Vermerke auf der Aufstellung Otto Hintzes, GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, besonders Bl. 17), sodaß letztlich nur zwei Bände verfaßt wurden. Als erster erschien
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1900 Richard Festers Beitrag über Machiavelli (Fester, Richard, Machiavelli. – Stuttgart: Frommann 1900), während die von Max Weber abgelehnte Biographie von Lassalle von dem Historiker Hermann Oncken übernommen wurde (Oncken, Hermann, Lassalle. – Stuttgart: Frommann 1904). Sie bildete, mehrfach aufgelegt, lange Zeit die maßgebliche Lassalle-Biographie von bürgerlicher Seite.
Heidelberg 12. VII. 98 Sehr geehrter Herr Professor!
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1. Fräulein Else von Richthofen (Nichte des Freiherrn v. R[ichthofen]1 in Berlin) studierte bisher hier 2 Semester Nationalökonomie und will diese Studien in Berlin fortsetzen, um später zu promovieren, sei es (da sie immatur ist) hier, sei es in Berlin, 2 um sich dann zur Fabrikinspektion zu melden. Sie bittet um Empfehlung an Sie und ich gestatte mir die Anfrage, ob sie eventuell in Ihrem Seminar arbeiten dürfte. Sie hat die Vorlesungen (meist 2 Mal, bei Leser und mir) gehört,3 an philosophischen Übungen über Fichte’s geschlossenen Handelsstaat teilgenommen4 und sich mit Eifer in die Fachliteratur hineingearbeitet. In mein Seminar habe ich sie noch nicht aufgenommen [.] Sie ist von recht 1 Es handelt sich um den Diplomaten und Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amtes Oswald Freiherr von Richthofen. 2 Frauen wurden in Baden ab 1900 und in Preußen ab 1908 zur Immatrikulation zugelassen. Sie konnten zuvor jedoch mit Zustimmung des jeweiligen Hochschullehrers an Vorlesungen oder Seminaren teilnehmen. Sie konnten darüber hinaus auch ohne Abitur (Matura), welches nur außerhalb der öffentlichen Mädchenschulausbildung in privaten Instituten zu erlangen war, an den Universitäten Heidelberg und Berlin mit ministerieller Sondergenehmigung promovieren (vgl. Bölling, Rainer, Kleine Geschichte des Abiturs. – Paderborn: Schöningh 2010, S. 59–61, sowie Frevert, Ute, Frauen-Geschichte. Zwischen Bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit. – Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, S. 119 f.). 3 Else von Richthofen hörte bei Max Weber im WS 1897/98 „Praktische Nationalökonomie: Handels-, Gewerbe- und Verkehrspolitik“ und „Agrarpolitik“ sowie im SS 1898 „Allgemeine (‚theoretische’) Nationalökonomie, mit Ausschluß der Litteraturgeschichte“ und „Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung“ (UA Heidelberg, Rep. 27–1409). Bei Max Webers Fachkollegen Emanuel Leser hörte sie im WS 1897/98 „Nationalökonomie“ und im SS 1898 „Finanzwissenschaft“ sowie als Spezialvorlesung bereits im SS 1897 „Der Socialismus der Gegenwart“ (UA Heidelberg, Rep. 27–765). Von ihrer Hand ist eine Nachschrift von Max Webers Vorlesung „Agrarpolitik“ im WS 1897/98 überliefert (ediert in: MWG III/5, S. 331–410). 4 Es dürfte sich um ein Seminar des erst im Frühjahr 1898 berufenen Philosophen Paul Hensel handeln, an dem auch Marianne Weber teilnahm und über ihre bei Heinrich Rickert geplante Arbeit über Fichte und Marx referierte (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, sowie Meurer, Marianne Weber (wie oben, S. 189, Anm. 8), S. 144). Das Seminar wurde in den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Heidelberg noch nicht angekündigt; auch ist keine Quästurakte mit Hörern von Paul Hensel im UA Heidelberg überliefert.
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klarer, nüchterner Auffassungsgabe, nicht ungewöhnlich, aber gut, begabt, ohne den häufigen persönlichen Ehrgeiz studierender Damen, von großem rein sachlichem Eifer, im Übrigen wird glaube ich die Persönlichkeit für sich selbst sprechen. Ich habe ihr gerathen, mindestens zwischendurch sich in die gegenüber den kleineren Universitäten intensiver anregende Luft Berlin’s zu begeben, – auch soll sie dort die notwendigen, hier nicht zu erlangenden juristischen Kenntnisse sich aneignen. Sie wird sich Woerishoffer5 auf dessen durch mich veranlaßte Aufforderung6 demnächst noch vorstellen und von ihm berathen lassen. Da ich sie nicht auf eine Promotion hier festlegen möchte, habe ich auch noch keine Richtung mit ihr erwogen, auf welches speciellere Gebiet sie sich concentrieren solle. Bisher hat sie grade auf dem Gebiet der Gewerbepolitik wohl noch am wenigsten gearbeitet und vielleicht ist es von Nutzen, wenn sie nunmehr den ihrem eventuellen künftigen Beruf nahe liegenden Fragen derselben sich specieller zuwendet. – Sie ist Mitte der 20er, im persönlichen Verkehr etwas verlegen im Ausdruck, dagegen habe ich sie in Frauenvereins-Versammlungen u. dgl. geschickt und präcis sprechen hören.7 Der Vater8 ist Beamter in Metz. – Wenn Sie gestatten, stellt sie sich Ihnen Anfang kommenden Semesters vor und bittet persönlich um Aufnahme in das Seminar, falls Sie eine solche für sie für richtig halten. 2. Wie Ihnen bekannt ist, habe ich principiell mich bereit erklärt, für die von Ihnen unter Mitarbeit von Dr Hintze herausgegebene Sammlung die Bearbeitung von Gneist zu übernehmen,9 natürlich in dem Sinn eines Versuchs, soweit dies jetzt möglich ist, die politische Geschichte der in der Hauptsache durch die nationalliberal[e] und die ihr nahestehenden Parteien10 repräsentierten Mitarbeit des Bürgertums an der Politik, Genesis und Niedergang der specifisch bürgerlichen 5 Friedrich Wörishoffer. 6 Ein entsprechender Brief ist nicht ermittelt. 7 Dies bezieht sich auf Else von Richthofens Engagement im Heidelberger Verein „Frauenbildung“, deren erste Vorsitzende die mit ihr befreundete Marianne Weber war. Möglicherweise ist u. a. der Diskussionsabend über den Vortrag von Georg Jellinek am 16. Februar 1898 gemeint, an dem auch Max Weber teilnahm (vgl. dazu MWG I/4, S. 916 f.). 8 Friedrich Freiherr von Richthofen. 9 Die näheren Umstände der Einbeziehung Max Webers sind nicht bekannt. Sicher ist, daß Weber zu diesem Zeitpunkt bereits Kontakt gehabt hatte zu dem weiter unten, S. 514 mit Anm. 18, erwähnten Verleger Emil Hauff. 10 Gemeint ist die linksliberale Deutsche Fortschrittspartei.
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Epoche unserer Politik 1867–78 in einer Skizze darzustellen.11 Je genauer ich mir aber den Gedanken überlege, desto mehr Bedenken steigen mir auf, teils sachliche, teils solche die sich nur gegen die Bearbeitung durch mich persönlich richten. – Ich weiß, um damit zu beginnen, daß Sie Ihre Beziehungen zu Gneist als ein Pietätsverhältnis empfi nden.12 Ich selbst dagegen habe ihn zwar als Gelehrten stets bewundert,13 aber mich weder je rühmen können, ihm persönlich nahe getreten zu sein, noch auch empfinde ich grade ihm gegenüber etwas, was ich ohne Unaufrichtigkeit als „Pietät“ bezeichnen könnte. Da es sich ja nicht um die menschliche, sondern um die politische Persönlichkeit handelt, so kann ich sogar nicht leugnen, daß diese mir, grade vom Standpunkt Jemandes aus, der den Niedergang der bürgerlich-politischen Entwicklung beklagt, zu den fatalsten und antipathischsten gehört, die ich kenne. Das wäre nun an sich kein Grund ihm nicht gerecht zu werden, aber kann ich, mit dieser Auffassung, an die Familie mit der Bitte herantreten, mir Material über ihn zu geben? Und dies ist doch wohl absolut unumgänglich! – Ferner: ist es richtig, Gneist in den Mittelpunkt der Darstellung der Entwicklung liberaler Mittelpartei-Bildung und -Politik in Deutschland zu rücken? Und wie gesagt nicht die Schilderung der Entwicklung des allgemeinen juridisch-sozialen Anschauungskreises, den seine Werke teilweise klassisch verkörpern, sondern die Schilderung der politischen Machtkämpfe um die Herrschaft dieses Anschauungskreises war es,14 was mich an der Aufgabe lockte. 11 Die Spanne umfaßt die Zeit von der Gründung des Norddeutschen Bundes über die Reichsgründung und die innere Ausgestaltung des Deutschen Reiches bis zum Bruch Bismarcks mit der Nationalliberalen Partei (vgl. dazu Mommsen, Wolfgang J., Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890. – Berlin: Propyläen 1993, S. 333–491: „Die Ära der Vorherrschaft des nationalen Liberalismus“, bes. S. 353–384). 12 Rudolf von Gneist und Gustav Schmoller gehörten 1872/73 zu den Mitbegründern und führenden Mitgliedern des Vereins für Socialpolitik; Gneist war dessen erster Vorsitzender; seit 1890 hatte Gustav Schmoller den Vorsitz inne. 13 Max Weber hörte 1884 in seinem sechsten Semester bei Rudolf von Gneist in Berlin Vorlesungen über Deutsches Staatsrecht und Preußisches Verwaltungsrecht, „nach Form wie Inhalt ein wahres Meisterwerk“ (Brief an Hermann Baumgarten vom 8. Nov. 1884, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 7, Bl. 6–9, das Zitat: Bl. 8r; MWG II/1). 14 Der liberale Staatsrechtslehrer Rudolf von Gneist beeinflußte einerseits die Gesetzgebung der 1870er Jahre maßgeblich, etwa bei der preußischen Kreisreform von 1872 oder der Einführung einer unabhängigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, andererseits aber waren seine Vorstellungen von einer kommunalen Selbstverwaltung nach britischem Vorbild, getragen von den adeligen und bürgerlichen Oberschichten, d. h. einer Selbstverwaltung „von oben“ im staatlichen Auftrag, innerhalb des Liberalismus selbst höchst umstritten.
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Denn ich zweifle entschieden an meiner Befähigung füra jene andere Aufgabe, glaube mindestens, daß Andre sie ungleich besser lösen würden, auch liegt sie immerhin meinem Arbeitsgebiet etwas ferner. Will man aber die teils ökonomisch-sozialen, teils politisch-persönlichen Gründe des Niedergangs des deutschen Liberalismus schreiben, so muß man doch zweifellos, wenn an Personen angeknüpft werden soll, ganz andere – Lasker,15 Bennigsen,16 Miquel17 – in den Mittelpunkt stellen. Es ist mir nicht angenehm, jetzt nachträglich mit diesen Bedenken kommen zu müssen, hätte ich irgend Zeit gefunden, mir sogleich als zuerst von dem Projekt die Rede war die Angelegenheit gründlich zu überlegen, so wären sie mir alsbald gekommen, allein mich lockte damals der, wie ich jetzt glaube, irrige Gedanke, daß jene Aufgabe, einen Beitrag zur inner-politischen Geschichte Deutschlands zu liefern, sich mit der Person Gneist’s zwanglos verknüpfen ließe. – Ich verkenne nicht, daß ich, wenn auch nicht formell-juristisch gebunden, – ich hatte dem Verleger gegenüber mir die Überlegung |:nach der Feststellung:|, wie die Familie Gn[eist]’s zu dem Gedanken stehen würde, vorbehalten,18 – aber doch moralisch verpfl ichtet bin, nicht aus unerheblichen Gründen nachträglich zurückzutreten. Allein mir scheint, Ihnen müßten die vorgetragenen Erwägungen erheblich erscheinen. Ich hätte Ihnen das Vorstehende schon vor mindestens einem Monat schreiben sollen. Aber ich schlug mich mit einer so unerträglichen nervösen Schlaflosigkeit herum, – die mich nötigt, wieder die ganzen Ferien auf eine nunmehr ernstliche und wie ich denke endgültige Kur zu verwenden,19 – daß ich fast nur vegetierte und selbst ein einfacher Brief als ein unüberwindlicher Berg erschien. In hochachtungsvoller Verehrung Ihr ergebenster Max Weber a 〈die〉 Vgl. ausführlich dazu sowie zu seinen Werken: Angermann, Erich, Art. Gneist, Rudolf von, in: Neue Deutsche Biographie, Band 6. – Berlin: Duncker & Humblot 1964, S. 487–489; zu Max Webers kritischem Verhältnis zu Gneist vgl. Mommsen, Max Weber3, S. 11 f. 15 Eduard Lasker. 16 Rudolf von Bennigsen. 17 Johannes von Miquel. 18 Diesbezügliche Briefe an Emil Hauff, der seit 1886 Inhaber des Verlags „Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff)“ war und den Geschäftssitz von Jena nach Stuttgart verlegte, sind nicht überliefert. Das Frommannsche Verlagshaus in Stuttgart wurde 1943 zerstört. 19 Vgl. dazu den Antrag Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, unten, S. 515 f.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 16. Juli 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 16
Heidelberg den 16 Juli 1898 Urlaubsgesuch des Professors Dr. Max Weber [a]na der Universität Heidelberg
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Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts bin ich leider genötigt, unter Beifügung eines ärztlichen Attests des Herrn Dr Mülberger am „Constanzer Hof“ in Constanz,1 an welchen Herr Geheimrath Kußmaul Exc.2 mich gewiesen hat, die Bitte zu unterbreiten, mich vom 25ten d.M. zum Zweck einer Cur beurlauben zu wollen. Ich leide seit Semesterbeginn derart an chronischer nervöser Schlaflosigkeit, veranlaßt nach ärztlicher Meinung durch frühere Überarbeitung, eine dazu getretene (vermutliche) Malaria-Infektion und andere schädliche Einwirkungen, daß meine Lehrthätigkeit darunter empfi ndlich gelitten hat und nur schwer bis jetzt – von einer zweitägigen Unterbrechung abgesehen – aufrecht zu erhalten war. Da mir eine weitere Verzögerung der Cur entschieden widerrathen und volle Herstellung in Aussicht gestellt wird, glaube ich, zumal mir das Sprechen in der Vorlesung zunehmend schwer wird, es vorziehen zu sollen, die letzten beiden Semesterwochen, falls das Großherzogliche
a Lochung. 1 Beigefügt war das Attest des Zweiten Oberarztes vom „Konstanzer Hof. Heilanstalt für Nervenkranke“, Dr. Friedrich Mülberger, vom 15. Juli 1898. Hier heißt es: „Ärztliches Zeugniß. Herr Universitätsprofessor Dr. Max Weber aus Heidelberg leidet an einer Überreizung und functionellen Schwäche des Nervensystems, die es dringend wünschenswerth erscheinen lassen, daß er sich bis auf weiteres jeder beruflichen Thätigkeit enthält.“ GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 17. 2 Es handelt sich um Max Webers Heidelberger Arzt Adolf Kußmaul.
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Ministerium seine Zustimmung erteilen sollte, 3 zu opfern, um im nächsten Semester wieder voll arbeitsfähig zu sein. Ehrerbietigst Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Karlsruhe.
3 Das Ministerium erteilte seine Zustimmung und unterrichtete am 25. Juli 1898 den Engeren Senat der Universität Heidelberg darüber (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 18). Somit war Max Weber die letzten beiden Semesterwochen (25. Juli bis 5. August 1898) von der Lehre befreit.
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Carl Johannes Fuchs 21. Juli PSt 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 20 Der Brief setzt die Korrespondenz mit Carl Johannes Fuchs über die Durchführung der Erhebung des Vereins für Socialpolitik über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 489.
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Ich habe die Lahrer Cartonnage-Industrie einem Herren übertragen,1 ein andrer übernimmt entweder Mannheim oder die Stroh-Industrie bei Triberg2 etc. – St Blasien ist frei geblieben, der bet[r]. Herr ist amtlich unabkömmlich. Wenn Ihr Reflektant Lust hat, 3 könnte er später im Anschluß an eine Arbeit über die dortige Heimarbeit die amtliche Sozialpolitik, die dort auf Anregung der Großherzogin getrieben ist,4 auf Grund der Akten bearbeiten. „Höchsten Orts“ wird eine solche Arbeit gewünscht – die freilich wohl wesentlich Kritik jener Maßnahmen sein würde. Man würde ihm die Akten und amtlichen Instanzen zugänglich ma1 Es handelt sich um den Heidelberger Studenten Albert Baer. Sein Beitrag „Die Kartonnageindustrie zu Lahr i.B. mit besonderer Berücksichtigung der Heimarbeit“ erschien 1899 im Rahmen der Heimarbeiterenquete (in: SVfSP 84, S. 143–154). 2 Arbeiten über die Strohindustrie in Triberg sind nicht angefertigt worden; dagegen erklärte sich Otto Reinhard später bereit, seine zunächst nur für den Bezirk Balingen geplanten Recherchen zur württembergischen Trikotindustrie auch auf den Bezirk und die Stadt Stuttgart auszudehnen (vgl. den Brief Otto Reinhards an Max Weber vom 17. Nov. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Vgl. auch den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 490 f., Anm. 5. 3 Weder der von Max Weber, noch der von Carl Johannes Fuchs vorgesehene Bearbeiter konnten ermittelt werden; ein Beitrag über St. Blasien ist nicht erschienen. 4 Es handelt sich nicht um amtliche Sozialpolitik im engeren Sinn, sondern um karitatives Engagement des Frauenvereins in St. Blasien. Dieser war 1859 in Zusammenhang mit dem Aufruf der badischen Großherzogin Luise gegründet worden. Wie der Dachverband „Badischer Frauenverein“ und zahlreiche andere unter dem Patronat Luises stehende Zweigvereine, förderte er vielfältige karitative Initiativen im Zusammenhang mit der Unterstützung armer Frauen, insbesondere Wöchnerinnen, der Lieferung von Schulmaterial an bedürftige Kinder sowie der Veranstaltung von Koch- und Nähkursen. Luise hatte anläßlich ihrer häufigen Sommeraufenthalte in St. Blasien der zunächst nur schwachen Vereinstätigkeit wichtige Impulse gegeben (vgl. Geschichte des Badischen Frauenvereins, 2., umgearb. und stark vermehrte Ausgabe. – Karlsruhe: C.F. Müllersche Hofbuchdruckerei 1906, S. 569–571).
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chen. Darüber später, wenn er eingearbeitet ist und Lust dazu hat. An sich lohnt sich die Sache, falls auch Sie es für richtig halten, daß er sich sein Ziel über den Rahmen der Enquete hinausgehend steckt. Natürlich möchte ich mich möglichst nicht in seine Arbeit mischen, da ich voll belastet bin, und Sie den Herren instruiert haben. – Mit freundschaftlichem Gruß Ihr Max Weber P.S. Verschiedene hiesige Collegen sind auf die Publikation der Antwortstelegramme des Zaren 5 und Mac Kinley’s begierig, – an die doch Rosin anläßlich Ihres 1500ten sicher auch telegraphiert haben wird?6
5 Zar Nikolaus II. 6 Anspielung auf die großangelegte Feier der Universität Freiburg am 9. Juli 1898 zur Immatrikulation ihres 1500. Studenten. Der Staatsrechtler, Heinrich Rosin, der 1897/98 Prorektor war, hielt neben dem Freiburger Oberbürgermeister die Festrede. Die spektakuläre Feier umfaßte die gesamte Stadt, u. a. soll aus den Brunnen des „Freiburger Wasserschlößle“ Bier statt Wasser geflossen sein (vgl. dazu Speck, Dieter (Hg.), Bilder, Episoden, Glanzlichter (550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Band 1). – Freiburg, München: Karl Alber 2007, S. 110 f., vgl. auch Gedenkschrift zur Feier der Immatrikulation des 1500. Studenten am 9. Juli 1898. – Freiburg i. Br.: H.M. Poppen & Sohn 1898, S. 4 f.). Max Weber hatte am Festtag eine u. a. von Carl Johannes Fuchs unterzeichnete Grußkarte aus „Freiburg i. Br. vom Städtischen Waldfest zur Feier des 1500sten Studenten“ erhalten (GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30/4, Bl. 77). Sie war mit einem Trinkspruch der Burschenschaft Alemannia versehen.
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Marianne Weber 25. Juli PSt 1898; Appenweier Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Wie sich aus dem Bahnpost-Stempel ergibt, schrieb Max Weber die Karte auf der Fahrt von Heidelberg nach Konstanz. Nach Marianne Webers Angaben (im Brief an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) reiste er am Montag, dem 25. Juli 1898, zur medizinischen Behandlung in das Sanatorium „Konstanzer Hof“; neun Tage nachdem er das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts im Schreiben vom 16. Juli 1898, oben, S. 515 f., um seine Beurlaubung im noch laufenden Sommersemester ersucht hatte. Zu seinem dreimonatigen Aufenthalt in Konstanz vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, unten, S. 520 f.
Appenweier 25/7 Liebes Schnäuzchen,
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mir fällt ein, daß H[ertha] M[öller] ja jedenfalls den ganzen Mittwoch in Heidelberg „disponibel“ sein wird, da Karl M[öller] ja zum Alcohol-Verein da ist.1 – Sage ihr bitte mit dürren Worten, daß Alfred so überarbeitet sei, daß er keine Gesellschaft ertragen könne, und daß ich von Dir unbedingt verlangt hätte, daß Du Alles abwiesest. (Es ist ja vielleicht nicht ganz zu umgehen, daß Ihr sie auf eine Stunde irgend wo seht, aber es wäre mir ein unerträglicher Gedanke, daß Euch das bischen Zusammensein verdorben würde).2 Du kannst ja auch feste Verabredungen etc. vorschützen oder dergl. Es ist unglaublich, daß Einen die Bande nicht in Ruhe läßt. – Ich bin guten Muts, schreibe morgen, mit herzl. Kuß Dein Max
1 Hertha Möller, Max Webers Cousine und Marianne Webers Tante aus Bielefeld. Sie begleitete ihren Ehemann Karl zur Jahresversammlung des „Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke“, die am 26. und 27. Juli 1898 in Heidelberg stattfand. Vgl. Fünfzehnte Jahresversammlung des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Abgehalten am 26. und 27. Juli 1898 zu Heidelberg. Stenographischer Bericht von H. Rüter-Godesberg. – Hildesheim: Geschäftsstelle des genannten Vereins 1898, S. 3. 2 Alfred Weber hatte für diese Woche einen kurzen Besuch in Heidelberg angekündigt. Er traf am Mittwoch, dem 27. Juli, ein und blieb bis zum nächsten Tag (vgl. Marianne Webers Briefe an Helene Weber vom 17. und vom 28. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Anschließend fuhr er zu einer mehrwöchigen militärischen Übung nach Württemberg (vgl. Alfred Webers Brief an Helene Weber vom 5. Aug. 1898, BA Koblenz, N 1197, Nl. Alfred Weber, Nr. 47).
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26. Juli 1898
Marianne Weber 26. Juli PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf dem beiliegenden Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Max Weber schrieb am Tag nach seiner Ankunft in der „Heilanstalt für Nervenkranke Konstanzer Hof“, wohin sein Heidelberger Arzt, Dr. Adolf Kußmaul, ihn überwiesen hatte (vgl. Max Webers Urlaubsgesuch an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, mit beigefügtem Attest von Dr. Friedrich Mülberger, Konstanz, oben, S. 515 f.). Die Diagnose einer „Überreizung und functionellen Schwäche des Nervensystems“ (Ärztliches Attest, zit. ebd., S. 515 (Anm. 1) erforderte nach Webers eigener Einschätzung eine „sehr langwierige Kur“ (Brief an Adolph Wagner vom 4. Juli 1898, oben, S. 504). Dr. Kußmaul ging von mindestens sechs Wochen aus (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Als Max Weber am 23. Oktober 1898 den „Konstanzer Hof“ nach knapp drei Monaten verließ (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 15. Oktober 1898, unten, S. 588), hatte sich sein Befinden – nach Ansicht des behandelnden Arztes Friedrich Mülberger – zwar gebessert, er blieb allerdings weiterhin schonungsbedürftig. Schon Anfang Oktober bat Weber daher von Konstanz aus mit neuerlichem Attest um Entbindung von seiner zum Wintersemester 1898/99 angekündigten Vorlesung über Geld- und Bankwesen (vgl. die Briefe an Dietrich Schäfer und an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Oktober 1898, unten, S. 584–586). Medizinische Unterlagen aus Max Webers Aufenthalt im „Konstanzer Hof“ sind nicht überliefert. In einer Broschüre beschrieb dessen ärztlicher Leiter, Dr. Georg Fischer, das direkt am Bodensee gelegene private Sanatorium als Heilanstalt für „Functionelle Nervenkrankheiten“, unter Ausschluß von „Geistes- wie Gemüthskranke[n] aller Art“ (vgl. Fischer, Georg, Heilanstalt für Nervenkranke im Konstanzer Hof zu Konstanz. Ihre Einrichtung und ihre Ziele, 3. Aufl. – Konstanz: Otto Reuss 1893, S. 7 und 9, hinfort: Fischer, Konstanzer Hof). Trotz des beschriebenen Komforts im Haus (einem ehemaligen Hotel mit Platz für über 100 Patienten), betonte er dessen Charakter als medizinische Einrichtung. Die Patienten sollten Ruhe und Schonung, zugleich aber auch mäßige körperliche Übung erfahren (ebd., S. 15 und 17). Neben einer individuellen ärztlichen Betreuung kamen die zeittypische „Wasserheilmethode“ sowie „die anderen sogenannten physikalischen Heilmethoden“ zur Anwendung (ebd., S. 23). Eine Abschottung der Patienten war nicht vorgesehen; im Gegenteil wurde auf sozialen Kontakt, etwa beim gemeinschaftlichen Essen, großen Wert gelegt. Die Begleitung Angehöriger war erlaubt. Es konnte – wie im Falle Max Webers zunächst – ärztlicherseits aber von ihr abgeraten werden, was nach Fischer durchaus nicht selten vorkam (ebd., S. 24 f. und 28). Im Folgenden, wie in den Briefen an Marianne Weber vom 28. und 30. Juli, vom 1., 3., 4.–5., 7., 9., 10., 13., nach dem 13., 15., 17., 19., 21., 23., 24., 26. und 27. August 1898, unten, S. 524–526, S. 529–567 und 570–578, beschreibt Max Weber seine Tagesabläufe, die vorgenommenen Behandlungen und sein Befinden ausführlich. Einige seiner Konstanzer Briefe (vom 4.–5. August, vom 13., 23., 24. und 26. August 1898, unten, S. 539–541, 552–555 und S. 570–577) enthalten Streichungen, die auf einen Eingriff von dritter Hand hindeuten. Aus vier Briefen sind ganze Passagen herausgeschnitten (Briefe vom 7. August, vom 15., 19. und 21. August 1898, unten, S. 542–544, 558–559, 563–565 und S. 566–567). Da diese Eingriffe sich vor allem bei Briefen finden, die sexuelle Aspekte von Max Webers Erkrankung thematisieren, liegt die Vermutung nahe,
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daß sie von Marianne Weber vorgenommen wurden. Zweifelsfrei zu belegen ist dies allerdings nicht. Webers Briefe enden mit der Ankunft Marianne Webers in Konstanz, nach fünfwöchiger Trennung, am 29. August 1898 (vgl. die Karte vom 27. August 1898, unten, S. 578). Über den weiteren Verlauf der Behandlung geben Marianne Webers in Konstanz geschriebene Briefe an die Schwiegermutter Helene punktuell Auskunft. Sie beschreibt darin nicht nur gemeinsame Aktivitäten (wie Rudern oder das Erlernen des Radfahrens), sondern auch Max Webers Sorge vor der „Winterarbeit“, da er nicht das Gefühl habe, „als ob sein Kopf bis dahin wieder in Ordnung käme“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [nach dem 29. August 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zugleich äußert sie Zweifel an bestimmten Aspekten der ärztlichen Behandlung. Besonders die Hypnosesitzungen, denen sich Max Weber (zur „‚Beruhigung‘ der Psyche, zur Überwindung der Phantasien o. wenigstens der Angst davor“) mehrfach unterzog, bereiteten ihr großes Unbehagen. Es widerstrebte ihr, ihren Mann unter „Entziehung seines Willens, seiner Selbstbestimmung von einem Andern psychisch beeinflußt zu wissen“ (ebd.), konstatierte aber auch, Max Weber selbst machten die Sitzungen „sogar, aus ‚wissenschaftlichem‘ Interesse[,] einen gewissen Spaß“ (ebd.).
Constanz, Constanzer Hof 26. VII. Liebstes Schnäuzchen! 5
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Schön haben wir Verrückten es hier, dagegen ist nichts zu sagen. Ein schöner Park mit alten Bäumen rund um das ziemlich große Haus, – er geht bis an die Straße die am See entlang führt und jenseits deren noch einige Bänke zum Sitzen sind. Es ist wolkenloser Himmel, aber dunstig, so daß man das Ufer gegenüber nur für die erste engere Strecke übersieht, wo Massen von Villen und Häuschen im grünen Rasen und Busch liegen. Recht[s] bilden die hohen Pappeln, hinter denen das Insel-Hotel1 und dann der kleine Turm der Kathedrale von Constanz liegen, 2 den Abschluß des Bildes. Nach links zu dehnt sich der See, über welchem man gestern Abend fern und dünn den Hohen Säntis und die Vorarlberger Berge sah, 3 – Alles mit dem Genfer-See-Bilde nicht zu vergleichen,4 aber ungemein lieblich und freundlich. – 1 Das direkt am See gelegene größte Hotel in Konstanz (vgl. Baedeker, Karl, Die Rheinlande von der Schweizer bis zur Holländischen Grenze. Handbuch für Reisende, 28. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1899, S. 160). 2 Die neogotische Turmspitze des Konstanzer Münsters „Unserer Lieben Frau“ war erst in den 1850er Jahren errichtet worden (ebd., S. 161). 3 Der Säntis, mit 2500 Meter höchster Berg der Appenzeller Alpen, ist vom Bodensee aus bei klarem Wetter ebenso zu sehen wie die österreichischen Vorarlberger Alpen (ebd., S. 162). 4 Max und Marianne Weber hatten im Frühjahr 1898 dort mehrere Wochen verbracht (vgl. den Brief an Helene Weber vom 14. April 1898, oben, S. 481–483).
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Die Kost ist nach meinen jetzigen Gewohnheiten in quantitativer Beziehung wahrscheinlich nicht ganz ausreichend, aber vielleicht giebt sich dieser Wolfshunger in einiger Zeit; heut Nacht plagte er mich zeitweise, da ich vergessen hatte mich zu versorgen. Mein Zimmer ist sehr klein, – nur Bett, Schrank, Waschtisch, Tisch und Chaiselongue haben darin Platz und wurde mir als das ruhigste, welches vorhanden sei, und aus diesem Grunde, zugewiesen. Wenn mehr Platz wird, soll ich eventuell ein andres haben. Preis steht angeschlagen: „2 M. pro Tag“, wie im Hotel. Es ist noch sommerlich voll hier, wie in einem Schweizer Gasthof, und mindestens der Hälfte der Gäste merkt man nicht an, daß bei ihnen eine Schraube los ist. Nur einige Gelähmte u. dgl. erinnern daran, daß man unter Kranken ist, 5 und im Übrigen das Präsidium der 3 Ärzte6 an den 3 großen Tafeln, an denen wir essen: zwischen 7 und 9 Frühstück, 1 Mittags, 7 Abends. Von Bekannten ist Niemand da, von Frl. v. G.7 wußte man nichts, Dr R.8 ist schon längst wieder fort. Es ist übrigens ungemein leicht, sich ganz zu isolieren. Dr Mülberger, der sich auf Grund meines Berichts recht günstig über die Chancen äußerte, auch nochmals versicherte, daß an Rückenmark und Herz nichts fehle, steckte mich gestern Abend vor dem Zubettgehen (½10) in ein 10 Minuten dauerndes warmes Vollbad mit kaltem Umschlag um den Kopf und gab mir gegen 2 Gramm Brom.9 Ich schlief trotzdem nur ungefähr so wie bei uns auch, im Ganzen abera ca 7 Stunden, auch mit den üblichen Reizungen und starker Verdauung. Es ist für eine Nerven-Anstalt erst merkwürdig spät Alles wirklich ruhig und auch morgens in aller Frühe hört man das Aufstehen des Gesindes. – Nun, ich denke, man gewöhnt sich daran und muß jetzt erst einmal geduldig abwarten. Heute soll „der Plan“ gemacht werden. Vielleicht war auch nochb etwas Heimweh nach dem Schnäuzchen bei a Alternative Lesung: eben
b Unsichere Lesung.
5 Im „Konstanzer Hof“ wurden auch „materielle Nervenkrankheiten“ des Gehirns, des Rückenmarks und Nervensystems therapiert (vgl. Fischer, Konstanzer Hof (wie oben, S. 520, Editorische Vorbemerkung), hier: S. 6 f. und 12). 6 Namentlich ermittelt sind nur der ärztliche Vorstand des „Konstanzer Hofs“, Dr. Georg Fischer, sowie Dr. Friedrich Mülberger, laut Briefkopf des ärztlichen Attests vom 15. Juli 1898 zweiter Oberarzt (vgl. Max Webers Urlaubsgesuch an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, oben, S. 515, Anm. 1). 7 Name der Mitpatientin anonymisiert. 8 Name des Mitpatienten anonymisiert. 9 Kaliumbromid (Brom-Kalium) war um 1900 ein verbreitetes Schlaf- und Beruhigungsmittel, das auch gegen Nervosität, Neurasthenie und Krampfzustände eingesetzt wurde.
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der zuerst ziemlich mäßigen Schlaferei. Heut ist mir ganz wohl, aber durchaus nicht besonders abgespannt, zu Muth. Leb für heut wohl, mein liebstes Herz, und sei mir vergnügt und tapfer, grüß Alfred schön und genieße Euer Zusammensein.10 Alle 2 Tage bekommst Du Deinen Rapport, heut ist nichts mehr zu berichten. Ich will mich mit „Lourdes“11 in den Garten setzen. Mit herzlichem Kuß Dein Max
10 Alfred Weber kam am 27. Juli 1898 für einen kurzen Besuch nach Heidelberg (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 25. Juli 1898, oben, S. 519 mit Anm. 2). 11 Gemeint ist Zola, Émile, Les trois villes. Lourdes. – Paris: Bibliothèque Charpentier 1894 (dt. Erstausgabe unter dem Titel: Lourdes, 3 Bände. – Stuttgart u. a.: Deutsche Verlags-Anstalt 1895). Max und Marianne Weber hatten Lourdes im Jahr zuvor auf ihrer Frankreich- und Spanienreise besucht (vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, oben, S. 394–404). Ausführlicher zu Zolas Buch äußerte sich Max Weber in seinen Briefen an Marianne Weber vom 30. Juli und vom 9. Aug. 1898, unten, S. 531 und S. 545 f.
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Marianne Weber 28. Juli 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 28. VII. 98 Liebes Schnäuzchen! Nun habe ich also einen Tageslauf mit voller Behandlung hinter mir: Morgens 8 Uhr erscheint ein Caliban1 mit einem Tuch, mit nasser Salzlake getränkt, um mich damit „abzuklopfen“ und dann trocken zu reiben, – dann stehe ich auf, gehe 10 Minuten in den Garten und frühstücke dann: Caseusa, Porridge, Brot, Butter, – dann wird ca ¾ Stunden gerudert, bei gutem Wetter, wie jetzt, ein wirkliches Vergnügen, – um ¾11 wird mir der untereb Teil des Rückens elektrisiert, 2 wovon ich nicht viel spüre, – dann zweites Frühstück: 2 rohe Eier, – um ½12 erscheint jener Caliban wieder und massiert mir die Beine, ein sehr mäßiges Vergnügen, ähnlich einer mörderlichen Tracht Prügel, – dann Ruhe, um 1 Mittagessen in einem großen Saal mit 3 langen Tischen: Suppe, 3 Gänge, Dessert, ganz gut im Allgemeinen, – dann ¾ Stunden Ruhe, dann am freien Nachmittag Spaziergang oder Ausflug wie man will, um 7 Uhr Abendessen: Suppe, 2 Gänge, meist mäßig, – dazwischen irgendwo auswärts ein Butterbrod oder dergl. Um ½10 Uhr warmes Bad mit kaltem Umschlag um den Kopf, unter Leitung desselben Caliban, dann zu Bett und 2 Gramm Brom. So soll die Sache vorerst bleiben. a Unsichere Lesung. b Es folgt die eigenhändig paginierte Seite: 2 mit dem Zusatz: (aus Versehen angefangen) 1 Bezeichnung für einen unkultivierten rohen Unhold, die auf die gleichnamige Figur aus William Shakespeares Stück „The Tempest“ (1611) zurückgeht. Caliban ist dort der Sklave des Zauberers Prospero. 2 Theorien zum Heilwert der Elektrizität gingen um 1900 von physischen und psychischen Wirkungen aus. Zur Behandlung „functioneller Nervenleiden“ (auch Neurasthenie) wurde neben Bädern und der „allgemeinen Faradisation des Körpers“ (z. B. mittels Bürsten) auch die gezielte „Rücken-Galvanisation“ empfohlen. Alle drei Formen sollten der Anregung des Gesamtnerven- und „Circulationssystems“ dienen, ihre Anwendung nicht schmerzhaft, aber in jedem Fall spürbar sein. Vgl. Cohn, Toby, Leitfaden der Electrodiagnostik und Electrotherapie. Für Praktiker und Studierende, mit einem Vorwort von Prof. Dr. E. Mendel in Berlin. – Berlin: Verlag von S. Karger 1899, S. 92–94 und 109–112.
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Natürlich spüre ich vorerst noch keine Änderung, ich schlafe ähnlich wie zu Haus, auch mit denselben Reizungen, was übrigens wie es scheint beabsichtigt ist, da sie „den Stoffwechsel steigern“ wollen. Wäre es nicht bis gegen 11 und Morgens von ¼6 an sehr laut im Haus, so würde ich wohl besser schlafen, denn müde bin ich meist und die Schlafpausen sind ziemlich kurz. Das Haus ist eben jetzt noch sehr voll, in einigen Wochen wird es wohl ruhiger sein. Nun ich bin begierig, ob und wann ich etwas von Änderung spüre. Da ich, obwohl im Ganzen bei ganz leidlicher, zuweilen etwas geödeter Stimmung, doch nicht sehr nach Unterhaltung dürste, ist es mir ganz recht, daß ich bei Tisch zwischen dem entschieden stumpfsinnigsten der 3 Ärzte und einem ebenfalls wenig ausgiebigen Kaufmann sitze. Man spricht wenig und ganz Gleichgültiges. Sehr angenehm sind die beiden ersten Ärzte3 (der Dirigent4 ist jetzt nur sporadisch hier), und fast noch mehr die Gesellschaftsdame der Anstalt, ein Frl. Fernow, 5 die Mama, Tante Ida,6 Emmy und offenbar auch deren ganze Geschichte kennt,7 hier ihrerseits geheilt worden ist und nun aus Dankbarkeit hierc geblieben ist. Ich habe mich vorgestern Abend mit ihr sehr gut unterhalten. Unter den Kranken ist ein offenbar schwer neurasthenischer Bruder von H.8 aus Frankfurt a /M. mit seiner Frau, ferner ein junges Ehepaar, ein Afrikareisender, ein chemischer, mir persönlich nicht bekannter Assistent aus Freiburg u.s.w.; ich lerne vorerst Niemand kennen, sondern isoliere mich möglichst; in der nicht sehr großen freien Zeit, die von den verschiedenen Manipulationen und Spaziergängen frei bleibt, lese ich Lourdes und denke dabei, wie lebhaft Schnäuzchen hinter
c 〈bleibt〉 3 Namentlich bekannt ist nur der zweite Oberarzt, Dr. Friedrich Mülberger. 4 Wahrscheinlich Dr. Georg Fischer, der ärztliche Vorstand des „Konstanzer Hofs“. 5 Clara Fernow (vgl. unten, Anm. 7). 6 Ida Baumgarten. 7 1890 hatte Max Webers Cousine Emmy Baumgarten ebenfalls mehrere Monate im damals neu eröffneten Konstanzer Sanatorium Georg Fischers verbracht und Clara Fernow dort kennengelernt. Seither war sie ihr freundschaftlich verbunden (vgl. die Briefe von Ida Baumgarten an Otto und Anna Baumgarten vom 28. Mai 1890 und an Emmy Baumgarten vom 19. Okt. 1890, sowie das Brieffragment von Emmy Baumgarten an Helene Weber, undat. [1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Näheres ließ sich zur Person Clara Fernows nicht ermitteln. 8 Name der Familie anonymisiert.
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Allem her war, was es da an göttlichem Schwindel gab, als wir zusammen da waren.9 Gestern Nachmittag war ich spazieren, es giebt hier schon ziemlich nah ganz wunderhübsche Ausblicke auf den See, namentlich von einer reizenden, für den Sommergottesdienst im Freien eingerichteten Lorettokapelle. Bisher ist es nicht drückend, wir hatten jeden Abend ein Gewitter, und ich kann nur hoffen, daß das so bleibt. – Schmoller verzichtet also auf den „Gneist“ und wünscht einen „Lassalle“. Nun, ich glaube vorerst nicht recht, daß ich darauf eingehe. Sein Brief ist sehr herzlich, obwohl ihn offenbar meine kund gegebene Aversion gegen das „Diplomatisieren“ etwas pikiert hat. Ich will mir nun die ganze Sache noch in Ruhe überlegen.10 Vielen Dank für Dein „nüdliches“ Briefchen, liebes Herz, und Gott sei Dank, daß Hertha so gnädig vorübergegangen ist.11 Jetzt ist Alfred nun schon wieder fort12 und Du wirst Frl. v. Richthofen die ästhetischen Allüren fortzusuggerieren bemüht sein.13 Viel Glück dabei – ich muß jetzt zum Elektrisieren. Mit herzlichem Kuß Dein recht sehr heimweh-mütiger Max
9 Zu Max und Marianne Webers Besuch in Lourdes im Vorjahr vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, oben, S. 394–404; zu Max Webers Lektüre von Émile Zolas Roman „Lourdes“ vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 523, und bes. vom 30. Juli 1898, unten, S. 531. 10 Zum vorgesehenen Beitrag Max Webers über Rudolf von Gneist oder Ferdinand Lassalle in der von Gustav Schmoller geplanten Reihe „Politiker und Nationalökonomen“ vgl. den Brief an Gustav Schmoller vom 12. Juli 1898, oben, S. 510–514, mit Editorischer Vorbemerkung, sowie Webers Absage an Schmoller vom 24. Sept. 1898, unten, S. 582 f. 11 Zum Besuch Hertha Möllers in Heidelberg, über den Marianne Weber berichtet hatte, vgl. die Karte an Marianne Weber vom 25. Juli 1898, oben, S. 519 (mit Anm. 1). 12 Zu Alfred Webers Kurzbesuch in Heidelberg vgl. die Karte an Marianne Weber vom 25. Juli 1898, oben, S. 519 (mit Anm. 2). 13 Anspielung auf eine Diskussion im Anschluß an das auch von Else von Richthofen besuchte Seminar Paul Hensels, in dem Marianne Weber am 11. und 25. Juli über ihre Arbeit zum Sozialismus bei Fichte und Marx referiert hatte (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Danach berichtete Marianne Weber, Else von Richthofen habe sie damit gereizt, daß sie „Hohenemser‘s ästhetisch-epikuräisch schlappschwänzige Lebensanschauung so ganz berechtigt fand“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [26. Juli 1898], ebd.).
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Paul Siebeck 30. Juli [1898]; Konstanz Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus Bezugsbrief und Verlagsvermerk „6.VIII.98.“ Bezug: Brief von Paul Siebeck vom 28. Juli 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Darin hatte Siebeck auf der Kündigung des Verlagsvertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ von 1897 (abgedruckt im Anhang, unten, S. 898 f.) bestanden, aber Neuverhandlungen angeboten. Grund der Kündigung sei nicht die Übernahme neuer Verlagsverpflichtungen, sondern der große Umfang der Dissertation von Walther Borgius sowie der direkt darauf folgenden Arbeit von Heinrich Sieveking.
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Ich mach[e] z.Z. hier bis Mitte September eine Nervenkur gegen meine Schlaflosigkeit durch, möchte also jedenfalls noch einige Wochen warten, bevor wir in die defi nitiven Verhandlungen eintreten. Daß ich eine differente Behandlung der „Wiener“ und der „Badischen“ Abhandlungen unter einander als Kränkung empfi nden würde, wird Ihnen ja nach meinem Brief verständlich sein.1 Ich meinerseits würde, wenn Sie mir bei der Borgius’schen Arbeit2 eine defi nitive Weigerung entgegengesetzt hätten oder eine Zubuße meinerseits verlangt hätten, zu letzterer bereit gewesen sein, da ich anerkennen muß, daß ihr von mir stark unterschätzter Umfang übergroß ist, und ebenso würde ich meinerseits es berechtigt fi nden, wenn Arbeiten, in denen große Tabellen eine allzu beträchtliche Rolle spielten, dieserhalb different behandelt würden. Die Sieveking’sche Arbeit3 mußte keineswegs notwendig in der Sammlung erscheinen, ich hatte nur geglaubt, daß sie derselben zur Zierde gereichen werde – glaube dies auch noch – und war deshalb v. Schulze’s 4 Meinung, er solle mit Ihnen in Verhandlung treten, beigetreten. Es ist bedauerlich, daß diese Misverständnisse eingetreten sind; ich würde, wie ich wiederhole, großen Werth darauf legen, bei Ihnen blei1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1898, oben, S. 492 mit Anm. 3. 2 Borgius, Mannheim I, II. 3 Sieveking, Genueser Finanzwesen I, II. 4 Gemeint ist Gerhart von Schulze-Gaevernitz, einer der Mitherausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“.
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ben zu können und bitte Sie, mir – den defi nitiven Verhandlungen unvorgreifl ich – wenigstens im Allgemeinen anzudeuten, nach welchen Richtungen Sie etwa Änderungen unserer Vertragsbeziehungen für nötig und wünschenswerth halten. Hoffentlich sind Sie jetzt, nach Ihrer Kur, 5 nicht mehr so pessimistisch gestimmt, ich bin es meinerseits gar nicht. – Nachdem ich wenigstens in ganz allgemeinen Umrissen ein Bild davon habe, wo Ihre Haupt-Desiderata liegen, werde ich dann zunächst, falls Sie diesa nicht schon thaten, die beiden andren Herren6 benachrichtigen; zu den Verhandlungen komme ich wie ich hoffe s.Z. persönlich nach Freiburg. Mit besten Empfehlungen und Dank für Ihre freundlichen Wünsche Ihr ergebenster Max Weber Würden Sie, wenn der Druck von Borgius nun hoffentlich bald wieder fortschreitet, so freundlich sein, ihm – ich habe hier seine Adresse nicht – zu schreiben, er möge die Druckbogen [,] welche umfassendere Einschiebungen von mir enthalten,7 mir nach Correctur zur Durchsicht hierher schicken?
a O: die 5 Paul Siebeck hatte eine sechswöchige Kur in der Schweiz verbracht. Vgl. den Brief an Max Weber vom 28. Juli 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 6 Neben Gerhart von Schulze-Gaevernitz war dies der ebenfalls in Freiburg lehrende Nationalökonom und Lehrstuhlnachfolger Max Webers, Carl Johannes Fuchs. Der vierte Herausgeber, Heinrich Herkner, war nach seiner Berufung von Karlsruhe nach Zürich inzwischen aus dem Gremium ausgeschieden. 7 Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 3. Juni 1898, oben, S. 495 mit Anm. 5.
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Marianne Weber 30. Juli PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf dem beiliegenden Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 30. VII. Liebstes Schnauzele!
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Vielen Dank für Kärtchen und Brief, Du hast ja offenbar ganz gehörig unruhige Tage gehabt und scheinst mir doch ein ganz klein wenig plümerant in der Stimmung?1 Nun, ich habe auch recht viel Heimweh nach meinem kleinen Frauchen durchzumachen und so schön wie zu Haus und so erquicklich wie zusammen mit dem Schnäuzchen könnte es, auch wenn hier ein Paradies wäre, nicht sein. Man ödet sich eben doch ziemlich viel, trotz besseren Schlafs, der freilich wechselnd gut und niemals so brillant ist, wie einmal Ende letzter Woche zu Hause. Nun das kommt vielleicht. Der bewußte „Deubel“2 ist noch nicht dagewesen, trotz allnächtlicher, vielleicht etwas abnehmend starker Reizungen [.] Etwas belästigt werde ich durch zuweilen eintretenden Durch1 Marianne Weber hatte Max Weber in einer kurzen Briefkarte (undat. [27. Juli 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und einem ausführlichen Brief (undat. [29. Juli 1898], ebd.) über die zahlreichen Besuche der letzten Tage berichtet. 2 Mit dem Begriff „Deubel“ umschrieben Max und Marianne Weber die ihn belastenden wiederkehrenden nächtlichen Pollutionen. Über den Verlauf dieser Erregungszustände berichtete Marianne Weber später Helene Weber detailliert: „Eine wesentliche Änderung betreffs der sexuellen Zustände ist noch nicht eingetreten. Er hat in der vorigen u. dieser Woche 2 Mal kurz nacheinander wieder nächtliche Pollutionen gehabt [. . .]. Die Ärzte wollen nun wie es scheint per force die sexuelle Neurasthenie wegkurieren, er wird jetzt kalt abgerieben, massiert, elecktrisiert [!], muß gymnastische Übungen machen, erhält ‚Pakkungen‘ u. warme Bäder u. Brom u. Kampfer.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 20. August 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im September berichtete sie, erneut sei eine Pollution aufgetreten, „begleitet von den von ihm so sehr gehaßten verqueren Traumvorstellungen, vor deren Wiederholung er sich nun immer graust“. Sie selbst meinte, „wenn nicht jetzt gleich wieder eine zweite erfolgt schadet’s auch garnichts, er war aber doch deprimiert; das lokale Übel, das ihn ja auch nachts noch durch die rein mechanischen Erektionen am gleichmäßigen Schlaf hindert, wird eben einen sehr langsamen Verlauf nehmen, darauf müssen wir uns gefaßt machen“. Ihrer Ansicht nach sei das „gewagte“ an seiner bisherigen Behandlung, „daß man allzu großen Wert auf die möglichst schnelle Beförderung des normalen Trieblebens legte“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 18. Sept. 1898, ebd.).
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fall, auch ist der Appetit nicht mehr so unermeßlich wie bei uns und das Schlafbedürfnis scheint schneller zu wachsen als der Schlaf, denn ich fühle mich morgens, wenn der Caliban mit seinem nassen Laken kommt, 3 nie recht ausgeschlafen. Nun das ist wohl recht natürlich, und die Behandlung hat ja erst Mittwoch4 angefangen, dauert also erst 3 Tage, – Mülberger warnte mich, „von Tag zu Tag auf Erfolg zu warten“, 5 ich habe ihn wegen des etwaigen Weiteren noch gar nicht gefragt, da offenbar erst gewartet werden muß, wie die jetzige Behandlung wirkt.6 Das Bekömmlichste an der Behandlung scheint mir vorerst das Rudern, welches ich Morgens gleich nach dem Frühstück und Abends vor dem Bad betreibe. Es ist auch ein wirkliches Vergnügen, wenn das Wetter gut ist – dies letztere ist jetzt recht wechselnd – und wenn etwas Wind auf dem See liegt, eine ganz gehörige Anstrengung, weil dann die Wellen den kleinen Kahn fortwährend aus der Richtung zu bringen suchen [.]7 Heute Nachmittag werde ich wohl, wenn nicht, wie es fast scheint, Regen kommt, mir einen Mann zu einer Segelfahrt auf dem See mitnehmen. Vorgestern war ich zum ersten Mal – per Wagen – nach der Mainau, der Sommerresidenz des Großherzogs, auf einer wundervoll aus Weingärten, Feld, Wald und Garten zusammengesetzten Insel im nordwestlichen Teil des Sees, dem sog. „Überlinger See“. Die Anlage gehört zum Geschmackvollsten, was man sich denken kann, wundervolle Alleen und Terrassen, mit allerhand stillen Plätzchen, auf einem kleinen Hochplateau über dem See, mit Aussicht auf diesen. Das Schloß habe ich noch nicht besehen, da die Zeit zu kurz war.8 – Gestern war schlechtes Wetter. – 3 Zu dieser täglichen Massage vgl. den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 524. 4 Mittwoch, der 27. Juli 1898. 5 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt. 6 Ausführlicher schilderte Max Weber diese im Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 524 f. 7 Besorgt antwortete Marianne Weber auf diese Schilderung: „Bitte sei aber vorsichtig beim rudern, gelt, Du fällst mir nicht in den See?!“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [31. Juli 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 8 Die Insel Mainau war seit 1853 im Besitz von Großherzog Friedrich I. von Baden. Die „reizenden Anlagen“ der Insel waren für Besucher zugänglich, das Schloß nur bei Abwesenheit des Großherzogs (Baedeker, Karl, Die Rheinlande von der Schweizer bis zur Holländischen Grenze. Handbuch für Reisende, 28. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1899, S. 162).
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„Lourdes“ habe ich erst bis zu der Wunderheilung gelesen.9 Jedenfalls kommt bei Zola das Eine gut heraus: wie die wenigen „Erfolge“, auf Grund deren man den Schwindel rationalistisch zu rechtfertigen sucht, erkauft werden durch die Verzweiflung der Tausende, die nun nicht nur als nicht geheilt, sondern auch als von Gott verworfen von dannen gehen. Das Ganze ist trotz vieler Wiederholungen doch ganz brillant gemacht und die Schilderung dieser infernalischen Hierarchie der Grotten-Patres ist hervorragend geglückt, trotz der Herrschaft der französischen Phrase über den Ingrimm des Schildernden. Man begreift abera den Haß der schwarzen Bande gegen Z[ola], wie er sich jetzt in Frankreich so elementar äußerte.10 – Bei Tisch habe ich jetzt einige Bekanntschaften gemacht: der mathematische Lehrer von Otto Benecke,11 ein ganz netter, nicht grade überfl iegender Mann (Otto B[enecke] hat hier vorgestern sein Abiturienten-Examen gemacht),12 ferner eine Schweizer Dame,13 mit der das Gespräch sofort natürlich auf – „Frauenfrage“ – kam. Sie ist aber kein „Puthuhn“,14 sondern offenbar radikaler als ich. a Alternative Lesung: eben
9 Zola, Émile, Les trois villes. Lourdes. – Paris: Bibliothèque-Charpentier 1894 (dt. Erstausgabe: Lourdes, 3 Bände. – Stuttgart u. a.: Deutsche Verlags-Anstalt 1895). 10 Max Weber bezieht sich auf die französische Dreyfus-Affäre, in der Zola mit seinem offenen Brief „J’accuse“ vom 13. Januar 1898 für den zu Unrecht wegen Verrats verurteilten Hauptmann Alfred Dreyfus Partei ergriffen und die Revision des Prozesses gefordert hatte. In der extrem polarisierten und antisemitisch aufgeladenen Auseinandersetzung wurde er deswegen von der französischen Rechten, aber auch von der katholischen Presse diffamiert. Im Februar 1898 wegen Beleidigung der Armee vom Pariser Schwurgericht zu einem Jahr Haft verurteilt, konnte Zola sich der Vollstreckung des am 18. Juli 1898 bestätigten Urteils nur durch Flucht ins englische Exil entziehen. Vgl. Bredin, Jean-Denis, L’Affaire. Nouvelle édition refondue. – Paris: Fayard / Julliard 1993, S. 335–345, 375–408 und 435–437. 11 Max Webers achtzehnjähriger Cousin Otto Benecke besuchte seit Ostern 1897 das Gymnasium in Konstanz. 12 Otto Benecke legte seine Abiturprüfung mit dem Gesamtprädikat „ziemlich gut“ ab; das Zeugnis datiert allerdings schon vom 23. Juli 1898 (Abiturienten-Zeugnis Otto Benecke, Großh. Bad. Gymnasium in Konstanz vom 23. Juli 1898, Bibliothek/Archiv des Heinrich-Suso-Gymnasiums Konstanz, sowie schriftliche Auskunft von Ulrich Zeller, ebd., vom 13. und 14. Mai 2013). 13 Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 1. Aug. 1898, unten, S. 534 mit Anm. 4. 14 Mit dem Begriff sind konservative Gegnerinnen der Frauenbewegung gemeint. Max Weber hatte in seiner Entgegnung auf Georg Jellineks Vortrag beim Verein „Frauenbildung“ am 16. Februar 1898 in Heidelberg deren Intoleranz mit der hackender Hühner verglichen (MWG I/4, S. 916 f., hier: S. 917). Den Begriff „Puthühner“ benutzte Marianne
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Die Klage schick mir doch bitte gelegentlich her und frage Bertha15 aus, was sie von der Entstehung der „Überschwemmung“ etc. sicher weiß, schreib mir bitte auch das auf.16 Und nun leb wohl, mein Herzenskind, halte den Kopf hoch, grüße Frl. v. Richthofen, Troeltsch und Hensel, wenn Du sie siehst, es küßt Dich von Herzen Dein Max der jetzt zum Elektrisieren muß.
Weber in ihrer Schilderung der Diskussion in einem Brief an Helene Weber vom 17. Febr. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 15 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen. 16 Es handelt sich um eine Klage der Wassergesellschaft wegen eines Wasserschadens in Max und Marianne Webers Heidelberger Wohnung. Marianne Weber schickte ihrem Mann die Klage zwei Wochen später mit den erbetenen Informationen, welche Max Weber einem Rechtsanwalt weiterleitete (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 15. Aug. 1898, unten, S. 558 mit Anm. 1, sowie den Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [13. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Marianne Weber 1. August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 1. VIII. 98 Mein herzliebstes Schnauzele!
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Nun hast Du wieder Unglück mit Deinem Wiegenfest,1 wie schon öfter, und wir müssen nur hoffen, daß es diesmal das letzte Mal ist und wir in Zukunft gesund und frei zusammen Deine neuen Lebensjahre beginnen. – Du schriebst neulich, die letzte Zeit wäre in Manchem doch schön gewesen, so namentlich, weil wir so intensiv zusammengelebt haben, 2 – und das ist wirklich wahr, und für mich war sie deshalb trotz Allem noch besonders schön und wird mir dauernd so vor der Erinnerung stehen, weil ich noch nie vorher |:so:| hatte kennen lernen können, wie herrlich das Gefühl tiefer Dankbarkeit einem geliebten Menschen gegenüber ist, wie ich es Dir gegenüber hatte. Hoffentlich kann ich Dir in nicht zu ferner Zeit Deine tiefe Liebe mehr als bisher und jetzt auch äußerlich vergelten, mein Herz, denn mein dummer Zustand drückt mich aus keinem andren Grunde so, als deshalb, weil ich das so wenig konnte und kann. Die Welt hier strahlt im schönsten Morgensonnenlicht und das Rudern auf dem See ist ganz prachtvoll, aber ohne mein Kleines kommt sie mir doch recht schaal und uninteressant vor. An was würde Das Alles seine Freude haben, was ich jetzt übersehe und nicht beachte. – Und es ist mir auch sicher, daß ich doch erst an Deiner Brust voll zu gesunden anfangen kann. Hier kann nur zweckmäßig vorgearbeitet werden und das geschieht wohl auch, wenigstens habe ich den Eindruck, daß mir das Elektrisieren und die Massage gut thun. Nur schlafe ich in meinem jetzigen Zimmer zwischendurch, so z. B. letzte Nacht, recht schlecht, und da das immer Alles wieder in Frage stellt, werde ich erklären, nicht hierzubleiben, wenn ich nicht ein anderes bekomme. Schnäuzchen hat mich darin ebena in Heidelberg a Alternative Lesung: aber 1 Marianne Weber hatte am 2. August Geburtstag. 2 Marianne Weber bemerkte dies in einem ausführlichen Brief an Max Weber, undat. [29. Juli 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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etwas verwöhnt: so ruhig kann es in keiner großen und jetzt recht vollen Anstalt sein. – Der Arzt3 ist nach wie vor sehr angenehm, sorgfältig und interessiert. Von den Gästen lerne ich erst allmälig den einen und andren kennen; bei Tisch geht die Hauptunterhaltung mit Frau J. aus Frankfurt, von der ich neulich schrieb.4 Sie ist recht gescheut, Badenserin von Geburt, auf das Mädchengymnasium sehr stolz, 5 aber doch nicht von dem Radikalismus von Anita Augspurg, wie mir erst schien, sondern ganz vernünftig. Warum sie eigentlich hier ist, ist mir ziemlich dunkel, sie amüsiert sich offenbar kostbar, kommt jedes Jahr auf 6 Wochen hierher, was offenbar auch viele der andren Gäste thun. Vorgestern, Sonnabend, regnete es, gestern Sonntag, wo die ärztliche Behandlung Sonntagsruhe hält, war ich per Dampfer in Überlingen, um die Zeit hinzubringen. Die Fahrt ist aber auch sehr hübsch, teilweise ganz außerordentlich schön. Man sieht zuerst, in Meersburg am Nordrande des Sees die alte Constanzer Bischofsresidenz, eine gewaltige Feste, an den Hügel geklebt liegen,6 dann fährt man an der wirklich doch ganz ausnehmend schön angelegten Mainau vorüber,7 kreuzt mehrere Male zwischen den Ufern und landet schließlich in Ü[berlingen], wo leider die Zeit zu kurz war, um die aus Ekkehard bekannten Heidenlöcher, in denen Kaiser Karl der Dicke nach der Absetzung gelebt haben soll, aufzusuchen.8 Alle diese Nester sind in ihrer
3 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt im „Konstanzer Hof“. 4 Gemeint ist die im Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 531, erwähnte „Schweizer Dame“, mit der er bereits über die Frauenfrage gesprochen hatte. Der Name der Mitpatientin ist anonymisiert. 5 In Karlsruhe war auf Initiative und mit Mitteln des dortigen „Vereins Frauenbildungs-Reform“ im September 1893 das erste deutsche Mädchengymnasium eröffnet worden. 6 Die Burg Meersburg war seit Mitte des 13. Jahrhunderts bis zum Bau des neuen Schlosses zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Residenz der Fürstbischöfe von Konstanz. 7 Diese hatte Max Weber vier Tage zuvor besucht und seine Eindrücke im Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 530, beschrieben. 8 Es handelt sich um die frühmittelalterlichen „Heidenhöhlen“ bei Überlingen-Goldbach, Schauplatz in Joseph Victor Scheffels erfolgreichem historischen Roman: Ekkehard. Eine Geschichte aus dem zehnten Jahrhundert. – Frankfurt am Main: Verlag von Meidinger Sohn & Cie 1855. Im elften Kapitel, S. 131–146, wird der Mönch Ekkehard von Herzogin Hadwig von Schwaben zum „Alten in der Heidenhöhle“ geschickt, einem dort jahrzehntelang grollend sitzenden Greis „mächtigen Umfangs“ (ebd., S. 137). Bei dem Greis soll es sich um Karl III. handeln, Urenkel Karls des Großen, der 887 seine Macht verlor, 888 am Bodensee starb und auf der Insel Reichenau beigesetzt wurde. In dem fiktiven Gespräch erzählt der Greis Ekkehard, er sei nur zum Schein gestorben und an seiner Stelle ein anderer beigesetzt worden.
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den Charakter der mittelalterlichen Kleinstadt fast ganz bewahrenden Weltfremdheit reizend. – Aber nun zum – leider vorzeitigen – Schluß dieses kurzen Geburtstagsgrußes. Hoffentlich ist mein kleines Präsent für den Winterbedarfb Dir richtig zugekommen? Hier suche ich noch immer vergebens nach einem Schatzc, die Läden hier haben eben, wie so oft, auch schon den Charakter schlechter großstädtischer Bazare angenommen: Alles ist typisch. – Morgen plaudern wir weiter, bis dahin habe ich sicher auch schon wieder einen Schnäuzchen-Brief. Mit tausend Küssen Dein Max dMorgen
mehr, ich muß in die „Electric“!d
b Unsichere Lesung.
c Unsichere Lesung.
d Nachtrag in O am Briefkopf.
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Marianne Weber 3. August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 3. VIII. 98 Liebstes Schnäuzchen! Habe herzlichen Dank für Deine beiden lieben Briefe,1 aus denen ich aber doch sehe, wie sehr die letzten Wochen meinen Liebling abstrapazierta hatten, und wie sehr nötig es ist, daß er jetzt dann einmal etwas zur Ruhe kommt. Mein liebes Herz, wenn die Reise nach Westfalen unter so ungünstigen Umständen stattfi nden müßte und Du Dichb davor fürchtest und offenbar doch auch Dir für Niemand viel davon versprichst, dann würde ich sie einfach für diesmal ganz lassen und, vorläufig auf das Frühjahr, verschieben.2 Du könntest ja dann ganz einfach in Heidelberg bleiben, bis wir wieder zusammentreffen. Wann das ist, kann man jetzt schwerlich schon sagen – ich werde Ende der Woche einmal wegen des Gesammtplans der Kur interpellieren, aber ob ich dann schon eine bestimmte Antwort bekomme ist natürlich sehr problematisch. Es muß eben die Art der Wirkung etwas abgewartet werden und dazu gehört für mich leider eine gehörige Portion Geduld. Daß irgend eine Wirkung stattfi ndet, wenn auch bisher keine sehr intensive, glaube ich wohl zu bemerken, aber welcher Art, darüber kann ich mir noch keine Rechenschaft geben. Heute hatte ich, nach einer dazwischenliegenden guten, wieder eine recht schlechte Nacht. Ich bin eben in der Reizungsperiode und da fehlt mir mein „Hausmittel“.3 a O: abstrapatziert
b 〈dafü〉
1 Der Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [31. Juli 1898], sowie ihr Brief vom 2. Aug. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Am 2. August 1898 (wie Anm. 1) hatte Marianne Weber ihrem Mann über die Schwierigkeiten einer geplanten Reise zu ihrem Vater Eduard Schnitger nach Lage und zu ihren Tanten Marie und Flora Schnitger nach Lemgo berichtet. Ihr Vater wollte in der folgenden Woche selbst verreisen, ihre Tante Marie hatte geschrieben, daß Mariannes Onkel Hugo im Sterben liege. Marianne Weber schloß ihren Bericht: „Du kannst Dir denken, daß grade jetzt ein starker Ruck dazu gehört um sich in dies Elend zu stürzen.“ 3 Sachverhalt unklar. Die Anführungszeichen deuten darauf hin, daß Marianne Weber gemeint sein könnte.
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Aber vielleicht muß das sein. Übrigens habe ich ein anderes und, wenigstens Abends, auch ruhigeres Zimmer erhalten, so daß es diesmal daran wohl nicht lag, daß ich nicht einschlief bis gegen Morgen, wo dann der Spektakel doch ziemlich früh losgeht. Auf einen sehr langwierigen und ganz allmälichen Verlauf der ganzen Sache, die sich ja eben Jahre lang vorbereitet haben muß, müssen wir uns gefaßt machen, aber jedenfalls wollen wir nicht länger getrennt bleiben, als nach Meinung des Arztes unbedingt notwendig ist, denn ich habe doch ganz elendes Heimweh, wenn ich mir Abends mein Schnauzele im Bildchen ansehe. Natürlich ist es mit der Stimmung überhaupt keine Herrlichkeit, namentlich nach dem Nachmittagsschlaf, aber man hält schließlich den Kopf hoch: andren geht es doch noch weit schlechter. Dr Mülberger4 ist ein sehr angenehmer, feiner Arzt, nur jetzt entsetzlich überlastet, so daß man ihn schwer zu fassen bekommt. Der zweite Arzt, 5 jung verlobt, ist auch recht nett. Ich habe mit ihm nur in sofern zu thun, als er beim Elektrisieren hilft. Der dritte ist ein Schafskopf.6 Eine höchst erfreuliche Persönlichkeit ist Fräulein Fernow, von der ich schon schrieb:7 klug, für Alles interessiert und fein empfi ndend, ca 40 Jahre alt; ich unterhalte mich außerordentlich gern mit ihr. Die Frankfurter Frau8 ist jetzt meist auf ihrem Zimmer und mir ist es ganz recht, wenn ich bei Tisch schweigen kann. Die Vis-à-vis wechseln, da man nach der Länge des Aufenthalts im Hause avanciert, wenn ein weiter oben sitzendes ausscheidet. Nun hat uns, einen Tag nach Bismarck’s Tod,9 die skandalös taktlose Publikation seines Abschiedsgesuchs in einem Schmutzblatt wie dem „Lokalanzeiger“ noch daran erinnern müssen, daß der große Mann in der Art seines Hasses doch recht klein war, denn sicher scheint mir, daß er diesen Pfeil noch aus dem Grabe heraus abgeschossen hat.10 Es 4 Max Webers behandelnder Arzt in Konstanz. 5 Der Name des Arztes ließ sich nicht ermitteln. 6 Name nicht ermittelt. 7 Clara Fernow war Gesellschaftsdame im „Konstanzer Hof“. Vgl. hierzu den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 525 (mit Anm. 7). 8 Es handelt sich um die im Brief an Marianne Weber vom 1. Aug. 1898, oben, S. 534, erwähnte Frau J. aus Frankfurt (Name anonymisiert). 9 Otto von Bismarck war am 30. Juli 1898 in Friedrichsruh gestorben. 10 Der Berliner Lokal-Anzeiger, Nr. 353 vom 31. Juli 1898, S. 2 f., publizierte den vierspaltigen Artikel „Die Wahrheit über Bismarcks Rücktritt“. Abgedruckt war dort nicht nur das bis dahin unveröffentlichte Entlassungsgesuch Bismarcks vom 18. März 1890, sondern
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ist für den Kaiser, wie man gerechterweise anerkennen muß, recht schwer gemacht, sich nun seinerseits richtig zu benehmen. Die Art, wie er per Telegramm Bismarck’s Leiche in den Dom beordern wollte11 und ohne zu fragen Begas beauftragte [,] die Totenmaske abzunehmen, war jedenfalls nicht sehr glücklich, wenn es auch von der Familie nicht nötig war, den Abgesandten von Begas nun einfach hinauszuwerfen.12 Es wird mir bei aller Bewunderung doch immer unmöglich bleiben mit wirklich reiner Freude an den großen Staatsmann, der doch kein großer Mensch war, zu denken. Nun grüße Rickerts recht herzlich,13 genieße sie recht und behalte weiter so lieb Deinen Dich umarmenden Max Hoffentlich ist das Geburtstagsgeschenk nun eingetroffen?14
auch ein apologetischer Artikel von Moritz Busch, einem Bismarckvertrauten. Busch stellte darin die Entlassung Bismarcks ausschließlich als Folge unüberlegter und fataler Entscheidungen des Kaisers und politisch als „Katastrophe“ dar. 11 Die Nachricht von Bismarcks Tod erreichte Kaiser Wilhelm II. auf seiner Nordlandreise. Telegraphisch ordnete er Vorbereitungen für eine pompöse Trauerfeier in Berlin an. Bismarcks Sohn Herbert teilte er mit, er werde Bismarck im Berliner Dom „an der Seite Meiner Vorfahren die letzte Stätte bereiten“. Herbert von Bismarck lehnte diesen Vorstoß des Kaisers mit dem Hinweis auf den testamentarischen Willen seines Vaters ab, der in Friedrichsruh beigesetzt werden wollte. Vgl. Röhl, John C.G., Wilhelm II., Band 2: Der Aufbau der Persönlichen Monarchie 1888–1890. – München: C.H. Beck 2001, S. 963–965, Zitat: S. 964. 12 Der Bildhauer Reinhold Begas war vom Kaiser beauftragt worden, für die geplante Beisetzung Bismarcks im Berliner Dom einen Sarkophag zu entwerfen (vgl. Röhl, Wilhelm II. (wie Anm. 11), S. 964 f.). Am 2. August 1898 meldete der Berliner Lokal-Anzeiger, Nr. 355 (Mo.Bl.), S. 1, am Vortag sei ein „Former“ namens Menzel in Friedrichsruh eingetroffen. Im Auftrag von Begas sollte er die Totenmaske „des ehernen Kanzlers“ abnehmen, was ihm aber verweigert worden sei. Eine weitere Meldung vom gleichen Tag (ebd.) erklärte den Vorfall damit, daß Bismarcks Gesicht zu diesem Zeitpunkt schon „sehr verfallen“ war, weshalb der Sarg auch bereits am 1. August – noch vor dem Eintreffen des Kaiserpaares – geschlossen worden sei. 13 Heinrich und Sophie Rickert trafen am Nachmittag des 3. August 1898 zu einem fünftägigen Besuch bei Marianne Weber in Heidelberg ein (vgl. Marianne Webers Briefe an Max Weber vom 2. und 8. Aug. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 14 In ihrem Brief an Max Weber, undat. [4. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, bestätigte Marianne Weber das Eintreffen des Geschenks und bedankte sie sich „tausend Mal“ für das wunderhübsche Besteck.
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Marianne Weber 4. und 5. August PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Auf der letzten Briefseite des Originals ist ein Halbsatz mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen, aber noch lesbar (zu dieser Streichung vgl. ebd., oben, S. 520 f.). Bezug des Briefes ist die Frage einer weiteren räumlichen Trennung von Marianne Weber, zu der Max Webers behandelnder Arzt in Konstanz, Friedrich Mülberger, geraten hatte. Im zweiten, am 5. August geschriebenen Teil seines Briefes (unten, S. 540 f.) reagiert Max Weber auf Marianne Webers undatierten Brief vom [4. August 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Darin schrieb sie: „Ich habe das deutliche Gefühl, liebstes Herz, daß es für uns beide besser wäre, wenn ich zu Dir nach Konstanz käme – sei es nun, daß ich nur am Tage bei Dir bin u. wir uns dann nachmittags wirklich miteinander amüsieren, sei es[,] daß ich Dir nachts etwas Ruhe verschaffen kann, je nachdem was der Arzt für besser hält. Ich glaube auch Dein ‚Schwächezustand‘ kann nicht schnell gehoben werden u. wir müssen die endgültige Erreichung des ‚Ideals‘ uns gewöhnen als etwas völlig in der Zukunft liegendes anzusehen, aber grade deshalb scheint es mir nötig, Dich im übrigen – psychisch – so frisch wie möglich zu machen, u. ich glaube allerdings, daß diese geistige Elastizität Dir schneller zu verschaffen ist, wenn Du jetzt auch eine angenehme Zeit hast.“
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Nun werden Rickerts da sein und hoffentlich habt Ihr trotz Deiner Abgespanntheit doch etwas von einander,1 hoffentlich kommt auch die Zeit, wo ich wieder von einem solchen Zusammensein etwas haben kann. Geduld wird es bis dahin noch die schwere Menge bedürfen, auch für mein liebes Herzenskind. Mülberger meint, es sei in jedem Fall richtiger, wenn wir „noch einige Wochen“ jedenfalls getrennt blieben, und predigte auch sehr „Geduld, Geduld“ etc. – nun ich habe mich theoretisch vollständig darein gefunden, daß ich mit diesen Geschichten recht lange zu thun habe, praktisch aber will das Heimweh immer wieder kommen und übermächtig werden, wenn ich auch nicht mehr in so trübseliger Stimmung bin, wie unter dem ersten Eindruck des bei allem Comfort eben doch einen scharfen Contrast gegen das „Heim“ bildenden Anstaltslebens und unter dem frischen Eindruck des Abschieds von dem Liebsten, was mir auf Erden bescheert ist, und auf 1 Zum Besuch von Heinrich und Sophie Rickert in Heidelberg vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 538, Anm. 13.
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dessen Besitz ich stolzer und immer stolzer geworden bin, je mehr es sich frei und voll entfaltete. Eine solche Krankheit hat doch sehr ihr Gutes, – mir z. B. hat sie die rein menschliche Seite des Lebens, die Mama immer etwas an mir vermißte, wieder aufgethan in einem Maß wie ich es nicht kannte. Ich könnte mit John Gabriel Borkmana (von Ibsen) sagen: „eine eisige Hand ließ mich los“, 2 denn meine Abnormitäten äußerten sich in den vergangenen Jahren in einem krampfhaften Anklammern an die wissenschaftliche Arbeit wie an einen Talisman, ohne daß ich doch hätte sagen können, wogegen. Das ist mir jetzt beim Zurückdenken recht klar, und ich weiß, daß ich, krank oder gesund, so nicht mehr sein werde, dies Bedürfnis, unter der Arbeitslast sich erliegen zu fühlen, ist erloschen, ich will in erster Linie mit meinem „Kindele“ mich menschlich ausleben und es so glücklich sehen, als es mir gegeben ist es zu machen. Daß ich dabei weniger leisten werde als früher in der inneren Tretmühle, glaube ich nicht, natürlich immer im Verhältnis zu meinem jeweiligen körperlichen Zustand, dessen wirkliche dauernde Besserung jedenfalls gründlich Zeit und Ruhe fordern wird. Du hast also ganz Recht mein Herz: – so intensiv mit Jemand zusammenleben wie in dieser Zeit |:mit Dir:| konnte ich früher überhaupt noch nicht.3 5. VIII. Eben kommt Dein lieber Brief, mein Herz. Ich will mir die ganze Sache noch einmal überlegen, – ich hatte |:schon:| Mülberger Alles gesagt, was Du darin |:jetzt:| schreibst. Er sagte, ich solle nur mich darauf controllieren, ob Du mir „fremd“ würdest – was bisher entschieden nicht der Fall ist – im Übrigen, wenn Dies nicht der Fall sei, sei er ganz bestimmt für noch einige Wochen Trennung. Ich glaube, wir a O: Borkmann 2 Die Figur in Ibsens gleichnamigem Stück von 1896 (dt. Fassung: Ibsen, Henrik, John Gabriel Borkman. Schauspiel in vier Aufzügen. – Paris, Leipzig, München: Verlag von Albert Langen 1897), der wegen Betrugs verurteilte John Gabriel Borkman, hatte sich nach Abbüßen seiner Strafe in völlige Isolation zurückgezogen. In einem Schlußdialog mit Ella Rentheim, seiner früheren Liebe, beklagt er im Sterben sein Gefangensein in einem kalten dunklen Reich und bekennt seine Sehnsucht nach Rückkehr zur Freiheit, zum Leben und zu den Menschen (ebd., S. 163–175). Die von Weber sinngemäß zitierte Passage, S. 171, lautet: „Ah – ! Jetzt ließ sie mich los“ (Borkman) / „Was war das, John!“ (Ella Rentheim) / „Es war eine Eishand, die mich ums Herz packte.“ (Borkman). 3 Schon im ersten Brief nach Konstanz hatte Marianne Weber an Max Weber über die Zeit seiner Krankheit geschrieben, „wir haben ja auch in diesen Monaten noch intensiver als sonst zusammengelebt u. für Dich jetzt nicht sorgen zu können ist deshalb ein ‚horror vacui‘“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [26. Juli 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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werden uns doch darein finden müssen, wenigstens noch für die nächste Zeit. Bitte liebes Herz, versuche es einmal mit Brom-nehmen, ob es Dir nicht Erleichterung bringt?4 Das ist ja schrecklich, daß Du nun auch so durchzumachen hast, was soll man nur machen? Ich bin über das psychisch Drückendste hinaus und, außer dem Heimweh nach Dir, leidlich akklimatisiert, habe jetzt auch zwei relativ gute Nächte hinter mir, in der letzten Nacht sogar ohne Reizung oder fast ohne solche ziemlich viel geschlafen. Etwas abwarten wird man also noch müssen, wie sich die Sache macht. Ich habe jetzt Dunkelgardinen, hoffe auch noch eine Doppeltür durchzusetzen, eventuell unter Teilnahme an den Kosten. Wenn ich die auch habe, werde ich glaube ich leidlich schlafen. Deine Angst vor dem „Fremdwerden“ teile ich vorerst noch nicht, 5 bda ich auf Grund der Vorgänge der letzten Monate annehme, daß die betreffenden Reizungen periodisch kommen und wieder gehen.b Wollen wir versuchen, noch etwas Geduld zu haben, bis man noch etwas klarer sieht? Gestern habe ich mich auf dem See segeln lassen – prachtvoll! Das Rudern thut mir offenbar gut. Habe keine Angst, die Wellen hier herum sind winzig, ich bin gar kein Wasserheld, der sich Gefahren irgend welcher Art aussetzt.6 – Mama schreibe ich morgen,7 Ernst vorerst glaube ich noch nicht.8 Von Herzen Dein Max
b–b In O mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen. 4 In ihrem Brief an Max Weber, undat. [4. Aug. 1898] (wie Editorische Vorbemerkung), hatte Marianne Weber von Schlafproblemen berichtet. 5 Marianne Weber fürchtete (ebd.), „daß wenn wir uns nun schließlich nach langen Wochen auch physisch an das Getrenntsein gewöhnt haben – wir dann wieder ebenso lange brauchen um uns physisch wieder aneinander zu gewöhnen – unter Umständen würde das für Deinen Körper eine neue Revolution bedeuten“. 6 Zu Marianne Webers Befürchtungen bezüglich Max Webers Ruder-Aktivitäten vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 530, Anm. 7. 7 Ein entsprechender Brief an Helene Weber ist nicht überliefert. 8 Marianne Weber hatte (im Brief an Max Weber, undat. [4. Aug. 1898], wie Editorische Vorbemerkung) von einem nicht überlieferten Kärtchen seines Schwagers Ernst Mommsen berichtet, welches sie beilegte. Er habe darin angedeutet, über Max Webers Zustand Bescheid zu wissen und auch Alfred Weber gegenüber geäußert, er wisse, daß es sich um sexuelle Dinge handle. Sie fragte daher: „Ob Du da nicht, damit er nichts Verkehrtes denkt, ihm doch mal schreibst?“.
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Marianne Weber 7. August PSt 1898; Konstanz Brieffragment; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ergibt sich aus dem Poststempel des beiliegenden Briefumschlags sowie der Ortsangabe (zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.). Der aus einem vierseitigen Bogen bestehende Brief liegt ab der dritten Seite nur fragmentarisch vor: Der Text der dritten und vierten Seite ist bis auf die ersten vier Zeilen abgeschnitten (vgl. hierzu ebd., S. 520 f.). Eine maschinenschriftliche Abschrift des Briefes (GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 1, Bl. 67) gibt die fehlenden Textteile ebenfalls nicht wieder; sie endet mit dem Satz: „Sage aber Rickert – den ich mit Frau herzlich grüßen lasse – nichts von diesen Plänen, sonst wird er zappelig.“ Der erhaltene Briefteil bezieht sich auf Marianne Webers geplante Doktorarbeit über „Sozialismus bei Fichte und Marx“. Eine Promotion scheiterte zwar, da mit Einführung des Immatrikulationsrechtes für Frauen an badischen Universitäten im Februar 1900 das Abitur Zulassungsvoraussetzung für Studium und Promotion wurde (vgl. Meurer, Marianne Weber (wie oben, S. 189, Anm. 8), S. 147), ihre Studie schloß Marianne Weber im Sommer 1900 dennoch ab. Sie erschien noch im selben Jahr unter dem Titel „Fichte’s Sozialismus und sein Verhältnis zur Marx‘schen Doktrin“ (Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus; vgl. dazu ausführlich den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 19. Dezember 1898, unten, S. 613 mit Anm. 9). Die Anfänge ihrer Arbeit gingen auf ein bei Heinrich Rickert in Freiburg besuchtes philosophisches Seminar zurück (Brief von Marianne Weber an Alfred Weber, undat. [Januar 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im Sommer 1898 wollte Marianne Weber die Arbeit vorantreiben, nachdem sie kurz zuvor im Seminar von Paul Hensel darüber referiert und dieser ihr bescheinigt hatte, es könne daraus eine „sehr gute Doktorarbeit werden“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Allerdings war sie unsicher, ob auch Heinrich Rickert ihre Themenstellung akzeptieren würde. Er hatte ihr eine „rein logische Sache“ empfohlen, sie dagegen erwog, ihre Arbeit stärker nationalökonomisch und weniger philosophisch auszurichten (ebd.). Während eines mehrtägigen Besuchs von Heinrich und Sophie Rickert in Heidelberg trug sie daher am 5. August 1898 auch Rickert zunächst den ersten Teil ihres Referates vor. Einen Tag später teilte sie Max Weber mit, Rickert sei mit einer Doktorarbeit „doch ganz einverstanden [. . .] die Sache soll noch weniger historisch u. mehr systematisch nach seiner Ansicht werden u. Fichte soll einen breitern Raum einnehmen“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [6. August 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber, der das Referat vor seiner Abreise nach Konstanz gelesen hatte, antwortet nachfolgend auf diese Mitteilung.
Constanz 7. VIII. Mein liebstes Schnauzele! Aber natürlich schreibe ich Dir weiter so regelmäßig1 – schon um auch immer alle zwei Tage die Schnäuzchen-Briefe morgens vor meiner 1 Ihren Brief (undat. [6. Aug. 1898], wie Editorische Vorbemerkung), hatte Marianne Weber mit der Bitte beendet: „Gelt, Du schreibst so brav wie bisher?“.
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Thüre zu fi nden, denn die sind hier doch glaube ich noch weit mehr „Lichtpunkte“ als meine bei Dir. – Liebes Herz, ich würde an Deiner Stelle nicht nach Lemgo gehen, es ist ja wirklich schwer zu sagen, wer jetzt eigentlich etwas davon hätte.2 Verschiebe es getrost auf das Frühjahr, denn Du wirst, wie immer auch Alles gehen möge, Deine Kräfte sehr brauchen. Also ruhe Dich aus und arbeite geistig, mit Maßen! Ich freue mich sehr darauf, wen[n] Deine Arbeit fortschreitet. Aber wenn auch die Dissertation‚ rein Fichte’sch wird, so bin ich doch entschieden der Meinung, daß sich alsdann daran und darum ein sehr solider ökonomischer Aufbau gliedern sollte. Und auch für die philosophische Seite solltest Du die Physiokraten 3 schon jetzt studieren. Leider bin ich selbst recht schlecht in ihnen bewandert. Lies die betr. Partien in Ingram,4 bei G. Cohn, 5 ferner Oncken’s Quesnay6 und – namentlich Hasbach’s Philosoph. Grundlagen,7 dann Quesnay’s „Tableau économique“ selbst,8 – endlich, da Oldenberg (ich weiß davon gar nichts) auf Babeuf Vieles zurückführt,9 mußt Du auch an ihn gehen, es wird gar 2 Zum Hintergrund dieser geplanten Reise vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 536 mit Anm. 2. Im Brief an Max Weber (undat. [6. Aug. 1898], wie Editorische Vorbemerkung), hatte Marianne Weber nochmals gefragt, ob es nicht ihre „unumgängliche Pflicht“ sei, nach Lemgo zu gehen. 3 Die vom Naturrecht ausgehende Gruppe der Physiokraten um François Quesnay. Sie entwickelte eine am Blutkreislauf orientierte ökonomische Theorie, die den Wirtschaftskreislauf als zyklischen Zirkulationsprozeß von Gütern innerhalb verschiedener ökonomisch definierter Volksklassen darstellte. Den Kern des physiokratischen Wirtschaftsmodells bildete Quesnays „Tableau économique“ (1758). Vgl. Oncken, August, Quesnay, François, in: HdStW1, Band 5, 1893, S. 315–333, bes. S. 322–328. 4 In der von Max Weber für seine nationalökonomischen Vorlesungen 1894–1898 benutzten deutschen Ausgabe (vgl. MWG III/1, S. 757): Ingram, John Kells, Geschichte der Volkswirtschaftslehre. Autorisierte Übersetzung von E. Roschlau. – Tübingen: H. Laupp 1890, findet sich der Abschnitt über die Physiokraten in Kapitel 5, S. 80–94. 5 Cohn, Gustav, System der Nationalökonomie. Ein Lesebuch für Studirende, Band 1: Grundlegung der Nationalökonomie. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1885, hier: S. 101–107. 6 Oncken, Auguste, Introduction, in: Oeuvres économiques et philosophiques de F. Quesnay. Fondateur du système physiocratique. Accompagnées des éloges et d’autres travaux biographiques sur Quesnay par différents auteurs. Publiées avec une introduction et des notes par Auguste Oncken. – Francfort s.M.: Joseph Baer & Co; Paris: Jules Peelman & Cie 1888, S. IX–XXVII. 7 Hasbach, Wilhelm, Die allgemeinen philosophischen Grundlagen der von François Quesnay und Adam Smith begründeten politischen Ökonomie (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, Band 10, Heft 2). – Leipzig: Duncker & Humblot 1890, hier: S. 57–70. 8 Quesnays Kernstück der physiokratischen Wirtschaftslehre findet sich unter dem Titel „Analyse du tableau économique“, in: Oncken, Oeuvres économiques (wie Anm. 6), S. 305–328. 9 Gemeint ist der französische Frühsozialist François Noël („Gracchus“) Babeuf. In Berlin
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nicht leicht sein ihn zu beschaffen, sieh Dich nur im Handw[örter-] Buch der Staatswiss[enschaften] nach ihm um.10 Der Vergleich zwischen Quesnay und Fichte ist glaube ich nicht zu umgehen, beide haben in Vielem ähnliche ökonomische Vorstellungen über den Gang der Wirtschaft bei principiell ganz entgegengesetztem Gesammtuntergrund. Sage aber Rickert – den ich mit Frau herzlich grüßen lasse – nichts von diesen Plänen, sonst wird er zappelig. – Ich habe die Nacht gut geschlafen, wenn auch erst von ca 12 Uhr an, doch ziemlich 8 Stunden. Mein Zimmer hat jetzt auch eine Doppelthür und ich kann deshalb Morgens besser im Schlaf bleiben. Ich fühle mich etwas stumpf, aber ganz gut, ich kann wohl sagen besser als Anfang der Woche. Der ber[. . .] a Herkommen wird, ich meine mit der äußerlichen Gestaltung, wollen wir noch ganz dahingestellt lassen. Mein süßes Herz, Du willst mir Opfer über Opfer bringen, – Opfer[,] die mich eigentlich drücken müßten, es aber merkwürdig wenig thun, sei es aus Egoismus sei es [. . .] b
a Fehlt in O.
b Fehlt in O.
hatte Karl Oldenberg regelmäßig Vorlesungen zur sozialen Frage, zur sozialistischen Lehre und zur sozialdemokratischen Bewegung gehalten (vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/4, S. 5). Wie Max Weber später ergänzte (im Brief an Marianne Weber vom 13. Aug. 1898, unten, S. 554), hatte Oldenberg Babeuf als Quelle für Fichte nur mündlich erwähnt. 10 Den Artikel François Noël Babeuf, in: HdStW1, Band 2, 1891, S. 1 f., verfaßte Georg Adler. Am 10. [Aug.] 1898 schrieb Marianne Weber an Max Weber (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), fraglos gehöre Babeuf zu den Sozialisten, es sei aber sehr zweifelhaft, ob Fichte ihn gekannt habe. Babeufs „kommunistische Voraussetzungen und Theorien“ seien eher im Marxschen Sinne, man könne aber „ebenfalls Anklänge an Fichte herausklauben“. Sie mache ihre Arbeit „vorläufig ganz ohne Rücksicht auf Rickert, wenigstens was die Nationalök[onomie] anbetrifft, die ich keinenfalls beschränken will“. Über Babeuf habe sie zwischen Max Webers Büchern außerdem die einschlägige Schrift von Gabriel Deville gefunden. Dabei muß es sich um den Titel, den Max Weber auch in seinen Vorlesungen zu Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung zitiert (MWG III/4, S. 141 und 361), handeln: Deville, Gabriel Pierre, Gracchus Babeuf und die Verschwörung der Gleichen, deutsch und mit einem Nachwort versehen von Ed[uard] Bernstein. – Zürich: Verlag der Volksbuchhandlung 1887.
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Marianne Weber 9. August PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 9. VIII. Liebstes Schnäuzchen!
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O je! schlechtes Wetter und kein Schnäuzchen-Brief, wenigstens bis jetzt nicht. Das ist ja ein plümeranter Tages-Anfang. Aber dafür habe ich einmal wieder einen ordentlichen Posten zusammengeschlafen und fühle mich physisch so weit ganz ordentlich, so daß ich mit Geduld die weitere Entwicklung des Tages abwarten kann. Bei schlechtem Wetter hat man als Spaziergang die große überdeckte Wandelhalle, 30 Schritte lang, in der ich dann, um einen Kilometer gelaufen zu haben, 30 Mal auf [ - ] und abgehe und dies Vergnügen des Tages mehrere Male wiederhole.1 Die, wie Mülberger2 behauptet, „psychisch bedingten“ Beine sind jetzt etwas brauchbarer – offenbar geht bei mir wie bei der Mama Alles in die Beine. Zum Lesen kommt man weniger als man denken sollte. Nachmittags setze ich mich jetzt wenn das Wetter gut ist meist auf einen Dampfer und fahre einige Stationen den See hinab und dann wieder zurück, es weht einem dabei so viel frische Luft um die Ohren, wie man es sonst nicht leicht zu Wege bringt. Und der Vormittag zerfällt – absichtlich – in so viel kleine Abschnitte zwischen Elektrisieren, Massage etc., daß man damit nicht viel anfangen kann. Mit Lourdes bin ich fertig, es ist sehr getreu, aber doch auch viel Mache, der Pinsel ist nicht an und für sich groß, sondern macht Mosaik-Arbeit.3 Immerhin ist mir die Sache doch wieder sehr lebendig geworden und mir ging es wie 1 Die 300 Quadratmeter große, „in Eisenconstruction aufgeführte und von Schlinggewächsen umrankte“ Halle des „Konstanzer Hofs“ sollte bei regnerischem Wetter Bewegungsraum bieten (vgl. Fischer, Konstanzer Hof (wie oben, S. 520, Editorische Vorbemerkung), S. 35). 2 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt im „Konstanzer Hof“. 3 Zu Max Webers Lektüre von Émile Zolas Roman „Lourdes“ vgl. bereits die Briefe an Marianne Weber vom 26. Juli und vom 30. Juli 1898, oben, S. 523 und 531.
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Dir: ich wäre gern einmal wieder hin, um manches nicht Gesehene nachzuholen.4 Dann habe ich Kuno Fischers „Faust“ gelesen, der ja freilich nur ein Bruchstück darstellt, – der dritte Band wird jedenfalls nie geschrieben.5 Der Grundgedanke, daß Faust aus zwei ganz unzusammenhängenden Ideen, die nur in der Persönlichkeit des Dichters ihre Einheit fi nden, combiniert sei, ist scharf und klar durchgeführt,6 nicht ohne Breiten und nicht ohne die Kuno-sche Fähigkeit, auch die größten Trivialitäten mit demselben Applomb aufzutischen wie wirklich werthvolle Entdeckungen. Immerhin lese ich daraufhin den Faust noch einmal. Jetzt bin ich bei Madame Bovary, komme aber etwas langsam vorwärts, ich kann nicht sagen, daß mich das Buch interessierte, obwohl man recht wohl merkt, daß es keine gewöhnliche Hand war, die es schuf.7 Dazwischen füllen die massenhaften Zeitungen, die hier aufl iegen, den Tag, so wenig auch zur Zeit in ihnen steht. Aus ihnen sah ich auch zuerst den Tod von Knies,8 ich habe auf Deinen Brief, der ihn bestätigte, an die Familie geschrieben; es wäre in jedem Fall sehr schwer gewesen, dem 45 Jahre älteren Mann die Leichenrede zu halten, ich bin
4 Max und Marianne Weber hatten Lourdes im Jahr zuvor auf ihrer Frankreich- und Spanienreise besucht (vgl. den Brief an Helene Weber vom 1. Sept. 1897, oben, S. 394–404). 5 Gemeint ist das Werk von Max Webers Heidelberger Kollegen Kuno Fischer über Goethes Faust, dessen erste beiden Bände bereits länger vorlagen (Fischer, Kuno, Goethe‘s Faust. Über die Entstehung und Composition des Gedichts. – Stuttgart: J.G. Cotta 1878, sowie ders., Goethes Faust. Die Faustdichtung vor Goethe. – Stuttgart: J.G. Cotta 1893). Entgegen Webers Prognose erschien ein dritter und vierter Band einige Jahre später (vgl. Fischer, Kuno, Goethes Faust. Die Erklärung des Goetheschen Faust nach der Reihenfolge seiner Scenen (Theil 1 und Theil 2). – Heidelberg: Winter 1903/04). 6 Diesen Grundgedanken entwickelte Kuno Fischer in: Goethe‘s Faust. Über die Entstehung und Composition des Gedichts (wie Anm. 5), bes. S. 79 f. und 128. 7 Flaubert, Gustave, Madame Bovary. Moeurs de province, vol. I./II. – Paris: Michel Lévy Frères 1857; in deutscher Übersetzung zunächst unter dem Titel: Madame Bovary, oder: Eine Französin aus der Provinz. Aus dem Französischen des Gustav Flaubert. Deutsch von Dr. Legné, Theil 1–3. – Pest, Wien und Leipzig: Hartleben‘s Verlags-Expedition 1858, sowie 1892 unter dem Titel: Flaubert, Gustave, Madame Bovary. Ein Sittenbild aus der Provinz. Mit einem Nachwort, übersetzt von Josef Ettlinger. – Dresden und Leipzig: Pierson 1892. 8 Der Nationalökonom Karl Knies, dessen Nachfolge Max Weber 1897 in Heidelberg angetreten hatte, war dort am 3. August 1898 im Alter von 77 Jahren verstorben.
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ganz froh, daß ich fort bin.9 Leid thut mir dagegen, daß ich Bismarck nicht im Colleg einige Worte habe widmen können.10 Du wirst nun also wohl endgültig jetzt allein sein, Rickert’s sind fort,11 Tröltsch jedenfalls auch und Hensels wohl sehr bald.12 Kommen denn aber Benecke’s nicht nach Heidelberg?13 Wie mag es wohl in Stuttgart gehen? Man hört so lange gar nichts mehr davon.14 Ob Otto wohl dort ist?15 Ich wüßte gern wenigstens ungefähr, was die armen Leute machen. – Ebenso ob Mama etwas von Tante Ottilies Verhalten geschrieben hat,16 aber sie schreibt jetzt wohl überhaupt nicht viel. Hat Lili etwas hören lassen? – Mir ist im Ganzen leidlich zu Muthe, wenigstens nicht so deprimiert, wie zeitweise, man gewöhnt sich eben an Alles und etwas habe ich auch das Gefühl, daß die Kur mir nützen wird, und wohl noch mehr, als ich bisher bemerkte. Die Trennung vom Schnauzele ist nach wie vor ein harter Brocken, aber besser, wir schlucken ihn jetzt ganz herunter. Es sind einige ganz traitable Leute hier, mit denen ich öfter zusammensitze, 2 kleinere Industrielle aus dem Stumm’schen Revier17 und einige Offi ziere. Allzu viel Bedarf nach Menschen habe ich nicht.
9 Ein Brief Max Webers an die Familie Knies ist nicht ermittelt. In einem Brief an Max Weber (undat. [6. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), hatte Marianne Weber den Tod von Karl Knies mitgeteilt und hinzugefügt: „Wenn Du hier wärst, hättest Du nach Jellineks Behauptung heute die Gedächtnisrede halten müssen.“ 10 Zum Tod Bismarcks am 30. Juli 1898 und den Begleitumständen äußerte sich Max Weber ausführlich im Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 537 f. 11 Heinrich und Sophie Rickert waren nach fünftägigem Besuch bei Marianne Weber am 8. August wieder abgereist (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 12 Gemeint sind Max Webers Heidelberger Kollegen Ernst Troeltsch und Paul Hensel mit seiner Ehefrau Katharina. 13 Wie Marianne Weber ihrem Mann im Brief vom 10. [Aug.] 1898 (wie Anm. 11) mitteilte, waren Emilie, Dora und Elfriede Benecke in Heidelberg eingetroffen. Sie hatte ihnen bereits einen Besuch abgestattet. 14 Max Webers schwer kranke Tante Ida Baumgarten lebte in Stuttgart, war pflegebedürftig und wurde von ihrer Tochter Emmy ständig betreut (vgl. dazu die Briefe an Helene Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 449 f., an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 463, sowie an Emilie Benecke vom 13. Mai 1898, oben, S. 485 (mit Anm. 2)). 15 Otto Baumgarten, der Bruder von Emmy und Anna Baumgarten, der in Kiel lebte. 16 Ottilie Weber, die Zwillingsschwester des verstorbenen Max Weber sen. Sie war bis zum 9. August 1898 bei Helene Weber zu Besuch (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [13. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 17 Gemeint ist Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg und das saarländische In-
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Leb wohl, Herzenskind, bleib muthig und guter Dinge, Alles – auch unsre Trennung – hat schließlich ein Ende. Von Herzen Dein Max Bitte schicke gelegentlich die Klage.18 Hast Du wohl im Seminar, wie ich s.Z. bat, Herrn Goldschmidt’s Arbeit verschlossen?19
dustrierevier (zur Auseinandersetzung Max Webers mit von Stumm-Halberg 1895 vgl. den Brief an Alfred Weber vom 1. Febr. 1895, oben, S. 67 f., mit Editorischer Vorbemerkung). 18 Es handelt sich um eine Klage der Wassergesellschaft wegen eines Wasserschadens in der Wohnung von Max und Marianne Weber. Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 532 (mit Anm. 16). 19 Gemeint ist das Dissertationsmanuskript von Max Webers Schüler Salli Goldschmidt. Die Arbeit erschien 1899 als erstes Heft der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter; vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten, S. 579–581 mit Anm. 9). Auf seine Frage teilte Marianne Weber ihm mit, sie habe Goldschmidts Arbeit verschlossen (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898 (wie Anm. 11)).
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Marianne Weber 10. August PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Max Webers Ausführungen zu Marianne Webers geplanter Arbeit über „Sozialismus bei Fichte und Marx“ schließen direkt an seinen Brief vom 7. August 1898, oben, S. 542–544, an. In der Zwischenzeit hatte Marianne Weber berichtet, daß Heinrich Rickert auch den zweiten Teil ihres Referats sehr positiv aufgenommen habe (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 8. August 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Er habe ihr geraten, die bestehende Konzeption zu belassen, die Arbeit fortzusetzen und möglichst zügig zu veröffentlichen. Hintergrund sei, daß Rickert selbst ein Buch über Fichte plane. Nach Marianne Webers Darstellung wollte er vermeiden, einige ihrer Gedanken, von denen er sehr „angethan“ sei und sie „gern selbst gehabt haben würde“, nicht unterdrücken zu können und ihrer Arbeit vorwegzunehmen (ebd.).
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Was Du in Deinem letzten Brief über Deine Arbeit schriebst, hat mich sehr aufgekratzt und gefreut. Also nur hinein in die Arbeit! Freilich meine ich, Du solltest die Sache nicht als eilig und notwendig innerhalb bestimmter Frist abzuschließen ansehen. Rickert kann vor dem 2ten Band1 seinen Fichte nicht schreiben, die Sache hat also gute Wege, und außerdem kann er sehr wohl auch auf eine noch nicht im Druck vorliegende Arbeit von Dir Bezug nehmen und sagen, daß er dies oder jenes ihr entnommen habe. Das ist eine ganz übliche Form. Also kein voreiliger Abschluß! Es wäre schade, wenn in die Arbeit nicht Alles hineinkäme, was hineingehört resp. darin erledigt werden kann. Später arbeiten wir dann beide zusammen, nicht wahr? Wir können hie und da im Winter einmal einen Versuch damit machen, denn mit meiner Arbeitskraft wird es noch nicht allzu glänzend aussehen und einige Sachen müssen dann doch nachgerade einmal ihrer Erledigung entgegengeführt werden. Bezüglich des „Handelsrechts“ komme ich noch immer zu keinem Entschluß.2 Es zu übernehmen fehlt mir jetzt 1 Max Weber bezieht sich auf den noch ausstehenden zweiten Band von Heinrich Rikkerts „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“ (vgl. hierzu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Kluge vom 22. Dez. 1895, oben, S. 157). 2 Nach dem Tod Levin Goldschmidts 1897 erwog Max Weber, die Herausgeberschaft der „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“ zu übernehmen. Der Entscheidungsdruck erhöhte sich 1898 insofern, als auch der bisherige Mitherausgeber der Zeitschrift, Paul
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wohl auch der Muth noch etwas, deshalb suche ich die Entscheidung hinauszuschieben, damit ich sie nicht bedaure. Aber auch die andren Bedenken sind doch sehr starke. – Hier lebt man so weiter, wie von Anfang an. Ich rudere täglich, gehe ebenso täglich spazieren, schütte ungeheure Quantitäten Milch in saurem und jetzt auch einmal wieder in süßem Zustande in mich hinein – täglich bis 3 Liter im Ganzen – schlafe wechselnd, aber im Durchschnitt wohl langsam besser, das sonstige Befi nden geht jetzt [,] so scheint es [,] ebenfalls langsam aufwärts, ohne daß besondre Zwischenfälle zu constatieren wären. Es ist eben Alles in erster Linie „Geduld“-Frage, das sieht man auch an den andren Kranken, die hier sind. Die Stimmung ist im Allgemeinen ganz leidlich, nur natürlich oft recht gelangweilt. Ist das Wetter gut und schlafe ich ordentlich, so will ich in den nächsten Tagen einige Nachmittagstouren nach Stein am Rhein, der Reichenau, Friedrichshafen etc. machen. Jetzt habe ich mich meist mit kurzen Dampferfahrten oder etwa einstündigen Spaziergängen begnügt. Das Wetter ist im Allgemeinen ausnehmend schön, selbst an bedeckten Tagen lockt die prachtvolle Wasserfärbung auf den See, der sich freilich, wie ich schon früher schrieb, mit dem Genfer See nicht messen kann, aber doch ganz reizende Partien hat. Ich will doch nächster Tage einmal sehen ein paara kleine Photographien vom Constanzer Hof und von ihm aus zu bekommen und beizulegen, damit Du eine deutlichere Vorstellung hast. Gestern Abend, als ich mir in Constanz Papier kaufte, traf ich Georg Schmidt auf der Straße, der mir von Heidelberg erzählen konnte.3 Erb störte mich nicht weiter – das ist überhaupt wohl etwas besser geworden, ebenso die Empfi ndungen unten im Rücken, auch die Beine, in manchen Beziehungen der Kopf, die Verdauung ist auch etwas regelmäßiger und im Ganzen geht es mir also ganz ordentlich. Die Art der Erscheinungen selbst in der Nacht ist sonst dieselbe. Daß die Kur nützt, glaube ich, ich bin kräftiger, und vielleicht hat ja Mülberger4 recht, daß a O: par
b Alternative Lesung: Es
Laband, mit Erscheinen des Bandes 47 ausschied. Vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 448–451, mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 3. 3 Georg Schmidt, der Ehemann von Max Webers Cousine Paula Schmidt, geb. Hausrath, lebte mit seiner Frau in Heidelberg. Er war auf dem Weg nach Italien (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Friedrich Mülberger, Max Webers Konstanzer Arzt.
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dazu ein längeres Alleinsein die Vorbedingung ist. Hoffentlich kommt es meinen Schnauzel nicht allzu sauer an. Mich freut es so, daß du eifrig an der Arbeit bist. Hoffentlich schreibt Tante Marie Dir nicht zu, sondern ab. 5 Deine Briefe habe ich alle bekommen, hab vielen Dank dafür mein Kind, sie haben mir viel Freude gemacht. Wir werden uns, wenn wir wieder beisammen sind, doch auch noch viel zu sagen und zu erzählen haben, denn so gut wie mündlich geht es schließlich in Briefchen doch nicht. Für heut leb herzlich wohl, mein Schatz, es umarmt Dich von Herzen Dein Max
5 Marie Schnitger, Marianne Webers Tante in Lemgo. Zum geplanten Besuch Marianne Webers vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 536 mit Anm. 2.
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Marianne Weber 13. August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Auf der dritten Briefseite ist ein Halbsatz mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen (zu dieser Streichung ebd., oben, S. 520 f.).
Constanz 13. VIII. 98 Liebes Schnauzele! Heut wird der Gruß wohl etwas kurz ausfallen, denn meine Tageseinteilung ist durch die Verlegung der Zeit für das Elektrisieren etwas verschoben und da der Brief immer um dieselbe Zeit zur Post muß, damit er den einzigen anständigen Zug nach Heidelberg noch erreicht und das Schnäuzchen ihn Morgens bekommt, so bin ich heut etwas im Gedränge und werde mir wohl eine andre Stunde für das Schreiben aussuchen müssen. Es ist schier unglaublich, mit wie wenig man hier den Tag ausfüllt: neben den verschiedenen Manipulationen, die sie mit Einem vornehmen, kommt nur noch ein bischen Rudern und Spazierengehen und Herumfletzena neben dem Zeitungslesen und sehr wenigem sonstigem Lesen heraus. Die Existenz streift thatsächlich an das Vegetieren und ich bin nur begierig, wie man nachher sich wieder in eine menschenwürdige Lebensführung eingewöhnen soll. Nun das Behagen im eignen Heim und beim Schnäuzchen wird eben die größere Mobilität bringen denke ich. Ich bin mit meiner Sehnsucht und meinen Gedanken viel bei Dir, mein liebes Kleines, und hoffe recht, daß Du jetzt Ruhe hast, auch innerlich, und Kräfte sammelst, denn die wirst Du sicher nur allzu sehr brauchen. Wann wir in die in den maßgebenden Punkten normale Verfassung kommen, ist im Zeitpunkt eben doch recht fraglich, keinesfalls sogleich nach dem Wiederzusammentreffen, wie ich sicher bin, und Du wirst also viel viel Unruhe haben und dazu namentlich körperlich und nervös viel Kräfte brauchen. Nicht wahr, Du nimmst Brom, und auch Hämoglobin?1 Und hoffentlich gehst Du a Alternative Lesung: Herumflatzen 1 Zur Einnahme von Brom gegen ihre Schlafprobleme hatte Max Weber seiner Frau bereits im Brief vom 4. und 5. Aug. 1898, oben, S. 541, geraten. Mit Hämoglobin ist vermutlich
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nicht nach Lemgo, denn wenn Dir die Zeit an sich in Heidelberg auch vielleicht, der Gleichmäßigkeit des Lebens wegen, langsamer vergeht, so darfst Du doch solche Strapazenb jetzt wirklich eigentlich nicht auf Dich nehmen.2 Hoffentlich thut Dir die Arbeit auch dauernd so gute Dienste wie bisher, – aber nur Maß halten! 3 Dieser Tage gab mir Frl. Fernow einen Brief von Emmy,4 der recht resigniert, – sowohl in Bezug auf die Tante wie auf Anna5 –, aber sonst doch, wie mir schien, recht ruhig und auch, was sie selbst anlangt, beruhigend klang. Nur graust sie sich augenscheinlich vor dem Umzug,6 und das ist auch wirklich gräßlich. Mit Otto’s7 Hals scheint es immer noch nicht besonders gut zu gehen, er ist in Sylt. – Was mich anlangt, so scheint es mir nach wie vor, daß mein Befi nden langsam, – aber freilich langsam – sich gebessert hat. Alle einzelnen Erscheinungen sind zwar noch da, aber alle in abgemindertem Maße, der wechselnde Schlaf ist, wie ich schon schrieb, im Durchschnitt doch besser, die Beine leistungsfähiger, wennschon noch immer abnorm leicht ermüdet, der Druck unten am Rücken weniger fühlbar, meist gar nicht vorhanden, die Stimmung ganz ordentlich, nur immer etwas
b O: Strapatzen ein Eisenpräparat zur Behandlung von Anämie gemeint (zu Marianne Webers Anämie vgl. Max Webers Brief an Helene Weber vom 14. April 1898, oben, S. 482). 2 Zu Marianne Webers Bedenken bezüglich einer geplanten Reise zu ihren Tanten in Lemgo vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 536 mit Anm. 2. 3 Gemeint sind Marianne Webers Studien zum „Sozialismus bei Fichte und Marx“ (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 7. Aug. 1898, oben, S. 542–544, mit Editorischer Vorbemerkung). 4 Clara Fernow, die Gesellschaftsdame im „Konstanzer Hof“ war seit einem gemeinsamen Aufenthalt in Konstanz 1890 mit Max Webers Cousine Emmy Baumgarten näher bekannt (vgl. hierzu den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 525 mit Anm. 7). 5 Ida Baumgarten war seit langem schwer krank, dauerhaft pflegebedürftig und zunehmend geistig desorientiert. Ihre Tochter Anna, Emmys Schwester, litt seit Anfang des Jahres unter einer schweren psychischen Erkrankung (zu Anna Baumgartens Erkrankung vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 462). 6 1898 zogen Ida Baumgartens Töchter mit der Mutter innerhalb Stuttgarts von ihrer Wohnung in der Gänsheidestraße 108 in die Gänsheidestraße 66 um. In einem Brief an Helene Weber schilderte Emmy Baumgarten ihre neuerliche Wohnungssuche, ohne jedoch die Gründe des Umzugs zu nennen (Brieffragment von Emmy Baumgarten an Helene Weber, undat. [1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 7 Otto Baumgarten, Ida Baumgartens Sohn.
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schlapp. Ich will, cnachdem nun gestern der berühmte „Deubel“8 dagewesen istc , einmal einige Zeit abwarten, wie die Sache sich anläßt. In der Art der Behandlung soll nach Mülberger keine Änderung eintreten.9 Eben habe ich mich an Deinem lieben lebendigen und Gott sei Dank ganz fröhlichen Brief erfreut, mein Herz. Was Dir aber auch Alles auf den Kopf kommt – nun, Dein Vater wird sich ja nicht allzu lange aufgehalten haben, sonst wäre das auch wieder eine Strapazed gewesen, – der arme Kerl!10 Gut daß Du also wirklich nicht nach Lemgo gehst.11 – Oldenberg hat den Babeuf nur mündlich im Gespräch mir gegenüber als eine Quelle Fichte’s erwähnt.12 Ob F[ichte] aber wirklich den B[abeuf] gelesen und gekannt hat, wird sich wohl schwer feststellen lassen und scheint mir recht fraglich, trotz der Anklänge. Wichtiger ist jedenfalls die Anknüpfung an die Physiokraten, die wenigstens recht wahrscheinlich ist: die Lehre von den Volks-Klassen, vom Gelde, von der Güter-Circulation scheint mir eine solche an Quesnay13 und Turgot14 wahrscheinlich zu machen. Bei dem Zusammenarbeiten dachte ich egoistischer Weise auch an meine Sachen, und zwar nicht etwa wieder nur als Schreib-Sekretär
c In O mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen.
d O: Strapatze
8 Zum Begriff „Deubel“ vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529, Anm. 2. 9 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt. Seine Behandlung beschreibt Weber im Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 524 f. 10 Marianne Weber hatte von einem Überraschungsbesuch ihres Vaters Eduard Schnitger in Heidelberg berichtet und auch seinen nicht sonderlich guten Gesundheitszustand geschildert (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [11. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 11 Zum geplanten Besuch bei ihren Tanten in Lemgo und Marianne Webers Bedenken vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Aug. 1898, oben, S. 536 mit Anm. 2. Am 10. August hatte sie dann geschrieben, sie habe den Besuch abgesagt (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 12 Max Weber bezieht sich auf seine Literaturhinweise für Marianne Webers Arbeit über „Sozialismus bei Fichte und Marx“, die er ihr im Brief vom 7. Aug. 1898, oben, S. 543 f., gegeben hatte. Er hatte dort auch auf Karl Oldenbergs Einschätzung zum Einfluß Babeufs verwiesen (ebd., mit Anm. 9 und 10). 13 Der Hauptvertreter der französischen Physiokraten, François Quesnay (vgl. hierzu bereits den Brief an Marianne Weber vom 7. Aug. 1898, oben, S. 543 mit Anm. 3 und 8). 14 Anne Robert Jacques Turgot, der den Physiokraten nahestehende Generalkontrolleur der Finanzen unter Ludwig XVI.
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|:oder als Rechenmaschine:|.15 Ich muß an meine agrarpolitische Arbeit gehen, sobald ich gesund bin, und Schnäuzchen muß mir helfen.16 Jetzt muß ich in die Electrisierung! Leb daher wohl, es küßt Dich Dein Max
15 Zu Marianne Webers Rechentätigkeit für Max Weber im Jahr 1896 vgl. den Brief an Helene Weber vom 2. Mai 1896, oben, S. 195 mit Anm. 2. 16 Zu Max Webers geplanten agrarpolitischen Studien vgl. ausführlich Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39.
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13. August 1898
Marianne Weber [nach dem 13. August 1898; Konstanz] Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Der Verbleib des Originals ist nicht ermittelt. Datum und Ort sind erschlossen aus Max Webers Hinweis „Heut ein paar Bildchen“, in Verbindung mit dem Brief an Marianne Weber vom 10. August 1898, oben, S. 550, sowie Marianne Webers Brief an Max Weber, undat. [13. August 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446: Im Brief vom 10. August hatte Max Weber seiner Frau die Zusendung von Photographien des „Konstanzer Hofs“ und dessen Umgebung angekündigt, um ihr eine genauere Vorstellung zu ermöglichen. Marianne Weber schrieb daraufhin am 13. August 1898: „Bitte schicke mir ein paar Photographien, vor allem vom Konstanzer Hof u. dem was Du täglich siehst.“ Sie hatte demnach die Bilder zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhalten. Der Bildpostkarte mit dem Aufdruck „Constanzer Hafen“ und „Gruß aus Konstanz“ beigefügt hatte Max Weber drei eigenhändig beschriftete Photographien. Eine Photographie des Sees mit Dampfer beschriftete er mit Pfeil: „Nach dem Constanzer Hof“ [1]; ein Panoramabild von Konstanz desgleichen mit: „Garten des Constanzer Hofs“ [2], die Dritte, eine Ansicht des Konstanzer Hofs, ebenfalls mit Pfeil: „Constanzer Hof“ [3].
Liebes Schnauzele! Heut ein paara Bildchen. Morgen Abend mehr. Mir geht es ganz gut, ich habe stark geschlafen und bin daher etwas „dösig“, ich freue mich schon auf mein Schnäuzchens-Briefchen morgen früh oder Mittag. Mit herzlichem Kuß Dein Max
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bDies
ein Blick vom Constanzer Hafen aus auf das dem (links liegenden) Constanzer Hof gegenüberliegende Ufer. Das Gebirge liegt in viel weiterer Ferne. Der Blick ist deshalb nicht sehr ähnlich.b [1] cNach
10
dem Constanzer Hofc
dAuf diesem Teil des Sees rudere ich täglich, vom Constanzer Hof nach
der Ecke, die man auf dem Bild sieht, und um diese herum.d
a O: par b–b In O auf Motivseite. links. d–d In O rückseitig.
c In O auf Motivseite mit Pfeilmarkierung nach
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[2] eGarten
des Constanzer Hofse
fDies
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ein Teil des Bildes vom Const[anzer] Hof aus (nach rechts zu, nach links dehnt sich der See) – nur aus der Höhe (von einem Baum oder dergl. aus) genommenf [3] gConstanzer
Hofg
hDies
ein Blick von über Constanz (von der Kathedrale) aus nach dem Constanzer Hof zu. Rechts dehnt sich der Seeh
e In O auf Motivseite mit Pfeilmarkierung nach unten. auf Motivseite mit Pfeilmarkierung nach rechts unten.
f–f In O rückseitig. h–h In O rückseitig.
g In O
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Marianne Weber PSt 15. August 1898; PSt Konstanz Brieffragment; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum und Ort sind anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Der aus einem vierseitigen Bogen bestehende Brief ist nur fragmentarisch überliefert: Von den beiden ersten Seiten des Bogens sind jeweils nur die letzten drei Zeilen erhalten – der Rest dieser Briefseiten ist herausgeschnitten (vgl. dazu ebd., oben, S. 520 f.). Eine maschinenschriftliche Abschrift (GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 1, Bl. 72) gibt vom zerstörten Brieftext nur die Passage der ersten Seite (möglicherweise gekürzt) wieder. Sie wird im textkritischen Apparat mitgeteilt.
[. . .]zeßa deshalb verlor, weil er einen Eid, den er mit gutem Gewissen leisten konnte, nicht leisten wollte, da er „noch nie geschworen“ habe!1 [. . .] b Wir haben hier in den letzten Tagen sehr bedeutende Hitze gehabt, aber der See mildert Alles und ich wenigstens habe nicht darunter gelitten. Ich rudere täglich 2 Mal auf das Wasser hinaus und habe auch schon ein Plätzchen, – etwa ¾–1 Stunde zu rudern – ausfi ndig gemacht, wohin ich das Schnäuzchen, wenn es erst hier ist, ruderec und wo wir dann uns behaglich in den Waldesrand am Wasser hinlegen und träumen oder lesen können. Ausflüge habe ich, da es auf den Dampfern ganz barbarisch heiß ist, nicht gemacht: wenn etwas Wind kommt, werde ich segeln, wenn es überhaupt wieder etwas milder wird, nach Stein a. Rhein fahren. 2
a Briefanfang fehlt in O; in Abschrift geht voraus: Konstanz, den 15.8.98. Liebstes Schnäuzele! Auch diesmal nur einen kurzen Gruß auf Dein Blättchen. Da ich die Klage, die ich bekam, gleich beantwortet und dem Rechtsanwalt zugeschickt habe. Ich denke wir werden diesmal besser fahren als das letzte Mal gegen den Hauswirt, Berta [!] wird wieder als Zeugin heran müssen. Aber Du weißt ja, daß sie sich vor dem Schwören nicht fürchtet, wie manche andere Leute, z. B. Dein Großvater, der einmal einen Prozeß b Fehlt in O. c O: rudern 1 Wie aus der Abschrift hervorgeht, handelt es sich um die bereits erwähnte Klage der Heidelberger Wassergesellschaft wegen eines Wasserschadens in der Wohnung Max und Marianne Webers (vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 532 mit Anm. 16). Das Schreiben Max Webers an den Rechtsanwalt ist nicht nachgewiesen. Die weiteren erwähnten Sachverhalte, auch im Zusammenhang mit Marianne Webers Großvater Carl David Weber, sind nicht ermittelt. 2 Die Schweizer Gemeinde im Kanton Schaffhausen liegt am Abfluß des Rheins aus dem Untersee.
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Die Romanleserei habe ich ziemlich eingeschränkt. „Madame Bovary“ bekam mir nicht gut und fesselte mich auch trotz der großen Kunst nicht sehr.3 Ich lese statt dessen jetzt Wellhausen’s prachtvolle „Israëlitische Geschichte“,4 was mir auch das Fernbleiben von aller geistigen Arbeit besser ersetzt. Vielen Dank für die Zusendung der Briefe, der von Emmy entspricht ja ungefähr dem, was sie Frl. Fernow schrieb.5 – Das ist recht, mein Herz, daß Du spazieren gehst, thue es ja recht viel – und nimm nach Bedarf Brom und jedenfalls Hämoglobin.6 Grüße Benecke’s7 schönstens – ich muß in die Massage – und behalte weiter lieb Deinen Dich küssenden Max
3 Zu Max Webers Lektüre von Gustave Flauberts Roman „Madame Bovary“ vgl. den Brief an Marianne Weber vom 9. Aug. 1898, oben, S. 546 mit Anm. 7. 4 Wellhausen, Julius, Israelitische und jüdische Geschichte. – Berlin: Verlag Georg Reimer 1894. 5 Clara Fernow, Gesellschaftsdame des „Konstanzer Hofs“, war mit Emmy Baumgarten gut bekannt. Zum erwähnten Brief Emmy Baumgartens an Clara Fernow vgl. den Brief an Marianne Weber vom 13. Aug. 1898, oben, S. 553. 6 Dies hatte Max Weber seiner Frau zur Stärkung von Körper und Nerven bereits im Brief vom 13. Aug. 1898, oben, S. 552, empfohlen. 7 Emilie, Dora und Elfriede Benecke hielten sich schon einige Tage in Heidelberg auf, Ernst Wilhelm und Otto Benecke traf Marianne Weber dort am 16. August (Briefe von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898, sowie vom 18. Aug. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Marianne Weber [17.] August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber datierte den Brief auf den 16. August 1898. Im Brieftext betont er allerdings, er schreibe „Heute (Mittwoch)“ – dies war der 17. August 1898. Hinweise, daß der Brief an zwei aufeinanderfolgenden Tagen geschrieben wurde, finden sich nicht. Da Weber auf einen Brief Marianne Webers vom 15. [und 16.] August 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) reagierte und der überlieferte Briefumschlag ebenfalls den Poststempel vom 17. August 1898 trägt, kann es als sicher gelten, daß er sich bei der Angabe des Tagesdatums geirrt hat. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 17a / VIII 98 Liebstes Schnauzele Nun habe ich mich so sehr über Deine beiden eingehenden Briefe gefreut, die ja ganz frisch und vergnügt klangen,1 – und zum Dank bekommst Du wieder einmal nur einen kurzen, und auch den nicht zur rechten Zeit. Der Grund ist nur eine etwas schlechter geschlafene Nacht – nach mehreren recht guten – [,] die ich durch Morgenschlaf ergänzte und dadurch die Postzeit verpaßte. Dann begann die Tagestretmühle mit Elektrisieren, Massage pp. und nun ist es hohe Zeit, wenn Schnäuzchen morgen wenigstens im Lauf des Tags noch einen Gruß haben soll, geschwind ein paarb Zeilen aufs Papier zu bringen, auch wenn nicht viel darin steht. Gestern war ich per Dampfer nach Friedrichshafen an der württembergischenc Nordküste des Sees, der bekanntlich von fünf Staaten umrahmt wird, 2 um auf diese Weise am bequemsten mich etwas durchpusten und Luft schöpfen zu können. Allzu viel ist in dem Nest selbst nicht los, die 1½ Stunden Zeit, die ich hatte, lief ich am Ufer herum und aß schließlich in dem „Kurgarten“ zu Abend, 3 nur ist die Aussicht über a O: 16
b O: par
c O: würtembergischen
1 Direkt bezieht Max Weber sich nachfolgend auf Marianne Webers Brief vom 15. [und 16.] Aug. 1898 (wie Editorische Vorbemerkung). Gemeint ist möglicherweise außerdem ihr Brief vom 14. Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Neben der Schweiz und Österreich zählt Max Weber hierzu die an den See grenzenden deutschen Bundestaaten Baden, Württemberg und Bayern. 3 Friedrichshafen, die „lebhafte Handelsstadt“ hatte damals rund 3650 Einwohner (Baedeker, Karl, Süddeutschland. Oberrhein, Baden, Württemberg, Bayern und die angren-
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den See auf die Voralpen-Kette, wie schon vom Dampfboot aus, ganz famos. Dann kam auf der Rückfahrt das allmälige Heruntersinken der Sonne in den See mit gelblicher Dunstbeleuchtung und langsamer Sättigung der grünen Ufer mit den blaugrünen Abendfarben und das Aufsteigen der Abendnebel – das war wirklich sehr schön. Es war ein heißer Tag, aber es ist hier insofern schon herbstlich geworden, als es sich Nachts doch ziemlich bedeutend abkühlt, so daß es recht gut auszuhalten ist. Ich hatte Wellhausens israëlitische Geschichte4 mit, habe aber nicht sehr viel gelesen. Dasd Berliner Ereignis teilte mir Mama gleichzeitig per Postkarte mit, 5 ich habe Ernst per Postkarte gratuliert.6 Nun das ist ja ganz nett [,] daß es ein Mädchen ist, und daß es gut gehen würde stand ja bei Clara’s Constitution von Anfang an außer Zweifel. Ob wohl ane Alfred irgend etwas verlautet ist?7 – Die Geschichte mit Götte ist skandalös,8 ich kenne das sehr angenehme, stille Mädchen (die Tochter) 9 und sie thut mir sehr leid. Wie kann ein Frauenzimmer (die Frau)10 so etwas thun! man begreift das fast noch weniger wie den alten Ekel. – Der Aufenthalt hier ist übrigens bisher nicht teuer. Zimmer 2 Mk, Pension 5 Mk dazu – ich komme inclusive Medikamente |:Bäder etc etc.:| mit unter 70 Mk die Woche aus.f Besonders berechnet werden wird dann natürlich noch die ärztliche Behandlung, ich will mich ein-
d 〈Charlott〉
e Alternative Lesung: von
f 〈Bad〉
zenden Teile von Österreich. Handbuch für Reisende, 26. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1898, S. 106). Der Kursaal verfügte über eine Aussichtsterrasse am See. 4 Wellhausen, Julius, Israelitische und jüdische Geschichte. – Berlin: Verlag Georg Reimer 1894. Über diese Lektüre berichtete Max Weber bereits im Brief an Marianne Weber vom 15. Aug. 1898, oben, S. 559. 5 Am 13. August 1898 war das zweite Kind von Clara und Ernst Mommsen, ihre Tochter Helene, geboren worden. Im Brief vom 15. [und 16.] Aug. 1898 (wie Editorische Vorbemerkung) hatte Marianne Weber ihrem Mann von einer Karte Helene Webers berichtet, welche „die leichte u. glückliche Geburt eines dicken Mädelchens“ mitteilte. 6 Die Gratulationskarte ist nicht überliefert. 7 Alfred Weber absolvierte gerade eine zweimonatige Militärübung in Württemberg (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 25. Juli 1898, oben, S. 519, Anm. 2). 8 Im Brief an Max Weber vom 15. [und 16.] Aug. 1898 (wie Editorische Vorbemerkung) hatte Marianne Weber einen Skandal um den Rektor der Universität Straßburg, Alexander Wilhelm Goette, geschildert: Der 58jährige Zoologe hatte zum Entsetzen seiner Kinder ein Jahr nach dem Tod seiner Frau seine erst zwanzigjährige Assistentin Ida Peters geheiratet. 9 Marie Goette, eine Freundin von Dora Benecke (vgl. ebd.). 10 Ida Peters.
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mal bei „Stammgästen“ erkundigen, wie es damit steht. Sie wird bei mir, da ich täglich beim Arzt bin, teuer sein. Es beginnt jetzt hier etwas leerer zu werden, Ende des Monats wird die Abnahme, namentlich des männlichen Geschlechts, wohl schon ziemlich fühlbar sein und das ist ganz angenehm. Man hat kein so böses Gewissen, wenn man den Arzt tribuliert.11 Mülberger12 ist nach wie vor liebenswürdig und angenehm. Mit mir muß jetzt einfach eine Weile der Verlauf abgewartet werden, subjektiv befi nde ich mich ganz gut, auch bin ich gegen schlechten Schlaf z. B. jetzt widerstandsfähiger als vor 2 Wochen. Heute (Mittwoch) beginnt die 4 te Woche der systematischen Behandlung. Nun, hoffen wir das Beste! Wie prachtvoll, wenn wir erst einmal wieder beisammen sein dürfen! Grüß bitte Beneckes herzlichst von mir, und bring sie doch auf andre Themata als die ewigen Baby’s.13 In herzlicher Umarmung küßt Dich Dein Max
11 Lat. für: plagen, quälen. 12 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt. 13 Die Familie Benecke hielt sich gerade in Heidelberg auf. Nach einem Besuch hatte Marianne Weber beklagt, „wenn die gute Tante u. auch Dora nur nicht immer von den Kindern sprächen“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 15. [und 16.] Aug. 1898, wie Editorische Vorbemerkung).
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Marianne Weber 19. August 1898; Konstanz Brieffragment; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der aus einem vierseitigen Bogen bestehende Brief liegt nur fragmentarisch vor. Aus der ersten und zweiten Seite ist jeweils fast ein Drittel herausgeschnitten, ebenso eine mehrzeilige Textpassage jeweils auf Seite drei und vier (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.). Eine maschinenschriftliche Abschrift (GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 1, Bl. 74) gibt nur die erste der herausgeschnittenen Passagen (möglicherweise gekürzt) wieder. Sie wird im textkritischen Apparat mitgeteilt. Der Brief schließt an die frühere Korrespondenz zur Frage einer weiteren räumlichen Trennung des Ehepaars Weber an (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 4. und 5. August 1898, oben, S. 539–541, mit Editorischer Vorbemerkung). Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.
Constanz 19 / VIII 98 Liebstes Schnauzele!
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Es ist möglich, daß ich Dir schon sehr bald schreibe Du möchtest kommen, aber nur möglich, – Mülberger1 ist in erster Linie der Ansicht und hält es für besser, wenn es sich machen ließe, daß Du erst in einigen Wochen – ca 3 – kämst. Sie möchten gern erst die sexuelle Neurasthenie beseitigt haben. Zeigt sich aber, und das scheint fast wahrscheinlicher, daß das nicht geht, weil ihre Besserung Sache zu lan[. . .] a Zeichen, wenn wir Dich nicht brauchen, mein kleine Herzele, aber ich glaube fest, ohne Dich geht es, trotz mancher Einzelfortschritte, im Ganzen doch nicht weiter. Mach Dich also auf Alles gefaßt, aber sei nicht betrübt, wenn es etwa doch nicht sein sollte.2 a Fehlt in O; in Abschrift: langer Zeit ist, und den psychischen Rückhalt an Dir nicht entbehren kann, dann sollst Du eben, zur Gesellschaft her. Es ist also eigentlich ein besseres 1 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt in Konstanz. 2 Im zweiten (am Samstag, dem 20. August geschriebenen) Teil ihres Briefes vom 19. [und 20.] Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) antwortete Marianne Weber „in gelinder Raserei über die Theorien der Ärzte“ auf Max Webers Zwischenbericht: Sie rechne nicht damit, daß die sexuelle Neurasthenie sich in drei Wochen wegkurieren lasse und fügte hinzu: „Diese Medikamente sind mir außerdem widerlich – sie wollen eben partout die Sache fortforcieren, u. denken, weil Du sonst ein so kräftiger Kerl bist, u. keinen nervösen Eindruck machst – diese sexuelle Schwäche muß sich à tout prix durch ‚Mittel‘ vertreiben lassen“ (ebd.). Die sexuelle Neurasthenie war ihrer Überzeugung nach die Folge nervöser Angegriffenheit und würde erst mit dieser zusammen ver-
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Wenn Du kommst, so bring mir bitte Herrn Goldschmidts Arbeit mit; wenn noch nicht jetzt, so kann ich doch vielleicht in einigen Wochen dieb paarc Streichungen vornehmen, die darin zu machen sind, ehe sie druckreif ist. 3 – Auch hier ist jetzt eine knallige Hitze, zum Glück ebenfalls mit Nacht-Abkühlungen. Ich schlafe sehr ungleichmäßig, vorgestern Nacht sehr viel, gestern Nacht einmal wieder höchst mangelhaft, ohne weiteres Motiv, ganz wie zu Hau[. . .] d Bad – viel mehr können sie, glaube ich, nicht mit Einem anfangen. [. . .] e muß abwarten. Die ganze Sache ist eben ziemlich complicierter Natur und nicht so einfach wegzukurieren. Mein subjektives Befi nden ist dabei im Ganzen nicht schlecht, nur etwas abgespannt und weder sehr schreibens- noch sehr lesenslustig. In den Zeitungen ist ja nun, nachdem die Saure-Gurken-Zeit endgültig angebrochen ist, auch gar nichts Lesenswerthes mehr los und „M me Bovary“ war in der That, wie Du vermutest, zu unanständig für meine jetzigen Kräfte.4 Ich komme nur Nachmittags etwas zu Wellhausen.5 Was wir wohl lesen, wenn Schnäuzchen hier ist? Mein Aussehen würdest Du wohl unverändert fi nden, ich habe eher etwas zugenommen, aber jedenfalls auch [. . .] f Schnäuzchen wird später ihr Milch-Budget stark steigern müssen.6 Sonst mein Kleines ist
b Unsichere Lesung. c O: par d Fehlt in O; in Abschrift: „Hause. Dabei nehme ich ständig Brom . . .“ Auslassungszeichen in Abschrift. e Fehlt in O. f Fehlt in O. schwinden. Daß ein Zusammensein mit ihr durchaus nicht schädlich zu sein brauche, könne man außerdem an den ganzen Jahren ihrer Ehe ersehen, „wo Du sexuell nicht affiziert wurdest, weil Du eben sonst nervös gesund warst“ (ebd.). 3 Es handelt sich um die von Max Weber betreute Dissertation von Salli Goldschmidt zur Landarbeiterfrage, die 1899 erschien (Goldschmidt, Landarbeiter). Vgl. hierzu den Brief an Marianne Weber vom 9. Aug. 1898, oben, S. 548, sowie den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, unten, S. 579–581 mit Anm. 9. 4 Zu Max Webers Lektüre von Gustave Flauberts „Madame Bovary“ vgl. den Brief an Marianne Weber vom 9. Aug. 1898, oben, S. 546 (mit Anm. 7). Auf seine letzte Bemerkung zu Flauberts Roman (ebd.) hatte Marianne Weber scherzhaft geantwortet: „Also Madame Bovary bekam Dir schlecht, ja, ja das war wohl zu unanständig, es ist doch besser, wenn Schnäuzchen darauf hin erst Deine Lektüre prüft“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 15. [und 16.] Aug. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Wellhausen, Julius, Israelitische und jüdische Geschichte. – Berlin: Verlag Georg Reimer 1894. Zu dieser Lektüre äußerte sich Max Weber bereits im Brief an Marianne Weber vom 15. Aug. 1898, oben, S. 559. 6 Wie Max Weber seiner Frau bereits am 10. Aug. 1898, oben, S. 550, berichtet hatte, trank er in Konstanz täglich bis zu drei Liter Milch.
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heute auch von hier nichts zu erzählen, die Leute erliegen fast unter der Hitze, die mich wie gesagt nicht so sehr anficht, aber doch wohl auch etwas matter macht. Sei deshalb herzlich geküßt von Deinem Max
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Marianne Weber 21. August PSt 1898; Konstanz Brieffragment; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Der Brief liegt nur fragmentarisch vor: Aus allen vier Seiten ist eine mehrzeilige Passage herausgeschnitten (dazu ebd., oben, S. 520 f.). Eine maschinenschriftliche Abschrift (GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 1, Bl. 74 f.) liegt vor, sie enthält allerdings – nicht immer gekennzeichnete – Auslassungen. Ergänzende Passagen der Abschrift werden im textkritischen Apparat mitgeteilt.
Constanz 21. VIII. Liebstes Schnauzele! Das ist ja nett, daß Du in so eine „wissenschaftliche“ Correspondenz hineinkommst,1 ich werde heu[. . .] a Brief, der wie immer [. . .] b Morgens nach einer einmal wieder nicht sehr glänzenden Nacht gut aufgekratzt hat. Die „Einpackungen“ scheinen in der That nicht sehr bekömmlich, sie haben den Zweck den Stoffwechsel anzuregen, man schwitzt infolge dessen enorm; aber sie regen gleichzeitig auch die Sexualität an und stören dadurch den Schlaf, so daß große Schlafpausen eintreten und ich erst des Morgens defi nitiv in einen tiefen traumlosen Schlaf verfalle. Ich will nun morgen noch einmal mit Mülberger, 2 der ganz natürlicherweise hinter meinem fortgesetzten Tribulieren3 nur Ungeduld wittert, ausführlich sprechen, – spätestens Übermorgen, falls ich ihn bei der noch immer [. . .] c und der Allgemein-Zustand mag diese Erkrankung ursprünglich mit bewirkt haben und beeinflußt sie, wenn er schlecht ist, ungünstig, aber meist ist der Zusammenhang der Umgekehrte. Dies geht namentlich daraus hervor, daß die Erregungen stoßweise mit Intervallen ohne alle Beziehung zum sonstigen Befi nden a Fehlt in O; in Abschrift: heute Nachmittag Eure Auseinandersetzung miteinander lesen, und mich gewiß wieder an meinem Schnäuzchen erfreuen. Für jetzt habe vielen Dank für Deinen lieben ausführlichen b Fehlt in O; in Abschrift: mich c Fehlt in O; in Abschrift folgt vor: „und der Allgemein-Zustand“: Das ist zweifellos, daß es sich um Funktionsstörungen lokaler Art handelt 1 Gemeint ist ein Briefwechsel zwischen Marianne Weber und dem mit ihr befreundeten Verleger Richard Knittel über Ethik und Ästhetik, vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 23. Aug. 1898, unten, S. 570 mit Anm. 3. 2 Friedrich Mülberger, Max Webers behandelnder Arzt. 3 Lat. für: Plagen, Quälen.
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auftreten. Das Fremdartige und den Ärzten ebenfalls Auffällige ist nur, daß gesteigertes Allgemeinbefi nden, gesteigerter Stoffwechsel etc., die Erregung steigert, statt den Nerv zu beruhigen. Dies wollen sie so durchaus nicht glauben und probieren immer wieder durch Steigerung des Stoffwechsels etc. – wie dies schon Kußmaul4 in anderer Weise versuchte – der Sache beizukommen [. . .] d wirksamere Mittel aber thun gut [. . .] e ihnen nun diese meine Meinung auseinandersetzen und sie zu überzeugen suchen, dann wollen wir sehen [,] was sie machen. Bleibe also so geduldig, wie jetzt, mein herziges Schnäuzchen, es muß eben bei nervösen Sachen immer erst individuell experimentiert werden, wie die einzelnen Mittel auf den Einzelnen wirken. Hier ist jetzt eine ganz knuffige Hitze, der See bleiern, der Himmel weißlich-blau, die Luft unbewegt, Menschen und Thiere schlapp und faul. Auch ich denke jetzt oft an Spanien, – natürlich war ich damals schon stark nervös affi ziert, auch das „Fieber“f in Barcelona war sexuell gefärbt.5 Es müßte jetzt wirklich schön im Hochgebirge sein, aber ich fürchte auch, es wird [. . .] g werden. Nun – es läßt sich ja über die [. . .] h den See und die Dämmerung, ein in seiner Art ganz großartiges Schauspiel. Grüße Beneckes vielmals6 und sei Du selbst herzlich geküßt und für Deine lieben Briefe nochmals bedankt von Deinem Max
d Fehlt in O. e Fehlt in O; in Abschrift folgt vor: „ihnen nun“: Ich muß f Unsichere Lesung. g Fehlt in O; in Abschrift: zu spät auf die Berge h Fehlt in O; in Abschrift: Zeiteinteilung noch gar nichts sagen, bis wir klarer sehen [ , ] was hier weiter wird. Gestern Abend erleuchtete ein gewaltiger Brand auf einer der gegenüber liegenden Höhen 4 Adolf Kußmaul, Max Webers Arzt in Heidelberg, der ihn nach Konstanz überwiesen hatte. 5 Max Webers Erkrankung während des letzten Teils der Reise nach Südfrankreich und Spanien 1897 ist in den überlieferten Reisebriefen (oben, S. 385–447) nicht dokumentiert. 6 Die Straßburger Verwandten Emilie und Ernst Wilhelm Benecke hielten sich mit ihrer Familie gerade in Heidelberg auf (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Max Weber vom 10. [Aug.] 1898, vom 15. [und 16.], sowie vom 18. Aug. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Paul Siebeck [23.] August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Antwortschreiben der Vertreter Paul Siebecks, G. Zapf und Richard Pflug, vom 24. August 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Bezug: Brief von Paul Siebeck vom 6. August 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Darin hatte Siebeck, wie von Max Weber gewünscht (Brief vom 30. Juli 1898, oben, S. 527 f.), seine Vorstellungen hinsichtlich des Abschlusses eines neuen Verlagsvertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erläutert. Darüber hinaus fügte Siebeck seinem Brief ein Schreiben von Walther Borgius hinzu, in dem dieser sich mit der Aufteilung seiner Dissertation auf zwei Hefte der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ einverstanden erklärte. Siebeck fragte nunmehr Max Weber nach seinem Einverständnis.
Constanz Constanzer Hof 2[3]. VIII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Ich beantworte heute nur die Angelegenheit betr. Borgius1 und komme auf Ihre Wünsche betr. die Vertrags-Änderungen demnächst zurück.2 Ich halte die Teilung von B[orgius] nach wie vor für entschieden nachteilig, aber wenn Sie anderer Meinung sind, sträube ich mich nicht, vorausgesetzt [,] daß dann beide Hefte zugleich erscheinen. Das eine könnte: „Geschichte des Mannheimer Getreidehandels“, das andere „Der gegenwärtigea Zustand des M.er Getreidehandels“ heißen. 3 Die Größe der beiden wäre eine ziemlich verschiedene1) . Im Prospekt ließe sich die Teilung allenfalls damit motivieren, daß Heft 2 auch von Manchen gekauft werden könnte, die Heft 1 weniger interessiert. Aber wie
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Die Anlagen gehören so viel ich mich entsinne, alle zu dem etwaigen Heft I.4 a 〈Stand〉 1 Gemeint ist: Borgius, Mannheim I, II. 2 Vgl. den Brief vom 12. Sept. 1898, unten, S. 579–581. 3 Beide Hefte erschienen 1899 unter den von Max Weber vorgeschlagenen Titeln, aber unter einem gemeinsamen Obertitel. Vgl. Borgius, Mannheim I, II. 4 Heft 1 enthielt Anlagen im Umfang von 70 Seiten; Heft 2 beinhaltete nur 9 Seiten Anlagen. Vgl. Borgius, Mannheim I, S. 166–236, und Borgius, Mannheim II, S. 113–122. Heft 1 war mit 236 Seiten deutlich umfangreicher als Heft 2 mit 122 Seiten.
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gesagt, gut nimmt sich die Teilung nicht aus. Ich habe jetzt nur das Interesse, daß dies Buch, mit dem ich unsägliche Arbeit und dannb unglaublichen Ärger zu erleben hatte, so daß ich wohl sagen kann: es enthält ein Stück meiner Gesundheit – nun endlich erscheint. Ich hafte dem Autor dafür, daß er in den „Abhandlungen“ zu den bisherigen Bedingungen Aufnahme fi ndet. Was jetzt noch an Tabellen darin ist, 5 kann ja doch aber wirklich kein Übermaß sein. Mit bester Empfehlung und ergebenstem Gruß Ihr Max Weber
b Unsichere Lesung. 5 Unter den Anlagen von Heft 1 (vgl. Anm. 4) befanden sich auch eine Reihe von Tabellen zur Getreidepreisentwicklung (Borgius I, S. 231–236).
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Marianne Weber 23. August PSt 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Auf der letzten Briefseite des Originals ist ein Halbsatz mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen (vgl. dazu ebd., oben, S. 520 f.).
Constanz 23. VIII. Liebes Schnauzele Dein Briefchen ist noch nicht da, wahrscheinlich weil auch mein letztes Dich erst – infolge des Sonntags – später als sonst erreicht hat.1 Hoffentlich bringt es wieder so nette und fröhliche Nachricht, wie das letzte, was ganz lustig klang.2 Deine Controverse mit Herrn Knittel habe ich mit Interesse und Plaisir gelesen, ob er Dir wohl noch einmal antworten wird? Große Klarheit zeichnet seine Betrachtungsweise nicht aus, auch ist die Art zu schreiben und zu denken etwas journalistisch. 3 Hier geht Alles seinen alten Gang weiter. Ich habe mich gelegentlich mit Frl. Fernow sehr gut unterhalten, die mit Emmy intim befreundet ist.4 Sie klagt sehr über Dr Fischers5 Fortsein, mit dem sie wirklich zusammengearbeitet habe, da er nicht nur Arzt sei, sondern auch menschlich so intensiv mit seinen Kranken gelebt und ihnen nachempfunden habe. Daran, daß er dies zu viel gethan, Alles mitgetragen und -gefühlt
1 Der Brief an Marianne Weber von Sonntag, dem 21. Aug. 1898, oben, S. 566 f. 2 Der letzte Brief Marianne Webers an Max Weber datiert ebenfalls vom 21. Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Ob Max Weber sich auf diesen bezieht ist unklar, denn er beinhaltet nicht zuletzt Marianne Webers wachsende Ungeduld über die anhaltende Trennung. Gemeint ist möglicherweise Marianne Webers Brief vom 19. [und 20.] Aug. 1898 (wie Anm. 3). 3 Max Weber bezieht sich auf den Briefwechsel zwischen Marianne Weber und dem mit ihr befreundeten Verleger Richard Knittel, in dem sie über Søren Kierkegaards: Entweder – Oder. Ein Lebensfragment, hg. von Victor Eremita. – Leipzig: Richter 1885, und das Verhältnis von Ethik und Ästhetik diskutierten. Sie hatte darüber in ihrem Brief vom 19. [und 20.] Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) berichtet und die Korrespondenz beigelegt. 4 Max Webers Cousine Emmy Baumgarten hatte Clara Fernow während eines Aufenthalts im Konstanzer Sanatorium 1890 kennengelernt (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 525 mit Anm. 7). 5 Dr. Georg Fischer, der Gründer und ärztliche Vorstand des „Konstanzer Hofs“.
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habe, sei er gesundheitlich gescheitert.6 Dr Mülberger7 hat ein weit glücklicheres Temperament – ist ihm als Arzt wohl auch mindestens gewachsen – seine gleichmäßige Ruhe wirkt gradezu suggestiv auf Nervenkranke ein, er wird nie heftig und unruhig. Aber das ungeheure Maß von Eifer wie Fischer habe er, meint sie, eben deshalb natürlich nicht, und für sie ist es ein Nebeneinandergehen bei aller Anerkennung der Tüchtigkeit gegenseitig. Sie klagte mehr über ihren Beruf als ich erwartet habe. Die Persönlichkeiten, denen sie – was doch den einzigen Reiz bilde – menschlich etwas sein könne, seien sehr selten, im Übrigen müsse sie sich entsetzlich zersplittern, könne nirgends etwas Ganzes thun, – und offenbar lohnt es sich bei 9 /10 aller der Frauen auch wirklich nicht, daß eine so fein empfi ndende Persönlichkeit ihr Bestes an Kraft und Herz für sie hingiebt. Dieser Tage war Wildermuth einen Nachmittag zum Besuch bei einem der Assistenten und ich konnte ihn einen Augenblick sprechen. Er äußerte sich sehr pessimistisch über die Lage in Stuttgart.8 Ein Rückgang bei der Tante sei nicht zu erwarten. Das körperliche Leiden sei besser, die Verworrenheit aber nehme zu.9 Mit Anna gehe es offenbar schlechter,10 und wie Emmy11 das Alles tragen solle, sei schwer zu 6 Aufgrund seiner eigenen Erkrankung geriet der „Konstanzer Hof“ in den folgenden Jahren in eine Krise, die Georg Fischer schließlich zur Schließung des Sanatoriums zwang (vgl. Faulstich, Heinz, Zwischen Staatsanstalt und Lokalversorgung. Zur Unterbringung der Konstanzer Geisteskranken im 19. Jahrhundert. – Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2007, S. 146). Der genaue Zeitpunkt der Schließung (zwischen Mitte 1901 und Herbst 1902) ist nicht mehr zu ermitteln (Schlegel, Claudia, Das Sanatorium Konstanzer Hof (Büdingen), BA-Arbeit im Fach Geschichte, Universität Konstanz 2007, S. 18). 7 Friedrich Mülberger, der zweite Oberarzt und Max Webers behandelnder Arzt im „Konstanzer Hof“. 8 Hermann Adalbert Wildermuth war der ärztliche Leiter der Stuttgarter Privatklinik für Nervenkranke „Ottilienhaus“. Er war mit Emmy und Anna Baumgartens Krankheitsgeschichte vertraut und behandelte auch die schwerkranke Ida Baumgarten (Brief von Emmy Baumgarten an Helene Weber vom 3. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 9 Ida Baumgarten war nach ihrer Erkrankung im Vorjahr dauerhaft pflegebedürftig und geistig zunehmend desorientiert. Ihre Tochter Emmy pflegte sie in Stuttgart (vgl. den Brief an Helene Weber vom 17. Okt. 1897, oben, S. 449 f., sowie die Briefe an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 463 (mit Anm. 5) und an Emilie Benecke vom 13. Mai 1898, oben, S. 485 (mit Anm. 2). 10 Anna Baumgarten, Max Webers Cousine. Zu ihrer schweren psychischen Erkrankung und deren Verlauf vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 462. 11 Emmy Baumgarten.
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sagen. Dazu vor Allem noch der bevorstehende Umzug, zu dem freilich Fritz kommt,12 aber ob der für Emmy die richtige Hülfe ist? Mir will es fast zweifelhaft scheinen. Aber zu machen ist ja nichts. – Ich will der Mama dieser Tage davon erzählen. Nachdem der „Deubel“13 nun 8 Tage ausgeblieben war, ist er letzte Nacht wieder einmal aufgetaucht – ich muß nun doch Mülberger, den man nur etwas schwer zu sprechen bekommt, ernstlich auf das Fell rükken; der alte Schlendrian vom Frühjahr darf nicht wieder beginnen. Sonst geht es mir im Ganzen nicht schlecht, freilich enthalte ich mich auch aller Anstrengungen körperlicher wie geistiger Art. Ich werde ihm nun vorhalten, daß die psychischen Momente offenbar doch das Dominierende bei der Sache sind, adie Hinlenkung des Reizes auf ein normales Objekt, – was er theoretisch auch nie bestritt, praktisch aber immer „Abwarten“! predigt.a Bleib mir gesund und froh, mein liebstes Herz, und sei herzlich umarmt und geküßt von Deinem Max
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b Oldenberg
hat die Anlehnung Fichtes an Babeuf mir mündlich behauptet, sonst nirgends. Du fragtest neulich darnach und ich vergaß die Antwort.b14
a–a In O mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen.
b–b Nachtrag in O am Briefkopf.
12 Fritz Baumgarten, Emmy und Anna Baumgartens Bruder. Zum bevorstehenden Umzug vgl. den Brief an Marianne Weber vom 13. Aug. 1898, oben, S. 553 (mit Anm. 6). 13 Umschreibung für Max Webers nächtliche Pollutionen (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529, Anm. 2). 14 Max Weber bezieht sich auf seine Literaturhinweise für Marianne Webers Arbeit über „Sozialismus bei Fichte und Marx“ im Brief vom 7. Aug. 1898, oben, S. 543 f. Dort hatte er auf Karl Oldenbergs These über Bezüge zwischen Fichte und Babeuf verwiesen. Die Antwort hatte er Marianne Weber schon im Brief vom 13. Aug. 1898, oben, S. 554, mitgeteilt.
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Marianne Weber 24. August 1898; Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f. Auf der ersten Briefseite ist ein Halbsatz mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen (dazu ebd., oben, S. 520 f.). Max Weber knüpft an die in den Briefen an Marianne Weber vom 4. und 5. August, sowie vom 19. August 1898, oben, S. 539–541 und 563–565, thematisierte Frage an, wie lange die therapeutisch angeratene räumliche Trennung von seiner Frau noch sinnvoll sei. Im Brief vom 21. August 1898, oben, S. 566, sowie zuletzt am 23. August 1898, oben, S. 572, hatte er ihr ein nochmaliges Gespräch mit dem behandelnden Arzt Friedrich Mülberger angekündigt. Marianne Weber, die bereits zuvor deutlichen Unmut und Zweifel am Sinn einer weiteren Trennung geäußert hatte (im Brief an Max Weber vom 19. [und 20.] August 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), schrieb ihm ihrerseits am 21. August 1898: „Wenn Dein morgiger Brief wieder, worauf ich gefaßt bin, sagt, daß ich noch nicht kommen soll, dann dekretiere ich – ‚gut‘, aber an dem Tage wo Du Deine 7. Kurwoche anfängst, also Mittwoch in 2 Wochen setze ich mich ohne Gnade morgens um 9 auf den Zug und bin nachmittags um 5 in Konstanz. [. . .] Und Onkel Mülberger darf sich meinetwegen auf den Kopf stellen [. . .]. Na, hoffentlich braucht diese fürchterliche Drohung nicht in Scene gesetzt zu werden“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 21. August 1898, ebd.).
Constz 24. VIII. 98 Liebstes Schnauzele!
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Du sollst nun also – wenn Du mich nicht ganz satt hast – Anfang nächster Woche kommen, – „zur Gesellschaft“ und weil es offenbar doch keinen Zweck hat uns länger zu trennen, denn das [,] was Mülberger wollte: – das vollständige a„Schweigen“ des Sexualsystems – wird doch nicht erzielta , das scheint offenbar, – es tritt wahrscheinlich erst mit dem Wechsel der Jahreszeit in Gestalt eines Abspannungs-Rückschlags ein. Also liebes Herz komm zu mir. Wie es mit dem Unterkommen hier ist, will ich einmal sehen, es ist noch sehr voll, vielleicht schlafen wir in 2 sehr kleinen Zimmern neben einander, ich glaube jetzt ist nichts Anderes frei, Anfang kommenden Monats wird das wohl anders werden, da gehen so viel ich weiß viele. – Bitte bring mir wie ich schon bat Herrn Goldschmidts Arbeit mit,1 fernerb Dein Collegheft über Praktische Nat[ional-] Ök[onomie], ich a In O mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen.
b 〈von meinem〉
1 Max Weber hatte Marianne Weber bereits am 19. August 1898, oben, S. 564, gebeten,
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will den Anfang umändern2 – dann sind wir in der Zeit ganz ungebunden. Wüßte ich nur[,] was wir Ernstes lesen sollen. Ich habe die letzte Nacht gewaltig geschlafen, ebenso gestern und heut am Tage, und es geht mir ganz ordentlich [.] Hoffentlich bessert sich das Wetter, d. h. die Abkühlung durch den Regen ist ein Segen, aber etwas trockener könnte es wieder werden, damit wir nicht an das Haus gebannt sind. Für heut leb wohl, ich schreibe morgen Abend oder übermorgen spät noch einmal. Es küßt Dich herzlich in Sehnsucht Dein Max
ihm das Dissertationsmanuskript von Salli Goldschmidt zur Landarbeiterfrage mitzubringen. 2 Die Vorlesung „Praktische Nationalökonomie“ (MWG III/2) hatte Max Weber bereits im Wintersemester 1897/98 gehalten; er plante, sie im kommenden Wintersemester 1898/99 in abgewandelter Form zu präsentieren (vgl. MWG III/1, Einleitung, S. 57 f. und 60 f.). Marianne Weber hatte sie im vorausgehenden Wintersemester gehört (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [6. Nov. 1897], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und offenbar eine Mit- oder Nachschrift angefertigt. Deren Verbleib ist nicht ermittelt.
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Marianne Weber PSt 26. August 1898; PSt Konstanz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt erschlossen (zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.). Auf der zweiten und dritten Briefseite des Originals sind zwei Sätze mit anderer (blauer) Tinte durchgestrichen (dazu ebd., oben, S. 520 f.). Auf Max Webers Nachricht, daß ihrem Kommen nach Konstanz nun nichts mehr im Wege stehe (im Brief vom 24. August 1898, oben, S. 573), teilte ihm Marianne Weber ihre große Freude und die Absicht mit, am Montag (dem 29. August) anzureisen. Sie fügte hinzu: „– schreibe mir aber nicht wieder ab, sonst kann ich’s diesmal nicht ertragen!“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [25. August 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Liebes Schnäuzchen!
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Nein, ich schreibe Dir gewiß nicht wieder ab und freue mich, daß wir nun zusammen kommen. Ob es freilich für Dich so arg behaglich hier werden wird? Das ist mir nicht ganz so sicher; auch bin ich einen so großena Teil des Tages „beschäftigt“, so daß Du wohl ziemlich viel Dir überlassen sein wirst. Wir wollen denke ich mit Treitschke Band Ib anfangen.1 Das Zimmer wird zunächst nicht sehr behaglich sein, es müssen erst einige Leute abreisen, der Verwalter2 weiß noch nicht recht, wie und wo er Dich unterbringt. Aber schließlich sind das ja doch Nebensachen, wir wollen, wenn das Wetter gut ist, es uns doch immer einen Teil des Tages behaglich machen. Vielleicht mußt Du auch zuerst mit mir an den großen gemeinsamen Tisch; 3 sobald einige Familien abreisen, nehmen wir dann ein kleines Tischchen. Vielleicht kannst Du neben Frl. Fernow,4 ich Dir gegenüber, kommen. a 〈Tag〉
b 2>I
1 Gemeint ist Treitschke, Heinrich von, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Erster Theil: Bis zum zweiten Pariser Frieden. – Leipzig: Verlag von S. Hirzel 1879. In ihrem Brief an Max Weber vom 24. Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Marianne Weber vorgeschlagen, nach ihrer Ankunft in Konstanz zusammen Treitschke zu lesen und gefragt, welchen Band sie bestellen solle. 2 Verwalter des „Konstanzer Hofs“ war im Jahr 1898 ein Herr Mattenklott (schriftliche Auskunft des Stadtarchivs Konstanz vom 24. Juli 2013). Näheres ist über ihn nicht bekannt. 3 Die Mahlzeiten wurden im „Konstanzer Hof“ an drei großen Tafeln gemeinsam eingenommen (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 522). 4 Clara Fernow, die Gesellschaftsdame im „Konstanzer Hof“.
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Gestern haben sie mich hypnotisiert. Brauchst aber nicht zu denken, daß sie mir suggerieren wollen, wie niedlich das Schnäuzchen sei – cnur gegen die Reizungen und die damit verknüpften psychischen Erscheinungen und Phantasien.c5 Die erste Hypnose gelingt meist nicht ganz, ich war nur halb dämmerig, aber die physisch-nervöse Einwirkung ist sehr stark. Ich schlief die ganzen letzten Nächte ganz gut, immer ca 7 Stunden, dazu auch am Tage. Etwas angreifend sind die Hypnosen im Anfang, deshalb wirst Du mich Montag vielleicht etwas müde fi nden, aber das hat nichts zu sagen.6 – Nun wollen wir einmal sehen wie es nun weiter wird. dVorerst scheint bei mir doch thatsächlich das Sexualsystem sich nichte beruhigen zu wollen, so daß das „Ideal“ in erheblicher Ferne steht, – das schadet ja nichts.d – Wie es im Winter mit Gesellschaften u. dgl. werden wird, ist natürlich noch eine recht problematische Sache, – aber auch das sind ja spätere Sorgen. Die Abzüge bringe mir bitte mit.7 – Ich habe in letzter Zeit gar keine Partien mehr gemacht, weil ich Alles ließ, bis Schnäuzchen auch da sein würde; nun wollen wir loslegen. Das Wetter scheint doch wieder schön zu werden [.]
c–c In O mit anderer (blauer Tinte) durchgestrichen. Tinte durchgestrichen. e Alternative Lesung: mehr
d–d In O mit anderer (blauer)
5 Zu belastenden Traumvorstellungen Max Webers vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529, Anm. 2. In der Wiedergabe eines ausführlichen Gesprächs mit Max Webers Konstanzer Arzt erwähnt Marianne Weber, daß Dr. Mülberger „in der Beurteilung von Maxens Zustand die krankhafte o. ‚perverse‘ Anlage, die sich ja in den Studentenjahren in eigentümlichen Phantasien geäußert hat[,] in den Vordergrund“ stelle, während ihrer Ansicht nach „diese krankhaften Erscheinungen doch erst Folge der moralischen Selbstüberwindung waren“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 4. [und 5.] Sept. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 6 Marianne Weber beunruhigte diese Schilderung von Max Webers erster Hypnose derart, daß sie noch vor ihrer Abreise nach Konstanz an Dr. Mülberger wegen dieser „neuen ‚Experimente[n]‘“ schrieb, die sie „für verkehrt“ hielt (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [30. Aug. 1898], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 7 In ihrem Brief vom 24. Aug. 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Marianne Weber ihrem Mann mitgeteilt, daß die „Abzüge Deines letzten Artikels ‚Agrarverhältnisse‘“ in Heidelberg angekommen seien. Es handelte sich offensichtlich um Sonderdrucke, denn der Artikel war bereits im Juli 1898 im Handwörterbuch der Staatswissenschaften (2. Aufl., Band 1, 1898, S. 57–85) erschienen (vgl. Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum, MWG I/6, S. 128–227; zur Entstehung ebd., S. 128–132).
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Vielen Dank für Mamas Brief. Es ist doch aber toll, daß wir in der Familie so verrückte Säuglinge haben, daß man anfangen muß die Mütter zu melken wie die Kühe! 8 Es küßt Dich Dein Max
8 Max Webers Bemerkung bezieht sich auf die zwei Wochen zuvor geborene Tochter von Clara und Ernst Mommsen, Helene Mommsen.
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Marianne Weber PSt 27. August 1898; PSt Konstanz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Marianne Webers Karte an Max Weber vom 26. August 1898 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Darin hatte sie geschrieben, falls möglich, gerne einen Tag früher, am Sonntag (dem 28. August 1898), nach Konstanz fahren zu wollen. In diesem Fall solle Max Weber ihr im Lauf des Samstags nochmals telegraphieren. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.; zu Marianne Webers Reise nach Konstanz die Briefe an Marianne Weber vom 24. und vom 26. August 1898, oben, S. 573 f. und 575–577.
L. Sch.! Es hapert noch mit dem Zimmer, deshalb telegraphiere ich lieber nicht, damit morgen, wo Sonntag ist, keine Schwierigkeiten entstehen. Hoffentlich bist Du nicht betrübt darüber. Also auf Wiedersehen Montag 4 Uhr 35 Dein Max
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Paul Siebeck 12. September [1898]; Konstanz Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Korrekturen und Zusätzen Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „16.IX.98.“ Bezug: Brief Paul Siebecks vom 6. August 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber seine Vorstellungen hinsichtlich des Abschlusses eines neuen Verlagsvertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erläutert hatte. Darüber hinaus greift Max Weber in seinem Antwortbrief erneut die Frage nach der Veröffentlichung des Materials über die Lage der deutschen Landarbeiter auf, das 1892/93 vom Evangelisch-sozialen Kongreß erhoben worden war. An dieser Enquete war Max Weber zusammen mit Paul Göhre, einem der jungen sozialpolitisch engagierten evangelischen Pastoren, maßgeblich beteiligt gewesen. Das Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „Diktiert:“.
Konstanz, Konstanzer Hof, 12/9. Hochgeehrter Herr Siebeck, 5
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Auf Ihre Andeutung in Ihrem letzten Schreiben, – zu dessen Beantwortung ich nunmehr komme – daß Sie es vorziehen würden mit mir allein zu thun zu haben,1 darf ich natürlich |:jetzt:|a aus Loyalität gegen die Kollegen, 2 an die ich meinerseits mich gebunden halten muß, nicht eingehen. Da Sie vorerst nur mit mir verhandeln, so können die nachfolgenden Bemerkungen natürlich auch nur für mich bindend sein. Ichb habe gegen eine Änderung der „Firma“ [,] unter welcher das Unternehmen läuft [,] nichts.3 Nicht einmal gegen eine etwaige Fusion mit
a Eigenhändig.
b O: zweifach unterstrichen.
1 In seinem Brief an Max Weber vom 6. August 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Paul Siebeck den Wunsch geäußert: „Speziell mir wäre es dann – dies aber ganz unter uns – am liebsten, das Unternehmen in Ihrer Hand allein zu sehen“. 2 Gemeint sind Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 3 Paul Siebeck hatte am 6. August 1898 auch geschrieben, daß sein erster Wunsch dahin gehe, „daß das Unternehmen nicht an die badischen Hochschulen, sondern an die Person der Herausgeber geknüpft werden“ solle, da er eine Abhängigkeit von der Besetzungspolitik des Karlsruher Ministeriums befürchte.
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den Wiener Studien,4 falls Sie dieselbe dringend wünschen sollten. Nur möchte ich bemerken: Ich verstehe diec Sachlage nicht so, als wären Sie verpfl ichtet sich jedend neuberufenen Professor an den badischen Hochschulen aufdrängen zu lassen, aus dem Kontrakt scheint sich nur das Gegenteil zu ergeben.5 Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich den Titel gern so lange wir drei nicht fort berufen werden wie jetzt behalten, |:(:|eunter Streichunge natürlich Herkners6 u. zwar schon für den zweiten Band|:):| [.] Garnichts habe ich gegen das Maximum von 10 Druckbogen pro Abhandlung |:(:|auch 9 oder 8 wenn Sie wollen|:):|, ebenso nichts gegen die Berechnung von Autorenkorrekturen, und, wenn Sie wollen, Zubußen für große Tabellenbestandteile. 30 Druckbogen pro Jahr ist bei 3 Herausgebern natürlich etwas recht wenig, da wir sie ja gleich unter uns verteilen müßtenf, und hier leicht Streitigkeiten oder Eifersüchteleien entstehen könnten. Hohes Gewicht würde ich dagegen darauf legen, daß für den Dissertationsdruck den Autoren ein recht erheblicher Vorteil gewahrt bliebe.7 Es ist sonst nicht zu vermeiden, daß von den Arbeiten grade die allerbesten u. selbstständigsten dem Unternehmen entgehen u. anderwärts verlegt werden, denn Zwangsmittel habe ich ja gegen die Autoren nicht, einen moralischen Anspruch auch nur dann, wenn die Arbeit, wie dies die Regel ist, in erheblichem Maße auch in den Einzelheiten von mir inspiriert ist. – g hDies vorerst auf Ihren freundlichen Brief. Nun noch Eines: c diese > die d jedem > jeden e Eigenhändig: Unterstreichung > unter Streichung f Eigenhändig: müssen > müßten g Gedankenstrich eigenhändig. h–h (S. 581) Eigenhändig. 4 Gemeint sind die ebenfalls von Siebeck verlegten „Wiener staatswissenschaftlichen Studien“, vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1898, oben, S. 492 f. mit Anm. 4. 5 Im Verlagsvertrag von 1897 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3, abgedruckt unter 1, im Anhang unten, S. 898 f.) heißt es in § 11: „Wechselt einer der Herren Herausgeber sein Domizil, so wird der Vertrag dadurch nicht aufgehoben.“ 6 Heinrich Herkner war 1898 einem Ruf von Karlsruhe nach Zürich gefolgt und dementsprechend aus dem Kreis der badischen Hochschullehrer ausgeschieden. 7 Im bestehenden Vertrag (wie Anm. 5) verpflichtete sich der Verleger, von Dissertationen, die vollständig in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erscheinen sollten, Separatdrucke als Pflichtexemplare zur Vorlage bei der Fakultät herzustellen. Bis zu einem Umfang von drei Druckbogen sollten diese unentgeltlich geliefert und erst vom vierten Bogen an mit 20 Pfennig pro Pflichtexemplar in Rechnung gestellt werden (§ 4).
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In meinem Seminar werden jetzt unter meiner Aufsicht auf Grund des Materials, welches der Evangelisch-soziale Congreß erhoben hat, 4 Hefte über die Lage der deutschen Land-Arbeiter bearbeitet. Eines ist so gut wie druckfertig, eines muß noch zusammengestrichen werden, eines ist in Arbeit, eines kommt im Winter in Arbeit. Ich hatte sie ursprünglich für das Unternehmen designiert.8 Wollen Sie eventuell außerhalb desselben einen Band „Erhebungen über die Lage der Landarbeiter vom Ev[angelisch]-Soz[ialen] Congreß“, herausgegeben von mir – ich schreibe die Vorredei und s.Z. das Schlußrésuméj – verlegen?9 Die Sache macht sich so eventuell besser, die 4 Lieferungen könnten im Lauf der nächsten 1½ Jahre erscheinen. Wenn ja, so sende ich Ihnen in einigen Wochen Heft 1 zur Ansicht wegen der äußeren Bedingungen, unter denen Sie es nehmen können. Honorarforderungen werden natürlich hier so wenig erhoben, als wenn das Heft in dem Unternehmen erschienen wäre. Mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster Max Weber P.S. Es wird nun wohl Zeit werden, die beiden anderen Herren zu benachrichtigen, daß Sie den Vertrag gekündigt haben und ändern wollen.h
i Alternative Lesart: Vorworte
j O: Schlußresûmé
h (S. 580)–h Eigenhändig.
8 Vgl. den Brief an den Verlag J.C.B. Mohr, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, oben, S. 435; sowie den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1898, oben, S. 493. 9 In der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands. In Einzeldarstellungen nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses“, für die Max Weber als alleiniger Herausgeber verantwortlich zeichnete, erschienen zwischen 1899 und 1902 drei Hefte (vgl. Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter; Klee, Landarbeiter). Im ersten Heft (Goldschmidt, Landarbeiter) erschien auch Max Webers „Vorbemerkung des Herausgebers“ (MWG I/4, S. 694–711), wohingegen ein „Schlußrésumé“ von ihm nicht überliefert ist (vgl. auch den Editorischen Bericht in: MWG I/4, S. 687–690). Von allen drei „Landarbeiter-Heften“ wurden zugleich Teildrucke als Dissertationspflichtexemplare zur Vorlage bei der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg hergestellt.
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24. September 1898
Gustav Schmoller 24. September 1898; Konstanz Brief; von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 156, Bl. 1–2 Der Brief setzt die Korrespondenz mit Gustav Schmoller über die geplante Reihe „Politiker und Nationalökonomen. Eine Sammlung biographischer System- und Charakterschilderungen“ und den möglichen Beitrag Max Webers dazu fort (vgl. den Brief an Gustav Schmoller vom 12. Juli 1898, oben, S. 510–514 (unter 2.), mit Editorischer Vorbemerkung). Das Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „Diktiert!“
Konstanz 24/9 98. Konstanzer Hof Sehr geehrter Herr Professor, Ich komme erst jetzt zur Beantwortung Ihres sehr freundlichen Schreibens.1 Es ging mir im August so schlecht, daß ich auf Ihren Antrag, betreffend eine Lassalle-Biographie schon deshalb zunächst nicht antwortete, um mich nicht später selbst im Verdacht zu haben, ich hätte ihn nur in folge meiner damaligen Mutlosigkeit abgelehnt. Jetzt habe ich wenigstens wieder einen Vorgeschmack von Schlaf, wenn schon ich noch erhebliche Zeit bis zu der an sich ja nicht zweifelhaften völligen Herstellung mit Halbdampf arbeiten muß. Nach reifl icher Überlegung glaube ich auf Ihr Anerbieten doch nicht eingehen zu können. Wenn schon es mir recht unangenehm ist, mich dem Unternehmen ganz zu entziehen. Ich müßte meinen Studien doch eine völlig andere Richtung geben, um gegenüber der tendenziösen aber in ihrer Art doch ausgezeichneten Bernsteinschen Arbeit etwas Neues zu leisten; 2 und da ich vorerst eine Anzahl unerträglich lange hinaus geschobener Arbeiten
1 Aus dem Brief Max Webers an Marianne Weber vom 28. Juli 1898, oben, S. 526, ergibt sich, daß Max Weber den Brief Gustav Schmollers bereits am oder vor dem 28. Juli 1898 erhalten hat. 2 Max Weber bezieht sich auf die Gesamtausgabe der Reden und Schriften Ferdinand Lassalles von Eduard Bernstein zu Beginn der 1890er Jahre. Sie war mit einer biographischen Einleitung versehen (Bernstein, Eduard (Hg.), Ferdinand Lassalle’s Reden und Schriften. Neue Gesammt-Ausgabe, mit einer biographischen Einleitung, 3 Bände. – Berlin: Verlag der Expedition des „Vorwärts“ Berliner Volksblatt (Th. Glocke) 1892−93). Max Weber hatte sie kurz zuvor, d. h. im Sommersemester 1898, zur Vorbereitung seiner Vorlesung „Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung“ herangezogen und seinen Hörern empfohlen: „Ausgabe seiner Schriften: beste die v[on] der Partei veranstaltete, v[on] E[duard] Bernstein“ (MWG III/4, S. 203).
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24. September 1898
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fertig stellen muß, 3 so würde die Arbeit überdies ins Unabsehbare verzögert werden. Ich bin auch nicht sicher, ob ich für biographische Zwekke über so lebhafte Farben verfüge, wie sie bei Lassalle angebracht sind. Entschuldigen Sie also, wenn ich mit herzlichem Dank Ihr freundliches Angebot ablehne. Betreffs Frl. von Richthofen4 wird Herr Wörishoffera sich nun wohl seinerseits mit Ihnen in Verbindung gesetzt haben.5 Mit hochachtungsvoller Empfehlung und dem verbindlichsten Dank für Ihre liebenswürdige Zusendung [,] 6 aus der ich reiche Belehrung und Anregung schöpfte [,] Ihr sehr ergebener bMax Weberb
a O: Wörrishofer
b Eigenhändig.
3 Es handelte sich um agrarhistorische und agrarstatistische Arbeiten (vgl. ausführlich dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39). 4 Vgl. dazu den Brief an Gustav Schmoller vom 12. Juli 1898, oben, S. 511 f. 5 Dies war in der Tat der Fall. Friedrich Wörishoffer und Gustav Schmoller hatten bereits im Juli 1898 miteinander korrespondiert. Am 1. August 1898 bedankte sich Wörishoffer abschließend für Schmollers Bereitschaft, „Frl. von Richthofen bei ihren Studien in Berlin fördern“ zu wollen: „Nachdem man sich entschlossen hat mit dem Versuch der Verwendung weiblicher Aufsichtsbeamter jetzt vorzugehen[,] muß meiner Ansicht nach im Interesse dieses Dienstzweiges Alles daran gesetzt werden, daß dieser Versuch gelingt“ (GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 190 c, Bl. 238). 6 Worum es sich dabei handelte, konnte nicht ermittelt werden.
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5. Oktober 1898
Dietrich Schäfer 5. Oktober 1898; Konstanz Brief; eigenhändig UA Heidelberg, PA 2408 Dieser sowie die folgenden Briefe an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Oktober 1898, unten, S. 585 f., sowie an die Quästur der Universität Heidelberg vom 17. Oktober 1898, unten, S. 590, stehen in Zusammenhang mit der Befreiung Max Webers von seiner Vorlesung „Geld- und Bankwesen“ (vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an das Ministerium vom 5. Oktober 1898, unten, S. 585).
z.Z. Constanz, Constanzer Hof 5. X. 98 Die Philosophische Fakultät bitte ich, das beiliegende Gesuch1 auf Grund der darin und in dem ebenfalls beiliegenden Attest2 angegebenen Gründe befürwortend weiterreichen zu wollen. In collegialer Ergebenheit Max Weber An den Herren Dekan der Philosophischen Fakultät Heidelberg.
1 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Okt. 1898, unten, S. 585 f. 2 Vgl. ebd., S. 585, Anm. 1.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 5. Oktober 1898; Konstanz Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3338 Max Weber hatte für das Wintersemester 1898/99 „Praktische Nationalökonomie außer Geld- und Bankwesen, Allgemeiner Teil: Bevölkerungs-, Handels-, Gewerbe-, Verkehrsund Agrarpolitik“ als fünfstündige Hauptvorlesung angekündigt. Separat davon wollte er als sogenannte Spezialvorlesung „Geld- und Bankwesen“ anbieten. Dieses Kolleg war, wie üblich bei Spezialvorlesungen, auf zwei Stunden beschränkt. Während die Hauptvorlesung montags bis freitags zwischen 12 und 13 Uhr vorgesehen war, sollte die begleitende Spezialvorlesung Montag und Donnerstag, jeweils nachmittags von 16 bis 17 Uhr, stattfinden. Darüber hinaus hatte Max Weber noch „Seminarübungen“ im Volkswirtschaftlichen Seminar, jeweils Mittwoch zwischen 18 bis 20 Uhr, angekündigt (alle Angaben nach: Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, WS 1898/99, S. 17). Noch während seines Kuraufenthaltes in Konstanz beantragte er jedoch aus gesundheitlichen Gründen beim Karlsruher Ministerium die Befreiung von der Vorlesung „Geld- und Bankwesen“, die ihm auch gewährt wurde (vgl. das Schreiben des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 17. Oktober 1898 [irrtümlich: 1899], in: GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 20).
z.Z. Constanz, Constanzer Hof 5. X. 1898 betrifft: die Vorlesung über: „Geld [ - ] und Bankwesen“ an der Universität Heidelberg W.S. 1898/9 5
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Das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts bitte ich ehrerbietigst um Entbindung von der Abhaltung der für das Wintersemester angekündigten zweistündigen Vorlesung über „Geld- und Bankwesen“, indem ich ein ärztliches Zeugnis beifüge.1 Mein nervöses Leiden ist zwar wesentlich gebessert, aber noch nicht völlig beseitigt und speziell von anhaltendem lautem Sprechen wird mir ärztlicherseits zur Vermeidung von Rückfällen für die nächsten Monate dringend abgerathen. Ich hatte die obige Materie behufs spe1 Das entsprechende, von Max Webers Konstanzer Arzt, Friedrich Mülberger, unterzeichnete Attest vom 5. Oktober 1898 lautet: „Ärztliches Zeugniß. Herr Professor Weber aus Heidelberg, der sich zur Zeit als Patient in hiesiger Anstalt befindet, leidet an einer functionellen Erkrankung des Nervensystems, die sich namentlich in rascher Erschöpfung bei geistiger Arbeit äußert. Der Zustand hat sich bereits wesentlich gebessert; zur Wiederherstellung seiner absoluten Arbeitskraft resp. seiner früheren Leistungsfähigkeit bedarf der Herr Professor jedoch noch lange fortgesetzter Schonung, insbesondere muß vorerst noch jede Arbeit am Nachmittag und Abend unterbleiben. Die Abhaltung von Vorlesungen zu diesen Tageszeiten ist ihm für das kommende Semester deßhalb von ärztlicher Seite zu untersagen.“ (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 19).
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zialistischer Behandlung aus der Hauptvorlesung ausgeschieden und glaube, daß es wenigstens keine entscheidende Schädigung der Interessen des Unterrichts ist, wenn ich dieselbe auf eines der folgenden Semester verschiebe2 und mich auf die Abhaltung der Hauptvorlesung und der Seminarübungen beschränke. Insbesondere wird die Vollständigkeit der Vertretung aller Prüfungsfächer und überhaupt des Gesammtgebietes der Disciplin in diesem Semester dadurch nicht alteriert. Ehrerbietigst Dr. Max Weber ord. Professor der Staatswissenschaften a.d. Universität Heidelberg. An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Karlsruhe.
2 Dazu ist es nicht gekommen.
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Friedrich von Weech 8. Oktober 1898; Konstanz Abschrift; von dritter Hand GLA Karlsruhe, 449/238 III Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers Mitgliedschaft in der Badischen Historischen Kommission (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich von Weech vom 9. Dezember 1896, oben, S. 242 f.). Die Abschrift trägt den Vermerk: „Abschrift. Original bei den Akten: Bevölkerungsstatistik von Dr. Eulenburg.“ Das Original ist nicht ermittelt, da zu diesem, von Max Weber zu betreuenden Projekt, das Ende Oktober 1898 abgebrochen wurde, keine Akten im Bestand der Badischen Historischen Kommission nachgewiesen sind. Auch konnte das Original in den Akten zur Vorbereitung der wissenschaftlichen Unternehmungen (GLA Karlsruhe, 449/61) nicht ermittelt werden.
Konstanz, Konstanzerhof 8. X. 1898. Hochgeehrter Herr Geheimrath!
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Zu meinem aufrichtigen Bedauern werde ich der diesmaligen Plenarsitzung1 fernbleiben müssen. Eine ungemein heftige Nervenattacke nöthigt mich, seit Anfang August hier als Patient mich aufzuhalten, und wenn es mir auch erheblich besser geht, ist mir für einige Monate noch jedes Sprechen u. Hören ärztlich untersagt. gez. Max Weber
1 Es handelt sich um die 17. Plenarsitzung am 21. und 22. Oktober 1898 in Karlsruhe (Protokoll der Plenarsitzung, GLA Karlsruhe, 449/234, S. 452).
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15. Oktober 1898
Paul Siebeck 15. Oktober 1898; Konstanz Brief; von der Hand Marianne Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief des Vertreters Paul Siebecks vom 16. September 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) mit dem Vorschlag, alle Herausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ mögen sich gemeinsam mit dem Verleger in Freiburg zur Beratung des neuen Verlagsvertrags treffen. Das folgende Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „Diktiert“.
Konstanz 15/10 98 Sehr geehrter Herr Siebeck, Ich werde in den nächsten Wochen nicht nach Freiburg kommen, da es mir zwar wesentlich besser geht, ich aber zu übermäßig viele persönliche Verpfl ichtungen hätte. Würde es Ihnen ein sehr großes Opfer sein, in Offenburg für einige Stunden mit mir zusammenzutreffen? Ich möchte Sonntag über 8 Tage [,] den 23. d. M.s [,] von hier abreisen u. abends in Heidelberg sein, es wird sich dann wohl einrichten lassen, daß ich einen Zug überschlage, und es scheint mir doch wirklich möglich, daß wir die Angelegenheit einmal persönlich durchsprechen, zumal Sie mit den andern Herrn1 darüber noch garnicht verhandelt haben. Ich würde dann gegen Weihnachten einmal wieder mit Ihnen u. dann auch zugleich mit den andern Herren zusammenzutreffen suchen, falls Sie nach der Rücksprache mit mir mit den letzteren nicht allein zum Ziel kommen sollten.
1 Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz.
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Abgesehen von der Neugestaltung des Vertrages würde ich gern noch auf Bearbeitung der Landarbeiterverhältnisse a zu sprechena kommen, über die ich bereits an Sie schrieb, ich habe die eine der Arbeiten bei mir.2 Ich erbitte zunächst Ihre freundliche Antwort auf obigen Vorschlag, eventuell einen Gegenvorschlag wegen eines Zusammentreffens. Mit hochachtungsvoller Empfehlung u. bestem Gruß Ihr bMax Weberb
a Fehlt in O; zu sprechen sinngemäß ergänzt.
b Eigenhändig.
2 Gemeint ist vermutlich das Manuskript von Goldschmidt, Landarbeiter. Die Arbeit erschien 1899 als erstes Heft der Paul Siebeck am 12. September 1898 (oben, S. 580 f.) vorgeschlagenen Landarbeiterreihe.
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17. Oktober 1898
Quästur der Universität Heidelberg 17. Oktober 1898; Konstanz Brief; eigenhändig UA Heidelberg, Akademische Quästur, Rep. 27-1409 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Entbindung Max Webers von der Vorlesung „Geld- und Bankwesen“ im Wintersemester 1898/99 (vgl. dazu den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Oktober 1898, oben, S. 585 f., mit Editorischer Vorbemerkung).
Z.Z. Constanz 17/X 98 An die Großherzogliche Universitäts-Quästur Heidelberg Ich bitte, Anmeldungen für das Colleg: „Geld- und Bankwesen“ nicht anzunehmen, da ich um Entbindung von dessen Abhaltung eingekommen bin. Das Honorar für das Colleg: „Praktische Nat[ional]Ökonomie“ bitte ich wie sonst mit 25 Mk anzusetzen. Hochachtungsvoll ergebenst Professor Max Weber
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Dietrich Schäfer 26. Oktober 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 72 Bezug: eine mündliche Anfrage des Dekans der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, Dietrich Schäfer, im Zusammenhang mit der Reform der Promotionsordnung und der Neuordnung des Studiums der Staatswissenschaften. Ein Studienabschluß in den Staatswissenschaften war an der Universität Heidelberg nur durch die Promotion möglich. Seit 1889 konnten der Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät zufolge Politische Ökonomie (Nationalökonomie unter Einschluß der Finanzwissenschaft) und Allgemeine Staatslehre (mit Politik) als Haupt- oder Nebenfach, Staatsrecht, Völkerrecht und Verwaltungsrecht dagegen nur als Nebenfach gewählt werden (vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 231 f.). Zudem war es möglich, als Nebenfächer „auch größere Theile“ der genannten Hauptfächer zu wählen; für die Staatswissenschaften konnten also Nationalökonomie/Politische Ökonomie als Hauptfach mit Finanzwissenschaft als Nebenfach gewählt werden (vgl. UA Heidelberg, H-IV-102/124, Bl. 95, Promotions-Ordnung der Philosophischen Facultät zu Heidelberg. – Heidelberg: J. Hörning 1889, § 7, S. 6). Im Kontext der Neuregelung der Promotionsordnung wurde nunmehr erwogen, das Verhältnis von Haupt- und Nebenfächern zu ändern, was auch die Stellung der Finanzwissenschaft tangiert hätte. In einem Schreiben an die Fakultät formulierte der Dekan am 26. Oktober 1898 seine Option dazu, nachdem er die im folgenden edierte Stellungnahme Max Webers eingeholt hatte: „Der Facultät habe ich die folgenden Angelegenheiten zur Beschlußfassung vorzulegen [. . .] 5) Die Frage der neuen Promotionsordnung. [. . .] a. Am 20. Juli wurde, während im übrigen Entscheidungen erzielt wurden, der Beschluß über die Stellung der Finanzwissenschaft ausgesetzt, bis die Ansicht des Vertreters der Nationalökonomie gehört sei. Auf meine mündliche Anfrage hat Prof. Weber seine Meinung in dem anliegenden Schreiben niedergelegt. In erster Linie wünscht er Beibehaltung des bisherigen Zustandes, hat allerdings auch nichts gegen die Einführung der Finanzwissenschaft als Hauptfach zu erinnern. Da in der neuen Ordnung die Bestimmung, nach welcher Theile des Hauptfachs als Nebenfach gewählt werden können, wegfällt, so kann der Finanzwissenschaft ihre frühere Stellung nur gewahrt bleiben, wenn in der neuen Ordnung ausdrücklich bestimmt wird, daß Finanzwissenschaft als Nebenfach neben politischer Ökonomie als Hauptfach zulässig bleibt, wie es seiner Zeit im Commissionsbericht beantragt war. Ich gestatte mir, diesen Antrag hiermit zu stellen und bitte um Abstimmung“ (UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 68–69). Max Weber zeichnete, wie auch die anderen Fakultätsmitglieder, einverstanden (ebd., Bl. 71). In der neuen Promotionsordnung heißt es dementsprechend in § 7: „Als Nebenfächer können außer den in § 6 genannten Wissenschaften auch größere Teile [. . .] derselben gewählt werden. Indess darf keines der Nebenfächer in einem Teile des vom Candidaten gewählten Hauptfaches bestehen, abgesehen von Finanzwissenschaft, die neben politischer Ökonomie als Nebenfach zulässig ist.“ (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 318, Auszug aus der Promotions-Ordnung der philosophischen Facultät zu Heidelberg. – Heidelberg: J. Hörning 1900, S. 4).
Heidelberg 26/X 98 Auf eine einschlägige Anfrage des Herrn Dekans beehre ich mich zu antworten:
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26. Oktober 1898
Inbetreff der Stellung der „Finanzwissenschaft“ im Prüfungssystem halte ich es, in Übereinstimmung mit Herrn Collegen Jellinek,1 1) in erster Linie für richtig, den bestehenden Zustand, welcher demjenigen der Nachbaruniversitäten entspricht (so Freiburg) aufrechtzuerhalten, da die Finanzwissenschaft nach Umfang des Gebiets und allgemeinem Charakter durchaus selbständig neben den andren staatswissenschaftlichen Disciplinen steht, wie denn auch die Vorbildung der Finanzbeamten in Baden bekanntlich eine völlig von der der sonstigen Beamten abweichende ist; sollte 2) die Fakultät es in diesem Fall erwünscht fi nden, die F[inanz-] W[issenschaft] auch als Hauptfach zuzulassen, so fi nde ich dagegen, obwohl es ein Novum wäre, nichts zu erinnern. Sollte jedoch 3) die Fakultät die Streichung der F[inanz]W[issenschaft] aus Gründen der formalen Gleichmäßigkeit als conditio sine qua non der Annahme der neuen Ordnung ansehen, so würde ich mich mit der Bitte um Feststellung einer ausgiebigen Übergangszeit fügen, um die Annahme der neuen Ordnung nicht zu gefährden. Professor Dr Max Weber An den Herrn Dekan der Philosophischen Fakultät hier.
1 Georg Jellinek war gemeinsam mit Max Weber Direktor des Staatswissenschaftlichen Seminars.
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Paul Siebeck 8. November 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 18. Oktober 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser das von Max Weber am 15. Oktober 1898 (oben, S. 588) vorgeschlagene Treffen in Offenburg aus gesundheitlichen Gründen ablehnte. Stattdessen kündigte er an, vor einem Zusammentreffen aller Herausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ Max Weber alleine vorab in Heidelberg aufsuchen zu wollen.
Heidelberg 8. XI. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Es wird mir selbstverständlich sehr willkommen sein, wenn Sie es möglich machen, auf der Rückkehr von Ihrer Erholung hier vorzusprechen, auch wird sich meine Frau sehr freuen Sie zu sehen. Mittwochs (in dieser Woche ausnahmsweise Freitags) Abends bin ich besetzt,1 sonst Nachmittags immer zu treffen. Sonnabend den ganzen Tag frei. Vormittags bin ich 11–12 auf dem Seminar (Augustinergasse 13) zu treffen, 12–1 habe ich Colleg.2 – Es liegt mir sehr an der nunmehr baldigen Publikation auch von Heft 2 von Borgius.3 Der Inhalt ist zum Teil, soweit neue allgemeine Gesichtspunkte darin sind, von mir seit Jahren in Vorlesungen vertreten4 und es kann jeden Augenblick irgend ein Dritter in irgend einer Publikation das „Prävenire“ spielen. – 1 Für das Wintersemester 1898/99 hatte Max Weber sein „Volkswirtschaftliches Seminar“ für Mittwochabend, 6 bis 8 Uhr, angekündigt. Vgl. Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, WS 1898/99, S. 17. 2 Es handelt sich um die fünfstündige Vorlesung „Praktische Nationalökonomie außer Geld- und Bankwesen, Allgemeiner Teil: Bevölkerungs-, Handels-, Gewerbe-, Verkehrsund Agrarpolitik“ (MWG III/2), die Weber für Montag bis Freitag, jeweils zwischen 12 und 13 Uhr, angekündigt hatte (Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, ebd.). 3 Gemeint ist: Borgius, Mannheim II. Borgius’ Dissertation war auf Grund des großen Umfangs auf zwei Hefte der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ aufgeteilt worden. Während das erste Heft die Geschichte des Mannheimer Getreidehandels behandelte, untersuchte Borgius im zweiten Heft den gegenwärtigen Zustand mit der Einbindung des Mannheimer Getreidehandels in den Welthandel (Borgius, Mannheim I, II). Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 23. Aug. 1898, oben, S. 568 f. 4 Getreidehandel und Handelspolitik behandelte Weber, soweit dies die uns überlieferten Manuskripte erkennen lassen, im Rahmen seiner Vorlesungen zur „Praktischen Nationalökonomie“ (MWG III/2). Er las „Praktische Nationalökonomie“ im Sommersemester 1895 und in den Wintersemestern 1897/98 und 1898/99.
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8. November 1898
Sehr gern wüßte ich ferner |:bald:| ungefähr, in welchena Ziffern etwa sich die Zuschüsse zu einer Landarbeiter-Publikation der von mir erwähnten Art ausdrücken lassen würden.5 – Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
a 〈[Andeutungen]〉 5 Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, oben, S. 579–581. Siebeck hatte in seinem Schreiben vom 18. Oktober 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) einer selbstständigen Publikation der Ergebnisse der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses unter der Bedingung zugestimmt, daß er „gegen ein Deficit in irgend einer Weise geschützt würde.“
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Paul Siebeck 21. November 1898; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 20. November 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Siebecks Frau Thekla war auf der Rückfahrt von einer Erholungsreise an Diphtherie erkrankt, sodaß Siebeck Max Weber nicht wie ursprünglich geplant auf der Rückfahrt bzw. unmittelbar nach seiner Heimkehr aufsuchen konnte. Nunmehr stellte er seinen Besuch in Heidelberg für die kommende Woche, also zwischen dem 21. und 27. November 1898, in Aussicht. Zweck des Treffens mit Max Weber waren Absprachen über die Fortführung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ sowie die Etablierung der neuen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“.
Heidelberg, Anlage 53b 2 Treppen 21. XI. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Sie sind mir natürlich hier höchst willkommen. Wir hoffen, daß Sie uns entweder zum Mittagessen (1¼ Uhr) oder zum Abendessen (8 Uhr) dasa Vergnügen machen, im ersteren Fall können wir unsere Geschäfte wohl am besten nachher, im letzteren vorher erledigen. – „Umstände“ machen wir nicht. Also auf Wiedersehen, Ihre[r] Frau Gemahlin gute weitere Besserung, mit besten Empfehlungen Ihr ergebenster Max Weber Die einzige Stunde, wo ich, wie ich schon schrieb,1 absolut besetzt bin, ist 12–1, Samstags bin ich auch dann frei.b
a Fehlt in O; das sinngemäß ergänzt.
b O: frei,
1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 8. Nov. 1898, oben, S. 593 mit Anm. 2.
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1. Dezember 1898
Paul Siebeck 1. Dezember [1898]; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „5.XII.98.“ Der Brief trägt einen weiteren Verlagsvermerk am linken Rand, in dem zugestimmt wird, daß der in Rede stehende Verfasser, Salli Goldschmidt, für Zusätze Max Webers „nicht in Anspruch genommen werden kann“. Der Brief bezieht sich auf die Verhandlungen zwischen Max Weber und Paul Siebeck über die Fortführung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ und die Neugründung der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“. Zu diesem Zweck hatte Paul Siebeck Max Weber in Heidelberg aufgesucht.
Heidelberg 1/XII Sehr geehrter Herr Siebeck! Anbei sende ich der Bequemlichkeit halber noch eine Übersicht der Arbeiten, die in absehbarer Zeit für die Sammlung in Betracht kommen könnte[n].1 Die Landarbeiter-Arbeit, 2 an der ich noch etwas durchcorrigiert habe, geht Ihnen morgen zu und wäre ich im Interesse des Verf[assers] sehr dankbar, wenn der erbetene Überschlag des nötigen Zuschusses mir recht bald zugehen würde. Wie ich sagte, kommt eine Einleitung von mir hinzu, 3 für die selbstredend der Verfasser nicht in Ansprucha genommen werden kann, ferner ein Schluß von 15 Schreibseiten, ebensoviel soll aber der Verf[asser] nach meiner Anweisung noch aus dem Text streichen, so daß der Umfang derselbe bliebe, eventuell selbst etwas kleiner würde. –
a Unsichere Lesung. 1 Eine eigenhändige Übersicht der weiteren für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ in Aussicht genommenen Arbeiten ist weder in der Korrespondenz Max Weber/Paul Siebeck (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München) noch in den übrigen in Frage kommenden Akten des Verlags (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488) ermittelt. Der weitere Briefwechsel zwischen Max Weber und Paul Siebeck läßt jedoch Rückschlüsse auf einige der Titel zu, die Weber in seiner Übersicht genannt hat. Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, unten, S. 615 f., Anm. 7. 2 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. 3 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, oben, S. 581 mit Anm. 9. Gemeint ist: Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers (MWG I/4, S. 694–711).
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1. Dezember 1898
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Mit nochmaligem besten Dank für Ihren freundlichen Besuch4 Ihr ergebenster Max Weber
4 Der für die Woche zwischen dem 21. und 27. November 1898 geplante Besuch war verschoben worden; nach der Mitteilung der Vertreter Paul Siebecks an Max Weber vom 24. Nov. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München) wollte Siebeck am 28. November, Abends, oder am 29. November 1898, Mittags, in Heidelberg eintreffen.
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7. Dezember 1898
Paul Siebeck 7. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen Max Weber und Paul Siebeck über die Weiterführung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Bereits am 1. Dezember 1898 hatte Max Weber Siebeck eine Liste der für die Reihe infragekommenden Arbeiten geschickt (vgl. oben, S. 596 mit Anm. 1).
Heidelberg 7. XII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Zu dem Verzeichnis der Arbeiten kommt noch (als eventuell brauchbar): 12. Kamm, Joh[annes] Calvin als Wirtschaftspolitiker (mit einer Einleitung von mir,1 – auf Grund Genfer ungedruckten Materials) 2 fertig Frühjahr 1900, ca 6 Bogen. Bezüglich des Verkaufspreises der Abhandlungen – dies meinen Sie doch in Ihrem Schreiben vom 3. d.M.?3 – stelle ich Ihnen anheim, Sich die Hände so frei zu halten wie Sie irgend wünschen, – das geht uns Andre m.E. eigentlich gar nichts an. Beste Empfehlung! Ihr in größter Hochachtung ergebenster Max Weber
1 Diese von Max Weber betreute Arbeit, wahrscheinlich eine Dissertation seines Schülers Max Kamm, wurde aus unbekannten Gründen nicht beendet, demzufolge erstellte auch Max Weber keine Einleitung. 2 Nach Auskunft der Genfer Archives d‘État konsultierte Max Kamm zwischen Februar und Oktober 1899 vor allem Akten des Rates der Republik Genf zwischen 1536 und 1563, also der Zeit des Aufenthaltes und der Herrschaft Calvins in Genf (Schreiben an Michael Matthiesen vom 28. Juli 1994). 3 Paul Siebeck hatte in seinem Brief an Max Weber vom 3. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) zu bedenken gegeben, daß in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ sehr viele Tabellen vorkämen und angefragt, ob ihm „nicht bei dem betr. § eine größere Freiheit eingeräumt werden könnte.“ In § 7 des Verlagsvertrags von 1897 war der Ladenpreis im Einzelverkauf auf 35–40 Pfennig und ggf. im Abonnement auf 30 Pfennig pro Druckbogen festgelegt worden (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3, abgedruckt unter 1, im Anhang unten, S. 898 f.).
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Paul Siebeck [vor oder am 12. Dezember 1898]; BK Heidelberg Visitenkarte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „12.XII.98.“ Die Bemerkungen Webers beginnen auf der Rückseite seiner Visitenkarte und enden auf der Vorderseite. Anstelle der eigenhändigen Unterschrift steht die gedruckte Adresse. Eine Abschrift von fremder Hand findet sich ebenfalls in der Verlagskorrespondenz (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) als Anlage zum Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 12. Dezember 1898. Als Resultat der Besprechungen zwischen Max Weber und Paul Siebeck in Heidelberg über die Fortführung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ hatte Paul Siebeck einen Entwurf für einen neuen Vertrag ausgearbeitet. Er sandte diesen am 10. Dezember 1898 an Max Weber (ebd.) mit der Bitte um Prüfung. Zugleich schlug Paul Siebeck vor, jedem Band der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ künftig den Zusatz „Aus dem staatswissenschaftlichen Seminar in . . .“ voranzustellen. Darüber hinaus legte er eine ausführliche Kalkulation der Druckkosten für das geplante erste Heft der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter) vor.
Sehr geehrter Herr Siebeck! Anbei zunächst der Vertrag mit meinen Bemerkungen.1 Mit der Kennzeichnung jeder Arbeit durch den Zusatz „Aus dem Seminar von. . .a“ a Auslassungszeichen in O. 1 In der Verlagskorrespondenz (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) für das Jahr 1898 sind zwei Entwürfe zu dem neuen Verlags- und Redaktionsvertrag überliefert, jedoch ohne Bemerkungen von der Hand Max Webers. In der Korrespondenz für das Jahr 1899 finden sich vier weitere Entwürfe, einer von ihnen mit Marginalien unterschiedlicher Herkunft. Einige dieser Bemerkungen können eindeutig Max Weber zugerechnet werden. Auch dieser Entwurf ist, wie alle anderen, undatiert, es läßt sich also nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob es sich bei dem von Max Weber mitgeschickten Entwurf um dieses Exemplar handelt, der weitere Verlauf der Korrespondenz legt dies aber nahe. Daß es sich generell um einen Entwurf für den neuen Vertrag handelt, läßt sich daraus entnehmen, daß er, wie auch die übrigen Entwürfe, ab Band vier der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ gelten sollte. Die Randbemerkungen Max Webers beziehen sich auf § 4, in dem es um die Regelung des Honorars für die Mitarbeiter geht. Hier hat Max Weber in der Passage „Die Herren Mitarbeiter erhalten für ein Heft, gleichviel welchen Umfangs, M. 50.– [. . .] Honorar“ „ein Heft“ durch „eine Abhandlung“ ersetzt. In § 5 hat er „mit Beigabe von Titel und Lebenslauf“ in Absatz eins eingefügt: „Für Dissertationen wird kein Honorar entrichtet. Dafür werden aber für eine Dissertation bis zu einem Umfang von zwei Druckbogen Text Pflichtexemplare mit Beigabe von Titel und Lebenslauf unentgeltlich geliefert.“ In dem definitiv abgeschlossenen Verlags- und Redactions-Vertrag von 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3, abgedruckt
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(nicht: aus dem Staatswissensch[aftlichen] S[eminar], da dies hier das Jellinek’sche ist) 2 bin ich ganz einverstanden. Lassen Sie, bitte, Goldschmidt3 nun zunächst an den Autor unter der Adresse: „Dr. S[alli] Goldschmidt, Redakteur bei der Frankfurter Zeitung, Frankfurt a/ M.“,b eingeschrieben, schicken [.] Ich schreibe nächste Tage an Sie wegen der Frage des Drucks der Arbeit,4 [ich] c muß dann noch mit dem Autor sel[bst] d verhandeln [.] Für heute nur beste Empfehlung, Ihr hochachtungsvoll ergebenster
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Professor Max Weber Universität Heidelberg Anlage 53b. P.S. Ich schicke dann auch die freundlichst beigelegten Anzeigen der Druckerei zurück[.] 5
b 〈Neue Taubenstraße,〉
c Lochung.
d Lochung.
unter 2, im Anhang unten, S. 900–902) wurden diese Ergänzungen übernommen. Der Sache nach auch übernommen, aber nicht in dieser Form, wurde die Ergänzung Max Webers zum letzten Paragraphen zu Laufzeit und Umfang des Vertrags: „Er läuft jedenfalls 3 mal 36 auf Risiko der Verlagsbuchhandlung gedruckten Bogen“. Diese Ergänzung hatte Max Weber selbst bereits mit der Randnotiz versehen: „kann entfallen, wenn die Correspondenz Übereinstimmung ergiebt.“ Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, unten, S. 604, sowie die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, unten, S. 607. 2 Auf Max Webers Drängen war in Heidelberg neben dem Staatswissenschaftlichen Seminar, dessen Mitdirektor der Staats- und Völkerrechtler Georg Jellinek war, ein eigenständiges Volkswirtschaftliches Seminar unter alleiniger Leitung Max Webers eingerichtet worden. Vgl. dazu Mommsen, Einleitung, in: MWG III/1, S. 17 f., sowie den Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 15. Dez. 1896, oben, S. 248–254. 3 Gemeint ist das Manuskript des ersten Heftes der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter). Siebeck hatte das Manuskript zur Kalkulation am 3. Dez. 1898 erhalten (vgl. Brief an Max Weber vom 3. Dez. 1898, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Vgl. Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, unten, S. 603–605. 5 Paul Siebeck hatte seinem Brief an Max Weber vom 10. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) ein Schreiben der Druckerei beigefügt, „aus welchem Sie die Preise für den Satz ersehen können, die mir berechnet werden.“ Darauf bezieht sich Max Weber hier anscheinend.
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Helene Weber 13. Dezember PSt 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 180 Das Jahr ist anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag (ebd., Bl. 179), sowie aus dem Briefinhalt erschlossen: dem Verweis auf Max Webers Aufenthalt im Sanatorium „Konstanzer Hof“ vom 25. Juli bis 23. Oktober 1898 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 520 f.).
H. 13. XII Liebe Mutter!
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Laura1 übermittelte mir Deine Frage. Wir haben ja aber Dein Weihnachtsgeschenk schon in Gestalt der Flur-Toilette! Marianne sammelt allerdings Schätze, um gelegentlich eine Gaskrone zu bestreiten, giebst Du ihr einen kleinen Beitrag dazu, so ist dies vielleicht schon diese Weihnachten möglich, wo wir sonst sehr sparsam sind, und sie würde sich sehr freuen, glaube ich [.] Wir sparen, um im Frühjahr nach Italien fahren zu können, ich denke es ist möglich, da Constanz billiger war als erwartet2 und wir keine Gesellschaften etc haben. Ich glaube es wird mir, wenn es so weiter besser geht – sehr langsam freilich und mit einigen kleinen Rückschlägen – besser thun als Stillsitzen.3 Ich schlafe jetzt von 3 Tagen 2 gut, d. h. viel, bei langem Liegenbleiben. Mit dem Arbeiten geht es noch etwas sehr mäßig in der Quantität.
1 Laura Hausrath, Max Webers in Heidelberg lebende Cousine. 2 Schon aus Konstanz hatte Max Weber an Marianne Weber geschrieben (im Brief vom 17. Aug. 1898, oben, S. 561), der Aufenthalt sei bislang nicht teuer, er komme mit weniger als 70 Mark pro Woche aus. 3 Die Reise fand nicht statt. Im Januar 1899 schrieb Marianne Weber, die Reisepläne seien nun „sehr unsicher“, da das Geld doch fehlen könnte (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 27. Jan. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zu den finanziellen Problemen kam hinzu, daß im Frühjahr 1899 Max Webers Gesundheitszustand eher Ruhe als anregende Reisen zuträglich schien (vgl. den Brief an Helene Weber vom 13. April 1899, unten, S. 654–656, mit Editorischer Vorbemerkung).
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Sonst geht Alles sehr gut, M[arianne] ist sehr wohlauf, trotz aller wütenden alten Drachen hier.4 Herzlichen Gruß in Eile Dein Max 5
Den Blumenständer würde ich ihr im Frühjahr zu meinem Geburtstag schenken, ich glaube die Gaskrone ist jetzt nötiger, sie will eine solche wie sie bei Hensels5 ist, ich besorge sie eventuell.
4 Die Bemerkung bezieht sich auf Anfeindungen, die Marianne Webers Engagement im Heidelberger Verein „Frauenbildung“ in den konservativen weiblichen Gesellschaftskreisen hervorrief. Auch Marianne Weber berichtete ihrer Schwiegermutter im Herbst und Winter 1898 wiederholt, „die alten Geheimrätinnen schimpfen immer noch u. suchen sich von mir ein schreckliches Bild zu konstruieren“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Dez. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Der Philosoph Paul Hensel und seine Frau Katharina (Käthe) waren mit dem Ehepaar Weber befreundet.
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Paul Siebeck 14. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief führt die Korrespondenz Max Webers mit Paul Siebeck über die Drucklegung der Dissertation von Walther Borgius in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ (Borgius, Mannheim I, II) sowie der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter) fort. Zudem geht es um die Gestaltung des neu abzuschließenden Vertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“. Max Weber hatte Paul Siebeck kurz zuvor seine Vorschläge dazu in Form von Randbemerkungen zum Vertragsentwurf des Verlegers zugesandt (vgl. den Brief an Paul Siebeck, vor oder am 12. Dezember 1898, oben, S. 599 f. mit Anm. 1). Siebeck antwortete am 12. Dezember 1898 mit einem Schreiben (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem er sich hinsichtlich der dort von Weber vorgeschlagenen Erweiterung der Zahl der Druckbogen skeptisch zeigte.
Heidelberg 14. XII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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1) Aus beifolgendem Brief des Herrn Dr Borgius werden Sie ersehen, daß ich mit ihm eine wenig erfreuliche Correspondenz gehabt habe. Er schrieb mir,1 daß Sie ihm schließlich 10 Expl., aber |:ausdrücklich:| nur zu Rezensionszwecken, zugesagt hätten.2 Wenn Sie diese – m.E. für den Absatz des Buchs gleichgültige – Beschränkung aufrecht erhalten wollen, worein ich mich, wie ich ihm schrieb, nicht mische, da Sie das Recht haben, ihm gar keine Freiexemplare zu geben, 3 so bitte ich Sie, ihm außerdem 3 Expl. zu senden unter Belastung meines Contos.
1 Ein entsprechender Brief ist weder unter den Briefen Walther Borgius‘ an Max Weber im Bestand Max Weber-Schäfer (Deponat BSB München, Ana 446) noch in der Korrespondenz Max Weber/Paul Siebeck (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München) noch in den übrigen in Frage kommenden Akten des Verlags (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488) ermittelt. 2 Der erwähnte Brief von Paul Siebeck an Walther Borgius ist nicht nachgewiesen. Die Drucklegung (Borgius, Mannheim I, II) war fast beendet und die Auslieferung beider Hefte für Anfang 1899 vorgesehen. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 15. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Laut § 5 des Verlags- und Redaktionsvertrags von 1897 (abgedruckt unter 1, im Anhang unten, S. 898 f.) waren Freiexemplare bei Dissertationen, die in voller Länge in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ veröffentlicht wurden, nicht vorgesehen. Die Autoren erhielten stattdessen die zur Vorlage bei der Fakultät notwendigen Pflichtexemplare kostenlos im Umfang von bis zu drei Druckbogen (§ 4), was in der Regel einem Auszug aus der gesamten Dissertation von 48 Seiten entsprach. Max Webers diesbezüglicher Brief an Walther Borgius ist nicht nachgewiesen.
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2) Ich mag Sie nicht drängen, Sich wie ich vorschlug auf 3 x 36 Bogen zu binden,4 gestehe aber, daß ich einen erheblichen Zweck der langen Verhandlung und des Vertragsschlusses nicht einsehen kann, wenn wir die Aussicht haben, schon am Schluß des nächsten oder zweitnächsten Bandes an derselben Stelle zu sitzen [,] wo wir uns jetzt befi nden. Ich würde dann der Notwendigkeit nicht enthoben, mich mit der Frage, an wen ich mich wenden soll, wenn Sie Sich nächstens wieder über die Autoren ärgern – und das kann bei solchen jungen Herrn nur allzu leicht geschehen –, zu befassen, was mir ein wenig erfreuliches Schlußergebnis der langen Correspondenz ist. 3) Goldschmidt 5 anlangend schlage ich Ihnen Folgendes vor: Der Autor zahlt pro Bogen der von ihm verfaßten Zahl 30 Mark, den Rest ich,6 wobei ich Sie bitten würde, die Zahlungsfrist auf 15. Mai zu setzen, wo ich Gehalt etc. beziehe, und auch dem Autor in den ev. Fristen entgegenzukommen. Ich sehe nicht, ob die 200 Dissertationsexemplare von 2 Bogen der Arbeit calculiert sind,7 doch ist das wohl kein ins Gewicht fallender Posten. Kann der Druck – woran viel liegt – gleich nach Neujahr beginnen? Es ist zu erwägen, daß der Abnehmerkreis stark pastörlichen Charakter hat; die Aufforderungen zum Evangelisch-Sozialen Congreß pflegen zuerst m.W. in der Osterzeit in den Kirchlichen Blättern und Blättchen zu erscheinen, es wäre gut, wenn dann die Schrift schon versandt wäre, da ihr Erscheinen dann in den „Mitteilungen des Congresses“8 etc. den Teilnehmern und Interessenten schon 4 Max Weber hatte zum letzten Paragraphen des Vertragsentwurfs, den der Verleger ihm zugesandt hatte, zu Laufzeit und Umfang des Vertrags vermerkt: „Er läuft jedenfalls 3 mal 36 auf Risiko der Verlagsbuchhandlung gedruckten Bogen“ (vgl. den Brief an Paul Siebeck, vor oder am 12. Dez. 1898, oben, S. 599, Anm. 1). Dies implizierte, daß sich Siebeck für drei Jahre auf die Veröffentlichung von jeweils 36 Bogen (576 Seiten) pro Jahr bzw. Band auf eigenes Risiko festlegen sollte. § 2 des laufenden Vertrags von 1897 zufolge (abgedruckt unter 1, im Anhang unten, S. 898) waren nur jeweils 30 Bogen pro Band vorgesehen. 5 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter, das als erstes Heft der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ im Frühjahr 1899 erschien. 6 Zur Aufteilung der Zuschüsse zu den Herstellungskosten, die im Fall der „Landarbeiterreihe“ vom Verfasser und Max Weber gemeinsam aufzubringen waren, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, unten, S. 630. 7 Gemeint sind die separat gedruckten Pflichtexemplare, die, wie bei den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, auch von den Dissertationen hergestellt wurden, die in ganzer Länge in der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ erschienen. 8 Es handelt sich um die seit 1891 vom Aktionskomitee des Evangelisch-sozialen Kongresses in Berlin herausgegebenen „Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses“.
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dann bekannt gegeben würde. Möglich wäre dann, wenn die Druckerei es machen kann, daßa das zweite Heft9 dann etwa grade in der Zeit des Congresses (Ende Mai)10 erschiene.11 Die tote Zeit für dieseb Publikation ist der Rest des Sommers, das Interesse ist stets bis Pfi ngsten das regste. – Sind Sie einverstanden, so werde ich nun versuchen, mit den beiden zuerst in Betracht kommenden Herrn, zunächstc Dr Goldschmidt, zur Einigung zu gelangen. Die Auskünfte der Druckerei folgen anbei bestens dankend zurück.12 Mit hochachtungsvoller Empfehlung ergebenst Max Weber
a 〈auch〉
b Unsichere Lesung.
c 〈[??]〉
Max Weber hatte 1892 für sie die Artikelserie „ ,Privatenquêten’ über die Lage der Landarbeiter“ (MWG I/4, S. 74–105) verfaßt und darin eine solche Erhebung unter Pfarrern durch den Evangelisch-sozialen Kongress befürwortet (vgl. auch den Editorischen Bericht, ebd., S. 71–73). Das war der Ausgangspunkt für die Erhebung, deren Materialien er nunmehr durch seine Schüler in der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ veröffentlichen wollte. 9 Gemeint ist: Grunenberg, Landarbeiter. 10 Der zehnte Evangelisch-soziale Kongreß fand am 25. und 26. Mai 1899 statt. Vgl.: Die Verhandlungen des zehnten Evangelisch-Sozialen Kongresses, abgehalten zu Kiel am 25. und 26. Mai 1899. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1899 (hinfort: Verhandlungen des zehnten Evangelisch-Sozialen Kongresses). 11 Beide Hefte erschienen Ende April/Anfang Mai 1899 rechtzeitig zum Evangelisch-sozialen Kongreß. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, unten, S. 663. Im Verzeichnis des deutschen Buchhandels wurden sie am 1. Juni 1899 angezeigt. Vgl. Wöchentliches Verzeichnis der erschienenen und vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels, Nr. 22 vom 1. Juni 1899, S. 546. 12 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck, vor oder am 12. Dez. 1898, oben, S. 599.
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Paul Siebeck 17. Dezember 1898; Heidelberg Telegramm VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bislang waren die Verhandlungen über den neu abzuschließenden Vertrag über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ allein von Max Weber mit Paul Siebeck geführt worden. Letzterer, so war vereinbart worden, sollte dann in Freiburg, ohne Max Weber, die Verhandlungen im Sinne des bereits Vereinbarten zu Ende führen (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 15. Oktober 1898, oben, S. 588). Dazu war ein Treffen Siebecks mit den beiden weiteren Herausgebern, Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz, am 17. Dezember 1898 in Freiburg anberaumt worden. Kurz vor dem Treffen am selben Tag telegraphierte Siebeck zwei Mal an Max Weber (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), mit der Bitte um Stellungnahme zu dem noch umstrittenen § 6 des Vertrags. Max Weber erläuterte sein Telegramm und seine Stellungnahme ausführlich im nachfolgenden Brief an Paul Siebeck vom 18. Dezember 1898, unten, S. 607–610.
einverstanden, wenn dissertationen einschließlich titel und lebenslauf ohne tabellenzuschlag geliefert werden und sie sich auf drei jahre binden weber
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Paul Siebeck 18. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Telegramm Max Webers an Paul Siebeck vom 17. Dezember 1898, oben, S. 606. Paul Siebeck hatte Max Weber umgehend über den Ausgang seiner Verhandlungen mit Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz in Freiburg am 17. Dezember 1898 berichtet (vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 17. Dezember 1898, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Demzufolge zeichneten sich vor allem zwei Konfliktlinien ab. Zum einen war zwischen Verleger und Herausgebern der Umfang der einzelnen Hefte, bzw. die Grenze, von der an die jeweiligen Verfasser zu den Kosten herangezogen werden sollten, umstritten (§ 6); zum anderen waren sich die drei Herausgeber untereinander über die interne Verteilung der zur Verfügung stehenden Druckbögen nicht einig (§ 3). Während Fuchs und Schulze-Gaevernitz eine Drittelung der von Siebeck schließlich konzedierten 36 Druckbogen pro Jahr und Band der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ beanspruchten, insistierte Max Weber mit Verweis auf den zu erwartenden zweiten Heidelberger Ordinarius für Nationalökonomie auf einer Zweiteilung. Dieser und die folgenden Briefe an Paul Siebeck vom 19., 20., 26. und 30. Dezember 1898, sowie 4. Februar 1899, unten, S. 611–613, 614–617, 618–620, 621 f., sowie 637–639, spiegeln die Auseinandersetzungen darüber wider, die sich bis zum Vertragsabschluß im Mai 1899 hinzogen. Erst dann wurde der neue Vertrag fertiggestellt und von Max Weber am 13. Mai 1899, von Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Paul Siebeck jeweils am 15. Mai 1899 sowie von Carl Johannes Fuchs am 17. Mai 1899 unterzeichnet. In diesem Vertrag band sich Siebeck, für die Bände vier bis sechs der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ bis zu jeweils 36 Druckbogen jährlich zu akzeptieren und auf eigenes Risiko herzustellen (§§ 2, 3, 15); je 18 Druckbogen entfielen dabei, wie von Max Weber gefordert, auf die beiden Freiburger Seminare von Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz einerseits, und das Heidelberger Volkswirtschaftliche Seminar andererseits (§ 3). Der Umfang des einzelnen Hefts wurde auf 9 Druckbogen festgelegt, bei Überschreitung dieser Grenze sollte der jeweilige Verfasser die Kosten tragen (§ 6). Vgl. den Verlags- und Redactions-Vertrag von 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3), abgedruckt unter 2, im Anhang unten, S. 900–902.
Heidelberg 18. XII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Ich bestätige mein Telegramm,1 in dessen Erläuterung ich also mich Ihrem Verlangen zu § 6 füge, 2 in der Voraussetzung, daß die 6 Bogen 1 Telegramm an Paul Siebeck vom 17. Dez. 1898, oben, S. 606. 2 Bei ihrem Treffen Ende November 1898 in Heidelberg (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 1. Dez. 1898, oben, S. 597, Anm. 4) hatten Paul Siebeck und Max Weber einen für
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nur den Text umfassen, (also Titel, Inhalta etc nicht eingerechnet) wenn Sie 1) bei § 5 die Lieferung von Titel und Lebenslauf neben den 2 Bogen Text leisten wollen, 3 2) sich – gleichviel ob im Vertrage oder durch Correspondenz – auf 3 x 18 Bogen für mein Seminar – davon nicht mehr als 18 in |:je:| einem Jahr,b – beginnend von Ausgabe des ersten Hefts des 3ten Bandes – binden. Das kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß ich es äußerst peinlich empfi nde, daß nachdem wir hier einig geworden waren, nachträglich von dem hier Vereinbarten abzuhandeln begonnen wurde. Ich glaube, Sie schädigen Sich damit selbst. Ich für meine Person werde es mir nicht beikommenc lassen, für ein Unternehmen etwas zu schreiben, wobei ich für jeden Bogen über 6 Strafe zahle. Und da ich meinen Autoren die Grenzen unmöglich so eng stecken kann, werde ich natürlich auch die Kosten mindestens für den 7ten und 8ten Bogen meinerseits zahlen und daher daran interessiert sein, daß die Abhandlungen [,] welche 6 Bogen überschreiten, möglichst nicht innerhalb des Unternehmens erscheinen, sondern einen anderen Verleger fi nden, da ich gar keinen Anlaß habe, mich pekuniär zu belasten. Grade die allerbesten Arbeiten werden damit dem Unternehmen entgehen, denn Sie irren, wenn Sie meinen, für solche Sachen fi nde sich kein Verlag ohne Zuschuß. Borgius hatte eine Offerte.4 Wenn Sie Sich in den staatswissenschaftlichen Moa Lies: Inhaltsverzeichnis
b 〈binden〉
c Unsichere Lesung.
Verfasser und Herausgeber zuschußfreien Umfang von bis zu 10 Druckbogen für ein Heft vereinbart. Siebeck war davon jedoch wieder abgerückt zugunsten eines Maximalumfangs von 6 Bogen, womit dem Heidelberger und dem Freiburger Seminar jeweils 3 Hefte pro Jahr (3 Hefte x 6 Bogen x 2 Seminare = 36 Druckbogen) zur Verfügung gestanden hätten. Vgl. die Briefe von Paul Siebeck an Max Weber vom 14. und 15. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 3 § 5 regelte die Herstellung von Pflichtexemplaren bei Dissertationen. Anders als im ersten Verlagsvertrag von 1897, hier § 4 (vgl. im Anhang unter 1, unten, S. 899) sah Paul Siebeck nunmehr statt drei kostenfreier Druckbogen Text nur noch zwei für den Teildruck vor. Max Weber insistierte daher auf der kostenfreien Beigabe von Titelblatt und Lebenslauf. Vgl. seine Randbemerkung zu einem der entsprechenden Entwürfe (Brief an Paul Siebeck, vor oder am 12. Dez. 1898, oben, S. 599 f., Anm. 1) sowie das Telegramm an Paul Siebeck vom 17. Dez. 1898, oben, S. 606. 4 Gemeint ist Walther Borgius, dessen Dissertation (Borgius, Mannheim I, II) kurz vor dem Erscheinen in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ stand. Vgl. Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, oben, S. 603, Anm. 2. Um welche Offerte es sich handelt, konnte nicht ermittelt werden.
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nographien umsehen, werden Sie fi nden, daß es recht wenige von Bedeutung giebt, die es fertig bringen, auf 96 Seiten5 ernste Probleme zu erörtern. Sie haben mir die Freude an dem Unternehmen mit diesem Maß der Herabschraubung einer hier schon gemachten Concession (von 10 auf 6, auf fast die Hälfte) jedenfalls gründlich verdorben. Aber ich bin des Verhandelns jetzt satt, machen Sie was Sie wollen. – Borgius bitte ich in meinem Auftrag 3 Expl. für meine Kosten incl. Porto zu überreichen,6 die Abwesenheit der Controlled ändert daran nichts,7 daß er z. B. Sombart kein Dedikationsexemplar überreichen könnte.8 Mir bitte ich außer dem Herausgeber-Exemplar9 noch 4 weitere zugehen zu lassen. – Das Goldschmidt’sche Ms.10 wird sicherlich Anfang Januar zur Verfügung stehen, – Sie sagten mir seinerzeit, daß vorher nicht gedruckt werden könne. Ich schicke meine kurze Einleitung11 bis dahin direkt, ebenso mache ich Ihnen dann Vorschläge über den Titel. Nur muß ich
d 〈hindert nicht〉 5 Dies entspricht 6 Druckbogen. 6 Diese Bitte hatte Weber bereits in seinem Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, oben, S. 603, geäußert. Siebeck hatte dies als nicht notwendig zurückgewiesen. Vgl. den Brief an Max Weber vom 15. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 7 Möglicherweise handelt es sich um eine Anspielung auf Siebecks Hinweis vom 15. Dez. 1898 (ebd.), das zweite Heft (Borgius, Mannheim II) sei noch nicht ganz fertiggestellt, er habe noch von Teilen eine Superrevision für Weber und Borgius bei der Druckerei bestellt. 8 Walther Borgius hatte auch bei Werner Sombart in Breslau studiert. Seiner Veröffentlichung stellte er die ganzseitige Widmung voran: „Meinen hochverehrten Lehrern Werner Sombart und Max Weber in aufrichtiger Dankbarkeit zugeeignet. Der Verfasser“ (Borgius, Mannheim I). 9 Den Herausgebern stand laut § 5 des Verlagsvertrags von 1897 je ein Freiexemplar pro Heft zu (vgl. im Anhang unter 1, unten, S. 899). 10 Gemeint ist das Manuskript des ersten Heftes der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter). 11 Gemeint ist: Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers (MWG I/4, S. 694–711). Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, oben, S. 581 mit Anm. 9.
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vorher mit den andren Herren verhandeln, die als Mitarbeiter beteiligt sind, denke aber, das wird bis dahin erledigt sein. Mit hochachtungsvoller Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber Anbei der Entwurf des Vertrags. Ich habe die betreffenden Modifi kationen wie oben eingefügt.12
12 Ein Entwurf mit den eingangs erwähnten handschriftlichen Modifikationen Max Webers konnte weder in der Korrespondenz Max Weber/Paul Siebeck (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München) noch in den übrigen in Frage kommenden Korrespondenzen sowie Vertragsunterlagen des Verlags (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488) ermittelt werden. Zur Überlieferungslage der Entwürfe zum Verlags- und Redaktionsvertrag von 1899, vgl. den Brief an Paul Siebeck, vor oder am 12. Dez. 1898, oben, S. 599 f., Anm. 1.
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Paul Siebeck 19. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben steht im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dezember 1898, oben, S. 607. Bezug: Briefe von Paul Siebeck vom 17. und 19. Dezember 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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Ihr freundliches heute erhaltenes Schreiben beseitigte den deprimierenden Eindruck wieder, den ich gestern hatte und unter dem ich Ihnen schrieb:1 daß Sie nämlich dem Unternehmen innerlich doch eigentlich mit Abneigung gegenüberstünden und etwa nur aus persönlicher Gefälligkeit gegen mich dasselbe noch eine Zeitlang zu behalten beabsichtigen, obwohl es Sie sachlich nicht interessierte. Das glaube ich Ihrem Entgegenkommen bezüglich Band III und der Bindung auf 3 Jahre entnehmen zu dürfen.2 Dagegen scheinen für mich die Anträge der Freiburger Herren bezüglich § 3 ganz unüberwindliche Schwierigkeiten zu machen.3 Denn einer Drittelung würde ich mich unter absolut keinen Umständen fügen können. Ich kann nichts dafür, wenn in Freiburg die Herren Jeder sein Seminar für sich hat. Eine Beschränkung der hiesigen Universität auf 1/3-Anteil entspricht den Verhältnissen nicht und kann ich prinzipiell nicht zugeben. Dann würde ich den ganzen Vertrag scheitern lassen.
1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607–610. 2 Paul Siebeck hatte in seinem Schreiben vom 19. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) die Festlegung auf drei Jahre bzw. Bände bekräftigt. Bereits zuvor, im Schreiben an Max Weber vom 17. Dez. 1898 (ebd.), hatte er darauf verwiesen, daß er irrtümlich den laufenden Vertrag schon nach dem 2. Band gekündigt habe, eine solche Kündigung sei aber erst nach „Vollendung der ersten 3 Bände“ möglich (§ 9 des Verlagsund Redaktionsvertrags von 1897, vgl. im Anhang unter 1, unten, S. 899). Er hatte sich daraufhin korrigiert und den Verlag des dritten Bandes noch zu den alten Konditionen eingeräumt. 3 In den abzuschließenden Vertrag war die Einfügung eines zusätzlichen Paragraphen (§ 3) vorgesehen, der die umstrittene interne Aufteilung der Druckbogen zwischen den Freiburger und Heidelberger Seminaren regeln sollte. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607.
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Dagegen würde ich in § 4 jedes Honorar fallen lassen, denn an den 100 M. liegt mir nichts.4 Gegen das, was die Herren zu § 5 wollen, 5 habe ich nichts; buchhändlerisch scheint mir die Sache, da die Lieferung von 200 Teildrucken für den Absatz des Ganzen völlig gleichgültig ist, für Sie ziemlich gleich zu liegen, obwohl das gelieferte Papierquantum für Heidelberg größer ist. – Was § 12 anlangt, so wäre auch mir die Fassung, welche die Herren beantragen,6 lieber, ich denke aber, daß Sie auch ohne diese nicht kleinlich verfahren werden. – Zu § 6 bin ich, wie ich schrieb,7 bereit auf Ihre 6 Bogen einzugehen; daß es sehr ungern geschieht [,] schrieb ich; 8 Bogen würde ich für eine angemessene Concession halten, 12 glaube ich von Ihnen nicht beanspruchen zu können; 8 da muß man eben zuschießen. – Aber, wie gesagt, in all diesen Punkten mag geschehen [,] was da will und Sie dort vereinbaren; für mich entscheidend ist § 3. So wenig ich, wenn ich hier bald einen Collegen bekomme – hoffentlich! – und dieser zum Beitritt zugelassen werden sollte, eine Heraufsetzung der Anteile 4 Bislang erhielten die Herausgeber für ein von ihnen selbst verfaßtes Heft 100 Mark, die übrigen Verfasser („Mitarbeiter“) 50 Mark Honorar (vgl. Verlags- und Redaktions-Vertrag von 1897, § 3, im Anhang unter 1, unten, S. 898). Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz forderten eine Erhöhung auf 12 Druckbogen pro Heft und boten dafür als Kompensation den Wegfall der Mitarbeiterhonorare an. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 17. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Im neuen Vertrag von 1899 wurden die Mitarbeiterhonorare beibehalten, wohingegen die Honorarzahlung an die Herausgeber entfiel (vgl. § 4, im Anhang unter 2, unten, S. 900). 5 § 5 des neuen Vertrags (im Vertrag von 1897: § 4, im Anhang unter 1, unten, S. 899) sollte die Herstellung und Bereitstellung von Teildrucken der Dissertationen, die als Pflichtexemplare bei der Fakultät eingereicht wurden, regeln. Wie Paul Siebeck Max Weber am 17. Dezember 1898 mitteilte, hatte die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg inzwischen auf die Abgabe von Pflichtexemplaren in Form von Teildrukken verzichtet. Daher forderten Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz vom Verleger eine Kompensation für den Wegfall der bisherigen Teildrucke in Höhe von zehn Freiexemplaren der gesamten Dissertation zugunsten des Verfassers (vgl. Paul Siebeck an Max Weber am 17. Dez. 1898, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Dementsprechend wurde es im neuen Vertrag von 1899 umgesetzt (§ 5, Absatz 3), während die zur Vorlage bei der Heidelberger Philosophischen Fakultät notwendigen Teildrucke weiterhin geliefert wurden (§ 5, Absatz 1) (vgl. § 5, im Anhang unter 2, unten, S. 901). 6 In § 12 war die Regelung der „Autoren-Korrekturen“ vorgesehen. Fuchs und SchulzeGaevernitz wollten nicht, daß der jeweilige Verfasser eines Heftes „alle“, sondern nur „größere“ Autoren-Korrekturen selbst bezahlte. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 17. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Diese für den Verfasser großzügigere Regelung wurde im neuen Verlagsvertrag von 1899, nunmehr in § 13, festgelegt (vgl. § 13, im Anhang unter 2, unten, S. 902). 7 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607 f. mit Anm. 2. 8 Diese Forderung war von Fuchs und Schulze-Gaevernitz erhoben worden. Vgl. oben, Anm. 4.
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der hiesigen Hochschule verlangen werde, so wenig kann ich in eine Zurücksetzung gegenüber Freiburg [ein]willigen, nur deshalb, weil ich mich hier allein zu plagen habe. Es ist gar nicht gesagt, daß ich bei der erst allmäligen Besserung meiner Gesundheit und der Einschränkung meiner Arbeit in Folge dessen, die 18 Bogen |:gleich:| ganz benutzen werde, es ist das vielmehr unwahrscheinlich, aber ich muß unbedingt eine breitere Basis haben als 12 Bogen, wenn der Vertrag für mich Werth haben soll. – Noch vergaß ich übrigens anzumelden, daß zu den für das Unternehmen geeigneten Arbeiten eine solche von meiner Frau über den Sozialismus Fichtes treten wird, an der sie arbeitet und noch ca 1½ Jahre zu arbeiten haben wird (sie will damit eventuell bei Rickert und SchulzeGävernitz promovieren).9 – Ich werde nun abwarten, was mir die Herren mündlich mitteilen, meine aber, wir müssen nach Weihnachten wirklich endlich ins Klare kommen, ob die gemeinsame Aktion geht oder nicht. Zur Zeit ist mein Zutrauen ernstlich erschüttert, daß aus der Sache etwas wird. Mit hochachtungsvoller Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
9 Marianne Webers Studie erschien 1900 als Heft drei des vierten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ unter dem Titel „Fichte’s Sozialismus und sein Verhältnis zur Marx’schen Doktrin“ (Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus). Das Vorhaben, mit dieser Arbeit bei Heinrich Rickert und Gerhart von Schulze-Gaevernitz in Freiburg zu promovieren, mußte Marianne Weber abbrechen, da die Zulassung von Frauen zum Studium und zur Promotion in Baden 1900 an das Abitur geknüpft wurde, das sie nicht abgelegt hatte (vgl. Meurer, Marianne Weber (wie oben, S. 189, Anm. 8), S. 130, 147).
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Paul Siebeck 20. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben setzt die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über die Fortführung der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ und die Aushandlung eines neuen Verlagsvertrags fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dezember 1898, oben, S. 607. Bezug: Briefe von Paul Siebeck vom 19. und 20. Dezember 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
Heidelberg 20. XII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Vielen Dank für Ihren heutigen Brief. – Sie haben gut spotten! beim Zeus würde auch ich mit dem Dichter schließen wie Sie,1 – aber ich bin leider nicht |:so gestellt wie:| Zeus, sondern als Herausgeber von Monographien in keiner sehr beneidenswerthen Lage: Als ich Ihnen s.Z. den Vorschlag unseres Unternehmens machte, 2 wäre ich weder erstaunt noch piquiert gewesen, wenn Sie gesagt hätten: „solche Sachen bringen, wenn der oder die Herausgeber etwas taugen, allen Beteiligten Ehre, aber man spinnt keine Seide dabei, ich bin anderweit so belastet, daß ich mich auf Derartiges nicht einlassen kann“. Das sagten Sie aber nicht, ja Sie haben Sich mit noch einem weiteren gleichartigen Unternehmen belastet.3 – Heute bin ich |:infolgedessen:| in der peinlichen Lage, gelegentlich immer wieder den Eindruck zu haben, daß Sie eigentlich gern aus der Sache heraus möchten und daß Sie nur aus mehr persönlichen Gründen dies nicht gern deutlich zu erkennen geben möchten. Diese Situation verschuldet es, wenn ich, so oft ich diesen
1 Mit Hinblick auf Max Webers Brief vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607–610, hatte Siebeck am 19. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) geschrieben: „Ich begreife, daß Sie nach und nach ungeduldig werden. Trotzdem hatte ich beim Lesen Ihres Briefes den Eindruck: ‚Zeus, du hast Unrecht, denn du wirst böse‘.“ Das Zitat wird dem griechischsprachigen Satiriker der Antike Lucian von Samosata, dem Verfasser der „Göttergespräche“, zugeschrieben. 2 Max Weber hatte die Verhandlungen mit Paul Siebeck noch in Freiburg im März 1897, kurz vor seinem Weggang nach Heidelberg, begonnen. Vgl. die Briefe an Carl Johannes Fuchs vom 2. und 10. März 1897, oben, S. 295 f. und S. 297 f. 3 Gemeint ist die Übernahme des Verlags der „Wiener staatswissenschaftlichen Studien“, die Max Weber Paul Siebeck bereits früher zum Vorwurf gemacht hatte. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1898, oben, S. 492 mit Anm.4.
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Eindruck bekomme, Gefahr laufe etwas wild zu werden, denn ich weiß [,] daß solche Unternehmungen kein einfaches „Geschäft“ sind, und es ist |:eben deshalb:| nicht angenehm für mich, Sie bei Verbindlichkeiten [,] welche Ihnen lästig sind, festhalten zu sollen. – Nun, es braucht dies nicht weiter ausgesponnen zu werden, denn ich bin nach den Bemerkungen Ihrer beiden letzten Briefe4 wieder gern bereit, die Sache mit gutem Humor zu betreiben, den etwas „tragischeren“ Ton hatten Sie zuerst Ihrerseits durch die Bemerkung angeschlagen, Sich nicht einmal auf eine so lange Zeit, wie der Vertrag bisher gelaufen ist, noch weiter binden zu wollen, |:weil Sie nur thun wollten, „was Sie könnten.“5 1) :| Obwohl ich nur von uns drei Herausgebern6 sicher der mit Glücksgütern bei Weitem wenigst gesegnete bin, will ich doch, wie ich wiederhole, lieber mit – wenn es denn sein muß! – 6 Bogen pro Abhandlung zufrieden sein als auf eine feste Grundlage wenigstens für die Arbeiten [,] die ich aim nächsten Jahrea in Angriff nehme und die also innerhalb der nächsten 3 Jahre zu stande kommen werden [,] zu verzichten. Bei Ihrer Aufzählung der Arbeiten mit deren Bogenzahl7 haben Sie die Arbeiten mit unbestimmter Bogenzahl außer Betracht gelassen, die wohl sämmtlich länger werden als 96 Seiten. Wo ich die jungen Autoren heranziehen kann billigerweise, thue ich es. Aber Borgius ebenso wie die Mitarbeiter an den Landarbeiter-Ar-
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Sie müssen Sich auch erinnern, daß jeder Ihrer Briefe nach unserer Trennung8 weitere brachte, auf die ich alle gern einging. Das soll kein Vorwurf sein, erklärt aber doch, daß ich glaubte, Sie wären der Sache wieder leid geworden.
a in den nächsten Jahren > im nächsten Jahre 4 Vgl. die Briefe von Paul Siebeck an Max Weber vom 19. und 20. Dez. 1898 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Paul Siebeck schrieb am 12. Dez. 1898: „Ob ich mich für 3 Jahrgänge bezw. 3 x 36 Bogen binden kann, muß ich mir noch überlegen. Jedenfalls thue ich, was ich thun kann“. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 12. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 6 Neben Max Weber waren dies Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 7 Max Weber hatte Paul Siebeck am 1. Dez. 1898, oben, S. 596, eine nicht überlieferte Übersicht der für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ in Frage kommenden geplanten Dissertationen und Arbeiten mit dem jeweils geschätzten
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beiten 9 wie die Hälfte der andren sind arme Teufel, zum Teil ältere Leute, die sich z. B. aus dem Volksschullehrerstande aus eigner Kraft heraufgearbeitet haben (so Dr Goldschmidt),10 Bauernsöhne (Tienken),11 ältere Beamte, die zwecks Studium auf Wartegeld gegangen sind pp. – die kann ich nicht heranziehen. Entscheidend also ist für mich, daß ich 3 x 18 Bogen für mein Seminar bekomme. Coordinieren die andern Herren das nicht, so kann ich mich mit ihnen nicht einigen, sondern muß allein marschieren, wie immer es gehe. – Daß ich leider hier allein sitze, daher täglich 2 Stunden auf dem Seminar bin und dabei täglich mit den Herren über ihre Arbeiten conferiere, also mich wesentlich mehr schinde als die Herren Collegen in Freiburg, ist kein Grundb mein Seminar schlechter zu stellen als das dortige, nur weil es ihnen beliebt hat dasselbe in zwei Hälften zu spalten.12 Den 3ten Band nehmen mir die Freiburger ohnehin 8
b 〈mich〉 Umfang zugesandt. Diese Liste umfaßte elf, mit einem Nachtrag vom 7. Dez. 1898, oben, S. 598, zwölf Autoren bzw. Titel. In seinem Brief an Max Weber vom 19. Dez. 1898 führte Paul Siebeck fünf der dort genannten Autoren aus Webers Seminar mit der veranschlagten Bogenzahl an: „Vor mir liegt die Liste der von Ihnen für die Abhandlungen für 1899 angemeldeten Dissertationen. Sie besagt: Ellering 5, Offenbacher 4, Tienken 8, Kanter 4, Abelsdorf[f] 3 ½ Bogen?“ Die von Siebeck hier aufgeführten Dissertationen erschienen alle, bis auf die von Adolf Tienken, in Band vier und fünf der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“. Vgl. Abelsdorff, Beiträge; Ellering, Bernhard, Die Allmenden im Großherzogtum Baden. Eine historische, statistische und wirtschaftliche Studie (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 5, Heft 5). – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902; Kanter, Hugo, Die Entwicklung des Handels mit gebrauchsfertigen Waren von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis 1866 zu Frankfurt a. M. (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 5, Heft 3). – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902 (hinfort: Kanter, Entwicklung); Offenbacher, Martin, Konfession und soziale Schichtung. Eine Studie über die wirtschaftliche Lage der Katholiken und Protestanten in Baden (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 4, Heft 5). – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1900 (hinfort: Offenbacher, Konfession) sowie Tienken, Adolf, Die Geest und Marsch des Amtes Hagen in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen. – Berlin: Paul Parey 1901. – Zum Nachtrag, den Max Weber Paul Siebeck am 7. Dez. 1898 sandte, vgl. oben, S. 598 mit Anm. 1. 8 Paul Siebeck hatte Max Weber Ende November 1898 zu Vertragsverhandlungen in Heidelberg aufgesucht. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 1. Dez. 1898, oben, S. 597 f. mit Anm. 4. 9 Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, oben, S. 597–581 mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 9. 10 Salli Goldschmidt. 11 Adolf Tienken. 12 Max Weber hatte während seiner Freiburger Lehrtätigkeit regelmäßig mit Gerhart von Schulze-Gaevernitz gemeinsam das Kameralistische Seminar veranstaltet (vgl. die Übersicht über seine Lehrveranstaltungen, in: MWG III/1, S. 55–57). Ab 1897/98 hielten sein
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fort,13 obwohl Arbeiten von mir früher angemeldet waren, nämlich die Abelsdorff’sche,14 die ich nun zurückgestellt habe und noch weiter ausformen lasse, und ferner die Landarbeiter-Arbeiten von mir zur Entlastung des Unternehmens aus demselben auf Ihren Wunsch herausgenommen sind.15 Die Herren dort brauchen ja nicht alle bei ihnen entstehenden Arbeiten dem Unternehmen zuzuweisen, sondern nur die dafür spezifisch geeignetsten. – Indessen: Sie haben jetzt für Weihnachten zu sorgen, ich muß abwarten, was die beiden Herren mir zu sagen haben, daher wird es besser sein, die Correspondenz jetzt zu unterbrechen, – mit besten Empfehlungen in bekannter Werthschätzung Ihr ergebenster Max Weber
Nachfolger Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz jeweils getrennt das Kameralistische Seminar ab, entweder pro Semester sich abwechsend oder parallel, und versammelten somit ihren jeweiligen Schüler- und Doktorandenkreis auch separat um sich (vgl. Verzeichnis der Freiburger Vorlesungen, WS 1897/98, SS 1898 und WS 1898/99, jeweils S. 6). 13 In Band 3 der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erschienen 1899 drei Hefte. Bei dem ersten Heft handelte es sich um eine weitere Arbeit von Robert Liefmann, den Max Weber 1897 noch in Freiburg mit einer Untersuchung über Unternehmerverbände (Liefmann, Unternehmerverbände) promoviert hatte, und zwar um Liefmanns Arbeit über die Hausindustrie (Liefmann, Wesen, wie oben, S. 507, Anm. 7). Dieser neuen Studie Liefmanns war die Widmung „Seinem hochverehrten Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg in Dankbarkeit gewidmet vom Verfasser“ vorangestellt. Bei dem zweiten Heft handelte es sich um eine Freiburger Dissertation: Kopp, Adolf, Zehentwesen und Zehentablösung in Baden (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 3, Heft 2). – Freiburg i.B. u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1899 (hinfort: Kopp, Zehentwesen). Als drittes Heft erschien der zweite Teil von Heinrich Sievekings Studie (Sieveking, Genueser Finanzwesen, II). Sieveking hatte sich, kurz bevor Max Weber nach Heidelberg ging, im März 1897 in Freiburg habilitiert (vgl. den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 10. März 1897, oben, S. 297 f.). 14 Gemeint ist: Abelsdorff, Beiträge. Weber hatte Abelsdorffs Studie erstmals im Brief an Paul Siebeck vom 27. März 1898, oben, S. 476, erwähnt; sie tauchte auch auf der Liste vom 1. Dezember 1898 wieder auf. Vgl. Anm. 7. Zur Publikation der Studie, die sich bis Mitte 1900 hinzog, vgl. ausführlich die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, unten, S. 701. 15 Zur ursprünglichen Planung, die Auswertungen der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ erscheinen zu lassen, vgl. die Ankündigung Max Webers für den Verlag, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, oben, S. 435, sowie den Brief an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1898, oben, S. 581. Paul Siebeck hielt eine Aufnahme in die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ für nicht realisierbar, erachtete aber die Begründung einer eigenständigen Reihe unter gewissen Bedingungen als aussichtsreich. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 18. Okt. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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Paul Siebeck 26. Dezember 1898; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Aushandlung eines neuen Verlagsvertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ und setzt die Korrespondenz Max Webers mit dem Verleger Paul Siebeck fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dezember 1898, oben, S. 607. Bezug: die Briefe von Paul Siebeck vom 21. und 24. Dezember 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
H. 26. XII. 98 Sehr geehrter Herr Siebeck! Herzlichen Dank für Ihre Briefe. – Ich weiß das Vertrauen, welches in Ihren persönlichen Mitteilungen liegt, wohl zu würdigen. Irgend welche „Vorwürfe“ wollte ich Ihnen in keiner Weise machen, wie ich auch schrieb,1 sondern nur meine zeitweilige Verstimmung rechtfertigen. – Ihren Wunsch im Brief vom 24ten werde ich den Herren nahelegen, 2 ich selbst habe das größte Interesse, so bald ich irgend kann, die beabsichtigte Abhandlung fertig zu stellen.3 Vorerst geht es noch nicht. Mittel von der Regierung bekommen wir keinesfalls,4 können sie auch nicht einmal beantragen, ohne in eine sehr schiefe Lage zu kommen. Die weitere Zukunft des Unternehmens sehe ich deshalb günstig an, weil die älteren gleichartigen alle auf je 2 Augen (Knapp, 5 Schmoller,6
1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, oben, S. 614 f. 2 Paul Siebeck hatte angeregt, daß zur „rascheren Einführung“ der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ auch einer der Herausgeber, also neben Max Weber Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Carl Johannes Fuchs, ein Heft schreiben sollte. Mit Blick auf Max Webers Erkrankung hatte er hinzugefügt: „Daß Sie das vorerst nicht können, weiß ich.“ (Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 24. Dez. 1898, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Max Weber beabsichtigte selber ein Heft „Zur preußischen Agrarpolitik“ beizusteuern. Vgl. den Brief an den Verlag J.C.B. Mohr, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, oben, S. 435, sowie den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1898, oben, S. 493 mit Anm. 7. 4 Dies hatte Paul Siebeck in seinem Schreiben an Max Weber vom 21. Dez. 1898 angeregt (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Georg Friedrich Knapp gab 1886–1918 die „Abhandlungen aus dem Staatswissenschaftlichen Seminar zu Straßburg“ (Straßburg: Karl J. Trübner) heraus. 6 Gustav Schmoller war 1878–1916 Herausgeber der „Staats- und socialwissenschaftlichen Forschungen“ (Leipzig: Duncker & Humblot).
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|:Brentano,:|7 Conrad8) stehen, Miaskowsky9 ist schon weggefallen, Elster10 fällt jetzt ebenfalls weg. Also es wird Raum, aber natürlich erst sehr langsam. – Zu den Einzelpunkten Folgendes:11 |:§ 3 und 6:| Die Zuschüsse zua garantieren, sollte m.E. der betreffende Herausgeber gehalten sein, es ist dann seine Sache ob er sie selbst leistet oder den Autor zur Leistung veranlaßt. Das wird die einfachste Lösung sein. Als Umfang Ihres Risikos würde ich 8 Bogen ausreichend fi nden.12 Über diesen Umfang werden voraussichtlich nur ca 3 Abhandlungen meines Seminars, die ich schon jetzt ankündigte, hinausgehen. 6 Bogen und 8 Bogen ist ein ganz erheblicher Unterschied und mehr als ich unbedingt für nötig halte [,] möchte ich Ihnen nicht abpressen, weil doch die Hauptsache ist, daß Sie Sich ohne zu ernste Bedenken auf einige Zeit binden können und dies nachher nicht zu bedauern haben. Daß 9 Bogen in der Regel nicht ausreichen, halte ich jedenfalls für etwas zu viel gesagt, der Spielraum ist bei 9, und noch mehr bei 8, Bogen gewiß etwas knapp, aber das soll er ja auch sein. Meine Erstlingsschrift war 10½ Bogen stark13 und wird alsb „Mittelgut“ darin gelten können, der Druck in unseren Abhandlungen ist aber wohl – wenn auch nur wenig – enger. § 5 ist mir mein Vorschlag wichtig.14 a 〈leisten〉
b 〈M〉
7 Gemeint sind die von Lujo Brentano seit 1893 gemeinsam mit Walther Lotz herausgegebenen „Münchener volkswirtschaftlichen Studien“ (Stuttgart: J.G. Cotta). 8 Johannes Conrad gab 1877–1914 die „Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhandlungen des Staatswissenschaftlichen Seminars zu Halle“ (Jena: G. Fischer) heraus. 9 August von Miaskowski war während seiner Zeit als Leipziger Ordinarius und bis zu seinem Ausscheiden aus der Lehre zwischen 1892 und 1897 Herausgeber der „Staatsund sozialwissenschaftlichen Beiträge“ (Leipzig: Duncker & Humblot). 10 Ludwig Elster gab zwischen 1887 und 1900 die „Staatswissenschaftlichen Studien“ (Jena: G. Fischer) heraus. Elster war seit 1897 Vortragender Rat und Geheimer Rat im Preußischen Kultusministerium und damit aus der Lehre ausgeschieden; insofern waren keine weiteren Doktorarbeiten und Studien aus seinem Breslauer Seminar zu erwarten. 11 Diese hatte Paul Siebeck in seinem Brief an Max Weber vom 21. Dez. 1898 (wie Anm. 4) aufgelistet. Zu den Einzelpunkten vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607–610. 12 Die Bogenzahl bezieht sich auf ein einzelnes Heft. 13 Gemeint ist die gedruckte Langfassung von Webers Dissertation von 1889, die mit 170 Seiten Umfang nur knapp (zwei Seiten) über dem Umfang von 10½ Bogen lag. Vgl. Weber, Max, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter. Nach südeuropäischen Quellen (MWG I/1, S. 109–340). 14 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 608, Anm. 3.
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§ 4 ist mir gleichgültig, ich werde bei den Herren für Streichung aller Honorare eintreten.15 § 3 betreffs der Bogenverteilung ist für mich vital.16 Hier kann ich nicht nachgeben. – Die Rechnung betr. Borgius anbei zurück.17 – Bezüglich der Autoren-Correkturen kann diesmal glaube ich der Autor nicht haften, da es nicht vereinbart, er auch darauf nicht vorbereitet war. Könnte nicht künftig, wo das ja anders ist, ein (hektographierter oder geschriebener) Zettel auf den ersten Correktur-Bogen geklebt werden, der den Autor auf seine Kostenfälligkeit hinweist? Doch das, wie Sie wollen, – ich hoffe ja meinerseits den Hinweis darauf gegenüber dem Autor nicht zu vergessen. Glückliches Neujahr! Mit vorzüglicher Hochachtung und besten Empfehlungen Ihr ergebenster Max Weber
15 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 19. Dez. 1898, oben, S. 612 mit Anm. 4. 16 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607. 17 Paul Siebeck hatte seinem Brief vom 21. Dez. 1898 die Abrechnung der Drucklegung der Dissertationspflichtexemplare für Walther Borgius (Borgius, Fruchtmarktgesetzgebung) in Höhe von 123,80 Mark beigefügt (Durchschlag in der Verlagskorrespondenz, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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Paul Siebeck 30. Dezember [1898]; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist aus dem Inhalt erschlossen. Der Brief führt die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über einen neuen Verlagsvertrag über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dezember 1898, oben, S. 607. Bezug: Brief von Paul Siebeck vom 29. Dezember 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber in allen „Einzelpunkten“ (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 26. Dezember 1898, oben, S. 618–620) zugestimmt hatte.
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Ich bin ganz einverstanden, es kommt nun auf die beiden anderen Herren1 an. Herrn v. Schulze sah ich, aber nur ganz flüchtig, er ist bereit, mir drei Bogen von „seinen“ 12 zu cedieren, meint Fuchs werde dasselbe thun.2 Wenn die Herren absolut auf mehr als 8 Bogen pro Abhandlung bestehen – ich habe Herrn v. Sch[ulze] meine Meinung über die Sache gesagt3 – so stelle ich Ihnen anheim, nur mein Seminar, als Entgeld für die größere Gesammtbogenzahl (18) bei der Bogenzahl pro Abhandlung auf 8 und das der Herren auf 9 zu setzen [,] wenn Sie Sich darauf einlassen wollen; ich bin selbst bereit, um es zu ermöglichen, mich auf 7½ (120 Druckseiten) setzen zu lassen. Die Sache sieht ja etwas compliciert aus, ist es aber doch in Wahrheit nicht. – Die Fusion mit Wien wünsche ich |:an sich:| nicht,4 aber, wie ich auch mündlich Ihnen sagte, wenn es auf die Dauer die Fortführung des Un-
1 Die beiden Mitherausgeber Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 2 Fuchs und Schulze-Gaevernitz hatten ursprünglich auf einer Drittelung der von Paul Siebeck zugestandenen 36 Druckbogen, also je Herausgeber 12 Bogen, insistiert, während Max Weber, mit Blick auf einen zweiten Heidelberger Ordinarius für Nationalökonomie, auf einer Hälftung bestand (vgl. seine Briefe an Paul Siebeck vom 20. und 26. Dez. 1898, oben, S. 616 f. und 620). 3 In seinem Brief an Paul Siebeck vom 26. Dez. 1898, oben, S. 619, sprach sich Max Weber für eine Begrenzung des verlegerischen Risikos auf 8 (von 9) Bogen pro Heft aus. 4 Paul Siebeck hatte aus unternehmerischen Gründen den Wegfall des Zusatzes „der Badischen Hochschulen“ im Titel der Reihe gefordert und dabei auch eine räumliche Ausdehnung und Zusammenführung mit den von ihm ebenfalls verlegten „Wiener staatswissenschaftlichen Studien“ erwogen. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 29. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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ternehmens erheblich erleichtert, widersetze ich mich ihr nicht. Mir schien die Fusion dann sehr angebracht, wenn man die Hereinziehung einer wechselnden Zahl von Herausgebern – Herkner, 5 Rathgen,6 Sombart7 etc – also die Ausdehnung des Unternehmens über immer mehr Universitäten beabsichtigen würde. Das würde Sie aber unabsehbar belasten. Mit Wien |:allein:| mich zu fusionieren [,] ist für mich an sich |:wenigstens jetzt:| kein Bedürfnis: aber wie gesagt, es ist ganz Ihre Sache, ob Sie es wünschen und in Angriff nehmen wollen. Goldschmidt’s MS.8 trifft in 8 Tagen ein. Mit vorzüglicher Hochachtung und besten Neujahrsgrüßen Ihr Max Weber P.S. 1. Gelegentlich wüßte ich noch Eins gern: ist es für Sie angenehmer, 10 bis 15 Voll-Exemplare als Dissertation zu liefern oder 200 Teil-Exemplare (à 2½–3 Bogen)? Erstenfalls würde ich versuchen hier den gleichen Modus wie in Freiburg durchzusetzen,9 – ob mit Erfolg, weiß ich nicht. 2. Ich nehme aber an, daß Sie nun im Rahmen unserer Verabredungen Alles mit den beiden dortigen Herren abmachen. „Handeln“ diese Ihnen noch etwas von Ihren Bedingungen „ab“, so habe ich natürlich nichts dagegen, lassen Sie Sich nichts abhandeln, – auch gut! Ich denke, ich bin damit nun außer Schuß. Besten Gruß wie oben Ihr W.
5 Heinrich Herkner. 6 Karl Rathgen. 7 Werner Sombart. 8 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. Max Weber übersandte Paul Siebeck das Manuskript am 6. Januar 1899. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 6. Jan. 1899, unten, S. 623. 9 Die Freiburger Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät hatte auf die Abgabe von Pflichtexemplaren in Form von Teildrucken verzichtet (vgl. dazu den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 19. Dez. 1898, oben, S. 612, Anm. 5). Ein entsprechender Antrag Max Webers bei der Philosophischen Fakultät in Heidelberg ist in den Dekanatsakten des Jahres 1898/99 (UA Heidelberg, H-IV-102/130) nicht ermittelt. Die Heidelberger Promotionsordnung wurde diesbezüglich nicht geändert. Der neue Verlagsvertrag von 1899 sah dementsprechend weiterhin die Herstellung und Lieferung von Teildrucken zur Vorlage bei der Heidelberger Philosophischen Fakultät vor (§ 5, Absatz 1) (vgl. § 5, im Anhang unter 2, unten, S. 901).
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Paul Siebeck 6. Januar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über die Drucklegung der ersten Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ fort, sowie über den dazugehörigen, neu auszuhandelnden Verlagsvertrag; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581 mit Anm. 9.
Heidelberg 6. I. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Anbei Goldschmidt,1 der Rest folgt in 5–6 Tagen, nachdem auch an ihm noch gekürzt sein wird.2 Ich bitte nun um Verlagsvertrag.3 Basis war ja: Zuschuß von M. 46 pro Bogen, 30 vom Autor, Rest von mir. Von Exemplaren brauche ich nur 2 oder 3, dagegen wäre ich für eine nicht zu kleine Zahl von Freiexempl. an den Autor dankbar. Er verwendet sie für sein Fortkommen, macht also sicher keinen Käufer abspenstiga, da er sie an Handelskammervorsitzende u. dgl. giebt. Er bittet [,] daß ihm 20 gedruckt werden, hoffentlich ist es Ihnen möglich, ihm möglichst viele davon oder alle als Freiexemplare zu geben. Die Dissertationen, habe ich ihm geschrieben,4 sollten ihm 15–18 pro Bogen und Expl. kosten (ich werde noch angeben, wo s.Z. der Druck derselben abbrechen soll) – ist das möglich? Sonst würde ich den Mehrbetrag tragen. Hoffentlich kann der Druck gleich beginnen. Heft 2 (Hannover, Schleswig-Holstein) 5 ist ebenfalls so gut wie druckfertig und kommt in a Unsichere Lesung. 1 Gemeint ist das Manuskript zu: Goldschmidt, Landarbeiter. Max Weber hatte die Übersendung des Manuskripts bereits am 30. Dez. 1898 angekündigt. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 30. Dez. 1898, oben, S. 622. 2 Die Zusendung verzögerte sich. Vgl. die Briefe an Paul Siebeck vom 2. und 3. Febr. 1899, unten, S. 633–636. 3 Wie aus dem Antwortschreiben Paul Siebecks an Max Weber vom 7. Jan. 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht, war zu diesem Zeitpunkt der Verlagsvertrag noch nicht vorbereitet. Paul Siebeck sandte Max Weber den Entwurf für einen Verlagsvertrag erst mit seinem Schreiben vom 14. Jan. 1899 (ebd.) zu. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, unten, S. 630. 4 Ein Schreiben Max Webers an Salli Goldschmidt über die Herstellung der Pflichtexemplare zur Vorlage bei der Fakultät ist nicht nachgewiesen. 5 Gemeint ist das Manuskript zu: Grunenberg, Landarbeiter.
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6. Januar 1899
Kürze. Da der Ev[angelisch]-S[oziale] Congreß in Kiel sein wird,6 wird dies Heft, wenn es rechtzeitig, d. h. baldigst, vorliegt, sicher in vielb größerer Anzahl von Exemplaren bei dieser Gelegenheit abgehen. Mit bestem Gruß Ihr sehr ergebener Max Weber P.S. Ich sprach beide |:Freiburger:| Herren zu kurz, um diesmal ihnen sagen zu können, daß sie bald etwas für das Unternehmen schreiben.7 Es geschieht aber bei nächster Gelegenheit, eventuell schriftlich, da wir zu correspondieren haben werden.8
b Unsichere Lesung. 6 Der Evangelisch-soziale Kongreß fand am 25. und 26. Mai 1899 in Kiel statt. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, oben, S. 605, Anm. 10. 7 Paul Siebeck hatte Max Weber gebeten, Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz, seine beiden Freiburger Mitherausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, zu einem Beitrag in dieser Reihe anzuregen. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 24. Dez. 1898 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 8 Eine zeitnahe Korrespondenz hierüber mit Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz ist nicht nachgewiesen.
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Arthur Böhtlingk 8. Januar 1899; Heidelberg Abschrift; von der Hand Arthur Böhtlingks GLA Karlsruhe, 448/2376, Bl. 146–147 Die Abschrift wurde von Arthur Böhtlingk erstellt, wie ein Vergleich mit anderen von Böhtlingk verfaßten Schriftstücken ebd., Bl. 157–158, ergibt. Der Brief steht in Zusammenhang mit der Nachfolge Heinrich Herkners an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Bei dieser Gelegenheit wurde Max Weber zwei Mal, im Dezember 1897 und im Januar 1899, um gutachterliche Äußerungen gebeten. Mit dem im folgenden edierten Brief antwortet er auf die zweite Anfrage. Heinrich Herkner erhielt im November 1897 einen Ruf an die Universität Zürich, dem er zum Sommersemester 1898 folgte (vgl. sein Entlassungsgesuch vom 12. November 1897, GLA Karlsruhe, 235/4236). Der am 17. Dezember 1897 eingerichteten Berufungskommission für seine Nachfolge gehörten Arthur Böhtlingk als Vorsitzender, Herkner selber als Referent und der Ministerialdirektor Karl Schenkel als Korreferent an (vgl. das Protokoll der Sitzung, GLA Karlsruhe, 448/2376, Bl. 107). In diesem Zusammenhang wurde Max Weber zum ersten Mal, und zwar von Heinrich Herkner, um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten. Dem von Herkner erstellten Kommissionsbericht läßt sich entnehmen, daß Max Weber, wie der ebenfalls befragte Georg Friedrich Knapp, den Breslauer Nationalökonomen Werner Sombart favorisierte. Da weder die Anfrage Herkners an Weber noch Webers Antwort darauf ermittelt sind, ist nicht bekannt, ob sich Max Weber in diesem Kontext auch zu Carl Kindermann, der als Privatdozent neben ihm in Heidelberg Nationalökonomie lehrte, äußerte. Die Kommission empfahl Werner Sombart an erster, Walter Troeltsch an zweiter und Ignaz Jastrow an dritter Stelle (Kommissionsbericht vom 31. Dezember 1897, GLA Karlsruhe, 448/2376, Bl. 113–117; vgl. auch ebd., 235/4236). Die Regierung war jedoch nicht bereit, Werner Sombart zu berufen (vgl. dazu auch den Brief Max Webers an Carl Johannes Fuchs vom 7. Juli 1898, oben, S. 509 mit Anm. 15). Da die Fakultät nicht von ihren Vorschlägen abrückte, wurde am 8. Dezember 1898, also rund ein Jahr nach Zusammentritt der ersten Berufungskommission, eine neue Kommission, wiederum unter dem Vorsitz von Arthur Böhtlingk, gebildet. Karl Schenkel fungierte als Referent, der Vorsitzende selbst als Korreferent. Erneut wurde Max Weber als Gutachter herangezogen. Wie aus dem im folgenden edierten Schreiben Max Webers hervorgeht, wandte sich diesmal Arthur Böhtlingk an ihn mit der Bitte um ein Gutachten, und zwar zu Carl Kindermann. Kindermann hatte sowohl im Sommersemester 1898 als auch im laufenden Wintersemester 1898/99 die Karlsruher Lehrstuhlvertretung inne und versuchte, sich während dieser Zeit nachdrücklich als Heinrich Herkners Nachfolger zu empfehlen (vgl. dazu auch rückblickend Max Weber an Franz Eulenburg vom 20. Mai 1908, MWG II/5, S. 569 mit Anm. 4). Weitere Gutachten, u. a. von Karl Bücher, sowie die im folgenden edierte gutachterliche Stellungnahme Max Webers verhinderten jedoch, daß Kindermann auf die Berufungsliste gesetzt wurde; stattdessen beharrte die Fakultät auf Werner Sombart an erster und Walter Troeltsch an zweiter Stelle. Für Platz drei wurden nunmehr, abweichend von der ersten Liste, gleichrangig nebeneinander Werner Wittich und Heinrich Waentig vorgeschlagen (Bericht der Berufungskommission „Die Besetzung des Lehrstuhls für Volkswirtschaft an der Technischen Hochschule betreffend“ vom 29. Januar 1899, GLA Karlsruhe, 448/2376, Bl. 153–158; vgl. auch ebd., 235/4236). Das Ministerium nahm von einer Berufung Werner Sombarts weiterhin Abstand und berief stattdessen 1899 Walter Troeltsch.
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8. Januar 1899
Heidelberg d. 8. 1. 99. Sehr geehrter Herr College! Ich komme Ihrem Wunsche nach, mich noch schriftlich über Dr Kindermann zu äußern. Angenehm ist mir die Aufgabe nicht, da er mir persönlich sympathischa ist und ich lebhaftes Mitgefühl mit der Lage habe, in welche mein Vorgänger Knies ihn unverantwortlicher Weise dadurch gebracht hat, daß er ihn nach anfänglicher Abweisung später zur Habilitation veranlaßte, nur um der Notwendigkeit eines Hilfsdocenten zu entgehen.1 Nichts destoweniger muß ich, darnach gefragt, als meine Ansicht aussprechen, daß mir Dr K[indermann] zwar nicht ungeeignet erscheinen würde, neben einem wissenschaftlich erheblichen Lehrer an einer kleinen Hochschule zu wirken, daß aber die Besetzung einer Stelle vom Range der Karlsruher mit ihm doch geradezu unbegreiflich sein würde angesichts der Kräfte [,] die dafür zu haben sein würden. Ich kann Dr K[indermann] jetzt besser be[ur]teilenb, als vor einem Jahr, 2 wo Prof. Herkner’s Frage nach ihm mich in Verlegenheit setzte u. ich unter dem Eindruck stand, daß die Urteilec der hiesigen Kollegen über ihn doch allzu schroff u. vielleicht in Folge des Verhaltens von Knies nicht ganz unbefangen seien. Dr K[indermann] ist persönlich ein freundlicher, nicht mehr junger, bescheidener, vielleicht nicht zu voller männlicher Kräftigkeit des Wesens entwickelter Herr, mit dem sich Jeder gut vertragen wird, der – wie mir die hiesigen Collegen sagen – bei sachlichend Gesprächen oft etwas naive Ansichten entwickelt u. nicht leicht zu klarer u. präciser Äußerung seiner Gedanken gelangt, deshalb hier meist nicht recht ernst genommen wird, aber sicherlich keinen „Feind“ hat. Er ist ferner ein ganz brauchbarer, gewissenhafter, sorgfältiger u. eifriger Lehrer, den die Studenten gern hören. Überall, wo er entweder stoffliches Material oder fremde Gedanken zu reproducieren hat, ist es zuverlässig und – so viel ich weiß [–] durchaus solide. Wo er dagegen – so in Vorträgen in wissenschafl ichen Gesellschaften etc. – eigene Gedanken (nicht bloß
a In Abschrift: sympatisch
b Lochung.
c 〈ub〉
d In Abschrift: sächlichen
1 Der Sachverhalt ist nicht ermittelt. Kindermann habilitierte sich 1894 in Heidelberg (vgl. unten, S. 627, Anm. 3). 2 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 625.
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selbst gewonnenes Material) [re]produzierte, gelangt er sofort ins Uferlose u. hat nur einstimmiges Kopfschütteln erregt. Inf seinem Buche ist Band I3 wohl als ganz werthlos zu bezeichnen – einige Daten abgerechnet4 – Band II5 besser, aber doch nur eben zulässig, soweit nicht reines Material geboten wird. Alle „organischen“ Gedanken sind confus, wissenschaftlich ganz werthlos u. als Phrasen direkt dem Werth des Materials schädlich.6 Nur wer, – wie gelegentlich mein sonst von mir hochverehrter Gönner Adolf Wagner – in blindem Zorn gegen uns „Historiker“ jeden Versuch zu „construieren“, an sich für werthvoll hält, weil er ein Abgehen vom „Historismus“ u. der bloßen Deskription bedeute, kann anders urteilen.7 Daß Dr K[indermann] in einem Athem mit Leuten ersten Ranges, wie Sombart, Oldenberg,8 oder mit so verdienstvollen Gelehrten wie Tröltsch, Wittich, Waentig, Sieveking9 u. a. genannt werden könnte, ist einfach unglaublich. Würde K[indermann] hier fortgerufen, so wäre dies nach Meinung der Collegen u. auch gder meinigeng für uns nur erwünscht, da alsdann Raum für anderweite Habilitationen frei würde. Sollte uns im nächsten Budget sein Extraordinariat concedirt werden, so wären wir in der bedauerlichen Lage, ihn unter allen [Um]stäne Lochung.
f In Abschrift: Im
g In Abschrift: die meinige
3 Kindermann, Carl, Zur organischen Güterverteilung, Teil 1: Die allgemeine materielle Lage der Roheisenarbeiter der Vereinigten Staaten von Amerika, besonders Pennsylvaniens. – Leipzig: Duncker & Humblot 1894 (hinfort: Kindermann, Güterverteilung, Teil 1). Dieser Teil war zugleich Kindermanns Heidelberger Habilitationsschrift von 1894. 4 Zusammengestellt waren vor allem Daten zu den Löhnen und den Lebenshaltungskosten der Roheisenarbeiter (ebd., S. 48–103). 5 Kindermann, Carl, Zur organischen Güterverteilung, Teil 2: Die Glasarbeiter Deutschlands und der Vereinigten Staaten von Amerika in ihrer allgemeinen materiellen Lage. – Leipzig: Duncker & Humblot 1896 (hinfort: Kindermann, Güterverteilung, Teil 2). Der dritte und letzte Teil erschien unter dem Titel: Zwang und Freiheit, ein Generalfaktor im Völkerleben. – Jena: Gustav Fischer 1901 (hinfort: Kindermann, Güterverteilung, Teil 3). 6 Carl Kindermann stellte sich in die Tradition Herbert Spencers und teilte dessen Grundüberzeugung, daß sich die Gesellschaft wie ein Organismus entwickle. Davon ausgehend vertrat Kindermann eine „organische Welt- und Wirtschaftsanschauung“ (Kindermann, Güterverteilung, Teil 1, S. IV). Der Nationalökonomie schrieb er die Aufgabe zu, an der theoretischen Durchdringung und Neugestaltung des Gebietes mitzuwirken, „das noch am meisten unorganischer Natur ist: die Güterverteilung.“ (Ebd., S. Vf.). 7 Nur Adolph Wagner hatte sich positiv zu Carl Kindermanns Werk geäußert, wie aus dem abschließenden Bericht der Berufungskommission vom 29. Januar 1899 hervorgeht (GLA Karlsruhe, 448/2376, Bl. 155; auch ebd., 235/4236). Offensichtlich war Max Weber darüber bereits informiert. 8 Karl Oldenberg. 9 Heinrich Sieveking.
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8. Januar 1899
denh übergehen zu müssen. Selbst den Antrag, ihm den Professor [ - ] Titel zu geben, mußte ich nach Rücksprache mit den Collegen zurückziehen,10 obwohl ich ihm gern wenigstens diese bedeutungslose Anerkennung seines Eifers verschafft hätte [.] Ich kann nicht glauben, daß eine wissenschaf[tl]ichi so unausgereifte Persönlichkeit wie K[indermann] auf den Lehrstuhl Bücher’s11 gesetzt werden soll [.] Mit [??] j . . .k Max Weber
h Lochung. i Lochung. j Gabelsberger Kurzschrift; nicht lesbar in Abschrift. k Auslassungszeichen in Abschrift. 10 Darüber ist nichts Näheres bekannt. Max Weber stellte einen solchen Antrag ein halbes Jahr später erneut, d. h. gegen Ende des Sommersemesters 1899. Daraufhin wurde Carl Kindermann im August 1899 zum a.o. (Titular-) Professor ernannt (vgl. den Antrag an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 13. Juli 1899, GLA Karlsruhe, 235/2164, Personalakte Carl Kindermann; MWG I/13). 11 Karl Bücher lehrte zwischen 1890 und 1892 an der Technischen Hochschule in Karlsruhe.
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Paul Siebeck 10. Januar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem Verleger im Zusammenhang mit der Drucklegung der ersten Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter) und dem noch auszuhandelnden Verlagsvertrag über die Reihe fort; vgl. zur Reihe die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581 mit Anm. 9. Paul Siebeck hatte Max Weber in seinem Brief vom 7. Januar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) gefragt, ob er damit einverstanden sei, wenn die neue Reihe in der H. Laupp’schen Buchhandlung, die sich, wie der Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), ebenfalls im Besitz der Familie Siebeck befand, erschiene. Des weiteren hatte er die Bereitstellung von 15 Freiexemplaren sowie fünf weiteren Exemplaren zum Buchhändler-Nettopreis für den Autor vorgeschlagen; Pflichtexemplare von Dissertationen würden nicht über 15 Pfennige pro Bogen und Exemplar kosten.
Sehr geehrter Herr Siebeck!
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In welcher Ihrer beiden Garnituren – „Mohr“ oder [„] Laupp“a [–] Sie auftreten, ist für mich irrelevant. Ihre Bedingungen – 15 Frei-Expl. |:dem Autor:|, Dissertationen [der] b Bogen 15 – nehme ich an. Ich nehme an, daß [Sie] c Heft 21 ebenso drucken. Hochachtungsvoll und mit besten Empfehlung[en] Ihr Max Weber [Hd]bgd 10. 1. 99
a Anführungsstriche zugeklebt, am äußersten linken Blattrand. b Zugeklebt, am äußersten linken Blattrand. c Zugeklebt, am äußersten linken Blattrand. d Lochung. 1 Gemeint ist: Grunenberg, Landarbeiter.
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Paul Siebeck 22. Januar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Paul Siebeck hatte Max Weber am 14. Januar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) den Entwurf zum Verlagsvertrag über die Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ zugesandt. Diesem Entwurf zufolge sollte die Reihe äußerlich so wie die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ gestaltet werden. Die Auflagenhöhe sei Sache des Verlags. Für jeden Druckbogen der einzelnen Hefte waren Zuschüsse des jeweiligen Verfassers von 30 Mark und von Seiten des Herausgebers der Reihe, also Max Webers, von 16,25 Mark vorgesehen, insgesamt somit 46,25 Mark. Die von Max Weber zu erstellenden Einleitungen und Résumés sollten beitragsfrei bleiben; die Zahlung der Zuschüsse durch die Verfasser sei fällig mit Ausgabe des betreffenden Heftes; Max Weber als Herausgeber war der Termin der Zahlung seines jeweiligen Zuschußanteils dagegen freigestellt. Wie zuvor bereits vereinbart (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 10. Januar 1899, oben, S. 629) sollten die Verfasser 15 Freiexemplare erhalten und etwaige weitere für den eigenen Gebrauch zum Buchhändlernettopreis; für den Herausgeber waren drei Hefte vorgesehen. Wie bei den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ waren auch in der Landarbeiterreihe die Herstellung und Lieferung von Pflichtexemplaren bei Dissertationen geplant, und zwar „mit Dissertationstitel und Lebenslauf, zum Preise von 15 Pfennig für den einzelnen Bogen (16 Seiten) von jedem Exemplar in bestellter Anzahl“ (§ 2, Absatz V). Korrektur sollte gelesen werden von der Druckerei, den Verfassern und die abschließende Revision von den Verfassern und dem Herausgeber gemeinsam. Der etwaige Erlös aus Übersetzungen sollte zwischen Verfassern, Herausgeber und Verlag gedrittelt werden (vgl. „Entwurf Verlags-Vertrag, Zwischen Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen, vertreten durch ihren Besitzer, Herrn Paul Siebeck“, Januar 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, Kopie/Durchschlag). Max Weber versah diesen Entwurf mit Änderungsvorschlägen und schickte ihn an Paul Siebeck wieder zurück, wie sich aus dem diesbezüglichen Antwortschreiben Paul Siebecks vom 21. Januar 1899, ebd., schließen läßt. Weder das Begleitschreiben Max Webers noch der mit seinen Bemerkungen und Änderungsvorschlägen versehene Entwurf sind überliefert. In dem Schreiben vom 21. Januar 1899 erklärte sich Paul Siebeck mit Max Webers Änderungsvorschlägen einverstanden. Es genüge ihm, wenn Max Weber „als Herausgeber die Zahlung des Beitrags von M. 46,25“ garantiere; die interne Aufteilung mit den Verfassern sei ihm überlassen. Den Verfassern räumte er darüber hinaus eine Zahlungsfrist von bis zu einem Jahr nach Vollendung des Druckes ein. Zugleich sollte die Möglichkeit bestehen, den Zahlungstermin für jedes einzelne Heft durch besondere Vereinbarungen zu regeln. Der Vertrag wurde in diesem Sinne und nur noch mit einer weiteren Änderung – der etwaige Erlös aus Übersetzungen sollte zwischen Verfassern und Verlag gehälftet und nicht wie ursprünglich geplant unter Miteinbeziehung Max Webers gedrittelt werden – zügig überarbeitet und am 30. Januar 1899 von Max Weber und Paul Siebeck unterzeichnet. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 30. Januar 1899, unten, S. 632, sowie: „Verlags-Vertrag Zwischen Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen, vertreten durch ihren Besitzer, Herrn Paul Siebeck“ vom 30. Januar 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K–Z).
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22. Januar 1899
Darüber hinaus bat Siebeck Max Weber in seinem Brief vom 21. Januar 1899 um Rat bei der Wahl eines Autors. Eugen von Philippovich habe soeben die „Volkswirtschaftspolitik“ für das „Handbuch des Öffentlichen Rechts, Einleitungsband“ fertiggestellt (Philippovich, Eugen von, Grundriß der Politischen Ökonomie, 2. Band: Volkswirthschaftspolitik. Erster Theil, 1. und 2. Auflage. – Freiburg i. Br., Leipzig und Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1899). Philippovich wolle „aber den letzten Theil – Finanzwissenschaft – nicht selbst bearbeiten, sondern Herrn Professor Schanz hierum bitten. Wenn nun der Herr Professor Schanz ablehnt? Wer wäre dann der geeignete Bearbeiter?“
Heidelberg 22. 1. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Mit Ihren Vertrags-Vorschlägen ganz einverstanden.1 – Für Finanz-Wissenschafta wäre die bedeutendste Acquisition natürlich Neumann2 in Tübingen, aber er wird nicht zu haben sein. Nächst Schanz3 käme vielleicht E[mil] Sax und nächst diesem v. Heckelb4 (früher Würzburg) in Betracht, der über das Budget im Frankenstein’schen Handbuch eine gute Leistung geboten hat.5 Sonst fällt mir jetzt Niemand ein, aber ich schreibe noch darüber.6 Heut wollte ich nur meine Zustimmung zu Ihrem Vorschlag abschicken. Also für heut beste Empfehlung Ihr Max Weber
a O: Finanzen-Wissenschaft
b Doppelte Unterstreichung in O.
1 Dies bezieht sich auf die Vorschläge bzw. Zugeständnisse, die Paul Siebeck in seinem Brief vom 21. Januar 1899 gemacht hatte (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 630). 2 Friedrich Julius Neumann. 3 Georg von Schanz. 4 Max von Heckel. 5 Gemeint ist: Heckel, Max von, Das Budget (Hand- und Lehrbuch der Staatswissenschaften, Abtlg. 2: Finanzwissenschaft, Band 4). – Leipzig: Hirschfeld 1898. Das Handund Lehrbuch der Staatswissenschaften wurde von Kuno Frankenstein 1893 begründet und nach dessen Tod 1897 von Max von Heckel fortgeführt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „Das Budget“ war Heckel Privatdozent an der Universität Würzburg. 6 Max Weber empfahl Paul Siebeck am 4. Februar 1899 (unten, S. 637 f.) u. a. Walther Lotz, der den betreffenden Band später übernahm.
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Paul Siebeck 30. Januar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Paul Siebeck hatte Max Weber am 24. Januar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) den inzwischen einvernehmlich umgearbeiteten Vertragsentwurf über die Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Januar 1899, oben, S. 630) zugesandt: „Wenn Sie nichts mehr an ihm auszusetzen haben, könnte der Vertrag ausgefertigt werden.“ Max Weber erklärte sich damit offensichtlich einverstanden, sodaß Paul Siebeck ihm am 28. Januar 1899 „den Vertrag selbst in doppelter Ausfertigung“ zusandte, „mit der Bitte um Rücksendung des einen vollzogenen Exemplars an mich“ (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
Heidelberg 30. 1. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck! Anbei der vollzogene Vertrag. Heft No 21 kommt im Manuscript in nächster Woche2 (Stärke: ca 8–9 Bogen) Alsdann wird eine längere Pause – mindestens bis Sommer – eintreten. Heft 2 betrifft Schleswig-Holstein u. Hannover; der Evangel[isch]Soziale Congreß tagt in Kiel.3 Das trifft g[ut] a zusammen. Mit besten Empfehlungen Ihr sehr ergebener Max Weber
a Lochung. 1 Gemeint ist: Grunenberg, Landarbeiter. 2 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 6. Febr. 1899, unten, S. 640. 3 Der Evangelisch-soziale Kongreß tagte am 25. und 26. Mai 1899 in Kiel. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 14. Dez. 1898, oben, S. 605, Anm. 10.
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Paul Siebeck 2. Februar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief führt die Korrespondenz mit dem Verleger über die Drucklegung der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter, sowie: Grunenberg, Landarbeiter) fort; vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581 mit Anm. 9. Bezug: Paul Siebeck teilte Max Weber am 31. Januar 1899 mit, daß das zweite Heft von Andreas Grunenberg pünktlich zum Evangelisch-sozialen Kongreß am 25. und 26. Mai 1899 in Kiel erscheinen könne, „wenn der Umfang 8–9 Bogen nicht übersteigt.“ (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Die Vertreter von Paul Siebeck, G. Zapf und Richard Pflug, erkundigten sich darüber hinaus am 1. Februar 1899, ebd., bei Max Weber nach dem Verbleib der noch ausstehenden Tabellen zum ersten Heft von Salli Goldschmidt.
Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Die Verzögerung der Zusendung des Rest’s von Goldschmidt – ich hatte Ihnen nur ca 2 / 3 gesendet1 – liegt daran, daß der Vater des Autors vor 10 Tagen starb. Natürlich konnte ich da den auch unter den kümmerlichsten materiellen Sorgen lebenden Mann nicht drängen. Er schrieb mir aber seinerseits, daß er jede Minute, wo er sich arbeitsfähig fühlt, ausnutzt und es kann sich nur um einige Tage handeln, da nur noch ganz weniges zu bessern war.2 – Heft 2 schätzt dessen Autor Rentmeister Grunenberg in Beuthen O /Schl. auf 8 Bogen, 3 ich glaube es werden gegen 10 sein.
1 Max Weber hatte die ersten Teile des Manuskripts zu Heft 1 (Goldschmidt, Landarbeiter) am 6. Januar 1899 an Paul Siebeck gesendet. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 6. Jan. 1899, oben, S. 623. 2 Bereits am 3. Februar 1899 übersandte Max Weber weitere Teile und die noch fehlenden Tabellen an den Verlag. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 3. Febr. 1899, unten, S. 635. 3 Vgl. den Brief von Andreas Grunenberg an Max Weber vom 27. Jan. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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2. Februar 1899
Ich habe ihm, da er wenigstens ein wenn auch niedriges, Geha[lt] a besitzt, etwas mehr, 35 M. abverlangt, sodaß ich nur 11,20 M. des Zuschusses trage.4 Mit hochachtungsvoller Empfehlung und bestem Gruß Ihr Max Weber H. 2. II. 99
a Klebung am rechten Rand. 4 Eigentlich: 11,25 Mark; zur vertraglichen Regelung der Zuschüsse von Seiten des Verfassers und Herausgebers von insgesamt 46,25 Mark vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630.
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Paul Siebeck 3. [Februar] 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Monatsdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „8.II.99.“, sowie dem Antwortbrief von Paul Siebeck an Max Weber vom 8. Februar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber hat den Brief irrtümlich auf „Januar“ datiert. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Drucklegung der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581 mit Anm. 9.
Heidelberg 3/2a 99 [Sehr] b geehrter Herr Siebeck!
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Anbei der Titel corrigiert.1 Zugleich der Rest der Darstellung und die Tabellen von Goldschmidt.2 Es fehlen nun nur noch wenige Seiten |:an der Darstellung am Schluß:|, die der Autor in 8 Tagen zu liefern versprochen hat. – Würden Sie wohl so gut sein, |:auch Ihrerseits:| diesem wie den künftigen Autoren durch Brief den Inhalt der für Sie geltenden Vertragsbedingungen mitzuteilen,3 damit die Herren nicht den Eindruck haben, ganz außerhalb aller Vertragsbeziehungen zu Ihnen zu stehen? Mir kann ja schließlich ir[gend was] c passieren etc – kurz [,] es ist doch richtiger so. Bei Goldschmidt also: 30 M. Zuschuß – 15 p[ro] d Bogen und Expl. Dissertation – 15 Freiexpl., weitere Ex[pl.] e zum Nettopreis – 1 Jahr Zahlungsfrist.4 a O: 1
b Lochung.
c Lochung und Klebung.
d Klebung.
e Klebung.
1 Wie sich dem Antwortschreiben Paul Siebecks an Max Weber vom 8. Febr. 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) entnehmen läßt, handelt es sich um eine Korrektur des Titels des ersten Heftes (Goldschmidt, Landarbeiter). 2 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 2. Febr. 1899, oben, S. 633. 3 Entsprechende Auszüge aus den „über die Sammlung ‚der Landarbeiter etc.’ getroffenen Vereinbarungen“ zwischen Max Weber und Paul Siebeck, die für Salli Goldschmidt und Andreas Grunenberg bestimmt waren, befinden sich in der Verlagskorrespondenz als Beilage zum Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 8. Febr. 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Zu den vertraglichen Regelungen vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630. Salli Goldschmidt wurde, wie aus dem für ihn
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3. Februar 1899
Ich wäre Ihnen für die ja nicht große Mühe se[hr] f verbunden. (Bei Herrn Grunenberg – nachdem seine Arbeit einge[reicht] g sein wird5 – statt 30: 35 Mk Zuschuß).6 Mit angelegentlichster Emp[fehlung] h Ihr sehr ergebener Max Weber
f Klebung.
g Klebung.
h Lochung und Klebung.
bestimmten Vertragsauszug hervorgeht (wie Anm. 3) mit einem Zuschuß von 30 Mark belastet, zu zahlen innerhalb eines Jahres nach Fertigstellung der Drucklegung. 5 Gemeint ist das Manuskript zu: Grunenberg, Landarbeiter. 6 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 2. Febr. 1899, oben, S. 634 mit Anm. 4. Laut des für Andreas Grunenberg bestimmten Auszugs aus den Vertragsvereinbarungen (Anm. 3) wurde sein Zuschuß von 35 Mark unmittelbar nach Drucklegung fällig.
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4. Februar 1899
Paul Siebeck 4. Februar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 21. Januar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber um Rat bei der Besetzung des Bereichs „Finanzwissenschaft“ im Rahmen des von ihm verlegten „Handbuchs des öffentlichen Rechts“ gebeten hatte. Max Weber unterbreitete Paul Siebeck daraufhin bereits am 22. Januar 1899 erste Vorschläge (vgl. oben, S. 630 f., mit Editorischer Vorbemerkung). Der im folgenden Brief von Max Weber u. a. vorgeschlagene Walther Lotz veröffentlichte den betreffenden Band im Jahre 1917 (Lotz, Walther, Finanzwissenschaft (Handbuch des öffentlichen Rechts, Einleitungsband). – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1917).
Heidelberg 4. II. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich komme noch mit wenigen Worten auf Ihre neuliche Anfrage zurück. Die bedeutendste Acquisition für „Finanzwesen“ wäre, wie ich schrieb,1 Neumann2 in Tübingen. Das bedarf für Sie keiner Motivierung. Erst nach diesem käme m.E. Buchenberger in Betracht, von dem aber wohl auch ziemlich sicher ist, daß er nicht wollen (und können) wird, weil er zu viel zu thun hat.3 Demnächst wäre, glaube ich, auch der Direktor des Stuttgarter Statist[ischen] a Landesamts, Herr von Zeller,4 ein Mann, der nicht ganz außer Acht zu lassen wäre. Seine Sachen sind immer gut und zuverlässig, wie weit er ein so großes Werk gestalten kann, ist mir nicht aus eigenem Urteil bekannt, aber ich sollte es meinen. Neben Herrn v. Heckel 5 kommt eventuell auch Prof. Lotz-München6 in Betracht, da Brentano7 selbst nicht zu haben sein wird. Lotz hat neuerdings einige gute Artikel über bayrische Steuern geschrieben (in
a 〈Bureaus〉 1 2 3 4 5 6 7
Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 631. Friedrich Julius Neumann. Adolf Buchenberger war seit 1893 badischer Finanzminister. Hermann von Zeller. Max von Heckel. Walther Lotz. Lujo Brentano.
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4. Februar 1899
H[einrich] Braun’s Archiv) 8 und ist, so wenig er mir sympathisch ist, doch recht geschickt. Außer diesem Namen wüßte ich Ihnen – aber doch glaube ich erst in allerletzter Linie, noch Tröltsch 9 zu nennen, der nur etwas sehr breit und bei aller unzweifelhaften Tüchtigkeit für ein solches Werk doch nicht – wenigstens auf diesem Gebiete – bedeutend genug sein dürfte. – Nachträglich fällt mir noch v. Scheel10 (Statist[isches] Reichsamt) ein, aber er wird doch wohl nicht zu haben sein. – Bei Goldschmidts Arbeit11 muß darauf Bedacht genommen werden, daß ehe die ersten 3 Bogen abgesetzt werden, der Punkt in Bogen 3 bestimmt wird, wo abgebrochen wird für den Dissertations-Abzug.12 Der Beschluß der Fakultät wird noch ein paarb Tage auf sich warten lassen,13 dann wird sich der Verfasser mit Ihnen darüber verständigen können. Zu der Dissertation muß der Verf. eine kurze Vorbemerkung machen, welche auf den Ursprung des Materials und den Ort, wo die Gesammtarbeit erschienen ist, verweist.14 Mit besten Empfehlungen Ihr hochachtungsvoll stets ergebener Max Weber
b O: par 8 Zuletzt veröffentlichte Walther Lotz in dem von Heinrich Braun herausgegebenen „Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik“: Die Reform der direkten Steuern in Bayern, unter besonderer Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Band 11, 1897, S. 549–634. 9 Walter Troeltsch. 10 Friedrich Wilhelm Hans von Scheel, der Direktor des Statistischen Amtes des Deutschen Reichs. 11 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. 12 Es handelt sich um die Herstellung von Teildrucken, die als Pflichtexemplare bei Promotionen der Fakultät eingereicht wurden. 13 Ein entsprechender Beschluß ist in den Akten der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg (UA Heidelberg, IV-102/130) nicht ermittelt. 14 So wurde auch verfahren. Die Dissertationspflichtexemplare Goldschmidts trugen denselben Titel wie die später in Max Webers Reihe veröffentlichte Langfassung (Goldschmidt, Landarbeiter), aber mit folgendem Zusatz als Untertitel: „dargestellt nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses“. Auf der Rückseite des Titelblatts wurde vermerkt, daß der Fakultät die ganze, noch im Verlag H. Laupp erscheinende Arbeit
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4. Februar 1899
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Ist der Vertrag wegen der „Bad[ischen] Abh[andlungen]“ nun perfekt?15
vorgelegen habe (vgl. Goldschmidt, Salli, Die Landarbeiter in der Provinz Sachsen sowie den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt dargestellt nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses, 1. Teil, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1899). 15 Der seit längerem zwischen Max Weber, Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz als Herausgebern und Paul Siebeck als Verleger neu ausgehandelte Verlagsvertrag über „Die Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ wurde erst im Mai 1899 unterzeichnet. Vgl. den Verlags- und Redactions-Vertrag von 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3, abgedruckt unter 2, im Anhang unten, S. 900–902).
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6. Februar 1899
Paul Siebeck 6. Februar 1899; o.O. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz im Zusammenhang mit der Drucklegung des zweiten Heftes der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581 mit Anm. 9.
Sehr geehrter Herr Siebeck! Anbei Heft No 2.1 Mit hochachtungsvollen Empfehlungen Ihr stets ergebener Max Weber 6/II 99 Der Verfasser wohnt in Beuthen, O /Schl., ist dort Rentmeister. Zahlt 35 M. Zuschuß, ich den Rest.2 Wegen Dissertations-Abzügen muß s.Z. Abred[ung] 3 getroffen werden.4
1 Gemeint ist das Manuskript von Andreas Grunenberg, das 1899 gedruckt erschien (Grunenberg, Landarbeiter). 2 Vgl. die Briefe an Paul Siebeck vom 2. Febr. 1899, oben, S. 634 mit Anm. 4, sowie vom 3. Febr. 1899, oben, S. 636 mit Anm. 6. 3 Juristischer Fachbegriff, nach alten Quellen, für „Vereinbarung“. 4 Als Dissertationsexemplar wurde zeitgleich der erste Teil der Arbeit von Andreas Grunenberg unter demselben Titel im Verlag H. Laupp veröffentlicht (Grunenberg, Andreas, Die Landarbeiter in den Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover östlich der Weser, sowie in dem Gebiete des Fürstentums Lübeck und der freien Städte Bremen, Hamburg und Lübeck. (Nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses), 1. Teil, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1899).
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13. Februar 1899
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Paul Siebeck [vor oder am 13. Februar 1899]; o.O. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München Ana 446 Die Datierung ist aus dem Verlagsvermerk „13.II.99.“ erschlossen. Bezug: der Brief von Paul Siebeck vom 31. Januar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber darum gebeten hatte, einen Prospekt für die Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ zu verfassen. Hier sollten die besonderen Bedingungen, die zur Sammlung des Materials durch den Evangelisch-sozialen Kongreß 1892/93 geführt hatten, geschildert werden.
Sehr geehrter Herr Siebeck!
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An G[oldschmidt] habe ich geschrieben.1 Anbei Prospekt.2 Beste Empfehlung! Ihr Max Weber
1 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 25. Febr. 1899, unten, S. 642. 2 Beigefügt war der eigenhändige Prospektentwurf bzw. Entwurf eines Werbetextes (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Er wurde u. a. veröffentlicht auf der Innenseite des broschierten Umschlags des ersten Landarbeiterheftes (Goldschmidt, Landarbeiter). Vgl. die Edition des Textes: Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands 1. [Werbetext] (MWG I/4, S. 693); vgl. auch den Editorischen Bericht, ebd., S. 687–692.
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25. Februar 1899
Paul Siebeck 25. Februar 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief befindet sich auf der Rückseite des Schreibens von Salli Goldschmidt an Max Weber vom 24. Februar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Er führt die Korrespondenz über die Drucklegung der ersten beiden Hefte der „Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ fort. Paul Siebeck hatte sich am 8. Februar 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) bei Max Weber u. a. nach dem Verbleib des Schlusses zum ersten Landarbeiterheft (Goldschmidt, Landarbeiter) erkundigt. Daraufhin hatte Max Weber zwei „Mahnungen“ (siehe unten) an den Autor, Salli Goldschmidt, gesandt. Diese sind nicht überliefert. Goldschmidt antwortete daraufhin Max Weber am 24. Februar 1899 und erklärte die Verzögerungen mit seiner beruflichen Anspannung und dem Tod seines Vaters. Er könne nur in den Nachtstunden arbeiten und erbitte daher für die Fertigstellung des Schlusses der Arbeit noch vierzehn Tage Zeit. Max Weber schickte Goldschmidts Antwort weiter an Paul Siebeck; dabei versah er sie auf der Rückseite mit dem folgenden Schreiben.
Heidelberg 25/II 99 Sehr geehrter Herr Siebeck! Umstehenden Brief erhielt ich heute auf zwei Mahnungen. Ist es möglich, auf das „Résumé“a 2 Wochen zu warten, ohne das Erscheinen zu dem Congreß1 zu gefährden? Kann etwa der Satz von Grunenberg2 inzwischen beginnen?3 Andernfalls muß, wie ich dies Herrn Goldschmidt schon schrieb,4 das Résuméb wegfallen und mir im Schluß-Heft vorbehalten bleiben.5
a O: „Resumé“
b O: Resumé
1 Der Evangelisch-soziale Kongreß fand am 25. und 26. Mai 1899 in Kiel statt. 2 Gemeint ist das zweite Landarbeiterheft (Grunenberg, Landarbeiter). 3 Paul Siebeck teilte Max Weber am 27. Febr. 1899 mit (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), daß er den weiteren Satz des ersten Heftes (Goldschmidt, Landarbeiter) zugunsten des zweiten (Grunenberg, Landarbeiter) vorübergehend zurückgestellt habe. 4 Ein entsprechender Brief ist nicht überliefert. 5 Max Weber plante, in einem „Schlußheft“ der Reihe, in dem besonders aufschlußreiche Berichte von Geistlichen zur Lage der Landarbeiter erscheinen sollten, selbst eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse zu geben (vgl. Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands 2. Vorbemerkung des Herausgebers, in: MWG I/4, S. 708). Das Heft kam jedoch auf Grund seiner Erkrankung nicht zustande.
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25. Februar 1899
5
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Nötig ist ein besonderes Résuméc für jedes Heft nach dem Plan der Publikation nicht, bei Heft 2 wird kein solches beigefügt werden. Mit hochachtungsvollen Empfehlung[en] Ihr ergebenster Max Weber NB! – Ich brauche umstehenden Brief nicht mehr.
c O: Resumé
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2. März 1899
Gustav Schmoller 2. März 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig HHStAW, Abt. 1088, Nr. 24 Der Brief steht erstens in Zusammenhang mit einer Einladung von Gustav Schmoller an Max Weber, an einer Konferenz über die Einrichtung von Volkshochschulkursen am 18. März 1899 in Berlin teilzunehmen. Gustav Schmoller setzte sich nicht nur für die Veranstaltung sozialpolitischer Kurse durch den Verein für Socialpolitik ein, sondern auch für die Etablierung des Volkshochschulwesens. Gemeinsam mit der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen (Berlin) lud er Anfang März 1899 zu einer vorbereitenden Konferenz über „volkstümliche Kurse an deutschen Hochschulen“ ein, und zwar eine Reihe von Gelehrten, insbesondere Nationalökonomen, darunter auch Max Weber. Die näheren Umstände ergeben sich aus dem Antwortschreiben Gustav Schönbergs, der ebenfalls eingeladen worden war, vom 2. März 1899 (HHStAW Abt. 1088, Nr. 24; das Zitat ebd.). Zweitens handelt dieser und die folgenden Briefe an Ernst Francke vom 23. oder 24. März 1899, unten, S. 647, sowie vom 25. März 1899, unten, S. 648, von der Pressefehde, die Max Weber mit der Deutschen Industrie-Zeitung und dem preußischen Finanzminister Johannes von Miquel über die Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik ausfocht. Diese Enquete war 1891/92 durchgeführt worden, um die wirtschaftliche und soziale Lage der Landarbeiter im Deutschen Reich empirisch zu untersuchen. Zu diesem Zweck hatte der Verein für Socialpolitik Fragebögen an die ländlichen Arbeitgeber, die als lokale Berichterstatter fungierten, versandt. Die Auswertung der eingegangenen Berichte und die jeweilige Gesamtdarstellung einer Region oblag den Bandbearbeitern. Max Weber hatte die Auswertung für das ostelbische Deutschland übernommen. Sie erschien 1892 (MWG I/3). Sieben Jahre später wurde die Landarbeitererhebung nochmals Thema einer politischen Kontroverse. Zwischen dem 9. und 11. Februar 1899 fand eine Debatte im preußischen Abgeordnetenhaus über die Ursachen des Landarbeitermangels statt, in deren Verlauf der liberale Abgeordnete und Führer der Gewerkvereine, Max Hirsch, die Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik von 1891/92 zitierte. Dabei hob er Max Webers Untersuchung über die ostelbischen Landarbeiter ausdrücklich und zustimmend hervor (Sten. Ber. pr. AH, 19. Leg. Per., I. Sess. 1899, Band 1, S. 483 f.). Von seiten der Regierung nahm Johannes von Miquel Stellung. Er warnte davor, die vom Verein für Socialpolitik durchgeführten Erhebungen zu überschätzen. In Bezug auf die Landarbeiterenquete Max Webers sagte er, ohne Max Weber direkt zu nennen: „ein Buch lesen von einem einzelnen Menschen, der dem Leser garnicht bekannt ist, dessen Wissen und Zuverlässigkeit, dessen Stellung zu allen sozialen Fragen ihm vollkommen schleierhaft sind, und darauf ein solches Gewicht zu legen, wie man legen muß auf das Zeugniß eines Mannes, der die Dinge aus eigener Wissenschaft kennt, das ist eine Verwechselung, die ich garnicht begreife“ (ebd., S. 519). Was die von den einzelnen Berichterstattern dem Verein für Socialpolitik eingesandten Berichte betraf, ergänzte er: „Die Gesammtheit der Berichte macht gewiß einen richtigen Eindruck“ (ebd., S. 520). Wenige Tage nach Miquels Rede brachte das Organ des Zentralverbandes Deutscher Industrieller, die Deutsche Industrie-Zeitung, einen Artikel über die Debatte im Abgeordnetenhaus, in dem sie dem Verein für Socialpolitik vorwarf, Tatsachen „tendenziös“ zu verzerren, und Miquels Rede zustimmend kommentierte, dabei jedoch seine Aussage, daß „die Gesammtheit der Berichte“ „gewiß einen richtigen Eindruck“ vermittele, verfälscht wiedergab: „Die Gesammtheit der Berichte macht gar nicht einen richtigen Eindruck“ (Deut-
2. März 1899
645
sche Industrie-Zeitung. Organ des Zentralverbandes Deutscher Industrieller zur Beförderung und Wahrung nationaler Arbeit, Nr. 7 vom 15. Febr. 1899, S. 85 f.). Max Weber, der diese Debatten und Anfeindungen in der Presse mit wachsendem Unmut verfolgte, beabsichtigte zunächst, wie aus dem im folgenden edierten Brief hervorgeht, Miquels Angriffe auf den Verein für Socialpolitik und die Integrität seiner Person auf der Ausschußsitzung des Vereins für Socialpolitik zur Sprache zu bringen, entschloß sich dann aber, in einem Artikel in der von Ernst Francke herausgegebenen Zeitschrift „Soziale Praxis“ zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Darin stellte er zum einen die von der Deutschen Industrie-Zeitung verfälscht wiedergegebene Passage aus Miquels Rede richtig; zum anderen wies er, an die Adresse Miquels gerichtet, den Vorwurf zurück, es seien keine geeigneten Berichterstatter ausgewählt worden; schließlich verbat er sich den Angriff Miquels auf die mangelnde Zuverlässigkeit seiner Person (Weber, Max, Herr v. Miquel und die Landarbeiter-Enquête des Vereins für Sozialpolitik, in: MWG I/4, S. 683–686). Eine Woche nachdem dieser Artikel erschienen war, replizierte Miquel darauf am 23. März 1899, ebenfalls in der Zeitschrift „Soziale Praxis“. Auch er stellte die durch die Deutsche Industrie-Zeitung falsch wiedergegebene Passage richtig, warf dabei indirekt der Deutschen Industrie-Zeitung eine ungenaue Berichterstattung vor und erklärte darüber hinaus, er habe bei seinen Ausführungen nicht Max Weber gemeint, sondern lediglich davor warnen wollen, den Berichten der einzelnen lokalen Berichterstatter zu große Bedeutung und Zuverlässigkeit beizumessen (Soziale Praxis. Centralblatt für Sozialpolitik, Nr. 25 vom 23. März 1899, Sp. 668 f.). Daraufhin sandte Max Weber einen Entwurf für einen weiteren Artikel an Ernst Francke, in dem er auf Grund der Erklärung Miquels seine „persönlichen Bemerkungen“ zurückzog und in dem Streit einlenkte (Brief an Ernst Francke vom 23. oder 24. März 1899, unten, S. 647). Inzwischen war noch ein weiterer Artikel in der Deutschen Industrie-Zeitung erschienen, in dem nochmals bekräftigt wurde, daß man die wissenschaftliche Arbeit des Vereins für Socialpolitik für tendenziös halte; zudem wurde mit Blick auf den preußischen Finanzminister erklärt, daß man seine Rede nach dem Deutschen Reichsanzeiger zitiert habe, der ja wohl kaum als „ungenau“ zu betrachten sei (Deutsche Industrie-Zeitung, Nr. 12 vom 22. März 1899, S. 163 f.). Nachdem sich nunmehr ein Streit zwischen der Deutschen IndustrieZeitung und Johannes von Miquel entwickelte, zog Max Weber den an Ernst Francke gesandten Entwurf vor der Veröffentlichung zurück (Brief an Ernst Francke vom 25. März 1895, unten, S. 648). Vgl. auch MWG I/4, S. 678–682.
Heidelberg 2. III. 99 Sehr geehrter Herr Professor!
5
Ich werde leider nicht kommen können,1 da es zwar besser geht, aber mit sehr empfi ndlichen Rückschlägen. Von hier käme, wenn es etwa von Interesse wäre, auch einen Theologen dort zu haben, |:ord.:| Prof. D. Tröltsch in Betracht, der vor einem Damenkreis hier über „Ethik“
1 Dies bezieht sich auf die Einladung zur Konferenz über Volkshochschulkurse (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 644).
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2. März 1899
ganz vortrefflich doziert hat, 2 von Juristen |:o. Prof.:| Jellinek, 3 von Philosophen a.o. Prof. Hensel, ebenfalls mit Erfahrungen, aber wesentlich auch auf dem Gebiet des Damenpublikums.4 – In der Ausschuß-Sitzung des Vereins f[ür] Sozialpolitik s.Z. werde ich doch wohl oder übel Miquel’s Frechheiten (17. Sitzung vom 11[.] Februar, S. 519 des Stenogramms) 5 zur Sprache bringen müssen.6 Es ist mir schließlich gleich, was ein Schubiack wie er über mich und den Verein sagt (er hat mich s.Z. in intimstem Kreis eingeladen und zu der Enquête beglückwünscht),7 aber die Form – „ein Mensch [,] dessen Zuverlässigkeit unbekannt ist“8 – kann, glaube ich, doch nicht wohl ignoriert werden, so unangenehm es mir wäre, irgend einen Eklat herbeizuführen. – Mit hochachtungsvoller Empfehlung und in Erwiderunga Ihres freundlichen Grußes Ihr sehr ergebener Max Weber
a O: Erwiederung 2 Ernst Troeltsch hielt im November und Dezember 1898 im Heidelberger Verein „Frauenbildung“, dessen Vorsitzende Marianne Weber war, sechs Vorträge über „Prinzipienfragen der Ethik“ (vgl. dazu die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 17. Juli 1898, vom 17. Nov. 1898, sowie vom 22. Dez. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, sowie Meurer, Marianne Weber (wie oben, S. 189, Anm. 8), S. 115 f.). 3 Georg Jellinek hatte bereits am 9. Februar 1898 im Verein „Frauenbildung“ in Heidelberg referiert, und zwar über die „Öffentlich-rechtliche Stellung der Frau in Deutschland“ (vgl. ausführlich dazu MWG I/4, S. 916 f., sowie den Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 12. Jan. 1898, oben, S. 458 mit Anm. 8). Auch er hatte insofern Erfahrung mit öffentlichen, populärwissenschaftlichen Vorträgen. 4 Paul Hensel hatte dem Verein „Frauenbildung“ und Marianne Weber zugesagt, im Wintersemester 1898/99 „alle 14 Tage seminaristische Übungen zur Einführung in Kant ab[zu] halten.“ Vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 17. Juli 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 5 Sten. Ber. pr. AH, 19. Leg. Per., I. Sess. 1899, Band 1, S. 519. 6 Der Verein für Socialpolitik kam erst im September 1899 wieder zusammen (vgl. Boese, Geschichte (wie oben, S. 7, Anm. 32), S. 87 f.). Max Weber rückte daher von seinem Plan ab und nahm in dem Artikel „Herr v. Miquel und die Landarbeiter-Enquête des Vereins für Sozialpolitik“ zu Miquels Vorwürfen Stellung (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 645). 7 Johannes von Miquel hatte Max Weber kurz nach Erscheinen des Bandes „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland“ (MWG I/3) privat eingeladen (vgl. den Brief Max Webers an Clara Weber vom 7. Jan. 1893, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 23, Bl. 15–16; MWG II/2). 8 Zum genauen Wortlaut vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben, S. 644.
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23. oder 24. März 1899
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Ernst Francke [23. oder 24. März 1899]; Heidelberg Abschrift; von der Hand Ernst Franckes BA Berlin, Nl. Ernst Francke, N 2077, Nr. 35, Bl. 172 Die Abschrift wurde von Ernst Francke erstellt, wie ein Vergleich mit anderen von ihm verfaßten Schriftstücken, ebd., Nr. 23, Bl. 599–600, ergibt. Das Datum ist erschlossen aus dem Briefinhalt mit dem Verweis auf Johannes von Miquels Artikel vom 23. März 1899 sowie dem Brief an Ernst Francke vom 25. März 1899, unten, S. 648. Der Brief steht in Zusammenhang mit der Auseinandersetzung Max Webers mit dem preußischen Finanzminister Johannes von Miquel über die Landarbeiter-Enquete des Vereins für Socialpolitik (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Gustav Schmoller vom 2. März 1899, oben, S. 644 f.).
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Zu der Erwiderung des Herrn Ministers Dr. v. Miquel in der vorigen Nummer1 möchte ich nur noch folgendes beifügen: Seine Äußerungen, die auch mir im amtl[ichen] Stenogramm vorlagen, sind innerhalb wie außerhalb des Hauses, soviel mir bekannt geworden ist, auf mich, da Hr. Dr. Hirsch allein mich mit Namen citirt hatte, 2 bezogen worden u. konnten nach ihrem Wortlaut auch nicht gut anders verstanden werden. Nachdem Hr. v. Miquel indessen erklärt hat, nicht an mich gedacht zu haben, habe ich kein Recht, meine daran geknüpften persönlichen Bemerkungen auch jetzt noch aufrecht zu erhalten – die von dem Herrn Finanzminister mit so erfreulicher Schärfe zurückgewiesene Behauptung, daß seine Äußerungen eine „Absage“ an den Verein f[ür] Sozialpolitik bezweckten, stammte, wie meine Erklärung deutlich ergab, nicht von mir, sondern, ebenso wie die Entstellung einer der Bemerkungen des Ministers in ihr gerades Gegentheil, von der „Deutschen Industriez[ei]t[un]g“. Heidelberg. Max Weber
1 Der Artikel bzw. die Zuschrift von Johannes von Miquel erschien unter der Überschrift „Finanzminister Dr. von Miquel und der Verein für Sozialpolitik“, in: Soziale Praxis. Centralblatt für Sozialpolitik, Nr. 25 vom 23. März 1899, Sp. 668 f. (vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Gustav Schmoller vom 2. März 1899, oben, S. 644 f.). 2 Max Hirsch zitierte ausführlich aus Max Webers Band „Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland“ (MWG I/3) und nannte Max Weber dabei namentlich: „der Bearbeiter, Professor Dr. Max Weber, wenn ich nicht irre, an der hiesigen Universität“ (Sten. Ber. pr. AH, 19. Leg. Per., I. Sess. 1899, Band 1, S. 483 f., das Zitat S. 484).
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25. März 1899
Ernst Francke 25. März 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 191a, Bl. 140 Der Brief setzt die Korrespondenz mit Ernst Francke im Zusammenhang mit der Kontroverse Max Webers mit dem preußischen Finanzminister Johannes von Miquel über die Landarbeiter-Enquete des Vereins für Socialpolitik fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Gustav Schmoller vom 2. März 1899, oben, S. 644 f., sowie den Brief an Ernst Francke vom 23. oder 24. März 1899, oben, S. 647).
H. 25/3 99 Sehr geehrter Herr! Ich bitte Sie, nachdem nunmehr die „Industrie-Zeitung“ ihre Sache gegen Miquel führt, meine Replik unabgedruckt zu lassen,1 da ich dem par nobile fratrum das Waschen ihrer Wäsche nicht stören möchte, es mir auch doch widerstrebt, auf die skandalös unehrliche Erklärung M[iquel]’s mit einer mehr oder minder feindlichen Schlußbemerkung zu reagieren. Mit beste[r] Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
1 Vgl. den Brief an Ernst Francke vom 23. oder 24. März 1899, oben, S. 647.
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Carl Johannes Fuchs 25. März 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 21 Schwer lesbares Tages- und Monatsdatum; Eindeutigkeit ergibt sich aus dem beigefügten Briefumschlag mit Poststempel.
H. 25/III. 99 Lieber College!
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Hr Molling soll den Hamburger Handel in Getreide geschichtlich einschließlich der Einwirkungen der neusten Gesetzgebung bearbeiten.1 Wenn Ihr Schüler seine Arbeit fortsetzt, 2 muß ich Herrn Molling anheimstellen, schleunigst die Partie, welche die neuste Entwicklung (Terminhandel pp.) betrifft, abzuschließen und als Dissertation zu publicieren, damit ihm nicht das „Prävenire“ gespielt werden kann. – Wenn nicht, so hat er Zeit, er arbeitet schon ¾ Jahr und soll – wie gesagt, wenn ihm keine Concurrenz erwächst, noch mindestens ebenso lange für die Sache arbeiten, ehe er an die Formulierung seiner Resultate kommt. – Angenehm wäre ein solchesa Um-die-Wette-Arbeiten gewiß nicht, aber Hr Molling hat kein Monopol und vielleicht kommen beide zu andren Ergebnissen. Jedenfalls bitte ich um freundl. Nachricht! Mir geht es z.Z. nicht gut, das W.S. war sehr anstrengend. Mit bestem Gruß! Ihr Max Weber
a 〈W〉 1 Eine Dissertation von Max Webers Student Josef Molling läßt sich nicht ermitteln. Anscheinend hat Josef Molling sein Vorhaben aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen (vgl. seine Briefe an Max Weber vom 29. Okt. 1898 und vom 25. Mai 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Um welchen Schüler von Carl Johannes Fuchs und welche Arbeit es sich handelt, ist nicht ermittelt. Eine entsprechende Dissertation ist in der UB Freiburg i. Br. nicht nachgewiesen.
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28. März 1899
Paul Siebeck 28. März PSt 1899; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte knüpft an den Briefwechsel mit dem Verleger über die Drucklegung der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ an. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 25. Februar 1899, oben, S. 642 f.
Sehr geehrter Herr Siebeck! Mit den „Landarbeitern“ geht es arg langsam. Daran wird die pedantische Langsamkeit und Entfernung des Herrn Grunenberg schuld sein,1 auch wird Laupp2 sonst zu thun haben. – Aber könnte nicht wenigstens Goldschmidt 3 jetzt versandtfertiga gestellt werden? Es wäre ein wirklicher schwerer Verlust für das Unternehmen, wenn nicht in 4–5 Wochen sich wenigstens 1 Heft im Buchhandel schon befände. Denn dann würde der Congreß[b]erichtb des Generalsekretärs keine Notiz mehr davon nehmen können.4 – Vielleicht sind meine Befürchtungen ungerechtfertigt? Besten Gruß! Ihr stets ergebener Max Weber H. 28/3 a Zu erwarten wäre: versandfertig
b Lochung.
1 Andreas Grunenberg, der Verfasser des zweiten Landarbeiterheftes (Grunenberg, Landarbeiter), war Rentmeister in Beuthen, Regierungsbezirk Oppeln (Oberschlesien). Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 6. Febr. 1899, oben, S. 640. 2 Die Landarbeiterhefte erschienen im Verlag H. Laupp (H. Laupp‘sche Buchhandlung) und wurden in der Druckerei H. Laupp jr. hergestellt. 3 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. 4 Beide Hefte (Goldschmidt, Landarbeiter, und Grunenberg, Landarbeiter) erschienen noch rechtzeitig vor der Zusammenkunft des Evangelisch-sozialen Kongresses am 25. und 26. Mai 1899 in Kiel, und zwar Ende April/Anfang Mai 1899, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, unten, S. 663. Im „Wöchentlichen Verzeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels“ wurden sie am 1. Juni 1899 angezeigt (Nr. 22 vom 1. Juni 1899, S. 546). Der Generalsekretär des Evangelisch-sozialen Kongresses, Paul Rohrbach, erwähnte sie in seinem Bericht zur Eröffnung des Kongresses „mit besonderer Freude“ und hob „Herrn Prof. Dr. Max Weber in Heidelberg“ und die „von ihm herangezogenen Herren seines Seminars“ als die „eigentlichen Bearbeiter“ lobend hervor. Vgl. den Bericht des Generalsekretärs, in: Verhandlungen des zehnten Evangelisch-Sozialen Kongresses (wie oben, S. 605, Anm. 10), S. 10 f., die Zitate: S. 11.
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Friedrich Neumann 12. April 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 218 Der Brief steht in Zusammenhang mit der von Max Weber beantragten Befreiung von der Vorlesung „Theoretische Nationalökonomie“ im Sommersemester 1899 (vgl. dazu den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1899, unten, S. 652 f.).
Eilig! Heidelberg 12. IV. 99
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Die Hohe Philosophische Fakultät bitte ich ergebenst um gefällige befürwortende Weitergabe des beifolgenden Gesuchs nebst Anlage.1 Ergebenst Professor Max Weber
An den Herren Dekan der Philosophischen Fakultät i.V. Herrn Professor Dr Neumann, 2 Professor, hier.
1 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1899, unten, S. 652 f. 2 Es handelt sich um den Romanisten Friedrich Neumann, der Dietrich Schäfer als Dekan vertrat.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 12. April 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe 235/3338
Heidelberg 12. IV. 1899 Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts bin ich gezwungen, anzuzeigen, daß meine Gesundheit mir für die nächsten Monate das anhaltende laute Sprechen, daher das Abhalten von Vorlesungen unmöglich macht. Ich gestatte mir, ein ärztliches Attest des Herrn Hofrath Dr Fischer – Constanz,1 welcher mich während des ganzen bisherigen Verlaufs meiner Krankheit (in Gemeinschaft mit seinem Assistenten2) behandelt hat, beizufügen.3 Da ich, abgesehen von jener (zeitweisen) Behinderung, zu geistiger Arbeit nicht unfähig bin, glaube ich, im Interesse der Seminar-Hörer, die Seminar-Übungen fortsetzen zu sollen und zu können.4 Ich gestatte mir daher die ehrerbietigste Bitte, Hohes Ministerium wolle genehmigen, daß statt meiner Herr Professor Dr Leser die Vorle-
1 Es handelt sich um Dr. med. Georg Fischer, den Leiter der Heilanstalt für Nervenkranke im Konstanzer Hof zu Konstanz, wo sich Max Weber vom 25. Juli 1898 bis zum 23. Oktober 1898 zur Kur aufgehalten hatte. 2 Gemeint ist Friedrich Mülberger. 3 In dem anliegenden Attest vom 12. April 1899 erklärte Georg Fischer, daß er Max Weber im Herbst 1898 wegen „Neurasthenie“ behandelt habe. „Die genannte funktionelle Störung des Nervensystems“ sei offenbar auf Überarbeitung zurückzuführen. Sie habe sich im Laufe des vergangenen Winters zunächst gebessert, sei dann aber gegen Ende des Wintersemesters erneut „in heftigster Weise“ ausgebrochen. Er habe daher Max Weber geraten, im kommenden Sommersemester auf die Abhaltung seiner Hauptvorlesung zu verzichten und sich auf sein Seminar zu beschränken. „Wenn auf diese Weise die Arbeitslast für den Sommer erheblich verringert wird, steht zu erwarten, daß Herr Prof. Weber im Winter 1899/00 seine Vorlesungen wieder vollständig aufnehmen kann.“ (GLA Karlsruhe, 235/3338). 4 Max Weber hatte für das SS 1899, wie üblich, eine zweistündige Veranstaltung „Volkswirtschaftliches Seminar“ angekündigt (Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1899, S. 17).
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sung über „Theoretische Nationalökonomie“ abhält, – wozu derselbe sich bereit erklärt hat (anstatt der „speziellen Nationalökonomie [“]).5 Ehrerbietigst Professor Dr Max Weber
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An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts. Karlsruhe
5 Emanuel Leser hatte für das SS 1899 die Vorlesung „Praktische Nationalökonomie“ (auch „spezielle Nationalökonomie“ genannt) angeboten, während Max Weber in diesem Semester als einzige Vorlesung „Theoretische Nationalökonomie“ angekündigt hatte (vgl. ebd.).
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Helene Weber 13. April 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 181–182 Schon zum Ende des Wintersemesters 1898/99 zwang eine neuerliche Krise Max Weber, auch seine Hauptvorlesung teilweise auszusetzen. Anfang Februar schrieb Marianne Weber: „Max hat auch für diese Woche noch seine Vorlesungen ausgesetzt, u. hofft, daß er dann die 3 noch bevorstehenden Semesterwochen durchhalten wird. Diese nächste Zukunft macht uns vorläufig mehr Sorgen als die spätere, denn wir hoffen, daß dieser Rückschlag in den Ferien wieder ganz überwunden wird. Augenblicklich ist es vor allem die Müdigkeit u. Abgespanntheit des Kopfes, die Max jede geistige Arbeit als Strapaze u. zwar nicht nur als momentane, sondern als für den Gesammtzustand schädliche empfinden läßt. Besonders das Sprechen macht sich gleich unangenehm bemerkbar.“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 9. Februar 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Eine Woche später teilte sie mit, Max Webers Zuversicht sei äußerst wechselhaft und seine Nerven noch immer sehr erregbar. Am besten sei absolute Ruhe und die Vermeidung von Reizungen. Allerdings sei es „greulich“, daß man ihm keine etwa handwerkliche Beschäftigung geben könne: „Dies stundenlange Sitzen u. ‚Stumpfen‘ wie er’s nennt, während dem er nur an seinen Nägeln schnipselt, macht mich in seiner [!] Seele immer ganz traurig; er behauptet aber das täte ihm positiv gut. Diese einseitig ausgebildeten Männer sind doch verraten u. verkauft, wenn ihr Kopf nicht will – wenn man ihn doch wenigstens in die Küche schicken könnte!“ (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 16. Februar 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Die Hoffnung auf eine Erholung und Überwindung der Krise in den Semesterferien erfüllte sich nicht, und Max Weber ließ sich von der Vorlesung über Theoretische Nationalökonomie für das bevorstehende Sommersemester entbinden (Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1899, oben, S. 652 f.). Darüber und über seinen Gesundheitszustand berichtete er seiner Mutter.
Heidelberg 13/IV 99 Liebe Mutter! Mit unseren herzlichen Glückwünschen kommt diesmal, entsprechend der Umkehrung der Funktionen in unsrem Haushalt, eine Handarbeit aus ziemlich müden Stunden von mir, die vielleicht als Briefbeschwerer Verwendung fi nden kann.1 Je mehr man sie anfaßt, desto mehr wird die entstehende schwärzliche Streifung den Löwen „gegliedert“ erscheinen lassen. Er ist beim Brennen etwas beschädigt, die Waffen un-
1 Um Max Weber in seinen apathischen Stunden zur Beschäftigung anzuregen, hatte Marianne Weber ihm Tonmasse zum Modellieren besorgt. Sein „Erstlingswerk“, einen Löwen, ließ Marianne Weber Ende März brennen, um ihn Helene Weber zum Geburtstag am 15. April zu schicken (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 30. März 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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ter dem Schild sind daher nicht vollständig, der Speerstumpf im Rükken war herausgebrochen.2 Ich habe nun, wenn die Regierung mein Dispensgesuch genehmigt, ein ziemlich ruhiges Semester vor mir, und da es mir schon jetzt ganz bedeutend besser geht – ähnlich wie im Herbst – so denke ich eine ganz beträchtliche Stufe in die Höhe zu kommen. Nachdem nun noch einmal – jetzt aber zum letzten Mal! – Alles, was ich an mir und in mir habe, geprüft ist mit gleich negativem Resultat, und nachdem ich selbst nachgerade aufs genauste angeben kann, was mir bekommt, was nicht, kann man sich die verfügbare Arbeitszeit einteilen. Ich wünsche nur, daß Ihr nun glaubt, daß es nicht psychische Apathie ist, wenn ich in gewissen Übermüdungsstadien alle sogenannten „Anregungen“ ablehne und wenn ich jetzt Urlaub genommen habe – die Sprech-Unfähigkeit ist reina physisch, die Nerven versagen und mir vergehen dann beim Blick auf mein Collegheft einfach die Sinne. Jetzt, wie immer sobald es entschieden bergauf geht, bin ich in denkbar bester Stimmung, wie übrigens schon seit einiger Zeit. Nur ist Morgens infolge von Zappeligkeit meine Handschrift nicht schön, – wie Du siehst. – Nun genug von der Krankengeschichte. Frl. v. Richthofen kann Euch ja mehr von mir erzählen, 3 und hoffentlich sehen wir Dich ja in nicht zu langer Zeit hier. – v. Schulze’s Angebot seiner Residenz in Crainsdorf hat mich wirklich auch gefreut, das steife Bockbein machte in seinem Brief ordentlich „Witze“,4 was sonst nicht seine Sache. Aber im Herbst werden wir doch wohl etwas in die Höhe steigen, vermutlich in die Schweiz bzw. Tyrol, wenn sich dort ein Ort ohne allzu viel Collegen-Gesellschaft a 〈f〉 2 Laut Marianne Weber stellte die Figur eine Nachbildung des „sterbenden Luzerner Löwen“ dar (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 251). Das 1812 in Luzern errichtete Denkmal symbolisiert die 1792 beim Sturm auf die Tuilerien gestorbenen Schweizer Gardisten. 3 Else von Richthofen war nach zwei Semestern Studium bei Max Weber in Heidelberg (mit seiner Empfehlung) im Wintersemester 1898/99 zu Gustav Schmoller nach Berlin gewechselt (vgl. hierzu die Briefe an Gustav Schmoller vom 12. Juli 1898 und vom 24. Sept. 1898, oben, S. 510–512 und S. 583). 4 Über dieses nicht überlieferte Angebot von Gerhart von Schulze-Gaevernitz hatte Marianne Weber ihre Schwiegermutter einige Tage zuvor informiert: Schulze-Gaevernitz schlug dem Ehepaar Weber vor, „diesen Sommer auf seinem Gute Krainsdorf in Schlesien zu verbringen – wir sollten dann Berta [!] mitnehmen u. unsern Haushalt auf eigne Rechnung führen“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 5. April 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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ausfi ndig machen läßt. Zu Mariannes altem Sehnsuchts-Ziel Norwegen werden diesmal unsere Mittel jedenfalls nicht reichen. – Da ich alle Buchhändler-Zusendungen für die Ferien abbestellt hatte, habe ich die „Soziale Praxis“ mit Alfred’s Aufsatz, 5 von dem Du schreibst, noch nicht gesehen, ich schreibe ihm, sobald dies der Fall, darüber.6 Im Übrigen werde ich jetzt an die Fertigstellung meines Colleg-Grundrisses gehen,7 damit er nächstes Jahr als Manuscript, übernächstes vielleicht als Buch im Buchhandel erscheinen kann. Die Arbeitslust ist da, wenn nur die vorerst möglichen Arbeitsstunden nicht so eng begrenzt wären. – Dir bringt hoffentlich das neue Jahr wieder das Abschwellen und Ab[stoßen] b manches Sorgenpäckchens und gute Gesundheit. Wir bitten Dich jedenfalls zu kommen, wann es Dir paßt, da sich das sehr gut einrichten läßt. Seit ich überhaupt wieder so weit bin, körperliche Bewegung (Radeln etc) gut und zwar täglich besser zu vertragen, ist der Berg überwunden. Allen Geschwistern herzliche Grüße, Dir einen herzlichen Kuß Dein getreuer Max
b Unsichere Lesung. 5 Weber, Alfred, Der Arbeiterschutz in der Konfektion und verwandten Gewerben, in: Soziale Praxis. Centralblatt für Sozialpolitik, Nr. 26 vom 30. März 1899, Sp. 689–694. 6 Ein entsprechender Brief an Alfred Weber ist nicht überliefert. 7 Ein Teilmanuskript war bereits zum Sommersemester 1898 erschienen, und zwar handelte es sich um den für seine Hörer gedruckten „Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, zu dem Max Weber schon eine Ausarbeitung („Erstes Buch. Die begrifflichen Grundlagen der Volkswirtschaftslehre“) fertiggestellt hatte (MWG III/1, S. 81–117 und S. 118–156, mit Editorischen Berichten, S. 81–88 und S. 118– 121). Max Weber plante, das Material zu einem Lehrbuch auszuarbeiten (ebd., S. 118 f.).
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Verlag H. Laupp [15. oder 16.] April 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Tagesdatum ist nicht eindeutig lesbar. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Drucklegung des zweiten Heftes der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Grunenberg, Landarbeiter). Bezug: C. Manz von der H. Laupp’schen Buchhandlung, Tübingen, hatte Max Weber am 14. April 1899 die betreffenden Druckbogen 5 und 6 zugesandt. Andreas Grunenberg hatte sie mit umfänglichen Korrekturen versehen. Manz bat Max Weber daher, die Bögen nach Durchsicht wieder an Grunenberg zurückzusenden, da „nachträgliche Änderungen in solchem Umfange unzulässig“ seien; „wennschon er für die Korrekturkosten aufzukommen hat, so wird doch durch diese Mehrarbeit schließlich das rechtzeitige Erscheinen“ in Frage gestellt. Vgl. den Brief an Max Weber vom 14. April 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
Heidelberg 16.a IV. 99 An die H. Laupp’sche Buchhandlung! Sehr geehrter Herr! 5
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Ich bitte Sie dringend, die allerdings exorbitanten Correkturen doch vorzunehmen. Wenn ich mit Hrn Grunenberg correspondiere, vergehen 1½ weitere Wochen, denn einige der Correkturen sind unvermeidlich, bei andren kann ich es von hier aus nicht sofort sehen, ob es der Fall. Ich werde Hrn. Grunenberg |:sofort:| schreiben,1 daß Derartiges nicht wiederholt vorkommen darf. Äußersten Falls müßte Heft 1 allein versendet werden, 2 wichtig ist in erster Linie, daß überhaupt ein Teil der Enquête erschienen ist, wenn der Congreß (Pfi ngsten) tagt.3 Setzen Sie doch Alles daran, daß auch Heft 2 fertig wird! Die Kosten hat Hr Grunenberg, soweit er sie verschuldet, zu tragen. Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst Max Weber a Alternative Lesung: 15. 1 Ein entsprechendes Schreiben ist nicht nachgewiesen. 2 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. 3 Vgl. dazu die Karte an Paul Siebeck vom 28. März 1899, oben, S. 650, Anm. 4.
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Ernst Hasse 22. April 1899; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 75 Der Brief ist gerichtet an den geschäftsführenden Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, Ernst Hasse, und beinhaltet die Austrittserklärung Max Webers aus dem 1891 gegründeten Verband, dem Max Weber seit Ende 1896 angehörte (vgl. dazu Mommsen, Einleitung, in: MWG I/4, S. 61 f., sowie ebd., S. 819 f.). Ernst Hasse antwortete Max Weber darauf am 27. April 1899 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Hochgeehrter Herr College! [. . .] Sie sind mit der Polenpolitik des A.D.V. unzufrieden. Ich bedauere nur, daß die erste Bekundung dieser Unzufriedenheit sogleich die Form der Austrittserklärung annimmt. Andernfalls wäre vielleicht eine Aufklärung und Verständigung möglich, umsomehr als der A.D.V., wie Sie aus den Jahren 1893 und 1894 und den damaligen Veröffentlichungen des A.D.V. wissen, großes Gewicht auf Ihr Urteil in der Sache gelegt hat und noch legt. [. . .] Unter allen Umständen muß ich Ihren Vorwurf zurückweisen, als ließen wir die Lebensinteressen des Verbandes durch die Rücksichtnahme auf unsere konservativen Mitglieder überwuchern. Eines aber gebe ich zu, daß der A.D.V. die Polenpolitik in den letzten Jahren nicht mit derselben Lebhaftigkeit verfolgt hat, als früher. Das ist aber die Folge der Entstehung des OstmarkenVereins [. . .] Wenn Sie in Ihrem Sinne auf dem Gebiete der Polenpolitik rücksichtslos vorgehen wollen, so können wir uns nur darüber freuen [. . .] Lieber wäre es uns freilich, wenn Sie Ihre Polemik künftig im Rahmen des A.D.V. führen wollten. Mit unveränderten hochachtungsvollen Gesinnungen und Mit deutschem Gruß Ernst Hasse.“
Heidelberg, 22. April 1899. Hochgeehrter Herr Kollege! In Unkenntnis, an wen sonst eine solche Erklärung zu richten ist, beehre ich mich, Ihnen meinen Austritt aus dem „Alldeutschen Verband“ anzuzeigen. Der Grund liegt in der Haltung des Verbandes in der Frage der polnischen Landarbeiter. Während der Verband sonst Wichtiges und Unwichtiges (oft geradezu Quisquilien wie „Menus“a u.s.w.) mit gleicher Leidenschaft bespricht und erörtert, hatte er sich in einer Lebensfrage des Deutschtums nicht über hie und da höchst selten und platonisch ausgesprochene Wünsche erhoben, niemals den vollständigen – natürlich nur stufenweise möglichen – Ausschluß der Polen mit annähernd ähnlicher Energie vertreten, wie die nationalpolitisch höchst gleichgültige Ausweisung von Dänen1 und Tschea In Abschrift: „Menu“s 1 In Schleswig-Holstein betrieb der Oberpräsident Ernst-Matthias von Köller zwischen 1897 und 1901 eine dezidierte Germanisierungspolitik, die der Kaiser förderte. Seit Sep-
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chen, 2 durch welche die Regierung der öffentlichen Meinung Sand in die Augen streut.3 Er hat es hingenommen, daß die Königsberger Landw[irtschafts]-Kammer so schamlos war, die Ansiedelung der Polen zu fordern,4 daß die Agrarier im Landtage die Erleichterung der Polen-Zufuhr forderten und die Regierung sie zusagte, falls sie bei Rußland (!) zu erlangen sei.5 Die Rücksichtnahme auf die Geldinteressen des agrarischen Kapitalismus’, der in den zahlreichen conservativen Mitgliedern des Verbandes seine Vertretung hat, geht dem Verbande über die Lebensinteressen des Deutschtums. Um die Freiheit zu gewinnen, dies bei Gelegenheit auch öffentlich zu statuiren, trete ich aus; ich habe diese Sache innerhalb des Verbandes
tember 1898 wurden dänische Staatsbürger und Optanten, die in Nordschleswig lebten, ausgewiesen (vgl. Sievers, Kai Detlev, Art. Köller, Ernst v., in: Neue Deutsche Biographie, Band 12. – Berlin: Duncker & Humblot 1980, S. 321 f.; zu dieser sogenannten „Köllerpolitik“ vgl. auch Olsen, Sven Thomas, Die Dänenpolitik im deutschen Kaiserreich. – Hamburg: Univ. Diss. 1999 (Mikroform), S. 184–192, sowie Schulthess 1898, S. 174 f.). 2 In Oberschlesien kam es im November und Dezember 1898 zur Ausweisung von österreichischen Staatsbürgern slawischer Herkunft (vgl. Schulthess 1898, S. 174). 3 Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1900 lebten im deutschen Kaiserreich 3 Millionen Polen; die Zahl der dänisch bzw. tschechisch sprechenden Minderheiten betrug demgegenüber nur 141 000 bzw. 43 000 (vgl. Statistik des Deutschen Reichs, Neue Folge, Band 150. – Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht 1903, S. 119). 4 Max Weber spielt auf Forderungen an, die die ostpreußische Landwirtschaftskammer gemeinsam mit der westpreußischen und der Posener Landwirtschaftskammer erhoben hatte. Diese richteten 1898 einen Antrag an den preußischen Landwirtschaftsminister mit der Bitte, ausländische polnische Landarbeiter nicht nur saisonal beschäftigen, sondern auch langfristig als Gesinde einstellen zu dürfen (vgl. Nichtweiss, Johannes, Die ausländischen Saisonarbeiter in der Landwirtschaft der östlichen und mittleren Gebiete des Deutschen Reiches. Ein Beitrag zur Geschichte der preußisch-deutschen Politik von 1890 bis 1914. – Berlin: Rütten & Loening 1959, S. 66). 5 Max Weber bezieht sich auf die Debatten im Preußischen Abgeordnetenhaus am 10. und 11. Februar 1899 über die ländliche Arbeiternot im Osten. Auf die Bestrebungen der Deutsch-konservativen Partei und des Bundes der Landwirte, die Zulassungsbestimmungen für polnische Saisonarbeiter aus den russischen Teilungsgebieten zu lockern, antwortete am 10. Februar 1899 als Vertreter der Regierung der Vizepräsident des Staatsministeriums und Finanzminister, Johannes von Miquel, daß die Regierung keine Bedenken habe, die Zulassungsfrist für polnische und galizische Arbeiter jeweils über den 1. Dezember hinaus bis zum 15. Dezember auszudehnen, daß dem aber ein Hindernis entgegenstehe, „nämlich, daß wenigstens die russischen Pässe bis zum 1. Dezember ablaufen und dadurch große Schwierigkeiten für die Rückkehr der Leute entstehen würden. Ob es vielleicht gelingen wird – ich werde darüber mal mit dem Chef des Auswärtigen Amts in Verbindung treten – in dieser Beziehung eine anderweite Einrichtung in Rußland zu erreichen, kann ich nicht sagen; erwägenswerth bleibt die Sache ja immer“ (vgl. Sten. Ber. pr. AH, 19. Leg. Per., I. Sess., 1899, Band 1, S. 459, 16. Sitzung vom 10. Febr. 1899).
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in Vorträgen in Berlin,6 Freiburg7 u.s.w. derart bis zum „Steckenpferdreiten“ vertreten – ohne Erfolg für die Haltung des Verbandes –, daß ich diese zwecklosen Anstrengungen satt habe, zumal Sie wissen, daß meine Stimme in diesen Dingen überhaupt nichts gilt. – Ich gelte als „Feind der Junker“. – Dies hindert mich natürlich nicht, lebhafte Sympathien auch für die Bestrebungen des Verbandes zu haben, und schwächt meine aufrichtige persönliche Hochachtung für die Person der leitenden Herren nicht ab. Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr ergebener gez. Max Weber.
6 Es handelt sich um einen Diskussionsbeitrag auf dem ersten Alldeutschen Verbandstag am 9. September 1894 in Berlin, über den in der ersten Flugschrift des Alldeutschen Verbandes berichtet wurde. Max Weber forderte hier die „Sperrung der Grenze gegen die russisch-polnischen Wanderarbeiter“, um den von ihm auf Grund statistischen Materials diagnostizierten Verdrängungsprozeß deutscher durch polnische Landarbeiter und Bauern aufzuhalten (vgl. Weber, Max, [Zur Polenfrage. Diskussionsbeitrag auf dem ersten Alldeutschen Verbandstag am 9. September 1894 in Berlin], in: MWG I/4, S. 715–719; das Zitat: S. 718). 7 Max Weber hielt am 13. März 1897 in der im Dezember 1896 gegründeten Freiburger Ortsgruppe des Alldeutschen Verbands, dessen Mitglied er war, den Vortrag „Das Polenthum in den deutschen Ostmarken“ (MWG I/4, S. 819–825). Hier erneuerte er seine Forderung nach Zurückdrängung der polnischen Wanderarbeiter und Förderung der Ansiedlung deutscher Bauern und Landarbeiter in den preußischen Provinzen Posen und Westpreußen.
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Verlag H. Laupp PSt 22. April 1899; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte trägt den Verlagsvermerk: „22.IV.99.“ Sie setzt die Korrespondenz über die Drucklegung der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ fort.
Herrn H. Laupp, Tübingen Sehr geehrter Herr!
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Herr[n] Goldschmidt habe ich nochmals wegen Inhaltsverzeichnis geschrieben.1 Ich verzichte auf Correkturlesung desselben. Schickt er es in ca. 3 Tagen nicht, so ist er wahrscheinlich wieder krank und ich bitte dann nicht zu warten, es ist nicht unbedingt ein solches nötig. Im Interesse des Unternehmens ist es dringend erwünscht, daß der Versandta bald erfolgt. Mit größter Hochachtung ergebenst Max Weber NB. Titel von Goldschmidt haben Sie – ohne Correktur – m.W. zurückerhalten, ich verzichte evtl. auf Zusendung. Bogen 7–9 v. Grunenberg2 gleichzeitig hiermit zurück!
a Zu erwarten wäre: Versand 1 Ein entsprechendes Schreiben ist nicht nachgewiesen. Es handelt sich um das Inhaltsverzeichnis zu: Goldschmidt, Landarbeiter. 2 Gemeint ist: Grunenberg, Landarbeiter.
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Dietrich Schäfer 15. Mai 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 263 Das Schreiben befindet sich auf einem Brief von Walter Abelsdorff an die philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 14. Mai 1899, in welchem dieser um eine Fristverlängerung für die Drucklegung seiner Dissertation bat. Abelsdorff hatte die mündliche Prüfung im Mai 1898 abgelegt; laut Promotionsordnung mußten die Pflichtexemplare jedoch bis spätestens ein Jahr nach der mündlichen Prüfung eingereicht werden (UA Heidelberg, H-IV-102/124, Bl. 95, Promotions-Ordnung der Philosophischen Facultät zu Heidelberg. – Heidelberg: J. Hörning 1889, § 10, S. 8; diese Bestimmung blieb auch in den späteren Promotionsordnungen von 1900 und 1902 unverändert bestehen). Als Gründe für die Verzögerung führte Abelsdorff seine Teilnahme an einer militärischen Übung, seine Umsiedlung nach Potsdam sowie die sich daran anschließende nochmalige Umsiedlung nach Hamburg an, wo er eine Stelle bei der Gewerbeaufsicht angetreten habe. Die Fakultät stimmte dem Antrag am 15. Mai 1899 zu und verlängerte die Abgabefrist um ein halbes Jahr bis Ende 1899 (ebd., Bl. 263v). Zum weiteren Verlauf der Drucklegung (Abelsdorff, Beiträge) vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 6. November 1899, unten, S. 701, sowie MWG I/8, S. 25–29.
Heidelberg 15/V 99 An den Herrn Dekan der Philosophischen Fakultät ergebenst mit dem Bemerken, daß die angegebenen Gründe zutreffen und ich das Gesuch empfehle. Max Weber
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Verlag H. Laupp 3. Juni 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Fertigstellung der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter, und Grunenberg, Landarbeiter). Die beiden Hefte waren Ende April/Anfang Mai 1899, also noch rechtzeitig vor dem Evangelisch-sozialen Kongreß in Kiel am 25. und 26. Mai 1899, fertiggestellt worden. Max Weber erhielt vom Verlag mit Schreiben vom 6. Mai 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) jeweils 3 Freiexemplare zugesandt. Zuvor hatte Marianne Weber in seinem Auftrag darum gebeten, zunächst ein Exemplar des ersten Heftes nach Kiel zu schicken, in der Hoffnung, „daß das Sekretariat des ev[angelisch-]soz[ialen] Kongresses die Verteilung der Hefte in Kiel übernimmt.“ Vgl. den Brief von Marianne Weber an den Verlag H. Laupp, am oder vor dem 28. April 1899, ebd. Laut Verlagsvertrag vom 30. Januar 1899 waren Zuschüsse von jeweils 46,25 Mark pro Heft und Bogen durch Max Weber als Herausgeber zu garantieren. Max Weber konnte mit dem jeweiligen Verfasser die interne Verteilung frei vereinbaren (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630). Im Falle von Salli Goldschmidt vereinbarte er eine Zahlung von 30 Mark, während er, Max Weber, sich zu einer Zahlung von 16,25 Mark pro Bogen verpflichtete; im Falle von Andreas Grunenberg war ein Anteil von 35 Mark und für Max Weber dementsprechend von 11,25 Mark festgelegt worden (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 3. Februar 1899, oben, S. 635 f., Anm. 3, 4 und 6). Nach der Fertigstellung der beiden Hefte übersandte C. Manz von der H. Laupp’schen Buchhandlung Max Weber am 19. Mai 1899 die entsprechenden „Rechnungen über den vereinbarten Beitrag zu den Herstellungskosten von Heft 1 und 2 der ‚Landarbeiter’“, mit der Bitte, „dieselben auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen und mir die für die Herren Dr. Goldschmidt und Dr. Grunenberg bestimmten Rechnungen gütigst wieder zustellen zu wollen.“ (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Da Max Weber zunächst auf den Brief nicht antwortete, sandte ihm C. Manz am 3. Juni 1899 eine Erinnerung (ebd.), auf die Weber noch am selben Tag reagierte.
Heidelberg 3. VI. 99 Herrn H. Laupp’s Verlag Tübingen Sehr geehrter Herr! 5
Anbei die Rechnungen für die beiden Autoren mit einigen Beanstandungen, welche ich zu prüfen und, wo ich mich etwa geirrt habe, den Irrtum freundlichst aufzuklären bitte.1 1 Die Rechnungen für die beiden Autoren mit den „Beanstandungen“ Max Webers sind nicht ermittelt. Von den Unstimmigkeiten zeugen jedoch mehrere Verlagsrechnungen an Salli Goldschmidt und Andreas Grunenberg, die jeweils unter dem Datum 12. Mai 1899
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Gleichzeitig 1 Blatt und einen Brief des Herrn Grunenberg und 1 Postkarte desselben, 2 die sich auf die Correkturberechnung beziehen mit der Bitte um gefl. Prüfungen, ob der Autor Recht hat. Im Übrigen glaube ich aus diesen Schwierigkeiten schließen zu müssen, daß wir den Modus aller Autoren-Correktur-Berechnung künftig werden ändern müssen. Auch ich glaube, daß der Setzer oft die ganze Correktur dem Autor zur Last schreibt, wie soll er denn auch, ohne den größten Zeitverlust, prüfen, was Änderung gegenüber dem Mscr. ist? Hochachtungsvoll Prof. Max Weber Meine Rechnung anbei anerkannt zurück.3
erst ausgestellt, dann teilweise „ungültig“ gezeichnet bzw. durchgestrichen wurden (vgl. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Briefkopierbücher, Kasten 16, 1–2a/A 16, 1b, Bl. 304–306, 313, 314, 322). 2 Die entsprechenden Unterlagen, die der Verlag Max Weber am 7. Juni 1899 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) wieder zurücksandte, sind nicht überliefert, der Inhalt ergibt sich jedoch aus dem Schreiben des Verlags vom 7. Juni 1899. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag H. Laupp vom 12. Juni 1899, unten, S. 666. 3 Die Rechnung über die von Max Weber zu zahlenden Zuschüsse zur Herstellung der jeweiligen Hefte belief sich auf insgesamt 309,50 Mark. Max Weber ergänzte sie eigenhändig: „Hinzu: Autorencorrekturen von Goldschmidt 18 [Mark]“. Nach der eigenhändigen Addition der 18 Mark zeichnete er die Rechnung, nunmehr in Höhe von 327,50 Mark, mit: „Anerkannt! 3/VI 99 Max Weber“ („Rechnung der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen für Herrn Professor Dr. M. Weber in Heidelberg, den 12. Mai 1899“, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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Heinrich Sieveking [nach dem 10. Juni 1899]; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich StA Hamburg, Nl. Heinrich Sieveking Die folgende Abschrift findet sich in einem Typoskript von Heinrich Sieveking, Erinnerungen 1871–1914, S. 124, ebd. Die Datierung ist erschlossen aus dem vorausgehenden Hinweis Heinrich Sievekings auf seine Verlobung. Heinrich Sieveking hatte sich am 10. Juni 1899 in Freiburg, wo er als Privatdozent Nationalökonomie lehrte, mit der Tochter des Lübecker Lokalpolitikers Johann Daniel Benda, Agnes Rosa Benda, verlobt (ebd., S. 123, 126). Sieveking stammte aus dem angesehenen Hamburger Großbürgertum. In seinen „Erinnerungen“ (ebd., S. 124) heißt es, nachdem die Verlobung bekanntgegeben worden war: „Max Weber wünschte mir Glück zur definitiven Konsolidation der Freiburger Existenz.“
Ich zerbreche mir den Kopf, durch welches Mittel Sie das Kunststück, außerhalb Hamburgs und doch innerhalb der Hansa sich zu verloben, fertiggebracht haben!
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12. Juni 1899
Verlag H. Laupp 12. Juni [1899]; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus den Verlagsvermerken „15.VI.99.“ sowie „28. VI.99.“ Der Brief steht im Zusammenhang mit den Rechnungen über die vereinbarten Zuschüsse zu den Herstellungskosten der ersten beiden Hefte der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter, und Grunenberg, Landarbeiter). Der Verlag hatte Max Weber die Rechnung, die für ihn bestimmt war, und die Rechnungen für die beiden Autoren zur Überprüfung zugesandt. Während Max Weber seine Rechnung anerkannte, schickte er die Rechnungen für die beiden Autoren mit „einigen Beanstandungen“ zurück (vgl. dazu den Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, oben, S. 663 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 1). Darüber hinaus waren Andreas Grunenberg augenscheinlich über die vereinbarten Zuschüsse hinaus hohe Korrekturkosten als reine Autoren-Korrekturen in Rechnung gestellt worden. Grunenberg hatte daraufhin seine Reklamationen und Beschwerden an Max Weber gesandt, der sie ebenfalls am 3. Juni 1899 an den Verlag weiterleitete (oben, S. 664). Am 7. Juni 1899 erhielt Max Weber diese Unterlagen von C. Manz vom Verlag zurück mit der Erklärung: „Auf die Reklamation des Herrn Dr. Grunenberg erwidere ich, daß die Druckerei nur die für die Autoren-Korrekturen aufgewandte Zeit [. . .] in Anrechnung gebracht hat.“ (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Umstritten war darüber hinaus die Höhe des den Autoren eingeräumten Rabattsatzes (Autorenpreis) beim Kauf von Exemplaren, die über den Bezug der Freiexemplare hinausgingen, sowie die Frage nach der Fälligkeit der Verbindlichkeiten von Grunenberg. Das Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „Diktiert!“
Heidelberg, 12./6. Sehr geehrter Herr, I. Was zunächst die Rechnungen anlangt, so bleiben folgende Anstände meinerseits bestehen,a über welche eventuell Herr Siebeck wird entscheiden müssen:1 1) laut Vertrag hat Herr Grunenberg Anspruch auf ein Jahr Zahlungsfrist. Hat in dem Vertragsauszuge etwas anderes gestanden, so fehlte dafür die rechtliche Grundlage.2
a O: bestehen; 1 Dies tat Paul Siebeck in seinem Schreiben an Max Weber vom 28. Juni 1899; vgl. dazu Anm. 2, sowie die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 1. Juli 1899, unten, S. 672. 2 Im Verlagsvertrag vom 30. Januar 1899 war festgelegt worden, daß die von den Verfassern zu tragenden Beiträge zu den Herstellungskosten „in der Regel binnen Jahresfrist“
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Behändigt habe ich die Auszüge den Herren nicht, weil darin Dinge standen, die sie nichts angingen, insbesondere die Höhe meines Zuschusses. 2) Herr Siebeck hat mir von meiner Antrittsrede 33 % Rabatt als Autor konzediert,3 ich habe als selbstverständlich vorausgesetzt u. setze noch voraus, daß dieser Rabatt auch für die Landarbeiter gilt. 3) Was unter „Autorenkorrecturen“ verstanden sein soll, darüber habe ich mich mit Herrn Siebeck s.Z. mündlich unterhalten4 und danach sollten darunter nur größere Korrecturen verstanden werden soweit sie (conf. § 3 des Vertrages) nachträgliche Änderungen darstellten.5 Sie stellen selbst nicht in Abrede, daß den Autoren, wie Herr Grunenberg dies behauptet u. wie ich selbst den Eindruck hatte, alle Kornach Vollendung des Druckes zu leisten seien. „Jedoch können für die einzelnen Hefte besondere Vereinbarungen betreffs des Zeitpunkts der Zahlung getroffen werden.“ „Verlags-Vertrag Zwischen Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen, vertreten durch ihren Besitzer, Herrn Paul Siebeck“ vom 30. Januar 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K – Z, § 2, III, Absatz 2; vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630). Salli Goldschmidt wurde die Frist von einem Jahr ausdrücklich gewährt, wohingegen es in dem für Andreas Grunenberg vorgesehenen Vertragsauszug heißt, daß die Zahlung nach Fertigstellung des Druckes fällig sei (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 3. Febr. 1899, oben, S. 635 f., Anm. 3, 4 und 6). – Paul Siebeck erklärte diese Widersprüchlichkeiten mit einem „Mißverständnis“ seinerseits und einem Versäumnis Max Webers: er habe Max Weber die für Goldschmidt und Grunenberg vorgesehenen Vertragsauszüge seiner Zeit zugesandt, mit der Bitte, den Termin für die Zahlung Grunenbergs „‚nach dem Verhältnisse des Herrn zu bestimmen und einzusetzen.’ Da mir eine Mittheilung betreffs des von Ihnen für Grunenberg festgesetzten Zahlungstermins nicht mehr zuging, mußte ich annehmen, daß es für ihn bei der Zahlung nach Vollendung des Drucks des Heftes sein Bewenden haben sollte“. Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 28. Juni 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Paul Siebeck billigte auch Grunenberg die Zahlungsfrist von einem Jahr zu (ebd.). 3 Der Verlagsvertrag von 1895 zur Freiburger Antrittsrede (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) sah für Max Weber neben 50 Freiexemplaren weitere Exemplare zum Buchhändler-Nettopreis vor; vgl. Verlagsvertrag vom 20./21. Juni 1895 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V2, Ausgesonderte Verträge, Kr–Z, Ablage W–Z=B4, 7–8). 4 Als letztes kann das Zusammentreffen mit Paul Siebeck in Heidelberg Ende November (wahrscheinlich am 28. oder 29. November) 1898 nachgewiesen werden. Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 1. Dez. 1898, oben, S. 597, Anm. 4. 5 In § 3 heißt es: „Die Kosten von nachträglichen Änderungen haben die Herren Verfasser zu tragen.“ (Vgl. „Verlags-Vertrag Zwischen Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen, vertreten durch ihren Besitzer, Herrn Paul Siebeck“ vom 30. Januar 1899 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K–Z).
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12. Juni 1899
rekturkosten von der zweiten Korrektur zur Last gelegt sind. Dafür fehlt die rechtliche Grundlage. Ich gebe ohne weiteres zu, daß die Aussonderung derjenigen Korrecturen, die unter den Begriff fallen, schwierig u. wenn Sie sich das Manuskript vom Autor nicht zurück erbitten, unmöglich ist. Dann muß eben irgend eine billige Teilung der Kosten eintreten bezüglich deren ich Ihre u., wenn Sie mit meiner Auffassung nicht übereinstimmen, Herrn Siebecks Vorschläge erwarte. Wir müssen |:aber:|b bei dieser Gelegenheit zu einer c|:noch genaueren:|c Verständigung gelangen darüber, was „Autorenkorrecturen“ sein sollen. II. Zweitens: Auf Ihre Anfrage vom 10. d.M’s6 erwidered ich ergebenst,e daß voraussichtlich ein Heft, welches den Nordosten behandelt, ein oder zwei kleine, Schlesien u. Sachsen behandelnd u. ein Schlußheft enthaltend mein Résuméf u. einige auserlesene Berichte aus verschiedenen Gegenden erscheinen werden.7 gJedenfalls nicht mehr als 4. Hochachtungsvoll! Professor Max Weberg
b Eigenhändig. c Eigenhändig. f O: Resumé g–g Eigenhändig.
d erwiedere > erwidere
e O: ergebens,
6 C. Manz von der H. Laupp’schen Buchhandlung bzw. dem Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) hatte sich in einem Schreiben vom 10. Juni 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) bei Max Weber erkundigt, „wieviel Hefte Sie im ganzen für die ‚Landarbeiter‘ in Aussicht genommen haben, und ob deren Inhalt schon annähernd feststeht.“ 7 In der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ erschien lediglich noch ein von Alfred Klee bearbeitetes drittes Heft über Nieder- und Mittelschlesien und die Südhälfte der Mark Brandenburg (Klee, Landarbeiter). Max Weber konnte aufgrund seiner Erkrankung weder seine Herausgebertätigkeit weiterführen noch das Schlußheft mit dem von ihm geplanten Resümee realisieren. Die Materialien über den Nordosten gingen in zwei noch von ihm teilweise betreute Dissertationen ein. Vgl. Gerhardt, Felix, Die Landarbeiter in der Provinz Ostpreußen. – Lucka: Druck von Reinhard Berger 1902; Breinlinger, Karl Borries, Die Landarbeiter in Pommern und Mecklenburg. Dargestellt nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses. – Heidelberg: E. Geisendörfer 1903. Vgl. auch den Editorischen Bericht zu: Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands, in: MWG I/4, S. 689.
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Emmy Baumgarten 20. Juni 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Eduard Baumgarten, Deponat BSB München, Ana 446 Max Webers seit langem kranke und pflegebedürftige Tante Ida Baumgarten war am Nachmittag des 18. Juni 1899 in Stuttgart im Beisein ihrer Schwester Helene Weber gestorben (Stadtarchiv Stuttgart, Sterbebuch des Standesamts Stuttgart-Mitte, Nr. 1475/1899). Ihre lange Leidenszeit und auch die damit verbundene Belastung für seine Cousine und Jugendfreundin Emmy – die ihre Mutter seit Herbst 1897 in Stuttgart betreute – hatte Max Weber wiederholt mitfühlend kommentiert (vgl. die Briefe an Emmy Baumgarten vom 30. Januar 1898, an Emilie Benecke vom 13. Mai 1898, sowie an Marianne Weber vom 9. und vom 13. August 1898, oben, S. 463, 485, 547 und 553). Besonders während seiner Militärzeit in Straßburg Mitte der 1880er Jahre hatte Max Weber viel Zeit im Hause seiner Tante verbracht und blieb der Familie Baumgarten eng verbunden (Roth, Familiengeschichte, S. 328).
Heidelberg 20. VI. 99 Liebe Emmy,
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Du wirst jetzt wenig gestimmt sein, eingehende Briefe zu lesen, und meine Gehemmtheit in der Wiedergabea dessen, was ich empfi nde, ist durch meinen Gesundheitszustand noch gesteigert, – aber ich möchte Dir und Euch Allen1 doch herzlich die Hand drücken, nun das lang Erwartete, – eine Erlösung für sie, für Euch und zumal Dich doch ein tiefer Schnitt insb Leben, wirklich eingetreten ist. Wenn ich sage, daß Deine Mutter auch mir eine zweite Mutter gewesen ist, so weißt Du liebste Freundin ja mehr als sonst Jemand, wie tief innerlich wahr das ist. Ich vermöchte heut überhaupt die unauslöschlich tiefen Eindrücke und Persönlichkeits-bildenden sittlichen Einflüsse, die ich in Eurem Straßburger Hause empfangen habe, mit allen ihren Nachwirkungen gar nicht wegzudenken aus meinem Leben, ohne daß Alles, was mir heut im Leben teuer ist und hoch steht, ins Wanken geriethe. Daßc es andre Dinge |:und Aufgaben:| als nur die Pfl ichterfüllung im äußeren Beruf des Mannes giebt, habe ich zuerst unter dem Eindruck der Persönlichkeit Deiner Mutter dunkel ahnen gelernt und erst später, als mir im eignen Familienkreis die Augen aufgingen, voll begriffen. Ich wüßte nicht wo ich anfangen sollte, wollte ichd versuchen a O: Widergabe
b Alternative Lesung: im
c O: Das
d 〈anfangen〉
1 Max Webers Cousinen Emmy und Anna, sowie seine Cousins Fritz und Otto Baumgarten.
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20. Juni 1899
dem Papier anzuvertrauen, wie viel ich – und dadurch Andre die mir teuer sind, Ihr verdanke. Wenn sie mir oft, mündlich und schriftlich, gesagt hat, daße ihr Leben ein schweres Leben gewesen sei, so geschah das nicht um zu klagen, sondern in dem Sinn: ich kämpfte einen guten Kampf. – Vergebens ist er nicht gewesen, das wird der große Kreis der Freunde und Freundinnen von Euch Kindern bezeugen,f welche Alle einen Hauch der ernsten und reinen Luft geatmet haben, die sie in Eurem Hause verbreitete. – Gnädig hat es das Schicksal gefügt, daß sie über die schwere Sorge für Anna hinweggehobeng wurde, 2 indem sie der Wirklichkeit entrückt wurde, 3 und daß sie dann die Genesende noch einmal mit wiederkehrenderh Klarheit schauen durfte,4 – so hart die schwere Not der qualvollen Krankheit sie sonst auch gedrückt hat. – Jetzt kommt für Dich zuerst eine schwere Zeit, und herzlich teilnehmend hoffen wir, daß Du gnädig durch sie hindurchgeführt werden mögest zu besseren Tagen, wie sie die langsam aber sicher wieder wachsenden Kräfte, das allmälige Finden neuer Aufgaben Dir bringen werden. – In brüderlicher Liebe und Freundschaft Dein Max
e O: das
f 〈auf〉
g 〈u〉
h O: widerkehrender
2 Zu Anna Baumgartens schwerer psychischer Erkrankung im Jahr 1898 vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 462. 3 Seit 1898 war Ida Baumgarten zumindest phasenweise geistig desorientiert (Brief von Helene Weber an Max und Marianne Weber vom 29. Mai 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Anfang des Jahres 1899 war Anna Baumgarten aus der klinischen Behandlung in Stephansfeld-Hördt zu Mutter und Schwester nach Stuttgart zurückgekehrt. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Emmy Baumgarten vom 30. Jan. 1898, oben, S. 462.
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Fritz Baumgarten 21. Juni 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig Privatbesitz Baumgarten-Schoeppe Wie der vorausgehende Brief an Fritz Baumgartens Schwester Emmy, oben, S. 669 f., bezieht sich das folgende Kondolenzschreiben an seinen Cousin auf den Tod von Max Webers Tante Ida Baumgarten.
Hdlbg 21. VI 99 Lieber Fritz!
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Herzlich gern wäre ich heut bei Euch – aber ich muß morgen, wo ich zu prüfen habe, absolut im stande sein, da sonst nicht ich, wohl aber der arme Candidat geschädigt würde, – er muß ins Amt, es ist der letzte Termin und er war meinetwegen schon einmal verlegt.1 Meine Dankesschuld an Eure jetzt gnädig erlöste Mutter ist größer, als daß ich sie in Worten ausdrücken könnte, – Vieles, was ich heute als das Beste und Teuerste im Leben schätze, kannte ich nicht, ehe ich ihr näher getreten war, und meine eigne Mutter, die Freud und Leid im Herzen zu verschließena pflegt, hätte ich nie wirklich kennen gelernt, wenn ich die Eurige, der es gegeben war, scharf und klar für ihre Ansichten einzutreten und zu kämpfen, nicht gekannt hätte. Wie weit ist der Kreis derer, die als Freunde Euer Haus betraten und auf die sie mit der Eigenart ihrer Persönlichkeit erziehend einwirkte! Gewiß ein Leben voll harter Schicksalsschläge, aber bunendlich werthvollb und der dankbaren Erinnerung Aller, die sie kannten, gewiß! – Jetzt gilt die erste Sorge Euren Schwestern, 2 und es macht uns froh, zu wissen, daß unsre Mutter um sie ist. – Grüße Otto, 3 – auch er weiß ja, was Eure Mutter für mich bedeutet hat, – und Elsec4 Von Herzen Euer Max a Alternative Lesung: umschließen
b unverloren > unendlich werthvoll
c 〈in〉
1 Es handelt sich um die mündliche Promotionsprüfung von Adolf Tienken (vgl. Max Webers Brief an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, oben, S. 615 f.), die am Abend des 22. Juni 1899 stattfand. Der Hinweis auf das „Amt“ bezieht sich auf Tienkens anschließende Tätigkeit bei der Landwirtschaftskammer der Provinz Hannover (UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 274r-275v; Max Webers Gutachten vom 19. Juni 1899, ebd. (MWG I/13)). 2 Anna und Emmy Baumgarten. 3 Otto Baumgarten, Fritz Baumgartens Bruder. 4 Else (Elisabeth) Baumgarten, Fritz Baumgartens Ehefrau.
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1. Juli 1899
Paul Siebeck 1. Juli [1899]; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „6.VII.99“ und dem Inhalt. Der Brief setzt die Auseinandersetzung zwischen Max Weber und dem Verlag über die Regelung der Zahlungsmodalitäten nach Fertigstellung der ersten beiden Hefte der Landarbeiterreihe (Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter) fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag H. Laupp vom 12. Juni 1899, oben, S. 666. Bezug: C. Manz von der H. Laupp’schen Buchhandlung hatte das Schreiben Max Webers mit den „Anständen“ vom 12. Juni 1899, oben, S. 666–668, am 15. Juni 1899 an Paul Siebeck weitergeleitet (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Paul Siebeck antwortete Max Weber darauf am 28. Juni 1899 (ebd.). In diesem Schreiben klärte er das „Mißverständnis“ in Bezug auf Grunenbergs Zahlungstermin auf (vgl. Brief an Paul Siebeck vom 12. Juni 1899, oben, S. 666 f., Anm. 2) und räumte Grunenberg nachträglich die Frist von einem Jahr für die Zahlung der noch ausstehenden Zuschüsse zu den Herstellungskosten ein; hinsichtlich der Höhe des Autorenpreises insistierte er jedoch auf 25% statt 331/3% Rabatt; ebenso bestand er auf der Richtigkeit der Rechnungsstellung in Bezug auf die nach wie vor umstrittenen „Autoren-Korrekturen“ von Grunenberg: „Ich muß daher bestreiten, daß die Correkturkostenberechnung zu Lasten des Herrn Grunenberg der rechtlichen Grundlage entbehre.“
Hdlb. 1. Juli Sehr geehrter Herr Siebeck, zwei Punkte sind nun erledigt, einer in meinem Sinne (Zeitpunkt der Zahlung von Grunenberg) einer in Ihrem (Autorenpreis). Bezüglich des dritten (Autorencorrekturen) kann ich Ihren rechtlichen Standpunkt schlechterdings nicht begreifen. Herr Goldschmidt hat keine „Autorenkorrectur“ a|:(=größere nachträgliche Änderung):|a – auch nicht eine einzige gemacht, sondern ausschließlich Fehler des Setzers, die der Correktor der Dr[uc]kereib hatte stehen lassen, verbessert und in 4–5 Fällen einzelne Worte umgeändert, was eine „größere“ Correktur nun und nimmermehr darstellen kann. Dafür sind ihm 18 Mk angerechnet, die ich ohne weiteres, wenn auch nicht gern, auf mein Conto habe umschreiben lassen.1
a Eigenhändig.
b Lochung.
1 Vgl. den Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, oben, S. 664, Anm. 3.
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Sie wollen doch Ihre Bücher nicht unkorrigiert in die Welt laufen lassen. Jetzt ist die Sache so, wenn man Ihrer unbegreiflichen Auffassung beitreten würde, daß je mehr Fehler der Setzer macht und der Correktor stehen läßt, desto mehr der Autor zu zahlen hat!! Autorenk[orr]ekturen,c die nicht als solche unterschieden werden können [,] hat selbstverständlich der Autor nicht zu erstatten, denn der Sinn der Abmachung war doch nicht der, daß der Autor aus „pädagogischen Rücksichten“2 einfach die ganzen Correkturkosten zu tragen haben sollte. Die Frage ist mir wichtig, nicht nur wegen des Herrn Grunenberg, sondern noch mehr, weil sie auch für die badischen Abhandlungen immer wieder praktischd wird. Ich schlage vor – da Sie einen Vorschlag wünschen – daß der Setzer oder der Correktor oder die Buchhandlung – gleichviel wer? – jede größere Correktur durch einen Strich am Rande anmerkt, die Urschrift zurückbehält und ein bei der A[uf]stellunge der Rechnung danachf angemessener Satz, den der Autor zu zahlen hat, berechnet wird, nach „Recht u. Billigkeit“ |:natürlich:|g, nicht nach langem Calkül. Ich versichere Sie, daß ich niemals einen auf solcher Grundlage aufgestellten Calkül beanstanden werde. Was H. Grunenberg anlangt [,] so sind seine nachträglichen Einschiebungen mit 20 Stunden Setzerarbeit ganz bestimmt zu hoch geschätzt; er mag auch sonst einiges nachkorrigiert haben, also in Gottes Namen knallen Sie ihm, nachdem ich bei Goldschmidt entgegengekommen bin, 40 auf, h|:zur Strafe:|h , aber 90 ist wirklich zu viel! iMit hochachtungsvoller Empfehlung und bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weberi
c Lochung. d O: pracktisch e Lochung. h Eigenhändig. i–i Eigenhändig.
f In O folgt: ein
g Eigenhändig.
2 In seinem Brief an Max Weber vom 28. Juni 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hatte Paul Siebeck geschrieben: „Auch hat der Verleger m.E. gerade den jungen Herren gegenüber die pädagogische Pflicht, ihnen das rücksichtslose Corrigiren abzugewöhnen, und den Setzern gegenüber die sociale Pflicht, sie vor der für sie unlucrativen Corrigirarbeit möglichst zu schützen.“
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Heinrich David 5. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, CH SWA HS 417 E 15 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Berufung des österreichischen Nationalökonomen Stephan Bauer zum a.o. Professor für Nationalökonomie in Basel. Ende der 1890er Jahre drängte das Basler Wirtschaftsbürgertum auf die Einrichtung eines zweiten Lehrstuhls für Nationalökonomie neben dem bereits bestehenden und von Theodor Kozak besetzten. Nachdem verschiedene Initiativen gescheitert waren, holte das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt unter der Leitung von Heinrich David Gutachten zu dem österreichischen Nationalökonomen Stephan Bauer ein, der sein Interesse für die Professur bekundet hatte. Neben Johannes Conrad und Eugen von Philippovich nahm Max Weber mit dem im folgenden edierten Brief Stellung zu Stephan Bauer und anderen in Frage kommenden Nationalökonomen. In seinem Abschlußbericht an den Regierungsrat vom 20. Oktober 1899 zitierte Heinrich David aus den Gutachten, darunter auch wörtlich aus dem Max Webers: „Prof. Dr. Max Weber nennt Bauer ‚einen vielseitig belesenen, gut schreibenden, methodisch geschulten, tüchtigen Nationalökonomen‘“ (Staatsarchiv Basel-Stadt, Erziehung CC 21). Stephan Bauer erhielt den Ruf, allerdings nicht auf eine ordentliche Professur; er wurde am 21. Oktober 1899 zum unbesoldeten a.o. Professor für Nationalökonomie ernannt (ebd.; vgl. auch von Bergen, Matthias, Nationalökonomie und Weltbürgertum. Ein Beitrag zur Biographie des internationalen Sozialpolitikers Stephan Bauer (1865–1934), Lizentiatsarbeit Universität Bern, 1990, S. 15–22, bes. S. 17 f.).
Heidelberg 5. VII. 99 Hochgeehrter Herr! Ich habe in Gemäßheit der Rücksprache mit Ihnen1 außer den mir schon bekannten Aufsätzen Dr Bauer’s über australische Arbeiterverhältnisse2 und über die österreichische Heimarbeit3 nun auch noch von seinen Publikationen über Quesnay4 Kenntnis genommen, und meinen 1 Die näheren Umstände des Treffens mit Heinrich David, das Max Weber weiter unten (S. 676, Z. 16) nochmals erwähnt, sind nicht bekannt. 2 Bauer, Stephan, Arbeiterfragen und Lohnpolitik in Australasien, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 57 (3. Folge, Band 2), 1891, S. 641–706. 3 Bauer, Stephan, Die Heimarbeit und ihre geplante Regelung in Österreich, in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Band 10, 1897, S. 239–271. 4 Es handelt sich um folgende drei Publikationen: Bauer, Stephan, Zur Entstehung der Physiokratie. Auf Grund ungedruckter Schriften François Quesnays, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Band 55 (N.F., Band 21), 1890, S. 113–158; ders., Quesnay’s Tableau Économique, in: Economic Journal. Quarterly Journal of The British Economic Association, Band 5, 1895, S. 1–21, sowie ders.,The Biography of Quesnay, in: Economic Journal, ebd., S. 660–661 [Rezension zu: Oncken, August, Zur Biographie des Stifters der Physiokratie François Quesnay. Abteilung I. Quesnay’s voröconomistische Lebensperiode (Sonderabdruck aus der Vierteljahrsschrift für Staats- und Volkswirtschaft). – Leipzig: Hirschfeld 1894].
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Eindruck, daß es sich um einen vielseitig belesenen, gut schreibenden, methodisch geschulten – Alles in Allem: einen tüchtigen – Nationalökonomen handelt, nur bestätigt gefunden. Besonders ein Vergleich seiner Arbeit über Australien mit der das gleiche Objekt betreffenden von Prof. Dr Ruhland5 (jetzt in Freiburg i /Ü) zeigt die größere Sorgfalt und Schulung Bauer’s gegenüber dem letztgenannten, begabten, aber nicht gewissenhaften Autor.6 – Die statistischen Arbeiten B[auer]’s7 liegen meinem Arbeitsgebiet ferner und ich könnte mich nicht jetzt ad hoc in sie vertiefen; wenn ich sagte, daß derartige Leistungena mir für eine Habilitation noch nicht genügen würden, so meinte ich: für eine nationalökonomische (nicht bloß statistische) Professur für sich allein nicht. Selbstverständlich aber möchte ich damit Wichtigkeit und Werth solcher Arbeiten nicht bestreiten. – Unter dem Vorbehalt, daß ich nicht weiß, ob B[auer] die Fähigkeit zu größeren wissenschaftlichen Original-Leistungen besitzt, daß ich ferner ihn persönlich nicht kenne und nicht weiß, ob er temperamentvoll und ein anregender Dozent ist, – glaube ich im Übrigen, daß eine Universität mit seiner Berufung auf ein Extraordinariat keinen Mißgriff begehen würde. Näheres über ihn und ein unbefangenes Urteil würde
a 〈allein〉 5 Ruhland, Gustav, Der achtstündige Arbeitstag und die Arbeiterschutzgesetzgebung der australischen Kolonien, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Band 47, 1891, S. 279–371. 6 Gustav Ruhland war einer der führenden wissenschaftlichen Berater des Bundes der Landwirte, der 1893 gegründeten größten und einflußreichsten Interessenorganisation des agrarischen Grundbesitzes in Deutschland (vgl. Borchardt, Knut, Art. Ruhland, Johann August Gustav, in: Neue Deutsche Biographie, Band 22. – Berlin: Duncker & Humblot 2005, S. 241 f.). 7 Zwischen 1892 und 1899 war Stephan Bauer Sekretär der Handels- und Gewerbekammer in Brünn. Zu seinen Aufgaben gehörte die Bearbeitung und Veröffentlichung von Statistiken des Handelskammerbezirks (vgl. Bauer, Stephan, Statistischer Bericht der Handels- und Gewerbekammer in Brünn über die volkswirtschaftlichen Zustände in ihrem Bezirke im Jahre 1890. – Brünn: Rudolf M. Rohrer 1894; ders. (Bearbeiter), Die Arbeits- und Lohn-Verhältnisse der führenden Großindustrien im Bezirke der Brünner Handels- und Gewerbekammer. 1. Abtheilung: Die Arbeiter der Brünner Maschinen-Industrie. Untersuchungen über ihre Arbeits- und Lohn-Verhältnisse (Statistische Arbeiten der Brünner Handels- und Gewerbekammer). – Brünn: Verlag der Brünner Handels- und Gewerbekammer 1895). Zuvor hatte Bauer einen Artikel über Konsumtion nach Sozialklassen veröffentlicht (Bauer, Stephan, Das Konsumtionsbudget der Haushaltung (Art. Konsumtion, Teil II), in: HdStW1 Band 4, S. 820–838.
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wohl am besten von Professor von Philippovich 8 in Wien zu erlangen sein. – An wissenschaftlicher Bedeutung unzweifelhaft überragt wird B[auer] von Dr Werner Wittich in Straßburg, dessen Werk über Grundherrschaft in Nordwestdeutschland9 zu den ersten Leistungen der letzten 10 Jahre zählt und der mir als Dozent von einem hiesigen Herren, bei dem ich mich erkundigte,10 als nicht besonders temperamentvoll, aber sachlich ganz vorzüglich bezeichnet wird. – Dr Kindermann hier, als Dozent, auch in großen Hauptvorlesungen, nach übereinstimmender Angabe der Studenten gut bewährt, arbeitsam und gewissenhaft, viel (u.A. in Amerika) gereist, publiciert an einer größeren Arbeit – zwei Bände sind erschienen, der dritte im Erscheinen11 – deren Material gut und sorgfältig gesammelt, deren allgemeine Gesichtspunkte nach meiner Meinung verfehlt sind.12 Falls Sie über andre Herren, die für Ihre Stelle in Betracht kommen könnten und die ich mündlich nicht eingehender erwähnte, – Prof. extr. von Heckel (Münster i.W.),13 |:Prof. extr. Dr Gerlach (Königsberg):| [,]14 Dr G. K. Anton (Jena),15 Dr Sieveking (Freiburg i.B.)16 [–] Aufschluß 8 Heinrich David zitierte in seinem Abschlußbericht vom 20. Oktober 1899 auch ausführlich aus dem Gutachten von Eugen von Philippovich, der sich uneingeschränkt für Bauer einsetzte: „Professor Philippovich in Wien hält Bauer ‚für einen der Tüchtigsten & Vielseitigsten unserer Dozenten‘, rühmt ihm große theoretische & praktische Kenntnisse nach“; Philippovich lobte darüber hinaus eingehend die statistischen Arbeiten Bauers, seine Publikationen bei der Handelskammer Brünn sowie seine Tätigkeit als Privatdozent (Staatsarchiv Basel-Stadt, Erziehung CC 21). 9 Gemeint ist: Wittich, Werner, Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland. – Leipzig: Duncker & Humblot 1896. 10 Der Sachverhalt ist nicht geklärt. 11 Kindermanns Hauptwerk behandelte die Lage der Roheisenarbeiter und der Glasarbeiter in den Vereinigten Staaten von Amerika; für seine Untersuchungen hatte er Nordamerika bereist. Der dritte Teil erschien 1901. Vgl. Kindermann, Güterverteilung, Teil 1 bis 3 (wie oben, S. 627, Anm. 3 und 5). 12 Max Weber beantragte nur wenige Tage später die Verleihung des Professorentitels an den Heidelberger Privatdozenten der Nationalökonomie, Carl Kindermann. Dabei würdigte er ebenfalls Kindermanns Erfolge in der Lehre, hielt aber auch seine Kritik an dessen Werk „Zur organischen Güterverteilung“ nicht zurück (vgl. ausführlich dazu den Antrag an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 13. Juli 1899; wie oben, S. 628, Anm. 10). Bereits im Januar 1899 hatte Max Weber im Zusammenhang mit der Nachfolge Heinrich Herkner in Karlsruhe kritisch zu Kindermanns Werk Stellung genommen (vgl. den Brief an Arthur Böhtlingk vom 8. Jan. 1899, oben, S. 625–628). 13 Max von Heckel. 14 Otto Gerlach. 15 Günther Kurt Anton. 16 Heinrich Sieveking.
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wünschen sollten, stehe ich gern zur Verfügung. Die sonst von mir genannten Herren waren noch nicht habilitiert, oder sie waren Israeliten, was beides nach Lage der Verhältnisse, wie ich glaubte aus Ihren Andeutungen entnehmen zu sollen, wenn auch nicht als Ausschlußgrund, so doch als Grund, sie nicht in erster Linie in Betracht zu ziehen, gelten dürfte. – Die hier zu errichtende Professur ist als Ordinariat beantragt,17 wird sie als solche errichtet, so käme von den von mir genannten Herrn keiner in Betracht. Gewährt die Regierung nur ein Extraordinariat, dann ziehe ich jedenfalls Dr Wittich mit in Betracht, aber, da er mich fachlich nicht so gut ergänzt wie andre (|:zur Zeit:| noch nicht habilitierte) Herren, wahrscheinlich nicht in erster Linie. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich, hochgeehrter Herr, Ihr sehr ergebenster Max Weber
17 Max Weber hatte kurz zuvor, im Mai 1899, einen entsprechenden Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg vorgelegt (MWG I/13). Im Mai 1900 wurde Karl Rathgen zum ordentlichen Professor der Nationalökonomie berufen (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, unten, S. 711 f.).
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7. Juli 1899
Verlag H. Laupp 7. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Abrechnung des Verlags betreffend das erste der Hefte zur Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Goldschmidt, Landarbeiter).
Heidelberg 7. VII. 99 Mit 430 Mk. Sehr geehrter Herr! Anliegenden Betrag sendet mir Herr Dr Goldschmidt schon jetzt für die Landarbeiter. Den über seine Rechnung überschießenden Betrag bitte ich ihm unter gleichzeitiger Zustellung derselben an ihn – Frankfurt a /M. Neue Taubestr. 60 – zurückzusenden. Die noch nicht beseitigten Anstände bzgl. der Rechnungen betrafen ja die Goldschmidt’sche Rechnung nicht mehr, so viel ich weiß.1 Hochachtungsvoll Max Weber
1 Vgl. dazu die Briefe an den Verlag H. Laupp vom 12. Juni 1899, oben, S. 666–668, und an Paul Siebeck vom 1. Juli 1899, oben, S. 672 f.
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Paul Siebeck [8.] Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Tagesdatum ist erschlossen aus dem Antwortbrief von Paul Siebeck an Max Weber vom 11. Juli 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Bezug: der Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 6./7. Juli 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Im Zusammenhang mit den Abrechnungen des Verlags betreffend die ersten beiden Hefte der Landarbeiterreihe (Goldschmidt, Landarbeiter und Grunenberg, Landarbeiter) hatte Paul Siebeck folgenden Kompromiß in dem noch umstrittenen Punkt der Autoren-Korrekturkosten gemacht: „Mein Vorschlag geht nun dahin: bis zu dem Betrag von 2 M.- pro Bogen soll der Verlag die Kosten, die durch strittige Correcturen des Autors und Herausgebers entstehen können, ohne weiteres tragen. Der Mehrbetrag über M. 2.- pro Bogen wird dem Autor in Rechnung gestellt.“
Heidelberg [8.] a VII. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Mit ihrem Vorschlage bin ich für alle meine Arbeiten ganz einverstanden, hoffentlich ist damit die Sache erledigt. – Was Herrn Goldschmidt, der wie Sie selbst zugeben, nur „durchschnittlich“ corrigiert hat1),1 angeht, so sind die Äußerungen der Drukkerei über ihn, wie ich doch bemerken muß, Dreistigkeiten (ich habe die betreffende Stelle angestrichen).2 Ich bemerke, daßb Herr G[oldschmidt] selbst keinerlei Reklamation erhoben hat, die Druckerei also mit mir allein zu thun hat, und stelle anheim, daßc sie mich wegen meiner Ansicht über ihr Gebahren verklagt. Ich bedaure die ganze Erörterung, sie wäre nicht entstanden, wenn Ihr Tübinger Vertreter auf meine erste, wie ich glaube, absolut höfliche, nicht den mindesten Vorwurf erhebende Beanstandung weniger 1)
„Größere“ Autorencorrekturen im Sinn unseres Vertrages hat er, wie ich wiederhole, überhaupt nicht gemacht. Das betrifft Alles Herrn Grunenberg. a Klebung.
b 〈die Druckerei〉
c 〈[??]〉
1 In dem Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 6./7. Juli 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, heißt es: „legen wir einen Autor zu Grunde, der in der Zahl der Correcturen etwa den Durchschnitt repräsentiert, z. B. Goldschmidt.“ 2 Korrekturfahnen konnten im Verlagsarchiv Mohr/Siebeck (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488) nicht ermittelt werden.
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schroff geantwortet hätte.3 Daß die Correkturen-Controverse besteht und ihren Grund darin hat, daß nach unserem Vertrag der Autor nicht alle Kosten tragen soll,4 die ihm aber ohne vorherigen Versuch ein Compromiß zu erzielen, beanstandet wurden, liegt auf der Hand, daß dabei auch die Lage des Verlages eine verdrießliche und schwierige ist, gebe ich zu und ziehe, wie Sie Eingangs sicher die Consequenz.5 Daß aber Ihr Tübinger Vertreter thut, als ob eine Schwierigkeit und etwas, über das man sich verständigen mußte, gar nicht vorläge, hat mich meinerseits s.Z. arg verstimmt. Dies um so mehr, als ich um des Friedens willen bei Goldschmidt 18 Mark aus meiner Tasche zugelegt habe.6 – Es thut mir wirklich leid, Ihnen Verdruß bereitet zu haben. Ich glaubte immer, daß Ihnen, hochverehrter Herr Siebeck, die hochangesehene Stellung Ihres Verlags einigermaßen die Mühe und den Ärger, den seine Leitung mit sich bringt, entgölte. Aber im vorliegenden Fall glaube ich, liegt die Schuld an Ihrer Misstimmung, die wie ich hoffe nun weichen wird, doch wohl an der Haltung der Tübinger Herren, zumal der Druckerei, deren Tonart allein schon geeignet ist, Ihnen dies zu beweisen. Mit vorzüglicher Hochachtung und beste[r] Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber Bezgl. Grunenberg teilen Sie nun bitte die Kosten wie Sie es für richtig halten, ich mag diese Erörterung nicht weiter führen.
3 Es handelt sich um den Brief des Vertreters von Paul Siebeck, C. Manz, an Max Weber vom 7. Juni 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an den Verlag H. Laupp vom 12. Juni 1899, oben, S. 666. 4 Demnach waren die Kosten auf nachträgliche Korrekturen gegenüber dem ursprünglichen, druckfertigen Manuskript begrenzt. Es heißt in § 3 des Vertrags: „Die Kosten von nachträglichen Änderungen haben die Herren Verfasser zu tragen.“ (Verlagsvertrag vom 30. Januar 1899, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K–Z). 5 Paul Siebeck schrieb zu Beginn seines Briefes vom 6./7. Juli 1899 (wie Anm. 1): „so zwingt mich Ihr Urteil über meinen rechtlichen Standpunkt, die Begründung und die Vorschläge, die Sie anfügen, meinerseits darzulegen, was zur Erklärung meiner Auffassung dient, und ebenfalls einen Vorschlag zu machen.“ Dabei bezog er sich auf Max Webers ausdrückliche Betonung des „rechtlichen Standpunkt[es]“ und seine Vorschläge vom 1. Juli 1899; vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 1. Juli 1899, oben, S. 672 f. 6 Vgl. den Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, oben, S. 664, Anm. 3.
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Paul Siebeck 13. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: der Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 11. Juli 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, in dem dieser Max Weber die Einführung des neuen Abrechnungsmodus bei Autoren-Korrekturkosten rückwirkend für die bereits erschienenen Hefte der Landarbeiterreihe von Salli Goldschmidt (Goldschmidt, Landarbeiter) und Andreas Grunenberg (Grunenberg, Landarbeiter) anbot (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 8. Juli 1899, oben, S. 679).
Heidelberg 13. VII. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Wenn in der That – was ich nicht beanspruchen kann – der neue Modus rückwirkend sein soll, so bitte ich einen etwaigen Überschuß über meine Schuld auf Conto JCB Mohr, wo ich noch einen Rest habe, zu überweisen (ich habe die Rechnung im Moment nicht da, der Rest folgt, sobald ich sie wiedergefunden habe). Die ganzen 18 M. kommen mir eigentlich nicht zu Gute,1 da ich 2 Autorencorrekturen bei Goldschmidt2 (eine S. 11, die andre, eine Fußnote, S. 12) gemacht hatte – dies war von mir am Rande bemerkt mit der Bitte sie mir zu berechnen und sind diese Correcturen wohl die, deren sich der Drucker so „genau“ entsinnt. Der eingesandte Betrag à /Cto Goldschmidt stammt von diesem selbst; er schrieb mir, daß eine Einnahme von der Frankfurter Zeitung ihn in den Stand setze, schon jetzt zu zahlen und schickte mir das Geld.3 – Auch ich denke, wir sind nun wieder ganz im Reinen und Sie überzeugen Sich wiederum, daß ich Calcüls und Vorschläge [,] die Sie machen, grundsätzlich immer, wenn Sie darauf bestehen, acceptiere. Weder habe ich in der Vergangenheit je Ihre Zahlen etc. angezweifelt, 1 Max Weber hatte 18 Mark Kosten für Autoren-Korrekturen, die für Salli Goldschmidt bestimmt waren, seiner eigenen Rechnung hinzuaddiert. Vgl. dazu den Brief an den Verlag H. Laupp vom 3. Juni 1899, oben, S. 664, Anm. 3. Siebeck hatte Max Weber nach Änderung der Konditionen in seinem Brief vom 11. Juli 1899 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) gefragt, wie er mit dem nunmehr „überzahlten“ Betrag umgehen solle: „Soll ich diesen Betrag ebenfalls an Goldschmidt abführen oder Ihnen zurückzahlen, bezw. gutschreiben?“ 2 Gemeint ist: Goldschmidt, Landarbeiter. 3 Vgl. den Brief an den Verlag H. Laupp vom 7. Juli 1899, oben, S. 678.
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noch wird dies je künftig geschehen. Aber – nichts für ungut! – ich habe weit lieber mit Herrn JCB Mohr, als mit Herrn H Laupp zu thun,4 letzterer ist doch ein reizbarer Schwabe! – Darf ich nun noch fragen, ob und ev. wieviel Raum in Band III der „Badischen Abhandlungen“ noch ist, nachdem die 3 jetzt gedruckten Hefte heraus sind?5 Mit hochachtungsvoller Empfehlung und bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weber
4 Anspielung auf die Vereinigung des Verlags J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) mit der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen 1899 unter der Leitung Paul Siebecks. 5 Im Rahmen des dritten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erschienen 1899 als erstes Heft: Liefmann, Wesen (wie oben, S. 507, Anm. 7), als zweites Heft: Kopp, Zehentwesen (wie oben, S. 617, Anm. 13) und als drittes Heft der zweite Teil von Heinrich Sievekings Studie zum Genueser Finanzwesen (Sieveking, Genueser Finanzwesen II). Paul Siebeck teilte Max Weber in seinem Antwortschreiben vom 14. Juli 1899 mit (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), daß durch diese drei Hefte der dritte Band „vollständig besetzt“ werde.
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Gustav Schmoller 14. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 191b, Bl. 16–17 Dieser und der folgende Brief an Gustav Schmoller vom 15. Juli 1899, unten, S. 686, stehen in Zusammenhang mit einer Anfrage Anton von Kostaneckis. Max Weber und Anton von Kostanecki hatten sich in Berlin kennengelernt; beide hatten u. a. bei dem Handelsrechtler Levin Goldschmidt studiert. 1890 rezensierte Max Weber von Kostaneckis Dissertation (Kostanecki, Anton von, Der öffentliche Kredit im Mittelalter. Nach Urkunden der Herzogthümer Braunschweig und Lüneburg. Diss. phil. Berlin 1889 (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, hg. von Gustav Schmoller, Heft 37 = Band 9, Heft 1). – Leipzig: Duncker & Humblot 1889; hinfort: Kostanecki, Der öffentliche Kredit; Max Webers Rezension ist ediert in: MWG I/1, S. 453–467). 1899 suchte von Kostanecki Max Weber in Heidelberg auf, wo er sich, wie aus dem im folgenden edierten Brief hervorgeht, eventuell habilitieren wollte. Max Weber wandte sich daraufhin an Kostaneckis Doktorvater, Gustav Schmoller, um weitere Erkundigungen einzuholen. Nachdem von Kostanecki Max Weber jedoch seine zwar umfangreichen, aber offensichtlich gänzlich unstrukturierten Materialien vorgelegt hatte, distanzierte sich Weber von dem Vorhaben und entschuldigte sich am folgenden Tag bei Gustav Schmoller für seine vorschnelle Anfrage (vgl. den Brief an Gustav Schmoller vom 15. Juli 1899, unten, S. 686). Über welches Thema von Kostanecki sich habilitieren wollte, ist nicht bekannt. Er habilitierte sich weder in Heidelberg noch an einer anderen Universität. Er veröffentlichte aber zeitnah zwei Bücher zum Handels- und Wertpapierrecht und eines zum wirtschaftlichen Wert (Kostanecki, Anton von, Das Aktienindossament. – Berlin: Carl Heymann 1900; ders., Der wirthschaftliche Werth vom Standpunkt der geschichtlichen Forschung. Versuch einer Morphologie des wirtschaftlichen Werthes. – Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht 1900, sowie ders., Der Lagerschein als Traditionspapier. Im Hinblick auf das kontinentale Zweischeinsystem und mit besonderer Berücksichtigung des österreichischen Rechts. – Berlin: Carl Heymann 1902). 1901 erhielt er einen Ruf an die Universität in Freiburg (Schweiz).
Heidelberg 14/VII 99 Sehr geehrter Herr Professor!
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Bei mir meldete sich dieser Tage Herr Dr v. Kostanecki, berichtete mir über seine Verhandlungen mit Ihnen über seine – nach Dem [,] was er mir vorläufig sagte [,] etwas absonderlich gedachte – Arbeit, die er mir vorlegen will, und sprach den Wunsch aus, sich hier eventuell zu habilitieren. Trotzdem wir nun im nächsten Budget die schon bei meiner Herberufung von mir verlangte zweite etatsmäßige Stelle – unsicher, ob, wie ich wünsche, Ordinariat,1 oder (wahrscheinlich) nur Extraordi-
1 Vgl. dazu Max Webers „Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg“, vor dem 16. Mai 1899, UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 240; MWG I/13.
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nariat2 – erhalten werden, wäre mir die Habilitation eines oder mehrerer tüchtiger Privatdozenten neben den hiesigen wenig brauchbaren Herr[e]n Leser3 & a Kindermann4 überaus erwünscht. Aber aus dem gleichen Grunde müßte ich es beklagen, wenn durch Vermehrung der habilitierten Mittelmäßigkeiten tüchtige junge Kräfte noch mehr als bisher von der Habilitation hier abgeschreckt würden, da ich eigne Schüler wenigstens nicht besonders gern an der gleichen Universität habilitieren möchte und also auf Zuzug von außen angewiesen bin. – Nun habe ich zwar die erste Arbeit v. K[ostanecki]’s (in Ihren Forschungen) günstig rezensiert, weil sie solide gearbeitet war und des Interessanten und Neuen viel bot. Aber eigentliches Talent verrieth sie nicht viel und die gestaltende Hand fehlte doch des Öfterenb. Ein Vortrag im Goldschmidt’schen Seminar5 war äußerst matt. Ich kenn[e] also v. K[ostanecki] vorerst nicht eingehend genug |:um ihn zu beurteilen,:| darf dagegen annehmen, daß dies bei Ihnen in wesentlich höherem Grade der Fall ist. Darf ich wohl im Interesse der Fakultät um ein Urteil über seine Befähigung bitten? – selbstverständlich behalte ich Ihren Bescheid, wie er auch ausfalle und wie auch schließlich v. K[ostanecki] von uns (resp. mir) beschieden werden möge, durchaus für mich. Ich will der Fakultät gegenüber sowohl als v. K[ostanecki] gegenüber die Verantwortung für unsre Entschließung alleine tragen; aberc bloß auf den Eindruck seiner früheren und der jetzigen Arbeit hin und ohne die Möglichkeit mir jetzt ein Gesammtbild von ihm zu verschaffen, würde ich mich ungern entschließen. Der Bescheid, welchen Sie ihm in Berlin (nach seiner Erzählung) gaben, schien mir eine in die möglichst freundliche und wenigst entmutigende Form gekleidete, aber in der Sache doch entschiedene Ablehnung zu sein. –
a Unsichere Lesung.
b Unsichere Lesung.
c 〈ob〉
2 Zunächst war nur eine a.o. etatmäßige Professur für Nationalökonomie vorgesehen und beantragt worden (vgl. Max Webers Brief an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 1. Juni 1897, oben, S. 334, Anm. 2). 3 Gemeint ist Emanuel Leser. 4 Es handelt sich um Carl Kindermann. 5 Gemeint ist das Seminar von Levin Goldschmidt, Max Webers Doktorvater, an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin.
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Für eine gütige Auskunft wäre ich nach Lage der Verhältnisse zu ganz besonderem Dank verpfl ichtet.6 Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst Max Weber
6 Gustav Schmoller antwortete Max Weber erst am 17. Juli 1899, nachdem er Webers zweites Schreiben empfangen hatte. Dies läßt sich einer Notiz auf dem Brief Max Webers an Gustav Schmoller vom 15. Juli 1899 (unten, S. 686) entnehmen.
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Gustav Schmoller 15. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GStA PK, VI. HA, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 191b, Bl. 19–20 Der Brief setzt die Korrespondenz über eine mögliche Habilitation Anton von Kostaneckis in Heidelberg fort (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Gustav Schmoller vom 14. Juli 1899, oben, S. 683). Das im folgenden edierte Schreiben trägt am Rand, links oben, von fremder Hand den Vermerk: „beantw[ortet] 17.VII 99“.
Heidelberg 15. VII. 99 Sehr geehrter Herr Professor! Ich habe heute nur um Entschuldigung zu bitten, daß ich an Sie schrieb, ehe mir v. Kostanecki die Kiste (!) mit seiner „Habilitationsschrift“ brachte. Ich konnte in der That nicht voraussehen, was meiner darin wartete, sondern nahm an, daß seine Arbeit etwa den Charakter seiner Erstlingsschrift1 tragen werde. Statt dessen zeigt sie ganz offenbar pathologische Züge: er hat autodidaktisch sich weiter gebildet und ist in jenem krankhaften Jagen nach phantastischen Traum-Begriffen und Traum-Zusammenhängen befangen, welches bei neuropathischen Autodidakten so oft die Form ihrer Krankheit bildet. Stellenweise enthält die Arbeit gradezu wahnwitzige Gedanken-Assoziationen, aber auch der Resta spricht von völlig abnormem Denken. – Dabei ist gar nicht gesagt, daß der Unglückliche nicht in irgend einem fest begrenzten praktischen Thätigkeitskreis ganz normal funktionieren würde. Ich werde ihm also rathen, weitere „praktische“ Erfahrungen zu sammeln. – Mit der nochmaligen Bitte, zu entschuldigen, daß ich um recht rasch ein allgemeines Bild von dem Manne zu erlangen, vorzeitig mich an Sie wandte und Sie vielleicht bereits vergebens bemüht habe. Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst Max Weber
a 〈ist〉 1 Gemeint ist Kostanecki, Der öffentliche Kredit (wie oben, S. 683, Editorische Vorbemerkung).
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Paul Siebeck 23. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: der Brief von Paul Siebeck vom 20. Juli 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, in dem Siebeck Max Weber über den Fortgang der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ unterrichtet und zu seinen Plänen befragt hatte: „Ich gestatte mir nun die Anfrage, ob Sie von Ihrem Raum für den IV. Band Gebrauch machen wollen und ev. wann das betr. Manuskript zu erwarten wäre. Da der III. Band ausschließlich von Freiburger Beiträgen gefüllt ist, würde ich es für billig halten, den IV. Band mit einer Heidelberger Abhandlung zu eröffnen“.
Heidelberg 23. VII. 99 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich melde für Ende Oktober als erstes von mehreren im Winter erscheinenden Heften an: Offenbacher, Confession und Beruf in Baden (nach den ungedruckten Materialien des Statist. Landesamts), 5 Bogen.1 Ich fand es unbillig, daß die Freiburger Herrn den ganzen dritten Band – den letzten, für den Beschränkungen nicht gelten2 – ohne Verständigung mit mir für sich in Anspruch nahmena.3 Ob Band IV mit meiner Arbeit beginnt, ist mir ziemlich gleich, mein Contingent von 18 Bogen4 nehme ich unverkürzt in Anspruch. Mit den besten Grüßen Ihr stets ergebener Max Weber a Alternative Lesung: nehmen 1 Gemeint ist: Offenbacher, Konfession (wie oben, S. 616, Anm. 7). Die Studie erschien als fünftes Heft des vierten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Offenbacher diente nach eigenen Worten (ebd., S. 3) als Grundlage „die Berufszählung für Baden vom Jahre 1895 mit Berücksichtigung der Konfession“, die das badische statistische Landesamt durchgeführt hatte. 2 Band drei der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ unterlag noch dem ersten Verlagsund Redaktionsvertrag von Juli/August 1897; von Band vier an dagegen galt der neue, im Mai 1899 von den drei Herausgebern Carl Johannes Fuchs und Gerhart von SchulzeGaevernitz (beide Freiburg) sowie Max Weber und Paul Siebeck unterzeichnete Vertrag. Zu den von da ab geltenden Beschränkungen vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607. 3 Zu den in Band drei enthaltenen Einzelheften vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 13. Juli 1899, oben, S. 682, Anm. 5. 4 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607.
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23. Juli 1899
Friedrich von Weech [23]. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, Nl. Friedrich v. Weech, Nr. 36, Bl. 100 Mit dem im folgenden edierten Brief empfahl Max Weber den späteren Dramaturgen und Schriftsteller, Karl Wollf, an das Generallandesarchiv in Karlsruhe. Der bereits promovierte Jurist und Rechtsanwalt plante 1899 eine Arbeit bei Max Weber, möglicherweise eine staatswissenschaftliche Doktorarbeit, über die „Geschichte der badischen Gewerbeverfassung und Gewerbepolitik vom Anfang des Jahrhunderts bis 1862“ (vgl. den Eintrag in der Benutzerakte, GLA Karlsruhe 450 B, Nr. 16694). Trotz intensiver Archivrecherchen (vgl. Wollfs Briefe an Max Weber vom 19. Januar und 17. Februar 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) stellte er diese Arbeit nicht fertig. Er wurde stattdessen 1904, neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dramaturgischer Beirat beim Hoftheater in Karlsruhe und verlegte sich auf die Erforschung der Theatergeschichte (vgl. den Eintrag von 1906 in der Benutzerakte, GLA Karlsruhe 450 B, Nr. 16694, sowie die Personalakte des Hoftheaters, GLA Karlsruhe 57 a, Nr. 2060).
Heidelberg 23a VII 99 Hochgeehrter Herr Geheimrath! Herr Dr Wollf aus Mannheim, welcher über die Entwicklung der badischen Gewerbeverfassung und die Geschichte der Gewerbepolitik in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts (bis 1861) arbeitet und um die Erlaubnis zur Benutzung des Generallandesarchivs einkommen möchte, bittet mich um Befürwortung seines Gesuchs [.] Ich kann den durchaus bescheidenen und rücksichtsvollen Herrn, welcher sicherlich die Archiv-Vorschriften sorgsam beachten wird, nur zur freundlichen Zulassung empfehlen. Mit hochachtungsvoller Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
a Unsichere Lesung.
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Adolf Buchenberger 26. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, Nl. Adolf Buchenberger, Nr. 44
Heidelberg 26/VII. 99 Hochgeehrter Herr Präsident!1
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Ich schulde Euer Excellenz noch immer den verbindlichsten Dank für die gütige Zusendung der zweiten Auflage Ihres mir selbstverständlich bereits genau bekannten Compendiums der Agrarpolitik.2 Die Nachwirkungen einer Masern-Erkrankung haben mich zuerst lange an das Bett gefesselt und später meine Fähigkeit zu lesen sehr beeinträchtigt, so daß ich erst jetzt dazu kam, mich wieder an der ruhigen Sachlichkeit und abgewogenen Klarheit Ihrer Urteile zu erfreuen, auch da, wo ich ausnahmsweise einmal meinerseits eine abweichende Ansicht vertrete. – Dies ist, soweit wichtige Punkte in Frage kommen, eigentlich nur bezüglich des Terminhandels der Fall.3 Mit dessen gesetzlichem Totschlag in Deutschland4 haben wir die deutsche Preisbildung nicht dem Einfluß der Spekulation entzogen, sondern wesentlich nur an die Stelle des deutschen, durch die deutsche Gesetzgebung zu beeinflussenden Platzes Berlin 5 den Platz New York gesetzt und dessen Über1 Als Finanzminister war Adolf Buchenberger Präsident des badischen Finanzministeriums. 2 Gemeint ist: Buchenberger, Adolf, Grundzüge der deutschen Agrarpolitik, 2. Aufl. – Berlin: Paul Parey 1899 (hinfort: Buchenberger, Grundzüge, 21899). Die erste Auflage war zwei Jahre zuvor erschienen (ders., Grundzüge der deutschen Agrarpolitik unter besonderer Würdigung der kleinen und großen Mittel. – Berlin: Paul Parey 1897). 3 Buchenberger setzte sich in § 48 mit der Marktpreisbildung und der Börse generell sowie dem Getreideterminhandel im besonderen auseinander (Buchenberger, Grundzüge, 21899, S. 249–268). Max Weber bezieht sich im folgenden vor allem auf seine Ausführungen zum Getreideterminhandel, ebd., S. 267 f. (vgl. unten, S. 690, Anm. 9). Unter Terminhandel ist ein Börsengeschäft auf Zeit zu verstehen, d. h. Lieferung, Abnahme und Bezahlung von Waren oder Wertpapieren erfolgen zu einem späteren Termin, aber unter den bereits bei Vertragsabschluß im vorhinein festgelegten Bedingungen (vgl. MWG I/5, S. 1065). 4 Anspielung auf das Börsengesetz vom 22. Juni 1896 (RGBl 1896, Nr. 15, S. 157–176; abgedruckt in Anhang 2, in: MWG I/5, S. 975–992). Das Gesetz untersagte u. a., wie von agrarischer Seite seit langem gefordert, den Terminhandel in Getreide und Mühlenfabrikaten, der als hochspekulativ angesehen wurde. Vgl. Max Webers Schriften zum Börsenwesen (MWG I/5) sowie grundlegend dazu Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 1–111, bes. S. 56–59, S. 79–81. 5 Die Berliner Wertpapierbörse war die wichtigste deutsche Börse; sie überragte auch die
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macht den deutschen Effektivplätzen6 gegenüber, die früher in Berlin ein Gegengewicht fand, gesteigert. Ich las den betreffenden Abschnitt7 gleich bei Empfang Ihres Buches und legte mir |:aus:| dem zufällig gleichzeitig in meine Hände gelangenden Getreidebericht von Jacob Hirsch & Söhne beigeklebten Passus hinein.8 Er ist durchaus typisch für den jetzigen Preisbildungszustand, ganz bestimmte Perioden, in denen Argentinien etc. vorwiegen, ausgenommen. Wir haben durch die Vernichtung des Berliner Platzes an Handelsprestige gegenüber Osteuropa unendlich verloren, ohne das mindeste greifbare positive Ergebnis zu erzielen.9 – Um eine Nuance ungünstiger glaube ich das Anerbenrecht beurteilen zu sollen, als Sie dies thun.10 Die Bedeutung desselben ist – positiv und negativ – ganz ungebührlich aufgebauscht worden durch die Art,
Frankfurter und Hamburger Börse an Bedeutung (vgl. Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 4). 6 Zu den bedeutendsten deutschen Warenbörsen (Effektivplätzen) zählten neben der ebenfalls in Berlin befindlichen Getreide- und Mehlbörse die Kaffeebörse in Hamburg und die Baumwollbörse in Bremen (vgl. Borchardt, Einleitung, in: MWG I/5, S. 4 f.). Bei Effektivgeschäften wird tatsächlich mit Waren gehandelt, im Unterschied zu Termingeschäften, bei denen Börsenhändler Käufe und Verkäufe auf Termin immer so anpassen, daß sie zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Waren zu liefern oder zu kaufen haben (vgl. MWG I/5, S. 1042). 7 Buchenberger, Grundzüge, 21899 (wie oben, S. 689, Anm. 2), S. 267 f. 8 Auf welchen Getreidebericht und beigefügten Passus sich Max Weber bezieht, ist nicht ermittelt. Bei der zitierten Firma handelt sich um die Mannheimer Getreidegroßhandelsfirma „Jacob Hirsch & Söhne“, eines der wichtigsten Getreidehandelshäuser Süddeutschlands. 9 Im Unterschied zu Max Weber knüpfte Adolf Buchenberger die Bedeutung des Getreidegroßhandels nicht an das Vorhandensein eines Terminmarktes. Dabei verwies er auf den nach Berlin bedeutendsten Getreidehandelsplatz Deutschlands, nämlich Mannheim: „Der Platz Mannheim hat nie einen Getreideterminmarkt besessen und trotzdem eine achtunggebietende [. . .] Stellung sich erobert. [. . .] Das Vorhandensein eines Terminmarktes ist also nicht die unentbehrliche Voraussetzung für die blühende Entwicklung eines Getreidegroßhandels“ (Buchenberger, Grundzüge, 21899 (wie oben, S. 689, Anm. 2), S. 268). 10 Buchenberger behandelte das Anerbenrecht in § 20 (ebd., S. 82–90). Unter Anerbenrecht (Einzelerbfolge) ist ein ländliches Sondererbrecht zu verstehen, das den Übergang des ungeteilten Grundbesitzes im Erbgang auf einen, den weichenden Erben gegenüber bevorzugten, sogenannten Anerben bewirkt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gab es eine breite sozialpolitische Diskussion darüber, ob und inwieweit eine Reaktivierung des Anerbenrechts sinnvoll sei, um die zunehmende Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes einzudämmen. Nach dem geltenden Recht hatten alle Erben Anspruch auf einen gleichen Teil oder eine entsprechende Abfindung nach dem Verkehrswert des Gutes, der in der Regel höher lag als der tatsächliche Ertragswert. Vgl. Max Webers Beitrag „Das Anerbenrecht auf der preußischen Agrarkonferenz“, in: MWG I/4, S.500–511, bes. den Editorischen Bericht, ebd. S. 500 f.
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wie Exc. v. Miquel, Sering u.A. in der Einführung der Einzelerbfolge einen vernichtenden Schlag gegen den „Capitalismus“ etc. etc. annoncierten. Nur diese unmotivierte Reklame für ein harmloses, in vielen Fällen auch nach meiner Ansicht ganz angebrachtes Institut erklärt die sonst unbegreifl iche Leidenschaft Brentano’s dagegen.11 – Ich für meinen Teil würde in fast allen Fällen da, wo die Freiteilung bedenklich ist, die wirklich volle Geschlossenheit dem wenig wirksamen bestena Anerbenrecht vorziehen.12 Mit nochmaligem verbindlichsten Dank verbleibe ich Euer Excellenz in Verehrung ergebenster Max Weber
a Unsichere Lesung. 11 Anspielung auf den Streit zwischen Befürwortern und Gegnern des Anerbenrechts. Der preußische Finanzminister, Johannes von Miquel, war seit langem ein Befürworter des Anerbenrechts. Auf ihn ging u. a. die Einführung des Höferechts in der Provinz Hannover 1874 zurück (vgl. dazu ebd., S. 500–503). Der Nationalökonom Max Sering gehörte ebenfalls zu den Hauptverfechtern der Wiedereinführung des Anerbenrechts, die er in zahlreichen Publikationen forderte. Zuletzt wandte er sich vor allem gegen die Auffassung Lujo Brentanos, daß der Boden rechtlich wie Kapital zu behandeln sei und daß sich die Bewirtschaftung der Landwirtschaft nicht von anderen Gewerben unterscheide. Dem gegenüber beharrte er auf einer Sonderstellung des Grundbesitzes in familiärer, sozialer und nationaler Hinsicht. Diese Sonderstellung könne nur durch die Einführung eines Sondererbrechts bewahrt werden (vgl. Sering, Max, [Besprechung von:] Lujo Brentano, Agrarpolitik, in: Deutsche Litteraturzeitung, Nr. 27 vom 10. Juli 1897, Sp. 1065–1074, bes. Sp. 1068–1070). Darauf replizierte Lujo Brentano scharf, indem er Sering „agrarisches Zünftlerthum“ vorwarf (Brentano, Lujo, Wollen oder Erkennen? Ein ernstes Wort an Herrn Prof. Dr. Max Sering, in: Die Nation. Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft und Litteratur, Nr. 43 vom 24. Juli 1897, S. 650). Zu diesem Streit zwischen Max Sering und Lujo Brentano über das Anerbenrecht vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Hans Delbrück vom 30. Juli 1897, oben, S. 374. 12 Die meisten agrarpolitischen Vorschläge zur Einführung des Anerbenrechts begünstigten zwar den Einzelerben, sahen aber nach wie vor gewisse Abfindungen für die weichenden Erben vor, sodaß der Einzelerbe auch weiterhin mit Schulden belastet würde, wenn auch in geringerem Umfange als im Fall der Freiteilung. Anders als Max Weber plädierte Buchenberger aber nicht für die „volle Geschlossenheit“, um den Einzelerben zu entlasten, sondern nur für die bessere Organisation und Gestaltung des Verschuldungsrechts, z. B. durch die Zwischenschaltung von Rentenbanken und die Abfindung der weichenden Erben „in Renten statt in Kapital“ (Buchenberger, Grundzüge, 21899 (wie oben, S. 689, Anm. 2), S. 89).
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Robert Wuttke 26. Juli 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig Stadtarchiv Dresden, Nl. Robert Wuttke (16.1.6), Abt. VI, Nr. 250 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Anfrage des polnischen Studenten Boleslaus von Durasewicz, bei Max Weber in Heidelberg über die Geschichte der Landwirtschaft Kursachsens, insbesondere die Landarbeiterverhältnisse im 16. und 17. Jahrhundert, zu promovieren. Anscheinend hatte, wie sich aus dem im folgenden edierten Brief schließen läßt, Robert Wuttke, der Dresdner Volkskundler und Nationalökonom, von Durasewicz empfohlen, sich entweder an Adolph Stengel oder an Max Weber zu wenden. Stengel lehrte Agrarwissenschaften an der Heidelberger Naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät und stand mit Wuttke in Kontakt. Robert Wuttke selbst, der zu dieser Zeit als Dozent an der Gehe-Stiftung in Dresden tätig war, erhielt erst 1903 als Ordinarius für Nationalökonomie an der TH Dresden das Promotionsrecht (vgl. Emmrich, Brigitte, Wuttke, Robert, in: Sächsische Biographie, hg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., http://saebi.isgv.de/biografie/Robert_Wuttke_(1859– 1914) (11. April 2013)). Max Weber lehnte die Betreuung der Dissertation aus Prinzip ab, aber auch, weil von Durasewicz sich schließlich entgegen seiner anfänglichen Pläne auf die landwirtschaftliche Technik beschränkte, ohne rechtliche und gesellschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Von Durasewicz wurde 1900 von Adolph Stengel in der Naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät promoviert (Durasewicz, Boleslaus von, Beiträge zur Geschichte der Landwirtschaft Kursachsens im 16. Jahrhundert, naturw.math. Diss., Heidelberg. – Dresden: J. Päßler 1900; hinfort: Durasewicz, Beiträge).
Heidelberg 26/VII 99 Sehr geehrter Herr! Um Misdeutungen eines kürzlichen Vorfalls hier von Ihrer Seite vorzubeugen, gestatte ich mir in Betreff des Herrn v. Durasewicz, der sich gelegentlich auf Sie bezogen hat, Ihnen Folgendes zu berichten: Der gedachte Herr kündigte mir vor längerer Zeit seine Absicht an, bei mir zu arbeiten und entwickelte den Plan einer Arbeit über sächsische Anbauverhältnisse, Preise etc. auf Grund archivalischen Materials. Ich habe ihm damals eine Anzahl Fragen gestellt, mich über die zeitliche Abgrenzung zu orientieren gesucht etc. – mit dem Ergebnis, daß der gedachte Herr mira erklärte, er ziehe vor, die Arbeit als „landwirtschaftliche“ Arbeit zu verwerthen.1 Vor ca. 8 Tagen erschien er bei mir mit dem ohne weitere Umschweife gestellten Verlangen, ich solle a 〈eines Tages〉 1 Im Vorwort seiner Dissertation berichtete von Durasewicz, er habe zunächst auf Anregung des Leipziger Nationalökonomen, August von Miaskowski, eine Darstellung der Landarbeiterverhältnisse Kursachsens im 16. und 17. Jahrhundert auf archivalischer Basis erarbeiten wollen; da sich dies aber als zu umfangreich erwiesen habe, habe er sein The-
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die Arbeit „durchsehen“. Auf mein Erstaunen über diese Zumuthung bezog er sich auf Hofrath Stengel und auf meine Frage, ob dieser ihn schicke, gab er eine bejahende Antwort, – im Widerspruch mit den Thatsachen wie sich herausstellte. Herrn G[eheim-]R[at] Stengel hatte er andrerseits verschwiegen, daß er ursprünglich mich wegen der Arbeit hatte angehen wollen, so daß dieser jetzt vorläufig die Befassung mit der Arbeit seinerseits abgelehnt hat. Ich meinerseits habe, um die hiesige unter Knies in Blüthe stehende „Doktorfabrik“ zu beseitigen, bisher das feste Princip befolgt,b von Arbeiten, die nicht in meinem Seminar gemacht werden, nur auf amtlichem Wege (Aufforderung der Fakultät) Kenntnis zu nehmen. Dies mußte ich dem gedachten Herrn gegenüber umsomehr festhalten, als mir sein anfängliches Verhalten – wie Sie begreifen – einen höchst mangelhaften Eindruck machte, als er ferner äußerst wenig bescheiden auftrat und sowohl mir selbst über Das, was ich ihm seinerzeit über seine (damals beabsichtigte) Arbeit gesagt hatte, hellen Unsinn ins Gesicht zu behaupten gewagt, als, wie gesagt, direkt Unrichtiges behauptet hatte. Nachträglich hörte ich von College Stengel, daß Sie mit ihm über die Arbeit correspondiert haben2 und sie für tüchtig halten, und ich wünsche nur, festzustellen, daß ich ein Urteil über die Arbeit nach seiner Richtung hin abzugeben bisher nichtc in die Lage gekommen bin. Ich wünsche dies deshalb, weil ich keinenfalles möchte, daß Sie, sehr geehrter Herr, in meinem und Stengels Verhalten eine Spitze gegen Sich vermuthen. Ich werde stets sehr erfreut sein, Herren, die Sie zu Archiv-Arbeiten angeregt haben, in meinem Seminar zu sehen und mich mit Ihnen in solchen Fällen über die Arbeiten derselben ins Benehmen setzen. – Herr Robert Bruck, den Sie angeregt hatten und der in meinem Seminar war, ist zur Kunstgeschichte abgesprungen und leider ist seine Arbeit noch nicht genügend durchgearbeitet, um – wenigstens nach b 〈nur〉
c Fehlt in O; nicht sinngemäß ergänzt.
ma auf die landwirtschaftliche Technik und die Produktionsrichtungen im 16. Jahrhundert begrenzt (Durasewicz, Beiträge, S. 3). 2 Korrespondenzen zwischen Adolph Stengel und Robert Wuttke sind nicht ermittelt; ihre kollegiale Freundschaft und Zusammenarbeit bei Promotionen wird aber indirekt bezeugt durch einen Brief Robert Wuttkes an Karl Bücher vom 12. Febr. 1902 (UB Leipzig, Nl. Karl Bücher, Nr. 181, Bl. 153–160 (NL 181/Wint 153–160)), in dem Wuttke Karl Bücher nach Stengels Tod um die Übernahme eines ehemaligen Doktoranden Stengels bat. Stengel und Wuttke hatten gemeinsame agrarwissenschaftliche Interessen; Wuttke nahm, neben seiner Tätigkeit bei der Gehe-Stiftung, zwischen 1900 und 1902 einen Lehrauftrag an der Forstakademie Tharandt (bei Dresden) wahr.
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meiner Ansicht – publiciert werden zu können.3 Er wird Ihnen darüber wohl berichten und ich will im Winter, wo ich mehr Zeit habe und hoffentlich gesünder als jetzt sein werde, michd gern dafür interessieren.– Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst Max Weber
d Fehlt in O; mich sinngemäß ergänzt. 3 Robert Bruck nahm zu Beginn seiner Heidelberger Studienzeit im WS 1898/99 an Max Webers Volkswirtschaftlichem Seminar teil (ausweislich der Hörerlisten, UA Heidelberg, Rep. 27–1409). Nach dem Wechsel zur Kunstgeschichte promovierte er 1901 in Heidelberg mit einer Arbeit über die Elsässische Glasmalerei (Bruck, Robert, Die Elsässische Glasmalerei, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Straßburg: M. DuMont-Schauberg 1901). Daß er diese Doktorarbeit bereits unter Max Webers Leitung begonnen hatte, ist zu bezweifeln; Max Weber wurde nicht im Vorwort erwähnt. Von Brucks nationalökonomischen Arbeiten zeugt eine kurze Untersuchung über das Handwerk der Schuster, die Marianne Weber in ihrem Buch über Fichte’s Sozialismus (Weber, Marianne, Fichte‘s Sozialismus, S. 69, Anm. 2) zitierte (Bruck, Robert, Ein Probe-Arbeiten der Schuster im Jahre 1579, in: Dresdner Geschichtsblätter, 7. Jg., Nr. 3, 1898, S. 119 f.). Max Weber blieb Robert Bruck freundschaftlich verbunden. Vgl. dazu MWG II/6, S. 287–289.
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Alfred Weber 2. August 1899; Eibsee Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit Korrekturen von der Hand Marianne Webers GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 80–81 Der Brief steht im Zusammenhang mit der Erhebung, die der Verein für Socialpolitik zwischen 1897 und 1899 über die Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich durchführte (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 489). Alfred Weber war durch seine Studien und Promotion über die Hausindustrie (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Alfred Weber vom 17. Januar 1897, oben, S. 280) dazu prädestiniert, eine tragende Rolle zu spielen. Er wirkte an führender Stelle als Kommissionsmitglied sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung, Sammlung und Herausgabe der Materialien mit (vgl. Weber, Alfred, Vorbemerkung, in: SVfSP 85, S. Vf.; ders., Einleitung, in: ebd., S. XIII– LX; sowie ders., Vorbemerkung, in: SVfSP 87, S. V). Dies bedeutete für ihn nicht nur eine erhebliche Arbeitsbelastung, sondern auch einen großen zeitlichen Druck, da die vier umfangreichen Bände (SVfSP 84–87) im September 1899 zur Generalversammlung vorliegen mußten. Alfred Weber wurde zudem mit einem der beiden einleitenden Referate auf der Generalversammlung betraut (Weber, Alfred, Die Hausindustrie und ihre gesetzliche Regelung, in: Verhandlungen der am 25., 26. und 27. September 1899 in Breslau abgehaltenen Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik über die Hausindustrie und ihre gesetzliche Regelung, die Lage des Hausiergewerbes und die Entwicklungstendenzen im modernen Kleinhandel (SVfSP 88). – Leipzig: Duncker & Humblot 1900, S. 12–35). Zusätzlich verfaßte er eine Reihe substantieller Artikel über die Hausindustrie, die auf Anraten Gustav Schmollers zur Habilitation vorgelegt werden sollten (vgl. ausführlich dazu: Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik, S. 27, 33–35).
Eibsee, den 2. 8. 99. Lieber Alfred!
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Mit einigen Zeilen wenigstens möchte ich, nachdem wir nun wieder ziemlich auf dem Damme sind, meinena telegraphischen Glückwünschen nachkommen.1 Hoffentlich sind die Arbeiten für den Verein für Sozialpolitik und die ganze Schinderei nun endgültig erledigt, damit Du zur Ruhe kommst und nicht nach oder vor dem Vereinstage2 zusammenklappst. Daß Du eine wirkliche Kur brauchen willst, freut mich sehr, nicht weil ich glaube, daß sich die Sache alsbald einrenken werde, sondern weil man, wenn man den Zwang und die Langeweile dieser Sache nicht durchgemacht hat, ganz unmöglich sich in die Seea In Abschrift: meinem 1 Alfred Weber hatte am 30. Juli Geburtstag. 2 Gemeint ist die Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik vom 25. bis 27. September 1899.
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lenruhe gegenüber der immer wieder auftretenden Notwendigkeit, zeitweise absolut jede geistige Tätigkeit, selbst Zeitungslesen zu lassen, hineingewöhnt. Notwendig ist für Dich eine solche Liquidation der Kräfte, mit zunächst sicherlich etwas deprimierendem Ergebnis, ebenso wie sie es für mich war. 3 Nunb ist Vorbedingung irgendeines Erfolges lange Dauer – 8 Wochen mindestens – und absolute Abstinenz von gewohnten Stoffen geistiger Tätigkeit, sowie ebenso jeder forcierten körperlichen Bewegung. Wie unglaublich mir diese geschadet hat, weiß ich heute genau. – Es war ein Elend, daß gerade Mamas Besuch bei uns4 in eine dreiwöchige Epoche gänzlicher Leistungsunfähigkeit bei mir fiel, wobei ich dann immer den Eindruck psychischer Apathie mache; die Sache war einige Zeit vorher und ist jetzt, nur durch Influenza zurückgeworfen, weitaus besser . . . .c In Heidelberg kommt jetzt eine zweite Stelle, noch unsicher, ob Ordinariat (wie beantragt) oder (wahrscheinlicher) nur Extraordinariat.5 Letzterenfalles bin ich wirklich in Verlegenheit. Ist Helfferichd schon habilitiert,6 oder wird er bis kommenden Sommer habilitiert sein?
b In Abschrift: Nur handschriftlich über Nun; Nun aber nicht gestrichen. sungszeichen in Abschrift. d In Abschrift: Helffrich
c Auslas-
3 Max Weber spielt auf die Kur, die er von Juli bis Oktober 1898 in Konstanz absolviert hatte, an. Alfred Weber folgte dem Rat seines Bruders: Er verbrachte nach der Beendigung seiner Arbeiten über die Hausindustrie zunächst einige Wochen in einem Sanatorium bei Meran (vgl. den Brief von Alfred Weber an Max Weber vom 2. Nov. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446); im Frühjahr 1900 bereiste er anschließend für zwei Monate die Karibik, bevor er am 1. Juni 1900 seine Unterlagen für die Habilitation in Berlin einreichte (vgl. Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik, S. 27). 4 Helene Weber verbrachte, wie üblich, im Sommer einige Wochen bei Max und Marianne Weber, wann genau, ließ sich nicht ermitteln. Max Weber hatte sie trotz seiner Erkrankung am 13. April 1899 noch nachdrücklich zum Kommen aufgefordert (vgl. den Brief an Helene Weber vom 13. April 1899, oben, S. 656). 5 Max Weber hatte im Mai 1899 die Errichtung eines zweiten nationalökonomischen Ordinariats in Heidelberg beantragt („Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg“, vor dem 16. Mai 1899, UA Heidelberg, H-IV-102/130, Bl. 240; MWG I/13). Lange Zeit blieb offen, ob das badische Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts ein Ordinariat oder nur ein Extraordinariat bewilligen werde. Die Entscheidung zu Gunsten eines Ordinariats fiel erst, nachdem das große Ausmaß von Max Webers Erkrankung erkennbar geworden war und er sein erstes Entlassungsgesuch gestellt hatte. Vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 10. 6 Karl Helfferichs Habilitation stand kurz bevor; er habilitierte sich am 21. Oktober 1899 in Berlin. Vgl. Humboldt-Universität zu Berlin, UA, Phil. Fak. 1223 (schriftliche Auskunft).
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Denn auf Francke7 ginge die Regierung doch kaum ein, und Wittiche8 deckt sich zu sehr mit mir, während Xf doch ein Rindvieh ist nach Frl. v. Richthofens eingehenden Berichten9 und ein Streber dazu. Kannst Du wirklich nicht noch einige Wochen hierherkommen? Es ist wundervoll hier, nur etwas viel Kultur (abgerahmte Milch, frisierte Kellnerinnen).
e In Abschrift: Wittisch > Wittig
f Zeichen in Abschrift.
7 Gemeint ist der Sozialpolitiker und Journalist Ernst Francke. 8 Es handelt sich um den Straßburger Nationalökonomen Werner Wittich, der Max Weber durch seine agrargeschichtlichen Arbeiten sehr gut bekannt war. 9 Möglicherweise handelt es sich bei „X“ um einen jüngeren Berliner Nationalökonomen, über den Else von Richthofen Max Weber aus Berlin berichtete, wo sie seit WS 1898/99 drei Semester studierte (vgl. Jaffé, Else, Biographische Daten Alfred Webers (1868–1919), in: Alfred Weber zum Gedächtnis. Selbstzeugnisse und Erinnerungen von Zeitgenossen, hg. von Eberhard Demm unter Mitwirkung von Nathalie Chamba. – Frankfurt am Main: Peter Lang 2000, S. 73).
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Paul Siebeck 2. Oktober 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser und der folgende Brief an Carl Johannes Fuchs vom 2. Oktober 1899, unten, S. 699 f., stehen in Zusammenhang mit der Planung von Band vier der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Der im folgenden edierte Brief an Paul Siebeck setzt die Korrespondenz mit dem Verleger vom 23. Juli 1899 (oben, S. 687) fort.
Heidelberg 2 X 99 Sehr geehrter Herr Siebeck! Coll[ege] Fuchs bittet mich,1 darein zu willigen, daß Koch2 zuerst gedruckt werde. Wie ich Ihnen s.Z. schrieb, 3 ist mir die Reihenfolge des Drucks vollkommen gleichgültig, Sie Ihrerseits wollten damals eine Heidelberger Arbeit voranstellen.4 Also bitte ich Sie ganz nach Belieben zu verfahren. Besten Gruß und Empfehlung Ihr stets ergebenster Max Weber
1 Vgl. Max Webers Antwort an Carl Johannes Fuchs vom 2. Okt. 1899, unten, S. 699 f. 2 Gemeint ist die Arbeit aus dem Seminar von Carl Johannes Fuchs: Koch, Georg, Die gesetzlich geschlossenen Hofgüter des badischen Schwarzwalds (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 4, Heft 1). – Tübingen u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1900 (hinfort: Koch, Hofgüter). 3 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 23. Juli 1899, oben, S. 687. 4 Gemeint ist die Anfrage bzw. das Angebot Paul Siebecks an Max Weber vom 20. Juli 1899, den vierten Band mit einer Arbeit aus dem Heidelberger Seminar zu eröffnen (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 23. Juli 1899, oben, S. 687).
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Carl Johannes Fuchs 2. Oktober 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 22–23
Heidelberg 2 X 99 Verehrter Herr College!
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Ihr Brief reiste mir nach und erreicht mich erst jetzt hier. Ich habe Siebeck soeben daran erinnert,1 daß ich ihm ausdrücklich geschrieben habe, 2 daß mir – selbstredend – die Reihenfolge der Beiträge so gleichgültig wie möglich ist. Er seinerseits bat um Angabe des Termins der Einlieferung einer Seminararbeit von mir mit der Begründung, „den neuen Band mit einer solchen anfangen zu wollen“, 3 und zwar geschah dies auf eine Beschwerde von mir darüber,4 daß der vorige Band – der letzte vor Eintritt der erschwerenden Bedingungen des neuen Vertrages5 – ganz mit Arbeiten besetzt worden war[,] ohne daß mir Gelegenheit gegeben war |:darin:| auch meinerseits eine |:damals:| schon |:fertige:| Arbeit unterzubringen,6 welche in Folge dessen a zurückgestellt wurdea , da ich nicht sofort die beträchtlichen Conventionalstrafen zahlen wollte und mein Raum im neuen Band schon fest an andre, zufällig erst jetzt der Vollendung entgegengehende Beiträge ver-
a Fehlt in O; zurückgestellt wurde sinngemäß ergänzt. 1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 2. Okt. 1899, oben, S. 698. 2 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 23. Juli 1899, oben, S. 687. 3 Zur Anfrage bzw. zum Angebot Paul Siebecks vom 20. Juli 1899 vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 23. Juli 1899, oben, S. 687. 4 Max Weber hatte Paul Siebeck bereits am 13. Juli 1899 mit gereiztem Unterton gefragt, ob und wieviel Raum noch in Band drei der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ für Arbeiten aus seinem Heidelberger Seminar sei. Siebeck teilte ihm daraufhin am 14. Juli 1899 mit, daß Band drei vollständig mit Freiburger Beiträgen besetzt sei (vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 13. Juli 1899, oben, S. 682 mit Anm. 5). 5 Ab Band vier der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ galt der im Mai 1899 unterzeichnete Verlagsvertrag, der einige Restriktionen enthielt. Zu den neuen Bedingungen vgl. ausführlich die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1898, oben, S. 607, sowie den Verlagsvertrag selbst, abgedruckt unter 2, im Anhang unten, S. 900–902. 6 Zu den drei Beiträgen aus dem Freiburger Seminar, die in Band drei erschienen, vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, oben, S. 617, Anm. 13. Bei der zurückgestellten Arbeit handelt es sich um: Abelsdorff, Beiträge.
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geben war. – Also liegt ein Misverständnis vor und ich denke die Sache ist erledigt. Besten Dank für Ihre freundlichen Wünsche und beste Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin [.] Ihr ergebenster Max Weber
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Paul Siebeck 6. November 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben setzt die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck über die Gestaltung des vierten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort. Eine besondere Rolle spielte dabei die Mitte 1900 im Rahmen des vierten Bandes als Heft vier nach langen Verzögerungen erschienene Studie von Walter Abelsdorff über die „Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker“ (Abelsdorff, Beiträge). Die Arbeit basierte auf der Auswertung von Fragebögen, die an Mitglieder des „Verbandes der Deutschen Buchdrucker“ versandt und von ca. 4800 Teilnehmern beantwortet wieder zurückgeschickt worden waren. Max Weber selbst stellte der Studie eine Vorbemerkung voran (Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers [zu: Walter Abelsdorff, Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker], in: MWG I/8, S. 25–33). Max Weber hatte die Dissertation Paul Siebeck gegenüber bereits im März 1898 erwähnt (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 27. März 1898, oben, S. 476), d. h. kurz vor der Promotion von Walter Abelsdorff im Mai 1898. Die Ausarbeitung für den Druck verzögerte sich jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen. Im Dezember 1898 sah sich Weber gezwungen, sie zurückzustellen, weil Band drei der “Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ bereits mit Freiburger Arbeiten besetzt sei (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 20. Dezember 1898, oben, S. 616 f.). Seine daran anknüpfende Bemerkung, er wolle sie zwischenzeitlich noch „weiter ausformen“ lassen, deutet darauf hin, daß er mit dem Ergebnis nicht zufrieden war und die Dissertation in der vorliegenden Form noch nicht für druckreif hielt. Im Laufe des Jahres 1899 nahm Walter Abelsdorff eine Stellung bei der Hamburger Gewerbeinspektion an; dadurch geriet er zeitlich unter großen Druck und riskierte die fristgerechte Überarbeitung und Vorlage der Pflichtexemplare. Am 14. Mai 1899 stellte er daher einen Verlängerungsantrag bei der Philosophischen Fakultät in Heidelberg, den Max Weber unterstützte (vgl. den Brief Max Webers an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg vom 15. Mai 1899, oben, S. 662). Die Abgabefrist wurde daraufhin um ein halbes Jahr verlängert. In diesem und den folgenden Briefen an Paul Siebeck (vom 8. November 1899, 20. November 1899, 31. Dezember 1899, 27. Januar 1900, 28. Mai 1900, 3. Juni 1900 sowie vor oder am 11. Juni 1900, unten, S. 703, S. 704, S. 709 f., S. 726, S. 736 f., S. 738 f., S. 741) geht es um die Drucklegung von Abelsdorffs Dissertation, die sich weiterhin verzögerte, da Abelsdorff mit der Überarbeitung nach den Vorgaben Max Webers nicht nachkam. Daher ließ Abelsdorff, abweichend von der üblichen Praxis, 200 nicht überarbeitete Pflichtexemplare vorab in einem anderen Verlag drucken (Abelsdorff, Walter, Beiträge zur Socialstatistik der deutschen Buchdrucker, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Hamburg: Druck der Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J.F. Richter) 1899), um sie bis zum 1. Januar 1900 der Heidelberger Philosophischen Fakultät fristgemäß vorlegen zu können. Seine überarbeitete Dissertation konnte im vollen Umfang erst im Sommer 1900 im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) erscheinen (Abelsdorff, Beiträge).
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Heidelberg 6/11 99 Sehr geehrter Herr Siebeck! Darf ich fragen, wie die Lage Ihrer Druckerei ist? – d. h. ob in den nächsten Wochen gedruckt werden kann? Es handelt sich zunächst um eine Arbeit von – circa! – 5 Bogen (vorbehaltlich genauer Rechnung) von Herrn Abelsdorff über die „Sozialstatistik der Buchdrucker“ – Mscr. wird in ca. 8–10 Tagen druckfertig sein –, sodann um eine etwa ebenso große Arbeit von Herrn Offenbacher über „Confession und Beruf“.1 Für die erstere käme es darauf an, die Dissertat[ions]-Exemplare möglichst vor dem 1. I. haben zu können. Mit hochachtungsvoller Empfehlung und bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weber
1 Gemeint ist: Offenbacher, Konfession (wie oben, S. 616, Anm. 7).
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Paul Siebeck 8. November [1899]; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „9/XI.99“. Der Brief steht im Zusammenhang mit der Drucklegung von Walter Abelsdorffs Studie über die „Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker“ (Abelsdorff, Beiträge). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. November 1899, oben, S. 701.
Hbg 8/11 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Das Mscr. kann icha für Sonntag über 8 Tage versprechen.1 Lassen Sie also doch ja keinen Andren dieserhalb warten, mir liegt an der Reihenfolge gar nichts. In Eile mit hochachtungsvoller Empfehlung Max Weber
a 〈erst〉 1 Für Sonntag, den 19. November 1899.
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Paul Siebeck 20. November 1899; Heidelberg Karte; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte führt die Korrespondenz über die Drucklegung von Abelsdorffs Studie (Abelsdorff, Beiträge) fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. November 1899, oben, S. 701.
Sehr geehrter Herr Siebeck! Statt eines druckfertigen Manuskripts erhalte ich von Herrn Abelsdorff ein solches [,] an dem noch jedenfalls mehrere Wochen zu thun sein wird,1 nachdem ich sofort nach Empfang meinerseits daran zu arbeiten mit aller Kraft begonnen hatte. Es ist mir aufrecht peinlich, meine Zusage nicht halten zu können, 2 u. es soll ganz bestimmt das erste u. letzte Mal sein, daß ich, selbst auf die bestimmtesten Versicherungen hin, Ihnen ein Manuskript avisiere, bevor ich es absolut druckfertig vor meinen Augen liegen sehe. Teil II derselben schicke ich für den Fall, 3 daß Ihre Druckerei [e]twaa Brach liegen sollte in Folge meiner Zusage gleichzeitig hiermit ein. Es ist vollkommen druckfertig. bMit hochachtungsvollem Gruß Ihr Max Weber Heidelberg 20. XI. 99b a Lochung.
b–b Eigenhändig.
1 Walter Abelsdorff hatte Max Weber die Übersendung des druckfertigen ersten Teils der Arbeit am 10. November 1899 angekündigt. In den darauffolgenden Tagen sandte er dann augenscheinlich aber nur eine unvollständige Fassung. Vgl. die Briefe von Walter Abelsdorff an Max Weber vom 10. Nov. 1899 und 19./20. Nov. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Max Weber hatte das Manuskript für Mitte November 1899, zuletzt für den 19. November, in Aussicht gestellt. Vgl. die Briefe an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701 f., und vom 8. Nov. 1899, oben, S. 703. 3 Walter Abelsdorff hatte seiner Dissertation im Zuge der Umarbeitung einen „Teil II“ mit einer Analyse von „15 Arbeiterhaushaltungsbudgets aus dem deutschen Buchdruckergewerbe“ sowie tabellarischen Darstellungen hinzugefügt. Vgl. Abelsdorff, Beiträge, S. 51– 66, sowie zwei ausklappbare Tabellen. Er hatte Max Weber diesen Teil des Manuskripts bereits mit seinem Schreiben vom 2. Nov. 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, zugesandt.
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Ludwig Arnsperger 27. Dezember 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 117–118 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Errichtung eines zweiten nationalökonomischen Ordinariats in Heidelberg, die Max Weber im Mai 1899 beantragt hatte („Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg“, vor dem 16. Mai 1899, UA Heidelberg, H-IV102/130, Bl. 240; MWG I/13; zur Vorgeschichte vgl. den Brief an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 1. Juni 1897, oben, S. 334, Anm. 2).
Heidelberg 27. XII. 1899 Hochgeehrter Herr Geheimrath!
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Bei einer Unterredung, welche mir der Herr Staatsminister1 gelegentlich der Sitzung der Historischen Commission gewährte, 2 glaubte ich eine – allerdings nur beiläufige – Äußerung Seiner Excellenz dahin verstanden zu haben, daß die Errichtung eines zweiten Ordinariats für Nationalökonomie hier in Aussicht stehe. Im Etat fi nde ich jedoch eine bezügliche Anforderung nicht.3 Es würde uns auf das lebhafteste interessieren wenn möglich schon jetzt erfahren zu können, ob es demnach bei der Neuerrichtung eines
1 Gemeint ist Wilhelm Nokk. 2 Es handelt sich um die Sitzung der Badischen Historischen Kommission vom 20. und 21. Oktober 1899 in Karlsruhe, an der auch der badische Ministerpräsident und Kultusminister Wilhelm Nokk teilnahm (vgl. den Bericht über die Plenarsitzung der Badischen Historischen Kommission, in: ZfGO, N.F., Band XV, 1900, S. 1–6). Max Weber gehörte der Kommission seit 1896 an (vgl. den Brief an Friedrich von Weech vom 9. Dez. 1896, oben, S. 242 f., mit Editorischer Vorbemerkung). 3 Max Weber bezieht sich auf den Etatentwurf, der der Budgetkommission der Zweiten Badischen Kammer vorgelegt wurde. Hier heißt es zwar, daß die Universität Heidelberg die Errichtung einer ordentlichen und dreier außerordentlicher Professuren beantragt habe, nämlich für Volkswirtschaftslehre, Paläontologie, physiologische Chemie sowie indo-iranische Philologie, daß sich aber die Regierung aus Gründen der Sparsamkeit auf zwei außerordentliche Professuren beschränken wolle. Welche Fächer das sein könnten, solle „erst später nach Maßgabe der hinsichtlich der Vertretung dieser Fächer durch ständige Lehrkräfte vorliegenden Dringlichkeit“ bezeichnet werden (Beilage zum Protokoll der 46. öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer vom 17. März 1900, Nr. 11d, „Bericht der Budgetkommission der zweiten Kammer zu dem Budget des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts für [. . .] 1900 und 1901 [. . .]“, in: Verhandlungen der Stände-Versammlung des Großherzogthums Baden vom Landtag 1899/1900. Beilagen zu den Protokollen der zweiten Kammer, Fünftes Beilagenheft. – Karlsruhe: Aktiengesellschaft „Badenia“ 1900, S. 189; vgl. dass. auch in GLA Karlsruhe, 235/5155, unpag., S. 4 der Beilage).
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Extra-Ordinariats sein Bewenden haben muß4 oder ob etwa die – s.Z. noch der alten ungeteilten Philosophischen Fakultät angehörig gewesene – Bunsen’sche Professur5 zur Gewinnung eines zweiten Ordinarius für Nationalökonomie in Aussicht genommen ist. Euer Hochwohlgeboren bitte ich es mit der durch meinen immer noch ungünstigen Gesundheitszustand geschaffenen besonderen Lage geneigtest entschuldigen zu wollen, wenn ich so frei bin, um eine gütige Antwort – falls eine solche jetzt gegeben werden kann – zu bitten. Ich würde mich Euer Hochwohlgeboren persönlich vorgestellt haben, fürchtete ich nicht dadurch in stärkerem Maße als durch eine briefl iche Anfrage lästig zu fallen. Ich verbleibe Euer Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster Professor Max Weber
4 Ursprünglich hatte die Fakultät nur eine a.o. etatmäßige Professur für Nationalökonomie beantragt (vgl. Max Webers Brief an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 1. Juni 1897, oben, S. 334, Anm. 2). 5 Robert Wilhelm Bunsen war Professor der Chemie in Heidelberg zwischen 1852 und 1888.
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Marianne Weber PSt 30. Dezember 1899; PSt Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beiliegendem Briefumschlag sowie aus dem Briefinhalt („morgen (Sonntag)“) erschlossen. Der 30. Dezember 1899 war ein Samstag. Max Weber schrieb nach Oerlinghausen, wohin Marianne Weber nach den Weihnachtsfeiertagen zu einem Familienbesuch gefahren war. Den Jahreswechsel verbrachte sie im Haus ihrer Tante Alwine Müller, anschließend besuchte sie auch ihren Vater Eduard Schnitger in Lage (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 31. Dezember 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Während ihrer Abwesenheit wollte Helene Weber nach Heidelberg kommen, um für ihren Sohn und den Haushalt zu sorgen (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. Dezember 1899, ebd.).
Liebes Schnauzel,
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mir geht es so ziemlich, – d. h. im Wesentlichen unverändert, Arbeiten, Lesen, Sprechen will durchaus nicht, auch das Briefschreiben geht mäßig, ich habe gleich nur diese Bogenhälfte genommen, weil es doch nicht mehr werden wird. – Mama will nun doch Nachts fahren und morgen (Sonntag) früh hier sein, es ist mir doch arg, daß siea mich nun wieder in so klatrigem1 Zustande und so unausgiebig zu sehen bekommt.2 Nun, es wird ja schon besser werden, es will nur seine Zeit haben. Ich bin auch soweit ganz behaglich, besonders am Tage, – nur ist es natürlich eine Schattierung dunkler im Hause, wenn der kleine Singvogel nicht zwitschert. Sage bitte Deinem Großvater,3 wie sehr ich eigentlich das Bedürfnis hätte ihm zum Jahreswechsel endlich auch einmal wieder direkt zu schreiben – aber es wird in diesen Tagen doch noch nichts werden. Hoffentlich glückt es uns, speziell mir, die Dortigen im Lauf des kommen-
a O: Sie 1 So viel wie jämmerlich, heruntergekommen. 2 Marianne Weber hatte ihrer Schwiegermutter noch vor Weihnachten geschrieben: „Gut, daß die Ferien kamen – Max ist sehr müde, aber bis Du kommst, hat er sich gewiß schon ausgeruht – der Schlaf ist eigentlich besser, nach meiner Meinung schläft er viel weniger unruhig als früher. Im übrigen befestigt sich der Entschluß[,] schon Ostern für ein Jahr um Urlaub einzukommen, so unangenehm das auch aus vielen Gründen ist, immer mehr“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. Dez. 1899, wie Editorische Vorbemerkung). 3 Carl David Weber. Er war zugleich Max Webers Onkel.
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den Jahres einmal persönlich wiederzusehen. – Mit Bertha4 habe ich gesprochen. Sie ist sehr frohb, überzeugt, daß sie an ihrem Leser durch den anfänglichen wiederholten Korb ein moralisches Erziehungswerk gethan und ihn zum bescheidenen und arbeitsamen Menschen gemacht habe.5 – Hensel,6 der zu Rickerts geht,7 war gestern hier, vorgestern traf ich Vierordt,8 der mich immer sehr zärtlich behandelt, – die |:stets:| ellenlangen Gespräche machten mir im Moment Spaß, aber ich bin doch noch zu müde um sie oft zu vertragen. Nun sei über die Kürze nicht böse, morgen schreibt die Mama eine Karte, später auch ich mal wieder.9 Alle werden jetzt sehr unpünktlich ankommen. – Eben kommt Dein lieber Brief. – Glückliches neues Jahrhundert, – wir kommen schon wieder oben auf! – Dein ganz vergnügter – Max! cViele
Grüße und Wünsche an Alle dort, speziell auch Bruno10 und Georg,11 und einen Kuß für Winchen.c12
b Unsichere Lesung.
c Zusatz in O am Briefkopf.
4 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen. 5 Ende März 1899 hatte sich Bertha Schandau mit dem Bruder ihrer Freundin Marie Leser verlobt und wollte heiraten. Leser war kaufmännischer Reisender, mit Ambitionen auf ein eigenes Geschäft. Aufgrund seiner ungesicherten finanziellen Verhältnisse und seiner Geldbitten mißtrauisch geworden, hatte Bertha ihrem Verlobten allerdings eine Wartezeit auferlegt und sich im April von ihm getrennt. Im November waren sie wieder zusammengekommen (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 30. [und 31.] März 1899, vom 21. April 1899 und vom 20. Nov. 1899, alle Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im Februar 1900 löste Bertha die Beziehung zu Leser dann jedoch endgültig (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Febr. 1900, ebd.). 6 Der mit Max Weber befreundete Heidelberger Philosoph Paul Hensel. 7 Heinrich und Sophie Rickert in Freiburg. 8 Oswald Vierordt, Professor der inneren Medizin und Direktor der Universitäts-Poliklinik in Heidelberg. Max und Marianne Weber hatten ihn im Sommerurlaub am Eibsee näher kennengelernt und konsultierten ihn im Frühjahr 1900 auch als Arzt (Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 5. Sept. 1899 und vom 28. März 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 9 Weitere Briefe oder Karten von Max Weber an Marianne Weber sind für den Jahreswechsel 1899/1900 nicht nachgewiesen. 10 Bruno Müller, Alwine Müllers Ehemann. 11 Georg Müller, der älteste Sohn von Alwine und Bruno Müller. 12 Alwine (Wina) Müller war Max Webers Cousine.
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Paul Siebeck 31. Dezember 1899; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt den Briefwechsel über die Drucklegung von Walter Abelsdorffs Buchdruckerstudie (Abelsdorff, Beiträge) fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. November 1899, oben, S. 701. Bezug: der Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 30. Dezember 1899, VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, in dem dieser Max Weber mitteilte, daß er zu seinem „großen Erstaunen vor einigen Tagen von Herrn Abelsdorff ein Exemplar seiner bereits gedruckten Dissertation“ erhalten habe, kurz darauf sei ihm ein Brief von Abelsdorff mit dem Manuskript von Teil II der Arbeit zugegangen. „Ehe ich die Unterhandlungen weiterführe, bitte ich Sie um Mitteilung, ob die Drucklegung der Dissertation im Einverständnis mit der Redaktion erfolgt oder ob Herr Abelsdorff eigenmächtig vorgegangen ist.“ Paul Siebeck fügte seinem Brief an Max Weber eine maschinenschriftliche Abschrift des an ihn gerichteten Briefes von Walter Abelsdorff vom 23. Dezember 1899 bei, in der ihm Abelsdorff vorschlug, Teil II der Arbeit in einer „Massenauflage“ zu drucken. Gleichzeitig und unabhängig davon hatte Walter Abelsdorff Max Weber bereits direkt von diesen Plänen unterrichtet. Vgl. den Brief von Walter Abelsdorff an Max Weber vom 23. Dezember 1899, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
Heidelberg 31/XII 1899 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Ich war nicht wohl ganz, um Ihnen früher zu schreiben. Abelsdorff mußte die Dissertation, die mit der Arbeit nicht identisch ist,1 bei Verlust der Rechte jetzt einreichen. Es kommt davon kein Expl. in den Handel. Ich hoffe deshalb [,] daß Ihnen der vorherige Druck keinen Anstoß bezüglich der Arbeit bieteta – dieselbe erscheint mit einer Einleitung von mir und inhaltlich auch in Teil I stark erweitert. Sie ist rein statistisch, es soll eine ähnliche Erhebung bei andren Arbeitern durchgeführt werden, erst dann – bei diesem 2ten Heft – kann der Text eingehender werden.2 Die erhobenen Zahlen sind etwas in ihrer Art absolut
a Fehlt in O; bietet sinngemäß ergänzt. 1 Der Dissertationsdruck in einem Hamburger Verlag beinhaltete nur den ersten, noch nicht nach den Vorgaben Max Webers umgearbeiteten Teil; die später in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ veröffentlichte Fassung enthielt darüber hinaus Teil II sowie eine Vorbemerkung Max Webers. Vgl. dazu ausführlich die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701. 2 Auf welches zweite Heft Max Weber hier anspielt, ist unklar. Seiner Vorbemerkung zu Abelsdorffs Studie ist nur zu entnehmen, daß „eine ähnliche Erhebung bei den einzelnen
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Neues und die ganze in ihrer Art einzigartige Erhebung wird in wissenschaftlichen Kreisen die größte Aufmerksamkeit erregen. So hoffe ich, die Arbeit conveniert Ihnen trotz derb Vorwegnahme des Dissert[ations]-Drucks, 3 der für Sie ja nur unbequem war. Mit Herrn Abelsdorff stelle ich anheim jetzt, ehe er – endlich! – sein ganzes Mscr., Teil I nach nochmaliger Durchsicht durch mich, eingeliefert hat, lieber noch gar nicht zu verhandeln. Ob Sie später seine Wünsche (Massenauflage) 4 irgend in Betracht ziehen, ist ja lediglich Ihre Sache. Mein unmaßgebliches Gutachten darüber5 will ich Ihnen auf Wunsch s.Z. gern geben. Herzlichen Neujahrsgruß von Haus zu Haus Ihr ergebenster Max Weber
b 〈Publik〉 Schichten der Arbeiterschaft einer Großindustrie mit bestimmten Standorten [. . .] gelegentlich“ beabsichtigt sei. Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers [zu: Walter Abelsdorff, Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker], in: MWG I/8, S. 31 f. Zur Weiterführung dieser Pläne nach der Jahrhundertwende vgl. ebd., S. 32, Anm. 6. 3 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701. 4 Abelsdorff hatte Paul Siebeck in seinem Schreiben vom 23. Dez. 1899 den Vorschlag unterbreitet, Teil II der Studie „in einer Massenauflage 20–25 000 Exemplare (à 25–30 Pf.) erscheinen zu lassen, da die breiten Arbeitermassen im polygraphischen Gewerbe ein großes Interesse daran hätten“. Er hoffte, auf diesem Wege seine „beträchtlichen Auslagen für die Arbeit (mehr als 1000 M.) wenigstens teilweise wieder erhalten“ zu können. Vgl. die für Max Weber angefertigte maschinenschriftliche Abschrift des Schreibens von Walter Abelsdorff an Paul Siebeck vom 23. Dez. 1899, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446. 5 Paul Siebeck erwartete von Max Weber eine Stellungnahme zu Abelsdorffs Vorschlag einer „Massenauflage“, wie aus seinem Brief an Max Weber vom 4. Jan. 1900 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht. Zu Max Webers Empfehlung einer „Massenausgabe“ vgl. den Brief an Paul Siebeck, vor oder am 11. Juni 1900, unten, S. 741.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 7. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 92–93 Das im folgenden edierte erste Entlassungsgesuch sowie die sich anschließenden Briefe an den badischen Ministerpräsidenten und Kultusminister, Wilhelm Nokk, vom 7. Januar 1900, unten, S. 715 f., und an den badischen Hochschuldezernenten, Ludwig Arnsperger, vom 8. Januar 1900, unten, S. 717, markieren den Beginn von Max Webers Bestrebungen, aus dem Amt als Hochschullehrer auszuscheiden. Max Weber stellte sein zweites Entlassungsgesuch am 26. März 1902 (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, unten, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung), aber erst nach dem dritten Entlassungsgesuch vom 16. April 1903 wurde er als ordentlicher Honorarprofessor zum 1. Oktober 1903 in den Ruhestand versetzt (vgl. ausführlich dazu Max Webers Brief an Franz Böhm vom 8. April 1903, mit Editorischer Vorbemerkung, in: MWG II/4, S. 45–48). Das badische Kultusministerium war bestrebt, Max Weber unter allen Umständen als Hochschullehrer zu halten. Nur wenige Tage nach dem Eingang seines ersten Antrags auf Entlassung suchte ihn daher der badische Hochschuldezernent Ludwig Arnsperger persönlich zu Hause auf. Um Weber zu entlasten und die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu ermöglichen, stellte er ihm in diesem, am 17. Januar 1900 stattfindenden Gespräch, die seit langem geforderte Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur in Heidelberg in Aussicht. Arnsperger ließ dabei jedoch offen, ob diese als Ordinariat oder Extraordinariat errichtet werden solle, wobei Max Weber ggf. letzteres übernehmen könnte. Darüber hinaus bot er an, ihn solange, wie es gesundheitlich erforderlich sei, zu beurlauben (vgl. zu diesem Gespräch den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 17. Januar 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; gekürzt und leicht abgewandelt auch in: Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 255). Max Weber nahm dieses Angebot an und ließ sich in den kommenden Semestern fortlaufend von der Abhaltung der großen Vorlesungen befreien bzw. ganz beurlauben (vgl. die Urlaubsgesuche vom 4. April 1900 (für das SS 1900), 5. Juni 1900 (für das WS 1900/01), 17. November 1900 (mit Anschreiben, für das SS 1901) und vom 4. Juni 1901 (mit Anschreiben vom 5. Juni 1901, für das WS 1901/02), unten, S. 732 f., 740, 773 f., und 775–777). Das Entlassungsgesuch hat er formell, also schriftlich, nicht zurückgenommen. So konnte er flexibel auf die Entscheidung des Ministeriums, entweder eine zweite ordentliche oder nur eine außerordentliche Professur für Nationalökonomie einzurichten, reagieren: Im besten Fall bewahrte er sein Amt als Ordinarius und ein zweiter Ordinarius wurde berufen, im zweitbesten Fall wurde nur eine zusätzliche außerordentliche Professur geschaffen; in diesem Fall hätte er seinen Lehrstuhl zur Verfügung stellen und sich auf eine Stellung als Extraordinarius (vgl. seinen Brief an Wilhelm Nokk vom 7. Januar 1900, unten, S. 715 f.) oder eine unbesoldete Honorarprofessur (vgl. seine Briefe an Eugen von Philippovich vom 21. Januar 1900, sowie an Ludwig Arnsperger vom 8. März 1900, unten, S. 721 f., S. 729–731) zurückziehen können. Kurz nach seiner Besprechung mit Ludwig Arnsperger am 17. Januar 1900 sondierte Max Weber bei dem Wiener Nationalökonomen Eugen von Philippovich, ob dieser bereit wäre, einem Ruf nach Heidelberg zu folgen (vgl. die Briefe an Eugen von Philippovich vom 20., 21., 26. Januar sowie 1. Februar 1900, unten, S. 718–720, 721 f., 723–725, sowie 727). Wie Max Weber in seinem ersten Brief an Eugen von Philippovich vom 20. Januar 1900 (unten, S. 718) berichtete, solle zum WS 1900/01 „das Ordinariat hier neu
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besetzt“ werden, unabhängig von der weiteren Regelung seiner Stellung zur Fakultät. Offensichtlich hatte Ludwig Arnsperger Max Weber in seinem Gespräch zugesichert, daß die Regierung alles tun werde, um Eugen von Philippovich für Heidelberg zu gewinnen (vgl. den Brief Max Webers an Eugen von Philippovich vom 21. Januar 1900, unten, S. 721). Philippovich sagte dennoch ab (vgl. den Brief Max Webers an Eugen von Philippovich vom 1. Februar 1900, unten, S. 727). Am 24. Februar 1900 eröffnete das badische Ministerium das Berufungsverfahren, indem es die Philosophische Fakultät zu Vorschlägen für die Berufung eines zweiten ordentlichen oder etatmäßigen außerordentlichen Nationalökonomen aufforderte. Die unter Mitarbeit und Einflußnahme Max Webers erstellte Liste sah als Ordinarius Werner Sombart an erster, Karl Rathgen an zweiter Stelle und Wilhelm Hasbach an dritter Stelle vor, während Karl Helfferich als etatmäßiger außerordentlicher Professor vorgeschlagen wurde (vgl. dazu den Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 8. März 1900, unten, S. 729–731, mit Editorischer Vorbemerkung). Das Ministerium entschied sich für die Besetzung einer ordentlichen Professur. Wie bereits in der Frage der Freiburger Nachfolge Max Webers überging es auch dieses Mal Werner Sombart und berief im Mai 1900 Karl Rathgen zum ordentlichen Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Rathgen nahm seine Lehrtätigkeit in Heidelberg zu Beginn des WS 1900/01 auf (vgl. den Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 23. April 1900, unten, S. 734 f., mit Editorischer Vorbemerkung). Da Max Weber weiterhin fortlaufend beurlaubt wurde, ohne sein Ordinariat aufzugeben, war damit de facto eine zweite ordentliche nationalökonomische Professur an der Universität Heidelberg geschaffen worden.
Heidelberg 7. Januar 1900 Betrifft: das nationalökonomische Ordinariat bei der Universität Heidelberg. Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts beehre ich mich die Bitte ehrerbietigst vorzutragen: Allerhöchsten Orts meine Entlassung aus dem Amte geneigtest in Antrag zu bringen (§ 6 des Beamtengesetzes)1[.]
1 § 6 des badischen Beamtengesetzes von 1894 betraf den „freiwillige[n] Dienstaustritt“. Demnach war dem Gesuch eines Beamten um Entlassung „zu entsprechen, sofern er seine rückständigen Amtsgeschäfte erledigt und über eine ihm etwa anvertraute Verwaltung von öffentlichem Vermögen vollständige Rechnung abgelegt hat.“ Darüber hinaus könne verlangt werden, daß der Beamte „noch ein Vierteljahr von der Stellung des Ansuchens an im Amte verbleibe und die ihm aus Staatsmitteln für seine Ausbildung gewährten Unterstützungen [. . .] zurückerstatte.“ Der freiwillig ausscheidende Beamte verliere mit dem Dienstaustritt seine Ansprüche auf Diensteinkommen und Ruhegehalt (vgl. Das Badische Beamtengesetz und die Gehaltsordnung, diese in der Fassung vom 9. Juli 1894 nebst Ergänzungsvorschriften. – Karlsruhe: J. Lang 1894, S. 3).
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Die Wahrnehmung eines akademischen Lehramts, zumal einer ordentlichen Professur, erfordert eine ungeschwächte Arbeitskraft. Nachdem ich schon im vorigen und ebenso in diesem Semester das Entgegenkommen des Großherzoglichen Ministeriums weitgehend in Anspruch genommen habe, 2 ist dennoch mein Gesundheitszustand noch derart, daß ich eine vermutlich nicht kürzere als etwa einjährige vollständige Unterbrechung der Berufsarbeit benötigen würde, um die für mein Amt unentbehrliche Arbeitskraft dauernd wiederzuerlangen. Eine solche Unterbrechung in der Besetzung eines ordentlichen Lehramtes scheint mir vom Interessenstandpunkt der Universität aus unerträglich, auch könnte ich es nicht angemessen fi nden, wenn ein so junger Beamter, wie ich, eine derartige unverhältnismäßige Vergünstigung in Anspruch nehmen wollte. Es scheint mir daher eine Neubesetzung der Stelle mit einer frischen Kraft die einzig sachgemäße, weil endgültige, Erledigung [.] – Als Rechtsfolge meiner Entlassung glaube ich meinen Eintritt in den Kreis der bei meiner Fakultät zugelassenen Privatdozenten ansehen zu dürfen. Falls, – wie ich hoffe, – das Hohe Ministerium es für möglich halten sollte, mich bis zum Eintritt meines Nachfolgers – also voraussichtlich bis Herbst dieses Jahres – im Amte zu belassen, so würde ich bis dahin das Volkswirtschaftliche Seminar, auf dessen Leitung ja schon jetzt der Schwerpunkt meiner Thätigkeit hier lag, weiterführen können und es würde so ein Verfall des Seminarunterrichts, zu dessen Leitung ich keinen der z.Z. hier verfügbaren Herren3 geeignet halte, verhütet. Dies läge im Interesse der gegen 30 Herren, welche für das Seminar mit größeren Arbeiten befaßt sind,4 und es würde auch mir erfreulicher sein 2 Max Weber hatte sich bereits im SS 1899 von der Hauptvorlesung „Theoretische Nationalökonomie“ entbinden und von seinem Fachkollegen, Emanuel Leser, vertreten lassen und war somit auf das Abhalten der Übungen im Seminar beschränkt (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. April 1899, oben, S. 652 f., sowie Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 254). Für das laufende WS 1899/ 1900 hatte er neben seinen zweistündigen Seminarübungen im Volkswirtschaftlichen Seminar lediglich die zweistündige Vorlesung „Agrarpolitik“ angekündigt, diese aber vorzeitig abgebrochen (Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, WS 1899/1900, S. 17, sowie Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 254). Die Vorlesung „Praktische Nationalökonomie“, die er turnusmäßig hätte halten müssen, wurde seinem zweiten Fachkollegen, Carl Kindermann, übertragen (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 90). 3 Es handelt sich um die beiden a.o. Professoren der Nationalökonomie, Emanuel Leser und Carl Kindermann. 4 Max Weber hatte hauptsächlich Doktoranden im Bereich Agrarpolitik und Landarbeiterfrage (vgl. ausführlich dazu Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 19–23) sowie
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als ein einfaches Im-Stiche-Lassen meiner Schüler. Die Seminarthätigkeit, bei welcher ich die Zeiteinteilung der Arbeit gänzlich in der Hand habe, ist für mich auch sehr wohl möglich und unschädlich, nur die Abhaltung der an bestimmte Stunden fest gebundenen Collegia kann ich vorerst nach den gemachten Erfahrungen nicht leisten. Für eine diesbezügliche Vertretung im Sommer halte ich meinen Gehalt – falls ich in der Stelle bis Herbst belassen werde – zur Verfügung des Großh. Ministeriums behufs Deckung der Kosten. Indem ich nicht unterlassen kann, d[em] a Großherzoglichen Ministerium für die sachliche und persönliche Förderung, die ich unausgesetzt während meiner Amtszeit in Baden in reichstem Maß von Demselben erfahren habe, ehrerbietigst zu danken, verbleibe ich Desselben ehrerbietigst ergebenster Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Karlsruhe
a Lochung. einige, darunter Else von Richthofen und Walter Abelsdorff, im Bereich der gewerblichen Arbeiterfrage (vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/4, S. 15–18). In seinem Brief an Eugen von Philippovich vom 26. Jan. 1900, unten, S. 724, spricht er von 25–30 „Seminaristen“.
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Wilhelm Nokk 7. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 94–97 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers erstem Entlassungsgesuch vom selben Tag (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711–714, mit Editorischer Vorbemerkung).
Heidelberg 7. Januar 1900 Euer Excellenz
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möchte ich meine heute gleichzeitig hiermit abgehende Bitte um Amtsenthebung noch etwas näher, als in der Eingabe geschehen, motivieren. Wie ich Euer Excellenz bereits im Oktober mündlich vortrug,1 leidet der Unterricht empfi ndlich unter der immer wieder eintretenden Nötigung, mich in der Abhaltung der Collegia vertreten zu lassen2 und mich auf die, an sich ja intensivere, für mich zur Zeit aber – wegen der geringeren Gebundenheit an feste Stunden – leichter zu versehende Arbeit der Seminarleitung zu beschränken. Ew. Excellenz hatten mir nun zwar, in jener wohlwollenden Art, die wir in Baden bei Behandlung persönlicher Angelegenheiten zu erfahren gewohnt sind, angedeutet, daß die Gewährung eines längeren Urlaubs an mich zur Wiedererlangung der – bisher selbst in den doch recht ausgiebigen Ferien immer nur auf kurze Dauer hergestellten – Spannkraft nicht ausgeschlossen sei. Allein dies konnte sich der Natur der Sache nach nur auf die Zeit nach Besetzung der neu zu schaffenden zweiten Stelle hier beziehen und setzte voraus, daß ich es ermöglichte, wenigstens bis dahin meine Stelle voll auszufüllen. Unverträglich mit den Unterrichtsinteressen scheint es mir, im Sommer d.J. abermals eine Beschränkung auf das Seminar und dann überdies noch eine Beurlaubung eintreten und so den schon 2 Semester dauernden provisorischen Zustand noch um weitere 2–3 Semester sich fortsetzen zu lassen. Dieser Charakter 1 Es handelt sich um die von Max Weber bereits erwähnte „Unterredung“ mit dem badischen Ministerpräsidenten und Kultusminister, Wilhelm Nokk, am Rande der Zusammenkunft der Badischen Historischen Kommission am 20. und 21. Oktober 1899 in Karlsruhe (vgl. Max Webers Brief an Ludwig Arnsperger vom 27. Dez. 1899, oben, S. 705 mit Anm. 2). 2 Max Weber hatte sich im SS 1899 von Emanuel Leser vertreten lassen; auch für das laufende WS 1899/1900 hatte er seine Lehrtätigkeit reduziert bzw. abgebrochen und sich von Carl Kindermann vertreten lassen (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 713, Anm. 2).
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des Provisorischen würde auch äußerlich besonders dann peinlich hervortreten, wenn – wie es nach dem Voranschlag scheint – die neu zu schaffende Stelle nur ein Extraordinariat sein sollte,3 |:obwohl der Unterschied an sich für die Sache nicht entscheidend sein kann:| [.] – Andrerseits würde eine Beurlaubung schon vom nächsten Frühjahr ab grade die eigentlichen Fachstudenten, welche bei mir im Seminar wissenschaftlich arbeiten, auf das Schwerste schädigen. So, glaube ich, entspricht mein Antrag allen Interessen – wie die Dinge liegen, auch den meinigen – am besten. Ich glaube, daß auch die Fakultät sich sachlich dieser Ansicht nicht verschließen könnte. Ich habe sie mit der Frage nicht befaßt, da ich fürchten müßte, daß persönliche Rücksichtnahme auf mich die Collegen veranlassen könnte, eine Halbheit herbeizuführen. Mir scheint es nicht möglich, daß ich, – in meinen jungen Jahren und bei hinlänglicher Elastizität, um „von vorn anzufangen“, – eine Art halber „Sinekure“ beziehe. – Ich habe mir überlegt, ob ich – falls die neu zu schaffende Stelle ein Extraordinariat sein sollte, mich etwa für dieses zur Verfügung stellen sollte. Für mich persönlich wäre d[ie] Übernahme einer solchen Stelle – nach vorangegangener längerer Cur – durchaus annehmbar. Allein selbst wenn die maßgebenden Instanzen geneigt sein würden, über das Ungewöhnliche eines solchen Vorganges hinwegzusehen, so würde der alsdann während meiner Abwesenheit eintretende Zustand ebenfalls wenig erfreulich sein und ich würde auch so andren Kräften im Wege stehen. – Indem ich daher Euer Excellenz um Genehmigung meines Antrages bitte und zu etwaiger persönlicher Rücksprache über die dadurch geschaffene Sachlage mich für Ew. Excellenz oder den Herren Dezernenten jederzeit bereit halte, verharre ich als Ew. Excellenz ehrerbietigst ergebenster Professor Max Weber
3 Vgl. dazu den Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 27. Dez. 1899, oben, S. 705, Anm. 3.
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Ludwig Arnsperger 8. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 98–99 Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem badischen Hochschuldezernenten, Ludwig Arnsperger, über die Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur in Heidelberg fort (vgl. dazu den Brief an Ludwig Arnsperger vom 27. Dezember 1899, oben, S. 705 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 3). Des Weiteren steht er im Zusammenhang mit Max Webers erstem Entlassungsgesuch vom 7. Januar 1900 (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711–714, mit Editorischer Vorbemerkung).
Heidelberg 8. Januar 1900. Euer Hochwohlgeboren
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danke ich verbindlichst für die geneigte Antwort1 auf meine Anfrage vom 27. v.M. und möchte nur der möglicherweise entstandenen Annahme vorbeugen, als ob mein inzwischen (gestern) abgegangener Entlassungs-Antrag mit der Frage, ob ein Ordinariat oder Extraordinariat errichtet wird, in mehr als äußerlichem Zusammenhang stünde. Die Errichtung eines Ordinariats, welche für die Universität ja jedenfalls erwünscht ist, erleichtert äußerlich eine etwaige Beurlaubung |:des zweiten Ordinarius:| vielleicht; aber die entscheidenden inneren Gründe, welche mir nach eingehender Überlegung den gethanen Schritt nahelegten, bleiben m.E. bestehen. Mit nochmaligem Dank für Euer Hochwohlgeboren gütige Zeilen verbleibe ich Ew Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster Max Weber
1 Die Antwort Ludwig Arnspergers ist weder als Entwurf noch Kopie in den Ministerialakten (GLA Karlsruhe, 235/3140) ermittelt.
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20. Januar 1900
Eugen von Philippovich 20. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig BSB München, Ana 446, E. II Dieser und die folgenden Briefe an Eugen von Philippovich vom 21. Januar 1900, 26. Januar 1900 und vom 1. Februar 1900, unten, S. 721 f., 723–725 und 727), stehen in Zusammenhang mit Max Webers erstem Entlassungsgesuch aus seinem Amt als Hochschullehrer und der Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur in Heidelberg (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711–714, mit Editorischer Vorbemerkung).
Heidelberg 20/I 1900 Sehr geehrter Herr College! Ich habe, da ich eine längere Einschränkung meiner Lehrthätigkeit |:und Urlaub:| nötig habe, meine hiesige Stellung dem Ministerium zur Verfügung gestellt, und nach den getroffenen Vereinbarungen wird jedenfalls zum Herbst d.J. das Ordinariat hier neu besetzt, während die Regelung meiner Stellung zur Fakultät von dem Ergebnis der Etatsberatung und weiteren Verhandlungen zwischen den verschiedenen beteiligten Instanzen abhängig bleibt; – nach Herstellung meiner Arbeitskraft würde die Wiederübernahme eines Ordinariats durch mich wohl möglich gemacht werden können.1 – Ich gestatte mir nun – natürlich vertraulich – die Anfrage, ob Hoffnung besteht, daß Sie Sich bereit fi nden lassen könnten, die Stelle, welche Ihnen, wenn auch nicht formell, so doch der Sache nach, schon einmal angeboten wurde, 2 diesmal zu übernehmen. Daß das Ministeri1 Schriftliche Vereinbarungen sind zu diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen; es liegt daher nahe, daß sich Max Weber auf das Gespräch bezieht, das kurz zuvor, am 17. Januar 1900, zwischen ihm und Ludwig Arnsperger stattfand. Der badische Hochschuldezernent persönlich hatte Max Weber zu Hause in Heidelberg aufgesucht. Marianne Weber berichtete Helene Weber, daß dabei verabredet worden sei, entweder ein zweites Ordinariat oder Extraordinariat für Nationalökonomie zu schaffen „u. daß im letzteren Falle Max eventuell das Extraordinariat übernehmen sollte.“ Sowohl der Dekan der Philosophischen Fakultät, Dietrich Schäfer, mit dem eine Unterredung am 16. Januar 1900 stattgefunden habe, als auch Ludwig Arnsperger seien der Auffassung, Max Weber könne keinesfalls zum Status eines Privatdozenten zurückkehren (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Jan. 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; auszugsweise auch in Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 225). 2 Eugen von Philippovich war im Herbst 1896 anscheinend privatim schon einmal gefragt worden, ob er bereit wäre, einem Ruf nach Heidelberg zu folgen. Es hatte sich dabei um die Nachfolge Karl Knies, also den jetzigen Lehrstuhl Max Webers, gehandelt. Auf diesen Vorgang spielt Marianne Weber in einem Brief an Helene Weber vom 13. Oktober 1896 an:
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um im Fall eines Vorschlags Alles nach hiesigen Verhältnissen Mögliche thun würde, ist Ihnen ebenso wie mir bekannt. Daß trotzdem bei dem Umfang Ihrer Wiener Thätigkeit materiell für Sie eine – vielleicht aber durch die Preisunterschiede beglichene – Verschlechterung herausspringen könnte, ist |:wie Sie ja wissen werden,:| wahrscheinlich. Allein Sie werden zweifellos auch andre, „Affektionswerthe“, in Betracht ziehen, und mir sind Äußerungen von Ihnen aus der Zeit nach Ihrer früheren Ablehnung bekannt, welche einen anderen Entschluß Ihrerseits wenigstens denkbar erscheinen lassen. Wie gern ich – nach Wiederherstellung meiner Kräfte – mit Ihnen zusammenarbeiten werde, wird Ihnen nicht zweifelhaft sein. – Sie werden nun aber mit Rücksicht auf Ihre frühere Ablehnung es der hiesigen Fakultät nicht verübeln können, wenn dieselbe, wie mir nicht zweifelhaft ist, einen förmlichen Vorschlag |:diesmal:| sicherlich nur dann machen würde, wenn Ihre Gewinnung wirklich in Aussicht steht. Ohne diese Aussicht würde Ihr Vorschlag bei den Collegen, welchen sachlich Ihre Berufung diesmal gewiß ebenso erwünscht sein würde wie vor 3 Jahren, dennoch zweifellos auf Widerspruch stoßen. Darf ich daher fragen: würden Sie geneigt sein, uns (falls Sie mir nicht etwa schon jetzt eine ablehnende Antwort geben) diejenigen Bedingungen zu bezeichnen, bei deren Erfüllung Sie einer Berufung hierher bestimmt Folge leisten würden? Ich stelle ganz anheim, ob Sie – im Fall Ihrer principiellen Geneigtheit – dies schon jetzt mir gegenüber thun oder nur mir für den Fall einer im Auftrage der Fakultät erneuten Anfrage auf diese hin in Aussicht stellen wollen. Ebenso stelle ich anheim, ob Sie wünschen, daß vor einem Vorschlage Ihre Bedingungen privatim dem Ministerium vorgelegt werden sollen. Das Einzige, worum ich Sie bitten müßte, ist: eine bestimmte Antwort, oba Sie eine derartige Bindung einzugehen geneigt sind. Unter den obwaltenden Verhältnissen werden Sie, wenn Sie überhaupt zu kommen geneigt sind, in dieser Bitte nichts Unberechtigtes fi nden und ich würde mich aus sachlichen und persönlichen Gründen herzlich freuen, wenn Sie zusagten. Etwa gewünschte weitere Auskunft steht natürlich zur Verfügung. –
a 〈Sie Ihr Kommen〉 „Heidelberg ist auch wieder mehr in Sicht, da Philippovich im voraus abgelehnt haben soll.“ (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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Sie werden natürlich die Frage in Ruhe überlegen wollen. Ich denke, wir können unsre erste Sitzung ganz gut auf etwa 14 Tage hinausschieben. Wird dann die Sache dringend, so werde ich eventuell per Draht um eine Antwort bitten. Vor Ihrer Antwort thue ich in der Sache nichts. Mit collegialem Gruß Ihr aufrichtig ergebenster Max Weber
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Eugen von Philippovich 21. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig BSB München, Ana 446, E. II
Heidelberg 21/1 00 Sehr geehrter Herr College!
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Ich wollte meinen gestrigen Brief,1 den ich, damit er Sie jedenfalls erreicht, einschreiben ließ, nicht mit Details belasten. Nachträglich glaube ich aber doch, Sie könnten die summarische Form, in der ich meinen Rücktritt erwähnte, misverstehen. Daher füge ich nachträglich hinzu: Ich trete zurück, weil ich zwar geistig arbeiten, aber nicht anhaltend große Collegia zu festen Stunden abhalten kann, wie ich es als Ordinarius (zumal als einziger!) müßte, und weil ich durch einjähriges völliges Ausspannen vom nächsten Herbst ab versuchen möchte, die schwere Übermüdung [,] um die es sich handelt, loszuwerden. Das Ministerium wie die Fakultät kommen mir weit über meine Wünsche entgegen. Im Etat war bereits eine zweite Stelle gefordert.2 Es steht nicht fest, ob sie Extraordinariat oder Ordinariat wird. Wie immer sie ausfalle, so wird – darauf kommen unsre Verhandlungen heraus – auf ihrer Grundlage für mich eine Honorarprofessur mit Stimme in der Fakultät errichtet. Werde ich gesund, so kann sie ja in ein Ordinariat verwandelt werden. – Abgesehen von allen andren Gründen ist Ihre Gewinnung m.E. für uns deshalb so dringend wünschenswerth, weil ein mit mir Gleichaltriger oder Jüngerer, auch wenn er nicht kleinlich denkt, sich durch einen solchen „offi ziellen Schlachtenbummler“ doch gestört fühlen könnte. – Privatim hat mir der Dezernent gesagt, 3 daß die Regierung für Ihre Gewinnung Alles was ihr möglich ist, thun werde. Nur möchten wir vor den Ferien die Personenfrage erledigt haben. Hoffentlich geben Sie mir
1 Vgl. den Brief an Eugen von Philippovich vom 20. Jan. 1900, oben, S. 718–720, mit Editorischer Vorbemerkung. 2 Vgl. dazu den Brief an Ludwig Arnsperger vom 27. Dez. 1899, oben, S. 705, Anm. 3. 3 Max Weber bezieht sich auf das Gespräch mit Ludwig Arnsperger am 17. Januar 1900 in Heidelberg (zu diesem Gespräch vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 711 f., sowie den Brief an Eugen von Philippovich vom 20. Jan. 1900, oben, S. 718, Anm. 1).
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vorläufig wenigstens einige Hoffnung, daß Sie uns es ermöglichen werden, Sie vorzuschlagen. Mit collegialem Gruß Ihr ergebenster Max Weber P.S. Unsre Bitte um Zusage werden Sie hoffentlich nicht so ansehen, als ob hier seit Ihrer Absage Mistrauen oder Gereiztheit gegen Sie bestünde. Wir möchten nur – aus verschiedenen Gründen – keine aussichtslosen Vorschläge machen.
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Eugen von Philippovich 26. Januar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig BSB München, Ana 446, E. II
Heidelberg, Anlage 53b 26/1 00 Lieber Herr College!
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Ich fasse Ihren freundlichen Brief vorläufig als eine Absage auf. Dies deshalb, weil Sie nach dessen Inhalt die Annahme eines Rufes hierher als ein „Sich-Zurückziehen“ ansehen und weil ich, nach Ihren sonstigen Bemerkungen über Ihre Stellung in Wien – ich sehe vorerst von der materiellen Seite einmal ab – doch befürchten muß, daß Sie später hier das Gefühl nicht ganz verlieren würden, uns „ein Opfer gebracht“ zu haben. Dem könnte ich – denn vorerst ist außer mir Niemand mit der Sache befaßt, von einer privaten Sondierung des Dezernenten1 und zweier Collegen2 durch mich abgesehen – weder die Fakultät noch mich selbst aussetzen; und werdena Sie in diesem Punkt Ihrer selbst, wie esb scheint, nicht sicher, so, meine ich, sollten wir die Verhandlung aufgeben. Ich sehe aus Ihrem Brief – in sachlicher Beziehung mit Freude – daß Sie die Chancen Ihrer politischen Arbeit in Österreich jetzt doch günstiger ansehen als vor einigen Jahren. 3 Eine Übersiedelung hierher würde natürlich – ebenso wie meine unter bedeutender pekuniärer Verschlechterung erfolgte Übersiedelung von Berlin nach Freiburg4 – bedeuten, daß Sie beabsichtigten, wieder auf das Gebiet a sind > werden
b 〈fast〉
1 Es handelt sich um das bereits im Brief an Eugen von Philippovich vom 21. Jan. 1900 (oben, S. 721 mit Anm. 3) erwähnte Gespräch Max Webers mit Ludwig Arnsperger am 17. Januar 1900 in Heidelberg. 2 Welche Kollegen gemeint sind, ist nicht ermittelt. 3 Eugen von Philippovich gehörte zu den wenigen österreichischen Mitgliedern des Vereins für Socialpolitik; nach seiner Rückkehr 1893 nach Wien engagierte er sich zudem sozialpolitisch im Kreis der Wiener Fabier Gesellschaft und war 1896 Mitbegründer der Sozialpolitischen Partei Österreichs bzw. galt als deren geistiges Haupt (vgl. Milford, Karl, Art. Philippovich v. Philippsberg, Eugen Frhr., in: Neue Deutsche Biographie, Band 20. – Berlin: Duncker & Humblot 2001, S. 393 f.). 4 Diese Behauptung ist so zu verstehen, daß, wäre Max Weber in Berlin geblieben und Ordinarius geworden, er mit Abstand mehr als in Freiburg verdient hätte. Sein jährliches Grundgehalt in Freiburg betrug 4000 Mark (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 77–78), in Berlin dagegen erhielt ein Ordinarius bereits seit Ende der 1880er Jahre zwischen 6000 Mark
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reiner gelehrter Arbeit (und der Seminarerziehung) den Schwerpunkt Ihrer Kraft zu verlegen. Für die Wissenschaft würde mich das freuen; aber es ist natürlich reine Neigungsfrage. Die materielle Seite der Sache anlangend, so sind die Doktoreinnahmen hier, da ich meine Hauptaufgabe in der Ausrottung der Knies’schen Doktorfabrik5 sah, gering – ca 500 M., die Zahl der Seminaristen (25– 30) und damit Doktoranden6 – ich nehme nur solche – wächst, aber bedeutende Einnahmen sind von daher weder erwünscht noch wahrscheinlich. Colleggelder bezog ich p.a. etwa soviel Mark wie Sie Gulden.7 Ich habe aber stets meine Colleg-Thätigkeit im Bezug auf große Vorlesungen sehr eingeschränkt und beabsichtige dies künftig noch mehr zu thun, nur würde ich bei wiedererlangter Gesundheit die „Theoret[ische] Nat[ional-] Ök[onomie]“ etwa alle 3 Semester zu le-
und 9000 Mark Jahresgehalt. Hinzu kamen noch die durch die hohen Hörerzahlen in Berlin bedingten überdurchschnittlich großen Einnahmen aus Kolleggeldern (vgl. Schröder, Rainer, Die Geschichte der Juristischen Fakultät zwischen 1810 und 1945, in: Festschrift 200 Jahre Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Geschichte, Gegenwart und Zukunft, hg. von Stefan Grundmann u. a. – Berlin/New York: de Gruyter 2010, S. 20 f.). Nach seiner Ernennung zum besoldeten Extraordinarius in der juristischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin zum WS 1893/94 hatte Max Weber lediglich ein jährliches Grundgehalt von 2000 Mark erhalten (vgl. Dilcher, Gerhard und Lepsius, Susanne, Einleitung, in: MWG I/1, S. 85; GStA PK, I. HA, Rep. 76 Va, Sekt. 2, Tit. IV, Nr. 45, Band 5, Bl. 145). 5 Anspielung auf die zahlreichen Doktoranden von Max Webers Heidelberger Vorgänger Karl Knies. 6 Die Zahl der Teilnehmer am Volkswirtschaftlichen Seminar belief sich laut Hörerlisten im SS 1897 auf 14, im SS 1898 auf 16 Studenten/Doktoranden (vgl. MWG III/5, S. 23). Zuletzt, im WS 1898/99, wurden lediglich sechs Teilnehmer verzeichnet (laut Ausweis der Hörerlisten, UA Heidelberg, Rep. 27–1409). Zu Max Webers Heidelberger Schülern und Doktoranden vgl. ausführlich Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/4, S. 15–18, sowie in: MWG III/5, S. 19–23. 7 Allein für seine in Heidelberg gehaltenen beiden fünf- bzw. sechsstündigen Vorlesungen „Allgemeine (‚theoretische’) Nationalökonomie“ hatte Max Weber im SS 1897 2205 (Gold) Mark und im SS 1898 1850 Mark erhalten (vgl. die Aufstellung auf der Grundlage der Abrechnungslisten, UA Heidelberg, Rep. 27–1409, in: MWG III/1, S. 161). Die Einnahmen für die jeweils fünfstündigen Vorlesungen „Praktische Nationalökonomie“ beliefen sich im WS 1897/98 auf 950 Mark und im WS 1898/99 auf 800 Mark (Abrechnungslisten, UA Heidelberg, Rep. 27–1409). Für die zweistündige Spezialvorlesung „Agrarpolitik“ erhielt Max Weber im WS 1897/98 320 Mark (ebd.), für die Vorlesung „Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung“ im SS 1898 460 Mark (vgl. MWG III/4, S. 15). Legt man lediglich die Einnahmen aus den Kolleggeldern der beiden letzten Semester, in denen Max Weber noch voll lehrte, zugrunde, nämlich aus dem WS 1897/98 und dem SS 1898, so belaufen sich diese auf insgesamt 3580 Mark, also auf mehr als die Hälfte seines jährlichen Grundgehalts von 6000 Mark. Die Höhe der Kolleggeldeinnahmen von Eugen von Philippovich ist nicht ermittelt.
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sen wünschen |:– die beiden anderen Hauptcollegs8 gar nicht –:| und könnte einen Zustand, wo ich mich in meiner Bewegungsfreiheit durch sogenannte „Concurrenz“-Rücksichten |:formell:| gehemmt fühlte, ebenso wenig vertragen, wie einen solchen, bei dem Andre sich durch ähnliche Bedenken mir gegenüber gebunden hielten. – Bei annähernd gleichen Entfernungen von der Universität (in den Vororten am Abhang des Odenwalds) wie in Wien würden die Wohnungsmieten zweifellos bedeutend niedriger sein, in der Stadt blieben sie nur um einige 100 Mk hinter Ihrerc Angabe zurück – Häuser sind in der Stadt kaum miethbar, am gegenüberliegenden Neckarufer ziemlich teuer. Alles in Allem, lieber College: ist es der Geldpunkt allein, dann lohnt weitere – eventuell und am Besten persönliche – Verhandlung. Sind Sie aber nicht sicher, über die inneren Gründe, die für Wien für Sie sprechen, hinauszukommen, dann übernehme ich die Verantwortung des Zuredens nicht. Ich befasse jetzt die Fakultät mit der Berufungsfrage behufs Einsetzung einer Commission.9 Ihre weiteren Mitteilungen darf ich wohl – insbesondere, falls Sie Sich entschließen sollten uns ein Gehalt zu nennen, dessen Sie bedürfen würden – als auch für die Collegen und eventuell, behufs vorheriger Sondierung, den Dezernenten bestimmt ansehen. Mit collegialem Gruß Ihr ergebenster Max Weber P.S. Schwierigkeiten könnte Ihre mir nach Art und Bedingungen nicht ganz deutliche Gebundenheit machen, von der Sie schreiben. Wir müßten auf dem Herbst als Termin bestehen.
c O: ihrer 8 Zu den sogenannten „großen“, d. h. vier- bis sechsstündigen Vorlesungen in der Nationalökonomie gehörten: Allgemeine/Theoretische Nationalökonomie, Praktische Nationalökonomie und Finanzwissenschaft; Theoretische und Praktische Nationalökonomie wurden in der Regel von Semester zu Semester alternierend gegeben (vgl. Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 6). 9 Die für diesen Zeitraum infragekommenden Akten der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg (Bestand UA Heidelberg, H-IV-102), die Aufschluß über Max Webers weitere Schritte geben könnten, sind nicht überliefert. Zur Eröffnung des Berufungsverfahren vgl. aber die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 8. März 1900, unten, S. 729.
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27. Januar 1900
Paul Siebeck PSt 27. Januar 1900; PSt Heidelberg Karte; von der Hand Marianne Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: die Anfrage des Vertreters von Paul Siebeck, Richard Wille, vom 22. Januar 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, bezüglich der Reihenfolge der Hefte in Band 4 der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Wille hatte ein weiteres Manuskript aus dem Seminar von Carl Johannes Fuchs, Freiburg, erhalten und daraufhin Max Weber gefragt, ob er Einwände dagegen habe, daß dieses „als zweites Heft des IV. Bandes“ erscheint.
Sehr geehrter Herr Dr. Siebeck! Selbstverständlich [b]ina ich mit allem einverstanden, was die Reihenfolge angeht1 – über Abelsdorff2 nächstens weiteres.3 Vorläufig mit den besten Grüßen Ihr bMax Weberb
a Lochung.
b Eigenhändig.
1 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 2. Okt. 1899, oben, S. 698. Darin hatte Max Weber bekräftigt, daß ihm die Reihenfolge des Drucks der Hefte von Band vier der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ „gleichgültig“ sei und eingewilligt, daß aus dem Freiburger Seminar von Carl Johannes Fuchs als erstes Heft die Arbeit von Georg Koch (Koch, Hofgüter, wie oben, S. 698, Anm. 2) erscheinen würde. Nunmehr erklärte er sich einverstanden mit dem zweiten, aus dem Seminar von Fuchs stammenden Manuskript, das als zweites Heft erscheinen sollte: Ehrler, Joseph, Agrargeschichte und Agrarwesen der Johanniterherrschaft Heitersheim. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des Breisgaus (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 4, Heft 2). – Tübingen u. a.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1900. Joseph Ehrler, der bei Carl Johannes Fuchs in Freiburg promovierte, bedankte sich im Vorwort, ebd., S. VI, auch bei Max Weber „für seine wohlgemeinten Ratschläge und bereitwillige Auskunft“. Ehrler hatte in Max Webers letztem Freiburger Semester bei ihm die Vorlesung „Nationalökonomie“ gehört. Vgl. die Zahlungs- und Hörerliste für das WS 1896/97, UA Freiburg i. Br., B 17/27. 2 Gemeint ist: Abelsdorff, Beiträge. Vgl. zur Drucklegung auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701. 3 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1900, unten, S. 736 f.
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Eugen von Philippovich 1. Februar 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig BSB München, Ana 446, E. II
Heidelberg 1/2 00 Lieber Herr College!
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Ich danke sehr für Ihren freundlichen Brief, so sehr ich – von unsrem Standpunkt aus – seinen mir freilich nicht unerwarteten Inhalt bedauere. Man muß ja auch im deutschen Interesse wünschen, daß in Österreich nun bald bessere Zeiten kommen,1 und ist dies der Fall, dann haben Sie natürlich mit Ihrem Entschlusse völlig recht gehabt. – Ich lege Ihren zweiten – natürlich nicht Ihren ersten – und meine Briefe2 der Fakultät zur Kenntnis vor, da ja jetzt die Angelegenheit erledigt und keine besondre Geheimhaltung mehr geboten ist. Mit bestem Gruß Ihr aufrichtig ergebener Max Weber
1 Anspielung auf das politische Engagement von Eugen von Philippovich in Österreich (vgl. Max Webers Brief an Eugen von Philippovich vom 26. Jan. 1900, oben, S. 723, Anm. 3). 2 Gemeint sind Max Webers Briefe an Eugen von Philippovich vom 20., 21. und 26. Jan. 1900, oben, S. 718–720, 721 f. und 723–725. Die entsprechenden Gegenkorrespondenzen sind nicht nachgewiesen.
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18. Februar 1900
Alfred Weber [am oder nach dem 18. Februar 1900; Heidelberg] Brief; eigenhändig Privatbesitz Der im folgenden edierte Brief ist ein Zusatz auf dem Brief Marianne Webers an Alfred Weber vom 18. Februar 1900. Anlaß war Alfred Webers bevorstehende zweimonatige Seereise in die Karibik, die er zwischen Februar und April 1900 unternahm (vgl. Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik, S. 27).
Lieber Alfred! Für jetzt nur: glückliche Reise! Mir ist bei der Jahreszeit etwas Angst vor der Seekrankheit. Wer weiß, ob wir nicht im nächsten Jahr zusammen Mist karren. Mit herzl. Gruß – einstweilen nur – Dank für Deinen Brief Max. Mir geht es entschieden besser, nur das Schreiben ist noch nichts.
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Ludwig Arnsperger 8. März 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 103–104 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers erstem Entlassungsgesuch vom 7. Januar 1900 (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711–714, mit Editorischer Vorbemerkung) und der Besetzung einer zweiten nationalökonomischen Professur (vgl. dazu auch den Brief Max Webers an Ludwig Arnsperger vom 23. April 1900, unten, 734, Editorische Vorbemerkung). Am 24. Februar 1900 forderte das badische Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg offiziell dazu auf, dem Ministerium Vorschläge für die Besetzung der seit langem geforderten zweiten nationalökonomischen Professur zu unterbreiten. Ausschlaggebend sei der Wunsch, den „hervorragenden Gelehrten“ Max Weber der Universität zu erhalten, ihm aber gleichwohl die Möglichkeit eines längeren Urlaubs zur Wiederherstellung seiner Gesundheit zu ermöglichen. Unter diesen Umständen halte das Ministerium „selbstverständlich die Berufung einer zweiten Kraft für die Vertretung der Volkswirthschaft nöthig“; offengelassen wurde noch, ob eine weitere ordentliche oder nur etatmäßige außerordentliche Professur eingerichtet werden sollte (GLA 235/3140, Bl. 100–101). Nach intensiven Verhandlungen und Gesprächen, an denen Max Weber beteiligt war, verabschiedete die Fakultät daraufhin am 7. März 1900 die Berufungsliste. Max Weber hatte, wie schon bei der Besetzung seines Freiburger Lehrstuhls 1897, erneut für den politisch umstrittenen Werner Sombart plädiert und sich damit bei seinen Kollegen durchgesetzt (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 8. März 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; die Fakultätsakten mit dem entsprechenden Sitzungsprotokoll sind im UA Heidelberg, Bestand H-IV-102, nicht überliefert). In ihrem Bericht an das Ministerium vom 8. März 1900 (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 105–107) schlug die Fakultät folgende Nationalökonomen vor: an erster Stelle Werner Sombart, an zweiter Stelle Karl Rathgen, an dritter Stelle Wilhelm Hasbach, sowie, sollte sich die Regierung doch nur zur Schaffung einer außerordentlichen Professur entschließen, den erst kurz zuvor habilitierten Karl Helfferich. Bezugnehmend darauf schrieb Max Weber den folgenden Brief.
Heidelberg 8/III 00 Hochverehrter Herr Geheimer Rath! Anschließend an den Bericht der Fakultät1 möchte ich auch für meine Person nicht unterlassen nochmals hervorzuheben, daß auch rein per1 Über den vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozeß in der Fakultät sind wir genauer durch Briefe von Marianne Weber an Helene Weber unterrichtet. Marianne Weber berichtete am 23. Februar 1900 von den Vorgesprächen und der Rolle, die Max Weber dabei spielte: „Wenn nur erst die Berufungsgeschichte erledigt wäre, er fürchtet sich vor den endlosen Debatten mit [dem Dekan Dietrich] Schäfer u. [dem Historiker Bernhard] Erdmannsdörf[f]er, die gern einen Konservativen herhaben möchten.“ Neben Werner Sombart und Karl Rathgen sei auch Gerhart von Schulze-Gaevernitz im Gespräch, der
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sönlich meine Überführung in die Stellung eines Honorarprofessors mir die erwünschteste Form der Lösung wäre, nicht sowohl aus irgendwelcher falschen Empfi ndsamkeit, als weil es mir, schona Studenten gegenüber, das Richtigste zu sein scheint. Könnte ich nicht in einigen Jahren die volle uneingeschränkte Amtsthätigkeit wieder aufnehmen, so würde ich ja alsdann ohnedies auf meinen Antrag auf Enthebung von der etatsmäßigen Verwendung zurückkommen. Ich führe dies nicht an, um Angesichts des weit über meine Wünsche hinausgehenden Entgegenkommens des Ministeriums noch persönliche Petita zu stellen, sondern weil ich keinesfalls möchte, daß aus Rücksicht auf mich eine andere Erledigung unserer Berufungsfrage erfolgte, als sonst erfolgt wäre. – Auch wenn übrigens die Großh. Regierung auf die Berufung des von uns eventualiter bezeichneten jungen Herrn2 etwa entscheiden sollte, könnte Dieselbe sehr leicht, entweder schon jetzt, oder während meiner späteren Abwesenheit, durch anderweitige Chancen desselben (Vakanz in Gießen) 3 vor die Notwendigkeit gestellt werden, ihm ein Ordinariat anbieten zu können. Mei[ne] b Stelle halte ich jedenfalls auch hierfür zur Verfügung. Indem ich, mit Rücksicht auf frühere Äußerungen meinerseits, noch anführe, daß Prof. von Philippovich
a Unsichere Lesung.
b Lochung
sehr gerne kommen wolle, Schäfer lehne ihn aber ab (Marianne Weber an Helene Weber vom 23. Febr. 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Rückblickend heißt es im Brief an Helene Weber vom 8. März 1900 (ebd.): „Die letzten 14 Tage waren auch nicht schön, jedes Wort strengte ihn an. Die Berufungssache ist nun glücklich erledigt – d. h. die Vorschläge sind fertig – u. natürlich hat Max Schäfer u. Erdmannsdörffer doch zu dem gekriegt, was er wollte – es kostete aber viel Reden u. dafür mußte er dann 8 Tage im Bett liegen. Vorgeschlagen sind also 1) Sombart (Max möchte wohl seinetwegen selbst, daß er nicht berufen würde, trotzdem hat er deswegen einen harten Strauß mit den andern gekämpft!) Rathgen, Hasbach (aus Kiel), Helf[f]erich (der letztere als Extraordin[arius]). [. . .] Schulze wollten die andern garnicht [. . .]. – Gestern war noch Fakultätssitzung“. 2 Das Ministerium hatte am 24. Februar 1900 die Fakultät ausdrücklich aufgefordert, auch „tüchtige jüngere Kräfte in Betracht zu ziehen“ (GLA 235/3140, Bl. 100). Dem hatte die Fakultät mit dem Vorschlag des Berliner Privatdozenten Karl Helfferich an vierter Stelle Rechnung getragen. 3 Im Frühjahr 1900 wurde der Gießener Nationalökonom und Statistiker Étienne Laspeyres emeritiert; sein Nachfolger wurde noch im gleichen Jahr der Greifswalder Nationalökonom Magnus Biermer (vgl. die Artikel Biermer, Magnus, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hg. von Johannes Conrad u. a., 2. Band, 3. Aufl. – Jena: Gustav Fischer 1909, S. 1083, sowie Laspeyres, Étienne, in: ebd., 6. Band, 3. Aufl. – Jena: Gustav Fischer 1910, S. 405 f.).
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8. März 1900
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erklärt hat jetzt nicht von Wien fortgehen zu wollen4 und sonst natürlich unsren einstimmig gefaßten Beschlüssen nichts hinzufügen darf, verbleibe ich Euer Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster Max Weber
4 Vgl. dazu vor allem den letzten Brief Max Webers an Eugen von Philippovich vom 1. Febr. 1900, oben, S. 727.
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4. April 1900
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 4. April 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3338 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Erkrankung Max Webers; es handelt sich um sein erstes Urlaubsgesuch nach seinem Antrag auf Entlassung vom 7. Januar 1900 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711). Die Bewilligung erfolgte am 20. April 1900 (GLA Karlsruhe, 235/3338).
Heidelberg 4. April 1900 Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts bin ich infolge meines Gesundheitszustandes genötigt, die Bitte ehrerbietigst vorzutragen, 1) mich für diesen Sommer von Abhaltung der Vorlesung „Theoretische Nationalökonomie“ zu entbinden, – 2) gestatten zu wollen, daß Herr Professor Dr Kindermann anstatt der von ihm angekündigten beiden einstündigen Vorlesungen1 das zu 1 gedachte Colleg nachträglich anzeigt. Derselbe ist hierzu auch ohne besondren Stellvertretungsauftrag bereit. 2 –
1 Es handelt sich um die beiden Vorlesungen „Einleitung in die Nationalökonomie“ und „Die Arbeiterfrage im Gewerbeleben“, die Carl Kindermann für das SS 1900 angekündigt hatte (vgl. Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1900, S. 17). 2 Carl Kindermann, der als a.o. (Titular-)Professor nicht fest besoldet war, erhielt später für die im SS 1900 in Vertretung von Max Weber gehaltene Vorlesung „Theoretische Nationalökonomie“ ein Honorar von 1000 Mark (vgl. den Brief des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 20. Dez. 1900, GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 131).
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4. April 1900
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Ich gestatte mir, auf die bei den Akten befi ndlichen Atteste und meine früheren Eingaben Bezug zu nehmen,3 würde jedoch erwünschten Falles alsbald ein neues ärztliches Attest einreichen.4 Ehrerbietigst Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts.
3 Gemeint sind die Eingaben Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 16. Juli 1898, vom 5. Okt. 1898 sowie vom 12. April 1899; den Schreiben war jeweils ein Attest beigefügt (vgl. oben, S. 515 f., 585 f., jeweils mit Anm. 1, sowie S. 652 f. mit Anm. 3). 4 Ein weiteres Attest reichte Max Weber erst mit seinem Urlaubsgesuch für das WS 1900/1901 vom 5. Juni 1900 ein (vgl. unten, S. 740 mit Anm. 1).
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23. April 1900
Ludwig Arnsperger 23. April 1900; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 115–116 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Einrichtung der zweiten Professur für Nationalökonomie in Heidelberg (vgl. dazu den Brief an Ludwig Arnsperger vom 8. März 1900, oben, S. 729–731, mit Editorischer Vorbemerkung). Nachdem die Philosophische Fakultät am 8. März 1900 dem Ministerium ihre Berufungsvorschläge unterbreitet hatte, nahm dieses noch im April 1900 unter Umgehung des Erstplazierten, Werner Sombart, Verhandlungen mit dem Marburger Nationalökonomen Karl Rathgen auf, der an zweiter Stelle genannt worden war. Die von Max Weber im folgenden Brief erwähnten dabei auftretenden Schwierigkeiten bei der Aushandlung des Gehalts lösten sich zu Gunsten von Karl Rathgen auf. Das Ministerium bewilligte ihm jährlich 6500 Mark Gehalt, also 500 Mark mehr als Max Weber erhielt, und schlug dem Großherzog seine Ernennung zum Ordinarius der Nationalökonomie und Finanzwissenschaft (neben Max Weber) am 12. Mai 1900 vor (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 121–122, mit Nennung des Gehalts). Rathgen nahm seine Lehrtätigkeit in Heidelberg im WS 1900/01 auf (vgl. Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 208).
Heidelberg 23/4 00. Hochgeehrter Herr Geheimer Rath! Wie ich höre, hat Herr Professor Rathgen die Berufung hierher noch immer nicht angenommen und ich muß fast befürchten, daß diese Zögerung in Schwierigkeiten materieller Art ihren Grund habe. Bei unserer Unterredung hier1 äußerte er: „das Großh. Ministerium habe ihm kein höheres Gehalt bieten wollen als den Betrag des meinigen“, – und schien vorauszusetzen, daß dies aus Rücksicht auf mich geschehe. Ich nehme an, daß diese [Vor]aussetzunga irrig ist, denn – auch ganz abgesehen von meiner jetzigen Lage – würde ich doch selbstverständlich unter keinen Umständen je in einer Gehaltsdifferenz eine Differenz der wissenschaftlichen Schätzung erblicken oder gar aus der Höhe des Gehaltes eines Collegen Ansprüche für mich ableiten wollen! – Ich habe vielmehr als ganz naturgemäß vorausgesetzt, daß als Folge meiner Amtskündigung und der ganzen Lage eine anderweite Regelung meines Gehalts, – mindestens bis zur vollen Wiederaufnahme meiner Thätigkeit, – erfolgen werde, – dies vollends dann, wenn dadurch die Gewinnung eines Ordinarius, zu welcher sich zu unserer a Lochung. 1 Auf welche Unterredung Max Weber Bezug nimmt, ist nicht ermittelt.
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Genugthuung das Großh. Ministerium entschlossen hat, erleichtert würde. Ich verbleibe Euer Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebenster Professor Max Weber
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28. Mai 1900
Paul Siebeck 28. Mai 1900; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Der Brief setzt die Korrespondenz über die Gestaltung von Band vier der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ fort, insbesondere über die Drucklegung der Studie von Walter Abelsdorff „Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker“ (Abelsdorff, Beiträge). Vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. November 1899, oben, S. 701. Bezug: In seinem Schreiben an Paul Siebeck vom 27. Januar 1900, oben, S. 726, hatte Max Weber den noch ausstehenden ersten Teil der Arbeit von Walter Abelsdorff für „nächstens“ in Aussicht gestellt. Den zweiten Teil des Manuskripts hatte er Paul Siebeck bereits gleichzeitig mit seiner Karte vom 20. November 1899, oben, S. 704, zugesandt. Wie aus einem Brief von Walter Abelsdorff an Max Weber vom 3. Februar 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht, kam es jedoch im Zuge der Ausarbeitung des ersten Teils des Manuskripts zu weiteren Verzögerungen bei der Auswertung der Fragebögen sowie der Bearbeitung und Gestaltung der Tabellen. Abelsdorff hatte diese Arbeiten teilweise an eine Hilfskraft gegen Bezahlung abgegeben. Offensichtlich wurden die Schwierigkeiten erst im Laufe des Frühjahrs aus dem Weg geräumt, sodaß Max Weber den ersten Teil des Manuskripts Siebeck erst Ende Mai mit dem nachfolgend edierten Brief zusenden konnte. Der eigenhändigen Unterzeichnung Max Webers folgen noch zwei Zusätze von der Hand Marianne Webers: „Lieber Herr Doktor Siebeck! Bitte drucken Sie meine Arbeit so bald wie möglich – das Thema liegt nämlich in der Luft, u. ich habe immer Angst, daß meinem Erstling noch Jemand zuvor kommt! Außerdem wollen wir bald von hier fort um meinen Mann – hoffentlich – gesund zu machen. Es geht ihm noch miserabel. Da ich keine Dissertationsexemplare brauche, bekomme ich wohl einige Freiexemplare mehr als die Herren – meine Arbeit hat ja auch gar keine Tabellen, das ist doch schon ein Vorzug! Mit bestem Gruße Ihre Marianne Weber.“ Des weiteren folgt: „Mein Mann läßt Sie noch bitten[,] auch die zweiten Druckbogen an die Verfasser zu schicken u. diese zu veranlassen[,] dieselben erst nach nochmaliger Korrektur an meinen Mann zu senden. Außerdem läßt er Sie fragen, ob es Ihnen recht wäre, wenn er Prof. Rathgen zum Eintritt in die Abhandlungen einlüde? Prof. v. Philippovich habe sich leider auch diesmal nicht zum Hierherkommen entschließen können. (Mein Mann geht im Herbst ein Jahr auf Urlaub)“.
Heidelberg, 28/5. 1900. Lieber Herr Doktor Siebeck, Anbei 1) den ersten Teil der Arbeit von Abelsdorff – der 2. Teil ist in Ihren Händen. Es ist unmöglich, die Tabellen, die gegen 2000 Mk Kosten gemacht haben [,] zu vermindern.1 Ich habe ja eben den Grundsatz Ih1 Im Brief von Walter Abelsdorff an Paul Siebeck vom 23. Dezember 1899, den Max Weber von Paul Siebeck in maschinenschriftlicher Abschrift erhalten hatte, war die Rede von
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nen nur Arbeiten zu schicken, welche wissenschaftlich ganz neue u. wertvolle Ergebnisse liefern. Die Abelsdorffsche Erhebung ist durchaus einzigartig. Entschließen Sie Sich diese Schrift zu nehmen, dann werde ich dafür aufkommen, daß künftig umfangreiche Tabellen außerhalb des Satzes stets von den Verfassern oder mir getragen werden. Die Arbeit scheint auf den ersten Blick für den Druck unbequem geordnet, es ist das nur scheinbar, macht aber die Druckerei Schwierigkeiten, so muß Herr Abelsdorff es abstellen. 2) Eine Arbeit von Herrn Offenbacher, welcher die Kosten der Karte und des Satzes der Tabellen außerhalb des Textes zu tragen hat.2 Ich bitte Sie Sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Als Dissertation wird die Arbeit nur bis zum Schluß von Teil I gedruckt. 3 3) eine Arbeit meiner Frau,4 d. h. die größere Hälfte, die zweite folgt in spätestens 8 Tagen. Mit dem Druck kann begonnen werden. a Mit herzlichem Gruß Max Webera
a Eigenhändig. Ausgaben in Höhe von „mehr als 1.000 M.“ (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 31. Dez. 1899, oben, S. 710, Anm. 4). Zu den in Rede stehenden Tabellen vgl. die Karte an Paul Siebeck vom 20. Nov. 1899, oben, S. 704, Anm. 3). 2 Gemeint ist: Offenbacher, Konfession (wie oben, S. 616, Anm. 7). Die Arbeit erschien 1900 mit vier Karten sowie zahlreichen Tabellen im Anhang, ebd., S. 69–99, sowie mit einer Tabelle im laufenden Text zum Verhältnis von Konfession und sozialer Schichtung in Baden, deren Satz von Martin Offenbacher nicht zu erstatten war. 3 Die Pflichtexemplare der Dissertation (Offenbacher, Martin, Konfession und soziale Schichtung. Eine Studie über die wirtschaftliche Lage der Katholiken und Protestanten in Baden, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1901) erschien Anfang 1901. Wie üblich stellte der Verlag nur einen Teildruck her, und zwar in der zur Vorlage bei der Heidelberger Philosophischen Fakultät nötigen Zahl von 200 Exemplaren. 4 Es handelt sich um: Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus.
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3. Juni 1900
Paul Siebeck 3. Juni [1900]; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „5.VI.00.“ Bezug: Brief von Paul Siebeck vom 31. Mai 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, in dem dieser Max Weber den Eingang der drei Manuskripte von Walter Abelsdorff, Martin Offenbacher und Marianne Weber, die ihm Max Weber am 28. Mai 1900, oben, S. 736 f., zugesandt hatte, bestätigte. In Bezug auf die „Übernahme von Abelsdorff“ erbat sich Siebeck „Bedenkzeit“. Mit Offenbacher wolle er sich ins „Benehmen setzen“, sehe aber keine Hindernisse für eine „sofortige Zusicherung der Verlagsübernahme“. Mit dem Druck der Arbeit von Marianne Weber wolle er sofort beginnen, wisse aber nicht, ob diese Arbeit auch in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erscheinen solle. Dem Brief folgt nach der eigenhändigen Unterzeichnung durch Max Weber ein Zusatz, den Marianne Weber offensichtlich ohne Wissen ihres Mannes vorgenommen hat: „Anmerkung der Frau: Bitte lieber Herr Siebeck lassen Sie meinen Mann nicht zu viel für Abelsdorff bezahlen – er kann es wahrhaftig nicht! Durch seine Krankheit ist das Portemonnaie in beständiger Ebbe!“
Hdlb. 3. Juni Hochverehrter Herr Dr. Siebeck, die Arbeit meiner Frau1 soll in die Abhandlungen, nur vorne ohne den Seminarzusatz natürlich.2 Herrn Abelsdorffs Arbeit3 haben Sie ja schon genommen, es konnte sich also nur um die Bedingungen handeln, bezüglich deren ich bei unsrem persönlichen Verhältniß unter keinen Umständen auf den Schein unsres Kontraktes bestehen werde u. Ihnen deshalb in meinem Briefe4 das Kompromiß anbot, daß für die Zukunft Tabellen außerhalb des Texts von mir bzw. den Autoren – wenn dieselben potent sind – getragen werden.
1 Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus. 2 In die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ wurden an sich nur Arbeiten, die aus den volkswirtschaftlichen (oder staatswissenschaftlichen) Seminaren stammten, aufgenommen. Dies war bei Marianne Webers Arbeit nicht der Fall. Daher mußte auf den Zusatz „Aus dem Seminar des Herrn Professor. . .“ verzichtet werden. Eine solche Vorbemerkung war seit dem „Verlags- und Redactions-Vertrag“ von 1899 vorgesehen (vgl. § 1, im Anhang unter 2, unten, S. 900). 3 Gemeint ist: Abelsdorff, Beiträge. 4 Vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 28. Mai 1900, oben, S. 736 f.
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Ich möchte nur doch noch einmal darauf hinweisen, daß ich erst zwei Arbeiten in der Sammlung veröffentlicht habe,5 von denen jede als für den Gegenstand, den sie behandelt [,] vorbildlich u. grundlegend anerkannt ist. Auf Grund der ersten habilitiert sich jetzt Dr. Liefmann in Gießen (nicht auf Grund seiner zweiten Arbeit [,] 6 die recht interessant u. gut, aber etwas einseitig ist.) Wenn ich in meinem Vorwort zu der wissenschaftlich höchst interessanten Abelsdorffschen Erhebung7 möglichst auf den Zehen auftrete, so entspricht dies meinem Prinzip, welches sich auch in äußerlicher Beziehung gründlich bewährt hat, – die Herrn Verleger täuschen sich bei wissenschaftlichen Arbeiten zuweilen über die Opportunität vorsichtiger Vorreden, auch mir ging es bei meinen Arbeiten so. Ich kann nur wiederholen, ich biete Ihnen ausschließlich erstklassige Leistungen an. Mit den herzlichsten Grüßen Ihr astets ergebener Max Webera
a Eigenhändig. 5 Es handelt sich um: Liefmann, Unternehmerverbände, sowie: Borgius, Mannheim I, II. 6 Liefmann, Wesen (wie oben, S. 507, Anm. 7). 7 Vgl. Weber, Max, Vorbemerkung des Herausgebers [zu: Walter Abelsdorff, Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker], in: MWG I/8, S. 30–33. Vgl. dazu auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701.
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5. Juni 1900
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 5. Juni 1900; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 23 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Erkrankung Max Webers; es handelt sich um sein zweites Urlaubsgesuch nach seinem Antrag auf Entlassung vom 7. Januar 1900 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711).
Heidelberg, 5. Juni 1900 Dem Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts beehre ich mich unter Beifügung eines ärztlichen Attestes1 und unter Bezugnahme auf meine früheren Eingaben die Bitte ehrerbietigst vorzutragen: mich zunächst für das Wintersemester 1900–1901 zu beurlauben und geneigtest gestatten zu wollen, daß ich den Urlaub bereits im Laufe des Monats Juli nach Abwicklung der noch schwebenden Seminargeschäfte antrete.2 Mein mit kurzen Unterbrechungen immer wiederkehrendes Leiden läßt meine Anwesenheit hier, sobald die Interessen meiner Seminarhörer diese nicht mehr erfordern zwecklos erscheinen. Ehrerbietigst a Professor Dr Max Webera An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und des Unterrichts. a Eigenhändig. 1 Beigefügt war ein Attest des Heidelberger Arztes und Universitätsprofessors Oswald Vierordt vom 21. Mai 1900 mit folgendem Wortlaut: „Der ord. Professor der Nationalökonomie, Herr Dr. Weber, leidet an schwerer und hartnäckiger Neurasthenie und bedarf zur Wiederherstellung seiner Gesundheit eines langdauernden Fernbleibens an allen Geschäften. Ich habe ihm den Rath ertheilt, vorläufig um einen Urlaub für das Wintersemester 1900/01 einzukommen.“ (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 24). 2 Das Ministerium genehmigte den Urlaub, wie von Max Weber beantragt, am 20. Juni 1900 (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 25).
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Paul Siebeck [vor oder am 11. Juni 1900; Heidelberg] Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Datum und Ort sind aus zwei Verlagsvermerken erschlossen: „Heidelberg, 11.VI.1900“, sowie darunter stehend: „13.VI.00“. Der erste Vermerk bezieht sich auf den Eingang des Briefes; der zweite Vermerk auf das Datum, an dem Paul Siebeck geantwortet hat. In seinem an Marianne Weber gerichteten Antwortschreiben vom 13. Juni 1900 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) bestätigt er den Eingang des Schlusses ihres Manuskripts (Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus). Er fährt dann fort: „Wenn ich sofort auch den Brief Ihres Mannes betreffs Abelsdorff beantworten darf [. . .].“ Der Brief setzt die Korrespondenz über die Drucklegung von Walter Abelsdorffs „Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker“ (Abelsdorff, Beiträge) fort und knüpft an dessen Pläne, den zweiten Teil in großer Auflage drucken zu lassen, an. Paul Siebeck erwartete dazu von Max Weber schon seit längerem einen Rat, wie aus seinem Brief an Max Weber vom 4. Januar 1900 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hervorgeht.
a Hochverehrter
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Herr Dr Siebeck! a
Ich hielte eine Massenausgabe von Teil II für die Arbeiten natürlich für sehr nützlich,1 glaube meinerseits bei dem überraschenden Erfolg der Erhebung2 auch, daß Interesse dafür genügend vorhanden sein würde. Sie werden aber doch andre Autoritäten zu Rate ziehen wollen; wenn Sie Sich dann entschließen, so bitte ich Sie [,] das weitere nach Gutdünken mit Herrn A[belsdorff] zu beraten, da ich mich jetzt unmöglich in diese Angelegenheit einmischen kann. Mit bestem Gruß Ihr bergebenster Max Weberb
a Eigenhändig.
b Eigenhändig.
1 Zu Walter Abelsdorffs Plänen vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 31. Dez. 1899, oben, S. 709 f., mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 4 und 5. In seinem Brief an Marianne Weber vom 13. Juni 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, ließ Paul Siebeck Max Weber über Marianne Weber mitteilen, „daß ich den Druckumfang des 2. Teils der Arbeit abwarten muß, bevor ich mich wegen einer Massenausgabe desselben schlüssig machen kann.“ 2 An der Beantwortung der von Abelsdorff versandten Fragebögen hatten sich ca. 4800 Mitglieder des „Verbandes der Deutschen Buchdrucker“ beteiligt (vgl. ausführlich dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1899, oben, S. 701).
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29. Juni 1900
Alfred Klee 29. Juni 1900; Heidelberg Karte; von der Hand Marianne Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Dieses und die folgenden Schreiben an Alfred Klee vom 23. Oktober 1901, unten, S. 795, vom 30. November 1901, unten, S. 799–801, vom 14. Dezember 1901, unten, S. 802, vom 7. Januar 1902, unten, S. 803, sowie vom 16. Januar 1902, unten, S. 804, stehen im Zusammenhang mit der Promotion Alfred Klees und der Publikation seiner Arbeit im Rahmen der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Klee, Landarbeiter). Dafür hatte Alfred Klee die Auswertung der Fragebögen für die Regionen Nieder- und Mittelschlesien sowie die Südhälfte der Mark Brandenburg übernommen (vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581, mit Editorischer Vorbemerkung und Anm. 9). Die mündliche Prüfung Alfred Klees fand am 3. August 1898 statt (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 3). Wie sich einem Schreiben Alfred Klees an Max Weber vom 20. Januar 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) entnehmen läßt, wünschte Max Weber die Rückgabe der Fragebögen, da sich die Überarbeitung der Dissertation für die Erstellung der Pflichtexemplare und der gedruckten Langfassung stark verzögert hatte. Daraufhin teilte Klee ihm mit, daß er „seit Beginn vorigen Winters fast unausgesetzt an starken neurasthenischen Depressionen leide“ und daher nicht mit der Arbeit habe fortfahren können; auch das erstrebte erste juristische Examen habe er nicht ablegen können. Dennoch, so schloß der Brief, werde er „mit ziemlicher Sicherheit in der Lage sein [. . .], sie [die Arbeit] in vier bis sechs Wochen einzusenden“. „Sollte die Fakultät gezwungen sein, mir wegen Nichteinhaltung der satzungsgemäßen Druckfrist das Diplom nicht auszustellen, so würde ich diese für mich außerordentlich folgenschwere Thatsache [. . .] selbstverständlich tief bedauern“ (ebd.). Max Weber empfahl ihm mit der im folgenden edierten Karte, einen Antrag auf Fristerstreckung zu stellen, mit Verweis auf seine Beurlaubung und Klees eigene Krankheit; die Fristverlängerung wurde Klee am 4. Juli 1900 bis Oktober 1901 gewährt (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 162). Zu diesem Zeitpunkt übersandte Klee Max Weber wie vereinbart das überarbeitete Manuskript zur Durchsicht, der es ihm wiederum mit weiterführenden Hinweisen Ende November/Anfang Dezember 1901 zurücksandte (vgl. die Schreiben an Alfred Klee vom 23. Oktober und 30. November 1901, unten, S. 795, und S. 799–801). Daraufhin stellte Klee erneut einen Antrag auf Fristverlängerung für einige Monate, wiederum mit Hinweis auf seine eigene Krankheit und die Beurlaubung Webers, die ihm am 6. Dezember 1901 gewährt wurde (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 162). Nachdem Klee offensichtlich akzeptiert hatte, den erforderlichen Druckkostenzuschuß für die Publikation in Max Webers Landarbeiterreihe zu übernehmen (vgl. die Karte Max Webers an Alfred Klee vom 14. Dezember 1901, unten, S. 802), ging die Doktorarbeit im Januar 1902 in Satz (vgl. die Karten Max Webers an Alfred Klee vom 7. und 16. Januar 1902, unten, S. 803 und S. 804). Nach Druck der erforderlichen 200 Pflichtexemplare (Klee, Alfred, Die Landarbeiter in Mittel- und Niederschlesien nach den Erhebungen des Evangelisch-sozialen Kongresses. I. Teil: Der Regierungsbezirk Liegnitz. II. Teil: Der Regierungsbezirk Breslau, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1902), erhielt Klee am 3. März 1902 das Doktordiplom (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 3). Kurz darauf erschien die Arbeit als Heft drei der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Klee, Landarbeiter).
29. Juni 1900
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Sehr geehrter Herr Klee!
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Wenn Sie noch ernstlich an die Einlieferung Ihrer Arbeit denken, müssen Sie nunmehr damit bis Oktober 1901 warten, da ich bis dahin aus Gesundheitsrücksichten beurlaubt bin1 u. ohne daß ich die Arbeit geprüft habe, die Sache nicht geht. Stellen Sie also einen mit Ihrer u. meiner Krankheit begründeten entsprechenden Antrag um Verlängerung der Einlieferungsfrist an die Fakultät.2 Ergebenst Ihr a Max Webera Heidelberg, 29. Juni 1900.
a Eigenhändig. 1 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 711. 2 Die Einlieferungsfrist betrug nach der Promotionsordnung generell ein Jahr ab mündlicher Prüfung (Promotions-Ordnung der Philosophischen Facultät zu Heidelberg. – Heidelberg: J. Hörning 1889, § 10, S. 8, in: UA Heidelberg, H-IV-102/124; diese Regelung blieb auch in späteren Fassungen unverändert). Da Alfred Klee am 3. August 1898 die mündliche Prüfung ablegte, muß es zumindest ein Verlängerungsgesuch von seiner Seite vor den beiden genannten Anträgen im Juli 1900 und im Dezember 1901 gegeben haben. Da die Akten im UA Heidelberg, Bestand H-IV-102, für das Dekanatsjahr 1899/1900 nicht überliefert sind, gibt es dafür jedoch keine Belege.
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15. Juli 1900
Marianne Weber PSt 15. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beigefügtem Briefumschlag erschlossen. Dieser, wie die folgenden Briefe Max Webers vom 17., 18., 20., 24., 26. und 28. Juli 1900, sowie vom 4., 6., 8., 10. und vor dem 19. August 1900, unten, S. 747–750, und 752–761, sind von Marianne Weber in Form eines Lückentextes auf kleinen Briefkarten vorformuliert. Am 26. Juli 1900 schrieb sie an Helene Weber: „Mein kranker Liebling schickt mir also einen um den andern Tag die Bulletins[,] die ich ihm geschrieben habe u. die er dann ausfüllt“ (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Die jeweils eigenhändig ergänzten „Bulletins“ entstanden während Max Webers mehrmonatigem Aufenthalt in „Dr. Richard Klüpfel’s Sanatorium“ in Urach, vom 1. Juli bis zum 17. November 1900. Die sprachlichen Eigenheiten Marianne Webers – wie „Docktor“ statt „Doktor“ oder „Doctor“ – werden in der Edition der vorformulierten Briefkarten unverändert beibehalten. Max Webers Befinden hatte sich im Verlauf der ersten Jahreshälfte nicht verbessert. Er war nach Marianne Weber „in einer ziemlich miserablen Verfassung – nach jeder Richtung hin absolut ruhebedürftig“ (Brief von Marianne Weber an Helene und Alfred Weber vom 16. Mai 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Am 5. Juni 1900 beantragte Weber daher seine Beurlaubung für das kommende Wintersemester und bat zugleich darum, seinen Urlaub bereits im Juli antreten zu dürfen (vgl. dazu den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Juni 1900, oben, S. 740). Ebenfalls Anfang Juni erfuhr Marianne Weber durch einen Heidelberger Bekannten von dem kleinen Uracher Sanatorium des Sanitätsrats Dr. Richard Klüpfel, „der sich eingehend um seine Kranken kümmert“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Juni 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Nach weiteren Erkundigungen beim Münchner Nervenarzt Leopold Löwenfeld und Rücksprache mit Professor Oswald Vierordt, in dessen Behandlung Max Weber seit Frühjahr 1900 war, wurde vereinbart, daß Weber Anfang Juli nach Urach fahren sollte. Marianne Weber begleitete ihn zunächst, am 14. Juli 1900 kehrte sie dann nach Heidelberg zurück und organisierte dort die Auflösung der Wohnung. Seit dem Frühjahr planten sie für den Herbst des Jahres einen längeren Aufenthalt in südlichem Klima; seit Mai kristallisierte sich hierfür Ajaccio auf Korsika heraus. Nach erfolgter Wohnungsauflösung und der Vermittlung von Bertha Schandau in eine neue Stellung, reiste Marianne Weber am 23. August 1900 ebenfalls nach Urach ab (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. August 1900, ebd.). Dort verbrachte das Ehepaar Weber die drei folgenden Monate bis zur Abreise nach Korsika, am 17. November 1900, gemeinsam. Medizinische Unterlagen zu Max Webers Aufenthalt in Richard Klüpfels 1883 gegründetem Privatsanatorium existieren nicht mehr (schriftliche Auskunft von Dr. Eberhard Meyer-König, Hamburg, vom 12. Oktober 2012). Das Besucherbuch (Privatbesitz Dr. Eberhard Meyer-König, Hamburg) enthält den nur knappen Eintrag von der Hand Max Webers: „Professor Max Weber aus Heidelberg 1/VII–17/XI 00“. Eine von Klüpfel selbst verfaßte Broschüre über sein Sanatorium für „Nervenleidende und Erholungsbedürftige“ der „gebildeten Stände“ (Sanitätsrat Dr. Klüpfel’s Sanatorium, Stadthaus gegründet 1883 und Sanatorium Hochberg eröffnet 1901, in Urach, Württemberg. Mit drei Lichtdruckbildern und einer Eisenbahnkarte. – Urach: Selbstverlag von Dr. Klüpfel’s
15. Juli 1900
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Sanatorium 1901 (Privatbesitz Dr. Eberhard Meyer-König, Hamburg), hier: S. 3; hinfort: Klüpfel, Sanatorium Urach) skizziert allerdings die therapeutische Ausrichtung und Philosophie des Hauses. Diese war ganz auf Ruhe und ein familiäres Umfeld ausgerichtet, das Sanatorium mit seinen im Jahr 1900 nur 18 Zimmern sollte die Atmosphäre einer „behaglichen Familienpension“ vermitteln (ebd., S. 3 f.). Unter den Patienten bildeten „Neurastheniker“ die größte Gruppe, insbesondere solche, deren Leiden durch besondere äußere Lebensumstände (wie „übermäßige anhaltende Arbeit“ oder „Gemütserschütterungen“) bedingt schien (ebd., S. 8). Die Behandlung kombinierte zeitgenössisch etablierte Therapieformen, versprach vor allem aber eine „individualisierende“ Betreuung (ebd., S. 12). Die üblichen „Wasseranwendungen“ (auch „elektrische Bäder“) wurden zwar eingesetzt, spielten nach Klüpfel für die Therapie aber nicht die entscheidende Rolle (ebd.). Er zog Heilgymnastik und das Erlernen von „Tiefenatmung“ „umständlichen Apparaten“ vor (ebd., S. 12 f.), propagierte die „richtige Regelung von Ruhe und Bewegung“ in einer durch Ruhe und Naturschönheit geprägten Umgebung (ebd., S. 14). Die große Gartenanlage für Ruhebedürftige hob er in seiner Broschüre besonders hervor (ebd.). In einer Situation, die Marianne Weber später als Erreichen des „Tiefstands“ in Max Webers Krankheitszeit schilderte (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 255–259; Zitat: ebd., S. 256), mögen dieser Ansatz und der familiäre Charakter des Hauses das Ehepaar Weber dazu bewogen haben, sich für dieses Sanatorium zu entscheiden. Am 10. Juli 1900 schrieb Marianne Weber aus Urach an Helene Weber, ihr Mann sei als Patient für den Arzt „jetzt garnicht so ohne“, da er einerseits mißtrauisch gegen ärztliche Verordnungen sei, andererseits aber doch irgendwie behandelt werden wolle. Gespräche, sogar mit Dr. Klüpfel selbst, seien ihm kaum erträglich; auch sei er extrem reizbar. Letzteres verdeutlichte sie anhand Max Webers Reaktion auf eine Anfrage, die seinen (sehr geschätzten) Schüler Robert Liefmann betraf: Nachdem er ihr die (nicht überlieferte) Antwort diktiert hatte, sei er so aufgeregt und gereizt gewesen, wie sie ihn noch nie gesehen habe. Sie versprach ihrem Mann daraufhin, ihm in den nächsten Wochen keinerlei Briefe mit beruflichem Bezug auszuhändigen, sondern „alles allein ab[zu]machen u. den Leuten ihre Briefe zurück[zu]schicken u. ‚wenn sie ihn für verrückt‘ hielten“ (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 256). Anfang August teilte sie mit: „Kl[üpfel] sagt, es wäre sehr schwer herauszufinden[,] was Max gut thäte – fremden Leuten gegenüber sagt er‘s eben nicht u. nimmt sich doch mehr zusammen als ihm jetzt gut ist.“ Da Webers Nerven noch so reizbar seien, „daß sie nichts vertragen könnten“, habe Klüpfel einstweilen fast alle physikalischen Anwendungen ausgesetzt (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 2. August 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Nach ihrer Rückkehr nach Urach am 23. August 1900 konstatierte Marianne Weber allerdings eine Besserung: Sie habe ihren Mann deutlich „munterer“ vorgefunden und sei überzeugt, „daß ein möglichst langes Hiersein für ihn wünschenswert wird, sobald er fühlt, daß er hier Fortschritte macht u. auch eine ‚Behandlung‘ vertragen kann“. (Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [nach dem 23. August 1900], ebd.). Ende September konnte Max Weber wieder längere Spaziergänge unternehmen und machte Reisepläne (Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 26. September 1900, ebd.). Er blieb seiner Frau zufolge aber weiterhin äußerst ruhebedürftig und zeigte sich Mitte Oktober in einem Gespräch über die Zukunft „felsenfest überzeugt, daß er sein Amt nicht wieder übernehmen kann, es drücke ihn jedoch nicht, sich einstweilen noch seinen Gehalt zahlen zu lassen. Ich bin nun auch meinerseits ziemlich sicher, daß, wenn kein Wunder geschieht, er in absehbarer Zeit, sich nicht an ein Amt binden kann“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. Oktober 1900, ebd.).
746
15. Juli 1900
Lieber Schnauz! Ich habe |:gut:|a geschlafen und fühle mich |:leidlich:|b Das Bad bekommt mir c|:woll’n mal sehn:|c Der Kopf ist |:dumm:|d Die Beine sind |:müde:|e Es grüßt u. küßt Dich Dein Jungchen. fDas Aufwachen gestern (9 Uhr) ohne Schnäuzchen war doch greulich!
Schicke die Sache1 doch an A[dolph] Wagner, er freut sich.f
a Eigenhändig. b Eigenhändig. händig. f–f Eigenhändig.
c Eigenhändig.
d Eigenhändig.
e Eigen-
1 Gemeint ist: Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus. Marianne Webers Studie war eben erschienen und vom Verlag ausgeliefert worden (vgl. den Brief Paul Siebecks an Marianne Weber vom 12. Juli 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
5
Von Marianne Weber vorgeschriebene Briefkarte mit Ergänzungen von Max Weber aus Urach vom 15. Juli 1900 Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
17. Juli 1900
747
Marianne Weber PSt 17. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beigefügtem Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Lieber Schnauz,
5
Heute bin ich |:nicht:|a spazieren gegangen, es ist mir |:gut:|b bekommen, die Beine sind |:müde:|c der Kopf |:dumm:|d ich habe |:leidlich:|e geschlafen. Das Liegen in den Stühlen thut mir f|:sehr gut:|f die Leute wollen sichg unterhalten u. lassen michh |:vorerst:|i zufrieden. Die Stimmung ist j|:den Umständen angemessen:|j Treulichst Dein Jungchen. kSchönen
10
Dank fürs Briefchen heute bekam ich auch Dein Büchchen.1 Klüpfel machte Kullerl-Augen, sagte aber nur: „das ist doch sehr selten“k
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. e Eigenhändig. f Eigenhändig. g In O folgt eine nicht ausgefüllte Leerstelle. h Unterstreichung eigenhändig. i Eigenhändig. j Eigenhändig. k–k Eigenhändig. l O: kleine radähnliche Zeichnung; Kuller sinngemäß ergänzt. 1 Es handelt sich um die soeben publizierte Studie: Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus.
748
18. Juli 1900
Marianne Weber PSt 18. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändiger Korrektur und Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Liebes Schnäuzchen, Heute ist es |:heißes:|a Wetter, ich habe gestern |:k:|einenb Spaziergang gemacht, die Beine wollen |:nicht:|c der Schlaf war |:mittelmäßig:|d aber im ganzen fühle ich mich e|:sehr müde, aber leidlig:|e Den Docktor sah ich |:gestern:|f 1 er sagt nicht viel, ist aber sehr nett u. lieb. Es küßt Dich |:sehr:|g Dein Jungchen
5
hAlles,
was mich nicht mit Pfl ichten belastet höre ich gern, mein liebes Kerlchen.2 Ist mein Militärurlaub da?3 Vielen Dank für die schönen Pfi rsiche, die Penner’s schickten,4 – von Dir? oder von ihnen selbst?5 –
a Eigenhändig. e Eigenhändig.
b k eigenhändig eingefügt. c Eigenhändig. d Eigenhändig. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h–h (S. 749) Eigenhändig.
1 Richard Klüpfel. Max Weber mußte zunächst auf ein freies Zimmer im Sanatorium warten. Er war im benachbarten „Hotel Pension Post“ untergebracht, wo Klüpfel ihn täglich zu einem Gespräch traf (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 20. Juli 1900, unten, S. 750). 2 In ihren Briefen aus Heidelberg hatte Marianne Weber wiederholt gefragt, ob diese zum Lesen für ihn auch nicht zu lang seien (vgl. z. B. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 15. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Marianne Weber teilte am folgenden Tag mit, sein Militärurlaub sei noch nicht da, nur viele Rechnungen und die „olle Kirchensteuer“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 19. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). In Max Webers Militärdienstakte (GLA Karlsruhe, 456 E Nr. 13719) ist der Sachverhalt nicht dokumentiert. 4 Das Heidelberger Kolonialwaren- und Delikatessengeschäft „Gebrüder Penner“ in der Hauptstraße 58–60. 5 Marianne Weber antwortete im Brief vom 19. Juli 1900 (wie Anm. 3), „der gute Penner“ habe die Früchte selbst geschickt: „Du wärst immer so freundlich gewesen, er wolle Dir gern eine Freude machen.“
10
18. Juli 1900
749
Frau Prof. C.6 ist recht angenehm, wohl nicht grade bedeutend. – Ja, lade Dui Dir doch die ganzen guten Leute ein!7 Herzl. Kuß Dein Maxh
i Alternative Lesung: du
h (S. 748)–h Eigenhändig.
6 Name der Mitpatientin anonymisiert. 7 Marianne Weber plante für die folgende Woche ein „kleines Abendessen“ mit Bekannten und Freunden: „Hensels, Schmidts, Kaisers, Tröltsch, Neumann, Landsberg, Richthofen“ (Briefe von Marianne Weber an Max Weber, undat. [ca. 17. Juli 1900], und vom 28. Juli 1900, beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
750
20. Juli 1900
Marianne Weber PSt 20. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beigefügtem Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Liebes Schnäuzchen! Vielen Dank für Dein a|:hoffentlich heute kommendes:|a Briefchen. – Es geht mir |:mittel:|b ich habe vorige Nacht |:mittel:|c geschlafen. Spazierengehen konnte ich d|:nicht recht:|d der Kopf ist |:dumm:|e, die Beine sind |:schwach:|f Der Docktor1 sagt |:nichts:|g Herzlichst Dein Jungchen. ziehe ich zu Klüpfels, 2 mir graut vor den Mittag- u. Abendessen. Von auf der Stube Essen ist natürlich doch keine Rede.3 Eventuell esse ich Abends in der Post.4 – Zu berichten ist nichts, die Bäder sind lästig, die Ruhe angenehm, aber der Doktor will immer Abends sachliche Gespräche führen, die mir die Nacht stören. Hoffentlich geht in H[eidelberg] Alles gut. Herzlichen Kuß Dein M.h
5
hMorgen
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. händig. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h–h Eigenhändig.
e Eigen-
1 Richard Klüpfel. 2 Bis zum 21. Juli war Max Weber im Uracher „Hotel Pension Post“ untergebracht, das in direkter Nachbarschaft zum Sanatorium lag. 3 Da besonders Gesprächssituationen Max Weber in Erregung versetzten, fürchtete er die im Sanatorium üblichen gemeinsamen Mahlzeiten. In Heidelberg hatte Marianne Weber auch enge Bekannte und Freunde seit längerem meist allein empfangen und ihren Mann mit längeren Gesprächen zuletzt möglichst verschont (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 4. Mai 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). In ihrem Brief vom 21. Juli 1900 (ebd.) mahnte sie Max Weber daher, sich das Essen auf sein Zimmer zu bestellen und überhaupt nicht „so gräßlich ‚schüchtern‘“ in der Artikulation seiner Bedürfnisse zu sein. 4 Gemeint ist das „Hotel Pension Post“ (wie Anm. 2).
10
15
23. Juli 1900
751
Marianne Weber [um den 23. Juli 1900; Urach] Brief; eigenhändig MWA, Universität Heidelberg (Fotokopie des Originals) Der Verbleib des Originals ist nicht ermittelt. Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, dem Hinweis auf das dreiwöchige Warten auf ein Zimmer in Richard Klüpfels Sanatorium, welches Max Weber am 21. Juli, bezog (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 20. Juli 1900, oben, S. 750), in Verbindung mit Marianne Webers Brief an Max Weber vom 24. Juli 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), in dem sie auf Max Webers Bemerkung zu „Käthe Schmidt“ direkt Bezug nimmt. Zu Max Webers Aufenthalt im Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
L. Schn.
5
10
Nicht viel los – kein Schlaf, „individuelle“ Beh[andlung] besteht darin, daß Kl[üpfel]1 das ruhige Zimmer oben [,] auf das ich 3 Wochen warte, „Käthe Schmidt“ (NB! Mutter von 5 Kindern) 2 gab und mich in deren Zimmer am Haupt-Corridor legt.3 Mittagessen 1 Stunde, gestern 1½ Stunden mit permanenter Unterhaltung. Ich nehme jetzt einfach Schlafmittel,4 ohne zu fragen. – Psychisch geht es mir trotzdem etwas besser, Alles Andre ist sehr mäßig. Hzl [.] Gruß u Kuß M.
1 Richard Klüpfel. 2 Die Mitpatientin erinnerte Max Weber an Käthe Schmidt – eine Berliner Bekannte der Familie Weber (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 1. Juni 1895, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Marianne Weber reagierte auf diese Beschwerde mit dem Hinweis, daß die besagte Dame eventuell schon lange auf das Zimmer warte und der obere Stock „Damendepartement“ sei (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 24. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Max Weber nahm seit längerem Schlafmittel, so im Januar 1900 Paraldehyd und Trional (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 7. Jan. 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Aus Marianne Webers Antwort vom 24. Juli (wie Anm. 3) ergibt sich, daß es sich bei dem hier erwähnten Schlafmittel wieder um Trional handelte, einem gängigen Mittel bei nervöser Schlaflosigkeit, vor dessen andauernder Einnahme allerdings gewarnt wurde. Sie riet Max Weber, Dr. Klüpfel dessen Einnahme mitzuteilen, „er sieht dann auch, daß Du rabiat bist“ (Zitat ebd.).
752
24. Juli 1900
Marianne Weber PSt 24. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf beigefügtem Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Lieber Schnauz, Vergiß mir nicht das Seminar1 und a|:daß Prof. Schäfer2 vielleicht noch den Helfferich, Geldwesen hat:|a 3 Es geht mir ziemlich |:mittel:|b ich habec geschlafen und der Docktor4 sagt d|:nichts besondres:|d Der Kopf iste unterhalten mag ich mich |:nicht:|f g|:Mit schönem Kuß:|g Dein treues Jungchen.
5
hDie
Ruhe, die ich brauchte, ist hier trotz der sehr großen Rücksicht u. Freundlichkeit der Leute nicht zu erzielen. Trotzdem wird es künftig schließlich wie immer bisher irgendwann aufwärts gehen. Schreib doch nicht an Kl[üpfel], Du sprichst ihn ja bald.h5
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c In O folgt eine nicht ausgefüllte Leerstelle. d Eigenhändig. e In O folgt eine nicht ausgefüllte Leerstelle. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h–h Eigenhändig. 1 Möglicherweise bezieht sich der Hinweis auf die bevorstehende Auflösung und Einlagerung des Heidelberger Hausstandes (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744). Max Webers Kolleghefte deponierte Marianne Weber in diesem Zusammenhang bei der Bank (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. Aug. 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Dietrich Schäfer. 3 Es handelt sich um Helfferich, Karl, Die Reform des deutschen Geldwesens nach der Gründung des Reiches, 2 Bände. – Leipzig: Duncker & Humblot 1898. 4 Richard Klüpfel. 5 Marianne Weber fuhr über ihren Geburtstag am 2. August zu einem zweitägigen Besuch nach Urach (vgl. Marianne Webers Briefe an Max Weber vom 24. Juli und 28. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
10
26. Juli 1900
753
Marianne Weber PSt 26. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändiger Korrektur und Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Gutes Schnäuzchen,
5
Du bist auch meine Beste, schönen Dank für Deinen Brief. Es geht mir |:leidlich:|a ich habe b|:etwas besser:|b geschlafen, der Kopf ist |:mäßig:|c die Beine d|:sind müde:|d Das Bade f|:nehme ich, wie es mir paßt, Tags jetzt gar nicht, ihm1 ist es recht so.:|f Es grüßt u. küßt Dich Dein Jungchen. gDer
10
15
Lärm (Zimmerreinmachen etc) läßt s[ich] nicht vermeiden. Ich ziehe wohl bald hinauf. Kl[üpfel] kann Dir im August nur ein ganz kleines Gelaß geben u. fragte, ob Du nicht lieber in die Post gingest.2 Für Deinen jetzigen Besuch gehst Du ja ohnedies dahin.3 Komm also doch am 1ten u. gehe am 3ten früh, sonst ists doch gar zu kurz! Die Rücksichtnahme hier ist sehr groß, auch werde ich speziell mit Obst etc. traktiert. Du mußt doch wohl Frau Kl[üpfel] 4 von Penner5 zur Revanche etwas mitbringen.g
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. e Eigenhändige Streichung: f Eigenhändig. g–g Eigenhändig. 1 Richard Klüpfel. 2 Nach erfolgter Wohnungsauflösung in Heidelberg wollte Marianne Weber ihrem Mann im August nach Urach nachreisen, um dann dort bei ihm zu bleiben. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744. 3 Über ihren Geburtstag am 2. August plante Marianne Weber einen kurzen Besuch in Urach (vgl. den Brief an Marianne Weber vom 24. Juli 1900, oben, S. 752, Anm. 5). 4 Richard Klüpfels Ehefrau Sophie. Sie war für die „Haushaltung“ des Sanatoriums zuständig. Vgl. Klüpfel, Sanatorium Urach (wie oben, S. 744 f., Editorische Vorbemerkung), S. 17. 5 Das Heidelberger Kolonialwaren- und Delikatessengeschäft „Gebrüder Penner“ in der Hauptstraße 58–60.
754
28. Juli 1900
Marianne Weber PSt 28. Juli 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Die im Brief angesprochene Rezension Friedrich Naumanns in der „Hilfe“ von Marianne Webers Buch (Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus) erschien erst am 29. Juli 1900. Marianne Weber war darüber vorab von Paul Siebeck informiert worden, wie sie Max Weber mitteilte (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [1900], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Mein kleines Schnäuzchen, Es geht mir: |:mäßig:|a der Kopf ist |:warm:|b die Beine u. der Rücken c|:thun weh:|c Meister Iste1 ist ziemlich |:bewegt.:|d Die Bäder scheinen mir e|:sehr verschieden zu bekommen:|e Der Docktor2 sagt |:nichts:|f Ich liege immer in bequemen Stühlen in K[lüpfel]s Garten, unterhalte mich aber nur mit hübschen jungen Mädchen.3 g|: – sind leider nicht da:|g Treulichst Dein Jungchen.
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. händig. f Eigenhändig. g Eigenhändig.
d Eigenhändig.
e Eigen-
1 Auf Goethes Gedicht „Das Tagebuch“ von 1810 zurückgehende Metapher für den Penis, der dort als zuweilen unkontrollierbares Körperteil beschrieben wird: „Doch Meister Iste hat nun seine Grillen / Und läßt sich nicht befehlen noch verachten. / Auf einmal ist er da und ganz im Stillen / Erhebt er sich zu allen seinen Prachten.“ (Hier zitiert nach: Goethe, Johann Wolfgang, Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe, 21 Bände (in 33), hg. von Hans Richter, Band 9: Epoche der Wahlverwandtschaften 1807– 1814. – München: Hanser 1987, S. 37–43, hier: S. 42.) Das Gedicht wurde in die vollständige Werkausgabe letzter Hand nicht aufgenommen, seit 1861 existierten aber verschiedene Privatdrucke (ebd., S. 1094). Zu Max Webers sexuellen Beschwerden vgl. seinen Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529, Anm. 2. 2 Richard Klüpfel. 3 Möglicherweise eine Anspielung auf die vier Töchter des Ehepaares Klüpfel. Die älteren von ihnen halfen bei der täglichen Arbeit im Sanatorium mit. Vgl. Klüpfel, Sanatorium Urach (wie oben, S. 744 f., Editorische Vorbemerkung), S. 17.
5
28. Juli 1900
755
hNaumanns Polemik ist doch etwas eilig geschrieben, ich weiß nicht, ob
eine fruchtbare Auseinandersetzung damit möglich ist.4 – Schmoller ist ersichtlich pikiert.5 Hat Kuno nichts gesagt u. sonst noch Niemand geschrieben?h6
h–h Eigenhändig. 4 Friedrich Naumann besprach in der „Hilfe“, Nr. 30 vom 29. Juli 1900, S. 3 f., unter dem Titel „Fichte und Marx“ Marianne Webers eben veröffentlichte Studie (Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus) sehr positiv. Kritik übte er aber an Marianne Webers Marxinterpretation, die das Motiv eines „sozialethischen Utopismus“ bei weitem zu stark bewerte (Naumann, Fichte und Marx, ebd., S. 3). Auch widersprach Naumann ihrer These, Marx fehle (wie allen modernen Sozialisten) „jedes politische Ideal, jedes Verständnis des Wertes nationaler Besonderung für das menschliche Gemeinschaftsleben, jedes Interesse für die spezifische Kulturaufgabe, für die Größe seiner Nation“ (zit. ebd.). Dem setzte er entgegen, Marx habe „im stärksten Maße“ ein politisches Ideal: „Daß wir dieses Ideal für unausführbar ansehen, darf uns nicht hindern anzuerkennen, daß Marx Politiker gewesen ist und zwar in viel höherem Grade als Fichte.“ (Ebd.). In ihrem undatierten Brief an Max Weber (wie oben, S. 754, Editorische Vorbemerkung) schrieb Marianne Weber, sie erwäge eine Replik in der „Hilfe“. Sie fände Naumanns Kritik unzutreffend und würde seine Ausführungen über Marx’ politische Ideale gerne widerlegen. 5 Bezug ist ein Brief Gustav Schmollers an Marianne Weber vom 17. Juli 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Schmoller dankte ihr darin für die Zusendung ihrer Studie zu Fichte’s Sozialismus, wand sich dann aber in Distanzierungen von seinem Text „Johann Gottlieb Fichte. Eine Studie aus dem Gebiete der Ethik und der Nationalökonomie“ (erschienen in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, hg. von Bruno Hildebrand, Band 5, 1865, S. 1–62; wiederabgedruckt in: Schmoller, Gustav, Zur Litteraturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften. – Leipzig: Duncker & Humblot 1888, S. 28–101), den Marianne Weber in ihrer Arbeit gelobt und als Referenz herangezogen, aber auch kritisiert hatte (vgl. Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus, Vorwort, sowie S. 19, 28, S. 36 f. und 59). Schmollers Schreiben, in dem er seinen Fichte-Text als „Jugendsünde“ bezeichnete, hatte Marianne Weber ihrem Brief an Max Weber vom 19. Juli 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) beigelegt. 6 Der Heidelberger Philosoph Kuno Fischer. Am 30. Juli berichtete Marianne Weber, er habe in ihre Arbeit „hineingesehen“ und singe schon jetzt ihr „Lob nach den verschiedensten Seiten“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 30. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
756
4. August 1900
Marianne Weber PSt 4. August 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Lieber Schnauz, Ich habe |:leidlich:|a geschlafen. Der Kopf ist |:mäßig:|b die Beine sind c |:sehr müde:|c ich habe einen Spaziergang probiert, es bekommt mir |:mäßig:|d Meister Iste1 ist |:unruhig:|e Ich habe (allein)? |:ja:|f gegessen. Dein Kerlchen.
a Eigenhändig. b Eigenhändig. händig. f Eigenhändig.
c Eigenhändig.
d Eigenhändig.
e Eigen-
1 Zu dieser Umschreibung seiner sexuellen Beschwerden vgl. den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1900, oben, S. 754, Anm. 1.
5
6. August 1900
757
Marianne Weber PSt 6. August 1900; Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Lieber Schnauz!
5
Ich habe |:leidlich:|a geschlafen u. fühle mich geistig b|:ziemlich = 0:|b körperlich: c|:etwas angestrengt,:|c der Kopf ist d|:noch warm:|d die Beine sind |:müde:|e Ich esse heute f|:wie immer allein:|f ich habe |:nicht:|g gebadet Dein Jungchen. h Der
Artikel über die R[ichthofen] ist amüsant. Vielen Dank fürs Briefchenh1
Urach d.i a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. e Eigenhändig. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h–h Eigenhändig. i Ende des Briefs. 1 Der Artikel „Fräulein Dr. v. Richthofen“ war im kleinen Zentrumsblatt „Badischer Landsmann“, Nr. 175 vom 3. Aug. 1900, S. 1, erschienen. Kurz nach Else von Richthofens Ernennung zur ersten akademischen Fabrikinspektorin Deutschlands in Baden bezeichnete der Verfasser ihre Ernennung offen als „Fehlgriff“ und sprach ihr die Qualifikation für diese Aufgabe ab. Er kritisierte nicht allein ihre Praxisferne, sondern polemisierte auch scharf gegen ihre adlige und preußische Herkunft. Er bezeichnete sie „als ein aus dem Salon und der Studierstube kommendes Fräulein, das sich nur ab und zu einmal die Verhältnisse der Arbeiter durch den Zwicker betrachtet“. Eine solche Person könne das Vertrauen der Arbeiterinnen ohnehin nicht gewinnen, als Adlige und Preußin müsse sie zudem „unseren süddeutschen Arbeiterinnen doppelt fremd bleiben“. Eine „aus dem badischen Arbeiterstand erwachsene Assistentin“ wäre viel besser geeignet als „eine adlige der Arbeiterschaft völlig fernstehende studierte Dame, die wohl Ideen, aber keine praktische Erfahrung im Kopf hat, und mag sie 10mal von den Herren Professoren empfohlen worden sein, deren eigene Praxis bei aller Wissenschaft oft selber nicht weit her ist“. Marianne Weber schickte ihrem Mann, der die Ernennung Else von Richthofens im Vorfeld maßgeblich gefördert hatte, den Artikel mit einem ihrer Briefe (Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [Anfang August 1900], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
758
8. August 1900
Marianne Weber PSt 8. August 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Lieber Schnauz, Es geht mir körperlich: |:mäßig:|a psychisch: |:mäßig:|b Der Kopf ist c|:noch warm:|c die Beine sind |:schwach:|d Meister Iste ist e|:noch recht unruhig:|e 1 Ich habe |:mäßig:|f geschlafen. Ich habe heute (allein) |:natürlich:|g gegessen, Klüpfel sagt: |:nichts:|h Dein Jungchen Die Stimmung ist |:mittel.:|i jVielen Dank fürs Briefchen.j
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. e Eigenhändig. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h Eigenhändig. i Eigenhändig. j Eigenhändig. 1 Zu dieser Umschreibung seiner sexuellen Beschwerden vgl. den Brief an Marianne Weber vom 28. Juli 1900, oben, S. 754, Anm. 1.
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10. August 1900
Marianne Weber PSt 10. August 1900; PSt Urach Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Liebes, kleines Schnäuzchen,
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da ich ein Stoiker bin, geht es mir auch ohne Dich |:mäßig:|a besonders da ich |:mittel:|b geschlafen habe. Ich bin deshalb heute c|:noch nicht:|c spazieren gegangen, die Beine sind |:matt:|d der Kopf sagt e|:nicht viel:|e Onkel Docktor1 denkt f|: – wer weiß?:|f Ich liege, wie ich Dir versprochen habe immer in bequemen Stühlen u. geniere mich garnicht, auch nicht wenn niedliche Mädchen an mir vorbeikommen. Auf Dein Wiederkommen liebes Schnäuzchen freue ich mich, 2 wie es sich für einen ordentlichen Ehemann gehört. Es umarmt Dich Dein Jungchen. g Handzeichnungen
Kl[inger]’s haben wir ja nur eine (Landschaft), 3 müßten sie an Mama zurückliefern oder ganz in Verwahrung behalten. Radierungen wollen sie doch offenbar garnicht. – 5 K&R4
a Eigenhändig. b Eigenhändig. c Eigenhändig. d Eigenhändig. händig. f Eigenhändig. g–g (S. 760) Eigenhändig.
e Eigen-
1 Richard Klüpfel. 2 Nach erfolgter Wohnungsauflösung in Heidelberg wollte Marianne Weber ihrem Mann nach Urach nachreisen. 3 Zu Marianne Webers Geburtstag hatte Max Weber im August 1894 drei Mappen mit über 40 handsignierten Radierungen Max Klingers vor allem aus den Zyklen „Vom Tode“ (erster Teil, 1889), „Rettungen Ovidischer Opfer“ und „Intermezzi“ erworben, die er auch als Kapitalanlage betrachtete. Zu Weihnachten schenkte er ihr im gleichen Jahr zudem Klingers „Brahms-Phantasie“ (vgl. die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 6. Aug. 1894, sowie vom 28. Dez. 1894, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zu der erwähnten „Handzeichnung“, wahrscheinlich eine Federzeichnung, vgl. die Karte an Marianne Weber vom 18. Juli 1901, unten, S. 788, Anm. 1. 4 Die Berliner Kunsthandlung Keller & Reiner. 5 Wegen der Kosten der bevorstehenden Wohnungsauflösung und des knappen Geldetats hatte Marianne Weber Alfred Weber im Juli mit Erkundigungen darüber beauftragt, ob drei „Doubletten“ aus ihrem inzwischen ergänzten Besitz an Max Klinger-Werken („Und
760
10. August 1900
Rosenbuschs u. Bertha werden sich noch beide wunderng6
g (S. 759)–g Eigenhändig. doch“, „Elend“ und „Zeit und Ruhm“, alle aus dem Zyklus „Vom Tode“ (zweiter Teil, 1898) an das Berliner Kunstantiquariat Amsler & Ruthardt zurückverkauft werden könnten. Er hatte ein Angebot von insgesamt 500 Mark erhalten, welches auch die Kunsthandlung Keller & Reiner als gut bestätigte (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 30. Juli 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Drei Wochen später berichtete Marianne Weber ihrer Schwiegermutter dann über den erfolgten Verkauf der drei Radierungen bei „Amsler“, zu dem Max Weber „seine Zustimmung nur widerwillig“ gegeben habe. Ihre übrigen Klingers habe sie zusammen mit dem Silber und Kollegheften „in der Bank deponiert“ (Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. Aug. 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zum weiteren Verbleib der Klinger-Sammlung vgl. die Karte an Marianne Weber vom 18. Juli 1901, unten, S. 788, Anm. 1 und 2. 6 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen, fand im Sommer 1900 eine neue Stellung im Haushalt des Heidelberger Geologen Karl Harry Rosenbusch und seiner Frau Auguste. In zwei Briefen hatte Marianne Weber über die sich anbahnende Einigung berichtet (Briefe von Marianne Weber an Max Weber, beide undat. [August 1900], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Webers Kommentar bezieht sich vermutlich auf die zwischen Max und Marianne Weber immer wieder thematisierten Eigenheiten der selbstbewußten Bertha Schandau.
19. August 1900
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Marianne Weber [vor dem 19. August 1900; Urach] Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, dem Verweis auf einen Kurzbesuch Alfred Webers in Urach. Zwar ist der Besuch selbst nicht genau zu datieren, in ihrem Brief an Helene Weber vom 19. August 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) berichtete Marianne Weber aber über das nur kurze Treffen der Brüder „neulich an der Bahn“ in Urach. Zu Max Webers Aufenthalt im dortigen Sanatorium von Dr. Richard Klüpfel vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
Mein liebes Schnäuzchen!
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Ich habe |:mittel:|a geschlafen, und befi nde mich b|:in mittlerer:|b Stimmung: c In Klüpfels Garten ist es d|:nicht übel:|d und die hübschen Mädchen gefallen mir |:mäßig:|e Der Kopf ist f|:nicht berühmt,:|f die Beine sind g|:müde. Geld erhalten, danke schön.:|g Es umarmt Dich Dein Mannchen. hDer
Gang an die Bahn zu Alfred, nur mit Strychnin möglich,1 war eine arge Strapazei Ich habe ihn nur 2 Minuten gesehen.h
a Eigenhändig. b Eigenhändig. d Eigenhändig. e Eigenhändig. genhändig. i O: Strapatze
c In O folgt eine nicht ausgefüllte Leerstelle. f Eigenhändig. g Eigenhändig. h–h Ei-
1 Strychnin wurde medizinisch bei motorischen Lähmungen, etwa der Extremitäten, eingesetzt.
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23. August 1900
Marianne Weber [vor dem 23. August 1900; Urach] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, der noch bevorstehenden Ankunft Marianne Webers am 23. August 1900 in Urach. Die Mahnung, sich nicht zu überhasten, bezieht sich wohl auf die zahlreichen Termine und Erledigungen, die Marianne Weber im Zuge der Wohnungsauflösung in Heidelberg zu bewältigen hatte. Vgl. dazu sowie zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
L. S. Überhaste Dich nicht, damit Du gesund herkommst. Ich sehne mich sehr nach Dir, das Beste ist aber wohl doch, Du kannst gleich hierher ziehen, am 23ten. Mir geht es „mäßig“ Dein M.
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23. August 1900
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Marianne Weber [vor dem 23. August 1900; Urach] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, dem Hinweis auf Marianne Webers „baldiges“ Kommen nach Urach am 23. August (vgl. dazu und zu Max Webers Aufenthalt im dortigen Sanatorium die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.). Der Gruß an „Schmidts“ könnte darauf hindeuten, daß Max Weber am oder nach dem 18. August schrieb, denn an diesem Tag wurden die Möbel aus der Heidelberger Wohnung abgeholt und Marianne Weber zog die letzten Tage zu den Verwandten Georg und Paula Schmidt (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 19. August 1900, Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
L. S. Es geht so „hä! hä! hä!“ – Schlaf mangelhaft, Schwäche ziemlich groß. Nun kommt ja Schnauzel bald. Grüß Rathgens1 u. Schmidts2 Dein M.
1 Max Webers nach Heidelberg berufener Kollege Karl Rathgen und seine Frau Emilie. 2 Georg und Paula Schmidt.
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1. Oktober 1900
Paul Siebeck 1. Oktober 1900; Urach Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: der Brief von Paul Siebeck vom 29. September 1900 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber gefragt hatte, ob er sich an Karl Rathgen wegen dessen Kooptation in den Herausgeberkreis der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ wenden solle, obwohl er, Siebeck, „wohl kaum in der Lage sein werde, ihm für den V. Band Raum zur Verfügung zu stellen.“ Karl Rathgen trat seine Lehre als zweiter Ordinarius der Nationalökonomie, neben dem beurlaubten Max Weber, zum Wintersemester 1900/01 in Heidelberg an. Er schloß sich dem Herausgeberkreis im März 1901 an (vgl. die Karte an Paul Siebeck vom 25. Oktober 1900, unten, S. 770, Anm. 1).
z.Z. Urach, 1/X 00 Hochverehrter Herr Siebeck! Ich möchte Sie doch bitten, Herrn Prof. Rathgen recht bald aufzunehmen bezw. bei ihm anzufragen, ob er beitritt. Es wird ja selbstverständlich längere Zeit, mindestens ½–1 Jahr dauern, ehe er einen Beitrag zu liefern in der Lage ist,1 aber das hat ja mit seiner Mitherausgeberschaft nichts zu thun. Diese bedeutet ja nur, daß er auf dem Titelblatt mit figuriert und beabsichtigt, sich durch Beiträge zu beteiligen. Er übernimmt ja erst jetzt das Seminar. Mit den besten Grüßen und Empfehlungen Ihr stets ergebener Max Weber Ich habe R[athgen] gesagt, 2 daß ich Ihnen seine prinzipielle Bereitschaft mitteilen würde.
1 Gemeint ist ein Beitrag aus Karl Rathgens Seminar. 2 Ein entsprechender Brief Max Webers an Karl Rathgen ist nicht nachgewiesen.
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3. Oktober 1900
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Marianne Weber PSt 3. Oktober 1900; PSt Urach Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind anhand des Poststempels auf dem beigefügten Briefumschlag erschlossen. Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f. Am 27. September 1900 reiste Marianne Weber von Urach aus über Stuttgart nach Dresden, wo sie vom 29. September bis zum 3. Oktober an der Tagung des Bundes Deutscher Frauenvereine teilnahm. Am 3. Oktober fuhr sie auf Anregung Max Webers von dort direkt nach Berlin weiter, um die Reise für einen Familienbesuch zu nutzen. In Berlin bzw. Charlottenburg beabsichtigte Marianne Weber bis Samstag (dem 6. Oktober) zu bleiben. Eine Verlängerung ihres dortigen Aufenthaltes ist nicht dokumentiert (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. und vom 26. September 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Lieber Schnauzel,
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es ist nichts Neues von hier zu vermelden, mein Kopf verträgt das Laufen noch nicht recht und der Schlaf könnte besser sein, auch ist das Wetter sehr wechselnd. Aber es geht immerhin, verglichen mit vor 3 Monaten, ganz leidlich. Vielen Dank für Deina Briefchen.1 Einige Patienten habenb Dir vom Neuffen2 aus eine Karte geschickt, ob sie Dich wohl erreicht hat? Klüpfel reist am 15ten, kommt am 1ten wieder, weiß noch immer nicht, wohin er geht. Es ist bis auf Frau N.,3 Herrn M.4 u. M.5 jetzt Alles fort und tiefe Stille. – Ich habe auch ziemlich eingehend mit ihm über weitere Zukunftschancen gesprochen, bezüglich derer sich offenbar nichts bestimmtes sagen läßt. Daß ich in irgend absehbarer Zeit regelmäßige, an feste Stunden gebundene Arbeit ohne die Gefahr alsbaldiger Wiederkehr des Höllenzustandes vom Frühjahr thun könnte, ist wohl fast ausgea Alternative Lesung: Deine
b Alternative Lesung: hatten
1 Der Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [1. Okt. 1900], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Der rund 740 Meter hohe Hohenneuffen am Nordrand der Schwäbischen Alb. Richard Klüpfels Broschüre empfahl die „stattliche Ruine des Hohenneuffen“ als attraktives Ausflugsziel im weiteren Umland. Vgl. Klüpfel, Sanatorium Urach (wie oben, S. 744 f., Editorische Vorbemerkung), S. 25. 3 Name der Mitpatientin anonymisiert. 4 Name des Mitpatienten anonymisiert. 5 Name des Mitpatienten anonymisiert.
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3. Oktober 1900
schlossen. Deshalb müssen wir unser Herz nicht an die Heidelberger Stelle hängen, – ich betrachte es als ein Geschenk des Himmels, daß ich nicht mit Ehrgeiz belastet und ziemlich „wurschtig“ bin, und für die „Welt“ ist Niemand leichter zu ersetzen als ein Docent. Psychisch wäre es vielleicht sogar besser, wennc die Verhältnisse gestattet hätten, gleich voll zu verzichten,6 ich könnte dann mein Schifflein langsam wieder frei aufs Meer hinaussteuern, wenn der Wind wieder günstiger wird, statt mit meinen Hoffnungen in Heidelberg verankert dsein zu sollend . – Aber Alles kann der Mensch nicht haben, – wie gut haben wir es noch im Vergleich mit dem Loose von 1000 Andren. Nun lebwohl, sei vergnügt, bleibe in Berlin so lang es Dir paßt, – ich habe dann später ein besseres Gewissen –, küsse die Mutter und grüße Alfred. Dein Dich küssender Max
c 〈ich nicht〉
d zu sein > sein zu sollen
6 Max Weber spielt auf die vor und nach seinem ersten – nicht angenommenen – Entlassungsgesuch vom Januar 1900 gestellten Gesuche um zeitweilige Beurlaubung bzw. Entbindung von einzelnen Lehrveranstaltungen an (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Schreiben an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 711 f.).
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4. Oktober 1900
Marianne Weber PSt 4. Oktober 1900; PSt Urach Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Zu Max Webers Aufenthalt in Dr. Richard Klüpfels Sanatorium in Urach vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f. Der Hinweis auf Berlin bezieht sich auf Marianne Webers Reise nach Dresden, die sie zu einem anschließenden Familienbesuch nutzte (vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 3. Oktober 1900, oben, S. 765).
L. Schn.
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Heut ist ein lustiger Herbsttag, auch zum Gehen leidlich. Der Kopf wird nun wohl auch wieder in Gang kommen, so daß ich die Landschaft nicht nur mehr bloß „als schön beurteilen“ kann, sondern aucha die entsprechenden „Lustgefühle“ in den betreffenden Ganglien verspüre, wie Schmollerb.1 – Bleib also in Berlin, Du willst doch Frl. Davids, 2 Mommsen, 3 ev. Gierke4 sehen. Wenn Du Zeit fändest, meinc Pathchen5 bei Karl Mommsen im Vorbeigehen zu beurgrunzend, geschähe mir ein Gefallen. Ich bin dann auch, wenn Du kommst, wieder in der früheren besseren Verfassung. Herzl. Kuß Dein Max
a 〈als schön〉
b Unsichere Lesung.
c unser > mein
d Unsichere Lesung.
1 Sachverhalt unklar; möglicherweise eine Anspielung Max Webers auf eine Passage in: Schmoller, Gustav, Volkswirtschaft, Volkswirtschaftslehre und –methode, in: HdStW1, Band 6, 1894, S. 527–563. Schmoller schreibt dort, S. 533, alles menschliche Handeln empfange seinen Anstoß durch „Lust- und Schmerzgefühle und die daran sich knüpfenden Triebe“. 2 Die Berliner Malerin Marie Davids, mit der Marianne Weber seit ihrem Malunterricht 1892 bekannt war (Tage- und Notizbücher / Erinnerungen Marianne Webers, Nr. IV: Erinnerungen, beginnend mit dem 21.4.1892, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, S. 2–7). 3 Theodor Mommsen. 4 Der mit der Familie Weber gut bekannte Otto Gierke und seine Familie. 5 Max Webers Patenkind, der 1896 geborene Konrad Mommsen (jun.).
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27. September und 6. Oktober 1900
Marianne Weber [zwischen dem 27. September und 6. Oktober 1900; Urach] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, dem Hinweis auf Marianne Webers zeitweilige Abwesenheit vom 27. September bis zum 6. Oktober. Zu Marianne Webers Reise nach Dresden und Berlin vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief vom 3. Oktober 1900, oben, S. 765; zu Max Webers Aufenthalt im Uracher Sanatorium von Dr. Richard Klüpfel die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
L. Schnauz! Endlich bessert sich das Wetter etwas, aber mit Gehen wird es doch nicht viel, da Kopf und Rücken noch zu unruhig sind. Morgen vielleicht. Es ist recht öde hier, wenn Schnauzel nicht da ist. Nächste Woche sind nur 5 Patienten noch da. Emmy1 schickte herrliche, aber meist überreife Birnen. Ich bin mitten im Fressen. Viel Vergnügen! Mit herzlichem Kuß Dein Max
1 Emmy Baumgarten, Max Webers in Stuttgart lebende Cousine.
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1. und 6. Oktober 1900
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Marianne Weber [zwischen dem 1. und 6. Oktober 1900; Urach] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt erschlossen, dem Angebot an Marianne Weber, ihren „Berliner Aufenthalt“ zu verlängern sowie dem Hinweis auf „Briefchen u. Karte“. Zur einwöchigen Reise Marianne Webers nach Dresden und Berlin vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 3. Oktober 1900, oben, S. 765; zu Max Webers Aufenthalt im Uracher Sanatorium von Dr. Richard Klüpfel die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
L. Schn.
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Mir geht es mittel, das Wetter ist schön, aber der Rücken noch mangelhaft im stande, daher Schlaf schlecht. Auch war hier viel Aufregung. Die arme Frau Sch.1 erfuhr (durch das Telephon), als sie sich nach ihrem Mann erkundigte, daß C.2 ausgebrochen u. er auf den Schienen gefunden sei.3 – Vor 8 Tagen war er noch hier gewesen! Schönen Dank für Briefchen u. Karte.4 L. Schn., verlängere doch eventuell Deinen Berliner Aufenthalt, – wer weiß, wann Du wieder hinkommst. 2½ Tage sind doch sehr kurz. Der Doctor5 ist also für Ajaccio, Anfang November, nicht früher.6 Wir können es ja auch Mitte Nov. werden lassen. Schönsten Gruß u. herzl. Kuß. Max
1 Name der Mitpatientin anonymisiert. 2 Name anonymisiert. 3 Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden. 4 Marianne Weber hatte am Freitag, dem 27. September aus Hof und am Montag, dem 1. Oktober aus Dresden an Max Weber geschrieben. Sie berichtete über die „erregte Debatte“ zur Haltung gegenüber den „Sozialdemokreusen“ auf der Tagung des Bundes Deutscher Frauenvereine (Briefe von Marianne Weber an Max Weber, undat. [27. Sept. 1900], sowie undat. [1. Okt. 1900], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Eine Karte ist nicht nachgewiesen. 5 Richard Klüpfel. 6 Für die Zeit nach Urach planten Max und Marianne Weber einen längeren Erholungsaufenthalt in südlichem Klima. Die Planung konzentrierte sich auf den Ort Ajaccio im Süden Korsikas. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 15. Juli 1900, oben, S. 744 f.
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25. Oktober 1900
Paul Siebeck 25. Oktober 1900; Urach Karte; von der Hand Marianne Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Zur Kooptation Karl Rathgens in den Herausgeberkreis der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 1. Oktober 1900, oben, S. 764. Bezug: der Brief von Paul Siebeck vom 23. Oktober 1900 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), in dem dieser Max Weber mitteilte, daß Karl Rathgen bereit sei, in den Herausgeberkreis der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ einzutreten unter der Voraussetzung, daß die beiden Freiburger Mitherausgeber, Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz, „in Kenntnis gesetzt und einverstanden sind.“
Verehrter Herr Siebeck, die Herren haben schon vorher ihr Einverständnis betreffs Prof. Rathgens erklärt – die Sache kann also für erledigt gelten.1 Mit herzlichem Gruß Ihr f[ür] Max Weber. Urach, 25. Okt. 1900
1 Nach Empfang der Antwort Max Webers veranlaßte Paul Siebeck „das Weitere“ (vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 26. Okt. 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), d. h. er ließ einen um Karl Rathgen als Herausgeber erweiterten „Verlags- und Redaktionsvertrag“ aufsetzen, der am 15. und 19. November 1900 von Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz sowie am 6. Januar 1901 von Max Weber und am 9. März 1901 von Karl Rathgen unterzeichnet wurde. Der Vertrag war ansonsten identisch mit dem Vertrag von 1899. Vgl. „Verlags- und Redaktions-Vertrag“ von 1900/1901, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3 (im Anhang unter 3 in Verbindung mit 2, unten, S. 902 f.).
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13. November 1900
771
Paul Siebeck PSt 13. November 1900; PSt Urach Karte; von der Hand Marianne Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte steht im Zusammenhang mit der Drucklegung und Planung weiterer Hefte der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Der eigenhändigen Unterschrift Max Webers folgt ein Zusatz, wiederum von der Hand Marianne Webers, in dem sie um die Zusendung zweier Exemplare der von Paul Siebeck verlegten Freiburger Antrittsrede Max Webers (Weber, Max, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik) bat: „Meinem Mann geht es ein kleines bischen besser. Bitte schicken Sie uns 2 Exemplare ‚Nationalstaat u. Volkswirtschaft‘ Max Weber.“ Siebeck veranlaßte die Übersendung der beiden Exemplare direkt am 14. November 1900 (vgl. seinen Brief an Max Weber vom 14. November 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
Lieber Herr Doktor Siebeck, Wo bleiben Offenbachers weitere Korrekturbogen?1 Ich reise Samstag nach Ajaccio, Korsika. (Adresse Cyrnos Palais Hotel) 2 und dann wird die Sache doch recht verzögert. Herr Kanter hat mich im Oktober rich-
1 Die Arbeit von Offenbacher, Konfession (wie oben, S. 616, Anm. 7) befand sich seit September 1900 im Satz (vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 14. Sept. 1900, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Paul Siebeck nannte Max Weber in seinem Antwortbrief vom 14. November 1900 (ebd.) die Gründe für die Verzögerungen: Offenbacher halte „die Correcturbogen wochenlang in seinen Händen“, bevor er sie zurückschicke; deshalb habe er, Siebeck, auch Max Weber noch „keine weiteren Revisionsbogen schicken“ können. 2 Max und Marianne Weber reisten am Samstag, den 17. November 1900, von Urach über Zürich, Genua, Livorno und Bastia nach Ajaccio, wo sie am 22. November 1900 abends eintrafen. Auf Korsika blieben sie bis zu ihrer Abreise nach Rom am 13. März 1901. Vom 22. November 1900 bis zum 10. oder 11. Januar 1901 wohnten sie in Ajaccio im Cyrnos Palais (oder: Palace) Hotel (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. und 23. Nov. 1900, 25. Jan. 1901 sowie 11. März 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber begegnete dem Eigentümer des Cyrnos Palais Hotels, E. Exner, acht Jahre später erneut, als er sich in dessen Hotel „The Empress Hotel“ in Beaulieu-sur-mer an der Côte d’Azur aufhielt. Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 5. März 1908 (MWG II/5, S. 441, Anm. 1).
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13. November 1900
tig mit seinem Manuskript im Stich gelassen,3 ich werde jetzt ihn um Angabe eines bestimmten Termins ersuchen. Mit besten Grüßen Ihr a Max Webera
a Eigenhändig. 3 Gemeint ist das Manuskript zu: Kanter, Entwicklung (wie oben, S. 616, Anm. 7). Hugo Kanter hatte Max Weber bereits Ende Mai 1900 die baldige Fertigstellung seines Manuskripts für den Druck in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ in Aussicht gestellt, da er ansonsten wegen einer militärischen Übung bis Herbst damit warten müsse (vgl. den Brief von Hugo Kanter an Max Weber vom 25. Mai 1900, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Offensichtlich hatte er aber weder den Frühjahrs- noch den Herbsttermin eingehalten. Kanters Untersuchung erschien erst 1902.
17. November 1900
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Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg 17. November 1900; Urach Brief; eigenhändig UA Heidelberg, PA 2408
Z.Z. Urach Wbg. 17. XI. 1900 Die Philosophische Fakultät
5
bitte ich um befürwortende Weiterreichung beiliegenden Urlaubsgesuchs [.]1 Ergebenst Professor Max Weber
Adresse vom 18. d.M. ab: Ajaccio, Corsika, Cyrnos Palace Hotel2
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An die Philosophische Fakultät Heidelberg.
1 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 17. Nov. 1900, unten, S. 774. 2 Vgl. dazu die Karte an Paul Siebeck vom 13. Nov. 1900, oben, S. 771 mit Anm. 2.
774
17. November 1900
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 17. November 1900; Urach Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 27 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Erkrankung Max Webers; es handelt sich um sein drittes Urlaubsgesuch nach seinem Antrag auf Entlassung vom 7. Januar 1900 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711).
Z.Z. Urach, Wbg. 17. XI. 1900 Dem Großherzogl. Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts bin ich, unter Bezugnahme auf meine früheren Eingaben und auf das beigefügte ärztliche Attest,1 die Bitte vorzutragen genötigt: mir den gewährten Urlaub2 noch für das Sommersemester k.J. geneigtest verlängern zu wollen.3 Ehrerbietigst Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts Karlsruhe.
1 Der Heidelberger Arzt und Universitätsprofessor, Oswald Vierordt, hatte, wie bereits im Falle des Urlaubsgesuchs für das WS 1900/1901 (vgl. den Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Juni 1900, oben, S. 740 mit Anm. 1), ein Attest mit folgendem Wortlaut ausgestellt: „Nach dem mir vorliegenden, das Befinden des Herrn Prof. Max Weber dahier betreffenden, Krankheitsbericht des z. Zeit behandelnden Arztes Dr. Klüpfel in Urach, sowie nach meiner persönlich genommenen Anschauung des Leidens, bescheinige ich hiermit: daß eine Wiederaufnahme der Vorlesungen seitens des Patienten, angesichts des bisherigen Verlaufs der Krankheit, zu Ostern kommenden Jahres voraussichtlich noch nicht möglich sein wird. Heidelberg 14.11.1900. Prof. Dr. O. Vierordt.“ (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 28). 2 Vgl. dazu den Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 5. Juni 1900, oben, S. 740 mit Anm. 2. 3 Der Antrag auf Beurlaubung für das SS 1901 wurde im Dezember 1900 genehmigt; die Fortzahlung des vollen Gehalts wurde ebenfalls beibehalten (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 29–31; ebd., 235/3140, Bl. 132, sowie UA Heidelberg, PA 2408).
5
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4. Juni 1901
Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 4. Juni 1901; Rom Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 35 Der Brief steht in Zusammenhang mit der Erkrankung Max Webers; es handelt sich um sein viertes Urlaubsgesuch nach seinem Antrag auf Entlassung vom 7. Januar 1900 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Januar 1900, oben, S. 711).
Z.Z. Rom, Via Sistina 42. 4. VI. 1901
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Urlaubsgesuch [de]sa ordentlichen Professors der Nationalökonomie zu Heidelberg Dr Max Weber Das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts
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bin ich genötigt um eine abermalige – letzte – Verlängerung des mir gewährten Urlaubs1 bis Ostern 1902 zu bitten [.] Meine durch den Aufenthalt im Süden teilweise wiedererlangte Leistungsfähigkeit ist noch so starken Schwankungen unterworfen, daß ich befürchten müßte, durch Wiederaufnahme der Lehrthätigkeit im Herbst einen abermaligen Rückfall und damit eine nochmalige Unterbrechung des planmäßigen Unterrichts herbeizuführen. Auch nötigt mich die lange Dauer meiner Arbeitsenthaltung, um mit Erfolg wieder in meine Lehrstelle eintreten zu können, zu umfassenden Vorbereitungen und Studien der inzwischen angewachsenen Litteratur. Sollte ich etwa wider Verhoffen auch Ostern noch nicht voll leistungsfähig sein, so würde ich auf meinen früheren Antrag auf Dienstentlassung2 zurückkommen. a Lochung. 1 Vgl. dazu das vorhergehende Urlaubsgesuch Max Webers für das SS 1901 (Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 17. Nov. 1900, oben, S. 774 mit Anm. 3. 2 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 712–714.
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4. Juni 1901
Ich nehme an, daß falls diesem Gesuche entsprochen werden sollte, über mein Gehalt zum Zweck einer etwa nötigen verstärkten Vertretung verfügt werden wird.3 Ein ärztliches Attest4 füge ich bei. Ehrerbietigst Professor Dr Max Weber An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts Karlsruhe
3 Der Antrag auf Beurlaubung für das WS 1901/02 wurde im Juli 1901 genehmigt, wiederum verbunden mit der Fortzahlung des vollen Gehalts (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 37– 39; ebd., 235/3140, Bl. 133, sowie UA Heidelberg, PA 2408). 4 Im Attest des Heidelberger Arztes und Universitätsprofessors Oswald Vierordt heißt es: „Aus den Mittheilungen, welche mir Herr Prof. Dr. Max Weber aus Rom über seinen Zustand hat zugehen lassen, ist zu entnehmen, daß die Erscheinungen der schweren und hartnäckigen Neurasthenie zwar zurückgegangen, aber durchaus noch nicht völlig geschwunden sind. Ich kann es unter diesen Umständen nicht verantworten, dem Patienten die Rückkehr zur Thätigkeit im Wintersemester 1901/2 anzurathen, glaube vielmehr sein Urlaubsgesuch bis Ostern 1902 von meinem Standpunkt aus befürworten zu sollen. Ich halte für möglich, daß nach Ablauf dieses neuen Urlaubs Herr Prof. Weber seine Thätigkeit an d[er] Universität wieder wird aufnehmen können. Heidelberg 8. Juni 1901. Prof. Vierordt.“ (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 36). Die Faltung des Papiers des beigefügten Attests belegt, daß Max Weber sein Urlaubsgesuch zusammen mit dem Anschreiben an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 5. Juni 1901, unten, S. 777, erst am 8. Juni 1901 abgeschickt hat.
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5. Juni 1901
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Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg 5. Juni 1901; Rom Brief; von der Hand Marianne Webers GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 34
Rom, Via Sistina 42, 5. Juni 01 Pension Weser Eine hohe philosophische Fakultät
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bitte ich ergebenst um befürwortende Weiterbeförderung des einliegenden Gesuchs [.]1 Ergebenst a Professor Max Webera
An die philosophische Fakultät der Universität Heidelberg
a Eigenhändig. 1 Vgl. das Urlaubsgesuch Max Webers für das WS 1901/02 (Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 4. Juni 1901, oben, S. 775 f.).
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7. Juli 1901
Marianne Weber PSt 7. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Anfang Juli 1901 reisten Max und Marianne Weber – um der Sommerhitze in Rom zu entfliehen – nach Luzern. Max Weber ging von dort aus nach Grindelwald, während Marianne Weber eine Reise nach Südwestdeutschland antrat. Dort besuchte sie vom 5. bis 10. Juli zunächst die Familie Benecke in Straßburg, reiste dann nach Heidelberg weiter, wo sie sich bis zum 24. Juli aufhielt. Den Rückweg in die Schweiz legte sie über Karlsruhe, wo sie vom 24. bis 26. Juli Else von Richthofen und Max Webers Schwester Lili besuchte. Vom 26. bis 30. Juli hielt sie sich in Freiburg bei Heinrich und Sophie Rickert auf. Dort übernahm sie am 28. Juli bei der Taufe von deren Sohn Alfred Gottfried die Patenschaft. Am 30. Juli 1901 traf sie wieder mit Max Weber in Grindelwald zusammen. Das Ehepaar blieb noch bis Ende September in der Schweiz, bis zum 1. September in Grindelwald, danach in bzw. bei Zermatt. Nach Rom kehrte es am 27. September 1901 zurück. Diese und die folgenden Karten Max Webers an Marianne Weber wurden in dem dreieinhalbwöchigen Zeitraum der Trennung im Juli, als sich Marianne Weber in Südwestdeutschland aufhielt, verfaßt.
L. Schn. Jetzt bin ich hier recht hübsch in einem nagelneuen Bauernhaus dicht neben dem Hotel untergebracht,1 – sauberes Tannenholzstübchen und ganz nette Leute, nun werde ich wohl besser schlafen. Heute sind auch die beiden hohen Herren hier – Eiger und Wetterhorn – frei und der frische Schnee geht in großen Lawinen zua Thale. Ich bleibe nun hier. Mein Zimmer ist zum 28 Juli anderweit vermiethet, – wenn Du also ungefähr dann Dich aufs Wiederkommen einrichtest, so können wir dann entweder insb Engadin oder hier einige Etagen höher ziehen; ich werde mir Wengernalp2 nächster Tage einmal ansehen. – Ich versuche, aber mit geringem Erfolge, Claß seinen „onto-
a 〈T[a]ge〉
b Alternative Lesung: im
1 Wie sich aus dem Hotelstempel auf seiner (zweiten) Karte an Marianne Weber vom 22. Juli 1901 (unten, S. 793) ergibt, wohnte Max Weber im „Hotel & Pension Schönegg“. 2 Die Wengernalp liegt in der Nähe von Grindelwald.
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logischen“ Schafmist zu lesen.3 Grüße Schmidt’s4 sehr und bleibe gesund Dein M.
3 Gemeint ist: Claß, Gustav, Untersuchungen zur Phänomenologie und Ontologie des menschlichen Geistes. – Leipzig: A. Deichert Nachf. 1896. Die Lektüre geht möglicherweise auf eine Anregung von Ernst Troeltsch zurück. Troeltsch hatte während seiner Erlanger Studienzeit bei Claß Vorlesungen gehört und das Buch 1896 und 1897 besprochen (vgl. Ernst Troeltsch. Rezensionen und Kritiken (1894–1900), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Dina Brandt (Ernst Troeltsch · Kritische Gesamtausgabe, KGA, Band 2). – Berlin, New York: Walter de Gruyter 2007, S. 164–167, 171–180, 271 f.). 4 Gemeint sind Paula und Georg Schmidt. Während ihres Heidelberger Sommeraufenthaltes wohnte Marianne Weber bei Paula Schmidt, geb. Hausrath, einer Cousine von Max Weber.
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9. Juli 1901
Marianne Weber PSt 9. Juli 1901; PSt Eigergletscher Zwei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die beiden Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1) und 2) versehen; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Bildmotive zeigen laut Kartenbeschriftung die Wengernalp, mit eigenhändiger Kennzeichnung der Unterkunft, sowie die Station Eigergletscher der Jungfraubahn.
1) L. Schn! Es ist recht schade, daß Du nicht da bist, denn heut ist ein Tag wie er nur sehr selten kommt, – warm und völlig klar, die Jungfrau u. alle andern hohen Herren sind heraus. Übrigens ist
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2) Wengernalp zwar wundervoll, aber ohne Wald u. wenig geeignet zu längerem Aufenthalt. Hoffentlich kommt bald Nachricht von Dir. Herzlich Dein Max
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Marianne Weber 10. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn.
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Endlich kam Dein Briefchen, schönen Dank dafür. Nun sind aber wohl B[enecke]’s endgültig erledigt,1 – man kann doch nicht dauernd Vorsehung bei ihnen spielen wollen. – Hier ist es fortdauernd ganz ungewöhnlich schönes Wetter. Ich habe einige Partien gemacht, werde mich aber jetzt wohl etwas ruhiger halten, da ich zwar gut gehen kann, es mir aber schlecht bekommt. – Pension 7 Frcs. ohne Weinzwang, – ich bin sehr zufrieden. Die Gesellschaft ist nicht |:grade:| aufregend, aber ganz angenehm. Sonst nichts zu berichten. Herzl. Gruß Dein Max 10. VII. 01
1 Marianne Weber hatte Max Weber am 8. Juli 1901 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) über ihren Aufenthalt und die Gespräche mit der Familie Emilie und Ernst Wilhelm Benecke in Straßburg unterrichtet. Sie hatte ihren Weg nach Heidelberg über Straßburg gelegt, um mit ihnen über den Sohn Otto Benecke zu sprechen. Otto war psychisch sehr labil und hatte sich daher im Vorjahr auch in Urach zur Therapie aufgehalten. Max und Marianne Weber hatten ihn im Anschluß daran nach Korsika und für einige Zeit nach Rom mitgenommen. Inzwischen war er wieder in sein Elternhaus nach Straßburg zurückgekehrt.
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12. Juli 1901
Marianne Weber [12. Juli 1901; Grindelwald] Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 11./12. Juli 1901, ihrer Karte an Max Weber vom 13. Juli 1901 (beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) sowie dem Ankunftsstempel vom 13. Juli 1901. Die Post zwischen Heidelberg und Grindelwald benötigte in der Regel einen Tag. Der Ort ist aus dem Kontext erschlossen. Auf der Karte sind das Datum 12. Juli 1901 und der Ort von dritter Hand vermerkt.
L. Schn. Ich habe quantitativ u. qualitativ nicht sehr gute Nächte hinter mir, daher nur Gruß u. Dank für Deine Briefchena.1 Die Sache mit Tr[oeltsch] ist doch immerhin ernst, 2 hoffentlich kann Georg3 die Frau etwas zur Ruhe vermahnen. Mich interessiert Alles, was Du schreibst.4 Es ist sehr schön hier, nur – wie anderwärts auch – kein Wald, aber hübsche Matten u. ein ganz netter Hotelgarten. Etwas akklimatisieren muß man sich erst, ich bin noch etwas „dösig“ u. werde wohl noch einige schlechte Nächte u. Tage haben. Die Tischunterhaltung ist eben doch auch eine Strapazeb. Ich halte mich sehr ruhig. Das Wetter ist wundervoll [.] Herzl. Gruß u. Kuß Dein Max Deine Karten habe ich auch noch bekommen. 5 a Unsichere Lesung.
b O: Strapatze
1 Gemeint sind die Briefe vom 8. und 10. Juli 1901 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Marta Troeltsch, die Ehefrau von Ernst Troeltsch, hatte sich bei einem Treppensturz eine Verletzung im Bauch zugezogen (vgl. den Brief Marianne Webers an Max Weber vom 10. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Sie wurde von dem Chirurgen Georg Schmidt, dem Mann von Max Webers Cousine Paula, geb. Hausrath, behandelt. Marianne Weber wohnte während ihres Aufenthalts in Heidelberg bei dem Ehepaar. 4 In ihrem Brief an Max Weber vom 8. Juli 1901 (wie Anm. 1) hatte Marianne Weber sich für die ausführliche Darstellung ihrer Gespräche in Straßburg entschuldigt. 5 Gemeint sind zwei Karten aus Straßburg vom 6. Juli 1901 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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14. Juli 1901
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Marianne Weber PSt 14. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn.
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Die Arbeit der kleinen R[ichthofen]1 – sie hat mich einige sehr schlechte Nächte gekostet – ist nun, so weit ich sie erledigen kann, erledigt, – sie geht im Ganzen, Pointen sind nicht scharf, die Einleitung schwach – hoffentlich schickt sie bald den Schluß. Hier ist es nach wie vor sehr schön, ich fürchte später wenn Du kommst kommt auch die schlechte Zeit. Ich esse jetzt allein, da die Tischunterhaltung mir zu miserabel bekam. – Grüße Rathgen, 2 wenn Du ihn siehst sehr, am Ende begegnet man sich irgendwo in den Alpen, was gar nicht übel wäre. – Wenn nur Alfred erst sein Colleg zu Ende hätte, 3 ich fürchte immer noch, er klappt darüber zusammen. – Sprich Abends nicht zu viel, strapaziera Dich nichtb ab, schlaf gut u. viel, grüße Schmidts,4 Hausraths5 u. Bertha.6 Herzlich Dein Max
a O: strapatzier
b Unsichere Lesung.
1 Gemeint sind die ersten Kapitel der Dissertation von Else von Richthofen, Max Webers Doktorandin (Richthofen, Else von, Über die historischen Wandlungen in der Stellung der autoritären Parteien zur Arbeiterschutzgesetzgebung und die Motive dieser Wandlungen (phil. Diss.). – Heidelberg: Karl Rössler 1901). 2 Karl Rathgen. 3 Alfred Weber hielt seine erste Vorlesung in Berlin über Gewerbepolitik (vgl. Demm, Liberaler in Kaiserreich und Republik, S. 27, sowie Verzeichniss der Vorlesungen, welche auf der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin im Sommer-Semester vom 16. April bis 15. August 1901 gehalten werden. – Berlin: o.V. 1901, S. 26). Er hatte wie sein Bruder eine nervlich schwache Konstitution. 4 Bei Georg und Paula Schmidt, geb. Hausrath, wohnte Marianne während ihres Aufenthaltes in Heidelberg. 5 Max Webers Onkel Adolf Hausrath und seine Familie in der Ziegelhäuser Landstraße 17. 6 Bertha Schandau, Max und Marianne Webers Dienstmädchen. Sie arbeitete seit dem Sommer 1900 zwischenzeitlich beim Heidelberger Ehepaar Rosenbusch.
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15. Juli 1901
Marianne Weber PSt 15. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. Hetz Dich nicht so ab, wie dies aus a Deinem Briefa hervorgeht.1 Du kommst mir sonst ganz genußunfähig hierher. Laß Dir doch Zeit! Ich bin vorerst auch weder kopfleistungs- noch besonders genußfähig, weil noch unter der Nachwirkung schlechter Nächte und noch ziemlich mäßig schlafend,b – aber soweit bei leidlicher Stimmung. – Ob wir wo anders hingehen und wohin, muß ja vielmehr als von den Qualitäten der Gegend von den ganz konkreten lokalen Bedingungen (Art der Zimmer etc.) abhängen. Schlafen wir gut, so befinden wir uns ziemlich überall gleich wohl, denn schön ist es doch allenthalben. Grüße Schmidts, 2 Henselsc, 3 Tröltsch4 und denke zuweilen an Deinen Max NB! Ich habe, außer ein Mal, jeden Tag geschrieben [.] 5
a Deiner Karte > Deinem Brief Hensel
b schlafend. > schlafend,
c Alternative Lesung:
1 Zu Marianne Webers dichtem Programm in Heidelberg ist ausschließlich eine Karte an ihren Mann vom 13. Juli 1901 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) überliefert. Innerhalb von zwei Tagen erhielt sie Besuch von Bertha Schandau und Ernst Troeltsch, besuchte ihrerseits das Ehepaar Paul und Katharina (Käthe) Hensel, nahm am 13. Juli nachmittags an der Versammlung des Heidelberger Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium“ teil und erwartete im Anschluß daran das Ehepaar Hensel zum Abendessen. 2 Bei Georg und Paula Schmidt, geb. Hausrath, wohnte Marianne Weber während ihres Aufenthaltes in Heidelberg. 3 Paul Hensel und seine Ehefrau Katharina (Käthe). 4 Ernst Troeltsch. 5 Marianne Weber hatte Max Weber in der Karte vom 13. Juli 1901 (wie Anm. 1) vorgeworfen, zwei Tage nichts von ihm gehört zu haben.
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15. Juli 1901
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Marianne Weber PSt 15. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn.
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Wie gesagt, laß Dir Zeit.1 Du kannst ja Freiburg so weit wie möglich hinausschieben und Karlsruhe nach Freiburg legen.2 Wenn ich Dich nur zum 2. August hier habe,3 bin ich zufrieden, habe im Gegenteil ein besseres Gewissen, je länger Du wegbleibst. Nachher mußt Du wieder bei Deinem ollen Ehekrüppel aushalten! Mit Lesen schwererer Sachen ist es bei mir nichts, 1–1½ Stunden pro Tag erledigen den Kopf total. Sonst geht es erträglicha. Gestern u. heut gewittert es unausgesetzt und in schweren Schlägen, – es schlug zwei Mal ein, ein Schlag in den Baum hinter dem Hotel sprengte das Dinner gestern auseinander. Laß Dirs gut gehen und schlaf viel. Dein Max
a Alternative Lesung: erträglicher 1 Vgl. die Karte an Marianne Weber vom selben Tag, oben, S. 784. 2 Marianne Weber plante, nach ihrem Heidelberger Aufenthalt zunächst vom 24.–26. Juli 1901 Else von Richthofen und Lili Weber in Karlsruhe zu besuchen. Lili Weber, die jüngere Schwester Max Webers, hatte sich mit Hermann Schäfer verlobt und hielt sich zeitweise bei dessen Familie in Karlsruhe auf. Erst im Anschluß daran wollte Marianne Weber zur Taufe des Sohnes von Heinrich und Sophie Rickert nach Freiburg weiterfahren. Vgl. die Karten von Marianne Weber an Max Weber vom 20. Juli 1901 sowie an Helene Weber vom 28. Juli 1901, beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Zur Reiseroute vgl. auch die Karte Max Webers an Marianne Weber vom 7. Juli 1901, oben, S. 778, Editorische Vorbemerkung. 3 Geburtstag von Marianne Weber.
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16. Juli 1901
Marianne Weber PSt 16. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. Heut ist wieder Alles klar, – hoffentlich kommen solche Tage auch wenn Du erst hier bist. Ob Dir dann freilich die Berge hoch u. schneeig genug sein werden? Wenn man so nahe ist, sehen sie schließlich alle nur etwa so wie die Zugspitze aus, nur mit mehr weißen Garnituren. – Ich lese täglich u. nehme kein Brom,1 alle 2–3 Nächte etwas Opium. Der Kopf bzw. Rücken ist in unschönem Zustand, aber ich schlafe doch etwas besser. Die Verpflegung ist ganz brillant – wenn ich an Tante Ternea denke, 2 werde ich doch noch nachträglich wütend über die Geldschneiderei dort. Milch u. dgl. ist freilich in der Schweiz teurer, ebenso die Preise der Wagen unverschämt u. auch die Bahnen auf die Berge natürlich nicht billig. Auch kann ich das Geschüttel doch nur zeitweise vertragen. Ich halte mich jetzt ganz ruhig auf den Wiesen beim Hotel unter schönen Bäumen. Hoffentlich kommt bald Nachricht von Dir. Es küßt Dich Dein Max
a Unsichere Lesung. 1 Brom war ein um 1900 verbreitetes Schlaf- und Beruhigungsmittel. Max Weber hatte es schon im Sommer 1898 in Konstanz eingenommen. Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 26. Juli 1898, oben, S. 522. 2 Sachverhalt unklar.
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Marianne Weber PSt 17. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn.
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Heute ist wieder herrliches Wetter, aber ich bin zu lahm um davon zu profitieren. Sonst geht es leidlich. Ich denke, wenn Du kommst bleiben wir noch ca 8 Tage hier, damit Du die Gegend siehst, dann können wir ja ev. weiter sei es nach Zermatt, sei es nach Pontresina etc. – Vielen Dank für Deine Briefe u. Karten. Es thut mir immer wieder leid, daß ich Tr[oeltsch]1 nicht früher einmal habe sprechen können, um ihm zu sagen, daß in unsrem Alter so etwas oft lange dauert u. nicht erzwungen (auch nicht unnötig verschoben) werden soll. Nun muß er aber nicht immer dabei sein wollen, wenn Du „sie“ sprichst.2 Grüße Rathgens3 u. Neumann,4 ebenso wenn Du sie siehst, Domaszewski5 u. Schäfer,6 sowie Jellineks.7 Mit meinem Kopf ist es nichtsa, ½ Stunde geht das Lesen recht gut, dann ist plötzlich alle Schärfe der Auffassung wie weggeblasen. Wirkliche Anstrengung wird das Gehirn noch lange Zeit nicht vertragen. Man muß sich gedulden. Herzlich küßt Dich Dein Max
a Unsichere Lesung. 1 Ernst Troeltsch. 2 Anspielung auf die am 14. Juli 1901 endlich zustande gekommene erste Begegnung Marianne Webers mit Ernst Troeltschs Ehefrau Marta, die er Ende Mai 1901 geheiratet hatte. Marianne Weber zeigte sich verwundert darüber, daß Ernst Troeltsch während der ganzen Zeit ihres Gesprächs mit Marta Troeltsch mit dabei geblieben sei (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 15. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Karl und Emilie Rathgen. 4 Carl Neumann. 5 Alfred von Domaszewski. 6 Dietrich Schäfer. 7 Georg und Camilla Jellinek.
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18. Juli 1901
Marianne Weber PSt 18. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. Schönen Dank für die vielen Neuigkeiten – ich freue mich schon immer im Voraus auf die Heidelberger Luft [,] die Deine Briefchen bringen. Aber: Ruhe! – Wenn du etwa noch an die berühmte Klinger-Ausstellung denken solltest,1 dann müßte die Brahms-Phantasie2 jedenfalls auseinandergenommen u. nachher wieder gebunden werden, sonst glaube ich wird |:[??] a :| sie verdorben. Willst Du Dich nicht etwa auch schon für Ostern nach einer Wohnung umsehen? Arbeits-, Eß-, 2 Schlafzimmer, Mädchenzimmer – das genügt doch? Denn wann sollten
a Unleserlich; Schrift verblaßt. 1 Marianne Weber plante zugunsten des Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium“ in Heidelberg die Werke Max Klingers, die sich in ihrem und Max Webers Besitz befanden, auszustellen. Das Fundament zu der umfangreichen Klinger-Sammlung hatte Max Weber 1894 durch zwei Schenkungen an seine Frau gelegt (vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 10. Aug. 1900, oben, S. 759 f., Anm. 3–5). Wegen des hohen Aufwands entschloß sie sich aber, die Ausstellung bis nach der gemeinsamen Rückkehr nach Heidelberg zu verschieben (vgl. Marianne Webers Karte an Max Weber vom 20. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Die Ausstellung fand in der letzten Juni- und ersten Juli-Woche 1902 in Heidelberg statt; der Erlös kam wie geplant dem Verein „Frauenbildung-Frauenstudium“ zugute (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. Juni 1902 und undat. [24. Juni 1902], ebd.). 1906 verkauften Max und Marianne Weber die Bilder (118 Radierungen und eine Federzeichnung) an das Kaiser-Friedrich-Museum in Posen (vgl. MWG II/5, S. 52). Sie bilden heute den Grundstock der umfangreichsten Klinger-Sammlung Polens im Muzeum Narodowe w Poznaniu (vgl. Kobieta, Eros, S´mierc´. Graficzne cykle Maxa Klingera. Katalog opracowała Graz˙yna Hałasa. – Poznan: Muzeum Narodowe w Poznaniu 1993, S. 151 f.). 2 Zu den Klingerbildern, die Max Weber seiner Frau geschenkt hatte, gehörte auch die komplette Brahms-Phantasie mit 41 Illustrationen auf 24 Tafeln. Die Brahms-Phantasie erschien 1894 in zweiter Ausgabe in 150 Exemplaren (vgl. Brahms-Phantasie. Einundvierzig Stiche, Radierungen und Steinzeichnungen zu Compositionen von Johannes Brahms. Max Klinger. Leipzig Selbstverlag Rad. – Opus XII. Copyright 1894 by Max Klinger, zit. nach: ebd., S. 120); sie wurde vor allem vom Berliner Kunsthändler Amsler & Ruthardt vertrieben, wo auch Max Weber sie erworben hatte. Auch die Brahms-Phantasie verkauften Max und Marianne Weber 1906 an das Museum in Posen, wo sie vollständig erhalten ist (ebd., S. 151, mit Dokumentation, S. 120–130, und S. 158 f.).
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wir die Sache sonst abmachen? Wir können erst Herbst übers Jahr in die Wohnung.3 Übrigens ist es mir nicht so wichtig damit. Hier zieht heute wieder ein großes Gewitter herauf, – die dauern hier immer halbe Tage wenn sie kommen. Ich schlafe wechselnd, bin zuweilen ziemlich geplagt, dann wieder leidlich. Trifft sichs gut, so sehe ich mir Wengen nächster Tage auch mal an. Auch dort fehlt der Wald etwas, aber man sollte jetzt doch einmal die Höhenluft-Versuche consequent durchführen. Herzl. Gruß Dein Max
3 Im November 1901 entschieden sich Max und Marianne Weber auf der Grundlage von Grundrissen, die ihnen Helene Weber zugesandt hatte, für eine Wohnung in der Hauptstraße 73 (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 26. Nov. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Dort zogen sie im April 1902 ein (vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 5. April 1902, unten, S. 821, Editorische Vorbemerkung).
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19. Juli 1901
Marianne Weber PSt 19. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. Natürlich lege ich keinen Werth auf Berichtigunga von Arbeiten.1 Sollte es mir besonders gut gehen, so schreibe ich Rathgen vielleicht. Jetzt will der Rücken nicht. Stürckes2 Abrechnung ist da, wir stehen ganz gut, haben nur verbraucht wie wir dachten [.] Bitte denk doch an den Spediteur.3 Der Vertrag muß im August erneuert u. jedenfalls dann auch für das verflossene Jahr bezahlt werden. Hier ist etwas schnödes Wetter. Ich schlafe wechselnd u. halte mich ziemlich ruhig, lese etwas, aber nicht sehr viel. Gehen will nicht, u. zu fahren ist nicht viel u. recht teuer. Das Hotel ist wirklich recht angenehm. Herzl. Gruß Max
a Alternative Lesung: Besichtigung 1 Karl Rathgen hatte eine Reihe von Max Webers Schülern übernommen, darunter Bernhard Ellering, Eduard Rose und Rudolf Grosse (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 17. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Kurz nach der mündlichen Prüfung Ellerings, die am 12. Juli 1901 stattfand (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 2), hatte Rathgen durch Marianne Weber anfragen lassen, ob Max Weber eventuell die Arbeit Ellerings vor der Veröffentlichung einsehen wolle (vgl. die Karte Marianne Webers vom 17. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber hatte Ellerings agrarhistorische Dissertation über die Allmenden im Großherzogtum Baden bereits 1898 angeregt und in die Planungen für die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ miteinbezogen, sie erschien dort 1902 (vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 20. Dez. 1898, oben, S. 615 f. mit Anm. 8). 2 Friedrich Hermann Stürcke, der Erfurter Bankier der Familie Weber. 3 Max und Marianne Weber hatten im August 1900 ihre Wohnung in der Leopoldstraße 53b in Heidelberg aufgegeben und die Möbel bei der Firma J. Kratzert, Anstalt für Spedition, Möbeltransport, Verpackung und Lagerung, in der Bahnhofstraße 7 unterstellen lassen (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber, undat. [vor dem 22. Aug. 1900], sowie ihre Karte an Max Weber vom 22. Aug. 1900, beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; vgl. auch Adreßbuch der Stadt Heidelberg nebst den Stadtteilen Neuenheim und Schlierbach für das Jahr 1901. – Heidelberg: J. Hörning 1901, S. 3 und S. 258).
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Marianne Weber PSt 20. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 17. Juli 1901 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) angekündigt, auf Einladung von Frau Rosenbusch, bei der Bertha Schandau jetzt arbeitete, einen Besuch zu machen. Sie hatte zudem geschrieben, „die kleine Tröltschin“, also Ernst Troeltschs Ehefrau Marta, allein treffen zu wollen.
L. Schn.
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Heut ist noch kein Schnäuzchen-Briefchen da – vielleicht kommt es Mittags noch und berichtet mir, was Rosenb[usch]’s1 und die kleine Tr[oeltschin] gemacht haben. – Ich schlafe wechselnd, fühle mich aber soweit erträglich, nur gegen Lesen und Unterhaltung bin ich noch ziemlich empfi ndlich; die Luft ist z.Z. hier etwas schwül u. weniger angenehm als gewöhnlich. Finanziell ist die Sache entschieden empfehlenswerth: ich komme alles eingeschlossen nicht über 60 Fr. pro Woche nach der Rechnung bei sehr guter Verpflegung. Die Ausstattung des Zimmerchens ist freilich recht bescheiden, aber in Bezug auf Ruhe u. dgl. recht günstig.2 Die Leute3 bringen uns, wenn Du kommst, vorerst anderweit unter u. wir können dann überlegen, ob u. wohin wir ev. weiter wollen. Wengen habe ich noch nicht ansehen können, das Wetter ist zu wenig verlockend für die etwasa schattenlose Fahrt über die Scheidegg, wo jetzt keine Aussicht ist. Hoffentlich in einiger Zeit. Herzl. Gruß Max
a Unsichere Lesung. 1 Karl Harry und Auguste Rosenbusch. 2 Max Weber bewohnte im „Hotel & Pension Schönegg“ ein Zimmer im Gästehaus (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 7. Juli 1901, oben, S. 778 mit Anm. 1). 3 Die Inhaber des Hotels, Gottlieb Stettler und seine Frau Lucia.
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22. Juli 1901
Marianne Weber PSt 22. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte trägt den Heidelberger Ankunftsstempel vom 22. Juli 1901. Sie wurde demzufolge vor der im folgenden edierten Karte vom selben Tag, unten, S. 793 (mit dem Ankunftsstempel vom 23. Juli 1901), geschrieben.
L. Schn. Heute eine nicht sehr gute Nacht, daher nur diesen kurzen Gruß. – L. Schn., ich schrieb Dir ja schon, bleibe doch ja so, daß Du Alles in Ruhe machen kannst u. komme eventuell erst am 2ten August, gehe vielleicht lieber erst nach Rickerts1 zur Richthofen, es kommt ja auf die paara Tage nicht an.2 Pläne etc. habe ich noch gar keine, die machen wir hier in Ruhe, ich bin gar nicht reiselustig, sondern habe ganz gern Ruhe, wenn wir nicht etwas ganz apart Nettes wissen oder noch erfahren. Also, wie gesagt, Ruhe und überstürze Dich nicht [.] Herzlich küßt Dich Dein Max
a O: par 1 Heinrich und Sophie Rickert. 2 Zu Marianne Webers geplanten Besuchen in Freiburg und Karlsruhe vgl. die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Marianne Weber vom 7. Juli 1901, oben, S. 778, sowie die zweite Karte Max Webers an Marianne Weber vom 15. Juli 1901, oben, S. 785 mit Anm. 2, auf die er hier Bezug nimmt.
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22. Juli 1901
Marianne Weber PSt 22. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn.
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Nochmals: laß Dir Zeit. Wenn Du am 1ten oder 2ten hier bist, ist mir es auch recht, – dann ist wenigstens Alles gründlich erledigt u. Du bekommst vielleicht nicht so leicht wieder Heimweh, mein liebes Kerlchen. In Freiburg wirst Du ja jedenfalls auch nicht so schnell loskommen, – Baumgartens,1 Schulzea-Gäv[ernitz], 2 R[ichard] Schmidt, Baist3 sind doch ein ganzer Posten. Dagegen sehe ich nicht ein, daß Du Lili, wennb die in Karlsruhe ist,4 aufsuchen müßtest. Das ist doch eigentlich kaum nötig, sie kümmert sich um uns doch auch nicht, u. Duc müßtestd dann zu Schäfers etc. – Hier ist es schwül, zuweilen etwas Regen, ich unternehme nichts, lese etwas, faulenzee meist, schlief heute besser. Ob eigentlich die Luft günstig wirkt, ist schwer zu sagen. Vergiß den Burckhardt 5 nicht. Herzlichen Kuß Max Bitte Deine Adresse in Karlsruhe.6 a O: Schultze
b 〈Du〉
c 〈müßts〉
d 〈Du〉
e O: faullenze
1 Max Webers älterer Cousin Fritz und seine Frau Else Baumgarten mit Familie. 2 Gerhart von Schulze-Gaevernitz. 3 Gottfried Baist. 4 Lili Weber hielt sich zu diesem Zeitpunkt bei der Familie ihres Verlobten Hermann Schäfer auf, dem Architekturprofessor Karl Schäfer und seiner Frau Clara in Karlsruhe. Marianne Weber besuchte sie dort am 25. Juli 1901 (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 25. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Gemeint ist der kurz zuvor in der Historischen Zeitschrift erschienene Aufsatz von Carl Neumann über Jacob Burckhardts „Griechische Kulturgeschichte“ (Neumann, Carl, Griechische Kulturgeschichte in der Auffassung Jakob Burckhardt’s, in: Historische Zeitschrift, Band 85, N.F. Band 49, 1900, S. 385–452; hinfort: Neumann, Griechische Kulturgeschichte). Carl Neumann hatte Marianne Weber am 18. Juli in Heidelberg besucht und seinen Aufsatz als Geschenk mitgebracht (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 19. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber setzte sich damit im Herbst 1901 eingehend auseinander (vgl. den Brief an Carl Neumann vom 11. Nov. 1901, unten, S. 796–798, mit Editorischer Vorbemerkung). 6 Vom 24. bis 26. Juli 1901 wohnte Marianne Weber bei Else von Richthofen in Karlsruhe, in der Belfortstraße 7, wie sie Max Weber mit einer Karte vom 23. Juli 1901 mitteilte (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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23. Juli 1901
Marianne Weber PSt 23. Juli 1901; PSt Grindelwald Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. – An Siebeck schrieb ich vor 8 Tagen,1 der Brief muß verloren gegangen sein. Das Engadin ist doch wirklich etwas teuer; wenn indessen wirklich entscheidende Gründe dafür sprechen, so müssen wir in den sauren Apfel beißen.2 Wir sparen ja im Winter und haben bis 1. August noch ein Guthaben von ca 2500 Mk bei Stürckes.3 Wir gehen dann ebena schon Mitte September nach Rom, da kommt es wieder herein.4 Schönen Dank für alle Deine Nachrichten, – von mir ist nichts zu berichten, ich schlafe – allerdings mit viel Brom – jetzt erträglich, wenigstens dem Quantum nach. Grüße die kleine R[ichthofen], 5 – daß Du Lili aufsuchst, ist mir wie gesagt eigentlich nicht recht.6 Wozu den Brimborium um das dumme Gör. Herzl. Gruß Max
a Alternative Lesung: aber 1 Ein entsprechender Brief Max Webers an Paul Siebeck ist in der Verlagskorrespondenz (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) nicht nachgewiesen. 2 Marianne Weber hatte wiederholt berichtet, durch Bekannte Ratschläge zu den verschiedensten Schweizer Orten zu hören. Tags zuvor hatte sie geschrieben, Karl Rathgen sei sehr für das Engadin: „Nur die Preise! Unter 10–12 Franken wird’s nicht gehen.“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 22. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Gemeint ist das Erfurter Bankhaus Adolph Stürcke. Es wurde von Friedrich Hermann Stürcke geleitet. 4 Max und Marianne Weber blieben nach Marianne Webers Rückkehr am 30. Juli 1901 noch bis zum 1. September 1901 in Grindelwald. Im Anschluß daran verbrachten sie einige Wochen zunächst in, dann auf der Riffelalp oberhalb von Zermatt. In Rom trafen sie am 27. September 1901 ein (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 30. Aug., 16. Sept. und 28. Sept. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Else von Richthofen, die Marianne Weber in Karlsruhe besuchen wollte. 6 Vgl. dazu Max Webers zweite Karte an Marianne Weber vom 22. Juli 1901, oben, S. 793 mit Anm. 4.
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23. Oktober 1901
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Alfred Klee PSt 23. Oktober 1901; Rom Karte; von der Hand Marianne Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Promotion Alfred Klees und der Publikation seiner Arbeit im Rahmen der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Klee, Landarbeiter). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742.
Sehr geehrter Herr Klee,
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Ich bitte Sie mir Ihre Arbeit hierher zu senden, ich kann Ihnen nur nicht versprechen, daß ich dieselbe zu einem bestimmten Termin erledigen kann. Falls Sie die Arbeit noch als Dissertation verwenden wollen, müssen Sie ein ärztliches Attest beibringen, das Ihnen die Unmöglichkeit, früher fertig zu werden, bescheinigt. Auch dann ist es nicht sicher, daß die Fakultät Ihr ev. Gesuch genehmigt, jedoch kann ich mich dann in diesem Sinne verwenden. Mit bestem Gruße a Max Webera Rom, Via Cicerone 35 bei Signore A. Martini
a Eigenhändig.
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11. November 1901
Carl Neumann 11. November [1901]; Rom Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit einem Zusatz und Korrekturen von der Hand Marianne Webers und dritter Hand GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 82–83 In der Abschrift von Marianne Weber findet sich die irrtümliche Datumsangabe „11.11.1900.“; die korrekte Jahresangabe ist aus dem Schreibort erschlossen. Am 11. November 1900 befand sich Max Weber noch in Behandlung in Urach und nicht in Rom. Aus dem Zusatz Marianne Webers sowie dem letzten Satz der Abschrift (unten, S. 798, Z. 4–6) geht hervor, daß Max Weber den ursprünglichen Brief Marianne Weber diktiert hat. Der Zusatz zu Beginn der Abschrift lautet: „Mein Mann läßt Ihnen sagen, er hätte mit dem größten Genuß – nach der Lektüre von Burckhardts [??] Griechischer Kulturgeschichte selbst – Ihre Interpretation derselben und Ihre Verteidigung zur Berechtigung seiner Publikation gelesen, auch, in allen Hauptpunkten, mit entschiedener Zustimmung.“ Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers Lektüre des Aufsatzes über die griechische Kulturgeschichte in der Auffassung Jacob Burckhardts, den Carl Neumann, der mit ihm befreundete Heidelberger Kunsthistoriker und Byzantinist, 1900 veröffentlichte (Neumann, Griechische Kulturgeschichte, wie oben, S. 793, Anm. 5). In diesem Artikel behandelte Neumann die ersten beiden Bände, die Jakob Oeri 1898 aus dem Nachlaß Jacob Burckhardts herausgegeben hatte (Burckhardt, Jacob, Griechische Kulturgeschichte, hg. von Jakob Oeri, Band 1 und 2. – Berlin [u. a.]: Spemann o.J. [1898]). Dabei unterstrich er die Bedeutung von Burckhardts kulturgeschichtlichem Ansatz vor dem Hintergrund des Methodenstreits unter den Historikern (Neumann, Griechische Kulturgeschichte, S. 386 f.) und verteidigte Burckhardt gegen die Angriffe von philologischer und fachhistorischer Seite, insbesondere durch den Altphilologen Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf. Kurz nach der Veröffentlichung machte er Max Weber in einem Brief vom 28. Dezember 1900 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) darauf aufmerksam: „Ich habe neulich einen großen Aufsatz in der Sybelschen Zeitschrift über Griech[ische] Kulturgeschichte in der Auffassung Jac[ob] Burckhardts losgelassen u. die Genugthuung gehabt, daß sehr viel kluge Leute, die im ersten Augenblick sich von Wilamowitz’s pontificalem Bannurteil einschüchtern ließen, mir Recht geben.“ Als sich Marianne Weber im Juli 1901 in Heidelberg aufhielt, gab Carl Neumann ihr seinen Artikel mit (vgl. den Brief Marianne Webers an Max Weber vom 19. Juli 1901, ebd.). Max Weber legte großen Wert darauf, daß sie ihn bei ihrer Rückkehr nach Grindelwald nicht vergäße (vgl. die Karte vom 22. Juli 1901, oben, S. 793). Durch Marianne Weber ließ Max Weber im Januar 1901 seine Mutter um Zusendung von Jacob Burckhardts kunsthistorischem Hauptwerk „Cicerone“ (Cicerone. Eine Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens, zahlreiche Auflagen seit 1855) bitten: „Bitte laß uns Burckhardts Cicerone schicken. Max sagt Ihr hättet ihn.“ (Marianne Weber an Helene Weber vom 25. Januar 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Wie aus dem im folgenden edierten Brief hervorgeht, las er Burckhardts „Griechische Kulturgeschichte“ im Herbst 1901 eingehend, bevor er sich dann der Interpretation Carl Neumanns zuwandte. (Zum Verhältnis von Max Weber zu Carl Neumann und dessen Auseinandersetzung mit Jacob Burckhardt vgl. auch Max Webers Brief an Carl Neumann vom 14. März 1898, oben, S. 473 f.; übergreifend dazu Deininger, Einleitung, in: MWG I/6, S. 24 und 31 f.).
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Max Webers Handexemplar der „Griechischen Kulturgeschichte“ ist überliefert (Burckhardt, Jakob, Griechische Kulturgeschichte, hg. von Jakob Oeri, 4 Bände (1, 2 [18982], 3 [19001], 4 [19022]). – Berlin und Stuttgart: W. Spemann o.J.; es befindet sich in der Max Weber-Arbeitsstelle der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München. Als Max Weber den im folgenden edierten Brief diktierte, waren die ersten drei Bände 1898 (Band 1 und 2) sowie 1900 (Band 3) erschienen.
Rom, 11. 11. 1901.a
bWas
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B[urckhardt]s Buch selbst betrifft, so würde ein ökonomischer Banause meines Schlages die Darstellung anders gegliedert und dadurch teilweise auch andere sachliche Ergebnisse gewonnen haben. Mir scheint z. B. der Kampf aller gegen alle auf dem Gebiet der äußeren Politik der hellenischen Staaten das festgegebene Prius (B[urckhardt] faßt es als den nach außen gewendeten Agon1), und ich meine, die Atmosphäre, welche dieser Zustand konstanter Bedrohung der ganzen Existenz erzeugte („Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen“) 2 klingt in dem spezifisch hellenischen Pessimismus, den Burckhardt so wundervoll schildert, als stärkster Ton. Auch die Organisation der Stadt als geschlossener Zunft der zum Kriegshandwerk und zur Selbstequipierung physisch und ökonomisch Fähigen und Vorgebildeten ergibt sich daraus und ist die Grundlage der gewaltigen Differenzen der ganzen Struktur der antiken Polis gegenüber modernen Städten, auch der von Ihnen so sehr zutreffend in den Vordergrund gestellten, bedingungslosen „Öffentlichkeit“ der ganzen Existenz.3 Doch von diesem Thema darf man in einem Brief nicht anfangen zu sprechen. Über die Aufgaben der Geschichtsschreibung denke ich teilweise anders als B[urckhardt] und anscheinend auch Sie. Ich halte a In Abschrift: 1900. In Abschrift folgt nach Auslassungszeichen der Zusatz Marianne Webers, vgl. oben, S. 796, Editorische Vorbemerkung. b In Abschrift markieren Anführungszeichen den Beginn der direkten Wiedergabe des Diktats. Die schließenden Anführungszeichen fehlen in Abschrift. 1 Griech. für: Wettstreit. 2 Nach dem Anfang von Martin Luthers Übertragung der lateinischen Antiphon „Media vita in morte sumus“, zuerst bezeugt im Erfurter Enchiridion von 1524 (Evangelisches Gesangbuch/Gotteslob 654). Im Lutherlied heißt es: „[. . .] mit dem Tod umfangen“. 3 Bei Neumann heißt es in Bezug auf den zentralen, die Öffentlichkeit repräsentierenden Versammlungsort der Griechen, die Agora: „Aber indem diese Schöpfung den Anspruch erhebt, daß das Ganze über dem Theil stehe, daß der Einzelne sich als Bürger ihr unterzuordnen habe, wird sie zu einer furchtbaren Macht.“ (Neumann, Griechische Kulturgeschichte (wie oben, S. 793, Anm. 5), S. 405).
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die heutigen Methodengegensätze nicht nur für eine „Stilfrage“,4 aber allerdings stimme ich Ihnen darin bei, daß die Fragestellung bei der heutigen Polemik eine gänzlich schiefe ist. Schuld daran trägt vorwiegend Lamprechts krasse philosophische Unbildung. Bis auf mündliche Aussprache (das Schreiben ist für mich noch immer auch in Form des Diktierens merkwürdig strapazant),c herzlichen Gruß.
c In Abschrift: strapazant,) 4 Carl Neumann hatte in Bezug auf den Methodenstreit unter Historikern über die Berechtigung einer „kollektivistische[n] Geschichtsauffassung“, als deren Vertreter Karl Lamprecht und Kurt Breysig galten, geschrieben: „Daher möchte ich glauben, Burckhardt würde, wenn er überhaupt den modernen Streit verfolgt hätte, für ihn ein sarkastisches Lächeln gehabt haben, da ihm diese Sache einer Diskussion nicht zu bedürfen schien, sondern sich lediglich auf eine Stilfrage reducirte.“ (vgl. beide Zitate: Neumann, Griechische Kulturgeschichte (wie oben, S. 793, Anm. 5), S. 396). Karl Lamprecht hatte den Methodenstreit durch das Erscheinen seiner mehrbändigen „Deutschen Geschichte“ seit 1891 ausgelöst. Einer seiner schärfsten Kritiker ist Georg von Below gewesen.
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Alfred Klee 30. November [1901]; Rom Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Das Jahresdatum ist aus dem Inhalt des Briefes und dem Ort erschlossen. Das Schreiben setzt die Korrespondenz mit Alfred Klee über die Promotion und Publikation seiner Arbeit im Rahmen der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Klee, Landarbeiter) fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742.
Rom, 30. 11. Via Cicerone 35 Sehr geehrter Herr Klee,
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Ich habe Ihre Arbeit durchgesehen, nur einen einzelnen anscheinenden Irrtum, der mir aufgefallen ist, an der betreffenden Stelle zur Nachprüfung angemerkt u. sie im übrigen publikationsfähig gefunden. Die Beigabe einer Inhaltsübersicht dürfte empfehlenswert sein,1 wichtiger aber eine Änderung der Kapitelüberschriften und damit auch die Kapiteleinteilung. Man muß ersehen können, was in den drei ersten Kapiteln, welche die Regierungsbezirke einzeln behandeln, 2 im Gegensatz zu den beiden letzten, die gewisse Fragen für das ganze Gebiet zusammenfassend erörtern [,] behandelt wird. Die jetzigen Überschriften der beiden letzten Kapitel entsprechen nach der Art, wie Sie den Stoff verteilt haben, nicht ganz der Sachlage. Mancherlei [,] was gemäß der Überschrift dorthin gehörte [,] fi ndet sich im Kapitel 1 bis 3. Doch ist dies naturgemäß nicht ganz zu ändern u. würde in einer kurzen Vorbe-
1 Alfred Klee fügte für die Publikation ein Inhaltsverzeichnis ein. Vgl. Klee, Landarbeiter, S. VII f. 2 Es handelt sich um die Regierungsbezirke Liegnitz und Breslau sowie die Südhälfte der Mark Brandenburg mit der Niederlausitz und dem Kreis Krossen. Vgl. Klee, Landarbeiter, S. VII f.
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merkung als aus der Einteilung des Fragebogens,3 an die Sie sich angeschlossen haben, folgend, zu motivieren sein.4 Was nun den Druck Ihrer Arbeit anlangt, so glaube ich nicht, daß ich die bei Siebeck erscheinende Sammlung: „Die Verhältnisse der Landarbeiter“5 fortsetzen werdea. Es werden von solchen Sammlungen nur einige Dutzend Exemplare abgesetzt u. der Verlust[,] in den ich mich mit Herrn Siebeck kontraktmäßig teile,6 ist mir jetzt [,] wo ich mein Amt in Heidelberg nicht beibehalte, doch offen gestanden pekuniär zu unbequem. Sind es auch für das einzelne Heft nur wenige 100 Mk, so würde es doch bei einer größeren Zahl von Heften – es sind noch 2 Dissertationen gleicher Art in Arbeit7 – mir zu viel werden. Nun wäre es ja möglich, daß Sie den Wunsch hätten Ihre Arbeit nicht nur als Dissertation, sondern als buchhändlerisches Verlagsobjekt erscheinen zu sehen u. aus diesem Grunde etwa geneigt sein würa O: werden 3 Max Weber bezieht sich auf den Fragebogen, der im Zusammenhang mit der 1892/93 vom Evangelisch-sozialen Kongreß durchgeführten Erhebung über die Lage der Landarbeiter erstellt und an alle evangelischen Pfarrämter im Deutschen Reich versandt worden war. Max Weber war an der Erhebung zusammen mit Paul Göhre an führender Stelle beteiligt gewesen (vgl. Weber, Max, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands, in: MWG I/4, S. 687–711). Im Rahmen der Vorbemerkung Max Webers zum ersten Landarbeiterheft (Goldschmidt, Landarbeiter) wird hier auch der Fragebogen wiedergegeben (MWG I/4, S. 694–705). 4 Alfred Klee hat diesen Hinweis Max Webers fast wörtlich im Vorwort (Klee, Landarbeiter, S. V) übernommen. Dort heißt es, den Aufbau der Arbeit erläuternd und begründend: „Der vierte Teil bespricht für alle drei Berichtsgebiete zusammenfassend wirtschaftliche Verhältnisse, die logischerweise nicht bei den Bezügen besprochen werden konnten und verbreitet sich dann über das Familienleben des Arbeiters und eine Reihe ethisch-sozialer Erscheinungen. Durch diese Reihenfolge, die übrigens der Gliederung des Fragebogens des evangelisch-sozialen Kongresses sehr nahe kommt, wurden Wiederholungen thunlichst vermieden.“ 5 Eigentlich: „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“. 6 Es gibt keine entsprechende Regelung in dem Verlagsvertrag vom 30. Januar 1899 (vgl. das Exemplar in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K–Z; zum Inhalt des Vertrags vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630). 7 Gemeint sind die beiden Dissertationen von Felix Gerhardt und Karl Breinlinger, die 1902 und 1903 selbstständig erschienen (Gerhardt, Felix, Die Landarbeiter in der Provinz Ostpreußen. – Lucka: Druck von Reinhard Berger 1902; Breinlinger, Karl Borries, Die Landarbeiter in Pommern und Mecklenburg. Dargestellt nach den Erhebungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses. – Heidelberg: E. Geisendörfer 1903). Webers Gutachten, nach dem 23. Juni 1903, über Breinlingers Dissertation ist überliefert (UA Heidelberg, H-IV-102/135, Bl. 715; MWG I/13); Gerhardt bedauert im Vorwort (ebd., S. IV) die unzureichende Betreuung seiner Dissertation auf Grund der Erkrankung Webers.
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den Ihrerseits die betreffenden Zuschüsse an den Verleger zu übernehmen. Einen Teil derselben, ungefähr den Kosten eines gewöhnlichen Dissertationsdrucks entsprechend, habe ich auch bei den bisherigen beiden Arbeiten von den Autoren bestreiten lassen.8 Ob ich Ihnen dazu raten soll, weiß ich aber nicht, da immerhin die Kosten um etwa 200 Mk (um wie viel könnte ich Ihnen nach Verhandlung mit dem Verleger angeben) höhere sind als die einfachen Druckkosten, da |:die Kosten der andersartigen Ausstattung:| die Nachsendungsspesen, Anzeigespesen u. der Anteil an den Generalkosten einer Verlagshandlung dazu zu schlagen sind u. wie gesagt der Absatz auch die allerbescheidensten Mehrkosten nicht wesentlich vermindert. Ich überlasse Ihnen also – falls Sie trotzdem den oben angedeuteten Wunsch haben sollten – darüber noch mit mir [in] b Korrespondenz zu treten, andernfalls aber die Arbeit einfach drucken zu lassen. Ein Gesuch um Verlängerung der Frist bitte ich Sie |:vorher:|c an die Fakultät zu richten u. sich dabei darauf zu beziehen, daß ich Sie dazu veranlaßt habe. Mit bestem Gruß dMax Weberd
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Die Arbeit folgt dieser Tage,e das Attest liegt bei.9
b Lochung
c Eigenhändig.
d Eigenhändig.
e 〈[??]〉
8 Gemeint sind Salli Goldschmidt und Andreas Grunenberg, deren Arbeiten als Heft eins und zwei in der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ 1899 erschienen waren (Goldschmidt, Landarbeiter; Grunenberg, Landarbeiter). Zur vertraglichen Regelung, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630. 9 Offensichtlich hatte Alfred Klee Max Weber ein ärztliches Attest zugeschickt, mit dem er seine erneute Fristverlängerung erwirken wollte (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742).
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14. Dezember 1901
Alfred Klee 14. Dezember 1901; Rom Karte; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Das Schreiben führt die Korrespondenz mit Alfred Klee über die Promotion und Veröffentlichung seiner Arbeit im Rahmen der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ (Klee, Landarbeiter) fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742.
Sehr geehrter Herr Klee, Ich habe mich heute mit Herrn Siebeck in Verbindung gesetzt1 und bitte Sie zunächst an denselben (Adresse: H. Laupp’s Verlag Tübingen) Ihre Arbeit umgehend einzusenden, damit der Umfang abgeschätzt und der Druck baldmöglichst begonnen werden kann. Es freut mich zu hören, daß Sie Ihr Examen haben machen können2 und wünsche ich Ihnen weiterhin das Beste. Bis auf weitere Nachricht von Herrn Dr. Siebeck Ihr ergebenster a Max Webera b|:Via
Cicerone 35:|b , 14. 12. 1901
a Eigenhändig.
b Eigenhändig.
1 Ein entsprechendes Schreiben Max Webers an Paul Siebeck vom 14. Dezember 1901 ist in der Verlagskorrespondenz (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) nicht nachgewiesen. 2 Alfred Klee hatte Ende November 1901 seine erste juristische Staatsprüfung vor dem Oberlandesgericht zu Köln abgelegt. Vgl. Lebenslauf, in: Klee, Alfred, Die Landarbeiter in Mittel- und Niederschlesien nach den Erhebungen des Evangelisch-sozialen Kongresses. I. Teil: Der Regierungsbezirk Liegnitz. II. Teil: Der Regierungsbezirk Breslau, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1902, S. 94.
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7. Januar 1902
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Alfred Klee PSt 7. Januar 1902; PSt Rom Karte; von der Hand Marianne Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Promotion von Alfred Klee. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742.
Sehr geehrter Herr Referendar,
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Von Ihrer Arbeit braucht der Fakultät nur vorgelegt zu werden [,] was ihr seiner Zeit schon vorgelegen hat. Weitere Formalitäten irgend welcher Art sind nicht zu erfüllen, nur dürfen Sie sich mit den Dissertationsexemplaren noch nicht Dr. nennen. Wenn Sie hiernach mir den früher vorgelegten Teil der Arbeit als Pfl ichtexemplare abziehen lassen, so wäre auf dem ersten Blatt zu bemerken: der Fakultät hat nur dieser Teil der Arbeit vorgelegen, welche vollständig da u. da erscheint.1 Mit bester Empfehlung Ihr a Prof. Max Webera
a Eigenhändig. 1 Auf der Rückseite des Titelblatts der Pflichtexemplare heißt es: „Der hohen philosophischen Fakultät zu Heidelberg hat nur dieser Teil der Arbeit vorgelegen. Die Arbeit erscheint vollständig unter Miteinbeziehung der Südhälfte der Mark Brandenburg im Verlage der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen.“ (Klee, Alfred, Die Landarbeiter in Mittelund Niederschlesien nach den Erhebungen des Evangelisch-sozialen Kongresses. I. Teil: Der Regierungsbezirk Liegnitz. II. Teil: Der Regierungsbezirk Breslau, phil. Diss., Universität Heidelberg. – Tübingen: H. Laupp 1902).
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Alfred Klee PSt 16. Januar 1902; PSt Rom Karte; von der Hand Marianne Webers Central Zionist Archives (CZA) Jerusalem, A 142 (= Nl. Alfred Klee), Mappe 8 Das Schreiben setzt die Korrespondenz über die Drucklegung der Dissertation von Alfred Klee respektive ihrer Publikation in der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ fort. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Alfred Klee vom 29. Juni 1900, oben, S. 742.
Sehr geehrter Herr Referendar, Bei dieser Arbeit1 liegt ein Bedürfnis, daß ich die Revisionsbogen sehe [,] in keiner Weise vor. Mit bester Empfehlung Ihr a Max Webera
a Eigenhändig. 1 Gemeint ist: Klee, Landarbeiter.
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Paul Siebeck 11. Februar 1902; Rom Brief; von der Hand Marianne Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser Brief und die folgende Karte an Paul Siebeck vom 13. Februar 1902, unten, S. 808, stehen im Zusammenhang mit einer drohenden gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Schülern Max Webers, Walther Borgius und Hugo Kanter, die zugleich Autoren der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ waren. Paul Siebeck war über den Streit besorgt, denn als Verleger der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ befürchtete er erhebliche finanzielle Einbußen. Er unterrichtete daher Max Weber über diese Angelegenheit in zwei Briefen vom 31. Januar 1902 und vom 7. Februar 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Demzufolge wollte Walther Borgius gegen Hugo Kanter klagen, da ihm letzterer in seiner soeben in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ erschienenen Dissertation (Kanter, Entwicklung, wie oben, S. 616, Anm. 7) Plagiat vorwerfe. Der hier von Kanter erhobene Vorwurf bezog sich, wie sich aus Max Webers Brief schließen läßt, auf einen Aufsatz von Borgius aus dem Jahr 1899 (Borgius, Walther, Wandlungen im modernen Detailhandel, in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Band 13, 1899, S. 41–84; hinfort: Borgius, Wandlungen). Kanter machte Borgius zum Vorwurf, darin einen Aufsatz von ihm, Kanter, der 1896 bereits zu einem ähnlichen Thema unter Pseudonym erschienen war (Hegart, Kuno, Der Zwischenhandel, in: Die Grenzboten, Jg. 55, 2. Vierteljahr 1896, S. 6–12 und S. 57–64; hinfort: Hegart, Zwischenhandel) benutzt, aber nicht zitiert zu haben. Borgius sah darin einen Plagiatsvorwurf und drohte nunmehr strafrechtlich gegen Kanter vorzugehen, um, wie Paul Siebeck Max Weber in seinem Brief vom 7. Februar 1902 mitteilte, „eine Erkenntnis auf Einziehung und Einstampfung der gesamten Auflage“ der Dissertation Kanters, also des gerade erst erschienenen und ausgelieferten drittes Heftes des fünften Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“, zu erwirken. Ein Prozeß konnte dadurch verhindert werden, daß die beiden Kontrahenten sich mit Paul Siebeck darauf einigten, alle bereits ausgelieferten Exemplare von Kanters Dissertation zurückzurufen, um die entsprechende Passage zu überkleben (vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 18. Februar 1902, sowie den Brief von Paul Siebeck an Hugo Kanter vom 25. Februar 1902, beide im VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). In der überklebten Passage (Kanter, Entwicklung, S. V, Z. 11–18) formulierte der Autor nunmehr vorsichtig, daß er besonders in Bezug auf den Aufsatz von Borgius von 1899 „für verschiedene Gedankenreihen über die Entwicklungstendenzen im Zwischenhandel“ auf Grund seines Aufsatzes von 1896 „glaube [. . .] die Priorität in Anspruch nehmen zu können.“ Das Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „Diktiert!“
Rom, Via Cicerone 35 11. 2. 1902 Lieber Herr Doktor Siebeck,
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Es ist mir recht unangenehm, daß Sie wegen der Arbeit des Herrn Dr. K[anter]1 mit solchen Widerwärtigkeiten behelligt werden. Doch bitte 1 Gemeint ist: Kanter, Entwicklung (wie oben, S. 616, Anm. 7).
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11. Februar 1902
ich Sie [,] die Sache nicht tragisch zu nehmen u. an sich herankommen zu lassen. Den Vorwurf eines Plagiats wird kein Richter aus der Bemerkung des Herrn Kanter herauslesen können.2 Ebenso nicht irgend eine strafbare Beleidigung: Es werden in der Litteratur fortwährend zahlreiche ähnliche, stets wenig erquickliche Auseinandersetzungen gepflogen (z. B. eben jetzt in Konrads Jahrbüchern), 3 ohne daß einer der Beteiligten wegen der bloßen Behauptung [,] er habe einena anderen Autor zu zitieren unterlassen, obwohl er von ihm beeinflußt sei, den Strafrichter anzurufen versucht hätte. Was Herrn Dr. Borgius vorgeworfen wurde, ist Verstoß gegen den litterarischen Brauch u. ein gewisser Mangel an Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Herrn Canter. Als ich s.Z. den Aufsatz des Herrn Dr. Borgius las,4 habe ich auch meinerseits, ohne dies jetzt noch näher begründen zu können, den Eindruck gehabt, daß es koulanter gewesen wäre [,] den Aufsatz des Herrn Dr. Kanter zu zitieren, 5 da Herr Dr. Borgius ganz unbeschadet der Selbständigkeit seiner Arbeit aus demselben manchenb Nutzen gezogen hat. Unterläßt ein Autor nun ein solches Zitat, so ist das, wenn es nicht in böser Absicht geschieht, ganz gewiß keine besonders schwere a an den > einen
b Unsichere Lesung.
2 Der ursprüngliche Wortlaut läßt sich nicht mehr sicher bzw. vollständig feststellen, da in allen gedruckten Exemplaren die entsprechende Stelle überklebt wurde. Auch die Abschrift des „incriminirten Passus“, die Paul Siebeck seinem Brief an Max Weber vom 31. Januar 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) beigefügt hatte, ließ sich nicht mehr ermitteln. Einen Hinweis auf den Wortlaut gibt jedoch ein Brief von Hugo Kanter an Paul Siebeck vom 29. Januar 1902 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), A 1902 Het–Kno), in dem Kanter berichtet, Borgius drohe ihm mit Klage wegen der Passage „starke Anlehnung in den wichtigsten theoretischen Partieen“. 3 Gemeint sind die Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, die von Johannes Conrad, Edgar Loening und Wilhelm Lexis herausgegeben wurden. Auf welche „Auseinandersetzungen“ Max Weber anspielt, konnte in den infragekommenden Bänden 70 (1898) bis 78 (1. Band von Jg. 1902) nicht ermittelt werden. 4 Borgius, Wandlungen (wie oben, S. 805, Editorische Vorbemerkung). 5 Hegart, Zwischenhandel (wie oben, S. 805, Editorische Vorbemerkung). Hugo Kanter hatte darauf verwiesen, als er sich erstmals im Oktober 1898 an Max Weber mit der Frage wandte, ob er bei ihm promovieren könne. Zugleich hatte er Max Weber auf den zu diesem Zeitpunkt noch im Satz befindlichen Aufsatz von Walther Borgius (wie Anm. 4) aufmerksam gemacht: „Dieser Arbeit verdankt mein Freund Dr. Borgius die Anregung zu seiner letzten Publication in Brauns Archiv.“ Brief Hugo Kanters an Max Weber vom 5. Okt. 1898, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Max Weber bezeichnete Kanters Dissertation viele Jahre später als „schlecht.“ „Ich war krank und fort, sonst hätte ich sie nicht durchgelassen.“ Brief an Karl Bücher vom 12. Okt. 1912, MWG II/7, S. 699.
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Sünde, u. kommt bei uns allen sicherlich außerordentlich oft vor. Aber natürlich setzt man sich dadurch den Reklamationen des betreffenden Autors aus u. kann sich nicht beschweren, wenn dieser seinerseits dies unter Umständen unangenehm empfi ndet u. dieser Empfi ndung Ausdruck giebt. Hätte mir die betreffende Bemerkung des Herrn Kanter, die er während des Druckes beigefügt hat, vorgelegen, – Sie wissen, daß ich an |:der:| Druckrevision durch Krankheit u. Abwesenheit verhindert war – so hätte ich im Interesse der Vermeidung unfruchtbarer Erörterungen ihn gebeten sie ganz unpersönlich zu halten. Hätte er aber auf ihrer Aufnahme bestanden, wie sie ist, so weiß ich nicht, ob ich mich berechtigt gefühlt hätte, sie ihm abzuschlagen. Dies um so weniger, als die Arbeit des Herrn Kanter außerordentlich viel selbständiger u. viel ausschließlicher sein alleiniges, geistiges Eigentum ist, als dies sonst bei Seminararbeiten der Fall zu sein pflegt. Daß die Bemerkung einen etwas kleinlichen Eindruck machen kann, ist nicht zu leugnen, allein es handelt sich um ganz persönliche Interessen des Autors u. in diese einzugreifen [,] halte ich mich im allgemeinen nicht für legitimiert. Mit bestem Gruße Ihr ergebenster cMax Weberc
c Eigenhändig.
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13. Februar 1902
Paul Siebeck PSt 13. Februar 1902; PSt Rom Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 11. Februar 1902, oben, S. 805.
Lieber Herr Dr Siebeck! Ich vergaß zu schreiben, daß Ihnen ja materieller Schaden keinesfalls entstehen wird. Sollte wirklich – es scheint mir unmöglich – gegen Sie etwas erkannt werden, so ist Ihnen Herr Kanter regreßpfl ichtig und könnte er den Schaden etwa nicht leisten, so müßte ich als Herausgeber es thun. Besten Gruß Max Weber
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Paul Siebeck 8. März 1902; Rom Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigem Zusatz Max Webers VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 4. März 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Darin hatte Paul Siebeck Max Weber seine Absicht, den Verlagsvertrag über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ mit Carl Johannes Fuchs, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Karl Rathgen als weiteren Herausgebern zu kündigen, mitgeteilt (zu den Verlagsverträgen vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 26. April 1897, oben, S. 317). Siebeck stand nach § 15 des Verlagsvertrags von 1900/1901 ein Kündigungsrecht zu, und zwar frühestens „vor Erscheinen des ersten Heftes“ des sechsten Bandes. Die Kündigung trat mit Vollendung des sechsten Bandes in Kraft (vgl. im Anhang unter 3 in Verbindung mit 2, unten, S. 902 f.). Zuvor hatten die übrigen Herausgeber versucht, den Verleger durch die Einführung neuer Bedingungen umzustimmen und vorgeschlagen, wie Paul Siebeck in seinem Brief an Max Weber vom 4. März 1902 weiterhin berichtete, „daß die Einteilung in Bände fallen gelassen und künftig unter dem alten Sammelnamen Broschüren und Bücher in zwangloser Folge erscheinen sollen, von denen jedes einzelne Gegenstand eines besonderen Verlags-Vertrags würde.“ (vgl. dazu auch den Brief von Gerhart von Schulze-Gaevernitz an Paul Siebeck vom 12. Dezember 1901, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3). Die formelle Kündigung bei allen Herausgebern erfolgte, laut Notizzetteln von Paul Siebecks Hand, am 6. März 1902 (ebd., sowie: VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
Rom, 8. 3. 1902 Lieber Herr Doktor,
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Ich empfi ng nicht ohne schmerzliches Bedauern Ihren Brief, in welchem Sie uns den Verlagsvertrag kündigen u. nehme davon Notiz, daß Sie bemerken, auch unter andern Bedingungen ungern auf eine Verlängerung eingehen zu wollen. Ich kann Sie unmöglich drängen wollen an einem Verhältniß festzuhalten, von welchem Sie sich keine Vorteile versprechen.1 Es ist auch richtig, daß es für Sie ins Gewicht fallen muß, daß von den Herren Rathgen, Fuchs u. Schulze-Gävernitz keiner zu Ihrer Verlagsklientel gehört.2 Was mich selbst anlangt, so werde ich 1 Der Verleger hatte in seinem ausführlichen Brief an Max Weber vom 4. März 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) unter anderem auf die erheblichen „Unterbilanzen“, die ihm durch die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ entstanden seien, hingewiesen, und die sich „per 31. Dezember 1900“ auf über 4400 Mark beliefen. 2 Paul Siebeck hatte sich darüber beklagt, daß die Herausgeber selber keine Beiträge leisten würden, weil sie bereits „in festen Verlegerhänden“ seien: Carl Johannes Fuchs bei Gustav Fischer, Jena, Karl Rathgen und Gerhart von Schulze-Gaevernitz bei Duncker & Humblot, Berlin. Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 4. März 1902 (ebd.).
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erst jetzt, wo ich aus der festen Lehrverpfl ichtung voraussichtlich ausscheide, 3 im stande sein, an meine längst begonnenen größeren agrarpolitischen Arbeiten4 zu gehen u. es werden immerhin 2–3 Jahre verstreichen, bevor ich mit einer größeren Arbeit zur Publikation fertig bin.5 Es ist ferner auch richtig, daß das Verhalten des Kollegen Fuchs in der fraglichen Korrekturangelegenheit6 eina gelinde gesagtb wenig rücksichtsvolles ist (dies unter uns). Und da auch seine Seminararbeiten Ihnen nicht in allen Fällen zu konvenieren schienen,7 so hatte ich Rathgen s.Z. schon einmal, allerdings nur ganz beiläufig, angedeutet, daß m.E.s ein gemeinsames Unternehmen der beiden Seminare auf
a eine > ein
b gesagtes > gesagt
3 Entsprechende Gesuche stellte Max Weber wenig später, am 26. März 1902. Vgl. die beiden Briefe an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, unten, S. 813–815, 817 f., sowie an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 26. März 1902, unten, S. 816. 4 Seit Mitte der 1890er Jahre verfolgte Max Weber Pläne zu diversen agrarpolitischen und agrarhistorischen Arbeiten, vor allem zu einer größeren agrarstatistischen Untersuchung über das Vordringen des landwirtschaftlichen Kapitalismus und den damit verbundenen nationalpolitischen Auswirkungen. In diesem Zusammenhang wollte er ursprünglich auch selber ein Heft „Zur preußischen Agrarpolitik“ zu den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ beisteuern. Vgl. den Brief an den Verlag J.C.B. Mohr, zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, oben, S. 435. Zum Gesamtzusammenhang vgl. die Einleitung, oben, S. 5–7, sowie: Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 35–39. 5 Max Weber publizierte keine größere agrarpolitische oder agrarstatistische Arbeit mehr; das von ihm zusammengestellte und berechnete Material floß aber 1904 in seinen Aufsatz „Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur Fideikommißfrage in Preußen“, in: MWG I/8, S. 81–188, ein. 6 Paul Siebeck hatte sich im Hinblick auf das noch im Satz befindliche Heft eins von Band sechs der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“, einer Dissertation aus dem Freiburger Seminar von Carl Johannes Fuchs, über dessen Säumigkeit bei den Korrekturarbeiten bitter beklagt: „Die Schwierigkeiten und Verdrieslichkeiten, die mir aus solchen Korrekturarbeiten der Druckerei gegenüber [. . .] entstehen, sind so unangenehm, daß ich mich ihnen nicht länger aussetzen kann.“ Vgl. den Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 4. März 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Im Satz befand sich als erstes Heft von Band sechs: Berkholz, Leo, Die Wirkung der Handelsverträge auf Landwirtschaft, Weinbau und Gewerbe in Elsaß-Lothringen. – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902. 7 Paul Siebeck hatte sich vor allem in seinem Brief an Max Weber vom 4. Juni 1900 (Original im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; Durchschlag in: VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) „vom verlegerischen Standpunct aus“ für „eine Eindämmung der hyperbadischen Beiträge aus dem Fuchs’schen Seminar“ ausgesprochen. In einem Brief an Marianne Weber vom 13. Juni 1900 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hatte er in Anspielung auf die stark lokal- und agrargeschichtlich orientierten Arbeiten über die „Fruchtbarkeit des Fuchs’schen Seminars, gar im Vergleich mit dem Schulze’schen“ geklagt.
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die Dauer nicht zu halten sein werde, zumal anscheinend SchulzeG[aevernitz] seine Seminarthätigkeit fast gänzlich eingestellt hat. Alles in allem müßte ich mich also schließlich darein fi nden, wenn das Unternehmen einschläft. Aber freilich, wenn es zu vermeiden wäre, würde es mich herzlich freuen, u. ich möchte Ihnen doch vorschlagen, nach meiner Rückkehr nach Heidelberg noch einmal eine Rekonstruktion auf veränderter Vertragsgrundlage zu versuchen.8 Vielleicht so, daß Sie den Vertrag |:(modifi ziert):| mit dem Heidelberger Seminar fortführen, worüber ich natürlich zunächst mit meinem Kollegen Rathgen mich ins Vernehmen setzen müßte. Ich möchte ungern jetzt von hier aus schon in Unterhandlung treten. Auch ist die Frage ja nicht allzu eilig, da der sechste Band erst eben begonnen wird. Für diesen 6. Band hätte ich Ihnen nun noch eine Arbeit anzumelden, deren Aufnahme in die Sammlung ich unter allen Umständen dringend befürworten würde: Titel „Der ökonomische Kampf zwischen Deutschen und Polen in der Provinz Posen“ Verfasser: Dr. Leo Wegener9 vom deutschen Ostmarkenverein,10 einer meiner tüchtigsten Schüler.11 Das Manuskript wird in zwei Monaten in Ihrenc Händen c O: ihren 8 Dazu ist es nicht gekommen; die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ wurden 1903 vom siebenten Band an von der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe weitergeführt. Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Carl Johannes Fuchs vom 28. Juni 1902, unten, S. 850. 9 Die Arbeit erschien nicht in Band sechs der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“, wie Weber wünschte, sondern in einem in Posen ansässigen Verlag (vgl. Wegener, Leo, Der wirtschaftliche Kampf der Deutschen mit den Polen um die Provinz Posen. Eine Studie. – Posen: J. Jolowicz 1903). Der Grund dafür mag darin gelegen haben, daß das Kontingent, das Heidelberger Arbeiten in Band sechs der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ zur Verfügung stand, schon weitgehend ausgeschöpft war. Demzufolge hätte der Verfasser „die Kosten einer etwaigen Überschreitung dieses Umfangs“ persönlich tragen müssen, wie Paul Siebeck Max Weber am 19. März 1902 in einem Schreiben mitteilte (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Dies hatte Wegener anscheinend nicht gewollt. Denkbar ist auch, daß Wegener aus nationalpolitischen Gründen seine Schrift in Posen verlegen lassen wollte. 10 Es handelt sich um den 1894 gegründeten „Verein zur Förderung des Deutschthums in den Ostmarken“, einen radikalen Agitationsverband mit antipolnischer Stoßrichtung, dem auch Max Weber zumindest zeitweise angehörte (vgl. Mommsen, Einleitung, in: MWG I/4, S. 13 f., S. 62). Leo Wegener war 1901 zunächst als Wanderlehrer im Auftrag des Ostmarkenvereins in der Provinz Posen unterwegs (vgl. den Brief Leo Wegeners an Max Weber vom 2. März 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446); später wurde er Leiter der Geschäftsstelle des Ostmarkenvereins in Posen. 11 Zwischen dem Sommersemester 1897 und dem Sommersemester 1898 hatte Leo Wegener an allen Lehrveranstaltungen Max Webers teilgenommen (vgl. Aldenhoff-Hübinger,
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sein können, ein gewiß bestimmtes Datum gebe ich unsrer Abrede gemäß erst an, wenn ich ddie Arbeitd selbst in ihrere letzten Gestalt in Händen gehabt habe. In der Hoffnung, daß unsre Verbindung in irgend einer geeigneten Form weiter bestehen wird bis auf weiteres mit den besten Grüßen Ihr ergebenster fMax Weber (Florenz, Via Masacciog 105) f 12
d es > die Arbeit
e seiner > ihrer
f Eigenhändig.
g O: Massaccio
Einleitung, in: MWG III/5, S. 20 f.). Er war auch mit der Wahl seines Dissertationsthemas „Der wirtschaftliche Kampf der Deutschen mit den Polen um die Provinz Posen“ Max Webers Interessen dicht gefolgt, indem er, wie Max Weber in seiner Freiburger Antrittsrede von 1895 (MWG I/4, S. 535–574), von einem ökonomischen Verdrängungsprozeß der Deutschen durch die Polen ausging und diesen auf der Ebene der Landgemeinden, Gutsbezirke und Städte analysierte. 12 Max und Marianne Weber standen wenige Tage vor ihrer Weiterreise nach Florenz, wo sie bereits im Februar im Voraus eine Unterkunft in einer Pension in der Via Masaccio gemietet hatten. Diese bezogen sie am 11. März 1902 (vgl. die Briefe Marianne Webers an Helene Weber vom 28. Febr. und 10. März 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber teilte Paul Siebeck bereits die neue Adresse mit.
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 26. März 1902; Florenz Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 41–42 Eine gleichlautende Abschrift des im folgenden edierten zweiten Entlassungsgesuchs, ebenfalls von der Hand Marianne Webers, aber ohne handschriftliche Zusätze und Unterschrift Max Webers, befindet sich in den Akten der Heidelberger Philosophischen Fakultät als Anlage zu Max Webers Urlaubsgesuch vom selben Tag (vgl. den Brief an die Philosophische Fakultät vom 26. März 1902, unten, S. 816 mit Anm. 1). Bereits am 7. Januar 1900 hatte Max Weber ein Entlassungsgesuch an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts gerichtet (oben, S. 711–714, mit Editorischer Vorbemerkung). Während der folgenden Semester ließ er sich fortlaufend beurlauben. Da sich sein Gesundheitszustand nicht verbesserte, stellte er am 26. März 1902 erneut ein Entlassungsgesuch. Parallel dazu beantragte er die Ausdehnung der Beurlaubung auf das bevorstehende SS 1902 (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, unten, S. 817 f., mit Begleitschreiben an die Philosophische Fakultät vom 26. März, unten, S. 816) und bedankte sich bei dem früheren badischen Hochschuldezernenten Ludwig Arnsperger für die großzügige Behandlung, die ihm seit seiner Erkrankung gewährt worden sei (vgl. den Brief an Ludwig Arnsperger vom 3. April 1902, unten, S. 819 f.). Das Ministerium war auch diesmal nicht bereit, Max Weber, den es als bedeutenden Gelehrten und Hochschullehrer schätzte, aus dem Dienst zu entlassen. Vielmehr bot es ihm am 12. Mai 1902 in Abstimmung mit der Philosophischen Fakultät in Heidelberg erneut eine Regelung an, die ihm trotz erheblicher gesundheitlicher Einschränkungen den Verbleib an der Universität als Ordinarius bei nach wie vor voller Besoldung ermöglichte (zu der Regelung im einzelnen vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Franz Böhm vom 16. Mai 1902, unten, S. 843). Nach einem Treffen mit dem neuen Hochschuldezernenten Franz Böhm in Karlsruhe am 24. Mai 1902 zog Max Weber daraufhin sein Entlassungsgesuch zurück (vgl. die Briefe an Franz Böhm vom 22. Mai 1902, unten, S. 845, sowie an die Philosophische Fakultät vom 24. Mai 1902, unten, S. 849). Am 16. Juli 1902 meldete er sich für eine Fakultätssitzung an, an der er am 19. Juli 1902 teilnahm (vgl. den Brief an Carl Bezold vom 16. Juli 1902, unten, S. 853). Max Weber hat sein zweites, im folgenden ediertes Entlassungsgesuch von Florenz aus gestellt, wohin er und Marianne Weber nach ihrem Aufenthalt in Rom weitergereist waren (vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 5. April 1902, unten, S. 821, Editorische Vorbemerkung). Erst am 3. April 1902, nach längerem Zögern also, schickte Max Weber das Gesuch ab (vgl. den Brief an Ludwig Arnsperger vom 3. April 1902, unten, S. 819). Dies wird auch bestätigt durch den Eingangsstempel des Ministeriums vom 7. April 1902 (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 41).
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26. März 1902 a Z.Z.
Florenz, Via Masaccio 105 26. III. 1902a
bBetrifft
den ordentlichen Professor der Nationalökonomie an der Universität Heidelberg Dr Max Weberb
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Das Großherzogliche Ministerium der Justiz [,] des Kultus und Unterrichts bitte ich ehrerbietigst Allerhöchsten Orts meine Entlassung aus meinem derzeitigen Amte und meine Überführung unter die nicht etatsmäßig verwendeten Mitglieder des Lehrkörpers der Heidelberger Hochschule erwirken zu wollen. – Ich gestatte mir, mich auf mein gleichartiges früheres Gesuch1 zu beziehen und folgendes hinzuzufügen: Trotz sehr wesentlicher Besserung meiner Gesundheit muß ich vorerst noch mit so häufigen Unterbrechungen meiner Arbeitsfähigkeit rechnen, daß ich für das bevorstehende Semester noch gar nicht und auch für das dann folgende nur in beschränkter Weise den Lehrverpfl ichtungen werde nachkommen können, die mein Amt mit sich bringt, – und daß ferner eine Vereinigung von wissenschaftlicher Produktion und Lehrthätigkeit derart, wie sie von dem Inhaber einer ordentlichen Professur erwartet werden muß, für mich noch für längere Zeit nicht möglich erscheint. Unter diesen Umständen würde eine Fortsetzung des gegenwärtigen Zustandes sowohl meinem persönlichen Empfi nden widersprechen, wie den Interessen der Hochschule, welche dadurch an einer anderweitigen Verfügung über die jetzt noch durch mich besetzte Lehrstelle gehindert würde. – Was meine persönliche Stellung zur Hochschule anlangt, so habe ich den Wunsch dem Lehrkörper derselben dauernd anzugehören. Ich beabsichtige nach Maßgabe meiner zunehmenden gesundheitlichen Kräfte lehrend thätig zu sein, insbesondere als Seminarlehrer, und zweifle nicht, daß es mir möglich sein wird in zunehmendem Maß, auch ohne amtliche Bindung, dem Staate Dienste zu leisten. Ich hoffe daher, daß meinem Wunsche, a Eigenhändig.
b–b Eigenhändig.
1 Gemeint ist Max Webers erstes Entlassungsgesuch an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900 (oben, S. 712–714).
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im Lehrkörper der Universität verbleiben zu können, Bedenken nicht entgegen stehen werden. Ehrerbietigst cProfessor Dr Max Weberc 5
An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Karlsruhe
c Eigenhändig.
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Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg 26. März 1902; Florenz Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 429 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers zweitem Entlassungsgesuch vom 26. März 1902 (vgl. oben, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung) sowie seinem Urlaubsgesuch vom selben Tag (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, unten, S. 817 f.). a Z.Z.
Florenz, Via Masaccio 105 26. III. 1902a
Die Philosophische Fakultät bitte ich ergebenst das beiliegende Urlaubsgesuch geneigtest befürwortend weitergeben zu wollen. Abschrift meines an die Großherzogliche Regierung gerichteten und gleichzeitig hiermit abgegangenen Gesuches um Dienstentlassung bezw. Überführung in eine nicht etatsmäßige Stellung innerhalb des Lehrkörpers füge ich zur gefälligen Kenntnißnahme bei.1 bErgebenst Professor Dr Max Weberb cAn
die Philosophische Fakultät der Universität Heidelbergc
a Eigenhändig.
b Eigenhändig.
c Eigenhändig.
1 Vgl. die Abschrift von der Hand Marianne Webers (UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 430–431).
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Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 26. März 1902; Florenz Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändigen Zusätzen Max Webers GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 44–45 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers zweitem Entlassungsgesuch vom 26. März 1902 (vgl. oben, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung). a Z.Z.
Florenz, Via Masaccio 105 26. III. 1902a
bUrlaubsgesuch
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des Professors der Nationalökonomie Dr Max Weberb Das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts
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bitte ich unter Bezugnahme auf die Begründung des demselben zur Zeit vorliegenden Entlassungsgesuchs1 ehrerbietigst mich für das kommende Sommersemester von der Abhaltung der von mir angezeigten Vorlesungen: 1. Agrarpolitik2 2. Seminarübungen3 entbinden zu wollen. Wie ich in meinem erwähnten Entlassungsgesuch ausgeführt habe, kann ich für das kommende Semester nicht auf die Möglichkeit einer ununterbrochenen Lehrthätigkeit rechnen. Durch den Wegfall der gedachten Vorlesungen würde eine Lücke im Lehrplan nicht entstehen, da das Gebiet der Agrarpolitik von der durch Herrn Professor Kinder-
a Eigenhändig.
b–b Eigenhändig.
1 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, oben, S. 814 f. 2 Agrarpolitik, zweistündig, angekündigt in: Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1902, S. 18 (vgl. dazu auch: Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 2, sowie S. 49 f.). 3 Max Weber hatte auch ein Seminar angekündigt: Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten für Geübtere, in: Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1902, S. 18.
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mann angezeigten Vorlesung mit umfaßt wird.4 Für das Volkswirtschaftliche Seminar aber von Herrn Professor Rathgen wissenschaftliche Übungen5 und außerdem noch von zwei anderen Herren Praktika angezeigt sind.6 Unter diesen Umständen scheint es mir zweckmäßiger, wenn ich den aller Wahrscheinlichkeit nach vergeblichen Versuch die angezeigten Vorlesungen durchzuführen nicht mache, sondern meine durch die lang andauernde Abwesenheit im Ausland teils gänzlich unterbrochene, teils sehr erschwerte wissenschaftliche Thätigkeit wieder aufnehme. Ehrerbietigst cProfessor Dr Max Weberc An das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts Karlsruhe
c Eigenhändig. 4 Die von Carl Kindermann angekündigte fünfstündige Vorlesung „Praktische (spezielle) Nationalökonomie“ (ebd.) umfaßte dem Kanon nach neben Gewerbe- und Handelspolitik auch Agrarpolitik (vgl. auch: Aldenhoff-Hübinger, Einleitung, in: MWG III/5, S. 6). 5 Karl Rathgen bot für das Volkswirtschaftliche Seminar zweistündige „Volkswirtschaftliche Übungen“ an (Verzeichnis der Heidelberger Vorlesungen, SS 1902, S. 18). 6 Gemeint sind wohl die „Übungen zur Geschichte der Nationalökonomie (die Grundrentenlehre von Malthus bis Rodbertus)“ von Emanuel Leser sowie „Volkswirtschaftliche Übungen für Anfänger“ von Carl Kindermann (ebd.).
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Ludwig Arnsperger 3. April [1902]; Florenz Brief; von der Hand Marianne Webers GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 50–52 Das Jahresdatum ist aus dem Kontext und dem Aufenthaltsort erschlossen. Der Empfänger ist erschlossen aus der beiliegenden Aktennotiz Franz Böhms vom 13. Juni 1902: „Vorstehender Brief wurde dem Referenten von Herrn Geheimrath Dr. Arnsperger am 25. v. Mts. übersendet.“ (ebd.) Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers zweitem Entlassungsgesuch vom 26. März 1902 (oben, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung). Das Schreiben trägt am Briefkopf den eigenhändigen Vermerk Max Webers „(Diktiert)“.
z.Z [.] Florenz 3. April Via Masaccio 105 Hochgeehrter Herr Geheimer Rath,1
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Indem ich mit gleicher Post dem Großherzoglichen Ministerium mein Entlassungsgesuch erneut vorlege, 2 kann ich nicht unterlassen für die so außerordentlich liberale Behandlung, welche ich in einer immerhin schwierigen Lage erfahren habe, ergebenst und verbindlichst zu danken. – Wenn ich diesmal glaube auf meinem Gesuch beharren zu sollen, so bestimmt mich dazu in erster Linie die Erkenntniß, daß ein bestimmter Zeitpunkt, zu welchem eine volle Wiederübernahme meiner Pfl ichten, ohne die Wahrscheinlichkeit einer baldigen abermaligen Unterbrechung, in Aussicht genommen werden könnte, offenbar ärztlicherseits nicht gewährleistet werden kann. Sicher ist nur, daß ich in dem jetzt beginnenden Semester Vorlesungen schwerlich würde durchführen können, zumal ich mich zunächst besser als dies im Auslande möglich war, in Bezug auf die inzwischen gewaltig angeschwollene Litteratur meines Fachs auf das Laufende setzen muß. 1 Der Brief war an Ludwig Arnsperger gerichtet, der 1901 aus seinem Amt als Hochschulreferent im badischen Kultusministerium ausgeschieden war. Arnsperger übersandte den Brief im Mai 1902 seinem Nachfolger Franz Böhm (vgl. die Editorische Vorbemerkung, oben). Max Weber war über diesen Wechsel offensichtlich noch nicht informiert. Auch Marianne Weber erwähnt in einem Brief an Helene Weber neben dem zweiten Entlassungsgesuch einen „persönlichen Brief an Arnsperger“ (vgl. Marianne Weber an Helene Weber vom 2. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Gemeint ist das zweite Entlassungsgesuch vom 26. März 1902 (oben, S. 814 f.); das erste Entlassungsgesuch stellte Max Weber am 7. Januar 1900 (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 7. Jan. 1900, oben, S. 712–714). Ludwig Arnsperger hatte damals maßgeblich dazu beigetragen, daß Max Weber nicht auf der sofortigen Entlassung insistierte.
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Ob ich aber im nächsten Wintersemester die Hauptvorlesungen so, wie ich als Ordinarius müßte, abhalten könnte, steht nicht fest. Es scheint mir, daß unter diesen Umständen ein Gesuch um weitere Beurlaubung, auch wenn etwa das Großherzogliche Ministerium sich zu einer solchen bereit fi nden lassen könnte, nicht zu rechtfertigen wäre. Ich habe nun in meinem Antrage die Bitte gestellt, mich nicht gänzlich aus dem Universitätsverbande scheiden zu lassen, sondern mich unter die Titularprofessoren der Hochschule aufnehmen zu wollen.3 Da es wesentlich das laute angestrengte und an feste Stunden gebundene Sprechen ist, welches anhaltend zu leisten ich noch nicht im stande bin, so werde ich zunächst mich wesentlich der ein freieres Arrangement zulassenden Seminarleitung zuwenden. Würde mir die Mitbeteiligung an der Seminardirektion belassen – wozu die Fakultät und mein Kollege Rathgen sicherlich die Hand bieten würden,4 so wäre damit meinen persönlichen Interessen ausgiebig Genüge geleistet, und ich hoffe speziell, daß die |:Frage der:| Wiederbesetzung meiner Stelle lediglich nach den sachlichen Interessen des Unterrichts erledigt wird. Ich kann erst in etwa 14 Tagen in meine Heidelberger Wohnung einziehen u. stehe alsdann jederzeit auch zu persönlicher Rücksprache, falls aus irgend einem Grunde eine solche wünschenswert sein sollte, in Karlsruhe zu Gebote. [In]dema ich Euer Hochwohlgeboren bitte, auch dem Herrn Minister5 meinen ergebensten und ehrerbietigsten Dank für das große Wohlwollen aussprechen zu wollen, welches ich in dieser Angelegenheit fortgesetzt erfahren habe, verbleibe ich Euer Hochwohlgeboren in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster bProfessor Max Weberb
a Lochung.
b Eigenhändig.
3 Vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, oben, S. 814 f. 4 Karl Rathgen war durch seine Berufung zum Ordinarius für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Heidelberg auch Mitdirektor des Volkswirtschaftlichen Seminars geworden; während der Zeit von Max Webers Erkrankung und Beurlaubung war er mit der Leitung der Seminargeschäfte alleine und in Vertretung Max Webers betraut (vgl. die Mitteilung des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 23. Okt. 1900, in: GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 130). 5 Neuer badischer Justiz- und Kultusminister war seit 1901 Alexander Freiherr von Dusch.
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Marianne Weber 5. April [1902]; [Florenz] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Dieser Brief sowie die folgenden Karten, unten, S. 822–839, und zwei weitere Briefe an Helene sowie Marianne Weber aus Italien, unten, S. 828–831 und 840–842, umfassen den Zeitraum zwischen dem 5. und 18. April 1902. Max und Marianne Weber hatten am 11. März 1902 Rom verlassen (vgl. die Karte von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. März 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und hielten sich gemeinsam bis zum 4. April 1902 in Florenz auf. Während Marianne Weber an diesem Tag allein nach Heidelberg zum Einrichten der neuen Wohnung vorausreiste, blieb Max Weber noch bis Mitte April in Florenz, bevor er seinerseits über Bologna, Mailand und Vercelli (Piemont) zurück nach Heidelberg fuhr, wo er am Vorabend seines 38. Geburtstags, am 20. April 1902, eintraf. Das Jahr des im folgenden edierten Briefes ist erschlossen aus dem Brief Alfred Webers an Marianne Weber vom 2. April 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), der Ort aus dem Kontext. Es handelt sich um einen Zusatz und Teilkommentar Max Webers zu dem Brief Alfred Webers. Max Weber hatte den Brief, der auch für ihn bestimmt war, geöffnet und anschließend Marianne Weber, die schon unterwegs nach Heidelberg war, nachgeschickt. Alfred Weber schrieb aus Saßnitz auf Rügen, wo er eigentlich Elisabeth Jahn, die zukünftige Schwiegermutter von Arthur Weber, in Empfang nehmen sollte. Diese, aus Norwegen kommend, hatte ihre Reiseroute aber über Warnemünde gelegt. Alfred Weber äußerte sich über die neue Schwägerin, insbesondere über das noch nicht entstandene innere Verhältnis von Helene Weber zu Valborg Jahn. Das kommentierte Max Weber: „Immer diese complizierten Auffassungen! Für das Mädchen existiert jetzt nur der Bräutigam. Das Andre kommt schon. Nur in Ruhe lassen“. Alfred Weber teilte weiter mit, er empfinde es als mißlich, daß Valborg bei den finanziellen Absprachen zwischen den Müttern dabei sein müsse. Helene Weber sei beunruhigt.
5. IV L. Schn.
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Mir gehts ganz leidlich. Das Zimmer ist sehr ruhig und gut.1 Herzl. Gruß Dein Max
1 Max Weber wohnte in der Pension Clerc, Via Masaccio 105. Nach Marianne Webers Abreise aus Florenz am 4. April 1902 (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 2. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) war er innerhalb der Pension Clerc in ein anderes Zimmer gezogen.
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7. April 1902
Marianne Weber PSt 7. April 1902; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schn. Mir geht es nach wie vor ordentlich, ich schlafe genügend u. es ist sehr ruhig u. sehr schön hier oben (besondres Toilettenzimmer, SpezialW.-C. – als Frau Clerc1 mir letzteres |:eingehend:| zeigte meinte sie freilich, es sei wohl [z]ua zierlich für mich u. mit Recht) [.] Schönen Dank für Deine Karte. Hier ist es schwül u. verhängt, daher unternehme ich nicht viel, lese aber Rickert, 2 der recht gut ist, aber hie u. da Widerspruch hervorruft. Nun nur piano, piano! Ob wohl Bertha3 u. das Geld4 da sind? Herzlichst Dein Max
a Textverderbnis in O. 1 Gemeint ist Attilia Clerc, Wirtin der Pension Clerc in Florenz, in der Max Weber sich einquartiert hatte. 2 1902 erschien der zweite Teil von Heinrich Rickerts Untersuchung „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“. 1895/96 hatte Max Weber die Berufung des von ihm hoch geschätzten Neukantianers auf den Lehrstuhl der Philosophie in Freiburg i. Br. entscheidend gefördert; 1896 hatte Heinrich Rickert auch auf Drängen Max Webers bereits den ersten Teil seiner Studie veröffentlicht (Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften [1. Hälfte]. – Freiburg i. Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1896; dass. [2. Hälfte]. – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902; beide Hälften in einem Band: ebd., hinfort: Rickert, Grenzen). Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Friedrich Kluge vom 22. Dez. 1895, oben, S. 155–157. 3 Während der Abwesenheit von Max und Marianne Weber hatte ihr Dienstmädchen Bertha Schandau bei der Familie Karl Harry und Auguste Rosenbusch in Heidelberg gearbeitet (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 20. Juli 1901, oben, S. 791). 4 Möglicherweise handelt es sich um das von Max Weber erwartete, aber erst am 22. April 1902 ausgezahlte „gestundete Kolleggeld“, das Marianne Weber in ihrem Brief an Helene Weber vom 22. April 1902 erwähnte (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Max und Marianne Weber erhielten auch wiederholt Zuwendungen von Helene Weber.
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Marianne Weber PSt 7. April 1902; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Abbildung, um die Max Weber den Text verteilte, zeigt das außerhalb von Florenz auf einem Hügel gelegene Kloster Certosa di Val d’Ema. Rechts unten auf der Karte verweist Weber mit einem nach rechts, aus dem Bild heraus gerichteten Pfeil (möglicherweise) auf eine Trattoria, mit der eigenhändigen Bemerkung: „Hier saßen wir mit der Kleinen“. Die Karte enthält keine abschließende Grußformel. Die Schweizerin Lilly Welti aus Winterthur (die „Kleine“) war wie Max Weber Gast in der kleinen Pension Clerc. Mit seiner Karte nimmt Weber möglicherweise Bezug auf einen gemeinsamen Ausflug mit Lilly Welti zum Kloster Certosa di Val d‘Ema, in dem die Mönche Führungen anboten (vgl. Baedeker, Karl, Oberitalien mit Ravenna, Florenz und Livorno. Handbuch für Reisende, 17. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1906, S. 555; hinfort: Baedeker, Oberitalien).
L. Schnauz.
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Es geht Alles ganz gut. Die Amerikanerin1 ist doch fort. Wie mag Deine Reise abgelaufen sein?2 Nun nur Ruhe und Pomadigkeit! Ich war in der Manifattura di Signa3 u. habe ein Donatello-Kind4 für Lili gekauft.5 Man kann nicht gut bestellen, denn alle Exemplare sind verschieden, die des Settignano-Kindes6 (unsres) waren alle schlecht. Das Donatello’sche ist weit weniger reizend, aber immerhin sehr niedlich (kostete 30 Lire) [.]
1 Es handelte sich um einen weiteren Gast der Pension Clerc, in den Worten Marianne Webers, um eine „sehr lebhafte mit quäcksiger Stimme begabte Amerikanerin“, die zudem sehr langsam an der gemeinsamen Mittagstafel aß und damit Max Weber irritierte (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 2. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Auf ihrer Rückreise von Florenz nach Heidelberg zwischen dem 4. und 6. April 1902 machte Marianne Weber Zwischenstation in Freiburg, um Heinrich und Sophie Rickert sowie die Familie Fritz Baumgarten zu besuchen. 3 Gemeint ist ein bekanntes Kunstgeschäft in der Via de‘ Vecchietti in Florenz, das Werke berühmter Meister nachbildete. 4 Donatello (Donato di Niccolò di Betto Bardi), Bildhauer aus Florenz. 5 Lili Webers Hochzeit mit Hermann Schäfer war für den Sommer 1902 geplant (Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 271). 6 Desiderio da Settignano, italienischer Bildhauer; ein Schüler von Donatello.
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9. April 1902
Marianne Weber [9. April 1902]; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datumsangabe auf Poststempel nicht erkennbar. Das Datum ist erschlossen aus der folgenden Karte an Marianne Weber vom 10. April 1902, unten, S. 825, „Donnerstag früh“, und dem Hinweis auf den bevorstehenden Besuch der Villa Petraia.
L. Schnauz, es geht nach wie vor recht erträglich. Das Zimmer1 ist für mich fast ideal gut u. allen Versuchen der Clercs2 mich zum Spazierengehen etc. zu verschleppen, entziehe ich mich. Gestern war ich in Poggio a Caianoa, 3 heut will ich nach der Petraja.4 Bis Sonntag ca bin ich jedenfalls noch hier.5 Hoffentlich geht Alles in H[eidelberg] gut6 u. ist das Geld gekommen.7 Vielen Dank für die Karte. Herzlich Dein Max
a O: Cajan 1 Nach der Abreise seiner Frau war Max Weber in ein anderes Zimmer der Pension gezogen. 2 Die Inhaber der Pension Clerc, Max Webers Unterkunft in Florenz. 3 In dem Ort Poggio a Caiano, der ca. zwanzig Kilometer nordwestlich von Florenz bei Prato liegt, befindet sich die Villa Medicea, der ehemalige Sommersitz der Medici. Um 1900 befand sich die Villa in Privatbesitz und die Besichtigung war nur in Anwesenheit des Eigentümers möglich. Der Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 557, hob besonders die schöne Aussicht auf die Umgebung hervor. 4 Die „aussichtsreiche“ Villa Reale di Petraia nordwestlich von Florenz. Die ehemalige Medici-Villa zeichnete sich durch ihre Gärten aus, besonders durch eine „berühmte 400 jährige Steineiche“ (ebd.). Max Weber konnte diese Sehenswürdigkeiten mit der elektrischen Straßenbahn erreichen. 5 Tatsächlich reiste Max Weber erst am Dienstag, den 15. April 1902, nach Bologna ab (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 15. April 1902, unten, S. 834). 6 Marianne Weber war nach Heidelberg vorausgefahren, um den Umzug in die neue Wohnung, Hauptstraße 73, zu bewerkstelligen. 7 Vgl. dazu die erste Karte an Marianne Weber vom 7. April 1902, oben, S. 822, Anm. 4.
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Marianne Weber PSt 10. [April] 1902; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der Monat ist auf dem Poststempel nicht erkennbar. Er ist erschlossen aus dem Kontext und dem Hinweis „Donnerstag früh“. Der 10. April 1902 war ein Donnerstag.
Donnerstag früh L. Schn.
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Es geht weiter ganz leidlich, besonders auch mit dem Schlaf. Ich stehe |:bei Tisch:| immer auf, wenn es mir paßt. Zum Entgelt habe ich gesterna die Geschichte von der „zia morta“ erzählt.1 Gesternb war ich in Villa Petraja – sehr schön der Park.2 Sonst lese ich meist Rickert,3 der – von der Terminologie („Werth“) abgesehen, sehr gut ist. Schönsten Gruß und Kuß Max Bis jedenfalls Sonntag bin ich hier.4
a heut > gestern
b Heut > Gestern
1 Um die Wirtin zu vertrösten, hatte Max Weber wahrscheinlich die Geschichte von einer verstorbenen Tante erzählt, auf deren Erbe er warte. 2 Vgl. dazu die vorausgehende Karte an Marianne Weber vom 9. April 1902, oben, S. 824, Anm. 4. 3 Gemeint ist: Rickert, Grenzen (wie oben, S. 822, Anm. 2). 4 Max Weber verließ Florenz erst am Dienstag, dem 15. April 1902 (vgl. die Karte an Marianne Weber vom 15. April 1902, unten, S. 834).
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11. April 1902
Marianne Weber PSt 11. April 1902; PSt Florenz Drei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die drei Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2) und 3) versehen; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Bildmotive zeigen verschiedene Kunstwerke in Florenz.
1) L. Schn. Alles geht noch immer ganz ordentlich. Ich habe sogar, allerdings mit einiger Mühe, einen 8 Seiten langen Brief an die Mama zu stande gebracht!1 – Also hast Du mit den Büchern angefangen?2 Das ist ja eine abscheuliche Schinderei. Kratzert muß übrigens für den Schirm aufkommen, 3 seine Preise sind teuer genug. Die Lieferfrist der Eisenbahn von hier nacha Heidelberg ist
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2) 18 Tage, also wird sie von Rom aus wohl ca. 25–30 Tage sein, die Sachen werden also wohl noch kommen.4 Rickert habe ich aus, 5 er ist sehr gut, zum großen Teil fi nde ich darin Das, was ich selbst, wenn auch bin logischb nicht bearbeiteter Form, gedacht habe. Gegen die Terminologie habe ich hie u. da Bedenken. Ich
a 〈Rom〉
b unklar in > in logisch
1 Vgl. den auf den 12. April 1902 datierten Brief an Helene Weber, unten, S. 828–831. 2 Max Weber bezieht sich auf die Einrichtung der neuen Wohnung in Heidelberg. Marianne Weber schrieb dazu wenig später: „namentlich der Heringssalat von Büchern hat mir sehr viel Mühe gemacht, u. die tausend Broschüren hat wirklich der Teufel erfunden“ (Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 14. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Gemeint ist ein beschädigter Ofenschirm, den die Heidelberger Firma J. Kratzert auch reparieren ließ (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 14. April 1902, ebd.). Bei dieser Spedition hatten Max und Marianne Weber während ihrer Abwesenheit von Heidelberg die Möbel gelagert. 4 Es handelte sich um Einkäufe und Mitbringsel für die Familie aus Rom. 5 Gemeint ist: Rickert, Grenzen (wie oben, S. 822, Anm. 2).
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werde wohl Montag von hier nach Bologna fahren,6 bitte schreib dahin ferma in posta [.]7 Herrn Pisani habe ich wegen des Tags eines Besuchs gefragt.8 Die letzte Zeit bleibe ich wohl entweder in Orta, oder Stresa (Lago maggiore) oder Lugano. Übereil Dich nicht. Herzl. Kuß Dein Max
6 Max Weber reiste von Florenz am Dienstag, dem 15. April, ab. 7 Italienisch für: postlagernd. 8 Max Weber wollte den Theologen Pietro Pisani in Vercelli (Piemont) aufsuchen. Der erwähnte Brief an Pisani ist nicht ermittelt. Zu Webers Besuch in Vercelli vgl. den Brief an Marianne Weber vom 18. April 1902, unten, S. 840–842 mit Anm. 2.
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Helene Weber 12. April 1902; Florenz Brief; eigenhändig GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 183–186 In seinem Brief zum Geburtstag seiner Mutter, am 15. April, nimmt Max Weber Bezug auf die familiäre Situation in Charlottenburg, über die er durch einen Brief von Alfred Weber an Marianne Weber vom 2. April 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) informiert war. In diesem auch für Weber bestimmten Brief schilderte Alfred Weber die Sorgen der Mutter. Helene Weber fühle sich zum einen beunruhigt durch die bevorstehenden Verhandlungen über die Vermögensverhältnisse mit Elisabeth Jahn, der Mutter von Valborg Jahn, der zukünftigen Frau Arthur Webers. Zum anderen zeige sich Valborg Jahn ihr, Helene Weber, gegenüber innerlich sehr verschlossen. Arthur Weber stehe nun zwischen seiner künftigen Frau und seiner Mutter, der er sich gegenüber, in den Worten Alfred Webers, „ganz tappig, teilweise direkt unverschämt benommen“ habe (ebd.). Zum Besuch von Valborg und Elisabeth Jahn aus Norwegen vgl. auch den Brief an Marianne Weber vom 5. April 1902, oben, S. 821, Editorische Vorbemerkung.
Florenz 12a /4 02 Liebe Mutter – Es ist glaube ich ein paarb Jahre her, daß ich zu Deinem Geburtstage nicht selbst geschrieben habe,1 und auch diesmal wird der eklige Schreibkrampf dafür sorgen, daß ich nicht zu viel sage. Aber immerhin geht es mir heute, wo hier alles im vollen Frühling steht – jetzt erst, kaum früher als bei uns – doch so anders als die beiden letzten Male, als die Bäume grün wurden, daß ich mich wieder einigermaßen als Gratulant präsentieren kann. Hoffentlich sind nun die aufregenden Episoden der letzten Zeit einigermaßen überwunden und Du schaust am Anfang des neuen Lebensjahres zuversichtlicher nach vorn als das naturgemäß anfangs möglich war. Daß jetzt die inneren Schwierig-
a [?] > 12
b O: par
1 Zuletzt hatte Max Weber seiner Mutter mit einem eigenhändig geschriebenen Brief am 13. April 1899 gratuliert (vgl. oben, S. 654–656). In ihrem Geburtstagsbrief an Helene Weber vom 13. April 1902 bemerkte auch Marianne Weber: „Ich denke auch unser Großer wird Dir schreiben, das wäre dann der erste Brief mit eigner Hand, den er seit Jahren fertig gebracht hat.“ (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Helene Weber dankte ihrem Sohn am 18. April 1902 (ebd.), „wäre der Tag nicht schon reich gewesen durch viel alte und neue Liebe, so hätte schon allein Deine Handschrift mal wieder zu sehn ihn mir reich gemacht!“ Alfred Weber unterstrich in seinem Brief an Max Weber vom 19. April 1902 (ebd.) ebenfalls die Freude, die er, Max Weber, der Familie in Charlottenburg mit dem selbst geschriebenen Brief bereitet habe.
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keiten, die dieses Sich-Zusammenfi nden von zwei Menschen2 ganz verschiedenen Entwicklungsgrades mit sich bringt, noch sehr sichtbar im Vordergrund bleiben, ist ja natürlich. Und da namentlich Artur es ist, an den die Aufgabe herantritt, jetzt einen Sprung um ganze Jahre vorwärts zu kommen, so wird für Dich zunächst eine längere Zeit des Zuwartens kommen, die innerlich wenig wohlthuend ist. Neben allem Andren, was den Müttern auferlegt ist, ist es auch noch ihr Schicksal, daß der Selbständigkeitstrieb der Kinder, wenn er erwacht und so lange er seiner selbst noch nicht sicher ist, sich zunächst rein negativ gegen sie – die Eltern undc die Mutter ganz speziell – wendet. So ist es ja mit uns Allen gegangen und ich denke mir, daß es mit Artur jetzt ähnlich sein wird, und daß vielleicht unter dem Einfluß dieser Entwicklung auch die neue Schwiegertochter noch nicht so „aufgeknöpft“ sein kann, wie es ihr auf die Dauer nach Dem, was Ihr über ihre Eigenart schreibt, Bedürfnis sein wird. – Und vorläufig interessiert sie natürlich auch der Bräutigam allein. – Aber das sind doch Übergangsschwierigkeiten. Es ist doch offenbar selbst im Verhältnis zu Hermann3 jetzt sehr anders geworden als Anfangs und in dem jetzigen Fall ist ja von solchen prinzipiellen Schwierigkeiten wie dort keine Rede.4 Also kann man glaube ich auch für Dich sich über das Neue herzlich freuen – Artur ist |:noch:| ein unentwickelter, aber doch recht braver Kerl und das Mädchen ist klug und doch auch nicht ohne Verantwortungsgefühl; das aber giebt auf die Dauer alles Andre. Nur meine ich, auch aus diesen inneren Gründen wäre es doch ganz gut, wenn man die Sache langsam weiter gehen ließe. Ich schrieb an Alfred schon – dabei unter Berücksichtigung der äußeren Verhältnisse – das Gleiche, 5 weil mir schien, als ob Ihr etwas ängstlich nach der Richtung wäret, nun die Heirath möglichst bald zu ermöglichen (wofür sich ja mancherlei Gründe denken lassen). Es ist doch mit einem verheiratheten jungen Sekondeleutnant6 so eine Sache, auch bezüglich der
c [sp] > und 2 Valborg Jahn und Arthur Weber. 3 Hermann Schäfer, der Verlobte von Max Webers Schwester Lili. 4 Auf welche anfänglichen Schwierigkeiten im Verhältnis von Helene Weber zu Hermann Schäfer Max Weber hier anspielt, ist nicht aufgeklärt. 5 Der entsprechende Brief an Alfred Weber ist nicht nachgewiesen. 6 Arthur Weber war seit 1898 Leutnant (Secondelieutenant) bei den Garde-Pionieren in Berlin. Dies war der niedrigste Offiziersdienstgrad.
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Stellung der Frau. Aber schließlich kann ich das Alles aus der Ferne nicht so beurteilen wie Ihr dort. Für uns sind pekuniäre Arrangements |:Eurerseits,:| vorerst nicht notwendig, bis Herbst übers Jahr halten wir es jedenfalls erst einmal aus. Bis dahin fi ndet sich vielleicht für mich Gelegenheit und Möglichkeit zu Gelderwerb, wenn es weiter besser wird. – Wie? Das weiß ich freilich noch nicht, |:kümmert mich aber auch z.Z. nicht:|. Vielleicht Artikelschreiben etc. – Schon Delbrücks Äußerung7 beweist nur, daß es mit den „Preuß[ischen] Jahrbüchern“ schlecht steht. Für später könnte ja so was einmal in Frage kommen |:– etwa mit Alfred zusammen –:|, aber jetzt ist meine Arbeitskraft noch viel zu unstet |:u. die polit[ische] Lage nicht verlockend:|. Man muß eben abwarten u. ich habe auch zu viel nachzuholen, um jetzt, wenn es auch ginge, etwas Politisches zu unternehmen. Von meiner Stelle bin ich, bis auf die Seminardirektion, zurückgetreten.8 Um länger zu warten, müßte man dochd annehmen dürfen, ich könnte im Winter größere Collegs lesen. Das geht sicher nicht, denn das laute Sprechen ist dasjenige, was ich nicht leisten kann. Ob sie mich nun zum „Honorar“-Professor oder dgl. machen, ist wirklich recht nebensächlich.9 – Ich fahre in ca 3 Tagen nach Bologna, dann nach Mailand u. Lugano.10 Siena etc. verkneife ich mir, da es ein Umweg wäre, der besond[er]se kostete u. ich für Marianne noch ein kleines Kunstwerk kaufen (und heraussparen) möchte. Man weiß doch nicht, wann wir wieder hierher kommen. – Hier sieht man erst, welch ein grundhäßliches Nest eigentlich doch Rom ist. Und doch! Dort könnte ich lebenslang leben, hier schwerlich. Die historische Phantasie ist die Hauptsache, wer sie d 〈die〉
e Verderbte Stelle in O.
7 Auf welche Äußerung Hans Delbrücks, des Herausgebers der Preußischen Jahrbücher, sich Max Weber bezieht, ist nicht geklärt. 8 Max Weber war neben Karl Rathgen Direktor des Volkswirtschaftlichen Seminars der Universität Heidelberg. Trotz seines erneuten Entlassungsgesuchs strebte er eine weitere Beteiligung an der Seminardirektion an (vgl. den Brief an Ludwig Arnsperger vom 3. April 1902, oben, S. 820); sein Entlassungsgesuch aus dem Amt des Hochschullehrers hatte er kurz zuvor, am 26. März 1902, von Florenz aus erneut gestellt (vgl. den Brief an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, oben, S. 813–815, mit Editorischer Vorbemerkung). 9 Max Weber wurde erst nach seinem dritten Entlassungsgesuch als ordentlicher Honorarprofessor zum 1. Oktober 1903 in den Ruhestand versetzt (vgl. den Brief an Franz Böhm vom 8. April 1903, mit Editorischer Vorbemerkung, in: MWG II/4, S. 45–48). 10 Max Weber begann am 15. April 1902 seine Rückreise nach Heidelberg über Bologna, Mailand und Vercelli (Piemont).
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nicht hat, soll dort nicht hingehen. Das ist bei Dir doch ein Verdienst von Gervinus u. der alten Heidelberger Luft.11 – Doch nun will der Rücken – er hat so gut ausgehalten wie seit sehr lange nicht – defi nitiv nicht mehr. Also auf Wiedersehen im neuen, hoffentlich zunehmend schönen und reichen Lebensjahr! Herzlichst Dein Max Alfred stellte früher einmal in Aussicht, ev. Pfi ngsten zu kommen.12 Er ist uns stets willkommen, nur wird Marianne ev. nicht da sein u. reist [??] f13 je es mir (bei so kurzer Zeit) grade geht. Vielleicht kommt er im Herbst mit Dir einmal (ev. nachdem Ihr zusammen irgendwo, z. B. nachg der Insel Wight, gewesen? |:Du dachtest doch mal an so was?:|) Nun – Alles das nach der Hochzeit.14
f Ein oder zwei Worte unleserlich, Textverderbnis in O.
g Alternative Lesung: auf
11 Der Historiker Georg Gottfried Gervinus lebte zwischen 1848 und 1862 im Haus seines Freundes Georg Friedrich Fallenstein in Heidelberg, Helene Webers Elternhaus. Hier unterrichtete er auch die junge Helene. Diese erinnerte sich anläßlich ihres Besuchs bei Max und Marianne Weber in Rom im Oktober und November 1901 wieder an die Stunden der Homer-Lektüre mit Gervinus, denen sie, in den Worten Marianne Webers, „das Verständnis der Trümmerfelder“ verdanke (vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 21 und 264). 12 Pfingsten fiel 1902 auf den 18. Mai. 13 Marianne Weber bereitete sich darauf vor, an der Generalversammlung des Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium“ vom 8. bis 10. Mai 1902 in Kassel teilzunehmen (vgl. den Brief Marianne Webers an Helene Weber vom 22. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Im Anschluß daran plante sie offensichtlich noch weitere Reisen. 14 Die Heirat von Lili Weber und Hermann Schäfer war für Ende Juli/Anfang August 1902 geplant.
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Marianne Weber PSt 12. April 1902; PSt Florenz Zwei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die beiden Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1) und 2) versehen; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Abbildungen zeigen Bildmotive aus Florenz.
1) L. Schn. Hier regnet es in Strömen [,] so daß der Abschied nicht so schwer fallen wird – Montag oder Dienstag, je nachdem wann Nachricht von Herrn Pisani eintrifft,1 die ich erwarten möchte. Jetzt ist hier noch eine Dame eingetroffen – Typus der „Zangen“, 2 nur harmloser, aber dumm und ungebildet, geniert mich aber nicht sehr. – Ich werde wohl 3 Tage, bis jedenfalls Donnerstag, in Bologna (Adresse ferma in posta) bleiben, dann je nach dem gleich nach Vercelli oder über Parma, Modena, Mailand.3 – Mit Tröltsch’s das ist ja
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2) recht betrüblich war aber freilich zu befürchten.4 Ob Du wohl sonst Jemand siehst[?] Laß Dir von den Leuten nicht zusetzen, ich werde mich mit ihnen schon einigen, wenn ich erst da bin. Ich verlange nur, daß man meine Ansicht nicht einfach als „Donquixoterie“ etc ansieht, denn ich habe sie mir lange, ruhig und nüchtern überlegt. Im Übrigen tangiert mich die Sache wie gesagt nicht tief. Ruh’ Dich auch aus, besonders wenn Du unwohl bist! Herzlichst Dein Max 1 Am 14. April 1902 berichtete Marianne Weber ihrem Mann vom Eintreffen einer Karte von Pietro Pisani aus Vercelli (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), der sich sehr auf den bevorstehenden Besuch von Max Weber freue. Weber hatte ihn wegen eines Besuchstermins angefragt (vgl. die Karten an Marianne Weber vom 11. April 1902, oben, S. 826 f.). Zu Webers Besuch in Vercelli vgl. den Brief an Marianne Weber vom 18. April 1902, unten, S. 840–842. 2 Anspielung unklar. 3 Max Weber reiste am Dienstag, den 15. April 1902, von Florenz ab und über Bologna, Mailand und Vercelli (Piemont) zurück nach Heidelberg. 4 Sachverhalt unklar.
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Marianne Weber PSt 14. April 1902; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schnauz!
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Die übliche Frühjahrs-Erkältung verschaffte mir ein paara schlechte Nächte und Tage. Daher fahre ich erst morgen nach Bologna, von dort Donnerstag Abend oder Freitag früh nach Vercelli (ferma in posta).1 Wenn Ihr vielleicht schon Sonntag beinahe fertig seid, kann ich natürlich gerne schon Sonntag Abend kommen, 2 nur muß ich sicher sein, daß Ihr Euch nicht abhetzt, da ich grade so gut noch fortbleiben kann. – Also steht es bei Tr[oeltsch]’s doch innerlich erfreulich.3 Nun bin ich begierig, ob man von Charlottenburg Gutes hört.4 Ich habe Mama ein bischen beruhigend auf Alfreds Brief hin geschrieben.5 Herzl. Gr. u. K. Dein Max
a O: par 1 In Vercelli wollte Max Weber Pietro Pisani aufsuchen. 2 Marianne Weber organisierte in Heidelberg den Einzug in die neue Wohnung in der Hauptstraße 73. Max Weber traf am Sonntag, den 20. April 1902, abends, wieder in Heidelberg ein. 3 Sachverhalt unklar. Gemeint ist das zwei Tage zuvor bereits angesprochene Ehepaar Troeltsch (vgl. die Karten an Marianne Weber vom 12. April 1902, oben, S. 832). 4 Helene Weber antwortete Max Weber am 18. April 1902 auf seinen Geburtstagsbrief vom 12. April 1902 (oben, S. 828–831) und Alfred Weber schrieb am 19. April 1902 aus Charlottenburg (beide Briefe Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Sie berichteten über den Besuch von Valborg Jahn und ihrer Mutter Elisabeth, die Alfred Weber als sehr lebhafte Norwegerin charakterisierte, sowie über den Stand der Vorbereitungen für die Ende Juli/Anfang August geplante Hochzeit von Lili Weber und Hermann Schäfer. Zudem fragte Alfred Weber seinen Bruder, ob er nach der Rückkehr nach Heidelberg neue Schüler und Doktoranden annehmen wolle (vgl. dazu den Brief an Alfred Weber, vor dem 30. Juli 1902, unten, S. 855, Anm. 7). 5 Vgl. den Brief an Helene Weber vom 12. April 1902, oben, S. 828–831, mit Editorischer Vorbemerkung.
834
15. April 1902
Marianne Weber PSt 15. April 1902; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Ansichtskarte trägt den Poststempel von Florenz, zeigt jedoch ein Bildmotiv von Bagni della Porretta. Max Weber befand sich – wie aus dem folgenden hervorgeht – auf dem Weg von Florenz nach Bologna; Porretta liegt auf der halben Wegstrecke. Vermutlich hat er dort einen Zwischenstop gemacht und jemandem die Ansichtskarte auf die Post nach Florenz mitgegeben.
Auf dem Weg nach Bologna L. Schn. Der Schnupfen blüht noch etwas, aber sonst geht es leidlich. Attilia1 wollte mir doch wahrhaftig einen Korb mit carciofi u. fi nocchi2 für Dich mitgeben in ihrer Dummheit und planlosen Güthe. Nun jetzt bin ich die Unterhaltungen los! Noch ist der Frühling erst eben voll u. schon ist die Hitze ganz gewaltig. Hoffentlich fi nde ich in Bologna gute Nachrichten von Dir. Schreib mir also nach Vercelli wann ich kommen soll.3 Herzlichen Gruß u. Kuß Dein Max
1 Gemeint ist Attilia Clerc, die Inhaberin der Pension, in der Max Weber in Florenz wohnte. 2 Artischocken und Fenchel (finocchio). 3 Marianne Weber richtete mit ihrem Dienstmädchen Bertha Schandau die neue Wohnung in der Hauptstraße 73 ein.
5
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16. April 1902
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Marianne Weber PSt 16. April 1902; PSt Bologna Fünf Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die fünf Postkarten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2), 3), 4) und 5) versehen; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Alle fünf Bildmotive zeigen Sehenswürdigkeiten in Bologna.
1) L. Schn.
5
Schönen Dank für Deinen Brief mit Einlage,1 die ja sehr erfreulich klingt.2 Ich bin in diesem merkwürdigen Nest – mit ganz sinnlosen schiefen Türmen, Kirchen 2) im Zustande der Bauten der Prati di Castello, 3 schönen Bogengängen durch die ganze Stadt, gothischen Backsteinpalazzi u.
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3) Rafaels hl. Caecilia4 in einer kleinen Studentenkneipe à la Fiorelaa5 in Rom untergekrochen, wo die Existenz fast nichts kostet,
a Alternative Lesung: Fiorele 1 Es handelt sich um Marianne Webers Brief vom 14. April 1902, dem sie einen Brief von Helene Weber an sie, geschrieben am 8. und 10. April 1902, beigelegt hatte (beide Briefe Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Vgl. dazu die zwei Karten an Marianne Weber vom 17. April 1902, unten, S. 838 mit Anm. 5. 3 Gemeint ist ein damals in Rom neu angelegter Stadtteil, nördlich der Engelsburg am rechten Tiberufer auf den ehemaligen Burgwiesen, mit „langen regelmäßigen Straßenzügen, mit vielstöckigen häßlichen Häusern“ (vgl. Baedeker, Karl, Italien von den Alpen bis Neapel. Kurzes Reisehandbuch, 5. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1903, S. 264). 4 Raffaels Gemälde war in der Pinacotéca von Bologna zu sehen. Es galt als die „Perle der Galerie“. Der Baedeker wies besonders darauf hin und beschrieb das Gemälde von ca. 1515 eingehend (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 355–357). 5 Zu den „anspruchsloseren“ Trattorien in Rom zählte auch „Fiorelli, Via delle Colonnette 4“ (Baedeker, Karl, Mittel-Italien und Rom. Handbuch für Reisende, 13. Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker 1903, S. 140; hinfort: Baedeker, Mittel-Italien).
836
16. April 1902
4) die Sauberkeit etwas problematisch u. der Straßenlärm so wie im Hotel Bellevue ist.6 Der Schlaf ist deshalb etwas begrenzt. Aber es geht erträglich [.] 5)
5
Nun hoffe ich nur, daß Du Dich ausgeruht hast zwischendurch, sonst treffe ich Dich ja ganz tot an. Also schreib nach Vercelli, wann ich kommen soll. Ich schreibe o. telegraphiere dann [.] Herzlichen Gruß u. Kuß Dein Max
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6 Im Hotel Bellevue in Rom, Via Nazionale 163, hatten sich Max und Marianne Weber Mitte März 1901 nach ihrem Korsika-Aufenthalt zunächst niedergelassen. Marianne Weber zufolge sei dort der „Straßenlärm nicht ohne“ gewesen (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [17. März 1901], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
17. April 1902
837
Marianne Weber PSt 17. April 1902; PSt Mailand Zwei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die beiden von Max Weber auf der Fahrt von Bologna nach Mailand geschriebenen Karten sind fortlaufend beschrieben und jeweils adressiert. Beide Ansichtskarten zeigen Motive aus Bologna; das Bildmotiv der zweiten Karte – eine Ansicht des 1109 erbauten Bologneser Geschlechterturms Torre Asinelli – kommentiert Weber über dem Bild: „Ein blödsinniger Eiffelturm aus dem XII. Jahrh[undert]!“
Auf dem Wege nach Mailand. L. Schn.
5
Ich habe Parma [,] wo ich Correggio’s1 wegen eigentlich noch hinwollte, drangegeben um gleich nach Mailand zu gehen u. ev. schon morgen nach Vercelli2 zu können, wenn Fra Diavolo3 es erlaubt. In dem Räuberquartier in Bologna4 wollte ich doch auch nicht [2]
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noch eine Nacht zubringen. Der Lärm ist zu ohrenzerreißend [.] – Eventuell bleibe ich in Orta oder am Lago Maggiore noch. Übereil Dich nicht.
1 Der italienische Renaissancemaler Antonio da Correggio (eigentlich Antonio Allegri) war hauptsächlich in Parma tätig gewesen, seine Gemälde bildeten den wichtigsten Teil der Sammlungen der dortigen Gemäldegalerie. Die Stadt ehrte ihn zudem seit 1870 mit einem Standbild vor dem Palazzo Municipale (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 318 und 321). 2 Wohnsitz von Pietro Pisani, den Max Weber noch aufsuchen wollte. Vgl. dazu den Brief an Marianne Weber vom 18. April 1902, unten, S. 840–842. 3 Zu diesem Begriff, mit dem Max Weber seine sexuellen Beschwerden umschrieb, vgl. seinen Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529, Anm. 2. 4 Vgl. dazu Max Webers Beschreibung auf der 3. und 4. Karte vom 16. April 1902, oben, S. 835 f.
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17. April 1902
Mamas Brief ist doch eigentlich höchst erquicklich, nun ist sie wieder in Ekstase.5 Da hätte ich meinen Brief gar nicht zu schreiben brauchen.6 Geh doch nach Kassel ev. Berlin!7 Schönsten Gruß Dein Max
5 In ihrem Brief an Marianne Weber vom 8. und 10. April 1902, den Marianne Weber Max Weber am 14. April 1902 mitgeschickt hatte, zeigte sich Helene Weber voller Tatendrang (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Zwar klagte sie über sehr viel Arbeit im Zusammenhang mit dem Besuch von Valborg Jahn, Arthur Webers künftiger Frau, und deren Mutter Elisabeth, die sie zudem mit ihrer Lebhaftigkeit sehr in Beschlag nähme, schmiedete aber zugleich auch Zukunftspläne. Die Hochzeit von Lili Weber und Hermann Schäfer werde für die letzte Juli- oder erste Augustwoche geplant, als Pfarrer für die Trauung wolle sie Otto Baumgarten oder vielleicht sogar Friedrich Naumann gewinnen. Außerdem schlug sie Marianne Weber vor, mit ihr zusammen an der Generalversammlung des Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium“ vom 8. bis 10. Mai 1902 in Kassel teilzunehmen. Sie wolle auch Valborg Jahn nach Kassel mitbringen, um sie ihr vorzustellen. Darüber hinaus lud sie Marianne Weber im Anschluß an die Tagung in Kassel nach Berlin ein. Das Reisegeld dafür wollte sie Max Weber zum Geburtstag schenken. 6 Den Brief an Helene Weber vom 12. April 1902, oben, S. 828–831. 7 Vgl. Anm. 5.
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17. April 1902
Marianne Weber [17. April 1902]; PSt Mailand Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist aus dem Kontext, den vorausgegangenen Karten und der Tagesangabe „Donnerstag“ erschlossen. Die Karte trägt als Bildmotiv einen Ausschnitt des Mailänder Doms.
Donnerstag
5
Es geht so weit ganz ordentlich. Ich fahre heut Nachm[ittag] nach Vercelli.1 Herzl. Gruß Max
1 Wohnort von Pietro Pisani. Max Weber war auf dem Weg, ihn dort zu besuchen.
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18. April 1902
Marianne Weber 18. April [1902]; Vercelli Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist aus dem Briefinhalt erschlossen.
Vercelli 18/4 Lieber Schnauz Ich habe – allerdings mit Codeïna – erträglich geschlafen,1 trotzdem die demokratische Zuthunlichkeit der guten Leute hier gestern etwas strapazierend war. Ich sollte durchaus auch bei ihnen schlafen, was ich aber doch nicht that, um lange im Bett liegen zu können. Der ziemlich zapplige, constant sprechende College Pisani, 2 2) dessen schon etwas tatteriger 88 jähriger Vater, ein wandelndes Skelett,b Schuster seines Zeichens, jetzt im Ruhestand 3) der Bruder, jetzt Inhaber der Schusterei, die eine Schuhwarenhandlung wird, 4) die Schwester,3 mit Brille, sehr einfach, fast immer in der Küche, warmc um meine Ernährung bemüht, mit Hülfe von allerhand ihnen offenbar etwas ungewohnten complizierten Gerichten, bei konstanter lebhaftester Unterhaltung. Kein Mensch würde sie für Katholiken halten, der ganze Typus ist ana O: Codëin
b 〈 – sein Bruder〉
c Alternative Lesung: waren
1 Codein zählt zu den narkotisierenden und schmerzstillenden Mitteln. Max Weber nahm seit längerem verschiedene Schlafmittel (vgl. dazu auch den Brief an Marianne Weber aus Urach, um den 23. Juli 1900, oben, S. 751 mit Anm. 4). 2 Ob das Ehepaar Weber Pietro Pisani in Rom kennengelernt hatte, ist unklar. Eine nähere Bekanntschaft entwickelte sich möglicherweise über Marianne Weber. Auf ihrer Zugfahrt nach Straßburg Anfang Juli 1901 (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zur Karte an Marianne Weber vom 7. Juli 1901, oben, S. 778) hatte sie, wie sie schrieb, mit Pisani „Freundschaft“ geschlossen. Der an der „sozialen Frage“ äußerst interessierte Priester fuhr damals nach Freiburg, wo er stets seine Ferien verbrachte (Karte von Marianne Weber an Max Weber vom 6. Juli 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Pisani, Anhänger des „sozialen Katholizismus“, war 1899 über den Erzbischof von Vercelli mit Lorenz Werthmann in Kontakt gekommen und unterstützte seither dessen 1896 gegründetes italienisches Arbeitersekretariat in Freiburg (vgl. Trincia, Luciano, Migration und Diaspora. Katholische Kirche und italienische Arbeitseinwanderung nach Deutschland und in die Schweiz vor dem Ersten Weltkrieg. – Freiburg: Lambertus 1998, S. 172–179). Pisani veröffentlichte verschiedene Artikel zur italienischen Emigration. Als Max Weber ihn besuchte, war sein Artikel über italienische Arbeitsemigranten nach Süddeutschland gerade im Erscheinen (Pisani, Pietro, Note statistiche sull‘emigrazione italiana nella Germania meridionale, in: Rivista Internazionale di Scienze Sociali e Discipline Ausiliarie (Milano: Vita e Pensiero), Band 38, Nr. 112, April 1902, S. 539–554). 3 Vater, Bruder und Schwester von Pietro Pisani sind nicht ermittelt.
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18. April 1902
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ders als bei uns, – sie sind sich aber auch der Überlegenheit des deutschen Katholizismus sehr bewußt – die Duckmäusrigkeit imponiert ihnen, sie fi nden Alles so viel „frommer“ in deutschen kathol[ischen] Familien. Mir war die Sache im Ganzen recht erquicklich, nur wie gesagt etwas viel. Er bat sehr dringend um Zusendung Deines Büchchens,4 sprach im Übrigen über Gott u. die Welt, römische Frage, Cooperative, 5 Pabst,6 F.X[.] Kraus,7 Spahn,8 Index9 etc. etc. Wenn er so erzählte, wie einem seiner Collegen, einem prete molto grasso,10 auf ihrem pellegrinaggio11 in Rom alle Knöpfe der schlechten Hose, died Bocconi12 ihm verkauft, abgesprungen, u. er, da es für einen Priester doch unschicklich, dieserhalb die ragazza des Hauses zu bemühen, sich Bindfaden verschafft u. die Hose über seinem Bauch zusammengeschnürt – Alles im Beisein der Schwester, so wußte man [,] daß man in Italien war. – Ich bleibe heut
d 〈bottoni〉 4 Gemeint ist: Weber, Marianne, Fichte’s Sozialismus. 5 Welche Genossenschaften oder Gewerkschaften gemeint sein könnten, ist nicht geklärt. 6 Gemeint ist vermutlich der Laientheologe und Arzt Johann Heinrich Pabst. 7 Als besonderer Kenner der Verhältnisse im Vatikan beriet der katholische Theologe Franz Xaver Kraus in den 1890er Jahren Kaiser Wilhelm II. (vgl. dazu Schiel, Hubert, Art. Kraus, Franz Xaver, in: Neue Deutsche Biographie, Band 12. – Berlin: Duncker & Humblot 1980, S. 684 f.). 8 1901 hatte die Berufung des katholischen Historikers Martin Spahn, Sohn des Zentrumspolitikers Peter Spahn, auf einen neuen Lehrstuhl für Geschichte in Straßburg zu einem der schärfsten Hochschulkonflikte im Kaiserreich geführt. Anstoß bot nicht nur die Tatsache, daß Martin Spahn Katholik war, durch dessen Berufung die Verhandlungen mit dem Vatikan über die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät in Straßburg im Vorfeld erleichtert werden sollten, sondern auch die rücksichtslose Art der Durchsetzung der Berufung, ohne Befragen der Fakultät, durch den Hochschulreferenten im Preußischen Kultusministerium Friedrich Althoff. Durch die Bindung der Professur an die Konfession sah man zudem die Unabhängigkeit der Wissenschaft gefährdet. Vgl. zum „Fall Spahn“ Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1866–1918, 1. Band: Arbeitswelt und Bürgergeist. – München: C.H. Beck 1990, S. 574. 9 In Auseinandersetzung mit dem Reformkatholizismus wurde unter Papst Leo XIII. der Index der verbotenen Bücher ergänzt. Vgl. Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 3. Band: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849–1914. – München: C.H. Beck 1995, S. 1182 f. 10 Ital. für: ein sehr dicker Priester. 11 Ital. für: Pilgerfahrt. 12 „Fratelli Bocconi, Corso Umberto I“ war eines der führenden Bekleidungsgeschäfte in Rom (Baedeker, Mittel-Italien (wie oben, S. 835, Anm. 5), S. 147).
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18. April 1902
hier, die Kirche S [.] Andrea13 ist nächst dem Dom v. Pisa14 u. S [.] Croce15 die schönste, die ich hier gesehen habe – u. fahre morgen früh nach Bellinzona oder Lugano, je nachdem Deine Nachrichten, die ich gleich mir holen werde, lauten. – Bis jetzt ist nichts von Dir da. – Also abwarten. Herzlichst Dein Max
13 Über die Kirche im Bischofssitz Vercelli heißt es im Baedeker: „großartige Kirche S. Andrea, 1219 gegründet, mit Kuppel und Westtürmen nach nordischen Mustern, innen frühgotisch.“ (Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 73). 14 Max und Marianne Weber waren Mitte März 1901 im Anschluß an ihren Korsika-Aufenthalt über Pisa nach Rom gereist (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber, undat. [17. März 1901], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 15 Gemeint ist die gotische Kirche S. Croce in Florenz, die 1294 für die Franziskaner erbaut wurde (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 510–513).
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16. Mai 1902
843
Franz Böhm 16. Mai 1902; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, 52/XIV Bezug: der Brief des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an Max Weber vom 12. Mai 1902 (das Original ist nicht nachgewiesen, vgl. aber das Briefkonzept in: GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 49). Nach dem Erhalt des (zweiten) Entlassungsgesuchs von Max Weber vom 26. März 1902 (vgl. oben, S. 813–815, mit ausführlicher Editorischer Vorbemerkung) sowie des Urlaubsgesuchs für das SS 1902 vom gleichen Tag (oben, S. 817 f.) teilte das Ministerium der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg am 30. April 1902 seine Absicht mit, Max Weber erneut zum Verbleib im Amt zu bewegen, und forderte sie zugleich auf, ihrerseits dazu Stellung zu beziehen (GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 46; UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 500). Die Fakultät begrüßte einstimmig den „geplanten Versuch des Großherzoglichen Ministeriums, Professor Weber zur Zurücknahme seines Zuruhesetzungsgesuchs zu bestimmen“ und schlug vor, für den Fall, daß Max Weber dazu zur Zeit nicht bereit sei, ihm das Ordinariat vorläufig noch bis zur vollen Gesundung freizulassen und „seine Berufsausübung entsprechend“ zu erleichtern (Brief vom 6. Mai 1902, GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 47; vgl. auch den Beschluß der Philosophischen Fakultät vom 3. Mai 1902, UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 499). Am 12. Mai 1902 teilte das Ministerium Max Weber daraufhin seine unter Berücksichtigung der Fakultätsbeschlüsse gefaßten Entscheidungen mit. Um Weber zur Zurücknahme seines Entlassungsgesuchs zu bewegen, bewilligte das Ministerium ihm nicht nur, wie schon zuvor, das Urlaubsgesuch (für das SS 1902), sondern stellte ihm auch in Aussicht, daß weitere Urlaubsgesuche nicht mehr nötig seien, sofern er auch nur teilweise seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen könnte. Diese sollte großzügig geregelt werden: „Was das weitere Gesuch um Entlassung aus Ihrem Amte und Überführung unter die nicht etatmäßigen Mitglieder des Lehrkörpers der Universität Heidelberg anlangt, so möchten wir Euer Hochwohlgeboren – gestützt auf den einstimmigen Wunsch der philosophischen Fakultät – ergebenst ersuchen, die Bitte um Zurruhesetzung zurückzunehmen. Da nach Ihren Mitteilungen sich Ihre Gesundheit in so erfreulicher Weise gebessert hat, daß Sie im nächsten Wintersemester voraussichtlich im Stande sein werden, die Seminarleitung wieder zu übernehmen, scheint uns ein zwingender Grund für Ihr Gesuch nicht vorzuliegen. Es versteht sich von selbst, daß wir Sie bis zur völligen Wiederherstellung Ihrer Gesundheit von der Abhaltung Ihrer Hauptvorlesungen entbinden würden“ (vgl. das Briefkonzept in: GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 49, enthalten in der Vorlage des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts für das Staatsministerium vom 12. Mai 1902, ebd., Bl. 48–49). Wie aus einem handschriftlichen Vermerk Franz Böhms auf dem Schreiben Max Webers hervorgeht, erhielt er dieses am 17. Mai 1902 und beantwortete es am 18. Mai 1902 (vgl. dazu auch den Brief Max Webers an Franz Böhm vom 22. Mai 1902, unten, S. 845). Das Schreiben trägt darüber hinaus am Briefkopf den handschriftlichen Vermerk Marianne Webers „Diktiert.“
844
16. Mai 1902
Heidelberg, 16. Mai 1902 Hochgeehrter Herr Ministerialrath, das Schreiben des Großherzoglichen Ministeriums vom 12. d.M. verschließt mir schon durch seine für mich so überaus ehrenvolle Form die Möglichkeit mich dem darin enthaltenen Angebote zu entziehen. Bei dem generösen Standpunkt, auf welchen sich das Großherzogliche Ministerium stellt, mag es demselben vielleicht kleinlich erscheinen, wenn ich bei Zurücknahme meines Entlassungsgesuchs entscheidendes Gewicht darauf lege, daß in meinen Gehaltsverhältnissen eine Änderung eintritt. Gleichwohl wäre es mir unmöglich von dieser schon früher gelegentlich gestellten Bitte1 diesmal Abstand zu nehmen, und gestatte ich mir – lediglich um meinerseits einen bestimmten Antrag zu stellen – die Bitte, von meinem Gehalt etwa einen solchen Bruchteil zu streichen, daß der mir verbleibende Rest dem im Fall zeitweiliger Zuruhesetzung üblicherweise gewährten Gehalte entspricht.2 Sollte es angängig sein, einen Teil des gestrichenen Betrages gelegentlich sachlichen Unterrichtszwecken zuzuwenden, so würde mir dies im Interesse des Seminars ganz besonders erfreulich sein. 3 Vielleicht darf ich mir erlauben, Euer Hochwohlgeboren im Laufe der nächsten Wochen auf Ihrem Bureau aufzusuchen.4 Für jetzt gestatte ich mir die Bitte, auch Seiner Excellenz, dem Herrn Minister5 meinen ehrerbietigsten und ergebensten Dank auszusprechen [.] Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst a Professor Max Webera a Eigenhändig. 1 Vgl. den Brief an Ludwig Arnsperger vom 23. April 1900, oben, S. 734 f. 2 Wie aus der Mitteilung des Ministeriums an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 21. Mai 1902 hervorgeht, wurde Max Weber die Beurlaubung für das SS 1902 bzw. bis zu Beginn des WS 1902/03 bei vollem Diensteinkommen, d. h. ohne jegliche Abzüge, gewährt (GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 134; vgl. auch UA Heidelberg, PA 2408). 3 Da Max Weber weiterhin sein volles Gehalt erhielt, spendete er vom 15. Oktober 1902 (bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 1. Oktober 1903) vierteljährlich mehr als die Hälfte seines Gehalts, d. h. 900 von 1500 Mark pro Quartal, für Seminarzwecke, insbesondere für Fachliteratur und für die Förderung hervorragender Seminararbeiten (vgl. das Schreiben des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts an Max Weber sowie den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 21. Okt. 1902, in: GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 56; vgl. auch Hentschel, Wirtschaftswissenschaften, S. 221). 4 Vgl. dazu den Brief an Franz Böhm vom 22. Mai 1902, unten, S. 845. 5 Alexander Freiherr von Dusch.
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22. Mai 1902
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Franz Böhm 22. Mai 1902; Heidelberg Brief; eigenhändig GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, 52/XIV Der Brief setzt die Korrespondenz mit dem badischen Hochschuldezernenten, Franz Böhm, über das Entlassungsgesuch Max Webers vom 26. März 1902 fort (vgl. dazu den Brief an Franz Böhm vom 16. Mai 1902, oben, S. 843 f., mit Editorischer Vorbemerkung). Franz Böhm erhielt und beantwortete das im folgenden edierte Schreiben am 23. Mai 1902, wie seinem handschriftlichen Vermerk am Briefkopf zu entnehmen ist. Das Antwortschreiben selbst ist nicht nachgewiesen. In der Folge kam es am Samstag, dem 24. Mai 1902, zu einem persönlichen Treffen Max Webers mit dem Hochschuldezernenten in Karlsruhe. Während dieses Treffens zog Max Weber sein Entlassungsgesuch „mündlich“ zurück (vgl. die Aktennotiz Franz Böhms vom 11. Juni 1902, in: GLA Karlsruhe, 235/2643, Bl. 55). Unmittelbar nach dem Treffen teilte Max Weber seine Entscheidung der Heidelberger Philosophischen Fakultät mit (vgl. den Brief an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 24. Mai 1902, unten, S. 849).
Heidelberg 22. V. 02 Hochgeehrter Herr Ministerialrath!
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Zufolge Ihres gütigen Schreibens1 werde ich mir erlauben, diesen Sonnabend zwischen 12 und 1 auf Ihrem Bureau vorzusprechen. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ew. Hochwohlgeboren ergebenster Max Weber
1 Wie sich dem handschriftlichen Vermerk Franz Böhms auf dem Brief Max Webers an ihn vom 16. Mai 1902 (vgl. oben, S. 843 f., mit Editorischer Vorbemerkung) entnehmen läßt, hatte er am 18. Mai 1902 geantwortet.
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23. Mai 1902
Verlag H. Laupp 23. Mai [1902]; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahresdatum ist aus dem Poststempel und dem Verlagsvermerk: „24/5.02 beantw[ortet]“ erschlossen. Die Karte steht im Zusammenhang mit der Drucklegung des dritten Heftes der Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ von Alfred Klee (Klee, Landarbeiter); vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 12. September 1898, oben, S. 579–581, mit Anm. 9.
Heidelberg 23. V. Herrn H. Laupp’s Verlag Tübingen. Ich erhielt Ihre Rechnung d[es] D[atums] 17. V. [,]1 die ich richtig fand, und bitte Sie, dieselbe dem Autor, Herrn Dr Klee, zustellen zu wollen. Für den Eingang habe ich lt. Vertrag2 aufzukommen. Hochachtungsvoll Prof. Max Weber
1 Vgl. den Durchschlag (Kopie) der Rechnung vom 17. Mai 1902 über 10 15/16 Bogen in Höhe von 505, 85 Mark (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Laut § 2, III, Absatz 1, des Verlagsvertrags hatte Max Weber als Herausgeber der Reihe Zuschüsse von jeweils 46,25 Mark pro Heft und Bogen zu garantieren, wobei er frei entscheiden konnte, wie die Anteile zwischen ihm und dem jeweiligen Verfasser verteilt werden sollten (vgl. „Verlags-Vertrag Zwischen Herrn Professor Dr. Max Weber in Heidelberg und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen, vertreten durch ihren Besitzer, Herrn Paul Siebeck“ vom 30. Januar 1899, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), V3, Ältere Verlagsverträge, Laupp, K – Z; vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 22. Jan. 1899, oben, S. 630).
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Marianne Weber [23. Mai 1902; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind aus dem Briefinhalt in Verbindung mit der Tagesangabe erschlossen. Der 23. Mai 1902 war ein Freitag. Marianne Weber hielt sich einige Tage im Rahmen ihrer Vorstandsarbeit für den Bund Deutscher Frauenvereine in Berlin auf und wohnte während dieser Zeit bei Clara und Ernst Mommsen (vgl. die Karten von Marianne Weber an Max Weber vom 23. und 26. Mai 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Freitag früh L [.] Schnauz –
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Es geht heut |:sehr viel:| besser, wenn auch die Erkältung noch sitzt; ich habe recht gut geschlafen. Wenn möglich, gehe ich morgen doch nach Karlsruhe.1 Gleichzeitig hiermit ein Brief des Gewerbeschulraths, 2 anliegend die Teppichwollprobe, um die Lili schrieb. Sage doch Alfred, daß ich unmöglich von hier aus mich in die Frage des Verkaufs mischen kann. Ist wirklich schon vom Kapital gezehrt worden, dann ist allerdings es Zeit, daß ein Ende gemacht wird, u. die Rechnung ist ja in jeder Hinsicht nur zu plausibel.3 Ich dachte, wir
1 Zum bevorstehenden Treffen Max Webers mit dem badischen Hochschuldezernenten am 24. Mai 1902 in Karlsruhe vgl. den Brief Max Webers an Franz Böhm vom 22. Mai 1902, oben, S. 845, mit Editorischer Vorbemerkung. 2 Der Sachverhalt ließ sich nicht klären; es dürfte sich um den Gewerbeschulrat in Heidelberg handeln. 3 Helene Weber wollte schon länger das zu groß gewordene Haus in der Leibnizstraße (Berlin-Charlottenburg) verkaufen. Angesichts der bevorstehenden Hochzeiten von Lili Weber und Arthur Weber war diese Frage dringlich geworden. In diesem Zusammenhang hatte Alfred Weber seinem Bruder einen Brief mit Kaufangeboten für die Webersche Familienvilla geschickt, wie sich der Karte Marianne Webers an Max Weber vom 23. Mai 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) entnehmen läßt. Einer parallel dazu ebenfalls von Alfred Weber im Auftrag von Helene Weber erstellten Vermögensübersicht zufolge reichten die Kapitalzinsen, die Helene Weber aus ihrem beträchtlichen Vermögen zog, nicht mehr zur Deckung der Kosten aus. Dieser Aufstellung zufolge betrug das Kapitalvermögen 530 000 Mark; der Wert des Grundstücks wurde auf 240 000 Mark veranschlagt. Mit einer jährlichen Verzinsung von nur 3,5–4%, wie es hier heißt, werde aber mehr ausgegeben als eingenommen. Angesichts der Tatsache, daß Lili Weber mit 30 000 Mark Mitgift ebensoviel erhalten werde wie Clara Weber bei ihrer Hochzeit, müsse Arthur mit seiner Hochzeit bis nach dem Verkauf des Hauses warten. Arthur Weber müsse,
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23. Mai 1902
könnten besser fortkommen, da s.Z.4 die Bedeutung der schlechten Conjunktur mit ganz leidlichen Gründen von den Maklern bestritten wurde. Aber was hilft’s. Natürlich sind wir mit Allem einverstanden, was sie dort für zweckmäßig halten. Ich nahm ja nur Anstoß daran, daß zur Beschleunigung der Heirath 5 um jeden Preis verkauft werden sollte. Die andern Gründe kannte ich nicht. – Papple nicht zu viel, schlaf gut, grüße Clara u. Ernst[,] Mama u. Alfred Herzl. Kuß Dein Max
da er „als Offizier in seiner Lebenshaltung ziemlich gebunden“ sei, „mit weniger als 8000 Mk. im Jahr, also neben seiner Gage (1800 Mk) mit 4–6000 Mk Zuschuß“ auskommen. Dieser Zuschuß solle gemäß den Vermögensverhältnissen zwischen den Familien Weber und Jahn aufgeteilt werden. „Ich hoffe Arthur 4000 MK im Jahr künftig geben zu können.“ (Vgl. die Aufstellung des Vermögens der Familie Weber, ca. Frühjahr 1902, im Namen Helene Webers von der Hand Alfred Webers, ebd., Schachtel 31, Varia; vgl. auch Roth, Familiengeschichte, S. 549–552). 4 Anfang 1898, als es bereits konkrete Verkaufsverhandlungen mit Maklern gegeben hatte. Vgl. die Briefe von Alfred Weber an Max Weber vom 17. und 31. Jan. 1898, beide Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, sowie hier den Brief an Helene Weber vom 14. April 1898, oben, S. 482 f. mit Anm. 6. 5 Gemeint ist die Heirat von Max Webers Bruder Arthur und Valborg Jahn. Da Arthur Weber nur den niedrigsten Offiziersdienstgrad bekleidete und Valborg Jahn ohne große Mitgift war, mußte sie weitgehend aus dem Vermögen von Helene Weber bestritten werden (vgl. Anm. 3). Helene Weber war daher mit Besorgnis im April 1902 in die Verhandlungen mit Valborgs Mutter, Elisabeth Jahn, gegangen. Zu Max Webers Bedenken vgl. seinen Brief an Helene Weber vom 12. April 1902, oben, S. 828–831, mit Editorischer Vorbemerkung. Zudem stand die Hochzeit von Lili Weber und Hermann Schäfer im August 1902 unmittelbar bevor.
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24. Mai 1902
Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg 24. Mai 1902; Heidelberg Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 501 Der Brief steht in Zusammenhang mit Max Webers Rücktritt von seinem zweiten Entlassungsgesuch vom 26. März 1902 (vgl. dazu die Briefe an Franz Böhm vom 16. und 22. Mai 1902, oben, S. 843 f., 845, jeweils mit Editorischer Vorbemerkung).
Heidelberg 24. V. 02. An die Philosophische Fakultät
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Das beifolgende Schreiben des Großh. Ministeriums an mich1 schließt m.E. nach Inhalt wie Form für mich die Möglichkeit aus, für jetzt meinen Antrag auf Dienstentlassung2 aufrechtzuerhalten, obwohl die erheblichen sachlichen Gründe, welche dafür sprechena, unverändert fortbestehen. Da das Großh. Ministerium auch bei mündlicher Aussprache3 auf seinem Verlangen beharrte, habe ich meinen Antrag zurückgezogen, was ich der Hohen Fakultät hiermit ergebenst anzeige. Professor Max Weber An die Philosophische Fakultät hier
a Alternative Lesung: sprachen 1 Gemeint ist das nur als Entwurf überlieferte Schreiben des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 12. Mai 1902 (vgl. dazu Max Webers Brief an Franz Böhm vom 16. Mai 1902, oben, S. 843 f., mit Editorischer Vorbemerkung). Das Original des Schreibens war auch den Fakultätsakten nicht beigefügt. 2 Vgl. den Brief Max Webers an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vom 26. März 1902, oben, S. 814 f. 3 Es handelt sich um das unmittelbar vorausgegangene Treffen mit dem badischen Hochschuldezernenten Franz Böhm am selben Tag, dem 24. Mai 1902 (vgl. dazu Max Webers Brief an Franz Böhm vom 22. Mai 1902, oben, S. 845, mit Editorischer Vorbemerkung).
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Carl Johannes Fuchs 28. Juni [1902]; Heidelberg Brief; von der Hand Marianne Webers mit eigenhändiger Korrektur und Zusätzen Max Webers UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391, Bl. 31–32 Das Jahresdatum ist aus dem Inhalt erschlossen. Der Brief steht in Zusammenhang mit einer Anfrage von Carl Johannes Fuchs an Max Weber, dem „Verein für ländliche Wohlfahrtspflege in Baden“ beizutreten, sowie dem weiteren Vorgehen in Bezug auf die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Nach der Kündigung durch Paul Siebeck, der die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ seit ihrer Gründung 1897 bis 1902 und der Vollendung von Band sechs verlegt hatte (vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 8. März 1902, oben, S. 809–812, mit Editorischer Vorbemerkung), suchten deren Herausgeber Carl Johannes Fuchs und Gerhart von Schulze-Gaevernitz sowie Karl Rathgen und Max Weber nach einem neuen Verlag. Möglicherweise dank der Vermittlung von Marianne Weber fanden sie ihn in der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe, deren Eigentümer, Richard Knittel, mit Marianne Weber befreundet war (vgl. den Brief Max Webers an Marianne Weber vom 23. August 1898, oben, S. 570 mit Anm. 3). Von Band sieben, Heft eins, an erschienen die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ in seinem Karlsruher Verlag (vgl. Engel, Eduard, Der Obstbau und Obsthandel im Großherzogtum Baden. – Karlsruhe: G. Braun‘sche Hofbuchdruckerei 1903). Die näheren Umstände des Abschlusses und der Ausgestaltung des Vertrags sind ebensowenig bekannt wie Korrespondenzen Max Webers mit Richard Knittel, da das Verlagsarchiv 1944 kriegsbedingt vernichtet worden ist.
Heidelberg 28. 6. Sehr geehrter Herr College, Sie werden sich einigermaßen gewundert haben, daß ich s.Z. garnicht auf Ihre freundliche Zuschrift u. Sendung reagiert habe. Ich trug aber zunächst Bedenken, als Einladender bei einem Vereinstage mitzuwirken, dessen weitere Ziele ich bis dahin noch nicht kennen zu lernen Gelegenheit hatte.1 (Dem Verein selbst will ich natürlich a|:da ich Sohnrey u [.] Sie persönlich kenne:|a gern beitreten) [.] 2 Sodann saß ich b|:einige Zeit:|b mit Influenza fest, und weiterhin wollte ich gern zua Eigenhändig.
b Eigenhändig.
1 Carl Johannes Fuchs war Begründer des „Vereins für ländliche Wohlfahrtspflege in Baden“, einer Landesorganisation des von Heinrich Sohnrey 1896 begründeten „Ausschusses für Wohlfahrtspflege auf dem Lande“. Fuchs hatte Max Weber offensichtlich gebeten, die diesbezügliche Einladung zur ersten konstituierenden Landesversammlung am 3. Juni 1902 in Karlsruhe ebenfalls zu unterzeichnen (vgl. die Einladung zur ersten Landesversammlung mit Satzungsentwurf, in: UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 880a:21). 2 Max Weber war seit 1893 mit dem Heimatschriftsteller Heinrich Sohnrey durch eine Reihe von Veröffentlichungen zu agrarpolitischen Fragen in dessen Zeitschrift „Das Land“
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gleich mit Ihnen über das Schicksal unsrer Abhandlungen in Correspondenz treten; war aber bisher noch nicht in der Lage, positive Vorschläge zu machen. Nun ist letzthin Dr. Knittel, den Sie ja kennen, mit seinem Anerbieten auch an mich herangetreten, u. da auch Rathgen grundsätzlich einverstanden ist, so scheint mir kein Hinderniß vorzuliegen, mit dem genannten Herrn, falls er günstige Bedingungen stellt, abzuschließen. Wesentliche Voraussetzung scheint mir dabei zu sein, daß wir nicht an so enge Schranken in Bezug auf das Quantum der ev. zu publizierenden Druckbogen gebunden werden, wie dies bei Siebeck zuletzt der Fall cwar undc daß mindestens die Höhe des ev. zu leistenden Zuschusses bei Überschreitung des Contingents, d|:falls ein solches festgesetzt wird:|d ganz bedeutend herabgesetzt wird. Ich werde meinerseits Herrn Dr. Knittel ersuchen, sich über diesen Punkt speziell zu äußern u. hoffe, daß es möglich sein wird unsre bisherige Publikationsgemeinschaft so auch für die Zukunft fortzusetzen. Vielleicht schreiben Sie gelegentlich eine Carte, ob Sie e|:u [.] SchulzeGävernitz:|e thatsächlich – wie ich nach Knittel’s Äußerungen annehmen muß – damit einverstanden sind, daß wir zu dem gedachten Herrn in Verlag gehen o. vielleicht noch einfacher, wenn Sie Rathgen in Baden treffen sollten, 3 sprechen Sie mit ihm darüber. Für Ihre Zusendungen besten Dank, mich interessierte ganz besonders die kleine populäre Arbeit,4 da ich aus eigenen früheren Versuchen auf dem Gebiet c Eigenhändig: war. Oder > war und
d Eigenhändig.
e Eigenhändig.
bekannt (Weber, Max, Die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über die Lage der Landarbeiter, in: MWG I/4, S. 120–153; ders., Wie werden einwandfreie Erhebungen über die Lage der Landarbeiter angestellt?, ebd., S. 154–156; sowie ders., Zwei neue Schriften zur Landfrage im Osten, ebd., S. 220–228). 1893/94 war Weber zudem als Preisrichter an einem Preisausschreiben der Zeitschrift „Das Land“ beteiligt (vgl. ausführlich dazu Mommsen, Einleitung, in: MWG I/4, S. 54 f.). Ob Max Weber dem badischen Verein für ländliche Wohlfahrtspflege später tatsächlich beigetreten ist, ist nicht ermittelt. Jedenfalls ist er nicht mehr an prominenter Stelle hervorgetreten. Vgl. ausführlich zum Kontext: Stöcker, Georg, Agrarideologie und Sozialreform im Deutschen Kaiserreich. Heinrich Sohnrey und der Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege 1896–1914. – Göttingen: V&R unipress 2011. 3 Anspielung auf das alljährlich im Sommer stattfindende Treffen der badischen Hochschullehrer in Baden-Baden (vgl. Max Webers Brief an Carl Johannes Fuchs vom 25. Mai 1898, oben, S. 490 mit Anm. 3). 4 Um welche Zusendungen es sich handelt, ist nicht ermittelt. Als kleine populärwissenschaftliche Arbeit kommt ein von Carl Johannes Fuchs 1902 in der Gehe-Stiftung zu Dresden gehaltener und im Jahrbuch der Stiftung im Mai oder Juni 1902 veröffentlichter Vortrag über Agrarpolitik in Frage (Fuchs, Carl Johannes, Die Grundprobleme der deutschen Agrarpolitik in der Gegenwart. Vortrag, gehalten in der Gehe-Stiftung zu Dresden am 15.
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der populären Schriftstellerei weiß, welche ungemeine Schwierigkeiten grade sie bietet.5 Mit bestem Gruß Ihr ergebenster fMax Weberf
f Eigenhändig. März 1902 (Jahrbuch der Gehe-Stiftung zu Dresden, Band 8, Heft 5). – Dresden: v. Zahn & Jaensch 1902). Das Vorwort stammt vom 1. Mai 1902 (ebd., S. 6). 5 Anspielung u. a. auf seine Artikel in der Zeitschrift „Das Land“ (wie Anm. 2, oben). Darüber hinaus veröffentlichte Max Weber 1894 und 1896 eine zweibändige populärwissenschaftliche Schrift zur „Börse“ in der von Friedrich Naumann herausgegebenen Göttinger Arbeiterbibliothek (Weber, Max, Die Börse, I und II, in: MWG I/5, S. 127–174, 614–657).
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Carl Bezold [vor oder am 16. Juli 1902]; o.O. Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 697 (209e) Das Datum ist erschlossen aus dem handschriftlichen Vermerk des Dekans der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, Carl Bezold: „praes[entiert] 16. 7. 02.“
Lieber College!
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Würden Sie vielleicht Sonnabend für die Fakultätssitzung auch die Regelung der Frage der Habilitation für Staatswissenschaften mit auf die Tagesordnung setzen? Ich würde dann auch kommen, damit die Sache erledigt wird.1 Ich will überhaupt von jetzt ab sehr gern wieder an den Fakultätsgeschäften Teil nehmen u. bitte Sie, mir die Mappen jeweilig zugehen zu lassen. Collegialen Gruß! Ihr ergebenster Max Weber
1 Es handelt sich um die Fakultätssitzung vom 19. Juli 1902, an der Max Weber teilnahm. Auf seinen Antrag hin wurde die Habilitationssordnung der Philosophischen Fakultät einstimmig geändert. Ergänzt wurde § 1, Absatz 2, demzufolge die Vorlage eines humanistischen Reifezeugnisses notwendig war. Folgender Zusatz wurde auf Antrag Webers angenommen: „Bei solchen Bewerbern, welche sich für das Fach der Politischen Ökonomie habilitiren wollen, kann von der Facultät in besonderen Fällen von der Forderung ad 2) abgesehen werden“ (Protokoll der Fakultätssitzung, UA Heidelberg, H-IV-102/132, Bl. 718). Das Ministerium genehmigte die beantragte Änderung Ende Juli 1902 (vgl. das Schreiben an die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg vom 30. Juli 1902, ebd., Bl. 697, 209 f; vgl. auch die Druckfassung der Habilitationsordnung, ebd., Bl. 698).
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Alfred Weber [vor dem 30. Juli 1902]; o.O. Brief; von der Hand Marianne Webers Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus den Hinweisen auf Alfred Webers Geburtstag und den bevorstehenden Besuch von Max und Marianne Weber in Berlin anläßlich der Hochzeit von Lili Weber und Hermann Schäfer. Der Brief steht in Zusammenhang mit dem Aufsatz Alfred Webers über „Deutschland am Scheidewege“ (in: SchmJb, Jg. 26, 1902, Heft 3, S. 1293–1305; hinfort: Weber, Alfred, Deutschland), den er seinem Bruder übersendet hatte und in dem er sich kritisch mit dem gleichnamigen Buch von Ludwig Pohle auseinandersetzte (Pohle, Ludwig, Deutschland am Scheidewege. Betrachtungen über die gegenwärtige volkswirtschaftliche Verfassung und die zukünftige Handelspolitik Deutschlands. – Leipzig: Teubner 1902; hinfort: Pohle, Deutschland). Damit schaltete sich Alfred Weber in die 1897 von Karl Oldenberg entfachte Kontroverse über Deutschlands Zukunft als Agrar- oder Industriestaat ein. Diese Kontroverse erreichte 1902 ihren Höhepunkt, als die unter der Reichskanzlerschaft Leo von Caprivis abgeschlossenen industriefreundlichen und exportorientierten Handelsverträge vor dem Ablauf standen und ein neues Zolltarifgesetz verabschiedet werden mußte. Konservative Kritiker der Caprivischen Handelsvertragspolitik der 1890er Jahre sahen darin eine willkommene Gelegenheit, ihre agrarischen Interessen stärker in den Vordergrund zu rücken. Zu ihnen gehörte auch der Frankfurter Nationalökonom Ludwig Pohle. Seine Argumentation lief im Kern auf folgendes hinaus: Deutschland habe sich zum Industriestaat entwickelt, da die Landwirtschaft sich auf Grund der überseeischen Konkurrenz nicht mehr rentiere; daher seien wachsende Teile der Bevölkerung in den Industriesektor übergegangen; diese einseitige Industrialisierung Deutschlands aber führe zur Abhängigkeit von den ausländischen Export- und Absatzmärkten. Durch die gleichzeitige Vernachlässigung der Landwirtschaft werde Deutschland zudem auch abhängig von ausländischen Nahrungsmittelimporten (vgl. Pohle, Deutschland, S. 16–116: „I. Abschnitt. Die gegenwärtige volkswirtschaftliche Verfassung Deutschlands“). Pohle empfahl daher, diese vermeintlich einseitige industriestaatliche Entwicklung Deutschlands künftig zu verhindern, den angeblich vernachlässigten landwirtschaftlichen Sektor verstärkt zu fördern und durch erhöhte Agrarzölle zu schützen (ebd., S. 117–242: „II. Abschnitt. Die zukünftige Handelspolitik des Deutschen Reichs“). Alfred Weber unterzog diese Position einer grundlegenden Kritik, „weil die Art der Polemik und die Art der Beweisführung großenteils journalistischer, nicht wissenschaftlicher Art ist, und endlich, weil die vertretenen Hauptthesen in Wahrheit nicht dargethan sind.“ (Vgl. Weber, Alfred, Deutschland, S. 1294).
Lieber Alfred! Ich wollte Dir zum Geburtstag schreiben,1 da wir uns aber so bald sehen, 2 begnüge ich mich mit diesem kurzen Gruß. Vielen Dank für die 1 Alfred Weber war am 30. Juli 1868 geboren. 2 Max Webers jüngste Schwester, Lili, heiratete Anfang August 1902 Hermann Schäfer. Max und Marianne Weber planten, an der Hochzeitsfeier teilzunehmen und wollten am 5. August 1902 in Charlottenburg eintreffen (vgl. den Brief von Marianne Weber an Alfred
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Besprechung von Pohle, die ich viel zu milde fi nde, da es z. B. als bekannt vorausgesetzt werden muß, daß die Landbevölkerung zu keiner Zeit so stark abgenommen hat als in der Zeit der höchsten Getreidepreise, 3 während sie grade in der Zeit stärkster Senkung 1890–95 z. B. Zunahme aufweist.4 Und so giebt es noch viele ähnliche Punkte, in denen P[ohle] direkt geflunkert hat. Auch fi nde ich keinen erheblichen Fortschritt über Oldenberg hinaus, 5 außer in der Popularisierung, denn die handelspolitische Zukunftsmusik ist ja chemisch reiner Mist.6 Ich wollte noch wegen eines Juden an Dich schreiben, der hier über russische Juden arbeiten will u. wissen wollte, was der Herr, von dem Du früher schriebst7 machen wird, behufs Arbeitsteilung. Der Mann Weber, undat., in Verbindung mit den beiden Briefen Marianne Webers an Helene Weber vom 11. und 17. Juli 1902, alle Briefe im Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 3 Die Zeit der höchsten Getreidepreise zwischen 1850 und Mitte/Ende der 1870er Jahre fiel mit dem industriellen Take-off und der verstärkten Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte zusammen. Hohe Getreidepreise führten also nicht zwangsläufig zu einer stabilen Landbevölkerung. Von dieser Prämisse aber ging Pohle bei seiner Forderung nach der Einführung erhöhter Agrarschutzzölle aus (Pohle, Deutschland (wie oben, S. 854, Editorische Vorbemerkung), S. 239 f., sowie passim). 4 Nachdem sich die Getreidepreise im Laufe der 1880er Jahre wieder erholt hatten, erfolgte zwischen 1892 und 1894/95 ein erneuter Preissturz (vgl. Kempter, Gerhard, Agrarprotektionismus. Landwirtschaftliche Schutzzollpolitik im Deutschen Reich von 1879 bis 1914. – Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 1985, S. 143 f.). Während dieser Zeit ging die absolute Zahl der ländlichen Bevölkerung in Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern kaum zurück, zeigte sich also relativ stabil, wohingegen sie in den Jahren zwischen 1895 und 1900 trotz steigender Getreidepreise deutlich sank (vgl. die Gliederung nach Gemeindegrößenklassen seit 1871, in: Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 53. Jg., 1934. – Berlin: Reimar Hobbing 1934, S. 11). 5 Karl Oldenberg hatte 1897, wie später Ludwig Pohle, die exportorientierte Handelsvertragspolitik des Deutschen Reiches in Frage gestellt, weil er davon eine wachsende Abhängigkeit von ausländischen Absatzmärkten befürchtete. Ebenso sah er darin eine fatale Vernachlässigung der landwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und zusätzlich gesteigerte Abhängigkeit vom Ausland durch die Notwendigkeit von Nahrungsmittelimporten. Max Weber hatte diese Position bereits 1897 scharf kritisiert (Weber, Max, Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg: „Über Deutschland als Industriestaat“, in: MWG I/4, S. 623–640). 6 Pohle sprach vom „ ‚parasitischen‘ “ Charakter der deutschen Exportindustrien; da es über kurz oder lang zum wirtschaftlichen Zusammenbruch kommen müsse, plädierte er für die Aufgabe der bisherigen Handelsvertragspolitik und die Einführung hoher Agrarschutzzölle in Kombination mit der Fortführung der Arbeiterschutzgesetzgebung (vgl. Pohle, Deutschland (wie oben, S. 854, Editorische Vorbemerkung), S. 171). 7 Im April 1902 erwähnte Alfred Weber neben „eine[r] ganze[n] Reihe von Jüngern“, die gern zu seinem Bruder wollten, auch einen „gescheute[n] russische[n] Jude[n], namens Margolin“, der über die wirtschaftlichen Arbeitsgebiete der Juden in Süd- und Westrußland, auch Galizien, arbeiten wolle, und fragte Max Weber, ob er ihn zu seinem – zu diesem
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wird Dich aber wohl dieser Tage persönlich aufsuchen. Motzkin8 ist sein Name. Für heute nur herzlichen Gruß von Maxa
a Eigenhändig. Zeitpunkt noch geplanten – Seminar zulassen wolle (vgl. Alfred Weber an Max Weber vom 19. und 27. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; die Zitate im Brief vom 19. April 1902, ebd.). Da Alfred Weber auch theoretische Interessen Margolins in Bezug auf die Bedeutung des Kapitals in seinem Brief vom 27. April 1902 erwähnt, ist davon auszugehen, daß es sich um Salmann Margolin aus Mohielew (heute: Mohylew in Weißrußland) handelte. Er promovierte 1903 in Bern bei dem Nationalökonomen August Oncken (vgl. Margolin, Salmann, Zur Kritik der Böhm-Bawerk‘schen Lehre von Kapital und Kapitalzins, phil. Diss., Bern 1903). Ein Bezug zu Berlin ergibt sich dadurch, daß seine Arbeit 1904 unter demselben Titel in dem Berliner Verlag E. Ebering erschien. Der Anteil ausländischer Studenten war in den Staatswissenschaften in Berlin um 1900 außergewöhnlich hoch (1896: 46 %), wobei die russischen Studenten hervorragten (vgl. Czech, Uwe, Von den Wirtschaftlichen Staatswissenschaften zur modernen Wirtschaftswissenschaft, in: Geschichte der Universität Unter den Linden 1810–2010, Band 5, hg. von Heinz-Elmar Tenorth. – Berlin: Akademie Verlag, 2010, S. 275–302, hier: S. 284). 8 Es handelt sich um den zionistischen Politiker Leo Mockin. Worüber er bei Max Weber arbeiten wollte und ob das Treffen mit Alfred Weber zustandegekommen ist, ist nicht ermittelt.
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Paul Siebeck 12. September 1902; Borkum Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben steht im Zusammenhang mit der Auflösung des Verlagsvertrags über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ zwischen Paul Siebeck und den Herausgebern der Reihe, Carl Johannes Fuchs, Karl Rathgen, Gerhart von Schulze-Gaevernitz und Max Weber (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 8. März 1902, oben, S. 809, sowie den Brief an Carl Johannes Fuchs vom 28. Juni 1902, mit Editorischer Vorbemerkung, oben, S. 850–852). Bezug: der Brief Paul Siebecks vom 5. September 1902 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), mit dem Hinweis, daß ihm immer noch keine „Nachricht von der Gesamtheit oder einem Einzelnen der Herren Herausgeber“ darüber zugegangen sei, ob seine Kündigung des Vertrags nunmehr auch definitiv angenommen worden sei. Davon habe er vielmehr lediglich indirekt durch eine Anfrage des neuen Verlegers, Richard Knittel von der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei, vom 22. August 1902 erfahren: „Ich will darüber auch kein Wort weiter verlieren, nur dafür wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir mit zwei weiteren Worten mitteilen wollten, ob Sie über diese Sache orientirt sind und ob ich noch das zur Füllung des VI. Bandes erforderliche Manuscript zu erwarten habe.“ Siebeck hatte für Max Weber Abschriften des Briefwechsels zwischen ihm und Richard Knittel von der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei vom 22. und 30. August 1902 sowie vom 1. und 2. September 1902 zur Information beigefügt (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), auf die sich Max Weber im folgenden Brief bezieht.
Borkum (Nordsee) 12. IX. 02 Sehr geehrter Herr Siebeck!
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Es ist mir recht unangenehm, daß wir vor Ihnen so unhöfl ich dastehen. Der Hauptgrund ist ein Anfall meines Leidens, wie er alle paara Monate wiederkommt und mich dann ganz unfähig macht zu correspondieren. Erst jetzt bin ich wieder leidlich oben. Wir waren bis vor 6 Wochen unschlüssig, was zu thun sei u. ob Rathgen u. ich versuchen sollten mit Ihnen fortzuarbeiten. Schließlich konnten wir uns doch nicht entschließen die Freiburger Herrn im Stich zu lassen u. schlossen auf die Braun’sche Offerte ab. Daß die Sache |:formell:| perfekt war, auch mit Freiburg, wußte ich noch nicht, als ich krank fortreiste, sonst hätte ich unbedingt geschrieben. Ich sehe es selbst erst aus den geschickten Briefen1 und bedaure wie gesagt leba O: par 1 Richard Knittel von der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei hatte sich am 22. August 1902 an Paul Siebeck gewandt und erklärt: „Nachdem die ‚Volkswirtschaftlichen Abhand-
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haft, daß Ihnen die Nachricht auf diesem Weg zukam. Aber, wie gesagt, vor meiner Abreise konnte ich nichts Bestimmtes sagen, da Rathgen u. ich noch 2 Tage vorher die Möglichkeit, allein mit Ihnen zu arbeiten, besprochen hatten u. ich meinerseits erst am Tage meiner Abreise – ebenso wie Rathgen – Herrn Dr Knittel (Firma Braun) meine Unterschrift mit dem Anheimgeben, den Beitritt der Freiburger Herren zu erwirken, gegeben hatte. Hier aber war ich die ersten Wochen so herunter, daß ich, offen gestanden, einfach nicht daran gedacht hatte. Da nun die Freiburger Herren beigetreten sind, so ist damit die Sache entschieden und unser bisheriges Vertragsverhältnis also defi nitiv aufgelöst. Ich mußte ja nach Ihrem freundlichen Briefb von Februar d.J. annehmen, 2 daß Sie diese Lösung jeder andren entschieden vorzögen und konnte deshalb dem Wunsch der andren Herrn, zusammenzubleiben, nicht entschieden in den Weg treten. Ich habe das Mscr. für das letzte Heft noch nicht, auch ist es sicherlich so umfangreich, daß es die 8 Bogen weit überschreiten würde. Also ist mir das Liebste, es kommt in den neuen Band (bei Braun) u. der
b 〈nach〉 lungen der Badischen Hochschulen’ in Zukunft bei uns erscheinen werden, wären wir Ihnen verbunden, wenn Sie uns eine Abschrift ihrer Fortsetzungsliste freundlichst zur Verfügung stellen wollten.“ Siebeck antwortete daraufhin am 30. August 1902, daß er noch keine Nachricht der Herausgeber erhalten habe, „daß diese meine Kündigung des Vertrags definitiv angenommen“ ist. Weiterhin müsse geklärt werden, wie mit dem noch ausstehenden Manuskript des sechsten Bandes der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ zu verfahren sei. Die Transaktion solle in jedem Fall erst nach Beendigung des sechsten Bandes stattfinden, womit sich auch der neue Verleger einverstanden erklärte. Vgl. auch die Briefe von Richard Knittel der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei an Paul Siebeck vom 1. Sept. 1902 und den Gegenbrief von Paul Siebeck vom 2. Sept. 1902 (Abschriften; VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Es sind zwei Briefe von Paul Siebeck an Max Weber von Februar 1902 überliefert: vom 7. Februar 1902 und vom 18. Februar 1902. Da es in beiden um die Auseinandersetzung zwischen Hugo Kanter und Walther Borgius geht (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 11. Febr. 1902, oben, S. 805), meint Max Weber anscheinend nicht diese Briefe, sondern vielmehr den Brief vom 4. März 1902, in dem Siebeck ihn von seinem Vorhaben, den Vertrag zu kündigen, in Kenntnis setzte und ausführlich die Gründe dafür darlegte. Siebeck resümierte: „Ich neige daher recht wenig dazu, auf neue Bedingungen einzugehen und möchte es am liebsten bei meinem Rücktritt vom Verlag der ‚Volkswirtschaftlichen Abhandlungen’ belassen. Gehbarer sähe ich den Weg vor mir, wenn ich auf die Arbeiten aus dem Heidelberger Seminar mich beschränken könnte, aber auch das wird seine Schwierigkeiten haben“. (Alle zitierten Briefe von Paul Siebeck an Max Weber: VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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jetzt laufende bleibt unvollständig,3 obwohl dies ja ein Schönheitsfehler ist.4 Hoffentlich ist Ihnen diese Lösung nicht zu antipathisch. – Ich reise nächster Tage nach Heidelberg zurück[.] 5 In hochachtungsvoller Ergebenheit und mit den besten Empfehlungen und Grüßen Ihr ergebenster Max Weber Ich möchte nicht aus unsrem Verhältnis scheiden ohne Ihnen für Ihre stets bewährte Coulanz und Liebenswürdigkeit auch persönlich verbindlichst zu danken. Es ist mir wirklich leid, daß unser Unternehmen geschäftlich sich nicht auf eine günstigere Grundlage stellen ließ und daß Sie zu immerhin beträchtlichen Opfern genötigt waren.6 Daß Sie unter den jetzigen Verhältnissen diese nicht weiter bringen wollten, kann ich Ihnen nicht verargen. Nochmals freundschaftlichen Gruß! Ihr M.W.
3 Dem stimmte Paul Siebeck in seinem Brief an Max Weber vom 20. Sept. 1902 zu (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Somit erschien als letztes im Verlag J.C.B Mohr (Paul Siebeck) verlegtes Heft der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“: Blaustein, Arthur, Die Entstehung der gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung im deutschen Sattlergewerbe (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Band 6, Heft 3). – Tübingen und Leipzig: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902. 4 Die zuletzt erschienenen Bände vier und fünf der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ enthielten jeweils fünf Hefte. 5 Vgl. dazu die Karte an Helene Weber vom 15. Sept. 1902, unten, S. 860 mit Anm. 4. 6 Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 8. März 1902, oben, S. 809, Anm. 1.
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Helene Weber PSt 15. September 1902; PSt Borkum Karte; eigenhändig GStA PK, Vl. HA, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 187
Liebe Mutter! Vielen Dank für Deine Karte,1 aber da Ernst2 u. Conrad3 hier geblieben sind so reise ich nun Mittwoch oder Donnerstag4 direkt nach Haus, es ist Zeit allmälig u. wie ich mich in Hamburg befi nden würde u. ob ich etwas davon hätte, W. Müller5 zu sehen u. umgekehrt, ist doch immer recht fraglich. Ein ander Mal. – Nun wird ja auch Alfred wieder zurück sein,6 hoffentlich wirklich etwas erholt. Ostern müßte er doch jedenfalls einmal wieder eine wirkliche Seereise, 6–8 Wochen nach Ostafrika oder Westindien, Brasilien, La Plataa oder dgl. machen.7 Das Mittelmeer ist doch sicherlich weniger ausruhlich für ihn, – für mich ist das ja anders. Es ist mir leid, ihn nicht gesehen zu haben. – Hier leben wir sehr still, das stürmische Wetter war ein paarb Mal ganz herrlichc, am Sonnabend eine leichte Sturmfluth u. seitdem ziemlich anhaltend schöner Seewind. Ob es mir etwas nützt, muß sich erst in Heidelberg zeigen, wohin ich Mittwoch oder Donnerstag reise. Mari-
a O: Laplata
b O: par
c Unsichere Lesung.
1 Helene Weber war um den 12. September 1902 von Borkum wieder zurück nach Berlin gereist (vgl. die Karte von Marianne Weber an Max Weber vom 11. Sept. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Ernst Mommsen. 3 Es dürfte sich um Konrad Mommsen (jun.) handeln, Max Webers Patenkind. 4 Mittwoch, den 17. September, oder Donnerstag, den 18. September 1902. Max Weber traf am 20. September 1902 wieder in Heidelberg ein, wie Marianne Weber einen Tag später Helene Weber berichtete (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 5 Gemeint sein könnten der Schwager von Alwine (Wina) Müller, Wilhelm Müller, oder ihr Sohn Wolfgang Müller. 6 Alfred Weber war im Sommer 1902 zu einer ausgedehnten Mittelmeerreise auf einem Kreuzfahrtschiff aufgebrochen (vgl. Jaffé, Else, Biographische Daten Alfred Webers (1868–1919), in: Alfred Weber zum Gedächtnis. Selbstzeugnisse und Erinnerungen von Zeitgenossen, hg. von Eberhard Demm unter Mitwirkung von Nathalie Chamba. – Frankfurt am Main: Peter Lang 2000, S. 74, sowie den Brief von Alfred Weber an Helene Weber vom 22. Aug. 1902, BA Koblenz, N 1197, Nl. Alfred Weber, Nr. 47). 7 Anspielung auf Alfred Webers Reise in die Karibik zwischen Februar und April 1900 (vgl. dazu den Brief an Alfred Weber, am oder nach dem 18. Febr. 1900, oben, S. 728).
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15. September 1902
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anne schreibt ganz vergnügt über ihre Ruhe.8 Nun laß die Arbeit langsam angehen,9 Zeit hast Du ja in Fülle, wenn es Dir auch jetzt wohl nicht so scheint. Auf Wiedersehen hoffentlich Weihnachten [.] Grüße bitte Alfred und Clara. Herzlichst Dein Max
8 Marianne Weber berichtete Max Weber am 10., 11. und 13. September 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) eingehend über ihre Aktivitäten in Heidelberg. 9 Der Umzug Helene Webers von der Leibnizstraße 19 in die nahegelegene Marchstraße 7f in Charlottenburg stand kurz bevor (vgl. dazu den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 20. Okt. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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5. Oktober 1902
Marianne Weber [5. Oktober 1902; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum und der Ort sind erschlossen aus Marianne Webers Karte an Max Weber vom 4. Oktober 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und dem Briefinhalt, d. h. dem Hinweis auf das Treffen des Freundeskreises von Max und Marianne Weber in der Stiftsmühle, das samstags stattfand. Der 4. Oktober 1902, „gestern“, war ein Samstag. Max Weber schrieb auf Rück- und Innenseiten der Verlobungsanzeige (Klappkarte) von Lilly Welti und Heinrich Meier aus Winterthur von Oktober 1902.
L. Schn. – ich habe der Kleinen1 einstweilen eine Visitenkarte geschickt, 2 es ist ja ganz nett, daß sie an uns gedacht hat. – Gestern waren Tröltsch [,] 3 Frau Rathgen4 u. deren Mutter5 auf der Stiftsmühle,6 es war ganz behaglich, aber doch kalt für die Anderen (ich fror nicht) auch im Saal, so daß die Verlegung der Sache ins Scheffelhaus7 doch wohl nicht lange mehr verschoben werden kann. Nächstes Mal kann Frau R[athgen] nicht. – In der Zeitung steht heute von Euch noch nichts.8 Hoffentlich geht Alles ordentlich u. schläfst Du genügend. Gleichzeitig hiermit ein Brief von Frau Rickert.9
1 Lilly Welti hatte wie Max und Marianne Weber im März/April 1902 in der Florentiner Pension Clerc gewohnt. 2 Die entsprechende Visitenkarte mit dem Schreiben Max Webers ist nicht nachgewiesen. 3 Ernst Troeltsch. 4 Emilie (Emmy) Rathgen, geb. Müller. 5 Kathinka Müller, geb. Feetz. 6 Gemeint ist das Restaurant in Ziegelhausen unterhalb des Stifts Neuburg. 7 Historisches Gasthaus „Scheffelhaus Hotel-Restaurant Waldhorn“ in der Ziegelhäuser Landstraße. 8 Marianne Weber hielt sich vom 3. bis 9. Oktober 1902 in Wiesbaden auf, wo sie zwischen dem 4. und 7. Oktober an der Generalversammlung des Bundes Deutscher Frauenvereine teilnahm. Sie gehörte dem Vorstand an (vgl. dazu das Foto der Vorstandssitzung, in: Die Chronik Hessens, hg. von Eckhart G. Franz. – Dortmund: Chronik Verlag 1991, S. 291). Im Anschluß daran besuchte sie noch eine Versammlung des Frauenstimmrechtsvereins, „um einmal Anita Augspurg zu erleben“, wie sie Helene Weber am 20. Oktober 1902 berichtete (vgl. auch den Brief an Helene Weber, undat. [1. Okt. 1902], sowie die Karten an Max Weber vom 4. und 5. Okt. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 9 Sophie Rickert.
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5. Oktober 1902
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Sonst ist nichts gekommen. Mama schweigt auch lange, hoffentlich geht sie nicht ganz kaputta bei der Arbeit.10 Herzlich Dein Max
a O: kaput 10 Helene Weber zog in diesen Tagen innerhalb von Charlottenburg um, von der Leibnizin die Marchstraße.
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26. November 1902
Marianne Weber PSt 26. November 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Diese wie die nachfolgenden Karten an Marianne Weber bis zum 31. Dezember 1902, unten, S. 889, bzw. bis zum 9. Januar 1903 und vom 22. Juli 1903 (MWG II/4, S. 29–42 und S. 115) verfaßte Max Weber fast ausnahmslos in italienischer Sprache. So konnte der zum Teil intime Charakter der ausschließlich für Marianne Weber bestimmten Mitteilungen gewahrt bleiben. Sie werden hier in italienischer Sprache wiedergegeben und kommentiert. Der besseren Verständlichkeit halber wird jeweils, typographisch abgesetzt, eine deutsche Übersetzung beigefügt. Aufgrund der zahlreichen orthographischen, grammatikalischen wie sprachlichen Eigentümlichkeiten stellen Webers auf italienisch verfaßte Karten editorisch einen Sonderfall dar. Jeden orthographischen Fehler (z. B. die vielfach fehlenden Akzente) oder jede grammatikalische Inkorrektheit (bei bestimmten Verb- und Adjektivformen, beim Gebrauch des Konjunktivs oder der Verneinung) zu emendieren, würde einen unvertretbaren Eingriff in den Originaltext bedeuten. Um so mehr gilt dies für Wortbildungsfehler, Germanismen oder den teils unkonventionellen Satzbau Webers. Die genannten sprachlichen Spezifika werden daher im folgenden nicht emendiert bzw. in jedem Einzelfall textkritisch nachgewiesen. Textkritische Anmerkungen vom Typ: „zu erwarten wäre:“ finden sich allerdings dort, wo die Verständlichkeit eines Satzes, einer Passage oder eines Wortes ohne Erläuterung nicht gewährleistet scheint. Solche Erläuterungen im textkritischen Apparat betreffen auch eigenständige Wortschöpfungen Webers (wie im folgenden „passeggiata“ statt „passaggio“ für Reise und „apoteca“ statt „farmacia“ im Schreiben vom 1. Dezember 1902, unten, S. 872).
Dolcissima – la pioggia mi fa molto bene – ho dormito, non bene neanche molto, ma assai, e posso lavorare, non molto, ma un poco.a Dunque stab bene. Hai avuto cbuona passeggiatac ?1 E dormito? e sei sanod? Auguri e bacci tuo Max
a 〈Dun〉 b Zu erwarten wäre: sto erwarten wäre: sana
c Zu erwarten wäre: buon passaggio
d Zu
1 Marianne Weber war am 25. November 1902 nach Berlin gereist. Dort hielt sie am 27. November auf Vermittlung von Helene Weber einen Vortrag im Hauspflegeverein „über die familienrechtl[iche] Stellung d[er] Frau“ (vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. April (Zitat) und 20. Okt. 1902, sowie an Max Weber, vom 26. und 27. Nov. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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26. November 1902
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Allerliebste – der Regen tut mir sehr gut – ich habe geschlafen, weder gut noch lange, aber ausreichend, und kann arbeiten, nicht viel, aber ein wenig. Es geht mir also gut. Hast Du eine gute Fahrt gehabt? Und geschlafen? Und bist Du gesund? Grüße und Küsse Dein Max
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27. November 1902
Marianne Weber PSt 27. November 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Mia piccola – ho dormito molto, ma ci fa il „Fra Diavolo“,1 come sempre quando mi trovo bene. Dunque oggi bisogna tenermi molto tranquillo, perche dopodomani e l’esame di un aselloa del Rathgen.2 Come stab? – Riverire la madre ed Alfred Il tuo Max Meine Kleine – ich habe lange geschlafen, aber „Bruder Dämon“ war da, wie immer wenn ich mich wohl fühle. Folglich muß ich mich heute sehr ruhig verhalten, weil übermorgen die Prüfung von einem Eselchen Rathgens stattfindet. Wie geht’s Dir? – Ich empfehle mich der Mutter und Alfred Dein Max
a Zu erwarten wäre: asino bzw. asinello
b Zu erwarten wäre: stai
1 Zu diesem Begriff, mit dem Max Weber seine sexuellen Beschwerden umschrieb, vgl. den Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529 mit Anm. 2. 2 Es handelt sich um die Prüfung von Emil Michelmann, der von Karl Rathgen mit einer Arbeit über „Die Kartellbestrebungen der deutschen Zuckerindustrie“ promoviert wurde. Rathgen und Weber prüften Michelmann am 29. November 1902 im ersten Fach „Politische Ökonomie“. Während Karl Rathgen „befriedigend“ erteilte, zeigte sich Max Weber mit dem Ergebnis sehr unzufrieden und gab als Teilnote nur „genügend“ (UA Heidelberg, H-IV-102/134, Bl. 205–212, bes. Bl. 211, Protokoll der Promotionssitzung).
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28. November 1902
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Marianne Weber PSt 28. November 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Piccola mia –
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tante grazie per tua lettera d’hieri. E gran’a peccato da vero, che la madre non fara riposo a natale.1 Adesso il tuo discorso e passato2 e spero che abbia dormito bene. Se avrai la tua malatia, bisogna non partire ma aspettare fi nché sia passata. – Io non ho potuto dormire senza Trionale3 ma adesso mi trovo proporzionalmente bene. – Questo momento il Sige von Gerlach4 ha fatto visita, con due cartoline! – Bertha5 non l’ha accettato, – peccato! Qui nonb accadde niente. Riverire tutti del tuo Max Meine Kleine – vielen Dank für Deinen gestrigen Brief. Es ist wirklich sehr schade, daß sich die Mutter über die Weihnachtszeit nicht ausruhen wird. Dein Vortrag ist jetzt vorüber und ich hoffe, daß Du gut geschlafen hast. Wenn Du unwohl bist, solltest Du nicht abfahren, sondern warten, bis es vergangen ist. – Ohne Trional konnte ich nicht schlafen, aber jetzt fühle ich mich vergleichsweise gut. – In diesem Moment hat Herr von Gerlach einen Besuch abgestattet, mit zwei Karten! – Bertha hat es nicht akzeptiert. – Schade! Hier ist nichts passiert. Ich empfehle mich allen Dein Max
a molto > gran’
b 〈si pass〉
1 Helene Weber wollte Emmy Baumgarten auf einer Erholungsreise über Weihnachten begleiten. Ernst Mommsen hatte nach gründlicher Untersuchung der Lunge bei Emmy jedoch festgestellt, daß sie gänzlich gesund sei. Darum hatten sie das Reiseprojekt aufgegeben. Vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 26. Nov. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Zu Marianne Webers Vortrag am 27. November 1902 vgl. die Karte an Marianne Weber vom 26. Nov. 1902, oben, S. 864, Anm. 1. 3 Zum Schlafmittel Trional, das Weber schon früher eingenommen hatte, vgl. den Brief an Marianne Weber, um den 23. Juli 1900, oben, S. 751 (mit Anm. 4); zur Einnahme von Schlafmitteln zuletzt auch den Brief an Marianne Weber vom 18. April 1902, oben, S. 840. 4 Die Person ist nicht identifiziert, der Sachverhalt ist nicht ermittelt. Möglicherweise handelte es sich um einen Verehrer des Dienstmädchens von Max und Marianne Weber. 5 Bertha Schandau, das Dienstmädchen von Max und Marianne Weber.
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29. November 1902
Marianne Weber PSt 29. November 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Piccola mia – oggi ho dormito – e fa bene, perche ebbi questo miserabile esame1 che fu assai strapazzante e stancante. Fa bel tempo qui cosiche non bisogna far fuoco nelle stufe. Non vuoi comprare uno di questi costumi di riforma che avete viste nell’ esposizione?2 Sarebbe un regalo di natale da me per te. Stia bene, riverire la madre [,] Alfred e tutti. Con molti bacci il tuo Max – Grazie tante per la tua lettera, che viene adesso. Dunque fu un successo3 e sono molto superbo. a Adesso sta benea – fa molto caldo, vado un poco al Scheffelhaus.4 Addio per oggi – il tuo Max
a Zu erwarten wäre: Adesso sto bene 1 Es handelt sich um die Promotionsprüfung von Emil Michelmann. Vgl. dazu die Karte an Marianne Weber vom 27. Nov. 1902, oben, S. 866, Anm. 2. 2 Marianne Weber hatte ihrem Mann am 27. November 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) begeistert über den Besuch einer Ausstellung von Reformkleidern in Berlin geschrieben. Seit der Gründung des „Vereins für Verbesserung der Frauenkleidung“ 1896, welcher der bürgerlichen Frauenbewegung nahestand, war Berlin eines der Zentren zur Reform weiblicher Bekleidung (vgl. Ober, Patricia, Der Frauen neue Kleider. Das Reformkleid und die Konstruktion des modernen Frauenkörpers. – Kempten: Verlag Hans Schiler 2005, S. 30 f.; die Ausstellung selbst ist dort nicht erwähnt). 3 Über ihren Vortrag am 27. November 1902 im Hauspflegeverein in Berlin berichtete Marianne Weber ausführlich in ihrem Brief an Max Weber vom 28. November 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Außer den Führerinnen der bürgerlichen Frauenbewegung Helene Lange, Gertrud Bäumer und Alice Salomon seien auch „verschiedene Herren“ dagewesen, „mehr als in den früheren Vorträgen“. Dazu gehörten neben Alfred Weber auch der Freiburger Schüler Heinrich Rickerts, Emil Lask, sowie Max Webers Heidelberger Schüler Adolf Tienken. Sie hätten ihr „sehr viel Freundliches gesagt“, sie habe „auch ganz langsam u. eindrücklich sprechen“ können. 4 Historisches Gasthaus „Scheffelhaus Hotel-Restaurant Waldhorn“ in der Ziegelhäuser Landstraße.
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29. November 1902
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Meine Kleine – heute habe ich geschlafen – und es hat gut getan, weil ich diese miserable Prüfung abgehalten habe, die sehr ermüdend und anstrengend war. Hier ist das Wetter schön, so daß wir die Öfen nicht anzuzünden brauchen. Willst Du nicht eins der Reformkleider kaufen, die ihr in der Ausstellung gesehen habt? Das wäre ein Weihnachtsgeschenk von mir für Dich. Leb’ wohl, grüße die Mutter, Alfred und alle. Mit vielen Küssen Dein Max – Vielen Dank für Deinen Brief, der gerade ankommt. Es war also ein Erfolg, und ich bin sehr stolz. Jetzt geht’s mir gut – es ist sehr warm, ich gehe kurz zum Scheffelhaus. Adieu für heute – Dein Max
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30. November 1902
Marianne Weber PSt 30. November 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Piccola mia – questo maledetto esame1 mi ha fatto un’ altra „mala notte“. E sono tre altri esami fi n natale! 2 Non so, quando potro lavorare una volta. Adesso fa bel tempo, caldo come allea Riviera, – e peccato che non posso uscire. Hieri nel Scheffelhaus3 erano Troeltschb,4 Landsberg, 5 His6 – c passanti soltanto – e Prof. Vossler colla sua gentilissima signora.7 Ma la conversazione mi non fece bene. Spero che tu stia bene – e non partire8 prima del essere passata la tua indisposizione. – Riverire tutti, con molti bacci il tuo Max
a Zu erwarten wäre: alla
b O: Troetsch
c 〈come〉
1 Anspielung auf die Prüfung von Emil Michelmann, an der Max Weber am 29. November 1902 teilnehmen mußte (vgl. dazu die Karte an Marianne Weber vom 27. Nov. 1902, oben, S. 866, Anm. 2). 2 Die erste dieser Prüfungen wurde einen Tag später, am 1. Dezember 1902, auf Grund des Gutachtens von Karl Rathgen abgesagt und die Promotion zurückgewiesen (UA Heidelberg, H-IV-102/133, Bl. 122–127, Promotionsakte Wilhelm Greve). Die zweite Prüfung fand am 12. Dezember 1902 statt. Max Weber und Karl Rathgen prüften im Fach Politische Ökonomie Rathgens Schüler Gustav Martin, der seine Dissertation über die geschichtliche Entwicklung der Kartellbestrebungen in der deutschen Sprengstoffindustrie eingereicht hatte (UA Heidelberg, H-IV-102/134, Bl. 223–227, bes. Bl. 224, Protokoll der Promotionssitzung). Die dritte Prüfung, die für den 18. Dezember 1902 vorgesehen war, ist weder in den Akten der Philosophischen Fakultät noch der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg dokumentiert. Der geplante Termin wird lediglich von Marianne Weber in einem Brief an Helene Weber vom 10. Dez. 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) erwähnt. 3 Das historische Gasthaus in der Ziegelhäuser Landstraße war samstags Treffpunkt der Heidelberger Professoren. 4 Ernst Troeltsch. 5 Georg Landsberg. 6 Rudolf His. 7 Karl und Esther Vossler. 8 Marianne Weber hielt sich noch in Berlin auf, wo sie am 27. November einen Vortrag im Hauspflegeverein gehalten hatte.
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30. November 1902
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Meine Kleine – diese verdammte Prüfung hat mir eine weitere „schlechte Nacht“ bereitet. Bis Weihnachten gibt es noch drei weitere Prüfungen! Ich weiß nicht, wann ich einmal wieder arbeiten kann. Jetzt ist das Wetter schön, warm wie an der Riviera – es ist schade, daß ich nicht ausgehen kann. Im Scheffelhaus waren gestern Troeltsch, Landsberg, His – nur vorübergehend – und Prof. Vossler mit seiner reizenden Frau. Aber die Unterhaltung hat mir nicht gut getan. Ich hoffe, es geht Dir gut – fahre aber nicht ab, bevor Dein Unwohlsein nicht vorüber ist. – Ich empfehle mich allen, mit vielen Küssen Dein Max
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1. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 1. Dezember 1902; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Cara piccola – non sono contento che tua indisposizione e venuta già adesso! Bisognera prendere ferro. – Io non posso fare molto, ma mi trovo proporzionalmente bene, – ho dimenticato scriverti di far rinovellare la receptura del Codeïn da Ernst,1 perchè non so se l’apotecaa farab un’ altra volta ci suppositoriic .2 dQui si passa niented . Riverire la madre ed Alfred moltissimi bacci il tuo Max Liebe Kleine – es tut mir leid, daß Du Dich unwohl fühlst, schon jetzt! Du solltest Eisen einnehmen. – Ich kann nicht viel machen, aber ich fühle mich vergleichsweise gut, – ich habe vergessen, Dir zu schreiben, Ernst um die Verlängerung des Rezepts für Codeïn zu bitten, weil ich nicht weiß, ob die Apotheke noch einmal die Zäpfchen machen wird. Hier passiert nichts. Ich empfehle mich der Mutter und Alfred sehr viele Küsse Dein Max
a Zu erwarten wäre: la farmacia b 〈da nuovo〉 d Zu erwarten wäre: Qui non accade niente
c Zu erwarten wäre: le supposte
1 Max Webers Schwager Ernst Mommsen war Arzt in Berlin, wo sich Marianne Weber gerade aufhielt. Als Opiat war Codein verschreibungspflichtig. Zu Codein vgl. auch den Brief an Marianne Weber vom 18. April 1902, oben, S. 840 (mit Anm. 1). 2 Der Apotheker ist nicht zweifelsfrei zu ermitteln; 1902 existierten in Heidelberg sechs Apotheken.
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20. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 20. Dezember 1902; PSt Genua Zwei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Diese und die folgenden Karten an Marianne Weber bis zum 31. Dezember 1902, unten, S. 889, bzw. 9. Januar 1903 (MWG II/4, S. 41 f.) sandte Max Weber aus Nervi bei Genua, wo er sich seit dem 19. Dezember 1902 aufhielt. Marianne Weber verbrachte die Feiertage bei ihren Verwandten in Lemgo, Lage und Oerlinghausen. Nervi, eine ca. 13 km östlich von Genua gelegene Kleinstadt mit 3500 Einwohnern, war ein hauptsächlich von Deutschen und Russen aufgesuchter Winterkurort der ligurischen Riviera. Max Webers Hotel, „Schickert’s Park-Hotel“, befand sich „am Ostende des Ortes, mit schönen Parkanlagen bis zum Meer (Eintritt frei) und Café-Restaurant (Aussichtsterrasse, deutsche Zeitungen)“ (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 410–412, Zitat: S. 411). Die zwei Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1) und 2) versehen. Sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel; beide zeigen Motive von Schickert’s Park-Hotel-Pension (Nervi). Marianne Weber sandte sie mit den Worten „Hier schicke ich Dir M‘s erste Karten[,] die ich heute erhielt!“ direkt an Helene Weber weiter (Notiz auf der ersten Karte).
1) L. Schn.
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Ich bin hier vorerst ganz zufriedenstellend untergekommen. Der Park geht bis ans Meer u. ist schön zum Sitzen, der Blick sehr ausgedehnt u. schön. Jaffés1 sind schon weiter nach Nizza. Das Hotel hat etwa den Typus des Schweizerhofs in Ajaccio, 2 2) nur freundlicher, – Pension 9½ Fr[anken] in der Dependance.3 Ist es wirklich ruhig, dann bleibe ich hier. 1 Das frisch vermählte Paar Edgar und Else Jaffé, geb. von Richthofen, befand sich seit Anfang Dezember auf Hochzeitsreise. Ihr Weg führte sie über Genua nach Nizza (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 2 Dort logierten Max und Marianne Weber vom 10. bis 24. Januar 1901 während ihres mehrmonatigen Korsika-Aufenthaltes; sie verließen den Schweizerhof wieder, weil er ihnen „zu geräuschvoll“ war (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 25. Jan. 1901, ebd.). 3 Der Reiseführer verzeichnete 45 Zimmer mit einem Pensionspreis von 8½ bis 12 (französische) Franken (italienische Lira) (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 411). Die 1861 in ganz Italien eingeführte Lira entsprach im Wert dem französischen Franken, beide Bezeichnungen wurden daher auch synonym gebraucht. Vgl. auch ebd., S. VI.
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20. Dezember 1902
Die Reise lief gut ab. Hoffentlich geht es Dir gut, grüße Tröltschs4 u. wen Du sonst siehst. Das Wetter ist vorläufig fabelhaft schön und warm. Herzlichst Dein Max
4 Ernst und Marta Troeltsch in Heidelberg. Marianne Weber fuhr erst am folgenden Tag nach Lemgo.
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20. Dezember 1902
Marianne Weber [20. Dezember 1902]; PSt Nervi Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus dem Poststempel „21.12.02“ in Verbindung mit der Angabe „Sabbato sera“. Der 20. Dezember 1902 war ein Samstag.
Sabbato sera Piccola mia –
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staa bene, ho dormito molto, sebbene la qualità non fu splendida. Fa tempo bellissimo, nel sole non bisogna avere il sopràbito. Sono stato a Genova – ma la città non può essere comparata con Firenze o Venezia, soltanto l’aspetto generale e grandioso. – Il „parc“b dell’ albergo1 e una cultura d’aranci e citronec, ma c’è una terrazza direttamente sul mare da sedersi e si può discendere al mare. Soltanto è molto distante dalla stazione e si mangia troppo carne per me. Buon viaggio2 – e saluti cordiali Max
Samstag Abend Meine Kleine – es geht mir gut, ich habe lange geschlafen, wenngleich nicht hervorragend. Es ist sehr schönes Wetter, in der Sonne brauche ich den Umhang nicht. Ich bin in Genua gewesen – aber die Stadt kann nicht mit Florenz oder Venedig verglichen werden, nur die Gesamtansicht ist großartig. – Der „Park“ des Hotels ist eine Pflanzung von Orangen- und Zitronenbäumen, aber es gibt eine Terrasse direkt über dem Meer, wo man sich hinsetzen und ans Meer hinuntersteigen kann. Es ist nur sehr weit vom Bahnhof entfernt und für meinen Geschmack ißt man zuviel Fleisch. Gute Fahrt – und herzliche Grüße Max
a Zu erwarten wäre: sto
b Zu erwarten wäre: „parco“
c Zu erwarten wäre: limone
1 Vgl. dazu die Karten an Marianne Weber vom gleichen Tag, oben, S. 873, Editorische Vorbemerkung. 2 Marianne Weber fuhr über die Feiertage zu ihren Verwandten in Lemgo, Lage und Oerlinghausen.
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21. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 21. Dezember 1902; PSt Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Aufgrund durchgedrückter Poststempelabdrucke ist der Text an mehreren Stellen unleserlich.
P. m. – È bello qui – dormo con finestre aperte e posso sedere immediatamente al mare senza soprabito. Dalla stanza – nella Dipendenza dell’ albergo1 – si vede un poco il mare. Soltanto le stanze sono un pocoa vuote, – ma tranquillissimo fi no adesso. Credo che [??]. E di certo più bello che [??] tepido Ajaccio, 2 benchè la vista fuori più grandiosa. Ma anche da qui [si ve]dono le Alpi marittime [??] ghiacciate ed il bellissimo [??] Portofi no.3 La mia testa fi n [??] migliore e |:anche:| la qualità del sonno potrebbe essere migliore. [??] la „Zeit“,4 se possibile. Hai [??] Rochow5 di consegnarmi i libri? Spero che tub ti trovi bene. Riverire le zie6 moltissime volte. Con saluti cordiali il tuo Max M[eine] K[leine] – Es ist schön hier – ich schlafe bei offenen Fenstern und kann direkt am Meer ohne Umhang sitzen. Von meinem Zimmer – im Nebengebäude des Hotels – kann man ein bißchen das Meer sehen. Nur, die Räume sind ein wenig leer, – aber bis jetzt sehr ruhig. Ich glaube, daß [??]. Es ist sicherlich schöner als [??] das milde Ajaccio, wenngleich die Sicht nach draußen großartiger. Aber auch von hier sieht man die verschneiten Westalpen [??] und das a 〈vide〉
b 〈[stai ben]〉
1 Schickert‘s Park-Hotel-Pension in Nervi bei Genua. 2 Von Ende November 1900 bis Mitte März 1901 hatten Max und Marianne Weber nach Max Webers Zusammenbruch und dem langen Aufenthalt in Urach in Ajaccio Erholung gesucht. 3 Das Kap von Portofino und der kleine Hafen Portofino liegen gut 25 bzw. 30 Kilometer östlich von Nervi. 4 Gemeint ist „Die Zeit. Nationalsoziale Wochenschrift“, die Friedrich Naumann zwischen 1901 und 1903 als selbständiges Blatt herausgab. 5 Es handelt sich um die C. Winter’sche Universitätsbuchhandlung (Inhaber F.W. Rochow) in Heidelberg, Hauptstr. 129. 6 Flora und Marie Schnitger in Lemgo.
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21. Dezember 1902
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sehr schöne [??] Portofino. Mein Kopf bis [??] besser und auch die Qualität der Nachtruhe könnte besser sein. [??] Die „Zeit“, wenn möglich. Hast du Rochow [gebeten], mir die Bücher zukommen zu lassen? Ich hoffe, daß Du dich gut fühlst. Ich empfehle mich den Tanten viele Male. Mit herzlichen Grüßen Dein Max
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23. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 23. Dezember 1902; PSt Nervi Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
P. m. – Sono stato a Rapallo-S. Margherita e ho fatto una passeggiata in carrozza a Portofi no.1 Dappertutto e molto bello ma non posso trovare |:cosa:| più bella che qui a Nervi. E vero che qui si trova un poco fuori del mondo, ma sono 10 minuti fi no alla passeggiata della riviera di Nervi e posso giacere in sedie commode sul mare – il che mi fa molto bene. Fa tempo splendido come in primavera. Ho potuto leggere un poco. Mangio a una tavola per me. La stanza e tranquillissima. Dunque resto qui. – Domani spedisco come „mostre senza valore“ una piccoltàa – il collinob per te,c i fazzoletti per le zie2 – che ho comprato in un villino presso S. Margherita – costava quasi niente. Riverire le zie, bella festa, cento bacci del tuo Max M[eine] K[leine] – Ich bin in Rapallo-Santa Margherita gewesen und habe mit der Kutsche eine Spazierfahrt bis Portofino gemacht. Überall ist es sehr schön, aber ich kann nichts schöneres als hier in Nervi finden. Es stimmt, daß man hier ein wenig von der Welt abgeschnitten ist, aber es sind 10 Minuten bis zum Spazierweg an der Küste von Nervi, und ich kann am Meer in bequemen Liegestühlen ruhen – was mir sehr gut tut. Das Wetter ist wunderschön wie im Frühling. Ich konnte ein bißchen lesen. Ich esse an einem Tisch für mich allein. Das Zimmer ist sehr ruhig. Also bleibe ich hier. – Morgen schicke ich als „Muster ohne Wert“ eine Kleinigkeit – für Dich den Halsschmuck, die Tücher für die Tanten – die ich in einem Häuschen in der Nähe von S. Margherita gekauft habe – es kostete fast nichts. Ich empfehle mich den Tanten, frohes Fest, hundert Küsse von Deinem Max
a Zu erwarten wäre: piccolezza
b Gemeint ist wahrscheinlich: collarino
c 〈la〉
1 D.h. von Santa Margherita, südwestlich von Rapallo gelegen, bis an die Südspitze der Halbinsel Portofino. 2 Flora und Marie Schnitger in Lemgo.
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24. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 24. Dezember 1902; PSt Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
P. m. a Si
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passa nientea , sto seduto e giacente tutto il giorno al mare sulla terrazza dell’ albergo, e posso leggere un poco; p[er] e[sempio] il „Rothe“ del zio Hausrath.1 Mi pare che adesso il tempo va peggiorarsi perche per la prima volta ci sono nuvole. – Spero che tu sia giuntob bene a Lemgo e che tua indisposizione abbia aspettato fi nche tu sia dalle zie.2 Mama si e alzata del letto, 3 come mi telegrafano da Berlino – io avevac domandatod4 – e peccato che ella non possa venire qua.e Visto che io sono seduto a una tavola separata, non ho conoscenza della gente che sif trattiene qui – Inglesi, Tedeschi, una Mulatta, un professore da Vienna etc. In tutto: va bene. Bella festa, mille auguri alle zie ed a te il tuo Max
M[eine] K[leine] Es passiert nichts, ich sitze oder liege den ganzen Tag am Meer auf der Terrasse des Hotels und kann ein bißchen lesen; z. B. den „Rothe“ vom Onkel Hausrath. Es scheint mir, daß sich das Wetter jetzt verschlechtert, weil es zum ersten Mal bewölkt ist. – Ich hoffe, daß a Zu erwarten wäre: Non accade niente ten wäre: avevo d 〈per〉 e 〈Perche〉
b Zu erwarten wäre: giunta f 〈[??]〉
c Zu erwar-
1 Adolf Hausrath hatte Ende 1902 den ersten Teil der Biographie von Richard Rothe, seinem Heidelberger Lehrer, Mentor und Kollegen, veröffentlicht (Hausrath, Adolf, Richard Rothe und seine Freunde, Band 1. – Berlin: G. Grote‘sche Verlagsbuchhandlung 1902; hinfort: Hausrath, Richard Rothe). Der zweite Band erschien 1906 (ebd.). Richard Rothe war ein bedeutender Vertreter des liberalen Protestantismus. Gemeinsam mit Johann Caspar Bluntschli begründete er 1863 den Protestantenverein. Er prägte das Heidelberger Gelehrtenmilieu maßgeblich. 2 Marianne Weber verbrachte die Festtage in Lemgo bei ihren Tanten Flora und Marie Schnitger. 3 Helene Weber war vor dem 20. Dezember 1902 erkrankt und hatte das Bett hüten müssen (vgl. den Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 20. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). 4 Max Webers Anfrage ist nicht überliefert. Helene Weber berichtete aber am 23. Dezember 1902 Marianne Weber (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Max hatte gestern eine Depesche mit Rückantwort geschickt[,] die aber so verstümmelt ankam[,] daß wir nur auf’s gradewohl nach Nervi telegraphiren konnten.“
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24. Dezember 1902
Du gut in Lemgo angekommen bist und daß Dein Unwohlsein erst nach Deiner Ankunft bei den Tanten aufgetreten ist. Mama hat das Bett verlassen, wie sie mir aus Berlin telegrafisch berichten – ich hatte danach gefragt – es ist schade, daß sie nicht hierher kommen kann. Da ich an einem Tisch allein sitze, kenne ich die Leute gar nicht, die sich hier aufhalten – Engländer, Deutsche, eine Mulattin, ein Professor aus Wien etc. Insgesamt: alles in Ordnung. Frohes Fest, tausende Glückwünsche den Tanten und Dir Dein Max
25. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 25. Dezember 1902; PSt Genua und Nervi Drei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die drei Karten sind fortlaufend beschrieben, die erste mit einem Pfeil und die beiden letzten eigenhändig mit den Ziffern 2) und 3) versehen. Sie sind jeweils adressiert, die ersten zwei Karten tragen Poststempel aus Genua, die dritte Karte einen Poststempel aus Nervi. Alle drei Karten zeigen Bildmotive der Küstenlandschaft von Nervi.
Carissima piccola –
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adesso accendono l’albero di natale ed io penso alla mia piccola. Anche oggi ha fatto bellissimo tempo – aria fresca, sole caldo e sono sempre stato sulla mia poltrona sul mare, sempre solo, perche tutta la gente si trattiene o sulle pietre al mare o sul giardino presso della casa. Domani, se non ci sara il Fr[a] Diavolo1 2)
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faro una passeggiata tra Genova – porto, Cattedrale, castello.2 Questo e sempre cosa un poco incomodaa, perche la stazione e distante di qua ca. 15 minuti. Spero che tu sia sana e gaia. Riverire le zie3 moltissime volte. Tante grazie per tua cartolina. Con saluti cordiali il tuo Max 3)
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La madre scrisse poche righe a me – mi pare che essa sia molto stancato, sarebbe melio non andare a Stuttgart,4 ma qua. Da te non ho sentito
a Zu erwarten wäre: scomoda 1 Zu diesem Begriff, mit dem Max Weber seine sexuellen Beschwerden umschrieb, vgl. seinen Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529 mit Anm. 2. 2 D.h. von den bedeutenden Hafenanlagen – Genua war erster Hafenplatz Italiens – über die Kathedrale S. Lorenzo bis zum Dogenpalast, der zu dieser Zeit Telegraphenamt und Behörden beherbergte (vgl. Baedeker, Oberitalien (wie oben, S. 823, Editorische Vorbemerkung), S. 386 f.). 3 Flora und Marie Schnitger, bei denen Marianne Weber in Lemgo die Festtage verbrachte. 4 Helene Weber plante, wie sie Marianne Weber am 31. Dezember 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) mitteilte, im Januar 1903 ihre Nichten, Emmy und Anna Baumgarten, in Stuttgart zu besuchen.
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25. Dezember 1902
niente, da avanthieri sera [,] spero che stia bene e non sia troppo strapazzata dal viaggio. Ho potuto leggere, ma ancora non lavorare. Saluti cordiali anche per le zie il tuo Max Liebste Kleine – jetzt wird der Weihnachtsbaum angezündet, und ich denke an meine Kleine. Auch heute war das Wetter sehr schön – frische Luft, warme Sonne und ich habe die ganze Zeit auf meinem Liegestuhl am Meer gelegen, immer allein, weil all die Leute sich entweder auf den Steinen am Meer oder im Garten in der Nähe des Hauses aufhalten. Morgen, falls Bruder Dämon nicht auftaucht 2) werde ich einen Spaziergang durch Genua machen – Hafen, Kathedrale, Schloß. Das ist immer ein wenig unbequem, weil der Bahnhof von hier ca. 15 Minuten entfernt ist. Ich hoffe, Du bist gesund und fröhlich. Ich empfehle mich viele Male den Tanten. Vielen Dank für Deine Karte. Mit herzlichen Grüßen Dein Max 3) Die Mutter schrieb mir wenige Zeilen – es scheint mir, daß sie sehr angestrengt ist, es wäre besser, nicht nach Stuttgart zu fahren, sondern hierhin. Von Dir habe ich nichts gehört, seit vorgestern abend. Ich hoffe, daß es Dir gut geht und Du von der Reise nicht zu angestrengt bist. Ich konnte lesen, aber noch nicht arbeiten. Herzliche Grüße auch an die Tanten Dein Max
26. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 26. Dezember 1902; PSt Nervi Karte; eigenhändig, ohne Schlußformel Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Cara piccola mia –
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oggi ci sono nuvole e fa tempo caldo e mite, – vento meridionale,a senza sole. Non sono andato a Genova, ma vado domani. Iersera hanno fatto una vezzosa festa di natale – albero, quadri viventi ecc[ètera] b e regali – anche per me un calamajo come il tuo dic Sorrento.1 Questa e la terrazza sulla quale sempre mi trattengo [.] 2 Meine liebe Kleine – heute gibt es Wolken, und es ist warm und mild – Wind aus dem Süden, ohne Sonne. Ich bin nicht nach Genua gefahren, aber ich fahre morgen. Gestern Abend haben sie ein reizendes Weihnachtsfest gemacht – Weihnachtsbaum, lebende Bilder etc. und Geschenke – auch für mich ein Tintenfaß, wie Deins aus Sorrent. Das ist die Terrasse, auf der ich mich immer aufhalte[.]
a 〈[nulla s]〉
b Unsichere Lesung.
c Alternative Lesung: da
1 Max und Marianne Weber waren von ca. Mitte April bis Mitte Mai 1901 von Rom aus nach Sorrent, Neapel und Capri gereist. 2 Das Bildmotiv „Schickert’s Parc-Café“ auf der Karte zeigt die Aussichtsterrasse von Max Webers Hotel in Nervi.
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27. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 27. Dezember 1902; PSt Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Carissima piccola mia – infi nea ! – dopo tre giorni di silenzio – e venuta tua cartolina da Lemgo. Spero che non sia stata indisposta durante il viaggio e che abbia avuta una festa bella colla zia.1 Dunque sempre zia Marie a troppo da lavorare.2 Perche non puo andare in Inghilterra un altra volta?3 Sempre credetti che la abbia amici. – Qui niente di nuovo. Il tempo e bello, nuvole e sole fanno guerra fra di loro, vento caldo, mare agitato e bellissimo. – Questo momento viene anche la tua lettera – tante grazie. Ho adesso niente da racontare, domani, quando saro stato a Genova, un poco più. La testa e stancata, ma posso leggere. Riverire le zie, moltissimi bacci il tuo Max Meine liebste Kleine – endlich! – nach drei Tagen Schweigen – ist Deine Karte aus Lemgo angekommen. Ich hoffe, daß Du dich während der Fahrt nicht unwohl gefühlt hast und ein schönes Fest mit der Tante gehabt hast. Tante Marie hat also noch immer zu viel zu tun. Warum kann sie nicht noch einmal nach England gehen? Ich habe immer gedacht, daß sie dort Freunde hätte. – Hier nichts Neues. Das Wetter ist schön, Wolken und Sonne bekriegen sich gegenseitig, warmer Wind, bewegtes und sehr schönes Meer. – Gerade jetzt kommt auch Dein Brief – vielen Dank. Jetzt habe ich nichts zu erzählen, aber morgen ein bißchen mehr, wenn ich in Genua gewesen sein werde. Mein Kopf ist müde, aber ich kann lesen. Ich empfehle mich den Tanten, sehr viele Küsse Dein Max
a Zu erwarten wäre: fi nalmente 1 Gemeint ist vermutlich die Tante Flora Schnitger, da alle Karten Max Webers an Marianne Weber „bei Frau Dechantin Schnitger“, also Flora Schnitger, gerichtet waren. 2 Die 53jährige Marie Schnitger mußte, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, 28 Schulstunden wöchentlich halten; dies bei einer sehr zarten Konstitution (sie war herzleidend). Vgl. den Brief von Marianne Weber an Alfred Weber vom 29. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 3 Marie Schnitger hatte einige Jahre in London unterrichtet.
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28. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 28. Dezember 1902; PSt Pisa-Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schnauz!
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Also heut einmal deutsch, damit Du es auch verstehst.1 Ich blieb heut doch hier, 2 da 1) ohne Schn. mir die Exkursionen keinen Jux machen, und 2) ich etwas arbeiten konnte. Das Wetter ist herrlich warm, das Meer bewegt u. schön, ich sitze bis nach 9 Uhr Abends den ganzen Tag daran. Neulich war ich auf den Klippen ausgeschlossen u. da nach keiner Seite ein Weg u. die Mauer steil, mußte ich mich auf eine Nacht im Freien rüsten. Gewaltiges Gebrüll, das ich erhob, lockte schließlich trotz der starken Brandung Fischer heran. – Hoffentlich geht Dirs gut, Du scheinst doch etwas müde. Ja ja das Geld! 3 – Ich habe resigniert in meinem Leben nochmal welches in die Hand zu bekommen, aber scheußlich ist es wirklich. Herzlichste Grüße auch an die Tanten,4 – sind die Spitzen angekommen?5 Herzlichst Dein Max
1 In ihrem Antwortbrief vom 30. Dezember 1902 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) bemerkte Marianne Weber, sie könne die italienischen Karten „jetzt ganz gut lesen“, falls sie nicht zu „undeutlich gekritzelt“ seien. 2 Am 27. Dezember 1902 (vgl. oben, S. 884) hatte Max Weber – wie auch schon in seinen Karten vom 25. und 26. Dez. 1902 (oben, S. 881–883) – jeweils für den folgenden Tag einen Ausflug nach Genua angekündigt. 3 Wahrscheinlich eine Anspielung auf die schlechte finanzielle Lage von Marianne Webers Tante Marie (vgl. dazu die Karte an Marianne Weber vom 27. Dez. 1902, oben, S. 884, Anm. 2). 4 Flora und Marie Schnitger. 5 Marianne Weber bestätigte den Eingang der Spitzen am 30. Dezember 1902; sie habe Max Weber bereits in ihren Karten vom 26. und 28. Dezember 1902 dafür gedankt, doch seien diese wohl noch nicht angekommen (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 30. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
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29. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 29. Dezember 1902; PSt Nervi Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Cara piccola – oggi fa pioggia ed il cielo e molto oscuro, ma e caldo ed il mare bellissimo. Sono stato al mare, daa mattinab sul poltronec colla Water-cloth ed ombrello, dopo pranzo nel piccolo pavillond sulla terrazza dell’ albergo. Ho potuto un poco lavorare – un poco soltanto – e leggere nel „Rothe” dello zio,1 che mi fa molto piacere. Il dormire va differentemente, ma basta per questa esistenza qui. Spero che non troppo durera questo tempo, benche sia anche cosi cosa molto migliore del miserabile inverno di Heidelberg. Riverire le zie, 2 stia bene con moltissimi bacini il tuo Max Liebe Kleine – heute regnet es und der Himmel ist sehr dunkel, aber es ist warm und das Meer sehr schön. Ich bin am Meer gewesen, am Morgen auf dem Liegestuhl mit dem Regenmantel und Regenschirm, nach dem Mittagessen im kleinen Pavillon auf der Terrasse des Hotels. Ich konnte ein bißchen arbeiten – nur ein wenig – und in dem „Rothe“ vom Onkel lesen, was mir sehr viel Freude bereitet. Anders beim Schlafen, aber es reicht für mein Leben hier. Ich hoffe, daß dieses Wetter nicht zu lange andauern wird, obwohl es auch so sehr viel besser als der miserable Winter in Heidelberg ist. Ich empfehle mich den Tanten, leb‘ wohl, mit sehr vielen Küßchen Dein Max
a Zu erwarten wäre: la d 〈nel〉
b 〈sulla〉
c Gemeint ist wahrscheinlich: poltrona a sdraio
1 Gemeint ist: Hausrath, Richard Rothe (wie oben, S. 879, Anm. 1). 2 Flora und Marie Schnitger, bei denen Marianne Weber die Weihnachtstage verbrachte.
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30. Dezember 1902
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Marianne Weber PSt 30. Dezember 1902; PSt Nervi Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
P. m.
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Oggi ho niente daa raccontarti. Sono stato sulla terrazza malgrado vento e pioggia – ho potuto lavorare un poco e scritto una lettera alla madre1 per nuovo anno. Tante grazie per tua lettera e cartolina, che sono venute tutte. – Il mio sonno potrebbe essere più tranquillo, ma stab bene. Saluti cordiali il tuo Max M[eine] K[leine] Heute habe ich Dir nichts zu erzählen. Trotz des Windes und des Regens bin ich auf der Terrasse gewesen – ich habe ein bißchen arbeiten können und einen Brief an die Mutter zum neuen Jahr geschrieben. Vielen Dank für Deinen Brief und Deine Karte, die alle angekommen sind. – Mein Schlaf könnte ruhiger sein, aber es geht mir gut. Herzliche Grüße Dein Max
a 〈[??]〉
b Zu erwarten wäre: sto
1 Der Brief ist nicht nachgewiesen.
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31. Dezember 1902
Marianne Weber PSt 31. Dezember 1902; PSt Nervi Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
C. p. – Oggi fa pioggia e molto vento durante tutto il giorno – ma posso avere fi nestre aperte e vedere il mare. Credo che sara tempo cattivo durante la prossima settimana. Dunque ho niente da racontare. – Fin adesso nessuno Fra Diav[olo]1 – Saluti cordiali il tuo Max L[iebe] K[leine] – Heute regnet es, und es ist den ganzen Tag sehr windig – aber ich kann die Fenster offenhalten und das Meer sehen. Ich denke, daß das Wetter nächste Woche schlecht sein wird. Ich habe also nichts zu erzählen. – Bis jetzt kein Bruder Dämon – Herzliche Grüße Dein Max
1 Zu diesem Begriff, mit dem Max Weber seine sexuellen Beschwerden umschrieb, vgl. seinen Brief an Marianne Weber vom 30. Juli 1898, oben, S. 529 mit Anm. 2.
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31. Dezember 1902
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Marianne Weber [31. Dezember 1902]; PSt Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Datum ist erschlossen aus Max Webers Hinweis auf seiner Karte vom 1. Januar 1903, MWG II/4, S. 29 f. Er schrieb dort, er sei am Vortag in Genua gewesen („Ieri sono stato a Genova“). Das Bildmotiv der Panoramakarte von Genua zeigt eine Gesamtansicht des Hafens von San Rocco.
Oggi e la più splendida giornata di tutte fi n adesso. Riverire il padre,1 domani scrivo piu il tuo Max
Heute ist der schönste Tag von allen bis jetzt. Ich empfehle mich dem Vater, morgen schreibe ich mehr Dein Max
1 Eduard Schnitger. Von Lemgo aus fuhr Marianne Weber einige Tage zu ihrem Vater nach Lage (vgl. den Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 30. Dez. 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446).
Anhang
I. Memorandum über die Gründung einer nationalsozialen Zeitung und Vereinigung, verfaßt zwischen dem 23. und 30. September 1896
Das Memorandum befindet sich im Privatbesitz (Baumgarten-Schoeppe, Signatur: 51.2); es stammt aus dem Nachlaß Gerhart von Schulze-Gaevernitz. Es wurde von Max Weber eigenhändig ohne Titel, Adressat, Datum und Ortsangabe verfaßt. Das Datum läßt sich erschließen aus den Hinweisen auf die Berliner Rede Hellmut von Gerlachs am 23. September 1896 und dem ersten Erscheinen der nationalsozialen Tageszeitung „Die Zeit“ am 1. Oktober 1896. Im Manuskript befinden sich noch zwei weitere Hände: Transkriptionen einzelner Wörter Max Webers jeweils über der Zeile unbekannter Herkunft sowie einige Notizen unter der Unterschrift Max Webers, die, wie ein Vergleich mit dem Brief von Gerhart von Schulze-Gaevernitz an Friedrich Naumann vom 13. September 1895 (BA Berlin, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 232, Bl. 91–92) zeigt, von Gerhart von Schulze-Gaevernitz stammen. Das Memorandum steht im Zusammenhang mit der Gründung der Tageszeitung „Die Zeit“ am 1. Oktober 1896 und des Nationalsozialen Vereins durch Friedrich Naumann im November 1896 in Erfurt (vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Friedrich Naumann vom 13. August 1896, oben, S. 209). Den Hintergrund bilden die Richtungskämpfe innerhalb der christlich-sozialen Bewegung, der Austritt des Führers der älteren Richtung, Adolf Stoecker, aus der Deutsch-konservativen Partei im Februar 1896 und aus dem Evangelisch-sozialen Kongreß im Mai 1896. Den Versuchen Stoekkers, eine neue Partei und Bewegung zu gründen, wollten die „Jungen“ der ChristlichSozialen unter der Führung Friedrich Naumanns durch die Gründung einer eigenen Tageszeitung und Partei entgegentreten. Als Redakteure der zu gründenden Tageszeitung schlug Friedrich Naumann die ehemaligen Redakteure von Adolf Stoeckers Presseorgan „Das Volk“, Hellmut von Gerlach und Heinrich Oberwinder, vor. Max Weber, der Friedrich Naumann materiell und politisch unterstützte, riet jedoch sowohl von einer Parteigründung als auch der Gründung einer eigenständigen Tageszeitung entschieden ab. Max Weber hat die im folgenden edierten Aufzeichnungen möglicherweise Gerhart von Schulze-Gaevernitz persönlich übergeben, und zwar als schriftliches Votum für eine Zusammenkunft der Anhänger Friedrich Naumanns, an der er selbst nicht teilnehmen konnte. Denkbar ist ebenso, daß er das Memorandum als Anlage zu einem Brief an Gerhart von Schulze-Gaevernitz verfaßte.
1. Ich bin gegen jeden Versuch eines Parteitages. Die gegenwärtige Ausbreitung der „Jungen“ beruht darauf, daß eine große Zahl tüch-
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Anhang
tiger, aber unklarer Elemente, abgestoßen von der Junkerpolitik der Conservativen und von der kindischen sogenannten „Mittelstands“-Politik der Antisemiten und Stöckers,1 sich nach links wenden, in dem richtigen Gefühl, dort eine uninteressiertere und consequentere Vertretung ihrer eigenen, nicht sehr deutlich ausgeprägten Ideale zu fi nden. Alle diese Elemente bedürfen der energischen K[netung] a und Schulung. Ein „Congreß“ der „Jungen“ jetzt würde lediglich das Schauspiel bodenloser Zerfahrenheit bieten. Die Reste feudaler und zünftlerischer Ideengänge müssen zunächst allseitig abgestreift sein, ehe dies anders wird. Es ist für die „Jungen“ zur Zeit besser, von der heillosen Confusion, die alle andern Organisationsversuche und „Parteitage“ aufweisen und zunehmend aufweisen müssen, 2 zu profitieren, statt selbst ihre eigene, nach zunehmender Klarheit der Gedanken hinstrebende und |:auch:| sich entwickelnde Zukunft vorzeitig zu gefährden. Z. Zeit würde Alles in die Luft verpuffen. Versammlungs-Erfolge dürfen darüber nicht täuschen. Man
a Unsichere Lesung. 1 Im Eisenacher Programm von 1895 propagierte die Christlich-soziale Partei unter der Führung Adolf Stoeckers neben der „Kräftigung des Mittelstandes“ die Bekämpfung aller „unchristlichen und undeutschen Einrichtungen“, wie den „falschen Liberalismus“, die „drückende Kapitalherrschaft“, das „übergreifende Judentum und die revolutionäre Sozialdemokratie“ (Deutsche Parteiprogramme, hg. von Wilhelm Mommsen. – München: Olzog Verlag 31960, S. 80–83, Zitat: S. 81). 2 Hinweis auf die Versuche Adolf Stoeckers, die ältere Richtung der Christlich-Sozialen nach der Trennung von der Deutsch-konservativen Partei neu zu organisieren. Bislang hatte die Christlich-soziale Partei Stoeckers als selbständige Organisation der konservativen Partei angehört; mit dem Ausscheiden Stoeckers Anfang Februar 1896 schied auch sie aus dem konservativen Parteiverband aus und wurde am 26. Februar 1896 in Frankfurt a. M. als eigenständige Partei von Stoecker neu gegründet (vgl. Schultheß 1896, S. 37). Im Mai 1896 trat Stoecker aus dem Evangelisch-sozialen Kongreß aus und trennte sich somit von Friedrich Naumann und den jüngeren Christlich-Sozialen. Anschließend versuchte er, mit dem kirchlich-sozialen Manifest im Juli 1896 auch die soziale Bewegung neu zu organisieren; diese Bestrebungen mündeten allerdings erst 1897 in der Gründung der Freien kirchlich-sozialen Konferenz (vgl. Pollmann, Klaus Erich, Die Freie kirchlich-soziale Konferenz von ihren Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg (1897–1914), in: Gott dem Herrn Dank sagen. Festschrift für Gerhard Heintze, hg. vom Freundeskreis der Braunschweiger Kirchen- und Sozialgeschichte. – Wuppertal: foedus-Verlag 2002, S. 254).
I. Memorandum
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lasse die Conservativen, Stumm und Stöcker weiter sündigen3 und „fi sche im Trüben“.4 2. Die Chancen der Zeitung sehe ich nicht günstig an. Das „Volk“ war im Sinken begriffen. 5 Eine Zeitung seiner Richtung könnte ich, bei aller Achtung vor dem ehrlichen Streben seiner Leiter, nicht unterstützen. Eine Zeitung andrer, den „Jungen“ näher stehender Richtung wird [, ] von früheren Redakteuren des „Volk“ alleinb geleitet [, ] sich der Öffentlichkeit kaum vorstellen dürfen. – Ich habe auch, bei aller Sympathie nach mannigfachsten Richtungen, gegen Herrn v. Gerlach, wie ich bekenne, seit seiner weder discreten noch gerechten Berliner Rede über die Vorgänge bei Stöckers Austritt, die er überdies völlig misdeutet hat, 6 ein gewisses Mistrauen. b 〈sich〉 3 Anspielung auf den offenen Streit innerhalb des konservativen Lagers: Stoecker hatte sich nämlich nicht nur mit der Deutsch-konservativen Partei überworfen, sondern auch mit dem saarländischen Schwerindustriellen Carl Ferdinand von Stumm-Halberg und ihn und sein Sprachrohr, die „Neue Saarbrücker Zeitung“, wegen Beleidigung verklagt (vgl. Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus, Nr. 27 vom 4. Juli 1896, Band 6, 1896, S. 212). 4 Redensart, die die Nutzung unklarer Verhältnisse zum eigenen Vorteil bedeutet. Hier bedeutet sie, Anhänger unter jenen zu suchen, die sich von dem Streit unter den Konservativen irritiert und orientierungslos fühlen. 5 Das Erscheinen der Tageszeitung „Das Volk“ wurde im Sommer 1896 eingestellt. Sie wurde zwischen 1888/89 (1. Jg.) und 1896 (8. Jg.) von Adolf Stoecker in Berlin als Organ der Christlich-sozialen Partei herausgegeben. 6 Max Weber spielt auf die Rede Hellmut von Gerlachs vor dem Christlich-sozialen Jugendbund am 23. September 1896 in Berlin an. Bei der Trennung Stoeckers von der Deutsch-konservativen Partei im Februar 1896 hatte „Das Volk“ mit den beiden Redakteuren, Hellmut von Gerlach und Heinrich Oberwinder, eine zentrale Rolle gespielt, unter ihrer Führung entwickelte sich die Zeitung immer weiter in die Richtung Friedrich Naumanns und der jüngeren Christlich-Sozialen; Stoecker war u. a. deshalb innerhalb der Konservativen Partei unter Druck geraten und schließlich ausgetreten (vgl. Pollmann, Klaus Erich, Landesherrliches Kirchenregiment und soziale Frage. – Berlin, New York: de Gruyter 1973, S. 258 f.). Demgegenüber stellte sich von Gerlach, dem Stoecker als Redakteur des „Volks“ gekündigt hatte, in der besagten Rede vom 23. September 1896 als Opfer dar, der stets nur das Beste für Stoecker gewollt habe; Stoecker dagegen – so von Gerlach – habe zweimal seinen, von Gerlachs, Charakter herabgesetzt: einmal, als er seine politischen Beziehungen spielen ließ, um sich für seine Rückkehr in den Staatsdienst beim Ministerium des Innern einzusetzen; damit sei er, von Gerlach, nämlich als „Bettler“ erschienen; zum zweiten, indem Stoecker ihn im Elferausschuß der Deutsch-konservativen Partei als anfällig für die Sozialdemokratie und damit ein weiteres Mal als charakterschwach dargestellt habe (vgl. den Bericht über von Gerlachs Rede am 23. Sept. 1896: „Im ‚Christlich-sozialen Jugendbunde‘“, in: Neue Preußische Zeitung (Kreuz-Zeitung), Nr. 450 vom 24. Sept. 1896, Abend-Ausgabe, S. 2).
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Anhang
Von der bisherigen Haltung der Redakteure des „Volk“ schiedc mich der m.E. auf Unkenntnis der Verhältnisse beruhende, heute nur den Agrariern zu Gute kommende extreme Börsenhaß, das Maß und der Ton, in welchem ein Antisemitismus ohne jede praktischen Ziele sich geltend machte, und der allzu vorwiegendd kleinbürgerliche Gedankenkreis, an den sich das Blatt wandte, überhaupt. Wie weit dabei Pietät gegen Personen und Traditionen mitspielte, weiß ich nicht, sicher ist, daß die „Jungen“ auf diesem Instrument nicht spielen können. Entsteht die Zeitung, so werde ich ganz vorurteilsfrei prüfen, ob ich mitarbeiten kann. Wird dagegen ein „Parteitag“ einberufen, so mache ich e|:ohne im Übrigen meine bisherige Sympathie für die Sache zu ändern,:|e jetzt entschieden nicht mit. Ich könnte es nach meinen Anschauungen nicht. Ich bin für losen Zusammenschluß überall,f nach Art der Frankfurterg Organisation,7 mit der ausgesprochenen Absicht, bei den Wahlen jeden Candidaten, von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken, über seine Stellung zu denjenigen positiven Zielen zu interpellieren, die in unserem Kreise hervortreten, und je nach der Antworth ohne jeden Unterschied, ob „Ordnungspartei“8 oder nicht,
c scheidet > schied Blattrand. f 〈mit〉
d ausschließlich > vorwiegend e Einschub vom unteren g 〈Vers〉 h Abstimmung > Antwort
7 Hinweis auf den sog. „Ausschuß der jüngeren Christlich-Sozialen“, der sich in Frankfurt a. M. um Friedrich Naumann konstituiert hatte (genannt in: Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus, Nr. 33 vom 15. Aug. 1896, Band 6, 1896, S. 264). Dieser Ausschuß war aus der Gruppe der jüngeren Christlich-Sozialen um Friedrich Naumann, genannt „Freunde der Hilfe“ mit Schwerpunkt Hessen und Hessen-Nassau, hervorgegangen. Auch Max Weber war Teilnehmer dieses Kreises und wirkte an der Vorbereitung eines Programmentwurfs mit (vgl. das von Max Weber mitunterzeichnete „Vertrauliche Anschreiben und Programmentwurf für eine neue Tageszeitung“, in: MWG I/4, S. 885–895, bes. S. 886). 8 Als Zitat nicht nachgewiesen. Die sprachliche Zuspitzung auf Parteien der Ordnung einerseits und Parteien des Umsturzes andererseits geht auf eine Rede Wilhelms II. zurück, in der er am 6. September 1894 in Königsberg zum „Kampf für Religion, für Sitte und Ordnung gegen die Parteien des Umsturzes“ aufrief (zit. nach: Born, Karl Erich, Staat und Sozialpolitik nach Bismarcks Sturz. Ein Beitrag zur Geschichte der innenpolitischen Entwicklung des Deutschen Reiches 1890–1914. – Wiesbaden: Franz Steiner Verlag 1957, S. 116). Diese Rede stand zu Beginn des Versuchs, mit der sog. Umsturzvorlage 1894/95 erneut gegen die Sozialdemokratie vorzugehen.
I. Memorandum
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dafür oder dagegen zu stimmen und ev. zu agitieren. Zu Weiterem ist noch nicht die Zeit. Max Weber.
II. Verlagsverträge über die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ 1897–1901
Im folgenden werden die Verträge wiedergegeben, die die Herausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ 1897 (1.), 1899 (2.) und 1900/1901 (3.) mit dem Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) abgeschlossen haben. Die Wiedergabe erfolgt – ohne Korrektur der Fehlschreibungen – nach den Exemplaren, die sich jeweils mit den Originalunterschriften im Verlagsarchiv befinden: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nachl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Vertragskonvolut „Abhandlungen, Volkswirtschaftliche“, Karton 950=B 10,3. 1. Verlags- und Redaktions-Vertrag. Zwischen den Professoren Carl Johannes Fuchs, Heinrich Herkner, G. von Schulze-Gävernitz, Max Weber, einerseits und der Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i.B. andererseits ist folgender Vertrag geschlossen worden: § 1. Die Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) übernimmt den Verlag der von den oben genannten Herren zu begründenden Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der badischen Hochschulen herausgegeben von Carl Johannes Fuchs, H. Herkner, G. von Schulze-Gävernitz, Max Weber. § 2. Die Abhandlungen erscheinen in zwanglosen Heften. Für Satzeinrichtung und Format der Abhandlungen ist die zwischen der Verlagsbuchhandlung und der Redaktion vereinbarte Satzprobe maßgebend. Die Hefte werden in Bände zu 30 Bogen Umfang zusammengefaßt, denen alsdann ein Bandtitel und ein Inhaltsverzeichnis beigegeben wird. § 3. Die Herren Mitarbeiter erhalten für ein Heft, gleichviel welchen Umfangs, M 50.–, jeder der Herren Herausgeber für ein von ihm selbst verfaßtes Heft M. 100,– Honorar, zahlbar je nach Ausgabe des betreffenden Heftes.
II. Verlagsverträge
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§ 4. Für Dissertationen wird kein Honorar entrichtet. Dafür werden aber für eine Dissertation bis zu einem Umfang von 3 Druckbogen die Pfl ichtexemplare unentgeltlich geliefert. Vom 4. Bogen an wird der Bogen, bezw. ein Teil des Bogens, pro Pfl ichtexemplar mit 20 Pfennig berechnet. § 5. Die Herren Herausgeber erhalten von jedem Heft ein, die Herren Mitarbeiter von dem von ihnen bearbeiteten Heft, – Dissertationen ausgenommen, – zehn Freiexemplare. § 6. Die Entscheidung über die Aufl agehöhe, in welcher die einzelnen Hefte gedruckt werden sollen, steht der Verlagsbuchhandlung allein zu. § 7. Die Verlagsbuchhandlung beabsichtigt den Ladenpreis der Abhandlungen im Einzelverkauf auf 35–40 Pfennig pro Druckbogen, im Abonnement auf 30 Pfennig festzusetzen, falls sich die Lieferung im Abonnement als durchführbar erweist. § 8. Die erste Correktur wird jeweils von der Druckerei, die zweite von den Herren Verfassern, die dritte von der Redaktion gelesen. § 9. Der vorstehende Vertrag bleibt mindestens für drei Bände in Kraft und gilt stillschweigend als verlängert, wenn er nicht rechtzeitig vor Vollendung der ersten 3 Bände von einer der beiden Seiten gekündigt wird. § 10. Beiden Contrahenten steht ein Kündigungsrecht in der Weise zu, daß Kündigung vor Erscheinen des 1. Heftes eines Bandes mit dem Abschluß dieses Bandes, spätere Kündigung mit dem Abschluß des folgenden Bandes wirksam wird. § 11. Wechselt einer der Herren Herausgeber sein Domizil, so wird der Vertrag dadurch nicht aufgehoben. Hiermit allenthalben einverstanden unterzeichnen diesen in fünf gleichlautenden Exemplaren ausgefertigten Vertrag, Greifswald, den 26. Juli 1897. Carl Johannes Fuchs Karlsruhe, den 30. Juli 1897. Heinrich Herkner Freiburg i.B., den 13. Aug. 1897. Schulze-Gaevernitz Heidelberg [, ] den 28. Juli 1897. Max Weber Freiburg i.B. [, ] den 24. Juli 1897. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)
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Anhang 2. Verlags- und Redactions-Vertrag.
Zwischen den Herren Professoren Carl Johannes Fuchs, Gerhard von Schulze-Gaevernitz in Freiburg i.B., Max Weber in Heidelberg einerseits und der Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i.B., Leipzig und Tübingen andererseits ist folgender Vertrag geschlossen worden: Die Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) führt den Verlag der von den oben genannten Herren herausgegebenen Volkswirtschaftlichen Abhandlungen (der badischen Hochschulen) vom IV. Bande an unter folgenden Bedingungen weiter: § 1. In den Volkswirtschaftlichen Abhandlungen fi nden hervorragende Arbeiten aus den Seminaren der Herren Herausgeber Aufnahme. Jeder Abhandlung wird ein Vermerk: „Aus dem Seminar des Herrn Professor…“ vorgedruckt. Der Verlagsbuchhandlung gegenüber sind die Herren Herausgeber persönlich, also nicht in ihrer Eigenschaft als Professoren badischer Hochschulen gebunden. Domicilwechsel der Herren Herausgeber hebt daher den Vertrag nicht auf. Der Titelzusatz „badischer Hochschulen“ soll von Band….an wegfallen. § 2. Die Abhandlungen erscheinen in zwanglosen Heften. Für Satzeinrichtung und Format ist die zwischen der Verlagsbuchhandlung und der Redaction vereinbarte Satzprobe maßgebend. Die Hefte werden in Bände zu je etwa 36 Bogen Umfang zusammengefaßt; jedem Band wird ein Bandtitel und ein Inhaltsverzeichnis beigegeben. § 3. Die Verlagsbuchhandlung ist nicht verpfl ichtet, mehr als 36 Bogen jährlich auf ihr eigenes Risiko herzustellen. So lange nur die Seminare von Freiburg und Heidelberg Beiträge liefern, hat jedes derselben über 18 Bogen pro Jahr zu verfügen. Überschreitet ein Seminar die ihm für das Jahr zustehende Bogenzahl, so hat der betr. Herausgeber den in § 6 angegebenen Zuschuß pro Bogen zu leisten. Etwaige Compensationen bleiben den Herren Herausgebern unter sich anheimgestellt. § 4. Die Herren Mitarbeiter erhalten für eine Abhandlung, gleichviel welchen Umfangs, fünfzig Mark Honorar, zahlbar je nach Ausgabe des betreffenden Heftes.
II. Verlagsverträge
901
§ 5. Für Dissertationen wird kein Honorar entrichtet. Dafür werden aber für eine Dissertation bis zu einem Umfang von zwei Druckbogen Text Pfl ichtexemplare mit Beigabe von Titelblatt und Lebenslauf unentgeltlich geliefert. Vom 3. Bogen an hat der betr. Verfasser einen Zuschuß zu leisten, der die durch Herstellung der Sonderabzüge der betr. Bogen entstehenden Mehrkosten deckt. Von Freiburger Arbeiten werden an Stelle der Dissertationsexemplare dem Verfasser einer Dissertation die 10 Pfl ichtexemplare seiner ganzen Abhandlung unentgeltlich geliefert. § 6. Überschreitet eine Abhandlung, gleichviel, ob sie in einem Hefte oder auf mehrere Hefte verteilt erscheint, im Text den Umfang von 9 Druckbogen, so sind die Kosten vom 10. Druckbogen an von dem betr. Verfasser zu tragen. Die Kosten eines Druckbogens ohne Tabellen belaufen sich nach dem z.Z. gültigen Buchdrucker-Tarif durchschnittlich auf M 64.–, für Tabellen erfolgt ein Aufschlag von 66 2 / 3 bis 100 % je nach Schwierigkeit des Tabellensatzes. Mehr als M 64.– pro Bogen ohne Tabellen darf die Verlagsbuchhandlung ohne vorhergehende besondere Vereinbarung nicht berechnen. Erreichen dagegen die Kosten diese Höhe nicht, so darf die Verlagsbuchhandlung nur ihre Selbstkosten berechnen. Eintretende Erhöhungen des Druckertarifs entbinden die Verlagsbuchhandlung von den oben genannten Maximalpreisen. § 7. Die Kosten aller besonderen Beilagen, wie lithographische Tafeln, Holzschnitte u.s.w. hat der betr. Verfasser auf Grund eines von der Verlagsbuchhandlung aufzustellenden Voranschlags zu tragen. § 8. Die Herren Herausgeber erhalten von jedem Heft ein, jeder Mitarbeiter von der von ihm bearbeiteten Abhandlung zehn Freiexemplare. § 9. Auf Grund besonderer Vereinbarung zwischen den Herausgebern und der Verlagsbuchhandlung können außer den Seminararbeiten auch Arbeiten der Herausgeber, sowie anderer Docenten der badischen Hochschulen und früherer Mitglieder der Seminare aufgenommen werden. Das freie Verfügungsrecht der Seminare über die ihnen nach § 3 für das Jahr zustehende Bogenzahl wird hierdurch nicht eingeschränkt. § 10. Die Entscheidung über die Aufl agehöhe, in welcher die einzelnen Hefte gedruckt werden sollen, steht der Verlagsbuchhandlung allein zu. § 11. Die Verlagsbuchhandlung stellt den Ladenpreis der „Abhandlungen“ im Abonnement und im Einzelverkauf nach ihrem Ermessen fest.
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Anhang
§ 12. Die erste Korrektur wird jeweils von der Druckerei, die zweite von den Herren Verfassern, die dritte von der Redaction gelesen. § 13. Größere sog. Autoren-Korrekturen sind, nach den Aufstellungen der Druckerei, vom Verfasser des betr. Heftes zu bezahlen. Über die für Autoren-Korrekturen auf einen Bogen verwendete Stundenzahl giebt die Druckerei jeweils durch Korrekturzettel Aufschluß, die auf die Revisionsbogen aufgeklebt werden. § 14. Die Verlagsbuchhandlung verpfl ichtet sich, unter vorstehenden Bedingungen die Bände IV-VI der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen“ zu verlegen. § 15. Beiden Kontrahenten steht vom VI. Bande an ein Kündigungsrecht in der Weise zu, daß Kündigung vor Erscheinen des ersten Heftes eines Bandes mit dem Abschluß dieses Bandes, spätere Kündigung mit dem Abschluß des folgenden Bandes wirksam wird. § 16. Der vorstehende Vertrag gilt stillschweigend immer für einen weiteren Band für verlängert, wenn er nicht von einer der beiden Seiten rechtzeitig auf Grund des § 15 gekündigt wird. Hiermit allenthalben einverstanden, unterzeichnen diesen in vier gleichlautenden Exemplaren ausgefertigten Vertrag: Freiburg i.B., 17. Mai 1899 Carl Johannes Fuchs Heidelberg 13 / V [18]99 Max Weber Freiburg i.B., den 15. Mai 1899 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) [Freiburg i.B., den 15. Mai 1899] Schulze-Gaevernitz
3. Verlags- und Redaktions-Vertrag. Zwischen den Herren Professoren Carl Johannes Fuchs, Gerhard von Schulze-Gaevernitz in Freiburg i.B., Karl Rathgen, Max Weber in Heidelberg einerseits und der Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen und Leipzig andererseits ist folgender
II. Verlagsverträge
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Vertrag geschlossen worden: Es folgt derselbe Text wie im Vertrag von 1899 (2.)
Hiermit allenthalben einverstanden unterzeichnen diesen in Übereinstimmung mit dem Vertrag vom 13./ 15. /17. Mai 1899 ausgefertigten Vertrag: Freiburg i.B.,
15. November [1900] Carl Johannes Fuchs 19. Nov. [1900] Schulze-Gaevernitz
Ajaccio [, ]
6. Jan. [19]01 Max Weber
Heidelberg,
9. März 1901 Karl Rathgen
Tübingen,
2. November 1900 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)
III. Itinerar der Reise nach Schottland und Irland August–September 1895
12.–31. August 1895
Schottland
10. August
Abends Fahrt von Heidelberg nach Basel; Nachtfahrt nach London über Ostende und Dover Aufenthalt in London Mittags Weiterfahrt von London nach Edinburgh mit der „Northern Railway“ Nachmittags Fahrt von Edinburgh in Richtung der Trossachs bis Aberfoyle Besichtigung der Trossachs (Loch Katerine), Fahrt über Stronachlachar und Inversnaid bis Luss am Loch Lomond Fahrt mit Dampfboot und Bahn nach Oban an der schottischen Westküste Frühmorgens per Dampfboot von Oban durch den Caledonian Canal nach Inverness Bahnfahrt nach Achnasheen und per Wagen zum Loch Maree Morgens Abreise von Loch Maree, über Achnasheen nach Strome Ferry, dem Hafen für die Hebriden an der schottischen Westküste Mittags mit dem Dampfboot nach Stornoway auf der Insel Lewis Nachmittags Aufbruch von Stornoway in den kleinen Ort Barvas, an der Westküste von Lewis Abends vorzeitige Rückfahrt von Barvas nach Stornoway, und von dort noch nachts zurück nach Strome Ferry auf dem schottischen Festland Weiterreise nach Portree auf der Insel Skye; während ihres Aufenthalts unternehmen Max und Marianne Weber Bergtouren im Norden und Süden der Insel Rückkehr von Skye nach Oban
11. August 12. August 13. August 14. August
15. August 16. August 17.–20. August 20. August
21. August 22. August 23. August
24.–27. August
28. August
III. Itinerar der Reise nach Schottland und Irland
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29. August 30.–31. August
Ausflug ins südlich des Ben Nevis gelegene Glencoe Abreise nach Glasgow und dort eintägiger Aufenthalt; am Abend des 31. August Weiterreise mit der Bahn zur Küste und mit dem Dampfboot nach Irland
1.–12. September 1895
Irland
1. September
Nachts Ankunft in Belfast und am gleichen Tag Weiterreise nach Dublin Bahnfahrt von Dublin zur Westküste Irlands Weiterfahrt nach Kilkee und kurzer Badeaufenthalt Weiterreise nach Killarney, dort mehrere Tage Aufenthalt mit verschiedenen Ausflügen in die Umgebung Fahrt mit der „coach“ nach Glengariff an der irischen Südküste (Bantry Bay), von dort Beginn der Rückreise über Cork nach Dublin Zwischenhalt in Dublin, von dort Dampferfahrt an die Küste von Wales (Holyhead) Wochenendaufenthalt an der walisischen Küste Rückreise nach London mit Haltepunkten in Chester, Liverpool und Oxford Nachmittags Heimfahrt ab London, Zwischenstop in Straßburg; Ankunft in Heidelberg am Donnerstag, dem 19. September 1895
2. September 3.–6. September 6.–10. September 10. September
12. September 13.–15. September 16.–18. September 18.–19. September
IV. Itinerar der Reise nach Frankreich und Spanien August–Oktober 1897
27. August– 6. September 1897
Frankreich
27. August 28. August
Nachtfahrt mit dem Orient-Express nach Paris Weiterreise per Bahn nach Toulouse; dort spätabends Ankunft Vormittags Stadtbesichtigung in Toulouse; danach Weiterreise nach Luchon (Midi Pyrénées), nahe der spanischen Grenze Wanderung von Luchon ins südlich gelegene „Vallée du Lys“ Weiterfahrt ins weiter westlich gelegene Cauterets, Aufenthalt in Lourdes und Besichtigung der Wallfahrtstätte Tagesausflug von Cauterets zum Lac de Gaube Tagesreise zum Cirque de Gavarnie; dort Übernachtung Tagestour über das Hochgebirge von Gavarnie zurück nach Cauterets Fahrt nach Bordeaux; Ankunft dort spätabends Aufenthalt in Bordeaux; Fahrt nach Arcachon Weiterfahrt Richtung Biarritz; Übernachtung im Fischerort Guéthary, südlich der Stadt Biarritz, die Max und Marianne Weber besichtigen
29. August
30. August 31. August
1. September 2. September 3. September 4. September 5. September 6. September
7. September – Anfang Oktober 1897
Spanien
7. September
Fahrt von Guéthary über die Grenze nach San Sebastián; Stadtbesichtigung Per Bahn und Pferdeomnibus Weiterreise Richtung Bilbao; spontaner Halt im Badeort Deva
8. September
IV. Itinerar der Reise nach Frankreich und Spanien
8.–15. September 11. September
12. September 15. September 16.–20. September 18. September 21. September 23. September Bis Anfang Oktober 3.–4. Oktober
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Aufenthalt in Deva Tagesfahrt Max Webers nach Bilbao und Las Arenas; Besichtigung umliegender Industrieanlagen; Abendessen mit dem deutschen Konsul Eugen Erhardt in Bilbao Ausflug ins südliche Hinterland von Deva, Besuch des Klosters San Ignacio de Loyóla Ausflug ins Umland mit dem aus Bilbao bekannten Ingenieur Ernst Ruehle Weiterreise und Aufenthalt im Seebad Las Arenas bei Bilbao Max Weber besichtigt den Eisenerzabbau der Orconera Iron Ore Co. Ltd., London, bei Bilbao Fahrt durch das Ebrotal nach Zaragoza (Aragonien) Weiterreise nach Barcelona Aufenthalt an der spanischen Mittelmeerküste Rückreise von Paris nach Heidelberg in der Nacht auf den 4. Oktober 1897
Verzeichnisse und Register
Personenverzeichnis
Dieses Verzeichnis berücksichtigt alle Personen, die in den Briefen Max Webers selbst Erwähnung fi nden, mit Ausnahme allgemein bekannter Persönlichkeiten und solcher Autoren, die in bibliographischen Angaben ohne weitere Information genannt werden. Die Einträge erfolgen in der Schreibung Max Webers.
Abelsdorff, Walter (16.9.1871–12.4.1938). Nationalökonom und Statistiker. Studium des Maschinenbauingenieurswesens und der Nationalökonomie in Charlottenburg, Karlsruhe, Berlin und Heidelberg; 1898 Promotion zum Dr. phil. bei Max Weber in Heidelberg; 1899 Technischer Assistent der Gewerbeinspektion in Hamburg; seit 1906 Mitarbeiter im Preußischen Statistischen Landesamt in Berlin. Veröffentlichte 1900 die Langfassung seiner Dissertation „Beiträge zur Sozialstatistik der Deutschen Buchdrucker“ in den von Max Weber mitherausgegebenen „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Adelung, Johann Christoph (8.8.1732–10.9.1806). Bibliothekar, Übersetzer und Germanist. Studium der Theologie in Halle; 1752–56 Bibliothekar von Siegmund Jacob Baumgarten; 1758 Professor am Evangelischen Ratsgymnasium in Erfurt; 1762 Ernennung zum Sachsen-Gothaischen Rat, 1787 Oberbibliothekar der Kurfürstlichen Bibliothek Dresden. Bedeutende lexikographische Arbeiten, wie der „Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der hochdeutschen Mundart“ (5 Bände, 1774–86). Alexis, Willibald → Häring, Georg Wilhelm Heinrich Amson, Ludwig Samuel (um 1868–?). Amerikanischer Jurist. Geboren in New York, 1891 Promotion zum Dr. jur. in Heidelberg, Studium der Staatswissenschaften in München und 1894/95 in Heidelberg; lud Max Weber 1896 zu einem Vortrag nach Heidelberg ein. Anton, Günther Kurt (11.12.1864–1924). Jurist und Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. jur. in Jena; 1887 erstes juristisches Staatsexamen in Berlin; 1887/88 Studium der Staatswissenschaften bei → Gustav Schmoller und → Adolph Wagner in Berlin; 1891 Promotion zum Dr. phil. ebd.; 1893 Habilitation in Jena. Arbeiten zur preußischen Fabrikgesetzgebung und zur Kolonialpolitik der europäischen Mächte, besonders Frankreichs. Arnim(-Muskau), Traugott Hermann Graf von (20.6.1839–22.1.1919). Beamter, Offizier, Politiker und Gutsbesitzer. Wirkl. Geh. Rat. 1862 Eintritt in den Staatsdienst; 1872–74 Sekretär Bismarcks; 1883 Erwerb der Standesherr-
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Personenverzeichnis
schaft Muskau; 1887–1907 MdR für die Reichspartei; Mitglied des oberlausitzischen Landtages, MdprHH; Mitglied der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer; 1896 Mitglied der IX. Kommission des Reichstags zur Vorberatung des Entwurfs eines Börsengesetzes; 1892/93 Mitglied der Börsenenquetekommission; 1896 Mitglied des provisorischen, 1897–1902 des definitiven Börsenausschusses. Arnsperger, Ludwig (3.9.1837–17.7.1907). Badischer Ministerialbeamter und Jurist. 1860 erste, 1864 zweite juristische Staatsprüfung; zunächst im Sekretariat des badischen Justizministeriums; 1865 Amtmann im Bezirksamt Heidelberg; 1871 Oberschulrat; 1877 Ministerialrat im Innenministerium; 1881 Leiter des Referats für Wissenschaft und Künste im Ministerium für Justiz, Kultus und Unterricht; 1895–1901 Direktor des badischen Oberschulrates; Förderung der Lehrerbildung und Mitwirkung an Gesetzen zum Elementarunterricht. Zuständiger Hochschulreferent bis Ende 1900, d.h. während der Berufungen Max Webers nach Freiburg (1893/94) und nach Heidelberg (1896/97) sowie der Zeit seiner Urlaubsgesuche und seines ersten Entlassungsgesuchs. Augspurg, Anita (22.9.1857–20.12.1943). Juristin und Repräsentantin der Frauenbewegung. 1879 Preußische Staatsprüfung zur Lehrerin; 1881–85 Schauspielerin; 1893–97 Jurastudium und Promotion in Zürich. Als Mitbegründerin des „Verbands fortschrittlicher Frauenvereine“ (1899) Vertreterin des sogenannten radikalen Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung, 1902 Mitbegründerin des „Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht“; Herausgeberin der „Zeitschrift für Frauenstimmrecht“; 1915 Teilnahme an der Frauenfriedenskonferenz in Den Haag; Mitbegründerin des „Internationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden“. Ab 1933 Exil in der Schweiz. Avenarius, Richard (19.11.1843–18.8.1896). Philosoph. 1868 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig; 1876 Habilitation ebd.; seit 1877 als Nachfolger von → Wilhelm Windelband o. Professor für Philosophie an der Universität Zürich; entwickelte eine Theorie der „reinen Erfahrung“, den sogenannten Empiriokritizismus. Babeuf, François Noël (23.11.1760–27.5.1797). Französischer Revolutionär und Journalist. Vor der Revolution Lehnssekretär in Roye (Picardie), als politischer Journalist unter dem selbstgewählten Namen Gracchus Babeuf Ideengeber des frühen proletarischen Kommunismus. Trat in seiner Zeitung „Le tribun du peuple“ (ab September 1794) für die Aufteilung von Grund und Boden ein. Gründete im März 1796 den Bund der Gleichen, der einen Aufstand zum Sturz des Direktoriums organisieren sollte. Nach dessen Aufdeckung guillotiniert.
Personenverzeichnis
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Baer, Albert (20.3.1875–?). Nationalökonom. 1901 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg bei → Karl Rathgen mit der Arbeit „Über die Entwickelung der Mannheimer Eisen- und Maschinenindustrie mit besonderer Berücksichtigung der Arbeiterverhältnisse“. Studierte zwischen dem SS 1897 und dem WS 1899/1900 bei Max Weber; hörte u.a. seine Vorlesung „Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung“ (SS 1898) und nahm an seinem Volkswirtschaftlichen Seminar teil. 1898/99 warb ihn Max Weber als Mitarbeiter der Heimarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik für die Bearbeitung der Kartonageindustrie in Lahr i.Br. Über dieses Thema referierte er auch im Volkswirtschaftlichen Seminar. Baist, Gottfried (28.2.1853–22.10.1920). Romanist. 1880 Promotion zum Dr. phil. in Erlangen; Privatdozent ebd., 1884 Assistent an der Bibliothek ebd.; 1890 Habilitation ebd.; 1890 o. Professor der romanischen Philologie in Freiburg i.Br.; Untersuchungen zur spanischen Literaturgeschichte. Vorsitzender der Freiburger Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes. Gehörte in Freiburg zum engeren Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Barazetti, (August) Caesar (Joseph) (13.1.1844–5.7.1907). Jurist. 1869 Gerichtsvoluntär, 1870 Sekretariatsassistent am Hofgericht Mannheim, 1871 Promotion zum Dr. jur. in Jena und zweite juristische Staatsprüfung in Karlsruhe, danach Assessor in einer Anwaltspraxis in Konstanz, 1873 Rechtsanwalt in Mannheim, 1884 Habilitation in Heidelberg, 1889–97 a.o. Professor ebd. mit den Schwerpunkten französisches Zivil- und badisches Landrecht, seit 1897/98 Professor an der Hochschule in Fribourg. Barth, Theodor Wilhelm (16.7.1849–2.6.1909). Jurist, Publizist und Politiker. 1871 Anwalt in Bremen, 1876–83 Syndikus der Handelskammer ebd.; 1881–84 MdR für die Liberale Vereinigung; 1885–98 und 1901–03 MdR für die Deutsche Freisinnige Partei bzw. seit 1893 für die Freisinnige Vereinigung; 1899–1903 MdprAH; 1908 Bruch mit der Freisinnigen Vereinigung wegen ihres Festhaltens an der liberal-konservativen Blockpolitik. 1883– 1907 Herausgeber der Wochenschrift „Die Nation“, die sich unter seiner Leitung zu einer der führenden linksliberalen Wochenschriften der Zeit entwickelte. Trat für staatliche Sozialreform und eine Verständigung mit der Sozialdemokratie ein. Bassermann, Gustav Heinrich (12.7.1849–29.8.1909). Evangelischer Theologe. 1873 Hilfsprediger in Arolsen; 1876 Privatdozent in Jena, 1876 a.o. Professor in Heidelberg, 1880 o. Professor der Praktischen Theologie ebd.; 1884 Universitätsprediger und Direktor des Theologischen Seminars, das 1894 Predigerseminar wurde; Mitbegründer des Allgemeinen evangelisch-protestantischen Missionsvereins, Mitglied des Protestantenvereins, 1881 Mitglied der Generalsynode und zeitweise des Generalsynodalausschusses. 1896/97 Rektor der Universität Heidelberg.
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Bauer, Stephan (20.5.1865–15.11.1934). Österreichischer Nationalökonom, Jurist und Sozialpolitiker. 1889 Promotion zum Dr. jur. in Wien; 1892–99 Sekretär der Handels- und Gewerbekammer in Brünn; 1893 Privatdozent an der TH ebd.; seit Ende 1899 a.o. Professor für Nationalökonomie in Basel; 1901–18 zugleich Generalsekretär der Internationalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz und Direktor des dazugehörigen Internationalen Arbeitsamtes ebd. Vertreter der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie; übte großen Einfluß auf die internationale Arbeiterschutzgesetzgebung aus. 1893 Begründer und Mitherausgeber der „Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte“, der späteren „Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“. Anläßlich seiner Berufung nach Basel 1899 gutachtete Max Weber über ihn. Baumgarten, Anna (18.10.1868–1.12.1943). Tochter von → Hermann und → Ida Baumgarten, einer Schwester von → Helene Weber, Schwester von → Emmy, → Friedrich (Fritz) und → Otto Baumgarten. Aufgrund psychischer Probleme wiederholt in ärztlicher Behandlung. Lebte nach dem Tod Ida Baumgartens mit ihrer Schwester in Stuttgart. Cousine von Max Weber. Baumgarten, Elisabeth (Elschen) (24.7.1886–15.12.1969). Tochter von → Friedrich (Fritz) Baumgarten und → Elisabeth (Else) Baumgarten, geb. Georgii. Lebte als Malerin in Freiburg i.Br. Baumgarten, Elisabeth (Else), geb. Georgii (9.8.1859–24.8.1924). Seit 1885 verheiratet mit Max Webers Vetter → Friedrich (Fritz) Baumgarten. Baumgarten, Emmy (18.2.1865–5.10.1946). Tochter von → Hermann und → Ida Baumgarten, einer Schwester von → Helene Weber, Schwester von → Anna, → Friedrich (Fritz) und → Otto Baumgarten. Aufgrund psychischer Probleme seit den 1890er Jahren wiederholt in Behandlung, vor allem im von Adelheid und → Hermann Adalbert Wildermuth geführten Privatsanatorium „Ottilienhaus“ in Stuttgart, wo sie schließlich dauerhaft lebte. Cousine und frühere Verlobte von Max Weber. Baumgarten, Friedrich (Fritz) (14.7.1856–26.2.1913). Altphilologe. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Bonn; Gymnasiallehrer für Altphilologie, Geschichte und Geographie in Wertheim, Offenburg und seit 1893 Freiburg i.Br., 1903 Habilitation für Kunstgeschichte in Freiburg; 1903 Honorarprofessor, seit 1911 o. Honorarprofessor für Kunstgeschichte ebd.; seit 1912 Direktor des Gymnasiums in Donaueschingen. Sohn von → Hermann und → Ida Baumgarten, einer Schwester von → Helene Weber. Vetter von Max Weber. Baumgarten, Fritz (Fritzle) (12.10.1892–4.3.1896). Sohn von → Friedrich (Fritz) Baumgarten und → Elisabeth (Else) Baumgarten, geb. Georgii. Starb im Alter von dreieinhalb Jahren an einer Hirnhautentzündung.
Personenverzeichnis
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Baumgarten, Hermann (28.4.1825–19.6.1893). Historiker und Publizist. 1848–52 Redakteur der „Deutschen Reichs-Zeitung“ in Braunschweig; 1853–55 Mitarbeiter von → Georg Gottfried Gervinus in Heidelberg, anschließend historische Studien in München und publizistische Arbeiten in Berlin; 1861 o. Professor der Geschichte und Literatur an der TH Karlsruhe, 1872–90 o. Professor an der deutschen Universität Straßburg. Liberalkleindeutsch, später Kritiker Bismarcks und der inneren Entwicklung des Deutschen Reiches. Arbeiten zur spanischen Geschichte und zu Karl V. Als sein Hauptwerk gilt „Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik“ (1866). Verheiratet mit → Ida, geb. Fallenstein, der ältesten Schwester von Max Webers Mutter → Helene Weber. Baumgarten, Hermann (jun.) (16.12.1887–19.3.1964). Versicherungskaufmann und Kunsthändler. Sohn von → Friedrich (Fritz) Baumgarten und → Elisabeth (Else) Baumgarten, geb. Georgii. Baumgarten, Ida, geb. Fallenstein (29.4.1837–18.6.1899). Tochter von Georg Friedrich und Emilie Fallenstein, geb. Souchay, Schwester von → Helene Weber. Verheiratet mit dem Historiker → Hermann Baumgarten, Mutter von → Otto, → Friedrich (Fritz), → Emmy und → Anna Baumgarten. Lebte nach dem Tod ihres Mannes 1893 zunächst zeitweise in Straßburg und Stuttgart; nach ihrer schweren Erkrankung 1897 dauerhaft bei ihren Töchtern in Stuttgart. Tante von Max Weber. Baumgarten, Otto (29.1.1858–21.3.1934). Evangelischer Theologe. 1882– 87 im badischen Kirchendienst, 1888 Lizentiat in Halle, 1888 Prediger am Waisenhaus in Rummelsburg (Berlin); 1890 Habilitation in Berlin und a.o. Professor in Jena, 1894–1926 o. Professor für Praktische Theologie in Kiel; 1912–21 Vorsitzender des Evangelisch-sozialen Kongresses, seit Ende 1918 Mitglied der DDP, 1919 Mitglied der Sachverständigen-Kommission für die Versailler Friedensverhandlungen. Sohn von → Hermann und → Ida Baumgarten, einer Schwester von → Helene Weber. Vetter von Max Weber; 1889 Opponent bei dessen Promotion; seit der Studienzeit in Heidelberg mit Weber freundschaftlich verbunden; beide arbeiteten im Evangelisch-sozialen Kongreß zusammen und unterstützten → Friedrich Naumann. Baumgarten, Otto (jun.) (19.12.1895–12.8.1912). Sohn von → Friedrich (Fritz) Baumgarten und → Elisabeth (Else) Baumgarten, geb. Georgii. Baumgarten, Theodor Max (26.8.1890–3.9.1981). Ingenieur. Sohn von Max Webers Cousin → Friedrich (Fritz) Baumgarten und → Elisabeth (Else) Baumgarten, geb. Georgii. Bäumler, Christian (13.5.1836–21.11.1933). Mediziner. 1860 Promotion zum Dr. med. in Erlangen; 1860–63 Assistenzarzt der Poliklinik ebd., 1863 Arzt in London, 1872 a.o. Professor in Erlangen; 1874 o. Professor der Arznei-
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mittellehre und Diagnostik in Freiburg i.Br.; 1876–1909 o. Professor für spezielle Pathologie und Therapie sowie Direktor der medizinischen Klinik ebd. Bäumler, Maria Viktoria, geb. Reimer (21.3.1857–2.4.1937). Verheiratet mit → Christian Bäumler. Tochter des Berliner Verlegers Dietrich Reimer; Cousine von → Theodor Mommsens Ehefrau Marie. Begas, Reinhold (15.7.1831–3.8.1911). Bildhauer. 1848 Ausbildung an der Berliner Akademie; 1856–58 Aufenthalt in Rom. Schuf 1892–97 das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I., sowie 1897–1901 das vor dem Reichstag errichtete Bismarck-Nationaldenkmal. Behaghel, Wilhelm Jakob (25.4.1824–18.5.1896). Jurist. 1861 nach einer Laufbahn in der badischen Innenverwaltung Berufung zum o. Professor für französisches und badisches Zivil- und Prozeßrecht in Freiburg i.Br.; zugleich Verleihung der Ehrendoktorwürde ebd.; 1863 Mitglied der Zweiten Badischen Kammer, 1873 als Delegierter der Universität Freiburg Mitglied der Ersten Badischen Kammer; Mitglied der Generalsynode; 1866 erschien sein Hauptwerk „Das badische bürgerliche Recht und der Code Napoléon“. Bekker, Ernst Immanuel (16.8.1827–29.6.1916). Jurist. 1849 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1853 Habilitation in Halle/S., 1855 a.o. Professor für Römisches Recht ebd., 1857 o. Professor in Greifswald, 1874 in Heidelberg. Sohn des Philologen August Immanuel Bekker. Kollege von Max Weber in Heidelberg. Benecke, Dorothea (Dora) (4.6.1867–14.6.1951). Tochter von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke. Cousine von Max Weber. Benecke, Elfriede (14.7.1882–10.6.1940). Tochter von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke. Cousine von Max Weber. Benecke, Emilie (Nixel), geb. Fallenstein (4.3.1846–14.12.1922). Tochter von Georg Friedrich und Emilie Fallenstein, geb. Souchay. Schwester von → Helene Weber. Heiratete 1866 → Ernst Wilhelm Benecke; lebte von 1872 bis 1919 in Straßburg und gelegentlich in dem ihrem Mann gehörenden Haus Ziegelhäuser Landstraße 1 in Heidelberg. Tante von Max Weber. Benecke, Ernst Wilhelm (16.3.1838–7.3.1917). Geologe und Paläontologe. 1862 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1865 Habilitation ebd., 1869 a.o. (Titular-)Professor in Heidelberg, 1872 o. Professor in Straßburg. Verheiratet mit Max Webers Tante → Emilie (Nixel) Benecke, geb. Fallenstein. Benecke, Hans (9.8.1884–2.2.1898). Jüngster Sohn von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke. Starb durch Selbststrangulation. Cousin von Max Weber.
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Benecke, Otto (2.8.1879–21.11.1903). Student der Philosophie in Berlin. Sohn von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke. 1898 Abitur in Konstanz. Litt an Depressionen, war wie Max Weber Patient im Sanatorium von → Richard Klüpfel in Urach. Begleitete Max und → Marianne Weber im Winter 1900/01 auf ihrer Reise nach Korsika und einige Zeit nach Rom. Beging 1903 Suizid. Cousin von Max Weber. Benecke, Victor (11.3.1809–28.6.1853). Sprachlehrer. Später Privatgelehrter auf dem Rittergut Gurkau, das er kaufte. Litt an einem Lungenleiden und starb auf einer Erholungsreise bei Cauterets in Südfrankreich. Vater von → Ernst Wilhelm Benecke. Benecke, Wilhelm (23.9.1868–14.2.1946). Botaniker. 1892 Promotion zum Dr. phil. in Jena, 1897 Habilitation in Straßburg; 1900 Titularprofessor in Kiel; 1907 a.o. Professor ebd., 1909 in Bonn, 1911 in Berlin; 1914 o. Professor ebd., seit 1916 o. Professor und Direktor des Botanischen Instituts in Münster. Sohn von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke. Cousin von Max Weber. Beneke, Carl-August (24.6.1860–2.10.1929). Jurist. Amtsrichter in Münster bei Colmar, zuletzt Landgerichtsrat in Colmar. Heiratete 1898 Max Webers Cousine → Margarete Beneke, geb. Benecke. Beneke, Margarete, geb. Benecke (19.8.1877–10.1.1960). Tochter von → Emilie (Nixel) und → Ernst Wilhelm Benecke; seit 1898 verheiratet mit → Carl-August Beneke. Cousine von Max Weber. Bennigsen, Rudolf von (10.7.1824–7.8.1902). Liberaler Politiker und Jurist. Zusammen mit → Johannes von Miquel Begründer des Deutschen Nationalvereins; 1867–71 Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1871–83 und 1887–98 MdR für die Nationalliberale Partei; 1867–83 MdprAH, 1873–79 dessen Präsident. Führender Repräsentant des um Ausgleich mit Bismarck bemühten Nationalliberalismus; seit 1871 in der Führung der nationalliberalen Reichstagsfraktion; lehnte 1877/78 ein Angebot Bismarcks auf Übernahme eines Ministeramts ab; 1883 Mandatsniederlegung; 1888–97 Oberpräsident von Hannover; 1887, nach der von ihm und → Miquel mit initiierten Wahlabsprache mit den konservativen Parteien („Kartellwahlen“), Rückkehr in den Reichstag. Bensing, August Franz (6.6.1870–?). Nationalökonom. Studium der Landwirtschaftswissenschaften und der Nationalökonomie in Göttingen und Heidelberg; 1897 Promotion an der Naturwissenschaftlich-Mathematischen Fakultät der Universität Heidelberg; von → Paul Siebeck wurde die Aufnahme seiner Dissertation in die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ erwogen, von Max Weber aber abgelehnt.
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Bernstein, Eduard (6.1.1850–18.12.1932). Schriftsteller, Journalist, sozialdemokratischer Theoretiker und Politiker. Schloß sich 1872 den Sozialdemokraten an und war auf dem Parteikongreß 1875 maßgeblich am Zustandekommen des „Gothaer Programms“ beteiligt; 1879 Exil in Zürich, 1881–90 Herausgeber der Zeitschrift „Der Sozialdemokrat“; 1888 nach der Ausweisung aus der Schweiz Übersiedlung nach London und Mitarbeiter von Friedrich Engels, Mitarbeiter der Wochenschrift „Die neue Zeit“ und der „Sozialistischen Monatshefte“; 1901 Rückkehr nach Deutschland; 1902–07, 1912–18 und 1920–28 MdR für die SPD; 1910–18 Stadtverordneter von Berlin. Theoretischer Begründer und Führer des revisionistischen Flügels der Sozialdemokratie. Veröffentlichte 1892 und 1893 → Ferdinand Lassalles Reden und Schriften mit einer ausführlichen biographischen Einleitung. Max Weber bemühte sich um seine Mitarbeit am „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“. Bertha, Frl. (?–?). 1894/95 Kindermädchen von → Friedrich (Fritz) und → Elisabeth (Else) Baumgarten. Bezold, Carl (18.5.1859–21.11.1922). Assyriologe. 1880 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1883 Habilitation in München; 1888–93 Tätigkeit am British Museum in London; 1894–1922 o. Professor für orientalische Philologie in Heidelberg; 1886–1922 Herausgeber der „Zeitschrift für Assyriologie und vorderasiatische Archäologie“; 1901/02 und 1919/20 Dekan der Philosophischen Fakultät. Heidelberger Kollege Max Webers. Biermann, Johannes (11.6.1863–16.9.1915). Jurist. Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1890 Habilitation ebd.; 1895 a.o. Professor ebd., als Nachfolger von Max Weber, 1896–1912 o. Professor in Gießen, 1912–14 in Halle; 1915 bei Lemberg gefallen. Arbeiten zum deutschen Privatrecht. Schüler von → Heinrich Dernburg. Bissing, Ferdinand (1.3.1832–28.8.1912). Journalist, Historiker und Politiker. 1862 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; Dozent der Geschichte ebd. und Autor historischer Werke; 1867–71 Mitglied des Norddeutschen Reichstags (Großdeutsch-Katholisch), seit 1871 Mitglied der Nationalliberalen Partei; journalistische Tätigkeit; 1878–1900 Redakteur der „Breisgauer Zeitung“, die er zu einem führenden, nationalliberalen Blatt in Baden machte. Bluntschli, Johann Caspar (7.3.1808−21.10.1881). Schweizer Staats- und Völkerrechtslehrer, liberaler Politiker. 1833 a.o., 1836 o. Professor für Römisches, später auch für Deutsches Recht und Rechtsgeschichte in Zürich, 1848 in München, ab 1861 in Heidelberg. 1837–48 Mitglied im Großen Rat der Stadt Zürich und 1839−45 Mitglied der Regierung; 1862 Mitbegründer des deutschen Abgeordnetentages zur Förderung der deutschen Bundesreform, 1864 des Deutschen Protestantenvereins, 1867 Präsident der Badischen Generalsynode, 1873 beteiligt an der Schaffung des
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Instituts für Internationales Recht in Gent; 1861–71 Sitz in der Ersten Badischen Kammer. 1870/71 gemeinsam mit → Karl Knies Begründer des Heidelberger Staatswissenschaftlichen Seminars. Einer der führenden Staatstheoretiker des frühen 19. Jahrhunderts. Böcklin, Arnold (16.10.1827–16.1.1901). Schweizer Maler. Böhm, Franz (25.12.1861–30.6.1915). Badischer Ministerialbeamter und Politiker. 1890 Ministerialsekretär im Großherzoglichen Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, 1891 Amtsrichter, 1892 Staatsanwalt, ab 1897 wieder im Justiz- und Kultusministerium; 1899 Ministerialrat, 1905 Geheimer Oberregierungsrat, 1910 Ministerialdirektor; 1911–15 badischer Minister des Kultus und Unterrichts; politisch den Nationalliberalen nahestehend. Seit 1901 als Nachfolger → Ludwig Arnspergers zuständiger Hochschulreferent bei Max Webers Urlaubs- und Entlassungsgesuchen. Böhm, Georg (21.12.1854–18.3.1913). Geologe und Paläontologe. 1877 Promotion in Göttingen; zunächst Privatdozent, seit 1888 a.o. Professor für Paläontologie in Freiburg i.Br. Böhtlingk, Arthur (19./31.5.1849–15.11.1929). Historiker und Schriftsteller. Geboren in St. Petersburg, 1876 Habilitation in Jena, 1879 a.o. Professor ebd., 1886–1919 o. Professor für Geschichte an der TH Karlsruhe; 1892– 1902 Mitglied des Nationalliberalen Vereins in Karlsruhe; veranstaltete patriotische „Literarische Leseabende”; Mitbegründer des „Anti–ultramontanen Vereins”. Borgius, Walther (2.9.1870–1.10.1930). Nationalökonom. Studium der Rechtswissenschaften, der Philosophie und Nationalökonomie in Berlin, Breslau, Freiburg, Heidelberg und Tübingen. 1896 erste juristische Staatsprüfung und Referendariat; nach dem Ausscheiden aus dem Staatsdienst nationalökonomische Studien; 1897/98 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg bei Max Weber; im Herbst 1897 Assistent bei der Handelskammer Breslau; 1898 Sekretär der Deutschen Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen; 1900 Geschäftsführer des Handelsvertragsvereins (später: Deutscher Außenhandelsverband) sowie Tätigkeit in weiteren Wirtschaftsverbänden. 1901 Gründer des „Volkswirtschaftlichen Verbandes“; 1905 einer der Mitbegründer des „Deutschen Bundes für Mutterschutz“. Schüler von → Werner Sombart und Max Weber, an dessen Volkswirtschaftlichem Seminar er im SS 1897 teilnahm. Die Veröffentlichung seiner umfangreichen Doktorarbeit über „Mannheim und die Entwicklung des südwestdeutschen Getreidehandels“ 1899 in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ war zwischen Max Weber und dem Verleger → Paul Siebeck sehr umstritten.
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Bosse, Robert (12.7.1832–31.7.1901). Politiker. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften 1858 Eintritt in den preußischen Staatsdienst; nach mehrjähriger Unterbrechung Fortsetzung der Beamtenlaufbahn in Hannover; 1876–81 Vortragender Rat im preußischen Kultus- und Staatsministerium, dann als Unterstaatssekretär Leiter der wirtschaftlichen Abteilung im Reichsamt des Innern; 1891 als Staatssekretär des Reichsjustizamts Vorsitzender der Kommission für die Bearbeitung des Entwurfs des BGB; 23.3.1892–4.9.1899 preußischer Kultusminister. Böttcher, Friedrich (13.2.1842–13.5.1922). Journalist und nationalliberaler Politiker. 1865 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig; 1873 Redakteur der „Spenerschen Zeitung“ in Berlin; 1874 Gründer und bis 1894 Herausgeber der „Nationalliberalen Correspondenz“; 1878–95 MdR für die Nationalliberale Partei. Gehörte zum Berliner Bekanntenkreis von → Maximilian (Max) Weber sen. Böttcher, Johanna, geb. Mindel (1854–?). Seit 1877 verheiratet mit → Friedrich Böttcher. Brahms, Johannes (7.5.1833–3.4.1897). Komponist. Braun, Heinrich (23.11.1854–8.2.1927). Sozialpolitiker und Publizist. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Halle; 1883 mit Karl Kautsky und Wilhelm Liebknecht Begründer der „Neuen Zeit”, 1888–1903 Herausgeber des „Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik” („Brauns Archiv”), das er 1903 an → Edgar Jaffé verkaufte, der es mit Max Weber und → Werner Sombart unter dem Titel „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik” weiterführte, 1892–95 Herausgeber des „Sozialpolitischen Centralblattes”, 1905–07 der „Neuen Gesellschaft” und 1911–13 der „Annalen für Sozialpolitik und Gesetzgebung”; 1903/04 MdR für die Sozialdemokratische Partei. Max Weber veröffentlichte 1894 zwei Artikel im „Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik” und im „Sozialpolitischen Centralblatt”. Braune, Wilhelm (20.2.1850–10.11.1926). Germanist. 1874 Habilitation in Leipzig, 1877 a.o. Professor ebd., 1880 o. Professor der deutschen Sprache und Literatur in Gießen, 1888–1919 in Heidelberg; 1909 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Als Dekan der Philosophischen Fakultät und Mitglied der Berufungskommission Ansprechpartner Max Webers bei dessen Berufungsverhandlungen nach Heidelberg im WS 1896/97. Brentano, Lujo (Ludwig Josef) (18.12.1844–9.9.1931). Nationalökonom. 1866 Promotion zum Dr. jur. utr. in Heidelberg, 1867 zum Dr. phil. in Göttingen, 1871 Habilitation in Berlin; 1872 a.o., 1873 o. Professor für Nationalökonomie, Finanzwissenschaft und Wirtschaftsgeschichte in Breslau, 1882 in Straßburg, 1888 in Wien, 1889 in Leipzig und 1891–1914 in München.
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Linksliberaler Vertreter der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie; führender „Kathedersozialist“, unternahm den Versuch einer wissenschaftlichen Begründung von Sozialpolitik. 1872 Mitbegründer des „Vereins für Socialpolitik“, Vertreter gewerkschaftsfreundlicher und freihändlerischer Ansichten, bekämpfte die Umsturzvorlage von 1895; anders als Max Weber, ein erklärter Gegner aller Wiederbelebungsversuche des Anerbenrechts; 1897 veröffentlichte er eine theoretische Einleitung in die „Agrarpolitik“. Seit 1893 persönliche Beziehungen zu Max Weber, den er trotz eines Zerwürfnisses im Jahr 1912 als Nachfolger auf seinen Münchener Lehrstuhl vorschlug; 1919 trat Max Weber die Nachfolge an. Breysig, Kurt (5.7.1866–16.6.1940). Historiker. 1890 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1892 Habilitation und Privatdozent, 1896 a.o., 1923–34 o. Professor für Soziologie ebd. Arbeiten zur preußischen Verfassungs-, Verwaltungs- und Finanzgeschichte sowie zur Kulturgeschichte; stand im sog. „Methodenstreit” auf der Seite → Karl Lamprechts. Browne, Valentine Augustus 4th Earl of Kenmare (16.5.1825–9.2.1905). 1851 High Sheriff des County Kerry; 1852–71 Member of Parliament. Nach dem Tod seines Vaters im Dezember 1871 4th Earl of Kenmare. Bruck, Robert (16.9.1863–29.1.1942). Kunsthistoriker. WS 1897/98 Studium in Leipzig, SS 1898 an der TH Dresden, vom WS 1897/98 bis Ende SS 1901 Studium in Heidelberg zunächst der Nationalökonomie, dann der Kunstgeschichte, 1901 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg mit einer kunstgeschichtlichen Arbeit, 1903 Habilitation an der TH Dresden, 1906 a.o., 1912 o. Professor für Kunstgeschichte ebd.; Direktor des Kunsthistorischen Instituts in Dresden. Nahm im WS 1898/99 an Max Webers Volkswirtschaftlichem Seminar teil und hatte zunächst vor, bei ihm zu promovieren, bevor er endgültig zur Kunstgeschichte wechselte. Max Weber blieb ihm freundschaftlich verbunden. Buchenberger, Adolf (18.5.1848–20.2.1904). Nationalökonom. Seit 1878 im Handels- und seit 1881 im Innenministerium von Baden tätig; auf seine Anregung hin wurde 1882 eine Erhebung über die Gesamtlage der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung durchgeführt; Neuordnung der Domänenpolitik; 1893–1904 badischer Finanzminister. Mitarbeiter an → Adolph Wagners „Lehr- und Handbuch der politischen Ökonomie“ sowie Verfasser einschlägiger Handbücher zu Agrarpolitik und Verwaltungsrecht. Bücher, Karl (16.2.1847–12.11.1930). Nationalökonom. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Bonn; 1870–78 Gymnasiallehrer, 1878–80 Redakteur für Wirtschafts- und Sozialpolitik bei der „Frankfurter Zeitung“; 1881 Habilitation für Nationalökonomie in München, 1882 o. Professor für Statistik in Dorpat, 1883 in Basel, 1890 an der TH in Karlsruhe und 1892–1917 in Leipzig; 1901–03 mit Albert Schäffle, 1904–23 alleiniger Herausgeber der „Zeit-
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schrift für die gesamte Staatswissenschaft“. Seit 1874 Mitglied des Vereins für Socialpolitik; entwickelte eine Theorie der Wirtschaftsstufen; u.a. durch seinen Rückgriff auf die Rodbertus’sche Oikostheorie der antiken Wirtschaft für Max Weber wichtig. Bedeutender und einflußreicher Vertreter der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie. Bueck, Henry Axel (12.10.1830–4.7.1916). Wirtschafts- und Verbandspolitiker. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung zunächst Gutsbesitzer, daneben Generalsekretär eines Landwirtschaftlichen Zentralvereins; wechselte 1873 in die industrielle Verbandspolitik als Geschäftsführer des Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen (Langnamverein); 1887–1910 Geschäftsführer des Centralverbandes Deutscher Industrieller, 1889 des Vereins Deutscher Zuckerindustrie (Raffinerien), 1893–1910 des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller und des Verbandes Deutscher Privat-Feuerversicherungsgesellschaften. 1894–98 MdprAH für die Nationalliberale Partei. Bunge, Laura, geb. Fallenstein (5.8.1820–21.8.1899). Tochter von Georg Friedrich Fallenstein aus dessen erster Ehe mit Elisabeth Fallenstein, geb. Benecke und Halbschwester von → Helene Weber; verheiratet mit Carl Gustav Bunge, der in Amsterdam eine Firma für Tabakimport betrieb. Bunsen, Robert Wilhelm (31.3.1811–16.8.1899). Chemiker. 1831 Promotion in den Fächern Physik und Chemie in Göttingen, 1832/33 weiterführende Studien in Frankreich, der Schweiz und Österreich, 1834 Habilitation in Göttingen; 1834–36 Privatdozent ebd., 1836–39 Lehrer für Chemie an der Höheren Gewerbeschule in Kassel, 1839–41 a.o. Professor in Marburg, 1842–51 o. Professor für Chemie ebd., 1851/52 in Breslau, 1852–88 in Heidelberg. Mitbegründer der Spektroskopie zur Erforschung des Weltraums; Isolierung der Alkalimetalle Cäsium und Rubidium. Burckhardt, Jacob (25.5.1818–8.8.1897). Schweizer Kultur- und Kunsthistoriker. 1843 Promotion zum Dr. phil. und 1844 Habilitation in Basel; 1846–55 Dozent und a.o. Professor ebd.; 1855–58 o. Professor für Kunstgeschichte in Zürich, ab 1858 für Geschichte und Kunstgeschichte in Basel. Begründer der wissenschaftlichen Kunstgeschichte und Historiker der abendländischen Kulturentwicklung. Busch, Else, geb. Krüger (21.10.1867–15.11.1925). Frau des Historikers → Wilhelm Busch. Busch, Wilhelm (18.2.1861–23.9.1929). Historiker. 1884 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1886 Habilitation in Leipzig bei Wilhelm Maurenbrecher; 1890 a.o. Professor ebd., 1893 o. Professor an der TH Dresden, 1894 in Freiburg i.Br., 1896–1910 in Tübingen und 1910–29 in Marburg; sein Hauptarbeitsgebiet war die englische Geschichte des 16. Jahrhunderts, daneben Arbei-
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ten zur Reichsgründung und über Bismarck. Kollege Max Webers in Freiburg; gehörte mit seiner Frau → Else Busch zum engeren Freiburger Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Calvin, Johannes (eigentlich: Jean Cauvin) (10.7.1509–27.5.1564). Französischer Theologe und Reformator, der vor allem in Genf wirkte. Sein theologischer Einfluß, insbesondere seine Prädestinationslehre, prägte die reformatorische Entwicklung in weiten Teilen Europas. 1898 plante → Max Kamm, ein Schüler Max Webers, eine Arbeit über Calvin als Wirtschaftspolitiker, die in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ mit einer Einleitung von Max Weber erscheinen sollte. Die Arbeit kam nicht zustande. Cánovas del Castillo, Antonio (8.2.1828–8.8.1897). Spanischer Politiker, Premierminister und Historiker. 1864 Innenminister, 1865 Minister für die Überseeischen Gebiete; 1870 Vorbereitung der Restauration der Monarchie; 1874–97 sechsmal Regierungschef, unterbrochen durch die alternierende Regierungsverantwortung der dynastietreuen spanischen Parteien. Opfer eines politischen Attentats. Castendyk, Albert Hermann (12.10.1864–?). Offizier. Mann von → Anna Castendyk. Castendyk, Anna, geb. Möller (22.3.1873–7.9.1915). Verheiratet mit → Albert Hermann Castendyk; Tochter von Max Webers Cousine → Hertha Möller und → Karl Möller. Claß, Gustav (15.10.1836–21.10.1908). Evangelischer Theologe und Philosoph. 1854 Studium der Theologie am Seminar der Brüdergemeinde in Gnadenfeld; 1857 Lehrtätigkeit an verschiedenen Einrichtungen der Brüder-Unität, 1862 Lehrer am Pädagogium in Niesky, 1865 Dozent am Theologischen Seminar in Gnadenfeld; 1873 Promotion zum Dr. phil. in Basel, 1874 Habilitation in Tübingen; 1878 a.o. Professor ebd., im selben Jahr o. Professor für Philosophie in Erlangen. Claus, Adolph (6.6.1838–4.5.1900). Chemiker. 1863/64 Habilitation in Freiburg i.Br.; 1867 Ernennung zum a.o., 1876 zum o. Professor der Chemie und Technologie ebd. Freiburger Kollege Max Webers. Clerc, Attilia (?–?). Inhaberin der Pension Clerc, Via Masaccio 105, in Florenz, in der Max und → Marianne Weber im Frühjahr 1902 wohnten. Cohn, Gustav (12.12.1840–17.9.1919). Nationalökonom. 1866 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1869 Habilitation in Heidelberg; 1869 Dozent, 1871 Professor am Baltischen Polytechnikum in Riga, 1875 Professor am Polytechnikum in Zürich, 1884–1918 o. Professor in Göttingen; 1873 Studien-
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reise nach England; 1892/93 Mitglied der Börsenenquetekommission; Mitglied des Vereins für Socialpolitik. Aufsätze zur Börsenreform in England und Deutschland. Besonders bekannt wurden seine Schriften zur englischen Eisenbahnpolitik. Colbert, Jean-Baptiste (seit 1658) Marquis de Seignelay (29.8.1619– 6.9.1683). Französischer Staatsmann, bedeutendster Vertreter des französischen Merkantilismus (Colbertismus) mit Förderung des Handels und Manufakturwesens, ohne besondere Förderung der Landwirtschaft. Seit 1661 Oberintendant der Finanzen, später auch der königlichen Bauwerke, der schönen Künste, der Fabriken und der Marine; schuf durch grundlegende administrative, wirtschaftliche und finanzielle Reformen im Inneren in den Jahren 1661–72 die Basis für die Außen– und Kolonialpolitik Ludwigs XIV. Zur Finanzierung der Hofhaltung und der Kriege Ludwigs XIV. waren er und seine Nachfolger entgegen der Maxime des Merkantilismus gezwungen, die Steuern zu erhöhen. Conrad, Johannes (28.2.1839–25.4.1915). Nationalökonom, Agrarstatistiker und Agrarpolitiker. 1864 Promotion zum Dr. phil. bei Bruno Hildebrand in Jena, 1868 Habilitation; 1870 a.o. Professor ebd., 1872–1915 o. Professor für Volkswirtschaftslehre als Nachfolger von → Gustav Schmoller in Halle; 1889–95 Kommissionsmitglied bei den Beratungen zum zweiten Entwurf des BGB; seit 1870 Mitherausgeber der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“; Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften“; 1872 Mitbegründer des Vereins für Socialpolitik. Arbeiten zur Agrarstatistik und -politik sowie zur allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Cook, Thomas (22.11.1808–18.7.1892). Britischer Reiseveranstalter. Begründete 1871 gemeinsam mit seinem Sohn John Mason Cook das erste weltumspannende Unternehmen des Pauschaltourismus „Thomas Cook & Son“. Hier buchten Max und → Marianne Weber ihre Reise nach Schottland und Irland im August und September 1895. Correggio, Antonio da (eigentlich: Antonio Allegri) (1489–5.3.1534). Italienischer Maler der Renaissance. Crome, Friedrich Theodor Carl (12.7.1859–9.6.1931). Jurist. 1886 Assessorexamen, dann Richter, 1892 Habilitation in Marburg; 1895 a.o. Professor in Berlin, 1899 o. Professor in Bonn. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung und der Frage nach den Anregungen des französischen Rechts für die deutsche Gesetzgebung und Rechtswissenschaft; 1904 Auszeichnung mit der höheren Klasse der Ehrenlegion anläßlich der Jahrhundertfeier des Code Napoléon. Cromwell, Oliver (25.4.1599–3.9.1658). Englischer Heerführer und Staatsmann. 1628/29 Mitglied des Unterhauses und 1640–53 des „Langen Par-
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laments“; in den englischen Bürgerkriegen ab 1642 einer der Führer des antiabsolutistischen Lagers gegen Karl I., dessen Hinrichtung 1649 er maßgeblich betrieb; proklamierte im gleichen Jahr die Republik des „Commonwealth of England“; seit Aufl ösung des „Rumpfparlaments“ 1653 Rang und Titel eines „Lord Protector“. Schlug den irischen Aufstand mit seinen Truppen 1649/50 blutig nieder; verfügte 1652 zur Entlohnung seiner Soldaten mit Land (Cromwellian Settlement) die Konfiskation von katholischem Grundbesitz. Daudert, Victor (24.6./6.7.1866–?). Nationalökonom und Jurist. Schüler Max Webers in Freiburg i.Br. Studium in Dorpat, Königsberg, Freiburg, Straßburg und Stuttgart; 1893/94 Tätigkeit bei der „Freiburger Zeitung“; 1894/95 Hospitant beim kameralistischen Seminar in Freiburg. Wurde 1895 von Max Weber mit einer Arbeit über die württembergische Biersteuer promoviert. David, Heinrich (29.6.1856–23.12.1935). Schweizer Jurist und Politiker. 1890–96 Großrat und 1897–1910 Regierungsrat in Basel, 1899–1908 Nationalrat, 1910–18 Vizekanzler der Eidgenossenschaft. Als Regierungsrat und Leiter des Erziehungsdepartements zugleich Vorsitzender der Aufsichtsbehörde der Universität Basel; in diesem Amt zuständig für die Berufung → Stephan Bauers 1899 nach Basel und das Einholen eines Gutachtens von Max Weber. Davids, Marie (5.3.1847– v.d. 1.8.1905). Malerin. Ausbildung an der Kunstschule Weimar, danach Porträtmalerin in Berlin; 1896 Teilnahme an der Internationalen Kunstausstellung ebd. und 1904 an der Großen Kunstausstellung ebd.; fertigte 1895/96 ein Porträt → Marianne Webers und 1898 ein Porträt Max Webers. Bekannt mit Marianne und → Helene Weber. Delbrück, Hans (11.11.1848–14.7.1929). Historiker, Politiker und Publizist. 1873 Promotion zum Dr. phil. in Bonn; 1874–79 Lehrer von Kronprinz Friedrich Wilhelms Sohn Waldemar, 1881 Habilitation in Berlin; 1886 a.o., 1895– 1921 o. Professor für Geschichte ebd.; 1882–85 MdprAH und 1884–90 MdR für die Deutsche Reichspartei; 1883–1919 als Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher“ einer der einflußreichsten Publizisten der Wilhelminischen Zeit. Während der 1890er Jahre Mitglied des Aktionskomitees des Evangelisch-sozialen Kongresses, wo er, kirchenpolitisch gesehen, die mittelparteiliche Richtung vertrat; politischer Gegner → Friedrich Naumanns. Schwager Adolf von Harnacks. Dernburg, Friedrich (3.10.1833–3.12.1911). Jurist, Journalist und Politiker. Hofgerichtsadvokat in Darmstadt; 1875–90 Chefredakteur der „National-Zeitung“, danach Leiter des Feuilletons beim „Berliner Tageblatt“, 1866–75 Abgeordneter der Zweiten Kammer des Hessischen Landtags, 1871–81 MdR für die Nationalliberale Partei. Bruder von → Heinrich Dernburg.
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Dernburg, Heinrich (3.3.1829–23.11.1907). Jurist. 1850 Promotion zum Dr. jur. in Gießen, 1851 Habilitation und Privatdozent in Heidelberg; 1854 a.o. Professor in Zürich als Nachfolger → Theodor Mommsens, 1855 o. Professor ebd., 1862 o. Professor für Römisches Recht in Halle, 1873 in Berlin. Seit 1873 MdprHH auf Lebenszeit und Kronsyndikus. Einer der Begründer der „Kritischen Zeitschrift für die gesamte Rechtswissenschaft“; zahlreiche Arbeiten zum römischen, preußischen und deutschen bürgerlichen Recht. Bruder von → Friedrich Dernburg. Lehrer von Max Weber in Berlin. Dietzel, Heinrich (19.1.1857–22.5.1935). Nationalökonom. 1879 Promotion zum Dr. jur. in Göttingen, 1882 zum Dr. phil. bei → Adolph Wagner in Berlin; 1885 a.o., 1887 o. Professor für Nationalökonomie in Dorpat, 1890 in Bonn. Gehörte zum linken Flügel des Vereins für Socialpolitik, wirtschaftspolitisch ein Verfechter des Freihandels; grundlegende Beiträge zur ökonomischen Theorie. Domaszewski, Alfred von (30.10.1856–25.3.1927). Althistoriker. 1882 Promotion zum Dr. phil. in Wien, 1885 Habilitation ebd.; 1887 a.o. Professor in Heidelberg, 1891–1924 o. Professor ebd. Forschte vor allem zur römischen Kaiserzeit und zum römischen Militärwesen. Kollege Max Webers in Heidelberg. Donatello (eigentlich: Donato di Niccolò di Betto Bardi) (1386–Dez. 1466). Italienischer Bildhauer. 1403 Mitarbeit am Baptisterium in Florenz, 1406 am Florentiner Dom. Durasewicz, Boleslaus (Bolesław) von (2.3.1863–?). Polnischer Agrarwissenschaftler. Bis 1884 Besuch des Gymnasiums in Riga, 1886/87 Studium der Landwirtschaftswissenschaften an der Landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim, 1887–89 am landwirtschaftlichen Institut der Universität Halle, 1889–93 an der Universität Leipzig, 1893–96 Studium der Rechte in Leipzig, WS 1897/98 bis Ende des WS 1899/1900 Fortsetzung des Studiums der Landwirtschaft in Heidelberg, 1900 Promotion ebd. Praktische Arbeiten im chemischen und agrikultur-chemischen Laboratorium in Halle, im botanischen Laboratorium Leipzig und in Heidelberg, sowie im Staatswissenschaftlichen Seminar in Leipzig. Beabsichtigte 1899 bei Max Weber in Heidelberg zu promovieren, der dies aber ablehnte. Seine Dissertation „Beiträge zur Geschichte der Landwirtschaft Kursachsens im 16. Jahrhundert“ (1900) wurde stattdessen an der Naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät erstellt und von → Adolph Stengel betreut. Dusch, Alexander Freiherr von (11.9.1851–17.9.1923). Jurist und Politiker. 1878 Eintritt in den badischen Justizdienst, 1895 Erster Staatsanwalt und 1899 Oberstaatsanwalt in Karlsruhe; Vortragender Rat im Justizministerium; 1901–11 Justiz- und Kultusminister, 1905–17 Ministerpräsident.
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Eimer, Karolina (Lina) (25.10.1845–31.1.1924). Gehörte mit ihrer Schwester → Marie Amalie Eimer zum Bekanntenkreis der Familie Baumgarten. Eimer, Marie Amalie (8.7.1856–13.5.1931). Vorsitzende des „Verein für Wochen- und Hauspflege“ in Freiburg i.Br. Gehörte mit ihrer Schwester → Karolina (Lina) Eimer zum Bekanntenkreis der Familie Baumgarten. Eisenlohr, August (25.2.1833–12.3.1916). Badischer Politiker und Beamter. Nach dem Studium der Rechte Eintritt in den badischen Staatsdienst; 1863 Amtsrichter, 1865 Kreisgerichtsrat, 1866 Ministerialrat im Ministerium des Innern, 1874–83 Landeskommissar der Kreise Karlsruhe und Baden (Baden-Baden), 1883 Ministerialdirektor und seit 1892 Präsident des Ministeriums des Innern. Ihm wurde anläßlich der Gründung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg am 12. Juli 1896 die Ehrendoktorwürde verliehen. Elise (?–?). Schwester von → Bertha Schandau. Elster, Ludwig (26.3.1856–30.12.1935). Nationalökonom und preußischer Ministerialbeamter. 1878 Promotion zum Dr. phil. in Jena, 1880 Habilitation in Halle; 1883 Professor an der TH Aachen, 1883 a.o. Professor der Staatswissenschaften in Königsberg und 1887 o. Professor in Breslau; 1897–1916 als Vortragender Rat und Geheimer Regierungsrat im Preußischen Kultusministerium Nachfolger Friedrich Althoffs im Universitätsreferat; 1891–97 Mitherausgeber der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“; Mitbegründer und Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften“. Endemann, Adolf (17.11.1864–22.4.1922). Jurist und Bankdirektor. 1895 Promotion zum Dr. jur. in Tübingen; 1887 Referendarexamen in Köln; 1891 Assessorexamen in Berlin. Zunächst Richter am Amtsgericht in Bonn; seit 1892 im Reichsamt des Innern, wo er die Stelle eines Schriftführers der Börsenenquetekommission übernahm; 1894–97 Syndikus der Bremer Handelskammer; Vorstandsmitglied der Hannoverschen Bank. Verschiedene Schriften zu Börsenfragen. Endemann, Brunhilde, geb. Schlenker (8.6.1871–12.1.1895). Seit 1894 verheiratet mit → Adolf Endemann. Enke, Alfred (12.8.1852–4.5.1937). Verleger. Nach der Ausbildung zum Verlagsbuchhändler, Stationen bei verschiedenen Verlagen in Deutschland und Österreich; 1874 Übernahme des väterlichen Verlags Ferdinand Enke und Verlegung des Verlagssitzes nach Stuttgart. Ausbau des medizinischen Verlagsbereichs und Aufnahme u.a. der Sozialwissenschaften ins Verlagsprogramm.
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Erdmann, Benno (30.5.1851–7.1.1921). Philosoph. 1873 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1876 Habilitation ebd.; 1878 a.o. Professor in Kiel, 1879 o. Professor für Philosophie ebd., 1884 in Breslau, 1890 in Halle, 1898 in Bonn und ab 1909 in Berlin; Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Studien zur Philosophie Kants, Erkenntnistheorie und Psychologie. Erhardt, Eugen (8.6.1857–1919). Kaufmann. Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, 1883 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig; 1885 Umzug nach Bilbao und Tätigkeit im Speditions- und Kommissionsgeschäft seines Bruders, ab 1887 Geschäftsleitung; 1891–1902 Wahlkonsul in Bilbao. Anschließend Rückkehr nach Köln. Evert, Georg (4.11.1856–27.4.1914). Preußischer Verwaltungsbeamter und Statistiker. 1900 Oberregierungsrat und stellvertretender Direktor im Königlich Preußischen Statistischen Bureau (seit 1905 Preußisches Statistisches Landesamt), seit 1911 dessen Präsident. Mitglied der Staatswissenschaftlichen Vereinigung und der sogenannten „kleinen staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ (Max Webers Berliner informeller Donnerstagskreis). Eynern, Ernst von (2.4.1838–2.11.1906). Politiker und Industrieller. Nach der Kaufmannslehre zunächst im Indigohandel, dann als Aufsichtsrat von Bergwerksgesellschaften und Farbenfabriken tätig. 1875 Mitglied des Stadtrats von Barmen, 1879 Vertreter Barmens im Rheinischen Provinziallandtag; seit 1876 Mitglied der Nationalliberalen Partei; 1879–1906 MdprAH, seit 1886 Fraktionsführer der Nationalliberalen; Vertreter von Arbeitgeberinteressen, scharfer Kritiker des Linksliberalismus und der Sozialdemokratie, in diesem Zusammenhang auch der sog. „Kathedersozialisten“. Fabricius, Ernst (9.7.1858–22.3.1942). Althistoriker. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Straßburg, 1886 Habilitation in Berlin; 1888 a.o., 1894–1939 o. Professor für Alte Geschichte in Freiburg i.Br.; grundlegende Arbeiten zur Limesforschung und zur griechischen Frühgeschichte. Kollege Max Webers in Freiburg. Falckenberg, Richard (23.12.1851–28.9.1920). Philosoph. 1877 Promotion zum Dr. phil. in Jena, 1880 Habilitation und 1887 a.o. Professor ebd., 1889– 1920 o. Professor für Philosophie in Erlangen; zahlreiche Publikationen, u.a. „Zur Kritik der Kantschen Freiheitslehre“ (1879), „Geschichte der neueren Philosophie von Nikolaus von Kues bis zur Gegenwart“ (1886), „Über die gegenwärtige Lage der deutschen Philosophie“ (1890). Faure, Félix (30.5.1841–16.2.1899). Präsident der Französischen Republik. 1870 stellvertretender Bürgermeister von Le Havre; 1881 Wahl in die Nationalversammlung; 1894 Marineminister; 1895 Wahl zum Präsidenten. Im Sommer 1897, bei einem Staatsbesuch in Rußland, Besiegelung der 1894
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geschlossenen französisch-russischen Allianz. In seine Amtszeit fiel der Beginn der Dreyfus-Affäre, bei der er auf Seiten der Gegner des zu Unrecht wegen Verrats angeklagten Alfred Dreyfus stand. → Émile Zolas „J’accuse“ war an Faure gerichtet. Fernow, Clara (?–?). 1898 Gesellschaftsdame im Sanatorium „Konstanzer Hof“. Seit 1890 gut bekannt mit Max Webers Cousine → Emmy Baumgarten. Fichte, Johann Gottlieb (19.5.1762–29.1.1814). Philosoph. 1784–94 nach Abbruch des Studiums der Theologie und Jurisprudenz Tätigkeit als Hauslehrer u. a. in Leipzig und Warschau. 1794 Professor für Philosophie in Jena, 1799 Entlassung; 1805 Gastprofessor in Erlangen; 1806/07 Professor in Königsberg; 1807 Rückkehr nach Berlin; 1810 o. Professor ebd., 1811/12 erster gewählter Rektor der Universität. Bedeutender Vertreter des deutschen Idealismus und leidenschaftlicher Verfechter der nationalen Idee. Seine „Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre“ (1794) bildete das Kernstück seines philosophischen Systems. Sein „Geschlossener Handelsstaat“ (1800) enthält eine organisch-staatssozialistische Gesellschaftskonzeption, die er in seiner „Rechtslehre“ (1812) weiterentwickelte. Fick, Ludwig (14.12.1871–?). Nationalökonom und Jurist. 1894 erstes juristisches Staatsexamen; Rechtspraktikant beim Amtsgericht München; 1895 Promotion zum Dr. oec. publ. in München bei → Lujo Brentano und Wilhelm Heinrich Riehl mit einer Arbeit über „Die bäuerliche Erbfolge im Gebiete des Bayerischen Landrechts“. Von Max Weber 1896/97 als sein möglicher Nachfolger in Freiburg i.Br. ins Gespräch gebracht. Fischer, Georg (27.4.1848–25.10.1917). Nervenarzt. Privatdozent an der Universität München mit den Spezialfächern Elektrotherapie und Nervenkrankheiten; 1878 praktischer Arzt; 1882 Leitung der Nervenheilanstalt „Wilhelmsbad“ in Cannstatt bei Stuttgart; 1890 Begründer und Ärztlicher Vorstand des „Konstanzer Hofs. Heilanstalt für Nervenkranke“. 1903 Rückkehr nach Stuttgart. Veröffentlichte „Die Heilanstalt für Nervenkranke im Konstanzer Hof zu Konstanz. Ihre Einrichtung und Ziele“ (1890). Er leitete diese Anstalt während Max Webers Aufenthalt. Fischer, Kuno (23.7.1824–5.7.1907). Philosoph. 1847 Promotion zum Dr. phil. in Halle, 1850 Habilitation in Heidelberg, 1853 Entzug der Venia legendi wegen seiner angeblich pantheistischen Gesinnung, 1856–71 o. Professor für Philosophie in Jena, 1872–1906 in Heidelberg; umfangreiche Arbeiten zur Philosophiegeschichte und über Kant. Francke, Ernst (10.11.1852–23.12.1921). Journalist und Sozialpolitiker. Nach Abbruch seiner philosophischen, naturwissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Studien zunächst Hauslehrer in St. Petersburg, 1877 Beginn
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der journalistischen Tätigkeit, 1881–93 Chefredakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten“, 1893 Promotion zum Dr. oec. publ. bei → Lujo Brentano in München, 1897 Herausgeber der Zeitschrift „Soziale Praxis“, 1901 Mitbegründer und Generalsekretär der „Gesellschaft für soziale Reform“. Mitarbeit an der Enquete des Vereins für Socialpolitik über die Hausindustrie und Heimarbeit zwischen 1897 und 1899. Frankenstein, Kuno (10.3.1861–14.10.1897). Nationalökonom. 1887 Promotion zum Dr. sc. pol. an der Staatswissenschaftlichen Fakultät in Tübingen bei → Friedrich Julius Neumann in Tübingen; 1890 Generalsekretär des Verbandes der Haus- und städtischen Grundbesitzervereine Deutschlands; 1889 Herausgeber der „Zeitschrift für Agrarpolitik“, 1893 Begründer und Herausgeber des „Hand- und Lehrbuchs für Staatswissenschaften“; daneben Tätigkeit als Dozent an der Humboldt-Akademie in Berlin, einer 1878 von → Max Hirsch ins Leben gerufenen Volkshochschule; 1892 Mitarbeit an der Auswertung der Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik. Frentzel, Adolf (15.11.1833–17.7.1905). Kaufmann und Wirtschaftsfunktionär. Gründete 1860 die Firma Bertheim & Frentzel, Dampf-Ölmühle; 1872– 86 Leiter der Berliner Handels- und Produktenbank; Gesellschafter der Diskonto Gesellschaft; 1886 Rückzug aus dem Geschäftsleben; 1887–94 Präsident des Ältestenkollegiums der Kaufmannschaft von Berlin, seit 1890 Präsident des Deutschen Handelstags, Mitglied des preußischen Volkswirtschaftsrats und des preußischen Staatsrats; 1897 zusammen mit Friedrich Alfred Krupp als erste Vertreter des Handels MdprHH; 1892/93 Mitglied der Börsenenquetekommission; 1896 Mitglied des provisorischen, 1897–1902 des definitiven Börsenausschusses. Friedrich I., Großherzog von Baden (9.9.1826–28.9.1907). 1852–56 Regent, 1856–1907 Großherzog von Baden. Fuchs, Berta, geb. Eimbcke (1863–1946). Verheiratet mit → Carl Johannes Fuchs. Fuchs, Carl Johannes (7.8.1865–4.12.1934). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1889 Habilitation in Staatswissenschaften ebd.; 1891 a.o., 1893 o. Professor für Nationalökonomie in Greifswald, 1897 in Freiburg i.Br., 1908–33 in Tübingen. 1892/93 Sachverständiger der Börsenenquetekommission; seit 1898 Mitglied der Badischen Historischen Kommission. Führend bei der Organisation der Heimarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik 1898/99 tätig. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählten Agrargeschichte und Agrarwesen, Handelspolitik sowie Wohnungsfragen. Max Webers Nachfolger in Freiburg und seitdem Mitherausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“.
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Fuchs, Wilhelm (1868–?). Schüler Max Webers aus Homburg v. d. Höhe (Taunus); Studium in Leipzig und Heidelberg; studierte zwischen dem WS 1897/98 und dem WS 1898/99 bei Max Weber in Heidelberg, hörte u.a. im SS 1898 dessen Vorlesung „Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung“ und nahm am Volkswirtschaftlichem Seminar teil. Max Weber warb ihn als Mitarbeiter der Heimarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik 1898/99 für die Bearbeitung der Hausindustrie auf dem Taunus. Gamp, Karl Friedrich Oskar (seit 1907) Freiherr von (24.11.1846–13.11.1918). Rittergutsbesitzer und Ministerialbeamter. 1874 Eintritt in die Staatseisenbahnverwaltung; 1877 Hilfsarbeiter im preußischen Ministerium für Öffentliche Arbeiten, 1882 im Handelsministerium, dort 1883–95 Vortragender Rat; 1884–1918 MdR für die Deutscher Reichspartei, seit 1907 Fraktionsvorsitzender; 1893 MdprAH; 1896 Mitglied und Berichterstatter der IX. Kommission des Reichstags zur Vorberatung des Entwurfs eines Börsengesetzes, 1892/93 stellvertretender Vorsitzender der Börsenenquetekommission; 1896 Mitglied des provisorischen, seit 1897 des definitiven Börsenausschusses. Gerlach, Hellmut von (2.2.1866–1.8.1935). Liberaler Politiker und Journalist. 1892–96 Redakteur der christlich-sozialen, antisemitischen Tageszeitung „Das Volk“, im Sommer 1896 Entlassung zusammen mit Heinrich Oberwinder; 1896 Mitbegründer des „Nationalsozialen Vereins“ → Friedrich Naumanns; 1896/97 Redakteur der von Friedrich Naumann herausgegebenen Tageszeitung „Die Zeit“, wiederum gemeinsam mit Heinrich Oberwinder; 1898–1901, erneut ab 1906 Chefredakteur der Berliner Wochenzeitung „Die Welt am Montag“; 1903–07 MdR für die Freisinnige Vereinigung, mit der der „Nationalsoziale Verein“ fusioniert hatte; 1908 Gründung der Demokratischen Vereinigung zusammen mit Rudolf Breitscheid; 1918/19 Unterstaatssekretär im Preußischen Innenministerium; 1933 Emigration nach Frankreich. Max Weber lehnte ihn wegen seiner polenfreundlichen und sich bereits in der zweiten Hälfte der 1890er Jahren abzeichnenden pazifi stischen Grundhaltung ab. Gerlach, Herr von (?–?). 1902 Bekannter von → Bertha Schandau in Heidelberg. Gerlach, Otto (1.11.1862–13.5.1923). Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1890 Habilitation in Breslau; 1894 a.o., 1900 o. öffentlicher und 1908 o. Professor für Staatswissenschaften in Königsberg. Arbeiten zur Wertlehre, zur Agrarpolitik und Landarbeiterfrage. Von Max Weber 1897 als potentieller Nachfolger von → Carl Johannes Fuchs in Greifswald vorgeschlagen. Gervinus, Georg Gottfried (20.5.1805–18.3.1871). Historiker. 1819 Buchhändler; 1820 Kaufmann in Darmstadt; 1823 Selbststudium zum Abitur,
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1825 Studium in Gießen und Heidelberg (Philologie und Geschichte), 1827–29 Lehrer an einer Privatschule in Frankfurt; 1830 Habilitation in Heidelberg; 1835 a.o. Professor ebd.; 1835 Entlassung aus dem badischen Staatsdienst; 1836 o. Professor in Göttingen; 1837 als einer der „Göttinger Sieben“ aus dem Königreich Hannover verwiesen. 1839–44 Privatgelehrter in Heidelberg, 1844 Honorarprofessor ebd.; 1847/48 Vertrauensmann der Hansestädte im Siebzehnerausschuß des Bundestages und Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung; 1850–71 Privatgelehrter in Heidelberg; 1853 Entzug der Venia legendi an der Universität Heidelberg. Verfasser der „Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen“ (5 Bände, 1835–42) und der „Geschichte des 19. Jahrhunderts seit den Wiener Verträgen“ (8 Bände, 1855–66). Lebte 1848–62 mit seiner Frau im Haus seines Freundes Georg Friedrich Fallenstein; Privatlehrer von → Helene Weber; Mentor von → Hermann Baumgarten. Gierke, Anna (seit 1911) von (14.3.1874–3.4.1943). Sozialpädagogin. 1892 Mitarbeit in der Erziehungsstätte für Schulmädchen in Charlottenburg; 1894–1933 Leiterin des „Vereins Jugendheim-Charlottenburg“; 1916 Vorsitzende der „Kommission für Kinderfürsorge“, 1922 Gründung des Landjugendheims „Finkenkrug“. 1919/20 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung für die Deutschnationale Volkspartei. 1933 Entzug der Leitung des 1934 aufgelösten Charlottenburger Jugendheims. Danach Vortragsreisen, die Ende des Jahres 1942 von der Gestapo verboten wurden. Tochter von → Otto und → Marie Cäcilie (Lili) Gierke. Durch ihre soziale Arbeit bekannt mit → Helene Weber. Gierke, Hildegard (seit 1911) von (30.9.1880–14.4.1966). Sozialpädagogin. Seit 1902 Tätigkeit als Kindergärtnerin; 1914–17 Leiterin der „Freiwilligen Kriegshilfe“ in Berlin-Schöneberg; 1919 Leitung der Abteilung „Jugendschutz“ in Schöneberg; 1922 zweite Leiterin des Pestalozzi-Fröbel-Hauses (Jugendheim), 1934 Absetzung als zweite Leiterin. Tochter von → Otto und → Marie Cäcilie (Lili) Gierke. Gierke, Marie Cäcilie (Lili), geb. Loening, (seit 1911) von (1850–1936). Verheiratet mit → Otto Gierke. Gierke, Otto (seit 1911) von (11.1.1841–10.10.1921). Jurist und Rechtshistoriker. 1860 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1867 Habilitation; 1871 a.o. Professor ebd., 1872 o. Professor der Rechte in Breslau, 1884 in Heidelberg und 1887 in Berlin; galt als führender Theoretiker des deutschen Genossenschaftsrechts und war einer der profiliertesten Kritiker des Entwurfs des BGB vom germanistischen Standpunkt aus. Akademischer Lehrer von Max Weber; seine Familie war mit der Max Webers gut bekannt. Gierke, Therese (Desi) (seit 1911) von (31.12.1878–23.11.1966). Tochter von → Otto und → Marie Cäcilie (Lili) Gierke.
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Gill, Henry (10.3.1824–17.6.1893). Britischer Ingenieur. Spezialist für Wasserwerksbau. 1856 Direktor der britischen „Berlin Water Works Company“, die das erste Berliner Wasserwerk baute. Nach Gründung der städtischen Berliner Wasserwerke 1873 deren Direktor und verantwortlicher Leiter des Ausbaus der Berliner Wasserversorgung. Bruder von → William Gill. Gill, William (11.11.1843–20.1.1901). Britischer Ingenieur. Seit 1863 Mitarbeit an verschiedenen Eisenbahnprojekten in England und im Kaukasus; ab 1880 Direktor der „Orconera Iron Ore Company Ltd.“ in Bilbao. Bruder von → Henry Gill. Gnauck-Kühne, Elisabeth (2.1.1850–12.4.1917). Pädagogin, Schriftstellerin und Repräsentantin der Frauenbewegung. 1867 Lehrerin am Lehrerinnenseminar in Callnberg (Sachsen), 1875 Eröffnung eines Lehr- und Erziehungsheims in Blankenburg; 1890 nationalökonomische Studien bei → Gustav Schmoller in Berlin; 1894 Leiterin der von ihr begründeten „Evangelisch-sozialen Frauengruppe“ in Berlin, 1900 Konversion zum Katholizismus, 1903 Mitbegründerin des „Katholischen Frauenbundes Deutschland“. Verfaßte zahlreiche Schriften zur sozialen Stellung der Frau und zur Arbeiterinnenfrage. Gneist, Rudolf (seit 1888) von (13.8.1816–22.7.1895). Jurist und nationalliberaler Politiker. 1839 Promotion zum Dr. jur. utr., zugleich Habilitation in Berlin; 1845 außerplanmäßiger a.o., 1858 o. Professor für Zivilrecht ebd.; 1841 Assessor am Berliner Kammergericht, 1847–49 Hilfsarbeiter beim preußischen Obertribunal, 1875–95 Rat am neu errichteten preußischen Oberverwaltungsgericht; 1845–49 und 1858–75 Stadtverordneter in Berlin; 1859–93 MdprAH zunächst für das Zentrum, seit 1870 für die Nationalliberale Partei; 1867–84 MdR für die Nationalliberalen; 1851 Mitglied und seit 1869 Vorsitzender des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen; 1872/73 Mitbegründer und erster Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik. Führender liberaler Politiker und Verwaltungsjurist seiner Zeit. Untersuchungen über die englische Gerichts- und Verwaltungsorganisation. → Gustav Schmoller und → Otto Hintze sahen Max Weber 1898 als Verfasser seiner politischen Biographie vor. Goette, Alexander Wilhelm (31.12.1840–5.2.1922). Zoologe. 1866 Promotion zum Dr. med. in Tübingen, 1872 Habilitation in Straßburg; 1877 a.o. Professor ebd., 1882–86 o. Professor in Rostock, 1886–1918 o. Professor der Zoologie und Direktor des Zoologischen Instituts in Straßburg, 1898/99 Rektor der Universität. Goette, Ida, geb. Peters (28.9.1877–nach 1930). Tochter des Astronomen Karl Friedrich Wilhelm Peters, 1898 Heirat mit → Alexander Wilhelm Goette. Goette, Marie (um 1867–?). Tochter von → Alexander Wilhelm Goette.
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Göhre, Paul (18.4.1864–5.6.1928). Evangelischer Theologe und Politiker. 1885–88 und 1890/91 Studium der Theologie und Nationalökonomie in Leipzig und Berlin; 1888 erstes und 1891 zweites theologisches Staatsexamen; 1888–90 Pfarrgehilfe und Redaktionshelfer bei der von → Martin Rade herausgegebenen „Christlichen Welt“; 1891–94 Generalsekretär des Evangelisch-sozialen Kongresses. 1891 erschien seine auf eigenen Beobachtungen beruhende Studie „Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche“, die ihm Angriffe von orthodoxer Seite eintrug, gegen die ihn Max Weber verteidigte; 1892–94 Durchführung der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses zusammen mit Max Weber. 1894–97 Pfarrer in Frankfurt (Oder); 1896 gemeinsam mit → Friedrich Naumann Begründer des Nationalsozialen Vereins und von 1897–99 dessen zweiter Vorsitzender; 1899 Übertritt zur Sozialdemokratischen Partei; 1901 Verzicht auf seine Rechte als Geistlicher, nachdem ein Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnet wurde; seitdem als Schriftsteller tätig; 1906 Austritt aus der Kirche; 1910–18 MdR; 1918/19 Unterstaatssekretär im Kriegsministerium; 1919–23 Staatssekretär im preußischen Staatsministerium. Max Weber arbeitete bis Mitte der 1890er Jahre eng mit ihm in der evangelisch-sozialen Bewegung zusammen, distanzierte sich aber von ihm nach der Gründung des Nationalsozialen Vereins. Goldschmidt, Adele, geb. Herrmann (?–25.2.1916). Verheiratet mit → Levin Goldschmidt. Goldschmidt, Levin (30.5.1829–16.7.1897). Jurist und Handelsrechtler. 1851 Promotion zum Dr. jur. in Halle, 1855 Habilitation in Heidelberg; 1860 a.o. Professor für Handelsrecht, Römisches Recht und Rechtsenzyklopädie, 1866–70 o. Professor für Handelsrecht und preußisches Recht ebd.; 1875–97 o. Professor für Handelsrecht in Berlin. 1858 Begründer und Herausgeber, später Mitherausgeber der „Zeitschrift für das Gesammte Handelsrecht“; 1870–75 Richter am Bundes- bzw. Reichsoberhandelsgericht in Leipzig; 1875–77 MdR für die Nationalliberale Partei; Begründer der modernen Handelsrechtswissenschaft. Mit der Familie Weber befreundet; Lehrer und Doktorvater Max Webers in Berlin. Goldschmidt, M. (?–Januar 1899). Lehrer. Vater von → Salli Goldschmidt. Goldschmidt, Salli (22.5.1869–1941). 1889–95 Tätigkeit als Lehrer; 1895– 1899 Studium der Nationalökonomie in Heidelberg; 1899 Promotion zum Dr. phil. bei Max Weber mit einer Arbeit über die Landarbeiter in der Provinz Sachsen. Er gehörte zu Max Webers engerem Schülerkreis; für seine Dissertation wertete er Material aus, das 1892/93 im Rahmen der Enquete des Evangelisch-sozialen Kongresses auf Initiative Max Webers und → Paul Göhres erhoben worden war. Mit Goldschmidts Auswertung wurde zugleich die von Max Weber herausgegebene Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ 1899 eröffnet.
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Gothein, Eberhard (29.10.1853–13.11.1923). Nationalökonom und Kulturhistoriker. 1877 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Dilthey in Breslau, 1878 Habilitation ebd., 1884 Umhabilitation nach Straßburg; 1885 o. Professor für Nationalökonomie an der TH Karlsruhe, 1890 in Bonn, 1904–23 als Nachfolger Max Webers in Heidelberg. 1904 Nachfolger Max Webers als ordentliches Mitglied in der Badischen Historischen Kommission, Karlsruhe. Mitbegründer der Handelshochschulen Köln (1901) und Mannheim (1909); Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts und zur Kulturgeschichte der Renaissance und Gegenreformation; seine „Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwalds“ wurde von Max Weber hoch geschätzt; gehörte mit seiner Frau Marie Luise Gothein zum engeren Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber in Heidelberg. Greiner, Karl (?–?). Hausmeister der Universität Heidelberg. Seminardiener im Volkswirtschaftlichen Seminar. Grunenberg, Andreas (23.6.1856–Juni 1931). Nationalökonom und Schriftsteller. Nach einer Verwaltungslaufbahn 1885–95 Rentmeister in Westfalen; 1895–98 Studium der Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte; 1898 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; 1900 Syndikus der Handwerkskammer Düsseldorf und seit 1903 Generalsekretär des Rheinischen Vereins zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens; 1908–13 und 1915–18 MdprL für das Zentrum. Schüler Max Webers, der ihn für die Promotion mit der Auswertung der Landarbeiterenquete des Evangelisch-sozialen Kongresses für Teile Norddeutschlands betraute. Die Initiative Grunenbergs, 1899 beim Bischof von Münster eine vergleichbare Enquete durchzuführen, scheiterte. Häberle, Friedrich (16.2.1842–4.8.1907). Schlosser. Eigentümer des Hauses Schillerstraße 22, in dem das Ehepaar Weber in Freiburg i.Br. wohnte. Nach seinem Tod wurde eine Stiftung aus seinem Erbe gegründet, die später an das Heiliggeistspital überschrieben wurde. Haker, Heinrich Friedrich (8.11.1823–28.10.1907). Kaufmann. 1857 Mitbegründer der Getreidefirma Haker & Rosenow in Stettin; 1862–98 Stadtverordneter; 1866–99 Vorsteher der Kaufmannschaft zu Stettin; 1897 Ernennung zum stellvertretenden Beisitzer der Berufungskammer in Ehrengerichtssachen in Berlin. 1896 Mitglied des provisorischen Börsenausschusses. Hammerstein, Wilhelm Freiherr von (21.2.1838–16.3.1904). Journalist und Politiker. 1881–95 Chefredakteur der „Neuen Preußischen Zeitung (Kreuzzeitung)“; 1877–95 MdprAH; 1881–90 und 1892–95 MdR für die Konservative Partei; zusammen mit → Adolf Stoecker Führer des antisemitischen Flügels. Wegen Betrugsdelikten 1895 aus der Partei gedrängt und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Max Weber nahm 1895 in der „Kreuz zeitung“
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zu der Duellaffäre zwischen → Adolph Wagner und → Frhr. von Stumm Stellung. Häring, Georg Wilhelm Heinrich (Pseudonym: Willibald Alexis) (29.6.1798– 16.12.1871). Schriftsteller. 1817 Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und Breslau. 1827 Leiter der Redaktion des „Berliner Conversations-Blattes“, später Redakteur der „Vossischen Zeitung“. Vertreter des historischen Realismus; 1852 erschien sein fünfbändiger Roman „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“. Hartmann, Ludo Moritz (2.3.1865–14.11.1924). Österreichischer Historiker und Politiker. 1887 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, Schüler von → Theodor Mommsen, 1889 Habilitation und Ernennung zum Privatdozenten für Römische und Mittelalterliche Geschichte in Wien; 1918 a.o., 1922 o. Professor ebd.; 1893 Mitbegründer und wichtigster Herausgeber der „Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte“ (seit 1903 „Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“); schloß sich 1901 der Sozialdemokratischen Partei Österreichs an; 1918–20 österreichischer Gesandter in Berlin. Mitglied des Vereins für Socialpolitik, führend im Volksbildungswesen. War Max Weber über gemeinsame Interessen an der römischen Geschichte verbunden. Hasbach, Wilhelm (25.8.1849–30.4.1920). Nationalökonom. 1875 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, Schuldienst, 1884 Habilitation für Staatswissenschaften in Greifswald; 1887 a.o. Professor ebd., 1888 in Königsberg, 1893–1906 o. Professor für Staatswissenschaften in Kiel; Arbeiten zur Methodologie der Nationalökonomie sowie zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Großbritanniens. Von Max Weber 1896/97 als sein möglicher Nachfolger in Freiburg i.Br. und später als möglicher Nachfolger von → Carl Johannes Fuchs in Greifswald ins Gespräch gebracht. Hasse, Ernst (14.2.1846–12.1.1908). Nationalökonom und Politiker. 1866– 1870 Studium der Theologie, Rechts- und Staatswissenschaften in Leipzig und Berlin; 1875–1908 Direktor des Statistischen Amts der Stadt Leipzig; 1878 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1885 Habilitation; 1886–1908 a.o. Professor für Statistik ebd., las seit 1888 auch „Kolonialpolitik“. 1893–1903 MdR für die Nationalliberale Partei; führendes Mitglied der deutschen Kolonialgesellschaft; 1893–1908 geschäftsführender Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes, dessen Mitglied Max Weber bis 1899 war. Hauff, Emil (1849–1927). Verleger. Seit 1886 Inhaber des Verlags „Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff)“, verlegte den Firmensitz von Jena nach Stuttgart; 1896 Begründer der Reihe „Frommanns Klassiker der Philosophie“, nach deren Modell er 1898 auch die Reihe „Politiker und Nationalökonomen. Eine Sammlung biographischer System- und Charakterschilderungen“ konzipierte, an der auch Max Weber mitwirken sollte.
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Hausrath, Adolf (Pseudonym: George Taylor) (13.1.1837–2.8.1909). Evangelischer Kirchenhistoriker. 1861 Promotion zum Lic. theol., 1862 Habilitation in Heidelberg; Stadtvikar ebd.; 1864–67 Assessor beim Oberkirchenrat in Karlsruhe, 1867 a.o., 1871–1906 o. Professor für Kirchengeschichte in Heidelberg; liberaler Theologe, Mitbegründer und zeitweiliger Sekretär des 1863 gegründeten Protestantenvereins. Sein wissenschaftliches Interesse galt der historischen Einordnung des Neuen Testaments in die religiöse Umwelt des antiken Palästina, einer „neutestamentlichen Zeitgeschichte“; Verfasser kulturhistorischer und psychologisierender Biographien (u.a. von Paulus, Luther und Jesus) und unter dem Pseudonym George Taylor von Romanen. Heiratete 1864 Henriette Fallenstein (→ Henriette Hausrath), eine Schwester von → Helene Weber, lebte mit seiner Familie in Heidelberg, im Fallensteinschen Haus, Ziegelhäuser Landstraße 17. Onkel von Max Weber. Hausrath, August (20.6.1865–15.5.1944). Altphilologe. 1888 Promotion zum Dr. phil. in Bonn; Gymnasialprofessor für Latein und Deutsch 1896 in Karlsruhe und 1910 in Heidelberg, 1919 Gymnasialdirektor in Wertheim und 1921 in Freiburg i.Br. Führender linksliberaler Politiker in Heidelberg. Sohn von → Henriette und → Adolf Hausrath. Cousin von Max Weber. Hausrath, Hans (5.10.1866–29.8.1945). Forstwissenschaftler. 1891 Promotion zum Dr. rer. pol. in München; 1896 Habilitation für Forstwissenschaften an der TH Karlsruhe; 1898 a.o., 1904 o. Professor ebd., 1920–34 an der Universität Freiburg i.Br.; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“. Sohn von → Henriette und → Adolf Hausrath. Cousin von Max Weber. Hausrath, Henriette, geb. Fallenstein (15.7.1840–17.3.1895). Tochter von Georg Friedrich und Emilie Fallenstein, geb. Souchay. Schwester von → Helene Weber. Seit 1864 verheiratet mit → Adolf Hausrath. Lebte mit ihrer Familie in Heidelberg im Fallensteinschen Haus, Ziegelhäuser Landstraße 17. Tante von Max Weber. Hausrath, Laura (27.11.1867–8.5.1928). Tochter von → Henriette und → Adolf Hausrath. Cousine von Max Weber. Hausrath, Lilli (6.10.1882–22.6.1965). Evangelische Gemeindeschwester. Tochter von → Henriette und → Adolf Hausrath. Heiratete 1906 Friedrich Wilhelm (Fritz) Hermann, lebte seit der Trennung 1913 wieder in Heidelberg im Haus Ziegelhäuser Landstraße 17, bis 1919 gemeinsam mit Max und → Marianne Weber. Cousine von Max Weber. Hausrath, Margarethe (17.2.1877–10.1.1965). Lehrerin. Tochter von → Henriette und → Adolf Hausrath. Cousine von Max Weber.
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Hecht, Gustav (2.11.1872–?). Nationalökonom. Schüler von → Gerhart von Schulze-Gaevernitz in Freiburg i.Br.; 1895 Promotion zum Dr. phil. ebd. mit einer Arbeit über die Bevölkerungs- und Gewerbepolitik des französischen Merkantilismus und über → Colberts politische und volkswirtschaftliche Grundanschauungen; die Dissertation erschien 1898 in den von Max Weber und → Gerhart von Schulze-Gaevernitz mit herausgegebenen „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Heckel, Max von (15.3.1865–30.1.1913). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München, 1889 Promotion zum Dr. oec. publ. ebd., 1891 Habilitation und Privatdozent in Würzburg, 1898 a.o. und 1902 o. Professor der Staatswissenschaften in Münster. Heil, Elisabeth (Lieserle), geb. Jolly (2.3.1864–25.2.1937). Tochter von Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von → Helene Weber; Schwester von → Philipp und → Julius Jolly. Heiratete 1898 → Karl Heil. Begründete in Karlsruhe das Geschäftsgehilfinnenheim für ledige Büroangestellte und Verkäuferinnen. Cousine von Max Weber. Heil, Karl (4.9.1848–23.2.1906). Jurist. 1871 erstes, 1874 zweites juristisches Staatsexamen in Heidelberg; 1876 Ministerialsekretär; 1879 Amtsvorstand in Neustadt; 1881 Bezirksbeamter, 1889 Ministerialrat im Badischen Innenministerium; 1899 Ministerialdirektor ebd.; Beirat im Badischen Frauenverein. 1898 Heirat mit → Elisabeth (Lieserle) Heil, geb. Jolly. Heisterbergk, Bernhard Wilhelm August (15.3.1841–16.9.1898). Historiker und Journalist. 1863 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig; Ausbildung zum Lehrer an höheren Schulen; freie wissenschaftliche und journalistische Tätigkeit; seit 1878 als Auslandsberichterstatter für verschiedene Zeitungen, aber ohne feste Anstellung, dauerhaft in Rom lebend. Sohn des Politikers Franz Maximilian Heisterbergk. Von Max Weber wegen seiner Publikationen zur römischen Rechtsgeschichte, besonders zur Entstehung des Kolonats, geschätzt. Helfferich, Karl (22.7.1872–23.4.1924). Bankier und Politiker. 1894 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1899 Habilitation in Berlin, 1899–1906 Privatdozent ebd., 1901 Währungsfachmann in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, 1906 Direktor der „Anatolischen Eisenbahngesellschaft“ in Konstantinopel; 1908 Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, seit 1910 Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank; 1915/16 Staatssekretär des Reichsschatzamts, 1916/17 Leiter des Reichsamts des Innern; 1918 Gesandter in Moskau; 1920–24 MdR für die DNVP.
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Hensel, Katharina (Käthe), geb. Rosenhayn (27.11.1861–27.10.1910). Seit 1896 verheiratet mit → Paul Hensel. Hensel, Paul (17.5.1860–8.11.1930). Philosoph. 1885 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg i.Br., 1888 Habilitation in Straßburg bei → Wilhelm Windelband; 1895 a.o. Professor ebd. und 1898–1902 in Heidelberg, 1902–29 o. Professor für Systematische Philosophie in Erlangen. Mit Max Weber befreundet, mit dem er 1904 zum International Congress of Arts and Science in St. Louis reiste. Herkner, Heinrich (27.6.1863–27.5.1932). Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. rer. pol. als Schüler → Lujo Brentanos in Straßburg; 1888 Dozent mit Lehrauftrag an der Universität Freiburg i.Br., 1890 a.o., 1892 o. Professor für Staatswissenschaften ebd., 1892 an der TH Karlsruhe, 1898 an der Universität Zürich, 1907 an der TH Charlottenburg, 1912 als Nachfolger von → Gustav Schmoller in Berlin. Mitglied, ab 1911 Vizepräsident und von 1917–29 erster Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik. Sein Buch „Die Arbeiterfrage“ von 1894 gilt als Klassiker der wissenschaftlichen Sozialpolitik. Er beteiligte sich zusammen mit Max Weber 1895 an den Erklärungen gegen die Umsturzvorlage, der evangelisch-sozialen Bewegung in Baden sowie 1897/98 an der Herausgabe der Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Schwager von → Walther Lotz. Heymann, Carl Samuel (29.11.1793–22.8.1862). Verleger. 1815 Gründung einer Buchhandlung in Glogau, ab 1822 verlegerische Tätigkeit, 1835 Umzug des Verlages nach Berlin und Konzentration auf rechtswissenschaftliche Werke. 1871–96 leitete Heymanns Enkel Otto Löwenstein den Verlag, der sich zu einem der führenden juristischen Verlage entwickelte. Hintze, Otto (27.8.1861–25.4.1940). Historiker. 1884 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1887–1910 Mitarbeit an der von → Gustav Schmoller geleiteten Edition der „Acta Borussica“, 1895 Habilitation in Berlin, 1899 a.o., 1902 o. Professor an dem neu eingerichteten Lehrstuhl für Verfassungs-, Verwaltungs-, Wirtschaftsgeschichte und Politik ebd.; 1920 aus Krankheitsgründen aus der universitären Lehre ausgeschieden. → Gustav Schmoller plante gemeinsam mit ihm die Herausgabe der Reihe „Politiker und Nationalökonomen. Eine Sammlung biographischer System- und Charakterschilderungen“, für die Max Weber einen Beitrag zu → Rudolf von Gneist bzw. → Ferdinand Lassalle beisteuern sollte. Hirsch, Emil (12.11.1840–2.1.1918). Kaufmann. Teilhaber der Mannheimer Getreidefirma „Jacob Hirsch & Söhne“, eines der bedeutendsten Getreidehäuser Süddeutschlands; 1871–1916 Vorsitzender der Mannheimer Produktenbörse. Seine Frau Berta unterhielt in Mannheim einen Salon, in dem Künstler und Intellektuelle wie → Friedrich Naumann und Theodor Heuss
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verkehrten. Seine Tochter, Johanna Hirsch, heiratete 1897 → Gerhart von Schulze-Gaevernitz. Hirsch, Max (30.12.1832–26.6.1905). Linksliberaler Sozialpolitiker und Publizist. Gründete 1868/69 zusammen mit Franz Duncker die „Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine“, deren Justitiar er bis 1905 war; 1869–71, 1877/78, 1881–84, 1890–93 MdR für die Deutsche Fortschrittspartei bzw. Deutsche Freisinnige Partei; 1899–1905 MdprAH für die Freisinnige Volkspartei. Löste 1899 durch eine Rede im preußischen Abgeordnetenhaus eine Pressedebatte über den Charakter der Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik von 1891/92 aus, an der sich auch Max Weber beteiligte. Hirsch, Wilhelm (22.8.1861–1.10.1918). Wirtschaftsfunktionär und Politiker. 1895–97 Tätigkeit für den Centralverband Deutscher Industrieller; 1897– 1911 Geschäftsführer der Handelskammer Essen; 1911 Syndikus der Vereinigten Handelskammer für die Kreise Essen, Mühlheim und Oberhausen sowie der Vereinigung der Handelskammern des niederrheinisch-westfälischen Industriebezirks. 1901–18 MdprAH, 1916–18 MdR für die Nationalliberale Partei, deren äußersten rechten, schwerindustriellen Flügel er repräsentierte. Mit Max Weber befreundet und Mitglied der sogenannten „kleinen staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ (Max Webers Berliner informeller Donnerstagskreis). His, Rudolf (15.7.1870–22.1.1938). Jurist. 1892 Promotion zum Dr. jur. in Basel; 1892 Attaché volontaire bei der Schweizer Gesandtschaft in Paris; 1893 Studien in Leipzig und Heidelberg; 1896 Habilitation in Heidelberg, 1900 a.o. Professor ebd., 1904 o. Professor in Königsberg, 1908–37 in Münster; Arbeiten über Rechtsgeschichte, Deutsches Privatrecht und Handelsrecht. Howard, Hubert (3.4.1871–September 1898). Britischer Journalist. Kriegskorrespondent für den „New York Herald“ und die „Times“ im Mahdi-Krieg in den 1890er Jahren; 1894 Teilnahme am Spanisch-Kubanischen Krieg; 1896 Bericht über den Matabele-Krieg in Südafrika; kam 1898 während der Schlacht von Omdurman ums Leben. Ibsen, Henrik (20.3.1828–23.5.1906). Norwegischer Dichter und Dramatiker. Nach romantischen nationalbetonten Dichtungen Wendung zum Naturalismus und zu radikaler Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und der bürgerlichen Moral. Ignatius von Loyola (eigentlich: Don Íñigo López Oñaz y Loyola) (23.10.1491– 31.7.1556). Begründer des Jesuitenordens (Societas Jesu). Entstammte einer baskischen Adelsfamilie, wurde 1506–17 am spanischen Hof erzogen und wählte die Offizierslaufbahn; wandte sich nach einer Verwundung in
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Pamplona 1521 religiösen Studien zu; begann 1522 mit der schrittweisen Ausarbeitung der „Exercitia spiritualia“, einer strengen, später für den Orden maßgeblichen Lebensreglementierung; 1526/27 Studium der artes liberales an den Universitäten Alcalá und Salamanca, seit 1528 der Theologie und Philosophie in Paris und Venedig, 1535 Magister der Philosophie; 1537 Priesterweihe, danach in Rom systematischer Aufbau des Jesuitenordens (seit 1534 erste Anhänger); 1541 General des Ordens und 1548–50 Vollendung der Ordensregeln; 1622 heilig gesprochen. Ingram, John Kells (7.7.1823–1.5.1907). Irischer Nationalökonom, Wirtschaftshistoriker, Philologe und Dichter. Stark beeinflußt von Auguste Comte, kritisierte er eine isolierte und abstrakte Wirtschaftslehre und die Verabsolutierung der Ökonomie. Plädierte für deren Einbindung in eine breitere Gesellschaftswissenschaft und einen historischen Zugang. 1888 erschien seine breit rezipierte „A History of Political Economy“. Jaffé, Alfred Leopold (27.4.1859–27.5.1918). Kaufmann. Älterer Bruder von → Edgar Jaffé; entstammte wie dieser der zweiten Ehe von Isaac Joseph Jaffé mit Charlotta Rosa Jaffé, geb. Baer. Jaffé, Edgar (14.5.1866–29.4.1921). Kaufmann und Nationalökonom. 1888–98 kaufmännischer Teilhaber der von seinem Vater gegründeten Textilexportfirma in Manchester. 1898–1902 Studium der Staatswissenschaften und Philosophie in Berlin und Heidelberg; 1902 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1904 Habilitation ebd.; 1909 a.o. Professor für Geld-, Bank- und Börsenwesen ebd., 1910 hauptamtlicher Dozent an der Handelshochschule München; 1914 wissenschaftlicher Sachverständiger beim Generalgouvernement in Brüssel; November 1918 bis März 1919 bayerischer Staatsminister der Finanzen; Eigentümer und seit 1904 mit → Werner Sombart und Max Weber Herausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“. Heiratete im November 1902 → Else Jaffé, die er in seiner Berliner Studienzeit kennenlernte; ebenfalls seit 1902 Max Weber freundschaftlich und kollegial verbunden. Jaffé, Else, geb. von Richthofen (8.10.1874–22.12.1973). Nationalökonomin. Tochter des Pionieroffiziers und Geheimen Baurates → Friedrich Frhr. von Richthofen, Schwester von Frieda Weekley, geb. von Richthofen. Lehrerinnenexamen, Studium der Nationalökonomie in Freiburg i.Br., Berlin und Heidelberg, hörte bei Max Weber im WS 1897/98 und im SS 1898 Vorlesungen und studierte auf seine Empfehlung anschließend drei Semester (WS 1898/99 bis WS 1899/1900) bei → Gustav Schmoller und → Max Sering in Berlin; 1898/99 Mitarbeiterin an der von Alfred Weber betreuten Enquete des Vereins für Socialpolitik über Hausindustrie und Heimarbeit, 1901 Promotion zur Dr. phil. bei Max Weber in Heidelberg mit der Arbeit „Über die historischen Wandlungen in der Stellung der autoritären Parteien
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zur Arbeiterschutzgesetzgebung und die Motive dieser Wandlung“; 1900– 1902 als erste akademische Fabrikinspektorin Deutschlands in Karlsruhe tätig; 1902–07 enge Mitarbeiterin → Marianne Webers im Verein Frauenbildung-Frauenstudium in Heidelberg. 1902 Heirat mit → Edgar Jaffé, seit 1910 getrennt lebend; 1909 Beginn der Beziehung zu → Alfred Weber und später dessen Lebensgefährtin; 1911 Übersiedlung nach Wolfratshausen im Isartal; lebte nach dem Tod von Edgar Jaffé wieder in Heidelberg; gehörte zu den engsten Freunden Max und Marianne Webers. Jahn, Valborg (19.11.1878–29.4.1959). Tochter von Kristian Fredrik Jahn aus Trondheim (Norwegen) und → Elisabeth Jahn, geb. Wexelsen. Heiratete im Januar 1903 → Arthur Weber (Scheidung 1921); Schwägerin von Max Weber. Jaunez, Edouard (seit 1904) von (29.9.1835–26.6.1916). Fabrikant und Politiker. 1858 Direktor einer Porzellanfabrik in Tournay (Belgien), 1864 Mitbegründer der Porzellanfabrik Utzschneider & Ed. Jaunez in Saargemünd (Sarreguemines); 1873–87 Bürgermeister ebd.; 1877–90 MdR für die Protestpartei, 1879 Wahl in den Bezirkstag Lothringen und den Landesausschuß des Reichslandes Elsaß-Lothringen; 1880 Präsident des Landesausschusses; 1881 Präsident des Bezirkstages; 1895–1912 Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses für Elsaß-Lothringen; 1911 Rücktritt von allen politischen Ämtern und Rückzug aus der Politik. 1896 Mitglied des provisorischen Börsenausschusses. Jellinek, Camilla, geb. Wertheim (29.9.1860–5.10.1940). Repräsentantin der deutschen Frauenbewegung. Von 1900–33 im Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) tätig, Vorsitzende und Leiterin der Rechtsschutzkommission für Frauen in Heidelberg, 1907 Vorsitzende der Rechtskommission des BDF, seit 1915 Mitglied des Gesamtvorstandes, kämpfte schon früh gegen den § 218 StGB. Seit 1883 verheiratet mit → Georg Jellinek; das Ehepaar gehörte zum Freundeskreis von Max und → Marianne Weber. Jellinek, Georg (16.6.1851–12.1.1911). Staats- und Völkerrechtler. 1872 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1874 zum Dr. jur. in Wien, 1879 Habilitation für Rechtsphilosophie in Wien; 1883 a.o. Professor ebd., 1889 o. Professor in Basel, 1890–1911 o. Professor für Staatsrecht, Völkerrecht und Politik in Heidelberg; seinem Werk „Allgemeine Staatslehre“ (1900) verdankte Max Weber wesentliche Anregungen. Seit Mitte der 1890er Jahre freundschaftlich mit Max Weber verbunden. Johanne (?–?). Dienstmädchen von → Clara und → Ernst Mommsen in Berlin. Jolly, Anna, geb. Böhm (3.9.1849–September 1929). Seit 1874 verheiratet mit → Friedrich Jolly.
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Jolly, Emilie (Mila), geb. Hausrath (10.9.1870–25.2.1934). Tochter von → Adolf und → Henriette Hausrath, geb. Fallenstein. Seit 1893 verheiratet mit → Philipp Jolly. Cousine von Max Weber. Jolly, Friedrich (24.11.1844–4.1.1904). Psychiater. 1867 Promotion zum Dr. med. in München; 1871 Habilitation in Würzburg; 1873 a.o. Professor in Straßburg, 1875 o. Professor ebd., 1890 o. Professor und Direktor der Nervenklinik an der Charité in Berlin. Cousin von → Julius Jolly und → Philipp Jolly. Jolly, Julie, geb. Nicolai (1859–1922). Verheiratet mit Max Webers Cousin → Julius Jolly. Jolly, Julius (5.1.1856–20.2.1898). Jurist und Publizist. 1884 zweites juristisches Staatsexamen; anschließend Amtsanwalt, dann Amtsrichter; seit 1887 Staatsanwalt in verschiedenen badischen Städten, zuletzt 1893–96 in Karlsruhe. Seit 1896 Chefredakteur der Münchener „Allgemeinen Zeitung“. Sohn von Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von → Helene Weber; Bruder von → Philipp Jolly und → Elisabeth (Lieserle) Heil, geb. Jolly. Cousin von Max Weber. Jolly, Philipp (7.10.1857–19.11.1923). Badischer Verwaltungsbeamter. Oberamtmann in Heidelberg, Amtsvorstand in Alt-Breisach, Weinheim und Pforzheim, Landrat in Heidelberg; 1909–22 Stadtdirektor in Heidelberg. Sohn von Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von → Helene Weber; Bruder von → Julius Jolly und → Elisabeth (Lieserle) Heil, geb. Jolly. Verheiratet mit → Emilie (Mila) Jolly, geb. Hausrath. Cousin von Max Weber. Kaerger, Gertrud (1888–?). Älteste Tochter von → Karl Kaerger und → Marie Kaerger. Kaerger, Karl (2.10.1858–29.9.1903). Jurist und Nationalökonom. 1882 Promotion zum Dr. jur. in Straßburg, 1883/84 Eintritt in das Staatswissenschaftliche Seminar ebd.; 1885–87 Forschungsreisen nach Südamerika und Ostafrika; 1891 Privatdozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, 1892 Mitarbeit an der Auswertung der Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik; 1895–99 landwirtschaftlicher Sachverständiger bei der deutschen Gesandtschaft in Buenos Aires, 1899/1900 in Mexiko; 1900 Ernennung zum Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin; 1901 vom Auswärtigen Dienst mit der Erforschung der Zuckerproduktion in Übersee beauftragt. Arbeiten zur ländlichen Arbeiterfrage, zur Saisonarbeit („Sachsengängerei“) sowie zu Landwirtschaft und Kolonisation in Lateinamerika und Mexiko. 1894 Anklage wegen eines Sittlichkeitsdelikts, trotz eines Freispruchs in Deutschland gesellschaftlich geächtet. Gehörte zum Freundeskreis Max Webers.
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Kaerger, Marie, geb. Fuhrmann (1867–?). Verheiratet mit → Karl Kaerger. Kamm, Max (25.5.1874–16.9.1948). Nationalökonom. 1897/98 Studium in Heidelberg; danach Tätigkeit als Finanzbeamter. Schüler Max Webers, bei dem er eine Arbeit über → Calvin zu schreiben beabsichtigte, die er trotz bereits in Genf begonnener Archivrecherchen abbrach. Kanitz(-Podangen), Hans Wilhelm Alexander Graf von (17.4.1841–30.6.1913). Gutsbesitzer und Politiker. 1862 Beginn der Laufbahn als Verwaltungsjurist; 1868–77 Landrat des Kreises Sprottau (Schlesien); 1885–1913 MdprAH; 1869–71 Mitglied des (Norddeutschen) Reichstags und 1889–1913 MdR für die Deutschkonservative Partei; 1912/13 Fraktionsvorsitzender. Entschiedener Vertreter agrarischer Interessenpolitik (Schutzzöllner), brachte zwischen 1894 und 1896 mehrmals einen Antrag auf Errichtung eines Reichsgetreidehandelsmonopols ein. 1892/93 Mitglied der Börsenenquetekommission; 1896 Mitglied der IX. Kommission des Reichstags zur Vorberatung des Entwurfs eines Börsengesetzes und Mitglied des provisorischen, seit 1897 des definitiven Börsenausschusses. Kanter, Hugo (27.9.1871–1938). Nationalökonom und Jurist. Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, u.a. in Breslau bei → Werner Sombart; 1901 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; 1902 Eintritt in den Dienst der Handelskammer Braunschweig, 1905 Assistent ebd.; 1916 Geschäftsführer der Gemüsekonserven-Kriegsgesellschaft; 1924 Ernennung zum Syndikus der Handelskammer Braunschweig und zum außeretatmäßigen a.o. Professor für Privatwirtschaftslehre an der TH Braunschweig; 1933 Entlassung aus allen Ämtern und Emigration in die Schweiz; 1938 Rückkehr nach Berlin, wo er sich das Leben nahm. Zwischen 1898 und 1902 Schüler und Doktorand Max Webers, der auf Grund seiner Erkrankung die Promotion nicht zu Ende betreuen konnte. 1902 kam es nach Erscheinen der Arbeit in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ zu einer Auseinandersetzung mit einem weiteren Schüler Max Webers, → Walther Borgius, sowie dem Verleger → Paul Siebeck. Karl III. (839–13.1.888). Ostfränkischer König und Kaiser. 869 Feldzug in Mähren; 876 gemeinsam mit seinen zwei Brüdern Nachfolger Ludwig des Deutschen in Ostfranken; 880 König von Italien; 881 Krönung zum Kaiser; 885 König von Westfranken. Temporäre Wiedervereinigung des Fränkischen Reiches. Beigesetzt auf der Insel Reichenau. Kaufmann(-Asser), Richard von (29.3.1850–12.3.1908). Nationalökonom und Kunstsammler. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, Heidelberg und Berlin Dozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und an der TH Aachen; 1883 im Finanzministerium in Berlin tätig; seit 1889 an der TH Charlottenburg. War Mitte der 1890er Jahre in einen Streit mit → Gustav Schmoller verwickelt, dem er eine
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einseitige Berufungspolitik im Sinne der sog. „Kathedersozialisten“ vorwarf. Keibel, Franz (6.7.1861–27.4.1929). Anatom. 1887–89 Assistent am Anatomischen Institut der Universität Straßburg, 1889 Habilitation und Prorektor am Anatomischen Institut in Freiburg i.Br., 1892 a.o. Professor ebd., 1912 o. Honorarprofessor ebd.; 1914–18 o. Professor in Straßburg, dann in München und Königsberg. Bruder von → Sophie Rickert, geb. Keibel; Schwager von → Heinrich Rickert. Schriftführer der Freiburger Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes. Gehörte mit seiner Frau → Susanna Keibel, geb. Wehrenpfenning in Freiburg zum Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Keibel, Susanna, geb. Wehrenpfennig (11.6.1864–1919). Seit 1887 verheiratet mit → Franz Keibel. Killian, Gustav (2.6.1860–24.2.1921). Mediziner. 1884 Promotion zum Dr. med. in Freiburg i.Br.; Assistent am Krankenhaus Mannheim, 1885/86 in Frankfurt, 1887 Niederlassung als HNO-Arzt in Mannheim, 1887 Berufung nach Freiburg als Leiter der Hack’schen Poliklinik für Hals- und Nasenkrankheiten, 1888 Habilitation ebd., seit 1894 a.o. Professor in Freiburg, 1907 o. Professor ebd., 1911 Berufung zum Direktor der laryngologischen Klinik der Charité in Berlin und zum Ordinarius an der Kaiser-Wilhelms-Akademie, 1920 etatmäßiger Ordinarius (ohne Professur); führte 1897 die erste Bronchoskopie durch. Gehörte mit seiner Frau → Helene Killian zum Freiburger Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Killian, Helene, geb. Hein (1864–14.3.1956). Verheiratet mit → Gustav Killian. Kindermann, Carl (10.8.1860–21.4.1938). Jurist und Nationalökonom. 1884 Referendarexamen in Berlin, 1885 Promotion zum Dr. jur. ebd., 1885–88 praktische Gerichtstätigkeit, 1889 Promotion zum Dr. phil. in Nationalökonomie in Heidelberg; 1889–93 Privatgelehrter, Reisen u.a. nach Nordamerika; 1894 Habilitation in Heidelberg; 1899 a.o. Professor ebd., 1906–30 o. Professor für Volkswirtschaftslehre an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und an der TH Stuttgart. Max Weber gutachtete 1899 über ihn als potentiellen Nachfolger → Heinrich Herkners in Karlsruhe; die Ernennung zum a.o. Professor in Heidelberg erfolgte auf Max Webers Antrag. Klee, Alfred (25.1.1875–10.11.1943). Jurist und zionistischer Politiker. 1894– 1902 Studium zunächst der Naturwissenschaften, dann der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, Heidelberg, München und Bonn; 1901 erste juristische Staatsprüfung, 1902 Ernennung zum Referendar; zunächst in Charlottenburg beim Amtsgericht tätig, später Rechtsanwalt in Berlin.
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Seit 1899 führendes Mitglied der zionistischen Bewegung in Deutschland. 1938 Emigration in die Niederlande, 1943 Deportation und Tod im Durchgangslager Westerbork. Schüler und Doktorand Max Webers in Heidelberg; er hörte bei ihm im WS 1897/98 die Vorlesungen Praktische Nationalökonomie und Agrarpolitik und nahm an seinem Volkswirtschaftlichem Seminar teil. Max Weber betraute ihn mit der Auswertung eines Teils der Fragebögen zur Lage der Landarbeiter, die im Zusammenhang mit der Enquete des Evangelisch-sozialen Kongresses 1892/93 erhoben worden waren. K. promovierte 1902 darüber, im gleichen Jahr erschien die vollständige Arbeit als drittes Heft in der von Max Weber herausgegebenen Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“. Klinger, Max (18.2.1857–4.7.1920). Maler, Graphiker und Bildhauer. 1875–86 und 1889–93 Studienaufenthalt im Ausland, 1894 Mitglied der Akademie der Künste in Leipzig, 1897 Verleihung des Professorentitels durch den sächsischen König; 1903 Vizepräsident des Deutschen Künstlerbundes; galt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen bildenden Kunst vor 1914. Max und → Marianne Weber besaßen bis 1906 eine umfangreiche Sammlung seiner Radierungen. Klinkerfues, Ernst Friedrich Wilhelm (29.3.1827–28.1.1884). Astronom. 1851 Assistent von Carl Friedrich Gauß bei der Sternwarte in Göttingen; 1855 Promotion zum Dr. rer. nat. ebd., 1861 Habilitation und Ernennung zum Observator der Sternwarte; 1863 a.o. Professor ebd. Entdeckte mehrere Kometen. 1871 erschien sein Hauptwerk „Theoretische Astronomie“. Beschäftigte sich auch mit der atmosphärischen Feuchtigkeit und entwikkelte einen Hygrometer zur Wettervorhersage. Kluge, Friedrich (21.6.1856–21.5.1926). Philologe und Germanist. 1878 Promotion zum Dr. phil. in Straßburg, 1880 Staatsexamen und seit 1880 Privatdozent für Deutsch und Englisch ebd., 1884 a.o., 1886 o. Professor in Jena, 1893–1921 o. Professor für Deutsche Sprache und Literatur in Freiburg i.Br.; 1883 Veröffentlichung des „Etymologischen Wörterbuches der deutschen Sprache“. 1896, zur Zeit der Lehrstuhlnachfolge → Alois Riehls und der Bildung der neuen Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg. Klüpfel, Richard (22.7.1848–23.12.1917). Mediziner. 1871 Promotion zum Dr. med. in Tübingen; Ausbildung am Katharinenhospital in Stuttgart und in der Heilanstalt für Nerven- und Gemütskranke Kennenburg bei Esslingen; 1874/75 Orts- und Hofarzt beim Fürsten Hohenlohe-Waldenburg in Kupferzell, 1875 Oberamtswundarzt in Urach. Eröffnete 1883 in Urach ein Privatsanatorium für „Nervenleidende und Erholungsbedürftige“, das er bis zu seinem Tod führte. Während Max Webers dortigem Aufenthalt vom 1.7.−17.11.1900 sein behandelnder Arzt.
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Klüpfel, Sophie, geb. Renz (20.9.1857–27.9.1928). Verheiratet mit → Richard Klüpfel. Knapp, Georg Friedrich (7.3.1842−20.2.1926). Nationalökonom, Statistiker und Agrarhistoriker. 1865 Promotion zum Dr. phil. bei Johann Helferich in Göttingen; 1867 Direktor des Statistischen Bureaus der Stadt Leipzig; daneben seit 1869 a.o. Professor für Statistik an der Universität Leipzig; 1874−1918 o. Professor für Nationalökonomie und Statistik in Straßburg. Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik. Vertreter der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie. Aufgrund seines Werkes über die Bauernbefreiung (1887) galt er als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der preußischen Agrarentwicklung. Seit Beginn der 1890er Jahre mit Max Weber bekannt; 1896 war er, statt Max Weber, zunächst als Nachfolger von → Karl Knies in Heidelberg vorgesehen. Knapp, Lydia, geb. von Karganow (1849–1925). Ehefrau → Georg Friedrich Knapps; ehemalige russische Studentin Knapps aus Tiflis. Knies, Karl (29.3.1821−3.8.1898). Nationalökonom. Studium der Geschichte und Staatswissenschaften in Marburg, 1846 Promotion zum Dr. phil. und Habilitation ebd.; 1849 Dozent an der Höheren Gewerbeschule in Kassel, 1852 Lehrer an der Kantonsschule in Schaffhausen, 1855 o. Professor für Kameralwissenschaften in Freiburg i.Br., 1865−96 in Heidelberg; zusammen mit Wilhelm Roscher und Bruno Hildebrand Begründer der älteren Historischen Schule der Nationalökonomie; 1861 Abgeordneter der Zweiten Badischen Kammer, 1882 Vizepräsident der Ersten Badischen Kammer. Begründete 1870/71 zusammen mit → Johann Caspar Bluntschli das Staatswissenschaftliche Seminar in Heidelberg; 1897 übernahm Max Weber seinen Lehrstuhl. Knittel, Richard (28.9.1867−24.9.1948). Verleger. Eigentümer der G. Braun’schen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe. Vorsitzender des Landesausschusses der Nationalsozialen Badens. Förderer des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium; mit → Marianne Weber befreundet. Ab 1903 verlegte er die „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, die bis dahin im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen erschienen waren. Koch, Georg (21.3.1875–?). Nationalökonom. Studium der Nationalökonomie in Berlin und Freiburg i.Br., 1900 Promotion zum Dr. rer. pol. ebd., Schüler von → Carl Johannes Fuchs, veröffentlichte 1900 seine Doktorarbeit „Die gesetzlich geschlossenen Hofgüter des badischen Schwarzwalds“ in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“.
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Koser, Reinhold (7.2.1852–25.8.1914). Historiker. 1874 Promotion zum Dr. phil., im gleichen Jahr Berufung als Hilfsarbeiter bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, 1880 Privatdozent, 1882–84 Geheimer Staatsarchivar, 1884 a.o. Professor am neugeschaffenen Lehrstuhl für neuere allgemeine und brandenburgisch-preußische Geschichte in Berlin, 1891 o. Professor in Bonn, 1896 Direktor, seit 1899 Generaldirektor der preußischen Staatsarchive, zugleich Direktor des Preußischen Geheimen Staatsarchivs in Berlin als Nachfolger Heinrich von Sybels; seit 1886 Mitglied der Kommission für die Herausgabe der „Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg“, seit 1896 zusammen mit → Gustav Schmoller in der Kommission für die Herausgabe der „Acta Borussica“, 1898 Ernennung zum Historiographen des preußischen Staates als Nachfolger Heinrich von Treitschkes, 1905–14 Vorsitzender der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica. Kostanecki, Anton von (9.1.1866–4.1.1941). Polnischer Nationalökonom. 1889 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin. Nach praktischen Tätigkeiten, u.a. bei der Internationalen Bank in Berlin, 1901–10 Universitätsprofessor für Ökonomie in Fribourg, 1910–14 Professor für Sozialwirtschaft, Soziologie und Statistik am Polytechnicum in Lemberg, 1914–19 Professor für Wirtschaftswissenschaften in Krakau, von dort zum Wiederaufbau der Universität Warschau abgeordnet, wo er von 1917–19 als Rektor und seit 1919 als Professor für Rechtswissenschaften und Politische Wissenschaften tätig war. Er beabsichtigte 1899, sich an der Universität Heidelberg bei Max Weber zu habilitieren, die Habilitation kam aber nicht zustande Kraus, Franz Xaver (18.9.1840–28.12.1901). Theologe. 1862 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg i.Br.; 1865 zum Dr. theol. ebd.; 1872 a.o. Professor für Christliche Archäologie in Straßburg, 1878 o. Professor für Kirchengeschichte in Freiburg. Begründer der Christlichen Archäologie in Deutschland. Als exzellenter Kenner des Vatikans in den 1890er Jahren auch als kirchenpolitischer Publizist tätig. Vertreter des Reformkatholizismus. Kries, Johannes von (6.10.1853–30.12.1928). Physiologe. 1876 Promotion zum Dr. med. in Leipzig; 1876/77 am Physikalischen Institut bei Hermann von Helmholtz in Berlin; 1878 Habilitation für Physiologie in Leipzig, 1880 a.o. Professor in Freiburg i.Br., 1883–1924 o. Professor ebd. Neben Arbeiten zur Physiologie auch Studien zur Logik, die von Weber sehr geschätzt wurden. Kußmaul, Adolf (22.2.1822–28.5.1902). Mediziner. Studium der Medizin in Heidelberg. Ende der 1840er Jahre Militärarzt, 1850–53 praktischer Landarzt; 1855 Promotion in Würzburg, kurz darauf Habilitation in Heidelberg; 1859 in Erlangen, 1863 in Freiburg, 1876 in Straßburg Internist. Veröffent-
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lichte u.a. „Die Störungen der Sprache“ (1877). Lebte nach seiner Emeritierung 1888 in Heidelberg, wo er Max Weber medizinisch betreute. Lamprecht, Karl (25.2.1856–10.5.1915). Historiker und Geschichtsphilosoph. 1878 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1880 Habilitation in Bonn; 1885 a.o. Professor ebd., 1890 o. Professor für Mittelalterliche und Neuere Geschichte in Marburg, 1891–1915 in Leipzig; 1881 Mitbegründer der „Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde“, der ersten deutschen landesgeschichtlichen historischen Kommission; die ersten Bände seiner „Deutschen Geschichte“ (12 Bände, 1891–1901) lösten in der Geschichtswissenschaft einen erbitterten Methodenstreit (den sog. „Lamprecht-Streit“) aus. Landsberg, Georg (30.1.1865–14.9.1912). Mathematiker. 1890 Promotion zum Dr. phil. in Breslau, 1893 Habilitation in Heidelberg; 1897 a.o. Professor ebd., 1904/05 in Breslau, 1906/07 in Kiel, 1911 o. Professor für Mathematik ebd. Gehörte zum Heidelberger Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Lang, Otto (15.7.1863–23.3.1936). Schweizer Jurist und sozialdemokratischer Politiker. 1888 Bezirksanwalt in Zürich; 1893 Rechtsanwalt ebd.; 1896–1900 Bezirksrichter ebd.; 1900 Wahl ins Obergericht, 1910 Vizepräsident des Obergerichts, 1914 Obergerichtspräsident; 1916–19 sozialdemokratischer Stadtrat der Stadt Zürich; 1920 Rückkehr ans Obergericht. Mitbegründer der Schweizer Sozialdemokratie; befreundet mit → Werner Sombart. Lasker, Eduard (14.10.1829–5.1.1884). Jurist und liberaler Politiker. 1865–79 MdprAH; 1867–71 Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1871–84 MdR; bis 1866 Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei, 1866/67 Mitbegründer der Nationalliberalen Partei, dort Führer des linken Flügels und innerparteilicher Opponent → Bennigsens; maßgeblich beteiligt an der inneren Ausgestaltung des Reichs; schied nach Bismarcks Übergang zum Schutzzollsystem 1880 aus der Fraktion aus und trat der Liberalen Vereinigung („Sezession“) bei. Lassalle, Ferdinand (11.4.1825−31.8.1864). Philosoph, Politiker, Mitbegründer der deutschen Arbeiterbewegung. 1843−46 Studium der Philologie, Geschichte und Philosophie; daneben Studien zur Rechtswissenschaft. Lernte 1845 während einer Studienreise nach Paris anarchistisches Gedankengut kennen; durch seine Prozeßvertretung der Sophie Gräfin von Hatzfeldt wurde er in Deutschland bekannt; 1848 Teilnahme an der Revolution als radikaler Demokrat; 1849 Mitarbeiter von Karl Marx und Friedrich Engels bei der „Neuen Rheinischen Zeitung“; 1861 erschien sein politisches Hauptwerk „Das System der erworbenen Rechte“ als Auseinandersetzung mit Hegels Rechtsphilosophie; auf Bitten des Leipziger Arbeiterkomitees
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schrieb er sein politisches Programm für einen allgemeinen deutschen Arbeiterkongreß, auf dessen Grundlage 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet wurde, dessen erster Präsident er war. Lehnte die Gründung von Gewerkschaften ab, da er von einem „ehernen Lohngesetz“ ausging, und verfocht statt dessen die Gründung von Produktivassoziationen mit Staatshilfe; Befürworter eines preußisch-deutschen Nationalstaates. → Gustav Schmoller sah Max Weber 1898 als Verfasser seiner Biographie vor. Lautenschlager, Karl (15.5.1868–6.12.1952). Politiker. Nach dem Studium der Staats- und Rechtswissenschaften in Tübingen und Leipzig Eintritt in die Stadtverwaltung Stuttgart; 1911, 1921 und 1931 zum Oberbürgermeister von Stuttgart gewählt. Sollte im Oktober 1897 im von Max Weber mitveranstalteten sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe zum Thema „Kommunalpolitik“ referieren. Leckert, Heinrich (Pseudonym: Lar(s)sen) (1876–?). Journalist und Schriftsteller. 1896 Tätigkeit für die „Tägliche Rundschau“ und die „Welt am Montag“; daneben Polizeiagent; war 1896 in die Presseaffäre zum deutsch-russischen Verhältnis und zu einer angeblich von England beeinflußten „Nebenregierung“ in Preußen involviert und wurde daraufhin in einem Beleidigungsprozeß zusammen mit → Karl von Lützow zu 18 Monaten Haft verurteilt. Lenz, Max (13.6.1850–6.4.1932). Historiker. 1874 Promotion zum Dr. phil.; 1875 Eintritt als Hilfsarbeiter in das Geheime Staatsarchiv Marburg; 1876 Habilitation für Mittlere und Neuere Geschichte; 1881 a.o., 1885 o. Professor in Marburg, 1890–1914 o. Professor für Neuere Geschichte in Berlin, 1914–1922 o. Professor am Kolonialinstitut in Hamburg, an dessen Ausbau zur Universität er mitwirkte. Seit 1896 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Leonhardt, Otto Ludwig (7.10.1839–9.1.1902). Theologe. 1887 Pfarrer in Berlin, 1892 Superintendent der Diözese Berlin II, 1894 Konsistorialrat und im Nebenamt Mitglied des Kgl. Konsistoriums der Kirchenprovinz Brandenburg. Einer seiner drei Söhne aus erster Ehe (ob Johannes, geb. 12.5.1872, oder Otto, geb. 16.9.1873, oder Walther, geb. 30.11.1876, konnte nicht ermittelt werden) war Regimentskamerad von → Arthur Weber und beging 1898 wegen hoher Verschuldung Selbstmord; zuvor hatte Arthur Weber für ihn eine Bürgschaft übernommen bzw. einen Schuldschein in Höhe von 2700 Mark unterzeichnet. Leser, Emanuel (26.9.1849–20.5.1914). Nationalökonom. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1873 Habilitation in Heidelberg; 1881–1914 a.o. Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaften in Heidelberg.
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Fachkollege Max Webers und Lehrer am dortigen Volkswirtschaftlichen Seminar ebd. Leser (?–?). Handlungsreisender. 1899–1900 Verlobter von → Bertha Schandau. Bruder der Schneiderin Marie Leser, einer Freundin von Bertha Schandau in Heidelberg. Lexis, Wilhelm (17.7.1837–24.8.1914). Nationalökonom. 1859 Promotion zum Dr. phil. in mathematischer Physik in Bonn; 1872 a.o. Professor für Volkswirtschaftslehre in Straßburg, 1874 o. Professor für Geographie, Ethnographie und Statistik in Dorpat, 1876 o. Professor der Nationalökonomie in Freiburg i.Br., 1884 in Breslau und 1887–1914 in Göttingen; Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften“ und ab 1891 der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“. 1892/93 Sachverständiger der Börsenenquetekommission (Geld- und Bankwesen); 1896 zusammen mit Max Weber Mitglied des provisorischen Börsenausschusses. Lieber, Ernst (16.11.1838–31.3.1902). Jurist und Politiker. 1870–1902 MdprAH; 1871–1902 MdR; nach Ludwig Windthorsts Tod 1891 Führer des Zentrums. Liefmann, Robert (4.2.1874–20.3.1941). Nationalökonom. 1897 Promotion zum Dr. phil. bei Max Weber in Freiburg i.Br.; 1900 Habilitation in Gießen bei Magnus Biermer; 1904 Umhabilitation nach Freiburg, zunächst Privatdozent, dann a.o. Professor für Nationalökonomie ebd., 1914–33 o. Honorarprofessor ebd.; 1940 Deportation nach Frankreich; 1941 Tod im Sammellager Gurs (Pyrenäen). Führender deutscher Kartelltheoretiker seiner Zeit, 1895 von Max Weber zu diesem Thema angeregt. 1898/99 Mitarbeiter an der Heimarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik, wo er die Hausweberei im Elsaß behandelte. Lorenz, Max (1871–?). Publizist und Schriftsteller. Zunächst Mitarbeiter mehrerer sozialdemokratischer Zeitungen, zuletzt in Leipzig; wechselte im Herbst 1896 von der Sozialdemokratie in den Nationalsozialen Verein, dessen Gründungsmitglied er war. Journalistisch und agitatorisch für → Friedrich Naumann tätig; 1898 Kandidatur für den Reichstag; als fanatischer Gegner der Sozialdemokratie war er im Nationalsozialen Verein umstritten; 1899 Austritt, nachdem der Verein 1898 kein Reichstagsmandat hatte erringen können. Veröffentlichte 1900 „Die Literatur am Jahrhundert-Ende“ sowie 1906 „Das Deutschland der Gegenwart“. Losch, Hermann (16.1.1863–10.12.1935). Statistiker und Theologe. 1885 erste, 1888 zweite theologische Staatsprüfung; nach kurzem Vikariat Studium der Nationalökonomie und Statistik in Berlin bei → Gustav Schmoller, → Adolph Wagner und Richard Böckh. 1887 Promotion zum Dr. phil., Dozentur für Volkswirtschaftslehre an der TH Stuttgart, 1893 Habilitation
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ebd.; Eintritt in den Dienst des Württembergischen Statistischen Landesamtes. Seit 1890 Mitglied des Vereins für Socialpolitik, 1892 Mitarbeit an der Auswertung der Landarbeiterenquete; leistete mit seiner Gemeindeund Bezirksstatistik für Württemberg (1895) Pionierarbeit auf dem Gebiet der Landesstatistik; Teilnehmer an den von Max Weber mitveranstalteten sozialwissenschaftlichen Kursen vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe. Lotz, Walther (21.3.1865–13.12.1941). Nationalökonom. 1887 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Lujo Brentano in Straßburg; 1888/89 im Bankfach tätig; 1890 Habilitation bei Brentano und Privatdozent in Leipzig; 1891 Honorar-, 1892 a.o., 1897–1935 o. Professor für Finanzwissenschaft, Statistik und Nationalökonomie in München. Zusammen mit Brentano Herausgeber der „Münchener Volkswirtschaftlichen Studien“. Zahlreiche Arbeiten zum Finanz-, Geld- und Bankwesen. Seit der Studienzeit mit Max Weber befreundet, 1889 einer der Opponenten bei Webers Dokotordisputation. 1897 von Brentano als Nachfolger Max Webers in Freiburg favorisiert. Lucian von Samosata (120–180 n. Chr.). Griechischsprachiger Autor der Antike. Satiriker, verfaßte u.a. die „Göttergespräche“. Luise von Baden, geb. Prinzessin von Preußen (3.12.1838–23.4.1923). Großherzogin. Tochter Kaiser Wilhelms I.; heiratete 1856 → Friedrich I., Großherzog von Baden. Lüroth, Jacob (18.2.1844–14.9.1910). Mathematiker. 1865 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; 1867 Habilitation ebd.; 1868 Wechsel an die TH Karlsruhe, 1869 o. Professor der Mathematik ebd., 1880 an der TH München, 1883–1910 in Freiburg i.Br. Sein Hauptarbeitsgebiet war die algebraische Geometrie. Lützow, Karl von (1856–1933). Offizier. Seit 1888 als Halbinvalide außer Dienst und Journalist; daneben Polizeiagent; 1896 für die „Welt am Montag“ tätig und wegen Artikeln zum deutsch-russischen Verhältnis und einer angeblich von England beeinflußten „Nebenregierung“ in Preußen zusammen mit → Heinrich Leckert angeklagt und verurteilt. Macaulay, Thomas Babington (seit 1855) Baron Macaulay of Rothley (25.10.1800–28.12.1859). Britischer Historiker, Dichter und Politiker. Nach dem Studium in Cambridge und London 1826 Rechtsanwalt in London; 1830 Wahl ins Unterhaus; 1834–38 Verwaltungstätigkeit in Indien, 1839–41 Kriegsminister. Seine „History of England from the accession of James the Second“ (5 Bände, 1849–61) wurde in zehn Sprachen übersetzt und mit der Geschichtsschreibung Leopold von Rankes verglichen.
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Manz, C. (?–?). Mitarbeiter und Stellvertreter → Paul Siebecks im Verlag H. Laupp; ursprünglich Buchhändler in Dresden und Leipzig. Ansprechpartner Max Webers im Verlag H. Laupp. Marggraff, Carl Arnold (17.5.1834–5.6.1915). Apotheker und Stadtrat. 1858 Staatsexamen als Apotheker. 1867 Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung, 1872 Stadtrat; 1877 Vorsitzender der Kanalisationsdeputation; 1911 Geheimer Regierungsrat und Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Berlin. Gehörte zum Berliner Bekanntenkreis von → Maximilian (Max) Weber sen. Margolin, Salmann; Tl.: Mogilëv bzw. Magilëu˘ (?–?). Russischer Nationalökonom. 1903 Promotion zum Dr. phil. in Bern. Maria Christina, Erzherzogin von Österreich (21.7.1858–6.2.1929). Regentin von Spanien. 1879 zweite Frau von König Alfons XII.; übernahm nach dessen Tod 1885–1902 für ihren Sohn Alfons XIII. bis zu dessen Großjährigkeit die Regentschaft. Martini, Alessandro (?–?). Betrieb mit seiner Frau Carlotta Martini eine Pension in Rom, in der Max und → Marianne Weber mehrfach wohnten. Matheson, James (seit 1851) Sir James Nicolas Sutherland 1st Baronet (17.10.1796–31.12.1878). Kaufmann und Großgrundbesitzer. Durch Handel in Indien und China reich geworden; um 1843 Rückkehr nach Schottland, 1844 Kauf der Insel Lewis, die Max Weber auf seiner Schottlandreise 1895 besuchte. Matheson, Lady Mary Jane, geb. Perceval (9.11.1821–19.3.1896). Seit 1843 verheiratet mit → James Matheson. Mattenklott (?–?). Verwalter des Sanatoriums „Konstanzer Hof“ während Max Webers dortigem Aufenthalt im Sommer 1898. McKinley, William (29.1.1843–14.9.1901). 25. Präsident der USA (4.3.1897– 14.9.1901). Meinecke, Friedrich (30.10.1862–6.2.1954). Historiker. 1886 Promotion zum Dr. phil. in Berlin; 1892–1901 Archivar im Geheimen Staatsarchiv Berlin; 1896 Habilitation an der Universität Berlin; 1901 o. Professor für Neuere Geschichte in Straßburg, 1906 in Freiburg i.Br. und 1914–28 in Berlin; 1894–1935 Herausgeber der „Historischen Zeitschrift“; einer der einflußreichsten Historiker seiner Zeit; Arbeiten vornehmlich zur Ideengeschichte der Neuzeit. Er wollte Max Weber 1896 für die Monographie „Deutsche Agrargeschichte“ im Rahmen der von ihm herausgegebenen „Historischen Bibliothek“ gewinnen.
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Meissner, Bruno (25.4.1868–13.3.1947). Assyriologe. 1894 Habilitation in Halle, 1904 a.o., 1911 o. Professor für Assyriologie in Breslau, seit 1921 in Berlin. Im Mittelpunkt seiner Forschungen stand die babylonisch-assyrische Kultur- und Rechtsgeschichte. Meitzen, August (16.12.1822–19.1.1910). Jurist, Nationalökonom, Statistiker und Agrarhistoriker. 1846 Promotion zum Dr. jur. in Breslau, 1848 Promotion zum Dr. phil. ebd.; ab 1846 im preußischen Justizdienst tätig, 1853–56 Bürgermeister in Hirschberg (Schlesien), 1856 Kommissar bei der Generalkommission zu Breslau für gutsherrlich-bäuerliche Auseinandersetzungen, 1861 Regulierungskommissar bei der Einführung des preußischen Grundsteuergesetzes; 1868–1908 Herausgeber des agrarstatistischen Standardwerks „Der Boden und die landwirthschaftlichen Verhältnisse des Preußischen Staates“ im Auftrag des Landwirtschafts- und des Finanzministeriums; 1868 Mitglied des Preußischen Statistischen Bureaus; 1872–82 Mitglied im Statistischen Amt des Deutschen Reiches; 1875 zugleich a.o. Professor für Staatswissenschaften in Berlin; 1892 o. Honorarprofessor ebd. Akademischer Lehrer Max Webers, dessen Habilitationsschrift über die „Römische Agrargeschichte“ (1891) er betreute und die ihm Max Weber widmete; beeinflußte nachhaltig Max Webers agrarhistorische Studien. Mendelssohn Bartholdy, Ernst (seit 1896) von (13.12.1846–25.12.1909). Kaufmann in Berlin. Seit 1869 Teilhaber des Bankhauses Mendelssohn & Co.; 1887–94 Ältester der Kaufmannschaft von Berlin; 1902 MdprHH; 1892/93 Mitglied der Börsenenquetekommission, 1896 des provisorischen, 1897–1908 des definitiven Börsenausschusses. Menger (von Wolfensgrün), Anton (12.9.1841–6.2.1906). Österreichischer Jurist, Ökonom und Sozialpolitiker. 1865 Promotion zum Dr. jur. in Wien; Tätigkeit als Anwalt, 1872 Privatdozent, 1874 a.o., 1877–99 o. Professor für österreichisches Zivilprozeßrecht an der Universität Wien; 1880/81 und 1887/88 Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, 1895/96 Rektor der Universität Wien. Menzel, Carl (1843–1905). Former. Mitarbeiter in der Werkstatt des Berliner Bildhauers → Reinhold Begas. Miaskowski, August von (26.1.1838–22.11.1899). Nationalökonom, Agrarpolitiker und Jurist. 1874–81 o. Professor für Nationalökonomie und Statistik in Basel (mit einer kurzen Unterbrechung 1876/77 an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Hohenheim), 1881 in Breslau, 1889 in Wien; in den 1880er Jahren Mitglied des preußischen Landesökonomiekollegiums und des Deutschen Landwirtschaftsrates; 1891–97 o. Professor in Leipzig als Nachfolger → Lujo Brentanos, während dieser Zeit auch Herausgeber der „Staats- und sozialwissenschaftlichen Beiträge“; Verfasser grundlegender Untersuchungen über das Erbrecht auf dem Land und Befürworter der
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Wiederbelebung des Anerbenrechts bei Bauerngütern; Mitglied des Vereins für Socialpolitik. Michelmann, Emil (20.2.1875–15.12.1945). Nationalökonom. 1890–93 Banklehre und Besuch der Handelsschule in Göttingen, Tätigkeit im Bankfach; Studium in Göttingen und 1901/02 in Heidelberg, wo er 1902 von → Karl Rathgen im Fach Politische Ökonomie mit einer Arbeit über die Kartellbestrebungen der deutschen Zuckerindustrie promoviert wurde. Max Weber war Zweitgutachter. 1911–16 Vorstandsmitglied der Firma Benz Mannheim; 1917 Wirtschaftsvertreter der Badischen Regierung in Berlin. Miquel, Johannes (seit 1897) von (19.2.1828–8.9.1901). Jurist und nationalliberaler Politiker. 1849 Anwalt in Göttingen; 1850–57 Anhänger von Karl Marx, mit dem er in brieflichem Kontakt stand; 1859 Mitbegründer und Ausschußmitglied des Deutschen Nationalvereins; seit 1867 Mitglied der Nationalliberalen Partei; 1867–82 MdprAH, 1867–71 Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1871–77 und 1887–90 MdR; seit 1882 MdprHH; 1865–69 und 1876–80 Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister von Osnabrück, 1880–90 Oberbürgermeister von Frankfurt a.M.; 1890–1901 preußischer Finanzminister und seit 1897 stellvertretender preußischer Ministerpräsident. Führte zu Beginn der 1890er Jahre eine grundlegende Neuordnung des preußischen Steuerwesens durch, deren Kernstücke die Einkommensteuer- und Kommunalsteuerreform waren; 1901 wegen Differenzen mit dem Reichskanzler Bernhard von Bülow über den Bau des Mittellandkanals zurückgetreten. Die Nationalliberalen näherten sich unter seiner Führung den Konservativen an; gilt als Exponent der gegen die Sozialdemokratie gerichteten konservativ-liberalen „Sammlungspolitik“ der 1890er Jahre. 1899 publizistische Kontroverse mit Max Weber über die Bedeutung der 1891/92 vom Verein für Socialpolitik durchgeführten Erhebung über die Lage der Landarbeiter. Möller, Hertha, geb. Weber (20.2.1853–20.4.1934). Tochter von → Carl David Weber; Cousine von Max Weber und Tante von → Marianne Weber. Verheiratet mit → Karl Möller. Möller, Karl (1.5.1837–27.9.1918). Fabrikant. Studium der Naturwissenschaften und der Bergbautechnik, Promotion zum Dr. phil.; gründete 1862 zusammen mit seinem Bruder Theodor die Maschinenfabrik K. & Th. Möller in Kupferhammer (Brackwede bei Bielefeld), seit 1878 zusammen mit seinem Bruder Inhaber einer Lederfabrik ebd. Verheiratet mit → Hertha Möller, geb. Weber. Molling, Josef (7.8.1877–?). Nationalökonom, Finanzfachmann und Bankier. Entstammte einer Bankiersfamilie aus Hannover; Schüler Max Webers; hörte vom SS 1897 bis zum SS 1898 bei Max Weber und wollte anschließend mit einer Arbeit über den Hamburger Getreidehandel in geschicht-
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licher und aktueller Perspektive promovieren, hat aber die Doktorarbeit 1902 aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen. Mommsen, Clara, geb. Weber (5.9.1875–14.1.1953). Heiratete im Januar 1896 → Ernst Mommsen; Schwester von Max Weber. Mommsen, Ernst (8.7.1863–14.3.1930). Mediziner. 1890 Promotion zum Dr. med. in Berlin, praktischer Arzt und Sanitätsrat ebd. Sohn von → Theodor Mommsen; seit 1896 verheiratet mit → Clara Mommsen, einer Schwester von Max Weber. Mommsen, Hans (13.7.1873–23.1.1941). Ingenieur und Gasanstaltsdirektor. Sohn von → Theodor Mommsen. Mommsen, Helene (13.8.1898–13.5.1980). Tochter von → Ernst und → Clara Mommsen, geb. Weber. Mommsen, Karl (19.4.1861–28.7.1922). Jurist, Bankdirektor und Politiker. 1890 Gerichtsassessor, 1891 Syndikus der Englischen Gasanstalt in Berlin, 1894 der Firma Siemens & Halske ebd., 1897 Direktor der Mitteldeutschen Creditbank ebd. Seit 1894 Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung; 1903–12 MdR für die Freisinnige Vereinigung; 1912–18 MdprAH. Sohn von → Theodor Mommsen; mit Max Weber befreundet und 1889 einer der Opponenten bei dessen Disputation. Mommsen, Konrad (10.5.1871–4.11.1946). Vizeadmiral. 1891 Eintritt in die Kaiserliche Marine, 1914–18 Kriegseinsatz, ab 1918 im Reichsmarineamt, 1924 Vizeadmiral, 1924–27 Oberbefehlshaber der Seestreitkräfte; dann aus dem aktiven Dienst ausgeschieden. Sohn von → Theodor Mommsen. Mommsen, Konrad (jun.) (8.10.1896–18.2.1973). Kaufmann und Journalist. Sohn von → Clara und → Ernst Mommsen; Patenkind von Max Weber. Mommsen, Oswald (12.7.1865–11.11.1907). Gärtner und Blumenhändler. Sohn von → Theodor Mommsen. Mommsen, Theodor (30.11.1817–1.11.1903). Jurist, Historiker und Epigraphiker. 1843 Promotion zum Dr. jur. in Kiel; 1844–47 Studien in Frankreich und Italien; 1848 a.o. Professor für Römisches Recht in Leipzig, 1851 wegen seiner Teilnahme an der demokratischen Bewegung entlassen; 1852 o. Professor für Römisches Recht in Zürich, 1854 in Breslau, 1858 an die Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin berufen, 1861 o. Professor für Römische Altertumskunde in Berlin. 1863–66 MdprAH für die Deutsche Fortschrittspartei; 1873–79 für die Nationalliberale Partei und 1881–84 MdR für die Liberale Vereinigung. 1902 Nobelpreis für Literatur in Würdigung seiner „Römischen Geschichte“ (Bände 1–3, 1854–56,
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Band 5, 1885), außerdem Verfasser großer systematischer Gesamtdarstellungen des römischen Staatsrechts (3 Bände, 1871–1888) und des römischen Strafrechts (1899). Verkehrte im Elternhaus Webers; sein Sohn → Karl Mommsen war mit Max Weber befreundet, sein Sohn → Ernst Mommsen heiratete 1896 Max Webers Schwester → Clara. Bei der Doktordisputation Max Webers 1889 kritisierte Mommsen Webers Thesen zur römischen Agrargeschichte, bezeichnete ihn jedoch gleichzeitig öffentlich als seinen intellektuellen Nachfolger. Mommsen, Wolfgang (23.3.1857–2.2.1930). Kaufmann. Sohn von → Theodor Mommsen. Motzkin (auch: Mozkin), Leo; Tl.: Mockin, Leo (6.12.1867–7.11.1933). Ukrainisch-russischer Mathematiker und zionistischer Politiker. Studium der Mathematik in Berlin; 1887 Eintritt in die zionistische Bewegung und dort an führender Stelle tätig; gab 1909/10 im Auftrag des zionistischen Hilfsfonds in London die Bände „Die Judenpogrome in Rußland“ heraus. Vorsitzender des Kopenhagener Büros der Zionistischen Weltorganisation; 1915 Übersiedlung nach Amerika; 1925–33 Präsident der Zionistischen Weltorganisation. Wandte sich 1902 wegen seiner Arbeiten über russische Juden an Max Weber. Mühlbrecht, Otto (28.2.1838–26.7.1906). Verleger und Autor. Gründete 1868 die Verlagsbuchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft Puttkammer & Mühlbrecht in Berlin, wo u.a. die vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebene „Statistik des Deutschen Reichs“ erschien; 1868/69 Begründer der „Allgemeinen Bibliographie der Staats- und Rechtswissenschaften“; Autor zahlreicher Artikel für die Allgemeine Deutschen Biographie (ADB). Wegen seiner bibliographischen Leistungen sondierte er über → Paul Siebeck bei Max Weber die Möglichkeit, an der 1896 begründeten Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät in Freiburg i.Br. den Ehrendoktortitel verliehen zu bekommen. Mühlenbruch, Johann(es) H. (1.8.1855–1932). Maler. Seit 1879 in Berlin tätig, wo er 1886 die Kuppelfresken in der Berliner Dreifaltigkeitskirche und bis 1895 Wandgemälde im Berliner Rathaus anfertigte. Mülberger, Friedrich (auch: Friederich) (?–?). Mediziner. 1886 Promotion zum Dr. med. in Würzburg mit der Dissertation „Über die Bedeutung der Irrenanstalten zur Verhütung des Selbstmordes der Geisteskranken“; zweiter Oberarzt am „Konstanzer Hof. Heilanstalt für Nervenkranke“; Max Webers Arzt während seines dortigen Kuraufenthalts von Juli bis Okt. 1898. Müller, Alwine (Wina), geb. Weber (10.10.1855–17.7.1936). Tochter von → Carl David Weber, Schwester von → Eleonore (Nora) Müller, verheiratet mit → Bruno Müller, Mutter von → Georg, Richard, → Wolfgang, Roland, Mari-
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anne und Berthold Müller; lebte in Oerlinghausen und bildete dort den Mittelpunkt der Familie. Cousine von Max Weber und Tante von → Marianne Weber; Marianne Weber verbrachte einen Teil ihrer Jugend in ihrem Haus. Müller, Bruno (31.10.1848–6.3.1913). Fabrikant. Leitete mit seinem Schwager Carl Weber und seinen Söhnen → Georg und Richard Müller die von seinem Schwiegervater → Carl David Weber gegründete Leinenweberei Carl Weber & Co. in Oerlinghausen; verheiratet mit Max Webers Cousine → Alwine (Wina) Müller, geb. Weber, Bruder von → Wilhelm Müller. Müller, Eleonore (Nora), geb. Weber (10.8.1861–19.1.1948). Tochter von → Carl David Weber, Schwester von → Alwine (Wina) Müller, geb. Weber; verheiratet mit → Wilhelm Müller. Cousine von Max Weber und Tante von → Marianne Weber. Müller, Georg (22.4.1878–25.1.1954). Fabrikant. Sohn von → Alwine (Wina) Müller, geb. Weber und → Bruno Müller. Leitete mit seinem Vater, seinem Onkel Carl Weber und seinem Bruder Richard Müller die großväterliche Leinenweberei in Oerlinghausen. Neffe von Max Weber und Cousin von → Marianne Weber. Müller, Kathinka, geb. Feetz (?–?). Mutter von → Emilie (Emmy) Rathgen. Witwe des 1893 verstorbenen Offiziers Karl Müller. Müller, Wilhelm (12.5.1850–8.4.1915). Offizier. Bruder von → Bruno Müller. Verheiratet mit Max Webers Cousine → Eleonore (Nora) Müller, geb. Weber. Müller, Wolfgang (15.7.1884–28.7.1958). Fabrikant. Sohn von → Bruno und → Alwine (Wina) Müller. Ein Reitunfall 1904 machte die geplante Offizierslaufbahn zunichte; Ausbildung zum Kaufmann mit verschiedenen Auslandsstationen, schließlich Geschäftsführer der großväterlichen Firma in Oerlinghausen. Cousin von → Marianne Weber und Neffe von Max Weber. Münsterberg, Hugo (1.6.1863–16.12.1916). Psychologe und Philosoph. 1885 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Wundt in Leipzig, 1887 zum Dr. med. in Heidelberg, 1888 Habilitation für Philosophie in Freiburg i. Br.; ab 1888 Privatdozent für Philosophie und Psychologie ebd., 1892/93 a. o. Professor ebd., 1893–95 Leiter des von William James begründeten psychologischen Labors der Harvard University, 1895/96 Rückkehr an die Universität Freiburg i. Br., 1897–1916 Professor für Experimentelle Psychologie in Harvard; 1908 mit dem Aufbau des Berliner Amerika-Instituts betraut. Einer der Begründer der angewandten Psychologie, prägte den Begriff der „Psychotechnik“. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber seit der gemeinsamen Freiburger Zeit, bewirkte als Mitorganisator die Einladung Max Webers zum International Congress of Arts and Science.
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Münsterberg, Oskar (23.7.1865–12.4.1920). Fabrikant und Kunsthistoriker. Studium der Volkswirtschaft und Kunstgeschichte in München und Freiburg i.Br.; 1886–93 Fabrikant in Detmold; 1895 Promotion zum Dr. phil. bei Max Weber in Freiburg; 1906 Direktor der „Deutschen National-Zeitung“; 1912 Direktor der W. Hagelberg AG. Unternahm mehrfach Reisen nach Ostasien. Verfaßte Werke zur Kunstgeschichte Japans (3 Bände, 1904–07) und Chinas (2 Bände, 1910–12). Bruder von Max Webers Freiburger Kollegen → Hugo Münsterberg. Natorp, Paul (24.1.1854–17.8.1924). Philosoph und Pädagoge. 1875 Promotion zum Dr. phil. in Straßburg, 1881 Habilitation für Philosophie in Marburg; 1885 a.o., 1893–1922 o. Professor für Philosophie und Pädagogik ebd.; einer der Hauptvertreter des Marburger Neukantianismus; seit 1887 Herausgeber der „Philosophischen Monatshefte“. Naudé, Wilhelm (13.3.1866–7.1.1904). Historiker. Studium der Geschichte in Berlin bei → Heinrich von Treitschke und → Gustav Schmoller, ab 1888 zusätzliches Studium der Rechtswissenschaften, 1889 Promotion zum Dr. phil. in Berlin; 1896 Habilitation und 1903 a.o. Professor ebd.; Veröffentlichungen zur preußischen Getreidehandelspolitik, u.a. in den „Acta Borussica“ zusammen mit Gustav Schmoller. Naumann, Friedrich (25.3.1860–24.8.1919). Evangelischer Theologe, sozialliberaler Politiker und Publizist. 1883–85 Oberhelfer im „Rauhen Haus“ in Hamburg; 1886–90 Pfarrer in Langenberg (Sachsen); 1890–97 Vereinsgeistlicher der Inneren Mission in Frankfurt a.M., wo er auch in der evangelischen Arbeitervereinsbewegung tätig war; zusammen mit → Paul Göhre und Max Weber Führer der „Jungen“ im Evangelisch-sozialen Kongreß; 1894 Gründung der Göttinger Arbeiterbibliothek, für die Max Weber die Schrift „Die Börse“ verfaßte; 1894/95 Gründung der Wochenschrift „Die Hilfe“, die erheblichen Einfluß auf das protestantische Bürgertum gewann; 1896 unter dem Eindruck der Freiburger Antrittsrede Max Webers Hinwendung zu nationalen Idealen, Austritt aus der christlich-sozialen Bewegung → Adolf Stoeckers und Gründung der Tageszeitung „Die Zeit“ sowie des Nationalsozialen Vereins; nach Aufgabe seines Frankfurter Amtes bei der Inneren Mission 1897 Umzug nach Berlin, wo er seitdem als Publizist und Politiker tätig war; 1903 nach dem Scheitern des Nationalsozialen Vereins Mitglied der Freisinnigen Vereinigung; seit 1907 MdR, zunächst als Abgeordneter der Freisinnigen Vereinigung, seit 1910 der Fortschrittlichen Volkspartei; förderte den Zusammenschluß der Linksliberalen zur Fortschrittlichen Volkspartei (1910); im Ersten Weltkrieg Verfechter eines mitteleuropäischen Staatenblockes; 1918 Mitbegründer, 1919 Vorsitzender der DDP, Mitglied der Weimarer Nationalversammlung; Vertreter einer sozial-liberalen Innen- und nationalen, machtvollen Außenpolitik. Freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber seit den 1890er Jahren, enger politischer Gedankenaustausch; persönliche Kontakte auch zu → Helene Weber, die
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gemeinsam mit ihrer Schwester, → Ida Baumgarten, durch die Bereitstellung einer erheblichen Summe seine erste Reichstagskandidatur 1897/98 ermöglichte. Naumann, Maria Magdalena, geb. Zimmermann (1859–1938). Verheiratet mit → Friedrich Naumann. Neumann, Carl (1.7.1860–9.10.1934). Kunst- und Kulturhistoriker. 1882 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1894 Habilitation ebd.; 1897 a.o. Professor ebd., 1903 in Göttingen, 1904 o. Professor für Kunstgeschichte in Kiel, 1911–29 in Heidelberg. Erhielt wesentliche Anregungen von → Jacob Burckhardt; sein Arbeitsschwerpunkt lag zunächst in der byzantinischen Geschichte und italienischen Kunstgeschichte, später Arbeiten zur deutschen und niederländischen Malerei, insbesondere über Rembrandt. Seit den 1890er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max und → Marianne Weber. Neumann, Friedrich (Fritz) (23.4.1854–3.2.1934). Romanist. 1876 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1878 Habilitation ebd.; 1882 a.o. Professor in Heidelberg, dann in Freiburg, 1883 o. Professor für romanische Philologie ebd., 1890–1923 in Heidelberg. Oktober 1897–Oktober 1898 Dekan der Philosophischen Fakultät ebd. Neumann, Friedrich Julius (ab 1896) von (12.10.1835–15.8.1910). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1858 Eintritt in den preußischen Staatsdienst; 1865 Promotion zum Dr. phil. und zugleich Habilitation für Nationalökonomie in Königsberg; 1871 o. Professor für Volkswirtschaftslehre und Statistik in Basel, 1872 in Freiburg i.Br., 1876–1908 in Tübingen. Bedeutender Finanzwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Steuerlehre und Steuerpolitik; auch Arbeiten zur Bevölkerungsstatistik. Nikolaus II.; Tl.: Nikolaj II. (18.5.1868–16.7.1918). Kaiser von Rußland (1894– 1917). Nobbe, Moritz August (22.9.1834–6.12.1910). Landesökonomierat und Gutspächter. 1884–90 MdR für die Deutsche Reichspartei; 1891–1902 Vorsitzender des Evangelisch-sozialen Kongresses. Nokk, (Franz) Wilhelm (30.11.1832–13.2.1903). Jurist und Politiker. 1860 Eintritt in den badischen Verwaltungsdienst, 1865–74 im Innenministerium, 1867–71 Mitglied der Zweiten Kammer für die Nationalliberale Partei; 1874–81 Direktor des Oberschulrats; 1881–1901 Justiz- und Kultusminister, 1893–1901 Ministerpräsident; 1883 Begründer der Badischen Historischen Kommission.
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Oberwinder, Heinrich (14.3.1845–9.5.1914). Journalist. 1863 Gründungsmitglied des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) → Ferdinand Lassalles; 1867 Mitbegründer der sozialdemokratischen Arbeiterbildungsvereine Österreichs und 1869 Mitarbeiter der „Volksstimme“, der ersten sozialdemokratischen Arbeiterzeitung Österreichs; 1870 im Wiener Hochverratsprozeß gegen führende Sozialdemokraten zu sechs Monaten Haft verurteilt; Rückkehr nach Deutschland, agitierte dort nach 1875 im ADAV (Sitz Hamburg) gegen die vereinigte Sozialdemokratie, zeitweise im Auftrag der politischen Polizei; Abkehr von sozialistischen und Hinwendung zu christlich-sozialen Bestrebungen; Inhaber der christlich-sozialen Vaterländischen Verlags-Anstalt und Chefredakteur der christlich-sozialen, antisemitischen Zeitung „Das Volk“; im Sommer 1896 von → Adolf Stoecker zusammen mit dem zweiten Redakteur, → Hellmut von Gerlach, entlassen; 1896/97 Redakteur der von → Friedrich Naumann herausgegebenen Tageszeitung „Die Zeit“, wiederum gemeinsam mit Hellmut von Gerlach. Oertmann, Emma, geb. Graf (18.5.1840–?). Mutter von → Paul Oertmann. Witwe des 1891 verstorbenen Bielefelder Leinen- und Wäschefabrikanten August Oertmann, lebte seit 1893 in Charlottenburg. Oertmann, Paul (3.7.1865–22.5.1938). Jurist. 1887 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1891 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1892 Habilitation in Berlin; 1896 a.o. Professor ebd., 1901 o. Professor in Erlangen, ab 1918 in Göttingen. Studierte 1884–87 bei Max Webers Lehrer → Heinrich Dernburg in Berlin. Mitbegründer des Vereins für Socialpolitik. Offenbacher, Martin (26.3.1876–23.3.1942). Ingenieur und Nationalökonom. 1894–98 Studium an der TH München; daneben volkswirtschaftliche Studien an der Universität München, u.a. bei → Lujo Brentano, → Walther Lotz und Georg von Mayr; 1898 Examen als Elektroingenieur; WS 1898/99 und SS 1899 Studium der Nationalökonomie in Heidelberg; Schüler und Doktorand Max Webers, bei dem er im WS 1898/99 Praktische Nationalökonomie hörte und an dessen Volkswirtschaftlichem Seminar er teilnahm; 1901 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; 1902–38 Ingenieur in leitender Stellung bei der Firma MAN Augsburg-Nürnberg; Ende 1938 mußte er als Jude die Firma verlassen; als er 1942 deportiert werden sollte, nahm er sich das Leben. Seine Dissertation über „Konfession und soziale Schichtung“ in Baden erschien 1900 im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“; Max Weber nahm 1904 zu Beginn seines Aufsatzes „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“ ausführlich auf sie Bezug und wertete ihre Ergebnisse aus. Oldenberg, Karl (23.9.1864–20.6.1936). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1891 Habilitation für Staatswissenschaften ebd.; 1888–97 Assistent Gustav Schmollers in der Redaktion des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirt-
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schaft im Deutschen Reich“; 1897 a.o. Professor in Marburg, 1902 o. Professor für Nationalökonomie in Greifswald und 1914–29 für wirtschaftliche Staatswissenschaften in Göttingen; in der Debatte um Deutschland als Industrie- oder Agrarstaat, Gegner einer entschiedenen Industrialisierung Deutschlands. Gehörte seit den frühen 1890er Jahren zu Max Webers Bekanntenkreis in Berlin. Oncken, August (10.4.1844–10.7.1911). Nationalökonom. 1865 Promotion zum Dr. phil. in Berlin; 1872 Habilitation in Wien, 1877 a.o. Professor in Aachen, 1878 o. Professor in Bern. Herausgeber der Werke → François Quesnays’. Beschäftigte sich in erster Linie mit der Physiokratie und Sozialphilosophie. Orléans, Henri Philippe Marie de (16.10.1867–9.8.1901). Forschungsreisender. Entstammte dem Haus Bourbon-Orléans. 1889 Reise nach Indien, 1890 nach Tibet und Vietnam; Auszeichnung mit der Grande Médaille d’Or der Société de Géographie de Paris; 1892 Reise nach Afrika, 1894 nach Madagaskar und 1901 nach Vietnam. 1897 international Aufsehen erregendes Duell mit dem Grafen von Turin → Vittorio Emanuele bei Paris, nachdem er sich negativ über die italienische Armee geäußert hatte. Pabst, Johann Heinrich (25.1.1785–28.7.1838). Theologe und Mediziner. 1807 Promotion zum Dr. med. in Göttingen; 1809 Bataillonsarzt. Nach schwerer Erkrankung widmete er sich philosophisch-theologischen Studien und schloß sich 1815 dem Hofbauerkreis an. Zusammen mit dem katholischen Theologen und Philosophen Anton Günther verfolgte er das Ziel einer rationalen Begründung des (katholischen) Christentums; mit ihm veröffentlichte er 1834 die Schrift „Janusköpfe der Philosophie und Theologie“. Pernice, Alfred (18.8.1841–23.9.1901). Jurist. 1862 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1863 zum Dr. jur. in Halle; 1867 Habilitation und Privatdozent in Halle, 1870 a.o. Professor ebd., 1871 o. Professor für Strafrecht ebd., 1872 für Römisches Recht in Greifswald, 1877 wieder in Halle, 1881 in Berlin; dort enger Kontakt zu → Theodor Mommsen. Sein Hauptinteresse galt der Rechtsgeschichte; seit 1880 Redakteur der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte“ (Romanistische Abteilung). Einer der Gutachter in Max Webers Habilitationsverfahren in Berlin. Pflug, Richard (3.3.1865–24.12.1933). Mitarbeiter des Verlags J.C.B. Mohr (Paul Siebeck); Stellvertreter Paul Siebecks im Verlag. Philippovich, Eugen Freiherr (seit 1860) von Philippsberg (15.3.1858– 4.6.1917). Österreichischer Nationalökonom und Sozialpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1884 Habilitation für Politische Ökonomie ebd.; 1885 a.o., 1888–93 o. Professor für Nationalökonomie und Finanzwissen-
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schaft in Freiburg i.Br., 1893–1917 für Politische Ökonomie in Wien; Mitbegründer der Wiener Fabier Gesellschaft und der Sozialpolitischen Partei Österreichs; 1909 Berufung in das österreichische Herrenhaus. Vermittler zwischen der österreichischen Grenznutzenschule und der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie, Ausschußmitglied im Verein für Socialpolitik. Als sein Hauptwerk gilt der „Grundriß der Politischen Ökonomie“ (1893); Max Webers Vorgänger auf dem Freiburger Lehrstuhl und sowohl 1896/97 als auch 1900 im Gespräch für einen nationalökonomischen Lehrstuhl in Heidelberg. Als Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“ blieb er Max Weber auch später kollegial verbunden. Pisani, Pietro (15.7.1871–16.2.1960). Italienischer Theologe, Erzbischof. Studium der Theologie; Priesterweihe, Ende der 1890er Jahre Professor am erzbischöflichen Seminar von Vercelli (Piemont); 1919 Titularerzbischof von Tomi (Skythien). Seit 1899 Mitarbeit am italienischen Arbeitersekretariat in Freiburg i.Br. Veröffentlichte Aufsätze zur italienischen Arbeitsmigration, insbesondere nach Deutschland. Seit 1901/02 Max und → Marianne Weber freundschaftlich verbunden, Max Weber besuchte ihn 1902 in Vercelli. Platter, Julius (27.12.1844–3.11.1923). Österreichischer Nationalökonom. 1873 Promotion zum Dr. jur. in Innsbruck, 1875 Habilitation für Statistik ebd., 1876 für Politische Ökonomie ebd.; 1877 a.o. Professor für Statistik in Czernowitz; 1879 o. Professor für Nationalökonomie an der Universität Zürich, 1884–1921 an der ETH Zürich (Polytechnikum). Trat für soziale Reformen ein; wurde u.a. durch die Besprechung des dritten Bandes des „Kapitals“ von Karl Marx bekannt. Plener, Ernst (seit 1908 Freiherr) von (18.10.1841–29.4.1923). Österreichischer Politiker, Jurist und Nationalökonom. 1863 Promotion zum Dr. iur. ebd.; Fortsetzung des Studiums in Berlin, wo er Kontakte zu → Ferdinand Lassalle und → Rudolf Gneist hatte; anschließend im k.k. diplomatischen Dienst in Paris und London; 1873–95 Mitglied im Abgeordnetenhaus des Reichsrats (Mandat der Handelskammer Eger), Führer der Deutschliberalen Verfassungspartei, 1893–95 Finanzminister im Koalitionskabinett Alfred Windischgrätz; 1895–1918 Präsident des Gemeinsamen Obersten Rechnungshofes, 1900 Berufung ins Herrenhaus. Zahlreiche Publikationen über die Arbeiterbewegung und Arbeiterschutzgesetzgebung, seit 1892 Mitherausgeber der Zeitschrift „Volkswirtschaft, Socialpolitik und Verwaltung“. Pohle, Ludwig (3.4.1869–11.1.1926). Nationalökonom. 1892 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg i.Br., 1898 Habilitation für Nationalökonomie in Leipzig, 1901 Dozent an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt a.M., 1918–25 o. Professor für Nationalökonomie in Leipzig als Nachfolger von → Karl Bücher; 1910–18 Herausgeber der von → Julius Wolf begründeten „Zeitschrift für Sozialwissenschaften“; Gegner der sog.
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„Kathedersozialisten“ und einer industriestaatlichen Entwicklung in der Kontroverse um Deutschlands Zukunft als Industrie- oder Agrarstaat zwischen 1897 und 1902. Psellos, Michael (1018–nach 1081). Byzantinischer Gelehrter. Quesnay, François (4.6.1694–16.12.1774). Französischer Arzt, Naturforscher und Ökonom. 1752 Hofarzt Ludwigs XV. Begründer der ersten, auf einer Theorie fußenden Schule der Nationalökonomie, der Physiokraten; verfaßte 1758 das „Tableau économique“ als gesamtwirtschaftliches Modell von Produktion und Verteilung; forderte eine Abkehr von den wirtschaftlichen Regulierungen des Merkantilismus. Rade, Martin (4.4.1857–9.4.1940). Pfarrer und evangelischer Theologe, Publizist und Politiker. 1881 Promotion zum Lic. theol. in Leipzig; 1882–92 Pfarrer in Schönbach (Oberlausitz), 1892–99 an der Paulskirche in Frankfurt a.M.; 1900 Habilitation in Marburg; 1904 a.o., 1921–24 o. Professor für Systematische Theologie ebd.; 1886/87–1931 Herausgeber der von ihm mitbegründeten Zeitschrift „Die christliche Welt“, um die sich die freie theologische Richtung gruppierte; 1890 Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses; seit 1896 politischer Weggefährte → Friedrich Naumanns; 1904 Mitglied der Freisinnigen Vereinigung, 1910 der Fortschrittlichen Volkspartei; 1917/18 Mitglied im Volksbund für Freiheit und Vaterland; 1919–28 Vorsitz der DDP in Hessen-Nassau; 1919–21 Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung und des 1. Preußischen Landtags für die DDP. Seit 1889 mit der Schwester → Friedrich Naumanns, Dora Naumann, verheiratet. Max Weber verfaßte für „Die christliche Welt“ zahlreiche Artikel. Raffael, auch Raffael da Urbino, Raffaello Santi, Raffaello Sanzio oder Raphael (6.4. oder 28.3.1483–6.4.1520). Italienischer Maler und Architekt der Hochrenaissance. Rathgen, Emilie (Emmy), geb. Müller (25.10.1867–1955). Zeichenlehrerin. Seit 1895 verheiratet mit → Karl Rathgen. Rathgen, Karl (19.12.1856–6.11.1921). Nationalökonom und Kolonialpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1882–90 o. Professor an der Reichsuniversität Tokio, 1892 Habilitation in Berlin; 1893 a.o., 1895 o. Professor in Marburg, 1900 in Heidelberg und seit 1907 am deutschen Kolonial-Institut in Hamburg; 1919 o. Professor für Volkswirtschaftslehre an der neugegründeten Universität Hamburg; grundlegende Arbeiten über die japanischen Wirtschafts- und Finanzverhältnisse sowie über Kolonialwirtschaft; Schwager von → Gustav Schmoller. Erhielt 1900 den zweiten, neu eingerichteten Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft in Heidelberg als unmittelbarer Fachkollege Max
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Webers; seit 1901 Mitherausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Rauh, Frau (?–?). Möglicherweise Mitarbeiterin oder Sekretärin von → Friedrich Naumann. Rehmke, Johannes (1.2.1848–23.12.1930). Philosoph. 1867–71 Studium der Theologie in Kiel und Zürich, 1871 theologische Amtsprüfung in Kiel, 1872 Studium der Philosophie in Zürich, 1873 Promotion zum Dr. phil. ebd.; 1873– 83 Lehrer in Elmshorn (Holstein) und St. Gallen, 1883 Wechsel an die Universität Berlin, 1884 Habilitation für Philosophie ebd. mit der Arbeit „Die Welt als Wahrnehmung und Begriff“, 1885 a.o., 1887 o. Professor für Philosophie in Greifswald, 1895/96 als Lehrstuhlnachfolger von → Alois Riehl in Freiburg i.Br. vorgeschlagen. Reinhard, Otto (16.4.1866–?). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. Studium in Heidelberg; Ausbildung und Wahl zum Staatsschuldenbuchhalter. Auf Vermittlung Max Webers Mitarbeit an der Heimarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik 1898/99. Bearbeitete die Trikotfabrikation in den württembergischen Oberamtsbezirken Balingen und Stuttgart. Seine darauf aufbauende und bei Max Weber geplante Dissertation kam nicht zustande. Reinhold, Karl Theodor (18.5.1849–13.11.1901). Jurist und Nationalökonom. 1885 Promotion zum Dr. jur.; Tätigkeit als Publizist, 1887–97 Amtsrichter und Amtsgerichtsrat in Wiesbaden; 1897/98 Berufung zum a.o. Professor der Staatswissenschaften nach Berlin; 1885–88 MdprAH, 1887/88 MdR für die Nationalliberale Partei. Wurde 1897 als ein Mann aus der Praxis nach Berlin berufen, um ein Gegengewicht zu der vorherrschenden jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie und → Gustav Schmoller zu bilden. Richthofen, Else von → Jaffé, Else Richthofen, Friedrich Frhr. von (29.7.1845–29.1.1915). Pionieroffizier. Geheimer Baurat in Metz. Vater von → Else von Richthofen. Richthofen, Oswald Frhr. von (13.10.1847–17.1.1906). Jurist und Diplomat. Seit 1875 im Diplomatischen Dienst; 1881 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, 1896 Direktor der Kolonialabteilung ebd., 1898–1900 Unterstaatssekretär, 1900–06 Staatssekretär des Auswärtigen Amts; 1905 preußischer Staatsminister. Onkel von → Else von Richthofen. Rickert, Franz (30.12.1872–1939). Nationalökonom. Schüler von Max Weber in Freiburg i.Br.; seit 1892 Studium der Naturwissenschaften, Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Freiburg, Berlin und Straßburg; hörte
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bei Max Weber im WS 1894/95 die Vorlesung „Allgemeine ‚theoretische‘ Nationalökonomie“ und im SS 1895 „Praktische Nationalökonomie“ und „Agrarpolitik“; 1896 Promotion mit einer Arbeit über „Das Schreinergewerbe in Freiburg im Breisgau“, die Max Weber begutachtete. Rickert, Gerhardine, geb. Schücking, geschiedene Schuch (10.1.1846– 22.10.1906). Nach erster Ehe mit Gustav Schuch seit 1893 verheiratet mit → Heinrich Rickert sen. Theaterkritikerin für Berliner Zeitungen. Rickert, Heinrich (25.5.1863–25.7.1936). Philosoph. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Wilhelm Windelband in Straßburg, 1891 Habilitation in Freiburg i.Br.; 1894 a.o., 1896–1915 o. Professor für Philosophie ebd., 1916–32 in Heidelberg. Neben Wilhelm Windelband der Begründer der Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus. Seit der Gymnasialzeit mit Max Weber befreundet, der seine Berufung 1896 auf den Freiburger Lehrstuhl für Philosophie als Nachfolger → Alois Riehls mit Nachdruck förderte. Rickert, Heinrich (sen.) (27.12.1833–3.11.1902). Politiker und Publizist. 1876–78 Landesdirektor der Provinz Westpreußen; Verleger der „Danziger Zeitung“; 1870–1902 MdprAH, seit 1874 auch MdR, zunächst für die Nationalliberale Partei, seit 1880 für die Liberale Vereinigung, seit 1884 für die Deutsche Freisinnige Partei und seit 1893 für die Freisinnige Vereinigung; 1867 sowie 1877–81 im Vorstand der Nationalliberalen Partei, später führendes Mitglied der Deutschen Freisinnigen Partei und der Freisinnigen Vereinigung. 1895–1902 Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus. Verkehrte in Charlottenburg im Haus von → Maximilian (Max) Weber sen.; Vater von → Heinrich Rickert. Rickert, Sophie, geb. Keibel (17.2.1864–1.11.1951). Bildhauerin. Seit 1888 verheiratet mit → Heinrich Rickert; gehörte mit ihrem Mann zum Freundeskreis von Max und → Marianne Weber. Riehl, Alois (27.4.1844–21.11.1924). Philosoph. 1868 Promotion zum Dr. phil. in Innsbruck, 1870 Habilitation in Graz; 1873 a.o., 1878 o. Professor für Philosophie ebd., 1882 in Freiburg i.Br., 1896 in Kiel, 1898 als Nachfolger von → Benno Erdmann in Halle und von 1905–22 als Nachfolger von Wilhelm Dilthey in Berlin, 1913 in Princeton. Grundlegende Arbeiten über den philosophischen Kritizismus. Das Ehepaar Riehl gehörte in der Freiburger Zeit zum engeren Bekanntenkreis von Max und → Marianne Weber. Riehl, Sophie, geb. Reyer (10.10.1854–23.9.1928). Zweite Frau von → Alois Riehl. Gehörte mit ihrem Mann zu Max und → Marianne Webers engerem Freiburger Bekanntenkreis. Riffel, Fabian (?–?). Universitätsdiener. 1881–91 zweiter Pedell der Universität Freiburg i.Br.; 1891–1910 Oberpedell ebd.
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Rohde, Erwin (9.10.1845–11.1.1898). Klassischer Philologe. 1866/67 Freundschaft mit Friedrich Nietzsche während des Studiums in Leipzig; 1869 Promotion zum Dr. phil. in Kiel, 1871 Habilitation und 1872 a.o. Professor ebd., 1876 o. Professor für Klassische Philologie in Jena, 1878–86 in Tübingen, 1886 nach einem Semester in Leipzig in Heidelberg, dort Direktor des Philologischen Seminars, 1892/93 Mitglied des Akademischen Senats und Dekan, 1894/95 Prorektor; 1886 Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, 1897 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Rohrbach, Paul (29.6.1869–20.7.1956). Publizist und evangelischer Theologe. 1891 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1898 Lizentiatenprüfung in Straßburg; 1898–1901 Generalsekretär des Evangelisch-sozialen Kongresses; seit 1901 Redakteur für den Bereich Außen- und Wirtschaftspolitik der nationalsozialen Wochenschrift „Die Zeit“; 1903–06 Ansiedlungskommissar für Deutsch-Südafrika; 1907–19 Dozentur für Kolonialwirtschaft an der Berliner Handelshochschule; 1914–17 Leiter der Pressekontrolle der Zentralstelle für Auslandsdienst; 1916 Mitbegründer des „Deutschen Nationalausschusses für einen ehrenvollen Frieden“; 1912 erschien sein Buch „Der deutsche Gedanke in der Welt“. Rosenbusch, Auguste, geb. Müller (17.11.1845–9.6.1929). Verheiratet mit → Karl Heinrich (Harry) Rosenbusch. Nach Aufl ösung des Heidelberger Haushalts von Max und → Marianne Weber im Sommer 1900 zeitweilig Arbeitgeberin von deren Dienstmädchen → Bertha Schandau. Rosenbusch, Karl Heinrich (Harry) (24.6.1836–20.1.1914). Geologe. 1868 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg i.Br., Habilitation ebd.; 1869 Privatdozent ebd., 1872 a.o. Professor ebd., 1873 in Straßburg, 1877 o. Professor in Heidelberg; 1900 Prorektor der Universität, 1888–1907 Direktor des Großherzoglich Badischen Geologischen Landesamtes. Rosin, Heinrich (14.9.1855–31.3.1927). Jurist. 1875 Promotion zum Dr. jur. in Breslau; 1875 und 1879 beide juristischen Staatsexamina; 1880 Habilitation für Staatsrecht und Deutsches Recht in Breslau; 1883 a.o., 1888–1920 o. Professor für die staatsrechtlichen und germanistischen Fächer in Freiburg i.Br.; 1897/98 Prorektor ebd.; Führender Vertreter des Verwaltungsund Sozialversicherungsrechts; Anhänger der Bismarckschen Sozialgesetzgebung; veröffentlichte u.a. „Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre nach den politischen Reden und Schriftstücken des Fürsten Bismarck“ (1897), sowie „Die wichtigsten Bestimmungen über die Verfassung und Verwaltung der Universität Freiburg“ (1898), den sogenannten „Codex Rosinus“; 1888–1908 Mitglied im Oberrat der Israeliten im Großherzogtum Baden.
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Rösing, Clara, geb. von Ammon (1843–1931). Verheiratet mit → Johannes Rösing. Rösing, Johannes (5.5.1833–8.4.1909). Jurist und Diplomat. 1855 Promotion zum Dr. jur.; 1856–60 Obergerichtsanwalt in Bremen; 1861–63 Attaché, 1863–65 Legationssekretär der bremischen, seit 1864 der hanseatischen Gesandtschaft in Washington, 1865–68 Geschäftsträger der Hansestadt ebd., 1868–74 Generalkonsul des Norddeutschen Bundes bzw. des Deutschen Reiches in New York, 1874 Geheimer Oberregierungsrat und Vortragender Rat im Reichskanzleramt, 1880–91 im Reichsamt des Innern, verwaltete 1891–1903 den Reichsinvalidenfonds. Freund von → Maximilian (Max) Weber sen. Ross, Sir Charles Henry Augustus Frederick Lockhart, 9th Baronet (Sir Charles Ross) (4.4.1872–29.6.1942). Britischer Großgrundbesitzer, Erfinder und Industrieller. Ausbildung in Eton und am Trinity College Cambridge. 1899–1900 Captain im Burenkrieg. 1910 Erfinder des Ross Rifle. Zählte zu den größten Landbesitzern Großbritanniens. Roßmann, Martin (4.10.1873–?). Nationalökonom und Maschinenbauer. 1892 Studium der Nationalökonomie in Berlin; 1893/94 Ausbildung als Maschinenbauer; 1895 nach dem Militärdienst Fortsetzung des Studiums an der TH Berlin, seit dem WS 1896/97 an der TH München, im WS 1897/98 sowie SS 1898 zugleich Gasthörer an der Universität München, 1898 Promotion zum Dr. oec. publ. an der Staatswirtschaftlichen Fakultät ebd. bei → Walther Lotz. Wollte 1897 bei Max Weber promovieren. Rothe, Richard (28.1.1799–20.8.1867). Evangelischer Theologe. 1820 erstes theologisches Examen und Besuch des Predigerseminars in Wittenberg, 1823 zweites theologisches Examen in Berlin; 1828 Professor am Predigerseminar in Wittenberg; 1837 o. Professor für Systematische Theologie und Direktor des Predigerseminars in Heidelberg, 1849 o. Professor für Praktische Theologie in Bonn, 1854 Rückkehr nach Heidelberg; 1861 Mitglied der Ersten Badischen Kammer; 1863 Mitbegründer des „Deutschen Protestantenvereins“. Vertreter des liberalen Protestantismus. Rothschild, Alphonse James de (1.2.1827–26.5.1905). Französischer Bankier. 1855 Aufsichtsratsmitglied der Banque de France. Sohn von → James de Rothschild. Rothschild, Edmond James de (19.8.1845–2.11.1934). Französischer Bankier und Zionist. Sohn von → James de Rothschild. Rothschild, Gustave Samuel James de (17.2.1829–28.11.1911). Französischer Bankier. Sohn von → James de Rothschild.
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Rothschild, James (Jakob) de (15.5.1792–15.11.1868). Deutsch-französischer Bankier. 1817 Gründung einer Bank in Paris. 1836 Leiter des Rothschildschen Bankenverbundes und einer der bedeutendsten Bankiers Frankreichs. Erwarb kurz vor seinem Tod das Weingut Château Lafite bei Bordeaux. Rouard, Pierre-Émile (24.11.1839–19.2.1914). Französischer Bischof. 1864 Priesterweihe; 1880 Diözesanmissionar; 1885 Erzpriester von Nuits-SaintGeorges, 1888 Erzpriester der Kathedrale von Dijon, 1892 Generalvikar, 1896 Weihe zum Bischof von Nantes. Ruehle, Ernst (28.6.1863–11.7.1931). Ingenieur. Studium der Mathematik und Physik in Bonn und Berlin, der Elektrotechnik in Braunschweig und Darmstadt. Arbeitete in den 1890er Jahren zunächst in der Madrider Niederlassung von Siemens & Halske, dann in Bilbao; ab 1904 bei den Berliner Elektrizitätswerken. Ruhland, Gustav (11.6.1860–5.1.1914). Nationalökonom und Agrarpolitiker. 1887 Promotion in Staatswissenschaften in Tübingen, 1893 Habilitation an der Universität Zürich für Nationalökonomie; 1895 Entzug der venia legendi, weil er seine Lehrverpflichtungen nicht erfüllte; 1898–1901 o. Professor der Nationalökonomie in Fribourg. Seit 1894 Berater der einflußreichsten agrarischen Interessenorganisation in Preußen, des „Bundes der Landwirte“; Begründer des „Internationalen Büros zur Regulierung der Getreidepreise“. Verfocht eine antiliberale und antikapitalistische Agrarpolitik, die der nationalsozialistischen Agrarpolitik wichtige Impulse gab. Ruprecht, Gustav (19.6.1860–13.2.1950). Verleger. Buchhändlerische Ausbildung in Rostock, Leipzig und New York; seit 1887 gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm (6.6.1858–7.8.1943) Teilhaber des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht. 1897/98 Korrespondenzpartner Max Webers. Unklar ist, ob er oder sein → Friedrich Naumann politisch nahestehender Bruder Wilhelm mit Max Weber zwischen 1894 und 1896 über die Abfassung und Drucklegung der „Börse“ korrespondierte, deren beide Doppelhefte im Rahmen der von Friedrich Naumann herausgegebenen „Göttinger Arbeiterbibliothek“ erschienen. Sattler, Karl (26.1.1850–13.7.1906). Archivar und Politiker. 1872 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, seit 1874 Archivar; Tätigkeit in verschiedenen Staatsarchiven; 1896 zweiter Direktor des Geheimen Staatsarchivs Berlin. 1884–88 und 1898–1906 MdR für die Nationalliberale Partei, 1885–1906 MdprAH; führender Politiker der Nationalliberalen Partei. Sattler, Sophie, geb. Pinkepank (?–?). Verheiratet mit → Karl Sattler.
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Sax, Emil (8.2.1845–25.3.1927). Österreichischer Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1868 Promotion zum Dr. jur. in Wien; 1867 bei der Österreichischen Kommission der Pariser Weltausstellung, 1870–73 bei der Wiener Handels- und Gewerbekammer, 1874–79 bei der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, seit 1870 Privatdozent für Nationalökonomie am Polytechnischen Institut in Wien, 1874 Habilitation für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Universität Wien, 1879 a.o. Professor ebd., 1880-93 o. Professor der Politischen Ökonomie an der Deutschen Universität Prag; 1879–85 Reichsratsabgeordneter der Deutschliberalen Partei. Schäfer, Clara, geb. Bensch (28.12.1850–1.5.1906). Verheiratet mit → Karl Schäfer. Mutter von Max Webers Schwager → Hermann Schäfer. Schäfer, Dietrich (16.5.1845–12.1.1929). Historiker. 1871 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen; 1877 a.o., 1883 o. Professor für Geschichte in Jena, 1885 in Breslau, 1888 in Tübingen, 1896 in Heidelberg, 1903–21 in Berlin; Mitglied des Alldeutschen Verbandes und des Deutschen Flottenvereins; im Ersten Weltkrieg Vorsitzender des annexionistischen „Unabhängigen Ausschusses für einen Deutschen Frieden“; 1917 Mitbegründer der Deutschen Vaterlandspartei; gehörte in der Weimarer Republik der DNVP an; mit seinen Hauptwerken „Weltgeschichte der Neuzeit“ (1907) und „Deutsche Geschichte“ (1910–12) prägte er das nationalpolitische Denken im Kaiserreich. Oktober 1898 bis Oktober 1899 Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg. Schäfer, Hermann (24.9.1871–26.8.1914). Architekt. Sohn und Schüler von → Karl Schäfer; 1904 Regierungsbaumeister in Neustettin/Pommern, 1908 mit der Wiederherstellung des Doms zu Altenberg bei Köln beauftragt, Regierungsbaurat in Berlin. Seit der gemeinsamen Studienzeit mit → Karl Weber befreundet, heiratete im August 1902 Max Webers Schwester → Lili Weber. 1914 bei Tannenberg gefallen. Schäfer, Karl (18.1.1844–5.5.1908). Architekt. Besuch der Höheren Gewerbeschule und der Akademie in Kassel, 1870–77 Stadt- und Universitätsbaumeister in Marburg, 1878–85 Tätigkeit im preußischen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten; 1878 Habilitation und Lehrtätigkeit an der Bauakademie in Charlottenburg, 1885 o. Professor für Baukunst des Mittelalters an der TH Charlottenburg, 1894–1907 o. Professor an der TH Karlsruhe. Einflußreicher Vertreter einer historisierenden und restaurierenden Architektur, von seinen Plänen zum Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses konnte er nur den Ausbau des Friedrichsbaus 1897–1900 verwirklichen. Lehrer von → Karl Weber. Schäfer, Lili, geb. Weber → Weber, Lili
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Schandau, Bertha (1867–1918). Dienstmädchen. Stammte aus Pasequick/ Ostpreußen und war von 1893–1917 bei Max und → Marianne Weber beschäftigt. Schanz, Georg von (12.3.1853–19.12.1931). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1876 Promotion zum Dr. oec. publ. in München, 1879 Habilitation in Marburg; 1880 a.o. Professor in Erlangen, 1882 o. Professor für Wirtschaftsgeschichte und Finanzwissenschaft in Würzburg; Begründer und langjähriger Herausgeber des „Finanzarchivs“. Scheel, Friedrich Wilhelm Hans von (29.12.1839–27.9.1901). Nationalökonom, Statistiker und Jurist. 1864 Promotion zum Dr. jur., 1866 zum Dr. phil., 1867 Habilitation für Nationalökonomie in Halle. 1868/69 Dozent an der landwirtschaftlichen Akademie in Proskau (Schlesien); 1871–77 o. Professor für Nationalökonomie, Finanzwissenschaft und Statistik in Bern; 1877 Eintritt in das Statistische Amt des Deutschen Reiches, ab 1891 dessen Direktor. Begründete 1892 die „Vierteljahrsschriften zur Statistik des Deutschen Reichs“ und war Mitarbeiter des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften“. Von Max Weber dem Verleger → Paul Siebeck als Spezialist in Sachen „Finanzwesen“ empfohlen. Scheffer-Boichorst, Paul (25.5.1843–17.1.1902). Historiker und Mediävist. 1867 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig; 1867–75 Mitarbeiter an den Regesta Imperii und an der Monumenta Germaniae Historica in München und Berlin; 1875 a.o. Professor in Gießen, 1876–90 o. Professor in Straßburg, 1890–1902 o. Professor für Mittlere Geschichte in Berlin; 1899 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Schmidt, Auguste, geb. Benecke (25.11.1874–3.8.1952). Tochter von → Ernst Wilhelm Benecke und → Emilie (Nixel) Benecke; seit 1895 verheiratet mit Martin Benno Schmidt, Professor für Pathologie. Cousine von Max Weber. Schmidt, Georg (18.3.1860–2.6.1935). Mediziner. 1884 Promotion zum Dr. med. in Leipzig, 1885–95 Assistent an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg; 1888 Habilitation in Heidelberg, 1902–32 a.o. Professor für Chirurgie ebd.; 1906–32 Leiter der Chirurgischen Abteilung der Universitäts-Kinderklinik ebd.; seit 1893 verheiratet mit → Pauline (Paula) Schmidt, geb. Hausrath. Schmidt, Gustav Heinrich (5.4.1861–29.7.1905). Nationalökonom. 1887–98 Privatdozent an der ETH Zürich (Polytechnikum), 1888–97 an der Universität Zürich. Arbeiten zur Agrargeschichte Norddeutschlands und zur Statistik der Schweiz. In der Schweiz hatte er offensichtlich keine Aussichten auf weiteres Avancement und wandte sich daher an Max Weber, um sich in Freiburg i.Br. zu habilitieren.
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Schmidt, Käthe (?–?). Gehörte zum Berliner Bekanntenkreis der Familie Weber. Schmidt, Marie, geb. Benecke (seit 1942: Schmidt-Brücken) (2.9.1873– 15.1.1956). Tochter von → Ernst Wilhelm Benecke und → Emilie (Nixel) Benecke; seit 1894 verheiratet mit dem Juristen Arthur Schmidt, der seit 1889 als o. Professor für Deutsches und Kirchenrecht in Gießen lehrte. Cousine von Max Weber. Schmidt, Pauline (Paula), geb. Hausrath (11.3.1872–30.12.1958). Tochter von → Adolf und → Henriette Hausrath; seit 1893 verheiratet mit dem Heidelberger Chirurgen → Georg Schmidt. Cousine von Max Weber. Schmidt, Richard (19.1.1862–31.3.1944). Jurist. 1884 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig, 1887 Habilitation; 1890 a.o. Professor ebd., 1891–1913 o. Professor für Zivilprozeß-, Staats- und Völkerrecht in Freiburg i.Br., 1913–32 o. Professor in Leipzig; 1908–13 Vertreter der Universität in der Ersten Badischen Kammer. Einer der Begründer der sozialgeschichtlichen Betrachtung des Rechts; verteidigte im Zuge der Debatte um die Reform der deutschen Zivilprozeßordnung 1907 das formell gebundene Prozeßrecht und kritisierte die freirechtlichen Bestrebungen als „Kadijustiz“. Lehrbücher zur allgemeinen Staatslehre und zum Zivilprozeßrecht. 1896/97 Dekan, 1896–98 zugleich als Vertreter der Rechts- bzw. Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät im akademischen Senat der Universität Freiburg. Fachkollege und Nachbar Max Webers. Schmidt, Tilla Rosalin, geb. Ziegler (29.4.1875–14.7.1946). Seit 1894 verheiratet mit Max Webers Freiburger Fachkollegen → Richard Schmidt. Tochter von → Ernst Ziegler. Das Ehepaar Schmidt wohnte im gleichen Haus wie Max und → Marianne Weber, Schillerstraße 22. Schmoller, Gustav (seit 1908) von (24.6.1838–27.6.1917). Nationalökonom. 1861 Promotion zum Dr. oec. publ. in Staatswissenschaften in Tübingen; 1864 ohne Habilitation a.o. Professor für Staatswissenschaften in Halle, 1865 o. Professor ebd., 1872 in Straßburg, 1882–1912 in Berlin, 1882–89 zugleich Professor der Nationalökonomie an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin; 1877–1912 Herausgeber des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“ („Schmollers Jahrbuch“); seit 1884 Mitglied des preußischen Staatsrates; seit 1899 Vertreter der Universität Berlin im preußischen Herrenhaus; beeinflußte sowohl als Führer der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie als auch als Mitbegründer und seit 1890 als Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik die staatliche Sozialpolitik und die Entwicklung der Nationalökonomie in Deutschland; verfügte über enge Beziehungen zur preußischen Staatsbürokratie. Doktorvater und akademischer Lehrer → Alfred Webers. Ende der 1890er Jahre plante er zusammen mit → Otto Hintze die
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Herausgabe der Reihe „Politiker und Nationalökonomen“, für die er Max Weber als Autor zu gewinnen suchte. Schnitger, Eduard (28.10.1845–17.5.1903). Mediziner. 1869 Arzt in Oerlinghausen, 1873 in Lemgo, später in Lage. Heiratete 1869 Anna Weber, die älteste Tochter von → Carl David Weber; Vater von → Marianne Weber. Schnitger, Florentine (Flora) (6.7.1840–19.2.1907). Lehrerin. 1867/68 Hilfslehrerin an der Höheren Töchterschule in Lemgo, seit 1868 in Lage, 1874 Rückkehr nach Lemgo, seit 1876 dort Vorsteherin und erste Lehrerin, 1892 Dechantin im Stift St. Marien in Lemgo. Schwester von → Eduard, → Hans, Karl und → Marie Schnitger; Tante von → Marianne Weber. Schnitger, Hans (24.6.1843–19.12.1920). Rechtsanwalt. Bruder von → Eduard, → Florentine, Karl und → Marie Schnitger. Lebte mit seiner Familie in Detmold; Onkel von → Marianne Weber. Schnitger, Marie (23.3.1850–28.4.1913). Lehrerin. Tätigkeit als Lehrerin in London und ab 1892 in Lemgo. Nachfolgerin ihrer Schwester → Florentine (Flora) Schnitger als Vorsteherin und erste Lehrerin an der Höheren Töchterschule zu Lemgo; Schwester von → Eduard, → Hans und Karl Schnitger; Tante von → Marianne Weber. Schnitger, Wilhelmine (Minna), geb. Lindemann (20.3.1846–2.10.1928). Verheiratet mit → Hans Schnitger; Tante von → Marianne Weber. Schrempf, Christoph (28.4.1860–13.12.1944). Evangelischer Theologe und Philosoph. 1886 Pfarrer, 1892 Entlassung aus dem Kirchendienst, 1897– 1906 Lehrer an der Höheren Privat-Handelsschule Stuttgart, 1906–21 Privatdozent für Philosophie an der TH Stuttgart. Übersetzer und Herausgeber der Schriften Kierkegaards, 1893–97 Herausgeber der Zeitschrift „Die Wahrheit“. Schröter, Franz (16.2.1835–4.10.1909). Kaufmann. Seniorchef der Firma „Gizycki & Schröter, Heringsimport und -export, Getreide-, Salz-, Düngemittel- und Eisengroßhandlung“ in Königsberg; Aufsichtsrat der Vereinsbank; 1889 zweiter, 1896 erster Beisitzer, 1901–05 Obervorsteher der Kaufmannschaft in Königsberg. 1892/93 Sachverständiger der Börsenenquetekommission (Bankwesen); 1896 Mitglied des provisorischen, 1897– 1908 des definitiven Börsenausschusses. Schulz, Wilhelm Valentin (21.4.1869–13.4.1953). Theologe. 1892 Vikar in Bruchsal, 1893 in Wertheim, 1894 Stadtvikar an der Ludwigspfarrei in Freiburg i.Br., 1899 Pfarrer in Britzingen, 1906 in Lörrach, 1919–34 in Karlsruhe. Organisierte für die Evangelisch-soziale Vereinigung für Baden
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gemeinsam mit Max Weber und → Paul Siebeck im Frühjahr 1896 eine Reihe von Vorträgen in Freiburg. Schulze-Gaevernitz, Gerhart von (bis zur Nobilitierung des Vaters 1888: Gerhart Schulze) (25.7.1864–10.7.1943). Nationalökonom und Politiker. Zunächst Regierungsassessor in der Reichsverwaltung Elsaß-Lothringens; 1886 Promotion zum Dr. jur. in Göttingen, 1891 zum Dr. phil. in Leipzig, im selben Jahr Habilitation ebd.; 1893 a.o., 1896–1923 o. Professor für Nationalökonomie in Freiburg i.Br.; 1912–18 MdR für die Fortschrittliche Volkspartei, 1919/20 als Mitglied der DDP in der Weimarer Nationalversammlung. Arbeiten zur Sozialreform, Kreditwirtschaft und Weltwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung Englands, Rußlands und der USA sowie Studien zur Kulturgeschichte und zum Verhältnis von Kant und Marx; im Verein für Socialpolitik gehörte er zum sozialreformerischen Flügel im Anschluß an → Lujo Brentano. Mitherausgeber der „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“. Seit den gemeinsamen Jahren an der Universität Freiburg bestand eine freundschaftlich-kollegiale Beziehungen zu Max Weber; er arbeitete wie dieser in der evangelisch-sozialen Bewegung mit, stand → Friedrich Naumann politisch nahe und verfocht ebenso das Konzept einer machtvollen Außenpolitik, verbunden mit einer am Modell England orientierten Liberalisierung im Innern. Schulze-Gaevernitz, Johanna von, geb. Hirsch (28.5.1876–28.9.1937). Seit 1897 verheiratet mit → Gerhart von Schulze-Gaevernitz; Tochter von Bertha Hirsch, einer Kulturmäzenin und von → Emil Hirsch, Teilhaber der Getreidegroßhandlung Jacob Hirsch & Söhne in Mannheim. Schumacher, Hermann (6.3.1868–3.10.1952). Nationalökonom. 1891 Promotion zum Dr. jur. in Jena; 1896–1901 Hilfsarbeiter im preußischen Ministerium der Öffentlichen Arbeiten, 1893 mit einem Stipendium des Reichskanzlers Reise in die USA zwecks Erforschung der dortigen Getreidehandelsorganisation; Studienreisen nach Ostasien; 1899 a.o. Professor für Staatswissenschaften in Kiel, 1900 in Köln und Bonn, 1901 erster Studiendirektor der Handelshochschule in Köln, gleichzeitig a.o. Professor in Bonn, 1904–17 o. Professor ebd., 1906/07 Inhaber der Kaiser-Wilhelm-Professur an der Columbia University in New York, 1917–35 o. Professor in Berlin. Nach ausgedehnten Studienreisen Veröffentlichungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der USA und Ostasiens; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“; sein Beitrag ist nicht erschienen. Gehörte seit den frühen 1890er Jahren zum Bekanntenkreis Max Webers in Berlin. Schweinburg, Victor (1846–22.1.1914). Journalist und Politiker. Redakteur der „Norddeutschen Allgemeinen Nachrichten“, diente dem Centralverband Deutscher Industrieller als Verbindungsmann zur Presse; seit Mitte der 1880er Jahre finanzierte der Centralverband seinen Nachrichtendienst „Deutsche Reichs-Korrespondenz“; seit März 1896 Vertrauter von Friedrich
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Alfred Krupp; 1898 Begründer des Deutschen Flottenvereins, bis 1899 dessen erster geschäftsführender Vorsitzender. Schwerin(-Löwitz), Hans Graf von (19.5.1847–4.11.1918). Rittergutsbesitzer und Politiker. Seit 1893 MdR für die Deutschkonservative Partei, 1910–12 Reichstagspräsident, seit 1897 MdprAH, 1912–18 Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses; seit 1896 Präsident der pommerschen Landwirtschaftskammer, seit 1901 des Deutschen Landwirtschaftsrats und des preußischen Landesökonomiekollegiums; Mitglied der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer. 1896 Mitglied des provisorischen, seit 1897 des definitiven Börsenausschusses. Seeck, Otto (2.2.1850–29.6.1921). Althistoriker. 1872 Promotion zum Dr. phil. in Berlin bei → Theodor Mommsen, 1878 Habilitation ebd., 1881 a.o. Professor in Greifswald, 1887 o. Professor für Alte Geschichte ebd., seit 1907 in Münster; 1895 erschien der erste Band der „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“, in dem er den Untergang nicht aus äußerer Bedrohung, sondern aus der Dekadenz der Eliten und einer „Ausrottung der Besten“ erklärte. Seligman, Edwin Robert Anderson (25.4.1861–18.7.1939). Amerikanischer Wirtschafts-, Finanz- und Politikwissenschaftler. Nach dem Studium an der Columbia University, New York, weitere Studien u.a. in Heidelberg, Berlin, Paris und Genua; 1885 Ph.D. an der Columbia University; 1885 Lecturer in Political Economy, 1888 Adjunkt-Professor, 1891–1931 Professor für Politische Ökonomie ebd.; 1902–04 Mitbegründer und erster Präsident der „American Economic Association”; seit 1886 Herausgeber der Zeitschrift „Political Science Quarterly“, für die er Max Weber als Autor gewinnen wollte. Seng, Alfred (26.10.1851–29.3.1934). Jurist. 1878 Assessor, 1879–84 Amtsrichter in Heidelberg; 1887 Promotion zum Dr. jur. in Heidelberg und Habilitation ebd., 1887–91 Privatdozent, 1891–1907 a.o. Professor, 1907–22 o. Honorarprofessor für französisches Zivilrecht und Zivilprozeßrecht ebd. Lehrte in Heidelberg neben dem französischen Zivilrecht auch badisches Landrecht. Senger (?–?). Nationalökonom und Agrarhistoriker. 1895 Student der Nationalökonomie bei → Max Sering in Berlin; arbeitete über die Sozialdemokratie auf dem Lande. Gehörte zu Beginn der 1890er Jahre zu Max und → Alfred Webers Bekanntenkreis. Sering, Max (18.1.1857–12.11.1939). Nationalökonom, Agrarwissenschaftler und Agrarpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. rer. pol. in Straßburg, 1883 Habilitation in Bonn und Reise im Auftrag der preußischen Regierung nach Nordamerika zum Zwecke einer Studie über die überseeische Konkurrenz
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in der Landwirtschaft; 1885 a.o. Professor der Staatswissenschaften in Bonn, 1889–1906 o. Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin als Nachfolger → Gustav Schmollers, 1893 außerdem a.o. und 1897– 1925 o. Professor an der Universität Berlin; Mitglied des Vereins für Socialpolitik und 1891/92 Mitinitiator der Landarbeiterenquete des Vereins für Socialpolitik, deren ostelbischen Teil Max Weber bearbeitete. Galt als der führende deutsche Agrarökonom und Agrarpolitiker, der nationale Ziele mit den sozialen Zielen des Erhalts und der Erweiterung des bäuerlichen Mittelstandes verband. Befürworter des Anerbenrechts. Zählte seit den 1890er Jahren zu Max Webers Freundeskreis, Schulfreund von → Otto Baumgarten. Settignano, Desiderio da (um 1430–1464). Italienischer Bildhauer. Schüler von → Donatello. Siebeck, (Gustav) Hermann (28.9.1842–26.12.1920). Philosoph. 1862 Promotion zum Dr. phil., danach Oberlehrer in Gera, Halle und Stargard, 1872 Habilitation in Halle; 1875 o. Professor für Philosophie und Pädagogik in Basel, 1883 in Gießen. Siebeck, Paul (7.3.1855–20.11.1920). Verleger. 1878 nach dem Tod Hermann Siebecks gemeinsam mit seinem Schwager J. Gustav Kötzle Teilhaber der väterlichen H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen sowie Erwerb des in Heidelberg ansässigen Verlags J.C.B. Mohr; 1880–99 Gründung und Leitung der Firma J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i.Br., während Kötzle die H. Laupp’sche Buchhandlung in Tübingen weiterführte; nach dessen Tod 1899 Rückkehr nach Tübingen und Übernahme der Leitung beider Firmen; schuf einen der führenden Wissenschaftsverlage für evangelische Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin, Philosophie sowie Staats- und Sozialwissenschaften. 1894 Bekanntschaft mit Max Weber in Freiburg aus der eine freundschaftliche Beziehung entstand; gemeinsames Engagement in der evangelisch-sozialen Bewegung Badens; verlegte 1895 Webers Antrittsvorlesung „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“, 1897–1902 die unter der Federführung Webers herausgegebenen „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“, 1899– 1902 die von Weber allein herausgegebene Reihe „Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands“ sowie seit 1904 das von → Werner Sombart, Max Weber und → Edgar Jaffé herausgegebene „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“; verlegte 1900 auch → Marianne Webers Buch „Fichte’s Sozialismus und sein Verhältnis zur Marx’schen Doktrin“ sowie 1907 ihr Buch „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“. Max Weber beriet ihn bei zahlreichen Verlagsprojekten, wie bei der Herausgabe des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ (5 Bände, 1909–13), sowie bei der Planung einer Neuausgabe des „Handbuchs der Politischen Ökonomie“, woraus 1914 der „Grundriß
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der Sozialökonomik“, den Max Weber gestaltete und herausgeberisch betreute, hervorging. Siebeck, Thekla, geb. Landerer (31.5.1857–13.6.1919). Verheiratet mit → Paul Siebeck. Sieveking, Heinrich (20.8.1871–25.12.1945). Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig, 1895 zum Dr. phil. ebd., 1897 Habilitation in Freiburg i.Br.; 1900 a.o. Professor ebd., 1902 in Marburg, 1907 o. Professor für Sozialökonomie in Zürich. Hörte im WS 1895/96 bei Max Weber „Geschichte des Deutschen Rechts“ sowie „Geld-, Bank- und Börsenwesen“ und habilitierte sich im März 1897 bei ihm mit einer Arbeit über das „Genueser Finanzwesen“, die in den „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der Badischen Hochschulen“ 1898 und 1899 veröffentlicht wurde. Zahlreiche Arbeiten zur europäischen Wirtschaftsgeschichte. Blieb Max Weber freundschaftlich und kollegial verbunden, später auch als Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“. Sigwart, Christoph von (28.3.1830–5.8.1904). Philosoph. Studium der Theologie und Philosophie in Tübingen, 1852–55 Lehrer in Halle, während dieser Zeit Promotion zum Dr. theol. et phil. in Tübingen, 1855–59 Repetent am Theologischen Seminar ebd., 1859–63 Professor (Lehrer) am Theologischen Seminar in Blaubeuren, 1863 Aufnahme der Lehrtätigkeit an der Universität Tübingen, 1865–1903 o. Professor der Philosophie ebd. Simmel, Georg (1.3.1858–26.9.1918). Philosoph und Soziologe. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Berlin; 1885 Habilitation für Philosophie ebd.; 1901 a.o. Professor ebd., 1914 o. Professor für Philosophie in Straßburg. Gehörte mit seinen Schriften seit 1890 zu den Begründern der Soziologie in Deutschland; stand seit den 1890er Jahren in freundschaftlicher Beziehung zu Max Weber, der sich 1907/08 vergeblich für seine Berufung nach Heidelberg einsetzte und mit ihm 1909 zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Soziologie gehörte; auch zu → Marianne Weber bestanden freundschaftliche Beziehungen, ihr widmete er 1913 sein Buch „Goethe“ und focht mit ihr eine literarische Kontroverse über Frauenfragen aus. Simson, August von (17.9.1837–3.1.1927). Rechtsanwalt und Notar. Max Weber war Rechtsreferendar in seiner Berliner Kanzlei. 1892/93 Sachverständiger der Börsenenquetekommission (Handelsrecht). Simson, Beate von, geb. Jonas (19.8.1841–3.3.1913). Verheiratet mit → August von Simson. Sohnrey, Heinrich (19.6.1859–26.1.1948). Publizist, Pädagoge, Heimatdichter und Sozialreformer. Nach Tätigkeit als Lehrer 1885 zweisemestriges Studium der Sprachwissenschaften, Literatur, Geschichte und Botanik in
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Göttingen, 1889 Redakteur in Northeim, 1890 Übersiedlung nach Freiburg i.Br., 1893 Begründung der Halbmonatsschrift „Das Land“, 1894 Übersiedlung nach Berlin-Steglitz, 1896 Begründung des „Ausschusses für Wohlfahrtspflege auf dem Lande“, gefördert durch das preußische Landwirtschaftsministerium (Hugo Thiel); Max Weber hatte 1893 in „Das Land“ publiziert und 1893/94 als Preisrichter in einem Preisausschreiben der Zeitschrift fungiert. 1902 sollte er der von → Carl Johannes Fuchs begründeten Landesorganisation „Verein für ländliche Wohlfahrtspflege in Baden“ beitreten. Sombart, Werner (19.1.1863–18.5.1941). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, Syndikus bei der Handelskammer Bremen; 1890–1906 a.o. Professor in Breslau, 1906 Professor an der Handelshochschule Berlin, 1918–31 o. Professor der wirtschaftlichen Staatswissenschaften an der Universität Berlin als Nachfolger → Adolph Wagners; Mitglied des Vereins für Socialpolitik, zusammen mit Max und → Alfred Weber Vertreter der jüngeren Generation; 1909 Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie; 1904–20 zusammen mit → Edgar Jaffé und Max Weber Herausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“, das er nach Webers Tod verließ, da ihm die Zeitschrift zu linkslastig geworden war. Arbeiten, die auch Max Weber stark beeinflußten, insbesondere zur Entstehung und Ent wicklung des Kapitalismus auf systematisch-empirischer Grundlage sowie über die sozialen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. Seit den späten 1880er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber; in der Kriegs- und Nachkriegszeit zunehmende Distanz. Max Weber brachte den von ihm fachlich hoch geschätzten, aber unter einem generellen Sozialismusverdacht stehenden Sombart mehrfach bei Berufungen an eine badische Hochschule ins Gespräch; so lancierte er ihn auf Platz eins der Berufungslisten 1897 als seinen potentiellen Nachfolger in Freiburg und 1900 als zweiten Nationalökonomen neben sich in Heidelberg; die Berufungen scheiterten jeweils aus politischen Gründen. Somborn, Alfred (5.8.1870–?). Schüler Max Webers in Heidelberg. 1889–93 kaufmännische Tätigkeit in London; 1893 USA-Aufenthalt; 1894–98 Studium der Philosophie und der Staatswissenschaften in Heidelberg. Hörte bei Max Weber die Vorlesungen Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (SS 1897), Praktische Nationalökonomie und Agrarpolitik (WS 1897/98) sowie Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung (SS 1898). Er wurde von → Emanuel Leser und Max Weber 1899 mit einer Arbeit über die Elfenbein- und Beinschnitzerei promoviert. Soubirous, Bernadette (7.1.1844–16.4.1879). Französische Ordensschwester. Im Alter von 14 Jahren soll der Müllerstochter in der Grotte bei Lourdes mehrfach (erstmals am 11. Februar 1858) die Jungfrau Maria erschienen sein. 1866 Eintritt in das Kloster St. Gildard in Nevers-sur-Loire.
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Spahn, Martin (7.3.1875–12.5.1945). Historiker. 1896 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1898 Habilitation ebd.; 1901 a.o. Professor in Bonn, 1901 a.o., 1902–18 o. Professor in Straßburg, 1920–40 in Köln. Seine 1901 gegen den Willen der Fakultät erfolgte Berufung auf den neuen, von einem Katholiken zu besetzenden Lehrstuhl für Neue Geschichte in Straßburg führte in der deutschen Gelehrtenwelt zu massiven Protesten. 1910–12 MdR für das Zentrum. Steinmann, Gustav (9.4.1856–7.10.1929). Geologe und Paläontologe. 1877 Promotion zum Dr. phil. in München, seit 1877 in Straßburg, 1880 Habilitation ebd.; 1885/86 a.o. Professor in Jena, 1886–1906 o. Professor für Geologie in Freiburg i.Br., ab 1906 in Bonn. Erster Direktor der um die Jahrhundertwende neu errichteten Geologisch-Paläontologischen Institute in Freiburg und Bonn. Stengel, Adolph (9.6.1828–22.11.1900). Agrarwissenschaftler. 1852 Promotion an der Universität Berlin, 1855 Habilitation an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Bonn-Poppelsdorf; 1857 Dozent an der Landwirtschaftlichen Akademie Proskau (Schlesien), seit 1862 a.o. Professor an der Land- und Forstwirtschaftlichen Akademie in Tharandt (Sachsen), 1865 o. Professor und Leiter der Landwirtschaftlichen Fachschule am Polytechnicum Karlsruhe; 1872 Honorarprofessor, 1874 o. Professor an der Universität Heidelberg; hier unterrichtete er anfangs am Landwirtschaftlichen Institut; nach Schließung desselben 1880 lehrte er bis zu seinem Tode an der naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät Landwirtschaft für die staatswissenschaftlichen Fächer; 1881–82 MdR für die Deutsche Fortschrittspartei. Kollege Max Webers in Heidelberg. Stern, Alfred (22.11.1846–24.3.1936). Historiker. 1868 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1872 Habilitation ebd.; 1873 a.o., 1878 o. Professor für Geschichte in Bern, 1887–1928 an der ETH Zürich. 1896/97 bei der Wiederbesetzung des Lehrstuhls für Neuere Geschichte in Freiburg i.Br. im Gespräch. Stettler, Gottlieb (20.3.1840–25.2.1902). Hotelier. Besitzer der „Hotel & Pension Schönegg“ in Grindelwald, in der Max Weber im Sommer 1901 wohnte. Stettler, Lucia, geb. Kaufmann (14.10.1846–10.1.1910). Verheiratet mit → Gottlieb Stettler. Stieda, Wilhelm (1.4.1852–21.10.1933). Nationalökonom und Historiker. 1875 Promotion zum Dr. rer. pol. in Tübingen, 1879 zum Dr. phil. in Dorpat, 1876 Habilitation für Staatswissenschaften in Straßburg; 1878 a.o., 1879– 82 o. Professor für Statistik und Nationalökonomie in Dorpat, 1884–98 in Rostock, 1898–1924 in Leipzig; 1875/76 im Preußischen Statistischen Bureau in Berlin; 1882–84 Regierungsrat des Statistischen Amtes des
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Deutschen Reiches ebd. Hauptsächlich Arbeiten zur mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte. Stoecker, Adolf (11.12.1835–7.2.1909). Evangelischer Pfarrer und Politiker. 1874–90 Hof- und Domprediger in Berlin; 1879–98 MdprAH, 1881–93 und 1898–1908 MdR (Deutsch-konservative Partei, Christlich-soziale Partei). Versuchte die Arbeiterschaft im sozialkonservativen, monarchistischen Sinne zu beeinflussen und gründete 1878 die Christlich-soziale Arbeiterpartei; bekämpfte das Judentum als vermeintlichen Träger des Liberalismus; 1890 Gründungsmitglied des Evangelisch-sozialen Kongresses, als dessen hochkonservativer Exponent er galt; 1896 ausgeschieden wegen Differenzen mit der Gruppe um → Friedrich Naumann, → Paul Göhre und Max Weber, gründete daraufhin 1897 die Freie kirchlich-soziale Konferenz. Stumm-Halberg, Carl Ferdinand (seit 1891) Freiherr (seit 1888) von (30.3.1836–8.3.1901). Politiker, Schwerindustrieller, Inhaber des saarländischen Stumm-Konzerns. 1867–71 Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1871–81 und 1889–1901 MdR für die Deutsche Reichspartei (Freikonservative Partei); 1867–70 MdprAH, seit 1882 MdprHH; 1890 Mitglied des preußischen Staatsrats. Vorkämpfer des schutzzöllnerischen Tarifs von 1879; Befürworter des Sozialistengesetzes, der Umsturz- und der Zuchthausvorlage; während der 1890er Jahre einer der schärfsten Kritiker der evangelisch-sozialen Bewegung und des Vereins für Socialpolitik; in diesem Zusammenhang heftige Auseinandersetzung mit Max Weber; mit seinem Namen ist die konservative Wende in der Sozialpolitik 1895 und die sich daran anschließende Phase (die sog. Ära Stumm) verknüpft. Stürcke, Friedrich Hermann (?–?). Bankier. 1872–82 Vorsitzender der Handelskammer Erfurt; bis 1911 Leiter des traditionsreichen Erfurter Bankhauses Adolph Stürcke, dessen Geschichte sich bis 1827 zurückverfolgen läßt; → Maximilian (Max) Weber sen. war dem Bankhaus seit seiner Tätigkeit als Erfurter Stadtrat verbunden; auch Max Weber führte dort ein Konto. Stutz, Ulrich (5.5.1868–6.7.1938). Schweizer Jurist und Rechtshistoriker. 1892 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1894 Habilitation für Deutsches Recht und Kirchenrecht in Basel; 1895 a.o. Professor ebd., 1896 o. Professor für Deutsches Recht und Kirchenrecht in Freiburg i.Br., 1904 o. Professor und Direktor des Kirchenrechtlichen Seminars in Bonn, 1917–36 in Berlin. 1898–1938 Mitherausgeber der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung“. Grundlegende Arbeiten zum mittelalterlichen Kirchenrecht und zur Wechselbeziehung von deutschem und kirchlichem Recht in Mittelalter und Neuzeit. Kollege Max Webers in Freiburg. Tiede, August (4.6.1834–14.5.1911). Stadtbaurat in Erfurt und Magistratskollege von → Maximilian (Max) Weber sen. in Erfurt. 1867–91 Landesbaumei-
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ster in der Ministerialbaukommission, Ressort Museumsbau, 1875 Baurat und Professor an der Bauakademie in Berlin. Tienken, Adolf (15.6.1872–?). Nationalökonom. Schüler und Doktorand Max Webers. Sohn eines Landwirts aus der preußischen Provinz Hannover; Studium der Nationalökonomie in Berlin und Heidelberg; hörte vom SS 1897 bis zum SS 1898 bei Max Weber Vorlesungen, darüber hinaus nahm er an dessen Volkswirtschaftlichem Seminar teil, wo er im WS 1898/99 einen Vortrag über Viehzucht hielt; 1899 Promotion zum Dr. phil. mit einer Arbeit über die wirtschaftlichen Verhältnisse in Marsch und Geest an der Weser; anschließend bei der Landwirtschaftskammer der Provinz Hannover und der Landwirtschaftskammer für das Großherzogtum Oldenburg tätig. Tönnies, Ferdinand (26.7.1855 –9.4.1936). Philosoph, Soziologe und Nationalökonom. 1877 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, Reisen nach England zum Studium des Philosophen Thomas Hobbes, 1881 Habilitation bei → Benno Erdmann in Kiel; 1909 a.o. Professor, 1910 o. Honorarprofessor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften ebd., 1913–33 o. Professor ebd., seit 1921 Lehrauftrag für Soziologie ebd. Mit seinem Hauptwerk „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (1897) einer der Mitbegründer der deutschen Soziologie; 1909 Mitbegründer und bis 1933 erster Präsident der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Treitschke, Heinrich von (15.9.1834–28.4.1896). Historiker und Publizist. 1854 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1858 Habilitation für Staatswissenschaften ebd., 1863 a.o. Professor in Freiburg i.Br., 1866 o. Professor in Kiel, 1867 in Heidelberg, seit 1874 in Berlin als Nachfolger Leopold von Rankes. 1886 Historiograph des preußischen Staates. 1871–84 MdR, zunächst für die Nationalliberalen, später parteilos; 1866–89 Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher“. Setzte sich für die deutsche Einheit unter preußischer Führung ein; führender Vertreter der Idee eines deutschen Machtstaates. Seine zahlreichen Veröffentlichungen, vor allem die „Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert“ sowie seine „Vorlesungen über Politik“, übten großen Einfluß auf das deutsche Bürgertum aus. Gehörte zum Bekanntenkreis von → Maximilian (Max) Weber sen. Troeltsch, Ernst (17.2.1865–1.2.1923). Evangelischer Theologe, Politiker, Philosoph und Historiker. 1891 Promotion zum Lic. theol. und Habilitation in Göttingen; 1892 a.o. Professor für Systematische Theologie in Bonn, 1894 o. Professor in Heidelberg, 1915 o. Professor für Kultur-, Geschichts- und Religionsphilosophie in Berlin; 1918 Mitbegründer der DDP, 1919–21 Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung und Parlamentarischer Unterstaatssekretär im preußischen Kultusministerium. Seit 1897 mit Max Weber bekannt und bis zum Ersten Weltkrieg freundschaftlich verbunden; wohnte von 1910–15 im selben Haus wie dieser, enge Zusammenarbeit mit ihm in religionssoziologischen Fragen der Kulturbe-
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deutung des Christentums und der protestantischen Sekten. War ursprünglich im Oktober 1897 als Referent für „Sozialethik“ im von Max Weber mitveranstalteten sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe vorgesehen. Troeltsch, Marta (Mokka), geb. Fick (24.4.1874–17.11.1947). Heiratete im Mai 1901 → Ernst Troeltsch. Troeltsch, Walter (6.7.1866–23.2.1933). Nationalökonom. 1890 Promotion zum Dr. sc. pol. in Tübingen, 1891 Habilitation ebd., 1897 a.o. Professor ebd., 1899 o. Professor für Volkswirtschaftslehre an der TH Karlsruhe, 1902 in Marburg; Mitglied der DDP. Beteiligte sich gemeinsam mit Max Weber 1897 am sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe. Turgot, Anne Robert Jacques, Baron d’Aulne (10.5.1727–18.3.1781). Französischer Politiker und Ökonom. 1761–74 Intendant der Provinz Limoges, 1774–76 Generalkontrolleur der Finanzen unter Ludwig XVI. Sympathisierte mit den Physiokraten und suchte in seinen Ämtern liberale Reformen durchzusetzen. Als Wirtschaftstheoretiker lieferte er früh grundlegende Beiträge zur Wert-, Kapital- und Zinstheorie sowie insbesondere zu den Erträgen variabler Proportionen des Einsatzes der Produktionsfaktoren (Ertragsgesetz). Überhorst, Karl (13.8.1847–8.11.1904). Philosoph. 1873 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen und 1878 Habilitation ebd.; 1881 a.o. Professor der Philosophie in Czernowitz, 1885 a.o. und ab 1889 o. Professor in Innsbruck. Kritische Studien zu Kant. Vergniaud, Pierre Victurnien (31.5.1753–31.10.1793). Französischer Politiker. Ausbildung am Collège du Plessis in Paris, Studium der Rechte in Bordeaux; 1781 Advokat beim Parlament; 1789 Wahl in den Generalrat des Departements Gironde; 1790 Gründung des Jakobinerklubs in Bordeaux; 1791 als Vertreter des Departements Gironde Wahl in die Legislative und 1792 in den Nationalkonvent, wo er sich als Redner der gemäßigten Jakobiner profilierte. Im Sommer 1793 mit weiteren führenden „Girondisten“ verhaftet und wenig später hingerichtet. Vierordt, Oswald (5.4.1856–2.9.1906). Mediziner. 1880 Promotion zum Dr. med. in Leipzig, 1884 Habilitation ebd., 1889 a.o. Professor und Direktor der medizinischen Poliklinik in Jena, 1890 o. Professor und Direktor der medizinischen Poliklinik sowie der (Universitäts-)Kinderklinik in Heidelberg. 1899 Bekanntschaft mit Max und → Marianne Weber, die ihn im Frühjahr 1900 auch als Arzt konsultierten. Vittorio Emanuele Torino Giovanni Maria di Savoia (Graf von Turin) (24.11.1870–10.10.1946). Italienischer Offizier. 1889 Unterleutnant, 1903
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Brigadegeneral, 1910 Generalleutnant; 1915 Teilnahme am Ersten Weltkrieg; 1897 international Aufsehen erregendes Duell mit → Henri d’Orléans. Voigt, Johannes (24.6.1866–13.6.1932). Theologe. Besuch des Joachimsthaler Gymnasiums in Berlin; Studium der Theologie in Halle und Kiel; Tätigkeit beim Rauhen Hause in Hamburg; 1892 Ordination, 1894 Kompastor in Neumünster (Landkreis Kiel), 1911–28 Vereinsgeistlicher des Landesvereins für Innere Mission in Rickling. 1885–87 Hauslehrer von → Karl Weber. Vopelius, Richard (seit 1908) von (19.10.1843–16.8.1911). Industrieller, Politiker und Verbandsvertreter. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und Studien in Karlsruhe, Heidelberg und Bonn Tätigkeit als Glasfabrikant; Vorsitzender des Verbandes der Glasindustriellen Deutschlands, 1893–1911 im Vorstand des Centralverbandes Deutscher Industrieller, 1904–09 dessen Vorsitzender; 1877–1903 MdprAH für die Freikonservative Partei, 1882–95 Schriftführer des Preußischen Abgeordnetenhauses, 1903–11 MdprHH; führendes Mitglied der Freikonservativen Partei. Vertrauter des Großindustriellen → Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg. Er überbrachte 1895 dem Berliner Nationalökonomen → Adolph Wagner von Stumms Duellforderung, die den Anlaß für Max Weber gab, öffentlich in diese Auseinandersetzung einzugreifen. Vossler, Esther, geb. Gräfin Gnoli (25.6.1868–13.11.1922). Seit 1900 verheiratet mit → Karl Vossler. Tochter des italienischen Poeten und Literaturwissenschaftlers Graf Domenico Gnoli. Vossler, Karl (6.9.1872–18.5.1949). Romanist. 1897 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1899 Habilitation ebd., 1902 a.o. Professor ebd., 1909 o. Professor für Romanistik in Würzburg, 1911–38 und 1945–47 in München. Zahlreiche Schriften zur italienischen und spanischen Literaturgeschichte sowie über Sprachwissenschaft. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg. Waentig, Heinrich (21.3.1870–20.12.1943). Nationalökonom und Politiker. 1893 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1895 Habilitation in Marburg, 1897 a.o. Professor ebd., 1898 in Greifswald, 1899 o. Professor für Nationalökonomie ebd., 1902 in Münster, 1904 in Halle, 1909 in Tokio und 1913–27 erneut in Halle; 1921–27 MdprL für die SPD; Mitglied des Vereins für Socialpolitik. Arbeiten zur Entwicklung der Sozialwissenschaften. Wagner, Adolph (25.3.1835–8.11.1917). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1857 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen; 1858 Dozent für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Handelsakademie in Wien, 1864 o. Professor für Statistik an der Universität in Dorpat, 1868 o. Professor für Staatswissenschaften in Freiburg i.Br., 1870 in Berlin; führender deutscher Nationalökonom neben → Gustav Schmoller; Mitbegründer
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des Vereins für Socialpolitik; gründete 1878 zusammen mit → Adolf Stoekker die Christlich-soziale Arbeiterpartei, deren Ehrenvorsitzender er wurde; 1882–85 MdprAH für die Deutschkonservative Partei, seit 1910 MdprHH; 1890 Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses; Begutachter des Fragebogens zur Erhebung des Evangelisch-sozialen Kongresses über die Lage der Landarbeiter, den Max Weber zusammen mit → Paul Göhre 1892 ausarbeitete. 1895 wurde er in einen Streit mit dem saarländischen Schwerindustriellen → Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg über den sog. „Kathedersozialismus“ verwickelt; Max Weber ergriff für ihn in dieser Auseinandersetzung Partei. Wagner, Friedrich (Fritz) (9.1.1867–1943). Katholischer Theologe. Nach Konversion 1904 Priesterweihe, 1911 Habilitation, 1916–31 o. Professor für Moraltheologie in Breslau. Sohn des Nationalökonomen → Adolph Wagner, Schulfreund von → Alfred Weber, auch mit → Karl Weber befreundet, Verehrer von → Lili Weber. Walter, Julius (22.4.1841–14.7.1922). Philosoph. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Jena, 1873 Habilitation für Philosophie ebd., 1875 a.o. Professor in Königsberg, 1876–1908 o. Professor für Philosophie ebd. Werke zur griechischen Philosophie und Ästhetik im Altertum. Weber, Alfred (30.7.1868–2.5.1958). Nationalökonom, Soziologe, linksliberaler Politiker und Publizist. 1897 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1898 zweites juristisches Staatsexamen ebd., 1899 Habilitation für Nationalökonomie ebd.; 1904 o. Professor in Prag, 1908–33 und 1945–55 o. Professor für Nationalökonomie, seit 1926 auch für Soziologie in Heidelberg; 1933 aus politischen Gründen emeritiert. 1914–16 Kriegsdienst als Reserveoffizier; 1916–18 dienstverpflichteter Mitarbeiter im Reichsschatzamt in Berlin, 1918 Mitarbeiter im Bureau für Ostpolitik, Gründungsmitglied und von November bis Dezember 1918 Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der DDP. Arbeiten zur Hausindustrie, Standorttheorie, Kultursoziologie und Geschichtsphilosophie, zudem politische Aufsätze. Mitglied im Verein für Socialpolitik, 1897–1900 führende Mitarbeit u.a. an der Vereinserhebung über die Hausindustrie und die Heimarbeit, an der auch Max Weber mitwirkte. Seit 1909 Lebensgefährte von → Else Jaffé. Bruder von Max Weber. Weber, Arthur (1.2.1877–19.2.1952). Offizier. 1898 Leutnant, 1913 Hauptmann bei den Garde-Pionieren in Berlin. 1903 Eheschließung mit → Valborg Weber, geb. Jahn, Scheidung 1924; zweite Ehe mit Helene Weinstein. Bruder von Max Weber. Weber, Carl David (17.4.1824–21.7.1907). Fabrikant. Gründer der Leinenweberei in Oerlinghausen. Bruder von → Maximilian (Max) Weber sen., Großvater von → Marianne Weber und Onkel von Max Weber.
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Weber, Clara → Mommsen, Clara Weber, Emilie (Emily), geb. Brassert (18.8.1860–1.3.1949). Verheiratet mit Carl Weber. Weber, Helene, geb. Fallenstein (15.4.1844–14.10.1919). Tochter von Friedrich Georg Fallenstein und Emilie Fallenstein, geb. Souchay, heiratete 1863 → Maximilian (Max) Weber sen., Mutter von Max Weber. Zeitlebens starkes religiöses und soziales Engagement, u.a. im Charlottenburger Hauspflege-Verein, im Verein „Jugendheim“ und in der Charlottenburger Wohlfahrtszentrale; unterstützte → Friedrich Naumann; 1903 in die Armendirektion der Charlottenburger Stadtverwaltung berufen. Weber, Karl (3.10.1870–22.8.1915). Architekt. Regierungsbaumeister in der Kirchenbauabteilung des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, Schüler von → Karl Schäfer; 1907 Professor für Architektur an der TH Danzig, 1913 an der TH Hannover; vertrat eine an deutsche Bautraditionen anknüpfende Architektur und widmete sich der Wiederherstellung verschiedener Landkirchen, insbesondere 1904 der Schloßkirche von Dobrilugk in der Lausitz und der Klosterkirche in Oliva bei Danzig, baute das Kurhaus in Zoppot. Gefallen als Hauptmann der Reserve bei Brest-Litowsk; verlobt mit Martha Riegel. Bruder von Max Weber. Weber, Lili (26.7.1880–7.4.1920). Schwester von Max Weber; heiratete im August 1902 → Hermann Schäfer. Weber, Marianne, geb. Schnitger (2.8.1870–12.3.1954). Repräsentantin der Frauenbewegung und Schriftstellerin. Tochter von → Eduard Schnitger und Enkelin von → Carl David Weber. 1893 Heirat mit Max Weber; 1894–97 Studien bei → Heinrich Rickert in Freiburg i.Br.; ab 1897 in Heidelberg bei → Paul Hensel, Max Weber, → Wilhelm Windelband, Emil Lask und Karl Jaspers. Publizierte 1900 die zunächst als Dissertation geplante Studie über „Fichtes Sozialismus und sein Verhältnis zur Marx’schen Doktrin“. 1897 Vorsitzende der neu gegründeten Heidelberger Abteilung des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium, ab 1900 Vorstandsmitglied und 1919–21 Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine; 1919 Mitglied der verfassunggebenden Badischen Nationalversammlung für die DDP. Nach dem Tod Max Webers Rückkehr nach Heidelberg und Herausgabe seiner nachgelassenen Manuskripte zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ sowie seiner Aufsätze in mehreren Sammelbänden; 1926 Veröffentlichung von „Max Weber. Ein Lebensbild“. Für ihr Buch „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“ (1907) erhielt sie 1924 den Grad eines Ehrendoktors der Universität Heidelberg. Veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Bücher zur Frauenfrage und zur Neubestimmung weiblicher Leitbilder.
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Weber, Maximilian (Max) sen. (31.5.1836–10.8.1897). Jurist und nationalliberaler Politiker. Studium in Göttingen und Berlin. 1858 Promotion zum Dr. jur. utr. aufgrund zweier Exegesen in lateinischer Sprache. 1862–69 Stadtrat in Erfurt, 1869–93 in Berlin; 1872–77 und 1879–84 MdR, 1868–82, 1884–97 MdprAH, Mitglied der preußischen Staatsschulden-Kommission und der Reichsschulden-Kommission; Führendes Mitglied der Nationalliberalen Partei. Verheiratet mit → Helene Weber. Vater von Max Weber. Weber, Ottilie (31.5.1836–20.10.1912). Zwillingsschwester von → Maximilian (Max) Weber sen., lebte unverheiratet in Oerlinghausen. Tante von Max Weber. Weber, Otto (jun.) (3.12.1873–1928). Kaufmann. Lebte ab 1902 in New York, wo er für die Firma G. Amsinck & Co. tätig war. Enkel von Karl August Weber. Cousin von Max Weber. Weber, Valborg → Jahn, Valborg Wedel, Frl. von (?–?). Freundin der Berliner Malerin → Marie Davids. → Marianne Weber lernte sie 1892 während ihres Zeichenkurses bei Marie Davids in Berlin kennen. Weech, Friedrich von (16.10.1837–17.11.1905). Historiker und Archivar. 1860 Promotion zum Dr. phil. in München, Mitarbeit bei der Herausgabe der „Deutschen Städtechroniken“, 1862 Habilitation in Freiburg i.Br., 1864 Berufung an die großherzogliche Hofbibliothek in Karlsruhe, 1868 Ernennung zum Archivrat, 1885 zum Direktor des Generallandesarchivs Karlsruhe, in seiner Amtszeit begann die Herausgabe der „Inventare des Großherzoglich Badischen General-Landesarchivs“; seit 1868 Mitherausgeber der „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins“; 1875 und 1881 Herausgeber der „Badischen Biographien“; 1883–1905 Sekretär der Badischen Historischen Kommission, deren ordentliches Mitglied Max Weber zwischen 1896 und 1904 war. Wegener, Leo (16.12.1870–11.7.1936). Nationalökonom. 1903 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; zunächst Wanderlehrer, dann Leiter der Geschäftsstelle des Deutschen Ostmarkenvereins in Posen; langjähriger Direktor der deutschen Genossenschaften sowie Vorsitzender der historischen Gesellschaft in Posen; in den 20er Jahren Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“. Schüler von Max Weber, der ihn zu seiner Dissertation „Der wirtschaftliche Kampf der Deutschen mit den Polen um die Provinz Posen“ anregte, in der er, ganz im Geiste der Freiburger Antrittsrede Max Webers, diesen „Kampf“ als einen „ökonomischen Ausleseprozeß der Nationalitäten“ interpretierte und auf der Ebene der Landgemeinden, Gutsbezirke und Städte analysierte.
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Weinhausen, Friedrich (19.7.1867–28.8.1925). Evangelischer Theologe, Schriftsteller und Politiker. 1895 Redakteur der von → Friedrich Naumann gegründeten Zeitschrift „Die Hilfe“; 1896 Gründungsmitglied des Nationalsozialen Vereins; 1903–10 Generalsekretär der Freisinnigen Vereinigung; 1912–18 MdR für die Fortschrittliche Volkspartei; 1919/20 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, 1920/21 MdR für die DDP. Veröffentlichungen über Gewerkschafts- und Genossenschaftswesen. Weizsäcker, Carl Heinrich (seit 1861) von (11.12.1822–13.8.1899). Evangelischer Theologe. 1847 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, im gleichen Jahr Habilitation an der theologischen Fakultät ebd.; 1848 Nomination und Tätigkeit als Pfarrer, 1851 Berufung zum Kaplan am Hof des württembergischen Königs in Stuttgart, 1856 im Nebenamt Hilfsarbeiter im Ministerium des Kirchen- und Schulwesens, 1859 Ernennung zum Oberkonsistorialrat; 1861–99 o. Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen; 1890–99 Kanzler ebd.; Mitglied der Zweiten Kammer des württembergischen Landtags. Wellhausen, Julius (17.5.1844–7.1.1918). Evangelischer Theologe und Orientalist. 1870 Habilitation in Göttingen, 1872 o. Professor für Altes Testament in Greifswald, 1882 auf eigenen Antrag Entlassung und Privatdozent für semitische Sprachen in Halle, dann a.o. Professor ebd., 1885 o. Professor für semitische Sprachen in Marburg, 1892 in Göttingen. Wirkte in seiner Zeit bahnbrechend durch seine kritischen Untersuchungen über das Alte Testament. Welsch, Ada (?–?). Lebte im Frühjahr 1896 mehrere Wochen bei Max und → Marianne Weber in Freiburg i.Br. Welti, Lilly (?–?). Im März/April 1902 wie Max und → Marianne Weber Gast in der Pension Clerc in Florenz. Wenckstern, Adolph von (4.10.1862–21.10.1914). Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin; 1893–95 Professor in Tokio für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, 1896 Habilitation in Berlin, 1901 a.o. Professor ebd., 1905 in Greifswald, 1906 o. Professor in Breslau. Veröffentlichungen zu nationalökonomischen und sozialwissenschaftlichen Theorien, u.a. über Karl Marx und den Sozialismus, über Flotten- und Handelspolitik. Mitglied des Vereins für Socialpolitik und während seiner Berliner Zeit enger Mitarbeiter → Gustav Schmollers. Weser, Max (?–?). Pensionsbesitzer in Rom, Via Sistina 42. Wiedenfeld, Kurt (30.9.1871–25.12.1955). Nationalökonom. 1892 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig, 1900 zum Dr. phil. in Berlin, 1902 Habilitation ebd.; 1903 Professor an der Akademie in Posen, 1904–14 Professor für Staats-
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wissenschaften an der Handelshochschule Köln, 1914 o. Professor in Halle; 1897–1903 Redakteur der Verkehrszeitschriften im Preußischen Ministerium für Öffentliche Arbeiten; 1915–18 stellvertretender Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission und 1916–18 wirtschaftlicher Generalreferent in der Kriegsrohstoffabteilung des Preußischen Kriegsministeriums, 1918–21 Leiter der Abteilung Außenhandelsförderung im Auswärtigen Amt. Arbeiten zum Getreidehandel und über die ökonomische Bedeutung des Transportwesens; nach 1910 Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“. Wildermuth, Hermann Adalbert (28.4.1852–22.5.1907). Nervenarzt. 1876 Promotion zum Dr. med. in Tübingen, 1878 Assistenzarzt der Chirurgischen Abteilung des Stuttgarter Katharinenhospitals, 1879 psychiatrische Ausbildung in der Privatanstalt Christophsbad in Göppingen, 1880–89 ärztlicher Vorstand der „Heil- und Pflegeanstalt für Schwachsinnige und Epileptische“ in Stetten im Remstal, 1889 Niederlassung als Nervenarzt in Stuttgart, 1890–1907 medizinischer Leiter des mit seiner Schwester Adelheid geführten „Ottilienhaus“ in Stuttgart, einem Privatsanatorium für weibliche und jugendliche Nervenkranke. Zahlreiche Arbeiten zu Epilepsie und „Idiotie“. Wilhelm III. → William III. von Oranien William III. von Oranien (14.11.1650–19.3.1702). König von England, Schottland und Irland (1689–1702). Erhielt 1689 zusammen mit seiner Frau Mary (II.) Stuart durch die Oppositionsbewegung gegen James II. die englische Krone, um eine protestantische Thronfolge zu sichern („Glorious Revolution“). Beide mußten zuvor der Bill of Rights zustimmen, wodurch die Entwicklung zur konstitutionellen Monarchie eingeleitet wurde; 1690 endgültiger Sieg über James II. Windelband, Wilhelm (11.5.1848–22.10.1915). Philosoph. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1873 Habilitation in Leipzig; 1876 o. Professor für Philosophie in Zürich, 1877 in Freiburg i. Br., 1882 in Straßburg und 1903– 15 in Heidelberg; Neben → Heinrich Rickert führender Repräsentant des südwestdeutschen Neukantianismus. Förderte die Berufung Heinrich Rickerts auf den Freiburger Lehrstuhl für Philosophie 1896. Wittich, Werner (5.8.1867–11.8.1937). Nationalökonom. 1891 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1895 Habilitation und Privatdozent ebd.; 1901–08 a.o. Professor für Politische Ökonomie, zunächst ohne, 1909–18 mit Besoldung ebd.; 1919 Annahme der französischen Staatsbürgerschaft; diverse Lehraufträge; bis zu seinem Tode im Elsaß lebend, wo sein Landgut Langenschloessel nach 1933 erste Anlaufstelle zahlreicher Emigranten war. Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte sowie zur Kultur des Elsaß, in den 1890er Jahren zur Agrargeschichte,
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insbesondere zur Grundherrschaft Nordwestdeutschlands. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Woerishoffer → Wörishoffer, Friedrich Wolf, Julius (20.4.1862–1.5.1937). Nationalökonom. 1884 Promotion zum Dr. sc. pol. bei → Friedrich Julius Neumann in Tübingen, 1885 Habilitation in Zürich; 1888 a.o., 1889 o. Professor für Nationalökonomie ebd., 1897 in Breslau, 1913–23 an der TH in Berlin; Mitbegründer und Herausgeber der „Zeitschrift für Socialwissenschaft“; nach dem Ersten Weltkrieg an der Neuordnung der Notenbank und an Steuerreformen beteiligt; Betreuer der Promotion von Rosa Luxemburg; erklärter Gegner des sog. „Kathedersozialismus“ und der „ethischen Nationalökonomie“. Wollf (auch: Wolff), Karl (1876–Juni 1952). Jurist, Dramaturg und Schriftsteller. Promotion zum Dr. jur.; Rechtsanwalt; 1904–12 Dramaturgischer Beirat am Großherzoglichen Hoftheater Karlsruhe; später Schriftsteller; 1941 Emigration nach London; Mitglied im Vorstand des PEN-Clubs deutscher Autoren im Ausland. Beabsichtigte 1899/1900 eine Arbeit über die badische Gewerbeverfassung und Gewerbepolitik bei Max Weber zu schreiben; Max Weber empfahl ihn beim Generallandesarchiv Karlsruhe. Wörishoffer, Friedrich (16.5.1839–18.7.1902). Badischer Beamter und Sozialpolitiker. 1855–59 Studium des Ingenieurwesens an der TH Karlsruhe; 1859 Eintritt in den badischen Eisenbahndienst; 1879 Ernennung zum ersten badischen Fabrikinspektor. Nach der Umorganisation des Amtes seit 1892 erster Vorstand der badischen Fabrikinspektion. Führte im Auftrag des badischen Innenministeriums Erhebungen über die soziale Lage der Zigarrenarbeiter in Baden (1890) sowie der Fabrikarbeiter in Mannheim (1891) durch; als Vorstand der badischen Fabrikinspektion und auf Empfehlung Max Webers förderte er die Einstellung Else von Richthofens (→ Else Jaffé) als erste Fabrikinspektorin Badens. Wuttke, Robert (9.6.1859–18.7.1914). Nationalökonom und Volkskundler. 1886 Promotion zum Dr. jur. in Straßburg, 1889 zum Dr. phil. in Heidelberg; 1895–1913 Dozent der Volkswirtschaft an der Gehe-Stiftung in Dresden; 1900–1902 Dozent an der Forstakademie Tharandt; seit 1903 o. Professor für Nationalökonomie und Statistik an der TH Dresden. Zapf, Gustav (?–?). Mitarbeiter des Verlags J.C.B. Mohr (Paul Siebeck); Stellvertreter → Paul Siebecks im Verlag. Zeller, Hermann von (1.8.1849–22.1.1937). Jurist und Nationalökonom. 1871 erstes Referendarexamen und anschließend Tätigkeit in der Finanzverwaltung, 1873 nach dem zweiten Dienstexamen Tätigkeit im Kameralamt Ludwigsburg, später in Stuttgart, 1877 Aufstieg in den höheren Finanzdienst,
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1878–93 Sachverständiger zur Beratung von Steuergesetzen, 1894 kurzfristige Entsendung als stellvertretender Bundesratsbevollmächtiger nach Berlin, seit 1894 Direktor des Stuttgarter Statistischen Landesamtes, 1904 Berufung zum Präsidenten des Steuerkollegiums zur Einführung der Einkommensteuer; seit 1880 ehrenamtlicher Armenpfleger, 1904–12 Mitglied der württembergischen Landessynode, seit 1907 deren Präsident, 1912 Ernennung zum Konsistorialpräsidenten. Ziegler, Ernst (17.3.1849–30.11.1905). Schweizer Pathologe. 1872 Promotion zum Dr. med. in Bern, 1875 Habilitation in Würzburg; 1878 a.o. Professor in Freiburg i.Br., 1881 o. Professor in Zürich, 1882 in Tübingen, 1889 in Freiburg. Vater von → Tilla Rosalin Schmidt. Ziegler, Minna, geb. Binder (?–1917). Verheiratet mit → Theobald Ziegler. Ziegler, Rosalie Elise, geb. Studer (31.3.1852–7.12.1940). Verheiratet mit → Ernst Ziegler. Mutter von → Tilla Rosalin Schmidt. Ziegler, Theobald (9.2.1846–1.9.1918). Philosoph und Pädagoge. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie in Tübingen Gymnasiallehrer in Heilbronn, am Stift in Tübingen, Winterthur und Baden-Baden; 1882 Konrektor des protestantischen Gymnasiums in Straßburg; 1884 Habilitation an der Universität Straßburg; seit 1886 o. Professor für Philosophie ebd. Zola, Émile François (2.4.1840–29.9.1902). Französischer Schriftsteller und Journalist.
Verwandtschaftstafeln
Die nachfolgenden Tafeln erfassen die Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein, dem Großvater Max Webers, und Carl David Weber, einem Onkel Max Webers und Großvater Marianne Webers. Vorangestellt ist eine vereinfachte Darstellung der Verwandtschaftsbeziehung zwischen Max und Marianne Weber, die die vier weiteren Geschwister von Max Webers Vater unberücksichtigt läßt. ln den Tafeln werden die Familienangehörigen im Generationszusammenhang von Max Weber vollständig aufgeführt: die nachfolgende Generation seiner Neffen und Nichten wird jedoch vernachlässigt. Die Angaben entstammen: Döhner, Otto, Das Hugenottengeschlecht Souchay de Ia Duboissière und seine Nachkommen, in: Deutsches Familienarchiv, Bd. 19. – Neustadt a. d. Aisch: Degener 1961, S. 316 ff., und: Hamburgisches Geschlechterbuch, bearb. von Hildegard von Marchtaler, 10. Hamburger Band (Deutsches Geschlechterbuch, Bd. 128). – Limburg a. d. Lahn: Starke 1962, S. 441 f. Darüber hinaus konnten durch Auskünfte von Standes- und Kirchenämtern, Stadt-, Landes- und Firmenarchiven sowie von Familienangehörigen zahlreiche weitere Angaben ermittelt werden. Nicht in jedem Falle war es möglich, die Lebensdaten festzustellen. Besonderen Dank schulden die Herausgeber Dr. Max Weber-Schäfer, Konstanz, Prof. Dr. Ernst Walter Zeeden, Tübingen, Frau Helen Fallenstein Carroll, Fort Lauderdale, Florida, Frau Erline Miller, Mount Airy, North Carolina, sowie Herrn Hans-Gerd Warneken, Oerlinghausen.
Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Max und Marianne Weber Karl August Weber (1796–1872) 䊊䊊 Marie Lucie Wilmans (1804–1882) Carl David Weber (1824–1907) 䊊䊊 Marianne Niemann (1831–1871) I Anna Weber (1851–1873) 䊊䊊 Eduard Schnitger (1844–1903) I Marianne Schnitger
Max Weber (sen.) (1836–1897) 䊊䊊 Helene Fallenstein (1844–1919) I Max Weber
Die vier weiteren Kinder von Karl August Weber und Marie Lucie Wilmans sind: Alwine Weber (1826–1864) 䊊䊊 Werner Nasse (1822–1889); Otto Weber (1829–1889) 䊊䊊 Emilie Röltgen (1836– ); Leopold Weber (1833–1876) 䊊䊊 Marianne Davies (1838– ); Ottilie Weber (1836–1912).
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Verwandtschaftstafeln
Nachfahren von Carl David Weber Carl David Weber (1824–1907) 䊊䊊 Marianne Niemann (1831–1871) Anna Weber Hertha Weber (1851–1873) (1853–1934) 䊊䊊 Eduard Schnitger 䊊䊊 Karl Möller (1844–1903) (1837–1918) Marianne Schnitger (1870–1954) 䊊䊊 Max Weber (1864–1920)
Alwine Weber (1855–1936) 䊊䊊 Bruno Müller (1848–1913)
Carl Weber (1858–1923) 䊊䊊 Emilie Brassert (1860–1949)
Eleonore Weber (1861–1948) 䊊䊊 Wilhelm Müller (1850–1915)
Anna Möller (1873–1915) 䊊䊊 Hermann Castendyk (1864 – )
Georg Müller (1878–1954) 䊊䊊 Lili Tiemann (1887–1939)
Erich Müller (1883–1960) 䊊䊊 Else Schulz (1896–1971)
Erwin Möller (1874–1927)
Richard Müller (1882–1937) 䊊䊊 Traute Riedel (1889–1952)
lna Müller (1887–1947) 䊊䊊 Max H. D. Pfeffer
Elfriede Möller (1877–1924) 䊊䊊 Wilhelm Luyken (1875–1933) Eleonore Möller (1879–1947) 䊊䊊 Wilhelm Lamping (1861–1929) Bruno Möller (1881–1914) Hildegard Möller (1883–1916) 䊊䊊 Otto Luyken (1878–1929) Harald Möller (1894–1923)
Wolfgang Müller (1884–1958) 䊊䊊 1. Elisabeth Huxholl (1884–1948) 䊊䊊 2. Luise von Conta (1896–1975) Marianne Müller (1886–1934) 䊊䊊 Konrad Zeeden (1879–1925) Roland Müller (1890–1916) Berthold Müller (1893–1979) 䊊䊊 1. Jenny Wiegmann (1895–1969) 䊊䊊 2. Emily Sturm (1901–1992)
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Verwandtschaftstafeln
Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein Georg Friedrich Fallenstein (1790–1853) 䊊䊊 1. Elisabeth Benecke (1792–1831) Adalbert (Gustav) Roderich Fallenstein Otto T. Fallenstein Laura Fallenstein Fallenstein (1818–1865) (1820–1899) (1815–1890) 䊊䊊 Henriette Hageböck 䊊䊊 1. Alice Thompson 䊊䊊 Carl Gustav Bunge (1811– ) (1830–1852) (1811–1884) 䊊䊊 2. Elisabeth Beresford Campbell (1830–1878)
Friedrich (Fritz) Elisabeth Fallenstein Fallenstein, (1827–1901) ab 1837 Francis Miller 䊊䊊 Julius Jolly (1823–1891) (1822–1897) 䊊䊊 Mary Ann Stoneman (1827–1894)
Frederick Fallenstein (1849–1849)
Betty Bunge (1842–1860)
James Miller (1845–1861)
Emily Fallenstein (1850–1883) 䊊䊊 Otto Baumgarten (1858–1934)
Emilie Bunge (1843–1899) 䊊䊊 Julius Bunge (1838–1908)
Jefferson Miller (1847–1932) 䊊䊊 Amanda Hill (1849–1943)
Julia Bunge (1843–1876) 䊊䊊 Alexander Bunge (1841–1911)
Alexander Miller (1849–1857)
Emil Fallenstein (1849–1906) 䊊䊊 Mary Gelmer (1848–1881)
Frank T. Fallenstein (1858–1929) 䊊䊊 1. Elisa Fleming (1861–1892) 䊊䊊 2. Ellen E. Tickle (1858–1916)
Julius Fallenstein (1854– )
Charles Fallenstein (1862–1862)
Laura Fallenstein (1854–1908) 䊊䊊 Max Erbe
Laura Fallenstein (1863–1930) 䊊䊊 Otto von Klock (1864–1934)
Heinrich Fallenstein (1845–1882) 䊊䊊 Auguste? Friedrich (Fritz) Fallenstein (1847–1928) 䊊䊊 Marie Jolly (1859–1936)
Roderich (Rodrigo) Fallenstein (1858– ) 䊊䊊 Carolina Wendt Ottilie Fallenstein
Ernst Bunge (1846–1933) 䊊䊊 Charlotte von Gemmingen (1860–1948)
Hugh Miller (1851–1925) 䊊䊊 Mary J. Brindle (1856– ) Julius Miller (1854–1870)
Marie Bunge (1848–1937) 䊊䊊 Moritz Huffmann (1847–1921)
Elizabeth Miller (1856–1914) 䊊䊊 Robert Rawley (1841–1926)
Eduard Bunge (1851–1927) 䊊䊊 Sophia Maria Karcher (1863–1907)
Charles Miller (1858–1885) 䊊䊊 Mary Lou Sousa George Miller (1862–1903) 䊊䊊 Amanda King William (Bill) Miller (1866–1949) 䊊䊊 Magnolia (Nola) Brittain (1871–1959) Emil James (Jim) Miller (1868–1918) 䊊䊊 Maggie A. Johnson (1869–1941)
Julius Jolly (1856–1898) 䊊䊊 Julie Nicolai (1859–1922) Philipp Jolly (1857–1923) 䊊䊊 Emilie Hausrath (1870–1934) Marie Jolly (1859–1936) 䊊䊊 Friedrich (Fritz) Fallenstein (1847–1928) Elisabeth Jolly (1864–1937) 䊊䊊 Karl Heil (1848–1906)
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Verwandtschaftstafeln
Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein Georg Friedrich Fallenstein (1790–1853) 䊊䊊 2. Emilie Souchay (1805–1881) Henriette Fallenstein Carl Fallenstein Helene Fallenstein lda Fallenstein (1840–1895) (1842–1843) (1844–1919) (1837–1899) 䊊䊊 Hermann Baumgarten 䊊䊊 Adolf Hausrath 䊊䊊 Max Weber (sen.) (1825–1893) (1837–1909) (1836–1897) Fritz Baumgarten (1856–1913) 䊊䊊 Else Georgii (1859–1924) Otto Baumgarten (1858–1934) 䊊䊊 Emily Fallenstein (1850–1883) Hermann Baumgarten (1861–1865) Elisabeth Baumgarten (1863–1864) Emmy Baumgarten (1865–1946) Anna Baumgarten (1868–1943)
August Hausrath (1865–1944)
Max Weber (1864–1920) 䊊䊊 Marianne Schnitger (1870–1954)
Emilie Fallenstein Eduard Fallenstein (1846–1922) (1848–1871) 䊊䊊 Ernst Wilhelm Benecke (1838–1917) Dora Benecke (1867–1951)
Anna Weber (1866–1866)
Wilhelm Benecke (1868–1946) 䊊䊊 Martha Heseler (1877–1957)
Laura Hausrath (1867–1928)
Alfred Weber (1868–1958)
Helene Benecke (1870–1878)
Pauline Hausrath (1869–1869)
Karl Weber (1870–1915)
Elisabeth Benecke (1871–1872)
Emilie Hausrath (1870–1934) 䊊䊊 Philipp Jolly (1857–1923)
Helene Weber (1873–1877)
Marie Benecke (1873–1956) 䊊䊊 Arthur Schmidt-Brücken (1861–1940)
Hans Hausrath (1866–1945) 䊊䊊 Martha Brauer (1879–1955)
lda Baumgarten (1870–1871)
Paula Hausrath (1872–1958) 䊊䊊 Georg Schmidt (1860–1935)
Helene Baumgarten (1873–1880)
Ernst Hausrath (1873–1876) Maria Hausrath (1875–1894) Margarete Hausrath (1877–1965) Erich Hausrath (1878–1879) Lilli Hausrath (1882–1965) 䊊䊊 Fritz Hermann (1871–1929)
Clara Weber (1875–1953) 䊊䊊 Ernst Mommsen (1863–1930) Arthur Weber (1877–1952) 䊊䊊 1. Valborg Jahn (1878–1959) 䊊䊊 2. Helene Weinstein (1892– ) Lili Weber (1880–1920) 䊊䊊 Hermann Schäfer (1871–1914)
Auguste Benecke (1874–1952) 䊊䊊 Martin Schmidt (1863–1949) Margarete Benecke (1877–1960) 䊊䊊 Carl-August Beneke (1860–1929) Otto Benecke (1879–1903) Elfriede Benecke (1882–1940) Hans Benecke (1884–1898)
Register der Briefempfänger
Arnsperger, Ludwig 12. Dez. 1896, 244 f.; 15. Dez. 1896, 248–254; 27. Dez. 1899, 705 f., 8. Jan. 1900, 717; 8. März 1900, 728–731; 23. April 1900, 724 f.; 3. April 1902, 819 f. Bassermann, Heinrich 17. Jan. 1897, 279; 25. Jan. 1897, 284 Baumgarten, Emmy 30. Jan. 1898, 462–464; 18. Febr. 1898, 468 f.; 20. Juni 1899, 669 f. Baumgarten, Fritz 3. Aug. 1895, 95 f.; 19. Aug. 1895, 106 f.; 24. Aug. 1895, 112 f.; 1. Sept. 1895, 128–130; 6. Sept. 1895, 131 f.; 10. Sept. 1895, 143 f.; 12. Sept. 1895, 145 f.; 21. Juni 1899, 671 Benecke, Emilie 4. Febr. 1898, 465–467; 13. Mai 1898, 484 f. Bezold, Carl 15. Mai 1898, 488; vor oder am 16. Juli 1902, 853 Bissing, Ferdinand 27. Juli 1895, 92 Böhm, Franz 16. Mai 1902, 843 f.; 22. Mai 1902, 845 Böhtlingk, Arthur 8. Jan. 1899, 625–628 Brentano, Lujo 11. März 1896, 162–164; 25. Dez. 1896, 261 f.; 1. Jan. 1897, 267 f.; 4. Jan. 1897, 274 f.; 12. Jan. 1897, 276–278; 4. Juli 1897, 364 f. Buchenberger, Adolf 26. Juli 1899, 689–691 Bücher, Karl 21. Dez. 1896, 255–257; 25. Dez. 1896, 263–265; 1. Jan. 1897, 269 f. David, Heinrich 5. Juli 1899, 674–677 Delbrück, Hans 26. Juli 1895, 90 f.; 30. Juli 1897, 374 f. Engerer Senat der Universität Heidelberg 4. April 1897, 311; 12. April 1897, 312; 19. Mai 1897, 331; 1. Juni 1897, 334; 1. Juni 1897, 335; 5. Juli 1897, 366; 3. Aug. 1897, 380 f.; 3. Aug. 1897, 382 Francke, Ernst 23. oder 24. März. 1899, 647; 25. März 1899, 648
Fuchs, Carl Johannes 20. Febr. 1897, 291; 24. Febr. 1897, 292–294; 2. März 1897, 295 f.; 10. März 1897, 297 f.; 1. Juni 1897, 336 f.; 19. Juni 1897, 348 f.; 24. Juni 1897, 356–358; 2. Juli 1897, 361–363; 25. Mai 1898, 489–491; 7. Juli 1898, 506–509; 21. Juli 1898, 517 f.; 25. März 1899, 649; 2. Okt. 1899, 699 f.; 28. Juni 1902, 850–852 Großherzogliches Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts, Karlsruhe 20. März 1897, 301; 30. März 1897, 304–309; 12. April 1897, 313 f.; 16. Juli 1898, 515 f.; 5. Okt. 1898, 585 f.; 12. April 1899, 652 f.; 7. Jan. 1900, 711–714; 4. April 1900, 732 f.; 5. Juni 1900, 740; 17. Nov. 1900, 774; 4. Juni 1901, 775 f.; 26. März 1902, 813–815; 26. März 1902, 817 f. Hartmann, Ludo Moritz 21. Jan. 1896, 161 Hasse, Ernst 22. April 1899, 658–660 Hausrath, Adolf 13. Okt. 1896, 214 f.; 15. Okt. 1896, 216–218; 9. Nov. 1896, 223 f. Jellinek, Georg 6. Juli 1896, 201 f.; 12. Dez. 1896, 246 f. Klee, Alfred 29. Juni 1900, 742 f.; 23. Okt. 1901, 795; 30. Nov. 1901, 799–801; 14. Dez. 1901, 802; 7. Jan. 1902, 803; 16. Jan. 1902, 804 Kluge, Friedrich 22. Dez. 1895, 155–160; 9. Mai 1896, 198 f.; 16. Juli 1896, 203 f. Lang, Otto nach dem 27. März 1896, 176 f. Losch, Hermann 30. Juli 1897, 376 f. Mommsen, Clara 11. Nov. 1896, 225 f.; 9. Mai 1897, 323 f.
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Register der Briefempfänger
Naumann, Friedrich 22. Sept. 1895, 147 f.; 12. April 1896, 184–186; 22. April 1896, 192; 29. April 1896, 193 f.; 13. Aug. 1896, 209 f.; vor oder am 9. Sept. 1896, 213; 9. Dez. 1896, 239–241; 28. Okt. 1897, 454–456; 19. Juni 1898, 496–498 Neumann, Carl 14. März 1898, 473 f.; 11. Nov. 1901, 796–798 Neumann, Friedrich 12. April 1899, 651 Nokk, Wilhelm 7. Jan. 1900, 715 f. Oldenberg, Karl 18. Jan. 1895, 60–62; 28. Jan. 1895, 63 f. Philippovich, Eugen von 20. Jan. 1900, 718–720; 21. Jan. 1900, 721 f.; 26. Jan. 1900, 723–725; 1. Febr. 1900, 727 Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg 17. Nov. 1900, 773; 5. Juni 1901, 777; 26. März 1902, 816; 24. Mai 1902, 849 Quästur der Universität Heidelberg 17. Okt. 1898, 590 Rade, Martin 12. April 1896, 187; 7. Dez. 1896, 236–238 Reichsamt des Innern 7. Nov. 1896, 221 f. Rickert, Heinrich 21. April 1896, 191; 22. Juli 1896, 205 f.; 31. März 1897, 310; 12. Jan. 1898, 457 f.; 19. Jan. 1898, 459 f. Schäfer, Dietrich 5. Okt. 1898, 584; 26. Okt. 1898, 591 f.; 15. Mai 1899, 662 Schmoller, Gustav 15. März 1895, 78; 12. Juli 1898, 510–514; 24. Sept. 1898, 582 f.; 2. März 1899, 644–646; 14. Juli 1899, 683–685; 15. Juli 1899, 686 Seligmann, Edwin R. A. 22. März 1897, 302 f. Siebeck, Paul 18. Mai 1895, 84 f.; vor oder am 27. Mai 1895, 86; vor oder am 27. Juni 1895, 88; zwischen dem 27. Juni und 6. Juli 1895, 89; 7. Aug. 1895, 94; 23. Sept. 1895, 149; 14. Mai 1896, 200; 1. Nov. 1896, 219 f.; 9. Febr. 1897, 290; 26. April 1897, 317 f.; 30. April 1897, 319 f.; 5. Mai 1897, 321 f.; 19. Mai 1897, 332 f.; 28. Juli 1897, 371 f.; 30. Juli 1897, 378 f.; 8. Aug. 1897, 383 f.; 13. März 1898, 471 f.; 27. März 1898, 476 f.;
29. März 1898, 478 f.; 10. April 1898, 480; 13. Mai 1898, 486 f.; 28. Mai 1898, 492 f.; 3. Juni 1898, 494 f.; 30. Juli 1898, 527 f.; 23. Aug. 1898, 568 f.; 12. Sept. 1898, 579–581; 15. Okt. 1898, 588 f.; 8. Nov. 1898, 593 f.; 21. Nov. 1898, 595; 1. Dez. 1898, 596 f.; 7. Dez. 1898, 598; vor oder am 12. Dez. 1898, 599 f.; 14. Dez. 1898, 603–605; 17. Dez. 1898, 606; 18. Dez. 1898, 607–610; 19. Dez. 1898, 611–613; 20. Dez. 1898, 614–617; 26. Dez. 1898, 618–620; 30. Dez. 1898, 621 f.; 6. Jan. 1898, 623 f.; 10. Jan. 1899, 629; 22. Jan. 1899, 630 f.; 30. Jan. 1899, 632; 2. Febr. 1899, 633 f.; 3. Febr. 1899, 635 f.; 4. Febr. 1899, 637–639; 6. Febr. 1899, 640; vor oder am 13. Febr. 1899, 641; 25. Febr. 1899, 642 f.; 28. März 1899, 650; 1. Juli 1899, 672 f.; 8. Juli 1899, 679 f.; 13. Juli 1899, 681 f.; 23. Juli 1899, 687; 2. Okt. 1899, 698; 6. Nov. 1899, 701 f.; 8. Nov. 1899, 703; 20. Nov. 1899, 704; 31. Dez. 1899, 709 f.; 27. Jan. 1900, 726; 28. Mai 1900, 736 f.; 3. Juni 1900, 738 f.; vor oder am 11. Juni 1900, 741; 1. Okt. 1900, 764; 25. Okt. 1900, 770; 13. Nov. 1900, 771 f.; 11. Febr. 1902, 805–807; 13. Febr. 1902, 808; 8. März 1902, 809–812; 12. Sept. 1902, 857–859 Sieveking, Heinrich nach dem 28. Jan. 1897, 285 f.; 20. April 1897, 315 f.; 20. Juni 1898, 499 f.; nach dem 10. Juni 1899, 665 Sombart, Werner 8. Febr. 1897, 287–289 Verlag H. Laupp 15. oder 16. April 1899, 657; 22. April 1899, 661; 3. Juni 1899, 663 f.; 12. Juni 1899, 666–668; 7. Juli 1899, 678; 23. Mai 1902, 846 Verlag J.C.B. Mohr 20. Juni 1895, 87; 4. Aug. 1895, 93; 27. Juni 1897, 359; 29. Juni 1897, 360; 13. Juli 1897, 367; 20. Juli 1897, 370; zwischen dem 4. und 18. Sept. 1897, 435 Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 5. Jan. 1895, 49 f.; zwischen dem 12. und 31. März 1895, 79; 26. März 1896, 171 f.; 31. Juli 1896, 207; 8. Aug. 1896, 208; 30. Aug. 1896, 211; 4. Sept. 1896, 212; 28. Juli 1897, 373; 16. März 1898, 475
Register der Briefempfänger Wagner, Adolph vor dem 12. Jan. 1895, 53; 14. März 1895, 76 f.; 21. Dez. 1896, 258 f.; 1. Jan. 1897, 271–273; 4. Juli 1898, 503 f. Weber, Alfred 2. Jan. 1895, 45–48; 15. Jan. 1895, 54–56; 28. Jan. 1895, 65 f.; 1. Febr. 1895, 67 f.; 24. Febr. 1895, 71–73; 27. Febr. 1895, 74 f.; 17. Mai 1895, 80–83; 17. Jan. 1897, 280–283; 14. Mai 1897, 325–327; am oder nach dem 16. Mai 1897, 330; zwischen dem 31. Mai und 5. Juni 1897, 338–340; 10. Juni 1897, 341 f.; 15. Juni 1897, 343–347; 19. Juni 1897, 350–352; am oder nach dem 22. Juni 1897, 353 f.; 23. Juni 1897, 355; 13. Juli 1897, 368 f.; 29. Jan. 1898, 461; 18. Febr. 1898, 470; 2. Juli 1898, 501 f.; 5. Juli 1898, 505; 2. Aug. 1899, 695–697; am oder nach dem 18. Febr. 1900, 728; vor dem 30. Juli 1902, 854–856 Weber, Clara 11. Febr. 1895, 69 f. Weber, Helene 14. Aug. 1895, 97–100; 17. und 18. Aug. 1895, 101–105, 22. Aug. 1895, 108–111; 24. Aug. 1895, 114–116; 28. Aug. 1895, 117–121; 1. Sept. 1895, 122–127; 7., 8. und 9. Sept. 1895, 133–142; 14. April 1896, 188–190; 2. Mai 1896, 195–197; Weihnachten 1896, 266; 29. Aug. 1897, 385–390; 30. Aug. 1897, 391–393; 1. Sept, 1897, 394–404; 2. Sept. 1897, 405–407; 5. Sept. 1897, 408–415; 7. Sept. 1897, 416–420; 8. Sept. 1897, 421–423; 10. Sept. 1897, 424–426; 12. Sept. 1897, 427–434; 18., 19. und 20. Sept. 1897, 436–447; 17. Okt. 1897, 448–451; 14. April 1898, 481–483; 13. Dez. 1898, 601 f.; 13. April 1899, 654–656; 12. April 1902, 828–831; 15. Sept. 1902, 860 f. Weber, Lili 17. März 1897, 299 f. Weber, Marianne 10. Jan. 1895, 51 f.; 15. Jan. 1895, 57–59; 4. Okt. 1895, 150–153; 8. Okt. 1895, 154; 16. März 1896, 165–167; 24. März 1896, 168–170; 26. März 1896, 173–175; 30. März 1896, 178–180; 3. April 1896, 181–183; 20. Nov. 1896, 227 f.; 22. Nov. 1896, 229–231; 25. Nov. 1896, 232–235; 14. oder 15. Mai 1897, 328 f.; 17. Okt. 1897, 452 f.; 25. Juli 1898, 519; 28. Juli 1898, 520–523; 26. Juli 1898, 524–526; 30.
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Juli 1898, 529–532; 1. Aug. 1898, 533–535; 3. Aug. 1898, 536–538; 4. und 5. Aug. 1898, 539–541; 7. Aug. 1898, 542–544; 9. Aug. 1898, 545–548; 10. Aug. 1898, 549–551; 13. Aug. 1898, 552–555; nach dem 13. Aug. 1898, 556 f.; 15. Aug. 1898, 558 f.; 17. Aug. 1898, 560–562; 19. Aug. 1898, 563–565; 21. Aug. 1898, 566 f.; 23. Aug. 1898, 570–572; 24. Aug. 1898, 573 f.; 26. Aug. 1898, 575–577; 27. Aug. 1898, 578; 30. Dez. 1899, 707 f.; 15. Juli 1900, 744–746; 17. Juli 1900, 747; 18. Juli 1900, 748 f.; 20. Juli 1900, 750; um den 23. Juli 1900, 751; 24. Juli 1900, 752; 26. Juli 1900, 753; 28. Juli 1900, 754 f.; 4. Aug. 1900, 756; 6. Aug. 1900, 757; 8. Aug. 1900, 758; 10. Aug. 1900, 759 f.; vor dem 19. Aug. 1900, 761; vor dem 23. Aug. 1900, 762; vor dem 23. Aug. 1900, 763; 3. Okt. 1900, 765 f.; 4. Okt. 1900, 767; zwischen dem 27. Sept. und 6. Okt. 1900, 768; zwischen dem 1. und 6. Okt. 1900, 769; 7. Juli 1901, 778 f.; 9. Juli 1901, 780; 10. Juli 1901, 781; 12. Juli 1901, 782; 14. Juli 1901, 783; 15. Juli 1901, 784; 15. Juli 1901, 785; 16. Juli 1901, 786; 17. Juli 1901, 787; 18. Juli 1901, 788 f.; 19. Juli 1901, 790; 20. Juli 1901, 791; 22. Juli 1901, 702; 22. Juli 1901, 793; 23. Juli 1901, 794; 5. April 1902, 821; 7. April 1902, 822; 7. April 1902, 823; 9. April 1902, 824; 10. April 1902, 825; 11. April 1902, 826 f.; 12. April 1902, 832; 14. April 1902, 833; 15. April 1902, 834; 16. April 1902, 835 f.; 17. April 1902, 837 f.; 17. April 1902, 839; 18. April 1902, 840–842; 23. Mai 1902, 847 f.; 5. Okt. 1902, 862 f.; 26. Nov. 1902, 864 f.; 27. Nov. 1902, 866; 28. Nov. 1902, 867; 29. Nov. 1902, 868 f.; 30. Nov. 1902, 870 f.; 1. Dez. 1902, 872; 20. Dez. 1902, 873 f.; 20. Dez. 1902, 875; 21. Dez. 1902, 876 f.; 23. Dez. 1902, 878; 24. Dez. 1902, 879 f.; 25. Dez. 1902, 881 f.; 26. Dez. 1902, 883; 27. Dez. 1902, 884; 28. Dez. 1902, 885; 29. Dez. 1902, 886; 30. Dez. 1902, 887; 31. Dez. 1902, 888; 31. Dez. 1902, 889
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Register der Briefempfänger
Weech, Friedrich von 9. Dez. 1896, 242 f.; 21. Dez. 1896, 260; 8. Okt. 1898, 587; 23. Juli 1899, 688
Wuttke, Robert 26. Juli 1899, 692–694
Personenregister
Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Max Weber wird nur im Zusammenhang mit seinen Schriften aufgeführt. Abelsdorff, Walter 476, 493, 616, 617, 662, 699, 701, 702, 703, 704, 709 f., 714, 726, 736–739, 741, 911 Adelung, Johann Christoph 433, 911 Adler, Emanuel 492 Adler, Georg 544 Agulhon, Maurice 408, 411, 414 Ahmad, Muhammad 419 Aldenhoff-Hübinger, Rita 5 f., 10, 90, 164, 169, 171, 195, 220, 223, 249, 254, 257, 340, 398, 544, 555, 583, 713 f., 724 f., 810 f., 817 f. Alexis, Willibald → Häring, Georg Wilhelm Heinrich Alfons XII. (König von Spanien) 419 Alfons XIII. (König von Spanien) 419 Althoff, Friedrich 356, 841 Amson, Ludwig Samuel 214 f., 911 Angermann, Erich 514 Anton, Günther Kurt 676, 911 Aristophanes 31 Arnim(-Muskau), Traugott Hermann Graf von 3, 228, 230, 272, 911 f. Arnsperger, Ludwig 9, 13, 32, 38, 244 f., 246, 248–254, 266, 272, 279, 284, 301, 304, 307, 334, 458, 600, 705 f., 711, 715, 716 f., 718, 721, 723, 725, 729–731, 734 f., 813, 819 f., 830, 844, 912 Aubin, Hermann 161 Augspurg, Anita 534, 862, 912 Augustinus 75 Avenarius, Richard 205, 206, 912 Babeuf, François Noël 543 f., 554, 572, 912 Baedeker, Karl 95, 97 f., 100–103, 109 f., 117–119, 121, 124, 125 f., 129, 131, 134, 137, 231, 390 f., 398 f., 401, 404 f., 409 f., 412, 414, 417 f., 421, 423, 425, 428, 431 f., 438, 440, 442, 447, 521, 530, 560, 823 f., 835, 837, 841 f., 873, 881 Baer, Albert 8, 489, 517, 913
Baier, Horst 25 Baist, Gottfried 19, 196, 793, 913 Ballestero, Alfonso 446 Barazetti, (August) Caesar (Joseph) 201, 913 Bariéty, Jacques 395 Barth, Theodor Wilhelm 197, 913 Bartlett, Thomas 139 Bassermann, Gustav Heinrich 279, 284, 311 f., 331, 913 Bauer, Stephan 674–676, 914 Bäumer, Gertrud 868 Baumgarten, Anna 28, 182, 449, 452, 462, 466, 525, 547, 553, 571, 572, 669–671, 881, 914 Baumgarten, Elisabeth (Elschen) 152, 914 Baumgarten, Elisabeth (Else) 96, 128, 146, 151–154, 182, 671, 793, 914 Baumgarten, Emmy 18, 28, 37, 59, 108, 182, 188 f., 346, 385, 449, 451, 452, 462–464, 466, 468 f., 482, 485, 525, 547, 553, 559, 570–572, 669–671, 768, 867, 881, 914 Baumgarten, Friedrich (Fritz) 19, 38, 95 f., 106 f., 108, 112 f., 114 f., 122, 128–132, 141, 143–146, 147, 151–154, 182, 226, 418, 462, 572, 669, 671, 793, 823, 914 Baumgarten, Fritz (Fritzle) 152, 182, 914 Baumgarten, Hermann 38, 48, 106, 182, 513, 915 Baumgarten, Hermann (jun.) 152, 915 Baumgarten, Ida 17, 48, 145, 147, 152, 182, 188 f., 449 f., 452, 454 f., 462 f., 468, 469, 485, 496, 525, 547, 553, 571, 669–671, 915 Baumgarten, Otto 17, 59, 147, 346 f., 351, 450, 454, 462, 469, 496, 525, 547, 553, 669, 671, 838, 915 Baumgarten, Otto (jun.) 152, 182, 915 Baumgarten, Theodor Max 152, 915
1000
Personenregister
Bäumler, Christian 165, 915 f. Bäumler, Maria Viktoria 165, 916 Begas, Reinhold 538, 916 Behaghel, Wilhelm Jakob 201, 916 Bekker, Ernst Immanuel 388, 916 Below, Georg von 798 Benda, Agnes Rosa 665 Benda, Johann Daniel 665 Benecke, Auguste → Schmidt, Auguste Benecke, Dorothea (Dora) 151, 188, 465, 547, 559, 561, 562, 916 Benecke, Elfriede 465, 547, 559, 916 Benecke, Emilie (Nixel) 28, 145, 151, 181, 343, 345, 465–469, 484, 547, 559, 562, 567, 571, 669, 778, 781, 916 Benecke, Ernst Wilhelm 145, 151, 181, 396, 465, 467, 468, 469, 559, 567, 778, 781, 916 Benecke, Hans 28, 465, 468, 916 Benecke, Margarete → Beneke, Margarete Benecke, Marie → Schmidt, Marie Benecke, Otto 28 f., 465, 531, 559, 781, 917 Benecke, Victor 396, 917 Benecke, Wilhelm 465 f., 917 Beneke, Carl-August 484, 917 Beneke, Margarete 465, 484, 917 Bennigsen, Rudolf von 514, 917 Bensing, August Franz 319, 917 Bentham, Jeremy 288, 510 Bergen, Matthias von 674 Berkholz, Leo 810 Bernecker, Walther L. 426, 431, 441 f., 444, 447 Bernhard, Julius Adolf 503 Bernstein, Eduard 544, 582, 918 Bertha, Frl. (Kindermädchen) 153, 918 Bess, Bernhard 32 Bezold, Carl 3, 33, 488, 813, 853, 918 Bieberstein, Adolf Freiherr Marschall von 239 Biermann, Johannes 58, 918 Biermer, Magnus 730 Bischoff, Luise 52 Bismarck, Herbert von 538 Bismarck, Otto von 15, 92, 240, 268, 395, 537 f., 547 Bissing, Ferdinand 92, 918 Blaustein, Arthur 859 Bluntschli, Johann Caspar 248, 252, 879, 918 f.
Bock, Gisela 169 Böcklin, Arnold 131, 141, 919 Boese, Franz 7, 164, 470, 489, 646 Böhm, Franz 32, 38, 711, 813, 819, 830, 843–845, 847, 849, 919 Böhm, Georg 361, 919 Böhtlingk, Arthur 13, 509, 625–628, 676, 919 Bölling, Rainer 511 Borchardt, Knut 2 f., 6, 49, 273, 293, 675, 689 f. Borgius, Walther 10, 318, 339, 371, 384, 435, 471, 472, 476, 478–480, 486 f., 492, 493 f., 527 f., 568 f., 593, 603, 608 f., 615, 620, 739, 805, 806, 858, 919 Born, Karl Erich 896 Bosse, Robert 337, 356, 920 Böttcher, Friedrich 174, 920 Böttcher, Johanna 174, 920 Bousset, Wilhelm 22 Brahms, Johannes 788, 920 Brandt, Dina 779 Braun, Heinrich 34, 375, 638, 806, 857 f., 920 Braune, Wilhelm 216, 246, 248, 920 Bredin, Jean-Denis 531 Breinlinger, Karl Borries 668, 800 Brentano, Lujo 4–7, 12, 14, 47, 62, 80, 162–164, 168, 171, 255 f., 261 f., 267 f., 272, 274–278, 289, 293, 296, 364 f., 374, 375, 415, 619, 637, 691, 920 f. Breysig, Kurt 57, 281 f., 798, 921 Brodhun, Rüdiger 57 Browne, Valentine Augustus 4th Earl of Kenmare 136 f., 140, 921 Bruch, Rüdiger vom 60, 337 Bruck, Robert 693 f., 921 Buchenberger, Adolf 3 f., 637, 689–691, 921 Bücher, Karl 12 f., 62, 216, 217, 223, 242, 244, 249, 255–257, 258, 261, 263–265, 267, 269 f., 271, 274, 276 f., 282, 287–289, 291–293, 295, 297 f., 341, 361, 625, 628, 693, 806, 921 f. Bueck, Henry Axel 81, 82, 922 Bülau, Friedrich 123 Bulmerincq, August von 248 Bunge, Laura 325, 326, 338, 343, 397, 922 Bunsen, Robert Wilhelm 706, 922 Burckhardt, Jacob 4, 30, 473, 793, 796, 797, 798, 922 Busch, Else 181 f., 190, 197, 922
Personenregister Büsch, Johann Georg 315 Busch, Moritz 538 Busch, Wilhelm 19, 181 f., 190, 197, 282, 922 f. Calvin, Johannes 598, 923 Campbell, John 123 Campbell, Robert 123 Cánovas del Castillo, Antonio 431, 433, 923 Caprivi, Leo von 15, 854 Castendyk, Albert Hermann 180, 923 Castendyk, Anna 180, 923 Chamba, Nathalie 697, 860 Claß, Gustav 30, 778 f., 923 Claus, Adolph 72 f., 923 Clemens V. (Papst) 406 Clerc, Attilia 822, 824, 834, 862, 923 Cohn, Gustav 53, 362, 543, 923 f. Cohn, Toby 524 Colbert, Jean-Baptiste 318, 924 Comte, Auguste 510 Conrad, Johannes 62, 302, 619, 674, 730, 806, 924 Cook, Thomas 134, 924 Correggio, Antonio da 837, 924 Crome, Friedrich Theodor Carl 202, 924 Cromwell, Oliver 141, 278, 924 f. Czech, Uwe 856 Dahlmann, Friedrich Christoph 510 Damaschke, Adolf 237 Daudert, Victor 203, 925 David, Heinrich 13, 674–677, 925 Davids, Marie 150, 152, 154, 166, 189, 196, 226, 767, 925 Davitt, Michael 139 Deininger, Jürgen 4, 474, 796 Delaunay, Jean-Marc 446 Delbrück, Hans 4, 85, 90 f., 148, 234, 237, 238, 374 f., 450, 451, 497, 691, 830, 925 Delitzsch, Friedrich 488 Demm, Eberhard 143, 695– 697, 728, 783, 860 Demurger, Alain 406 Dernburg, Friedrich 58, 925 Dernburg, Heinrich 58, 926 Deville, Gabriel Pierre 544 Dietzel, Heinrich 255, 258, 271, 926 Dilcher, Gerhard 724 Doerr, Wilhelm 457 Domaszewski, Alfred von 787, 926
1001
Donatello (Bildhauer) 823, 926 Dove, Alfred 269, 282 Dreyfus, Alfred 531 Düding, Dieter 184 f., 209, 233, 237 Durand, Hippolyte 399 Durasewicz, Boleslaus von 692 f., 926 Dürer, Albrecht 182 Dusch, Alexander Frhr. von 820, 844, 926 Ehrler, Joseph 726 Eimer, Karolina 152, 927 Eimer, Marie Amalie 152, 927 Eisenlohr, August 220, 464, 927 Elissague, Alberto Palacio 431 Elise (Schwester von Bertha Schandau) 57, 153, 178, 927 Ellering, Bernhard 616, 790 Elster, Ludwig 62, 64, 356, 619, 927 Elvert, Jürgen 141 Emmrich, Brigitte 692 Endemann, Adolf 55, 927 Endemann, Brunhilde 55, 927 Engel, Eduard 850 Enke, Alfred 448, 449, 927 Erdmann, Benno 458, 928 Erdmannsdörffer, Bernhard 216, 729 f. Eremita, Victor 570 Erhardt, Eugen 427, 928 Espagne, Michel 412 Ettlinger, Josef 546 Eulenburg, August Graf zu 239 Eulenburg, Franz 242, 587, 625 Evert, Georg 68, 928 Exner, E. 771 Eynern, Ernst von 72, 928 Fabricius, Ernst 205, 928 Falckenberg, Richard 206, 928 Fallenstein, Georg Friedrich 41, 831 Faulstich, Heinz 571 Faure, Félix 395, 928 f. Fernández, José Luis Diaz 446 Fernow, Clara 525, 537, 553, 559, 570, 575, 929 Fester, Richard 511 Fichte, Johann Gottlieb 25, 511, 526, 542, 543 f., 549, 554, 572, 613, 694, 755, 929 Fick, Ludwig 257 f., 262, 929 Fink-Madera, Andrea 473 Fischer, Georg 24, 520, 522, 525, 545, 570 f., 652, 929
1002
Personenregister
Fischer, Kuno 25, 362, 457–460, 546, 755, 929 Fischer, Wolfram 426 Flaubert, Gustave 25, 546, 559, 564 Flesch, Karl 348 Foerster, Friedrich Wilhelm 241 Fontane, Theodor 103 Fourcade (Pater) 402 Francke, Ernst 644 f., 647 f., 697, 929 f. Franken, Alexander 13 Frankenstein, Kuno 631, 930 Franz, Eckart G. 862 Frensdorff, Ferdinand 325, 343 Frentzel, Adolf 229 f., 930 Frevert, Ute 511 Friedrich I., Großherzog von Baden 47, 242, 249, 289, 530, 734, 930 Fritz, Gerhard 29 Frommer, Jörg 27 Frommer, Sabine 27 Fuchs, Berta 296 f., 349, 357, 490 f., 508, 700, 930 Fuchs, Carl Johannes 5, 8, 10, 13, 20 f., 24, 177, 214, 255 f., 257 f., 262, 265, 267, 269, 271 f., 274–276, 282, 291–298, 315, 317, 321, 329, 332, 336 f., 348 f., 356–358, 361–363, 369, 372, 378 f., 383 f., 483, 489–491, 493, 499, 505, 506–509, 517 f., 528, 579, 581, 588, 606 f., 610–613, 614, 615–618, 620–622, 624, 625, 639, 649, 687, 695, 698–700, 726, 770, 809 f., 811, 857, 898–903, 930 Fuchs, Wilhelm 8, 489, 490, 506, 931 Gamp, Karl Friedrich Oskar 221, 228, 931 Gerhardt, Felix 668, 800 Gerlach, Hellmut von 236, 237, 239 f., 241, 498, 893, 895, 931 Gerlach, Herr von 867, 931 Gerlach, Otto 356, 357, 676, 931 Gervinus, Georg Gottfried 831, 931 f. Gierke, Anna 99, 174, 932 Gierke, Hildegard 99, 174, 932 Gierke, Marie Cäcilie 99, 174, 932 Gierke, Otto 19, 99 f., 174, 767, 932 Gierke, Therese (Desi) 99, 174, 932 Gill, Henry 443, 933 Gill, William 443, 447, 933 Gillespy, Raymond 132 Gladstone, William Ewart 139 f. Gnauck-Kühne, Elisabeth 233, 933
Gneist, Rudolf von 510, 512–514, 526, 933 Goethe, Johann Wolfgang 82, 754 Goette, Alexander Wilhelm 561, 933 Goette, Ida 561, 933 Goette, Marie 561, 933 Göhre, Paul 11, 50, 52, 195, 210, 237, 347, 351, 448, 450, 452, 498, 579, 800, 934 Goldschmidt, Adele 57, 153, 168, 174, 934 Goldschmidt, Levin 57, 153, 168, 174, 303, 448, 449, 549, 683, 684, 934 Goldschmidt, M. 633, 642, 934 Goldschmidt, Salli 12, 548, 564, 573 f., 581, 589, 596, 599, 600, 603, 604 f., 609, 616, 622 f., 629, 633, 635, 638, 639, 641 f., 650, 661, 663 f., 666 f., 672 f., 678–681, 800 f., 934 Gothein, Eberhard 14, 243, 251, 258, 269, 281, 282, 935 Gottl, Friedrich 33 f. Graf, Friedrich Wilhelm 21 f., 779 Gregorovius, Ferdinand 31 Greiner, Karl 335, 366, 935 Grimm, Jakob 173 Grimm, Wilhelm 173 Grosse, Ernst 82 Grosse, Rudolf 790 Grünberg, Carl 356 Grunenberg, Andreas 12, 581, 605, 623, 629, 632–634, 635, 636, 640, 642, 650, 657, 661, 663, 664, 666 f., 672 f., 679 f., 681, 801, 935 Günther, Siegmund 98 Gwinner, Arthur 408, 411, 430 f. Häberle, Friedrich 151, 935 Hadwig von Schwaben 534 Haffner, Oskar 92 Haker, Heinrich Friedrich 229 f., 935 Haller, Johannes 31 f. Hammerstein, Wilhelm Frhr. von 69, 74, 91, 935 f. Hanke, Edith 32 Hardenberg, Karl August von 510 Häring, Georg Wilhelm Heinrich 433, 936 Hartmann, Ludo Moritz 161, 936 Hasbach, Wilhelm 257 f., 262, 272, 357, 543, 712, 729 f., 936 Hasse, Ernst 18, 94, 149, 658–660, 936 Hauff, Emil 510, 512, 514, 936 Haupt, Paul 488
Personenregister Haury, Harald 22 Hausrath, Adolf 8, 16, 59, 181, 214–218, 223 f., 242, 246, 266, 453, 783, 879, 886, 937 Hausrath, August 783, 937 Hausrath, Hans 783, 937 Hausrath, Henriette 51, 59, 453, 937 Hausrath, Laura 601, 783, 937 Hausrath, Lilli 783, 937 Hausrath, Margarethe 783, 937 Hayes, Edward 278 Hecht, Gustav 318, 371, 383 f., 476, 938 Heckel, Max von 431, 441, 631, 637, 676, 938 Hegart, Kuno 805 f. Heidsiek, Marie 151 Heil, Elisabeth (Lieserle) 463 f., 938 Heil, Karl 463 f., 938 Heisterbergk, Bernhard Wilhelm August 503, 938 Helfferich, Karl 696, 712, 729, 730, 752, 938 Hellmann, Gustav 97 Hensel, Katharina 547, 602, 749, 784, 939 Hensel, Paul 22, 33, 457, 458, 459 f., 511, 526, 532, 542, 547, 602, 646, 708, 749, 784, 939 Hentschel, Volker 248, 251–253, 591, 734, 844 Herkner, Heinrich 10, 12 f., 139, 144, 256–258, 262, 317, 332, 336 f., 348 f., 371 f., 378, 379, 383 f., 493, 509, 528, 580, 622, 625, 626, 676, 898 f., 939 Hersche, Peter 29 Heuss, Theodor 162, 223 Heymann, Carl Samuel 151, 939 Hintze, Otto 510, 512, 939 Hirsch, Bertha 379 Hirsch, Emil 379, 397 f., 939 f. Hirsch, Johanna → Schulze-Gaevernitz, Johanna von Hirsch, Max 644, 647, 940 Hirsch, Wilhelm 81, 940 His, Rudolf 870 f., 940 Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Carl Viktor Fürst zu 2, 221 Homer 51, 116 Howard, Hubert 419, 940 Huber, Ernst Rudolf 240 Husserl, Edmund 155
1003
Ibsen, Henrik 540, 940 Ignatius von Loyola 432 f., 940 f. Ingram, John Kells 543, 941 Isabella (Königin von Spanien) 426 Isabella II. (Königin von Spanien) 441 Jaffé, Alfred Leopold 61, 175, 941 Jaffé, Edgar 61, 175, 505, 873, 941 Jaffé, Else 30, 511 f., 526, 532, 583, 655, 697, 714, 749, 757, 778, 783, 785, 792, 793, 794, 860, 873, 941 f. Jahn, Elisabeth 821, 828, 833, 838, 848 Jahn, Valborg 41, 821, 828, 829, 833, 838, 848, 942 Jakob (James) II. 135 Jastrow, Ignaz 625 Jaunez, Edouard 227, 942 Jellinek, Camilla 787, 942 Jellinek, Georg 8, 22, 33, 201 f., 214, 216, 224, 244, 246 f., 248, 250–254, 304–306, 307–309, 362, 458, 468, 512, 531, 547, 592, 600, 646, 787, 942 Johanne (Dienstmädchen von Clara Mommsen) 189, 942 Jolly, Anna 174, 942 Jolly, Emilie 174, 943 Jolly, Friedrich 174, 943 Jolly, Julie 174, 943 Jolly, Julius 46, 174, 503, 943 Jolly, Philipp 174, 943 Kaerger, Gertrud 60 f., 66, 943 Kaerger, Karl 19, 54–56, 60 f., 65 f., 67, 68, 80, 81, 943 Kaerger, Marie 60 f., 66, 944 Kaiser, Karl 749 Kaiser, Marie 749 Kamm, Max 598, 944 Kanitz(-Podangen), Hans Wilhelm Alexander Graf von 227, 229, 944 Kant, Immanuel 283, 646 Kanter, Hugo 616, 771 f., 805–808, 858, 944 Karl III. (ostfränkischer König) 534, 944 Karl der Große 534 Kasper, Michael 437, 441 f. Kaufmann(-Asser), Richard von 71, 944 f. Keibel, Franz 19, 152, 154, 945 Keibel, Susanna 152, 154, 945 Kempter, Gerhard 855 Kessel, Eberhard 490 Kierkegaard, Søren 570
1004
Personenregister
Kiesewetter, Hubert 356 f., 362 Killian, Gustav 19, 58, 328, 945 Killian, Helene 58, 945 Kindermann, Carl 509, 625, 626–628, 676, 684, 713, 715, 732, 817 f., 945 Kingsley, Charles 186 Kirn, Daniel 29 Klee, Alfred 12, 30, 581, 668, 742 f., 795, 799–804, 846, 945 f. Klinger, Max 27, 759, 788, 946 Klinkerfues, Ernst Friedrich Wilhelm 97, 946 Kluge, Friedrich 8, 81, 155–160, 179, 182, 191, 198 f., 203 f., 205 f., 549, 946 Klüpfel, Richard 744 f., 747 f., 750–754, 756 f., 758 f., 761, 762, 765, 767 f., 769, 774, 946 Klüpfel, Sophie 753, 947 Knapp, Georg Friedrich 14, 62, 216, 217, 223, 244, 255, 276, 618, 625, 947 Knapp, Lydia 223, 947 Knies, Karl 8, 34, 214, 216, 223, 242, 248 f., 250, 252 f., 307, 362, 546, 626, 693, 718, 724, 947 Knittel, Richard 566, 570, 850, 851, 857, 858, 947 Koch, Georg 698, 726, 947 Köller, Ernst-Matthias von 658 Kolumban der Ältere 121 Kopp, Adolf 617, 682 Koser, Reinhold 503, 948 Kostanecki, Anton von 683 f., 686, 948 Kozak, Theodor 674 Kraepelin, Emil 23, 27, 481 Kraus, Franz Xaver 31, 841, 948 Krebs, Gotthold 180 Kries, Johannes von 154, 948 Krüger, Dieter 162, 508 Krupp, Friedrich Alfred 82 Kußmaul, Adolf 515, 520, 567, 948 f. Laband, Paul 448 f., 549 f. Lahme, Hans Norbert 45 f. Lamprecht, Karl 14, 297 f., 798, 949 Landsberg, Georg 749, 870 f., 949 Landwehr, Götz 449 Lang, Otto 176 f., 949 Lange, Helene 868 Lask, Emil 178 f., 868 Lasker, Eduard 514, 949 Laspeyres, Étienne 730
Lassalle, Ferdinand 25, 510 f., 526, 582 f., 949 f. Lautenschlager, Karl 348, 950 Leckert, Heinrich 239, 240, 950 Legné, Dr. 546 Lehmann, Karl 449 Lenger, Friedrich 13, 277, 295, 509 Lenz, Max 48, 950 Leo XIII. (Papst) 841 Leonhardt, Johannes 502 Leonhardt, Otto 502 Leonhardt, Otto Ludwig 501, 502, 950 Leonhardt, Walther 502 Lepsius, Susanne 724 Leser, Emanuel 9, 214, 334, 376, 511, 652 f., 684, 713, 715, 818, 950 f. Leser (Handlungsreisender) 708, 951 Leser, Marie 708 Lexis, Wilhelm 221, 227, 242, 272, 806, 951 Lieber, Ernst 458, 951 Liedvogel, Heinrich 406 Liefmann, Robert 10, 317, 318, 332, 359 f., 367, 370 f., 378, 506 f., 617, 682, 739, 745, 951 Lietke, Arthur 429 Loening, Edgar 806 Lorenz, Max 498, 951 Loscertales, Javier 426, 429, 436, 443 f. Losch, Hermann 348, 376 f., 951 f. Lotmar, Philipp 34 Lotz, Walther 14, 257 f., 262, 265, 267, 269, 271 f., 274–277, 289, 293, 296 f., 364, 619, 631, 637 f., 952 Löwenfeld, Leopold 744 Lucian von Samosata 614, 952 Ludwig XVI. 554 Luise von Baden, Großherzogin 47, 517, 952 Lüroth, Jacob 235, 952 Luther, Martin 432, 797 Lützow, Karl von 239, 240, 952 Macaulay, Thomas Babington 123, 129, 952 Mac Kinley → McKinley Mackillop, Andrew 123 Machiavelli, Niccolò 511 Maclain, Alasdair 123 Manz, C. 657, 663, 666, 668, 672, 680, 953 Marggraff, Carl Arnold 174, 953
Personenregister Margolin, Salmann 855 f., 953 Maria Christina (Erzherzogin von Österreich) 419, 953 Martin, Gustav 870 Martinez, Javier Rodriguez 433 Martini, Alessandro 795, 953 Marx, Karl 25, 511, 526, 544, 755 Matheson, James 110 f., 953 Matheson, Lady Mary Jane 110, 953 Mattenklott (Sanatoriumsverwalter) 575, 953 Matthiesen, Michael 600 Maurer, Michael 113, 243, 269 Mayr, Georg von 14 McKinley, William 518, 953 Meier, Hermann Heinrich 55 Meier, Heinrich 862 Meinecke, Friedrich 6, 169, 171, 281, 490, 953 Meiner, Felix 362 Meissner, Bruno 488, 954 Meitzen, August 54, 135, 220, 954 Mendel, E. 524 Mendelssohn Bartholdy, Ernst von 230, 954 Mendelssohn Bartholdy, Felix 103 Menger (von Wolfensgrün), Anton 362, 954 Menzel, Carl 538, 954 Merkel, Rudolf 201 Meurer, Bärbel 189, 511, 542, 613, 646 Meyer, Georg 216, 382 Meyer, Justus 302 Meyer-König, Eberhard 744 f. Miaskowski, August von 62, 223, 362, 619, 692, 954 f. Michelmann, Emil 866, 868 f., 870, 955 Milford, Karl 723 Miquel, Johannes von 15 f., 497, 514, 644 f., 646–648, 659, 691, 955 Mischnick, Harald 174 Mockin, Leo → Motzkin, Leo Mogilëv → Margolin, Salmann Möller, Hertha 180, 519, 526, 955 Möller, Karl 180, 519, 955 Molling, Josef 649, 955 f. Mommsen, Clara 16, 20 f., 28, 33, 41, 66 – 68, 69 f., 71, 74, 127 f., 153, 165, 170, 173, 175, 179, 189, 197, 225 f., 228, 231, 323 f., 325, 328 f., 344, 347, 353, 355, 482, 561, 577, 646, 847, 848, 861, 956
1005
Mommsen, Ernst 28, 33 f., 41, 46, 66, 170, 173, 179, 189, 225, 228, 231, 235, 323 f., 330, 344, 347, 353, 355, 466 f., 468, 482, 541, 561, 577, 847, 848, 860, 867, 872, 956 Mommsen, Hans 225, 956 Mommsen, Helene 561, 577, 956 Mommsen, Karl 225, 767, 956 Mommsen, Konrad 225, 956 Mommsen, Konrad (jun.) 173, 225, 231, 323 f., 344, 767, 860, 956 Mommsen, Marie 165 Mommsen, Oswald 225, 956 Mommsen, Theodor 165, 767, 956 f. Mommsen, Wilhelm 894 Mommsen, Wolfgang 225, 957 Mommsen, Wolfgang J. 9, 60, 91, 198, 253, 306, 513 f., 600, 658, 811, 851 Montesquieu, Charles de Secondat, Baron de 31 Motzkin, Leo 33, 855 f., 957 Muhammad XII. 426 Mühlbrecht, Otto 219 f., 957 Mühlenbruch, Johann(es) H. 230 f., 957 Mülberger, Friedrich 28, 515, 520, 522, 525, 530, 534, 537, 539 f., 545, 550, 554, 562 f., 566, 571–573, 576, 585, 652, 957 Müller, Alwine (Wina) 168, 350 f., 353, 707, 708, 860, 957 f. Müller, Bruno 708, 958 Müller, Eleonore (Nora) 170, 958 Müller, Georg 708, 958 Müller, Josef 497 Müller, Kathinka 862, 958 Müller, Wilhelm 170, 860, 958 Müller, Wolfgang 860, 958 Münsterberg, Hugo 19, 263, 958 Münsterberg, Oskar 175, 959 Napoleon Bonaparte 414 Natorp, Paul 206, 959 Naudé, Albert 282 Naudé, Wilhelm 495, 959 Naumann, Friedrich 2, 5, 16 –19, 29, 41, 75, 79, 91, 147 f., 157, 162, 167, 169, 171, 172, 184–186, 187, 192–194, 200, 207, 209 f., 213, 217, 223, 233 f., 236, 237, 239–241, 276, 293, 448, 454–456, 469, 496–498, 754, 755, 838, 852, 876, 893– 896, 959 f. Naumann, Maria Magdalena 167, 496, 498, 960
1006
Personenregister
Neumann, Carl 4, 22, 30, 33, 473 f., 749, 787, 793, 796–798, 960 Neumann, Friedrich (Fritz) 452, 651, 960 Neumann, Friedrich Julius 62, 631, 637, 960 Nichtweiss, Johannes 659 Niebuhr, Barthold Georg 510 Nietzsche, Friedrich 282 f. Nikolaus II. (russ. Zar) 240, 395, 518, 960 Nipperdey, Thomas 841 Nobbe, Moritz August 61–64, 448, 450, 452, 960 Nokk, (Franz) Wilhelm 244, 252, 254, 269, 271, 288, 292, 458, 460, 705, 711, 715 f., 960 Nottmeier, Christian 448 Ober, Patricia 868 Oberwinder, Heinrich 236, 240, 893, 895, 961 Oeri, Jakob 796 f. Oertmann, August 57 Oertmann, Emma 57, 961 Oertmann, Paul 57 f., 961 Offenbacher, Martin 29, 616, 687, 702, 737, 738, 771, 961 Oldenberg, Karl 5, 12, 19, 54, 55, 60–64, 148, 168, 174, 175, 257 f., 262, 264 f., 271, 277, 338, 339, 341 f., 357, 470, 483, 543 f., 554, 572, 627, 854, 855, 961 f. Olsen, Sven Thomas 659 Oncken, August 543, 856, 962 Oncken, Hermann 511 Orléans, Henri Philippe Marie de 396, 962 Oßwald-Bargende, Sybille 29 Pabst, Johann Heinrich 841, 962 Pappenheim, Max 449 Parnell, Charles Stewart 139 Pernice, Alfred 69, 962 Pflug, Richard 492, 494, 568, 597, 633, 962 Philippovich, Eugen Frhr. von 14, 62, 76, 321 f., 362, 483, 489, 491 f., 505, 507, 631, 674, 676, 711 f., 714, 718–725, 727, 730 f., 736, 962 f. Pietschmann, Horst 431, 436, 441 f., 444, 447 Pisani, Pietro 827, 832, 833, 837, 839, 840 f., 963
Platter, Julius 177, 963 Plener, Ernst von 362, 963 Pohle, Ludwig 854, 855, 963 f. Poidevin, Raymond 395 Pollmann, Klaus Erich 15, 91, 894 f. Proust, Marcel 31 Psellos, Michael 474, 964 Quesnay, François 543 f., 554, 674, 964 Rade, Martin 17, 167, 186, 187, 229, 232–234, 236–238, 239, 454, 497, 964 Raffael (Maler) 835, 964 Rathgen, Emilie (Emmy) 763, 787, 862, 964 Rathgen, Karl 10 f., 33, 257 f., 262, 265, 271, 276, 317, 478, 510, 622, 677, 712, 729 f., 734, 736, 763 f., 770, 783, 787, 790, 794, 809–811, 818, 820, 830, 850, 851, 857 f., 866, 870, 902 f., 964 f. Rauh, Frau 239, 965 Rehmke, Johannes 205, 206, 965 Reibel, Carl Wilhelm 496 Reichlin-Meldegg, Karl Alexander von 459 Reimer, Dietrich 165 Reinhard, Otto 8, 489, 490 f., 506, 517, 965 Reinhold, Karl Theodor 337, 361, 369, 965 Richter, Hans 754 Richthofen, Else von → Jaffé, Else Richthofen, Friedrich Frhr. von 512, 965 Richthofen, Oswald Frhr. von 511, 965 Rickert, Alfred Gottfried 778, 785 Rickert, Franz 229, 232, 965 f. Rickert, Gerhardine 174, 966 Rickert, Heinrich 8, 18 f., 22, 32, 82, 152, 154, 155 f., 157 f., 174, 178, 179, 182, 191, 205 f., 234, 263, 282 f., 310, 324, 328, 329, 449, 452, 453, 457–460, 511, 538 f., 542, 544, 547, 549, 613, 646, 708, 778, 785, 792, 822, 823, 825 f., 868, 966 Rickert, Heinrich (sen.) 174, 966 Rickert, Sophie 18, 58, 152, 154, 178, 182, 329, 449, 458, 460, 538 f., 542, 544, 547, 708, 778, 785, 792, 823, 862, 966 Riehl, Alois 19, 152, 155 f., 157–159, 178, 179, 181 f., 191, 205 f., 452, 458, 966 Riehl, Sophie 19, 152, 179, 181 f., 453, 966 Riehl, Wilhelm Heinrich 14 Riese, Reinhard 459
Personenregister Riffel, Fabian 231, 966 Ritter, Gerhard A. 169 Roberts, Johan Leonard 123 Rodbertus, Johann Karl 510 Rohde, Erwin 457, 967 Röhl, John C. G. 538 Rohland, Woldemar von 264 Rohrbach, Paul 650, 967 Rose, Eduard 790 Rosenbusch, Auguste 760, 783, 791, 822, 967 Rosenbusch Karl Heinrich (Harry) 468, 760, 783, 791, 822, 967 Rosin, Heinrich 518, 967 Rösing, Clara 174, 968 Rösing, Johannes 165, 174, 968 Ross, Sir Charles 105, 968 Roßmann, Martin 364 f., 968 Roth, Guenther 95, 213, 324, 343, 396 f., 453– 455, 483, 669, 848 Rothe, Richard 879, 886, 968 Rothschild, Alphonse James de 411, 968 Rothschild, Edmond James de 411, 968 Rothschild, Gustave Samuel James de 411, 968 Rothschild, James (Jakob) de 411, 969 Rouard, Pierre-Émile 400 f., 969 Rousseau, Jean Jacques 31 Ruehle, Ernst 429, 969 Ruhland, Gustav 675, 969 Rümelin, Gustav 201 Ruprecht, Gustav 373, 475, 969 Russell, T. O. 133 Sachsen-Meiningen, Charlotte von 110 Sagasta, Práxedes Mateo 431 Salisbury, Lord 140 Salomon, Alice 868 Sattler, Karl 174, 969 Sattler, Sophie 174, 969 Sauerland, Karol 323 Sax, Emil 631, 970 Schäfer, Clara 793, 970 Schäfer, Dietrich 216, 242, 457, 520, 584, 591, 651, 662, 701, 718, 729 f., 752, 787, 970 Schäfer, Hermann 41, 166, 785, 793, 823, 829, 831, 833, 838, 848, 845, 970 Schäfer, Karl 48, 166, 793, 970 Schäfer, Lili → Weber, Lili Schandau, Bertha 57, 127 f., 131, 145, 151–153, 173, 178 f., 231, 386, 437, 453,
1007
532, 558, 655, 708, 744, 760, 783, 784, 791, 822, 834, 867, 971 Schanz, Georg von 631, 971 Scheel, Friedrich Wilhelm Hans von 638, 971 Scheffel, Joseph Victor 534 Scheffer-Boichorst, Paul 48, 971 Schellhaß, Karl 31 f. Schenkel, Karl 625 Schiel, Hubert 841 Schirmer, Alfred 115 Schlegel, Claudia 571 Schleiermacher, Friedrich 31 Schmidt, Arthur 151 Schmidt, Auguste 465, 971 Schmidt, Bernhard 155 Schmidt, Georg 22, 550, 749, 763, 779, 782–784, 971 Schmidt, Gustav Heinrich 176 f., 971 Schmidt, Käthe 751, 972 Schmidt, Marie 151, 465, 972 Schmidt, Pauline (Paula) 22, 466, 550, 749, 763, 779, 782, 783 f., 972 Schmidt, Richard 19, 51, 58, 178 f., 220, 229, 232, 234, 269, 271, 288, 293, 296, 749, 793, 972 Schmidt, Tilla Rosalin 19, 178, 234, 749, 972 Schmitt, Silke 31 f. Schmoller, Gustav 7, 12, 16, 24 f., 35, 47, 48, 54, 60, 62, 63, 71 f., 78, 174, 221, 255, 264, 276 f., 341, 361, 368, 470, 478, 495, 510–514, 526, 582 f., 618, 644–646, 647 f., 655, 683–686, 695, 755, 767, 972 f. Schnitger, Eduard 39, 167, 168, 173, 180, 189, 536, 554, 707, 889, 973 Schnitger, Florentine (Flora) 167, 168, 170, 173, 175, 180 f., 183, 189, 536, 553, 876–882, 884–886, 973 Schnitger, Hans 180, 973 Schnitger, Hugo 536 Schnitger, Marie 154, 167, 168, 170, 173, 175, 180 f., 183, 189, 325, 326, 328, 338, 343, 350 f., 353, 368, 420, 536, 551, 553, 876–882, 884–886, 973 Schnitger, Wilhelmine (Minna) 180, 973 Schöll, Fritz 216 Schönberg, Gustav von 216, 644 Schopenhauer, Arthur 283 Schrempf, Christoph 169 f., 973 Schröder, Rainer 724
1008
Personenregister
Schröter, Franz 229 f., 973 Schulthess, Heinrich 72, 74, 91, 240, 395 f., 433, 659, 894 Schultze, Alfred 14 Schulz, Wilhelm Valentin 192, 193, 973 f. Schulze-Gaevernitz, Gerhart von 5, 8–10, 16, 19, 46, 80 f., 147, 148, 162, 186, 193, 198, 210, 257, 261, 265, 267, 269, 271, 274, 276, 277, 285, 290 f., 294, 317, 318, 321, 329, 332, 336 f., 348, 349, 371, 372, 378, 379, 383 f., 398, 460, 476, 491, 493, 499, 507 f., 527 f., 579, 581, 588, 606 f., 610–613, 615–618, 620–622, 624, 639, 655, 687, 729 f., 770, 793, 809, 810, 811, 850, 851, 857, 893, 898–903, 974 Schulze-Gaevernitz, Johanna von 379, 398, 508, 974 Schumacher, Hermann 81, 185, 974 Schweinburg, Victor 82, 974 f. Schwerin(-Löwitz), Hans Graf von 227, 975 Seeck, Otto 161, 975 Segura, Francisco Simón 426 Seligman, Edwin R. A. 3, 38, 302 f., 975 Semper, Gottfried 31 Seng, Alfred 201, 975 Senger, Dr. 45, 975 Sering, Anna 190 Sering, Max 45, 55, 61 f., 174, 190, 197, 230, 374, 691, 975 f. Settignano, Desiderio da 823, 976 Shakespeare, William 524 Siebeck, (Gustav) Hermann 206, 976 Siebeck, Paul 5–7, 10–12, 16, 25, 27, 29 f., 36 f., 39, 50, 82, 84–89, 93, 94, 149, 156, 157–159, 192 f., 200, 219 f., 274, 281, 290, 291, 294, 296 f., 317–322, 329, 332 f., 336, 348, 349, 359 f., 367, 370, 371 f., 378 f., 383 f., 385, 435, 471 f., 476–480, 486 f., 492–495, 499, 507 f., 520, 527 f., 542, 564, 568 f., 579–581, 588 f., 593–600, 603–624, 629–643, 650, 657, 662 f., 666–668, 671, 672 f., 678, 679–682, 687, 698 f., 701–704, 709 f., 726, 736–739, 741, 742, 754, 764, 770–772, 773, 794, 800–802, 805–812, 846, 850, 851, 857–859, 976 f. Siebeck, Thekla 595, 977 Sieveking, Heinrich 10, 12, 19, 24, 285 f., 297 f., 302 f., 315 f., 336, 476, 499 f., 527, 617, 627, 665, 676, 682, 977 Sievers, Kai Detlev 659
Sigwart, Christoph von 206, 460, 977 Simmel, Georg 31, 93, 458, 510, 977 Simson, August von 165, 977 Simson, Beate von 165, 977 Simson, Bernhard von 242 Smith, Adam 288 Sohm, Rudolf 184, 510 Sohnrey, Heinrich 850, 977 f. Sombart, Werner 13, 255, 257 f., 262, 265, 267, 269, 271, 274–277, 282, 287–289, 292, 293, 295, 297, 356, 357, 375, 489, 509, 609, 622, 625, 627, 712, 729, 734, 978 Somborn, Alfred 376 f., 978 Sommariva, Gian Battista 110 Soubirous, Bernadette 399, 978 Spahn, Martin 841, 979 Spahn, Peter 841 Speck, Dieter 518 Spencer, Herbert 627 Spitzer, Hugo 155 Sprenger, Gerhard 5 Staël, Madame de 31 Stahl, Friedrich Julius 510 Stein, Lorenz von 362 Steinbach, Emil 362 Steinmann, Gustav 155 f., 157–160, 979 Stengel, Adolph 319, 692, 693, 979 Stern, Alfred 281, 282, 979 Stettler, Gottlieb 791, 979 Stettler, Lucia 791, 979 Stieda, Wilhelm 255, 256, 258, 262–264, 269, 271, 356, 489, 979 f. Stöcker, Georg 851 Stoecker, Adolf 91, 147, 148, 162, 240, 893, 894 f., 980 Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Frhr. von 15 f., 18, 67, 68 f., 71, 74, 76 f., 241, 337, 361, 547 f., 895, 980 Stürcke, Adolf 58, 213, 794 Stürcke, Friedrich Hermann 58, 213, 790, 794, 980 Stutz, Ulrich 234, 980 Taine, Hippolyte 31 Tausch, Eugen von 239 f. Tennstedt, Florian 72 Tenorth, Heinz-Elmar 856 Tertullian 75 Theiner, Peter 237 f., 496 Thiersch, Bernhard 442 Thomas, Sidney 387
Personenregister Thurneysen, Rudolf 155 Tiede, August 93, 980 f. Tienken, Adolf 616, 671, 868, 981 Tönnies, Ferdinand 272, 981 Tortella, Gabriel 426, 430, 446 Traub, Gottfried 147 Treiber, Hubert 323 Treitschke, Heinrich von 25, 575, 981 Trincia, Luciano 840 Troeltsch, Ernst 21 f., 33, 348, 532, 547, 645 f., 749, 779, 782, 784, 787, 791, 832 f., 862, 870 f., 981 f. Troeltsch, Marta (Mokka) 749, 782, 791, 832 f., 874, 982 Troeltsch, Walter 349, 625, 627, 638, 982 Trommershausen, Ernst 237 Turgot, Anne Robert Jacques 554, 982 Turner, William 103 Überhorst, Karl 206, 982 Vergniaud, Pierre Victurnien 412, 982 Vespasian 417 Vierordt, Oswald 28, 708, 740, 744, 774, 776, 982 Vittorio Emanuele di Savoia (Graf von Turin) 396, 982 f. Voigt, Johannes 346, 351, 983 Völkel, Eduard 346 Voltaire 31 Vopelius, Richard 77, 983 Vossler, Esther 870 f., 983 Vossler, Karl 870 f., 983 Waentig, Heinrich 625, 627, 983 Wagner, Adolph 3, 12, 15 f., 48, 53, 56, 62, 67, 69, 71, 74, 75–77, 249, 255, 258 f., 264, 271–273, 276, 282 f., 342, 361, 503 f., 520, 627, 746, 983 f. Wagner, Friedrich 282 f., 984 Wagner, Peter Christoph 25 Walter, Julius 206, 984 Watzinger, Karl Otto 508 Weber, Alfred 5, 7, 12, 16 f., 19, 21, 23, 33, 35 f., 41, 45–48, 51, 53, 54–56, 57, 59– 61, 65–69, 71–75, 76 f., 80–83, 143, 145, 147, 153, 166, 168, 185, 190, 195 f., 228, 230 f., 235, 280–283, 300, 323 f., 325–328, 338–347, 350–355, 368 f., 374, 385, 418, 451, 454, 455, 461, 463, 466 f., 469 f., 481, 482 f., 489, 490, 496, 501 f., 505, 519, 523, 526, 541 f., 548, 561, 656,
1009
695–697, 728, 744, 759, 761, 766, 783, 821, 828, 829–831, 833, 847 f., 854–856, 860 f., 866, 868 f., 872, 884, 984 Weber, Arthur 41, 166, 179 f., 300, 501 f., 505, 821, 828, 829, 838, 847 f., 984 Weber, Carl David 41, 181, 558, 707, 984 Weber, Clara → Mommsen, Clara Weber, Emilie (Emily) 353, 985 Weber, Helene 13 f., 17, 19–38, 41, 46, 48, 51 f., 58, 59, 66, 69, 72, 95, 97–105, 106, 108–111, 112 f., 114–127, 128 f., 132, 133–142, 143 f., 147, 150, 151–154, 165–167, 170, 173 f., 175, 178, 179, 180–182, 188–190, 191, 195–197, 209, 226, 228, 230, 234, 266, 299, 300, 323, 324, 325, 326–328, 329, 330, 338 f., 341, 343–345, 346 f., 350–355, 368 f., 383, 385–434, 436–453, 454 f., 462, 463 f., 466, 467–469, 470, 481–483, 484, 485, 496, 501, 511, 519–521, 523, 525, 526, 529, 532, 540 f., 545, 546, 547, 550, 553, 555, 561, 571, 572, 574, 576, 577, 601 f., 646, 654–656, 669 f., 671, 696, 707 f., 711, 718, 729 f., 744 f., 750 f., 759, 760 f., 763, 765, 766, 771, 782, 788 f., 794, 796, 812, 819, 821– 823, 826, 828–831, 833, 835 f., 838, 842, 847, 848, 855, 859, 860 f., 862, 863, 864, 866–869, 870, 872, 873, 879–882, 887, 985 Weber, Karl 21, 41, 48, 166, 180, 235, 300, 346, 353 f., 355, 502, 985 Weber, Karl August 324 Weber, Lili 41, 33, 58, 166, 299 f., 483, 547, 778, 785, 793 f., 823, 829, 831, 833, 838, 847, 848, 854, 985 Weber, Marianne 6 f., 13 f., 18–36, 38– 41, 45, 46–48, 51 f., 54, 57–59, 66, 69, 70, 71 f., 74, 80, 82 f., 95, 102, 104 f., 106, 108, 109 f., 112, 114, 116, 117, 118–122, 124 f., 127–129, 133, 136, 138, 141, 143, 145, 150–154, 157, 164, 165–170, 171, 173–175, 176, 178–183, 186–190, 191, 195, 196 f., 209, 221, 224 f., 226, 227–235, 236 f., 239, 266, 280, 282, 283, 287, 289, 299, 310, 323 f., 325–327, 328–330, 338 f., 341, 343 f., 346, 350, 383, 385, 386, 390, 392, 397, 402, 406, 408 f., 414, 415, 416, 421, 424 f., 429, 433 f., 437, 447, 448, 449, 451, 452 f., 458, 460–463, 466, 468 f., 470, 473, 481, 482, 484, 485, 489, 490, 496, 498, 501, 510–512, 519–526, 529–567, 570–578,
1010
Personenregister
582, 593, 601 f., 613, 646, 654, 656, 663, 669 f., 694, 696, 707 f., 711, 713, 718, 728–730, 736, 737 f., 741, 744–763, 765–769, 771, 778–794, 796, 810, 812 f., 816, 819, 821–827, 828, 830–842, 843, 847 f., 850, 854 f., 860–889, 985 Weber, Maximilian (Max) sen. 1, 21, 27, 36, 41, 47, 59, 69, 72, 77, 143, 165, 170, 173 f., 195, 197, 213, 230, 266, 324 f., 327 f., 330, 338 f., 343–347, 350–355, 368 f., 385, 414, 547, 986 Weber, Max – Die römische Agrargeschichte (1891) 3, 161 – Agrarpolitik (sozialwissenschaftl. Kursus 1897) 348, 377, 386 – Agrarpolitik (Vorlesung) 26, 80, 135, 511, 713, 724 – Agrarpolitik (Vortragsreihe in Frankfurt a.M. 1896) 165, 171 – Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur Fideikommißfrage (1904) 6 f. – Agrarverhältnisse im Altertum (1897/98) 3, 23, 488, 576 – Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (Vorlesung) → Theoretische Nationalökonomie (Vorlesung) – Das Anerbenrecht auf der preußischen Agrarkonferenz (1894) 690 – Antrag auf Errichtung einer zweiten nationalökonomischen Professur (1899) 683, 696 – Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung (Vorlesung 1898) 511, 582, 724 → auch: Die deutsche Arbeiterfrage in Stadt und Land (Vorlesung 1895) – Aufruf zum Besuch eines sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe (1897) 348, 377 – Bankdepotgesetz, Wertpapiere (Artikel 1897) 3 – Die Bedeutung des Luxus (1895) 148, 151 – Beiträge zu den Verhandlungen des provisorischen Börsenausschusses (1896) 221, 225–228, 230, 232 f. – Bericht des provisorischen Börsenausschusses (1896) 221, 230, 232 f. – Börse I. (1894) 2, 49, 79, 184, 373, 475, 852
– Börse II. (1896) 2, 49, 50, 79, 171, 184, 207 f., 211 f., 373, 475, 852 – Börsenfragen (Vortragsreihe 1896) 62, 209 – Börsengesetz (Artikel 1897) 3 – Börsenwesen (Artikel 1895) 78, 103 – Über Burschenschaften und Corps (Rede 1895) 92 – Die Couleurschicksale des Fürsten Bismarck (1895) 92 – Die deutsche Arbeiterfrage in Stadt und Land (Vorlesung 1895) 80 – Die deutschen Landarbeiter (Korreferat und Diskussionsbeitrag 1894) 62 – Diskussionsbeitrag in der Debatte über das allgemeine Programm des Nationalsozialen Vereins (1896) 229, 233, 236, 241 – Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Hans Delbrück (1896) 192 – Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Georg Jellinek (1898) 468 – Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Karl Oldenberg (1897) 337, 339, 342, 357, 855 – Eingesandt (1895) 16, 67, 77 – Die bürgerliche Entwickelung Deutschlands (1897) 240 – Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter (1894) 85 – Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete (1894–1896) 2, 6, 47, 78, 103, 172 – Die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über die Lage der Landarbeiter (1893) 851 f. – Wie werden einwandfreie Erhebungen über die Lage der Landarbeiter angestellt? (1893) 851 f. – Flottenumfrage der „Allgemeinen Zeitung“ (Stellungnahme 1897) 503 – Freiburger Antrittsrede → Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (1895) – Die technische Funktion des Terminhandels (1896) 202 – Die Gegensätze der deutschen Agrarverfassung (Vortrag 1896) 210 – Geschichte des deutschen Rechts (Vorlesung 1895/96) 91
Personenregister – Geschichte und Organisation der Börse (Vortragsreihe 1898) 3 – Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter (1889) 619 – Der preußische Gesetzentwurf über das Anerbenrecht (1895) 103, 151, 163 – Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur (Vortrag und Artikel 1896) 3, 161, 169, 183, 196 – Die nationalen Grundlagen der Volkswirtschaft (Vortrag 1895) 72, 79 – Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (1898) 287, 656 – Herr v. Miquel und die Landarbeiter-Enquête (1899) 645 f. – Die Kampfesweise des Freiherrn v. Stumm (1895) 16, 67, 71, 74, 76 – Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands 11, 50, 668, 742, 795, 846 – Landwirtschaft und Agrarpolitik (1893) 62, 263 – Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland (Erhebung des V.f.S.P. 1892) 644, 646, 647, – Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (1895) 5, 18, 78, 82, 84–89, 90, 93 f., 149, 157, 287, 318, 320, 667, 771, 812 – Praktische Nationalökonomie (Vorlesung) 80, 511, 573 f., 585, 590, 593, 713, 724 f. – Privatenquêten über die Lage der Landarbeiter (1892) 605 – Zur Polenfrage. Diskussionsbeitrag auf dem ersten Alldeutschen Verbandstag (1894) 660 – Das Polenthum in den deutschen Ostmarken (Vortrag 1897) 660 – Probleme der Börsenorganisation (Vortrag 1895) 45, 51, 53, 55, 57, 65 – Promotionsgutachten für Franz Rickert (1896) 229 – Promotionsgutachten für Robert Liefmann (1897) 332 – Publikationen und Finanzen der Badischen Historischen Kommission (Redebeiträge 1903) 243 – Rez. von: Kostanecki, A. von, Der öffentliche Kredit im Mittelalter (1890) 683
1011
– Rez. von: Silvio Perozzi, Perpetua causa (1893) 69 – Roscher und Knies I (1903) 34 f. – Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung (1904) 91 – Separatvotum betreffend die Besetzung des philosophischen Ordinariates (1895) 155 – Über die Schriftenreihe „Volkswirtschaftliche Abhandlungen“ (1898) 318, 384 – Theoretische Nationalökonomie (Vorlesung) 207, 511, 651, 652 f., 654, 713, 724, 725, 732 → auch: Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie – Die Wiederbesetzung des erledigten Nationalökonomischen Ordinariats (1896/97) 13 – Vertrauliches Anschreiben und Programmentwurf für eine neue Tageszeitung (1896) 147, 169, 896 – Vorbemerkung des Herausgebers zu Walter Abelsdorff, Beiträge (1900) 476, 701, 710, 739 – Vorbemerkung des Herausgebers: Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands (1899) 493, 581, 596, 609 – Werbetext: Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Norddeutschlands (1899) 641 – Die Zukunft der deutschen Bodenverteilung (Vortrag 1896) 162, 171 – Zwei neue Schriften zur Landfrage im Osten (1893) 851 f. Weber, Ottilie 547, 986 Weber, Otto (jun.) 324, 986 Weber, Valborg → Jahn, Valborg Wedel, Frl. von 58, 150, 986 Weech, Friedrich von 8, 260, 587, 688, 705, 986 Wegener, Hildburg 99, 174 Wegener, Leo 30, 811, 986 Wehler, Hans-Ulrich 841 Weinhausen, Friedrich 498, 987 Weisert, Hermann 457 Weismann, August 155 f. Weissenfels, Richard 82 Weizsäcker, Carl Heinrich von 75, 987
1012
Personenregister
Weizsäcker, Heinrich 75 Wellhausen, Julius 25, 559, 561, 564, 987 Welsch, Ada 195 f., 329, 987 Welsch, Marie-Renée 196 f. Welti, Lilly 823, 862, 987 Weltner, Jean-Philippe 412 Wenck, Martin 147, 240 Wenckstern, Adolph von 470, 987 Werthmann, Lorenz 840 Weser, Max 777, 987 Weyhe, Lothar 174 Wiedenfeld, Kurt 185, 987 f. Wilamowitz-Moellendorf, Ulrich von 796 Wildermuth, Adelheid 188 Wildermuth, Hermann Adalbert 188, 571, 988 Wilhelm II. (deutscher Kaiser) 15, 69, 71, 74, 240, 538, 658, 841, 896 Wilhelm III. → William III. von Oranien William III. von Oranien 123, 129, 988 Wille, Richard 726 Windelband, Wilhelm 155, 206, 457, 459, 988
Wittelshöfer, Otto 489 Wittich, Werner 257 f., 262, 625, 627, 676 f., 697, 988 f. Woerishoffer → Wörishoffer, Friedrich Wolbring, Barbara 82 Wolf, Julius 177, 356, 358, 361–363, 989 Wölffl in, Heinrich 31 Wollf, Karl 688, 989 Wörishoffer, Friedrich 505, 512, 583, 989 Wuttke, Robert 692–694, 989 Wyngaert, Joseph Johann van den 221 Zapf, Gustav 84, 359 f., 492, 494, 568, 597, 633, 989 Zeiler, Frank 201 Zeller, Hermann von 637, 989 f. Zeller, Ulrich 531 Ziegler, Ernst 52, 990 Ziegler, Minna 52, 990 Ziegler, Rosalie Elise 52, 990 Ziegler, Theobald 52, 206, 990 Zola, Émile François 25, 31, 402, 523, 526, 531, 545, 990
Ortsregister
Nicht berücksichtigt wurden die Absendeorte der Briefe sowie die im Personenverzeichnis genannten Orte. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Aberdeen 110 Aberfoyle 97 Abessinien 396 Achnasheen 103, 108, 109 Adour 397, 414, 417 Ägypten, ägyptisch 419, 420 Ajaccio 29, 744, 769, 771, 773, 873, 876, 903 Álava (baskische Provinz) 428 Alpen 389, 392, 396, 473, 876 Altmorschen 299 Amerika, amerikanisch 3, 302, 411, 676 → auch Lateinamerika, Südamerika, Vereinigte Staaten von Amerika Antwerpen 325 f., 338, 343, 350, 397, 410 Appenweier 59 Appenzeller Alpen 521 Aragonien 425, 437 Arcachon 410, 413 f. Argentinien, argentinisch 397, 690 Asturien 430, 447 Atlantik, Atlantischer Ozean 101, 414, 418 Australien, australisch 102, 674 f. Azpeitia 432 Baden, badisch 3, 5, 16, 32, 60, 72, 80, 157, 186, 192 f., 200 f., 214, 216, 242, 243, 244, 255, 257, 260, 261, 264, 295, 297, 317, 321, 348, 356, 366, 458, 460, 463 f., 503, 505, 511, 517, 527, 534, 543, 560, 579, 580, 592, 613, 621, 637, 639, 673, 682, 687, 688, 689, 696, 705, 711 f., 714 f., 717 f., 729, 737, 757, 790, 819 f., 845, 847, 849 f. Baden-Baden 214, 379, 418, 490, 499, 851 Badenweiler 507 Bagnères de Luchon → Luchon Balingen 490, 506, 517 Ballachulish 124 Banavie 102
Bantry 142 Barcelona 386, 392, 426, 430, 434, 437 f., 447, 567 Barvas 101, 111 f., 114, 116 f., 126, 128 Basel 13, 473, 490, 674 Baskenland, baskisch 416, 425, 427, 431, 433, 436 f., 440, 441, 442–445, 447 Bastia 771 Bayern, bayrisch 383, 560, 637 → auch: Oberbayern Bayonne 417 Beaulieu-sur-mer 771 Belfast 122, 126, 129 f., 132, 135 Bellinzona 842 Ben Nevis (Berg) 102, 124 Berlin 2– 4, 12, 15, 18 f., 33, 37 f., 45, 46, 47 f., 51, 52, 53–58, 60, 62, 63, 65, 67, 76, 78, 81, 93, 99, 115, 138, 148, 150, 151, 164, 165–168, 169, 171, 173 f., 176 f., 179, 185, 192, 196, 202, 209 f., 216, 219–221, 225, 226, 228–231, 234, 236, 239, 242, 255, 257, 263, 264, 272, 276 f., 282, 283, 290, 294, 337, 339, 343, 345 f., 347, 350, 352, 356, 357, 361, 365, 368, 369, 385, 414, 420, 443, 448, 454, 458, 466, 467, 469, 470, 475, 495, 501–503, 505, 511 f., 513, 538, 543, 561, 583, 604, 644, 655, 660, 683, 684, 689 f., 696, 697, 723, 724, 751, 765, 766 f., 768, 769, 783, 788, 829, 838, 847, 854, 856, 860, 864, 868, 870, 872, 879 f., 893, 895 → auch: Charlottenburg; Kreuzberg; Wilmersdorf Bern 856 Beuthen (Oberschlesien) 633, 640, 650 Biarritz 392, 397, 407, 410, 416 f. Bidassoa 418 Bielefeld 168, 180, 519 Bilbao 392, 419, 421–425, 427–431, 436, 439, 445, 446 f. Biskaya, Golf von 416
1014
Ortsregister
Bodensee 521, 534 Bologna 29, 821, 824, 827, 830, 832–834, 835, 837 Bonn 255, 258, 282, 343, 458 Bordeaux 385, 392, 397, 407, 408, 410–412, 414 f., 443 Borkum 33, 860 Brackwede 180 Brandenburg 742, 799, 803 Brasilien 860 Bremen 55, 410, 690 Breslau 14, 240, 257, 277, 356, 471, 489, 609, 619, 625, 799 Bretagne 398 Brünn 675 f. Buenos Aires 420 Burgos 447, 451 Caledonian Channel 102 f., 124 Capri 29, 883 Castilien → Kastilien Catalonien → Katalonien Cauterets 390, 392, 396, 405, 408 f., 412 Charlottenburg 33, 45, 51 f., 57 f., 59, 71, 95, 99, 151, 165, 170, 173 f., 299, 324, 326, 341, 344, 346, 483, 765, 828, 833, 847, 854, 861, 863 → auch: Berlin Chester 95, 145 Clare (Grafschaft) 135 Clyde (Fluß) 126 Coblenz → Koblenz Cocolin Hills → Cuillin Hills Comer See 110, 133 Connacht (Grafschaft) 135 Connaught → Connacht Constanz → Konstanz Corsika → Korsika Côte d’Azur 771 Crainsdorf b. Neurode 383, 655 Cromartyshire (Grafschaft) 105 Cuba → Kuba Cuchullin Hills → Cuillin Hills Cuillin Hills 119 f. Dalmatien 470 Dänemark, dänisch 45, 658 f. Detmold 180 Deutschland, deutsch 3, 7, 16, 20, 100, 102, 104, 111, 132, 134, 136, 138, 143, 162, 185, 195, 227, 229, 242, 280, 295, 303, 305, 339 f., 357, 362, 387, 392, 395,
397, 412, 418, 420, 425, 428, 433, 440, 443, 444, 471, 489, 492, 497, 505 f., 514, 517, 644, 659 f., 675, 689, 690, 695, 727, 757, 812, 841, 854 f., 873, 879 f. → auch: Norddeutschland, Nordwestdeutschland, Süddeutschland, Südwestdeutschland Deva 421 f., 428, 447 Dordogne (Fluß) 388 Dortmund 442 Dover 95 Dresden 692, 765, 767–769, 851 Dublin 95, 121 f., 125 f., 128, 130–132, 142, 144 Durango 428 Ebro 447 Edinburgh 95 f., 97 f., 123, 126 Eibsee 26, 708 Eiger (Berg) 778, 780 Eisenach 894 Elsaß(-Lothringen) 227, 395, 507, 694 Engadin 778, 794 England, englisch 98, 104, 110, 113, 115, 117, 129 f., 132, 134–136, 138, 140 f., 144, 146, 186, 240, 303, 387, 394, 417, 422, 430, 879 f., 884 → auch: Großbritannien Erbach (Odenwald) 376 Erfurt 17 f., 58, 91, 147, 184, 186, 209, 213, 229, 232, 233, 236, 239, 790, 794, 797, 893 Erlangen 459, 779 Europa, europäisch 102, 302, 376, 395, 405, 417, 419, 430 → auch: Nordeuropa, Osteuropa Florenz 29, 32, 146, 285, 812, 813, 821– 827, 830, 832, 834, 842, 862, 875 Fort William 102 Frankfurt a.M. 4, 51, 52, 57, 75, 79, 148, 162, 165, 167, 169, 171, 186 f., 213, 348, 496, 525, 534, 537, 678, 690, 854, 894, 896, 898–903 Frankreich, französisch 19 f., 22, 37, 41, 201, 227, 280, 383, 385, 387, 390, 394 f., 397, 398, 400, 403, 406, 408 f., 410, 411, 412, 413, 420, 426, 431, 531 → auch: Südfrankreich, Südwestfrankreich Freiburg i.Br. 1–5, 7–13, 16, 18–22, 28, 45 f., 47, 52, 57–59, 62, 64 f., 72, 76,
Ortsregister 80– 82, 92, 95, 109, 121, 126, 127, 132, 143, 145, 147, 148, 150, 152, 154–156, 161, 165, 166, 167, 169, 173, 175 f., 179, 181, 183, 186, 188–193, 195 f., 198, 200 f., 205, 209, 216, 219, 220, 221, 226, 229, 232, 234 f., 239, 242 243, 244, 248 f., 250–252, 253–258, 261, 263 f., 267, 269, 271, 274, 276, 281 f., 285–287, 291 f., 295, 297–299, 301, 302, 310, 315, 317, 318, 321, 322, 324, 325, 328 f., 340, 348, 356, 357, 361, 379, 392, 417, 446, 449, 452 f., 475 f., 489, 490, 492, 493, 497, 499, 506 f., 508, 509, 517, 525, 528, 542, 546, 588, 592, 606 f., 611, 612, 613, 614, 616, 617, 622, 624, 660, 665, 675 f., 687, 699, 701, 708, 712, 723, 726, 729, 770, 778, 785, 792, 793, 810, 822 f., 840, 857 f., 868 Friedrichshafen 550, 560 Friedrichsruh 537 f. Friesland 417 Fuenterrabía 418 Gairloch 96, 101, 109, 117, 131 Galizien 430, 444, 659, 855 Galway (Grafschaft) 135 Gap of Dunloe (Paß) 137 f., 406 Garmisch-Partenkirchen 26 Gard (Departement) 408 Garonne (Fluß) 388 f., 410, 414 Gavarnie 392, 397, 405, 408, 409 Gave de Gaube (Bach) 396 Gave de Pau (Bach) 396, 398, 405, 409 Geislingen an der Steige 376 Genf 598 Genfer See 481, 484, 490, 521, 550 Genua 34 f., 285, 298, 302, 315, 336, 682, 771, 873, 875, 876, 881–884, 885, 889 Gießen 4, 148, 151, 730, 739 Gironde 408, 410 Glasgow 110, 113, 116, 121 f., 125 f., 129 Glencoe 123 f., 129, 409 Glengariff 131, 142 Glion 23, 470, 475, 481 f., 490 Göttingen 53, 319, 343, 362 Granada 426 Graz 155 Greifswald 205, 257, 293, 321, 337, 341, 356 f., 378, 383, 730, 899 Griechenland, griechisch 796 Grindelwald 778, 782, 794, 796
1015
Großbritannien, britisch 20, 99, 100, 102, 133, 143, 280, 412, 420, 430, 436, 443, 513 → auch: England Guernica 442 Guéthary 416 Halle 155, 458, 619 Hamburg 19, 110, 274, 285 f., 290, 294, 315, 324, 410, 649, 662, 665, 690, 701, 709, 860 Hannover 81, 151, 166, 361, 496, 623, 632, 671, 691 Havel 136 Hebriden 102, 109, 110, 112 f., 117, 128 Heidelberg 1, 3 f., 8–14, 16 –23, 25 f., 28–30, 32 f., 35, 58, 59, 72, 80, 181, 186, 187, 189, 209, 210, 214, 216 f., 223, 242 f., 244, 246, 248, 249 f., 251, 252 f., 255, 256, 258, 260 f., 266, 271, 272, 279, 284, 285, 297, 299, 301, 303, 304, 308, 310 f., 313, 315, 317, 319, 321, 323, 325 f., 334, 338, 339, 341, 343, 345 f., 350, 353, 355, 357, 362, 364–366, 368, 376, 378, 380, 382, 384, 388, 390, 406, 433, 437, 452 f., 457, 459, 466, 468 f., 471, 473– 475, 481, 488, 490, 499, 509, 511 f., 515, 516, 519, 523, 526, 531 f., 533, 536, 538 f., 542, 546, 547, 550, 552 f., 554, 558 f., 562, 567, 584 f., 586, 588, 591, 593, 595–597, 599 f., 601 f., 607, 611, 612, 614, 616 f., 621 f., 625– 628, 646, 650, 655, 662, 667, 676 f., 683, 686 f., 692, 694, 696, 698, 699, 701, 705–708, 711 f., 717–719, 721, 723 f., 729, 732, 734, 740, 744, 748, 750, 752 f., 755, 759 f., 762–764, 766, 774, 775, 776, 778 f., 781–785, 788, 792 f., 796, 800, 803, 810, 811, 813, 814, 816, 820, 821– 823, 824, 826, 830, 831, 832 f., 843– 845, 847, 853, 858, 859 f., 861, 868, 870, 872, 874, 876, 879, 886, 899 f., 902 f. Hérault (Departement) 408 Hessen 376, 896 Hirschberg (Schlesien) 502 Hof 769 Hohenneuffen 765 Holland, holländisch 285, 416 f. → auch: Niederlande Höllental (Schwarzwald) 392 Hourquette d’Ossoue → Vignemale
1016
Ortsregister
Inverness 96, 102 f., 109, 112, 121, 128 Inversnaid 99 f. Iona (Insel) 121 Irland, irisch 19 f., 37, 41, 82, 95, 108, 121 f., 126, 129, 131, 133, 135 f., 138, 139, 140 f., 144, 147, 196, 406, 418 Irún 397, 405, 407, 410, 416, 418, 447 Italien, italienisch 29, 39 f., 102, 110, 138, 302, 395 f., 414, 433, 473 f., 503, 550, 601, 821, 840, 841, 873, 881 Jena 13 f., 496, 676 Jerusalem 406 Juist 59 Jungfrau (Berg) 780 Jütland 45 Karibik 696, 728 Karlsbad 338 Karlsruhe 4 f., 8, 10, 13, 23, 60, 166, 180, 242, 243, 244, 248, 317, 348, 356, 416, 464, 490, 493, 509, 528, 534, 579 f., 585, 586, 587, 625, 626, 628, 676, 688, 705, 714, 715, 778, 785, 792, 793, 794, 811, 813, 815, 818, 845, 847, 850, 899 Kassel 831, 838 Kastilien 425, 428 Katalonien, katalanisch 426, 430, 442, 446 Kerry (Grafschaft) 133, 137 Kiel 155, 179, 181, 454, 547, 624, 632, 642, 650, 663, 730 Kilkee 121, 126, 131, 140 f., 144 Killarney 131, 133, 137, 143 f., 406 Koblenz 169, 170, 343 Kohlgrub (bei Murnau) 383 Köln 802 Königsberg 356 f., 659, 676, 896 Königstuhl 406 Konstantinopel 386 Konstanz 24–26, 28, 41, 402, 515, 519 f., 521, 525, 531, 534, 539 f., 542, 550, 553, 556 f., 564, 567, 573, 575 f., 578, 601, 652, 696, 786 Kopenhagen 110 Korsika 28, 744, 769, 771, 773, 781, 836, 842, 873 Kreuzberg (Berlin) 166 Krossen (Kreis) 799 Kuba 429, 430 Kupferhammer 180
La Plata 860 La Rhune (Berg) 416 Lac de Gaube 396 Lage 167, 168, 173, 180, 186, 189, 536, 707, 873, 875, 889 Lago Maggiore 110, 827, 837 Lahr i.B. 517 Lakes of Killarney 137 Languedoc 408 Las Arenas 416, 421, 424, 431, 439 Lateinamerika 81 → auch: Südamerika Leipzig 12, 94, 149, 184, 216, 217, 223, 255, 276, 298, 341, 343, 357, 362, 489, 492, 619, 692, 900, 902 Lemgo 35, 154, 167, 168, 173, 180–182, 186, 189, 536, 543, 551, 553 f., 873– 876, 878, 879 f., 881, 884, 889 Lewis 101, 108 f., 110, 111, 112, 114, 117 Liegnitz 799 Limerick 121, 126, 130, 136 Limousin 387 f. Liverpool 95, 145, 410 Livorno 771 Loch Alsh 114, 116 Loch Coruisk 119 f. Loch Dochfour 102 Loch Katrine 19, 97, 99 Loch Lochy 102 Loch Lomond 97–99, 101 Loch Maree 101, 104, 108 f., 112, 116, 128 Loch Ness 102 Loch Oich 102 Loch Scavaig 119 f. Loire 387 Lombardei 136 London 95, 96, 98, 120, 122, 129, 131 f., 142 f., 145, 884 Londonderry 121 Lough Leane (See) 136, 137 f. Lourdes 20, 390, 392, 395, 396, 397, 401, 523, 526, 546 Lübeck 412, 665 Luchon 389–391, 397 Lugano 827, 830, 842 Luss (Loch Lomond) 97, 101 Luz 405 Luzern 655, 778 Luzerner Voralpen 118 Macgillycuddy Reeks (Gebirge) 137 Madrid 429, 430
Ortsregister Mailand 29, 389, 821, 830, 832, 837, 839 Mainau 530, 534 Maladetta(-Gruppe) 389, 391 Mannheim 4, 23, 176, 318, 339, 341, 371, 379, 397, 435, 508, 517, 593, 688, 690 Marburg 174, 257 f., 264, 271, 282, 341, 470, 483, 734 Markirch (Ste Marie) 507 Marokko 419 Marseille 392 Meersburg 534 Meran 696 Metz 512 Miranda de Ebro 447 Mittelmeer 437, 860 Modena 832 Mohielew (Mohylew) 856 Mondragón 433 Mont Blanc 102 Mont Perdu(-Gruppe) 390, 392, 396 Monte Anduz 421 Monte Igueldo 419 Monte Rosa 389 Monte Urgull 418 f. Montreux 23, 481, 482, 484, 489, 490 Montserrat 434, 438 Mull (Insel) 121 München 4, 12, 14, 36, 255, 257 f., 274 f., 277, 282, 364 f., 386, 619, 744 Münster (Westfalen) 676 Nancy 386 Nantes 398, 400 Narbonne 392 Navarra 441 Neapel 29, 883 Neckar 725 Nervi 873, 876, 878, 879, 881, 883 Nervión 424, 428, 431, 444 f. Neuffen → Hohenneuffen Neustadt an der Orla 496 New York 3, 689 Niederlande, niederländisch 397 → auch: Holland Niederlausitz 799 Nizza 873 Norddeutschland, norddeutsch 25 Norderelbe 410 Nordeuropa 429 Nordschleswig 659 → auch: Schleswig-Holstein Nordsee 416
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Nordspanien 418 Nordwestdeutschland 388, 676 Norwegen 656, 821, 828, 833 Oban 95, 99, 101 f., 113, 117, 121 f., 129 Oberbayern, oberbayerisch 396 Oberlausitz 228 Oberrhein 490 Oberschlesien 659 Odenwald 725 Oerlinghausen 167, 168, 173, 181, 325 f., 343, 350, 353, 707, 873, 875 Offenburg 588, 593 Oppeln 650 Orléans 386 Orta (Oberitalien) 827, 837 Ostafrika 860 Ostasien 175 Ostende 95, 96, 131, 416 Österreich, österreichisch 7, 242, 362, 489, 505 f., 517, 521, 560, 659, 674, 695, 723, 727 Osteuropa 690 Ostpreußen 50, 227, 659 Oxford 95, 145 Paillac (Médoc) 411 Paris 120, 122, 125, 385, 386, 417, 418, 531 Parma 832, 837 Pasajes 418 Peñas del Duranguesado (Gebirge) 428 Pfalz 491 Pico Aneto 389 Pilatus (Gebirgsmassiv) 118 Pisa 29, 842 Poggio a Caiano (bei Florenz) 824 Polen, polnisch 6, 18, 136, 163, 195, 233, 236, 241, 658 f., 660, 788, 811 f. Pommern (preußische Provinz) 50, 227 Pontresina 787 Porretta 834 Portofi no 876–878 Portree 112, 114, 116 Portugalete 424, 431 Posen (preußische Provinz) 163, 324, 415, 659 f., 811, 812 Posen (Stadt) 788, 811 Potsdam 136, 662 Prato 824
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Ortsregister
Preußen, preußisch 6, 15 f., 72, 74, 163, 227, 236, 324, 337, 356, 357 f., 415, 497, 511, 512, 619, 644 f., 647, 659 f., 757 → auch: Ostpreußen, Westpreußen Purple Mountain 137 Pyrenäen 385, 389, 390 f., 396, 398, 403 f., 405, 407–409, 416, 418 f., 425 Quiraing (Landschaft) 118 Rapallo 878 Reichenau 534, 550 Rhein 325, 338, 558 Rhune → La Rhune Riffelalp 794 Riga 21 Rigi 118 Riviera 870 f., 873 Rom 4, 29–32, 445, 503, 771, 776, 778, 781, 794, 796, 813, 821, 826, 830, 831, 835, 836, 840, 841, 842, 883 Ross-shire (Grafschaft) 105 Rostock 255 f., 356, 449, 489 Rotterdam 410 Rügen 821 Ruhr 325, 338, 343 Rußland, russisch 148, 395, 659, 660, 692, 855, 856, 873 → auch: Weißrußland Saarbrücken 4, 18, 240, 276 Saarland, saarländisch 15, 67, 71, 74, 76, 241, 337, 547, 895 Sachsen 668, 692 San Rocco 889 San Sebastián 392, 397, 407, 410, 416, 417–419, 421–423, 427 Santa Clara 419 Santa Margherita 878 Santander 445 Säntis 521 Saßnitz 821 Schaffhausen 558 Schaumburg-Lippe 499, 508 Scheidegg 791 Schlesien 383, 655, 668, 742 → auch: Oberschlesien Schleswig-Holstein 623, 632, 658 → auch: Nordschleswig Schottland, schottisch 19 f., 37, 41, 82, 95, 96, 98, 101–105, 109 f., 112, 114,
121–123, 124–126, 129, 131, 133, 135, 138, 147, 196, 389, 394, 409 Schrimm (preußische Provinz Posen) 324 Schwäbische Alb 26, 765 Schwarzwald 389, 391, 392, 490 f. Schweiz, schweizerisch 29 f., 118, 131, 209, 234, 242, 280, 412, 470, 475, 522, 528, 531, 534, 558, 560, 655, 778, 786, 794, 823 Shannon (Fluß) 121, 135 f., 140 Siena 830 Skye (Insel) 95, 101, 109 f., 112, 113 f., 116 f., 119, 123, 129, 133, 138 Sligachan 119 Soest 325, 343 Sorrent 29, 883 Spanien, spanisch 19, 22, 24, 37, 41, 383, 385, 389, 405 f., 408 f., 411, 416–421, 423, 425, 426, 427, 429, 430, 431, 433, 436, 439, 441, 443, 444– 446, 451, 546, 567 → auch: Kastilien, Katalonien, Nordspanien Spessart 506 St. Blasien 491, 506, 517 St. Sauveur 405 Staffa (Insel) 102, 121 f. Stein am Rhein 550, 558 Stephansfeld-Hördt 670 Stettin 110 Stirling 96 f., 123 Stornoway 101, 108 f., 110, 112, 113–117, 121, 128 Straßburg 4, 19, 23, 52, 59, 95, 145, 151, 182, 201, 216, 217, 255, 257, 258, 276, 386, 449, 457, 462, 465, 468, 490, 499, 560, 567, 618, 669, 676, 697, 778, 781 f., 840 f. Stresa 827 Strome Ferry 101, 103, 108, 109, 112, 114, 116 Stronachlachar 99 f. Stuttgart 19, 182, 188, 192, 200, 348, 386, 448, 449, 451 f., 462 f., 467, 468, 485, 510, 517, 547, 553, 571, 637, 669 f., 765, 768, 881 f. Südamerika 54, 66 → auch: Lateinamerika Sudan 420 Süddeutschland, süddeutsch 29, 62, 82, 386, 397, 489, 690, 757, 840
Ortsregister Südfrankreich 394, 408, 443, 567 Südwestdeutschland, südwestdeutsch 7, 339, 778 Südwestfrankreich 386 Sylt 553 Talladale (Loch Maree) 109 Tarbes (Departement Hautes-Pyrénées) 397 Taunus 490, 506 Teutoburger Wald 100 Thessalien 272 Tharandt (bei Dresden) 693 Thüringen, thüringisch 227, 432 Tiber 835 Tifl is 223 Tirol 396, 655 Tomies (Gebirge) 137 Toulouse 386, 388, 410 Triberg 506, 517 Triberger Wasserfälle 392 Tschechien, tschechisch 658 f. Tübingen 75, 143, 216, 349, 362, 427, 492, 493, 631, 637, 667, 679 f., 900, 902 f. Überlingen(-Goldbach) 534 Upper Lake 137 f. Urach 26 –29, 38, 41, 744, 747 f., 750–754, 756 –759, 761 f., 765, 767–769, 771, 774, 796, 840, 876 USA → Vereinigte Staaten von Amerika Val de Lys 391 Vallée du Lys → Val de Lys Venedig 285, 873 Venetien 136 Vercelli (Piemont) 29, 821, 827, 830, 832–834, 836 f., 839, 840, 842
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Vereinigte Staaten von Amerika 140 Vierwaldstättersee 118, 129 Vignemale (Berg, Gebirgsmassiv) 392, 396, 409 Vizcaya (baskische Provinz) 426, 436 f., 442 Vorarlberger Alpen 521 Wales 95, 131, 145 Warnemünde 821 Weilertal 507 Weißrußland 856 Wengen 789, 791 Wengernalp 778, 780 Westfalen, westfälisch 167, 173, 178, 181, 339, 343, 442, 536 Westindien 860 Westpreußen 50, 163, 415, 659 f. Wetterhorn 778 Wien 161, 322, 356, 362, 386, 489, 492, 527, 580, 621 f., 676, 711, 719, 723, 725, 731, 879 f. Wiesbaden 337, 496, 862 Wight (Insel) 831 Wilmersdorf 54 Winterthur 823, 862 Württemberg 60, 145, 203, 348, 376, 490, 506, 517, 519, 560, 561 Würzburg 631 Zaragoza 385, 392, 434, 437, 447, 451 Zarauz (Baskenland) 422 Zermatt 778, 787, 794 Zugersee 118 Zugspitze 786 Zummárraga 421 Zürich 10, 176 f., 205, 282, 317, 356, 357, 362, 493, 509, 528, 580, 625, 771
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung II: Briefe
1. Aufbau der Gesamtausgabe In der Max Weber-Gesamtausgabe werden die veröffentlichten und die nachgelassenen Texte und Briefe Max Webers mit Ausnahme seiner Exzerpte, Marginalien, Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer wiedergegeben. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so werden diese sämtlich, gegebenenfalls als Varianten, mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck gegeben hat, werden nur dann berücksichtigt, wenn dem betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. Die Max Weber-Gesamtausgabe gliedert sich in drei Abteilungen: Abteilung I: Schriften und Reden Abteilung II: Briefe Abteilung III: Vorlesungen
2. Aufbau der Abteilung II: Briefe In Abteilung II werden alle bislang bekanntgewordenen Briefe Max Webers veröffentlicht. Unter Briefen werden verstanden: Briefe im engeren Sinne, sowie Briefkonzepte, Postkarten und Telegramme. Sie werden vollständig aufgenommen. Briefe im Sinne dieser Definition, die nicht überliefert, aber nachgewiesen sind, werden im editorischen Apparat verzeichnet. Die an Max Weber gerichteten Briefe werden nicht abgedruckt, es wird von ihnen auch kein Verzeichnis erstellt. Die Briefe werden chronologisch nach den Schreibtagen ediert. Die einzelnen Bände umfassen geschlossene Jahrgänge, der jeweilige Zeitraum wird im Bandtitel angegeben. Die Bandfolge lautet: Band 1: Jugendbriefe bis 1886 Band 2: Briefe 1887 –1894 Band 3: Briefe 1895–1902 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Uta Hinz; 2 Halbbände, 2015
Band 4: Briefe 1903–1905 Hg. von Gangolf Hübinger und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende; 2015
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Band 5: Briefe 1906 –1908 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1990
Band 6: Briefe 1909 –1910 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1994
Band 7: Briefe 1911–1912 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2 Halbbände, 1998
Band 8: Briefe 1913–1914 Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2003
Band 9: Briefe 1915 –1917 Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2008
Band 10: Briefe 1918 –1920 Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Uta Hinz, Sybille Oßwald-Bargende und Manfred Schön; 2 Halbbände, 2012
Band 11: Nachträge und Gesamtregister In Band 11 werden als Nachträge auch solche Briefe aufgenommen, die nach Erscheinen der einschlägigen Bände noch aufgefunden werden oder die nicht datierbar sind.
3. Aufbau der Bände Jeder Band enthält ein chronologisches Verzeichnis der edierten Briefe, eine Einleitung der Herausgeber, die historisch-kritisch bearbeiteten Briefe Max Webers sowie Verzeichnisse und Register. Die Briefe werden in chronologischer Folge abgedruckt. Läßt sich diese bei Briefen vom selben Tag nicht bestimmen, so gilt die alphabetische Ordnung nach Empfängern. Briefe, die nur annähernd datierbar sind, werden am Ende des fraglichen Zeitraums eingeordnet.
4. Chronologisches Verzeichnis der Briefe Das chronologische Verzeichnis informiert über Datum, Schreibort und Empfänger der Briefe.
MWG Abteilung II · Aufbau und Editionsregeln
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5. Einleitung Die Einleitung der Herausgeber informiert über den biographischen Kontext sowie die Überlieferungslage der Briefe im jeweiligen Band sowie über bandspezifische Editionsfragen.
6. Briefe Bearbeitung und Präsentation der Briefe folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe eines Vorspanns und von drei Apparaten: dem Korrekturen- und dem Variantenapparat, die zum textkritischen Apparat zusammengefaßt sind, und dem Erläuterungsapparat. 6.1 Vorspann Jedem Brief werden Angaben über Empfänger, Datum, Schreibort und Fundort sowie Zeugenbeschreibungen vorangestellt. Abschriften und Vordrucke von Briefen werden nur nachgewiesen, wenn sie die Quelle der Edition darstellen. Ergeben sich Datierung oder Schreibort nur aus dem Poststempel oder einem Aufdruck des Briefes (Briefkopf), so wird dies durch ein vorgesetztes PSt oder BK kenntlich gemacht. Andere Ergänzungen oder Erschließungen von Datum oder Schreibort stehen in eckigen Klammern. Der Vorspann enthält außerdem ggf. eine Editorische Vorbemerkung, in der Erschließung und Ergänzungen von Datum oder Schreibort begründet und zusätzliche Informationen zur Zeugenbeschreibung gegeben werden. Liegen mehrere Fassungen eines Briefes vor, wird hier auch dargelegt, welche als Text abgedruckt und welche als Varianten mitgeteilt werden. Hier werden auch alle weiteren editorischen Entscheidungen in Hinsicht auf den edierten Brief begründet. Dazu gehört unter anderem die Behandlung von Eigentümlichkeiten des Briefes. Ferner umfassen die Editorischen Vorbemerkungen Regesten solcher Korrespondenda bzw. Kontextdarstellungen, deren Kenntnis für das Verständnis des Briefes notwendig ist. 6.2 Textkritischer Apparat Im textkritischen Apparat werden Textentwicklung und Texteingriffe nachgewiesen. 6.2.1 Textentwicklung Liegt ein Brief in mehreren Fassungen vor, wird eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel der eigenhändig niedergeschriebene Originalbrief. Der Originalbrief bzw. die abgedruckte Fassung trägt die Sigle O. Liegen parallele Ausfertigungen des Originalbriefs oder mehrere zu edierende Abschriften vor, werden diese mit O1, O2 usw. sigliert. Abschriften oder Nach-
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drucke werden nur berücksichtigt, wenn der Originalbrief fehlt. Jede zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen Apparat mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Ebenso werden im textkritischen Apparat Webers Streichungen und seine Änderungen am Wortlaut der Briefe nachgewiesen. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei umfangreichen Varianten, ist der positive Apparat oder die synoptische Darstellung gewählt. 6.2.2 Texteingriffe Texteingriffe sind auf ein Minimum beschränkt. Sie werden bei Textverderbnissen vorgenommen. Als verderbt gelten Textstellen, die den Sinnzusammenhang zerstören, sowie fehlerhaft geschriebene Namen (Ausnahme: Tröltsch, Örlinghausen) und falsche Datumsangaben. Der Eingriff wird dadurch nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im textkritischen Apparat mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der Apparat dann Lesarten in Voreditionen oder andere Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr gebräuchlicher Lautstand, veraltete Orthographie und Interpunktion. Nur in folgenden Fällen werden Texteingriffe ohne Nachweis im textkritischen Apparat vorgenommen: a) Bei der Gestaltung von Gliederungsmerkmalen (z.B. Paragraphen) sowie Hervorhebungen: Sie werden typographisch vereinheitlicht. b) Bei Umlauten: Sie werden der heutigen Schreibweise angeglichen (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei Abkürzungen: Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in eckigen Klammern ausgeschrieben. Webers Abkürzungen in Datumszeile, Anrede und Schlußformel sind vieldeutig und werden daher nicht aufgelöst. d) Bei offensichtlichen Schreibfehlern: Sie werden korrigiert (z.B. „agarhistorischen“, „Lugenentzündung“). e) Bei der Numerierung von Webers Anmerkungen: Sie werden briefweise durchgezählt.
6.3 Erläuterungsapparat Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung und enthält Regesten solcher Korrespondenda, deren Kenntnis für das Verständnis einzelner Briefstellen notwendig ist. Jeder Brief wird dabei als ein selbständiger Text behandelt. Wiederholungen von Erläuterungen gleicher Sachverhalte in mehreren Briefen bzw. Rückverweise auf Erläuterungen sind daher nicht zu vermeiden.
MWG Abteilung II · Aufbau und Editionsregeln
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6.3.1 Zitate Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist ein Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen“. 6.3.2 Literaturangaben Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so wird diese, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. 6.3.3 Sacherläuterung Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Briefes unerläßlich erscheint, soweit diese nicht in den Editorischen Vorbemerkungen behandelt worden sind. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinausgehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schriftsystemen verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien. 6.4 Präsentation Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtern, erscheinen Webers Briefe und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite. Um die Herausgeberrede von Webers Text abzuheben, ist sie in anderer Schrifttype gesetzt. Die Briefe werden nicht abgebildet. Doch weist der textkritische Apparat Streichungen nach. Diakritische Zeichen machen von Weber nachträglich eingeschobene Wörter und Passagen kenntlich. Webers Randnotizen erscheinen – soweit sie weder als Textnachträge noch als Fußnoten zu verstehen sind – im textkritischen Apparat. Kursiver Druck charakterisiert unterstrichene Textstellen des Brieforiginals. Verwendet Weber vorgedrucktes Briefpapier, so werden diejenigen Teile des Briefkopfes, die er in seine Orts- und Datumsangabe integriert, in einer abweichenden, kursiven Schrifttype wiedergegeben. Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten werden so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische Buchstaben verbinden den Edierten Text mit dem textkritischen Apparat. Sie stehen hinter dem varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische Anmerkung auf mehr als ein Wort, so markiert ein gerade gesetzter Index den Anfang und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge (amit Amerikaa).
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Die historisch-kritisch bearbeiteten Briefe Webers und die Erläuterungen des Herausgebers sind durch arabische Ziffern ohne Klammern miteinander verbunden.
7. Verzeichnisse und Register Dem Band sind folgende Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis 2. Ein chronologisches Verzeichnis der edierten Briefe, geordnet nach Datum, Ort und Empfänger. 3. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und Abkürzungen. 4. Ein Personenverzeichnis: Aufgenommen sind alle Personen, die Weber erwähnt; ausgenommen sind allgemein bekannte Persönlichkeiten (z.B. Bismarck, Nietzsche, Wilhelm II.) und solche Autoren und Namen, die in bibliographischen Angaben ohne nennenswerte weitere Information genannt oder aufgezählt werden. Das Personenverzeichnis liefert die wichtigsten Lebensdaten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu Weber auf. Das Personenverzeichnis hat den Zweck, den Erläuterungsapparat zu entlasten. 5. Verwandtschaftstafeln der Familien von Georg Friedrich Fallenstein und von Carl David Weber: Sie zeigen die Verwandtschaftsverhältnisse der Familie Max Webers. 6. Ein Register der Briefempfänger: Es dient dem Auffinden aller Briefe an einen bestimmten Empfänger. 7. Ein Personenregister: Es verzeichnet sämtliche von Weber und vom Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und vom Editor zitierten Literatur. 8. Ein Ortsregister: Es verzeichnet alle geographischen Namen, mit Ausnahme der Verlagsorte in Literaturangaben und der Archivorte. Es werden die Namen benutzt, die im deutschen Sprachraum vor 1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Die Empfänger-, Personen- und Ortsregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede.
8. Indices und Zeichen Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer (1), 2), 3) …) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen.
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b) Arabische Ziffern ohne Klammern (1, 2, 3 …) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben (a, b, c …) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung. Folgende Zeichen werden verwendet: a) Im Text – 앚: :앚 charakterisieren, daß es sich um einen nachträglichen Einschub Webers in seinen Text handelt. – Das Zeichen [ ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor. – Das Zeichen [??] gibt an, daß ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar sind; den Sachverhalt erläutert eine textkritische Fußnote. b) In den textkritischen Fußnoten – In werden gestrichene Textstellen wiedergegeben. Diese Streichungen folgen im Brieforiginal unmittelbar auf die durch den Index (a, b, c …) bezeichnete Stelle. – Textersetzungen Webers werden mit > bezeichnet. Die Fußnoten geben die von Weber getilgte und seine endgültige Formulierung wieder. Die Indizierung im Text bindet an diese endgültige Formulierung an. – In [ ] stehen unsichere oder alternative Lesungen im Bereich der von Weber getilgten oder geänderten Textstellen. – Die Angabe „O:“ verweist bei Emendationen und sonstigen textkritischen Mitteilungen auf das Original der edierten Textvorlage.
Bandfolge der Abteilung I: Schriften und Reden
Band 1:
Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1889 – 1894 Hg. von Gerhard Dilcher und Susanne Lepsius; 2008
Band 2:
Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staatsund Privatrecht 1891 Hg. von Jürgen Deininger; 1986 (Studienausgabe: 1988)
Band 3:
Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland 1892 Hg. von Martin Riesebrodt; 2 Halbbände, 1984
Band 4:
Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1892 – 1899 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff; 2 Halbbände, 1993
Band 5:
Börsenwesen Schriften und Reden 1893 – 1898 Hg. von Knut Borchardt in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2 Halbbände, 1999/2000
Band 6:
Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften und Reden 1893 – 1908 Hg. von Jürgen Deininger; 2006
Band 7:
Zur Logik und Methodik der Sozialwissenschaften Schriften und Reden 1900 – 1907
Band 8:
Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1900 – 1912 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Peter Kurth und Birgitt Morgenbrod; 1998 (Studienausgabe: 1999); Ergänzungsheft 2005
Band 9:
Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1904 – 1911 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube; 2014
Band 10: Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1905 – 1912 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahlmann; 1989 (Studienausgabe: 1996)
MWG Abteilung I · Bandfolge
Band 11:
Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1908 – 1912 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 1995 (Studienausgabe: 1998)
Band 12: Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1908 – 1917 Band 13: Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik Schriften und Reden 1895 – 1920 Band 14: Zur Musiksoziologie Nachlaß 1921 Hg. von Christoph Braun und Ludwig Finscher; 2004
Band 15: Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1914 – 1918 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Gangolf Hübinger; 1984 (Studienausgabe: 1988)
Band 16: Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1918 – 1920 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker; 1988 (Studienausgabe: 1991)
Band 17:
Wissenschaft als Beruf 1917/1919 – Politik als Beruf 1919 Hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Birgitt Morgenbrod; 1992 (Studienausgabe: 1994)
Band 18: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1904 – 1920 Band 19: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus Schriften und Reden 1915 – 1920 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko; 1989 (Studienausgabe: 1991)
Band 20: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916 – 1920 Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzio; 1996 (Studienausgabe: 1998)
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MWG Abteilung I · Bandfolge
Band 21: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1911 – 1920 Hg. von Eckart Otto unter Mitwirkung von Julia Offermann; 2 Halbbände, 2005 (Studienausgabe: 2008)
Band 22: Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß Teilband 1: Gemeinschaften Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Michael Meyer; 2001 (Studienausgabe: 2009)
Teilband 2: Religiöse Gemeinschaften Hg. von Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit Petra Schilm unter Mitwirkung von Jutta Niemeier; 2001 (Studienausgabe: 2005)
Teilband 3: Recht Hg. von Werner Gephart und Siegfried Hermes; 2010 (Studienausgabe 2014)
Teilband 4: Herrschaft Hg. von Edith Hanke in Zusammenarbeit mit Thomas Kroll; 2005 (Studienausgabe: 2009)
Teilband 5: Die Stadt Hg. von Wilfried Nippel; 1999 (Studienausgabe: 2000)
Band 23: Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie Unvollendet 1919 – 1920. Hg. von Knut Borchardt, Edith Hanke, Wolfgang Schluchter; 2013 (Studienausgabe: 2014)
Band 24: Wirtschaft und Gesellschaft. Entstehungsgeschichte und Dokumente Dargestellt und hg. von Wolfgang Schluchter; 2009
Band 25: Wirtschaft und Gesellschaft. Gesamtregister Bearbeitet von Edith Hanke und Christoph Morlok; 2015
Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften
Band 1:
Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie. Vorlesungen 1894 – 1898 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Cristof Judenau, Heino H. Nau, Klaus Scharfen und Marcus Tiefel; 2009
Band 2:
Praktische Nationalökonomie. Vorlesungen 1895 – 1899
Band 3:
Finanzwissenschaft. Vorlesungen 1894 – 1897
Band 4:
Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung. Vorlesungen 1895 – 1898 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Silke Fehlemann; 2009
Band 5:
Agrarrecht, Agrargeschichte, Agrarpolitik. Vorlesungen 1894 – 1899 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger; 2008
Band 6:
Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Mit- und Nachschriften 1919 – 1920 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Joachim Schröder; 2011
Band 7:
Allgemeine Staatslehre und Politik (Staatssoziologie). Mit- und Nachschriften 1920 Hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey; 2009