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German Pages 796 [827] Year 1989
Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von
Horst Baier, M. Rainer Lepsius, Wolfgang J. Mommsen, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmannt
Abteilung II: Briefe Band 5
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Max Weber Briefe 1906-1908
Herausgegeben von
M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit
Birgit Rudhard und Manfred Schön
ARTIBUS
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Redaktion: Rita A l d e n h o f f - Karl-Ludwig Ay Die Herausgeberarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Werner-Reimers-Stiftung und dem Land Baden-Württemberg gefördert.
CIP-Titelaufnähme
der Deutschen
Bibliothek
Weber, Max: Gesamtausgabe / Max Weber. Im Auftr. d. Komm, für Sozial- u. Wirtschaftsgeschichte d. Bayer. Akad. d. Wiss. hrsg. von Horst Baier . . . - Tübingen: Mohr. Abt. 2, Briefe. NE: Baier, Horst [Hrsg.]; Weber, Max: [Sammlung] Bd. 5. Briefe 1906-1908 / hrsg. von M. Rainer Lepsius u. Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard u. Manfred Schön. - 1990 ISBN 3-16-845327-7 Gewebe ISBN 3-16-845528-8 Hldr. NE: Lepsius, Mario Rainer [Hrsg.]
978-3-16-158146-5 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019
© 1990 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde gesetzt und gedruckt von der Druckerei Guide in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Gebr. Buhl in Ettlingen. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen nach einem Entwurf von Alfred Krugmann in Stuttgart.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort Chronologisches Verzeichnis der Briefe 1906—1908 Siglen, Zeichen, Abkürzungen Einleitung Briefe 1906-1908
VII X XX 1 17
Nachtrag
717
Personenverzeichnis
721
Verwandtschaftstafeln der Familien Fallenstein und Weber . . 764 Register der Briefempfänger
769
Personenregister
772
Ortsregister
784
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung II: Briefe
789
B andfolge der Abteilung I: Schriften undReden
795
Vorwort
Die Edition der Briefe Max Webers eröffnet den Zugang zu einem bislang nicht verfügbaren Quellenbestand für die Erforschung von Werk und Biographie eines der bedeutendsten Sozial- und Geisteswissenschaftler der Jahrhundertwende. Schon Marianne Weber, seine Frau, hatte die Absicht, eine Sammlung der Briefe Max Webers zu veröffentlichen. Nach der Herausgabe eines ersten Bandes, den sog. „ J u g e n d b r i e f e n " , konnte sie diese Absicht im nationalsozialistischen Deutschland und in den Kriegsjahren nicht weiter verfolgen. Erst in der Mitte der siebziger Jahre, als der Plan einer Max Weber-Gesamtausgabe heranreifte, gewann auch der Gedanke einer Edition des Briefwerks wieder Gestalt. Seine Erschließung ist auch für die Herausgabe der Schriften Max Webers eine unentbehrliche Voraussetzung. Der Edition des Briefwerks mußte angesichts der ungünstigen Überlieferungslage eine lange Vorbereitungszeit vorausgehen. Erst nachdem die Suche nach den Briefen Max Webers als im wesentlichen abgeschlossen betrachtet werden durfte, erschien es sinnvoll, mit deren Veröffentlichung zu beginnen. Auch war mit der Transkription der Briefe angesichts der überaus schwer lesbaren Handschrift Max Webers ein erheblicher Arbeitsaufwand verbunden. Ebenso forderte die Kommentierung der Briefe umfangreiche Recherchen in zahlreichen privaten und öffentlichen Archiven; diese Arbeiten erwiesen sich als wesentlich aufwendiger als anfänglich erwartet. Mit diesem Band, der die Briefe Max Webers aus den Jahren 1906 bis 1908 enthält, ist ein Anfang gemacht, und die weiteren Bände werden in angemessenen Zeitabständen folgen. Im Rahmen der Edition des Briefwerks ist M. Rainer Lepsius für die Briefe an Familienangehörige sowie an Marie Baum, Else Jaffe und Mina Tobler, Wolfgang J. M o m m s e n für die Korrespondenz wissenschaftlichen und politischen Inhalts, einschließlich der Briefe an Alfred Weber, zuständig. Die wissenschaftliche und politische Korrespondenz stellt in diesem Bande den weitaus größeren Bestand dar. Die Editionsarbeiten wurden von zwei Arbeitsstellen durchgeführt, die eine am Historischen Seminar der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf unter der Leitung von Wolfgang J. M o m m s e n in Zusammenarbeit mit Manfred Schön, die andere zunächst an der Universität Mannheim und seit 1981 am Institut für Soziologie der Universität Heidelberg unter der Leitung von M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard. Die Transkription der handschriftlichen Texte wurde für die Briefe wissenschaftlichen und politischen Inhalts von Manfred Schön, für
VIII
Vorwort
die Briefe an die Familienangehörigen von Diemut Moosmann vorgenommen. Die Herausgabe dieses Bandes war nur möglich dank der Unterstützung, die den Herausgebern von zahlreichen Institutionen sowie den Eigentümern zahlreicher Privatnachlässe zuteil wurde. Sie können hier nicht alle namentlich genannt werden, obgleich ihnen allen großer Dank gebührt. Besonders genannt zu werden verdienen Dr. Max Weber-Schäfer, Konstanz, sowie Prof. Eduard Baumgarten (t) und seine Erben, die uns die in ihrem Besitz befindlichen Bestände bereitwillig zur Verfügung gestellt haben, ferner G e o r g Siebeck, Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), der uns die Bestände des Verlagsarchivs öffnete, sowie Prof. Mario Einaudi, der uns die Briefe an Robert Michels zugänglich machte, die sich heute in der Fondazione Luigi Einaudi, Turin, befinden, und schließlich Dietrich Rickert und Marianne Verbürg. Unser besonderer Dank gilt Prof. Hideharu Ando, Tokio, der die in seinem Besitz befindlichen Briefe Max Webers an Edgar Jaffe der Arbeitsstelle der Max Weber-Gesamtausgabe in Düsseldorf überließ. Unser Dank geht ferner an zahlreiche Archive und Bibliotheken sowie deren Mitarbeiter, von denen ausdrücklich genannt seien das Zentrale Staatsarchiv der DDR Merseburg, sowie das Zentrale Staatsarchiv der D D R Potsdam, das Bundesarchiv Koblenz, das G e h e i m e Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem, die Deutsche Staatsbibliothek Berlin/DDR, die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, die Universitätsbibliothek Leipzig, das Universitätsarchiv Leipzig, das Generallandesarchiv Karlsruhe, das Universitätsarchiv der Universität Heidelberg, die Universitätsbibliothek Düsseldorf, die Universitätsbibliothek Heidelberg, das Stadtarchiv Heidelberg und die Bayerische Staatsbibliothek München. Ohne die Großzügigkeit, mit der sie alle ihre Bestände zur Verfügung gestellt und mit Rat und zahlreichen Auskünften geholfen haben, hätte dieser Band nicht erstellt werden können. Die Arbeiten an diesem Bande wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Werner-Reimers-Stiftung, der Fritz Thyssen Stiftung sowie dem Land Baden-Württemberg. Wesentliche Unterstützung erhielten die Herausgeber von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, von den Universitäten Heidelberg und Mannheim sowie von der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unter dem Vorsitz von Knut Borchardt. Großen Dank schulden die Herausgeber Horst Baier, der mit Sorgfalt das Manuskript des Bandes gelesen und wertvolle Hinweise gegeben hat, ferner Karl-Ludwig A y und Rita Aldenhoff von der Arbeitsstelle der Max Weber-Gesamtausgabe bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die die Herausgeber in vielfacher Weise unterstützt und beraten haben, sowie Diemut Moosmann für die Anfertigung von Transkriptionen der Briefe
Vorwort
IX
M a x W e b e r s an s e i n e F a m i l i e n a n g e h ö r i g e n s o w i e d e r j e n i g e n v o n Marianne W e b e r und H e l e n e W e b e r . Dittmar D a h l m a n n gebührt Dank für z a h l r e i c h e H i n w e i s e z u R u ß l a n d betreffenden Fragen, A x e l F u h r m a n n für s e i n e A r b e i t am P e r s o n e n v e r z e i c h n i s , Petra G r u n d für die Erstellung der D r u c k v o r l a g e n der Briefe w i s s e n s c h a f t l i c h e n und politischen Inhalts, H a n n e l o r e C h a l u p p a für die Erstellung der D r u c k v o r l a g e n der Briefe an die F a m i l i e n a n g e h ö r i g e n , Peter B u r g e r und Ingrid Pichler für die Herstellung der Register. H e i d e l b e r g und D ü s s e l d o r f im M ä r z 1 9 9 0 M. Rainer L e p s i u s , W o l f g a n g J. M o m m s e n
Chronologisches Verzeichnis der Briefe
1906-1908
Datum
Ort
Empfänger
Heidelberg o.O.
Robert Michels Paul Siebeck
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Paul Siebeck Paul Siebeck Willy Hellpach Ulrich Stutz Paul Siebeck Willy Hellpach Paul Siebeck Albrecht Dieterich
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Seite
1906 1. J a n . 1906 16. J a n . 1906 oder danach 17. Jan. 1906 18. J a n . 1906 20. J a n . 1906 20. Jan. 1906 22. Jan. 1906 25. Jan. 1906 26. Jan. 1906 zwischen 30. Jan. und 5. Febr. 1906 5. Febr. 1906 10. Febr. 1906 15. Febr. 1906 17. Febr. 1906 18. Febr. 1906 18. Febr. 1906 21. Febr. 1906 27. Febr. 1906 28. Febr. 1906 1. März 1906
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
2. März 1906 12. März 1906 15. März 1906 16. März 1906 16. März 1906 16. März 1906 24. März 1906 oder davor 26. März 1906 27. März 1906 27. März 1906 28. März 1906 29. März 1906
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Adolf Harnack Willy Hellpach Willy Hellpach Helene Weber Willy Hellpach Bogdan A . Kistjakovskij (Nachtrag) Willy Hellpach Willy Hellpach L u j o Brentano Bogdan A . Kistjakovskij (Nachtrag) Ulrich Stutz Ladislaus von Bortkiewicz Paul Siebeck Friedrich Gottl Paul Natorp Helene W e b e r Paul Siebeck
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Robert Michels Friedrich Gottl Sophie Rickert Friedrich Gottl Friedrich Gottl
19 20 22 24 25 27 28 29 30 31 32 34 35 36 38 717 39 40 42 718 44 45 48 50 51 52 55 56 59 61 62 64
Chronologisches Datum
Ort
Heidelberg 2. April 1906 Heidelberg 8. April 1906 13. April 1906 Heidelberg 13. oder 14. April 1906 Heidelberg 15. April 1906 Heidelberg Heidelberg 18. April 1906 Heidelberg 18. April 1906 Heidelberg 18. April 1906 Heidelberg 23. April 1906
Verzeichnis
der Briefe
Empfänger
2. Mai 1906 3. Mai 1906 11. Mai 1906 16. Mai 1906 19. Mai 1906 21. Mai 1906 21. Mai 1906 oder danach 23. Mai 1906 oder danach 3. Juni 1906 16. Juni 1906 5. Juli 1906 6. Juli 1906 8. Juli 1906 11. Juli 1906 14. Juli 1906 18. Juli 1906 22. Juli 1906 22. Juli 1906 24. Juli 1906 28. Juli 1906 oder davor 28. Juli 1906 30. Juli 1906 30. Juli 1906 1. Aug. 1906 2. Aug. 1906 2. Aug. 1906 4. Aug. 1906 6. Aug. 1906
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Robert Michels Friedrich Gottl Werner Sombart Helene Weber Martin Rade Friedrich Gottl Willy Hellpach Robert Michels Aleksandr A. Kaufman (Nachtrag) Willy Hellpach Clara Mommsen Helene Weber Robert Michels Paul Siebeck Robert Michels Paul Siebeck
Heidelberg
Helene Weber
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Robert Michels Robert Michels Helene Weber Marie Baum Alfred Weber Paul Siebeck Paul Siebeck Robert Michels Georg Friedrich Knapp Ulrich Stutz Paul Siebeck Alfred Weber
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
14. Aug. 1906 15. Aug. 1906 16. Aug. 1906
Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Werner Sombart Carl Bezold Willy Hellpach Georg Jellinek Paul Siebeck Helene Weber Robert Michels Verlag J. C . B . M o h r (Paul Siebeck) Robert Michels Paul Siebeck Robert Michels
XI Seite
68 69 73 74 77 78 80 84 719 86 87 88 90 92 94 95 97 99 101 103 106 108 110 112 114 115 118 119 120 122 124 125 126 127 128 130 131 132 133 134
XII Datum
Chronologisches
Verzeichnis
Ort
16. oder 17. Aug. 1906 Heidelberg 17. Aug. 1906 Heidelberg Heidelberg 18. Aug. 1906 Heidelberg 20. Aug. 1906 Heidelberg 21. Aug. 1906 23. Aug. 1906 Heidelberg Heidelberg 27. Aug. 1906 1. Sept. 1906 Heidelberg Heidelberg 9. Sept. 1906 Heidelberg 10. Sept. 1906 Heidelberg 11. Sept. 1906 Heidelberg 12. Sept. 1906 Heidelberg 12. Sept. 1906 Heidelberg 25. Sept. 1906 Heidelberg 25. Sept. 1906 Heidelberg 25. Sept. 1906 Heidelberg 28. Sept. 1906 Heidelberg 1. Okt. 1906 7. Okt. 1906 Freiburg Mailand 8. Okt. 1906 Palermo 3. Nov. 1906 5. Nov. 1906 Palermo Rom 18. Nov. 1906 Rom 19. Nov. 1906 Rom 19. Nov. 1906 24. Nov. 1906 Turin Heidelberg 27. Nov. 1906 Heidelberg 27. Nov. 1906 Heidelberg 29. Nov. 1906 Heidelberg 30. Nov. 1906 Heidelberg 3. Dez. 1906 Heidelberg 3. Dez. 1906 Heidelberg 5. Dez. 1906 Heidelberg 5. Dez. 1906 Heidelberg 6. Dez. 1906 Heidelberg 10. Dez. 1906 14. Dez. 1906 Heidelberg Heidelberg 28. Dez. 1906
der Briefe
Empfänger
Seite
Marie Baum Helene Weber Paul Siebeck Werner Sombart Marie Baum Marie Baum Georg Jellinek Robert Michels Helene Weber Helene Weber Paul Siebeck Robert Michels Helene Weber Robert Michels Oskar Siebeck Helene Weber Oskar Siebeck Werner Sombart Helene Weber Robert Michels Carl Neumann Robert Michels Robert Michels Robert Michels Robert Michels Helene Weber Robert Michels Robert Michels Robert Michels Robert Michels Robert Michels Werner Sombart Robert Michels Paul Siebeck Gisela Michels-Lindner Robert Michels Friedrich Naumann Robert Michels
136 137 141 143 145 147 149 153 154 155 156 160 162 164 165 167 169 170 171 172 174 177 178 179 180 181 183 185 186 187 188 190 193 195 198 200 201 206
Achille Robert Robert Robert
207 208 209 210
1907 1. Jan. 1907 3. Jan. 1907 5. Jan. 1907 11. Jan. 1907
Heidelberg Charlottenburg Charlottenburg Heidelberg
Loria Michels Michels Michels
Chronologisches Verzeichnis der Briefe Datum
XIII
Ort
Empfänger
Seite
1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
212 213 215 216 218 220 221 225
30. Jan. 1907 31. Jan. 1907 1. Febr. 1907 4. Febr. 1907 5. Febr. 1907 5. Febr. 1907 oder danach 6. Febr. 1907 7. Febr. 1907 7. Febr. 1907 oder danach 18. Febr. 1907 23. Febr. 1907 26. Febr. 1907 1. März 1907 3. März 1907 5. März 1907 oder davor 5. oder 6. März 1907 7. März 1907 8. März 1907 oder danach 13. März 1907 16. März 1907 24. März 1907 2. April 1907 2. April 1907 2. April 1907 13. April 1907 20. April 1907 22. April 1907 29. April 1907 1. Mai 1907
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Oskar Siebeck Paul Siebeck Willy Hellpach Robert Michels Marie Baum Marie Baum Robert Michels Marie Baum Gisela Michels-Lindner und Robert Michels Alfred Weber Paul Siebeck Robert Michels Robert Michels Max Quarck Gisela Michels-Lindner
4. Mai 1907
Heidelberg
12. 14. 15. 22. 23. 24. 24. 27. 30.
Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan.
Heidelberg Heidelberg o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Lujo Brentano Robert Michels Gisela Michels-Lindner und Robert Michels Gisela Michels-Lindner Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Oskar Siebeck
Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Marianne Weber Oskar Siebeck Helene Weber
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Cadenabbia Cadenabbia Cadenabbia Bellagio Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Oskar Siebeck Oskar Siebeck Paul Siebeck Robert Michels Paul Siebeck Helene Weber Paul Siebeck Robert Michels Clara Mommsen Oskar Siebeck Richard Graf Du Moulin-Eckart Richard Graf Du Moulin-Eckart
227 231 237 238 243 247 250 252 255 258 260 261 263 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 276 277 279 281 282 285 286 287
XIV
Chronologisches
Verzeichnis
der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
9. Mai 1907 10. Mai 1907 11. Mai 1907 15. Mai 1907 17. Mai 1907 17. Mai 1907 18. Mai 1907 22. Mai 1907 27. Mai 1907 29. Mai 1907
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
1. Juni 1907
Heidelberg
20. Juni 1907 22. Juni 1907 22. Juni 1907 25. Juni 1907 28. oder 29. Juni 1907 30. Juni 1907 1. Juli 1907 7. Juli 1907 10. Juli 1907 11. Juli 1907 13. Juli 1907 15. Juli 1907 21. Juli 1907 26. Juli 1907 26. Juli 1907 26. Juli 1907 27. Juli 1907 28. Juli 1907 29. Juli 1907 30. Juli 1907 31. Juli 1907 1. Aug. 1907 3. Aug. 1907 4. Aug. 1907 6. Aug. 1907 7. Aug. 1907 7. Aug. 1907 8. Aug. 1907 10. Aug. 1907 11. Aug. 1907 12. Aug. 1907
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Heinrich Rickert Paul Siebeck Friedrich Naumann Alfred Weber Friedrich Naumann Oskar Siebeck Heinrich Rickert Alfred Weber Georg Jellinek Richard Graf Du Moulin-Eckart Richard Graf Du Moulin-Eckart Robert Michels Gisela Michels-Lindner Alfred Weber Alfred Weber Alfred Weber
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Amsterdam Zandvoort Zandvoort Zandvoort Egmond aan Leiden Haarlem Zandvoort Zandvoort Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan Egmond aan
Alfred Weber Alfred Weber Alfred Weber Alfred Weber Alfred Weber Robert Michels Robert Liefmann Alwine (Wina) Müller Marianne Weber Lili Schäfer Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels
Zee
Zee Zee Zee Zee Zee Zee Zee Zee Zee
Seite
297 300 301 303 304 306 308 311 313 314 316 318 319 320 322 323 326 327 328 330 331 332 333 335 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 348 349 350 351 352 353 354 355
Chronologisches Verzeichnis der Briefe Datum
Ort
Empfänger
12. Aug. 1907 13. Aug. 1907 15. Aug. 1907 16. Aug. 1907 17. Aug. 1907 18. Aug. 1907 19. Aug. 1907 20. Aug. 1907 20. Aug. 1907 20. Aug. 1907 22. Aug. 1907 23. Aug. 1907 23. Aug. 1907 24. Aug. 1907 25. Aug. 1907 26. Aug. 1907 28. Aug. 1907 29. Aug. 1907 30. Aug. 1907 31. Aug. 1907 2. Sept. 1907 3. Sept. 1907 3. Sept. 1907 4. Sept. 1907 4. Sept. 1907 6. Sept. 1907 10. Sept. 1907 10. Sept. 1907 13. Sept. 1907 20. Sept. 1907 10. Okt. 1907 15. Okt. 1907 17. Okt. 1907 29. Okt. 1907 oder danach 1. Nov. 1907 3. Nov. 1907 3. Nov. 1907 5. Nov. 1907 6. Nov. 1907 7. Nov. 1907 9. Nov. 1907 oder danach 26. Dez. 1907
Midder Beemster Egmond aan Zee Egmond aan Zee Helder Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Amsterdam Arnheim Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Helene Weber Alfred Weber Marianne Weber Helene Weber Marianne Weber Marianne Weber Aby Warburg Helene Weber Else Jaffé Alfred Weber Robert Michels Robert Michels Oskar Siebeck Edgar Jaffé
o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Franz Eulenburg Heinrich Rickert Oskar Siebeck Helene Weber Robert Michels Robert Michels Werner Sombart
Heidelberg
Oskar Siebeck
XV Seite 357 358 359 360 361 362 364 365 366 367 368 369 370 371 372 374 375 376 377 378 379 381 385 387 388 389 390 392 393 404 406 407 409 410 412 414 419 420 423 424 425 426
XVI Datum
Chronologisches
Verzeichnis
Ort
der Briefe
Empfänger
Seite
Georg Jellinek Robert Michels Marie Baum Robert Michels Oskar Siebeck Oskar Siebeck Oskar Siebeck Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Georg Jellinek Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Georg Jellinek Heinrich Rickert Marianne Weber Helene Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Marianne Weber Marianne Weber Heinrich Rickert Marianne Weber Georg Müller Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Heinrich Rickert Marianne Weber Marianne Weber
427 429 430 433 435 436 437 438 440 441 443 446 448 449 450 452 453 455 457 458 459 460 461 465 467 471 473 474 475 476 478 479 480 482 484 485 487 488 489 490 492 498 500
1908 Heidelberg 8. Jan. 1908 Heidelberg 9. Jan. 1908 4. Febr. 1908 Heidelberg 4. Febr. 1908 Heidelberg 10. Febr. 1908 Heidelberg vor dem 27. Febr. 1908 Heidelberg Heidelberg 27. Febr. 1908 Göschenen 3. März 1908 Genua 4. März 1908 Beaulieu-sur-mer 5. März 1908 Beaulieu-sur-mer 8. März 1908 Nizza 9. März 1908 Marseille 10. März 1908 Beaulieu-sur-mer 11. März 1908 Beaulieu-sur-mer 13. März 1908 Beaulieu-sur-mer 13. März 1908 14. März 1908 Beaulieu-sur-mer Beaulieu-sur-mer 15. März 1908 Beaulieu-sur-mer 16. März 1908 Beaulieu-sur-mer 17. März 1908 Hyères 18. März 1908 Le Lavandou 18. März 1908 Le Lavandou 19. März 1908 20. März 1908 Le Lavandou Le Lavandou 21. März 1908 Le Lavandou 21. März 1908 21. März 1908 Le Lavandou Le Lavandou 22. März 1908 22. März 1908 Le Lavandou Le Lavandou 23. März 1908 24. März 1908 Le Lavandou 24. März 1908 Le Lavandou Le Lavandou 26. März 1908 27. März 1908 Le Lavandou Le Lavandou 27. März 1908 Le Lavandou 28. März 1908 Le Lavandou 28. März 1908 Le Lavandou 29. März 1908 30. März 1908 Le Lavandou 31. März 1908 Le Lavandou 1. April 1908 Le Lavandou 1. April 1908 Le Lavandou 2. April 1908 Le Lavandou
Chronologisches
Verzeichnis der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
3. April 1908 3. April 1908 4. April 1908 5. April 1908 6. April 1908 7. April 1908 7. April 1908 8. April 1908 8. April 1908 9. April 1908 9. April 1908 11. April 1908 11. April 1908 11. April 1908 12. April 1908 13. April 1908 14. April 1908 16. April 1908 17. April 1908 18. April 1908 18. und 19. April 1908 19. April 1908 19. und 20. April 1908 20. April 1908 21. April 1908 22. April 1908 23. April 1908 24. April 1908 25. April 1908 26. April 1908 26. April 1908 26. April 1908 27. April 1908 28. April 1908 5. Mai 1908 11. Mai 1908 16. Mai 1908 20. Mai 1908 21. Mai 1908 22. Mai 1908 29. Mai 1908 3. Juni 1908 4. Juni 1908 5. Juni 1908 5. Juni 1908
Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Le Lavandou Nizza Nizza Genua Genua Genua Portofino Portofino Portofino Portofino Portofino und Pisa Pisa Pisa und Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Florenz Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Helene Weber Marianne Weber Helene Weber Marianne Weber Robert Michels Helene Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Heinrich Rickert Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Friedrich Naumann Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Karl Vossler Martin Rade Martin Rade Franz Eulenburg Edgar Jaffé Ulrich Stutz Lujo Brentano Lujo Brentano Ferdinand Tönnies Lujo Brentano Friedrich Naumann
XVII Seite
501 502 504 506 507 508 509 510 512 513 514 516 518 519 520 521 522 523 524 525 527 532 533 534 535 539 540 542 543 544 546 550 551 553 556 564 567 568 574 576 578 580 583 585 587
XVIII
Chronologisches
Verzeichnis
der Briefe
Datum
Ort
Empfänger
nach dem 5. Juni 1908 10. Juni 1908 nach dem 17. Juni 1908 23. Juni 1908 25. Juni 1908 30. Juni 1908 9. Juli 1908 16. Juli 1908 21. Juli 1908 23. Juli 1908 27. Juli 1908 29. Juli 1908 1. Aug. 1908 3. Aug. 1908 4. Aug. 1908 4. Aug. 1908 5. Aug. 1908 6. Aug. 1908 7. Aug. 1908 8. Aug. 1908 9. Aug. 1908 10. Aug. 1908 11. Aug. 1908 11. Aug. 1908 12. Aug. 1908 13. Aug. 1908 14. Aug. 1908 14. Aug. 1908 15. Aug. 1908 16. Aug. 1908 18. Aug. 1908 18. Aug. 1908 oder danach nach dem 20. Aug. 1908 21. Aug. 1908 27. Aug. 1908 30. Aug. 1908 31. Aug. 1908 4. Sept. 1908 oder danach 5. Sept. 1908 7. Sept. 1908 19. Sept. 1908 19. Sept. 1908
o.O. o.O. o.O. Heidelberg Heidelberg o.O. Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg o.O.
Lujo Brentano Georg Jellinek Georg Jellinek Gustav Schmoller Robert Michels Franz Eulenburg Werner Sombart Werner Sombart Ferdinand Tönnies Friedrich Michael Schiele Paul Siebeck Gustav Schmoller Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Lujo Brentano Marianne Weber Marianne Weber Marianne Weber Helene Weber Marianne Weber Marianne Weber Robert Michels Lujo Brentano Alfred Weber
o.O.
Franz Eulenburg
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Robert Michels Paul Siebeck Paul Siebeck Lujo Brentano Edgar Jaffé
Heidelberg o.O. o.O. Oerlinghausen
Robert Michels Paul Siebeck Franz Eulenburg Paul Siebeck
Seite
589 591 592 594 596 601 603 605 607 608 609 610 611 613 615 621 622 624 625 626 627 628 629 630 631 632 633 635 636 637 643 645 646 647 648 650 652 654 656 657 658 659
Chronologisches Verzeichnis der Briefe Datum
Ort
Empfänger
19. Sept. 1908 27. Sept. 1908 30. Sept. 1908 3. Okt. 1908 5. Okt. 1908 5. Okt. 1908 9. Okt. 1908 13. Okt. 1908 15. Okt. 1908 16. Okt. 1908 18. Okt. 1908 oder danach 20. Okt. 1908 21. Okt. 1908 21. Okt. 1908 30. Okt. 1908 30. Okt. 1908 8. Nov. 1908
Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Münster Kupferhammer Kupferhammer Kupferhammer Oerlinghausen
Alfred Weber Paul Siebeck Robert Michels Marianne Weber Paul Siebeck Marianne Weber Alwine (Wina) Müller Hans Gruhle Paul Siebeck Marianne Weber Marianne Weber
Oerlinghausen Oerlinghausen Oerlinghausen Heidelberg Heidelberg Heidelberg
12. Nov. 1908 18. Nov. 1908 21. Nov. 1908 23. Nov. 1908 15. Dez. 1908 21. Dez. 1908 26. Dez. 1908 30. Dez. 1908 30. Dez. 1908 Ende Dez. 1908
Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg Charlottenburg Charlottenburg o.O.
Lili Schäfer Hans Gruhle Helene Weber Lujo Brentano Hermann Kantorowicz Verlag J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) Friedrich Naumann Friedrich Naumann Heinrich Rickert Georg Müller Hermann Kantorowicz Carl Bezold Paul Siebeck Edgar Jaffe Marianne Weber Friedrich Naumann
XIX Seite 661 663 664 666 667 670 671 674 676 678 680 682 684 686 688 690 692 693 697 699 700 703 704 705 707 709 711
Nachtrag 18. Febr. 1906 1. März 1906 23. April 1906
Heidelberg Heidelberg Heidelberg
Bogdan A. Kistjakovskij Bogdan A. Kistjakovskij Aleksandr A. Kaufman
717 718 719
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
> < > []
[??] & §
1) 2) 3)
Einschub Max Webers Textersetzung Max Webers Von Max Weber gestrichene Textstelle Im edierten Text: Hinzufügung des Editors. Im textkritischen Apparat: unsichere oder alternative Lesung im Bereich der von Max Weber getilgten oder geänderten Textstelle. Ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar, und Paragraph siehe
a... a b . . . b
Indlces bei Anmerkungen Max Webers Indlces bei Sachanmerkungen des Editors Original der edierten Textvorlage Originale der edierten Textvorlagen bei paralleler Überlieferung Indlces für Varianten oder textkritische Anmerkungen Beginn und Ende von Varianten oder Texteingriffen
a. a.a.O. Ab. Bl. Abg. Abs. Abschn. Abt. ADB Adr. AFLE AfSSp A.G. akad. a.M., a. Main A.-M., A. M. Ani. Bd. Anm. a.o. Prof. Art. Aufl. Aug.
aan am angegebenen Ort Abendblatt, Abendausgabe Abgeordneter Absatz Abschnitt Abteilung Allgemeine Deutsche Biographie Adresse Archivio della Fondazione Luigi Einaudi Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik Aktlengeseilschaft akademisch am Main Alpes-Maritimes Anlageband Anmerkung außerordentlicher Professor Artikel Auflage August
b. "/Berlin BA
bei bei Berlin Bundesarchiv
1
2
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Siglen, Zeichen, Abkürzungen Bay H StA Bd., Bde. Bearb., bearb. betr. bezügl., bz., bzgl. bezw., bzw. BGB BK Bl. BSB
Bayerisches Hauptstaatsarchiv Band, Bände Bearbeiter, bearbeitet betreffend, betrifft bezüglich beziehungsweise Bürgerliches Gesetzbuch Briefkopf Blatt Bayerische Staatsbibliothek
ca, ca.
circa contra Capitel confer (vergleiche) Compagnle
7a
Cap. cf. C i e , C°, Co. d. DDP DDR ders. Dez. dgl. d.h. d. Hg. d.i. d.J. DLA d.M. d.O. D „ D r , Dr. Dr. ungen. ds. DSB dto DVP ebd. erg. etc. ev., event., eventl., evtl. Ew. excl. Expl. f., ff. f. Fasz. Febr. fl Fr.
der, die Deutsche Demokratische Partei Deutsche Demokratische Republik derselbe Dezember dergleichen das heißt der Herausgeber das ist des Jahres, dieses Jahres Deutsches Literaturarchiv dieses Monats der Obige Doktor Doktor ungenannt dieses (Monats) Deutsche Staatsbibliothek dito Deutsche Volkspartei ebenda ergebener, ergebenster et cetera eventuell Euer excluslve Exemplar folgende für Faszikel Februar Gulden Franc, Francs
XXI
XXII
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
Fr. frdl., freundl. freundsch., freundschaftl. Frhr. Frl. FZ
Freund freundlich freundschaftlich
GdS geb. geh. gefl. Gesellsch. m. b. H. getr. GLA GNM Großh. GStAPK
Grundriß der Sozialökonomik geborene gehalten gefällig, gefälligst Gesellschaft mit beschränkter Haftung getreuer Generallandesarchiv Germanisches Nationalmuseum Großherzoglich Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
H. H., Hbg, Hbg. Heid. Hs. Hg., hg. herzl. höh. Hs. HZ
Herr Heidelberg Heidelberger Handschrift Herausgeber, herausgegeben herzlich, herzlichst höherer Handschrift Historische Zeitschrift
7B, i. Br. '/E. ine. incl. Ing. insbes. i.W.
im Breisgau im Elsaß incorporated inclusive Ingenieur insbesondere In Westfalen
Jahrh. Jan. Jb., Jbb JbbNSt Jg. jun.
Jahrhundert Januar Jahrbuch, Jahrbücher Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik Jahrgang junior
Kap. K. H. KPD KPdSU KZSS
Kapitel Königliche Hoheit Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei der Sowjetunion Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
I. Landstr.
lieber Landstraße
Freiherr Fräulein Frankfurter Zeitung
Siglen, Zeichen, M, M„ Mk, Mk. m.a. W. m.b.H. MdprAH MdR m.E. MGH Min. Mise. MK MNN Mo.BI. Mommsen, Max Weber 2
Mscr. M.W., MW m.W. MWG MWG 1/10
Abkürzungen
XXIII
Mark mit anderen Worten mit beschränkter Haftung Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses Mitglied des Reichstags meines Erachtens Monumenta Germaniae Histórica Minute Misceilanea Ministerium für Unterricht und Kultus Münchner Neueste Nachrichten Morgenblatt, Morgenausgabe Mommsen, Wolfgang J., Max Weber und die deutsche Politik 1890-1920. 2. Aufl. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1974 Manuscript Max Weber meines Wissens Max Weber-Gesamtausgabe Max Weber-Gesamtausgabe, Abt. I, Band 10: Zur Russischen Revolution von 1905. Schriften und Reden 1905-1912, hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahlmann. - T ü b i n g e n : J . C . B. Mohr (Paul Siebeck) 1989; —> auch: Weber, Bürgerliche Demokratie; Weber, Scheinkonstltutionalismus
NB, N.B. NDB Nf. Nl. N°, Nr., Nro. Nov.
Notabene Neue Deutsche Biographie Nachfolger Nachlaß Nummer, Numero November
o.a. öffentl. örl. österr. o.J. Okt. o., ord. o.O. O. Reg. Rat
oben angegeben öffentlich Oerlinghausen österreichisch ohne Jahr Oktober ordentlicher ohne Ort Oberregierungsrat
p. p.A. Phil. Diss. Phil. Fak. philos. pp. PrJbb Prof.
per per Adresse Philosophische Dissertation Philosophische Fakultät philosophisch pergite (und so weiter) Preußische Jahrbücher Professor
XXIV
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
Prof. extr. Prof. extr. (ord.) a.d. Univ. Prom. P.S. PSt
Promotion post scriptum Poststempel
Rep. resp. Rez. Expl. RGG Rom. RP RV
Repertorium respektive Rezensionsexemplar Religion in Geschichte und Gegenwart Römisch Réponse Payée Reichsverfassung
S. S „ S a , S \ St., S S S.C. SchmJb
s.u. s. Z., s. Zelt, s. Zt.
Seite San, Sankt, Santa, Saint, Santi, Santissimo Senioren-Convent (Schmollers) Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich Abkürzung für den Kosenamen von Marianne Weber Sektion senior September Sehr geehrter Herr Schleswig-Holstelnische Landesbibliothek Sitzung Santa Maria sogenannt Sozialwissenschaft Spalte Sozialdemokratische Partei Deutschlands Seiner Stunden Staatsarchiv Stenographische Berichte Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der Abgeordneten Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages siehe unten seiner Zeit, seinerzeit
t. Tit. TH
tom (poln.: Band) Titel Technische Hochschule
u. u.a., u.A. UA UB u.dgl.
und und andere, und Andere, unter anderem, unter Anderem Universitätsarchiv Universitätsbibliothek und dergleichen
Sehn. Sekt. sen. Sept. S.g.H. SHLB Sitzg. S.M. sog. Sozialw. Sp. SPD Sr. St. StA Sten.Ber. Sten.Ber.Pr.AH Sten.Ber.RT
Professor extraordinarius Professor extraordinarius (Ordinarius) an der Universität
Siglen, Zeichen, Abkürzungen undat. ungen. Univ. unveränd. USPD U.S.W.
V.
VA v.Chr. verfl... verh. verm. VfSp V.G. vgl. v.H.z.H. Vol., vols. VSWG W. w. Wdbd. Weber, Marlanne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwicklung Weber, Marianne, Lebensbild 3 Weber, Agrarverhältnisse im Altertum 3
Weber, Bürgerliche Demokratie
Weber, Scheinkonstitutionallsmus
Weber, Psychophysik 1
z.B. Zeitschr., Ztschr. ZGS Zlegelh. Landstr. zlt. ZRG GA
XXV
undatiert ungenannt Universität unverändert Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands und so weiter von, vom Verlagsarchiv vor Christus verflucht verheiratete vermehrt Verein für Sozialpolitik Vereinsgesetz vergleiche von Haus zu Haus Volume, volumes Vierteljahrschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte Weber wertes Windelband Weber, Marlanne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwickl u n g . - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1907 Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1926 (Nachdruck = 3. Aufl. - T ü b i n gen 1984) Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. gänzlich umgearb. Aufl., Bd. 1. - Jena: Gustav Fischer 1909, S. 5 2 - 1 8 8 (Webers Artikel erschien bereits 1908 in 2 Lieferungen) (MWG I/6) Weber, Max, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie In Rußland, In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 22, Beilage zu Heft 1, 1906, S . 2 3 4 (6)-353 (125) (MWG 1/10, S. 7 1 279) Weber, Max, Rußlands Übergang zum Schelnkonstltutionalismus, In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 23, Beilage zu Heft 1, 1906, S . 1 6 5 (1)-401 (237) (MWG 1/10, S. 281 - 6 8 4 ) Weber, Max, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 27, Heft 3, 1908, S. 7 3 0 - 7 7 0 (MWG 1/11) zum Beispiel Zeltschrift Zeltschrift für die gesamte Staatswissenschaft Ziegelhäuser Landstraße zitiert Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung
XXVI Z R G KA ZStA ZSWG z.T. ZVSV z.Z.
Siglen, Zeichen,
Abkürzungen
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung Zentrales Staatsarchiv Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte zum Teil Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung zurZeit
M a x W e b e r gemalt von Marie Davids, o h n e D a t i e r u n g , im Besitz des Kurpfälzischen M u s e u m s Heidelberg.
Einleitung
1. Zum biographischen
Kontext des Briefwerks der Jahre
1906-1908
Das Briefwerk Max Webers aus den Jahren 1906 bis 1908 vermittelt ein eindringliches Bild seines Lebens und seiner wissenschaftlichen und politischen Anschauungen. Es bildet ein wichtiges Zeugnis für die Geschichte der Geistes- und Sozialwissenschaften in Deutschland. Obwohl Max Weber 1903 sein Lehramt an der Universität Heidelberg krankheitshalber niedergelegt hatte, blieb er in engem Kontakt zu Wissenschaftlern der verschiedensten Disziplinen. Seine Interessen umspannten das gesamte Spektrum der Geistes- und Sozialwissenschaften, nämlich neben Nationalökonomie und Rechtswissenschaft auch Philosophie und Psychologie, Geschichte und Theologie. Insofern kommt dem wissenschaftlichen Briefwechsel, der quantitativ den größten Teil der hier veröffentlichten Briefe ausmacht, eine Bedeutung zu, die über die Person Max Webers hinausreicht und ihn zu einem wichtigen Zeugnis der Wissenschaftsgeschichte jener Periode macht. Die in diesem Band veröffentlichten Briefe geben einen Einblick in die Lebensverhältnisse und Arbeitszusammenhänge Max Webers in den Jahren 1906 bis 1908. Allerdings haben nicht alle für diese Lebensspanne wesentlichen Ereignisse und persönlichen Beziehungen in Korrespondenzen einen Niederschlag gefunden, und nicht alle Korrespondenzen aus diesen Jahren sind uns überliefert. Die einzelnen Bände der Edition des Briefwerks greifen jeweils einige Jahre aus d e m Leben Max Webers heraus, die für sich g e n o m m e n keine biographische Geschlossenheit besitzen müssen. Vielmehr stehen die Briefe in der Regel in einem die jeweiligen Jahre übergreifenden biographischen Kontext, der im folgenden für die Jahre 1 9 0 6 - 1 9 0 8 kurz skizziert werden soll. An dieser Stelle kann nicht der Versuch gemacht werden, gewissermaßen jahresweise eine Biographie zu entwerfen. 1 Einige Hinweise mögen jedoch die Einordnung des hier veröffentlichten Briefwerkes in den Lebens- und Arbeitszusammenhang Max Webers erleichtern. Max Webers wissenschaftliche Arbeit war in der ersten Jahreshälfte 1906 noch von den Ereignissen der Russischen Revolution von 1905/06 bestimmt. Er hatte in ihnen anfänglich eine letzte große Chance „für den 1 Vgl. dazu Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild.-Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1. Aufl. 1926, 3. Aufl. 1984, S . 3 5 8 - 4 1 3 (künftig zitiert: Weber, Marianne, Lebensbild 3 ).
2
Einleitung
Aufbau .freier' Kulturen ,von G r u n d aus' " und für die Z u k u n f t der liberalen Demokratie g e s e h e n . 2 Daher hatte er im Herbst die Arbeit an s e i n e n m e t h o d o l o g i s c h e n Studien u n t e r b r o c h e n 3 und eine „ C h r o n i k " der Revolutionsereignisse in Angriff g e n o m m e n , da ihm die Berichterstattung in der deuts c h e n Presse über die V o r g ä n g e in Rußland gänzlich u n z u r e i c h e n d erschien. 4 O b w o h l er im Januar 1906 zu der Schlußfolgerung gelangt war, daß der Sieg der konservativen Kräfte in Rußland unabwendbar sei, hielt er es d e n n o c h für u n b e d i n g t erforderlich, seiner ersten A b h a n d l u n g „ Z u r Lage der bürgerlichen Demokratie in R u ß l a n d " , die im Februar 1906 als Beiheft des Archivs für Sozialwissenschaft im Druck erschienen war, 5 eine z w e i t e A b h a n d l u n g nachfolgen zu lassen. In den ersten Monaten des J a h r e s 1 9 0 6 arbeitete Max W e b e r mit größter A n s p a n n u n g an der A b f a s s u n g dieses zweiten Berichts über die Ereignisse in Rußland. Es ging ihm dabei in erster Linie darum, den, wie er meinte, h e r o i s c h e n Kampf der russischen Konstitutionellen D e m o k r a t e n für eine freiheitliche O r d n u n g vor d e m H i n t e r g r u n d der b e s t e h e n d e n politischen, ö k o n o m i s c h e n und sozialen Verhältnisse darzustellen und die v o n Seiten der zaristischen Autokratie oktroyierte Verfass u n g als ein S y s t e m des „ S c h e i n k o n s t i t u t i o n a l i s m u s " zu entlarven. A u c h nach der Ü b e r s e n d u n g des Manuskripts dieser A b h a n d l u n g an d e n Verlag, arbeitete er weiterhin ständig n e u e Materialien in die Fahnen ein, d e r e n zögerliche Ü b e r s e n d u n g seitens der Druckerei ihn zu großen Z o m e s a u s b r ü c h e n veranlaßte. Erst A n f a n g A u g u s t 1906 lagen die R u ß l a n d - K o r r e k t u ren endgültig hinter ihm, 6 aber es dauerte noch einige Zeit, bis er w i e d e r die Kraft fand, sich konzentriert a n d e r e n wissenschaftlichen A r b e i t e n z u z u w e n den. Im Frühjahr 1 9 0 6 schrieb W e b e r im Nachgang zu seinen b e i d e n Aufsätzen „ D i e protestantische Ethik und der .Geist' des K a p i t a l i s m u s " 7 eine kurze Skizze „ . K i r c h e n ' und . S e k t e n ' " , die die Frankfurter Z e i t u n g im April 1906 veröffentlichte und die in erweiterter Form im Juni in der „ C h r i s t l i c h e n
2 Weber, Max, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (künftig zitiert: AfSSp), Bd. 22, Beilage zu Heft 1,1906, S. 349 (121) (MWG 1/10, S. 273). 3 Der abschließende Teil seiner Arbeit „ Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie" erschien in Schmollers Jahrbuch (künftig zitiert: SchmJb), 30. Jg., 1. Heft, 1906, S. 81 - 1 2 0 , und seine „ Kritischen Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik", in: AfSSp, Bd.22, Heft 1,1906, S. 1 4 3 - 2 0 7 (MWG I/ 7). 4 Vgl. die Einleitung zu MWG 1/10, S. 9 und 26. 5 AfSSp, Bd. 22, Beilage zu Heft 1,1906, S. 234(6)-353(125) (MWG 1/10). 6 Die Abhandlung erschien unter dem Titel „ Rußlands Übergang zum Scheinkonstitutionalismus" Im AfSSp, Bd. 23, Beilage zu Heft 1,1906, S. 165(1)—401 (237) (MWG 1/10). 7 AfSSp, Bd. 20, Heft 1,1904, S. 1 - 5 4 und AfSSp, Bd. 21, Heft 1,1905, S. 1 - 1 1 0 (MWG I/9). (Der Gesamtbd. 20 trägt das Erscheinungsjahr 1905.)
Einleitung
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W e l t " e r s c h i e n . 8 Die Kritik von Karl Fischer an seinen T h e s e n über den Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n der protestantischen Ethik und d e m „ G e i s t des Kapitalismus" veranlaßte Max W e b e r dazu, sich d i e s e m G e g e n s t a n d erneut z u z u w e n d e n . Es e n t s p a n n sich eine Debatte, die sich nach einer e r n e u t e n Kritik v o n Felix Rachfahl bis 1 9 1 0 hinzog. 9 W e b e r nutzte eine Erholungsreise in die Niederlande 1907 für e r g ä n z e n d e Literaturstudien in Leiden und A m s t e r d a m . Z u g l e i c h beabsichtigte e r - e i n e m Vorschlag seines V e r l e g e r s f o l g e n d - die Aufsätze zur protestantischen Ethik für eine B u c h a u s g a b e zu überarbeiten. Doch hat er diesen Plan damals nicht z u m A b s c h l u ß gebracht. Im Winter 1 9 0 6 / 1 9 0 7 setzte Max W e b e r seine Arbeit an d e m allerdings unvollendet g e b l i e b e n e n Aufsatz „R. S t a m m l e r s . Ü b e r w i n d u n g ' der materialistischen G e s c h i c h t s a u f f a s s u n g " fort 1 0 und kehrte damit zu seinen m e t h o d o l o g i s c h e n Studien v o n 1905 zurück. Zugleich überprüfte er das Manuskript des B u c h e s seiner Frau Marianne W e b e r „Ehefrau und Mutter in der R e c h t s e n t w i c k l u n g " . 1 1 Überhaupt nahm er g r o ß e n Anteil an den vielfältigen Tätigkeiten der v o n ihr geleiteten Heidelberger Sektion des Vereins Frauens t u d i u m - Frauenbildung und an der bürgerlichen F r a u e n b e w e g u n g . Im Mittelpunkt von W e b e r s wissenschaftlicher Arbeit stand im Winter 1 9 0 7 / 0 8 die N e u b e a r b e i t u n g seines Artikels „Agrarverhältnisse im Altert u m " 1 2 für das H a n d w ö r t e r b u c h der Staatswissenschaften, eine A u f g a b e , der sich Max W e b e r nur mit einigem W i d e r s t r e b e n z u w a n d t e . Da er sich seit 1898 nicht m e h r mit dieser Thematik beschäftigt hatte, war er g e z w u n g e n , die seither e r s c h i e n e n e umfangreiche althistorische Literatur d u r c h z u a r b e i ten. Dieser Artikel s p r e n g t e am Ende, e b e n s o wie s c h o n zuvor die Rußlandartikel, alle V o r a u s p l a n u n g e n . Nach m e h r m o n a t i g e r angespannter Arbeit w u c h s sich dieser zu einer u m f a s s e n d e n Wirtschafts- und Sozialgeschichte des A l t e r t u m s aus. Nach einer längeren Erholungsreise im März und April 1908 an die Riviera und nach Florenz w a n d t e er sich im S o m m e r 1908 e i n e m völlig n e u e n
8 Frankfurter Zeitung, Nr. 102 vom 13. April 1906, 4. Mo.BL, und Nr. 104 vom 15. April 1906, 6. Mo.BI. sowie Die Christliche Welt, Nr.24 vom 14. Juni 1906, Sp.558-562, und Nr.25 vom 21. Juni 1906, Sp.577-583 (MWG I/9). 9 Weber, Max, Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen", AfSSp, Bd.25, Heft 1, 1907, S.243-249; ders., Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik", AfSSp, Bd.26, Heft 1,1908, S.275-283; ders., Antikritisches zum „Geist" des Kapitalismus, AfSSp, Bd.30, Heft 1, 1910, S. 176-202; ders., Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus", AfSSp, Bd.31, Heft 2,1910, S.554-599 (MWG I/9). 10 Der Abdruck des Aufsatzes In: AfSSp, Bd. 24, Heft 1, 1907, S. 94-151 (MWG I/7), schließt mit der Ankündigung: „Ein weiterer Artikel folgt." 11 Weber, Marlanne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwicklung. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Slebeck) 1907. 12 Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Bd. 1.-Jena: Gustav Fischer 1909, S.52-188 (MWG I/6).
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Themenkreis zu, der Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber hatte in Abstimmung mit seinem Bruder Alfred schon Anfang Oktober 1907 in Magdeburg dem Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik eine Untersuchungsreihe über „Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft in der geschlossenen Großindustrie" vorgeschlagen. Nachdem dieser Vorschlag auf einer Sitzung des dafür eingesetzten Unterausschusses des Vereins im Juni 1908 in Eisenach in ein konkreteres Stadium getreten war, beschäftigte er sich in den kommenden Monaten intensiv mit der Vorbereitung der Untersuchung. Er verfaßte im Sommer 1908 eine Denkschrift „Erhebungen über Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie", 13 eine methodologische Einführung für die zu gewinnenden Mitarbeiter der Erhebung. Außerdem schrieb er einen Literaturbericht über die Psychophysik der Industriearbeit für das Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 14 dem er eine eigene Untersuchung einfügte. Max Weber interessierte dabei die Anwendungsmöglichkeit neuerer psychologischer Theorien und psychophysischer Experimente sowie die Aussagekraft objektiver Meßverfahren für die Analyse der Prägung der Industriearbeiterschaft. Die im Besitz der Verwandten von Marianne Weber befindliche Leinenweberei in Oerlinghausen bot ihm Zugang zu entsprechenden Daten und ermöglichte ihm eigene Untersuchungen, die er während eines längeren Aufenthaltes in Oerlinghausen im September und Oktober 1908 durchführte. Webers politische Interessen finden in diesem Zeitraum ihren öffentlichen Ausdruck vor allem in seinen Stellungnahmen zur Hochschulpolitik im Deutschen Reich. Seine Äußerungen vor und auf dem 2. Deutschen Hochschullehrertag am 28. und 29. September 1908 in Jena führten zu einer lebhaften Auseinandersetzung in der Presse. 15 Webers Äußerungen über
13 Diese Denkschrift liegt uns in zwei Fassungen vor: Einmal unter dem Titel: Erhebungen über Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie. (Als Manuskript gedruckt). - o . 0 . 1 9 0 8 , sowie in einerweiteren, z.T. erheblich veränderten Fassung: Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie. (Als Manuskript gedruckt). Altenburg: Pierer'sche Hofbuchdruckerei 1908 (MWG 1/11). 14 Diese Arbeiten veröffentlichte Max Weber in vier Aufsätzen „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit" im AfSSp, Bd.27, Heft 3, 1908, S. 7 3 0 - 7 7 0 ; Bd.28, Heft 1, 1909, S. 2 1 9 - 2 7 7 ; Bd. 28, Heft 3, 1909, S. 7 1 9 - 7 6 1 , und Bd. 29, Heft 2, 1909, S. 5 1 3 - 5 4 2 (MWG 1/11). 15 Siehe Weber, Max (anonym), Der Fall Bernhard, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 168 vom 18. Juni 1908, 1. Mo.BI. sowie weitere anonyme Zuschriften Webers: ebd., Nr.172 vom 22. Juni 1908, Ab.BI.; ebd., Nr. 174 vom 24. Juni 1908, 2. Mo.BI.; ferner von Max Weber: Der „Fall Bernhard" und Professor Delbrück, ebd., Nr.190 vom 10. Juli 1908, 4. Mo.BI., und Die sogenannte .Lehrfreiheit' an den deutschen Universitäten, ebd., Nr.262 vom 20. Sept. 1908, 5. Mo.BI. Außerdem Webers Erwiderungen zur Presseberichterstattung
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die nicht gewährleistete Lehrfreiheit an d e u t s c h e n Universitäten stützten sich auf die Erfahrung mit d e m Scheitern der Habilitationsabsichten Robert Michels' und auf die Art und Weise, in der die geplante B e r u f u n g G e o r g S i m m e i s nach Heidelberg verhindert w u r d e . W e b e r s politische Einstellung e n w e r d e n i n s b e s o n d e r e in den Briefen an Robert Michels und Friedrich N a u m a n n sichtbar. Seit der M a r o k k o - K r i s e 1 9 0 5 / 0 6 war er über den Gang der d e u t s c h e n Politik tief b e u n r u h i g t und besorgt. Dies k o m m t in s e i n e m Diskussionsbeitrag auf der G e n e r a l v e r s a m m l u n g des Vereins für Sozialpolitik 1 9 0 7 in M a g d e b u r g 1 6 und in s e i n e n Briefen an Friedrich N a u m a n n im N o v e m b e r u n d D e z e m b e r 1908 z u m A u s d r u c k , aber auch in B e m e r k u n g e n in s e i n e n A b h a n d l u n g e n zur russischen Revolution. 1 7 Die Übersicht über W e b e r s A r b e i t s z u s a m m e n h ä n g e wäre unvollständig, w ü r d e nicht auf seine Tätigkeit als Mitherausgeber des Archivs für Sozialw i s s e n s c h a f t und Sozialpolitik h i n g e w i e s e n . Die umfängliche K o r r e s p o n d e n z mit zahlreichen G e l e h r t e n und mit den Verlegern Paul u n d Oskar S i e b e c k zeigt, daß er an der Gestaltung und Entwicklung des A r c h i v s für Sozialwissenschaft intensiv t e i l g e n o m m e n hat. Allerdings e r w o g Max W e ber zeitweilig, aus Verärgerung über die B e h a n d l u n g durch den Hauptherausgeber, Edgar Jaffe, im Z u s a m m e n h a n g mit der Veröffentlichung seiner Rußlandartikel, v o n der Herausgeberschaft des A r c h i v s z u r ü c k z u t r e t e n . Er drängte darauf, daß Jaffe d o c h A l l e i n h e r a u s g e b e r w e r d e n m ö g e , w ä h r e n d er selbst und sein Mitherausgeber Werner S o m b a r t zu Mitarbeitern herabgestuft w e r d e n sollten. Diese Regelung w u r d e dann im S o m m e r 1 9 0 8 eingeführt. Innerhalb d e s H e r a u s g e b e r k r e i s e s hat sich Max W e b e r insbes o n d e r e für die m e t h o d o l o g i s c h e n G r u n d l a g e n der S o z i a l w i s s e n s c h a f t e n und benachbarte Wissenschaften, wie die Psychologie und die G e s c h i c h t s wissenschaft, als zuständig betrachtet. In der Regel nahm sich Max W e b e r die Zeit, die ihm z u g e s a n d t e n Manuskripte eindringlich zu kritisieren und V e r b e s s e r u n g s v o r s c h l ä g e zu machen. Leider sind uns die Manuskripte d u r c h w e g nicht überliefert und auch die D r u c k f a s s u n g e n nicht in allen Fällen identifizierbar; dies stellte die K o m m e n t i e r u n g gelegentlich vor nicht einfach zu l ö s e n d e Probleme. Durch die regelmäßige V e r ö f f e n t l i c h u n g v o n aktuellen Beiträgen politischen und sozialpolitischen Charakters in S o n d e r h e f t e n wollte er einen breiteren Leserkreis für die Zeitschrift erschließen. Im Z u -
„Die Lehrfreiheit der Universitäten" in der Saale-Zeitung, Nr.553 vom 25.Nov. 1908, Mo.BI., Nr.554 vom 25. Nov. 1908, Ab.BI., Nr.558 vom 27. Nov. 1908, Ab.Bl. (MWG 1/13). 16 Verhandlungen der Generalversammlung in Magdeburg, 30. September, 1. und 2. Oktober 1907 (Schriften des Vereins für Soclalpolitik, Bd. 125). - Leipzig: Duncker & Humblot 1908, S.294-301 (MWG I/8). 17 Vgl. dazu Mommsen, Wolfgang J., Max Weber und die deutsche Politik 1890-1920. 2. Aufl.-Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1974, S. 153-165.
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s a m m e n h a n g mit diesen Absichten, die sich freilich erst später unter Mitwirkung v o n Emil Lederer v e r w i r k l i c h e n ließen, s t e h e n auch s e i n e beiden Aufsätze zur Russischen Revolution v o n 1905. Über das „ A r c h i v " hinaus stand Max W e b e r in e n g e m Kontakt mit Paul Siebeck. Er beriet Paul und Oskar S i e b e c k wiederholt bezüglich der G e w i n nung g e e i g n e t e r A u t o r e n für die v e r s c h i e d e n s t e n Publikationsprojekte, unter a n d e r e m für die große Enzyklopädie „ D i e Religion in G e s c h i c h t e und G e g e n w a r t " , für die er selbst einen Beitrag über A g r a r g e s c h i c h t e im Altert u m b e i s t e u e r t e . 1 8 1906 setzte auch die zunächst nur s p o r a d i s c h e Korres p o n d e n z bezüglich der N e u h e r a u s g a b e des S c h ö n b e r g s c h e n „ H a n d b u c h s der politischen Ö k o n o m i e " ein, für die Paul S i e b e c k Max W e b e r s Interesse zu g e w i n n e n suchte. Daraus ist dann 1909 der Plan d e s „ G r u n d risses der S o z i a l ö k o n o m i k " e r w a c h s e n , der den A n s t o ß für Max W e b e r s späteres W e r k „Wirtschaft und G e s e l l s c h a f t " g e g e b e n und d e s s e n K o n zeption in vieler Hinsicht v o r g e f o r m t hat. 1 9 B e s o n d e r e B e d e u t u n g k o m m t d e m Briefwechsel mit Robert Michels zu, der mit d e m J a h r e s b e g i n n 1906 einsetzte und nahezu über ein g a n z e s J a h r z e h n t h i n w e g fortgesetzt w o r d e n ist; leider sind uns auch in d i e s e m Falle nur W e b e r s Briefe überliefert, nicht aber die v o n Robert M i c h e l s . 2 0 Ursprünglich hatte er Robert Michels, w i e s o viele andere, nur als Mitarbeiter für das „ A r c h i v " g e w i n n e n wollen, da dieser als Sozialist eine wichtige Ergänzung des politischen S p e k t r u m s der Zeitschrift zu liefern imstande schien. A u s der Z u s a m m e n a r b e i t entwickelte sich eine e n g e freundschaftliche B e z i e h u n g z w i s c h e n W e b e r und Michels, die später auch Marianne W e b e r und Gisela M i c h e l s - L i n d n e r einschloß. Max W e b e r hat Michels zu fördern und wissenschaftlich auf die systematische A n a l y s e v o n Institutionen zu lenken v e r s u c h t . 2 1 Michels W e r k „ D i e Soziologie des m o d e r n e n P a r t e i w e s e n s " entstand gleichsam unter Max W e b e r s kritischen A u g e n ; wichtige Partien sind vorab im „ A r c h i v f ü r Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" e r s c h i e n e n . In W e b e r s Briefen an Michels finden sich i m m e r w i e d e r
18 Agrargeschichte. I. Altertum, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Handwörterbuch in gemeinverständlicher Darstellung, hg. von F. M. Schiele, Bd. 1. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Slebeck) 1909, Sp. 233-237 (MWG I/6). 19 Dazu Schluchter, Wolfgang, Religion und Lebensführung. Bd 2. - Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1988, S. 597-634. 20 Angesichts dieser Überlieferungslage ist beim Abdruck der Briefe durchgängig auf den Vermerk „nicht nachgewiesen" verzichtet worden, um den Apparat nicht unnötig anschwellen zu lassen. 21 Vgl. Mommsen, Wolfgang J., Robert Michels und Max Weber. Gesinnungsethischer Fundamentallsmus versus verantwortungsethischen Pragmatismus, in: Max Weber und seine Zeitgenossen, hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schwentker. - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S. 196-215.
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b e m e r k e n s w e r t rückhaltlose Ä u ß e r u n g e n zu politischen und ethischen Fragen, i n s b e s o n d e r e aber zu Problemen des z e i t g e n ö s s i s c h e n Sozialismus und der d e u t s c h e n und italienischen Sozialdemokratie. Die Briefe an Heinrich Rickert, mit d e m Max W e b e r seit der Schul- und Studienzeit eng b e f r e u n d e t und der in Freiburg sein Kollege war, sind für die Entwicklung seiner m e t h o d o l o g i s c h e n Position sehr aufschlußreich. 2 2 Die vermutlich umfangreiche K o r r e s p o n d e n z mit G e o r g S i m m e l ist h i n g e g e n verloren. Die g e g e n s e i t i g e n B e z i e h u n g e n , die auch die beiden Ehefrauen einschlössen, waren freundschaftlich, wie dies auch in W e b e r s B e m ü h u n gen u m die B e r u f u n g S i m m e i s nach Heidelberg z u m A u s d r u c k k o m m t . W e b e r verfolgte S i m m e i s Schriften nicht o h n e Kritik und b e m ü h t e sich u m eine R e z e n s i o n der 1908 e r s c h i e n e n e n „ S o z i o l o g i e " S i m m e i s 2 3 im Archiv. A u c h der größte Teil der K o r r e s p o n d e n z mit W e r n e r Sombart, d e n er persönlich sehr schätzte, hat sich nicht überliefert. V o n der K o r r e s p o n d e n z mit Edgar Jaffe sind uns einige Briefe erhalten; der G e s a m t b e s t a n d dürfte j e d o c h wesentlich umfangreicher g e w e s e n sein. Beide hatten 1908 in Heidelberg Telefonanschlüsse, und seitdem ist ihre K o m m u n i k a t i o n auch über dieses neue M e d i u m erfolgt. N a c h d e m Alfred W e b e r die Nachfolge des N a t i o n a l ö k o n o m e n Karl Rathgen ü b e r n o m m e n hatte und im Januar 1 9 0 8 nach Heidelberg g e z o g e n war, waren n u n m e h r m ü n d l i c h e Kontakte die Regel; infolgedessen k o m m t der intensive und inhaltlich vielfach kontroverse D i s k u s s i o n s z u s a m m e n h a n g beider nur in b e s c h r ä n k t e m U m f a n g in d e n überlieferten Briefen v o r . 2 4 Die erhaltenen Briefe repräsentieren auch nicht hinlänglich die B e z i e h u n g e n innerhalb des e n g e r e n Freundes- und Kolleg e n k r e i s e s v o n Max W e b e r in Heidelberg, zu d e m u.a. Eberhard Gothein, Emil Lask, Ernst Troeltsch, Karl Vossler sowie Wilhelm W i n d e l b a n d zählten. Von den e n g e n freundschaftlichen B e z i e h u n g e n Max W e b e r s aus j e n e n Jahren sind ferner j e n e mit Friedrich N a u m a n n h e r v o r z u h e b e n , d e m er s c h o n seit ihrer g e m e i n s a m e n Tätigkeit im Evangelisch-sozialen Kongreß in den 1890er Jahren eng v e r b u n d e n war. Friedrich N a u m a n n war nicht nur als Publizist und H e r a u s g e b e r der im protestantischen B i l d u n g s b ü r g e r t u m viel g e l e s e n e n „ H i l f e " außerordentlich einflußreich, s o n d e r n auch ein f ü h r e n des Mitglied der „Freisinnigen V e r e i n i g u n g " und späterhin der „Fortschrittlichen V o l k s p a r t e i " . Vor allem durch Friedrich N a u m a n n s Vermittlung bot sich für Max W e b e r die Möglichkeit, seine politischen Vorstellungen im linksliberalen Lager zur G e l t u n g zu bringen. A u s den hier mitgeteilten 22 Die Freundschaft von Max Weber und Heinrich Rickert schloß auch ihre Frauen ein. Marianne Weber und Sophie Rickert unterhielten untereinander einen intensiven Briefwechsel ; häufige gegenseitige Besuche der beiden Ehepaare vertieften die Beziehungen. 23 Simmel, Georg, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. - Leipzig: Duncker & Humblot 1908. 24 Der Nachlaß Alfred Weber im Bundesarchiv Koblenz enthält keinerlei Korrespondenzen mit Max Weber.
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Briefen an Friedrich Naumann lassen sich die G r u n d z ü g e von Max W e b e r s damaligen politischen A n s c h a u u n g e n e n t n e h m e n . Er unterstützte, bei aller Distanz g e g e n ü b e r der kaiserlichen Regierung, die Politik des s o g e n a n n t e n Bülow-Blocks, d. h. eines Z u s a m m e n g e h e n s der liberalen mit d e n konservativen Parteien g e g e n das Z e n t r u m , als die bei Lage der Dinge optimale Strategie zur Förderung einer liberalen Reformpolitik. Zugleich aber verlangte er mit aller Entschiedenheit die Beseitigung des „ persönlichen Regim e n t s " Wilhelms II., d e s s e n A u s w i r k u n g e n auf die Weltmachtstellung des D e u t s c h e n R e i c h e s e r f ü r v e r h e e r e n d hielt; das einzige w i r k s a m e Mittel, u m den b e s t e h e n d e n Mißständen wirklich ein Ende zu machen, sei, so meinte Max Weber, der Übergang z u m parlamentarischen System. E r f ü h l t e sich durch die Daily Telegraph Affäre v o m Herbst 1908, die durch ein Interview Wilhelms II. im Daily Telegraph ausgelöst w o r d e n war, in seiner Ansicht voll bestätigt, daß nur eine w e i t g e h e n d e Umgestaltung der Reichsverfassung dergleichen Mißständen w ü r d e abhelfen können. Die Familienkorrespondenz, insbesondere die K o r r e s p o n d e n z mit seiner Frau, Marianne Weber, gibt ein anschauliches Bild von Max W e b e r s persönlichen Lebensverhältnissen. Im März 1906 z o g e n Max und Marianne W e b e r von der Hauptstraße 73 in die W o h n u n g im ersten Stock des Hauses Ziegelhäuser Landstraße 27 um. Max W e b e r s G e s u n d h e i t s z u s t a n d war immer noch sehr labil, und die Sicherung der eigenen Arbeitsfähigkeit stand, wie viele Briefe aus diesen Jahren ausweisen, im Z e n t r u m der täglichen Lebensführung. In langen Erholungsreisen, die ihn 1906 nach Sizilien und Capri, 1907 in die Niederlande und 1908 an die Riviera und nach Florenz führten, suchte Max W e b e r seine psychische und physische Leistungsfähigkeit zu stärken. B e s o n d e r s im Jahre 1907 war seine Arbeitsfähigkeit stark beeinträchtigt. Die von Marianne Weber angeregte Konsultation eines neuen Arztes, des Neurologen Johann Hoffmann in Heidelberg im S o m m e r 1907, führte zu keiner neuen Therapie. Durch die Einnahme v o n Schlaf- und Beruhigungsmitteln, vor allem in Zeiten angespannter Arbeit, w u r d e n die Schlafstörungen und Erregungszustände bekämpft. W e b e r benutzte insbesondere neben d e n älteren bromhaltigen Beruhigungsmitteln (Bromural) die seit 1903 entwickelten Barbitursäurederivate (Veronal), die erst neuerlich als Dauerschlafmittel in die Therapie eingeführt w o r d e n waren. Die langen Erholungsreisen dienten auch dazu, diese Mittel abzusetzen und eine G e w ö h n u n g an sie zu verhindern. Die Privatbriefe vermitteln auch zahlreiche Informationen über seine wirtschaftliche Lage und die seiner Geschwister. Nach d e m Tod ihres Großvaters Carl David W e b e r am 21. Juli 1907 erbte Marianne W e b e r ein beträchtliches V e r m ö g e n , von d e s sen Erträgen der Lebensunterhalt des Ehepaars Weber bestritten w e r d e n konnte. Die in d i e s e m Band veröffentlichten K o r r e s p o n d e n z e n mit Marianne W e -
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ber entstanden während der Zeiten vorübergehender Trennung und sind daher nicht kontinuierlicher Natur. Die Familienkorrespondenz mit Helene Weber wurde in erster Linie von Marianne Weber geführt; sie pflegte in der Regel einmal im Monat ausführlich an Helene Weber zu schreiben. In diesen Briefen wurden neben berichtenswerten Begebenheiten aus dem Familienleben auch die beiden Frauen verbindenden Aufgaben in der Frauenbewegung besprochen. Max Weber selbst griff nur bei besonderen Anlässen zur Feder. So bringen die Briefe Max Webers die engen Beziehungen zu seiner Mutter nur unvollkommen zum Ausdruck. Auch an die übrigen Mitglieder des engeren oder gelegentlich auch des weiteren Familienkreises hat Max Weber nur unregelmäßig, meist aus besonderem Anlaß, geschrieben. Die Empfänger waren vorzugsweise seine Schwestern Uli, verheiratete Schäfer, und Clara, verheiratete Mommsen, während nur wenige der wohl ohnehin nur seltenen Briefe an seine Brüder Karl und Arthur Weber überliefert sind. Darüber hinaus bestanden engere Kontakte zu den Familien Baumgarten, Hausrath und Benecke. Die Verwandtschaftsbeziehungen ergaben sich über die Schwestern von Helene Weber, geb. Fallenstein. Henriette Fallenstein war mit dem Heidelberger Kirchenhistoriker Adolf Hausrath verheiratet, war allerdings bereits 1895 verstorben, doch bestanden weiterhin enge Beziehungen zu Adolf Hausrath und dessen Kindern Laura, Paula und Lilli, zumal diese in der näheren Umgebung lebten. Emilie Fallenstein war mit dem Straßburger Geologen Wilhelm Benecke verheiratet. Die älteste Schwester Helenes, Ida Fallenstein, war mit dem Historiker Hermann Baumgarten verheiratet gewesen, bei dem Max Weber während seiner Straßburger Rekrutenzeit oft zu Gast gewesen war; beide waren bereits verstorben, doch bestanden zu ihren Kindern Fritz, Otto, Emmy sowie Anna Baumgarten engere Beziehungen. In den Familienkreis gehörten schließlich auch die Nachkommen von Carl David Weber in Oerlinghausen bei Bielefeld; dieserwarein Bruder des Vaters von Max Weber und zugleich der Großvater von Marianne Weber, es bestand also ein zweiseitiges Verwandtschaftsverhältnis. In Heidelberg wohnte Weber auf dem nördlichen Neckarufer, der sogenannten „Riviera", eine gute Viertelstunde von der Universitätsbibliothek entfernt. Von förmlicher Geselligkeit und von Veranstaltungen zurückgezogen, unterhielt er dennoch intensive Kontakte, die Anregungen vermittelten und Auseinandersetzungen veranlaßten. Weber war Mitglied des 1904 gegründeten Eranos-Kreises, zu dem sich Heidelberger Professoren mit religionswissenschaftlichen Interessen vereinigt hatten. In diesem Kreis hielt er im Februar 1908, im Anschluß an seine Arbeit für den umfassenden Artikel Agrarverhältnisse im Altertum, 25 einen Vortrag über „Kapitalismus 25 Weber, Max, Agrarverhältnisse im Altertum: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Bd. 1. - Jena: Gustav Fischer 1909, S. 5 2 - 1 8 8 (MWG I/6).
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im A l t e r t u m " . Mit m e h r e r e n Mitgliedern des Eranos-Kreises v e r b a n d e n W e b e r auch freundschaftliche B e z i e h u n g e n , so i n s b e s o n d e r e mit G e o r g Jellinek u n d Ernst Troeltsch, aber auch mit Eberhard G o t h e i n und Karl Rathgen, s e i n e n Fachkollegen, s o w i e mit Wilhelm W i n d e l b a n d u n d Erich Mareks. Er g e w a n n das Vertrauen einiger jüngerer Wissenschaftler in Heidelberg, so i n s b e s o n d e r e v o n Emil Lask u n d Karl Vossler. A u s der g e m e i n s a m e n Arbeit am Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik ergaben sich auch e n g e Kontakte zu Edgar Jaffe. Das Ehepaar W e b e r nahm seit 1906 an den durch die „ E r o t i s c h e B e w e g u n g " ausgelösten D i s k u s s i o n e n über das Verhältnis der G e s c h l e c h t e r und eine n e u e Sexualmoral intensiven Anteil. Max W e b e r w u r d e veranlaßt, sich mit Freuds T h e o r i e n der Psychoanalyse a u s e i n a n d e r z u s e t z e n , i n s b e s o n dere in der Form, in der diese v o n Otto G r o s s vertreten w u r d e n . Diese Diskussion g e w a n n auch persönliche B e d e u t u n g für W e b e r d u r c h die Leb e n s f ü h r u n g v o n Else Jaffe, mit der Max und Marianne Weber seit den Freiburger Jahren freundschaftlich v e r b u n d e n waren. A u s der K o r r e s p o n d e n z mit Marianne W e b e r , i n s b e s o n d e r e aus d e m Frühjahr 1908, wird die Problematik sichtbar, die Weber s c h o n in s e i n e m Brief an Else Jaffe über einen Aufsatz v o n Otto G r o s s im S e p t e m b e r 1907 aufgegriffen hatte. In ethischen Grundsatzfragen b e s t a n d e n tiefgreifende M e i n u n g s u n t e r s c h i e d e auch zu s e i n e m Bruder Alfred Weber. Marianne W e b e r war in d i e s e n Debatten und internen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n eine eigenständige und s e l b s t b e w u ß t e Partnerin. Sie hatte sich seit der Ü b e r s i e d l u n g nach Heidelberg 1 8 9 8 u n d seit 1 9 0 3 auch literarisch mit Fragen der Frauenemanzipation beschäftigt u n d hielt auf d e m 18. Evangelisch-sozialen Kongreß zu Pfingsten 1 9 0 7 in Straßburg ein Referat über „ S e x u a l e t h i s c h e Prinzipienfrag e n " 2 6 Durch ihre Tätigkeit im Vorstand des B u n d e s d e u t s c h e r Frauenvereine war sie mit vielen Vertreterinnen der bürgerlichen F r a u e n b e w e g u n g , i n s b e s o n d e r e mit Gertrud Bäumer, v e r b u n d e n .
2. Zur Forschungslage
und
Textüberlieferung
Die Veröffentlichung der K o r r e s p o n d e n z Max W e b e r s wird v o n der w i s s e n schaftlichen Öffentlichkeit seit langem erwartet. Bislang sind nur Bruchteile d e s B r i e f w e r k s veröffentlicht w o r d e n . Marianne W e b e r hatte A n f a n g der zwanziger Jahre z u m Z w e c k e der A b f a s s u n g ihrer Biographie „ Max Weber. Ein L e b e n s b i l d " den V e r s u c h u n t e r n o m m e n , die Briefe Max W e b e r s syste-
26 Die Verhandlungen des 18. Evangelisch-sozialen Kongresses abgehalten in Straßburg (Elsaß) am 21. bis 23. Mai 1907. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1907, S.114-125.
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matisch zu s a m m e l n und v o n zahlreichen der K o r r e s p o n d e n z p a r t n e r die Briefe Max W e b e r s z u r ü c k e r b e t e n . In einer Reihe v o n Fällen w u r d e n ihr die Originale überlassen, in anderen Fällen fertigte sie selbst Abschriften, die freilich nicht i m m e r vollständig sind, an und gab die Originale dann zurück. Marianne W e b e r hat die v o n ihr g e s a m m e l t e n Briefe zur A b f a s s u n g des „ L e b e n s b i l d s " h e r a n g e z o g e n und dort in teilweise ausführlichen A u s z ü g e n zitiert. Diese A u s z ü g e e n t s p r e c h e n naturgemäß nicht den Standards einer Briefedition. Sie sind oft o h n e Mitteilung des Empfängers und des D a t u m s mitgeteilt und w e i s e n nicht selten erhebliche, z u w e i l e n den Sinn v e r ä n d e r n de Eingriffe in den Wortlaut auf. Die von Marianne W e b e r v o r g e n o m m e n e redaktionelle B e h a n d l u n g der Briefe wird aus den in M e r s e b u r g befindlichen Teilen des Manuskripts d e s „ L e b e n s b i l d s " ersichtlich; die Briefe w u r d e n gekürzt und w e i s e n z u w e i l e n Texteingriffe unterschiedlichster Art auf; auch w u r d e n in einer Reihe v o n Fällen v e r s c h i e d e n e Briefe i n e i n a n d e r g e s c h o ben, o h n e daß dies für den Leser erkennbar ist. Ferner finden sich stilistische Glättungen, die Eliminierung v o n Kraftausdrücken und die A b s c h w ä c h u n g v o n p o l e m i s c h e n Formulierungen sowie irrtümliche L e s u n g e n und Datierungen. Schließlich sind, aus Rücksichtnahme auf noch l e b e n d e Pers o n e n , gelegentlich die P e r s o n e n n a m e n ausgelassen und stattdessen fiktive Initialen v e r w e n d e t w o r d e n . Im Z u s a m m e n h a n g des „ L e b e n s b i l d s " und unter den Z e i t u m s t ä n d e n sind diese Eingriffe verständlich, d o c h beeinträchtigen sie die Zuverlässigkeit dieser Überlieferung beträchtlich. D e n n o c h v e r d a n k e n wir Marianne W e b e r die Erhaltung eines nicht u n e r h e b l i c h e n Teils d e s Briefwerks. Darüber hinaus publizierte Marianne W e b e r 1921 in der von ihr herausgebrachten 1. Auflage der G e s a m m e l t e n Politischen Schriften eine Reihe v o n b e d e u t s a m e n Briefen politischen Inhalts, freilich auch hier nicht o h n e einige sinnentstellende Texteingriffe. 2 7 Ferner plante sie eine Briefausgabe, von der aber nur ein erster Band, die sog. „ J u g e n d b r i e f e " , im Druck e r s c h i e n e n ist. 2 8 Eine Fortsetzung der Briefausgabe war unter d e n U m s t ä n d e n der späten 1930er Jahre j e d o c h nicht mehr möglich. Die F o r s c h u n g hat sich mit der Erschließung des Briefwerks zunächst s c h w e r getan. In den von J o h a n n e s W i n c k e l m a n n b e s o r g t e n Neuauflagen der G e s a m m e l t e n Politischen Schriften w u r d e davon Abstand g e n o m m e n , die in der 1. Auflage enthaltenen Briefe überhaupt zu berücksichtigen, da die S c h w i e r i g k e i t e n u n ü b e r w i n d l i c h schienen, dieselben zu vervollständigen und zuverlässig zu edieren. Wolfgang J. M o m m s e n gelang es dann im
27 Marianne Weber begegnete bei der Sammlung der politischen Briefe an rechtsgerichtete Persönlichkeiten einigen Schwierigkelten. Vgl. Weber, Marianne, Lebenserinnerung e n . - Bremen: Johs. Storm Verlag, 1948, S. 121. 28 Max Weber. Jugendbriefe.-Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) o.J. [1936],
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Zusammenhang seines 1959 in 1. Auflage erschienenen Buches „Max Weber und die deutsche Politik", das Briefwerk Max Webers in größerem Umfang zu sammeln, zu transkribieren und auszuwerten, soweit es unter den damaligen Umständen zugänglich war. 1964 hat dann Eduard Baumgarten in seinem Werk „Max Weber. Werk und Person" weitere Briefbestände verwertet und in Auszügen veröffentlicht, darunter vor allem einen Teil der bislang unbekannten Privatkorrespondenz, einschließlich einiger Briefe an Mina Tobler und Else Jaffe. Jedoch finden sich in Baumgartens Werk zahlreiche falsche Datierungen und irrtümliche Lesungen, die den Wert seiner Briefsammlung entscheidend beeinträchtigen. Darüber hinaus sind in der Weber-Literatur zahlreiche Briefe auszugsweise, in einzelnen Fällen auch vollständig, veröffentlicht worden; doch enthalten diese Abdrucke häufig Entzifferungsfehler und sind infolgedessen oft nicht zuverlässig. Der bislang unbefriedigende Stand der Forschung hinsichtlich des Briefwerks Max Webers erklärt sich nicht allein aus dem Umstand, daß die Entzifferung der Handschrift Max Webers große Schwierigkeiten mit sich bringt, sondern vor allem aus der wenig befriedigenden Überlieferungslage. Ein echter Nachlaß Max Webers ist uns nicht erhalten, sondern nur eine Vielzahl von Teilnachlässen, die ihre Entstehung teilweise erst der Sammeltätigkeit ihrer Besitzer verdanken. Zu diesen gehört insbesondere der Bestand im Zentralen Staatsarchiv der DDR in Merseburg, der auf ein Depositum zurückgeht, das Marianne Weber auf Veranlassung des Preußischen Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem Anfang 1943 einrichtete. Dabei spielte auch der Gesichtspunkt eine Rolle, auf diese Weise die Bestände vor einer möglichen Vernichtung zu sichern. 29 Der Merseburger Bestand müßte strenggenommen als Nachlaß Marianne und nicht Max Webers bezeichnet werden, denn er besteht zum großen Teil aus Materialien, dieersterefür Zwecke der Abfassung des „Lebensbildes" gesammelt und entsprechend geordnet, d.h. aus ihren ursprünglichen Provenienzen herausgelöst hat, und nur in begrenztem Umfang aus den unmittelbar von Max Weber hinterlassenen Papieren. Zum Nachlaß Marianne Webers gehören auch große Teile der privaten Korrespondenz Max Webers, insbesondere der Briefwechsel zwischen ihr und Max Weber, zwischen Max und Helene Weber sowie Briefe an seine Geschwister Alfred, Clara, verheiratete Mommsen, und Ulli, verheiratete Schäfer. Einen Teil der Originale der Privatkorrespondenz hat Marianne Weber damals zurückbehalten. Dieser Bestand ist nach ihrem Tod an ihre 29 Vgl. Schreiben des Preußischen Geheimen Staatsarchivs vom 2. und 17. April 1942 sowie vom 9. März 1943 an Marianne Weber, Bestand Max Weber-Schäfer, Privatbesitz, und deren Durchschriften nebst Bestandsverzeichnis, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber.
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Erben übergegangen und befindet sich heute im Besitz von Max WeberSchäfer; er hat diesen Nachlaßbestand nunmehr als Depositum der Bayerischen Staatsbibliothek München übergeben. Auch Eduard Baumgarten wurden gewisse Teile dieser Bestände zugänglich gemacht, der sie, zusammen mit zahlreichen Briefen, die ihm von Else Jaffe und Mina Tobler überlassen worden sind, in seine eigene Briefsammlung aufnahm. Dieser Bestand - bei Eduard Baumgarten noch als Ebnet Archiv (E.A.) ausgewiesen und vielfach in der Literatur als solches zitiert - befindet sich heute teils als Deponat in der Bayerischen Staatsbibliothek München, teils im Besitz der Erben Eduard Baumgartens in Frankfurt. Alle diese Teilnachlässe sind uns nicht mehr, oder allenfalls nur zu einem geringen Teil, in der Anordnung überliefert, in der sie sich bei Max Webers Ableben befunden haben. Davon abgesehen handelt es sich um Teile einer ehemals mit Sicherheit wesentlich umfangreicheren Hinterlassenschaft. Für die Edition des Briefwerks ist es von entscheidender Bedeutung, daß nahezu alle Korrespondenda, die sich im ursprünglichen Nachlaß Webers befunden haben dürften, verloren gegangen sind. Dies hat zur Folge, daß die Herausgeber nicht die Möglichkeit hatten, die Briefe Max Webers aufgrund der im Nachlaß vorfindlichen Korrespondenda zu erschließen, wie dies im Regelfall möglich ist. Zwei Bestände, die annähernde Vollständigkeit aufweisen, sind gesondert zu erwähnen. Die Korrespondenz mit dem Verleger Paul Siebeck und dessen Sohn Oskar hat sich im Verlagsarchiv von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) gefunden und befindet sich heute als Deponat des gegenwärtigen Verlagsinhabers Georg Siebeck in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die Briefe an Robert Michels werden zum größten Teil in der Fondazione Einaudi in Turin aufbewahrt. Die Briefe von Robert Michels und Gisela Michels-Lindner an Max Weber, die sich in Max Webers Nachlaß hätten befinden müssen, sind hingegen ebenso verloren wie diejenigen der zahlreichen anderen Sozial- und Geisteswissenschaftler oder Politiker, mit denen Max Weber in Verbindung stand. Die Nachsuche in zahlreichen Privatnachlässen ebenso wie in einschlägigen Aktenbeständen öffentlicher Archive, in denen sich Briefe Max Webers befunden haben oder befunden haben können, hat trotz großer Schwierigkeiten und oft fehlender Hinweise eine beträchtliche Zahl von bisher unbekannten Briefen zutage gefördert. Darüber hinaus konnten vielfach die Originale von Briefen gefunden werden, die uns bisher nur teilweise bzw. in verfälschter Form oder in Abschriften bekannt waren. Allerdings sind in einer Reihe von Fällen die Briefbestände nachweislich nicht mehr vorhanden. Dies gilt beispielsweise für die Korrespondenz mit Georg Simmel, Carl Neumann, Wilhelm Windelband, Franz Eulenburg, Robert Liefmann, wäh-
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rend sich von anderen Korrespondenzpartnern nur einzelne Briefe erhalten haben, wie im Falle von Ferdinand Tönnies und Werner Sombart. Nicht mehr vorhanden bzw. verschollen sind auch die Akten des Vereins für Sozialpolitik mit den Korrespondenzen für die Jahre 1 9 0 6 - 1 9 0 8 , während der folgende Zeitraum gut durch den Bestand der Vereinsakten im ZStA Merseburg, Rep. 196, dokumentiert ist. Ergiebiger waren hingegen die Funde der Korrespondenz mit Friedrich Naumann, die sich heute im Nachlaß Naumann im Zentralen Staatsarchiv der DDR in Potsdam befindet, der Korrespondenz mit Lujo Brentano sowie mit Georg Jellinek, die in deren Nachlässen im Bundesarchiv Koblenz enthalten sind, sowie der freilich nur fragmentarisch erhaltenen Korrespondenz mit Edgar Jaffe. Angesichts dieser vergleichsweise ungünstigen Überlieferungslage, die durch die Vernichtung zahlreicher Nachlässe bzw. Archivbestände durch Kriegseinwirkungen während des Zweiten Weltkrieges zusätzlich beeinträchtigt worden ist, ist die hier vorgelegte Edition des Briefwerkes Max Webers der Jahre 1906 bis 1908 mit Sicherheit lückenhaft. Doch darf davon ausgegangen werden, daß sie die uns erhaltenen Briefe jener Jahre nahezu vollständig enthält. Die Editoren haben alle systematischen Wege, die zur Auffindung oder Erschließung von Briefen Max Webers führen konnten, beschritten, ohne allerdings ausschließen zu können, daß nach Abschluß der Drucklegung weitere Briefe aufgefunden werden könnten; diese werden gegebenenfalls in einem besonderen Anhang im letzten Band dieser Ausgabe mitgeteilt werden. Unmittelbar vor dem Abschluß der Drucklegung erhielten wir aus sowjetischen Archiven eine Reihe von langgesuchten Briefen Max Webers an Bogdan A. Kistjakovskij und Aleksandr A. Kaufman übersandt: bisher waren die Anfragen des Herausgebers stets negativ beschieden und diesem der Zugang zu den einschlägigen Archiven nicht gestattet worden. Diese Briefe werden unten, S. 717ff., in einem Nachtrag mitgeteilt. Herrn Kulturattache Dr. Bertram von der Deutschen Botschaft in Moskau danken wir für Hilfeleistung bei der raschen Übermittlung dieser Funde.
3. Zur Edition Angesichts der Überlieferungslage blieb den Editoren nur die Möglichkeit, sich auf den Abdruck der Briefe Max Webers zu beschränken und auf die Aufnahme der an ihn gerichteten Briefe zu verzichten. Die Briefe Max Webers sind vollständig aufgenommen worden. Auch Briefkonzepte wurden berücksichtigt, gleichgültig, ob die entsprechenden Briefe abgegangen sind oder nicht. Briefe, die nicht überliefert, aber nachgewiesen sind, werden im Apparat verzeichnet. Soweit Korrespondenda vorliegen, deren
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Kenntnis für das Verständnis des Briefes erforderlich ist, wird der Leser in den Editorischen Vorbemerkungen auf diese hingewiesen und gegebenenfalls der Sachverhalt paraphrasiert wiedergegeben. Ansonsten sind Korrespondenda, soweit diese überliefert sind, im Anmerkungsapparat nachgewiesen. Nur in besonderen Fällen, in denen uns überhaupt keine Korrespondenda vorliegen, ist von einem ausdrücklichen Nachweis Abstand genommen worden, wie im Fall der Korrespondenz mit Robert Michels. Die Briefe wurden in chronologischer Abfolge präsentiert. Im Briefkopf werden zunächst der Adressat, dann die Datierung und der Ort der Niederschrift, die Art des Textzeugen und schließlich der Fundort mitgeteilt. Sofern die Datierung aus dem Poststempel erschlossen worden ist, wird dies mit der vorangestellten Sigle PSt kenntlich gemacht. Sollte die Datierung eines Briefes nicht oder nur unvollständig möglich sein, so wird dieser am Ende des fraglichen Zeitraums mitgeteilt. Sofern der Ort der Niederschrift nur aus dem vorgedruckten Briefkopf erschlossen ist, wird dies durch die vorangestellte Sigle BK kenntlich gemacht, sofern sich dies aus dem Poststempel ergibt, wird dem Ort der Niederschrift die Sigle PSt vorangestellt. Vom Herausgeber erschlossene Datierungen sind in eckige Klammern gesetzt und die Datierung in der Editorischen Vorbemerkung begründet. Dort werden gegebenenfalls auch weitere Angaben über die Eigenart und den Zustand des Textzeugen mitgeteilt. Dabei wird zwischen Briefen, Karten und Telegrammen sowie Abschriften und Abdrucken unterschieden: Letztere sind dem Druck nur dann zugrunde gelegt worden, wenn die Originale nicht überliefert sind. Die Datumszeile reproduziert Max Webers eigenen Text; die vorgedruckten Teile des jeweiligen Briefkopfes - z. B. die Namen von Hotels - sind kursiv wiedergegeben, um sie von dem eigentlichen Text unterscheiden zu können. Die Textpräsentation behält die Orthographie, Interpunktion und Grammatik der Originale bei und emendiert nur dort, wo dies für das Textverständnis unabdingbar ist. Einschübe im Text sind kenntlich gemacht, Streichungen und Textersetzungen im Apparat annotiert. Mit Ausnahme der in der Datumszeile, in den Anrede- und Schlußformeln verwendeten Abkürzungen werden übliche Abkürzungen im Text aufgelöst und die Ergänzungen durch eckige Klammern kenntlich gemacht; ansonsten sei auf das Abkürzungsverzeichnis verwiesen. Bei Max Weber durch Asterisken gekennzeichnete Zusätze bzw. Anmerkungen werden in arabischer Zählung unter dem Text wiedergegeben. Die Asterisken werden durch Ziffern mit runder Klammer ersetzt. Eindeutig falsche Schreibweisen werden emendiert und im Apparat annotiert. Satzzeichen werden dann, wenn sie für das Textverständnis notwendig sind, in eckigen Klammern ergänzt. In den Abschriften, die in aller Regel auf Marianne Weber zurückgehen, werden offensichtliche Abschreibfehler stillschweigend korrigiert, z.B. de fakto >
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de facto; ebenso wird hier vom Nachweis handschriftlicher Korrekturen an maschinenschriftlichen Vorlagen abgesehen. Datierungsfehler werden nur dann emendiert, wenn sich die richtige Datierung zweifelsfrei nachweisen läßt. Im übrigen wird auf die Editionsregeln hingewiesen, die am Ende dieses Bandes wiedergegeben sind. Im Sachkommentar werden Sachverhalte, deren Kenntnis für das Verständnis der Briefe erforderlich ist, erläutert. Alle Personen, die in den Briefen nur mit ihrem Vornamen erwähnt werden, werden im Anmerkungsapparat unter Angabe des Nachnamens identifiziert. Von dieser Regel werden die nächsten Anverwandten Max Webers ausgenommen, und zwar seine Frau Marianne Weber, geb. Schnitger, seine Mutter Helene Weber, geb. Fallenstein, seine Geschwister Alfred Weber, Karl Weber, Arthur Weber, Clara Weber, verheiratete Mommsen, und Lili Weber, verheiratete Schäfer. Die Schwäger und Schwägerinnen Max Webers, nämlich Ernst Mommsen, Hermann Schäfer und Valborg Jahn, verheiratete Weber, werden hingegen jeweils durch Mitteilung des Nachnamens im Anmerkungsapparat identifiziert. Das Personenverzeichnis gibt ergänzende biographische Hinweise auf die in den Briefen erwähnten Personen; im Sachkommentar werden daher nur solche Erläuterungen zu Personen gegeben, die für die betreffende Briefstelle aufschlußreich sein können. Um die weitverzweigten und teilweise sich kreuzenden Verwandtschaftsbeziehungen im Zusammenhang sichtbar zu machen, werden dem Personenverzeichnis Übersichten über die Nachkommen von Georg Friedrich Fallenstein, dem Großvater Max Webers, und Carl David Weber, dem Bruder des Vaters von Max Weber und Großvater von Marianne Weber, angefügt. Das Register der Briefempfänger sowie Orts- und Personenregister gewähren zusätzliche Möglichkeiten der Erschließung des Briefbestandes.
Briefe 1906-1908
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1. Januar 1906
Robert Michels 1. Januar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 1
Heidelberg, 1/17906 Hauptstrasse 73 Sehr geehrter Herr Doktor! Verbindlichst dankend für Ihre liebenswürdige Begrüßung 3 , wird es mir ein besondres Vergnügen sein, Sie seinerzeit hier sehen zu können, zumal mich die von Ihnen beabsichtigte Arbeit 1 ungemein interessiert, ebenso wie Ihre bisherigen werthvollen Artikel 2 im „Archiv". Ich hoffe nur, daß Sie mich nicht grade an einem meiner „schwarzen Tage" treffen, wo ich gänzlich unbrauchbar für menschliche Gesellschaft bin, noch immer einer von je fünf bis sechs. Einstweilen erwiedere ich, in der Hoffnung auf baldige persönliche Bekanntschaft, 3 Ihre Wünsche für 1906 auf das Aufrichtigste und verbleibe Ihr in ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebenster Max Weber
a Unsichere Lesung. 1 Gemeint ist vermutlich Michels' Aufsatz: Die deutsche Sozialdemokratie, erschienen 1906 in: AfSSp, Bd.23, Heft 2, S.471-556. Vgl. u.a. die Schreiben an Michels vom 26. März, 18. April, 16. und 21. Mai und 3. Juni 1906, unten, S. 56ff., 84, 94 und 99. Die Anregung dazu war von Werner Sombart ausgegangen, wie aus dessen Brief an Michels vom 28. Nov. 1905 (AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Som-Sz) hervorgeht. 2 Es handelt sich hierbei nur um einen einzigen, allerdings sehr umfangreichen und in mehreren Lieferungen erschienenen Aufsatz im AfSSp: Proletariat und Bourgeoisie in der sozialistischen Bewegung Italiens. Studien zu einer Klassen- und Berufsanalyse des Sozialismus in Italien, ebd., Bd. 21, Heft 2, 1905, S. 347-416. Die restlichen Teile, ebd., Bd. 22, Heft 1,1906, S. 80-125, Heft 2, S. 424-466, Heft 3, S. 664-720. 3 Zu einer ersten persönlichen Begegnung kam es am 13. April 1906 in Heidelberg; vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. April 1906: „Das Maxel erwartet gleich einen sozialdemokratischen Gelehrten, der fürs Archiv schreiben soll [...]" sowie vom 22. April 1906: „In der letzten Woche hatten wir allerlei Besuch: Einen sehr anziehenden Sozialdemokraten Dr. Michels [...] der fürs Archiv schreiben will u. Max kennen lernen wollte". Bestand Max Weber-Schäfer, DeponatBSB München, Ana 446.
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16. Januar
1906
Paul Siebeck [am oder nach dem 16. Januar 1906]; o. O. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Das Schreiben Webers findet sich auf einem Brief des Regierungsrates im Kaiserlichen Statistischen Amt Rudolf Martin an Paul Siebeck vom 13. Januar 1906. Martin unterbreitet darin Siebeck den Vorschlag, eine völlig umgearbeitete 2. Auflage seines Buches „Die Zukunft Rußlands und Japans. Die deutschen Milliarden in Gefahr. Soll Deutschland die Zeche bezahlen?" übernehmen zu wollen, das 1905 im Carl Heymanns Verlag in Berlin erschienen war. Heymanns hatte den Verlag gekündigt, da das Buch bei den Reichsbehörden bzw. in der offiziösen Presse (Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 216 vom 3. Sept. 1905, S. 1) massiver Kritik begegnet war sowie zu einem Disziplinarverfahren gegen Martin geführt hatte. Letzterer erhielt schließlich einen Verweis, weil Verlagsprospekt sowie Präsentation der Schrift durch die Hervorhebung der amtlichen Funktion des Autors eine offiziöse Darstellung der Reglerungspolitik bzw. ihrer Einstellung zu russischen Finanzfragen nahezulegen schienen. Siebeck bittet Weber in einem Brief vom 16. Januar, dem das Schreiben Martins beigegeben war, um Stellungnahme zu diesem Angebot.
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Das Buch ist von Hans Delbrück in den „Preußischen] Jahrb[üchern]" eine „mutige That" genannt worden. 1 Ich persönlich stimme mit den wesentlichen Ansichten des Verf[assers] nur zum Teil überein, kann auch nicht beurteilen, wie tiefdringend seine Kenntnis der Lage ist. 5 Immerhin: wenn rein geschäftlich nichts im Wege steht, würde ich es, für die Diskussion, für recht nützlich halten, wenn das Buch umgearbeitet nochmals erschiene. 2 Übrigens verweise ich auf Ballod's Kritik in Schmollers Jahrbuch (1905, Heft 4), die Sie wohl zur Hand haben oder
1 Weber bezieht sich auf Hans Delbrücks Artikel: Politische Korrespondenz. Der F r i e d e Die Zukunft Japans und Rußlands, erschienen in: PrJbb, Bd. 122, Oktober bis Dezember 1905, S. 1 7 9 - 1 8 7 ; das von Weber angeführte Zitat auf S. 186: „Trotz aller Übertreibungen, Einseitigkelten und offenbaren Fehler ist das Martinsche Buch [...] eine gar nicht hoch genug zu wertende politische Tat." Was Delbrück als „politische Tat" bezeichnet, ist die Quintessenz des Martinschen Buches: Schließung der deutschen Börse für russische Staatsanleihen, da Rußland vor dem baldigen und unausweichlichen Staatsbankrott stehe. 2 Tatsächlich hat Rudolf Martin 1906 eine Folgearbelt unter dem Titel „Die Zukunft Rußlands" veröffentlicht, die z.T. Passagen aus dem Buch von 1905 verwendet. Das Buch ist, da Siebeck in seinem Schreiben vom 22. Jan. 1906 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) die Übernahme des Verlags ablehnte, In der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung Theodor Welcher in Leipzig erschienen.
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leicht bekommen können. 3 - t/marbeitung, - gründliche!, - wäre 3 natürlich recht erwünscht. Herzl. Gruß Ihr Max Weber 5
NB! Ich habe das Buch jetzt nicht hier, kann es also nicht nochmals ansehen.
a 0 : war 3 Gemeint ist die Rezension von Carl Bailod in: SchmJb, Jg.29, Heft 4, 1905, S. 462-470. Interessanterweise hat dieser Artikel einiges Unbehagen bei den preußischen Behörden ausgelöst. Die Ballodsche Rezension, die trotz kritischer Einwände im einzelnen den von Rudolf Martin für unausweichlich prophezeiten russischen Staatsbankrott unter bestimmten Umständen nicht für unmöglich erklärte, war vor allem von der Täglichen Rundschau, Nr. 529 vom 10. Nov. 1905, Mo.BI., sowie vom Berliner Tageblatt, Nr. 576 vom 11. Nov. 1905, Mo.BI., beifällig aufgenommen worden - und zwar unter besonderem Hinweis auf Ballods amtliche Stellung als Mitglied des Kgl. Preußischen Statistischen Landesamts. Dies veranlaßte dessen Leiter Emil Blenck dazu, von Bailod einen Bericht über dessen Rezension anzufordern, was diesen dazu nötigte, ein längeres - die Rezension rechtfertigendes - Gutachten über „Russische Finanzen" vorzulegen. Dies ist dann mit einem Begleitschreiben von Emil Blenck am 17. (im Original fälschlich auf den 7. datiert) November 1905 an das Preußische Ministerium des Innern gesandt worden, womit die Sache für Bailod ausgestanden war. GStAPK Berlin, Rep. 77, Nr. 3976, Bl. 3 2 - 5 3 (unter Einschluß der oben zitierten Zeitungsartikel).
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Paul Siebeck 17. Januar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Weber hatte Paul Siebeck in seinem Brief vom 26. November 1905 (VA Mohr/Siebeck, ebd.; MWG II/4) vorgeschlagen, sein Manuskript „Zur polltischen Bewegung In Rußland" als „Präsent für das Archiv" auf seine Kosten drucken zu lassen, und zwar als „ballon d'essai, ob wir sozialpolitische Berichterstattung machen sollen und können." Demgegenüber hatte Siebeck in seiner Antwort vom 6. Dezember 1905, ebd., bezüglich der Übernahme der Druckkosten durch Weber Bedenken geäußert. Das Manuskript ist erschienen unter dem Titel: Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, in: AfSSp, Bd. 22, Heft 1, Beilage, 1906, S. 2 3 4 - 3 5 3 (MWG 1/10, S. 8 6 - 2 7 9 ) . In Zukunft zitiert als: Weber, Bürgerliche Demokratie. Der Obertitel der Beilage In der Druckfassung lautete: Zur Beurteilung der gegenwärtigen politischen Entwicklung Rußlands. Von S. J. Giwago und Max Weber.
Heidelberg, 17/1 1906 Hauptstrasse 73 Hochverehrter Herr D r Siebeck! Ich wollte nur - ohne Sie übrigens im Mindesten in Ihren Entschlüssen beeinflussen zu wollen - bezüglich der Frage des „Beilageheftes" zu Heft XXII,1 des Archivs folgendes geltend machen: Bei solchen sozialpolitischen Berichten liegen die Dinge anders als bei den wissenschaftlichen Aufsätzen, welche z . B . die Zeitschrift] f[ür] Staatsw[issenschaft] als Beihefte herausgiebt. 1 Ein solcher bloßer Bericht könnte niemals an sich einen so großen Markt haben wie unser Archiv. Sollen die Abonnenten des Archivs für so etwas besonders bezahlen, dann nehmen von ihnen vielleicht 4 - 5 0 0 Leute die Sache ab, die andren nicht, und die es nicht abnehmen, ärgern sich, daß das nicht in der Zeitschrift, sondern danebena geboten wird (da die Ztschr. ohnedies theuer ist), - wir riskieren dann m . E . direkt, daß Abonnenten abspringen. Dagegen finden sich ganz sicher 2 - 3 0 0 Redakteure, Sozialdemokraten u. andre Leute, die dieses b Sonderheft kaufen, weil ihnen die Ztschr. 0 zu theuer ist. Und es könnte doch sein, daß einige von diesen dann Abonnenten der Zeitschrift werden: Vor Allem aber berührt es die Abonnenten sehr
a (steht)
b das > dieses
c O: Zschr.
1 Die Beihefte der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft erschienen seit 1901 und brachten hauptsächlich Monographien nationalökonomischen Inhalts.
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angenehm, wenn sie ein Extraheft „gratis" bekommen und das muß bei dem sehr hohen Preise der Zeitschrift ihrer Verbreitung zu statten kommen. Ich meine, man sollte den Versuch unter dem Gesichtspunkt machen: daß die |:riskierten: | Mehrkosten geringe sind (und ev. mir zur Last fallen), daß aber die Chancen für die Zeitschrift sich bessern, wenn es möglich ist, von Zeit zu Zeit so einen Bericht als Extraheft beizulegen, dessen Extra-Kosten aber d doch durch die paar® hundert Abnehmer dieses Heftchens, die keinesfalls das ganze Heft kaufen (7Mk und sagen wir - 1,50 M. sind eben ein kolossaler Unterschied) eingebracht werden. Denn wir müssen bedenken, daß jede rechnerische Vergleichung mit Schmollet2 zeigt, daß wir für unsren Preis quantitativ wenig 3 (qualitativ meist Besseres) liefern. Auch mir wäre natürlich ein Rembours eines Teils meiner Kosten angenehm, doch glaube ich auch, daß so ein Heftchen nur als Reklame für die Zeitschrift wirkt. Einen eignen größeren Markt aber, wie die Beihefte der Zeitschrift] f[ür] St[aats-] Wissenschaft], hat es, wie gesagt, nicht. Herzlichen Gruß! Ihr Max Weber. Ev. würde ich also dafür sein, den Titel genau wie bei allen Heften zu drucken, nur unten beizufügen: [.„Ergänzung zu Heft XXII,1::| Zur politischen Bewegung in Rußland, |:von:| S. J. Giwago und Max Weber"
d Alternative Lesung: eben
e 0:par
2 Gemeint ist das von Gustav Schmoller herausgegebene Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich. 3 Das gilt allerdings nur für den Vergleich von Einzelheften, denn eine Gegenüberstellung des Zeitschriftenumfangs und des Abonnentenpreises für den Jahrgang 1905 ergibt folgendes Bild: AfSSp 2 Bände ä 3 Hefte XI + 1476 S. = 32 Mk; SchmJb 2 Bände ä 2 Hefte XVI + 1734 S. = 38,20 Mk. Eine Ausnahme bildet das Jahr 1904, in welchem nur ein Band des AfSSp erschienen ist.
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18. Januar 1906
Paul Siebeck PSt 18. Januar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Z u mfeinem] gestrigen Brief noch Eins: a die richtige Bezeichnung 3 wäre wohl (für das betr. Heftchen): Afrchiv] f[ür] Sfozial-]Wissenschaft] Band XXII, Heft N° 1, Beilage: ... (folgt der Titel des Inhalts) N In Form solcher „Beilagen" könnte man ev. z. B.b Efduard] Bernstein's „Doku- 5 mente des Sozialismus" aufsaugen. 1 Sie haben einen kleinen Markt, aber er liegt außerhalb des Marktes des „Archiv". Andrerseits freuen sich unsre Abonnenten doch, wenn sie die „Beilage" ohne Kosten kriegen. Sie können sie so kriegen, weil ein Sonderabsatz besteht. Doch das ist Zukunftsmusik, es illustriert nur, wie ich die „Beilage" der 10 Soz[ial-]Pol[itischen] Berichte geschäftlich dachte. Herzl. Gruß! Max Weber
a der richtige Aus > die richtige Bezeichnung
b 0 : zweifach unterstrichen.
1 Diese waren nach vierjährigem Erscheinen Ende 1905 infolge finanzieller Schwierigkeiten eingestellt worden. Vgl. das redaktionelle Nachwort in dieser Zeitschrift von Eduard Bernstein, ebd., Bd. 5, S. 529.
20. Januar 1906
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Willy Hellpach 20. Januar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 3 6 - 3 7 Der unterste rechte Teil der Schlußseite des Briefes (Rückseite von Bl. 37) ist weggeschnitten. Wahrscheinlich fehlen nur Schlußformel und Unterschrift.
Heidelberg, 20/1 1906 Hauptstrasse 73 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich habe Ihre Schrift sofort gelesen und beeile mich Sie zu beglückwünschen. 1 Nicht, daß ich mit Ihnen in allen Punkten der gleichen Ansicht wäre, - das ist ganz und gar nicht der Fall, - aber hier hat man doch eine Darlegung, mit der man sich auseinandersetzen kann, welche conkrete Causalketten in der Entwicklung aufsucht, statt der Lamprecht'schen psychologisierenden Begriffs-Dialektik. 2 Es würde nun unmenschlich schwer sein, in einem Briefe Stellung zu den Punkten zu nehmen, wo meine Bedenken liegen, und zu dieser an sich vorhandenen Schwierigkeit tritt der Umstand, daß ich infolge von allerhand Zwischenfällen mit der Druckerei einmal wieder in rasender Hast corrigieren muß, damit das Januarheft wenigstens quasi noch in diesem Monat herauskommt. Verzeihen Sie daher, wenn ich auch diesmal mich zunächst auf den Dank für Ihre Sendung beschränke. Sie sollen damit nicht „abgespeist" werden, sondern es wird sich Gelegenheit bieten, auf die Sache zurückzukommen. Wenn ich übrigens, nach übler Gelehrten-Gewohnheit,
1 Gemeint Ist: Nervenleben und Weltanschauung. Ihre Wechselbeziehungen Im deutschen Leben von heute (Grenzfragendes Nerven- und Seelenlebens, Heft 41).-Wiesbaden: J.F. Bergmann 1906. 2 Dies ist durchaus als kritischer Seitenhieb Webers auf einige der bis dahin publizierten Arbelten von Hellpach aufzufassen. Vgl. Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus, In: AfSSp, Bd.21, Heft 1, 1905, S. 1 - 1 1 0 (MWG I/9), S.45, Anm.79a: „Ernster zu nehmende Ansätze zur Verwertung psychopathologischer Begriffe für die Deutung gewisser historischer Massenerscheinungen s. bel W. Hellpach, Grundlinien zu einer Psychologie der Hysterie, 12. Kapitel sowie dessen .Nervosität und Kultur'. Ich kann hier nicht versuchen auseinanderzusetzen, daß m. E. auch diesen sehr vielseitig orientierten Schriftsteller die Beeinflussung durch gewisse Theorien Lamprechts geschädigt hat." Zu Webers Kritik an Karl Lamprecht vgl. die Ausführungen in seinem Aufsatz: Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. (Erster Artikel.), in: SchmJb, Jg. 27, Heft 4, 1903, S . 7 - 8 , Anm.2, sowie insbesondere S. 24-25, Anm.5 (MWG I/7).
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20. Januar 1906
zunächst sagte, ich sei 3 in vielen Punkten andrer Ansicht (nämlich über die konkreten Causalverkettungen), so ist es meine Pflicht, um so mehr zu betonen, wie außerordentlich viele sehr glücklich formulierte, m. E. durchaus zutreffende und zum ersten Mal dergestalt klar präcisierte, Bemerkungen ich in Ihrer Schrift fand, daß ich viel daraus gelernt, und daß ich namentlich der ganz entschiedenen Meinung bin, - wie Sie, - daß die Eingliederung dieser Dinge, die Sie „Nervenleben" nennen, in die kulturgeschichtliche Causalbetrachtung durchaus notwendig ist, überall da, wo wir irgend das Material dazu haben, also vor Allem in der Gegenwart. Über das Maß der causalen Bedeutung wird man streiten können und müssen, hier liegen - trotz Ihrer anerkennenswerthen Reserve - meine Bedenken, namentlich bezüglich des „Proletariats", aber auch bezüglich des Bürgertums. Auch gegen das, was Sie über das Mittelalter sagen, habe ich (schon in Ihrer Psychfologie] d[er] Hysterie) 3 hie und da Zweifel. Davon später einmal[.] - Was macht Ihre Habilitations-Angelegenheit? Ich sehe Windelband jetzt zufällig nie, schon seit 2 Monaten nicht. Hoffentlich geht doch Alles glatt?4
a (mit) 3 Grundlinien einer Psychologie der Hysterie. - Leipzig: Wilhelm Engelmann 1904, S. 478-483. Hellpach bezeichnet dort das Mittelalter als Prototyp des sozialpsychischen Zustands der „Lenksamkeit". „Die Lenksamkeit", so heißt es S.281, sei „diejenige Veranlagung, der nicht bloß die Neigung zum äußeren, sondern eben die Tendenz zum inneren Widerspruch oder Widerstand abgeht. Der Lenksame ist ein Mensch, der die an ihn gestellten Forderungen gern oder psychisch indifferent oder mindestens ohne aktive Niederkämpfung innerer Widerstände erfüllt." 4 Es handelt sich hierbei um die Habilitation Hellpachs für das Fach Psychologie auf naturwissenschaftlicher Grundlage an der TH Karlsruhe. Da geeignete Gutachter an der TH nicht zur Verfügung standen, hatte sich diese im Juli 1905 an das Kultusministerium mit der Bitte gewandt, den Habilitationsvorgang an einer der übrigen badischen Landesuniversitäten durchführen zu lassen. Nach anfänglichem Zögern und nach Regelung der Kompetenzen zwischen TH und Universität Heidelberg, insofern als letzterer nicht nur die Begutachtung, sondern auch der Habilitationsentscheid selbst zugestanden wurde, erklärte sich die philosophische Fakultät zur Durchführung des Habilltationsverfahrens bereit; UA Heidelberg, H-IV, 102/137, sowie GLA Karlsruhe, 235/6135: Personalakte Willy Hellpach. Hauptgutachter dabei war Wilhelm Windelband. Vgl. dazu Hellpach, Willy, Wirken in Wirren. Lebenserinnerungen. Erster Band 1877-1914. - Hamburg: Christian Wegner 1948, S. 487ff., sowie insbesondere S. 494. Vgl. auch die Karten an Hellpach vom 10. und 21. Febr. 1906, unten, S.34, sowie S. 39, Anm. 1.
20. Januar 1906
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Ulrich Stutz PSt 20. Januar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte Zürich, Nl. Ulrich Stutz Wie aus dem Inhalt der Karte hervorgeht, hatte Ulrich Stutz, einer der Herausgeber der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, versucht, seinen ehemaligen Kollegen aus Frelburger Zeiten für eine erneute Rezensionstätigkeit zu gewinnen.
Lieber Stutz! 1) Ob ich als Rezensent für Rhamnf geeignet bin, könnte ich nur nach e[inem] kurzen Einblick in das Buch beurteilen. Ich würde es dann sofort zurücksenden, falls nicht.1 5 2) Vinogradoff will ich gern besprechen. 2 3) Seebohm nicht, - ich kenne diese Quellen absolut nicht. 3 Vielen Dank für Ihre Sendung, - Sie lesen ja colossal, beneidenswerth! 4 Herzl. Gruß Max Weber
a (undS) 1 Weber bezieht sich auf Karl Rhamm, Ethnographische Beiträge zur germanlsch-slavlschen Altertumskunde. I.Abteilung. Die Großhufen der Nordgermanen. - Braunschwelg: Friedrich Vieweg u. Sohn 1905. Rezension später von Friedrich Boden, In: ZRG GA, Bd. 27,1906, S. 348-369. Vgl. dazu Karte an Stutz vom 2. März 1906, unten, S.44. 2 Weber hatte schon 1894 ein Buch von Paul Vinogradoff besprochen, nämlich dessen: Villainage In England. Essays In English Mediaeval History, erschienen In: ZRG GA, Bd. 15, S. 187-192 (MWG I/2). Das Buch von Vinogradoff, The Growth of the Manor. London: S. Sonnenschein; New York: Macmlllan 1905, um das es sich bei der Stutzschen Bitte um Rezension zweifellos handelt, Ist In der ZRG weder von Weber noch von einem anderen Autor jemals besprochen worden. Vgl. dazu die Briefe an Stutz vom 22. Juli 1906 und 22. Mal 1908, unten, S. 118 und 576f. 3 Seebohm, Frederic, The Tribal System in Wales being Part of an Inquiry Into the Structure and Methods of Tribal Society (Second Edition with an Introductory Note on the Unit of Family Holding under Early Tribal Custom). - London, New York (etc.): Longmans, Green 1904. Die Rezension erfolgte durch Claudius Frhr. von Schwerin, In: ZRG GA, Bd. 28, 1907, S. 530-531. 4 Offensichtlich hat Stutz Weber eine Reihe von Buchbesprechungen zugesandt. Stutz war einer der Hauptrezensenten in der von Ihm mitherausgegebenen Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Die Bibliographie der Schriften von Ulrich Stutz, In: ZRG KA, Bd. 27, 1938, S. 686-760, führt allein für das Jahr 1905, ebd. S.696f., 20 verschiedene Rezensionen für die ZRG an.
22. Januar 1906
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Paul Siebeck PSt 22. Januar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 20. Januar 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.), in welchem sich dieser bereit erklärt, den Artikel Webers „Zur Beurteilung der russischen liberalen Bewegung" den Abonnenten des AfSSp als „Archiv-Beilage" unberechnet zukommen zu lassen und nur bei Nicht-Abonnenten auf vollem Ladenpreis zu bestehen.
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Vielen Dank für Ihr freundliches Entgegenkommen! Eine Voranzeige bei Brockhaus1 wäre doch wohl für die Beilage erwünscht? Am besten wohl mit Angabe der Namen: „Givago und Max Weber, Zur Beurteilung der russischen liberalen Bewegung". Dann wird es doch mehr 5 bestellt. - Doch das ist ja Alles Ihre Sorge u. Sie wissen das am besten. Entschuldigen Sie also die Anregung. Freundschaftl. Gruß Ihr Max Weber Natürlich wäre Versendung an Zeitungen hier wichtiger als Andres.
1 Hierzu schreibt Siebeck in seiner Antwort vom 24. Jan. 1906, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446: „Außerdem erlasse ich eine Anzeige im .Börsenblatt für den deutschen Buchhandel', was Sie wohl mit einer .Voranzeige bei Brockhaus' meinten".
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25. Januar 1906
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Willy Hellpach PSt 25. Januar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 38 In dem nicht überlieferten Anschreiben von Willy Hellpach dürfte sich dieser u.a. über seine projektierten Arbeiten zur historischen Hysterie, der Bedeutung der Askese als Hysterisierungsfaktor und der Stellung von Ignatius von Loyola zur Askese ausgesprochen haben. Ausführlich behandelt Hellpach die Askese als Hysterisierungsfaktor in seiner Juni 1906 erschienenen Schrift: Die geistigen Epidemien. (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien. Hg. von Martin Buber. Bd. 11). Frankfurt am Main: Literarische Anstalt Rütten & Loening. Nach der Beschreibung des 15. u. 16. Jahrhunderts als einer Epoche der hysterischen Epidemien heißt es über Loyola, S.86f.: „Die Exercitia spirltualia des Ignatius von Loyola sind der grandiose Versuch, die Hysterie zu überwinden und doch den alten Seelenzustand zu erhalten. Und der Stifter der Gesellschaft Jesu wußte, wo der Punkt lag, aus dem die Krankheit zu kurieren war. Er verbot die Askese, die er durch eine fast militärische Gesundheitspflege - er verbot die Planlosigkeit und Spielerei, die er durch die planvolle Ausgestaltung jeder Lebensstunde und durch systematische Einschulung der Phantasie auf die religiöse Vorstellungswelt ersetzte. [...] In den Übungen wurde eine krankhaft gesteigerte Bilderwelt in die Bande der Lebensaufgabe geschmiedet. [...] Loyola hat erreicht, was zu erreichen war: die Freihaltung seines Ordens von hysterischer Verwilderung." Ausführungen zu Ignatius von Loyola finden sich auch in Hellpachs Artikel: Historische Hysterie, erschienen in: Die neue Rundschau, Jg. 17, Heft 9, September 1906, S. 1025-1045, ebd. S. 1036.
Sehr geehrter Herr Doktor! Besten Dank! Wir werden uns vielleicht in unsren künftigen Arbeiten gelegentlich sehr nah berühren, da ich bzgl. Loyola's, in etwas andrer Formulierung, ganz die gleiche Meinung immer gehabt habe. Gothein's 5 Bemerkung in seinem sonst schönen Buch, die Exercitia beruhten auf „oberflächlicher Psychologie", war mir immer seltsam. 1 Strikt klinische Analyse dieser Dinge kann die allererheblichsten Resultate ergeben. Entscheidend ist: der Vergleich mit den schon damals bekannten asketischen] Mitteln. 10 Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
1 Gothein, Eberhard, Ignatius von Loyola und die Gegenreformation. - Halle: Max Niemeyer 1895. Offenbar verwechselt hier Weber die Gotheinsche Beurteilung der „ Exercitia spiritualia" mit jener über das „Directorium", dem für den Jesuitenorden maßgeblichen Kompendium der Beicht- und Morallehre. Zeigt sich nämlich nach Gothein in den „Exercitia" Loyola als „Meister der Seelenkunde", ebd. S.231, so kritisiert er gerade an dessen Beicht- und Moralsystem „die flache Oberflächlichkeit in den Prinzipien", ebd., S.328.
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26. Januar
1906
Paul S i e b e c k P S t 26. J a n u a r 1 9 0 6 ; P S t H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 24. Januar 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit dem Anerbieten, Webers Rußland-Aufsatz, obwohl nur als Beilage zum Band 22 des A f S S p erscheinend, werbetechnisch als normale Buchhandelsneuigkeit zu behandeln, d.h. Ankündigung im Buchhandel per Rundschreiben, Anzeige Im „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel", Versendung von Rezensionsexemplaren an Zeitungen sowie Aufnahme in den Buchkatalog von Hinrichs.
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Besten Dank für Ihren Brief. - An wissenschaftliche Zeitschriften bitte ich Sie die Beilage keinesfalls zu verschicken. Das erweckt die Vorstellung, als handle es sich um eine Leistung, die wissenschaftliche] Ansprüche erhebt. Das ist sie eben 3 nicht sondern Atoma/sammlung u. 5 populäre Information. Mit freundschaftl. Gruß! Max Weber
a Alternative Lesung: aber
30. Januar
1906
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Albrecht Dieterich [zwischen 30. Januar und 5. Februar 1906]; o. O. Brief; eigenhändig UA Heidelberg, H-IV-102/137, Bl. 150 Das Schreiben Webers befindet sich auf einem Zirkular des seinerzeitigen Dekans der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, Albrecht Dieterich, vom 30. Januar 1906, in welchem dieser seine Kollegen um Auskunft über Dr. Alexander Lang ersucht, der 1900 bei der Fakultät promoviert worden war. Die von Albrecht Dieterich in seinem Schreiben angeführten „belllegenden Aktenstücke" sind in der Dekanatsakte nicht mehr vorhanden, so daß sich über den Grund der Anfrage nichts weiter sagen läßt. - Dieterich notiert nach Webers Stellungnahme: „ demgemäß Auskunft gegeben, an E[ngeren] S[enat] 5. II. 1906 D."
Seiner Spektabilität mit dem ergebensten Berichte, daß ich mich der persönlichen Eigenschaften des Herrn Lang heute nicht mehr im Einzelnen erinnere. Seine Dissertation 1 konnte als „unbedenklich ausreichend" bezeichnet werden und zeugte von sehr viel gutem Willen und Gewissenhaftigkeit; besondre Originalität des Denkens zeigte sie nicht, es steht aber auch wohl nicht fest, inwieweit eine solche in dem Beruf, der z. Z. für ihn in Frage steht, heute als erforderlich gilt. Sein mündliches Examen scheint, laut Protokoll, im Staatsrecht sehr schwach ausgefallen zu sein, sonst „genügend". Da ich damals erkrankt war, prüfte Herr Prof. Leser und es ist anzunehmen, daß er - wie dies in solchen Stellvertretungsfällen zu geschehen pflegt - ziemlich müde prüfte. Im Allgemeinen dürfte wohl gesagt werden können, daß aus einem „rite" bestandenen Doktor-Examen weder etwas für noch etwas gegen die hier in Frage stehende Qualifikation abzuleiten sein möchte. Ich möchte nur - denn so weit bin ich meiner Erinnerung sicher - wiederholen, daß die Gewissenhaftigkeit des Cand[idaten] bei seiner Dissertation zu loben war. Ew. Spektabilität ergebenster Max Weber
1 Lang, Alexander, Die badischen Gewerbevereine und Handwerkerverbände und Ihre Stellungnahme zum neuen Handwerkergesetz. - Heldelberg: J. Hörning 1900.
5. Februar 1906
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Adolf Harnack 5. Februar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig DSB Berlin/DDR, Nl. Adolf von Harnack
Heidelberg, 5/I11906 Hauptstrasse 73 Hochverehrter Herr Professor, mit der größten Freude erhalte ich eben die 2 te Auflage Ihres mir, selbstverständlich, keineswegs unbekannten Buches. 1 Ich danke umso mehr für die liebenswürdige Zusendung, als ich später, nach Erledigung andrer Arbeiten, auf Studien über die „Kirche in der Sozialgeschichte" einerseits, die „Sozialgeschichte der Kirche" andrerseits zurückzukommen hoffe, für deren Betrieb der Besitz Ihres Werkes durchaus unentbehrlich ist. Zunächst bin ich noch nicht so weit, aber die abermalige und eingehendere Lektüre 3 dieser eminenten Arbeitsleistung wird mir auch jetzt schon ein Genuß ersten Ranges sein. Sie haben s.Z. meine kleinen Aufsätze über die „Protestantische] Ethik" 2 mit einem sehr liebenswürdigen Brief beantwortet, für den ich damals gleich gedankt hätte, böte nicht die Auseinandersetzung mit den von Ihnen angedeuteten Auffassungen für mich große Schwierigkeiten. Ich habe das Gefühl, in mancher Hinsicht abweichende Werthurteile zu Grunde zu legen. So turmhoch13 Luther über allen Anderen steht, - das Lutheriwm ist für mich, ich leugne es nicht, in seinen historischen Erscheinungsformen der schrecklichste der Schrecken und selbst in der Idealform, in welcher es sich in Ihren Hoffnungen für die Zukunftsentwicklung darstellt, ist es mir, für uns Deutsche, ein Gebilde, von dem ich nicht unbedingt sicher bin, wie viel Kraft zur Durchdringung des Lebens von ihm ausgehen könnte. Es ist eine innerlich schwierige und tragische Situation: Niemand von uns
a (ihr)
b (das)
1 Harnack, Adolf, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten. Zweite neu durchgearbeitete Auflage, 2 Bde. - Leipzig: J.C. Hlnrichs'sche Buchhandlung 1906. 2 Weber bezieht sich hier auf seine Artikel: Die protestantische Ethik und der „ Geist" des Kapitalismus. I. Das Problem, In: AfSSp, Bd. 20, Heft 1, 1904, S. 1 - 5 4 , sowie: Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus. II. Die Berufsidee des asketischen Protestantismus, in: AfSSp, Bd. 21, Heft 1,1905, S. 1-110(MWG I/9).
5. Februar 1906
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könnte selbst „Sekten"-Mensch, Quäker, Baptist etc. sein, Zeder von uns muß die Überlegenheit des - im Grunde doch -.Ansia/ii-Kirchentums, gemessen an n/c/ii-ethischen und m'c/u-religiösen Werthen, auf den ersten Blick bemerken. 0 Und die Zeit für „Sekten" oder etwas ihnen Wesensgleiches ist, vor Allem, historisch vorbei. Aber daß unsre Nation die Schule des harten Asketismus niemals, in keiner Form, durchgemacht hat, ist, auf der andren Seite der Quell alles Desjenigen, was ich an ihr (wie an mir selbst) hassenswerth finde, und vollends bei religiöser Wertung steht eben - darüber hilft mir nichts hinweg - d der Durchschnitts-Sektenmensch 0 der Amerikaner ebenso hoch über dem landeskirchlichen „Christen" bei uns, - wie, als religiöse Persönlichkeit, Luther über Calvin, Fox e tutti quanti steht. Mit nochmaligem herzlichen Dank Ihr treu ergebener Max Weber.
C (Aber daß u )
d die Durchschnitts-Sekte > der Durchschnitts-Sektenmensch
10. Februar 1906
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Willy Hellpach PSt 10. Februar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 39
Sehr geehrter Herr Doktor! Mit größtem Schrecken werde ich durch Ihre Karte an Ihr bei mir noch lagerndes3 Mscr. erinnert. Ich schicke es gleichzeitig eingeschrieben ab. 1 Wie ich zu m[einem] Bedauern sehe, ist S. 1 lädiert, - ich erinnere mich j etzt, daß ich dieselbe hier abschreiben lassen wollte u. deshalb das Mscr. 5 s . Z . hier behielt. Nun ist es zu spät dazu, - bitte entschuldigen Sie! Windelband sprach neulich sehr freundlich von Ihnen, er wird Ihnen sicherlich keine Schwierigkeiten irgend welcher Art machen. 2 Beste Empfehlung 10 Ihr ergebenster Max Weber
a Unsichere Lesung. 1 Wahrscheinlich handelt es sich um das Manuskript des Artikels von: Grundgedanken zur Wissenschaftslehre der Psychopathologie. Dieser ist später erschienen in: Archiv für die gesamte Psychologie, Bd. 7,1906, S. 1 4 3 - 2 2 6 . Vgl. Briefe an Hellpach vom 27. Febr., 18. April und 2. Mai sowie Karte vom 30. Juli 1906, unten, S.40f., 80ff., 86 und 125. 2 Wilhelm Windelband hatte am 5. Februar 1906 das im ganzen positive Gutachten erstattet, welches Vorbedingung für das weitere Habilitationsverfahren Hellpachs an der Heidelberger Philosophischen Fakultät war. Kolloquium und Probevorlesung waren daraufhin auf den 16. Februar 1906 angesetzt worden. GLA Karlsruhe, 235/6135: Personalakte Willy Hellpach. Vgl. dazu Brief an Hellpach vom 20. Jan. 1906, oben, S. 26, Anm. 4.
15. Februar
1906
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Willy Hellpach PSt 15. Februar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 40
S.g.H.D.! Besten Dank u. beste Wünsche! Ich glaube, Sie können sehr „beruhigt" sein, ganz abgesehen davon, daß ein „Miserfolg" des Colloq[uiums/1 gradezu ein Unicum hier wäre. 5 Gut daß die Sache so weit ist, das war das Schwierige3. Besten Gruß! Ihr M.W.
a Unsichere Lesung. 1 Vgl. dazu die vorhergehende Karte an Hellpach vom 10. Febr. 1906, Anm.2.
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17. Februar
1906
Helene Weber 17. Februar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg, 17/2 1906 Hauptstrasse 73 Liebste Mutter! Bitte „geniere Dich nur nicht" im mindesten und schicke die 2000 Mk (bzw. laß sie durch die Bank überweisen) an: die Filiale Heidelberg der Rheinischen Creditbank Heidelberg, Wredeplatz, mit der Bemerkung: für3 Conto von Prof. Max Weber Für ihre Unterbringung soll gesorgt werden, - Marianne jedenfalls ist sehr vergnügt. Wir hatten allerdings nur auf 1500 gerechnet u. meinen, daß dies die normale Summe, bei gleichbleibender Vermögenslage, sein sollte. 1 Wir nehmen aber an, daß Du gleichzeitig an Lili einen ihren Bedürfnissen entsprechenden Posten (nicht nur Reisegeld) giebst und daß Clara ihr gestohlenes Geld ersetzt bekommt. Da die andern Geschwister im Augenblick nicht grade notwendig etwas zu brauchen scheinen, so möge denn der Rest als „Reservefonds" bleiben, aus dem eventuelle außerordentliche Bedürfnisse gedeckt werden (wozu aber ev. auch ein i?mezuschuß für Alfred |:oder Carl: | gehören würde) b . Wir können das Geld gut brauchen, Marianne wünscht Gardinen und daß ich für 14 Tage nach dem Süden gehe, 2 und der Verkauf der Klinger's 3 ist doch problematisch und nicht so Knall u. Fall zu erwarten, sondern nur wenn man abwartet. a (unser)
b Klammer fehlt in O.
1 Helene Weber hatte von Ihrer Mutter, Emilie Fallenstein, geb. Souchay, ein Vermögen geerbt, aus dessen Erträgnissen sie ihren Kindern Unterstützungen zukommen ließ. 2 Max Weber konnte sich nicht dazu entschließen, während des Umzugs (vgl. Anm. 5) an die Rivierazu verreisen, was Marianne Weber vorgeschlagen hatte. 3 Marlanne Weber, Lebensbild 3 , S. 213, schrieb: „Zum Abschied von Berlin am Ende des ersten Ehejahres schenkte Weber seiner Frau fast sämtliche Radierungen Max Klingers, deren Symbolgehalt damals beide stark ergriff." Diese 1894 erworbenen Radierungen sollten seit einiger Zeit verkauft werden. „Man liebt sie noch, hat sie nun aber völlig in sich aufgenommen", schrieb Marianne Weber, ebd., S.362. Vgl. Brief an Helene Weber vom 16. März 1906, unten, S. 52, Anm. 1.
17. Februar 1906
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Ich bin durch das viele Russisch-Lesen 4 etwas dumm im Kopf und kann nicht so sehr viel thun, nachdem es V* Jahr lang ganz vorzüglich gegangen ist. Auch meine früher obligatorische Winter-Erkältung hat sich diesmal wieder eingestellt. Sonst aber geht es uns gut. Wie sich die 5 neue Wohnung 5 anlassen wird muß man sehen, die Verbindung zur Bibliothek ist schlecht, Winters ist die ganze Sache überhaupt nicht sehr bequem. Aber ich glaube auch, daß der Sommer drüben doch der Leistungsfähigkeit zu Gute kommen muß. Daß Alfred die Berliner Sache 6 ablehnen würde, dachte ich mir wohl, 1 o obwohl ich persönlich mich |: an seiner Stelle: | anders entschlossen hätte. Aber das kann nur Jeder mit sich abmachen und ich verstehe den Grund an sich ganz gut. Vielen Dank für Deine Nachrichten, schönsten Dank für das fürchterlich viele Geld, was plötzlich bei uns einregnet, und herzliche Grüße von 15 Marianne und Deinem eiligen Max
4 Die Lektüre russischer Publikationen stand im Zusammenhang mit Webers Studien über die russische Revolution von 1905: Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, und: Rußlands Übergang zum Scheinkonstitutionalismus, in: AfSSp, Bd. 22, Heft 1, Beilage, 1906, S. 2 3 4 - 3 5 3 , und ebd., Bd. 23, Heft 1, Beilage, 1906, S. 1 6 5 - 4 0 1 (MWG I/ 10). In Zukunft zitiert als: Weber, Bürgerliche Demokratie, und: Weber, Scheinkonstitutionalismus. 5 Mitte März erfolgte der Umzug von der Hauptstraße 73 in die Ziegelhäuser Landstraße 27 am nördlichen Neckarufer. 6 Gemeint ist eine Professuran der im Oktober 1906 zu gründenden Handelshochschule in Berlin. Alfred Weber schrieb an Arthur Spiethoff: „Neulich war Jastrow bei mir wegen der Handelshochschule, ich habe abgelehnt." Vgl. Brief von Alfred Weber an Arthur Spiethoff vom 1. Febr. 1906, Nl. Splethoff, UB Basel.
18. Februar
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1906
Willy Hellpach PSt 18. F e b r u a r 1 9 0 6 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig Z S t A M e r s e b u r g , Rep. 9 2 , Nl. M a x W e b e r , Nr. 17, Bl. 4 1
Sehr geehrter Herr Doktor! Ich gratuliere bestens! - obwohl ja sich die Sache nach Erledigung der formalen Schwierigkeiten von selbst verstand. 1 Besten Gruß M.W.
1 Es handelt sich um einen Glückwunsch aus Anlaß des Abschlusses von Hellpachs Habilitation. Vgl. dazu die Karte an Hellpach vom 10. Febr. 1906, oben, S.34, A n m . 2 .
21. Februar
1906
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Willy Hellpach PSt 21. Februar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 42
S. g. H. College! Besten Dank. Ich habe ja nur 1 Brief und 2 Unterhaltungen „geleistet" u. mich dann zurückgehalten. 1 Also kann von „Dank" keine Rede sein. - W[indelband] ist loyal u. nicht kleinlich bei aller Correctheit, das 5 wußte ich, u. deshalb war ich sicher, daß, wenn er die formalen Bedenken überwand, die „Richtung" u.dgl. für ihn gar keine Rolle spielen würde, so sehr er gegen die Besetzung philosophischer] Professuren durch Psychologen (für die er besondre Stellen geschaffen zu sehen wünscht) einzutreten pflegt. 2 Nochmals beste Glückwünsche 10
Ihr ergebenster Max Weber
1 Nach Willy Hellpach, Wirken in Wirren. Lebenserinnerungen. Erster Band 1 8 7 7 - 1 9 1 4 . - H a m b u r g : Christian Wegner 1948, S. 4 9 4 - 4 9 5 , hatte Weberdessen Habilitationsvorhaben durch ein längeres (zwölfseitiges) Empfehlungsschreiben an Wilhelm Windelband befürwortet, das nicht überliefert ist. Vgl. dazu auch Webers Brief an Hellpach vom 24.Sept. 1905, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr.17, B I . 1 4 - 1 5 ( M W G II/4): „ Heute nur die Nachricht, daß Windelband, den ich sprach - und dem ich eine eingehende Darlegung Ihres Standpunktes zur Sache in seinen Briefkasten hatte werfen lassen, ehe er kam - sehr höflich und freundlich (wie dies seine Art ist), aber auch (natürlich) unverbindlich in der Sache selbst antwortete." - Laut Mitteilung von Frau Gisela Bredt-Stutz an Manfred Schön vom 5. Sept. 1985 ist der Nachlaß von Wilhelm Windelband, der sich bei dessen Sohn Wolfgang in Berlin-Grunewald befand, durch Bombeneinwirkung vernichtet worden. 2 Vgl. dazu schon Wilhelm Windelbands Zürcher Antrittsvorlesung von 1876: Über den gegenwärtigen Stand der psychologischen Forschung.-Leipzig: Breitkopf & Härtel 1876, S. 12 f.: „Je mehr wir aber selbst überzeugt sind, daß in der centralen Arbeit aller Wissenschaften, welche die Philosophie zu leiten hat, der Psychologie eine besonders wichtige und entscheidende Aufgabe zufällt, um so mehr müssen wir daran festhalten, daß sie dieser Aufgabe nur genügen kann, wenn sie zunächst ganz selbständig und voraussetzungslos in sich selber sich kräftigt und auslebt. Ist aber diese Auffassung der wissenschaftlichen Aufgabe der Psychologie die herrschende, so ist auch durchaus nicht abzusehen, weshalb man damit nicht nach allen Seiten völlig ernst machen will, und es wäre sehr wohl die Frage zu überlegen, ob es unter diesen Umständen nicht an der Zeit wäre, [...] an die Gründung eigener Lehrstühle der Psychologie zu denken".
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27. Februar 1906
Willy Hellpach 27. Februar 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 4 3 - 4 4
Heidelberg, 27/11 1906 Hauptstrasse 73
Sehr geehrter Herr Doctor! Neulich in der Hast kam ich nicht zur Beantwortung Ihrer Frage, die mir soeben wieder in Erinnerung kommt. Würden Sie nicht eventuell mit uns über die Aufnahme Ihres Aufsatzes verhandeln. 1 Schwierigkeit: das Archiv ist zum Bersten voll, u. es sind speziell mehrere methodologische Sachen - einige nicht ganz sicher freilich - angekündigt, für die Platz reserviert ist. Möglich also, daß wir bei näherer Kenntnis des Inhalts Ihrer Schrift finden, daß wir a mit Rücksicht a auf unsre Abonnenten, die uns constant mit Vorwürfen wegen des „unpraktischen" Charakters des „Archiv" kommen, davon absehen müssen, sie in den nächsten Heften bis Juli ist ohnedies kein Platz - zu bringen. Aber Sie würden dies doch, bei Ihrer Kenntnis unserer Schätzung für Ihre Arbeiten, nicht als „Refus" empfinden? Können wir es dem Verlag gegenüber verantworten, d.h. wird dadurch das „Archiv" nicht zu stark „methodologisch" orientiert, dann wissen Sie ja, wie gern wir Sachen aus Ihrer Feder nehmen. Ich müßte eben nur wissen, ob Ihre Erörterungen nicht allzu stark in der Nachbarschaft dessen liegen, was Eulenburg, Lask, Gottl, u. noch 2 Andre, in absehbarer Zeit zu bringen beabsichtigen |:u. was acceptiert ist.: | 2 Dürfte ich Ihren Aufsatz sehen, so wäre ich sehr dankbar.
a
Fehlt In O; mit Rücksicht sinngemäß ergänzt.
1 Gemeint ist Hellpachs Artikel: Über die Anwendung psychopathologlscher Erkenntnisse auf gesellschaftliche und geschichtliche Erscheinungen. Dieser Artikel Ist erschienen in: (Ostwalds) Annalen der Naturphilosophie, Bd. 5,1906, S. 321-348. Vgl. die Briefe an Hellpach vom 18. April und 2. Mai sowie die Karte vom 30. Juli 1906, unten, S. 80ff., 86 und 125. 2 An spezifisch methodologischen bzw. theoretischen Arbelten sind In den noch ausstehenden Heften von 1906 Im AfSSp erschienen: Gottl, Friedrich, Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, Bd. 23, Heft 2, S. 403-470, sowie Tschuprow, Alexander A., Statistik als Wissenschaft, Bd. 23, Heft 3, S. 647-711. Ein Artikel von Franz Eulenburg unter dem Titel: Neuere Geschlchtsphlloso-
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Mit Schmoller |: (Berlin W. Wormser Straße) :| würde es rätlich sein |:vorher: | zu correspondieren. Bezüglich] der „ H i s t o r i s c h e n ] Zeitschrift]" bin ich unsicher, sie istprononciertpolemisch gegen Alles, was nach Lamprecht riechen könnte.3 Aber die „Annalen der Naturphiloso5 phie" (brachten gelegentlich solche, u. auch ganz gute, Aufsätze) oder die „Annalen der Philosophie"4 oder das „Archiv f[ür] systematische] Philosophie"? Oder die „Deutsche Zeitschrift] f[ür] Geschichtswissenschaft"? Es giebt sicher noch mehrb u. eventuell, falls Sie bei uns nicht publizieren wollen oder wir es nicht können, bin ich gern zu weiterer io Information bereit. Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
b Alternative Lesung: welche
phie. Kritische Analysen I, findet sich erst 1907 In Bd. 25, Heft 2, S. 2 8 3 - 3 3 7 . Abgesehen von der Rezension von Richard Schmidt, Allgemeine Staatslehre, Bd. I: Die gemeinsamen Grundlagen des politischen Lebens. - Leipzig: C.L. Hirschfeld 1901, in: AfSSp, Bd. 19, Heft 1,1904, S. 4 6 0 - 4 7 8 , Ist keine weitere Arbeit von Emil Lask im AfSSp erschienen. 3 Die äußerst ablehnende Kritik der HZ an Karl Lamprecht richtete sich besonders gegen seinen 5. Band der „Deutschen Geschichte", Erste und Zweite Hälfte. - Berlin: R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 1894-1895, sowie gegen seine programmatische Schrift „Alte und neue Richtungen in der Geschichtswissenschaft". - Berlin: R.Gaertners Verlagsbuchhandlung 1896. Vgl. dazu vor allem Lenz, Max, Lamprecht's Deutsche Geschichte, 5. Bd., in: HZ, Bd. 77, 1896, S. 3 8 5 - 4 4 7 , und Insbesondere Below, Georg von, Die neue historische Methode, in: HZ, Bd. 81, 1898, S . 1 9 3 - 2 7 3 . Eine eher vermittelnde Stellungnahme findet sich bei Hintze, Otto, Über individualistische und kollektivistische Geschichtsauffassung, In: HZ, Bd. 78,1897, S. 6 0 - 6 7 . 4 Welche Zeitschrift hier gemeint Ist, Ist unklar. Ein philosophisches Publikationsorgan dieses Namens, herausgegeben von Hans Valhinger und Raymund Schmidt, Ist erst 1919 erschienen; fortgeführt ab Bd.4, 1924, unter dem Titel: Annalen der Philosophie und philosophischen Kritik.
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Lujo Brentano 28. Februar 1 9 0 6 ; BK H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g BA K o b l e n z , Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 121 - 1 2 2
Heidelberg, 28/2 7906 Hauptstrasse 73
Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ich danke sehr für Ihren freundlichen Brief. Mein Rußland-Artikel 1 ist aber nur ganz provisorische Arbeit, sicher nicht frei von Einzelirrtümern, da die Quellen allzu lückenhaft waren u. die Sprache, die ich erst gelernt habe u. vorerst nur lesen, nicht sprechen kann, mir Mühe machte. Sie sprachen wieder in so überaus freundlicher Weise von einer Übersiedelung nach München. Ich kann das jetzt nicht thun, - habe auch eine ähnliche Anregung Schmollers bezügl. Berlins abgelehnt, - da ich noch nicht regulär dozieren könnte. 2 Ich vertrage ziemlich schwere Geistesarbeit ganz gut, die physische Leistung des Sprechens aber macht mich schlaflos u. damit nach kurzer Zeit leistungsunfähig. Ich werde sicher noch 114 Jahre etwa brauchen, ehe ich dem Gedanken an eine Habilitation auswärts ernstlich näher treten kann. Daß ich es mir als ein Glück ersten Ranges schätzen würde, mit Ihnen zusammenzuwirken, wissen Sie. Sachlich wäre ja zu fragen, ob nicht in Berlin jemand mit meinen Ansichten z. Z. wichtiger wäre, als Gegengewicht gegen diese absolute Gesinnungslosigkeit, welche dort das Wort führt. Wenn ich aber s.Z. mich irgendwo habilitiere, dann - das möchte ich gern ausdrücklich sagen - geschähe es unter ausdrücklichem Verzicht auf jede „Beförderung". Eine etatsmäßige Stelle werde ich nie und nirgends wieder annehmen. - Sie sprachen in Ihrem liebenswürdigen Brief davon, daß Sie mir „wenig" zu bieten hätten: was Sie bieten, ist aber mehr, als ich, wenn ich mich habilitiere, überhaupt erwarte. Wenn Sie vollends von „Mitgliedschaft der Akademie" sprechen, so kann ich kaum glauben, daß die Akademie sich darauf einlassen würde: da kom1 Weber, Bürgerliche Demokratie. 2 Vgl. Brief an Gustav Schmoller vom 16. Nov. 1905, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Gustav v.Schmoller, Nr. 158, Bl. 1 8 - 2 3 . Dieser hatte in einem Gespräch mit Arthur Spiethoff, welches dieser Alfred Weber mitteilte, eine mögliche Habilitation Webers in Berlin angeregt.
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men doch nur ältere Gelehrte mit fester Stellung in Betracht, nicht relativ junge Leute wie ich. 3 Ich danke Ihnen aufs herzlichste für Ihre freundliche Gesinnung mir gegenüber. Für jetzt, d. h. für die nächsten 1, VA Jahre, kann ich sie nur 5 als einen Wechsel auf die Zukunft, freilich einen höchst werthvollen, annehmen.
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Mit angelegentlichster Empfehlung, auch meiner Frau Ihr stets ergebener Max Weber
3 Weber ist erst wesentlich später, nach seiner Berufung nach München bei den Neuwahlen vom 23. Juli 1919, zum ordentlichen Mitglied der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt worden.
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Ulrich Stutz PSt 2. M ä r z 1 9 0 6 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig D o k u m e n t a t i o n s s t e l l e für U n i v e r s i t ä t s g e s c h i c h t e Z ü r i c h , Nl. U l r i c h S t u t z Im folgenden geht es um Webers Ablehnung der Rezension des Buches von Karl Rhamm, Großhufen der Germanen. Vgl. dazu die Karte an Stutz vom 20. Januar 1906, oben, S.27, A n m . 1 . Stutz hat sich nach diesem negativen Bescheid an Friedrich Boden gewandt, der die Anfrage am 22. März 1906 (Dokumententationsstelle, ebd.) positiv beantwortete und die Rezension laut Schreiben vom 23. Juli 1906, ebd., zusandte.
Lieber Stutz! Non possumus!1 Ich habe mir die Sache hin- u. her-überlegt, aber das Buch würde mich zu weit abführen von Allem, was ich jetzt arbeiten kann.Ich schicke es also zurück u. bitte Sie nicht zu grollen! 5 Besten Gruß Ihr Max Weber
1 Apostelgeschichte 4,20 in der Übersetzung der Vulgata: „Wir können nicht", es steht nicht in unserer Macht. Seit der ablehnenden Antwort Clemens' VII. auf Heinrichs VIII. Scheidungsbegehren Weigerungsformel der Päpste gegenüber weltlichen Forderungen.
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Ladislaus von Bortkiewicz 12. März 1906; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich mit Auslassungen, ohne Anrede und Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 1 5 5 - 1 5 6
12.3. 1906. .. . a Für Ihren Brief den allerverbindlichsten Dank. Es ist heute sehr selten und ein wirkliches Vergnügen, eine so eingehende Auseinandersetzung auf eine Arbeit hin zu erhalten 1 ... b Ihrem Einwand gegen die 5 „badische Schule" - übrigens ist das Wesen der Rickert'schen Theorie nur aus seinem 2. Band, nicht aus dem 1. allein und erst recht nicht aus Windelband zu ersehen 2 - möchte ich zunächst durch die Bezugnahme auf meinen Aufsatz in Band 19. des Archivs (Objektivität der sozialwissenschaftlichen Erkenntnis) begegnen. 3 Der Grad der Häufigkeit ist 10 eine „historische", weil historisch interessierende Tatsache oder ein „Erkenntnismittel", je nach dem „Sinn" des betreffenden Erkenntnisa Auslassungszeichen in Abschrift,
b Auslassungszeichen in Abschrift.
1 Höchstwahrscheinlich hat sich v. Bortkiewicz mit Webers Artikel: Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik, in: AfSSp, Bd. 22, Heft 1, 1906, S. 143-207 (MWG I/7), auseinandergesetzt, dies umso mehr, alsv. Bortkiewicz' Arbeiten im Zusammenhang mit den statistischen Theorien Johannes v.Kries' erwähnt werden; ebd., S. 188-189, Anm. 31. Vgl. auch unten, Anm. 4. 2 Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. 1. Hälfte. - Freiburg i.B., Tübingen: J. C. B. Mohr 1896, S. 1 - 3 0 4 ; 2. Hälfte (zusammen mit 1. Hälfte).-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902, S. I - X und S. 305-743. Windelband, Wilhelm, Geschichte und Naturwissenschaft. Rede zum Antritt des Rectorats der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg gehalten am 1. Mai 1894.2. unveränd. Aufl. - Straßburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz u. Mündel) 1900. 3 Weber verweist hier auf die Ausführungen in seinem Artikel: Die „Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: AfSSp, Bd. 19, 1904, Heft 1, S. 2 2 - 8 7 (MWG I/7), insbesondere S.51, über das Erkenntnisinteresse an geldwirtschaftlichen Tauschvorgängen: „Es kann die KuWurbedeutung einer Erscheinung, z.B. des geldwirtschaftlichen Tausches, darin bestehen, daß er als Massenerscheinung auftritt, wie dies eine fundamentale Komponente des heutigen Kulturlebens Ist. Alsdann ist aber eben die historische Tatsache, daß er diese Rolle spielt, das, was in seiner Kulturfcedeutung verständlich zu machen, in seiner historischen Entstehung kausal zu erklären ist. Die Untersuchung des generellen Wesens des Tausches und der Technik des Marktverkehrs ist eine - höchst wichtige und unentbehrliche! - Vorarbeit. [...] Die gattungsmäßigen Merkmale des Tausches, Kaufs etc. interessieren den Juristen, - was uns angeht, ist die Aufgabe, eben jene Kulturbedeutung der historischen Tatsache, daß der Tausch heute Massenerscheinung ist, zu analysieren."
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ziels, ebenso alle andern „statistischen" Erkenntnisprodukte. Dagegen ist der Satz: „der Bimetallismus ist keine Gewähr" . . r e i n „naturwissenschaftlichen" Charakters im Sinn der Rickert'schen - mir nicht unbedingt sympathischen - Terminologie, d.h. er ist logisch in nichts von einem „Naturgesetz" verschieden, sobald man nicht in diesen letzten Begriff das Postulat absoluter Strenge hineinträgt. Eine „Beziehung" auf Werte in dem Sinn, in welchem die Geschichte sie zu ihrer Voraussetzung hat, fehlt hier. Dagegen ist völlig richtig, daß, wie Sie ausführen - „Erkenntnismittel" und „Exemplar der Gattung", nicht kongruente Begriffe sind. 4 Ich nehme an, daß ich in dieser Hinsicht durch den Hinweis darauf, daß ich den von mir sub. 2 (auf S. ? d ) notierten Fall später speziell behandeln werde[,]5 etwaige derartige Bedenken beseitigt hätte. Dagegen muß ich aber Ihnen gegenüber sehr entschieden die Pflicht der Logik betonen, Gegensätze, die in der „Praxis" der Wissenschaft sich gelegentlich vermischen können^] als solche strikt zu trennen. Eine „teleologische" Erkenntnis kann ohne allen Zweifel generalisierend sein - und alle von Ihnen angeführten Beispiele zeigen das ganz ebenso wie die Alltagspraxis unserer Wissenschaft. „Wertbeziehung" in dem Sinn aber wie sie in der Geschichte (im allerweitesten Sinn dieses Worts) ausnahmslos in der Fragestellung liegt, ist das strikte Gegenteil alles Generalisierens. Ich hoffe, die weiteren Ausführungen - Gott weiß wann ich dazu komme - werden Ihre Bedenken in dieser Hinsicht beseitigen. 6 (Eulenburg hat Rickert einfach nicht verstanden.) 7 - Davon ein anderes Mal. - Ja, Ihre „erkenntnistheoretischen Politiker" in Ruß-
c Auslassungszeichen in Abschrift,
d Fragezeichen in Abschrift.
4 Wahrscheinlich ist auf dieses Admonitum v. Bortkiewicz' hin eine eigenhändige Marginalie in Webers Handexemplarseiner „Kritischen Studien" (sieheoben, Anm. 1) zurückzuführen, die Marianne Weber in der Erstauflage der „ Gesammelten Aufsätze zur Wissenschaftslehre". - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S.237, Anm. 1, mitteilt: „ Hier schrieb der Verfasser an den Rand des Erstdrucks: Gedankensprung! Einschalten, daß eine Tatsache da wo sie als Exemplar eines Gattungsbegriffs in Betracht kommt, Erkenntnism\tte\ Ist. Aber nicht jedes Erkenntnismittel ist Gattungsexemplar." 5 In seinen „Kritischen Studien" (siehe oben, Anm.1), S. 167, Anm.20, weist Weber darauf hin, daß er den Briefwechsel Goethes mit Frau von Stein „als .charakteristischen' Bestandteil eines Kollektivum und deshalb Erkenntnism/ffe/ seiner individuellen Eigenart" als „Spezialfall" später behandeln werde. 6 Es ist bei der AnkündlgurVgebileben. 7 Gemeint ist der Artikel voir^ranz Eulenburg, Gesellschaft und Natur, Akademische Antrittsrede, in: AfSSp, Bd. 21, h f e f t ^ i a ß p , S. 519-555. Vgl. Weber, Kritische Studien (siehe oben, Anm. 1), S. 174, Anm. 23.
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AI
land sind ein eigentümliches Völkchen. 8 Und doch! Ich wollte, es ließe sich in Deutschland so viel Idealismus auftreiben! Leider werde ich noch eine solche journalistische Leistung von mir geben müssen, 9 es ist in Rußland selbst Niemand zu gewinnen. - Nun noch eine Bitte und Ihren 5 Rat! Welche Zeitschrift soll ich mir behufs Verfolgung der Ergebnisse der Statistik in Rußland und ihrer Kritik halten? 10 Ich bin in dieser Hinsicht vorerst noch ganz ratlos.
8 Gemeint ist die spezifisch erkenntnistheoretische Ausrichtung bzw. Fundamentierung der einzelnen politischen Gruppen und Richtungen in Rußland; vgl. dazu Weber, Bürgerliche Demokratie, S. 240, Anm. 5 (MWG 1/10, S. 98, Anm. 5). 9 Wahrscheinlich Ist hier gemeint: Weber, Scheinkonstitutlonalismus. 10 v. Bortkiewlcz, einer der führenden Statistiker seiner Zeit, stammte aus Rußland, so daß Weber von ihm einen kompetenten Rat erwarten durfte.
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Paul Siebeck 15. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Weber verwendet Briefpapier mit der veralteten Angabe im Briefkopf: „ Hauptstrasse 73". Die Straßenangabe ist eigenhändig ersetzt durch: „Ziegelhauser Landstr.27". Weber verwendet diese Straßenangabe im folgenden regelmäßig anstelle von „Ziegelhäuser Landstr. 27".
Heidelberg, 15/3 1906
Ziegelhauser Landstr. 27 Sehr geehrter Herr Doctor Siebeck! Die Vorgänge beim Druck meiner „Beilage" zum Januar-Heft des „Archiv" waren so, daß ich Herrn D r Jaffe erklärt habe, nicht mehr mitzuarbeiten, wenn mir dieses Maß von Verärgerung durch die Druckerei nicht erspart werden könne. 1 Es fragt sich: ist dies möglich? D.h. also: können Sie 1) überhaupt in absehbarer Zeit, d. h. in den nächsten Monaten (oder wann?) das Archiv in Tübingen drucken lassen? Ferner aber 2) wird dies nicht teurer zu stehen kommen? - denn die „Finanzen" des „Archiv" sind ja keine glänzenden, sondern nur so eben erträgliche. Und dann 3) würde der Wechsel in den entscheidenden Punkten Besserung schaffen? D.h. also: würde er einen schnelleren Druck ermöglichen, wenn es einmal darauf ankommt? würde die Druckerei nicht gleich Obstruktion zu treiben beginnen, sobald ihr einmal zugemutet wird, die allergangbarsten Geleise zu verlassen und Sachen, die sofort fertig gemacht werden müssen, auch sofort zu erledigen, - in besondren Fällen natürlich nur - ? 2 Denn ohne dies können wir die gegebene 1 Vgl. den Brief von Edgar Jaffe an Paul Siebeck vom 18. Febr. 1906, VA Mohr/Siebeck Tübingen, Nr. 216: „ [...] Professor Weber ist hierüber [d. h. über die Druckverzögerung] und über einige andere Kleinigkeiten so aufgebracht, daß er seine Mitarbeit am Archiv einstellen will, bis wir eine andere Druckerei haben." In seiner Antwort vom 20. Febr. 1906, ebd., warnte Siebeck vor einem Ausscheiden Webers, da dies unweigerlich zu einer Annullierung des Verlagsvertrages seinerseits führen werde. Indes konnte Jaffe am 2. März, ebd., nach Tübingen berichten: „Professor Weber hat sich jetzt einigermaßen beruhigt, sodaß ich Ihr schweres Geschütz nicht habe in Aktion treten lassen." 2 In seiner umfangreichen Antwort vom 19. März 1906 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) geht Paul Siebeck detailliert auf Webers Verärgerung über die Druckverzögerung ein, die er in erster Linie auf eine verspätete Lieferung der Papierfabrik an die Druckerei zurückführt, sowie auf dessen Anfragen bezüglich einer neuen Druckerei. Einer Verlegung der Druckerei von Naumburg nach Tübingen stehe nach Siebecks Ansicht im
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Zusage: sozialpolitische Berichte zu bringen, 3 nicht halten. Derartige Mscr. laufen oft im letzten Moment ein und veralten |:resp. finden kein starkes Interesse mehr:|, wenn sie nicht alsbald gedruckt und schnell versendet werden können. Diesmal hat die Sache - von Einlieferung des 5 |:letzten: - meines Mscr. bei der Druckerei an volle 7 Wochen gedauert, ehe die Sache in den Buchhandlungen vorlag. 4 Das hat den Käuferkreis sehr beengt, denn das Interesse für diese Sachen sank von Tage zu Tage, nachdem in Rußland Ruhe eintrat. Also ist die wesentliche Frage: würde dies bei Druck in Tübingen 10 erheblich besser? und nicht teurer? - denn sonst hat ja der Wechsel keinen Zweck. Ich wäre Ihnen recht aufrichtig dankbar, wenn Sie mich darüber kurz informieren könnten. -
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Mit den angelegentlichsten Empfehlungen Ihr freundschaftlich ergebenster Max Weber
Prinzip nichts im Wege, allein schon wegen der damit verbundenen größeren Zeitersparnis und der besseren Kontrollmöglichkeiten seitens des Verlegers gegenüber der Druckerei. Man müsse allerdings 1) die sich wahrscheinlich bis etwa Juli - August 1906 hinziehenden Vergrößerungs- bzw. Umbauarbeiten der Druckerei, die im übrigen nicht ihm, sondern einem Vetter von ihm gehöre, abwarten. Auch könne er 2) nicht garantieren, daß man in Tübingen die Preise von Lippert, der Naumburger Druckerei, die bislang das „Archiv" druckte, einhalten könne. Zu Punkt 3) der Weberschen Anfrage meint Siebeck: „Aber eine so große Druckerei, daß sie jeden, auch den allerunerwartetsten Auftrag für das Archiv jederzeit in allerkürzester Frist ausführen kann, wird die hiesige Druckerei auch nach ihrer Erweiterung kaum sein; das kann mit absoluter Sicherheit eben nur eine Riesendruckerei, wie z.B. die Union in Stuttgart, bei der jedoch die Herstellung viel zu teuer werden würde, sowohl in den Grundpreisen, als auch in den Hauskorrekturkosten." 3 Weber bezieht sich hier wohl auf die „Notiz", die auf der Rückseite des Vorderumschlages der Beilage zum Januar-Heft mit dem Rußlandartikel von S.J. Giwago und Weber zu finden ist. Dort ist davon die Rede, daß „für die Zukunft regelmäßig Beilagehefte mit Berichten über die soziale Lage der großen Kulturstaaten in der Art des vorliegenden über Rußland geplant" seien. 4 Dazu schreibt Siebeck (siehe oben, Anm.2): „Zieht man die ganze Reihe von Tagen in Betracht, die durch das Hin- und Herschicken der Korrekturbogen, durch die Ausführung der Autoren-Korrekturen usw. verloren gehen, so ist 8 Bogen in 7 Wochen fix und fertig zum Versandt zu machen, wenn der Autor in Heidelberg, der Drucker in Naumburg sein Domizil hat, immerhin eine Durchschnittsleistung, wenigstens nach meinen Erfahrungen."
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Friedrich Gottl PSt 16. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 11, Bl. 1 Datum erschlossen aus Briefumschlag, ebd., Nr. 11, Bl. 2.
Scheffelhaus Hotel-Pension Waldhorn Heldelberg1 Sehr geehrter Herr College! Könnten Sie Sich nicht entschließen, mir Ihren ersten Aufsatz doch zur Ansicht zu schicken? 2 Ev. könnte doch dieser in das Juli-Heft. Zahlen würden wir dann jetzt, nur dürfte der Aufsatz nicht über 3 Bogen sein. Gott weiß, wo Windelband steckt u. wie lange er die Sache noch vergißt. 5 Er hat natürlich gedacht, es sei nicht eilig. Er kann ja (wegen der 1. Kammer) 3 nicht lange fortbleiben; fasse ich ihn, dann spreche ich mit ihm oder schreibe meinerseits an Riehl. 4 Bitte polemisieren Sie so scharf wie möglich gegen meine Ansichten an den Punkten, wo wir differieren. Für heute nur diese Zeilen. In Eile 10 Ihr stets ergebener Max Weber
1 Während des Umzugs in die Ziegelhäuser Landstraße wohnten Max und Marianne Weber in der Hötel-Penslon Waldhorn In unmittelbarer Nähe zur neuen Wohnung. Max Weber hatte hier schon als Student gewohnt, vgl. seinen Brief an Max Weber sen. vom 24. April 1882 (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 2, Bl. 2 4 - 2 7 ; vgl. auch: Weber, Max, Jugendbrlefe. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) [1936], S.37-40). 2 Gottls Aufsatz erschien unter dem Titel: Zursozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, In: AfSSp, Bd. 23, Heft 2,1906, S. 403-470. Vgl. dazu die Briefe an Gottl vom 27., 28. und 29. März sowie vom 8. und 16. April 1906, unten, S. 59f., 62f., 64ff., 69ff. und 78f. 3 Wilhelm Windelband war als Repräsentant der Universität Heidelberg Mitglied der Ersten badischen Kammer. Diese hatte sich In ihrer 8. öffentlichen Sitzung am 6. April u.a. mit der Beratung über das Kultusbudget betr. Wissenschaft und Künste zu befassen. 4 Die Erwähnung von Wilhelm Windelband und Alois Riehl läßt darauf schließen, daß sich Gottl um eine eventuelle Publikation In den „Kantstudien" bemüht hat, da beide als Mitarbeiter im Impressum der Zeitschrift genannt werden. Andererseits ist diese Möglichkeit eher zweifelhaft, da die „Kantstudien" In der Regel nur Artikel über Kant und dessen geistiges Umfeld publizierten.
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Paul Natorp 16. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig UB Marburg, Ms. 831, Nl. Paul Natorp Im Mai 1904 hatte eine Mehrheit der konservativen Parteien und der Nationalliberalen auf Betreiben des Führers der freikonservativen Fraktion im preußischen Abgeordnetenhaus, Freiherr von Zedlitz-Neukirch, die Regierung zur Vorlage eines „Volksschulunterhaltungsgesetzes" aufgefordert. Im folgenden Jahre wurde dann ein entsprechendes Gesetz im preußischen Abgeordnetenhaus eingebracht, das staatliche Zuschüsse an die Gemeinden für die Unterhaltung der Volksschulen vorsah. Mit diesen administrativen Maßnahmen verband sich das Ziel, den beiden christlichen Konfessionen erhöhten Einfluß auf die Schulerziehung zu geben, im Sinne der Stärkung konservativer Prinzipien. Demgemäß sah das Volksschulunterhaltungsgesetz die Konfessionsschule als Regelschule vor und ließ nur unter besonderen Umständen weiterhin Simultanschulen zu. Vor allem gegen die damit verbundene weltgehende Konfessionailsierung der Volksschulerziehung, an der die konservativen Parteien und das Zentrum gleichermaßen Interessiert waren, kam es daraufhin zu starken Protesten in der Öffentlichkeit, insbesondere In den Kreisen des protestantischen Bildungsbürgertums. Eine Gruppe von angesehenen Professoren, unter denen der bekannte Neukantianer Paul Natorp neben Walther Schücking eine Schlüsselrolle spielte, suchte das Zustandekommen des Gesetzes, über das zu diesem Zeltpunkt In beiden Häusern des Landtags beraten wurde, mit Hilfe eines öffentlichen Aufrufs In letzter Minute doch noch zu verhindern. Max Weber gehörte zu der ersten Gruppe von 27 Unterzeichnern des Aufrufs, der in der Frankfurter Zeitung, Nr. 81 vom 23. März 1906, 2.M0.BI., S. 1 (MWG I/8), erschien und erhebliches Aufsehen erregte. Das Volksschulunterhaltungsgesetz erhielt dann am 28. Juli 1906 gleichwohl Gesetzeskraft.
Scheffelhaus Hôtel-Pension Waldhorn Heidelberg 16.3.06
Sehr geehrter Herr College! Selbstverständlich steht mein Name für den Aufruf zur Verfügung. Leider werden ja auch sehr viel gewichtigere Namen an der Sache nicht 5 mehr allzuviel ändern können, wenn nicht doch wieder etwas „Plötzliches" eintritt. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Prof. Max Weber
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Helene Weber 16. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Scheffelhaus Hotel-Pension Waldhorn Heidelberg 16/3 06 Liebste Mutter! Für das Geld wird Dir, denke ich, Marianne neulich herzlichst gedankt haben, - es kam uns in der That sehr gelegen wegen des Umzuges. Nun aber haben wir auch unsre Radierungen verkauft und zwar recht günstig (an das Kaiser-Friedrich-Museum in Posen, wir schlucken also Gelder „zur Bekämpfung des Polentums" !)1 und damit sind wir aus aller Noth, d.h. 1) bekommt nun Marianne einen ganzen Salon neu, der ihr sehr zu gönnen ist, da sie doch ganz natürlicherweise mehr von der Aesthetik ihres Milieus 3 abhängt als ich z . B . , und die alten Sachen wirklich nicht mehr gingen, vor Allem in die hiesigen Zimmer absolut nicht paßten, 2) kann ich mir nun genügend Bücher anschaffen, besonders russische, - sonst hätte ich diese russischen Arbeiten nicht weiterführen können, da die Sachen hier nicht erhältlich und äußerst teuer sind, und da meine Aufsätze fast stets Zuschüsse fordern (teils wegen der Handa 0 : Milieu 1 Unter dem Datum des 20. März 1906 erfaßte das Inventarbuch des Kaiser-FriedrichMuseums in Posen (T. 1905/1906 Nr. 415) den Erwerb von 118 Radierungen und einer Zeichnung von Max Klinger, die von Max Weber für 6790 Mk verkauft worden waren. Während des 2. Weltkrieges ausgelagert, kamen sie danach in die Sowjetunion und von dort 1956 zurück In das National Museum Posen. Dort sind von dem ursprünglichen Bestand gegenwärtig 81 Stücke inventarisiert. Es handelt sich dabei insbesondere um Radierungen aus den folgenden Reihen: „Intermezzi", Opus IV, 5 von 12 Blättern; „Ein Leben", OpusX, 10 von 10 Blättern; „VomTode", OpusXI, 10 von 10 Blättern; „BrahmsFantasien", Opus XII, 25 von 41 Blättern. - Mitteilung von Prof. Konstanty Kalinowski, Kunsthistorisches Institut der Universität Posen nach Auskunft des Muzeum Narodowe Poznan. Vgl. zur Entstehungszeit, Anzahl der Drucke und Ausgaben der Radierungen: Max Klinger 1 8 5 7 - 1 9 2 0 . Ausstellungskatalog. - Hildesheim: Philipp von Zabern 1 9 8 4 . Das 1894 errichtete Kaiser-Friedrich-Museum sollte Im Sinne der preußischen Ostmarkenpolitik der Förderung des Deutschtums dienen. - Eine Korrespondenz Max Webers mit dem Museum in Posen ist nicht nachgewiesen.
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schrift, teils wegen ihres großen Umfangs), 2 - ich hätte ohne Deinen Zuschuß und dies Geld meine ganze Art zu publizieren ändern, d.h. auf das Geldverdienen zuschneiden müssen, 3) können wir reisen: ich |:allein:) dies oder nächstes Jahr für einige Monate nach Rußland (wohl erst Herbst übers Jahr), was sehr teuer werden wird, 3 - und mit Marianne nach Italien diesen Herbst, denke ich. Sie sollte, wenn möglich, vorher ins Hochgebirge, nachdem sie mit ihrem Buch 4 fertig sein wird: ich habe den Eindruck, daß das sehr nötig für sie wäre. - Das Alles geht nun und wir sind, angesichts der mindestens 3 Jahre guten Lebens, die wir nun vor uns haben, in der That recht vergnügt. Es geht im Leben auch ohne großen „Mammon" ganz gut, kommt er aber, so ist das doch ganz erfreulich, |:4) und vor Allem: können wir den Lemgoer Tanten5 nun ernstlich helfen. :| Der Umzug ist im Gange, aber das Wetter so unerhört schlecht, daß wir heute die Packer abbestellten: die Möbel würden sonst völlig verdorben werden. Ich wäre fast versucht gewesen, um ruhiger zu arbeiten und Marianne nicht im Wege zu sein bzw. sie nicht durch meine Anwesenheit zu veranlassen, sich zu hetzen, nach Berlin zu fahren, da ich nach Italien gern im Herbst zusammen mit Marianne ginge. Aber abgesehen davon, daß Du jetzt endlich einmal Ruhe haben sollst, geht es, trotz etwas Frieren u. muffliger Betten, auch hier ganz gut. Wir sind begierig zu hören, wie Du Dir Deine Reisepläne einrichten wirst: diesmal sind ja doch keine „Evénements" mit Kinderkriegen etc. zu erwarten, folglich treten Alfred und wir in unsre Rechte! Du solltest doch auch einmal in schöne Natur, u. namentlich ins Gebirge! Alfred sprach ja von so etwas, 2 Gemeint sind die Aufsätze: Weber, Bürgerliche Demokratie, und: Weber, Schelnkonstitutionalismus. Zu den Max Weber in Rechnung gestellten Korrekturkosten für den ersten Aufsatz vgl. den Brief an Paul Siebeck vom 18. Aug. 1906, unten, S. 141 f. Marianne Weber schrieb im Brief vom 11. Aug. 1906 an Helene Weber (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446), Max Weber werde für die beiden russischen Aufsätze ein Betrag von etwa 1.800 Mark angerechnet werden, er werde „also kein Honorar und kein Herausgebergehalt für mindestens ein Jahr" erhalten. 3 Die beabsichtigte Reise nach Rußland fand nicht statt. 4 Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwicklung. - Tübingen: J . C . B . Mohr (Paul Slebeck) 1907. In Zukunft zitiert als: Weber, Marlanne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 5 Gemeint sind die Schwestern des Vaters von Marlanne Weber, Flora und Marie Schnitger, die in beengten Verhältnissen in Lemgo lebten ; Marie Schnitger war überdies schwer herzleidend. Marianne Weber war ihnen besonders verpflichtet, da sie nach dem frühen Tod ihrer Mutter bei ihrer Großmutter und diesen beiden Tanten aufwuchs.
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als er hier war. Marianne könnte dann auch dahin kommen, vielleicht Du sie hier „abholen", d.h. erst einige Zeit hier sein u. dann, mit ihr, Alfred im Gebirge treffen? Doch das kann ja noch überlegt werden. Für heute herzlichen Gruß! Dein Max Marianne hat gestern schon in Karlsruhe eingekauft, u. den Junggesellentisch von Aug[ust] Hausrath u. ihrem Freund Dr Knittel6 geteilt. Lieserle7 ist noch nicht nach Amsterdam, ist wohl noch zu elend. Hier passiert nichts von Bedeutung. Der Onkel8 ist, nach seiner Pensionierung, sehr weich und hat Todesgedanken. Von Mila9 nichts Besseres vorläufig.
6 Richard Knittel war Marianne Weber aus der gemeinsamen Arbeit für den Verein Frauenbildung-Frauenstudium bekannt. 7 Lieserle Heil, geb. Joily, war eine Nichte von Helene Weber. Nachdem ihr Mann, Karl Heil, Ministerialdirektor Im badischen Innenministerium, Ende Februar nach langer Krankheit gestorben war, wollte sie ihre Schwester Marie Fallenstein, die In Amsterdam lebte, besuchen. 8 Gemeint ist Adolf Hausrath, der mit Henriette Fallenstein, einer Schwester von Helene Weber, verheiratet war. Zu Ostern 1906 war er von seinem Lehramt als Professor für Kirchengeschichte in Heidelberg entpflichtet worden. „Sein Rheumatismus litt das Kolleglesen nicht mehr, er ist aber doch sehr deprimierter Stimmung - obwohl er ja immer über die Studenten geschimpft hat", berichtete Marlanne Weber in ihrem Brief an Helene Weber vom 16. Febr. 1906, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 9 Mila Jolly, Tochter von Adolf Hausrath, war Im Januar 1905 zusammengebrochen, litt an schweren Angstzuständen und mußte Im März 1905 in die Nervenheilanstalt Binswanger in Kreuzlingen am Bodensee gebracht werden, wo sie seitdem lebte; dies wird berichtet In den Briefen von Marianne Weber an Helene Weber vom 7. März und 3. April 1905, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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24. März 1906 Paul Siebeck [vor dem oder am 24. März 1906]; Heidelberg Brief; eigenhändig V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446 Datum erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „24. III. 06 erhalten."
Heidelberg Ziegelhauser Landstr. 27 Hochverehrter Herr D r Siebeck! Ich bin im Umzüge begriffen u. dieser Tage - wie zuweilen immer nochwenig wohl. Verzeihen Sie also, wenn ich erst in 4 - 5 Tagen näher antworte. Bitte beunruhigen Sie Sich aber nicht, ich bin mit D r Jaffe ganz d'accord geblieben u. möchte nur solche Berichte nicht nochmal schreiben, 3so lange3 so viel Ärger für mich dabei ist.1 Mit Ihrem letzten Vorschlag z.B. wäre ich ev. ganz einverstanden.2 Doch - Näheres später! Sie würden uns hier, sobald ich wieder wohl bin, herzlich willkommen sein. Mit freundschaftlichem Gruß Ihr stets ergebenster aber heute eiliger und von Migräne geplagter Max Weber Gegen Pierer wären D r Jaffe u. ich sehr entschieden, aus dem von Ihnen m. E. sehr zutreffend bezeichneten Grund. 3
a
wenn > so lange
1 Vgl. dazu den Brief an Slebeck vom 15. März 1906, oben, S. 48f. 2 Slebeck hatte In seinem Brief vom 22. März 1906 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) angeregt, die sozialpolitischen Bellagen getrennt vom normalen Archivheft in einer anderen Druckerei drucken zu lassen. 3 Brief Slebecks vom 19. März 1906, ebd.; dessen Bedenken gegen eine eventuelle Heranziehung der Pierer'schen Druckerei in Altenburg für das „Archiv" gründeten darauf, daß In dieser ebenfalls das Schmollersche Jahrbuch gedruckt wurde: daß man also in eine direkte „Concurrenz mit Schmoller" geraten würde. Trotz der Bedenken Ist Weber, Schelnkonstltutionalismus, Im Sommer 1906 bei Pierer gedruckt worden.
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Robert Michels 26. März 1 9 0 6 ; BK H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 4 Weber verwendet Briefpapier mit der veralteten Angabe im Briefkopf: „Hauptstrasse 73", ohne dies zu korrigieren. Der dem Brief beigefügte Umschlag (AFLE Turin, ebd.) hat als Absenderangabe lediglich: „Prof. Max Weber Heidelberg." Heidelberg,
26/3
Hauptstrasse
1906 73
Sehr geehrter Herr Doctor! Verzeihen Sie, daß Wohnungswechsel 1 und zeitweises schlechtes Befinden meine Antwort etwas verzögerten. Vor Allem wäre ich Ihnen für Übersendung der beiden fertiggestellten Kapitel, - wenn möglich, dankbar, da ich daraus am ehesten einen Eindruck von Ihren Absichten erhalte. 2 Ihnen, dem so viel besseren Sachkenner, „Direktiven", wie Sie schreiben, zu geben, würde ich nie unternehmen. Ich fasse vielmehr meine Beziehungen zu diesen Artikeln nur als die eines relativ sachkundigen Repräsentanten des „Publikums" auf, welcher sich gestattet, dem Autor seine Wünsche und Interessen ans Herz zu legen. Wenn sie mir dies3 zu thun erlauben, so bin ich darüber sehr erfreut und werde nach Kräften versuchen Kritik zu üben, obwohl mir, wie gesagt, die eigne Quellenkenntnis auf diesem Gebiet infolge meiner ganz andren derzeitigen Arbeitsgebiete sehr stark abhanden gekommen ist. Schon Ihre kurze Bemerkung in Ihrem Brief zeigt, daß Ihre Arbeit offenbar sich ganz in der Richtung bewegt, die mir als ebenso fruchtbar wie - bisher wenig betreten vorschwebte. Ich meine eben, daß eine derartige Bewegung, wie die Soz[ial-]Dem[okratie], um analysiert zu werden, zunächst bei ihrer, so zu sagen, rechtlichen Struktur gepackt werden muß, wie sie in den Organisationsstatuten |:etc. etc.:| u. deren wechselnder praktischen Bedeutung vorliegt. Die Frage: welchen Sinn diese formalen Grundlagen der Bewegung haben b , welche sachlichen Interessen sie
a (gestatten)
b Alternative Lesung: hatten
1 Max und Marianne Weber waren Mitte März 1906 in die Ziegelhäuser Landstr. 27 umgezogen. 2 Gemeint sind die beiden ersten Kapitel von Michels, Die deutsche Sozialdemokratie, später vollständig erschienen im AfSSp, Bd. 23, Heft 2, 1906, S. 471 - 5 5 6 .
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geschaffen haben, wie sich die Macht-Verteilung auf ihrer Basis vollzogen hat, die Wege, die Jemandem, der zur Vertretung seiner Gedanken Einfluß innerhalb der Partei erstrebt, zu dessen Erlangung offenstehen, die formal-rechtliche und die faktische Stellung der Partei-Presse und ihrer Leiter, d.h. das Maß c ihrer Abhängigkeit von den Partei-Instanzen u. ihres Einflusses auf diese, das gegenseitige Gewicht der einzelnen Struktur-Teile der Partei vom „Mitläufer" durch den „Organisierten" bis hinauf zu den Berliner Instanzen, kurzum, alle ]ene Abhängigkeitsverhältnisse (zum Teil direkt ökonomischer, zum Teil, so zu sagen, „massenpsychologischer" Art), die sich in einem so gewaltigen sozialen Gebilde entwickeln, - dies Alles sind Dinge, deren genauere Kenntnis wenigstens mich intensiv interessieren würde. Eine kühl-unbeteiligte, nicht immer gleich nach dem d „cui bono"? 3 fragende „Anatomie" der Partei fehlt aber bisher, - u. sie kann weder von einem Outsider noch von einem direkt selbst an den ¿««erparteilichen Kämpfen als „Partei" Beteiligten geliefert werden. Wir haben derartige für die Soziologie des Parteilebens ganz unentbehrliche Arbeiten bisher eigentlich nur für die amerikanischen Parteien (zusammenfassend: James Bryce in der „American Commonwealth'"'), 4 wo sie nach Lage der Dinge eben immer zu einer Partei-Pathologie werden müssen („Boß"-Wesen etc.), und neuerdings (Sidney Low® |:u. A.:|) für England,5 In beiden Fällen ist Analyse der Partei faktisch = Analyse der Constitution u. ihres Lebens in dem betreffenden Lande, weil dort eben die Partei der Monarch ist. Nun wäre es eben m. E. sof sehr interessant, das „innere Leben" der einzigen außerhalb der angelsächsischen Länder z. Z. existierenden wirklich technisch voll entfalteten Partei, die es | -.heute: | giebt, und die auf so absolut heterogenen ideellen Grundlagen schon ihres Klassen-Charakters wegen 9 ruht, damit einmal zunächst nach der rein tec/misc/i-strukturmäßic (der)
d Alternative Lesung: deren
e 0:Law
f Unsichere Lesung,
g (liegt)
3 Ursprünglich Maxime Im römischen Krimlnalprozeß, von Cicero u.a. In seinen Reden „Pro Mllone", § 3 2 , sowie „Pro Sexto Roscio", § 8 4 , als Ausspruch des Juristen L. Casslus Longinus Ravllla gekennzeichnet. 4 Bryce, James, The American Commonwealth. Second Edition Revised. 2 vols. - London and New York: Macmlllan u. Co. 1890. Weber hat nachweislich zumindest diese Ausgabe benutzt, da sich im Bd. 1 auf S . 4 8 3 eine Marginalie von ihm befindet. In dem Satz: " Important as are the functions of the American judiciary, the powers of a judge are limited by the State Constitutions in a manner surprislng to Europeans." hat Weber das Wort „Europeans" eigenhändig unterstrichen und am Rande mit Bleistift vermerkt: „= Engländerl" Das von Weber benutzte Exemplar befindet sich In der UB Heidelberg. 5 Low, Sidney, The Governance of England. - London: T. F. Unwin 1904.
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gen Seite hin verglichen zu sehen. D. h.: ich meine nicht, daß notwendigerweise | :die Durchführung: | einer „Parallele" die ideale Aufgabe wäre - im Gegenteil!, - nur die durch unsre politischen Zustände und Voraussetzungen gegebene Eigenart der S[ozial-]D[emokratischen] P[artei] könnte vielleicht durch einen Seitenblick auf diese „bürgerlichen" Parteigebilde der |: politisch :| entwickeltsten Länder in manchen Punkten an Deutlichkeit gewinnen. Ihre Eigenart jenen gegenüber liegt ja nun zum sehr erheblichen Teil grade darin, daß die S[ozial-]D[emokratische] P[artei] im Gegensatz zu dem (heutigen!) Zustand jener Parteien so etwas wie eine „Weltanschauung" vertritt, nicht nur eine technische „machine" ist, wie die amerikanische Partei. Aber gleichwohl ist sie es auch und muß es sein. Wie nun die sachlichen „Ideale", die unentbehrliche „Maschinerie", die dadurch gegebene „Hierarchie" und (s[it] ven[ia] verbo!) „Bureaukratie" h in der Partei sich gegenseitig beeinflussen, das scheint - Sie deuten ja auch so etwas an - in der That auch mir ein höchst interessantes Problem. Es handelt sich ja doch ganz und gar nicht nur um die Frage der sog. „Revisionisten", der „Akademiker" etc. - sondern um die Frage des „Weltanschauungs"-Charakters der Partei überhaupt und seiner Entwicklung. Solche Debatten wie vor 12'—15 Jahren über Kunst-Fragen u. dgl. wären doch heut auf Parteitagen kaum noch denkbar. 6 Und andrerseits sind manche Angelegenheiten der „Maschinerie" faktisch längst hinter die Coulissen gerückt. U.s.w. u. s. w. - ich möchte, ehe ich irgend etwas weiteres schreibe, in der That doch um die Erlaubnis bitten, Ihre schon niedergeschriebenen 2 Kapitel einmal lesen zu dürfen. Ohne zu wissen, was Sie eventuell beabsichtigen, komme ich, wie Sie sehen, ins Uferlose. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebenster Max Weber.
h 0 : „Buraukratie"
i Alternative Lesung: 14
6 Weber denkt hierbei an die Naturalismus-Debatte auf dem Gothaer Parteitag von 1896. Vgl. Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Gotha vom 11. bis 16. Oktober 1896. - Berlin: Verlag des Vorwärts 1896, S. 7 9 - 1 0 6 .
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Friedrich Gottl [27.] März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 11, Bl. 4 - 5 Von diesem und den beiden folgenden Briefen an Friedrich Gottl liegen Briefumschläge vor, die Poststempel vom 27., 28. und 29. März tragen. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte der hier vorliegende Brief, den Weber auf den 28. März datiert, zu dem Briefumschlag vom 27. März gehören. Demnach ergibt sich eine Datierung auf den 27. März. Für eine Datierung des Briefes auf den 27. März spricht zusätzlich Webers Angabe, daß er die Manuskriptsendung von Gottl, auf die er sich in diesem Brief bezieht, erst am Vortage vom Zollamt habe abholen lassen. Da das Zollamt am Sonntag, dem 25. März, geschlossen war, dürfte er die Sendung am Montag, dem 26. März, in Empfang genommen haben. Weber verwendet Briefpapier mit der veralteten Angabe im Briefkopf: „Hauptstrasse 73". Die Straßenangabe ist eigenhändig ersetzt durch: „Ziegelhauser Landstr. 27".
Heidelberg, 2773 7906 Ziegelhauser Landstr. 27 Sehr geehrter Herr College! Erst gestern konnte ich mir Ihr Mscr. vom Zollamt holen lassen. D e n 5 Inhalt der ersten Mappe habe ich heut gelesen. 1 Ich gratuliere Ihnen zu der weit allgemeinverständlichen Form der Darstellung. Wenigstens FacMogiker werden sie jetzt leicht verstehen. Sehr fraglich ist mir, - um dies vorwegzunehmen, - ob wir die Sache nehmen können. Sie ist doch sehr spezifisch logisch. Aber für ihre Unterkunft muß gesorgt werden, 10 darüber seien Sie nur beruhigt. Vielleicht construieren wir Ergänzungshefte . Er ist j a viel zu lang für eins unsrer regulären Hefte. Zur Sache: Sie haben ganz recht mit der Bemerkung, daß Rickert das logische Wesen des „Werth-Beziehens" (obwohl er diesen Begriff entdeckt hat) nicht genügend formuliert hat. 2 Eben hier liegt die Aufgabe, die Sie, meinem 15 Eindruck nach, lösen werden. Im Einzelnen hätte ich Folgendes zu sagen: 3 1) Die ersten 24 S. könnten, wenn der Aufsatz in einer Zeitschrift erscheint, stark gekürzt werden. a 0:28 1 Es handelt sich um das Manuskript von Gottls Aufsatz: Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen. Erschienen 1906 in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2, S. 403-470. 2 Ebd., S. 405. 3 Offensichtlich hat Gottl sein Manuskript aufgrund der nachfolgenden Admonita Webers
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2) Die Begriffe „externe" u. „interne" Auswahl müssen klarer veranschaulicht werden. So bleiben sie durchaus dunkel. 3) S.39 „Abwortigkeit" b ist ein - ohne Erläuterung - ganz unverständliches Wort. 4 4) S. 40 würde ich statt „Bezug nehmen a u f . . . " sagen „reflektieren a u f . . . " (verständlicher!) 5 (S. 45 5) Die „Verwechselbarkeit" beim Collektiv-Allgemeinen oben) ist doch etwas Spezifisches, ihre Andersartigkeit gegenüber der Art verschwimmt bei Ihnen im Ausdruck (nicht in der Sache) leicht. Überhaupt: der Terminus „Allgemeinbegriff" sollte m.E. stets durch seine (von Rickert und Ihnen richtig betonten) speziellen Ausprägungen ersetzt werden. Sonst trägt der Leser überall den Gedanken des Generellen hinein. 6 6) S. 48/9 „Typus": Sachlich natürlich ganz einverstanden. Aber das „Vorbild" wie die „Carrikatur" trägt Werth-Urteile hinein. (°M. E. wären S. 49—49c hier ganz entbehrlich, ablenkend u. daher zu streichen). 7) S. 55 Ist der Begriff „abstrakt" von Ihnen stets mit sich selbst synonym gebraucht? „Bismarck" ist als Begriff ein Abstraktum. 8) S. 56—64 (Frage der „Thatsachen") erörtert Dinge, die m. E. Rikkert schon erledigt hat u. die hier ablenken. Ich würde überhaupt alle Verclausulierungen u. Verwahrungen gegen Misverständnisse weglassen. Der Leser verliert sonst die Geduld. Misverständnisse corrigieren sich aus Ihrer eigenen späteren Darstellung. Ev. genügen 3 - 4 lapidare Sätze. |:-: | Weiteres nach Lektüre des Restes der d Arbeit, die mich sehr fesselt. In Eile mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
b Alternative Lesung: „Aberartigkeit"
c Klammer fehlt in O.
d (Sache)
noch einmal überarbeitet bzw. gekürzt, da im publizierten Artikel lediglich das unter Punkt 4 (S.423 der Druckfassung - wie oben, Anm. 1) sowie Punkt 5 (In wahrscheinlich veränderter Form) Aufgeführte zu finden ist (siehe unten, Anm. 6). 4 Diese und die nachfolgenden Seitenzahlen beziehen sich auf das Manuskript. 5 Wie oben, Anm. 1, S.423. 6 Gottls Ausführungen zum Generell- sowie zum Kollektiv-Allgemeinen ebd. (wie oben, Anm. 1), S. 426-427.
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Sophie Rickert PSt 27. März 1906; Heidelberg Karte; eigenhändig Privatbesitz
Heidelberg, Ziegelhauser Landstr. 27 Liebe Frau Rickert! Also Sie fahren nicht, - bei dem scheußlichen Winter hier ein betrübender Gedanke. 1 Vielleicht- aber nicht sehr wahrscheinlich - komme ich auf 2 - 3 Tage nach Frfeiburg], Es ist also möglich, daß ich Ihnen eines 5 schönen Abends vom „Zähringer Hof" (wohin ich vorerst gehen würde) Nachricht schicke, daß ich am andren Mittag darauf hoffe, mein Leben bei Ihnen fristen zu können. Meine Frau wünscht sehr, daß ich noch ein paar 3 Tage mich aus dem Wege räume. 2 Aber, wie gesagt, ich weiß nicht, ob es jetzt dazu kommt. 10 Herzl. Grüße! Max Weber
a
0 : par
1 Vgl. dazu den Brief von Marianne Weber an Sophie Rickert vom 6. April 1906, Privatbesitz: „Es hat mich sehr betrübt, daß Ihr nun doch dem italienischen Plan wieder entsagen mußtet!" 2 Dazu schreibt Marianne Weber an Helene Weberin einem Brief vom 2. April 1906: „Daß Max nun doch garnicht verreist ist, wirst Du schon wissen. Ich wäre ihn seinet- und unsretwegen so gern losgeworden, denn im .Haushalt' ist er wirklich zu absolut nichts zu gebrauchen u. wird bei jeder Überlegung ob ein Ding dort oder dort hin soll gleich krabbelig. Aber er konnte sich nicht entschließen fortzugehen". Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana446.
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Friedrich Gottl 28. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 11, Bl. 1 3 - 1 4 Weber verwendet Briefpapier mit der veralteten Angabe im Briefkopf: „Hauptstrasse 73". Die Straßenangabe ist eigenhändig ersetzt durch: „Ziegeih. Landstr.27".
Heidelberg, 28/3 1906
Ziegeih. Landstr. 27 Sehr geehrter Herr College! Die größere erste Hälfte der Mappe 2 fand ich, wie ich schon schrieb, vorzüglich u. sehr überzeugend. 1 Weiterhin scheinen mir teils Unvollständigkeiten, teils auch einige Irrtümer obzuwalten. 1) Die Einseitigkeit des Gesichtspunktes ist keine Eigenart idiographischer Disziplinen: grade im Gegenteil ist sie bei diesen stets Provisorium, bei den Naturwissenschaften] \:empirisches:\ Definitivum. Ihre Darstellung aber läßt es so erscheinen, als ob diese „einseitigen" Gesichtspunkte mit den „Werthen" identisch seien, auf welche das „Individuum" bezogen wird. 2) Gar nicht erörtert ist, wie denn nun in Ihrem 3 Beispiel („Berg") die Beziehung auf Werthe zur Individuation beiträgt resp. sie beeinflußt. U. doch hatten Sie in der „Herrschaft des Wortes" die Geographie als „Trabanten der Geschichte" bezeichnet. 2 Faßt man den Begriff der „Geschichte" entsprechend weit, so ist das richtig. Aber Sie machen in Ihrer vorliegenden Untersuchung gar keine Anwendung davon. 3) Irrig ist Ihre Bezugnahme auf Rickert insofern, als dieser zwar den Ausdruck „allgemein anerkannte Werthe" gelegentlich braucht, aber deutlich zu verstehen gegeben hat, daß es sich um „Jedem zugemuthete Stellungnahmen"" (also um ein Stellungnehmen°-Sollen vom Stand-
a 0 : ihrem
b Werthe" > Stellungnahmen"
c Anerkennen >
Stellungnehmen
1 Vgl. Brief an Gottl vom 27. März 1906, oben, S. 59, Anm. 1. 2 Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. - Jena: Gustav Fischer 1901. Der Ausdruck „Trabant der Historik" findet sich allerdings nur in Gottls: Die Grenzen der Geschichte. - Leipzig: Duncker & Humblot 1904, S. 116.
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punkt des Historikers aus, nicht um das Faktum des „Geltens" |:als Werth) : \ handelt, und also metaphysische Prämissen durchaus fehlen.3 Es wäre nun grade wichtig zu wissen, inwieweit u. in welcher Form diese Objekte des Stellungnehmens in die Geographie hineinragen. Hettner's „chorologische" Wissenschaften u. die logische Gleichsetzung der Astronomie(!) mit der Geographie scheint mir - unbeschadet meiner Freundschaft für den Autor - eine Plattheit: 4 wo er d aufhört, fängt das logische Problem grade an. Ihre methodologischen] Erörterungen greifen da ja unendlich viel tiefer als Alles was Hettner geschrieben hat. Aber auch Sie scheinen von der Annahme auszugehen, es gelte bei logischen Untersuchungen „Gebiete" abzugrenzen, während für die Logik in einem u. demselben Satz einer wissenschaftlichen] Arbeit toto caelo verschiedene, nur logisch zu sondernde Erkenntniszwecke verkuppelt sein können. Die letzte Partie Ihrer Arbeit ist - das darf ich nicht verschweigen teilweise für den Nichtiachmann doch noch sehr hieroglyphisch, so dankenswerth Sie Sich diesmal akkomodiert haben. Ich sehe noch keine rechte Möglichkeit, sie bei uns - wie ich gern möchte - unterzubringen; die Mitherausgeber werden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Zunächst lese ich sie nochmals eingehend, dann spreche ich eventuell mit Windelband, oder ich schlage Ihnen bestimmte Kürzungen, und, wenn Sie es erlauben, einige wenige Anpassungen an die landläufige Terminologie vor. Ich wiederhole: es sind ganz meisterhafte Partien darin, die unbedingt publiziert werden müssen, u. zwar jetzt. Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber d (anfängt, f ) 3 Vgl. Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. - Tübingen: J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) 1902, S . 3 9 0 . 4 Weber bezieht sich hier auf Alfred Hettners 1905 erschienene Artikelserie: Das Wesen und die Methoden der Geographie, abgedruckt in: Geographische Zeitschrift, Jg. 11, Heft 10, S. 5 4 5 - 5 6 4 , Heft 11, S. 6 1 5 - 6 2 9 , Heft 12, S. 6 7 1 - 6 8 6 ; unter „chorologlsch" versteht Hettner die geographische Betrachtung der „Erdoberfläche unter dem Gesichtspunkt der räumlichen Verschiedenheiten und Beziehungen", ebd., S . 5 5 7 ; die zweite „chorologische" Wissenschaft ist nach Hettner die Astronomie, die die „Anordnung der Dinge im Weltraum" untersucht, ebd., S. 552; vgl. auch ders., Das System der Wissenschaften, in: PrJbb, Bd. 122, Oktober bis Dezember 1905, S . 2 5 1 - 2 7 7 ; ebd., S. 2 7 3 - 2 7 7 .
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64 Friedrich Gottl 29. März 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig
ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 11, Bl. 7 - 1 1 Weber verwendet Briefpapier mit der veralteten Angabe im Briefkopf: „Hauptstrasse 73". Die Straßenangabe ist eigenhändig ersetzt durch: „Ziegelh. Landstr.27".
Heidelberg, 29a/3 7906 Ziegelh. Landstr. 27 Sehr geehrter Herr College! Ich habe nun Mappe 2 zum zweiten Mal gelesen. 1 Wieder mit derselben Belehrung und Freude. Aber auch mit dem gleichen Eindruck, daß Sie nicht selten mit der Kraft und Gutwilligkeit Ihrer Leser „Raubbau" treiben, so sehr Sie - im Gegensatz zu Ihren früheren Arbeiten - der „Bequemlichkeit" des gewöhnlichen Sterblichen entgegenkommen. Ich habe mir von S. 118 an erlaubt, mit Bleistift eine ganze Anzahl Stellen anzumerken u. Bemerkungen beizufügen, hoffend, daß Sie dies nicht als eine Unbescheidenheit empfinden werden. Sie werden sicher meist bei Ihrer Ansicht bleiben und dann die betr. Annotata ja leicht beseitigen können. Sprachliche [/«Verständlichkeiten finden sich z.B. gleich auf S. 120, 121,129 (d. h. Unverständlichkeiten für Den, der Sie u. Ihre Schreibart nicht kennt: er stolpert u. ärgert sich, daß die sachlichen Probleme für ihn noch durch sprachliche Eigenartigkeiten belastet werden). Und so öfter. Die Ausführungen S. 121/2 scheinen auch zu compliziert für den einfachen Sachverhalt, daß es ja grade die Frage ist, was denn das „Wesentliche" sei. Übrigens ist nicht zuzugeben, daß „Werth" und „Interesse" oder „Wesentlichkeit" auf gleicher Stufe bezüglich der Wortknechtschaft stehen, die ihr Gebrauch bedingt. „Werthen" führt unter allen Umständen in eine andre Welt hinein (die des „stellungnehmenden Subjektes" nach Münsterberg). 2 |:Das:| „Interesse" und |:das:|
a 28 > 2 9 1 Es handelt sich um Teile des Manuskripts von Gottls Aufsatz: Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen. Vgl. Brief an Gottl vom 27. März, oben, S. 59, Anm. 1. 2 Münsterberg, Hugo, Grundzüge der Psychologie, Bd. I, Allgemeiner Teil: die Prinzipien der Psychologie. - Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1900, S. 41.
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„Wesentliche" |:als Leitseile: | giebt es auch in den nomothetischen Wissenschaften, die Verankerung an „Werthen" nicht. S. 123/4 beanstande ich von meinem Standpunkt aus das Verhältnis zwischen Logik u. Methodologie. Die Logik fragt den Teufel darnach, ob b ihre Ergebnisse zu praktischen Anweisungen tauglich sind. - Fatal ist der oft wiederkehrende Ausdruck: „conkret-allgemein". Ob nicht „Collektivum" oder „Zusammenhang" einspringen könnten? Ich weiß es nicht, da ich im Moment nicht alle Fälle, wo Sie das Wort verwenden, übersehe. S. 136: „vom ^//Zusammenhang aus übersehen", S. 144: „die ganze Wirklichkeit überwinden" S. 148 „die ,Eigenwürde' des Individuums erschließen"3 - diese u. ähnliche Ausdrücke müssen m. E. starke Bedenken erregen. Denn es entsteht 1) der Eindruck, daß wir beabsichtigten, wirklich die Gesammtheit des „Gegebenen" zu erkennen, 2) daß „Individuen" im logischen Sinn etwas abgesehen von unsren Weri/zbeziehungen Existentes seien, was in Mappe 3 (wenn auch 0 relativ unbestimmt) dementiert wird. Daß die bloße „Denkökonomie" 4 und nicht ^vielmehr: | die Cw/iwrbedeutung Europa's zu seiner Scheidung als „Continent" von Asien führen könne, (S. 145) bezweifle ich. Ebenso bei der Landenge von Panama (S. 152).5 Was heißt „Entfaltung" des „Allzusammenhanges"? (S. 150)6 Darin stecken doch alle jene Probleme des „Wesentlichen", die eben nur durch die „Werthbeziehung" deutbar sind. Oder giebt es selbständige Naturbedeutungen*. - Es scheint mir, daß Rickert doch ganz recht hatte, „mit der Thür ins Haus zu fallen", wie Sie es ausdrücken, denn ohne dies bleiben eben doch alle Ausführungen über die Prinzipien der Individuation vollkommen in der Schwebe: es fehlt irgendwo immer noch etwas, man sieht nicht, warum wir uns für die individuelle Gestaltung dieser „Gebirgszüge" etc. denn eigentlich interessieren, ob dafür die naive Thatsache, daß sie uns „in die Augen fallen", der letzte Grund ist oder was sonst, und immer wieder entsteht die Vorstellung, daß es der Stoff sei, der das „Individuum" produziere. -
b (sie)
c (sehr)
3 Vgl. die Druckfassung (wie Brief vom 27. März 1906, oben, S. 59, Anm. 1), S. 434 und 447. 4 Zu diesem von Ernst Mach herrührenden Prinzip der Denkökonomie vgl. Brief an Gottl vom 18. April 1906, unten, S. 79, Anm. 7. 5 Vgl. die Druckfassung (wie Brief vom 27. März 1906, oben, S.59, Anm. 1), S.448. 6 Ebd., S. 441.
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Die Ausführungen S. 149 scheinen mir etwas nachzuhinken, der Leser wird ungeduldig. - S. 136 sowohl wie S. 139/40 entsteht mindestens der Anschein, daß die psychologische Genesis einer Erkenntnis und d der logische Sinn des Erkennens vermischt werden, was doch nach dem eignen, Eingangs gegebenen Programm streng vermieden werden sollte. Auch die vielen - zum Teil ästhetisch schönen - Bilder in der Ausdrucksweise versetzen den Leser sehr leicht in die Geneigtheit, Psychologie | :des Erkennens: | und Logik zu identifizieren. S. 136 („Verästeln") und S. 138 finden sich dabei auch Ausdrücke, die der Leser nicht ohne Weiteres interpretiert. Überhaupt sind - scheint mir - die Erörterungen S. 135-138 für den Leser eine gewisse Crux: es fällt ihm schwer, klar zu sehen u. er bleibt z.B. namentlich bei den Erörterungen über die Reihenbildung S. 136 im Unklaren, inwieweit hier logische u. inwieweit sachliche Momente die Begrenztheit der Reihen bedingen: in Wahrheit ragen doch eben |:auch:| hier die Wert/zbeziehungen hinein: sie begrenzen das „Interesse" u. damit die Zahl der Reihen. Ohne® Bezugnahme auf „Wertungen" kann ja doch auch von einem „Übersehen vom Allzusammenhang her" gar nicht gesprochen werden. Alles in Allem wäre m. E. zu wünschen, daß in diesem Capitel (VI) möglichst viel gekürzt und vereinfacht würde, was - wie ich glaube - durchaus möglich wäre, da es nicht unbedingt darauf ankommen kann, den Gang der Untersuchung, der sich ja durch seine Früchte rechtfertigt, durch Abwehr jedes irgend denkbaren Einwandes gegen alle Diversionen eines vorgestellten Gegners zu sichern. Ich glaube, daß die Arbeit, wenn Sie Sich dazu entschlössen, keine große wäre. Wenn später aber die Aufsätze als Buch erscheinen, dann lassen sich ja alle denkbaren Excurse u. polemischen Auseinandersetzungen wieder einflechten. Den Inhalt von Mappe / würde ich Ihnen jedenfalls rathen^ ganz wesentlich, auf Vi—Mo, zu kürzen. Was für ein Buch gut paßt u. sich dort gut macht, würde m. E. in einem Zeitschrift-Artikel ermüdend wirken. - Ehe ich auf die in Mappe 3 enthaltenen Ausführungen zu sprechen komme, möchte ich das Ergebnis einer Auszählung des Umfangs des Aufsatzes, die ich eben vornahm, einschalten: 218 Ihrer Schreibseiten |:(ä ca. 235 Worte):| sind = ca. 132f unsrer Druckseiten |:(ä ca. 350 Worte):| beiCorpus-Druck, ca. 115beiBorgis |:(„Miszellen-"):|-Druck. Das ist ein Ding der absoluten Unmöglichkeit! Das „Archiv" kann nicht die Hälfte dieses Raums zur Verfügung stellen: | :Z. B.: | meinen 7 Bogen d (ihr)
e Unsichere Lesung,
f O: zweifach unterstrichen.
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langen Aufsatz über Rußland, der als „Beilage" erschien, bezahle ich bar aus meiner Tasche unter Gegenrechnung Dessen, was der SeparatVerkauf einbringt. Also wäre radikale Kürzung absolute Vorbedingung dafür, daß ich die Aufnahme durchsetzen könnte. Wie aber und wo? Es dürften nur ca. 100 Ihrer Schreibseiten sein. Reduktion des Inhalts von Mappe I 9 auf wenige einführende Schlagworte ersparte ca. 50 Seiten. Quaeritur, wo in der weiteren Sachdarlegung gekürzt werden kann? u. zwar so, daß Sie Sich nicht im Prokrustesbett zerhackt fühlen? Ich schreibe dies nur vorläufig u. gebe Ihnen in wenigen Tagen weitere Nachricht, auch über ev. Versuche bei Windelband. Mit collegialer Empfehlung Ihr sehr ergebener Max Weber Nachschrift. Ich habe nun auch noch Mappe 3 nochmals gelesen (Kap. VIIf.). M.E. kommt hier die Art, wie die Werthbeziehung die Reihenbildung beeinflußt, stark zu kurz gegenüber der Auseinandersetzung über den „Gesichtspunkt", die m.E. gekürzt werden könnte, da sie Handgreiflicheres behandelt und der „Gesichtspunkt" in dem hier erörterten Sinn gar nichts der „Idiographie" Eigenartiges ist, im Gegenteil grade dem nomothetischen Erkennen absolut wesentlichh ist u. in die Idiographie nur eingreift, weil diese der generellen Erkenntnis als Mittel der Zurechnung bedarf u. daher1 die „Gesetze" jener, die stets „einseitig" sind, verwerthen muß. - Ich habe mir erlaubt, meine Zweifel mit Bleistift je am Rande zu notieren. Bitte verzeihen Sie die Mishandlung Ihres Mscr., aber die betreffenden Bemerkungen sind ja leicht wegradiert oder durchgestrichen. Das Ganze ist höchst werthvoll u. originell. Hauptfrage ist nun, wie seine alsbaldige Publikation zu ermöglichen? Ich werde wie gesagt einerseits mit Windelband, anderseits mit meinen Mitherausgebern verhandeln. Vorerst nochmals besten Gruß Ihr stets ergebener Max Weber
g (ergäbe ein)
h 0 : Wesentlich
i (diese)
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Robert Michels 2. April 1906; Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 57 b
H., 3 Ziegelhauser Landstraße 27.a 2/4 06 Sehr verehrter Herr Doktor! Sie sind mir stets herzlich willkommen. 1 Nur ein Vorbehalt folgt aus meinem Gesundheitszustand - leider - noch immer: es kann vorkommen, u. zwar ohne daß ich dies früher als am selben (oder frühestens am Abend des vorhergehenden) Tages irgend ahnen kann, daß ich an einem 5 conkreten Tage strikt an das Sopha gebannt und völlig verhandlungsunfähig bin. Bitte geben Sie mir daher eine Adresse in Cöln an, an welche ich wenigstens am Abend vorher noch telegraphieren kann, falls dieser Fall vorliegt. Sonst könnte der mir begreiflicherweise höchst peinliche Fall eintreten, daß der immerhin erhebliche Umweg fruchtlos bleibt, 10 d. h. daß ich zu einer sachlich fruchtbaren Besprechung unfähig bin. Das ist mir leider wiederholt so passiert! Mit vorzüglicher Hochschätzung ergebenst Max Weber
a 0 : zweifach unterstrichen. 1 Vgl. dazu den Brief an Michels vom 1. Jan 1906, oben, S. 19, Anm.3.
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Friedrich Gottl 8. April 1 9 0 6 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g Z S t A M e r s e b u r g , Rep. 92, Nl. Max W e b e r , Nr. 11, Bl. 1 6 - 1 9
Heidelberg 8/4 06 Ziegelh. Landstr. 27 Sehr geehrter Herr College! Wie ich Ihnen schon schrieb, müssen wir die Aufnahme Ihrer AufsatzSerie, vom Standpunkt der Interessen der Zeitschrift aus, an eine Reihe von Voraussetzungen knüpfen, welche sicherlich für Sie mehrfach lästig sind. Allein die constanten Klagen unsres Leserkreises, von denen der Verlag berichtet, zwingen uns gewisse Conzessionen in dieser Hinsicht ab, nachdem wir in mancher andren Beziehung unbekümmert unsre eignen Wege gegangen sind. So habe ich z.B. mich zu einem längeren Pausieren in meinen eignen methodologischen Arbeiten entschlossen, und so müssen wir uns auch vorbehalten, Ihre drei Aufsätze über 6—7 Hefte zu verteilen u. es wäre uns lieb, wenn wir z.B. auch die Freiheit hätten, schon den ersten eventuell erst im Septemberheft zu bringen. 1 Unsre älteren schon eingegangenen Verpflichtungen haben 3 eben in sehr starkem Maße „theoretische" Arbeiten zum Gegenstand. Und ferner - das ist ja für Sie das weitaus lästigere - ist es für uns durchaus unvermeidlich, auf strikter Begrenzung des Umfangs auf je 3 Bogen zu bestehen. Ich halte diese Begrenzung bei Ihren Aufsätzen nicht etwa deshalb für schwierig, weil bich etwa der Ansicht wäre, daß" Ihre Darstellungsweise zur „Breite" neigte, - im Gegenteil findet man bei Ihnen überall die allermannigfaltigsten Schlaglichter nach allen Richtungen hin geworfen, eine überquellende Fülle interessanter und anregender Gedanken angedeutet. Sondern was ich nur glaube behaupten zu dürfen, ist, daß die centralen Gedanken der conkreten Untersuchung von einer anders gearteten Gelehrten-Individualität in nüchternerer Form a sind > haben b dieselben sich irgendwie durch „Breite" auszeichn > ich etwa der Ansicht wäre, daß 1 Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2, 1906, S . 4 0 3 - 4 7 0 ; II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, Bd. 24, Heft 2, 1907, S. 2 6 5 - 3 2 6 , und als letzter Teil: III. Geschichte und Sozialwissenschaft, Bd. 28, Heft 1,1909, S. 7 2 - 1 0 0 .
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vielleicht und ohne die zahlreichen Seitenbeziehungen ahnen zu lassen, aber dafür überschaubarer und unbefangener dargestellt werden würden, als es Ihnen Ihre Eigenart zu thun gestattet. „Unbefangener" in so fern, als uns Andre nicht so leicht die Befürchtung befällt, uns durch Gebrauch einer schon in der bisherigen wissenschaftlichen Terminologie üblichen Wendung „dem Worte zu verknechten", wie dies bei Ihnen, ganz begreiflicherweise bei Ihrer speziellen Frontstellung, eintritt. Und daneben - ich sage das ganz aufrichtig und ohne die Absicht Complimente zu machen, was ich nie thue - weil wir in Handhabung der Sprache weit weniger als Sie0 Künstler sind, unsre Ohren weniger fein besaitet und unsre Gedanken mehr auf das rein Stoffliche gerichtet sind, Ihre so außerordentlich verfeinerte und durch zahlreiche, oft nur leicht vom Üblichen abweichende aber eben doch als abweichend gefühlte und bemerkte Wendungen bereicherte Sprache daher als eine gesteigerte Inanspruchnahme des Lesers von uns empfunden wird. Ich habe Ihre „Herrschaft des Wortes" 2 4 Mal lesen müssen, um am Schluß den Anfang noch nicht vergessen zu haben und um die sehr gewichtigen Gedanken, die diesem Werk zu Grunde liegen, und die, - wie alle guten neuen Gedanken - an sich ganz einfache Gedanken sind, zu erfassen und alsdannd an den feinen Verästelungen und Einfädelungen, durch die Sie Sich des Lesers bemächtigen wollen, einen sehr erheblichen Genuß zu haben. Nach der ersten Lektüre war ich aber einfach „wütend" und hatte den, ganz irrigen, Eindruck, daß hinter der mir undurchsichtigen Sprache sich bei Ihnen unvollendete Gedanken verbergen | ¡müßten:|. Hinterher blieb mir nur die Empfindung: - wären Sie doch „mit der Thür ins Haus gefallen"! der Leser will ja nichts Andres, so lange er die Sache will. Objektiv betrachtet, scheint es mir eben „unökonomisch", ihn zu einer Art „Hasch'-Hasch'-Spiel1"1 zu nötigen, bei welchem 6 ihm die leitenden Gesichtspunkte stets, sobald er sie erfaßt zu haben glaubt, wieder aus den Händen schlüpfen. Und das ist, offen gestanden seine Empfindung; er fühlt sich an der Nase gepackt, von der „Landstraße" ab inf ein duftendes Rosendickicht gezogen, hierhin und dorthin, und schließlich mit dieser seiner Nase auf das Ergebnis hingestoßen, ohne doch bei aller Anstrengung sich, ohne eingehende Recherchen, darüber
c 0:sie
d In O folgt: mich
e (sich)
f (einen)
2 Vgl. Brief an Gottl vom 28. März, oben, S. 62, Anm. 2.
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klar werden zu können, wie er eigentlich dahin gelangt ist. Verzeihen Sie diese lange Anmerkung, die ja nur indirekt zur Sache gehört! Ich wollte nur sagen[,j daß ich fürchten muß, die ganz unvermeidliche Reduktion des ersten Aufsatzes auf 3 Bogen werde Ihnen ein allzu schweres Opfer sein und - unter den gegebenen Verhältnissen - würden Sie gewissermaßen das Gefühl haben, Sich gegen Ihre Eigenart zu versündigen und dem schnöden Mammon zu verkaufen, wenn Sie uns hier entgegenkommen. Allein die Eigenart Ihrer Diktion sowohl wie Ihrer Art, die Dinge anzufassen, ist so ausgeprägt, daß ich Sie meinerseits nur versichern kann, sie würde durch die denkbar größten Conzessionen an die hergebrachte Terminologie und an den gegebenen Raum niemals erstickt werden können. Die Schwierigkeit liegt in der erheblichen Arbeit, die Ihnen die Condensierung dieses ersten Aufsatzes auf eine einfache skizzierte Darlegung der Prinzipien der geographischen Individuation wohl machen wird. Sie schrieben mir Ihr Einverständnis damit, daß der Inhalt von Mappe I im Wesentlichen hier fortbleiben könne (vorbehaltlich späterer Ausarbeitung bei Erscheinen in Buchform). In der That könnte m. E. hier eine kurze Problemstellung, Feststellung Ihrer Terminologie u. die Motivierung der Wahl des geographischen Beispiels genügen. Schwieriger ist die Condensierung der letzten Partien von Mappe II und des ganzen Inhalts von Mappe III, zumal deshalb, weil doch die Frage entsteht, ob nicht die causalen Bedingtheiten geographischer Erscheinungen, die bisher hinter den äußerlich sichtbaren „Struktur"Elementen ja bei Ihnen | :der Formulierung nach: | ganz zurücktreten, in ihrer Stellung zur Individuationsfrage noch behandelt werden müßten? und ob nicht der „Trabanten"-Charakter der Geographie (causaler Progressiv zu den „Culturbedeutungen" hin) deutlicher in seiner Bedeut. samkeit erkennbar gemacht werden müßte? Haben Sie Hettner's neusten Aufsatz in der Zeitschrift] f[ür] Geographie gelesen? 3 Soll ich Ihnen ev. meinen Sep[arat-]Abzug schicken? Ich schicke also morgen Ihr Mscr. 9 als Packet [.eingeschrieben-] zurück und frage nun: könnten Sie Sich ohne Besorgnis es zu bereuen, zu dieser Umarbeitung entschließen? und: geben Sie uns freie Hand bzgl. der Zeit der Publikation? (1. Aufsatz spätestens Septemberheft, wenn möglich Juli-Heft, was aber
g O: Msc. 3 Hettner, Alfred, Ferdinand von Richthofens Bedeutung für die Geographie, in: Geographische Zeitschrift, Jg. 12, Heft 1, S. 1 - 1 1 .
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Lieferung des Mscr. bis spätestens 15/V voraussetzte). Wenn ja, veranlasse ich sofort Zahlung der 1. Honorar-Rate oder, falls Jaffe nicht hier sein sollte (was möglich ist) zahle provisorisch selbst u. verrechne mich mit dem Verlage. In Hoffnung Ihrer Zustimmung und in vorzüglicher Hochschätzung 5 Ihr ergebenster Max Weber
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Werner Sombart PSt 13. April 1906; Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 21
Jetzt: Ziegelhauser Landstraße 27 L.S. Ein längerer Brief von mir an Sie über „ Archiv"-Sachen liegt hier, da ich von Jaffe hörte^j daß Sie verreist seien. 1 Es wäre reizend, wenn Sie hieherkämen. 2 Leider ist unser Fremdenzimmer noch nicht eingerichtet 5 u. auch nicht so schnell herzurichten, daß wir Sie aufnehmen könnten. Bitte schreiben oder telegraphieren Sie Tag u. Stunde |-.welche Sie wollen:| Mir geht es sehr wechselnd (wie im Frühjahr immer), ich kann also | :leider:| nicht garantieren, daß ich „tanti" 3 sein werde. Aber es ist sehr 3 schön hier z. Z. u. ich werde Sie immerhin sehen können. Also auf 10 Wiedersehen hier. Freundsch. Gruß! Max Weber
a
Alternative Lesung: schon
1 Brief im Nachlaß Werner Sombart, ZStA Merseburg, nicht nachgewiesen; dem Inhalt der Karte nach zu urteilen, hat Weber den Brief nicht abgeschickt. 2 Der Besuch Sombarts fand vermutlich am 18. April statt (vgl. Brief an Willy Hellpach vom 18. April 1906, unten, S. 80, sowie Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 22. April 1906, Bestand Max Weber-Schäfer, DeponatBSB München, Ana 446). 3 Offensichtlich benutzt hier Weberden lateinischen genitlvus pretil „tanti" bzw. „ tanti esse" In der Bedeutung von „so viel wert sein". Der Ausdruck „tanti" ist zu Webers Zelt durchaus gebräuchlich gewesen. So heißt es in einem Brief von Friedrich Althoff an Gustav Schmoller vom 8. Aug. 1906 (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. v. Schmoller, Nr. 198, Bl. 116) anläßlich der Frage der Neubesetzung des Lehrstuhls für Nationalökonomie an der Universität Breslau über den Würzburger Volkswirtschaftler Georg Schanz: „Er ist an I. Stelle vorgeschlagen, wissenschaftlich tanti u. uns immer so freundlich entgegengekommen, daß wir an Ihm nicht vorübergehen konnten."
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13. oder 14. April
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Helene Weber [13. o d e r 14. April 1906; H e i d e l b e r g ] Brief; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446 Datum erschlossen aus dem Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. April 1906 zum Geburtstag von Helene Weber am 15. April, In dem sie schrieb, Max werde „hernach oder morgen einen Gruß schicken", Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446; Ort erschlossen aus dem Briefinhalt.
Liebe Mutter! Endlich ist es Frühling und nun genießen wir die neue Wohnung mit allen Herrlichkeiten ihrer Aussicht auf Schloß und Berge und dem ländlichen Milieu: Hühnergegacker, Obstgärten, Gartenwirtschaft etc. und denken, ob es wohl bei Euch schon ähnlich ist und Dein Geburtstag 1 Dir so freundlich ins Zimmer scheinen wird wie uns hier. Möchte das neue Jahr ebenso gut und dabei etwas ruhiger werden als das vergangene, welches wohl noch mit einem tüchtigen Haufen von Osterbesuch abschließt, den Du hoffentlich zu genießen frisch genug bist. Ich denke, Fritz Baumgarten wird jetzt dort sein und bitte, wenn ja, ihn vielmals zu grüßen. Vielleicht ist auch Alfred gekommen? Ich habe das aus seinem Brief nicht ersehen können, der sich hauptsächlich auf Sommerpläne bezog. Es schien darnach, als ob er nicht wie ich dachte, zuerst an die See und dann |:(August):| mit Dir ins Gebirge wollte, sondern umgekehrt. Dann würde allerdings der Gedanke, daß wir oder daß Marianne zu Euch ins Gebirge käme u. ich sie von dort zu einer weiteren Reise abholen sollte, nicht ausführbar sein, - möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich wäre es nur, daß es mir gelänge, Marianne zu bestimmen, auf jeden Fall etwas ins Gebirge zu Euch und dann erst wieder zurück zu gehen. Gern thut sie es nicht, da sie in ihrer Arbeit erst zum Abschluß kommen möchte. 2 Vielleicht stellt Ihr, wenn Alfred dort ist, fest, was er beabsichtigt, so daß Du festere Reisepläne machen kannst. In Deinem Brief schriebst Du von der Möglichkeit, entweder schon Pfingsten ungefähr oder vor Deinem Aufenthalt im Gebirge hierher zu kommen. Wir bitten Dich, das ja so einzurichten, wie es Dir behaglich ist und daß möglichst viel Aufenthalt hier dabei für uns abfällt. Wir können unsre Zeit ja frei einteilen, mit der einen Beschränkung, daß 1 Der Geburtstag von Helene Weber war am 15. April. 2 Gemeint Ist das Manuskript für Weber, Marlanne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwicklung.
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wir nach Italien | :wohl: | nicht gut früher als in der ersten Septemberwoche fahren könnten, und nicht gut später als etwa am Schluß der dritten. Das liebste für uns wäre uns, Du kämst jetzt bald resp. Pfingsten oder wann es paßt etwas hierher u. gingst im Herbst 2 - 3 Wochen mit nach Assisi oder Florenz. Das wäre ganz reizend. Aber es wird wegen der Collision mit Alfred schwierig sein, denn, ganz abgesehen von seinen berechtigten Ansprüchen, meinen wir auch, daß D u doch jedenfalls Dich in „Höhenluft" einmal etwas aufzufrischen versuchen solltest, und das würde dann wohl schon im Juli sein. Für mich (und Alfred) kommt auch die Frage in Betracht, wann die Ausschußsitzung des Vereins f. Sozialpolitik in Berlin ist. Ich möchte Schmoller vorschlagen, entweder ganz früh im September oder ganz spät im Oktober, 3 - sonst zerreißt sie Einem Alles. So, das war das reine Cursbuch als Geburtstagsbrief. Aber es scheint doch richtig, sich die mögliche Zeiteinteilung klar zu machen. Ich hatte erst gedacht, wir sollten Dir Tolstoi's „Auferstehung" 4 schenken, falls D u sie noch nicht kennst. Aber in seiner lastenden Schwere und in der Utopie seiner Tendenz hätte Dich das Buch schwerlich sehr erfrischt, so großartig es in seiner Art ist. Daher verfielen wir auf die Humboldt-Briefe, 5 - die D u hoffentlich nicht schon hast oder kennst? - Marianne hat hier eine Möbelhandlung aufgemacht u. Bertha schmiert die Heidelberger mit unsren Groschkus'schen 3 Möbeln an, 6 a 0 : Groschkuss'schen 3 Die für Herbst geplante Sitzung des Ausschusses des Vereins für Sozialpolitik fand am 4. und 5. Januar 1907 in Berlin statt. 4 Tolstoi, Leo, Die Auferstehung, 3 Bände.-Jena: E. Diederlchs 1900. 5 Wilhelm und Caroline von Humboldt in Ihren Briefen, hg. von Anna von Sydow, Bd. 1: Briefe aus der Brautzelt 1787-91. - Berlin: E.S. Mittler u. Sohn 1906. - Helene Weber gefiel dieses Buch nicht. Marlanne Weber schrieb in ihrem Brief an Helene Weber vom 22. April 1906 (Bestand Max Weber-Schäfer, DeponatBSB München, Ana 446): „Natürlich sollst Du das Humboldtbuch zurückschicken - bitte gleich wenn möglich - u. sofort den Hausrathschen Luther haben. Ich bin froh, daß Du Dich nicht zur Lektüre der Liebesbriefe quälst u. werde es mir zur Regel machen keine Bücher zu verschenken, die ich nicht vorher gelesen habe!". Helene Weber wünschte sich: Hausrath, Adolf, Luthers Leben, 2 Bde.-Berlin: G.Grote 1904. 6 Marianne Weber verkaufte die Einrichtung ihres Salons, wobei ihr, wie sie schrieb, der „Geschäftssinn" ihres Dienstmädchens Bertha Schandau half. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 13. April 1906, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Sie beschrieb die Möbel im Lebensbild3, S. 362: „ Nun wird auch die klotzige moderne Eichenrenaissance mit den Säulengalerien und wulstigen Kröpfen gegen schlichte alte Möbel vertauscht." Die Möbel waren im Möbelhaus von Julius Groschkus in Berlin gekauft worden.
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13. oder 14. April 1906
bisher ging das Geschäft ganz gut u. wir kommen relativ billig zu Mariannes neuer Einrichtung. Aber allerdings wird es so noch 2—3 Wochen dauern, bis Alles comme il faut ist. Ich sitze täglich 1 2 - 1 wie mich Gott erschuf auf dem Balkon („Sonnenbäder"), mit welchem Erfolg ist abzuwarten. 5 Also auf Wiedersehen hier - stets herzlich Dein Max
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Martin Rade PSt 15. April 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig DSB Berlin/DDR, Slg. Autographa Lieber Herr Kollege! Ich schicke gleichzeitig hiermit die erste Hälfte des A r t i k e l s ] durchgesehen, - die zweite geht mir erst morgen früh zu u. schicke ich sie dann. 1 Ich glaube nur, das Einverständnis der Frankfurter] Zeitung wird |: juri5 stisch: | nötig sein? Vielleicht hatten Sie schon an die Redaktion geschrieben? 2 Sie wird ja sicher nichts dagegen haben. Ich meinerseits bin angesichts der ganz notgedrungen etwas zur Pointierung der Gegensätze, die in Wahrheit überall in einander übergehen (trotz des Contrastes der Grundprinzipien) neigenden a kurzen Fassung 3 des Artikels doch 10 recht im Zweifel, ob er nicht lebhaften Widerspruch finden wird. A b e r dann um so besser! Mit den besten Grüßen v. H. z. H. Ihr Max Weber
a Kürze > kurzen Fassung 1 Es handelt sich um das Manuskript von Webers Artikel: „Kirchen" und „Sekten" in Nordamerika. Eine kirchen- und sozialpolitische Skizze. Dieser ist in der von Rade herausgegebenen Zeitschrift: Die Christliche Welt, Jg. 20, Nr. 24 vom 14. Juni 1906, S p . 5 5 8 - 5 6 2 , erschienen; Teil 2 erschien ebd., Jg.20, Nr.25 vom 21.Juni 1906, Sp. 5 7 7 - 5 8 3 (MWG I/9). 2 Das Einverständnis der Frankfurter Zeitung erschien erforderlich, weil dort gerade eben eine erste Fassung unter dem Titel: „Kirchen" und „Sekten" erschienen war: FZ, Nr. 102 vom 13. April 1906, 4.MO.BI., sowie ebd., Nr. 104 vom 15. April 1906, 6.M0.BI (MWG I/9).
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Friedrich Gottl 18. April 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 11, Bl. 21 - 2 2
H. 18/4 06 Sehr geehrter Herr College! Ich möchte meinem früheren Brief nur noch die Bitte beifügen, doch die ersten Partien aus Mappe II möglichst nicht umzuwerfen: sie sind so sehr klar und für jeden Leser verständlich, daß es schade darum wäre. 1 Ich 5 schicke Ihnen gleichzeitig 1 ' die Correktur eines Aufsatzes eines Geographen über Ratzel, 2 nicht wissend, ob er Ihnen irgendwelches Interesse bietet u. frage nochmals an, ob Sie etwa Hettner's Aufsatz in der Geographischen] Zeitschrift] 3 haben wollen u. ob Sie meine Aufsätze „Roscher & Knies" III (Januar d. J.) und ,,Krit[ische] Studien" I (ds.) a 10 schon haben oder ob ich sie schicken soll? 4 Ihr Mscr. und unsre Sendung 5 werden Sie inzwischen erhalten haben. Bitte, beachten Sie meine Randbemerkungen nicht, sie sind ja stets „prima vista" gemacht u. können höchstens andeuten, welche Eindrükke der Leser zunächst bei der Lektüre erfährt. Hoffentlich verlieren Sie 15 an der Arbeit nicht das Vergnügen, und nochmals: lassen Sie Sich Zeit\ So complizierte Dinge lassen sich ja doch unmöglich aus dem Handgelenk hinwerfen, mögen die Gedanken noch so feststehen. Ihr Spiel ist ^ oder vielmehr: ich warte, bis ich die Correktur vollständig habe u. schicke sie dann. a Unsichere Lesung. 1 Mappe II: Vgl. oben, S. 71. 2 Schlüter, Otto, Die leitenden Gesichtspunkte der Anthropogeographie, insbesondere der Lehre Friedrich Ratzels, In: AfSSp, Bd. 22, Heft 3,1906, S. 581-630. 3 Vgl. Brief an Gottl vom 8. April 1906, oben, S.71, Anm.3. 4 Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie (Dritter Artikel). II. Knies und das Irrationalitätsproblem, In: SchmJb, Jg. 30, Heft 1,1906, S. 81-120; Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik, in: AfSSp, Bd. 22, Heft 1, 1906, S. 143-207 (MWG I/7). 5 Es dürfte sich um die Rücksendung des Manuskripts über sozialwissenschaftliche Begriffsbildung gehandelt haben. Vgl. dazu den Brief an Gottl vom 8. April 1906, oben, S.71.
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m.E. gewonnen, sobald es Ihnen gelingt, die Leser, auf die es Ihnen ankommt, zu ernsthafter innerer Auseinandersetzung zu nötigen. Dazu ist m. E. nötig, daß alle, auch äußerliche, Mittel aufgeboten werden, um die Durchsichtigkeit der Systematik des Gedankengangs zu erhalten und alle Umschweife und Umwege zu vermeiden. Wenn Sie es Sich irgend abzwingen können, „mit der Thür ins Haus zu fallen", - der Leser ist nur dankbar dafür. Die Methode der Puritaner-Prediger in ihren Argumentationen: „16 thly andlastly" 6 .. .ist ja nicht schön, abersie liegt im Interesse der „Denkökonomie" 7 des „Durchschnittslesers", und zu diesen gehört bei der heutigen Produktivität auf philosophischem Gebiet Jeder. Mit collegialer Empfehlung Ihr stets ergebener Max Weber
6 Anspielung auf den ungemein didaktischen Aufbau der Puritanerreden nach Katechismusart. Ein Musterbeispiel einer Puritanerpredigt, nämlich die von Thomas Hooker, dem Gründer von Connecticut, findet sich in: Hart, Albert Bushneil, Source Book of American History, New York 1925, S. 51 - 5 2 . Zitiert nach Wagner, Fritz, USA. Geburt und Aufstieg der Neuen Welt. Geschichte in Zeitdokumenten 1607-1865. - München: Münchener Verlag und graphische Kunstanstalten 1947, S. 2 2 - 2 3 . 7 Das Prinzip der Denkökonomie ist von Ernst Mach entwickelt worden. Nach Mach funktioniert jegliches Denken, aber insbesondere das wissenschaftliche Denken, nach dem ökonomischen Sparprinzip. Vgl. u.a. dessen Buch: Die Mechanik in ihrer Entwickelung historisch kritisch dargestellt. 6. verb. und verm. Aufl. - Leipzig: F.A. Brockhaus 1908, S. 530: „Thatsächlich ist aber in der kurzen Zeit eines Menschenlebens und bei dem begrenzten Gedächtniß des Menschen ein nennenswertes Wissen nur durch die größte Ökonomie der Gedanken erreichbar. Die Wissenschaft kann daher selbst als eine Minimumaufgabe angesehen werden, welche darin besteht, möglichst vollständig die Thatsachen mit dem geringsten Gedankenaufwand darzustellen." Der Terminus selbst: „Denkökonomie" bzw. „Denkökonomik" wurde von Edmund Husserl - in Anlehnung an Ernst Mach-geprägt; vgl. das Kapitel: Das Prinzip der Denkökonomie und die Logik, in dessen: Logische Untersuchungen. ErsterTheil: Prolegomenazur reinen Logik. - Halle a.S.: Max Niemeyer 1900, S. 192-209.
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Willy Hellpach 18. April 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 4 5 - 4 6
Heidelberg, jetzt: Ziegelhauser Landstr. 27 18/4 06 Sehr geehrter Herr College, zunächst besten Dank für Ihre Habilitationsschrift, an deren abermalige Lektüre ich in Kürze mit Vergnügen gehen werde. 1 Sodann für Ihr Mscr. über „Anwendung psychop[athologischer] Begriffe...". 2 Da ich mit Ihren Ausführungen in jedem Punkt übereinstimme und sie von hervorragender Durchsichtigkeit finde, so lockt mich schon aus diesem Grunde der Aufsatz sehr für das „Archiv". Haupt bedenken: unser Publikum revoltiert (in Zuschriften an den Verleger) gegen die |:noch:| weitere Ausdehnung „methodologischer" Auseinandersetzungen in der Zeitschrift, u. der Verleger remonstriert demgemäß auch. Und wir sind noch - trotzdem ich vorerst, im Interesse der Zeitschrift, meinerseits von diesen Dingen schweigen werde - stark grade für solche Aufsätze engagiert (Gottl - 3 Aufs[ätze]! - Eulenburg, Lask). 3 Da Sombart heute herkommt, werde ich mit ihm u. Jaffe darüber conferieren. - Vorher einige sachliche Bemerkungen, Kleinigkeiten betreffend. 1) Mir scheint, - dies ist doch auch Ihre Ansicht - daß selbst in den Augen des |:striktesten:| „Somatikers" die „Gemeinschaftspathologie" (in Ihrem Sinn) 4 schon deshalb zu Recht bestehen muß, weil kein Somatiker bestreiten kann, daß der Inhalt der pathogenen psychischen 1 Grundgedanken zur Wissenschaftslehre der Psychopathologie, in: Archiv für die gesamte Psychologie, Bd. 7,1906, S. 1 4 3 - 2 2 6 . 2 Im Druck erschienen unter dem Titel: Über die Anwendung psychopathoiogischer Erkenntnisse auf gesellschaftliche und geschichtliche Erscheinungen, in: (Ostwalds) Annalen der Naturphilosophie, Bd. 5,1906, S. 321 - 3 4 8 . Die nachfolgenden Seitenverweise beziehen sich auf das uns nicht überlieferte Manuskript. 3 Vgl. Brief an Hellpach vom 27. Febr. 1906, oben, S. 40, Anm. 2. 4 In der Druckfassung (vgl. oben, Anm.2) S.335: „[Wir gewinnen] nun den Begriff des Sozialpathologischen, indem wir die physischen Erkrankungen ausscheiden, sie der bewährten Begriffsfassung und Namengebung der Physiopathologie überlassend, und als sozialpathologische oder gemeinschaftspathologische Phänomene nur seelische Erkrankungen bezeichnen, solche zwar[!], die bei einer Anzahl von Gliedern einer Gemeinschaft sich entwickeln und ursächlich in irgend welchen diese Glieder verbindenden Gemeinschaftsbeziehungen mitverankert sind."
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Äußerungen durch die „Umwelt" bedingt ist. Während nun für den Psychiater somatischen Gepräges nur dies das „Bedeutsame" ist, daß dieser Inhalt, gleichviel was er enthält, eben |:pathogen-:|„somatisch" bedingt ist1*, ist für denjenigen, der gesellschaftliche Zusammenhänge 3 untersucht, grade der Inhalt das, worauf es ihm „ankommt", sei es daß er „Eigenwerth" hat („historisches] Individuum" ist), sei es daß er causal bedeutsam würde b . 5 Damit würde unter allen Umständen eine „Gemeinschaftspathologie" (in Ihrem Sinn) zur0 Hilfswissenschaft der „Geschichte" (im weitesten Sinn, einschließlich der Sozialgeschichte) sowohl als der „Soziologie" (|:der:| nomothetischen Sozialwissenschaften), und sie könnte nur von einem psychiatrischen Fachmann betrieben werden. Sie würde sowohl bei der Analyse conkreter „Persönlichkeiten" mitzusprechen haben, wie bei der Analyse conkreter - z.B. religionshistorischer - Vorgänge, wie bei der Bildung „sozialpsychologischer" Gesetze. Ihre Existenz ist also von dem Maß der Herrschaft somatischer Theorien unabhängig, nur freilich nicht ihre Tragweite, auch auf rein kulturwissenschaftlichem, erst recht aber natürlich auf klinischem Gebiet. Ist dies nicht auch Ihre Ansicht? 6 Einige Ihrer Ausführungen ließen mich zweifeln. -
u. der „Inhalt" selbst also nur als Erkenntnismittel für ihn in Betracht kommt. a (ersucht)
b Alternative Lesung: wird
c 0 : als
5 Ebd., S. 337: „Daß nämlich der Inhalt der krankhaften seelischen Erlebnisse aus der Umwelt stammt, ist ja selbstverständlich [...]. Den Psychiater [...] interessiert dieser Inhalt weiterhin nicht, als irrelevant für den Gang der Geistesstörung; er kommt für Ihn lediglich als Erkenntnism/ffe/ in Frage. Für den Sozialpathologen kommt es aber gerade auf den Inhalt der seelischen Abnormität an, indem der Inhalt als historisch bedeutungsvoll, oder doch als zu historisch bedeutungsvollen anderweitigen Inhalten in kausaler Beziehung stehend, oder als sozialpsychologisch .typisch' erscheint. Damit Ist dann unter allen Umständen die gemeinschaftspathologische Problemstellung zugelassen." 6 Ebd., S. 347, Anm. 28. Dort dankt Hellpach Weber explizit für die „Schärfe der Unterscheidung zwischen Existenzmöglichkeit und Tragweite dergemeinschaftspathologischen Fragestellung". „Ich würde fürchten, mir fremdes Verdienst zu Unrecht zu eigen zu schreiben, wenn ich verschwiege, daß ich jene glückliche Formulierung Herrn Professor Max Weber in Heidelberg verdanke, der sie (in einer brieflichen Diskussion der Frage) mir als,doch wohl auch meine Ansicht?' unterlegte. Ich kann nichts weiter tun, aissiedankbarzu übernehmen; so sehr sie auch mir in der Idee vor Augen stand, so wenig war es mir bisher geglückt, sie in diese kurze, scharfe und doch erschöpfende Formel zu bringen. Ich wüßte nichts besseres an ihre Stelle zu setzen, den gemeinschaftspathologischen Bemühungen keine verläßlichere logische Waffe gegen somatische Anfechtungen mitzugeben."
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2) Die Unterscheidung zwischen „historischem Eigenwerth" und „historisch-cfliiÄfl/er Bedeutung" haben Sie an einer Stelle angedeutet, nachher nicht mehr. 7 Es geschieht wohl mit Absicht, um die Erörterung nicht weiter zu complizieren. (Die Art, wie das historische Interesse in beiden Fällen durch Nachweis pathogenen Charakters berührt würde, ist nicht notwendig dieselbe, aber das führt ja über den Rahmen Ihres Aufsatzes hinaus. Ich erwähne es nur der Vollständigkeit halber) 3) daß der Begriff „integrierender Bestandteil der Gesammtleistung" (S. 13) 8 dem eigentlichen logischen Probleme erst den Tummelplatz abgiebt, ist Ihnen natürlich deutlich, geht namentlich aus dem Späteren hervor. Wäre es vielleicht (für den Leser) gut, dies schon hier anzudeuten? 9 4) S. 41 Mitte ist wohl ein Irrtum in der Formulierung unterlaufen? Die sozialpsychisched Herkunft pathologischer] Erscheinungen 10 erregt ja doch das Erkenntnisinteresse nicht, weil® die Ursachen historisch d sozialpsychologische > sozialpsychische
e (sie)
7 Ebd., S. 345, Anm. 12: „Weiter soll hier der Unterschied zwischen historischem Eigenwert und kausaler Beziehbarkeit auf historisch Eigenwertiges nicht verfolgt werden, da er die Arbeit des Psychopathologen nicht berührt. " 8 Die Seltenangabe bezieht sich auf das Weber vorliegende Manuskript; in der Druckfassung findet sich der Ausdruck „integrierender Bestandteil der Gesamtleistung", der auf das Œuvre Friedrich Nietzsches gemünzt ist, auf S. 327. 9 Ebd., S. 345, Anm. 13: „Der Historiker wird einwenden, daß gerade mit dieser Unterscheidung (,von Ihm herrührend' - .Integrierender Bestandteil seiner Gesamtleistung') die Schwierigkeit und die Kontroverse über das Objekt der Geschichte erst beginne. Gewiß. Nur kann es nicht Aufgabe des Psychopathologen sein, sich da einzumischen." 10 Die Seltenangabe bezieht sich auf das Manuskript; in der Druckfassung S. 341. Ebd., heißt es S. 340-341 : „Die Pathographie kann wohl die Seelenstörung eines historischen Menschen in alle Winkel seiner Persönlichkeit hinein verfolgen, die Gemelnschaftspathologie kann eine psychopathische Massenerscheinung in ihren subtilsten Zusammenhängen mit sozialen Faktoren aufzeigen: wie seelische Erkrankung historisch relevant wird, das darzustellen, Hegt jenseits der Aufgaben der einen wie der anderen. Denn auch der Pathograph arbeitet [...] auf dem Boden des Tatbestandes, daß eine seelische Erkrankung In concreto historisch relevant geworden sei, und wo ihm dieser Tatbestand sich verdunkelt, dort entscheidet über Relevanz oder Irrelevanz die Auffindbarkelt oder das Fehlen einer kausalen Beziehung des seelisch Kranken zum historisch Relevanten der Persönlichkeit; und der Gemelnschaftspatholog, mag er auch die sozialpsychische Fortwirkung eines seelisch Kranken untersuchen und mögen In deren Kreise nunmehr Momente von historischer Bedeutung stehen, hat trotzdem nicht diese Momente als historische, sondern immer nur auch sie als Teile der sozialpsychlschen Wirkungskette im Auge - und dieselbe Erwägung gilt genau auch für das Studium der sozialpsychischen Herkunft psychopathischer Erscheinungen (in der ja umgekehrt sehr wohl historisch relevante Momente enthalten sein können, ohne daß diese Ihre Eigenschaft für den Sozialpathologen Irgendwie in Betracht käme)."
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relevant sind, sondern entweder a) unter klinischen Gesichtspunkten oder b) unter historischen Gesichtspunkten (d. h. weil die |:betreffende conkrete:| pathologische] Erscheinung selbst historisch relevant ist) oder c) unter soziologischen Gesichtspunkten (weil sich „Gesetze" des Zusammenhangs der betreffenden pathologischen Erscheinungen mit bestimmten sozialen Erscheinungen, als ihren Ursachen, bilden lassen). Ihre Formulierung ist wohl ein lapsus calami? Ich werde, mit Ihrer Erlaubnis, Ihr Mscr. D' Jaffé zur ev. Übermittlung auch an Sombart zustellen. Ob wir Sie um Überlassung für das „Archiv" bitten können, ist mir, wie gesagt, unsicher.' Verzeihen Sie meine schlechte Handschrift! Der Frühling steigert meine nervöse Angespanntheit stets erheblich. Ich schreibe, sobald ich von Jaffé und Sombart Nachricht habe. Für Ihre Alcoholismus-Arbeit ist selbstredend („im Prinzip ") Platz bei uns.11 Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber
f (Mit vorzügl. Hochachtung [Ihr] Max) 11 Eine Arbeit Helipachs über Alkoholismus Ist nicht im A f S S p erschienen. Die von Walter Stallmeister erstellte Willy-Hellpach-Bibliographie (Berichte aus dem Arbeitsbereich Psychologie 21, Fernuniversität-Gesamthochschule Hagen) von 1986 (nicht im Buchhandel erhältlich) vermerkt einen diesbezüglichen Artikel 1909, der aber vermutlich nicht von Hellpach stammt: New York, Anfang März: Der Kampf um den Alkohol in Amerika, in: FZ, Nr. 79 vom 20. März 1909, 2. Mo.BI., S. 1.
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Robert Michels 18. April 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 6
H. 18/4 06 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich sehe der Sendung Ihrer beiden Kapitel mit großem Interesse entgegen und sende Ciccotti's 3 Aufsatz mit bestem Dank zurück[.]1 Auch ich bedauere nachträglich, daß wir nicht mehr „zur Sache" gesprochen haben, - aber so geht es meist bei solchen Gelegenheiten, wo man noch keine „aktenmäßige" Unterlage der Erörterung zur Hand hat. Ich werde, - soweit mir das bei meiner sehr begrenzten Bekanntschaft mit Ihren Quellen überhaupt möglich ist, - nach bestem Können bestrebt sein „Kritik" zu üben. Sehr interessieren würde mich auch, s. Z. zu erfahren, ob Sie Sich nach Jena gewendet haben? bezw. dies thun werden? Wenn ja, dann scheint es - verzeihen Sie mein aufdringliches Interesse - mir am besten, Herrn Prof. Pierstorff zunächst nur die höfliche Frage vorzulegen, ob nach seiner Kenntnis bezw. nach den ihm zugänglichen Mitteln der Information bei den maßgebenden amtlichen Instanzen die Thatsache, daß Sie organisierter S[ozial-]D[emokrat] sind, |:an u. für sich:| als Hinderungsgrund für die Habilitation gelten würde, mit dem Beifügen, daß, falls dies - wie Sie annehmen zu sollen glaubten, - nicht der Fall sei, Sie Sich ev. gestatten würden ihn zu besuchen, um ihm vorzutragen, in welcher Art Sie den bestehenden Bedingungen bezüglich Habilitationsschrift etc. |:würden:| nachkommen können und ihm b überhaupt über alle für sein Urteil über Ihre Qualifikation in Betracht kommenden Thatsachen Auskunft zu geben. 2 Ein kurzer Hinweis auf Ihre bisherigen
a
0 : Cicotti's
b O: ihn
1 Wahrscheinlich handelt es sich um Ettore Ciccottis Artikel: L' ultimo dissidio nel partito socialista italiano, in: Rivistad' Italia, Jg. 9, Heft4, April 1906, S. 583-594. 2 Tatsächlich hat sich Michels am 28. April in der von Weber vorgeschlagenen Form an Julius Pierstorff in Jena gewandt, Brief UA Jena, M 650, Bl. 172-173. Pierstorff hatte dann die Anfrage Michels' an den Dekan der Fakultät Georg Goetz weitergereicht, UA Jena, M 650, Bl. 174. Ob über das Gesuch in einer Fakultätssitzung verhandelt worden ist, ist unklar; jedenfalls hat Pierstorff in seiner Antwort an Michels vom 7. Mai 1906 auf dessen
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Publikationen wäre wohl zweckmäßig. Sollten Sie - was ich schwer beurteilen kann - glauben, daß eine Bezugnahme auf mich irgend nützlich sein könnte, so würde ich P[ierstorff] natürlich mit Auskunft zur Verfügung stehen. Ich kenne ihn persönlich, wenn auch nicht grade vorteilhaft (was er aber wohl kaum weiß). - Ihre freundlichen Grüße erwiedern wir herzlich und bitten Sie, auch Ihrer Frau Gemahlin den Ausdruck unsrer Hochschätzung und unsre besten Empfehlungen zu übermitteln. Ihr ergebenster Max Weber NB. Wie es auf andren deutschen Hochschulen aussehen würde, ist schwer zu sagen, speziell für hier fehlt mir die Möglichkeit der Information, da | ¡bestimmte: | Gründe der „Delikatesse" mich nötigen, - nach mancherlei Antezedenzien andrer Art - , jeden Anschein zu vermeiden, als ob ich den hiesigen Leuten „Nüsse zu knacken" geben wollte. In Freiburg würde Schulze-Gävernitz unbedingt für Lehrfreiheit sein, auch andre Mitglieder der Fakultät, - ob die Mehrheit? ist fraglich. Formell steht die Endentschließung in Baden dem Ministerium zu, 3 und die Fakultät würde es wohl als eine Anstandspflicht ansehen, in ihrem Bericht auf Ihre politische Confession hinzuweisen. Alle andren Staaten aber stehen wohl außer Frage. - Wie oben d.O.
Anfrage einen negativen Bescheid erteilt: „Nachdem ich mich inzwischen genügend informiert habe, sehe ich mich heute in der Lage, Ihre Anfrage, ob unter den von Ihnen erwähnten Umständen die maßgebenden amtlichen Instanzen Sie zur Habilitation zulassen würden, zu beantworten. Die Stellen, welche über ein Habilitationsgesuch nach einander zu befinden haben, sind: die Fakultät, der akademische Senat und endlich die Regierungen der vier Erhalterstaaten. Nach den erhaltenen Informationen halte ich es für ausgeschlossen, daß Ihre Bewerbung diesen ganzen Instanzenzug erfolgreich passieren würde." Original im NI. Michels, AFLE Turin, Kapsel P e - Q ; eine Abschrift, datiertauf den 7. Mai 1906, im UA Jena, M 650, Bl. 175. Vgl. auch Brief an Michels vom 16. Mai 1906, unten, S.90. 3 Vgl. die Habilitationsordnung der Philosophischen Fakultät von 1902, in: Gesetze und Verordnungen für die Universität Heidelberg. Hg. von Georg Jellinek. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1908, S. 92: „ § 7 . Wenn der Bewerber für fähig erklärt ist, werden seine Zeugnisse, die Darlegung seines Lebens- und Bildungsgangs, das Urteil über seine bisherigen wissenschaftlichen Leistungen und über die eingereichte Habilitationsschrift, sowie das Ergebnis des Probevortrags und des Kolloquiums dem engeren Senat übergeben, um die Entscheidung über seine Zulassung zur Habilitation bei dem Großherzoglichen Ministerium zu bewirken."
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Willy Hellpach 2. Mai 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 47
Hbg. 2/V 06 Sehr geehrter Herr College! D r Jaffe wird Ihnen geschrieben haben. 1 Wir würden unter andren Verhältnissen jedenfalls auf Ihre anregenden und werthvollen Auseinandersetzungen unsrerseits reflektiert haben und rechnen also auf Ihre Arbeit über Alcoholismus seiner Zeit. 2 Nun die Frage: wo wird Ihr Aufsatz am besten publiziert? Mir schwebt eigentlich - auch nach längerem Besinnen - nur vor: 1) entweder „Annalen der Naturphilosophie" 2) oder die Avenarius'sche Zeitschrift. 3 (An Riehl könnte ich schreiben, wenn es nützlich ist) 3 , 4 3) oder „Annalen der Philosophie" 5 (bringt öfter gute methodologische Arbeiten, ich habe keine Verbindung) 4) zur Ebbinghaus''sehen Zeitschrift 6 habe ich auch keine Verbindung 5) oder wie wäre es mit der Beilage zur „Allgemeinen Zeitung"? Ich bitte Sie jedenfalls, wenn ich mich nützlich machen kann, mir zu schreiben. Mir ist bisher nichts rechtes Anderes eingefallen. Heut in Eile, Ihr in vorzüglicher Hochachtung stets ergebenster Max Weber a Klammer fehlt in 0 . 1 Ein Schreiben Edgar Jaffes ist im Nl. Willy Hellpach, GLA Karlsruhe, nicht nachgewiesen. Offensichtlich geht es um die Ablehnung des Artikels: Über die Anwendung psychopathologischer Erkenntnisse auf gesellschaftliche und geschichtliche Erscheinungen, für das AfSSp. Erschienen ist der Aufsatz in: (Ostwalds) Annalen der Naturphilosophie, Bd. 5, 1906, S. 321 - 3 4 8 . 2 Vgl. Brief an Hellpach vom 18. April, oben, S. 83, Anm. 11. 3 Gemeint ist die „Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie". 4 Alois Riehl, der Kollege von Weber während seiner Freiburger Lehrtätigkeit gewesen war, gehörte zu den Herausgebern der besagten Vierteljahrsschrift. 5 Welche Zeitschrift Weber hier meint, ist unklar. Ein philosophisches Publikationsorgan dieses Namens ist erst 1919ff. erschienen. 6 Gemeint ist die „Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane".
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Clara Mommsen PSt 3. Mai 1906; Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 23, Bl. 37
Liebe Clara! Vielen Dank für Deinen Brief und Eure [??]a Wünsche! Daß Benecke's Haus schon jetzt verkauft würde, ist glaube ich ausgeschlossen,1 Das würde also wohl - was ich Dir nur mitteilen wollte, - Eurer Absicht 5 schwerlich im Wege stehen. 2 Du kannst das ja aber leicht durch Anfrage feststellen. Hier wissen wir nur, daß sie einen bestimmten Preis (als Minimum) verlangen (350000 Mk!)[.j Herzl. Gruß! auch an Ernst! Max 10
Ziegelh. Landstr. 27
a Ein Wort nicht lesbar. 1 Ernst Wilhelm Benecke, Professor der Geologie In Straßburg, der mit Emilie Benecke, geb. Fallenstein, einer Schwester von Max Webers Mutter, verheiratet war, besaß in Heldelberg das Haus in der Ziegelhäuser Landstraße 1. Dieses Haus hatte seine Mutter Emmeline Benecke, geb. Schunck, Im Oktober 1876 erworben. Es war seitdem vermietet, doch konnte das oberste Stockwerk von der Familie genutzt werden. 2 Clara und Ernst Mommsen beabsichtigten, Heldelberg zu besuchen und im Hause von Beneckes zu wohnen. Vgl. auch Brief an Helene Weber vom 11. Mai 1906, unten, S. 88.
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11. Mai 1906
Helene Weber 11. Mai 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hbg 11/V06 Liebste Mutter! Vielen Dank für Deinen Brief. Marianne läßt Dir sagen, daß sie an Lili 2 Mal - einmal vor, einmal nach Deinem Brief - geschrieben u. den beifolgenden Brief bekommen hat. 1 Sie hatte in den letzten Tagen ihre „Tage", sonst wäre sie vielleicht einfach hingereist. 2 2) Arthur betreffend, meinen wir, sie sollten in's Scheffelhaus,3 dort ist es (Pfingsten zumal) nicht so spektakelig wie in der Stiftsmühle. 4 Marianne und Bertha 5 werden grade in den Pfingsttagen unwohl. Wäre das nicht, würden wir sie zu uns bitten. Sollten sich die Tage (was oft vorkommt), verfrühen, dann thun wir es noch. Am nettesten wäre es für Arthur u. V[alborg] 6 natürlich, wenn sie |:erst: | von Pfingst-Dienstag an hier sein könnten, dann ist der gräßliche Trubel vorbei. Aber das werden sie nicht können. Ich schreibe Arthur noch.7 3) Clara sage doch bitte nochmals, daß es doch vielleicht recht gut ginge, daß sie kämen. Haben sie Benecke's gefragt? 8 Es wäre doch recht nett, - freilich: Clara ist „Gesellschaftstier" u. bis zum Spätnachmittag ist sie wesentlich (in der Regel wenigstens) auf sich angewiesen. Aber zum Ausruhen wäre es ja doch sehr schön und würde mich sehr freuen. 4) Wie Du Dich einrichtest, liebste Mutter, Das mache ja wie es Dir paßt. Vielleicht bist Du doch lieber nur mit uns still hier im August? Wir dachten es uns, da wir in Italien nicht „Kunst", sondern „Ruhe" suchen (erst etwas in Assisi, dann in Capri, dann vielleicht noch weiter nach Sizilien, |:je 14 Tage:| - vielleicht gingst Du, wenn Du nicht zu viel
1 Die erwähnten Korrespondenzen sind nicht nachgewiesen. 2 Gemeint ist eine Reise nach Karlsruhe, wo sich Lili Schäfer nach dem Tod ihrer Schwiegermutter Clara Schäfer am 1. Mai 1906 aufhielt. 3 Hotel-Pension in Heidelberg, Ziegelhäuser Landstraße. 4 Hotel in Ziegelhausen, außerhalb von Heidelberg. 5 Bertha Schandau. 6 Arthur und Valborg Weber, Bruder und Schwägerin von Max Weber. 7 Der hier angekündigte Brief an Arthur Weber Ist nicht nachgewiesen. 8 Vgl. Karte an Clara Mommsen vom 3. Mal 1906, oben, S. 87, Anm. 2.
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machen willst, nur nach Assisi und Capri mit? - aber am liebsten überall), da wir also an 2 - 3 Orten jea 14 Tage etwa |: nicht herumlaufen, sondern: | sitzenb wollen u. Wagen fahren etc., so dachten wir es uns nett, mit Dir da zusammen zu sein. Man kommt ja | :eher: | mehr zum Sprechen als hier, zumal die Abende schon um etwa Vi T—6 anfangen, man also lange Plauderzeit hat u. ich nichts thue, auch Marianne ihr Buch 9 los ist. dAber sei ganz sicherd: kommst Du im Grund lieber nur hierher, - uns ist es auch recht. Nur nimm Dir, - zumal wenn wir, hoffentlich, zusammen nach Italien gehen, 6 ordentlich Zeit6. - Sei herzlichst für Dein Geburtstagsgeschenk 10 und Deinen Brief bedankt! Von Herzen Dein Max
a 0: zweifach unterstrichen, b 0: zweifach unterstrichen, c 6 > 7 . unterstrichen, e O: zweifach unterstrichen.
d 0: zweifach
9 Gemeint ist Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. Marianne Weber schrieb in ihrem Brief an Helene Weber vom 13. April 1906: „ Ich fange allmählich auch wieder an zu arbeiten-es handelt sich nun hauptsächlich darum, Maxens .Desiderate' zu erfüllen - er ist so gräßlich anspruchsvoll, schleppt noch Haufen historischer Litteratur herbei - ich bin manchmal fuchsteufelswild - folge ihm dann aber schließlich doch, da er ja recht hat. Aber es kann sich noch-je nach meiner Frische u. dem was sonst kommt-heillos in die Länge ziehen." Tatsächlich konnte sie das Manuskript vor der Reise nicht abschließen. Im Brief vom 10. Sept. 1906 an Helene Weber schrieb sie: „Von meiner Arbelt wird ein gutes Drittel druckfertig, so daß ich es an Siebeck schicken kann, an den 2 anderen Dritteln werde ich leider nach unserer Rückkehr noch ein paar Wochen zu basteln haben!" Beide Briefe Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 10 Max Weber hatte am 21. April Geburtstag gehabt.
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Robert Michels 16. Mai 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 3
Heidelberg 16/V 06 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich habe Ihnen Ihr „Dokument" 1 nicht gleich zurückgeschickt, weil ich dachte, es fiele mir vielleicht noch etwas ein, was ich Ihnen rathen könnte. - Aber ich weiß nicht, was? Dies Schriftstück ist ja sehr diplomatisch, sicher eine Schwergeburt ersten Ranges, es läßt im Dunkeln, wo eigentlich die Klippe für Sie liegen würde und spricht nur eine private Meinung aus. Wenn Sie wollten, könnten Sie natürlich immer noch schreiben: Sie wollten es angesichts der Zeiß'schen Stiftung 2 darauf ankommen lassen und s.Z. |:- d. h. sobald eine geeignete Habilitationsschrift fertig gestellt sei ein Gesuch einreichen, - die Bande in Jena würde ja Blut schwitzen und es wäre kein übler Scherz. Natürlich würden Sie ja nie durchkommen, - wer kann denn beweisen, warum Sie abgewiesen werden, wenn die Fakultät die Habilitationsschrift z . B . beanstandet. U . ich mache mich anheischig, nicht nur meinen Collegen Pierstorff - dazu gehört nicht viel - sondern überhaupt Jeden, (auch mich selbst), im Colloquium zum „Durchfallen" zu bringen. 1 D.h. den ablehnenden Bescheid Julius Pierstorffs in seinem Brief an Michels vom 7. Mai 1906 über dessen Habilitationsaussichten an der Universität Jena; vgl. Brief an Michels vom 18. April 1906, oben, S . 8 4 f „ Anm.2. 2 Ernst Abbe, der Begründer der Carl-ZeilB-Stiftung, hatte am 24. Februar 1900 ein „Ergänzungsstatut" erlassen, welches die Aufwendungen und Verwendungszwecke der Stiftung hinsichtlich der Universität Jena regelte. Art. 7 sah vor, daß neben den mathematischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen u.a. Handels- und Gewerberecht und auch Volkswirtschaftslehre gefördert werden konnten. Art. 10 bestimmte ausdrücklich, daß die Dotation von Lehrstühlen und andere Leistungen für die Universität Jena seitens der Stiftung „ nur so lange übernommen und früher übernommene wiederkehrende nur so lange fortgesetzt werden, als die Dozenten der Universität Jena (dem bisherigen Rechtszustand gemäß) volle Lehrfreiheit genießen und in der Ausübung der allgemeinen staatsbürgerlichen Rechte nicht beschränkt sind." Abgedruckt in: Statut der Carl-Zeiß-Stiftung zu Jena. Errichtet von Ernst Abbe. - Jena: Kommissionsverlag von Gustav Fischer 1935, S. 69. Vgl. dazu Wuttig, Ernst, Die Carl-Zeiß-Stiftung in Jena und ihre Bedeutung für die Forschung, in: Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele. Hg. von Ludolph Brauer, Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Adolf Meyer unter redaktioneller Mitarbeit von Johannes Lemcke, Bd. 1. - Hamburg: Paul Härtung Verlag 1930, S.441 - 4 4 9 , insbesonders S.445.
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Wenn Sie also die Sache als erledigt ansehen, dann werde ich gelegentlich einmal von dem Vorfall in meiner Weise Gebrauch machen, vielleicht schon bald. Denn die Sache ist ja nicht „sekret" und ein Skandal sonder gleichen auf alle Fälle. 3 5 In Deutschland steht die Sache nun ziemlich „mäßig" 3 für Sie. Über Baden Ihnen Ratschläge zu erteilen, wäre, aus gewissen persönlichen Gründen, nicht delikat von mir. Tübingen? Gießen? Eher noch Ersteres als Letzteres. Aber vielleicht haben Sie überhaupt den Geschmack an uns verloren. Ich bin begierig zu hören, was Sie vorhaben. 10 Wie geht es Ihrer Arbeit? 4 Hoffentlich gelingt es Ihnen, die Sache zu komprimieren: wenn dann, was ja für dies Thema wohl fraglos ist, die Arbeit als Buch erscheint, können Sie ja die weitestgehenden Ergänzungen und Erläuterungen vornehmen. Herzl. Gruß! Ihr 15 Max Weber
a
Alternative Lesung: „müßig"
3 Ein erster literarischer Niederschlag von Michels' verhinderter Habilitationsmöglichkeit in Jena findet sich in: Weber, Scheinkonstitutionalismus, S.208, Anm.82 (MWG 1/10, S. 372). Erst zwei Jahre später ist Weber in einer größeren Artikelfolge darauf eingegangen: Die Lehrfreiheit der Universitäten. I, in: Saale-Zeitung, Nr. 553 vom 25. Nov. 1908, Mo.BI., S. 1; II, ebd., Nr.554 vom 25. Nov. 1908, Ab.BI., S.1, und III, ebd., Nr.558 vom 27. Nov. 1908, Ab.BI., S. 1 (MWG 1/13). 4 D.h. Michels' Arbeit über die deutsche Sozialdemokratie; vgl. Karte an Michels vom 21. Mai 1906, unten, S. 94.
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Paul Siebeck 19. Mai 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 18. Mai 1906, VA Mohr/Siebeck, ebd. Er bittet darin um Auskünfte über den Nationalökonomen Magnus Biermer als möglichen Mitherausgeber für die projektierte Neuauflage des bislang von Gustav v. Schönberg herausgegebenen Handbuches der Politischen Ökonomie sowie über Helene Simon, die dem Verlag ein Buch über Kinderschutz angeboten hatte.
Hochverehrter Herr Doctor Siebeck! Nur kurz - weil in Eile - auf Ihre Anfragen: 1. Vor Biermer (Gießen) ist dringend zu warnen^. Er ist eine Null und sucht um jeden Preis, durch Antisemitismus, Zeitungskrakehl etc. für sich Reklame zu machen. Jeder Unbefangene muß das bestätigen.1 2. Helene Simon ist sehr intelligent. Ihr Buch, (gemeinsam mit Adele s Schreiber) über „Mutterschaft u. geistige Arbeit" (Enquête) gehört zu den besten Leistungen.2 Nicht zu leugnen ist, daß sie etwas viel Vorträge, klfeine] Artikel etc. von sich giebt, aber das liegt in der Situation! Niemand entgeht Dem, der |:„moderne: | Frau" ist. Ob sie für „Kinderschutz" \:besonders:\ competent ist, kann ich nicht wissen, sehe aber 1Q keinen Grund dagegen. Jedenfalls, wie gesagt, ist sie unzweifelhaft eine
^ Dann lieber so Jemand wie Diehl oder Tröltsch3 1 Weber bezieht sich hier offensichtlich auf einen Bericht der FZ über einen Vortrag Biermers In Gießen vom Dezember 1905 über Koalitions- und Versammlungsrecht, in welchem dieser u.a. ausführte: „die Juden seien es in den vergangenen Jahrhunderten gewesen, die nicht nur der Revolution gehuldigt, sondern an deren Spitze gestanden hatten, so sei es jetzt wieder in Rußland, und auch bei uns in Deutschland seien es Juden, welche der sozialdemokratischen Bewegung das häßliche, das vergiftende, die Gegensätze verschärfende Gepräge geben." Zitiert nach: Deutsches Reich: Gießen, 23. Dezember, in: FZ, Nr. 356 vom 24. Dez. 1905, 6.M0.BI., S. 1. Die Replik von Biermer und die Stellungnahme der Redaktion dazu unter dem Titel: Professor Biermer und die jüdischen Revolutionäre, in: FZ, Nr.358 vom 28. Dez. 1905,1.Mo.BI., S. 1. 2 Weber spricht hier irrtümlich von Adele Schreiber; gemeint ist jedoch Adele Gerhard. Es handelt sich um das Buch: Gerhard, Adele, und Simon, Helene, Mutterschaft und geistige Arbeit. Eine psychologische und soziologische Studie. Auf Grundlage einer internationalen Erhebung mit Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung. - Berlin: Georg Reimer 1901. 3 Gemeint ist hier Walter Troeltsch, Nationalökonom an der Universität Marburg.
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der „Intelligenzen" dieses ganzen Völkchens u. wird Ihnen keine Schande machen, wenn sie sich Mühe gegeben hat. Herzl. Gruß! stets der Ihrige Max Weber Hbg 19/V06
Umstehend!
Schade, daß Schfönberg] noch so lange leben wird (das soll man ja nicht sagen, sachlich aber ist es, unter uns, so) - sonst würden sich wohl ganz andre Leute finden, die die Sache übernehmen! - nach Eindrücken, die ich kürzlich hatte.4 4 Wie aus dem Brief an Siebeck [vom oder nach dem 21. Mai 1906], unten, S. 95, hervorgeht, bezieht sich Weber hier auf ein Gespräch mit Werner Sombart. Weber, der schon 1905 von Siebeck um Rat für die Neubearbeitung des Handbuchs gebeten worden war und daraufhin eine ausführliche Expertise erstellt hatte, war ursprünglich von Gustav v. Schönberg als dessen Mitherausgeber bzw. Nachfolger vorgesehen. Diesbezüglich schrieb Siebeck nach einem persönlichen Besuch zu Ostern in Heidelberg am 19. Mai 1906 an v. Schönberg (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr.222): „Hochverehrter Herr Staatsrath, in dem Bestreben, durch eine persönliche Aussprache mehr, als durch eine briefliche auszurichten, habe ich Herrn Professor Max Weber in Heidelberg aufgesucht und ihm auf Grund unserer Verabredung in Ihrem Auftrag den Adlatus mit dem Ius succedendi angetragen. Herr Professor Max Weber war darüber hoch erfreut und bat mich, Ihnen seinen allerverbindlichsten Dank für das große Vertrauen, das Sie Ihm entgegenbringen und das ihn im höchsten Grade ehre, auszusprechen. Die Rücksicht, die er vorerst immer noch auf seine Gesundheit nehmen muß, verbietet es ihm zu seinem lebhaften Bedauern, das Anerbieten anzunehmen. Er wollte Ihnen selbst schreiben, doch erklärte ich mich bereit, ihm dies abzunehmen, und mache Ihnen nunmehr in seinem Auftrag diese Mitteilung. [...] Ich erlaubte mir nun, ihn zu fragen, wer denn nach seiner Ansicht in Frage kommen könnte. Darauf nannte er mir Schumacher in Bonn, der nicht blos nach seiner Richtung dem Handbuch vorzüglich anstünde und in hervorragender Weise organisatorisches Talent besitze, sondern auch alles, was er übernehme, mit größter Energie, Gewandtheit und Pünktlichkeit durchführe; die einleitenden Arbelten könnte er vielleicht noch vor seiner Abreise nach Amerika erledigen, so meinte Herr Professor Weber. Nächst Schumacher machte er auf Herrn Professor Herkner in Zürich aufmerksam. Ich frug ihn dann, was er von Herrn Professor Walther Tröltsch hielte, worauf er auch diesen empfahl; ob er Geschick im Verkehr mit den Mitarbeitern und redaktionelles Talent haben werde, konnte Herr Professor Weber mir nicht sagen." Der Versuch einer Neuauflage des Handbuchs hat sich noch Jahre ergebnislos hingezogen. Erst nach dem Tode v. Schönbergs Anfang 1908 und nach dem Scheitern der Bemühungen Siebecks, von sich aus einen geeigneten Nachfolger zu finden, trat das Projekt in eine entscheidende Phase, nachdem Weber sich bereit erklärte, ein neu konzipiertes Handbuch zu betreuen, aus dem sich schließlich 1909 der „Grundriß der Sozialökonomik" herauskristallisierte. Vgl. dazu die Korrespondenz mit Siebeck ab 30. August 1908, unten, S. 648.
94
21. Mai 1906
Robert Michels PSt 21. Mai 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 8
Montag. Sehr geehrter Herr Doktor! Nur zur Nachricht, daßlhrMscr. da ist (soeben)[,j 1 Ich lese es aber erst in einigen Tagen, da ich in ganz unaufschiebbarer Arbeit tief vergraben stecke. 2 In das Juliheft kann Ihr Aufsatz keinesfalls, wohl aber in das Septemberheft, so daß er, hoffentlich, noch vor dem Parteitag herauskommt. 3 In Ihrer Sache mit Siebeck u. Fischer weiß ich mir keinen rechten Rath, habe auch mit Jaffe eingehend, aber vergeblich, darüber geredet. 4 Ich müßte Siebeck sprechen (schreiben nutzt gar nichts, wie ich mich wiederholt 3 überzeugt habe) um auf ihn einzuwirken, u. es wird einige Zeit dauern bis ich ihn sehe. Ich schreibe Ihnen, denke ich, noch einmal darüber. Für heute herzl. Gruß! Max Weber
a
0 : widerholt
1 Es handelt sich um das Manuskript des Artikels, der erschienen ist unter dem Titel: Die deutsche Sozialdemokratie, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2,1906, S. 471 - 5 5 6 . 2 Dies bezieht sich auf Weber, Scheinkonstitutionalismus. 3 D. h. vor dem Parteitag der Sozialdemokraten vom 23. bis 29. September in Mannheim. 4 Michels hatte sich in seinem Brief vom 30. April 1906 an Paul Siebeck mit der Bitte gewandt, den Verlag seiner gesammelten „Studien zur socialen Geschichte Italiens" zu übernehmen (VA Mohr/Siebeck Tübingen, Nr. 219), hatte aber am 3. Mai 1906 von Paul Siebeck ablehnenden Bescheid erhalten, ebd. Zwar sind Korrespondenzen mit dem Verlag Gustav Fischer in Jena sowohl in dessen Verlagsarchiv als auch im Nl. Michels nicht nachgewiesen, doch läßt sich vermuten, daß Fischer ebenfalls abgelehnt hat. Jedenfalls sind die Studien Michels über den Sozialismus in Italien unter diesem Titel nie im Deutschen in Buchform erschienen.
21. Mai 1906
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Paul Siebeck [am oder nach dem 21. Mai 1906]; o. 0 . Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Die Korrektheit des Verlagsvermerks: „21. V. 06 erhalten" ist sehr zweifelhaft, da das Schreiben Paul Siebecks, auf das sich der unten abgedruckte Brief Webers bezieht, ebenfalls auf den 21. Mai datiert ist, die Antwort Webers folglich noch am selben Tag in den Verlag gelangt sein müßte, was eher unwahrscheinlich ist. Der nachfolgende Brief Siebecks ist auf den 25. Mai datiert. Bezug: Brief Siebecks vom 21. Mai 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.), in welchem er um eine nähere Erläuterung der Schlußpassage in Webers Brief vom 19. Mai 1906 bittet.
Hochverehrter Herr D r Siebeck! Bei den betr. Eindrücken handelte es sich nur darum, daß Sombart offenbar - als ich ihm davon erzählte (natürlich strengst vertraulich, er spricht nicht davon), daß man einen Adlatus und eventuellen Successor 5 in die Redaktion des „Handbuchs" zöge 3 - immerhin lebhaftes Interesse an der Sache nahm. 1 Man würde wohl ein Consortium zusammenbekommen, welches diese Sache in die Hand nähme, - das ist mir klar. Aber natürlich nicht unter Sch[önberg]. Ließen Sie ihn doch ev. einen ganz jungen nehmen, der keinerlei „Ansprüche" macht und machen 10 kann!Und bei dem Sie für künftig ungebunden bleiben? Freilich, Das hat nun für die Gegenwart für Sie wieder seine Nachteile. Es wäre
Ich weiß nicht, wie viel Harms z. B. taugt. - 2
a
O: zeigte
1 Dazu schreibt Siebeck in seiner Antwort vom 25. Mai 1906, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446: „ [...] das wäre freilich eine andere Perspektive für die Zukunft\ Schönberg und Sombart zusammen - das Ist ja ausgeschlossen, hab' ich doch nicht einmal die Candidatenllste Schumacher - Herkner - Tröltsch durchgesetzt, sondern mußte Herkner fallen lassen, da er - trotz all' meiner Versicherungen, daß er sich nach rechts entwickele - Sch[önberg] zu radical Ist; Brentano-Schüler und .Österreicher', Ordinarius an einer schweizerischen, nicht an einer deutschen Universität, das ist für Sch[önberg] zu viel auf einmal, gar jetzt, wo er [...] immer mehr den Eindruck eines gebrochenen Mannes macht." 2 Ebd.: „Er ist nicht ungeschickt, mir freilich nicht sehr sympathisch, Schjönberg] aber wird schwerlich einen Privatdozenten neben sich auf dem Titel führen wollen - dieser Abstand wär' zu stark - , vor allem aber: Harms .zieht' nicht, deckt das Manco ,Sch[önberg]' nicht genug."
21. Mai 1906
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also wohl schon das beste, wenn Schumacher3 zu gewinnen wäre 2 '. Die sehr stark „gemäßigte" „Richtung" des Handbfuchs] würde damit [.definitiv :\ erhalten, eher noch verstärkt, aber das liegt in der Sache, u. es ist gut, wenn eine solche „Richtung" eben „gut" vertreten ist. Für heute nur besten Gruß Ihr stets ergebenster Max Weber 2
> Der ist natürlich damit gegebener Nachfolger
3 Ebd.: „ S o gehe ich denn jetzt an Schumacher. Lehnt er ab, so muß ich Tröltsch fragen. Will auch er nicht, dann kann ich die Cablnettsbildung in Sch[önberg]'s Hände zurückgeben und mich frei machen - so allein käme ich auch um die Bindung an die Weiterführung des Titels .Schönbergs Handbuch' herum und könnte Sombart etwas ganz Neues machen lassen." Tatsächlich hat sich Siebeck am 25. Mai 1906 an Hermann Schumacher gewandt (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 223), welcher In seiner Antwort v o m 8. Juni 1906 (ebd.) sich zwar prinzipiell zu einer Mitherausgeberschaft bereit erklärte, aber gleichzeitig um Bedenkzelt bat, da er im Wintersemester 1906/07 als Austauschprofessor Lehrverpflichtungen an der Columbia Unlversity In New York zu erfüllen habe und erst danach eine endgültige Entscheidung fällen könne. Als Slebeck jedoch am 12. Juni 1906 (ebd.) Schumacher zu einer festeren Zusage drängte, antwortete dieser dann am 6. Sept. 1906 (ebd.) mit einer Ablehnung. Ein daraufhin von Gustav v. Schönberg an Schumacher gerichteter Brief v o m 20. Nov. 1906 (GNM Nürnberg, ABK, Nl. Hermann Schumacher, Fasz.14) mit der Bitte, seine ablehnende Entscheidung nochmals zu überdenken, blieb unbeantwortet. Vgl. dazu Brief an Slebeck v o m 13. April 1907, unten, S. 279.
23. Mai 1906
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Helene Weber [am oder nach dem 23. Mai 1906; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus der Karte von Marianne Weber an Sophie Rlckert vom 18. Mai 1906 (Nl. Heinrich Rlckert, Privatbesitz), In der sie für den 23. Mai 1906 ihre Ankunft In Freiburg ankündigte. Der Brief Ist daher am 23. Mai 1906 oder wenig später geschrieben worden. Ort erschlossen aus dem Briefinhalt.
Liebe Mutter! Marianne ist nach Freiburg zu ihrem Congreß 1 - oder vielmehr zuerst nach Karlsruhe, um dort |:von:| dem Präsidenten des Oberkirchenrathes wegen des kirchlichen Frauenstimmrechts zur Rücksprache empfangen zu werden. 2 Sie meinte, sie würde von Fr[eiburg] aus nicht zum 5 Schreiben kommen, ist auch doch ziemlich müde schon jetzt, und bat mich daher Dir von unsren Eindrücken von Lili zu erzählen. 3 Ich finde in der That, daß sie sich entwickelt hat und entwickelt, - es ist nur schade, daß diese Hysterie der Schwägerin4 sich nun grade als eine Carrikatur von „Persönlichkeitsstreben" und „Anti-Patriarchalis10 mus" giebt, und daß die Gefühllosigkeit, mit der sie, ganz wie Hysterische das thun, ihre Umgebung und den alten Mann 5 behandelt, Lili gar 1 Die 8. Mitgliederversammlung des Vereins Frauenbildung - Frauenstudium fand vom 24. bis 27. Mal 1906 In Freiburg statt. 2 Marlanne Weber schrieb am 8. Juni 1906 an Helene Weber (Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Beim Oberklrchenratspräsidenten Helbing in Karlsruhe waren wir auch, um seine Ansicht über kirchliches Frauenstimmrecht einzuholen. Er Ist der Sache gewogen, hält sie aber noch für aussichtslos!" Die Forderung, Frauen das Stimmrecht bei Wahlen zu kirchlichen Gremien zu gewähren, war bereits anläßlich der badischen Generalsynode 1904 vom Heidelberger Verein für Frauenstimmrecht erhoben worden. Auch die Abteilung Heldelberg des Vereins Frauenbildung Frauenstudium, deren Vorsitzende Marlanne Weber war, hatte sich dieser Frage angenommen; eine Delegation von drei Damen sollte vom Präsidenten des Oberkirchenrates empfangen werden. Vgl. Protokollbuch der Vorstandssitzungen des Vereins Frauenbildung - Frauenstudium, Heidelberg, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Erst auf der Generalsynode 1914 wurde ein Antrag auf eine entsprechende Revision der Kirchenverfassung mit schwacher Mehrheit angenommen. Vgl. Verhandlungen der ordentlichen Generalsynode 1914 der evangelisch-protestantischen Kirche des Großherzogtums Baden. - Karlsruhe: Reiffs Buchdruckerei 1915. 3 Lili Schäfer kam zur Beerdigung der am 1. Mal 1906 verstorbenen Mutter ihres Mannes, Clara Schäfer, nach Karlsruhe und hielt sich anschließend einige Tage in Heidelberg auf. 4 Gemeint Ist Marie Hohn, geb. Schäfer, Schwester von Lili Schäfers Mann. 5 Gemeint ist Karl Schäfer, der Vater von Marie Hohn und Schwiegervater von Lili Schäfer.
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23. Mai 1906
nicht zum Bewußtsein kommen lassen, daß eben in der That der Alte auf Frau und Kindern gelastet hat und daß die Frau 6 mit ihrer bedingungslosen Unterordnung und vor Allem mit dem Prinzip: den Kindern gegenüber unbedingt zu thun, als sei alles in Ordnung, ein Unrecht an sich, dem Mann und den Kindern gethan hat, was sich rächt. Nach ihren Erzählungen hatte ich den Eindruck, daß der Alte nicht mehr lange leben wird, der Collaps ist doch bedenklich genug und wird wiederkommen, wenn die Einsamkeit zu Hause später kommt. Und von der Schwägerin kann man in aller Interesse ja nur hoffen, daß sie sich bald anderweit verheirathet, wenn der Mann erst tot ist. 7 - Ich glaube nicht, daß man da viel helfen kann. Geht es dem Alten |:wirklich einmal wieder: | besser, so muß er versuchen, mit den Dienstmädchen zu wirtschaften, Jemand ins Haus nehmen geht ja nicht, seine ganze Natur paßt dazu doch kaum. - Lili war hier sehr zuthunlich und hatte das Bedürfnis, viel und eingehend zu sprechen, anders als früher, - zum Teil eine Folge ihrer Erregung. Sie ist klug, beherrscht sich gut und ist opferfähig, - die „Nüchternheit" sitzt ja vorläufig ziemlich fest, aber sie ist ja noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. Wenigstens die unbedingte Angst vor allen „Problemen" wird 3 doch wohl jetzt angesichts dieser Aufgabe, 8 der sie im Ganzen offenbar recht gut gewachsen gewesen ist, etwas abnehmen. Sie scheint, namentlich zu Marianne, Vertrauen zu haben, und später, bei etwas mehr Zeit, kann man wohl einmal eingehender über Manches sprechen. Ich stecke tief in Arbeit. Hoffentlich kommst Du nun, wo Du die Kinder los bist, 9 etwas wirklich zur Ruhe, es ist die höchste Zeit! Mariannes Zimmer ist jetzt wirklich sehr hübsch, ich wollte nur, ihre Nerven wären leistungsfähiger. Wird das nicht bald anders, gehe ich nach Pfingsten mit ihr 8 Tage in den Schwarzwald. Mir geht es wechselnd, aber ich kann, jetzt wo es warm wird, arbeiten. Herzlichst Dein Max a In 0 folgt: sich 6 Gemeint ist Clara Schäfer. 7 Gemeint ist der Mann von Marie Hohn, Otto Hohn, der krank in einer geschlossenen Anstalt In Halle lebte. 8 Gemeint sind vermutlich die mit dem Tod von Clara Schäfer verbundenen Aufgaben. Vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, unten, S. 162, Anm.3. 9 Vermutlich hatte Helene Weber die Kinder von Lili Schäfer während deren Aufenthalt in Karlsruhe und Heidelberg gehütet.
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3. Juni 1906
Robert Michels 3. Juni 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 9
Heidelberg 3/VI06 Sehr geehrter Herr Doktor! Verzeihen Sie vielmals mein langes Schweigen! Es ging mir nicht gut und ich stecke noch immer in dem Bericht über Rußland, der rechtzeitig 5 fertig werden muß, um gedruckt werden zu können. 1 Mit größtem Interesse las ich Ihre Skizzen, 2 überall mit Beifall und eigentlich ohne die Möglichkeit, an Ihren Ansichten „Kritik" im Sinn des Widerspruchs zu üben, - denn ich bin ganz der gleichen Meinung. Vielleicht habe ich doch durch meinen Rath: „comprimieren" 3 Sie veranlaßt, werthvolles 10 Material bei Seite zu lassen? Je mehr Beispiele, desto besser und überzeugender. Ich sehe nun noch nicht recht, wie Sie die Sache aufbauen werden, wenigstens nur einige Umrisse. Werden Sie die Entwicklungsgeschichte der Organisationsstatuten hineinziehen? Die treibenden Motive der entscheidenden Bestimmungen? Einer Erweiterung und Vertie15 fung schiene mir besonders noch der von Ihnen sehr glücklich in den Vordergrund gerückte Punkt: „Sprödigkeit" der Partei | :gegen bürgerliche Liebhaber: | in ihren Motiven und Consequenzen fähig zu sein. Es ist die entscheidende Situation für sicher sehr viele „Bürgerliche", daß sie außer stände sind, in Arbeiterkreisen, auch auf dem Gebiet der allge20 meinen „aufklärenden", ganz unpolitischen, Arbeit^] zu wirken, weil die Partei das ängstlich controlliert und ungern sieht und andrerseits sie das Credo nicht unterschreiben können. James Bryce ist auf der hiesigen Bibliothek, 3 ob die andern? weiß ich nicht ganz sicher, von Low b glaube ich es aber bestimmt. 4 Soll ich Ihnen a (werthvolle) b 0: Law 1 Gemeint ist Weber, Scheinkonstitutlonalismus. 2 Es handelt sich um das Manuskript des Artikels, der erschienen ist unter dem Titel: Die deutsche Sozialdemokratie, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2,.1906, S. 471-556. 3 Bryce, James, The American Commonwealth. Second Edition Revised. 2 vols. - London and New York: Macmillan & Co. 1890. Vgl. Brief an Michels vom 26. März 1906, oben, S. 57, Anm.4. 4 Low, Sidney, The Governance of England. - London: T. F. Unwin 1904.
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3. Juni 1906
die Bücher besorgen? Vielleicht versuchen Sie zunächst einmal, sie durch die Marburger Bibliothek Sich kommen zu lassen. Für alle Fälle lege ich - falls Sie direkt correspondieren wollen, einen Bürgschaftsschein bei. Haben Sie Nachsicht, mir fällt jetzt nichts Ordentliches ein, da mein s Kopf auf ganz andre Dinge eingestellt ist. Sobald Rußland erledigt ist, schreibe ich wieder. Zahlreiche Bemerkungen (die über die Wirthe z. B:}5 sind ebenso interessant wie (mir) neu, andre, bekannte, vortrefflich formuliert. Ich freue mich auf die Arbeit sehr! Ich schicke das Mscr. übermorgen, nachdem ich es nochmals gelesen u. hoffe dann bald zum 10 Nachdenken über seine Anregungen zu kommen. Einstweilen angelegentlichste Empfehlung und besten Gruß! Ihr ergebenster Max Weber
Anlage zum Brief an Robert Michels vom 3. Juni 1906 A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 2
Für alle von Herrn D r Robert Michels, Marburg i. H. aus der Großh. Bibliothek in Heidelberg entliehenen Bücher bürgt Professor D r Max Weber Heidelberg 3. Juni 1906
5 Dies bezieht sich auf das in A n m . 2 genannte Manuskript; vgl. dessen Druckfassung S. 5 5 3 - 5 5 5 . Michels exemplifiziert an dieser Stelle seine These, daß durch den organisierten Kampf der Arbeiterschaft bestimmte nichtproletarische bzw. kleinbürgerliche Berufskategorien an Stärke gewinnen, an der numerischen Zunahme und Bedeutung der „Parteiwirte", d.h. der Gastwirte in der sozialdemokratischen Partei.
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Robert Michels PSt 16. Juni 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 10
S.g. H . D r ! Besten Dank! - Die Gapon-Sache wird schwerlich eindeutig geklärt werden, da zu viele Leute ein Interesse daran haben, daß kein Licht hineinkommt. 1 Nur die |:Ex-:|Minister Witte, Durnowo, Timirjasjew 5 könnten Authentisches sagen 1 '. M. E. war er ein Phantast und „betrogener Betrüger" , 2 - er glaubte für seine unklaren sozialen Pläne 2 Eisen im Feuer haben zu können, aber - Qui mange du pape, en meurt, 3 das gilt auch von der russischen] Bureaukratie. 4 Seltsam war, daß das „Urteil" weder in den üblichen revolutionären Blättern publiziert war, noch auch
Sie haben nichts dementiert was immerhin bedenklich ist. 5
1 Der russische Priester und Arbeiterführer Georgij Gapon war wegen seiner allgemein vermuteten Kollaboration mit Regierungsstellen von Sozialrevolutionären Ende März „hingerichtet" worden; seine Leiche wurde ersteinen Monat später gefunden. Zu Gapon vgl. Sablinsky, Walter, The Road to Bloody Sunday. Father Gapon and the St. Petersburg Massacre of 1905. - Princeton, New Jersey: Princeton Universlty Press 1976. 2 Diese klassische Formulierung in Lessings „Nathan der Welse", 3. Aufzug, 7. Szene. 3 Dieses Sprichwort unbekannter Provenlenz bezieht sich auf Papst Alexander VI. Borgia (1431 - 1 5 0 3 ) , der mißliebigen Gästen vergiftete Speisen vorgesetzt haben soll. 4 Zu Gapon vgl. Weber, Bürgerliche Demokratie, S.276, Anm.40, und S.291, A n m . 5 2 (MWG 1/10, S. 158, Anm. 40, und S. 184, Anm. 52) sowie Insbesonders: Weber, Schelnkonstitutionalismus, S.215, Anm. 102, und S.279, Anm. 170 (MWG 1/10, S . 3 8 2 f „ Anm. 102, sowie S. 492f., Anm. 170). 5 Laut „Vorwärts", Nr. 53 vom 4. März 1906, S. 1 - 2 , „Die Revolution In Rußland. Der Fall Gapon", hatte das Mitglied der Gaponschen Arbeiterorganisation, Nikolaj Petrov, in der Zeitung „ R u s " ' die Verbindung Gapons mit den russischen Behörden enthüllt. Darin wurde u.a. behauptet, daß der Ministerpräsident Sergej Vitte nach Gesprächen mit Gapon den Handels- und Industrieminister Vasilij I. Tlmirjazev angewiesen habe, einem Mitglied der Gaponschen Organisation 30000 Rubel zu übermitteln. Desgleichen soll Gapon mit dem seinerzeitigen Minister des Innern, Petr N. Durnovo, über seine revolutionäre Tätigkeit korrespondiert haben. Vgl. dazu den Artikel: Die Revolution In Rußland. Gapons Ende, in: Vorwärts, Nr. 106 vom 9. Mai 1906, S. 1. Eine Stellungnahme von offiziöser Seite zu diesen Vorwürfen blieb aus. Timirjazev war am 6. Febr./19. Febr., Vitte und Durnovo am 15. April/28. April 1906 zurückgetreten. Vgl. auch Sablinsky, Road to Bloody Sunday, S. 306ff. (wie oben, Anm. 1).
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16. Juni 1906
sonst der üblichen Form entsprach. 6 Man glaubte in Folge dessen Anfangs an einen rein persönlichen Mord, ja bezweifelte seine Identität, bis seine „bürgerliche" Frau sie in der Presse bezeugte. Da die Revolutionäre aber den Mord nicht desavouieren, muß man annehmen, daß thatsächlich ein gültiges „Urteil" vorlag. Bei dem mit rasender Wuth geführten Concurrenzkampf | ¡zwischen Gaponianern, Soz[ial]-Dem[okraten] u. Soz[ial-]Rev[olutionären]: | um die Macht bei den Arbeitern in Petersburg war |:für persönliche Gegner: | die Extrahierung eines |:solchen:| Urteils auf vage Gerüchte hin sicherlich leicht. Daß G[apon]'s Ansichten fortwährend schwankten (z.B. 1905 in Paris strikt antidynastisch, 7 nach dem Oktobermanifest wieder anders) ist sicher, deshalb war er in der That ein sowohl für die Revolutionäre wie für die Regierung 3 gefährliches Subjekt. Herzl. Gruß Max Weber
a Polizei > Regierung 6 Gegen Angehörige des zaristischen Staatsapparates, die das Ziel von terroristischen Attentaten waren, wurden in aller Regel im Namen der betr. Parteiorganisation in den entsprechenden Zeitungen förmliche „Todesurteile" veröffentlicht. Vgl. z. B. das „Todesurteil" vom 28. Juli 1902 gegen den Gouverneur von Char'kov, Obolenskij, im Namen der Kampforganisation der Partei der Sozialisten-Revolutionäre, abgedruckt In: Revoljucionnaja Rossija, Nr. 10, Aug. 1902, S. 1 f. 7 Vgl. Gapon, Georgij, Pis'mo k Nikolaju Romanovu, byvsemu carju i nastojaäöemu duäegubcu Rossijskoj Imperii, in: Osvobozdenie, Nr. 67 vom 5./18. März 1905, S. 278.
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Helene Weber 5. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Ziegelh. Landstr. 27 5/7 6 Liebe Mutter! Marianne kommt wieder einmal nicht zum schreiben u. so schicke ich statt dessen einen kurzen Gruß. Sie bat mich vor Allem, Dich zu benachrichtigen, daß die Scheffelhaus-Rechnung nur das Logis enthielt (in den Pfingsttagen war es billiger nicht zu haben), den Aufenthalt sonst hat Arthur im Wesentlichen selbst bezahlt, d. h. so weit er nicht unser Gast war. 1 Lili H[ausrath]s Verlobung 2 ist sehr erfreulich in jeder Hinsicht. Zwar die beiden dummen Brüder (Hans 3 vor Allem, aber etwas zuerst auch der große „Demokrat" August 4 ) nehmen Anstoß an der kleinbürgerlichen Verwandtschaft, die Karlsruher Schwägerin5 wollte den „Reserveleutnant" auf der Anzeige haben(!) u.s.w., - aber der Alte 6 u. ebenso Philipp 7 (der die Erkundigungen eingezogen hatte) waren grade darin wirklich recht verständig und nett. Sie ist ein wirklich braves und tüchtiges Mädchen geworden, der Mann offenbar bei aller Einfachheit der Struktur doch recht taktvoll und äußerst tüchtig. - Von Mila8 offenbar nichts positiv Gutes, - aber die kleine Laura 9 ist in ihrem Glück doch 1 Arthur und Valborg Weber hatten während ihres Pfingstbesuchs in der Pension Scheffelhaus gewohnt; die Rechnung war zunächst von Max Weber bezahlt worden. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Juni 1906, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Ulli Hausrath, eine Nichte von Helene Weber, verlobte sich mit dem badischen Finanzassessor Fritz Hermann. 3 Hans Hausrath, Professor für Forstwissenschaft an der Technischen Hochschule Karlsruhe. 4 August Hausrath, Gymnasiallehrer In Karlsruhe, unterstützte die Fortschrittliche Volkspartei und wird vermutlich deswegen als großer Demokrat bezeichnet. 5 Martha Hausrath, die Frau von Hans Hausrath. 6 Adolf Hausrath, der Vater von Ulli Hausrath. 7 Philipp Jolly, der Mann von Ulli Hausraths Schwester Mila. 8 Mila Jolly, vgl. Brief an Helene Weber vom 16. März 1906, oben, S. 54, Anm. 9. 9 Laura Hausrath, unverheiratete, ältere Schwester von Ulli Hausrath; sie hoffte nach dem Tod des Vaters bei dieser Schwester Aufnahme zu finden.
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5. Juli 1906
ganz aufgelebt, sie hat doch nun auch eine Stelle, wohin sie sich gegebenenfalls „flüchten" kann. Der Alte ist sehr gnädig, nicht nur gegen Lili sie bekommt jetzt, als im Werthe um 100% gestiegen, von seinen TabuSpeisen, die für ihn gemacht werden, ab - , sondern besonders, merkwürdigerweise, gegen mich. Offenbar ist er recht einsam, auch sehr humpelig mit seinem Rheuma, bei dem elenden Wetter, welches wir hier haben. Mir ist es recht verschieden gegangen, eigentlich nicht sehr gut, trotz ziemlicher Arbeitsfähigkeit, - ich komme aus dem fehlenden Nachtschlaf, dem Schlafen in den Tag hinein und den „Mitteln" nicht recht heraus, so daß ich ernstlich dachte, schon jetzt bald für 8 Tage an die See zu gehen, sobald meine Rußland-Arbeit fertig corrigiert ist. 10 Nun hat ja Alfred bald Ferien und dann, denke ich, beginnt man zu überlegen, wie Du Dir Deine Zeit einteilen willst. Ich bitte Dich wirklich, Das so zu machen, wie es Dir paßt und am sympathischsten ist. Gehst Du lieber nur hierher, - gut! dann würde wohl der August das Richtige sein. Kannst Du Dich entschließen, erst hierher und dann einige Wochen mit uns zu einem sehr ausruhlichen Aufenthalt in den kleinen Bergorten von Umbrien oder Toskana (Perugia, Assisi, oder Spoleto oder Siena, das überlegt man sich noch) mit Wagenspazierfahrten durch das schöne Land zu gehen, so wäre uns das eine große Freude, da wir wissen, daß Du es wenn Du Dich nicht allzu abgespannt fühlst-:| doch sehr genießen würdest; wir würden dann |:eventuell schon: | in den letzten August- oder | :in den: | ersten Septembertagen von hier langsam über den Splügen oder Maloja an den Corner See und dann weiter gehen, - können uns aber schlimmsten Falls auch anders einrichten (etwas später). Marianne geht es jetzt im Ganzen eigentlich recht ordentlich, sehr viel besser offenbar als im Frühling. Sie kommt mit ihrer Arbeit 11 vorwärts, hat nur mehr als nötig mit „Vereins"-Sachen 12 zu thun, die gar kein
10 Max Weber wartete auf die Druckfahnen seines Aufsatzes: Weber, Schelnkonstitutionalismus. 11 Gemeint ist die Arbeit an dem Buch: Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 12 Der Verein Frauenbildung-Frauenstudium in Heidelberg hatte am 13. Juni 1906 seine Mitgliederversammlung abgehalten. Als Vorsitzende hatte Marianne Weber den Tätigkeitsbericht zu erstatten und danach das Vortragsprogramm für den Winter aufzustellen sowie zahlreiche Anfragen zu beantworten. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 8. Juni 1906, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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Ende nehmen wollen. Es scheint, daß sie sich sehr aufs Reisen freut und es wohl auch recht nötig hat. In unsrer neuen Wohnung sind wir zunächst in abscheulicher Weise durch Garten-„Conzerte" der bisher so stillen (früher Ickrath'schen) Wirtschaft 13 nebenan gestört worden, es 5 ist mir jetzt gelungen, ein Verbot durchzusetzen. Sonst glaube ich freilich, daß, wenn ich erst nicht so überlastet bin wie bisher, die ganze Situation ihre Wirkung auf die Gesundheit nicht verfehlen kann. - Von „Sonnenbädern" war freilich seit Mai bis jetzt bei dem constanten Regen keine Rede mehr. Etwas gespannt bin ich auf den Winter: es wird oben 10 in den Schlafzimmern ganz gehörig kalt sein, glaube ich. Ich nehme an, daß Tante Ottilie 14 jetzt bei Dir ist? Dann bitte ich sie vielmals zu grüßen. Sollen wir Dir noch Lektüre schicken? (z.B. Sabatier's Franz v.Assisi?) 15 Hoffentlich geht es Dir nach aller Unruhe leidlich. Marianne schickt tausend Grüße. 15 Herzlichst Dein Max
13 Paul Ickrath, der Vermieter der neuen Wohnung von Max Weber, hatte früher im angrenzenden Haus die Wirtschaft „Weinberg ob der Bruck" betrieben. 14 Ottilie Weber, unverheiratete Zwillingsschwester von Max Webers Vater. 15 Sabatier, Paul, Franz von Assisi. - Berlin: G. Reimer 1897.
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Marie Baum 6. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Korrespondenz mit Marie Baum vom 6. Juli, 21. und 23. August 1906 steht im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen Marie Baum und dem Leiter der badischen Fabrikinspektion, Karl Bittmann. Marie Baum war seit Oktober 1902 als Fabrikinspektorin tätig und zum 1. Juli 1904 als Beamtin in eine etatmäßige Stelle eingewiesen worden. Sie war damit den anderen Fabrlkinspektoren förmlich gleichgestellt, wurde aber dennoch im Dienstbetrieb den jüngeren männlichen Fabrlkinspektoren nachgeordnet. Ihre Beschwerden wurden von Karl Bittmann schroff zurückgewiesen, so daß Marie Baum am 2. Juli 1906 ein Entlassungsgesuch einreichte, das sie wieder zurücknahm, nachdem der badische Innenminister Karl Schenkel in einer Aussprache Mitte August 1906 den Standpunkt von Marie Baum Im wesentlichen gebilligt hatte und eine neue Dienstanweisung an die Fabrikinspektion erließ.
Heidelberg, Ziegelh. Landstr. 27 6/7 6 Sehr geehrtes Fräulein Baum! Ich bedaure diesen denn doch ganz unerhörten Ausgang unendlich und hoffe sehr Sie zu sehen. 1 Kein Mensch kann Ihnen anempfehlen auch nur den kleinsten Schritt (in der Sache) zurückzuthun. 2 Ich hoffe sehr Sie 5 zu sehen und Näheres zu hören. Die Sache ist von prinzipieller Bedeutung und wird öffentlich (ev. von mir) besprochen werden, 3 - lassen Sie Sich nur keine Schweigeversprechen abdrängen, gegen mich hilft das doch nicht.
1 Vermutlich bezieht sich Max Weber auf den Ausgang einer Unterredung zwischen Marie Baum und dem Leiter der badischen Fabrikinspektion Karl Bittmann, über deren kränkenden Charakter Max Weber In seinem Artikel in der FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 2 (MWG I/8), berichtet. Vgl. Karte an Marie Baum vom 23. Jan. 1907, unten, S.218. 2 Marie Baum hatte, nachdem eine Aussprache mit Karl Bittmann ergebnislos verlaufen war, Ihre Beschwerden In einem Entlassungsgesuch vom 2. Juli 1906 zusammengefaßt. 3 Max Weber griff die Angelegenheit auf in seinem anonym veröffentlichten Beitrag: Zur Stellung der Frau im modernen Erwerbsleben, FZ, Nr. 222 vom 13. Aug. 1906, Mo.BI., S. 1 (MWG I/8). Darin hatte er im Rahmen einer Besprechung des Buches von Marie Baum, Drei Klassen von Lohnarbelterinnen In Industrie und Handel der Stadt Karlsruhe. Bericht erstattet an das Großh. Ministerium des Inneren und herausgegeben von der Großh.badischen Fabrikinspektion. - Karlsruhe: G. Braun 1906, die Sachkenntnis der Verfasserin betont und die völlige Gleichstellung der weiblichen Fabrikinspektorin im Innen- und Außenverhältnis der Behörde gefordert.
6. Juli
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Einstweilen lese ich mit Freude und Dank Ihre Arbeit.4 Ich habe erst den 10ten Teil etwa angesehen, freue mich aber, wie gut Sie schreiben, wenn Sie dies Compliment entschuldigen. Einstweilen mit bester Empfehlung und vielen Grüßen meiner Frau 5 Ihr ergebenster Max Weber NB! Die Regierung will mit dieser Verschleppung nur einer sozialdemokrattischen] Interpellation im Landtage ausweichen.5
4 Vgl. oben, A n m . 3 . 5 Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden; eine sozialdemokratische Interpellation bezüglich der Fabrikinspektion ist nicht ausgewiesen In den Verhandlungen der Zweiten Kammer der Stände-Versammlung des Großherzogtums Baden vom 42. Landtag (1905/ 06) und 43. Landtag (1907/08), jeweils Protokollheft nebst Repertorium. - Karlsruhe: Druck der Aktiengesellschaft „Badenla" 1906 und 1908.
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8. Mi 1906
Alfred Weber 8. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 6 9 - 7 0
H. 8/7 06 Lieber Alfred! Ich habe, um mir die Erwägung offen zu halten, zunächst einmal prinzipiell (direkt an Spiethoff) zugesagt (Sozialpolitische] Anschauungen), werde mir nächster Tage die Sache noch einmal überlegen.1 Schreibst 5 Du an Gothein? Dann schicke mir bitte eine Postkarte mit Nachricht davon. Sonst nehme ich an, daß ich ihm den Plan 2 zuschicken soll (nebst Erläuterung betr. des von ihm Gewünschten) Herzl. Gruß! in schwerer Überarbeit 10 Max vertea Eben kommt Dein Brief. Ich warte also ob G[othein] kommt. Sombart schickt mir eine |:über die Sache: | wenig erbaute Postkarte. Es versteht sich ganz von selbst, daß Du - wie ich schon neulich 15 schrieb, unbedingt die erste Hypothek auf Mama hast. Als ich meinen letzten Brief schrieb, wußte ich noch nicht, daß Tante Ottilie wieder alle Pläne blockiert, 3 dachte vielmehr, Du gingst gleich jetzt mit ihr an die a Eigenhändig mit rotem Farbstift. 1 Ein diesbezügliches Schreiben an Arthur Spiethoff ist im Nl. Spiethoff, UB Basel, nicht nachgewiesen. Wie aus einem Brief von Spiethoff an Max Sering vom 10. Juli 1906 (BA Koblenz, Nl. Sering, Nr. 152) hervorgeht, war Weberauf Anregung von Wilhelm Lexis als Bearbeiter des Artikels „Sozialpolitische Anschauungen" für die projektierte Festschrift zu Schmollers 70. Geburtstag gewonnen worden. Der Artikel ist jedoch nicht erschienen. Vgl. dazu die Schreiben an Werner Sombart vom 28. Juli 1906, unten, S. 122, Anm.2, sowie vom 3. Dez. 1906, unten, S. 192, Anm.5. Die Festschrift ist erschienen unter dem Titel: Die Entwicklung der deutschen Volkswirtschaftslehre im neunzehnten Jahrhundert. Gustav Schmoller zur siebenzigsten Wiederkehr seines Geburtstages, 24. Juni 1908, in Verehrung dargebracht von S.P. Altmann u.a., 2 Teile. - Leipzig: Duncker & Humblot 1908. 2 Ein gedruckter „vorläufiger" Plan für die projektierte Schmoller-Festschrift befindet sich im BA Koblenz, Nl. Max Sering, Nr. 152. 3 Vgl. Brief an Helene Weber vom 5. Juli 1906, oben, S. 103ff.
8. Juli
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See. Wir, - das habe ich Mama geschrieben, - können uns ganz wie sie selbst es will einrichten. Wahrscheinlich fahren wir erst vom Ende der l ten Oktoberwoche ab und gehen nach Sizilien, da Marianne vom 4 . - 6 . ihren „Congreß" hat. 4 Oder wir gehen vorher etwas nach Umbrien u. 5 Toscana, u. dann nach diesem Congreß weiter südlich. Jedenfalls ist eine Interessencollision ausgeschlossen, je länger Mama bei Dir an der See bleibt[,j um so besser auch für uns; desto frischer ist sie. Herzlichst Max
4 Gemeint ist die Generalversammlung des 7. Kongresses des Bundes deutscher Frauenvereine, die, um einen Tag verlängert, vom 3. bis 7. Oktober 1906 in Nürnberg stattfand.
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11. Juli 1906
Paul Siebeck 11. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 11/7 06 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! 1. Ich erlaube mir die Anfrage, ob eventuell eine (sehr gut gelungene) Übersetzung von Wladimir Ssolowjew's Hauptwerk: „die nationale Frage in Rußland" in Ihren Verlag passen würde? Windelband hält (wie ich) die Publikation für recht wünschenswerth und werthvoll (Umfang, schätzungsweise, gegen 20 Bogen). Ich frage nur provisorisch und für beide Teile unverbindlich, um ev. den betr. Herren veranlassen zu können, sich an Sie zu wenden. 1 2. Wie das mit der Russen-Sache im „Archiv" werden soll, weiß ich nicht. 2 Geht die Sache nicht schneller als jetzt, dann stehe ich nicht dafür, daß ich aushalte. Muß ich unterbrechen, so steht der Satz bis Herbst und die Sache entwerthet. Alle 3—4 Tage eine Fahne von meist unter 15 Seiten, - das ist denn 3 doch weiß Gott keine Leistung! Ich habe so viel Arbeit, Gesundheit |:-: | und auch Lebensfreude in diese Arbeit, von der ich nichts habe, hineingestampft, daß ich nicht ohne die äußerste Erbitterung diesen Gang der Dinge erlebe; jetzt, - 7 Wochen nach
a Alternative Lesung: dann 1 Weber verwendet sich hier für die Übersetzung des Solov'evschen Buches durch Fedor Stepun. Wie der weiteren Korrespondenz mit Siebeck (Briefe vom 14. Juli, 24. Juli, 2. Aug., 18. Aug., unten, S. 112f., 119, 127 und 141 f.) zu entnehmen ist, war dieser zunächst auch durchaus bereit, den Verlag dafür zu übernehmen. Nach der Verlagskorrespondenz mit Stepun zu urteilen, die sich - mit Unterbrechungen - bis Juli 1907 hinzieht, Ist der Vertragsabschluß teils wegen der fehlenden Autorisierung der Übersetzung durch den russischen Originalverlag, teils wegen der Überlänge der Übersetzung, die letzthin ca. 25 Bogen umfaßte, gescheitert; mithin stellte die Drucklegung für Paul Siebeck ein zu großes verlegerisches Risiko dar. VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 223 und 239. Eine erste vollständige Übersetzung dieser Aufsatzsammlung Ist erst wesentlich später erschienen: Solovjeff, Wladimir, Ausgewählte Werke. Aus dem Russischen von Harry Köhler. Bd. 4: Nationale und polltische Betrachtungen (Phllosophlsch-Anthroposophische Bibliothek). - Stuttgart: Der kommende Tag 1922. 2 Weber bezieht sich hier Im folgenden auf die Probleme bei der Drucklegung seines Artikels: Scheinkonstitutionallsmus.
11. Juli 1906
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Ablieferung der ersten 2A des Mscr. sind diese noch nicht gesetzt! 3 Jetzt schreibt die Druckerei wieder, sie müsse" Bogen mit Imprimatur haben, 4 sonst könne sie nicht weitersetzen, |:da das Satz-Material c nicht reiche.:| Jaffe erhielt Montag 3 solche, - mußten die nun auch diesmal 5 wieder über Tübingen gehen? 5 Und warum eigentlich? Freundschaftlichen Gruß! Ihr ergebenster Max Weber
b (druckfertige)
c Alternative Lesung: Setz-Material
3 Dazu bemerkt Siebeck in seinem Antwortschreiben vom 12. Juli 1906 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), daß von diesen sieben Wochen - nach Erhalt des ersten Manuskriptteils - allein zwei Wochen für die Vorverhandlungen mit den Drukkereien Pierer und Lipppert verlorengegangen seien. 4 Darauf hatte Siebeck in seinem Briefe an Pierer vom 2. Juni 1906 (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 220) ausdrücklich hingewiesen: „Das Imprimatur erteilen Herr Dr. Jaffe und ich." 5 Edgar Jaffe hatte als Herausgeberebenfalls das Imprimatur zu geben und dann das betr. Manuskript an den Verlag zu senden.
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14. Juli 1906
Paul Siebeck 14. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 12. Juli 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit dem Hinweis auf den großen Zeitaufwand seitens der Druckerei bei der Herstellung der Druckfassung von Weber: Scheinkonstitutionalismus.
Heidelberg 14/7 06 Hochverehrter Herr D r Siebeck! Antwortlich Ihres geehrten Briefes muß ich doch darauf aufmerksam machen, wie sehr der Zustand, daß nicht ich - etwa unter gleichzeitiger Zusendung des 2ten Expl. des Bogens an Jaffe und durch ihn an Sie - das „Imprfimatur]" gebe, die Sache verzögert. Ich konnte die 3 Bogen, die Sie Donnerstag, Pierer also Freitag erhalten hat, Sonntag Abend an Pierer schicken. Statt dessen gingen sie an Jaffe. Dieser kam Montag mit ihnen hierher, um die Paginierung und anderweite Überschrift zu besprechen, traf mich nicht und erhielt die Bogen Dienstag wieder, worauf sie also Donnerstag bei Ihnen waren: 4 Tage Unterschied und die Folge: Satz-Unterbrechung. Ich habe aber schon im Februar gegen diesen Imprimatur-Modus protestiert. Ferner: die Druckerei (Jaffe hat den Brief) klagt auch diesmal, sie habe das Papier nicht erhalten! 1 Ist das denn eigentlich wahr? - Es war eben ein Unheil, daß die Frage: welche Druckerei? nicht vor Eingang meines Mscr. geregelt worden war, so daß ich erst am 19. Juni die ersten Bogen erhielt. 2 Daß 3 Ihnen die Sache „über" ist, kann Ihnen gewiß Niemand verargen. Aber mir geht es natürlich ebenso. Solche Berichte schreibe ich ohnedies nie wieder: es ist eine zu maßlose Arbeit, - aber ich muß
a 0 : Das 1 Eine Abschrift dieses Briefes findet sich im VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 220. Siebeck bat, auf diese Passage in Webers Brief hin, in einem Schreiben vom 16. Juli 1906 an Pierer, ebd., um eine Kopie des Briefes der Hofbuchdruckerei an Weber und erhielt sie auch. Darin heißt es: „Ihr w. Schreiben vom 11. ds. erhalten wir soeben, doch sind uns die von Ihnen angemeldeten druckfertigen Bogen bis jetzt nicht zugegangen. Auch haben wir leider das Papier zu dem Buche noch nicht erhalten können." 2 Siebeck hatte erst nach Einsendung des Manuskripts Ende Mai Vorverhandlungen mit den Druckereien Lippert und Pierer geführt; letztere hatte dann zwei Wochen später den Druckauftrag erhalten.
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freilich auch überlegen, ob es |:überhaupt:| richtig ist, daß ich für Zeitschriften arbeite, wie meine Handschrift nun einmal ist. - Vorerst habe ich der Druckerei nochmals dringend geschrieben und hoffe, daß es hilft. 3 Das Mscr. war bei der 2ten Übersendung nur insofern in einem andren Zustand, als eine Anzahl Fußnoten, auf besondren Blättern, eingefügt waren. Schwieriger, als es - leider - ohnehin war, ist es also schwerlich geworden. Alles in Allem: es thut mir herzlich leid, Ihnen Verdruß machen zu müssen mit dieser langweiligen Geschichte, - aber was soll ich thun? Daß diese Verzögerungen durch das Imprimatur nötig sind, - in einem so eiligen Fall - , sehe ich nicht ein. Und im Übrigen macht es der Druckerei eben doch mehr Eindruck, wenn Sie, als wenn ich auf Eile dränge. Freundschaftlichen Gruß Ihr ergebenster Max Weber NB! Dem Übersetzer von Ssolowiew werde ich Ihre Antwort nächster Tage, wenn ich ihn sehe, mitteilen. 4 Ich hatte von mir aus geschrieben, weil mir die Übersetzung des schönen Werkes so gut gefiel, weiß also nicht, was er etwa inzwischen für Schritte gethan hat. Damals hatte er noch mit Niemand abgeschlossen, war im Gegenteil im Zweifel, an wen er sich wenden sollte.
3 Laut schriftlicher Mitteilung v o m 11. Mai 1982 von Bibliotheksrat Dr. Funke an Manfred S c h ö n gibt es zwar in der „ D e u t s c h e n Bücherei. D e u t s c h e s B u c h - und S c h r i f t m u s e u m " in Leipzig noch diversen Schriftwechsel aus der Piererschen Hofbuchdruckerei Altenburg (aus den Jahren 1831 - 1 8 9 7 ) , d o c h befinden sich keine Briefe Max W e b e r s darunter. 4 Brief S i e b e c k s v o m 1 2 . J u l i 1906 mit der prinzipiellen Bereitschaft, das W e r k . v o n Vladimir Solov'ev, Die nationale Frage in Rußland, zu verlegen. Vgl. Brief an S i e b e c k v o m 11. Juli 1906, S. 110, A n m . 1.
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18. Juli 1906
Robert Michels PSt 18. Juli 1 9 0 6 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 11
Sehr geehrter Herr Doctor! Ich habe Sombart u. Jaffe geschrieben, daß ich es von Sombart's Urteil abhängig machen müsse, ob die Arbeit für uns paßt. 1 Er beherrscht die Materie weit gründlicher als ich. Vielleicht ist es gut, Sie legen ihm die Sache nochmals ans Herz. Ich stehe keinesfalls im Wege, wenn er dafür 5 ist. Die Frage ist: ob der Autor etwas warten kann. Wir sind entsetzlich überlastet mit theoretischen Arbeiten. Herzl. Gruß! Max Weber
1 Die betreffenden Schreiben an Werner Sombart und Edgar Jaffé sind nicht nachgewiesen. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Arbeit um einen Artikel von Enrico Leone. Wie aus einer Karte von Michels an Sombart vom 4. Juli 1906 (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 13, Bl. 35) hervorgeht, hatte jener ein noch unveröffentlichtes Manuskript von Enrico Leone mitgeschickt, in welchem sich dieser-obgleich S o z i a l i s t - v o m Standpunkt der subjektiven Wertlehre aus kritisch mit der Marxschen Werttheorie auseinandersetzte. Wie aus dem folgenden Schriftwechsel hervorgeht, hat Sombart eine Publikation dieser A r b e i t - a u s welchen Gründen auch Immer-abgelehnt. Diese Entscheidung war Michels insofern etwas peinlich, als er Leone wohl mehr oder weniger eine feste Druckzusage von Seiten der Redaktionsleitung in Aussicht gestellt hatte. Vgl. dazu die Schreiben von Michels an Sombart vom 16. Juli und 7. Aug. 1906, ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 13, Bl. 14 und Bl. 2 8 - 2 9 . Die Sombartsche Gegenkorrespondenz im Nl. Michels, AFLE Turin, fehlt für diesen Zeitraum. Ein Aufsatz von Enrico Leone ist erst 1911 im AfSSp erschienen: Léon Walras und die hedonistisch-mathematische „Schule von Lausanne", ebd., Bd. 32, Heft 1, S. 3 6 - 7 1 .
22. Juli 1906
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Georg Friedrich Knapp 22. Juli 1 9 0 6 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g Privatbesitz; e h e m a l s B A K o b l e n z , Nl. G e o r g Friedrich Knapp, Nr. 1 1 6
Heidelberg 22/7 06 Hochverehrter Herr Professor! Ich erhielt Ihre schöne Stuttgarter Rede 1 mit vielem Dank, und las sie und dann im Anschluß die soeben eingegangene Lerä'sche Kritik Ihres Buches für unser „Archiv". 2 Sobald sie im Druck ist, - ich hoffe (weiß aber nicht sicher) im Septemberheft, - schicke ich Ihnen die Correkturen. Sie stimmt in der Sache Ihnen z«[,j indem anerkannt wird, daß die „metallistische" Theorie teleologischen Charakters - eine Lehre vom guten Geld - sei, deren Recht neben der Ihrigen Lexis (bis zu einem gewissen Grade) durch die Erwägung gestützt glaubt, daß bei Ihrer Formulierung nur das Geld als Schuldenzah\mitie\, nicht aber das Geld als Waarenkaufmittel und das Interesse an (relativer) Stabilität in dieser Funktion in Betracht gezogen werde. Sonst wird wesentlich nur geltend gemacht, daß eine „exodromische" Verwaltung 3 bei Goldwährung z. B. überhaupt nicht bestehe (Diskontpolitik sei etwas davon streng zu Sonderndes), daß der Begriff des „baren" Geldes dem gesetzlichen nicht entspreche und Kleinigkeiten. Im Ganzen aber kein Widerspruch gegen Ihr Recht, den Geldbegriff so, wie geschehen, zu reformieren. Ich bin natürlich ganz derselben Meinung. Mein Problem Ihrem Buch gegenüber bleibt: ist es richtig, (was Sie S. 47 des Vortrages wiederholen), daß eine nicht „staatliche" Theorie sich in „Forderungen" auflösen
1 Gemeint ist der Vortrag Knappsauf dem IX. deutschen Historikertag vom 18. April 1906: Die rechtshistorischen Grundlagen des Geldwesens, in: SchmJb, Jg. 30, Heft 3, 1906, S . 4 5 - 6 0 , wieder abgedruckt in: ders., Einführung in einige Hauptgebiete der Nationalökonomie. Siebenundzwanzig Beiträge zur Sozialwissenschaft. - München und Leipzig: Duncker & Humblot 1925, S. 2 2 5 - 2 4 2 . 2 Lexis, Wilhelm, Eine neue Geldtheorie, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2,1906, S. 5 5 7 - 5 7 4 ; die Kritik bezieht sich auf Knapp, Staatliche Theorie des Geldes. - Leipzig: Duncker & Humblot 1905. 3 „ Exodromisch" - ein von Knapp, Staatliche Theorie (wie oben, Anm. 2), S. 231, geprägtes Kunstwort - „bedeutet, daß es sich um eine Bewegung des Kurses zwischen dem Inlande und dem Auslande handelt"; exodromische Verwaltung, ebd. S. 240ff., meint die staatliche Einflußnahme auf das intervalutarische Kursgeschehen.
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22. Juli
1906
müsse? 4 Wie verhält sich (bei Ihnen und sonst) juristische und soziologische Begriffsbildung? S. 48 Zeile 2 v. unten sprechen Sie von „in sich folgerichtig" bezüglich der Rechtsordnung : das ist juristische Begriffsbildung, und zwar juristisch-dogmatische, keine „xecYitshistorische".5 S. 56: der Staat schaffe den Begriff der Wertheinheit - das ist für den juristi- s sehen Begriff derselben richtig, der ökonomische aber ist älter. Sie finden |:nach meiner Erinnerung:| in den Keilinschriften Babel's z.B. das Versprechen der Zahlung in „Fünftel-Schekel-Stücken mit dem Stempel der Firma X", 6 ehe es staatliche Münzen gab - hier ist ConventionalgeW vorhanden und3 der Gedanke der „Wertheinheit" (Schekel) 10 ist ökonomisch von dem staatlichen Zustand nicht verschieden. Der Staat hat nicht selten Naturalien zum Zahlungsmittel für (pensatorische 7 und andre) GeWschulden gemacht, oder auch zum Zahlungsmittel für andre Naturalien; - b auch jetzt" kann er es thun. Soll man nun sagen: auch jede Waare trägt ihren Charakter als Zahlungsmittel für die Waa- 15 renschulden nur von der Äectoordnung zu Lehen (denken Sie |:auch:|
a (eine)
b mindestens > auch jetzt
4 Rechtshistorische Grundlagen (siehe oben, A n m . 1), S . 4 7 : „ [ . . . ] für die Rechtsgeschichte steht der Satz fest, daß unabhängige Staaten ihr G e l d w e s e n staatlich o r d n e n . Daher kann eine Theorie des G e l d w e s e n s nur staatlich sein - oder sie löst sich In unhistorische Forderungen auf." 5 Ebd., S . 4 8 : „ D i e s e Frage [d. h. die Frage, was der Staat unter d e m Begriff der Werteinheit versteht, ebd. S . 4 8 ] aber lautet In anderer Fassung: v o n w e l c h e m G r u n d g e d a n k e n aus erscheint die R e c h t s o r d n u n g des G e l d w e s e n s in sich folgerichtig?" 6 Eine ähnliche Formulierung findet sich später in W e b e r s Artikel: Agrarverhältnisse im Altertum 3 , S. 79: „Erst spät n i m m t es [d.h. das Zahlungsmittel] eine Art von M ü n z form an, - zuerst, wie es scheint, mittels Pr/Vafbeglaublgung des G e w i c h t s durch r e n o m m i e r t e Firmen: es k o m m e n .Fünftelsekelstücke mit d e m Stempel des X' urkundlich vor, - und beginnt erst damit allmählich die effektive Preisgutsfunktion zu m o n o p o l i s i e r e n . " W e b e r bezieht sich hier höchstwahrscheinlich auf die s o g e n a n n t e n kappadokischen U r k u n d e n aus der mittelassyrischen Zelt (ca. 1300 v. Chr.). Dort finden sich F o r m u l i e r u n g e n wie: „ 14 Sekel G e l d hat zu erhalten von Birasi Asur-rabi. Mit d e m Fünftel(-Zeichen) des A s u r malik." K e n n z e i c h n u n g e n der v o n W e b e r g e n a n n t e n Art „ S t e m p e l der Firma X " finden sich hier allerdings nicht. Siehe Kelllnschriftilche Bibliothek. S a m m l u n g v o n assyrischen und babylonischen Texten in Umschrift u n d Übersetzung. Hg. von Eberhard Schräder. Bd. IV: Texte juristischen und geschäftlichen Inhalts. Hg. v o n Felix E. Pelser. - Berlin: Reuther & Reichard 1896, S. 53. 7 Bei der Erörterung der Zahlungsmittel, d e r e n Geltung durch W ä g u n g festgestellt wird, unterscheidet Knapp in seiner Staatlichen Theorie des G e l d e s (wie oben, A n m . 2), S. 23, z w e i v e r s c h i e d e n e Wägungsarten: „ P o n d e r a l e Herstellung bedeutet eine W ä g u n g , w e l che d e m A k t e der Zahlung vorausgeht. Pensatorische V e r w e n d u n g h i n g e g e n b e d e u t e t eine W ä g u n g beim Zahlen, mit der Absicht, die Geltung danach festzustellen."
22. Juli 1906
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an die | :zum Genuß oft absolut unbrauchbaren: | Terminhandels-„Qualitäten" etc.)? Geht man einmal auf das Prinzip, dann scheint mir da kein unüberbrückbarer Unterschied zwischen „Geld" und allen andren „Gütern" , - man müßte dann grade auf die Marken-Form das entscheidende 5 Gewicht legen. Genug, - die Gedanken Ihres Buches werden sich m.E. siegreich durchsetzen; nur wird man vielleicht bestreiten, daß die „staatliche" Theorie des Geldes die ganze Theorie des Geldes sei[.] In Verehrung 10 Ihr Max Weber
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22. Juli 1906
Ulrich Stutz 22. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte Zürich, Nl. Ulrich Stutz
Heidelberg 22/7 06 Lieber Stutz! Ich bin in einer recht peinlichen Lage. Die Correkturen meiner Arbeit über Rußland, 1 die ich Mitte Juni abzuschließen hoffte, sind noch jetzt nicht zu Ende. Ich habe also für Ihre Rezension2 noch nichts thun können, obwohl sie starke Vorarbeiten fordert. Überdies bin ich jetzt so völlig abgewirtschaftet, daß ich schleunigst fort muß. Ich komme vor einer längeren Reise nach Italien, Ende September - Ende November, nicht daran, die Rez[ension] auszuarbeiten. Selbst dann ist es noch nicht sicher, ob ich gleich dazu komme. Alles ist die Folge davon, daß, wie gesagt, die Druckerei mich-infolge meiner Handschrift - mit den 15 Bogen über Rußland maßlos geschunden hat. So konnte ich das nicht voraussehen. Ich bitte Sie daher dringend, so äußerst peinlich mir so eine Vertrags-Untreue ist, die Rez[ension] mir abzunehmen u. einem andren zu übertragen. 3 Denn daß ich nicht (wie ich bestimmt annehmen durfte) jetzt dazu kam, bedeutet Verschiebung um jedenfalls 6 Monate, wahrscheinlich mehr! Ich kann daran absolut nichts ändern, denn ich bin jetzt total arbeitsunfähig. Herzlichen Gruß! Max Weber.
a (Daß) 1 Gemeint ist Weber, Scheinkonstitutionalismus. 2 Vgl. Karte an Stutz vom 20. Jan. 1906, oben, S. 27.
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Paul Siebeck 24. Juli 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 24/7 06 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich habe also Herrn Steppuhn zu mir gebeten und ihm anheimgestellt, Ihnen einige Kapitel der Ssolowjew-Übersetzung 1 zuzustellen, ebenso schickt er Ihnen meinen Brief, 2 den ich, als seiner Zeit D r Kistiakowskiein andrer Schüler Windelbands - mich, unter Vorlegung einiger Teile der damals noch unvollendeten Arbeit fragte, was ich von den Chancen einer Publikation hielte, diesem geschrieben habe. Sie ersehen aus diesem Brief am besten, weshalb ich damals zur Fortsetzung der Arbeit gerathen habe und diese schätze. M.W. hat D r Kistiakowski damals auch Windelband gefragt und wird Herr Steppuhn wohl auch im Besitze der Antwort dieses letzteren sein. Für Ihren freundlichen] Brief vielen Dank. 3 Auf die Frage betr. Sonderausgabe des Artikels über „Protestantismus] u. Kapitalismus]" antworte ich später, ich bin jetzt noch etwas verärgert und herunter, ich muß mir erst überlegen, ob der Art[ikel] nicht umgearbeitet werden müßte. Einstweilen freundschaftlichen Gruß Ihres Max Weber 1 Es handelt sich um die Übersetzung des Buches von Vladimir Solov'ev, Die nationale Frage. Vgl. dazu die Briefe an Siebeck vom 11. und 14. Juli 1906, oben, S. 110, Anm. 1, und S. 113. Tatsächlich hat Fedor Stepun am 25. Juli 1906 einige Probekapitel an Siebeck geschickt. VA Mohr/Slebeck, Tübingen, Nr. 223. 2 Der Brief Webers an Bogdan Kistjakovskij ist uns nicht überliefert. Siebeck sandte ihn mit einem Begleitschreiben vom 31. Juli 1906 an Stepun (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 223), in welchem ersieh prinzipiell zur Veröffentlichung der Übersetzung bereit erklärte, aber hinzufügte, „daß die Übersetzung in der vorliegenden Form nicht gedruckt werden" könne, „sondern zuvor noch auf orthographische Fehler und stilistische Unebenheiten hin durchgesehen" werden müsse. Hierüber wolle er sich „ mit Herrn Professor Weber in Verbindung" setzen, welcher vielleicht „eine für diese Durchsicht geeignete Persönlichkeit In Vorschlag bringen kann." 3 Brief vom 17. Juli 1906, VA Mohr/Slebeck, Deponat BSB München, Ana 446. Wegen fortgesetzter Nachfrage sondiert Siebeck nach der Möglichkeit einer Separatausgabe der „Protestantischen Ethik".
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28. Juli 1906
Alfred Weber [vor dem oder am 28. Juli 1906; Heidelberg] Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 6 6 - 6 7 Datum erschlossen aus Webers Hinweis auf ein Schreiben an seinen Bruder im Brief an Sombart vom 28. Juli 1906 sowie aus dem Hinweis auf Alfreds Geburtstag (= 28. Juli) im unten abgedruckten Brief. Ort erschlossen aus dem Inhalt des Briefes.
Lieber Alfred! Da meine „russischen" Correkturen noch immer nicht abgeschlossen sind (die „Beilage" ist 14 Bogen dick geworden)^ 1 so kann ich, zugleich in Beantwortung Deines Briefes, Dir nur einen kurzen Gruß und Glückwunsch zum Geburtstag senden, hoffend, daß es weiter „aufwärts" geht. Es scheint 3 , daß wir uns erst Weihnachten resp. nach Neujahr in Berlin sehen, 2 denn wenn ich, nach Abschluß des Drucks, mich entschließen sollte für 8 Tage fortzugehen, so wahrscheinlich nicht an die See, sondern in den Schwarzwald. Unsre Reise südwärts haben wir in den Spätherbst (Oktober/Nov[ember]) verschoben, so daß also nun Mama gewiß keinen Anlaß haben wird, das gemeinsame Seebad mit Dir abzukürzen. 3 - Vorerst also gute Erholung! Nun noch zu Deinem Brief. Ich bleibe bei meiner „prinzipiellen" Geneigtheit, habe Rathgen dabei gesagt, daß ich mir den Rücktritt, 4 „da ich ganz andre Arbeiten vorhabe", ev. vorbehalten müsse. Sombart rede ich nochmals zu es ebenso zu machen. Schmoller hat sich bereits mehr wie bedenklich benommen in der Nostrifikationsfrage 5 (er steckte sich a
(fast)
1 D.h. Webers Artikel, Scheinkonstitutionalismus; vgl. den Brief an Paul Slebeck vom 11. Juli 1906, oben, S. 110, Anm. 2. 2 D. h. aus Anlaß der Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik am 4. und 5. Januar 1907 in Berlin. 3 Alfred und Helene Weber waren Im August in Westerland auf Sylt; vgl. Brief an Helene Weber vom 17. Aug. 1906, unten, S. 137ff. 4 Nämlich Rücktritt von der Mitarbeit an der Schmoller-Festschrift; vgl. Brief an Alfred Weber vom 8. Juli 1906, oben, S. 108. 5 Nostrifikation im juristischen Sinne bedeutet „Einbürgerung"; in diesem speziellen Kontext bedeutet es die Aufnahme in eine Universität als Privatdozent; offensichtlich handelt es sich um den Versuch Sombarts, nach seiner Berufung an die Handelshochschule Berlin, seine Vorlesungstätigkeit auf die Universität auszudehnen. Dies scheiterte jedoch am Widerstand der Philosophischen Fakultät. Näheres war nicht zu ermitteln, da die Akten im Archiv der heutigen Humboldt-Universität dem Herausgeber nicht zugänglich waren.
28. Juli 1906
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hinter Delbrück, der für ihn stets „entscheidend" sei). Trotzdem müßte Sombart sich natürlich damit ev. abfinden, daß ich mitthue, die Rücksicht auf ihn ist absoluter Nebenpunkt, - aber mir ist Sch[moller]'s Verhalten, wenn es sich nicht ändert, zu ekelhaft. Schließlich lasse ich mich lieber mit Brentano als mit A[dolph] Wagner zusammenwerfen. Für Dich liegen die Dinge |:auch:| m.E. immerhin doch sehr anders, Niemand wird aus Deiner Beteiligung auf persönlich und sachlich nähere Beziehungen zum Schm[oller] in der Gegenwart schließen. Ich habe mit ihm schließlich wirklich wenig zu thun u. mache nur - unter jenem Vorbehalt - mit, grade um zu zeigen, daß, trotz Allem, man den bedeutenden Gelehrten und Sozialpolitiker nicht vergißt, auch wenn man ihn bekämpft und er, vor Allem, als Mensch minderwerthig ist. Gothein hat mich nicht aufgesucht, ich sehe ihn vielleicht morgen, er wohnt meilenweit von hier, wie Du weißt. - Sombart werde ich rathen, nicht diese unverbindlichen „Pourparlers" b zu veranstalten, sondern Schmjoller] einfach anzukündigen, daß er die Nostrifikation zu beantragen beabsichtige, mit der Frage, welche Formalitäten dazu nötig seien. Dann muß „der Fuchs aus dem Loch". - Marianne, in einer litterarischen Polemik begriffen, 6 schickt herzlichste Grüße. - Kielland, Napoleon, ist, wie ich nachträglich sah, eine Schmiererei, 7 - ich dachte s.Z. es müßte was besondres sein. Eine kl[eine] Abendlektüre, 8 ev. mit Mama, schicken wir nach Charlottenburg. Ich schicke Dir, da Du jetzt ja Zeit u. vielleicht Leselust hast, die fertigen Druckbogen meiner „Chronik" 9 nächster Tage in Deine Sommerfrische. Herzl. Gruß! Max b O: „Pourparler's" 6 Gemeint ist die Kontroverse Marianne Weber - Rosa Kempf im „Centraiblatt des Bundes deutscher Frauenvereine". Die Kritik von Rosa Kempf in ihrem Artikel: Inkonsequenzen in der Frauenbewegung, in: Centralblatt des Bundes deutscher Frauenvereine, Jg. 8, Nr. 8 vom 15. Juli 1906, S. 5 8 - 6 0 , richtete sich vor allem gegen die Broschüre von Marianne Weber, Beruf und Ehe. - Schöneberg - Berlin: Verlag der „Hilfe" 1906. Darauf replizierte Marianne Weber in einer Artikelfolge: Mutterschaft und Erwerbsarbeit, ebd., Jg. 8, Nr. 10 vom 15. Aug. 1906, S. 7 5 - 7 6 , sowie Nr. 11 vom 1. Sept. 1906, S. 8 4 - 8 5 . Die Polemik abschließend Rosa Kempf, „Laßt alle Halbheit fahren", ebd., Nr. 15 vom 1. Nov. 1906, S. 120-121. 7 Kielland, Alexander Lange, Rings um Napoleon, 2. Aufl. - Leipzig: Georg Merseburger 1906. 8 Vgl. Brief an Helene Weber vom 2. Aug. 1906, unten, S. 128, Anm. 1. 9 Vgl. oben, Anm. 1.
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28. Juli 1906
Werner Sombart 28. Juli 1906; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich mit Auslassungen, ohne Anrede und Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 175
Heidelberg, den 28.7. 06. . . . a Würden Sie jetzt Ihre prinzipielle Geneigtheit erklären unter Vorbehalt, etwa wegen anderweiter Überlastung, zurückzutreten und unter Vorbehalt das Thema nach Ihrem Ermessen zu formulieren, dann haben Sie sich die Entschlußfreiheit gewahrt. Denn sagen Sie jetzt ab, dann können Sie davon nicht gut nachträglich abgehen. Ich habe meinem Bruder geschrieben, daß ich, wenn Ihre Nostrifikation in Berlin durch Sch[moller] auf Schwierigkeiten stoße, meinerseits (nicht Ihnen zuliebe, sondern weil mir das zu ekelhaft wäre) jedenfalls zurücktreten werde. 1 Überhaupt, ich binde mich nicht definitiv, ohne nochmals mit Ihnen vorher darüber korrespondiert zu haben. Machen Sie definitiv in keiner Form mit b , dann glaube ich, werde ich es auch nicht tun. 2 Wir könnten ja dann gemeinsam Sch[moller] im „Archiv" eine kurze Begrüßung widmen, 3 wenn Sie es für richtig finden und wenn ich noch dabei bin. Das Letztere ist mir manchmal fraglich, denn ich leide unter der, wie ich einsehe, bei der Natur Siebecks (den ich sehr schätze) und Jaffes (dito) unvermeidlichen Langsamkeit, mit der unser Apparat funktioniert, nachgerade übermäßig. Seit zwei Monaten hat Jaffe mein Manuskript a Auslassungszeichen in Abschrift, b Anm. Marianne Webers: Es handelt sich um eine Schmoller-Ehrung im Verein für Sozialpolitik. 1 Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber [vor oder am 28. Juli 1906], oben, S. 120, Anm. 4 und 5. 2 Aus einem gedruckten „Vorläufigen Plan" der Festschrift mit handschriftlich hinzugefügten Autorennamen im Nl. Max Sering im BA Koblenz, Nr. 152, geht hervor, daß Sombart das Thema „Kapitaltheorien" übernommen hatte. Die Themenliste ist auf den Sommer 1907 zu datieren, da der Name Max Weber nicht auftaucht und der Name von Alfred Weber, der zumindest bis März 1907 als einer der Autoren der Schmoller-Festschrift zeichnete, gestrichen ist. Interessanterweise sind sowohl Sombart als auch alle an dem Projekt beteiligten Heidelberger Nationalökonomen, d.h. neben Weberauch Eberhard Gotheln und Edgar Jaffe, ausgeschieden, ohne daß aus den vorhandenen Materialien im Nl. Sering Zeitpunkt und Grund zu erschließen wären. Zum Ausscheiden Webers aus der projektierten Schmoller-Festschrift vgl. Schreiben an Sombart vom 3. Dez. 1906, unten, S. 192, Anm. 5. 3 Dergleichen ist 1908 im AfSSp nicht erschienen.
28. Mi 1906
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(der sehr viel Arbeit machenden, dabei mir von niemand gedankten Chronik über Rußland, die ich für das Archiv zu dessen Nutzen mache und zu Dreiviertel auf meine Tasche und Risiko gehen lasse). Es ist noch jetzt nicht abzusehen, wann der Druck fertig ist. Natürlich veraltet diese 5 wesentlich publizistische Leistung wieder, wie das vorige Mal, 4 völlig, und zu 75% ist die pomadige Tüfteligkeit des Apparats daran schuld, wenn ich mich so allmählich lächerlich mache. Ich korrigiere seit zwei Monaten - d . h . warte auf Korrektursendungen - kann nichts anderes tun, und bin vor Ärger halb krank. - Das setze ich so nicht fort. Offenbar 10 muß ich mit meiner kalligraphischen Leistungsunfähigkeit eben darauf verzichten, für Zeitschriften zu arbeiten und mein Leben anders einrich0 ten.
c Auslassungszeichen in Abschrift. 4 D.h. Webers im Februar 1906 veröffentlichter Artikel: Bürgerliche Demokratie.
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30. Juli 1906
Carl Bezold PSt 30. Juli 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig UB Heidelberg, Heid. Hs. 1501, Nl. Carl Bezold
Lieber College! Sie finden die Sachen am bequemsten: 1) bei Schmoller, Grundriß der Allgemeinen] Volksw[irtschafts-] Lehre Band I, Buch 1, Abschn. 4 (§ 78, - S. 195 der ersten Auflage) 1 ganz kurz\ 5 2) in Efrnst] Grosse's \:(Grosse):\a (teilweise veraltetem) Buch: „die Formen der Familie und die Formen der Wirtschaft'"1;2 es arbeitet in Bezug auf die Gliederung der Wirtschaftsstufen durchaus mit den Einteilungen von: 3) E[duard] Hahn, Die Haustiere in ihren Beziehungen zur Wirt- i 0 schaft des Menschen 1896. 3 (sonst mit Vorsicht zu gebrauchen!) 4 Collegialen Gruß! Max Weber
a Wiederholung des Namens in betont deutlicher Schrift. 1 Schmoller, Gustav, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Erster, größerer Teil. 1.-3.Aufl. - Leipzig: Duncker & Humblot 1900. §78 behandelt: „Die ältesten Fortschritte der Ernährung bis zum Hackbau und der Viehzucht." 2 Grosse, Ernst, Die Formen der Familie und die Formen der Wirtschaft. - Freiburg i. B.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1896. 3 Hahn, Eduard, Die Haustiere und ihre Beziehungen zur Wirtschaft des Menschen. Eine geographische Studie. - Leipzig: Duncker & Humblot 1896. Zu dem Abhängigkeitsverhältnis der Schrift Grosses von derjenigen von Hahn vgl. den Nekrolog von Walther Vogel auf Eduard Hahn, In: Deutsches Biographisches Jahrbuch. Hg. vom Verbände der deutschen Akademien. Bd. 10: Das Jahr 1928. - Stuttgart, Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt 1931, S. 8 8 - 9 3 ; ebd., S. 89, heißt es über das Erscheinungsdatum der oben angeführten Schrift Hahns: „ erschienen 1895; das Datum ist nicht unwesentlich, weil auf dem Titelblatt 1896 steht, und das bisweilen als unabhängiges Gegenstück angeführte Buch von E. Grosse, Die Formen der Familie [...], gleichfalls 1896 erschienen, nachweisbar von H.s Anschauungen beeinflußt ist". 4 Zudem Buch von Hahn vgl. Webers Artikel: Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung, in: JbbNSt, Bd. 83, 1904, S. 433-470 (MWG I/6); ebd., S.446, Anm. 1: „So wenig das Buch strengeren wissenschaftlichen Anforderungen genügt, so entschieden muß ihm das große Verdienst vindiziert werden, den überlieferten Vorstellungen über die .Wirtschaftsstufen' zuerst einen eingehender begründeten Widerspruch entgegengesetzt zu haben."
30. Juli 1906
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Willy Hellpach 30. Juli 1906; Heidelberg Karte; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 17, Bl. 48
Hbg 30/7 6 Sehr verehrter Herr College! Vorerst nur: vielen Dankl Über den Aufsatz betr. „Anwendung psychopath[ologischer] Begr[iffe]" u. s. w. korrespondierten wir ja, - ich freue 5 mich sehr, daß er nun erschienen ist,1 noch mehr der Übereinstimmung der Ansichten in den wenigen Punkten, in denen ich3 überhaupt mitreden darf (was Sie Anm. 28 sagen, erfreut mich natürlich sehr, aber ich meine in der That meinerseits kaum etwas zu Ihrer schon vorhanden gewesenen Formulierung beigesteuert zu haben). 2 Über den andren 10 Aufsatz heute nichts - weil ich zu viel zu sagen hätte, und doch durchaus nichts Abschließendes. 3 Mich freut es, zu sehen, wie präcise, und zunehmend präciser, Ihre Ansicht über diese hochwichtigen Dinge sich herausarbeitet. Irgendwann muß man sich innerlich damit gründlich auseinandersetzen, aber das erfordert Ruhe, die ich jetzt nicht habe. 15 Nochmals verbindlichsten Dank u. beste Empfehlung! Ihr ergebenster Max Weber
a (weiter) 1 Der Titel von Hellpachs Artikel lautet: Über die Anwendung psychopathologischer Erkenntnisse auf gesellschaftliche und geschichtliche Erscheinungen, erschienen in: (Ostwalds) Annalen der Naturphilosophie, Bd. 5,1906, S. 321 - 3 4 8 . 2 Ebd., S.347, Anm.28: Hellpach dankt Weber für dessen „Unterscheidung zwischen Existenzmöglichkeit und Tragweite der gemeinschaftspathologischen Fragestellung". Vgl. dazu Webers Brief vom 18. April 1906 an Hellpach, oben, S. 81, Anm. 6. 3 Gemeint ist vermutlich die im Juni 1906 erschienene Schrift von Hellpach: Die geistigen Epidemien (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien. Hg. von Martin Buber. Bd. 11).- Frankfurt am Main: Literarische Anstalt Rütten & Loenlng.
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1. August 1906
Georg Jellinek PSt I . A u g u s t 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31 Das Buch von Julius Hatschek, Englisches Staatsrecht mit Berücksichtigung der für Schottland und Irland geltenden Sonderheiten, Bd. I: Die Verfassung (Handbuch des öffentlichen Rechts. IV. 11.4.1).-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1905, war von dem Wiener Staatsrechtler Edmund Bernatzik in der Deutschen Literaturzeitung, Jg. 27, Nr. 26 vom 30. Juni 1906, Sp. 1650-1658, äußerst kritisch, wenn nicht abfällig, besprochen worden, was Hatschek zu einer Replik sowie den Mitherausgeber des Handbuchs des Öffentlichen Rechts, Robert Piloty, zu einer „anerkennenden" Besprechung des kritisierten Buches veranlaßte. Dazu schrieb Piloty am 11. Juli 1906 an Georg Jellinek (BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 23): „Die H.'sehen Erwiderungen scheinen mir durchaus wohlbegründet und sind gegenüber dem keifenden Angriff nicht maßlos. Was soll ich nun tun? Vor Allem scheint es mir das Richtige, daß Hatschek seine Antikritik ganz selbständig und ohne redaktionelle Bevormundung, die er durchaus nicht nötig hat, publiciert. Meine Absicht ist, etwa in Webers Archiv eine ausführliche und gründliche Besprechung des Hatschek'schen Buches zu bringen, in welcher ich vor Allem die wirklich großen Vorzüge des Werkes ganz objektiv zur Anschauung bringen will. Daneben werde ich dann auch auf die Bernatzische [I] Kritik in gebührender Weise zu sprechen kommen und H.'s Erwiderung stützen." Wie aus der Karte hervorgeht, hatte Jaffe Bedenken dagegen, daß sowohl die Antikritik von Hatschek als auch eine Entgegnung von Jellinek im AfSSp gedruckt werden sollten. Stattdessen wurde nur die Besprechung Pilotys im Archiv veröffentlicht unter dem Titel: Englisches Staatsrecht. Eine Besprechung, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 1,1907, S. 152-188.
Verehrter College und Freund! Jaffe schreibt mir, er habe Sie so verstanden, daß Sie antworten würden, er habe Bedenken gegen die Aufnahme einer Antikritik von Hatschek selbst. Piloty schreibt, er werde erst Ende Oktober seine Anzeige schikken. Ich bin der Ansicht, daß wir jedenfalls erst im Anschluß an Piloty 5 die Antikritik H[atschek]'s bringen könnten. 1 Es fragt sich, ob H[atschek] damit gedient ist. Sie käme so erst gegen Ende des Jahres. Auch müßte Sombart noch zustimmen. Ich hoffe nach wie vor bestimmt, daß wenn Sie und H[atschek] entscheidendes Gewicht auf die Aufnahme legen, sie durchzusetzen ist, aber jedenfalls erst, wenn Piloty mindestens 10 gleichzeitig spricht. Herzl. Gruß! Max Weber
1 Die „Antikritik" Hatscheks ist nicht im AfSSp, sondern in: Deutsche Literaturzeitung, Jg. 27, Nr. 35 vom 1. Sept. 1906, Sp. 2225-2229, erschienen.
2. August
1906
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Paul Siebeck 2. August 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 31. Juli 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Mitteilung, daß er mit der Lektüre der ihm übersandten Probekapitel der Übersetzung von Vladimir Solov'evs „Nationale Frage in Rußland" durch Fedor Stepun und S. J. Givago begonnen habe. „In der vorliegenden Form scheint mir das, wenn ich nicht Irre, von Herrn Steppuhn übersetzte noch nicht druckfertig zu sein, sondern müßte erst auf orthographische und stilistische Unebenheiten hin durchgesehen werden." Zur Begründung schickt Siebeck den von ihm mit handschriftlichen Bleistiftkorrekturen versehenen Manuskrlptteil: „Eventuell müßte Herr Steppuhn sein Manuskript erst revidieren lassen; dem Setzer kann man die Richtigstellung nicht anvertrauen."
Heidelberg 2/8 6 Sehr verehrter Herr D r Siebeck Ich hatte ja Kistiakowskij s. Z. geschrieben, 1 daß ich zur Durchsicht der Correctur sehr gern bereit sei, - ca. V treffen 1 Vgl. Brief an Helene Weber vom 2. Aug. 1906, oben, S. 128f. 2 In Nürnberg fand die 7. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine statt. 3 Bertha Schandau.
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17. August 1906
Berlin: | oder, wenn wir in Palermo sind, von da nach Genua oder Marseille und direkt von da zurückfahren. Das läßt sich nun entweder so einrichten, daß 1) wenn Du wirklich erst am 3. oder 4. Oktober kommen kannst, wir am 6ten von hier fahren, Marianne in Genua treffen und dann weiter gehen. Oder 2) wenn Du etwa am 25. oder 26. September kommen könntest, dann wären wir noch eine kleine Woche |:5 Tage:| hier |:bis l,Oktober:| und |:wir beide:| führen dann nach Süden, Marianne träfe uns in Florenz, wo wir uns |: inzwischen:| ein paar b Tage einlogiert hätten und wir führen nicht zur See, sondern per Bahn nach Neapel und Capri, wo wir bleiben würden und uns überlegen könnten, ob wir noch zusammen die Dampferfahrt nach Sizilien machen oder ob Dir das zu weit ist und Du von dort (Neapel) allein nach Haus und wir allein nach Sizilien fahren. - Das zweite hätte den großen Vorteil, daß Bertha früher nach Ostpreußen könnte und wir daher auch früher zurück. Wir müssen jedenfalls ca 7 Wochen fortbleiben, damit sie 6 Wochen zu Haus sein kann. Ginge es also, daß Du möglichst 4—5 Tage vor dem 1. Oktober kommen könntest, dann wäre das, wie die Dinge liegen, vorzuziehen, Du sähest dann doch auch in Ruhe unsre Wohnung. Was aber jedenfalls nicht ginge, liebe Mutter, wäre, daß Du so spät kommst, wie Du schreibst und dann schon „zweite Hälfte Oktober" nach Haus willst. Auf nur 2-2/2 Wochen lassen wir uns unbedingt nicht setzen, auch nicht zu Gunsten von Tante Ottilie! 4 Du mußt Dich jedenfalls darauf einrichten, wenn Du Ende September kommst, nicht eher als am 1. November zu Haus zu sein, - sonst wird die Reise ja °eine Hetze c , die keinen Zweck hat; man will doch in Ruhe still sitzen und genießen, sich sprechen können, Wagen und Boot fahren u.s.w., wenn man, sei es am Golf von Neapel, sei es an der sizilischen Küste sitzt. Weitaus das Zweckmäßigste wäre also, wenn Du, wie Du schreibst, am 10ten September Dich von Alfred trennen willst, daß Du nach etwa 2 'A Wochen hierherkämst und dann Dich einrichtetest, jedenfalls den ganzen Oktober fort zu sein. Die großen Expreßzüge mit direkten Wagen Neapel - München garantieren Dir die bequemste Rückfahrt, ebenso wenn Du von Palermo nach Marseille fährst - die großen Züge Marseille - Straßburg - Frankfurt^] b O: par
c ein ewiges Eisenbahnfahren > eine Hetze
4 Ottilie Weber.
17. August 1906
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Es ist uns nicht ganz sicher - nach Deinem B r i e f - liebe Mutter, ob Dir das Reisen nicht als ein großes „Unternehmen" vor der Seele steht und Du Dich zu angegriffen dazu fühlst? Dann möchten wir Dich nicht gern dazu gewissermaßen „vergewaltigen" und wir würden dann eben - was doch aber recht betrüblich wäre - diesen Herbst kaum Zusammensein können. Denn wir müssen unbedingt, wenn möglich, am l ten Oktober |:Marianne, wie gesagt, jedenfalls dann:|, spätestens einige Tage nachher, fort, Berthas wegen, die sich hier absolut nicht dauernd erholt und der ihre Reise versprochen ist. Reist man aber erst im Oktober, dann hat man keine rechte Wahl, wenn man etwas haben will, was das Geld lohnt, als weit südlich zu gehen, wo es warm und anregend zugleich ist. Ist man erst einmal südlich des Apennins, dann sind aber die Entfernungen nicht mehr solche, daß sie ins Gewicht fallen. Man könnte sich schließlich an die Riviera setzen - wo es aber im Oktober ziemlich drückende Luft ist aber es wäre vielleicht etwas langweilig und schade, da die Reisekosten, ist man einmal soweit, eben wirklich keine Rolle spielen, |:vorausgesetzt natürlich, daß man auch wirklich sich die Zeit nimmt. :| Wir hatten gehofft, durch den späten Reisetermin es Dir auch zu erleichtern mitzukommen, da Du so ja noch erst |:wieder:| nach Hause konntest. Sosehr wir uns freuen, daß Du, nach diesen Strapatzen mit Tante Ottilie, das Gefühl hast, daß sie wenigstens nun etwas wirklich Dauerndes davon gehabt hat, so finden wir es doch immer wieder recht anspruchsvoll von ihr, so „unerbittlich" einen vollen Monat Dich in Athem zu erhalten und dadurch uns Allen (auch Alfred) die Pläne zu kontrakarrieren. Also, liebe Mutter, überlege nochmal, wenn Du erst ausgeruhter bist, ob Dir die um eine Tagereise (Neapel) bezw.d zwei Tagereisen (Palermo) größere Entfernung als eine Art von „Berg" erscheint. Wenn nicht, dann fände ich es immer noch am hübschesten (und für uns zweckmäßigsten), wir beide führen am 1. Oktober nach Florenz (1. Tag bis Mailand, 2ter bis Florenz, wo man nach Tisch ankommt), dann, mit Marianne, am 8ten nach Neapel (Bahnfahrt 10 Stunden etwa) und setzten uns dort irgendwo fest. Oder wenn es gar nicht anders geht, als daß Du erst nach dem 1. Oktober abreisest, dann würden wir nach Genua fahren, dort Marianne am 7ten treffen und zur See direkt nach Palermo (oder |:erst:| Neapel, wo man umsteigt) fahren. - Geht das Alles nicht, dann müssen wir neue Pläne machen. -
d (eine)
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17. August
1906
Alfred herzliche Grüße, hoffentlich bläst der Seewind ihn trotz Gierke's etc. ordentlich zurecht. Meine Postkarte, 5 daß Sombart bei der Schmoller-Festschrift mitmachen will und ihn bittet, dies an betreffender Stelle mitzuteilen, hat er doch bekommen? Ich bin von der Corrigiererei dieser Russen-Arbeit 6 (2 Monate lang!) recht abgespannt, viel- 5 leicht gehe ich 3—4 Tage zu Rickert auf den Feldberg. Herzlichst Dein Max Marianne grüßt herzlichst.
5 Die Postkarte ist nicht nachgewiesen. 6 Gemeint ist Weber, Scheinkonstitutionalismus.
18. August
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1906
Paul Siebeck 18. A u g u s t 1 9 0 6 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 17. August 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Bitte, einen Vorschlag betr. Honorarhöhe für die Übersetzung von Vladimir Solov'evs „Nationale Frage in Rußland" zu machen.
Heidelberg 18/VIII06 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich hatte D r Kistiakowski ebenso wie Herrn Steppuhn - der, da Herr Giwago in Rußland ist und schwerlich wiederkommt, allein in Betracht kommt für die Verhandlung - s.Z. gesagt, auf Übersetzungshonorare russischer Art könnten sie nicht zählen. Wir haben wohl von „25 Mk pro Bogen" geredet, aber nur im Allgemeinen 1 '. Vielleicht bieten Sie Herrn Steppuhn |:, der keinen unbescheidenen Eindruck macht,:| eine Pauschale? Ich kann schwer beurteilen, was da richtig ist und was das Buch tragen kann, da ich die Absatzchancen absolut nicht überblicke 2 '. Das Buch sollte ja auch eine Einleitung: biographisch und analytisch, Ssolowjews philosophische Stellung zeichnend, erhalten, - hat Herr St[eppuhn] darüber noch nicht mit Ihnen verhandelt? Er ist freilich jetzt wohl bis zum Herbst in Moskau. D r Jaffe stellte mir die Rechnung der Druckerei zu: 855 Mk für Beilageheft l. 1 Darnach kann ich mir ein Bild machen, was mich für Heft 2 erwartet. Aber es ist, so sehr ich „auf den Rücken gefallen" bin bei diesen Zahlen und so unbedingt es feststeht, daß ich mich solchen Dingen nicht noch einmal aussetze, nicht nur und nicht in erster Linie x)
Und unter der Voraussetzung, daß ich die Durchsicht der Correcturen 3 auf „Stilfehler" vornehmen würde. 2) Ich konnte ja deshalb auch nur die ideelle Seite der Frage, ob das Buch verdiene übersetzt und verlegt zu werden, beurteilen. Über diese bin ich freilich außer Zweifel.
a Mscr > C o r r e c t u r e n 1 Dies bezieht sich auf Weber, Bürgerliche Demokratie. Vgl. MWG 1/10, Einleitung, S. 10.
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18. August
1906
dieser Geldpunkt, - so sehr er in meiner Lage ins Gewicht fällt - , b beim Rückblick auf diese letzten 9 Monate, die ich dem „Archiv" glatt geopfert habe und obendrein bezahle, der meine Empfindungen in erster Linie bestimmt. Denn diese Consequenzen habe ich schließlich mir selbst zuzuschreiben, - warum war ich so dumm! Ich hätte solche Arbeiten, die eigentlich „unter mir" sind, die nur aber eben kein Andrer leistet, nicht übernehmen sollen. - Aber die letzten 2Vi Monate kann ich sobald nicht vergessen, ich wollte wohl, ich hätte erst einmal nur die einfache geistige Arbeitsfähigkeit wieder erlangt, und - die Arbeits/wsi! Nun höre ich zum Überfluß, 0 - aus einer allerdings nur gelegentlich hingeworfenen Bemerkung Jaffe's, die er nicht näher interpretierte daß Ihnen unser Contrakt betr. des „Archiv"'s, den wir als „Minimum" betrachtet haben, schon jetzt hie u. da lästig ist, so daß ich also fürchten muß, daß wir uns nach Ablauf der Periode ev. nicht einigen. 2 Das hätte natürlich für mich weitgehende Consequenzen. Denn obwohl ich thatsächlich nicht weiß, wie ich es pekuniär verantworten kann, noch weiter größere Sachen für das Archiv zu arbeiten, so würde ich doch im Fall einer Trennung zwischen ihm und Ihnen durch die einfachsten Rücksichten der Ritterlichkeit genötigt sein, mit Jaffe zu gehen, da ich ihn zu Ihnen gebracht habe. - Nun das sind curae posteriores, aber es ist doch gut, sich damit frühzeitig zu befassen. - Hoffentlich geht es Ihnen besser als mir. Mit freundschaftlichem Gruß Ihr ergebenster Max Weber
b In O folgt: der meine Empfindungen
c
(daß)
2 Siebeck hatte In einem Brief an Edgar Jaffe vom I.Aug. 1906 (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 216) hinsichtlich der möglichen Verlegung des Druckereistandortes nach Tübingen angeregt: „In Sachen der Druckverlegung nach hier spielt für mich auch die Frage mit, ob Aussicht vorhanden ist, daß der Vertrag, eventuell schon vor Ablauf des Jahres 1909, spätestens aber dann, etwas mehr zu meinen Gunsten abgeändert wird. Wäre von 1909 an darauf nicht zu rechnen, so würde ich der Druckerei die Anschaffung des Typenmaterials nicht anraten können." In der Antwort vom 3. Aug., ebd., warnte Jaffe vor dem dann drohenden Ausscheiden Max Webers.
20. August
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1906
Werner Sombart 20. August 1906; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich mit Auslassungen, ohne Anrede und Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 1 7 6 - 1 7 7
Heidelberg, den 2 0 . 8 . 0 6 . . . . a Bezüglich des Archivs ist mir die Sache doch ernst. Ich habe nun neun Monate, die ich nicht noch einmal lebe, lediglich im Dienste des Archivs gearbeitet, an D i n g e n ^ die weder ich noch sonst jemand als wissenschaftliche Leistungen rechnen wird. Der „Apparat" hat dergestalt funktioniert, daß ich 2lA Monate allein mit Druckkorrekturen beschäftigt war, d . h . tagaus tagein auf solche wartete, ohne sie zu bekommen und nichts anderes tun konnte. Bisheriges Ergebnis: eine Rechnung von 857 M. für das Januar-Beilageheft, woraus auf die entsprechende Rechnung für das doppelt so dicke August-Heft zu schließen ist. 1 Das Geld (es wird wohl im Ganzen ca. ein Viertel meiner regulären Jahreseinnahmen werden) b ist mir „Wurst", nicht weil es mir gleichgültig sein könnte, sondern weil ich es so gewollt habe. Der Sicherheit halber: diese pekuniäre Seite hat mit meiner Absicht aus dem Archiv herauszugehen, garnichts zu schaffen. Ich würde auch jeden Vorschlag einer Änderung darin zurückweisen. Aber die Art der Behandlung durch den Apparat ist mir ganz und gar nicht gleichgültig. Weder Jaffe noch Siebeck „können etwas dafür" - folglich ist diese Situation unabänderlich. Folglich passe ich nicht in das Archiv, zumal Siebeck schon jetzt die Vertragsbedingungen verschlechtern möchte. Siebeck, der mir verpflichtet ist, und für künftig Verlagsartikel von mir erwartet, habe ich natürlich geschrieben^] daß ich mit Jaffe solidarisch bin (d. h. falls das Archiv aus seinem Verlag geht auch hinausgehen würde, da das Anstandspflicht gegen Jaffe sei). Ihnen aber rate ich wiederholt, sich einen anderen Kompagnon zu suchen. Ich schreibe vielleicht noch die eine oder andere Rezension für das Archiv, denn ich will mich nicht für meinen bloßen Namen bezahlen lassen, obwohl die Zahlung die letzten Male rein „rechnungsmäßig" war, - aber größere Sachen schreibe ich
a
Auslassungszeichen in Abschrift,
b Klammer fehlt in Abschrift.
1 Vgl. dazu den Brief an Paul Siebeck vom 18. Aug. 1906, Anm. 1.
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20. August 1906
nicht mehr in Zeitschriften, sicher nicht in das „Archiv" und dann hat mein Name auf dem Titel keinen Zweck, macht mir auch keinen Spaß mehr. Natürlich scheide ich erst auS[,j wenn Sie und Jaffe einen anderen gefunden haben.
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21. August 1906 Marie Baum 21. August 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 21/8 06 Verehrte Frau Fabrikinspektorin! Wer den Artikel 1 - wohl in der Montagsnummer - geschrieben hat, kann doch außer dem Schreiber desselben schwerlich Jemand vermuthen oder merken. 1 ' - Daß er gewirkt haben sollte, würde mich Wunder nehmen, ich denke Schenkel selbst durchschaut Ihren Herrn Chef. 2 Was mag der dann wieder „ausgespieen" haben? Hoffentlich nichts sachlich Wichtiges. Aber daß Sie nun zunächst - sei es auch auf einige Jahre zunächst nur, in Ihrer Stellung bleiben, freut mich doch eigentlich recht, obwohl Sie ja skeptisch waren. 3 Sie werden noch ebenso eine hübsche Arbeit machen |:- Sie deuteten das ja an und Sich dann immer noch überlegen können, ob Sie alsdann „Ihr Werk gethan haben". Sie sind dann noch lange jung genug, um eventuell Sich nochmal ganz umzukrempeln. Wenn man Sie jetzt in Frieden arbeiten läßt, dann kommt die Freude an der, schließlich, in ihrer Art doch einzigen Stellung ganz gewiß wieder. Und deshalb gratuliere ich doch recht herzlich zu Ihrem „Erfolge", wennschon das „touDaß er in die Situation „eingeweiht" war, ist für die „Eingeweihten" ja allerdings kaum verkennbar: 3
a (aber doch nur für diesen.) 1 Max Weber bezieht sich auf seinen Artikel: Zur Stellung der Frau im modernen Erwerbsleben, der in der FZ, Nr. 222 vom 13. Aug. 1906, Mo.BI., S. 1, anonym erschienen war (MWG I/8). 2 Gemeint ist Karl Bittmann, der Leiter der badischen Fabrikinspektion. 3 Nachdem der badische Innenminister Karl Schenkel eine neue Dienstanweisung erlassen hatte, die ihre Forderungen zum Teil berücksichtigte, hatte Marie Baum ihr Entlassungsgesuch zurückgezogen.
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jours en vedette" 4 auch hier gilt. - Hoffentlich bald einmal auf Wiedersehen. Mit bestem Gruß, auch meiner Frau Ihr ergebenster Max Weber
4 Ausspruch Friedrichs des Großen, am Schluß des „Exposé du gouvernement prussien", in: „Oeuvres", hg. von J . D . E . Preuß, B d . 9 . - B e r l i n : R. Decker 1848, S.191.
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Marie Baum 23. August 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 23/VIII06 Verehrteste Frau Fabrikinspektorin nein! so war die Sache nicht gemeint. Ich wollte, daß, wenn etwa bei den „Rücksprachen" Jemand, wer es auch sei, Sie fragen sollte (direkt oder indirekt, in Anspielungen), ob Sie wüßten, wer das Karnickel sei, Sie in voller Aufrichtigkeit sagen könnten: „ja, ich vermuthe zwar sehr bestimmt, wer es ist, aber ich weiß es nicht |:absolut sicher: |, denn der Betreffende hat |:auf Anfrage:| zwei Mal so geantwortet, daß ich Zweifel hegen kann." 1 Hat man Sie bisher nicht gefragt, dann thut man es jetzt wohl nicht mehr, und daher ist die Versteckspielerei nicht mehr nötig. Denn daß Sie verschweigen sollten, was Sie dachten und jetzt auch authentisch wissen, dazu liegt gewiß kein Anlaß vor. Ich habe es längst Andren erzählt. Ich wollte nur nicht, daß Jemand denken könnte, Sie hätten schon vorher davon gewußt; und dazu war am besten, wenn Sie sagen durften: ich weiß absolut Sicheres noch jetzt nicht. Nun wird ja wohl diese schwierige Geburt auch |:amtlich:| „eröffnet" sein? 2 - Glauben Sie nicht, daß ich die Opfer |:und den Kräfteverbrauch:! unterschätze, welche die Stellung Sie kostet. O nein! - aber wo ist, wenn Sie fortgehen, Jemand, der so tapfer diesen Kampf mit subalterner „Männlichkeit" aufnimmt? Nach 2, 3 Jahren liegen die Dinge anders: dann ist die Position so gefestigt, daß sie auch in schwächere Hände gegeben werden kann, - aber natürlich nicht: „muß". Denn wer weiß, - vielleicht wächst sie Ihnen doch wieder mehr ans Herz, als, sehr begreiflicherweise, in letzter Zeit der Fall war. - Und wenn Sie Ihren edlen Chef 3 mit, kühl „distanzierter", Freundlichkeit behandeln, zieht
1 Max Weber bezieht sich auf seinen Brief an Marie Baum vom 21. Aug. 1906, in dem er vermied, sich ausdrücklich als Verfasser des Artikels: Zur Stellung der Frau im modernen Erwerbsleben, FZ, Nr. 222 vom 13. Aug. 1906, Mo.BI., S. 1, zu bezeichnen. Vgl. oben, S.145f. 2 Gemeint ist wohl die neue Dienstanweisung des Innenministers. 3 Gemeint ist Karl Bittmann.
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er vielleicht auch einen modus vivendi dem constanten Conflikt vor und läßt Sie in Frieden. Vorerst jedenfalls in bester Hoffnung und mit bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weber 5
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Georg Jellinek 27. August 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31
Heidelberg 27/8 06 Verehrtester College und Freund! Mit der größten Freude und Belehrung habe ich Ihre in der Form ebenso anziehende wie inhaltlich vortreffliche Abhandlung alsbald gelesen. 1 Ganz abgesehen von all den zahllosen Einzelheiten, die mir teils neu waren, teils, wo dies nicht der Fall, durchaus meiner eigenen (nur nicht so klar entwickelten) Ansicht entsprechen, ist mir der ganze „Tenor" deshalb so sehr sympathisch, weil mir damit der Anfang zu einer wissenschaftlichen Behandlung der „Politik" überhaupt erst ernstlich gemacht zu sein scheint, indem hier einmal eine wirkliche „Kernfrage" in Angriff genommen ist. Die sorgsame Scheidung und die Feststellung der gegenseitigen Beziehungen von „rechtlicher" und „politischer" Betrachtung wird nun das nächste große methodische Problem sein, welches bisher oft beredet und fast immer nur sehr oberflächlich behandelt, hier eine Anzahl sehr hübscher Schlaglichter erhält. Die Scheidung von „Verfassungs"-Änderung durch Rechts-Änderung und durch politische Wandlung, von Änderung der politischen Lage durch Recteänderung etc. wird nun die nächste Aufgabe sein. Ich freue mich sehr auf Ihre neue Zeitschrift. 2 Um - nach professoraler Angewohnheit - einige, sachlich übrigens sehr nebensächliche Kleinigkeiten zu „kritisieren" 3 S. 24-26: „preußische" Angelegenheiten gehören nicht vor den Reichstag, sondern die preußische Abstimmung (im B[undes-]R[at])
1 Verfassungsänderung und Verfassungswandlung. Eine staatsrechtlich-politische Abhandlung.-Berlin: O.Härlng 1906. 2 D.h. das „Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart", 1907ff., hg. von Georg Jellinek, Paul Laband und Robert Piloty. 3 Die nachfolgenden Seltenangaben beziehen sich auf die In Anm. 1 genannte Abhandlung Jelllneks.
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über /?dc/isangelegenheiten, dabei 3 auch die auswärtige Politik 4 (NB: Anm. 1 auf S. 25 finde ich ganz vorzüglich !)5 S. 33 Das „Gesammtministerium" ist [.rechtlich-] „notwendig" nur in jedem Verfassungs-Staat6 (über Rußland s. meine Bemerkungen in den übersendeten Bogen, 7 über Preußen Friedrich] W[ilhelm]'sIV Äuße- 5 rungen (Deutsche Rundschau 1905), 8 selbst da nur bedingt, soweit die Rechtsseite in Betracht kommt 3 (cf. die Zeit von 1888-1894 in Preußen). 9
a Alternative Lesung: daher
ä 0 : komt
4 Jellinek hatte die Ansicht vertreten, daß „der Reichskanzler [...] nur In seiner Eigenschaft als preußischer Bevollmächtigter [zum Bundesrat] im Reichstage das Wort ergreifen" dürfe, und daraus gefolgert, daß dieser, wenn er über die auswärtige Politik vor dem Reichstag berichte, streng genommen seine Kompetenz überschreite. Weber protestierte gegen diese rlgorlstische Interpretation des Verhältnisses von preußischen und Reichsangelegenheiten. Aus seiner Sicht war die Stimmabgabe der preußischen Bevollmächtigten im Bundesrat, namentlich des Reichskanzlers, in Fragen der Reichspolitik - und dazu gehörte insbesondere die auswärtige Politik - keinesfalls eine preußische Angelegenheit, sondern ein politischer Vorgang, über den der Reichstag, und allein dieser, Stellung zu nehmen durchaus das Recht habe. 5 Darin bejaht Jellinek die Kompetenz des Reichstages, Interpellationen an die Reichsleitung zu richten, Im Gegensatz zu Paul Laband, der dies für ein „ Pseudo-Recht" hielt, well Ihm keine Antwortspflicht von Seiten der Regierung entspreche. 6 Jellinek hatte die sachlich fragwürdige These vertreten, daß ein „Gesamtministerium", d.h. ein einheitliches Führungsgremium der verantwortlichen Minister unter der Leitung eines Vorsitzenden Ministers, „eine notwendige Einrichtung eines jeden [Hervorhebung des Hg.] Staates" sei, „mag sie nun auf Gesetz beruhen oder nicht." 7 Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich dabei um den Abschnitt III: „Die Vollendung der Bureaukratisierung der Selbstherrschaft" aus Weber, Schelnkonstitutionailsmus. Dort heißt es auf S. 225 (MWG 1/10, S.401), daß sich der „eigenartige Charakter des russischen Staatswesens bis zum Oktober 1905" u.a. „in dem Fehlen eines ,Ministerkabinetts' nach westeuropäischem Muster" bestimmen lasse. 8 Siehe das Schreiben Friedrich Wilhelms IV. vom 25. April 1848 an den Ministerpräsidenten des Märzministeriums von Camphausen, In dem er dagegen protestierte, daß das preußische Staatsministerium Anspruch auf die Benennung eines Kandidaten für das Amt des Kriegsministers erhebe, obschon dessen Berufung allein Sache der Krone sei. Ja mehr noch, er betrachtete es als einen tief kränkenden Vorgang, daß das Staatsministerium die Vorstände des Allgemeinen Kriegs-Departments und des Mliltär-ÖkonomleDepartements vor Bestellung des Kriegsministers und ohne dessen Einwilligung besetzt habe. Das Kriegsministerium und die nachgeordneten Behörden standen nach Ansicht des Königs außerhalb des Kompetenzbereichs des Staatsministeriums. Vgl. König Friedrich Wilhelms IV. Briefwechsel mit Ludolf Camphausen. Hg. und erläutert von Erich Brandenburg. I, In: Deutsche Rundschau, Bd. 125, Okt.-Dez. 1905, S.363f. 9 Dies bezieht sich vermutlich auf die zunehmenden politischen Gegensätze zwischen dem preußischen Staatsministerium und der Reichsleitung schon In den letzten Regie-
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S. 39 Sanktions-Verweigerung: durch den deutschen Bundesrath ist sie immerhin alltägliche Erscheinung. 10 S. 49 u. öfter: in England war doch wohl im 18. Jahrh[undert] die Lage gegen jetzt nur in sofern anders, als damals kleine aristokratische Cli5 quen, heute breite Massen das Cabinett beeinflussen. Cf: „Führer des Unterhauses" als traditionellem Namen des b (faktischen) Premierministers. 11 S. 58 oben: Wer ist „das deutsche Volk"? Die 3 Millionen] Soz[ial]Demokraten? 12 10 S. 59 Der Ministerverbrauch der ersten 10 Jahre Wilhelm's II („Zickzack-Curs") hält doch jeden Vergleich aus! 13 b („P'Lord") rungsjahren Bismarcks, vor allem aber während der Reglerungszelt des Reichskanzlers von Caprivl, der, der Quertreibereien des preußischen Staatsministeriums gegen seine Politik müde, dieserhalb 1892 schließlich die Ministerpräsidentschaft in Preußen niederlegte. Damit war auch äußerlich sichtbar geworden, daß die deutsche Politik nicht mehr durch ein einheitliches „Gesamtministerium" Im Sinne Jellineks geleitet wurde. 10 Jellinek hatte eine Reihe von Fällen angeführt, In denen Staatsoberhäupter bestimmten Gesetzesvorlagen die rechtlich erforderliche Sanktion in Form Ihrer Gegenzeichnung verweigert hatten. Die Bemerkung Webers bezieht sich auf die Tatsache, daß der Bundesrat, als die Vertretung der deutschen Bundesfürsten, immer wieder Beschlüssen des Reichstags die verfassungsrechtlich notwendige Zustimmung verweigerte. 11 Jellinek referierte dort zustimmend die These Sldney Lows, daß in England an die Stelle einer parlamentarischen Regierung eine Kabinettsregierung getreten sei, mit anderen Worten, daß das Parlament die reale Macht Im Staate verloren habe und diese an das Kabinett übergegangen sei, welches sich am Parlament vorbei direkt an die Wählerschaft richte: „Das Unterhaus hat auch die noch vor kurzem unangezweifelte Macht verloren, nach eigenem Ermessen ein Kabinett zu stürzen. Das ist heute nach herrschender Überzeugung bereits den Wählern vorbehalten, die durch Volksabstimmung den gegenwärtigen Leader In seiner Machtstellung bestätigen oder den Oppositionsführer auf den Schild heben." (Ebd., S. 49f.) Nach Webers skeptischer Ansicht war dies jedoch schon Immer so, nur daß sich die Zusammensetzung der „Wählerschaft" radikal geändert habe. 12 Dies bezieht sich auf die Formulierung Jellineks: „Kein großes Volk steht seiner Repräsentation so kühl gegenüber wie das deutsche Volk dem deutschen Reichstage, der zu den politisch schwächsten parlamentarischen Gebilden zählt." 13 Jellinek hatte die Ansicht vertreten, daß im Zuge der Erstarkung eines demokratischen Parlaments, das sich „als herrschender Faktor In der Staatsordnung neben oder über der Regierung durchzusetzen" wisse, nur eine zweifache Möglichkeit bestehe: „entweder die fortwährende Unbeständigkeit der staatlichen Verhältnisse, wie sie der Vorherrschaft eines, ununterbrochenen Fluktuationen der Partelen ausgesetzten herrschenden Parlamentes entsprechen, oder Festigung der Regierung [...] und damit Zurücktreten des Parlamentes von der tatsächlichen Vorherrschaft". Weber setzt damit die Ära des „persönlichen Regiments" Wilhelms II. In Vergleich, in der es zwischen 1888 und 1898 zu Immer neuen Kurswechseln, begleitet von überaus zahlreichen Personalveränderungen sowohl im Amt des Reichskanzlers wie insbesondere der Reichsämter und preußischen Ministerlen, gekommen Ist.
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Wie gesagt: lauter Einzel-Punkte, die der herzlichen Freude an Ihrem Buch, dem die weiteste Verbreitung zu wünschen ist, keinerlei noch so geringen Abbruch thun! Vielen Dank Freundschaftlichen Gruß! Ihr Max Weber
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Robert Michels 1. S e p t e m b e r 1 9 0 6 ; H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 16
Verehrtester Herr Doctor! Der Vorfall klingt schier unglaublich, es sei denn, daß die Broschüren schon vorher durch gerichtliche Entscheidung verboten waren. 1 Dann kann sie die Zollbehörde einbehalten, sonst nie. 5 Wie hat sich der Hergang abgespielt? Wer ist Absender (formal) wer Empfänger? Wann u. in welcher Form fand die Confiskation statt? Welche Broschüren waren es? Was wurde als Grund angegeben? Freundschaftl. Gruß Max Weber 10
Hbg 1/9 6
Meine Frau grüßt vielmals, dankt sehr für Ihren freundlichen Brief und denkt mit Freude an Ihren Besuch zurück[.]
1 Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden. Der einzige Hinweis Im Nl. Michels, AFLE Turin, der möglicherweise einen Bezug zu diesem Vorfall hat, findet sich in einem Schreiben des New Yorker Sozialisten Daniel De Leon an Michels vom 11. April 1906: " Some time ago I had a letter from you telling me you had not received the literature that my letter announced. I had a second batch of literature sent to you, but have not heard from you at all. Did that also miscarry? If it did, I wish you would suggest to me some route by which printed matter will safely reach its destination in your town." Ebd., Kapsel D.
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9. September
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Helene Weber PSt 9. September 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Liebe Mutter! Lili's Hochzeit 1 ist am 6. Oktober. Wir schlagen vor: Du r[ei]sesta am 3. oder 4. von Berlin, machst sie mit (Tante Nixel2 ist auch da)[,j logierst (da Bertha 3 schon fort ist) im Scheffelhaus, 4 triffst dann mit Marianne zusammen und Ihr trefft mich in Genua etwa am 8. oder 9 ten , dann 5 gingenb wir zusammen weiter. Aber dann müßtest Du allerdings bis in den November fortbleiben (etwa bis 12/13ten jedenfalls). Das ginge aber doch auch, da wir in Neapel oder Palermo gut nette Sachen einkaufen können und Du kommst in der warmen hellen Luft sicher über einen Teil des November hinweg. Ich schreibe noch näher. Aber ich weiß, daß 10 es Dir doch sehr schwer würde, nicht bei der Hochzeit zu sein. Also nimm doch an, aber entschließe Dich zu längerem Wegbleiben! Herzlichst in Eile Dein Max
a 1 2 3 4
Lochung.
b gehen > gingen
Ulli Hausrath heiratete Fritz Hermann. Emilie Benecke, Schwester von Helene Weber. Bertha Schandau. Hotel-Pension in der Ziegelhäuser Landstraße.
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10. September 1906
Helene Weber PSt 10. September 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Liebe Mutter! Wir erhalten eben Deinen Brief und schlagen |:also: | nochmals vor, daß Du doch 3 bis zum 3. oder 4,en zu Haus bleiben und dannb hierher zur Hochzeit1
reisen möchtest, dafür0 aber länger, also, wie ich Dir vor-
5 schlug, bis gegen Mitte November,
/ortzubleiben. Wenn Du jetzt schon
am 28ten September kommst und schon am 26. Oktober 0
zurückiährst,
dann wird es 1) hier recht unbehaglich, da am 1. oder spätestens 2. Alles fortgeht (Bertha, 2 Marianne, ich), und 2) wird unser Zusammensein dann soe kurz in Italien, daß man nicht zu etwas Rechtem und zum 10 Behagen kommt 1 ). A l s o , nicht wahr? Du bleibst länger mit uns im Süden und kommst lieber erst später, d. h. direkt zur Hochzeit! Herzlich Dein Max ' ' Und wer weiß, wie oft man sich noch sieht!
a (am) b (direkt) c O: zweifach unterstrichen, zweifach unterstrichen. 1 Hochzeit von Ulli Hausrath und Fritz Hermann. 2 Bertha Schandau.
d November > Oktober
e 0:
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11. September
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Paul Siebeck 11. September 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Schreiben Paul Siebecks vom 25. August 1906 (S.2 u. 3 des Durchschlags tragen das Datum 24. August 1906), ebd., in welchem er in erster Linie auf die Zukunft des „Archivs" eingeht. Er habe zwar bei Edgar Jaffe angefragt, den Kontrakt mit dem „Archiv" für den Verlag wegen des enormen Kostenanfalls für Slebeck günstiger zu gestalten, dies betreffe allerdings vor allem pragmatische Erleichterungen: „Worauf es mir zunächst ankam, das ist eine erhebliche Vereinfachung des bisherigen Abrechnungsmodus, der jedesmal eine mindestens 3 tägige Arbeitsleistung meines Buchhalters bedingte." - was auch von Jaffe konzediert werde. „Daß ich nicht daran denke, mich von dem Archiv zu trennen, mag Ihnen, statt allem Anderen, das eine beweisen, daß Ich den Druck des Archivs vom 24. Bande an hierher verlege. Eine so große Typenanschaffung [...] mute ich einer Druckerei nicht zu, wenn Ich beabsichtige, den Verlag einer Zeitschrift aufzugeben."
Heidelberg 11.9. 06 Hochverehrter Herr D r Siebeck! Ich danke - etwas verspätet - sehr für Ihren freundlichen Brief. Es freut mich wirklich sehr, daß Sie nicht an einen grundsätzlichen Wandel des Vertrages mit dem „Archiv" gedacht haben. Kleinigkeiten zu Gunsten der einen oder anderen Seite müssen natürlich bei der Erneuerung mit D r Jaffe zur Sprache kommen, das versteht sich ja. Auch er wird nicht in allen Punkten zufrieden sein. Daß ich persönlich es einen Augenblick etwas peinlich empfand, daß, nachdem ich dem „Archiv" immerhin die letzten 9 Monate einfach geopfert hatte, nun Schwierigkeiten von Ihnen kamen | :oder zu kommen schienen,: | werden Sie verstehen. Ich bitte Sie nun aber, diese Ihre Stellung zum „Archiv" auch dann nicht zu ändern, wenn ich ev. vom nächsten Termin an (also in 114 Jahren) oder, wenn Sie zustimmen, schon vorher, nicht mehr in der Redaktion formell sitzen sollte. Ich bin über mein ev. Ausscheiden mit Sombart in Correspondenz begriffen und habe diesem gerathen, sich einen andren Compagnon zu überlegen. 1 Jaffe habe ich noch nichts gesagt, sage ihm auch nichts, ehe ich weiß, daß 3 Sie grundsätzlich meinem Ausscheiden zugestimmt haben, was Sie natürlich nur dann thun sollen, wenn Ihnen ein convenierender Ersatz geboten wird. Scheide ich a [ob] > daß 1 Schreiben an Werner Sombart vom 20. Aug. 1906, oben, S. 143f.
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aus, so werde ich trotzdem als Mitarbeiter dabei bleiben, stehe auch mit Rath jederzeit zu Jaffe's Diensten. Denn ich halte die Fortexistenz des „Archiv" für unbedingt geboten und seine Schädigung muß b unter allen Umständen vermieden werden. - Aber zum „Mitherausgeber" habe ich die Lust etwas verloren, - vor Allem weil ich dazu so sehr schlecht passe! Jaffe thut die Arbeit faktisch fast allein, es handelt sich |:bei Sombarts und meiner „Mitarbeit" als Herausgeber:! u m Correspondenzen, welche gelegentlich mit Leuten, die stets von einem „Ordinarius" oder doch „Honorarprofessor" bedient sein wollen, um entsprechend zu reagieren, zu führen sind. Sombart ist für das A usland (wo er sehr, ich dagegen fast gar nicht bekannt bin) wegen seines „Namens", den er dort hat, ein wichtiger Bestandteil der Redaktion. Für das Inland könnten unsre beiderseitigen Namen m. E. ganz gut fehlen. Ich bin auf jeden Fall mit der größten Leichtigkeit zu ersetzen. - Ich bitte Sie, diese Erörterungen einstweilen als nur zwischen uns beiden 0 sich bewegend anzusehen, Jaffe möchte ich, wie gesagt, vorerst noch nicht damit kommen, sondern erst, wenn ich weiß, daß sein Interesse nicht geschädigt wird. Mit Sombart werde ich, nach seinem letzten Brief, wohl auch mündlich zu conferieren Gelegenheit haben (Anfang Oktober in Mailand). 2 Wie gesagt: ob ich auf dem Titel des „Archiv" stehe oder nicht, - sein Schicksal bleibt mir in aller Zukunft gleich unbedingt wichtig, ich fühle mich nach wie vor gleich identisch damit. Die Krisis der ersten Jahre d des Übergangs zu einem immerhin stark veränderten Charakter ist aber jetzt sicher bald überwunden, die Abonnenten-Fluktuation muß abnehmen, und damit ist die Sache im Wesentlichen |: vorläufig einmal: | im Hafen. Nur mußte |:und muß:| mir daran liegen, daß nun nicht Schwierigkeiten mit dem Verlag, - womöglich ein Wechsel - drohte. Denn nun muß man Ruhe haben, um an den Ausbau zu gehen. Für diesmal genug hiervon. Ich schreibe natürlich über diesen Punkt noch öfter und man sieht sich wohl auch persönlich einmal, trotz meiner gelegentlich noch immer großen Unzuverlässigkeit in Bezug auf feste Abmachungen über Tag und Stunde. b für > muß
C (geführt)
d (und)
2 Werner Sombart war neben Robert Michels einer der deutschen Teilnehmer auf dem „Internationalen Kongreß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit", der am 2. und 3. Oktober 1906 in Mailand stattfand. Vgl. dazu den Tagungsbericht von Otto Kahn, Der 1. Internationale Kongreß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, in: Soziale Praxis. Zentralblatt für Sozialpolitik, Jg. 16, Nr. 6 vom 8. Nov. 1906, Sp. 1 4 5 - 1 4 7 .
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Was macht der „Schönberg"? 3 Ist nun Harms der „Adlatus"? Auch das interessiert mich natürlich, wegen dessen, was später einmal wird oder werden könnte, wenn... Von dem Manuskript meiner Frau* schickt sie Ihnen vor 1. X. 2 Kapitel (von im Ganzen 6), welche ziemlich genau 2/s des Ganzen umfassen ( 1) „Ehe bei den Naturvölkern", 2) „Ehe im Altertum"). Es ist nur noch die Inhaltsübersicht (am Kopf) und die Litteraturübersicht (am Schluß) fertigzumachen. Ich habe diese (und auch die folgenden, nur in Einzelheiten noch zu ergänzenden Kapitel: 3) Ehe im Mittelalter 4) Ehe im Zeitalter des Naturrechts und der Codifikationen 5) Ehe im deutschen Bürgerlichen] Gesetzbuch 6) Moderne Ehekritik) genau durchgelesen und, da ich erhebliche Teile der Materie selbst im Colleg zu behandeln hatte, 5 eingehend auf Correktheit prüfen können. An einigen (im „Vorwort" |:genau:| zu bezeichnenden) Stellen habe ich sachlich sie beeinflußt und namentlich Belege herbeigeschafft und Einzelheiten eingefügt, die ihr entgangen waren. In den ersten Capiteln habe ich auch, der sehr großen Compliziertheit der dort erörterten Verhältnisse wegen, in „letzter Lesung" das 6 (überwiegend abgetypte) Mscr. nochmals auf „Verständlichkeit" und „leichte Lesbarkeit" geprüft und mit ihrer Zustimmung, wo ich es irgend wünschenswerth fand, „Übergänge", Verweisungen und Ausdrucks-Verbesserungen angebracht, damit die Lektüre Niemandem, auch solchen, die von den Dingen bisher gar nichts wußten, Schwierigkeiten macht. Ich glaube jetzt, daß die Arbeit so „gemeinverständlich" ist, wie dies bei dieser Materie, ohne der juristischen Präzision zu vergeben, eben überhaupt möglich ist. Einige wichtige Grundgedanken sind in dem Buche ganz neu (die Art der Entstehung der „legitimen" Ehe). Im Übrigen existiert außer dem französischen Buch von Gide-Esmein (1885 letzte Auflage,
e
(abgetypte)
3 D.h. die projektierte Neuausgabe von Schönbergs „Handbuch der Politischen Ökonomie"; vgl. Briefe an Paul Siebeck vom 19. Mai 1906 und [vom oder nach dem 21. Mai 1906], oben, S. 92f. und 95f. 4 D.h. das Manuskript von Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 5 Worauf sich Weber hier bezieht, ist etwas unklar: Die letzte Vorlesung, die sich mit diesem Thema möglicherweise - wenigstens zum Teil - beschäftigte, war diejenige im Wintersemester 1895/96 in Freiburg über die Geschichte des deutschen Rechts.
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sehr veraltet und nach französischer Manier gemacht)6 nichts Ähnliches, da die Brochüre von D r Bartsch in ihrer Oberflächlichkeit und Skizzenhaftigkeit nicht in Betracht kommt.7 Der Titel würde sein: „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung". „Eine Einführung". 5 Wir verreisen 1. Oktober bis ca. 26. November nach Sizilien. Ca. 3 - 4 Wochen ist an dem Rest noch zu thun. Der Druck könnte also, wenn Sie Sich einigen, Mitte Dezember beginnen. Meine Frau schreibt natürlich noch selbst, ich wollte Sie nur vorher einigermaßen informieren. Den Umfang werden Sie aus den beiden, - weitaus umfangreichsten - ersten 10 Kapiteln annähernd genau berechnen können (im „Corpus" des „Archiv" m. E. ca. 27 Bogen)[.j Bis auf Weiteres mit freundschaftlichem Gruß Ihr Max Weber
6 Gide, Paul, Etude sur la condition privée de la femme dans le droit ancien et moderne et en particulier sur le sénatus-consulte velléien. Suivie du: Caractère de la dot en droit romain et de la condition de l'enfant naturel et de la concubine dans la législation romaine. 2 e édition, avec une notice biographique, des additions et des notes, par A. Esmein. Paris: Larose et Forcel 1885. 7 Bartsch, Robert, Die Rechtsstellung der Frau als Gattin und Mutter. Geschichtliche Entwicklung ihrer persönlichen Stellung im Privatrecht bis in das 18. Jahrhundert. Leipzig: Veit u.Co. 1903.
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Robert Michels 12. September 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 17
Heidelberg 12/9 06 Lieber Herr Doctor! Ich 1 ' hoffe es möglich zu machen, am 2. X Abends in Mailand zu sein, vorher wird es nicht gut gehen. Jedenfalls würde ich, falls es etwa später als der 2te würde und Sie mir ein Logis besorgt hätten, dasselbe vom 2ten 5 ab bezahlen. In Ihrem „proletarischen" Kloster1 ist aber wohl jedenfalls nur für „compagni" Platz? und selbst wenn Andre genommen würden, so würde ich zweifellos einen 3 Arbeiter," für den der Preisunterschied wichtiger ist als für mich, verdrängen? Sie werden das am besten ermessen können, - an sich würde mich sonst natürlich grade dies „Hotel" 10 locken, als Pendant zum ,,Hot[el] du peuple" 2 |:u. weil Sie da logieren: |. Aber wie gesagt, ich bin fast sicher, daß unter dem Andrang zur Zeit des Congresses c es nicht passend wäre, wenn ich mich da eindrängte. 3 Auch bin ich von einem (dem einzigen) Comfort gesundheitlich in der That direkt abhängig: der Nachtruhe, und in jenen Tagen beginnt die sicher 15 erst um Mitternacht oder weit später. Das kann ich 1 - 2 Tage gern aushalten, aber nicht6 länger ohne direkten Schaden - leider. Meine Frau hat, leider, vom 4 . - 6 . Frauentag in Nürnberg. 4
a O: einem
b(der)
C (und)
d (dauer)
1 Gemeint ist der „Albergo popolare" in Mailand, ein Heim für Ledige, das für auswärtige Gäste auch als Hotel genutzt werden konnte. Vgl. dazu den Artikel von Lujo Brentano, Das Ledigenheim (Albergo Popolare) in Mailand, in: Zeitschrift für Wohnungswesen in Bayern, Jg. 1, Nr. 2, Juniheft, 1903/04, S. 16-17. 2 Weber bezieht sich hier auf das „ Hotel du peuple" in Ostende, in welchem er im August 1903 einige Tage verbracht hatte und das Ihn vor allem deswegen Interessiert hatte, weil dort hauptsächlich Angehörige der Arbeiterschaft logierten. 3 D.h. kurz vor dem Internationalen Kongreß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit; vgl. Brief an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1906, oben, S. 157, Anm.2. 4 Gemeint ist die 7. Generalversammlung des Bundes deutscher Frauenvereine, die vom 3. bis 7. Oktober stattfand.
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Ich werde mich also wohl an die mir von Ihnen freundlichst übersendete Offerte der Società „Gite e viaggi" halten. - Soeben sehe ich, daß ich dafür mich bis übermorgen angemeldet haben muß. Also bitte ich Siee, Sich keinesfallsf weiter zu bemühen. Ich gehe definitiv dorthin und werde in das „Grand Excursions' Hotel" gehen. In Rom kann ich zur angegebenen Zeit nicht sein. Ich treffe mit meiner Frau u. Mutter am 9. oder 10. zusammen, bleibe in Rom nur eine Nacht und fahre gleich nach Neapel - Palermo weiter. Allenfalls sind wir einen Vormittag dort und, falls Sie dann noch da sein sollten, könnten wir ja ein Zusammentreffen verabreden, da es meine Frau (und sicher auch meine Mutter) natürlich herzlich freuen würde, Sie zu sehen. Herrn Prof. Majno bitte ich Sie bestens zu danken. Ich werde ihn bestimmt aufsuchen. Die Sache mit der Zollbehörde ist wirklich ein unerhörtes Stück, welches im Reichstag zur Sprache gebracht werden sollte. 5 Es liegt leider schon etwas zurück, - doch werde ich sehen, ob ich nicht doch zu einer Notiz für die „Frankfurter] Z[ei]t[un]g" komme. 6 Ich bewahre die Zeitung (die mir eben heute zuging) auf. Es thut mir leid, Ihnen durch ungenügende Frankatur lästig geworden zu sein. Haben Sie vorerst herzlichsten Dank, ich lasse bald noch von mir hören. Meine Frau grüßt Sie beide herzlichst, ebenso Ihr freundschaftlich ergebenster Max Weber
e 0 : zweifach unterstrichen,
f O: zweifach unterstrichen.
5 Vgl. Karte an Michels vom 1. Sept. 1906, oben, S. 153; eine diesbezügliche Interpellation im Reichstag hat nicht stattgefunden. 6 Eine Notiz Webers ist in der FZ nicht erschienen.
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Helene Weber 12. September 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Heidelberg 12/9 06 Liebe Mutter! Also schön! Hoffentlich ist's Dir nicht zu unbequem so. Aber wenn Du Dich nicht bis gegen Mitte November freigemacht hättest, wäre es eine ganz sinnlose Geldausgabe geworden. Schon so wird es eine arge Fah- 5 rerei, da nun nichts paßt: kein Schiffs-Anschluß etc. etc. Man muß bis Neapel Alles per Bahn machen. Aber mach Dich nun auch wirklich so frei, daß wir 4 Wochen reichlich in Italien zusammen haben, ehe Du die Rückfahrt antrittst. Wir können es nun nur so machen, daß wir beide Marianne in Bologna oder Florenz |:am 9ten oder 10ten:| im Zuge treffen 10 u. zusammen weiter fahren. 1 ' Das Nähere |:auch wegen des Geldes:| schreibe ich noch.1 - Tante Ottilie,2 Lili Hausrath etc. mag wirklich der Kuckuck holen!Die Sache mit Schäfer3 sollte doch entschieden geordnet werden. Hauptpunkt scheint mir zweierlei: 15 '-1 Der 3 Umweg von hier nach München kostet Dich einen ganzen Tag. Besser triffst Du mich in Mailand, dann fahren wir zusammen weiter. Aber das kann man ja noch überlegen.
a (Weg) 1 Vgl. Brief an Helene Weber vom 25. Sept. 1906, unten, S. 167f. 2 Ottilie Weber, eine Schwägerin von Helene Weber, wollte diese Anfang November besuchen. Dadurch und durch die Hochzelt von LIIII Hausrath wurde die verfügbare Reisezelt für Helene Weber begrenzt. 3 Karl Schäfer litt an fortschreitender Cerebralsklerose, war dleserhalb von seinen Lehrverpflichtungen an der Technischen Hochschule Karlsruhe beurlaubt und bedurfte nach dem Tod seiner Frau Im Mai 1906 (vgl. Brief an Helene Weber vom 23. Mal 1906, oben, S. 97f.) fremder Fürsorge, die zu fast ständigen Aufenthalten in Sanatorien zwang. Er hatte seinen geisteskranken, In einer Anstalt lebenden Sohn Otto Schäfer zu unterhalten und mußte ferner seine Tochter Marie Hohn unterstützen, vgl. unten, Anm.7. Die daraus entstandene finanzielle Notlage forderte neue Regelungen.
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1) daß das Gehalt des Alten fortan nicht mehr der Schwester, 4 sondern Hermann ausgezahlt wird. Das müßte Karl 5 durchsetzen, wenn Hermann 6 es nicht thut. Die Schwester ist ja offenbar von Sinnen. Aber bisher läßt, wie Lili hier sagte, der Alte sie das Geld erheben. 2) daß sofort die Eltern des geisteskranken Schwiegersohnes7 veranlaßt werden, ihrerseits die |:pekuniäre:| Sorge für diesen b und sein Kind zu übernehmen. Das ist ihre gesetzliche Pflicht, nicht die des alten Schäfer! Je eher das geschieht, je besser, bald muß es ja doch geschehen. Es ist skandalös, daß das Schäfer aufgebürdet wird und wohin soll das führen? Ich finde, es geht einfach nicht. Dazu aber, die Eltern des Mannes in Anspruch zu nehmen, ist die c Schwester nur zu bringen, wenn sie nicht mehr Geld in beliebiger Quantität von ihrem Vater in die Hände bekommt. Die ganzen Sachen sind schrecklich traurig. Aber durch Gehenlassen werden sie nicht besser. Wenn der arme alte Mann nur lieber nicht mehr zu lange sich zu quälen hätte. Bald mehr herzlichst Dein Max
b (auf)
c (Tochter)
4 Gemeint ist die Schwester von Hermann Schäfer, Marie Hohn. Sie erschien Max Weber wegen ihrer psychischen Labilität wenig geeignet, die Einnahmen ihres Vaters zu verwalten. 5 Gemeint ist Karl Weber, ein Bruder Max Webers und Schwager von Hermann Schäfer, derein Schüler von Karl Schäfer war. Er bewirkte im September 1912 eine Beihilfe für den geisteskranken Otto Schäfer von monatlich 350 Mark, GLA Karlsruhe, Personalakte Karl Schäfer, 235/2455. 6 Hermann Schäfer. 7 Gemeint Ist Otto Hohn, der als preußischer Garnisonsinspektor krankheitshalber pensioniert worden war, in einer Anstalt lebte und dessen Ruhegehalt für die Anstaltskosten verbraucht wurde.
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Robert Michels 25. September 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Heidelberg, Heid.Hs. 3700,4 Der Empfänger dieses Briefes, der von der UB Heldelberg Im Autographenhandel erworben worden Ist, wurde in deren Kartei als „Dr. ungen." aufgeführt. Für Robert Michels als Adressaten sprechen mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit sowohl die Art der Anrede als auch Im besonderen der Briefinhalt In seinem Zusammenhang mit dem Brief an Michels vom 12. September 1906, oben, S. 160f. Hingewiesen sei ferner auf einen Umschlag In Fasz. 133 („leere Umschläge") im Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, AFLE Turin, der laut Ausgangspoststempel auf den 24. September 1906 datiert ist. Möglicherweise liegt eine Webersche Fehldatlerung um einen Tag vor.
Heidelberg 25/9 06 Lieber Herr Doktor! Zu meinem Verdruß kann ich es nun doch auf keine Weise ermöglichen, nach Mailand zu kommen, was mir auch deshalb sehr ärgerlich ist, weil ich Sombart dort treffen wollte. 1 Es hat sich wieder Alles in unsren Dispositionen verschoben. Ich muß später reisen und in Freiburg Station machen. Wir kommen erst etwa am 12ten nach Rom, vielleicht ich 2 - 3 Tage früher. Für alle Fälle wäre ich dankbar, wenn Sie mir Ihre römische Adresse angeben würden (bis l. ten bin ich hier, 3 vom 2ten ab in Freiburg i.B. p.A. Professor Richert, Goethestraße) b . Es thut mir wirklich recht leid, um das, sei es auch nur kurze, Zusammensein in Mailand zu kommen, aber die Reisedispositionen meiner Mutter, die mit uns reist, lassen sich damit nicht vereinigen. Freundschaftlichen Gruß! Ihr Max Weber
a morgen
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Robert Michels PSt 19. November 1906; PSt Rom Karte; eigenhändig A F L E Turin, Ni. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 65
Lieber Herr Doctor! Eben {TA Uhr Abends) erhalte ich Ihr Telegramm, kann nun nicht mehr heute Nacht reisen, reise also zuerst mit den Meinigen nach Mailand, setze sie auf die Bahn u. komme dann nach Turin in Ihr a Albergo, Mittwoch Mittag oder Nachmittag, je nachdem die Banken in Mailand 5 (ich muß dort Geld erheben) vor 10 offen sind oder nicht. Sie schrieben von einer ev. liebenswürdigen Einladung Loria's auf Abends. Allein ich bin Abends schwerlich für länger als 8 - höchstens 9 Uhr zu haben, da ich zwar geistig gut erholt, aber dafür physisch" tüchtig abgespannt bin u. Kräfte-Capitalien mit nach Heidelberg nehmen möchte. Bitte kümmern 1 o Sie Sich überhaupt um mich keine Minute. Wir sehen uns ja bei den Mahlzeiten und auf der Fahrt. Herzl. Gruß! M.W.
a 0 : ihr
b 0 : pysisch
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Helene Weber 24. November 1906; BK Turin Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Turin Hotel de la Zecca Rue Rome 36
le 24/XI 1906 (Sonnabend) Liebe Mutter! Ich möchte nun, wo ich eben auch die Heimfahrt antrete, Dir nochmals 5 herzlich danken, daß Du Dich entschlossen hast, die weite Reise mitzumachen und Dich an den 1000 schönen und scheußlichen Ecken mit herumschleppen zu lassen, die wir gesehen haben. 1 Das hat uns, speziell mir, unendlich gut gethan, - wie gut, bemerke ich jetzt eben an Dem, was mein Körper und Gehirn an Gesellschaften, Theater(!), Diskussio10 nen, Lauferei etc. hier in Turin alles aushält. Ich hätte es nicht für möglich gehalten. - Die wichtigste Frucht wird, hoffe ich, erst in Heidelberg nachkommen, wenn ich mich erst wieder an das Klima eingewöhnt habe und die Arbeit im Gange ist. Als Übergang nach Deutschland i[st]a diese wunderschön im Angesicht der ganzen Alpenkette gelegene Stadt 15 hier, wo es jetzt Nachts schon erheblich friert und der Wind tüchtig scharf ist, sehr geeignet, und b die unendlich liebenswürdigen Menschen, mit denen ich hier bin u. die ich hier sehe, sind auch ein ganz netter Abschluß, netter als ein Alleinsein am Corner See oder dergl. Ich hoffe nun herzlich, daß Du auch körperlich-nervös nicht, wie wir 20 fürchten mußten, einen Knacks abbekommen hast und daß es Dich nicht seelisch zu sehr angegriffen hat, in dieser doch ziemlich großen Reiseun-
a Lochung.
b (auch)
1 Die sechswöchige Reise von Max, Marianne und Helene Weber führte nach Sizilien, mit Aufenthalten in Taormina, Syrakus, Agrigent und Palermo. Auf der Rückreise besuchten sie Pompeji und hielten sich eine Woche in Capri auf. In Malland trennten sie sich: Helene und Marianne Weberfuhren direkt nach Heidelberg, Max Weber verbrachte noch fünf Tage In Turin, wo er Robert Michels besuchte, und reiste am 26. November 1906 nach Heldelberg zurück. Die Reiseroute ergibt sich aus dem Reisetagebuch von Helene Weber, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Vgl. auch Weber, Marlanne, Lebensbild 3 , S. 3 6 4 - 3 6 8 .
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ruhe mit einem so leicht verstimmbaren Menschen, wie ich es bin, zusammen zu sein. Ich denke, ein ander Mal, wenn wir in einigen Jahren vielleicht uns nochmal zu so etwas entschließen sollten, - vorerst wollen wir Dich nun aber nächstes Jahr erst einmal in Heidelberg haben - ein ander Mal also setzen wir uns lieber still in einen schönen Himmelsstrich, den wir schon kennen (Florenz etwa, vielleicht mit Beneckes?). Ich habe das Gefühl, daß nicht nur Du davon doch schließlich mehr gehabt hättest, sondern daß auch für mich - von Marianne ganz zu schweigen! - vielleicht so etwas jetzt doch noch erholsamer wäre 1) , vom Geldpunkt ganz abgesehen. In einem unbekannten Land, wie Sizilien, mußte man eben das Schöne doch erst suchen u. das nimmt Kraft, Zeit u. Geld und war für Dich doch eine arge Strapatze. Aber hoffentlich hast Du doch von den Eindrücken etwas gehabt, an was Du gern denkst. Mir haften einige der Bilder aus Sizilien doch unauslöschlich und - wie meist - werde ich die Reise erst in der Erinnerung wirklich ganz genießen. Während man die großen Eindrücke hat, machen sie Einen stumm. Ich bin nun sehr begierig, wie Ihr übergekommen seid und Zoll- 0 , Bagage und sonstige Schwierigkeiten überwunden habt. Hoffentlich ohne Ärger und Strapatze. - Nochmals, liebe Mutter, für uns, wenigstens für mich, war die große äußere und innere Strapatze, die Du Dir auferlegt hast und die wir Dir vielleicht nicht hätten zumuthen sollen, eine größere Wohlthat, als Du vermuthest und als man während der Reise zum Ausdruck bringen kann. Möchte sie für Dich auch einige schöne Erinnerungen eingetragen haben. - Montag Abend bin ich in Heidelberg, vorher ist den d guten Menschen hier nicht zu entrinnen. Herzlichst Dein Max Früher waren neue Eindrücke für mich das |:allein: | Entscheidende, weil sie das Gehirn am vollständigsten ablenkten.
C (etc.)
d (sehr)
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Robert Michels 27. N o v e m b e r 1 9 0 6 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel W
Heidelberg 27/XI06 Lieber Herr Doktor! Anbei eine kalligraphische Meisterleistung1 von mir, die nicht weniger als - nun ich will nicht verrathen wie viel - Zeit in Anspruch genommen hat, hoffentlich aber auch genügt. Wenn nicht, werde ich sie in die Schreibmaschine abdiktieren u. erbitte sie zurück. Nun nochmals herzlichen Dank für alle Ihre freundliche, freundschaftlich-mütterlich-brüderliche Fürsorge für mich in Turin, - es that mir leid, daß ich eben doch Ihre Erwartungen in Bezug auf Das, was ich Ihren italienischen Freunden bieten konnte, sicher sehr stark enttäuschen mußte, meines mangelnden Sprach-Verständnisses und -Talents wegen. Ich persönlich denke mit großer Freude an diese schönen und interessanten Tage zurück. Hier fand ich Alles wohl, u. wenn ich nach 5—6 Tagen die Nachwirkungen der starken Schlafmittel überwunden habe, werden die Früchte der langen Ausspannung sich sicher zeigen. — NB! Wie steht es mit dem Klavier? Meine Frau kam heut bei Hochstein vorbei u. es wurde ihr gesagt, Sie hätten davon gesprochen, Ihrerseits 500M. zahlen zu wollen resp. a geäußert, daß Sie mich dahin verstanden hätten, daß Sie es. „für 500M. bekämen". Das wäre - wie D r Jaffe Ihnen bestätigen müßte - ein Misverständnis. Wir wollen (und müssen, nach Lage der Werthverhältnisse u. Chancen) 500M. netto für uns haben, wie Jaffe, dem meine Frau ihre Bedingungen mitgeteilt hatte, Ihnen ja sagte (in der Droschke, ebenso, unter Vorbehalt des Irrtums, ich in der Bahn). Dazu tritt die Provision des Vermittlers, die er s.Z. mit meiner Frau auf 50M. - wie Ihnen ebenfalls Jaffe in der Droschke, ich in der Bahn sagte - vereinbart hatte. (Sollte ich mich
a (die Annahme) 1 Siehe das nachfolgende Schreiben an Michels vom selben Tage, das diesem Brief beilag. Vgl. auch die Karte an Michels vom 30. Nov. 1906, unten, S. 187.
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misverständlich oder undeutlich geäußert haben? Das wäre mir recht unangenehm, - aber die Auskunft Jaffes war jedenfalls eindeutig, nach meiner Erinnerung). Ich bin zu dem Versuch bereit - Alles natürlich, wenn Sie in der That, was ich ja gar nicht weiß, Kaufreflektanten sind den Vermittler zu einer Herabsetzung der Provision zu veranlassen, da 5 deren Höhe auf der Voraussetzung beruhte, daß das Klavier erst gegen Weihnachten verkauft werde. Aber wir (d.h. meine Frau, der das Instrument gehört u. welche die Preisanweisung gegeben hat) werden nicht wohl unter 500 M. für uns (netto) heruntergehen können. - Wenn Sie Reflektanten sind, b klären Sie mich bitte bald auf, was Sie mit dem 10 Mann besprochen haben. Meine Frau grüßt Sie beide herzlichst, ebenso Ihr freundschaftlich ergebener Max Weber
b 0 : sind)
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Robert Michels 27. November 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 22
Heidelberg 27/XI06 Lieber Herr D r Michels, Ihr nunmehr definitiver Entschluß, Sich in Turin zu habilitieren, überrascht mich nicht, so sehr ich ihn bedaure. Sie wissen, wie sehr ich persönlich Ihre Habilitation an einer deutschen Universität gewünscht habe und ebenso, daß dieselbe ausschließlich aus dem Grunde Ihrer Parteizugehörigkeit gescheitert ist. Es befremdet mich sehr, zu hören, daß Sie die Befürchtung hegen, man könnte in Italien glauben, Sie gingen deshalb aus Deutschland fort, weil Ihrer Habilitation hier wissenschaftliche oder irgend welche andren Gründe, als eben jener rein politische, entgegenständen. Auf Grund Ihrer Arbeiten und Ihrer Qualifikation würde, wie Sie selbst Sich sagen können, jede deutsche Universität ohne allen Zweifel Sie mit Freuden aufnehmen, wenn Sie nicht Sozialdemokrat wären. Daß dies in Preußen ausdrücklich, überall sonst aber de facto unumstößlicher Grundsatz ist, dürfte auch in den Kreisen der über deutsche Verhältnisse orientierten Gelehrten |: Italiens :| hinlänglich bekannt sein. Ihre Erfahrungen in Jena, über welche Sie ja urkundliche Belege haben, 1 beweisen es für diese Universität, für die badische Regierung steht es, so lange der jetzige Großherzog lebt, absolut fest und ebenso für alle andren Mittelstaaten. Erst eine gänzliche Änderung unserer politischen Lage könnte - das wird man auch in Italien wissen - in dieser für uns wahrlich wenig ehrenvollen Lage eine Änderung herbeiführen^] Halten Sie es für nützlich, so machen Sie, bitte, von diesen Zeilen jeden beliebigen Gebrauch. Wie herzlich ich Ihnen die besten Erfolge in Turin wünsche und wie sehr ich davon überzeugt bin, daß Herr Prof. Loria an Ihnen einen höchst werthvollen Mitarbeiter gewinnen wird, wissen Sie selbst, ohne daß ich es Ihnen eingehender sage. Mit bestem Gruß Ihr ergebenster Professor Max Weber 1 Vgl. Brief an Michels vom 18. April 1906, oben, S. 84f., Anm. 2.
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29. November 1906
Robert Michels 29. November 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz.7
Heidelberg, Ziegelh. Landstr. 27 29/11 06 Lieber Herr D r Michels! Ich habe heute nochmals mit Hochstein zu verhandeln Gelegenheit gehabt und er hat mir als „äußersten" Betrag, den er für seine sämmtlichen Kosten (excl. Fracht nach Marburg, die aber, nach seiner Angabe, „unerheblich", d.h. wohl jedenfalls unter 10 M.1} sein soll), 30 (dreißig) Mk genannt. Der Bruttopreis des Klaviers für Sie würde sich darnach auf 530 M + Fracht belaufen. Bitte erwägen Sie den Fall in Ruhe u. lassen Sie Sich ev. einige Tage Zeit. Käme inzwischen |:zufällig:| ein Reflektant, so würde ich telegraphieren, ob „Ja" oder „Nein". Nochmals herzlichste Grüße u. ebenfalls nochmals herzlichsten Dank für „Turin", an welches ich immer wieder mit Freude zurückdenke. Hoffentlich sind Sie mit Jaffe zu dem erwünschten Einverständnis gelangt. Freundschaftliche Grüße von Haus zu Haus Ihr Max Weber
^ Dies ohne Garantie meinerseits für die Richtigkeit.
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Robert Michels PSt 30. November 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 23
Lieber Herr D r Michels! Ich denke, Sie haben inzwischen meinen Brief von Mittwoch Abend (dem der Brief betr. Ihre Habilitation beilag) erhalten 1 (ebenso wohl mfeinen] zweiten Brief, betr. das Ciavier, von gestern). Ich trug Beden5 ken, die Richtung Ihrer Arbeiten auf Italien als Grund anzugeben, da die Hieroglyphensprache der Universitäten (bei uns wenigstens) 3 dann zwischen den Zeilen lesen würde: es seien doch sachliche Gründe vorhanden, die Sie hier in Deutschland als noch nicht genügend qualifiziert erscheinen ließen. Ich bin bereit, einen neuen Brief zu schreiben, wenn 10 Sie darin andrer Ansicht sind, ebenso den Brief zu diktieren. Verzeihen Sie die Kürze - ich habe heut einen sehr schlechten Tag. Freundschaftl. Gruß v. H. z. H. Ihr M.W.
a [zu] > wenigstens) 1 Gemeint sind die Briefe vom 27. Nov. 1906, oben, S. 183f. und 185.
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Robert Michels PSt 3. Dezember 1906; PSt Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 24 Datiert nach dem in Fasz. 24 beiliegenden Briefumschlag. Das Schreiben befindet sich als Zusatz auf einem Brief von Karl Diehl an Max Weber vom 1. Dezember 1906. Da der Brief Anmerkungen von Weber enthält, sei dessen Inhalt hier mitgeteilt: „Ich sende heute an Ihre Adresse eine Anzahl Schriften zurück, die ich zur Besprechung für das .Archiv für Sozialw.' übernommen hatte. Infolge der Kritik von Michels über meine Sozialismus-Broschüre sehe ich mich genötigt, meine Mitarbeiterschaft am Archiv aufzugeben. Sie kennen mich wohl genug [Anm. Max Webers: „Ich kenne ihn fast gar nicht, außer als sehr anständigen und bescheidenen Menschen."], um zu wissen, daß ich sachlicher Kritik u. Polemik- möge sie auch noch so scharf und ungünstig ausfallen - stets zugänglich bin und jederzeit auch von meinen Kritikern Belehrung gerne entgegennehme. Hier liegt aber doch etwas anderes vor. Auf Seite 798 wird mir direkt oberflächliche Arbeitsweise und die Manier, über Dinge, von denen ich nichts verstände und über die ich nicht informiert wäre, zu schreiben, vorgeworfen. [Anm. Max Webers: „Nicht richtig, obwohl, wie ich ja mündlich sagte, die Behandlung D[iehl]'sauf einem Niveau mit Biermann vielleicht misverständlich war."] Ich habe keine Veranlassung, auf die sachliche Berechtigung dieser Kritik einzugehen. Aber ich kann natürlich unmöglich Mitarbeiter einer Zeitschrift sein, in der ich selbst eine so absprechende Beurteilung erfahre. Denn entweder: die Redaktion stimmt mit diesem Urteile überein: dann kann sie auch nicht auf die Mitarbeiterschaft eines Mannes Wert legen, dem die wissenschaftliche Qualification abgeht; oder die Redaktion stimmt nicht damit überein [Anm. Max Webers: „Diese Alternative lehnen wir unbedingt ab."]: dann hätte sie die Kritik zum mindesten in dieser Form und in diesem Tone zurückweisen müssen." Diehl wendet sich gegen Michels' sarkastische Kritik seines Buches: Über Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus. Zwölf Vorlesungen. - Jena: Gustav Fischer 1906; die Rezension Michels', die auch andere Literatur zur Geschichte des Sozialismus behandelt, findet sich in dessen Artikel „Zur Geschichte des Sozialismus", in: AfSSp, Bd. 23, Heft 3,1906, S. 786-843; über Diehls Buch, ebd., S. 794-799. Ferner kritisiert Michels Wilhelm Eduard Biermann, Anarchismus und Kommunismus. - Leipzig: A. Deichert'sche Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme) 1906, ebd., S. 789-794.
L. H. Dr! Antwort an Diehl:1 Hinweis auf meine programmatische Bemerkung Band XIX S.33 unten des „Archiv"2 mit dem Hinzufügen, daß wir gegen Misgriffe im 1 Der Brief Webers an Diehl ist nicht nachgewiesen. 2 Die „Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: AfSSp, Bd. 19, Heft 1,1904, S. 2 2 - 8 7 (MWG I/7); die von Weber gemeinte Passage S. 33 lautet: „Sie [d.h. die Zeitschrift] kann kein Tummelplatz von .Erwiderungen', Repliken und Dupllken sein, aber sie schützt niemand, auch nicht ihre Mitarbeiter und ebensowenig ihre Herausgeber dagegen, in ihren Spalten der denkbar schärfsten sachlich-wissenschaftli-
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„Ton" seitens eines Mitarbeiters durch Ablehnung, gegen eine unsres Erachtens ungerechtfertigte Attacke auf die gesammte „wissenschaftliche Persönlichkeit" eines Autors durch (mangels Einigung) redaktionelle Fußnoten einschreiten, daß aber hier nicht nur nach Ihrer (mir aus Ihren Äußerungen bekannten) Absicht, lediglich eine Ablehnung dieser |:konkreten:| Leistung, allerdings in einer mir (wie ich Ihnen gesagt habe) überraschend scharfen Form vorliege, gegen welche nur dem Autor die Antikritik zustehe, da wir H[einrich] Braun's Praxis bewußt perhorreszieren. Er möge das Verhalten des „Archiv" in seiner Gesammtheit prüfen und mir die Freude machen, seinen Entschluß zu revidieren. Seine angegriffene Schrift hätte ich noch nicht gelesen. - A propos: Jaffe teilte mir, auf eine diesbezügliche] Bemerkung meinerseits, den Inhalt der Haupt-Streichung: „geheiligte Person Sr Majestät" etc. mit. 3 Nachdem ich (nicht ohne Mühe) den Sinn Ihres Scherzes enträtselt hatte, waren - das gebietet mir die Aufrichtigkeit zu sagen - meine Frau u. ich einfach „erschlagen" darüber, daß die (von mir geteilte) Antipathie gegen solche Byzantinismen Sie zu einer, auch nach meiner Ansicht, gradezu unmöglichen Bemerkung veranlaßt hatte („unmöglich" natürlich nicht deshalb, weil es sich um die Kaiserin handelte, sondern an sich!). Ich verstehe Sie da in der That nicht ganz und möchte wohl einmal mündlich darüber reden. Ad Ciavier: wir haben vorerst noch flüssiges Geld die Menge, die Zeit der Zahlung wäre also durchaus Nebensache (außer für die Provision an 3 Hochstein an diesen). Ihre angekündigte Sendung kam noch nicht. Im Voraus herzlichen] Dank dafür. Diesen ßne/brauche ich nicht mehr. Herzl. Grüße v. H. z. H. Ihr erg. Max Weber a Unsichere Lesung; möglicherweise Streichung. chen Kritik ausgesetzt zu sein. Wer das nicht ertragen kann, oder wer auf dem Standpunkt steht, mit Leuten, die im Dienste anderer Ideale arbeiten als er selbst, auch im Dienste wissenschaftlicher Erkenntnis nicht zusammenwirken zu wollen, der mag ihr fern bleiben." 3 Wahrscheinlich handelt es sich um eine Streichung in Michels' oben erwähnter Literaturrezension; möglicherweise bezieht sich hierauf eine Passage in einer Karte von Edgar Jaffe an Werner Sombart vom 3. Nov. 1906, ZStA Merseburg, Nl. Werner Sombart, Nr. 13, BI.20: „Ich möchte nicht die Verantwortlichkeit übernehmen, in der Michels'schen Besprechung von Diehls Buch die auf S. 799 angestrichenen Sätze mit dem Imprimatur zu versehen, besonders da Michels sich mit Abänderungen einverstanden erklärt hat." Das Manuskript ist im Nl. Michels nicht nachgewiesen.
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Werner Sombart 3. Dezember 1906; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich mit Auslassungen und ohne Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 4, Bl. 1 8 3 - 1 8 5
Heidelberg, den 3.12. 06. Lieber Sombart! Ich habe inzwischen mit Siebeck eingehend korrespondiert. 1 Wie, bei der langjährigen Verbindung in der ich mit ihm stehe, zu erwarten, macht er vorerst erhebliche Schwierigkeiten. Mir liegt ja aber gerade daran, mir die Möglichkeit zu sichern, ohne ernstliche Schädigung des Archivs herausgehen zu können, wenn ich zu dem Resultat gelange, daß es das Richtige ist. Deshalb werde ich darauf bestehen, daß Siebeck seine in höchst kategorischer Form abgegebene Erklärung das Archiv behalten zu wollen, 2 auch auf den Fall eines partiellen Wechsels in der Redaktion ausdehnt. Er zweifelt an der Möglichkeit einen dritten Mann zu finden, der Ihnen, Jaffe und ihm konveniere. 3 Die Gründe, die fortgesetzt den Wunsch bei mir wacherhalten, mich weniger als bis jetzt der Fall ist an das Archiv gebunden zu fühlen, liegen 1) darin, daß ich zweifle, ob nicht ein anderer wesentlich mehr zu der so nötigen Arbeit des Engagements von Mitarbeitern zum Zweck der bisher ja gänzlich fehlenden Systematisierung der a) sozialpolitischen, b) literarischen Berichterstattung geeignet wäre. Zweitens, in einer von Ihnen selbst in Freiburg 4 hervorgehobenen (keinem von uns beiden zum Vorwurf gereichenden) verschiedenartigen Auffassung der Beziehung zum Archiv. Ich könnte generell nicht, und jedenfalls für mich nicht in der Hingabe des Namens für eine Zeitschrift eine „Leistung" erblicken. Möchte der 1 Briefe an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1906 und an Oskar Siebeck vom 25. Sept. 1906, oben, S. 156f. und 165. 2 Der Tenor des Schreibens von Paul Siebeck vom 24. Okt. 1906 (VA Mohr/Slebeck, Deponat BSB München, Ana 446), auf das Weber sich hier bezieht, Ist allerdings ein anderer. Im Zusammenhang mit Webers möglichem Ausscheiden als Mitherausgeber des AfSSp erwog dieser nämlich seinen eigenen Rücktritt vom Verlag der Zeltschrift. 3 Ebd.: „Ich wüßte jetzt nur Ihren Herrn Bruder zu nennen, aber einmal würde sein Domizil [nämlich Prag] die Mitwirkung an der Redaktion sehr erschweren und dann fragt es sich auch, wie er zu Sombart und vielleicht auch zu Jaffe steht." 4 Weber hatte Sombart Anfang Oktober 1906 dort getroffen; vgl. den Brief an Robert Michels vom 8. Okt. 1906, oben, S. 173.
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Besitz dieses Namens für die Zeitschrift de facto noch so wertvoll sein, (was bei meinem Namen für das Archiv jedenfalls garnicht der Fall ist) Sie sprechen sich darüber abweichend aus, und schon daraus allein folgt ein verschiedenes faktisches Verhalten ganz von selbst. Die Ansprüche),] die Sie an die Archivleitung gestellt haben, und aus deren Nichterfüllung Sie de facto die Konsequenz einer Einschränkung Ihrer literarischen Mitarbeit gezogen haben, sind solche, welche ich nicht stellen würde u.s.w. - Drittens, ganz unzulängliche Berücksichtigung meiner Interessen in Fällen;,] wo ich schwere Opfer gebracht habe[,] durch Jaffe und Siebeck, ohne daß ich in der Lage wäre, ohne die Aufrührung des widerwärtigsten Kleinkrams dieser beiden Faktoren überhaupt zu verdeutlichen^] was ich denn eigentlich meine: ich kann z.B.[,j ohne die Redaktion augenblicklich zu sprengen^,] nicht noch deutlicher sagen, daß ich erwarten mußte, bei pekuniären und ideellen Opfern, wie ich sie, ein Jahr lang für das Archiv direkt Frondienst leistend, gebracht habe, auf ein ganz gewaltig viel geringeres Maß von „Pomadigkeit" zu stoßen, als speziell auch Jaffe sie entwickelt hat. Damit ist Punkt vier eng verbunden. Obwohl ich, im Gegensatz zu Ihnen, meine Beiträge monatelang vorher ankündige und stets vor der Frist abliefere, muß ich stets die Erfahrung machen - immer im letzten Moment - daß dieselben dem Archiv scheinbar „unbequem" sind und „eigentlich" kein Platz dafür da ist. Das geht jetzt schon drei Bände lang so. Ich schmeichle mir (vielleicht irrtümlich)),] daß ich in dieser Hinsicht als freier Mitarbeiter wesentlich rücksichtsvoller behandelt würde - wenn nicht, so wüßte ich wenigstens genau, welche Konsequenzen ich zu ziehen hätte, während ich jetzt als Mitherausgeber - wiederum im Gegensatz zu Ihnen, meiner Natur nach, wie sie nun einmal ist, diese Konsequenzen nicht ziehen kann, auch von meinem formalen Recht, mein Interesse durchzusetzen, eben dann jedenfalls keinen Gebrauch mache, wenn mir die Andeutung entgegentritt, daß das Interesse des Archivs etc. im Spiel sei. Auf ein solches Interesse hätte ich als einfacher Gelegenheitsmitarbeiter eben keine Rücksicht zu nehmen. Die endgültige Entschließung über diese Dinge hat jetzt ja noch ein reichliches Jahr Zeit. Inzwischen werde ich die Korrespondenz mit Siebeck fortsetzen und ferner die Gelegenheit wahrnehmen, sobald ich mit ihm weit genug bin, mit Jaffe eine Aussprache herbeizuführen. Daß ich dies nicht gleich tue[,j hat seinen Grund lediglich darin, daß ich erstens in der Lage sein möchte, ihm gleich zu sagen, daß weder Ihre noch Siebecks Beziehungen zum Archiv durch einen eventuellen Wechsel in Frage gestellt werden und daß
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zweitens es möglich ist, daß eine Unterhaltung mit Jaffe darüber jetzt bei dem Grade meiner Verstimmung über das letzte Jahr sehr leicht eine, für unsere persönlichen Beziehungen^] auf die ich Wert, trotz allem, legej,] höchst verhängnisvollen Charakter gewinnen könnte. Daß ich sonst für Jaffe ein sehr bequemer Mitherausgeber sein sollte, bezweifle 5 ich sehr entschieden... a Aus der Festschrift für Schmoller mußte ich soeben, wegen ungezogener Behandlung durch die leitenden Herrn^] ausscheiden... b 5
a Auslassungszeichen in Abschrift,
b Auslassungszeichen in Abschrift.
5 Ein entsprechender Brief ist weder im Nl. Max Sering, BA Koblenz, noch im Nl. Arthur Spiethoff, UB Basel, nachgewiesen. Der genaue Grund von Webers Ausscheiden aus der projektierten Schmollerfestschrift ist nicht bekannt; möglicherweise spielten dabei neben Webers bekannter Distanz zu Schmoller u.a. Probleme der Artikelzuweisung eine Rolle, wie es Arthur Spiethoff in einem Brief an Max Sering vom 18. März 1907 dunkel andeutet: „ Leider höre Ich von Alfred Weber, daß Philippovich sich mit dem Gedanken trägt, wegen Zeitmangel die Sozialpolitik abzugeben. Das wäre mehr als Ironie, nachdem wir wegen dieses Abschnittes mit Max Weber auseinander gekommen sind." BA Koblenz, Nl. Max Sering, Nr. 152. Vgl. auch den Brief an Alfred Weber vom 8. Juli 1906, oben, S. 108.
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Robert Michels 5. Dezember PSt 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 25 Jahresdatum erschlossen aus dem in Fasz. 25 beiliegenden Briefumschlag.
H. 5/XII Lieber Herr Doktor! 1). Ad Diehl: ich habe Ihnen ja gar keinen Vorwurf gemacht! erhalte Alles ausdrücklich aufrecht, was ich Ihnen in Rom gesagt und Jaffe mündlich und gestern in eingehender Auseinandersetzung schriftlich1 gesagt habe, wobei ich nur allerdings genötigt war, ihm 2). in dem Punkt mit der „Allerheiligsten Person" 2 Recht zu geben. Jeder Scherz gegen den Byzantinismus und höfische Phrasen ist mir hochwillkommen, sofern er gut und wirksam ist. Hier aber wurde nicht nur das Ziel nicht erreicht, sondern Jeder, der den Scherz überhaupt als solchen verstand (ich hielt den ganzen Passus bei der ersten - sehr flüchtigen - Lektüre für einen Druckfehler), würde degoutiert worden sein: die Frau, sei es des Kaisers oder wessen sonst, ist nicht seine Maitresse, und nur eine solche wurde (im 18. Jahrh[undert]) mit „Person des X" bezeichnet. Sie hätten dem Eindruck Ihrer sonstigen Sarkasmen schwer geschadet. Alle andren Streichungen habe ich J[affe] als einen - nach meiner Ansicht - zu weit gehenden Eingriff in die Freiheit des Autors bezeichnet. Diehl's Brief u. meine Antwort (im Auszuge) schickte ich nur zur Illustration unsres Standpunkts, da Sie vielleicht doch irgendwie von dem Conflikt Kenntnis erhalten und dann vielleicht befürchtet hätten, wir seien D[iehl] auf Ihre Kosten entgegengekommen. Allerdings, aber das ist gemeinsame Schuld von Autor u. Redaktion, daß die Möglichkeit nicht bedacht wurde - konnte D[iehl] den Passus S. 7983 auf sich beziehen. 1 Brief nicht nachgewiesen. 2 Vgl. Brief an Michels vom 3. Dez. 1906, oben, S. 189, Anm. 3. 3 In seinem Literaturbericht: Zur Geschichte des Sozialismus, In: AfSSp, Bd. 23, Heft 3, 1906, S. 786-843, kommt Michels nach der äußerst kritischen Behandlung der Schriften von Biermann und Diehl (siehe die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Michels vom 3. Dez. 1906, oben, S. 188) auf S. 798 zu dem Fazit: „Wenn es schon sein muß, daß jeder deutsche Universitätsgelehrte, der sich respektiert, seinen Schülern seine Ansichten über Soziallsmus und Anarchismus, Marx und Bakunln, Louis Blanc und Lassalle, In populärer
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3. Hochstein habe ich um Absendung des Claviers, nachdem er für seine Provision gedeckt sei, ersucht. Mit Ihrem Vorschlag: 100-MarkRaten vom Januar an einverstanden. Freundschaftlichst Max Weber.
Form mitteilt und sie dann auch anderen Leuten in Buchform zugänglich macht, warum muß es gerade In so oberflächlicher Weise geschehen? Warum geben sich dann die Betreffenden nicht die Mühe, sich mit dem Stoff, über den sie urteilen wollen, ernstlich und gründlich zu befassen?"
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Paul Siebeck 5. Dezember 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 24.Oktober 1906 (VA Mohr/Siebeck, ebd.): „Die Nachricht, daß Sie sich mit dem Gedanken Ihres Rücktritts von der Redaktion des Archivs tragen, kam mir ganz überraschend und trifft mich schwerer, als Sie vielleicht annehmen. Denn ich sage es unter uns ganz offen, daß ich den Archiv-Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn Sie nicht in die Redaktion eingetreten wären. Es ist meine Art nicht, mit Schmeicheleien zu operieren, und die Sache ist auch viel zu ernst dazu, aber ich weiß tatsächlich zur Zeit unter den reichsdeutschen Nationalökonomen keinen Namen, der den Ihrigen auch nur annähernd aufwiegen könnte, [...] Ich glaube also für den Fall, daß eine Änderung eintritt, meinerseits nicht gebunden zu sein, vielmehr würde Ihr Ausscheiden aus der Redaktion für mich ein Novum bilden, dem gegenüber Ich berechtigt wäre, die Freiheit meiner Entschließungen mir vorzubehalten."
Heidelberg 5/XII06 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Erst jetzt komme ich zur Beantwortung Ihres letzten liebenswürdigen Briefes, nachdem ich „aus dem gröbsten" heraus bin, was ich hier vorfand. Auf der Reise war dazu kaum 3 Ruhe zu finden. Zunächst: die Druckerei hat meinen Artikel für das Januarheft 1 ganz vorzüglich gesetzt, und ich bitte, da ich vermuthe, daß ein Teil des Mscr. nicht ganz leicht war (ich konnte es beim besten Willen nicht mehr ändern vor der Abreise), dafür meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Was nun die Frage meiner späteren Beziehung zum „Archiv" betrifft, so beschäftigt sie mich immer wieder. Die Schwierigkeiten liegen nicht in persönlichen Misstimmungen irgend welcher Art, sondern in Unterschieden der „Auffassung" teils gegenüber Sombart, teils gegenüber Jaffe. Diese Dinge werden sich wohl bei weiterer Correspondenz mit Sombart stark reduzieren, und was Jaffe anlangt, so hoffe ich sie | mach Einverständnis mit Sombart: | auf eine einfachere „Formel" zu bringen, als dies j etzt der Fall ist, um dann - was j etzt noch nicht der Fall sein kann - mit ihm darüber zu verhandeln, ohne daß wir dabei aneinander gerathen. Die Schwierigkeiten liegen darin, daß er fast die ganze Arbeit a Alternative Lesung: keine 1 Gemeint ist Webers Artikel: R.Stammlers „Überwindung" der materialistischen Geschichtsauffassung, erschienen in: AfSSp, Bd. 24, Heft 1,1907, S. 9 4 - 1 5 1 (MWG I/7).
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leistet, und daß es recht und billig ist, daß er demgemäß auch die vorwiegende faktische Leitung des „Archiv" hat, - daß ich aber nicht auf dem Titel stehen will, wenn ich - wie es jetzt der Fall ist - das Gefühl haben muß, für ihn mehr eine Verlegenheit und Unbequemlichkeit als eine Hülfe zu sein. Eine gegenwärtige Verhandlung mit ihm über diesen Punkt wäre, abgesehen von den nicht geringen Schwierigkeiten, da Abhilfe zu schaffen, deshalb nicht ganz so leicht, weil ich nach wie vor nicht ohne Unehrlichkeit verschweigen könnte, wie tief mich seine „Pomadigkeit" (eine sonst sehr schätzenswerthe und nützliche Qualität!) gegenüber den schweren ideellen und gesundheitlichen Opfern, die ich das letzte Jahr dem „Archiv" brachte, verstimmt hat und verstimmt. Ich schiebe also den Versuch dieser Auseinandersetzung mit Bedacht hinaus, zumal ich nach wie vor mir auch prinzipiell überlegen muß, ob es richtig für mich ist, im „Archiv" zu bleiben, angesichts dessen, was ich diesem in Zukunft - wenn vielleicht eine Änderung in der Richtung meiner Arbeit eintritt - leisten resp. nicht leisten werde. - Mit Sombart hatte ich eine mündliche Aussprache in Freiburg, die bisher allerdings als einzigen ihm zweifellos genehmen Kandidaten (außer m[einem] Bruder, den Jaffe vielleicht nicht akzeptiert) F[erdinand] Tönnies zu Tage förderte, dessen Name unbedingt eine Zierde für den ArchivUmschlag wäre. Ich wiederhole nun: ich bleibe (außergewöhnliche Zwischenfälle vorbehalten) so lange im „Archiv" auf jeden Fall, bis Ihnen mein Ausscheiden keine ernstliche Gefährdung mehr scheint; denn ein Wechsel von Verlag und e[inem] Teil der Redaktion wäre ein zweifelloser Schaden und bisher haben Sie mir das Versprechen, bei der Verlängerung keine Schwierigkeiten zu machen und entgegenzukommen, mir nur für den Fall des unveränderten Fortbestandes des Redaktionsbestandes gegeben. Ich hoffe aber, daß Sie Sich überzeugen werden, daß die Sache auch ohne mich geht - einen entsprechenden Ersatz vorausgesetzt und ich hege den Wunsch, daß Sie Sich davon überzeugen, weil ich mich dann dem „Archiv" gegenüber und damit überhaupt „freier" fühle. - Damit lassen Sie uns die Sache, die ja noch bis über [l] b Jahr Zeit hat, vertagen, bis einmal eine Gelegenheit zu einer Aussprache sich ergiebt. - Wie hoch ich Ihre freundschaftlichen Gesinnungen und wie hoch ich die geschäftlichen Beziehungen zu Ihnen schätze, darüber sind Sie sicher nie im Zweifel gewesen. -
b Lochung.
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Sie fragten, wie ich auf Harms für „Schönberg" 2 gekommen sei? Dadurch, daß - irre ich nicht, Jaffé - mir sagte, H[arms] sei bereits dafür engagiert. Dies scheint also nicht der Fall zu sein nach Ihrem Brief. Um so besser. Denn obwohl H[arms] als Sch[önberg]'s Adlatus gar nicht schlecht wäre, - als Sch[önberg]'s Nachfolger (was doch wohl sehr leicht darin läge) wäre er vielleicht doch vorerst nicht ganz „tanti" , 3 - man kann ja nicht wissen, wie er sich entwickelt. Seine derzeitigen Carrière-Chancen sind, durch eine Zufalls-Constellation, sehr günstige, 4 vielleicht ganz wesentlich günstigere, als ex,-heute, wie gesagt, - verdient. Was er in 8—10 Jahren ist, kann ja Niemand wissen. Verbindungen mit Fachcollegen hat er teilweise, - dadurch eben 0 , daß jetzt zufällig die Conjunkturen der Carrière ihm günstig liegen, - ob aber ausreichend, ist wohl sehr fraglich. Troeltsch 5 wäre da |:weit:| mehr. Für heute genug. Ich danke nochmals für Ihren freundlichen Brief und verbleibe bis auf weiteres - die Correspondenz mit Sombart setze ich noch fort und sobald ich etwa mit Jaffé zu einer Rücksprache komme (schwerlich so bald) schreibe ich Ihnen freundschaftlichst Ihr in bekannter Werthschätzung ergebenster Max Weber
c Alternative Lesung: aber 2 Weber hatte in seinem Brief an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1906, oben, S. 158, u.a. angefragt, ob bei der projektierten Neuausgabe von Gustav von Schönbergs „ Handbuch der Politischen Ökonomie" „nun Harms der .Adlatus'" sei. 3 Offensichtlich verwendet hier Weber den lateinischen genitivuspretii „tanti" bzw. „tanti esse" in der Bedeutung von „so viel wert sein". Vgl. Karte an Werner Sombart vom 13. April 1906, oben, S. 73, Anm. 3. 4 Bernhard Harms, Privatdozent In Tübingen, hatte im Juni 1906 einen Ruf als ordentlicher Professor an die landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim und Im September 1906 einen Ruf an die Universität Jena auf das neuerrichtete Extraordinariat für Sozialpolitik und Nationalökonomie erhalten, welch letzteren dann Harms annahm. Vgl. Hochschul-Nachrichten, Jg. 16, Juli 1906, Nr. 10, Heft 190, S. 256, sowie ebd., Jg. 17, Okt. 1906, Nr. 1, Heft 193, S. 21. 5 Gemeint ist der Marburger Nationalökonom Walter Troeltsch.
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Gisela Michels-Lindner 6. Dezember 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 26
Heidelberg 6/XII06. Sehr verehrte Frau Doktor! Ich habe mit D r Jaffe über Ihren Beitrag über „Munizipalisation in Italien" correspondiert, 1 von dessen Zusage er mir, wie er schreibt, s. Z. vergessen hatte Mitteilung zu machen. 2 Woran J[affe] unbedingt festhalten möchte - und worin ich ihm nach Erwägung der Lage des „Archiv" nicht unrecht geben kann - ist, daß wir bezüglich des Zeitpunktes des Abdruckes uns jedenfalls volle Freiheit vorbehalten müssen, obwohl Sie ja aus unsrer Rücksprache ebenso wie aus der mit Jaffe - wie ich hoffe die Überzeugung entnommen haben werden, welchen Werth wir auf Ihr Angebot gelegt haben und legen. Es stehen von Ihrem Gatten (zu unsrer Freude) noch 4 Beiträge aus (D[eutsche] Soz[ial-]Demokr[atie]: 2, Litteratur d[er] Soz[ial-]D[emokratie]: 1, Marxbibl[iographie]: l), 3 Sie wissen, daß es schwer ist, ihn im Raum zu beschränken; er bevorzugt nun einmal - darin bereits ein Italiener - die Eleganz der Formgebung vor der Knappheit, und da wir unter gar keinen Umständen 3 irgend etwas von Dem, was grade er grade über diese Dinge |:sachlich: | zu sagen hat, missen möchten, - es handelt sich ja hier um für uns absolut „zentrale" Themata, - so müssen wir ihm da bis an die äußerste Grenze des für uns überhaupt Möglichen Spielraum geben. Andrerseits warten eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern mit zunehmender Entrüstung
a (um) 1 Eine diesbezügliche Korrespondenz mit Edgar Jaffe ist nicht nachgewiesen. 2 Der Beitrag über „Munizipalisation in Italien" ist nicht im AfSSp, sondern 1909 in den Schriften des Vereins für Sozialpolitik veröffentlicht worden, und zwar unter dem Titel: Geschichte der modernen Gemeindebetriebe in Italien (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 130, II). - Leipzig: Duncker & Humblot. Vgl. dazu auch den Brief an Gisela Michels-Lindner und Robert Michels [vom odernach dem 7. Febr. 1907], unten, S.258. 3 Es dürfte sich um die 1907 im AfSSp erschienenen drei Artikel handeln: HistorischKritische Einführung in die Geschichte des Marxismus in Italien, ebd., Bd. 24, Heft 1, S. 1 8 9 - 2 5 8 , Die deutsche Sozialdemokratie im internationalen Verbände, ebd., Bd. 25, Heft 1, S. 1 4 8 - 2 3 1 , sowie: Die italienische Literatur über den Marxismus, ebd., Bd. 25, Heft 2, S. 5 2 5 - 5 7 2 .
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auf Abdruck ihrer Beiträge und würden ganz des Teufels werden, wenn wir bei jedem Heft der „Familie Michels" den Vorrang geben und sie weiter auf die Zukunft vertrösten würden. Folglich werden, fürchte allerdings auch ich, die „Sünden" des Ehemannes, - b (da die „Nachkommen bis ins dritte und vierte Glied" 4 für das „Archiv" noch nicht in Betracht kommen) - an der Ehefrau gerächt werden müssen, sowohl was 1) Zeit des Abdrucks als auch, 2) soweit dies irgend ohne Schädigung der Sache möglich ist, was den Umfang des Beitrages anlangt, sofern dieser nach Ihrem Wunsch bald zum Abdruck kommen sollte. Je mehr Sie uns in Bezug auf die Zeit des Abdrucks freie Hand werden geben können, desto mehr wird es möglich sein, daß wir von der zwischen Ihnen und Jaffe beredeten Begrenzung des Umfanges auf einen der üblichen Artikel von ca. 2/4 Bogen abgehen. Ich wollte 0 , obwohl ja wahrscheinlich die ganze Frage noch Zeit hat, bis Sie zur Abfassung des Artikels schreiten können, Ihnen diese Situation nur - da wir unterwegs über den Punkt gesprochen haben - mitteilen, sehe im Übrigen seiner Zeit Ihren freundlichen Mitteilungen über Inhalt d , Umfang, Zeit etc. des Artikels mit Vergnügen entgegen, vielleicht bei meinem Besuch im Januar, 5 auf den ich mich sehr freue. In der Hoffnung, daß es Ihnen beiden andauernd gut geht, mit besten Empfehlungen von Haus zu Haus Ihr ergebenster Prof. Max Weber
b (an der Ehefrau)
C In 0 folgt: dies
d Objekt > Inhalt
4 Vgl. 2. Mose 20,5. 5 Weber wollte anläßlich seiner Reise zur Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik vom 4. bis 5. Januar 1907 in Berlin die Familie Michels in Marburg besuchen; der Besuch kam jedoch nicht zustande. Vgl. Karten an Robert Michels vom 28. Dez. 1906 sowie vom 5. Jan. 1907, unten, S. 206 und 209.
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Robert Michels PSt 10. Dezember 1906; BK Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, NI. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 128 Datum erschlossen aus Briefumschlag in Fasz. 133 mit dem Heidelberger Ausgangsstempel vom 10. Dezember 1906 sowie dem eigenhändigen Vermerk Webers auf dem Umschlag: „Einschreiben", was darauf hindeutet, daß sich in der Sendung die unten erwähnte .Antikritik'von Diehl befunden hat. Weber schreibt auf einer Visitenkarte mit dem veralteten Aufdruck: „Professor Max Weber, Heidelberg, Hauptstrasse 73". Die Straßenangabe ist eigenhändig ersetzt durch: „Ziegelh. Landstr. 27". Der gedruckte Name ist als Ersatz für eigenhändige Unterzeichnung benutzt. L. H . Dr! A n b e i D i e h l s Antikritik1 zur K e n n t n i s n a h m e mit der Bitte
schleunigster
R ü c k s e n d u n g a n D' J a f f é . I h r e e t w a i g e R e p l i k m ü ß t e n a t ü r l i c h a u c h recht bald e i n g e s e n d e t w e r d e n . 2 I c h g l a u b e , i c h h a b e a n I h r e l i e b e F r a u per „Sehr g e e h r t e u . s . w . " geschrieben. M ö g e sie mir diese Steifheit v e r z e i h e n , i c h h a t t e g e r a d e a n Diehl
5
g e s c h r i e b e n u n d war dadurch in d e n
E m p i r e - S t i l „ e i n g e l e b t " . - Ü b r i g e n s h ä t t e n Sie D [ i e h l ] nicht
schreiben
s o l l e n . I c h s c h ä t z e i h n u . e r ist e i n a n s t ä n d i g e r K e r l , a b e r m a n m u ß i h n n i c h t zu w i c h t i g n e h m e n . 10
Herzl. Gruß v . H . z . H . Ihr Professor Heidelberg
Max
Weber
Ziegelh. Landstr. 27
1 Diehl, Karl, Erwiderung, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 1,1907, S. 259-262. 2 Michels, Robert, Kontrareplik, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 2,1907, S. 464-476.
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Friedrich Naumann 14. Dezember 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 9 2 - 9 3
Heidelberg 14/XII06 Lieber Freund, ich habe weder die Legitimation noch, für gewöhnlich, den geringsten Wunsch, mich in Ihre politischen Entschließungen einzumischen, - und 5 Sie würden Sich das ja auch nicht gefallen lassen. Gestatten Sie aber immerhin eine Meinung auszusprechen, - Sie werden ja genug andre und andersartige zu hören bekommen und dann selbst entscheiden. Gesetzt den Fall, ich hätte innerhalb Ihrer Redaktion 1 „Sitz und Stimme", und sollte nun ein Votum abgeben über die Formulierung der 10 „Parole", die nach dieser in tiefstem Grunde frivolen^, rein „machtpolitisch" im Interesse der Krone (welche a die furchtbare 3 Blamage der wie wir „unter uns" doch uns nicht verhehlen dürfen! 4 Stimmen Minderheit in der zweiten Lesung bei 50 Fehlenden! 2 Jaurès hat ganz recht! 3
a O: der furchtbaren 1 Es handelt sich um die von Friedrich Naumann herausgegebene Wochenzeitung „ Die Hilfe". 2 Der Antrag des Abgeordneten der Freisinnigen Volkspartei Bruno Ablaß, der die Reduzierung der Kolonialtruppen um 4000 Mann sowie die „Verminderung der Gesamtstärke der Schutztruppen, entsprechend der fortschreitenden Beruhigung des Schutzgebietes", vorsah, wurde am 13. Dezember 1906 im Reichstag in zweiter Lesung mit 175 gegen 171, die Regierungsvorlage mit 177 gegen 168 Stimmen abgelehnt; 48 Abgeordnete waren abwesend. Vgl. Sten.Ber.RT. 1905/6, Bd.V, 140. Sitzg., S . 4 3 8 2 f f „ sowie Anl.Bd.8, Nr. 612, S. 5840 (Ablaß-Antrag). 3 Vermutlich bezieht sich hier Weber auf die Kritik von Jean Jaurès auf dem internationalen Sozialistenkongreß 1904 in Amsterdam an der Dresdener Parteitagsresolution der Sozialdemokratie von 1904, auf keinen Fall und unter keinen Umständen mit Vertretern der bürgerlichen Parteien zusammenzuarbeiten. Vgl. den Artikel: Jaurès über die deutsche Sozialdemokratie, in: Die Hilfe, Jg. 10, Nr. 35 vom 28. Aug. 1904, S. 1 - 2 . Vgl. auch Friedrich Naumann, Kampf gegen das Zentrum, in: Die Hilfe, Jg. 12, Nr. 52 vom 30. Dez. 1906, S. 3: „Jaurès in Frankreich zeigt, was unsere Sozialdemokraten tun sollten, wenn sie klug und groß denken würden. Jetzt lassen sie das deutsche Volk seinen Kampf gegen Rom ausfechten und haben dabei nur proletarische Interessen."
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äußeren Politik 4 durch einen „inneren Sieg" unter einer „Hurrah"Parole vertuschen möchte) motivierten Auflösung 5 seitens der „Hilfe" ausgegeben werden b muß, - gesetzt diesen Fall also, so würde ich sagen: um keinen Preis die |:so bedenklich naheliegende:! Formulierung: „für den Kaiser gegen das,machtlüsterne' Zentrum." Das müßte sich furcht- 5 bar rächen. Das Maß von Verachtung, welches uns, als Nation, im Ausland (Italien, Amerika, überall!) nachgerade - mit Rechtl \:das ist entscheidend:| - entgegengebracht wird, weil wir uns dieses Regime dieses Mannes „gefallen lassen"2)[,] ist nachgerade ein Faktor von erstklassiger „weltpolitischer" Bedeutung | :für uns: | geworden. Kein Mann 10 und keine Partei, die in irgend einem Sinne „demokratische" und zugleich „nationalpolitische" Ideale pflegt, darf die Verantwortung für c dieses Regime 0 , dessen Fortdauer unsere ganze Weltstellung mehr bedroht als alle Colonialprobleme irgend welcher Art, auf sich nehmen. Nicht daß das Zentrum die „Commandogewalt des Kaisers" 6 in Frage 15 2> Jeder,
der einige Monate lang die fremde Presse liest, muß das bemerken. Wir werden „isoliert", weil dieser Mann uns in dieser Weise regiert und wir es dulden und beschönigen.
b (wird)
c die Fortdauer dieses Zustandes > dieses Regime
4 Die durch den demonstrativen Besuch des Kaisers in Tanger 1905, mit dem die deutsche Diplomatie einem weiteren Ausbau der französischen informellen Vormachtstellung in Marokko hatte Einhalt gebieten wollen, ausgelöste sog. 1. Marokkokrise endete mit einem Debakel. Auf der Internationalen Konferenz von Algeciras vom 16. Januar bis 7. April 1906 sah sich das Deutsche Reich fast vollständig isoliert und mußte eine weitgehende Vorherrschaft Frankreichs und - für die südlichen Regionen - Spaniens in Marokko hinnehmen. 5 Die Ablehnung des Nachtragshaushalts für Deutsch-Südwestafrika, der infolge des blutigen Kolonialkriegs gegen die Hottentotten notwendig geworden war, durch Zentrum und Sozialdemokraten am 13. Dezember 1906 nahm Fürst Bülow zum Anlaß, den Reichstag aufzulösen und Neuwahlen unter nationaler Parole herbeizuführen, die ausdrücklich gegen das Zentrum und die Sozialdemokratie als den Parteien, die sich der Kolonialpolitik der Regierung versagt hatten, gerichtet waren. Zur Reichstagsauflösung vgl. Sten.Ber.RT. 1905/6, Bd. 5,140. Sitzg., S.4381. 6 Die Reichsleitung lehnte jegliche Ingerenz der Parteien in die Führung des Krieges in Deutsch-Südwestafrika mit dem Argument ab, daß dies eine Angelegenheit der Kaiserlichen Kommandogewalt sei. Kraft der Ihm zustehenden Kommandogewalt hatte der Kaiser im Januar 1904 die Leitung der militärischen Operationen in Deutsch-Südwestafrika dem Chef des Generalstabs v. Schlieffen übertragen und damit den vor Ort kommandoführenden Gouverneur Leutwein entscheidend in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Diese Verfügung, die eine - von Leutwein angestrebte - Lösung des Konflikts auf dem Verhandlungswege zunichte machte, war unter anderem vom Zentrum, das sich zum
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stellt oder d e r g l n o c h weniger, daß es, seiner Deputiertenzahl entsprechend, nach Macht, nach Controlle der Colonialverwaltung, nach ^parlamentarischer:! „Nebenregierung" u.s.w. gestrebt hat, gereicht ihm zum Vorwurf und darf ihm entgegengehalten werden. Sondern daß es, 5 als parlamentarisch herrschende Partei, das System des Sc/iemconstitutionalismus gefördert und gestützt hat, daß es, ganz konkret bezeichnet, z.B. in diesem Fall nicht die Controlle der Colonialverwaltung durchd den Reichstag (etwa in Form der von der „Germania" s. Z. geforderten parlamentarischen Enquete 7 ) 6 zur Bedingung der Annahme des Colo10 nialetats machte, sondern die Aufrechterhaltung der hinter den Coulissen herlaufenden „parlamentarischen Patronage", - des Zuckerbrotes', durch welches seit einem Jahrzehnt die herrschenden Parteien, Centrum ebenso wie |:Conservative und:| Nationalliberale, an das herrschende System des scheinkonstitutionellen „persönlichen" Regiments angeglie15 dert worden sind. Die Parole darf also nur lauten: gegen das Zentrum als die Partei des Scheinconstitutionalismus, als die Partei, welche nicht reale Macht der Volksvertretung gegenüber der Krone, sondern persönliche Bonbons 9 aus den Händen9 der Krone erstrebt hat und erstrebt,
d (das)
e (vor allen weiter)
f Mittels > Zuckerbrotes
g von > aus den Händen
Fürsprecher einer humanen Kolonialpolitik gemacht hatte, scharf kritisiert worden. Die endgültige Ausschaltung Leutweins In der Frage des weiteren Vorgehens gegenüber der Aufstandsbewegung bewirkte der Kaiser schließlich mit der Ernennung des Generals v.Trotha zum militärischen Oberbefehlshaber In Südwestafrika Im Mal 1904. Mit diesen Entscheidungen traten die politischen Machtverhältnisse Im Reich offen zutage. Zwar waren formell nach Art. 44 der preußischen Verfassung von 1851 alle Angelegenhelten der Militärorganisation ohnehin der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Der Sache nach handelte es sich bei der Ablösung Leutweins durch v.Trotha kraft der Kommandogewalt des Kaisers um eine hochpolitische Entscheidung, nämlich zugunsten eines kompromißlosen Vernichtungskrieges gegen die Hereros. 7 Vermutlich bezieht sich Weber auf den Artikel: Die nächsten Kolonialdebatten im Reichstage, der in der Germania, der führenden Zeitung des Zentrums, Nr. 260 vom 11. Nov. 1906,2. Bl., S. 1, erschienen war. Der Artikel gibt eine Zuschrift „aus parlamentarischen Kreisen" wieder, In welcher der Reichstag aufgefordert wird, eine eingehende Prüfung der In der Verwaltung der Kolonien aufgetretenen Mißstände durchzuführen, um dergleichen in Zukunft zu unterbinden. Das bisherige „Vertuschungssystem" dürfe auf keinen Fall fortgeführt werden. „Dagegen läßt sich über die Form der Behandlung dieser Fragen reden. Es muß nicht Im Plenum des Reichstages tagelang jeder Mißstand besprochen werden. Wir können uns vielmehr folgende Behandlung der Sache denken: Der Reichskanzler legt eine Denkschrift über die vielen Anklagen vor mit dem Ergebnis, das die Untersuchungen und Ermittelungen ergeben haben; der Reichstag verweist diese an eine Kommission, welche nun Ihrerseits in eine Nachprüfung eintritt und durch einen besonderen Gesetzentwurf das Recht erhält, Zeugen In beliebiger Zahl zu vernehmen,
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und für eine stark | :offne: | parlamentarische Verwaltungscontrolle, welche |:denn auch:| den Schmutz der „Nebenregierungen" aus seinen geheimen Winkeln fegt. 8 A b e r um Gottes willen jedes „Vertrauensvotum" für den Kaiser und seine A r t , Politik zu machen, aus dem Spiel! und zwar nicht nur stillschweigend, sondern ausdrücklich ein solches 5 „Vertrauensvotum" abgelehnt! Stützung der oppositionelle^ („jungliberalen") Elemente im Nationalliberalismus, Stützung der gewerkschaftlichen Elemente in der Sozialdemokratie - 1 :mit ihnen: | gegen das scheinconstitutionelle Zentrum, 'aber auch 'gegen den dynastischen |: innerpolitischen:! Machtkitzel und gegen die |: außerpolitische :| dynasti- 10 sehe Prestige-Politik der großen Worte anstelle nüchterner Interessenpolitik! So würde, wie gesagt, ich votieren, wenn ich mitzureden legitimiert wäre. - Sie wissen, daß uns die A r t , wie Sie - ich verstehe ganz gut aus welchen Gründen - das persönliche Prestige des Kaisers decken möch- 15 ten, unterscheidet'. Das k ist |:aber:| heute \ :keine: \ Politik mehr, die mit
h (Stützung) k Es > Das
i und die > aber auch
j Fehlt in O ; , unterscheidet sinngemäß ergänzt,
wie es z. B. das Parlament der Union hat. Die gerichtliche und disziplinarische Befolgung kann unberührt hiervon daneben hergehen. Was die Kommission ermittelt hat, stellt sie in einem Bericht dem Plenum zur Verfügung; entsprechende Anträge können sofort angeknüpft werden. Die Akten dieser Kommission bleiben beim Reichstage, stehen weder der Regierung noch dem Gerichte zur Verfügung. Eine solche Maßnahme erscheint uns als sehr geeignet, das in den weitesten Kreisen - nicht immer mit Unrecht - bestehende Mißtrauen zu beseitigen. Die unabhängige parlamentarische Untersuchungskommission, die durch freie Juristen, die vom Reichstag gewählt werden, verstärkt wird, ist in der Lage, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen. [...] Man weist so gern auf England hin, wo unliebsame Ereignisse nur spärlich erörtert werden. Abgesehen davon, daß letzteres nicht immer zutrifft, darf man doch nicht vergessen, daß England die Einrichtung der parlamentarischen Untersuchungskommission schon lange besitzt und darin ein Ventil gegen jedes Mißtrauen und ein Schutzmittel gegen jede Vertuschung besitzt. Anders seither bei uns. [...] Wir wüßten keinen Vorschlag, der geeigneter sein würde, den vielgewünschten Strich durch die Vergangenheit zu machen, als der eben dargelegte." 8 Das Zentrum drängte auf eine Reorganisation der Kolonialverwaltung, u.a. unter stärkerer Berücksichtigung auch von Beamten katholischen Glaubens. Den konkreten Anlaß für Webers Bemerkung bildeten die Auseinandersetzungen des Stellvertretenden Kolonialdirektors Bernhard Dernburg mit dem Zentrumsabgeordneten Hermann Roeren während der Beratungen über den Nachtragsetat für Deutsch-Südwestafrika im Reichstag. Roeren hatte die Disziplinarmaßnahmen des Reichskolonialamts gegen einen katholischen Kolonialbeamten gerügt. Daraufhin hatte Dernburg dem Zentrum den Versuch massiver Einflußnahme auf die Entscheidungen der Kolonialverwaltung in diesem und in ähnlichen Fällen vorgeworfen, was Im Reichstag und in der Presse zu scharfer Kritik an der „Nebenregierung" des Zentrums in Kolonialfragen Anlaß gegeben hatte. Zur Auseinanderset-
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Realitäten rechnet, weder nach innen, noch nach außen. 9 Denn dieses Prestige ist dahin, es ist - für mich wie für zahllose andre - aufrichtigerweise nicht mehr möglich, und vor Allem ganz zwecklos und vergeblich, seinen Schein noch einige Jahre zu fristen. Ist es Ihnen möglich, dann 5 lassen Sie diese Note1 draußen. - Verzeihen Sie die Belästigung. Wie immer in herzlicher Freundschaft Ihr Max Weber.
I Unsichere Lesung. zung siehe Sten.Ber.RT. 1905/6, Bd.V., 132./133. Sitzg. (3./4.Dez. 1906), S . 4 0 8 3 4156. 9 Damals war Friedrich Naumann noch nicht bereit, seinen Hoffnungen auf ein „ demokratisches Kaisertum", wie er sie in seinem im Jahre 1900 erschienenen Buch „ Demokratie und Kaisertum" entwickelt hatte, nämlich eines Zusammengehens des Kaisers mit den Kräften der Mitte und der Linken im Zeichen einer imperialen Weltpolitik, gänzlich abzuschwören. Vgl. Mommsen, Max Weber 2 , S. 144.
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Robert Michels PSt 28. Dezember 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz.27
Lieber Herr Doktor ich kann leider noch nicht ganz bestimmt sagen, wann ich komme. Jedenfalls nicht schon am l t e n , sondern erst am 7 ten , auf der Rückreise. Absolut sicher ist auch das „ob" nicht. Es geht mir recht mangelhaft nach wie vor, soweit Arbeiten in Betracht kommt, und so lange das so ist, bin 5 ich menschenscheu, denn für Jemand, der außer der Arbeit schlechterdings nichts hat, ist jede Verlängerung einer solchen Verfassung sehr quälend. Nach Berlin muß ich, 1 wenn ich überhaupt krabbeln kann, gehe aber wahrscheinlich nur 3 Tage hin. - Ich hoffe also am 7 ten Nachmittags] von Berlin aus bei Ihnen zu sein, muß aber am 8ten früh 10 wieder fort. Herzlichste Neujahrswünsche von Haus zu Haus und Dank für Ihren freundl. Weihnachtsgruß Ihr Max Weber
1 D. h. zur Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik, die vom 4. bis 5. Januar 1907 in Berlin stattfand. Auf dieser Sitzung, der ersten nach den Auseinandersetzungenzwischen Gustav Schmoller und Friedrich Naumann auf der Generalversammlung des Vereins 1905 in Mannheim, stand die weitere Zukunft des Vereins für Sozialpolitik zur Debatte. Zu diesem Zwecke war für den 4. Januar 1907 eine Aussprache über „Lage, Fortdauer und Verfassung des Vereins" anberaumt worden. Gegenstände der Beratungen waren u.a. der Antrag Lujo Brentanos auf Abschaffung des Resümees des Vorsitzenden In der Generalversammlung sowie der Antrag Max Webers auf Abschaffung der Generalversammlung überhaupt. Vgl. das Protokoll in der British Library of Political and Economic Science, London, Nl. Ignaz Jastrow, Mise. 114.
1. Januar 1907
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Achille Loria 1. Januar 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A r c h i v i o di Stato Turin, Nl. Achille Loria
Heidelberg 1/1. 7 Sehr geehrter Herr College, Herr D r Michels schreibt mir, daß Ihnen ein Urteil über seine Leistungen von deutscher Seite, speziell von mir, angenehm wäre. Ich kann daraufhin nur sagen, daß nach meiner Überzeugung D r Michels jeder deutschen Universität als Privatdozent und Professor zur Zierde gereichen würde, daß ich persönlich seinen Entschluß, sich in Italien zu habilitieren, 1 zwar vollkommen begreiflich und berechtigt finde; - sein speziellstes Arbeitsgebiet ist ja die soziale Bewegung Ihres Landes, daß ich aber doch sehr bedaure, daß wir ihn verlieren. Nicht nur aus seinen Arbeiten über italienischen Sozialismus, sondern auch aus seinen zahlreichen andren kleineren Aufsätzen geht zur Evidenz hervor, daß wir in Deutschland Niemanden haben, der mit der internationalen Arbeiterbewegung so vertraut wäre wie er. Er übertrifft darin z.B. nach meiner Meinung auch Sombart sehr bedeutend. Seine Arbeiten über Italien werden Sie sicher besser beurteilen können als ich. In freundlichem Gedenken an die liebenswürdige Aufnahme in Ihrem Hause und mit den besten Wünschen zum neuen Jahre für Sie und Ihre Familie bleibe ich Ihr hochachtungsvoll sehr ergebenster Max Weber
1 Vgl. dazu Michels' Ausführungen in seinem Artikel: Eine syndikalistisch gerichtete Unterströmung Im deutschen Sozialismus (1903-1907), in: Festschrift für Carl Grünberg zum 70.Geburtstag. - Leipzig: Hirschfeld 1932, S . 3 4 3 - 3 6 4 : „Die Anwesenheit von Robert Michels in Marburg war ohnehin eine Zufallsperiode seines Lebens. Er wollte sich für Geschichte an einer westdeutschen Universität habilitieren. Zu diesem Behufe war ihm unter falschen Voraussetzungen Marburg angeraten worden, weshalb er seinen Arbeitssitz von Turin (wohin er später zurückkehrte) dorthin verlegte. Sein Anschluß an die Sozialdemokratische Partei machte dann die Habilitation a priori unmöglich." Ebd., S. 345, Anm. 7.
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3. Januar 1907
Robert Michels 3. Januar 1907; Charlottenburg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 29
Charlottenburg 3/17
Lieber Herr D r ! Ich vergaß zu schreiben, daß ich Loria direkt geschrieben habe. Es schien mir, daß ein direkter Brief an Sie über meine Meinung bezüglich 5 Ihrer ästhetische Bedenken erregen könnte. Hoffentlich ist es Ihnen so recht. Ob ich kommen kann, ist nicht sicher. Aber ich hoffe es. Nachricht spätestens Montag früh. Herzl. Gruß! Max Weber 10 20 Sonderabzüge erbeten/1
1 Möglicherweise handelt es sich hierbei um Sonderabdrucke der „Entgegnung" von Karl Diehl; vgl. dazu Karte an Michels vom 10. Dez. 1906, oben, S. 200, Anm. 1. Jedenfalls heißt es in einem Schreiben Paul Siebecks an Edgar Jaffe vom 22. Jan. 1907: „Herr Dr. Michels bittet mich um einige Sonderabzüge der Diehl'schen Entgegnung. Wenn Sie nichts dagegen einzuwenden haben, werde ich ihm die für Mitarbeiter übliche Anzahl zur Verfügung stellen." (VA Mohr/Siebeck Tübingen, Nr. 232), worauf Edgar Jaffe allerdings am 26. Jan. 1907 antwortete, daß 3 Abzüge genügten, ebd.
5. Januar 1907
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Robert Michels PSt 5. Januar 1907; PSt Charlottenburg Karte; eigenhändig A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, F a s z . 3 0
Lieber Herr Doktor! Es geht nicht! Ich bin so gründlich „ausgelaugt", 1 daß ich recht froh sein werde, Dienstag direkt nach Haus fahren zu können, ich wäre für Ihre liebe Frau u. Sie eine wenig erfreuliche Gesellschaft. Seien Sie deshalb 5 nicht böse, wenn ich an Marburg diesmal vorbeifahre! Herzlichen Gruß Ihr Max Weber
1 Weber befand sich in Charlottenburg aus Anlaß der vom 4. bis 5. Januar 1907 in Berlin stattfindenden Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik.
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11. Januar
1907
Robert Michels 11. Januar 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 31
Heidelberg 11/1 07 Lieber Herr Doktor! Zunächst dankend 3 Quittung über den Kaufpreis des Claviers. - Aber solche Promptheit war nicht erwartet u. nicht nötig. Hoffentlich haben Sie wenigstens nicht das Gefühl, sich „verkauft" zu haben. Ich konnte nicht kommen, da ich in Berlin ganz abgewirtschaftet hatte, z.T. infolge eines Brandes in unsrem Nachbarhaus, der die dort wohnende alte gelähmte Wittwe Thfeodor] Mommsens - wir sind durch Heirath verwandt - in schwere Lebensgefahr brachte u. mitten in der Nacht eine schauerliche Szene, Transport zu uns, meinen Umzug ins Hotel etc. zur Folge hatte. Mit Arbeiten ist es noch immer nichts. Herzlichen Dank für Ihr reizendes Bild. Wir haben keines von uns, aber in einigen Monaten lassen wir uns für unsre Mutter photographieren, dann erfolgt sofort Gegengabe. - Daß ich nicht kommen konnte, bedaure ich auch deshalb, weil ich natürlich zu allen Ihren frdl. Sendungen, die ich auf der Hin- u. Rückreise las (inzwischen ist Ihre neuste Gabe dazu getreten) 1 eine Unmasse zu sagen hätte, was ich nicht Alles schreiben könnte, weil es zu langsam geht. Nur Eines: Sie sind ja selbst „Moralist" vom Kopf bis zur Zehe, natürlich etwas weiterblickend, als der „Philister", - warum bekennen Sie Sich nicht dazu? Die deutschen Dirnen kommen bei Ihnen zu schlecht weg, sie haben ihre feste „Ethik" so gut wie andre, u. die Pariser sind scheint mir etwas idealisiert. Im Übrigen ganz einverstanden! Das |:öffentliche: | „Knutschen" deutscher Liebespaare empfinde ich ähnlich wie die Italiener, wennschon diese auch m. E. allzu „prüde" sind. Über den Verkehr (geschlechtlichen] Verkehr) Verlobter dachte man früher
a Alternative Lesung: d a n k e n d e 1 Gemeint ist Michels' Aufsatz: Erotische Streifzüge. Deutsche und italienische Liebesformen. Aus dem Pariser Liebesleben, in: Mutterschutz, Jg. 1, Heft 9,1906, S. 3 6 2 - 3 7 4 .
11. Januar 1907
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anders als meist heute: mein ältester Onkel 2 kam 1 Monat nach der Trauung zur Welt, u. der Vater war Lützower, „Moralist" u. - Geheimrath. 3 Als generelle Regel werden Sie es nicht ansprechen, da die Verantwortung zu groß ist. Wir kämen dann auf das Thema der Generalisierung der ethischen Gebote, der „Durchschnitts"-Ethik etc. etc. - da gäbe es kein Ende. Der englisch-amerikanische Verkehr der Geschlechter (nicht nur der Verlobten) ist unbefangener, erotisch freier als jeder andre der Welt. Ich würde ihn vorziehen. Ich bin übrigens mit meiner Braut absolut ungeniert gereist etc. etc. - Die |:spezifische :| MutterschutzBande ist ein ganz confuses Gesindel, - ich trat nach dem Geschwätz der Stöcker, Borgius etc. wieder aus. 4 Grober Hedonismus u. e[ine] Ethik, die nur dem Mann zu Gute käme, als Ziel der Frau, - das ist einfach Quark. Was thun Sie bei diesen wild gewordenen Spießern? Nochmals: herzlichen Gruß, auch von meiner Frau und auch an die Ihrige. Vergelten Sie nicht Gleiches mit Gleichem auf der Fahrt nach Italien! Ihr Max Weber
2 Der älteste Onkel von Max Weber war der am 2. Februar 1811 geborene Adalbert Fallenstein. Die Ehe Georg Friedrich Fallensteins mit Elisabeth Benecke wurde Im Jahre 1810 geschlossen, so daß die Bemerkung von Weber „1 Monat nach der Trauung" möglicherweise zutreffen könnte. Das genaue Datum der Trauung Ist unbekannt. Vgl. die Tafel der Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein aus dessen erster Ehe, unten, S. 766. 3 Es handelt sich um Georg Friedrich Fallenstein ( 2 . 9 . 1 7 9 0 - 3 1 . 1 2 . 1 8 5 3 ) . 4 Max Weber hatte sich an einem Aufruf des am 5. Januar 1905 gegründeten „ B u n d e s für Mutterschutz" beteiligt (MWG I/8). Ein Exemplar des Aufrufs mit handschriftlicher Datierung auf Januar 1905 befindet sich im B A Koblenz, Nl. Adele Schreiber, Nr. 19; Korrespondenzen Webers sind Im Nl. Schreiber nicht nachgewiesen. Die Initiatorin des Bundes und Verfasserin des Aufrufs Ruth Bre (Pseudonym für Elisabeth Bouness) sah dessen Hauptaufgabe In der Bereitstellung von ländlichen Heimstätten mit Arbeitsgelegenheit für ledige Mütter, um diesen die Erziehung ihrer Kinder zu ermöglichen. Schon Im Februar 1905 kam es zu Internen Auseinandersetzungen, die damit endeten, daß Ruth Bre den Bund verließ und dieser von Helene Stöcker und Walther Borgius, einem ehemaligen Schüler Max Webers, weitergeführt wurde. Ursprünglich hatte der „Bund für Mutterschutz" eine dezidiert bevölkerungspolitische bzw. „rassehygienische" Zielsetzung verfolgt, doch trat stattdessen mehr und mehr eine Reform der Sexualethik in den Vordergrund.
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12. Januar
1907
Oskar Siebeck 12. Januar 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 12/1 07 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich sehe erst jetzt mit Schrecken, daß Ihre Anfrage nicht von 25, |:-wie ich las - : |, sondern von 95 Separata spricht. 1 - 25 wären aber ganz genug. Ich bitte um Verzeihung, daß meine Reise solche Confusion angerichtet 5 hat, deren Consequenzen ich natürlich zu tragen habe. Über Ihre sehr liebenswürdige Anfrage bzgl. „Rußland" schreibe ich nächster Tage.2 Die Schwierigkeit liegt in der Frage, ob eine Ergänzung der (|:teilweise: | veralteten) Hefte nötig wäre. Mit vorzüglicher Hochachtung 10 ergebenst Prof. Max Weber.
1 Es geht hierbei um Separatdrucke des Weber-Artikels: R.Stammlers „Überwindung" der materialistischen Geschichtsauffassung, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 1, 1907, S. 9 4 - 1 5 1 (MWG I/7). Marianne Weber hatte während der Abwesenheit ihres Mannes auf eine Telegrammanfrage Oskar Siebecks vom 7. Jan. 1907 hin, ob 95 Separata reichen würden, positiv geantwortet; Telegramm vom 7. Jan. 1907, V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, Ana 446. 2 Es handelt sich um Paul Slebecks Vorschlag, Webers Abhandlungen zur russischen Revolution in einer Sonderausgabe zu veröffentlichen. Vgl. dazu den folgenden Brief an Paul Siebeck vom 14. Jan. 1907.
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14. Januar 1907
Paul Siebeck 14. Januar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 14/1 07 Sehr geehrter Herr D r Siebeck, Es ist mir sehr unangenehm, Sie auf die Antwort bzgl. Vorländer's haben warten zu lassen^ 1 Aber ich war in größter 3 Hetze, mußte dann nach Berlin (Ausschuß des V[ereins] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik])2 zu sehr anstrengenden Verhandlungen und kam so nicht dazu. Vor Allem hätte ich gern an kompetenterer Stelle mich über V[orländer] erkundigt, speziell bei Windelband, der schriftlich nicht gern etwas von sich giebt. Aber ich habe ihn bisher nicht gesehen und eigens ihn aufzusuchen würde bedeuten, ihn zu sehr diplomatischen Auskünften zu b veranlassen. Ich selbst kann V[orländer] in der That nicht gut abschließend beurteilen, sondern nur sagen, daß nach Dem, was ich von ihm weiß, er kein Gelehrter allerersten Ranges, aber auch kein Mann ist, dessen Arbeiten Ihnen |:- voraussichtlich! - : | t/nehre machen würden. Gerathener schiene mir allerdings noch eine vertrauliche Erkundigung bei Rickert, 3 denn ich bin wirklich wenig competent u. müßte eben 0 die Arbeit sehen, um sie zu beurteilen. Nun Ihr sehr freundliches Anerbieten betreffs der Titelausgabe von „Rußland". 4 Ja, - ich bin nicht sicher, wie Sie Sich die Sache denken. Zu a O: größte
b Fehlt in O; zu sinngemäß ergänzt,
c Alternative Lesung: aber
1 In seinem Schreiben vom 28. Dez. 1906 hatte Siebeck um Auskunft über Karl Vorländer gebeten, der ihm in einem Brief vom 26. Dez. 1906 eine Sammlung sozialphilosophischer Abhandlungen zur Veröffentlichung angeboten hatte, VA Mohr/Slebeck Tübingen, Nr. 240. 2 Die Sitzung fand am 4. und 5. Januar 1907 statt. 3 Tatsächlich hat sich Siebeck an Heinrich Rickert gewandt, der ihm zuriet, den Verlag von Vorländers Artikeln zu übernehmen; Brief vom 24. Jan. 1907, VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 237. Zwar ist es zu einem Verlagsvertrag mit Vorländer gekommen, das Buch ist jedoch nur in einer russischen Übersetzung erschienen. An dessen Stelle trat dann das neuverfaßte Werk: Kant und Marx. Ein Beitrag zur Philosophie des Sozialismus. - Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911. 4 In dem bereits erwähnten Brief vom 28. Dez. 1906 hatte Siebeck vorgeschlagen, von den noch vorhandenen Vorräten der beiden Beilagenhefte über Rußland eine neue Titelausgabe zu veranstalten. Siebeck hatte als Titel „Rußland 1904-1906" angeregt.
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14. Januar 1907
meinen Hauptbeschwerden über Jaffe gehört, daß er s.Z. trotz meines Ersuchens, den Titel oben auf das Buch zu drucken, nur mit dem Zusatz: „Beilage" etc., mir 1) kein Bescheid gegeben und d 2) die Sache wie geschehen geordnet wurde, - ich wurde dann so gelegentlich, im Beisein Anderer, benachrichtigt, was geschehen war: „es müsse doch gleichmäßig aussehen." Zum Donnerwetter, warum denn? Jetzt scheint mir die bloße Verzierung mit einem neuen Titelblatt verspätet und gleichgültig. Soll also nur ein Zusammenheften der beiden Hefte mit einem neuen Titelblatt gemacht werden, dann müßte ich jedenfalls noch einige durch die inzwischen zugänglich gewordenen Materialien möglichen Berichtigungen zufügen. Begeistern könnte ich mich für die Sache nicht, aber ich würde schließlich nicht im Wege stehen wollen. Oder soll eine NeuAusgabe gemacht werden? Also teilweiser Neu druck? Dann würde ich ev. die bisher neu ergangenen Gesetze mit Commentar in Anmerkungen zufügen müssen. Dazu käme ich frühestens im Februar. Die Ausgabe wäre dann erst im Frühjahr möglich. Ich bitte Sie zunächst um freundliche Nachricht über Ihre Absichten. Mit freundschaftlichem Gruß Ihr stets ergebener Max Weber
d Unsichere Lesung.
15. Januar 1907
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Willy Hellpach PSt 15. Januar 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Ni. Max Weber, Nr. 17, Bi. 49 Die Anfrage, auf die sich dieses Schreiben bezieht, ist nicht überliefert.
Sehr geehrter Herr Doktor! Es giebt derartiges in zusammenfassender Form nicht. Denn das Buch von Zöckler, Die Askese, - auf der hiesigen Bibliothek - ist stümperhaft (manches darin vielleicht verwerthbar). 1 Einzellitteratur finden Sie 3 in 5 der „Realencyclopädie für protestantische Theologie u. Kirche 1 " 12 unter den betreffenden Artikeln[:] Askese u.s.w., \:Quietismus:\ ebenso im Katholischen] Kirchenlexikon. 3 Z u empfehlen etwa auch Dötlingens Schilderung von Alphons v.Liguori (|:in:| Döllinger & Reusch, die Moralstreitigkeiten in der christlichen] Kirche). 4 Manches bei Nippold, 10 Zwanzig Jahre Kirchenpolitik. 5 Ich werde noch weiter mir überlegen, was Sie interessieren kann. Vorerst in Eile nur dies. Beste Empfehlung, collegialen Gruß! M. W.
a 0 : sie 1 Zöckler, Otto, Kritische Geschichte der Askese. Ein Beitrag zur Geschichte christlicher Sitte und Cultur. - Frankfurt a. M.: Heyler & Zimmer 1863; 2., gänzl. neu bearb. und stark verm. Aufl., 2 Bde., erschienen unter dem Titel: Askese und Mönchtum.- Ebd. 1897. 2 Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. 3. Aufl., hg. von Albert Hauck, 24 Bde.-Leipzig: J.C. Hinrichs'sche Buchhandlung 1896-1913. 3 Wetzer und Weite's Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswlssenschaften. 2. Aufl., In neuer Bearb., begonnen von Joseph Cardinal Hergenröther, fortges. von Franz Kaulen. 12 Bde. und Registerband. - Freiburg i.Br.: Herder'sche Verlagshandlung 1882-1901,1903. 4 Döllinger, Ignaz von, und Reusch, Heinrich Fr., Geschichte der Moralstreitigkeiten in der römisch-katholischen Kirche seit dem sechzehnten Jahrhundert mit Beiträgen zur Geschichte und Charakteristik des Jesuitenordens. Auf Grund ungedruckter Aktenstücke. 2 Bde.-Nördlingen: Verlag derC.H. Beck'schen Buchhandlung 1889. Über Alphons de' Liguori siehe ebd., Bd. 1, S. 356-476. 5 Ein Werk dieses Titels ist von Friedrich Nippold nicht veröffentlicht worden. Möglicherwelse bezieht sich Weber auf Nlppolds Buch: Abseits vom Kulturkampf (Kleine Schriften zur Inneren Geschichte des Katholizismus. Bd. 2).-Jena: Hermann Costenoble 1899, mit Artikeln, die sich mit Problemen des Quietismus beschäftigen: Zur Litteraturgeschichte und litterarischen Kritik, ebd., S. 228-274, besonders S. 267-274, sowie: Zurgeschlchtllchen Würdigung des Quietismus In der römisch-katholischen Kirche im allgemeinen, sowie der Madame de Guion und der Fenelon-Bossuet'schen Kontroverse Im besonderen, ebd., S. 275-305.
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22. Januar
1907
Robert Michels 22. Januar 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 32 In der folgenden Korrespondenz geht es um Webers Weigerung, seinen Brief an Robert Michels vom 27. November 1906, oben, S. 185, in einer sozialdemokratischen Zeitung veröffentlicht zu sehen. In jenem, auf ausdrücklichen Wunsch Michels' angefertigten Brief hatte Weber zu den Habilitationsproblemen von Sozialdemokraten äußerst kritisch Stellung genommen und dann hinzugefügt: „ Halten Sie es für nützlich, so machen Sie, bitte, von diesen Zeilen jeden beliebigen Gebrauch." Michels hatte daraufhin in einem nicht überlieferten Schreiben Weber mitgeteilt, daß Max Quarck dieses Schreiben in der Frankfurter „Volksstimme" abdrucken wolle: „Dr. Quarck hält im Interesse der Bekämpfung der akad. Reaktion den Abdruck dieses Briefes für wünschenswerth." (Siehe diese Passage im Brief Webers an Michels vom 4. Februar 1907, unten, S. 245.) Allerdings scheint Quarck die Bereitschaft Webers, diesen Brief abdrucken zu lassen, eher skeptisch beurteilt zu haben. Denn erschloß eine Art Wette mit Michels ab hinsichtlich des „Mutes" bzw. der „Feigheit" eines bürgerlichen Ordinarius, seine brieflich geäußerten kritischen Ansichten auch publik zu machen (vgl. dazu Brief an Gisela Mlchels-Lindner und Robert Michels vom 30. Januar 1907, Schlußpassage, unten, S. 230, sowie die sich daran anschließende Korrespondenz mit Robert Michels und Max Quarck).
Hbg 22/1 07 Lieber Herr Doktor! Heute nur: ich habe keine Ahnung mehr, was ich geschrieben habe, daher auch nicht, ob ich damit sachlich einverstanden sein könnte, daß es veröffentlicht werde. Sie wissen, daß der Brief eigens Ihrem Wunsch 5 gemäß 1 ' für konkrete persönliche Zwecke formuliert war. Schon deshalb kann ich meine Zustimmung nicht geben, ohne ihn wieder gesehen zu haben. Aber auch davon abgesehen, müßten mir entscheidende Gründe angegeben werden, weshalb |:grade:| ein Privatbiief von mir publiziert werden soll. Ich bin ja jederzeit bereit, Jedermann, öffentlich, schriftlich 10
^ Der Brief enthält natürlich nichts Unrichtiges. Aber da, wenn er veröffentlicht wird, Jedermann weiß, daß ich | :Dem: | zugestimmt haben | :muß: \, so wird sein Sinn | :eventuell: | anders gedeutet als der war, den er hatte.
22. Januar 1907
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oder mündlich, zu sagen, was ich von der Sache halte, sobald ich dazu provoziert werde. Herzl. Gruß! M.W. 5 Ich bitte Sie übrigens, mich Herrn D r Quarck 3 bestens zu empfehlen.
a O: Quark
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23. Januar
1907
Marie Baum PSt 23. Januar 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Korrespondenz mit Marie Baum vom 23., 24. und 27. Jan. 1907 steht im Zusammenhang mit deren Auseinandersetzungen mit dem Leiter der badischen Fabrikinspektion Dr. Karl Bittmann über die Gleichstellung der weiblichen Fabrikinspektorin. Trotz der im Sommer 1906 ergangenen Dienstanweisung des Innenministers, vgl. Brief an Marie Baum vom 21. Aug. 1906, oben, S. 145f., hatte sich die Situation nicht gebessert. Marie Baum sah sich schließlich veranlaßt, am 2. Jan. 1907 erneut ein Entlassungsgesuch einzureichen. Die Frankfurter Zeitung berichtete darüber in einem Korrespondentenbericht in ihrer Ausgabe vom 16. Jan. 1907. Dem darin erhobenen Vorwurf, Bittmanns Amtsführung hätte gerade „geistig bedeutsame" Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zum Ausscheiden veranlaßt, entgegnete der dienstälteste Fabrikinspektor Dr. Eduard Föhlisch mit einer Zuschrift, die in der Frankfurter Zeitung vom 22. Jan. 1907 veröffentlicht wurde. Darauf erwiderten Marie Baum und Max Weber in Zuschriften, die am 24. Jan. 1907 in der Frankfurter Zeitung abgedruckt wurden.
Sehr geehrtes Fräulein Baum! Ich habe der Frankfurter, der Badischen Landes- und der Neuen Badischen Landeszeitung einen Artikel betreffend Ihren Austritt geschickt, der vielleicht Ihre Billigung nicht findet. 1 Ich bitte Sie, wenn dies der Fall ist oder soweit mir etwa - was ich bei dem ziemlich allgemein 5 gehaltenen Referat der Thatsachen nicht glaube - Irrtümer unterlaufen sein sollten, nicht etwa aus vermeintlicher Rücksicht auf mich irgend Jemandem, insbesondere den Behörden gegenüber, aus 3 Ihrem Desaveu ein Hehl zu machen. Wenn allerdings repliziert werden sollte, dann würde b ich - da j a nunmehr ohne Ihr Zuthun die Diskussion eröffnet ist - 1 o Sie allerdings um Erteilung von Information bitten, also entweder zu
a (ein)
b müßte >würde
1 Gemeint ist die unter der Überschrift: Die badische Fabrikinspektion, veröffentlichte Zuschrift Webers in der FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 1 - 2 (MWG I/8). Die Badische Landeszeitung veröffentlichte die Zuschrift Webers zusammen mit derjenigen von Föhlisch in ihrer Ausgabe Nr. 40 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 1 - 2 . Der Abdruck in der Neuen Badischen Landeszeitung konnte nicht nachgewiesen werden, die fraglichen Ausgaben waren nicht erhältlich.
23. Januar 1907
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Ihnen kommen oder Sie hierher. Denn nun sind Sie ja in keiner Weise mehr gebunden, nachdem Andre geredet2 haben. Frdschaftl. Empfehlung! Ihr Max Weber
2 Max Weber bezieht sich auf die Zuschrift des Fabrikinspektors Eduard Föhlisch an die Frankfurter Zeitung, vgl. FZ, Nr. 22 vom 22. Jan. 1907, 1. Mo.BI., S. 1. Dieser hatte sich darin gegen einen Artikel in der Frankfurter Zeitung gewandt, In dem berichtet wurde, „eine kleinliche Art bureaukratischer Reglementierung" habe zum Ausscheiden von Marie Baum aus der Fabrlkinspektlon geführt, die Verhältnisse im Amt hätten „ein ersprießliches Wirken zur Unmöglichkeit gemacht". Vgl. FZ, Nr. 16 vom 16. Jan. 1907, 2. Mo.BI., S. 1. Demgegenüber bekundete Eduard Föhlisch Verständnis für die Amtsführung von Karl Bittmann und betonte, „nicht Gründe einer verschiedenartigen Auffassung der Berufspflicht vom sozialen und wissenschaftlichen Standpunkt aus" seien die Motive des bedauerlichen Ausscheidens von Marie Baum, „sondern nur Motive persönlicher Natur". Marie Baum, „eine reich begabte" und „dienstlich außerordentlich bewährte Beamtin, fühlte sich leider schon von Anfang an durch den Zwang bureaukratischer Usancen beengt und In Ihrer Stellung Innerhalb des Organismus der Behörde unbefriedigt und glaubte, das, was sie sich wünschte, erzwingen zu können. Sie kam dadurch nicht allein In Gegensatz zum Vorstand, sondern nicht selten auch zu den nach Ihr zur Fabrlkinspektlon gekommenen Beamten, was auf Ihrer Stimmung lastete und sie zu dem bedauerlichen Entschluß ihres Austritts brachte."
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24. Januar 1907
Marie Baum [24. Januar 1907; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Hinweis Webers auf seine Pressezuschriften in der Karte an Marie Baum vom 23. Jan. 1907, deren Poststempel als Zeitangabe: 1 0 - 1 1 nachmittags ausweist, sowie aus der Tatsache, daß diese bei der Niederschrift des Briefes noch nicht veröffentlicht waren. Der Brief ist daher wohl am folgenden Tage, dem 24. Jan. 1907, geschrieben worden.
Sehr geehrtes Fräulein Baum, mit bestem Dank zurück.1 Ihre Erklärung2 macht einen ganz vorzüglichen Eindruck, hätte ich gewußt^ daß sie kam, so hätte ich vorerst ganz geschwiegen.3 Aber es ging doch nicht an, daß3 auch nur der Anschein des „Abgekarteten" erregt wurde. Nun lassen Sie diese 5 Tage4 noch mit leidlichem Humor über sich ergehen! - und schreiben Sie mir, möglichst gleich, wenn in meiner Erklärung Irrtümer stecken sollten oder Wendungen, die unzutreffend sind. Im Übrigen, wissen Sie, sind wir immer zu sprechen, wenn Sie abkommen können, und freuen uns. Ihre Adresse (für ev. Fälle) habe ich doch richtig auf das Couvert gesetzt? Mit besten Empfehlungen u. Grüßen Max Weber
a
(derA)
1 Der Inhalt der Rücksendung Max Webers konnte nicht ermittelt werden. 2 Gemeint ist die Zuschrift von Marie Baum an die Frankfurter Zeitung vom 22. Jan. 1907, vgl. FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S.1. Darin hatte sie betont, die Gründe für ihr Ausscheiden aus dem Amt seien prinzipieller Natur, sie bezögen sich auf Versuche, „für die weiblichen Beamten als solche ein Sonderrecht zu schaffen" und ihre Stellung in der Behörde herabzudrücken. 3 Gemeint ist die Zuschrift Max Webers an die Frankfurter Zeitung, abgedruckt unter dem von der Zeitungsredaktion gewählten Titel: Die badische Fabrikinspektion, in: FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 1 - 2 (MWG I/8). 4 Max Weber bezieht sich darauf, daß Marie Baum ihren Dienst nur noch fünf Tage ausüben werde. Dem Entlassungsgesuch von Marie Baum wurde am 23. Januar 1907 mit Wirkung vom 15. Februar 1907 entsprochen, vgl. GLA Karlsruhe, Personalakte Marie Baum 233/31124. Vom 1. Februar an nahm Marie Baum Urlaub und zog zu Else Jaffe, ihrer Vorgängerin im Amte, nach Heidelberg. Vgl. Brief von Marie Baum an Ricarda Huch vom 24. Jan. 1907, DLA Marbach, Nl. Ricarda Huch, 68.1405/3.
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24. Januar 1907
Robert Michels 24. Januar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 33
Heidelberg 24/107 Lieber Herr Doktor Michels, ich bleibe dabei, daß ich eine Publikation aus einem auf Ihren Wunsch für Prof. Loria geschriebenen Privatbrief nicht für richtig halten könnte. 1 1n einem solchen Brief bin ich berechtigt (und habe das vermuthlich gethan), über die Verhältnisse unsrer Universitäten auch Ansichten über | ¡Möglichkeiten und:| Wahrscheinlichkeiten zu äußern (z.B. über |¡mögliche:| Schwierigkeiten Ihrer Habilitation hier in Baden), die ich nur als | :private: | „Meinungen" geben kann. In der Öffentlichkeit bin ich | :aber: | nur zu vertreten | ¡berechtigt und: \ verpflichtet, was ich weiß. Daß in Preußen die Habilitation eines Sozialdemokraten als solchen, möge er noch so tüchtig sein, ausgeschlossen ist, weiß Jedermann seit der, gegen den Protest der Fakultät erfolgten Entfernung von D r Arons. 2 Daß in Jena, trotz der Abbe'schen 3 Stiftung, die an die Bedina 0 : Abbe'schen 1 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Michels vom 22. Jan. 1907, oben, S.216. 2 Weber bezieht sich hier auf den Konflikt zwischen der Universität Berlin bzw. deren philosophischer Fakultät und dem preußischen Kultusministerium in den 90er Jahren anläßlich des Falles Arons. Das Ministerium hatte die Fakultät laut Erlaß vom 5. Mal 1894 aufgefordert, gegen den Privatdozenten der Physik Leo Arons wegen seiner Mitgliedschaft In der sozialdemokratischen Partei disziplinarisch vorzugehen bzw. ihn von der Dozentur zu entfernen. Diesem Ersuchen kam die Fakultät nur dilatorisch und unvollständig nach und erteilte Arons am 25. Juli 1895 lediglich eine Verwarnung, dahingehend, daß dieser sich aller sozialdemokratischen Agitation künftig zu enthalten habe. Das im Anschluß daran Im Auftrage des Kultusministeriums erstattete Gutachten des Berliner Kirchenrechtslehrers Paul Hlnschlus, welches dem Staate die Remotionsbefugnis gegenüber Prlvatdozenten, also nichtbeamteten Hochschullehrern einräumte, beantwortete die Berliner Universität mit einem Protestschreiben, das, von nahezu allen Professoren unterzeichnet, In der Norddeutschen Allgemeinen Zeltung, Nr. 588 vom 16. Dez.1895, Ab.BI., S. 1, veröffentlicht wurde. Eine neue Phase erreichte der Fall Arons, nachdem Wilhelm II. in einem Telegramm vom 8. Okt. 1897 den Kultusminister Bosse anwies, Arons „sofort aus der Universität und seinem Amt hinauszubefördern. Ich dulde keine Soziallsten unter Meinen Beamten, [...]" (ZStA Merseburg, Rep.76l, Sekt. 31, Litt.A, Nr. 18, Bd. II, Bl.2c2d). Durch das Gesetz vom 17. Juni 1898 betreffend die Diszlplinarverhältnlsse der Privatdozenten (lex Arons), welches die Privatdozenten unter Beamtenrecht stellte, erhielt
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gung der Lehrfreiheit geknüpft ist, dennoch ein Sozialdemokrat keinenfalls zugelassen wird, ist Ihnen von dort mitgeteilt worden. 3 Wie andre Regierungen und Universitäten sich verhalten würden, läßt sich nur vermuthen. Vielfach 0 jedenfalls würden die Fakultäten sich ^vielleicht:! , nach 0 den gemachten Erfahrungen, auf den Standpunkt stellen, |:einem Sozialdemokraten:! von der Habilitation von vorn herein abzurathen, um sich nicht einer | ¡sachlich: | nutzlosen Niederlage auszusetzen oder eine noch weitere Einschränkung ihrer Autonomie |:und Bewegungsfreiheit!: zu riskieren^] |:gegen die Niemand, am wenigsten Ihre politisch ohnmächtige Partei, sie schützen würde. :| Daß d ich, wenn ich einer Fakultät noch angehörte, jenen® Standpunkt' meinerseits | schwerlich: | teilen würde, das ist eine 9 Sache für sich. 9 Wie sich aber die einzelnen h Fakultäten, die' in Betracht kommen können, |:in praxi:| etwa verhalten würden, ist mir, da ich, wie Sie wissen, nur formal mit einer Universität in Verbindung stehe, 'keineswegs auch nur annähernd' k sicher bekannt*, und ich würde |:persönliche: | Nachforschungen darüber | :auch: | nur1 eventuell | :zu: | einem konkreten |:praktischen: | Zweck und |:dann nur. | mit bestimmtem Mandat dazu anstellen"1, für "deren Erfolg" | ¡überdies: | auch nicht einstehen können. Daß der Zustand, wonach ein Sozialdemokrat, lediglich weil er dies ist, von der Habilitation ausgeschlossen oder in ihr auch nur Andren gegenüber gehemmt wird, der angeblichen „Freiheit der Wissenschaft" auf unsren Universitäten schlechthin Hohn spricht, brauche ich als meine Ansicht nicht erst 0 ausdrücklich auszusprechen. Daß ich p diesen Zustand p - wenn ich etwa italienische, französische, ja, im Augenblick b O: Hervorhebung getilgt, c (auf) d Ob > Daß e diesen > jenen f (|:auch:|) g andre Frage > Sache für sich, h O: Hervorhebung getilgt, i (|:noch:|) j durchaus nicht > keineswegs auch nur annähernd k O: Hervorhebung getilgt. I (zu) m (können) n den Erfolg dieser Vermittlung > deren Erfolg o (zuversi) p i h n > diesen Zustand die preußische Regierung dazu eine formelle Handhabe. In dem Im folgenden Jahre stattfindenden Disziplinarverfahren blieb die Fakultät bei Ihrer Ansicht, daß die Mitgliedschaft in der sozialdemokratischen Partei nicht für eine Aberkennung der Privatdozenteneigenschaft ausreiche. Erst das Urteil des Staatsministeriums als letzter Instanz brachte im Jahre 1900 die endgültige Entscheidung: die Entziehung der venia legendi für Leo Arons. Vgl. dazu Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. IV: Struktur und Krisen des Kaiserreichs. - Stuttgart/Berlln/Köln/Mainz: W. Kohlhammer 1969, S. 952-955. Vgl. auch Hess. StA Wiesbaden, Abt. 1088, Nl. Gustav v. Schmoller, Kapsel 9 (Handakten von Professor Schmoller In Sachen Dr. Arons). 3 Zur Abbe'schen oder Zeiß'schen Stiftung vgl. Brief an Michels vom 16. Mai 1906, oben, S. 90, Anm.2.
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sogar russische Verhältnisse damit vergleiche 4 - für eine Schmach und Schande für eine Culturnation halte, und daß ich übrigens sicher bin, darin den Beifall der Mehrzahl der besten Namen der deutschen Wissenschaft |:ohne Unterschied der Parteistellung des Einzelnen: | zu finden, das versteht sich ebenfalls von selbst. Ich würde nie Bedenken tragen, dies - wo sich Anlaß bietet - öffentlich zu sagen und zu vertreten. Daß an diesem Zustand jene Stimmung, die Fürst Hohenlohe, wohl etwas zu höflich, 1878 |:bei der Frage des Sozialistengesetzes: | die „Furchtsamkeit des deutschen Bürgertums"5 nannte, q die wesentliche Schuld, trägt, ist gewiß. Aus j enem ebenr skizzierten, möglicherweise von manchen Universitäten s heute zu gewärtigenden s „realpolitischen" Standpunkt aber, wie es nach Ihrem Brief im Kreise Ihrer Parteigenossen geschieht, den Vorwurf einer spezifischen „Feigheit" gegen die akademischen Lehrer abzuleiten, - das ist, | :mag man jenen Standpunkt auch'nicht teilen,:| schlechthin unmöglich. Die Fakultäten würden ^unleugbar:! in einem |: etwaigen :| Kampf mit widerstrebenden" Regierungen heute die öffentliche Meinung nur zum Teil, die herrschenden Parteien |: natürlich :| gar nicht auf ihrer Seite haben und umso mehr isoliert bleiben, als |:schließlich doch auch: | Ihre Parteigenossen, wie Sie mir nicht bestreiten werden, - zwar ein Eintreten für einen sozialistischeriv Habilitanden gern unterstützen, im Übrigen aber anw der noch
q (ihr Tei) r Alternative Lesung: oben s vertretenen > heute zu gewärtigenden t 0 : auch, (|:wieich:|) u den > widerstrebenden v 0 : zweifach unterstrichen; möglicherweise Wiederholung wegen relativer Undeutlichkeit der ersten Unterstreichung, w bei > an 4 An italienischen Universitäten lehrten u.a. Alfredo Angiollnl, Ettore Clccottl sowie Antonio Labrlola, an französischen bzw. französisch-sprachigen Universitäten Edgard Mlihaud sowie in Rußland Sergej Bulgakov und Michail Tugan-Baranovskij, obschon sie Mitglied sozialistischer Parteien waren. Zu Italien vgl. Franco Andreuccl und Tommaso Dettl (Hg.), II movimento operalo itallano. Dizlonarlo blograflco. 1853-1943,5 Bde., 1 Registerband. Roma: Editorl Rlunlti 1975-1979. 5 Offensichtlich bezieht sich Weber hier auf einen Bericht Chlodwigs von Hohenlohe an Bismarck vom 16. Sept. 1878 über seine Unterredungen mit Abgeordneten während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung der Sozialdemokratie: „Ich meine aber, daß im Hinblick auf das furchtsame deutsche Bürgertum jedes Gesetz gegen die Soziallsten besser ist als keines. Denn jedes Gesetz bringt das zustimmende Bürgertum in einen Gegensatz zu den Sozialdemokraten und erweitert den RIß zwischen beiden. Sind diese Leute aber In Gefahr, so stimmen sie später allem zu." Abgedruckt in: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Im Auftrage des Prinzen Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst hg. von Friedrich Curtius, Bd. 2. - Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1906, S. 257.
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immer in Ihren Kreisen vorherrschenden |: sektenhaften :| Überzeugung von dem natürlichen Gegensatz der „bürgerlichen Wissenschaft" gegen eine andre, x Ihre y eigne*, festhalten z und die Universitäten auch weiter nach Möglichkeit zu diskreditieren bestrebt sein würden. Irgend einen Erfolg 2 verspräche also ein solcher Kampf | :in der That heute: | nicht und wer |:nun einmal: | rein „realpolitisch" denkt, wird ihn |:also:| nicht mitmachen. | :Daß ich anders denke, ist, wie gesagt, meine Sache 3 .: | |:-: | (Sie können natürlich mit diesem Brief und | :auch: | jedem einzelnen seiner Sätze, |:soweit nicht durch die Isolierung der Sinn geändert wird:|[,j machen oder machen lassen was Sie bwollen. Correkterb wäre aber |: ev.: | die01: vollständige: | Wiedergabe 0 des 2., 3., 4. (oder 2. u. 3.) Absatzes.) Ich habe gestern in der Eile Ihre freundliche Einladung nicht beantwortet und trage heute nach, daß wir sehr herzlich danken, daß es aber heute noch nicht feststellbar ist, ob meine Frau im Lauf des Februar mit dem Druck ihres dicken Buches so weit gelangt, um abkömmlich zu sein. 6 Herzlichen Dank einstweilen, ich schreibe darüber später noch. Freundschaftl. Gruß Ihr Max Weber
x erst zu schaffende > Ihre eigne y Alternative Lesung: ihre; großes und kleines „i" eigenhändig ineinander geschrieben, z und vor A l l e m - einem etwaigen sozialistischen Professor bei uns in Deutschland als erstem würde[n] > (würden) und die Universitäten (diskreditieren würden) auch weiter nach Möglichkeit zu diskreditieren bestrebt sein würden. Irgend einen Erfolg a Privatsache > Privatansicht > Sache b 0 : wollen, Correkter c (|:vollständige:|) d (nur) 6 Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter In der Rechtsentwicklung.
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Marie Baum 27. Januar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 27/1 07 Sehr geehrtes Fräulein Baum! Daß mein Artikel - der leider durch einige Druckfehler entstellt ist Ihnen in der von Ihnen selbst angedeuteten Hinsicht nicht angenehm sein würde, wußte ich. 1 Wäre es nach mir gegangen, so wäre er in dieser Richtung wesentlich weiter gegangen und hätte dann den Effekt erzielt, der allein in Betracht kommen konnte: 1) Strafantrag gegen mich wegen Beleidigung oder 2) |:doch:| eine Preßfehde, in der Bittmann ganz anders angepackt worden wäre als jetzt. Auf Wunsch meiner Frau ließ ich Details weg, obwohl grade diese - z.B. die letzte Äußerung B[ittmann]'s in der Sitzung gegen Sie - die öffentliche] Meinung allein hätten bestimmen können. So, wie er ist, war er entweder zu lang oder za wenig ins Detail gehend. Von meinem Standpunkt aus konnte ich Ihnen das Unangenehme dieser Publikation nicht ersparen, kann auch für den Fall der Polemik darin nichts versprechen. Denn die bloße Thatsache der Differenzierung der Geschlechter macht Niemand Eindruck. Man muß auf das Gehässige der Sache hinweisen und das ging ohne diese Punkte zu berühren nicht. Hoffentlich behalten Sie trotz Allem so viel guten Humor, daß wir Sie nun bald leidlich wohl hier in Heidelberg sehen! Die Stellung in Karlsruhe war bei der Schwäche Schenkels und der festen Stellung B[ittmann]'s bei „Ihrer K . H . " 2 für Sie nicht haltbar. Sie haben andrerseits jeden leisesten Anschein von unnötiger Gereiztheit vermieden. Was Sie leisten konnten - unter den gegebenen Verhältnissen - haben Sie zu Ende 1 Gemeint ist die Zuschrift Max Webers an die Frankfurter Zeitung, abgedruckt unter der Überschrift: Die badische Fabrikinspektion, in: FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 1 - 2 (MWG I/8). Darin hatte er das persönliche Verhalten des Leiters der Fabrikinspektion, Dr. Bittmann, angeprangert und die aus „männlicher Geschlechtseitelkeit" stammenden Vorurteile gegen die Anstellung von weiblichen Beamten angegriffen. Marie Baum war vermutlich mit den Äußerungen über Bittmann nicht einverstanden. 2 Es konnte nicht ermittelt werden, welches Mitglied der Großherzoglichen Familie, die den Titel Königliche Hoheit führte, gemeint ist.
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geführt. Sie sind jung und energisch genug, um sich nun für ganz neue Aufgaben zu rüsten, und diese werden nicht ermangeln sich Ihnen darzubieten, - dafür ist mir nicht bange. Jetzt gilt es erst einmal sich ausruhen von diesen nervenangreifenden Conflikten und der erbärmli5 chen Kleinlichkeit dieser Cohorte von Schwächlingen. - Herrn Föhlisch's Artikel 3 war in der That ganz echt: Er meinte es, in seiner Art, sicherlich gar nicht böse. Aber die Naivität, zu glauben, daß eine onkelhafte Anerkennung auf der einen, ein onkelhafter Backenstreich auf der andern Seite sich für Ihr Empfinden doch auf ± 0 ausgleichen müßten, charakterisiert diese ganze Bande wirklich in köst- 10 licher Art. Auf Wiedersehen! Meine Frau grüßt herzlich, ebenso Ihr ergebenster Max Weber 15
3 Vgl. Brief an Marie Baum vom 23. Jan. 1907, oben, S. 219, Anm. 2.
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Gisela Michels-Lindner und Robert Michels 30. Januar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 34
Heidelberg 30/1 7 Liebe Frau Doktor, der „Verein für Sozialpolitik" veranstaltet eine Serie von Publikationen über „communale Betriebe". In der Sitzung des Ausschusses, vor 3 Wochen, kam zur Sprache, daß, wenn möglich, die Gewinnung einer Bearbeitung italienischer Verhältnisse erwünscht wäre. 1 Ich erwähnte dabei, daß wir für unser „Archiv" eine solche Arbeit in Aussicht gestellt erhalten hätten, daß aber unser Raum begrenzt sei und vielleicht die Möglichkeit vorliege, im Wege einer Verständigung der Beteiligten diese Arbeit den Publikationen des Vereins zuzuwenden. Das wurde acceptiert und ich ersucht, diese Frage weiter zu erörtern und eventuell Herrn Prof. Fuchs (Freiburg), der die formale Leitung in der Hand hat, von dem Ergebnis behufs direkter Correspondenz mit Ihnen zu verständigen. Ich habe dies Mandat ausschließlich deshalb übernommen bezw., eigentlich, provoziert, weil es mir s.Z. recht peinlich war, Ihnen in Bezug auf den Umfang Ihrer Arbeit so sehr enge Schranken ziehen zu müssen, wie dies die Lage des „Archiv" leider mit sich brachte. 2 Es schien mir Pflicht, Ihnen jedenfalls die Möglichkeit offen zu halten, Ihrer Arbeit den Umfang zu geben, den Sie für den sachlich wünschenswert e n ansehen. Ich halte es für möglich und wahrscheinlich, daß der V[erein] f[ür] S[ozial-]P[olitik] Ihnen da wesentlich weiter entgegenkommen kann als wir es in absehbarer Zeit könnten, während das Publikum, dem Ihre Arbeit dadurch zugänglich würde, \:im Inland
1 Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik am 4. und 5. Januar 1907 in Berlin; ein gedrucktes Sitzungsprotokoll befindet sich im Nl. Ignaz Jastrow, Mise. 114, British Library of Political and Economic Science, London. Bei der Debatte über die Fortführung der Vereinspublikationen über kommunale Betriebe hatte Max Weber eine Arbelt über (kommunale) Bäckerelen In Italien vorgeschlagen. 2 Vgl. Brief an Gisela Michels-Lindner vom 6. Dez. 1906, oben, S. 198f.
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wohl: | ungefähr das gleiche1' ist |: (im Ausland wohl ein kleineres).: | Daß wir Ihre Arbeit an sich lieber bei uns hätten, versteht sich ja so sehr von selbst, daß wenn ich glaubte Sie zweifelten daran, ich Ihnen die vorstehende Mitteilung gar nicht hätte machen können. Unsicher bin ich über die Höhe des vom Verein zur Zeit gezahlten Honorars. M. W. 50 M. pro Bogen, aber |:so viel ich weiß:| mit größerem Spielraum als bei uns, wo das Maximum der Zahlung 3 Bogen-Honorare sind. Das wäre ja nochzu erörtern, wenn überhaupt der Gedanke für Sie in Betracht kommt: Ob dies der Fall ist, darüber bitte ich Sie mich zu informieren. Ich hielt es, wie gesagt, im sachlichen Interesse für geboten, Ihnen die Frage vorzulegen: Sie können allein beurteilen, wie stark der Nachteil ist, den die Einengung des Raumes Ihrem Zweck bringt. - Wir würden dann auf dies Thema 3 verzichten, denn Tasca (Palermo) anzugehen habe ich keine Lust. - Nun etwas Anderes, für Ihren Mann bestimmt, damit ich nicht einen Separatbrief schreiben muß. Von zwei Dingen Eines: entweder ich weiß, daß ich ein für allemal an den Parteimana Michels schreibe und also | jederzeit: | in die Lage kommen kann, daß er mir meine Briefe vorhält und sagt: hier, Du hast mir dies geschrieben, nun bekenne Dich b öffentlich dazu, anderenfalls weißt Du, was... Herr D r Quarck0 von Dir denken muß. 3 Gut. In diesem Fall behalte ich Abschriften meiner Briefe da und schreibe überhaupt nur, was druckreif ist und jeden Tag in einem Schweineblatt |:(entschuldigen Sie!):|, wie die „Volksstimme" 4 es, ^ihrem Ton nach:|, in der letzten Zeit, gewesend ist, stehen kann. Den Inhalt unsrer Correspondenz wird das nicht grade günstig beeinflussen. - Oder ich schreibe an den „Menschen" Michels, - dann darf es nicht passieren, daß man mittelst eines Privatbriefes eine Pression auf mich auszuüben sucht, mich, |:- was doch, Hand aufs Herz, Herrn Q[uarck]'s Vielleicht ein |:1):| nach der conservativen Seite |:2) nach Seite der „Praktiker": | hin ein etwas größerese, namentlich aber,' bei diesen Bänden des Vereins, nach der „stadträtlichen"3 Seite, was doch recht beachtenswerth ist. a Arbeit > Thema b 0 : dich g 0 : „Stadträtlichen"
c O: Quark
d (muß)
e (|:und:|)
f ([pro ei])
3 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Robert Michels vom 22. Jan. 1907, oben, S. 216. 4 Gemeint ist die sozialdemokratische Regionalzeitung in Frankfurt „Die Volksstimme".
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ursprüngliche Absicht war, - : | zu sozialdemokratischen WaWcampagneZwecken 5 ausschlachten zu lassen 2) , am wenigsten dann, wenn dieser Privatbrief im Privatinteresse des Empfängers geschrieben, für ganz bestimmte Menschen und Zwecke bestimmt ist und deshalb, z. B. über die Chancen einer Habilitation hier, meine Überzeugung, daß irgendwie Schwierigkeiten entstehen würden h3) , möglichst stark betont. Derartige 2)
Den jetzt an Ihren Mann geschriebenen Brief 6 braucht er keineswegs bis nach den Stichwahlen 7 zurückstellen zu lassen. Den vollständigen Abdruck (incl. des ersten Absatzes, der von dem Brief an Loria spricht) hielte ich für unklug, weil misverständlich. Aber es ist mir ganz gleich, was abgedruckt wird, was nicht. 3) Die Habilitationen bedürfen der Bestätigung der Regierung (anders als in Preußen). 8 Genau wie bei |:s.Z.:| Sombarf würde 'z.B. vielleicht' auch hier die Fakultäts|:-Mehrheit: | es im Interesse der „Ehrlichkeit" für geboten halten, |:in ihrem Zulassungs-Antrag:| zu sagen, wie die Dinge liegen. Esk kann schon in wenigen Jahren anders liegen, heute ist es aber so, daß dann wohl die Ablehnung der Regierung erfolgen würde. Aber beeidigen kann ich es nicht. h könnten > würden
I wohl > z. B. vielleicht
k Das > Es
5 D. h. für die Reichstagswahlen vom 25. Januar 1907; vgl. dazu Brief an Robert Michels vom 1. Febr. 1907, unten, S.241, Anm.7. 6 Gemeint ist der Brief an Robert Michels vom 24. Jan. 1907, oben, S. 221 ff. 7 D.h. am 5. Februar 1907 (vgl. auch unten, S. 241, Anm. 7). 8 Vgl. den Brief an Michels vom 27. Nov. 1906, oben, S. 185. 9 Der Hinweis auf Werner Sombart in diesem Zusammenhang ist etwas mißverständlich, da dieser sich nie in Baden hat habilitieren wollen. Worauf Weber vielmehr anspielt, sind die z.T. eingehenden Darlegungen zu Sombarts Stellung zur Sozialdemokratie in Berufungsgutachten : so z. B. in dem - uns nur undatiert (Anfang 1897) als Entwurf überlieferten und mit Weberschen Ergänzungen versehenen - Schreiben der Freiburger Juristischen Fakultät an das badische Kultusministerium betr. Wiederbesetzung des Ökonomie-Lehrstuhls nach der Berufung Webers nach Heldelberg (UA Freiburg i.Br., Protokollbeilagen der Juristischen Fakultät 1896/97, Bl. 271 -284). Etwas anders liegen die Dinge an der TH Karlsruhe: Nach dem Weggang Heinrich Herkners nach Zürich 1898 war Werner Sombart in der Berufungsliste (15. Jan. 1898, GLA Karlsruhe, 235/4236) an erster Stelle erwähnt worden, ohne daß Irgend etwas zu seiner Stellung zur Sozialdemokratie bzw. zum „Marxismus" angedeutet worden wäre. Es war u.a. der anhaltende Widerstand des Großherzogs, der dazu führte, daß Senat und Rektor neue Berufungsvorschläge einreichen mußten, wobei sie allerdings immer noch an Werner Sombart an erster Stelle festhielten, dabei aber recht ungeschickt auf dessen polltische Stellung eingingen, was prompt mit zwei großen Fragezeichen des entsprechenden Dezernenten versehen wurde: „Wenn geltend gemacht wird, daß gerade an einer technischen Hochschule es vermieden werden müsse, den Lehrstuhl für Nationalökonomie durch einen Mann einer zu ausgesprochen
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„Ansichten" öffentlich auszusprechen, wäre \:grade:\ von meiner Seite, aus Gründen^] die Sie nun einmal von dort aus nicht übersehen können, einfach |:'den hiesigen'Collegen gegenüber:| eine Taktlosigkeit grober Art, die ich nur |-.entweder 1):| zu einem wirklich irgendwie erheblichen Zweck, oder 2) bei einem konkreten |:öffentlich festgestellten:! Anlaß erheblicher Art - nicht aber, nur um 14 Tage Preßspektakel in Ihren Blättern zu erregen (das wäre ja, Sie wissen es selbst, das einzige Ergebnis heute) m begehen will. Hätte mich nicht Schmoller's Rede in Berlin 10 geärgert, so hätte ichn Ihrem Mann auch den Brief nicht geschrieben, der |:nunmehr:| an den „Genossen" M[ichels] gerichtet war. Denn, offen gestanden, die ganze Sache und vor Allem die Mitteilung der dummfrechen Äußerung des Herrn Quarck0 (den ich |:als Menschen: | sonst wirklich schätze, der ein | Süchtiger und: | ehrlicher Kerl, wenn auch mit einem Brett vor der Stirn, ist) hatte mich nicht wenig verstimmt. |:Ob Herr Q[uarck] mich für „feig" hält, ist mir ebenso „Wurst", wie ob Wilhelm II es thut.:| - Freundschaftlichen Gruß Ihres Max Weber. I den > den hiesigen
m (oder zu)
n (Ihnen)
O 0 : Quark
wissenschaftlichen Richtung, die man fälschlich als sozialistisch bezeichnet, zu besetzen, so glauben wir demgegenüber unserer Überzeugung Ausdruck verleihen zu sollen, daß die Gefahren einer solchen Besetzung für die Universitäten, an denen fast der ganze und insbesondere der höchste Beamtenstand des Staates herangebildet wird, viel größer sind als für die technischen Hochschulen." GLA Karlsruhe, 235/4236. Offensichtlich nimmt Großherzog Friedrich I. Bezug auf dieses Gutachten in seinem Brief an den Ministerpräsidenten Wilhelm Nokk vom 18. März 1899 (GLA Karlsruhe, Großh. FA Korresp. 13: Bd. 55, Fasz. 159, Nr.90), in welchem es u.a. heißt: „Weder für die Schüler der Technischen Hochschule noch für die Zuhörer aus anderen Kreisen wird Sombart belehrend wirken können, da er selbst noch nicht genügend belehrt ist. Die Bekämpfung der Sozialdemokratie muß schon in der Schule beginnen, und in der Technischen Hochschule muß gelehrt werden, wie man den Gefahren der sozialdemokratischen Bewegung und Bestrebungen begegnen muß. Dafür dürfte ein anderer Lehrer geeigneter sein." 10 Gemeint ist die Einleitungsrede von Gustav Schmoller auf dem „Festmahl des kolonialpolitischen Aktionskomitees" vom 19. Jan. 1907. Vgl. FZ, Nr. 20 vom 20. Jan. 1907, 2,Mo.BI., S. 1: „Fürst Bülow über die Auflösung des Reichstags und die Parteien." Hier stellte sich Schmoller an die Spitze einer Kampagne „der liberalen Berufe" zugunsten der Wahlziele der Regierung in den bevorstehenden Reichstagswahlen, den sog. Hottentottenwahlen, die sich in erster Linie gegen die Sozialdemokratie und das Zentrum als Gegner der Kolonialpolitik des Reiches richteten. „ Das Komitee wolle", so führte Schmoller an, „mit allen Gesinnungsgenossen aus den liberalen Berufen für die Erhaltung unserer Kolonien, für die Macht und Ehre Deutschlands eintreten und helfen, eine Reichstagsmajorität zu schaffen, die mit dem Reichskanzler und den Bundesregierungen für dieses Ziel eintritt." Die Nation solle „das Vaterland über die Partei stellen".
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Alfred Weber 30. Januar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 7 3 - 7 4 Der Schluß des Briefes fehlt. Der fehlende Rest muß schon ziemlich früh verlorengegangen sein, da eine maschinenschriftliche Abschrift von Marianne Weber, ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, B I . 6 - 7 , an derselben Stelle abbricht. Hintergrund des folgenden Briefes bildet eine Kontroverse Werner Sombarts mit Hans Delbrück. Dieser hatte insbesondere Sombarts „Modernen Kapitalismus" in einer Rezension, erschienen in: PrJbb, Bd. 113, Juli - September 1903, S. 3 3 3 - 3 5 0 , äußerst kritisch bzw. abfällig beurteilt, was Sombart zu einer nicht minder polemischen Replik unter dem Titel: Karl Marx als Theoretiker, in: Die Zukunft, Bd.46, 1904, S. 1 8 - 2 3 , veranlaßte. Diese Polemik wurde nun von Delbrück fortgesetzt in einer Rezension über Sombarts „Proletariat" sowie dessen „Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus?", erschienen in: PrJbb, Bd. 127, Januar bis März 1907, S. 1 4 8 - 1 5 2 . Diese Rezension, die Delbrück an Alfred Weber gesandt hatte, gab diesem die Gelegenheit, in einem Brief an Delbrück vom 13. Januar 1907, DSB Berlin/ DDR, Nl. Hans Delbrück, sich seinerseits äußerst kritisch gegen dessen Vorgehen in Sachen Sombart zu äußern: „Weswegen ich antworten möchte? Wegen der persönlichen Vorwürfe, die Sie erheben. Ich bin weit entfernt den Angriff Sombart's in der .Zukunft' gegen Sie nach Form und Inhalt etwa irgendwie zu billigen [...]; obgleich man ihm [...] als Entschuldigung zubilligen muß, daß Sie ihn durch die Art Ihrer Besprechung seines großen Buchs schwer gereizt hatten. Ich erlaubte mir bei Durchsicht Ihrer Kritik seinerzeit [d. h. in seinem Brief vom 19. Juli 1903, ebd.] Sie darauf aufmerksam zu machen, weswegen er sich in Ihrer Kritik in seiner großen Leistung auf dem Gebiet seiner Fachwissenschaft gänzlich verkannt und an Stellen kritisiert fühlen mußte^ auf denen er nur Anregungen zur Weiterarbeit hatte geben wollen, in dem aber nicht der Mittelpunkt seiner Arbeit lag. Dieser lag In der glänzend durchgeführten begrifflichen Gegenüberstellung von .Bedarfsdeckungswirtschaft' und .Kapitalismus1'1 und in der vergleichenden Analyse des mittelalterlichen und modernen Lebens unter diesem Gesichtspunkt. Das ist seine große Leistung und kein einziger Kritiker ist ihm bisher in diesem Punkt gerecht geworden. Seine Bitterkeit war also entschuldbar. [...] Was ich nun aber von Ihrer Seite absolut nicht verstehe und was wieder im höchsten Grade aufreizend wirken muß, ist Ihre Behauptung, er habe durch seine Publikation in der Zukunft (oder gar überhaupt dadurch, daß er auch nicht rein fachwissenschaftliche Sachen schreibe?) seine Qualität als .Gelehrter' eingebüßt. Wenn ich recht verstehe, ist das gleichzeitig als eine öffentliche Begründung der wahrscheinlich ja wesentlich mit auf Ihr Betreiben erfolgten Zurückweisung seines Habilitationsgesuchs an der Universität gemeint (bei dem man ja sicherlich über die formalen Schwierigkeiten, an denen man die Sache äußerlich hat scheitern lassen, eventuell hätte hinwegkommen können). Ich beklage diese Zurückweisung auf das Lebhafteste und ebenso die Begründung, die Sie lhr[l] jetzt öffentlich geben." Delbrücks Antwort auf diesen Brief bildet den Anlaß für die folgenden Ausführungen Max Webers. Das Original des Briefes an Alfred Weber ist nicht nachgewiesen; ein undatiertes Konzept (zwischen 14. und 17. Januar) befindet sich In DSB Berlin/DDR, Nl. Hans Delbrück, Briefkonzeptbücher Nr. 156/16. In diesem Konzept begründet Delbrück die Ablehnung von Sombarts „Der moderne Kapitalismus" mit seiner „Entrüstung ich kann wohl sagen Empörung über die unerhörte Liederlichkeit des Werks ganz abgesehen von der Absonderkeit des Grundgedankens", die ihn „zu einem Gegner S[ombart]sgemacht" habe. Im weiteren
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leugnet Delbrück jeglichen Zusammenhang zwischen seiner negativen Rezension und der gescheiterten Zulassung Sombarts als Privatdozent an der Berliner Universität. Im letzten Teil des Konzepts verwahrt sich Delbrück gegen Alfred Webers in dessen Brief vom 13. Jan. 1907 geäußerte Ansicht, es handle sich bei der Gegnerschaft SombartDelbrück um eine Auseinandersetzung zwischen „descriptlvem Historismus und Evolutionismus", und schreibt dazu: „Ich für meine Person falle offenbar auf die Seite des Historismus und das ist mir ein neuer Beweis für das, was ich längst beobachtet habe, daß nämlich noch niemals ein Nationalökonom es der Mühe werth gehalten hat, irgend etwas von mir (es sei denn einmal einen Artikel in den ,Preußischen] Jahrb[üchern]') zu lesen(,] auch Sie nicht. Denn sonst würden Sie nicht in den Irrtum verfallen, meine Geschichtsschreibung (die nicht selten für genetisch zu .constructiv' erklärt) für ,descriptiv' zu halten."
Heidelberg 30/17 Lieber Alfred, ich danke Dir für die Übersendung von H[ans] Delbrück's Brief, dessen fast erfrischende Naivetät ich anstaune. Er könnte doch wissen, daß seine Arbeiten, die ich gut kenne und an denen ich mich ganz ebenso und in demselben Sinn freue, wie an Sombarts Capitalismus, von den „Fachleuten" fast ganz ebenso beurteilt werden^, wie er Sombart beurteilt hat, - ohne Fachmann zu sein.1 Denn das ist Jemand nicht, dereine
Die ökonomischen Theorien D[elbrück]'s z.B. über den Untergang des Römerreichs sind ja absolut laienhaft.2
1 Vgl. dazu Weber, Max, Agrarverhältnisse Im Altertum, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Bd. 1. - Jena: Gustav Fischer 1909, S. 185 (MWG I/6), wo diese Briefpassage über Hans Delbrück fast wörtlich übernommen wird: „Von den kriegsgeschichtlichen Arbeiten H[ans] Delbrück's wird allerdings die ,Geschichte] der Kriegskunst' von den Fachmännern vielfach ähnlich beurteilt, wie er (als A//c/7ifachmannl) die Leistungen W[erner] Sombart's beurteilen zu können geglaubt hat. Mit vielleicht mehr Recht, und sicher gleich viel Unrecht. Denn trotz mancher unzweifelhafter Fehler in den ökonomischen Vorstellungen bleiben sie nicht nur höchst anregend, sondern (besonders: ,die Perserkriege und die Burgunderkriege', ebenso diejenigen Partleen der .Kriegskunst', wo sein spezifisches Talent für realistische Pragmatik zur Geltung kommt) sicher oft grundlegend." Weber bezieht sich hierbei auf Delbrücks Rezensionen in den PrJbb, Bd. 113, Juli-September 1903, S. 333-350, von: Werner Sombart, Der moderne Kapitalismus. 2 Bde. - Leipzig: Duncker & Humblot 1902, und ders., Die deutsche Volkswirtschaft im Neunzehnten Jahrhundert. - Berlin: Georg Bondi 1903. 2 Hans Delbrück führt als Hauptgrund für den Untergang des römischen Reiches die fortschreitende Münzverschlechterung durch Edelmetallschwund mit all ihren Konsequenzen an; vgl. ders., Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Zweiter Teil. Erste Hälfte: Römer und Germanen.-Berlin: Georg Stilke 1901, S. 21 Off.
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Eselsbrücke wie Fridrichowicz33 über den Capitalbegriff konsultieren muß und dann die beiden elementaren Bedeutungen jenes Wortes nicht zu unterscheiden vermag, die wir jedem Studenten im l ten Semester beibringen. 4 Dabei hörte auch „die Weltgeschichte auf", ohne daß die Nationalökonomie zu dämmern anfinge. Die paarb historischen Schnitzer, die - auch nach meiner Ansicht - Sombarts Buch entstellen, berechtigen auch einen Berliner Ordinarius - diese Qualität spielt leider in D[elbrück]'s Kopf eine erhebliche Rolle, wie bei so manchem Andren auch - in keiner Weise, statt des Buches die Person zu rezensieren. Es ist schlimm genug, daß Schmoller sich das gestattet, - aber der hat wenigstens Geschmack dabei. 5 Auf eine solche „Rezension" zu antworten hatte keinen 0 Zweck; am wenigsten ist unsre Zeitschrift dazu da, zu persönlichen Erörterungen (wie es hier unvermeidlich gewesen wäre) d misbraucht zu werden, wie es Delbrück wieder und wieder mit den „Preußischen] Jahrb[üchern]" gethan hat. Daß Sombart in der „Zukunft"e schrieb, bezeichnet D[elbrück] als „Verstoß gegen die gute Sitte", - ich finde auch diesen Standpunkt des journalistischen Concurrenten lediglich naiv. Den Ton, den S[ombart] anschlug, habe ich so wenig gebilligt (ihm dies auch sofort geschrieben!), 7 wie den D[elbrückj'schen, 8 - aber dieser letztere hat sich gewiß nicht darüber zu a 0 : Friedrichowicz
b 0 : par
c 0 : kein
d (zu)
3 Fridrichowicz, Eugen, Kurzgefaßtes Kompendium der Staatswissenschaften in Frage und Antwort. Bd. I: Allgemeine oder theoretische Volkswirtschaftslehre.-Berlin: S. Calvary 1903. Interessanterweise findet sich der Ausdruck „Eselsbrücke" in einer nichtsignierten kurzen Rezension über Fridrichowicz, Kurzgefaßtes Kompendium der Staatswissenschaften in Frage und Antwort, Bd. VII: Finanzwesen. Bd. IX und X: Praktische Verwaltungslehre I und II. - Berlin: S. Calvary & Co. 1904, erschienen in: Soziale Praxis. Zentralblatt für Sozialpolitik, Jg. 14, Nr. 25 vom 23. März 1905, Sp.662. Nach Stil und Duktus der Rezension könnte diese durchaus von Max Weber herrühren. 4 Gemeint ist Erwerbs- und Produktivkapital. Delbrück übersieht die Unterscheidung zwischen volks- und privatwirtschaftlichem Kapitalbegriff. 5 Gemeint ist Schmollers Rezension von Werner Sombarts „Der moderne Kapitalismus", in: SchmJb, Jg. 27, Heft 1,1903, S. 291 - 3 0 0 . 6 Replik von Werner Sombart auf Hans Delbrücks Rezension (wie oben, Anm. 1), unter dem Titel: Karl Marx als Theoretiker, in: Die Zukunft, Bd. 46,1904, S. 1 8 - 2 3 . 7 Brief im Nl. Werner Sombart, ZStA Merseburg, nicht nachgewiesen. 8 In Delbrücks Rezension von 1907 (siehe oben, Editorische Vorbemerkung) heißt es auf S. 149: „Er hat damit nur die letzte Konsequenz seiner literarischen Stellung gezogen; während es bis dahin noch als zweifelhaft gelten konnte, ob man ihn mit seinem unleugbar großen Talent als einen zukunftsreichen Jünger der Wissenschaft anzusehen habe, zeigte nunmehr der gröbliche Verstoß gegen die gute Sitte, daß er, wie sein Buch [d.h. „Der moderne Kapitalismus"] vor dem Urteil der wissenschaftlichen Kritik nicht bestanden hatte, so er sich auch selbst nicht mehr als Mitglied der Gelehrten-Republik betrachte."
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beklagen. Denn wenn man Marx nicht gelesen hat, soll man nicht über ihn urteilen, und darauf reagierte Sombart, den dieser Unfug (mit Recht) empörte. Wie absolut ahnungslos |:aber:| D[elbrück] in Bezug auf Marx ist, belegt nichts deutlicher als die kindliche Vorstellung, Marx sei als „Scheingröße" erwiesen, wenn in Amerika die sozialistische Parteientwicklung zum Stillstand gelange, 9 - e womit Marx® offenbar, wenn umgekehrt (was ich durchaus nicht für sicher, aber für allerdings möglich halte) der Sozialismus drüben ähnliche Dimensionen annimmt, wie bei uns, zur* „wirklichen Größe" avancieren würde. Ein Mann, der solchen Unsinn schreibt, hätte die „sittliche Pflicht", über Marx zu schweigen. Statt dessen imputiert er Sombart am Schluß die Absicht, „die Thatsachen mit der Theorie in Einklang zu bringen", 10 und, obwohl selbst 9 recht stark 9 „Tagesschriftsteller", versucht er dem Publikum die Vorstellung beizubringen, als ob Sombart, weil er auch „populäre" Sachen schreibt, der Wissenschaft sozusagen Valet gesagt habe. 11 Ich halte dies für direkt [.objektiv] unanständig, - was die subjektive Seite anlangt, so ist eben D[elbrück]'s Mangel an Selbstkritik*1 zu berücksichtigen, der jedesmal hervortritt, wo seine Rechthaberei ins Spiel kommt. Denn in seinen, von mir ganz gewiß nicht verkannten, Vorzügen wie in seinen Unarten gleicht er in eminentem Maße Jastrow, nur mit dem Unterschiede, daß dieser es immerhin nicht selten über sich vermocht hat, zu erkennen, daß er sich geirrt hatte, D[elbrück] aber dazu offenbar das Organ versagt ist. Diese öde, zur Rabulistik neigende Rechthaberei ist es, die eine Diskussion mit ihm so unfruchtbar macht. Für mich ist eine solche überdies ausgeschlossen, sowohl öffentlich wie privatim, 1) durch seine illoyale, geschmacklos anmaßende und überdies unaufrichtige Attacke auf unsre Erklärung gegen den Volksschulgesetzente während er > womit Marx
f („wirklich)
g ein > recht stark
h disziplin > kritik
9 Delbrücks Rezension von 1907 (siehe oben, Editorische Vorbemerkung), S. 152: „Nun ist keine Frage, daß der Kapitalismus in Amerika zur allerstärksten und einseitigsten Entwicklung und Blüte gediehen ist; das hat Sombart selbst in dieser Schrift [d.h. „Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus", siehe oben, Editorische Vorbemerkung] wieder sehr gut dargelegt. Folglich müßte es in den Vereinigten Staaten auch den allerentwickeltsten Sozialismus geben. Er ist nicht vorhanden. Wo bleibt da die Theorie? Sollte sie etwa falsch sein? Sollte Marx doch, wie wir andern behaupten, im Reiche der Denker nur eine Scheingröße gewesen sein?" 10 Ebd., S. 152. 11 Ebd., S. 149, Im Anschluß an die oben, Anm.8, wiedergegebene Passage heißt es: „ Es ist ihm eben nicht voller Ernst mit der Wissenschaft und ihrer Forschung. Aber er ist ein talentvoller Tagesschriftsteller mit gelehrter Grundlage".
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wurf, 12 - 2) durch die zweimalige Erfahrung, daß D[elbrück] Dinge, wie: eine lobende Erwähnung in einer Rezension, 13 oder: ein Eintreten für eine akademische Berufung für Dinge hält, die persönlich verpflichteten. Diese absolute ¿/«Sachlichkeit, besser: Unfähigkeit zur Sachlich5 keit gegenüber Freund wie Gegner, vergiftet Alles, was er sagt und thut, dermaßen, daß ich auf jede Beziehung zu ihm verzichten muß, so werthvoll sie für mich sonst sein könnte 2 ' - Genug davon! 2
> Wie es mit dem Fakultätsbeschluß steht, mag dahingestellt bleiben. 14 Du weißt ja, welche Motive s. Z. Schmoller angeführt hat. Wenn 10 die Fakultät |:ausdrücklich:| beschloß, auch „hervorragende" Leute auszuschließen, so hat sie dabei ja wohl grade an S[ombart] gedacht. Die Taktlosigkeit - denn darum handelt es sich - der D[elbrück]'schen Äußerung in diesem Moment wird dadurch nicht gemindert.
12 Gemeint ist Delbrücks Kritik: Politische Korrespondenz: Die Kundgebung der 27 gegen die Schulvorlage, in: PrJbb, Bd. 124, April bis Juni 1906, S. 382-385. Vgl. Brief an Paul Natorp vom 16. März 1906, oben, S. 51. 13 Webers Arbeiten aus den 90er Jahren sind von Hans Delbrück In den „Preußischen Jahrbüchern" des öfteren lobend erwähnt worden. U.a. in: Politische Korrespondenz: Fortführung der Sozialpolitik. Agrarische Sozialpolitik, In: PrJbb, Bd.79, Januar-März 1895, S. 554-567, Insbesondere S.565: „Professor Max Weber hat in diesen .Jahrbüchern' schlagend nachgewiesen, daß die Zahl der Rittergüter In unseren Ostprovinzen viel zu groß und daß diese ungesunde Vertheilung des Bodens der Hauptgrund der Landarbeiternoth Ist. Wenn ein erheblicher Theil unserer Rittergüter In Bauernstellen zerschlagen wird, so ist damit auch zugleich für die übrigen die Landarbeiterfrage gelöst." Eine längere Passage über Weber findet sich auch In: ders., Politische Korrespondenz. Stagnation In der inneren und äußeren Politik, In: PrJbb, Bd. 81, Juli-September 1895, S. 383-391, insbesonders S.385: „In einer ausgezeichneten kleinen Schrift, einer umgearbeiteten akademischen Antrittsrede ,der Nationalstaat und die Volkswirthschaftspoiltik' hat Professor Max Weber in Freiburg diese Frage auch kürzlich gestreift und ist zu dem Ergebniß gekommen, daß der Jammer der Zeit an dem Mangel einer führenden Klasse liege. Mit vortrefflichen Beobachtungen ist das im Einzelnen ausgeführt." 14 Die Akten im Archiv der heutigen Humboldt-Universität waren dem Herausgeber leider nicht zugänglich. In dem Brlefkonzept Delbrücks (siehe oben, S.231, Editorische Vorbemerkung) heißt es: „Sie [d.h. Alfred Weber] sind durchaus Im Irrtum^ wenn Sie vermuthen^] daß die Ablehnung wesentlich mit auf mein Betreiben erfolgt sei. Im Gegenteil: ich überlegte, ob Ich mich nicht, eben wegen jenes [...] Verhaltens Sombarts gegen mich, meiner Stimme enthalten solle. Aber es Ist gamlcht dazu gekommen. Denn Sie sind wieder vollständig Im Irrtum, daß die prinzipiellen Gründe, wegen derer er abgelehnt wurdej,] nur Vorwand gewesen seien. Die Beschlüsse der Fakultät über die Zulassung von Dozenten und Lehrern andrer Hochschulen^] die bis auf das Jahr 1900 zurückgehen, sind so positiv, daß mir von vornherein in der Fakultät garkein Zweifel war w daß ein Abweichen unmöglich sei. In dem letztgefaßten Beschluß heißt es sogar ausdrücklich],] selbst bei
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Was den Schulze-Gävernitz1 sehen „Imperialismus"15 anlangt, so bin ich insoweit natürlich Deiner Ansicht, als diese Übertreibungen von Ansichten, die ich auch vertrete, in der That notwendig diesen Ansichten selbst schaden müssen, | :so glänzend das Buch ist.: | Ich'
i Das Original bricht hier mit dem Seitenende ab. hervorragend wissensch. oder akad. Tüchtigen dürfte keine Ausnahme gemacht werden. Wenn Schmoller u. Wagner trotzdem noch einen Anlauf machten^ Sombart aus Wohlwollen f. seine Person durchzubringen, so war das so evident statutenwidrig, daß die beiden, so angesehen sie sonst in der Fakultät sind, es nicht einmal zu einer CommissionsVerhandlung bringen konnten. Die Fakultät lehnte vielmehr a limine, ohne in eine Erörterung über Sombarts Person eintreten zu wollen, das Habilitations-Gesuch als prinzipiell unzulässig ab." 15 Schulze-Gaevernitz, Gerhart von, Britischer Imperialismus und englischer Freihandel zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. - Leipzig: Duncker & Humblot 1906.
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Paul S i e b e c k 31. J a n u a r 1907; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446 Bezug: Schreiben Paul Siebecks vom 17. Januar 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit dem Vorschlag einer Neuausgabe der Weberschen Rußlandartikel von 1906.
Heidelberg 31/17 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich habe mir die „Rußland"-Sache nochmals überlegt. Der, von Ihrer Seite ja wirklich sehr generös und freundlich gemeinte, Zweck ist für Sie ja offenbar, für mich die Kosten dieser Hefte weniger fühlbar zu machen. Allein ich habe mich mit dieser Seite der Sache nun einmal abgefunden und würde keinesfalls zu einer Neupublikation die Zustimmung geben, für welche ein Consens von Herrn D r Jaffé nötig wäre. Unbeschadet unsrer freundschaftlichen Beziehungen komme ich doch nicht darüber hinweg, daß er mein Ersuchen im Sommer, die äußere Form in meinem Interesse anders zu gestalten, damals in einer Art als Quantité négligeable behandelt hat, welche ich mir nicht bieten lasse. Folglich geht es nicht an, ihn abermals um etwas anzugehen, was zu konzedieren nach meiner Ansicht seine Pflicht war, was er aber nicht konzediert hat. - 1 Blieben nur die Möglichkeiten: 1) i/marbeitung - geht nicht! Ich kann das jetzt nicht unternehmen. 2) Warten bis zum Ablauf der Frist, also bis zum Hoch-Sommer. Bis dahin könnte ich eine |: kleine :| Ergänzung^ liefern u. dann könnte das Ganze erscheinen. Dagegen hätte ich eventuell nichts, aber ich bin im Zweifel, ob es sich verlohnt. Was denken Sie? Mit freundschaftlicher Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber ^ Commentar der inzwischen erlassenen Gesetze insbesondre.
1 Vgl. M W G 1/10, Einleitung, S.76f.
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Robert M i c h e l s I . F e b r u a r 1907; Heidelberg Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. R o b e r t M i c h e l s , K a p s e l M a x W e b e r , F a s z . 3 5
Heidelberg 1/2 7 Lieber Herr D r Michels, Sie nehmen Ihrerseits die Sache „tragisch". 1 Der Vorfall ändert an unsren Beziehungen ja doch nicht das Geringste, soweit es auf mich ankommt. Aber ich sage: 1) es ist doch eine etwas sonderbare Freundschaftlichkeit, die sich im Eingehen einer Art von „Wette" mit einem Dritten darüber äußert, ob der Freund sich wohl „feige" oder „mutig" zeigen werde. 2) Ich erstaune, wie wenig Sie Sich in meine Lage versetzen. Ich schreibe Ihnen |:s.Z.:| einen für ganz bestimmte Personen bestimmten Brief, 2 und dann |:noch:| einen zweiten,3 wiederum für dieselben Personen bestimmten, die beide Sie betreffen, von denen jeder aber Ihre Lage von einem andren Gesichtspunkt beleuchtete. Für den, der die Lage kennt, sind beide Briefe absolut keine Gegensätze, |:denn beide Gründe für Ihre Übersiedlung nach Italien kamen in Betracht. Auf Ihren Wunsch war das eine Mal nur der eine, das andre Mal nur der andre ins Feld geführt.: | Jetzt stellen Sie Sich aber gefälligst vor, Ihre italienischen Genossen drucken den ersten Brief der „Volksstimme" 4 nach, Ihre künftigen |:italienischen:| Collegen |:dagegen:| haben \:nur: \ den zweiten in Händen. — Ich habe mir den Schluß aus dieser Situation gezogen, daß man Niemandem zu Gefallen etwas thun darf, was |:bei Unbeteiligten: | auch nur den Schein der Zweideutigkeit hervorrufen kann. Ich werde also niemals Jemandem |:wieder:| eine ähnliche (objektiv m. E. absolut unanfechtbare) Gefälligkeit erweisen. -
1 Offensichtlich war Michels ungehalten über Webers Weigerung, seinen Brief betr. Michels' Habilitation veröffentlichen zu lassen. Vgl. Briefe an Michels vom 22. und 24. Jan. 1907, oben, S. 216f. und 221 ff. 2 Brief an Michels vom 27. Nov. 1906, oben, S. 185. 3 Brief an Achllle Loria vom 1. Jan 1907, oben, S. 207. 4 Max Quarck hatte die Absicht gehabt, Webers Schreiben vom 27. Nov. 1906, oben, S. 185, in dem sozialdemokratischen Regionalblatt Frankfurts, „Die Volksstimme", zu veröffentlichen, stieß aber damit bei Weber auf Widerspruch. Vgl. Brief an Michels vom 22. Jan. 1907, Edltorische Vorbemerkung, oben, S.216.
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3) Mein |: (erster): | Brief 5 betonte |: dem Zweck entsprechend: | nachdrücklich, daß nach meinem Ermessen Sie in Deutschland überall scheitern würden. Das ist meine Ansicht. Aber beweisen kann ich sie nicht. Folglich darf ich sie nicht öffentlich aussprechen. Jeder Leser |:aber:|, der diesen 3 Brief in der Zeitung fand b , mußte annehmen, daß ich positive Gründe habe, speziell |:auch:| von meiner hiesigen Universität diese Behauptung auszusprechen. Dazu bin ich |:aber:| nicht in der Lage. Es ist meine „Meinung", daß irgendwo die Sache wahrscheinlich - aber ganz und gar nicht absolut0 sicher - |:schließlich:! auch hier scheitern würde. Höchst wahrscheinlich nicht an den Fachvertretern1', - möglicherweise |:auch:| nicht an der Fakultät, - vielleicht |:auch:| nicht am Senat, - denkbarerweise |:auch:| nicht an der Regierung. Ich würde |:aber:| nicht nur (was mir Nebensache ist) mich äußerst lächerlich machen |:können:|, sondern die Reaktion stärken, wenn |:grade:| ich öffentlich über die Chancen einer hiesigen Habilitation eines Sozialisten etwas Bestimmtes |:zu wissen: | behauptete. Wäre |:wenigstens:| ein „Gegner" da, gegen den ich zu „kämpfen" hätte,-gut, - aberso d wärees ein In e -der-Luft-herum-Fuchteln sinnloser Art ohne jeden Erfolg. Hätten Sie 'mich nun s. Z. gefragt': darf D r Q[uarck] sich darauf beziehen, daß 1) in Preußen der Zustand so u. so ist, 2) in Jena das u. das passiert ist und 3) Herr M[ax] W[eber] dies |:Herrn R[obert] Mfichels] gegenüber:) so und so (bitte: mit jedem Kraftausdruck, den Sie wünschen!) bezeichnet hat? - so war die Sache |:sofort:| in Ordnung. Sie schrieben aber | :ganz einfach: | Qfuarck] wolle den Brief abdrucken^] | :in welchem nicht nur dieses Urteil, sondern auch jene Vermutungen standen.: | Und als ich dagegen Bedenken erhob, erzählten Sie mir |: noch dazu: | Ihre auf meinen „Muth" gemachte Wette (oder wie Sie es |: sonst :| nennen wollen). Dazu habe ich |:nun:| nochmals 4) zu bemerken, daß ich die lächerliche Rolle, von Herrn Q[uarck] |:exceptionell:| „mutig" gefunIch habe jetzt - beiläufig bemerkt - zufällig Grund, das zu sagen. Anders als in zufälligen Gesprächen konnte ich aber aus Gründen, die in persönlichen Beziehungen liegen, über solche Dinge mit den Herren nicht reden.
a den > diesen b findet > fand c O: zweifach unterstrichen, f mir geschrieben > mich nun s. Z. gefragt 5 Siehe oben, Anm. 2.
d (ist)
e Der > In
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den zu werden, |:schon aus Gründen des guten Geschmacks: | ablehne. Es ist einfach „Blech", von „Muth" zu reden, wo ich persönlich |:ja. doch:| nicht das Geringste riskiere. Oder was riskiere ich? oder ein Andrer? Wenn Sie Ad[olph] Wagner, Brentano, H[ans] Delbrück, Treitschke..., - ich bin bereit, Ihnen so viele zu zitieren, daß Sie mit dem Versuch, eine entsprechende Anzahl von „Genossen" ^aufzuzählen:!, die den gleichen „Muth" haben 2) , in arge Verlegenheit kommen sollen - den „Muth" |:ihrer Ansichten:! absprechen, so verzichte ich durchaus darauf, etwas Besseres zu sein. Es ist |:1):| die sachliche Erwägung der Nutzlosigkeit, zur Zeit Versuche zur Änderung, zumal auf dem Wege des Zeitungsprotestes zu machen, |:2):| die sachliche Erwägung, daß man zur Zeit | vermutlich:) lediglich die Festlegung eines praktischen Misbrauchs als „Prinzip" herbeiführen u. damit den Zustand verewigen würde, welche viele Fakultäten |:wahrscheinlich: | veranlassen |:würde:|, zu schweigen |:resp. nichts für Sie zu thun: |[.j Fehlt |:denn nun aber:| diese Art von „Realpolitik" etwa in Ihrer Partei, die doch auf derart gebrechliche „Werthe", wie die Universitäten sie zu pflegen haben, keine Rücksicht zu nehmen hat? Es ist für jeden von uns äußerst billig, |:zumal für mich: |, sich die Krone des Tribunen, auf Kosten der andren Collegen und - der eignen | -.sachlichen:] Berufsinteressen, zu verschaffen! Deshalb lasse ich es, wo es nicht Pflicht ist. Wo ist denn nun derjenige, der, wie Sie schreiben, ,,grinsend(!) der Knebelung der Wissenschaft zuschaut"? Es giebt konservative Fanatiker u. [.politisch:] charakterlose „Regierungsmänner" an den Universitäten |:- letzteres: | wie, | :mutatis mutandis, auch: | in der Führung Ihrer Partei. Und es giebt die törichte Meinung, daß sich die „Verwerflichkeit" der Sozialdemokratie wissenschaftlich „beweisen" lasse u. „bewiesen" sei, im Kreise der Universitäten3^, - wie in Ihrer Partei die Meinung von der 2)
Wie viele sind es denn, die auch nur riskieren würden, öffentlich in einer absoluti0 neutralen Zeitschrift, wie die unsrige es ist, den Mund aufzuthun über die Dinge^j die Sie bei uns behandeln? Und zwar ohne von „Schmach und Schande" zu reden? 3) unter den Laien, zumal den juristischen Collegen, ebenso den Naturwissenschaftlern.
g (unpartei)
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„bürgerlichen" Pseudo-Wissenschaft geduldet und gezüchtet wird. Solche Leute werden a priori gegen jeden Sozialisten sein. Viele Andre aber werden, - durch traurige Erfahrungen gewitzigt! wir haben hier in Baden erlebt, was die Einmischung der Parlamente den Hochschulen und der Freiheit der Wissenschaft bringt!, 6 - der Ansicht sein, daß, um mit Ihren Worten zu reden, „so sublime Kulturfragen" im Wege des „Machtkampfs" in der Öffentlichkeit heute in Deutschland nicht gefördert |:sondern nur gefährdet: | werden können, daß wir froh sein müssen, über die Generation schwarzer Reaktion, die noch vor uns liegt, mit dem Maß von Freiheit, welches wir haben, hinwegzukommen, bis bessere Zeiten kommen; und noch Andre endlich, die Mehrzahl, kümmern sich, |:so lange ihre Freiheit unangetastet bleibt,:| den Teufel um allen derartigen „Kram", bis einmal ein konkreter Fall in ihrem Fach sie über die Situation belehrt. Das Alles ist betrüblich und unschön, - aber ich bin nicht in der Lage, die moralischen Kategorien anzuwenden, die Sie dafür bereit halten. Es freut mich, daß, wie Sie sagen, für D r Q[uarck] WaMnteressen nicht im Spiel waren. 7 Ich habe Ihnen meinen letzten Brief - den zur teilweisen Veröffentlichung bestimmten - mit größter Eile 4) sofort geschrieben, als mir klar wurde, es könne der Anschein entstehen, als wolle ich die Publikation |:meiner Ansichten: | im Interesse bürgerlicher Parteien hintanhalten.h Obwohl ich offiziell parteilos bin, stehe ich diesen allerdings, wie Sie wissen, näher als der heutigen Soz[ial-]Dem[okratie]. Den Ausdruck „Schweineblatt" 8 will ich nicht aufrechterhalten, 4)
die Sie der Form wohl angemerkt haben
h (Dies) 6 Vermutlich bezieht sich Weber hier auf die Auseinandersetzungen in den Badischen Kammern im Jahre 1894, als von Zentrumsseite versucht wurde, eine verstärkte konfessionelle Ausrichtung der Universität Freiburg I. Br. zu erreichen. Vgl. dazu die Stellungnahmen der Vertreter der beiden badischen Universitäten Max Rümelin und Georg Meyer, abgedruckt in: Verhandlungen der Ersten Kammer 1893/94 Protokollheft. Neunzehnte öffentliche Sitzung vom 27. April 1894, S. 2 0 3 - 2 0 8 . 7 Max Quarck war sozialdemokratischer Kandidat im Wahlkreis Frankfurt a. M. Wie die Frankfurter Zeltung ausführlich dokumentierte, führte Quarck einen äußerst erbitterten Wahlkampf, der sich nahezu ausschließlich gegen seinen Hauptkonkurrenten, den Vertreter der Linksliberalen, Rudolf Oeser, richtete. Dies verschärfte sich noch durch den unentschiedenen Wahlgang vom 25. Januar 1907. Bei der daher notwendigen Stichwahl vom 5. Februar 1907 errang Rudolf Oeser dann das Reichstagsmandat. 8 So hatte Weber Im Brief an Gisela Michels-Lindner und Robert Michels vom 30. Jan. 1907 die „Volksstimme" bezeichnet, siehe oben, S. 228.
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da Sie protestieren, denn es ist richtig, daß ich das Blatt nur durch Citate kenne. 9 Sind aber diese etwa unrichtig gewesen? oder genügen sie prima facie nicht für dieses Urteil? Und der „Vorwärts"? Und die letzten Artikel der „Neuen Gesellschaft"? Ich habe die Empfindung, daß jede Chance eines Zusammenarbeitens mit der Soz[ial-]Dem[okratie] für uns geschwunden ist, da mit | :politischen: | Catonen | :schon: | an sich nicht zu kramen ist, und „Gift und Galle" zwar schätzenswerthe Substanzen, aber kein Surrogat für den Enthusiasmus sind. - Ich habe endlich auch nicht angenommen, daß Sie eine „Pression" ausüben wollten, - objektiv lag aber in der Situation eine solche, und dagegen pflege ich stets „sauer" zu reagieren. Ich wiederhole, daß das Alles mit unsren freundschaftlichen Beziehungen nichts zu schaffen hat. - Diese sind bei mir nicht so leicht wandelbar! - Sie fragen |:schließlich direkt,: | ob sich doch in Deutschland die Möglichkeit einer Habilitation für Sie ergeben könne? Ich wiederhole: wahrscheinlich nicht. Wäre ich oder z.B.' |:auch selbst ein Mann wie:| Gothein k Ordinarius in Gießen, dann würde ich sagen: wahrscheinlich | :zur Zeit: | ja. Wie es hier liegt, habe ich nun wohl genugsam soweit ich unterrichtet sein kann - : | angedeutet. Nur die Probe könnte Sicheres ergeben. Ich konnte Sie aus persönlichen Gründen dazu nicht encouragieren. Sie |:aber:| wollten sich, wie Sie mir ausdrücklich mitteilten, der Chance eines nochmaligen „Refus" s.Z. nicht aussetzen. Diese Chance laufen1 Sie natürlich überall (es scheint doch: auch in Italien?) D[omela] Nieuwenhuis ist mir sehr willkommen, 10 ich trete unbedingt für ihn ein u. denke, daß Sombart u. Jaffe keine Schwierigkeiten machen. Freundschaftliche Grüße Ihres Max Weber.
i (|:selbst:|)
k ([etablierter])
I Unsichere Lesung.
9 Offenbar durch Zitate in der Berichterstattung der Frankfurter Zeitung über den Wahlkampf (sieheAnm.7). 10 Ein Artikel von Ferdinand Domela Nieuwenhuis Ist im AfSSp erst 1909 erschienen: Der staatssozialistische Charakter der Sozialdemokratie, ebd., Bd. 28, Heft 1, S. 1 0 1 145.
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Robert Michels 4. Februar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 36
Heidelberg 4/II7 Lieber Herr Doktor Michels, thun Sie, was Sie nicht lassen können! Aber diese „Zornnickelei"1', die da sagt: „nun gar nicht"! überzeugt mich wiederholt, daß ich nicht mit dem mir lieben und werthen „Menschen" Michels, sondern mit dem „Genossen" M[ichels] zu thun habe. Ich habe meine Ansicht über die Sache schon in meinem Art[ikel] über „Rußland" ausgesprochen.1 Davon daß ich „dokumentarische Nachweise" verlangte, um über die Angelegenheit etwas zu sagen, ist also keine Rede 2) . Nur was ich sage, darauf kommt es an, und da bin ich unter keinen Umständen bereit, einzuwilligen,3 etwas, was ich über hiesige |:(Heidelberger oder badische):! Verhältnisse etwa in einem auf Ihren Wunsch geschriebenen Privatbneie geschrieben habe und was nur |:- wenn auch subjektiv sehr wahrscheinliche - : | „Vermutung" sein konnte, öffentlich meinerseits zu vertreten 3 '. Denn ich wiederhole: öffentlich habe ich nur wirkliche Fakta zu vertreten. Daß Sie, den keinerlei Pflichten |:collegialer Art:| gegen die hiesigen Universitäten binden, nicht das geringste Unrecht begehen, 1J
Nehmen Sie den Ausdruck nicht übel! Aber ich verstehe Ihr jetziges Verhalten nun vollends nicht, d.h. nicht anders als in diesem Sinne. 2) Das ist auch eine Argumentation, die der Zorn eingegeben hat, denn b ich glaube, für gewöhnlich würden Sie es misbilligen, den streitigen Punkt durch Karrikierung der Ausführungen des Andren zu umgehen. 3) Es sei denn, wie ich schon schrieb, aus einem konkreten, hiesigen Anlaß oder für einen entscheidend wichtigen, dadurch erreichbaren Zweck.
a In O folgt: daß
b und > denn
1 Weber, Scheinkonstitutionalismus, S.208, Anm.82 (MWG 1/10, S.372, Anm.82). Vgl. Brief an Michels vom 16. Mai 1906, oben, S. 91, Anm. 3.
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wenn Sie als Ihre Ansicht vertreten, daß auch hier wohl voraussichtlich die Sache im letzten Endeffekt schief gehen würde, versteht sich von selbst. |:Dazu genügen die Erfahrungen, die Sie anführen, vollkommen.:! Wenn Sie durchaus nicht einsehen wollen, daß ich, wenn ich Dasselbe thäte, eine Taktlosigkeit und ein Unrecht begehen würde, weil ich |:nun einmal: | die verdammte Pflicht und Schuldigkeit habe, über meine |:hiesigen:| Collegen nichts an die Öffentlichkeit zu bringen, was ich nicht sicher weiß4), - dann sprechen wir an einander vorbei. Ich meinerseits werde | :z. B.: | niemals irgend etwas, was ein Sozialdemokrat mir über seine Partei-Interna gesprächs- oder briefweise mitteilt, öffentlich | :mit Berufung auf ihn: | benutzen, niemals | :aber: | auch dulden, daß Jemand z.B. in meiner Gegenwart Sie als einen „Feigling" bezeichnet (oder Beweise für das Gegenteil verlangt), weil Sie - oder wer immer es sei - |:im Einzelfalle:] nicht bereit sind, in der Öffentlichkeif interne Verhältnisse Ihrer Partei ebenso zu besprechen, wie Sie es |:gegenüber: | einem persönlichen Freunde 5 ', auf dessen Anstand Sie Sich verlassen können, privatim zu thun das Recht haben 6) . Was mich an der Sache empört, ist die tiefe Unkultur, die sich darin ausspricht, daß ein (ich wiederhole: tüchtiger und ehrlicher) Mann wie Quarckd es |:sich:| gar nicht anders vorstellen kann, als daß das Schweigen vieler von uns zu Dingen, die wir nicht ändern können, nicht sachlichen Gründen (die er ja gewiß nicht zu billigen braucht, die auch ich nicht billige |:wie ich schon schrieb:)!) entspringe, sondern der „Feigheit" 7 '. Und was mich 4)
Und weil Jedermann, wenn ich etwas, auch in noch so unbestimmter Form, sage, annehmen muß, ich wissee etwas, während man das von Ihnen eben nicht voraussetzt. 5 > Und ebenso ich den italienischen Collegen gegenüber 6) Daß Sie, wo es GewissenspiWcht wird, die Diskreditierung Ihrer Partei ganz ebenso wenig scheuen würden, wie ich, im gleichen Fall, die Diskreditierung der Universitäten bzw. |:auch:| meiner Spezialcollegen hier, - dies würde ich Ihnen aber a priori nach Ihrer Persönlichkeit auch dann zutrauen, wenn ich nicht die Beweise dafür hätte. 7) oder irgend einem nach der subjektiven Seite verwerflichen oder minderwerthigen Motiv.
c (sich mit derjenigen)
d 0: Quark
e O: zweifach unterstrichen.
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verstimmte, war, daß doch auch Sie Sich immerhin mit dieser Ansicht weitgehend identifizierten. Den Ausdruck „Wette" haben Sie verschuldet - Sie selbst brauchten den Ausdruck: ,,Q[uarck] sagte ,Topp!'" Daß Sie |:bei:| mir die Angst vor einem „Complott" von Ihnen beiden vermuthen, ist mir nicht grade ermutigend. Daß ich gegen ein Citat, wie Ihr jetziger Brief es als s. Z. beabsichtigt wiedergiebt, auch nicht das Geringste zu erinnern gehabt hätte, habe ich schon geschrieben und wiederhole, daß ich es selbstredend auch jetzt nicht hätte. Ihre erste Mitteilung enthielt | :aber: | weder die Anfrage, ob ich gegen diese' Bemerkung etwas hätte, noch überhaupt eine conkrete Begrenzung. Es hieß darin ganz kurz und gut: „D r Quarck 9 hält im Interesse der Bekämpfung der akademischen] Reaktion den Abdruck dieses Briefes für wünschenswerth." Weiterhin folgte die Anfrage: ob es mir „peinlich" sei, wenn „einige Sätze" (welche? wurde nicht gesagt) abgedruckt würden. Ich konnte nur antworten, daß ich zwar bereit sei, jederzeit in jeder Weise meine Ansicht über diesen Punkt zu vertreten, daß ich aber nicht ohne schwerwiegende Gründe freiwillig den Abdruck eines Pnva/briefs 8 ' gestatten könne. Antwort Ihrerseits: |:dem Sinne nach: Der Grund Ihrer Anfrage sei::| Sie hätten Herrn D r Q[uarck] versichert, daß ich gegen diesen Abdruck nichts haben würde, nachdem dieser sein Urteil darüber, ob auch ich der |: generellen:| „Feigheit" der Akademiker huldige, davon abhängig gemacht habe. Ich hatte zunächst einfach |:(dem Sinne nach):| geantwortet: „Herr Quarck h k a n n . . . " (Götz v.Berlichingen!) 9 '. Allein 1) die nähere Nachricht von Schmol8)
Dieses zumal. Ich beziehe mich auf Das, was ich in meinem letzten Brief schrieb. 9) Ebenso würden auch die Universitäten empfinden. Ihre Erwartung, es könne eine von ihnen auf solche Anzapfungen, wie Herr Q[uarck] sie beliebt, mit dem Protest antworten: „nein, wir sind nicht feige, wir nehmen Sozialisten" - und dann: „tant mieux", wie Sie schreiben - hat, wie Sie Sich selbst sagen werden, gar keine Chance. Was in der sozialdemokratfischen] Presse steht, ist ihnen „Wurst". Das ist recht oft recht bedauerlich, aber diese Presse trägt ihren Teil von Schuld daran.
f (nicht)
g O: Quark
h 0 : Quark
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ler's Berliner Rede, 2 2) der mir plötzlich aufsteigende Gedanke, es könne der Anschein entstehen, als ob ich Äußerungen, die vielleicht gegen „bürgerliche" Parteien in der Wahl verwendet werden könnten, deshalb vermeiden wolle, veranlaßten mich, | :den ersten Brief zu zerreißen und:| Ihnen ein „Attest" von, denke ich, wünschenswerthester Deutlichkeit zu schreiben. — „Schwamm drüber"? Keineswegs, Verehrtester, denn diese Dinge müssen zu Ende erörtert werden 10) , denn es ist gar keine gleichgültige, sondern eine prinzipielle Frage, ev. an welchem Punkt (bei Ihnen wie bei mir) die Solidaritätspflicht gegenüber „Genossen" bzw. „Collegen" der Pflicht des öffentlichen | ¡individuellen: | „Bekennens" zu weichen h a t . u ) Ihrer Frau vielen Dank für1 ihren frdl. Brief. Ich schreibe nun zuerst meinerseits an den Collegen Fuchs, 3 gebe dann Nachricht. Mit den freundschaftlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Max Weber. Nachtrag. Eine italienische ,,Genossenschafts"[-] Arbeit Ihrer Frau wäre sicher sehr willkommen. 4 Formal bedarf ich der Zustimmung der Mitherausgeber. Also Definitives erst nach Verständigung! Nach Ihrem Brief werden wir Nieuwenhuis also allerdings erst sachlich prüfen. Aber (auch Namens Jaffe's:) die Person ist uns sehr willkommen! Bitte um Zusendung! Iü)
Besser mündlich! - aber ich weiß nicht, ob und wann ich Sie besuchen könnte. n) Ich wiederhole: mir kann ja gar nichts passieren! Nur für meine Collegen wäre' eine Äußerung von mir über hiesige Verhältnisse natürlich äußerst peinlich und zwar wahrscheinlich ohne daß sie es verdienen.
1 (Ihr[e]) j (die Sache) 2 Vgl. Brief an Gisela Michels-Lindner und Robert Michels vom 30. Jan. 1907, oben, S. 230, A n m . 1 0 . 3 Ein diesbezügliches Schreiben ist im Nl. Carl Johannes Fuchs, UB Tübingen, nicht nachgewiesen. 4 Vgl. Brief an Gisela Michels-Lindner vom 6. Dez. 1906, oben, S. 198f.
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5. Februar 1907 Max Quarck 5. Februar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig Archiv der Sozialen Demokratie Bonn-Bad Godesberg, Nl. Max Quarck
Heidelberg 5/II7 Sehr geehrter Herr Doktor! Eine Mitteilung meines Freundes D r Michels belehrte mich zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß Sie Zweifel darin setzen, ob ich meine ihm gegenüber vertretene Ansicht über die |: jetzige Praxis bei: | Habilitation von Sozialdemokraten bzw. die ihr in Deutschland noch immer bereiteten Schwierigkeiten auch öffentlich vertreten würde, obwohl, selbst wenn ich der ängstlichste Mensch der Welt wäre, schlechterdings nicht abzusehen ist, was ich denn eigentlich dabei riskierel Ich wiederhole daher: ich habe Herrn D r Michels nach seiner Abweisung in Jena1) und später wiederholt geschrieben: daß ich die Ablehnung (oder auch nur Erschwerung) der Habilitation eines Sozialdemokraten, lediglich deshalb, weil er ein 3 solcher ist und als solcher öffentlich hervortritt, als „unvereinbar mit der Freiheit der Lehre", als „einen Hohn" auf diese, als „wenig ehrenvoll für Deutschland", als |:„eine Schande",:| „eine Schmach für ein Culturland" bezeichnet habe und daß ich ^selbstredend: | ganz und gar nichts dagegen zu erinnern finde, wenn Sie, wo und wann immer es Ihnen grade in den Kram paßt, Sich auf diese meine Äußerungen beziehen 2 ). Protestiert habe ich (D r Michels gegenüber) gegen eine Veröffentlichung derjenigen Partien meiner Correspondenz mit ihm (die Ihnen b wenn Sie es wollenb im Original zur Verfügung steht), welche Vermutungen oder „Wahrscheinlichkeiten" über die Chancen einer Habilita(Sie kennen die Sache wohl) *> Ich bin auch bereit, wenn Sie das vorziehen, auf eine von Ihnen ausgehende Anfrage, ob ich das gesagt habe, es in einem an Sie als Redakteur gerichteten Schreiben zu bestätigen, damit durch dessen Publikation jeder Zweifel beseitigt wird. 2
a als > ein
b sonst > wenn Sie es wollen
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tion hier, in Freiburg oder Heidelberg aussprechen. Dies nicht deshalb, weil ich nicht auch das, was ich darüber gesagt habe, im Fall der Notwendigkeit vertreten wollte 3) , sondern deshalb, weil es |:eben doch nur:| Vermutungen sind und ich vor der Öffentlichkeit nur vertreten kann und will, was ich weiß. Ich weiß aber thatsächlich nicht, wie ein Habilitationsgesuch eines Sozialdemokraten hier ablaufen würde, obwohl ich, subjektiv, glaube, daß auch hier (die Habilitation erfolgt, anders als in Preußen, nach Anhörung der Fakultät, durch die Regierung) |:heute noch: | schließlich irgendwie ein „Haken" sich finden würde. Das ist aber eben Privatansicht von mir und die Mitteilung davon ist Privatmitteilung (der Brief an D r M[ichels], der sie enthielt, war |:s.Z.:| auf seinen Wunsch geschrieben und für Prof. Loria = Turin bestimmt). Ohne einen konkreten | ¡hiesigen: | Anlaß oder Zweck wäre die öffentliche Äußerung einer solchen subjektiven Vermutung ein Verstoß gegen den Takt und gegen die Solidarität, die ich den Co liegen so lange schulde, als es nicht Gewissenspflicht ist, darüber hinwegzugehen. Ein solcher Fall liegt | :z. Z.: | nicht vor und ich darf daher die Collegen hier einer öffentlichen Diskreditierung nicht aussetzen helfen. Protestiert habe ich aber ferner gegen Ihre Äußerung über die „Feigheit" der akademischen Dozenten, die mir D r Michels mitteilte. Ich habe keine Lust, auf Kosten von Collegen als Muster von „Muth" zu glänzen. Es ist einfach nicht wahr, daß der Umstand, daß - sehr entgegen meinem Wunsch - Viele von uns zu Dingen, die sie nach Lage der Dinge nicht ändern können, schweigen.0 Ich bezweifle, ob die „Realpolitik", welche dies Schweigen bedingt und die ich, wie ich nachdrücklich betone, \:sachlich:\ für falsch |:und verwerflich:| halte und niemals mitmachen werde, ind unsren Kreisen häufiger auf persönlich verächtliche Motive zurückzuführen ist, als das Sich-Ducken so sehr vieler Ihrer Genossen vor den Parteigewaltigen oder den „Partei-Interessen" oder 3)
Der Sicherheit halber: auch hier „riskiere" ich selbst mit den denkbar schärfsten Äußerungen rein gar nichts,e (auch nicht „gesellschaftlich", da meine Gesundheit mich zu ganz isoliertem Leben zwingt). Nicht persönliche, sondern die elementarsten collegialen Rücksichten verbieten mir', Dinge zu behaupten, die ich nicht beweisen kann.
c Textverderbnis nicht behebbar,
d bei > in
e (da)
f (hier)
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wie Sie es sonst formuliert zu sehen wünschen. Ich würde es auch für Unkultur halten müssen, wenn wir bei aller Schärfe der Meinungsgegensätze und bei aller Rücksichtslosigkeit der öffentlichen Polemik uns als Privatleuten und Persönlichkeiten nicht mehr diejenige Hochachtung 5 entgegenbringen könnten, in welcher ich verbleibe Ihr ergebenster Max Weber
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5. Februar 1907
Gisela Michels-Lindner [am oder nach dem 5. Februar 1907; Heidelberg] Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Fo-Fu Das Schreiben findet sich auf der Rückseite eines Briefes von Carl Johannes Fuchs an Max Weber vom 5. Februar 1907, den dieser, mit eigenhändigen Anmerkungen versehen, gleich weitersandte. Fuchs war für die vom Verein für Sozialpolitik geplante Publikationsreihe über „Munizipalsozialismus" zuständig. Der Brief lautet: „ Da es sich, wenn ich Sie recht verstanden habe, [Zusatz Max Webers: (das ist nicht der Fall. M.W.)] bei der Arbeit der Frau Michels doch nur um einen wenn auch wichtigen Spezialfall des Munizipalsozialismus, eine Gemeindebäckerei, in Italien handelt, nicht etwa um eine zusammenfassende Darstellung über allen Munizipalsozialismus in Italien, so kann ich doch wohl nicht mehr als 1 - 2 Bogen dafür einräumen. Das Honorar beträgt aber pro Bogen 50 Mark. Ich bitte Sie, mir, ehe Sie an die Dame schreiben, mitzuteilen, ob Sie glauben, daß ihr diese Bedingungen genehm sein werden, oder ob die Arbeit vielleicht erweitert werden soll, daß ihr, ohne die Ökonomie des Ganzen zu stören, ein größerer Raum gewährt werden könnte [zwei eigenhändige Vertikalstriche am Blattrand von Max Weber]. Mit der Ablieferung eilt es nicht, nachdem neulich beschlossen worden ist, die Gemeindebetriebe in Magdeburg [Zusatz Max Webers: (Ort der Generalversammlung Im nächsten Herbst. M.W.)] noch nicht zu behandeln: aber bis 1. Juli, spätestens 1. Oktober [Unterstreichung Max Webers] möchte ich das Manuskript doch jedenfalls haben. Vielleicht dauert es der Dame aber jetzt zu lang, bis ihre Arbeit erscheint: sie müßte jedenfalls darauf aufmerksam gemacht werden, daß dies wohl erst im Lauf des nächsten Winters [Unterstreichung Max Webers] der Fall sein wird."
Liebe Frau Doktor! Sie sehen, daß Fuchs bei unsrem Gespräch mich misverstanden hatte. 1 Ich habe ihm sofort geschrieben, daß es sich um eine Arbeit über die „Munizipalisation" in Italien überhaupt handle, für die wir leider in absehbarer Zeit nicht mehr als 254—3 Bogen |:Platz:| haben könnten. 2 5 Ich werde zunächst seine Antwort auf meine Bemerkung, daß Sie 3 unter allen Umständen mehr Raum beanspruchen müßten, da dies ja für uns die einzige Veranlassung sei, in eine Abtretung der Arbeit |:an den V[erein] f[ür] S[ozial-]P[olitik]:| zu willigen, abwarten. Jaffe schreibt mir, daß |:auch:| er mit der Genossenschafts-Arbeit sehr einverstanden 10 sei (Ablieferung also im Herbst, nicht wahr?), daß er aber Schwierigkeia (eben) 1 D.h. auf der Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik am 4. und 5. Januar 1907 in Berlin; vgl. dazu Brief an Gisela Michels-Lindner und Robert Michels vom 30. Jan. 1907, oben, S. 227, Anm.1. 2 Ein diesbezügliches Schreiben ist im Nl. Carl Johannes Fuchs, UB Tübingen, nicht nachgewiesen.
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ten finde, die Bibliographie unterzubringen. Nach Lage der Dinge würde das in der That kaum möglich sein. Jaffe lebte Monate lang in der wie sich immer wieder zeigt, ganz unbegründeten - : | Angst, wir könnten einmal zu wenig Material haben. In dieser Angst hat er eine Masse Aufsätze bindend akzeptiert, die an sich hinter dem Ihrigen an Interesse für uns unbedingt zurückstehen. Aber nun haben wir sie einmal und müssen sie bringen. Und dazu kommt der stete Mangel an Rücksicht seitens fast aller Autoren, - stete Raumüberschreitungen. Kostenpunkt für mich im letzten Jahre: 2000 Mk, und ich bin kein reicher Mann. Vielleicht könnten Sie das Bibliographische, sehr gedrängt, in Citaten unterbringen? Ihrem Mann besten Dank für Nieuwenhuis. 3 Aber das ist ja fürchterlich lang! Und muß übersetzt werden. Ich bitte um N[ieuwenhuis]'s Adresse, um mit ihm in Correspondenz zu treten. Ich habe (dies auch für Ihren Mann) | ¡inzwischen: | D r Quarckb meine |:zwischen Ihrem Mann und mir erörterten: | Äußerungen über die Universitäten behufs beliebiger Benutzung brieflich bestätigt, dabei aber gegen die Unkultur seiner Bemerkungen über die „Feigheit" höflich, aber scharf, protestiert. - Wann ziehen Sie eigentlich um 4 (wegen möglichen Besuchs?) Herzlichen Gruß, auch von meiner Frau, Ihnen beiden. Ihr Max Weber.
b 0 : Quark 3 Es handelt sich vermutlich um den Artikel von Ferdinand Domela Nieuwenhuis: Der staatssozialistische Charakter der Sozialdemokratie, der aber erst zwei Jahre später erschienen ist, in: AfSSp, Bd. 28, Heft 1,1909, S. 1 0 1 - 1 4 5 . 4 Gemeint ist Michels' Umzug von Marburg nach Turin. Aus der Korrespondenz von Michels mit Paul Siebeck (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 235) geht hervor, daß dieser im April 1907 stattfand.
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Lujo Brentano 6. Februar 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 6 9 - 7 0
Heidelberg 6/2 7 Hochverehrter Herr Geheimrath! Ich habe die Sache, da wir sehr gern Ihnen und Ihrem Schützling entgegenkämen, mit Jaffe eingehend diskutiert. 1 Nach dessen Rechnungen würden 15 Bogen Cotta mindestens 11 Bogen „Archiv" ausmachen, | rwahrscheinlich 12—13.: | Selbst ein etwas geringerer Umfang aber würde es für uns unmöglich machen, die Arbeit zu drucken. Das „Archiv" ist z. Z. direkt überfüllt.^ Nur unter eignen (zuweilen sehr erheblichen) pekuniären Opfern können wir im Fall der Aktualität kleinere Aufsätze von 2—3 Bogen einmal in eine Lücke schieben. Aber so große Arbeiten einzufügen ist[,j wenn wir sie nicht aus unsrer Tasche bar bezahlen (wie ich meine russischen Arbeiten, die mich persönlich ca. 2000 M. ko5im!)[,]2 kontraktlich ganz unmöglich. Schon rein räumlich müßte der Verf[asser] gewärtigen, daß er auf 4 Hefte im Zeitraum von 1—5A Jahren verteilt würde, ihm und dem „Archiv" selbst zum Schaden. Ich sehe also zu meinem herzlichen Bedauern und obwohl ich natürlich mich für die Arbeit sehr interessiere, keine Möglichkeit, sie bei uns unterzubringen, von der Schwierigkeit mit den Diagrammen ganz abgesehen. Der Verleger würde uns einfach den Contrakt kündigen, wenn wir die Sache nicht, wie gesagt, baar berappen, - und das kann ich nicht und will und kann auch Jaffe nicht. In diesem Fall können wir also leider nicht, wie wir an sich gern thäten und in andren Fällen, bei kürzeren Arbeiten, gern thun werden, in die Lücke springen.
Es liegen hier bei Jaffe 20 angenommene Manuskripte, = Stoff für 2lA Bände des „Archiv". 1 Bezug nicht nachgewiesen. Es handelt sich Offenbarum die Bitte Brentanos, eine Arbeit eines seiner Schüler im Archiv zu veröffentlichen. 2 Weber hatte sich seinerzeit bereit erklärt, seine „russischen Chroniken" auf eigene Kosten drucken zu lassen. Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Paul Siebeck vom 17. Jan. 1906, oben, S. 22.
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Ich habe noch sehr für die Übersendung Ihres Vortrages zu danken.3 Warum „zur freundlichen] Misbilligung"? Die Frage, was man „Unternehmer" nennt, ist doch Conventionssache, der Vortrag hat doch eine praktische Spitze, und daß ich diese mitmache, versteht sich ja von 5 selbst. Oder geschah es in Erinnerung an meine Bemerkung im Ausschuß des Vfereins] f[ür] Soz[ial-]Politik?2)4 Ich wollte mit der energischen Betonung einer conkreten Meinungsdifferenz doch den empfindlichen Herren dort nur etwas ad oculos demonstrieren, daß Gott sei Dank nicht Jeder so, wie Schmoller, bei jeder Kritik eines Jüngeren die 10 „gekränkte Leberwurst" spielt. Haben Sie Ballod's Attacke auf Sie und Kuczynski gelesen?5 Antwortet Einer von Ihnen? Der Hauptpunkt: daß die Tauglichkeitsziffern ja
2
> Übrigens: die damalige Sitzung hätte uns Frau Lucie Schmoller, .würdige Tochter der edlen Mutter... u.s.w.", 6 schenken können!
3 Der Unternehmer (Vortrag gehalten am 3. Januar 1907 in der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft in Berlin). (Volkswirtschaft!. Zeitfragen, Jg.29, Nr.225, Heft 1). - Berlin: Leonard Simion Nf. 1907. 4 Eine diesbezügliche Bemerkung Webers läßt sich im (sehr knapp gehaltenen) A u s schußprotokoll, British Library of Political and Economic Science, London, Nl. Ignaz Jastrow, Mise. 114, nicht nachweisen; vgl. Brief an Gisela Michels-Llndner und Robert Michels vom 30. Jan. 1907, oben, S. 227, Anm. 1. 5 Gemeint ist die Sammelrezension Carl Ballods über Robert Kuczynski: Ist die Landwirtschaft die wichtigste Grundlage der deutschen Wehrkraft? (Volkswirtschaftliche Zeitfragen, Heft 2 1 3 / 2 1 4 ) . - B e r l i n : Leonard Simion Nf. 1905, und Lujo Brentano, Der Streit über die Grundlage der deutschen Wehrkraft (Sonderabdruck aus „Patria", Jb. der „Hilfe" 1906), in: SchmJb, Bd. 31, Heft 1,1907, S. 3 8 1 - 3 9 3 . Es geht hierbei um eine der großen nationalökonomischen Streitfragen, die seit dem Ende der 90er Jahre insbesondere von Lujo Brentano und Robert Kuczynski auf der einen sowie Max Sering und Carl Ballod auf der anderen Seite ausgetragen wurde. Während Sering und Ballod die relative Wehrdiensttauglichkeit zwischen Land- und Stadtbevölkerung in einem Verhältnis von 3:1 konstatierten, wurde dieser Befund von Brentano und Kuczynski vehement in Frage gestellt. 6 Wahrscheinlich bezieht sich dies auf einen Toast Gustav Schmollers auf seine Frau Lucie Schmoller, die mehr oder weniger regelmäßig an den Ausschußsitzungen teilnahm; eine ähnliche Formulierung findet sich in Schmollers Widmung zu seinem „Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre", I.Teil, 1 . - 3 . A u f l . - Leipzig: Duncker & Humblot 1900, S.V: „Meiner teuren Frau Lucie, dem Stolze und dem Glücke meines Lebens, der treuen Gefährtin meiner Arbeiten, der Enkelin B . G . Nlebuhrs, der würdigen Tochter der edlen Mutter Cornelie Rathgen."
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gar nicht zu brauchen sind, weil sie vom Bedarf abhängen, ist ja gar nicht berührt. 7 Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr stets ergebener Max Weber. Elendes Ergebnis der Reichstagswahlen! 8 Stärkung der |:agrarischen:| Rechten, Majoritätsmöglichkeit der Reaktion |:mit dem Centrum:| selbst gegen die Nationalliberalen und die ganze Linke! Einziger Lichtblick: Naumann, 9 und die Möglichkeit, daß künftig die Sozialdemokratie ihr Maulheldentum ablegt und praktische Politik treibt. Aber ob? -
7 Genau darüber hat sich Brentano in einem Brief an Gustav Schmoller vom 2. Febr. 1907 (ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Gustav v. Schmoller, Nr. 199a, Bl. 86-87) beklagt, daß nämlich sein Nachweis, daß die Tauglichkeitsziffern „absolut untauglich seien für irgendwelche Schlußfolgerungen", gar nicht erwähnt worden sei. „ Das ist aber die Hauptsache. Was nutzt es denn, wenn abermals Erhebungen über die Tauglichkeitsziffern gemacht werden, und die Einstellung der Rekruten so sehr von Zufällen abhängt, wie Ich es dargethan habe! Es kann alsdann nur Unbrauchbares zu Tage kommen. Die Frage des Gesundheitszustandes der verschiedenen Berufe erachte ich für etwas sehr Wichtiges. Aber auf dem Wege der Tauglichkeitsziffern kann man ihr nicht näher kommen, da die Aushebungen des bayerischen Generalstabsarztes selbst keineswegs lediglich durch den Gesundheitszustand des Gestellungspflichtigen bedingt werden. Mit diesem Zugeständniß der obersten Aushebungsbehörde erscheint der ganze Streit über die Ergebnisse der Tauglichkeitsziffern als leeres Strohdreschen. Es wäre wenigstens diese wichtige Aussage zu erwähnen gewesen. Von all' dem aber kein Wort, da ja mit dieser Erkenntniß die ganze Argumentation auf Grund der besseren Tauglichkeitsziffer der Landwirtschaft als noch absurder erscheint, als sie es ohnehin ist." 8 Herausragendes Ergebnis der Reichstagswahlen vom Januar bzw. Februar 1907 war der enorme Mandatsrückgang der Sozialdemokratie von bisher 81 auf nunmehr 43, der allerdings teilweise auf die Eigentümlichkeiten des relativen Mehrheitswahlrechts zurückging, sowie die Stimmengewinne der klassischen Parteien. Konservative 60 (54), Freikonservative 24 (21), Christlich-Soziale 16(11), Nationalliberale 54 (51), Freisinnige Vereinigung 14 (9), Freisinnige Volkspartei 28 (21), Deutsche Volkspartei 7 (6), Zentrum 105 (100), Weifen 1 (6), Polen 20 (16), Dänen 1 (1), Elsaß-Lothringer 7 (9), Sonstige 17 (11). Vgl. Huber, Ernst Rudolf (Hg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. II. - Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz: W. Kohlhammer 1964, S. 536-538. 9 Friedrich Naumann hatte in der Stichwahl vom 5. Februar 1907 den Wahlkreis Heilbronn gegen den Kandidaten des Bundes der Landwirte, Theodor Wolff, gewonnen.
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Robert Michels 7. Februar 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 37
Heidelberg 7/2 7 Lieber Herr Doktor Michels, Zunächst mein herzliches Bedauern, zu hören, daß es Ihnen schlecht geht, - ich hoffe nur die übliche, allerdings recht lästige Influenza. Sodann besten Dank für den Brief Ihrer Frau, ich hatte an Fuchs geschrieben 1 und erwarte Antwort. - Nun zu Ihrem Brief. Ich beeile mich, unumwunden zuzugestehen und zu bedauern, daß es in der That eine Unkorrektheit war, 2 nicht erst bei Ihnen anzufragen, es ist die zweite „Unkorrektheit" (die erste war, daß ich | ¡gedankenlos: | die beiden Briefe an |:bzw. für:| Loria schrieb, von denen jeder nur die Hälfte des vollen Thatbestandes enthielt) 3 und ich muß fürchten, überhaupt nie sehr korrekt zu werden, denn ich habe schon so Manches | :im Leben darin: | pecciert 3 . - Aber: ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie mir die Genehmigung, von Ihren Mitteilungen Quarck b gegenüber Gebrauch zu machen - um die ich, ich wiederhole es, hätte anfragen sollen - nicht hätten verweigern dürfen: die Äußerungen Q[uarck]'s enthielten eine unverschämte Kränkung, bei der ich mich nicht beruhigen konnte, und Sie zeigten Sich in Ihrer Correspondenz mit mir 0 außer stände, mir darin gerecht zu werden und Ihrerseits Q[uarck] d meine Ansicht über seine Anschauungsweise adäquat zu interpretieren, denn Sie verstehen bezw. teilen diese meine Ansichten nun einmal nicht. Ich habe aber das Recht, unter allen Umständen auf eine Kränkung meiner-
a (habe)
b 0 : Quark
C ([uncommod])
d (Dasjenige)
1 Ein diesbezügliches Schreiben ist im Nl. Carl Johannes Fuchs, UB Tübingen, nicht nachgewiesen. 2 Weber hatte ohne Einwilligung von Michels am 5. Febr. 1907 an Max Quarck geschrieben. Siehe oben, S. 247 ff. 3 Briefe an Michels vom 27. Nov. 1906, oben, S. 185, sowie an Achille Loria vom 1. Jan. 1907, oben, S. 207.
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seits zu reagieren 1 ', und Sie durften daher, nachdem Sie dieselbe an mich weiterreferiert hatten, mir nicht abschlagen, daß ich von diesem Recht Gebrauch mache. Nun lassen Sie Sich, bitte, meinen Brief an Q[uarck] schicken und sehen Sie Sich ihn daraufhin an, ob er geeignet ist, Sie als Zwischenträger erscheinen zu lassen. Nach Ihren Briefen sollten Sie mir ja von Ihrer Unterhaltung nach Q[uarck]'s eigner Absicht Mitteilung machen. Ich bezweifle stark, daß er einem „Bürgerlichen" gegenüber seine Äußerungen überhaupt als kränkend zu empfinden in der Lage ist und also |:auch nur daran denken wird:| den mindesten Vorwurf gegen Sie zu erheben. Thut er es, so kann ich sachlich daran nichts ändern 6 und wiederhole: nachdem ich von diesen Äußerungen erfuhr, mußte ich - da Sie meinen Protest Ihrerseits zu vertreten nicht in der Lage waren, meinerseits protestieren. Es handelt sich also um ein formales Versehen von mir, - welches ich gleichwohl bedaure. Genau umgekehrt liegt die Sache mit meinen Briefen. Diese sollen für '„eine breitere f Öffentlichkeit" bestimmt gewesen sein?! Und unter den amtlichen Instanzen (Minister, Schulcommission etc.) verstehen Sie eine 9 „Öffentlichkeit"? - Ja, - dann können wir uns nicht einigen, da ich einen für die Akten einer Behörde | :(oder mehrerer): | bestimmten Brief als das „Privateste" ansehe, was es überhaupt geben kann. Von diesem Brief darf keiner der |:italienischen:| Empfänger Gebrauch machen, ohne sich eines Bruchs der Amtsverschwiegenheit schuldig zu machen, das wissen Sie doch wohl selbst. Daß Sie einem Freunde vertraulich davon Mitteilung machen, daran nehme ich keinerlei Anstoß, habe darüber kein Wort verloren, - sondern wehre mich nur sehr energisch dagegen, daß ich die geringste moralische Pflicht hätte, zu gestatten, daß diese Pnva/äußerungen xax' 8^o/f)v publiziert würden, habe dagegen sofort erklärt, auf meiner ersten Karte, daß ich ja jederzeit in jeder Form bereit sei, mein Urteil über die Dinge, um die es sich handelt, öffentlich ^ Ich erinnere Sie überdies daran, daß eine Bezugnahme auf Q[uarck]'s Äußerungen schon in meinem, für Q[uarck] bestimmten Brief (den Sie Anfangs veröffentlichen wollten!) ausdrücklich enthalten war, mir also weiß Gott nichts ferner liegen konnte als der Gedanke, Ihnen paßte es nicht, daß Q[uarck] von meiner Kenntnis erfahre. Trotzdem: die formale „Correktheit" hätte die Anfrage erfordert!
e (, [dann])
f [die] > „eine breitere
g die > eine
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auszusprechen. Und trotz dieser Erklärung waren Sie „gezwungen", schreiben Sie, mir die Q[uarck]'schen Frechheiten mitzuteilen? Das ist mir unverständlich. Sie konnten h entweder 1) ihm schreiben: ich hatte erklärt, „jederzeit!"1 u.s.w. (wie oben), dagegen könne dieser Brief, als Privatbrief | ¡besondrer Art:|, nach |:meiner Ansicht: | nicht einfach abgedruckt werden, oder 2) mir schreiben: ich beabsichtige nur folgendes abdrucken zu lassen: (wie Sie mir dies erst in Ihrem vorletzten Brief mitteilten, anstatt gleich damals). Statt dessen kam Ihre Postkarte mit Q[uarck]'s Freundlichkeiten 4 und nun allerdings wurde ich „ungemütlich" 2 ', - ungemütlich \:auch:\ darüber, daß Sie seine Bemerkungen |:(über akademische] Lehrer):| anscheinend ganz in Ordnung fanden. Natürlich mache ich Ihnen keinen | ¡sittlichen: | „Vorwurf' aus jener Mitteilung der Q[uarck]'schen Äußerungen, - ' nur mußten Sie Sich gefallen lassen, daß ich entsprechend reagierte. Und ebenso kann ich Ihnen |¡natürlich:| keinen „Vorwurf" daraus machen, daß Sie meine Ansichten über die Solidaritätspflichten den |: hiesigen :| Collegen gegenüber nicht teilen ('deren Schranken ich ja kdeutlich angegeben habe k), - aber Ihr Dissens ist mir natürlich bedauerlich. Daß Sie freilich auf keine Art davon zu überzeugen sind, daß ich} die Sache ansehen mußte, wie ich es that, ist mir schwer verständlich. Sie haben meinen ausdrücklichen Consens dazu, Quarck m zu schreiben, daß ich anerkannt hätte, daß mein direktes Schreiben an ihn nicht „korrekt" gewesen sei. Freundschaftliche Grüße Ihres Max Weber
2
> Mir ist eine solche Situation einerseits: daß ich jene zwei Briefe | :auf Ihren Wunsch: | geschrieben hatte, und andrerseits, |:damit zusammenhängend:! eine solche widerwärtige Erörterung über meinen „Muth" eben" noch nicht vorgekommen. Ich höre nicht gern, wenn Jemand sagt: ich sei feige - aber ebenso wenig Spaß macht es mir, wenn Jemand nötig findet festzustellen: nein! ich sei doch nicht „feige".
h (ihm) i (aber dann) I O: zweifach unterstrichen,
j (Ihr) k andeutete > deutlich angegeben habe m 0 : Quark n Alternative Lesung: aber
4 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Michels vom 22. Jan. 1907, oben, S.216.
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7. Februar
1907
Gisela Michels-Lindner und Robert Michels [am o d e r nach d e m 7. Februar 1 9 0 7 ] ; o . O . Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, NI. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 38 Der Brief befindet sich auf einem Schreiben von Carl Johannes Fuchs an Max Weber vom 7. Februar 1907. Fuchs hatte darin zwar die grundsätzliche Bereitschaft erkennen lassen, einen Beitrag von Gisela Michels-Lindner über italienisches Kommunaiwesen in die Schriften des Vereins für Sozialpolitik aufzunehmen, gleichzeitig aber mitgeteilt, daß der Umfang der Arbelt 3, maximal 5 Bogen nicht überschreiten dürfe. Vgl. dazu auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief Webers an Gisela Michels-Lindner [vom oder nach dem 5. Februar 1907], oben, S. 250.
Liebe Frau Doktor! Was nun? Das Angebot ist etwas mager! Wie denken Sie darüber? Wir können, wie gesagt, Ihnen 3 Bogen einräumen, | : etwas :| mehr |:nur:| dann, wenn Sie uns à discrétion Zeit lassen, was freilich eine starke Verzögerung bedeuten würde. Aber ich bitte, daß Sie Sich stets erinnern, welchen Sinn meine Versuche mit dem V[erein] f[ür] Soz[ial-] Polfitik] hatten. Wir reflektieren, wenn der Verein Ihnen keinen genügenden Platz giebt, jedenfalls auf Ihre Arbeit. Im sachlichen Interesse das muß ich ja zugeben - wäre es Ihrer Arbeit wohl nützlicher, wenn sie in den Vereinspublikationen erschiene. Aber nichts wäre mir unerträglicher als der Gedanke, Sie könnten schließlich auf die Idee kommen, Sie sollten von uns „weggelobt" werden. Zu aller Sicherheit wiederhole ich, daß es nur die peinliche Schwierigkeit ist, in der wir uns z.Z. mit dem Raum befinden, (und die wir auf die schon eingelieferten 3 Arbeiten aus formellen Gründen nicht, auf die Ihres Mannes aus Gründen der eminenten Wichtigkeit der Gegenstände für uns nicht abwälzen können) welche überhaupt mich auf den Gedanken brachte, bim Interesse Ihrer Arbeit und zur Verhütung von Mißstimmung durch Verzögerung der Publikation b Ihnen den Vorschlag zu machen. Bitte entscheiden Sie also ganz frei, was ich F[uchs] schreiben soll. Etwas weiter wird man Ihnen schon ev. noch entgegenkommen. wenden! Für Ihren Mann: daß Q[uarck] nichts in Ihrer Mitteilung an mich finden würde, war mir, wie ich schrieb, unzweifelhaft von Anfang an, so „etepetete" ist er (leider! könnte man nicht selten sagen) keineswegs. An meiner |:formalen:| „Unkorrektheit" ändert das gewiß nicht. Ich a akzeptierten > eingelieferten
b mit F > im Interesse...
Publikation
7. Februar 1907
259
habe sie äußerst reumütig einbekannt, muß aber erneut betonen, daß es sich um Formalitäten handelte, die gewiß \:auch:\ ihr „Recht" haben, aber eben auch nur dieses. Im andren Fall dagegen - und deshalb verschreibe ich darüber so viel Papier - °geht es c für mich nicht etwa um die Feststellung irgend einer mir gegenüber geschehenen „Unkorrektheit", - denn eine solche ist ja gar nicht vorgefallen, - sondern um die nicht unwichtige Frage, wie weit Sie (Herr D r R[obert] M[ichels] |:der Ehemann:]) „Sektierer" sind, dessen „Religion" die Möglichkeit des Verständnisses Anderer ausschließt, und weiter, wie weit ein unbefangener Verkehr mit „Sektierern" möglich ist. Unter einem „unbefangenen" Verkehr verstehe ich einen solchen, bei dem ich genau wie |:z.B.:| irgend einem Collegen gegenüber, mich über, der Öffentlichkeit gegenüber,01 „vertrauliche" Dinge äußern darf, ohne nachher der Vorstellung zu begegnen, die eventuelle 6 Nicht-Vertretung dieser Dinge vor der Öffentlichkeit habe andre als strikt „sachliche" Gründe. Denn daß Sie (Ehemannl) formell „korrekt" bei mir „anfragen" werden, ehe Sie Privatbriefe publizieren, das weiß ich, damit ist mir aber nicht gedient, denn es ist eben „Form". Im vorliegenden Fall gebe ich ohne Weiteres zu, daß mich überdies der Umstand peinlich berührt hat, daß ich eben durch Schreiben der beiden Briefe (speziell des zweiten: meine Frau wird bezeugen, daß ich dies Gefühl schon unmittelbar nach Absendung 'dieses Briefes', den ich, ohne mir Arges zu denken, auf Ihren Wunsch geschrieben hatte) immerhin den Grundsatz verletzt habe, daß man stets den vollen Thatbestand geben soll, nie einen Teil desselben. Ich werde ev. mit Loria darüber korrespondieren, da mir die Sache zu unangenehm ist. Freundschaftlichst M.W.
c Fehlt in 0 ; geht es sinngemäß ergänzt, f des zweiten > dieses Briefes
d (aus T[e])
e „Vertrauli > eventuelle
260
18. Februar
1907
Gisela Michels-Lindner P S t 18. F e b r u a r 1 9 0 7 ; P S t H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. R o b e r t M i c h e l s , K a p s e l M a x W e b e r , F a s z . 3 9 a
Liebe Frau Doktor!
1. Ich habe Fuchs geschrieben 1 und denke, er setzt sich nun mit Ihnen in Verbindung. 2. Nieuwenhuis nehmen wir also natürlich.2 Aber er ist entsetzlich lang. Sind Sie (d. h. Ihr Mann) also wirklich bereit, ihn zu übersetzen? - 5 Ihr Mann bot es an - und dabei zu kürzen? Bitte schreiben Sie (oder Ihr Mann) doch Jaffe darüber. Ich habe Nfieuwenhuis] geschrieben und gedankt, dabei auch gefragt, ob er mit etwas kürzender Übersetzung durch Sie eventuell einverstanden sei. 3 Bis jetzt habe ich keine Antwort. Herzl. Gruß! 10 Max Weber
a
([Sehrve])
1 Dieser Brief ist im Nl. Carl Johannes Fuchs in der ÜB Tübingen nicht nachgewiesen. 2 Vgl. Brief an Gisela Michels-Lindner [vom oder nach dem 5. Febr. 1907], oben, S. 251, Anm.3. 3 Laut Mitteilung von V. Kusmin, dem stellvertretenden Direktor des Zentralen Parteiarchivs der K P d S U in Moskau, an Manfred Schön vom 23. Nov. 1987 findet sich keine Korrespondenz Webers Im Nl. Domela Nieuwenhuis; das einzige Schriftstück von Max Weber im Parteiarchiv ist ein Brief an Wilhelm Liebknecht vom 6. Nov. 1892.
23. Februar 1907
261
Marianne Weber PSt 23. Februar 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Marianne Weber war zur Beerdigung ihrer am 19. Februar 1907 verstorbenen Tante Flora Schnitger nach Lemgo gereist. Sie blieb dort bis Anfang März, um ihrer Tante Marie Schnitger, Schwester der Verstorbenen, beizustehen. Diese hatte sich kurz vor dem Tod der Schwester den Arm gebrochen und war „selbst vorzeitig eine Ruine geworden", wie Marianne Weber im Brief an Helene Weber vom 28. Febr. 1907, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, schrieb. Nach einem Besuch bei den Verwandten in Oerlinghausen kam Marianne Weber am 8. März wieder nach Heidelberg. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. März 1907, ebd. Die Briefe und Karten von Marianne Weber an Max Weber sind nicht nachgewiesen.
Liebe Schnauzel auch heut keine Correkturen. 1 Gestern war „Mokka" Tröltsch 2 hier, Dich besuchen, u. Nachmittags hatte ich Besuch von Else Jaffe und Bäumchen 1}[.]3 Morgen - wenn es mir darnach geht - will ich mal 5 hinauffahren, 4 sie wollten es gern. Michels, die sie auf der Reise besuchen, packen5 schon am 4. März. Hoffentlich geht es mit Tante Marie so, wie Ihr es wünscht. Wäre es denn aber undenkbar, daß sie in Detmold ev. allein wohnte? Es würde ja etwas |:mehr:| kosten, aber das müßte sich doch machen lassen. Natür10 lieh aber ist ja der Stiftsplatz ungleich wünschenswerther. 6 D . h . sie erkundigten sich nach Nachrichten von Dir und Deiner Adresse.
1 Es handelte sich um die Druckfahnen von Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 2 MartaTroeltsch. 3 Marie Baum. 4 Else und Edgar Jaffe wohnten seit September 1906 in einer Villa in der Straße Unter der Schanz, auf der Höhe des Heidelberger Schlosses. Dort wohnte auch Marie Baum, die aus ihrer Stellung als Fabrikinspektorin in Karlsruhe zum 15. Februar 1907 ausgeschieden war, seit Anfang Februar. 5 Robert und Gisela Michels zogen Anfang März 1907 von Marburg nach Turin, wo sich Robert Michels bei Achille Loria habilitieren wollte. Vgl. Brief an Robert Michels vom 27. Nov. 1906, oben, S. 185. 6 Nach dem Tode ihrer Schwester stand für Marie Schnitger neben einem Stiftsplatz in Lemgo die Übersiedlung nach Detmold zur Diskussion, wo ihre Geschwister Hans und Minna Schnitger wohnten.
262
23. Februar 1907
Hier ist heute wundervolles Winterwetter geworden mit klarer Sonne. Hoffentlich habt aIhr es a auch so bei der Beerdigung gehabt. Herzlichste Grüße an die Tante u. Dich Dein Max Die Eingabe 7 ist in Reinschrift nach Mannheim abgegangen nebst Deinem Brief.
a es Euch > Ihr es
7 Die von Marianne Weber der Abteilung Mannheim des Vereins Frauenblldung-Frauenstudium vorgelegte Eingabe bezog sich auf die dienstliche Gleichstellung der weiblichen Fabrikinspektoren mit den männlichen Kollegen in der badischen Fabrikinspektion in Karlsruhe. Die von den badischen Abteilungen des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium gemeinsam mit den Rechtsschutzstellen für Frauen in Baden an das Badische Innenministerium gerichtete Eingabe ist abgedruckt in: Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit, hg. von Helene Lange, Bd. 14, 1906/1907, S. 432-434. An der Formulierung dieser Eingabe hatte Max Weber mitgewirkt. Marianne Weber schrieb in ihrem Brief vom 15. Febr. 1907 an Helene Weber (Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Letzthin waren Max und ich durch eine Aktion für Frl. Dr. Baum sehr in Anspruch genommen. Wir badischen Frauenvereine wollen eine diesbezügliche Eingabe ans Ministerium machen, - Max mußte dabei helfen." Max Weber hatte Marie Baum in ihren Auseinandersetzungen mit dem Amtsvorstand der Fabrikinspektion seit 1906 beraten und in der Sache auch öffentlich Stellung genommen, vgl. Briefe an Marie Baum vom 6. Juli sowie vom 21. und 23. Aug. 1906, Karte vom 23. und Brief vom 27. Jan. 1907, oben, S. 106f„ 145f., 147f„ 218f. und 225f.
263
26. Februar 1907
Marianne Weber 26. Februar 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Heidelberg 26/2 7 Liebe Schnauzel! Auch heute (Dienstag) keine Correktur 1 aber eine 3 Superrevision, die ich direkt erledigte. Lili kommt heut Abend oder Morgen früh hier durch, will sich hier 5 aufhalten. Alfred ist nach Hamburg berufen, 2 - geht aber offenbar nicht hin, sondern bessert sein Gehalt auf (sehr nötig! im letzten Jahr hat Mama ihm 700 M. vorschießen müssen für Bücher!) Sonntag bei Else J[affe] war es nett, da aber ein Gast da war, haben wir wenig allein 10 gesprochen und - „Diskussionen mag ich gar nicht", meinte sie. Jetzt sind sie zu Michels. Es hat sich also richtig eine „Streikbrecherin" (Frl. D r . Bernhard) für die Karlsruher Stelle 3 gefunden. Else Jjaffe] will
a Unsichere Lesung. 1 Gemeint sind die Druckfahnen des Buches Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 2 Für das hamburgische „Vorlesungswesen", den Vorläufer des 1908 geschaffenen Kolonialinstituts, war 1906 eine Professur für Nationalökonomie errichtet worden. Sie wurde 1907 mit Karl Rathgen besetzt, vgl. Melle, Werner von, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891-1921, Bd. 1 H a m b u r g : Broschek 1923, S.410-416. Eine förmliche Berufung von Alfred Weber erwähnt Werner von Melle nicht; es könnte sich um eine Anfrage gehandelt haben. Alfred Weber war schon im April 1904 eine Dozentur im Rahmen der Fortbildungskurse des Vorlesungswesens in Hamburg angeboten worden, die er nach Annahme des Rufes auf ein Ordinariat in Prag abgelehnt hatte, vgl. Brief von Alfred Weber an Helene Weber vom 18. April 1904, BA Koblenz, Nl. Alfred Weber. Er hielt statt dessen eine Reihe von Vorlesungen über Probleme der großindustrlellen Entwicklung vom 4. bis 11. April 1905. Vgl. Oberschulbehörde Hamburg, Verzeichnis der Vorlesungen im Winterhalbjahr 1904/05.-Hamburg: Lütheund Wulff 1904, S.9f. 3 Gemeint ist die Stelle einer Fabrlkinspektorln in Karlsruhe, aus der Marie Baum zum 15. Februar 1907 ausgeschieden war, vgl. Brief an Marie Baum vom 23. Jan. 1907, oben, S. 218f. Margarethe Bernhard erschien Weber insofern als „Streikbrecherin", als er der Meinung war, vor einer grundsätzlichen Regelung der Gleichstellung der weiblichen Beamten dürfe keine neue Fabrikinspektorin eingestellt werden. Vgl. seinen Artikel In der FZ, Nr. 24 vom 24. Jan. 1907, Ab.BI., S. 1 - 2 (MWG I/8). Nachfolgerin von Marie Baum wurde schließlich Elisabeth Munzinger.
264
26. Februar 1907
ihr noch den Kopf waschen, - wahrscheinlich umsonst. Schönsten Dank fürs Briefchen! Hoffentlich geht Alles dort nach Wunsch! Herzlichen Gruß an die Tante 4 und Dich Dein Max Die Eingabe 5 mit den Unterschriften ist noch nicht zurück!
4 Marie Schnitger. 5 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 23. Febr. 1907, oben, S. 262, Anm. 7.
1. März
1907
265
Marianne Weber PSt 1. März 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
L. Schnauzel! Lili reist eben ab. Wir sind gestern in Eberbach gewesen die dortige Anstalt für alle Fälle ansehen 1 u. haben recht nett und vertraulich geplaudert. Sie ist doch ein sehr entwickelter Mensch in vieler Hinsicht. 5 Heute kamen Correkturen. 2 Ich schicke sie heut Nachmittag (Schluß des 4. Capitels). Am 5 ten wollen Michels „für eine Stunde" hier sein. Sonst nichts Neues. Hoffentlich geht dort Alles den Verhältnissen nach gut. Herzliche Grüße an die Tante 3 und Dich. 10 Dein Max Frau Anschütz wollte Dich besuchen. Sonst war Niemand da für Dich. Die Petition 4 ist noch nicht zurück.
1 Vermutlich handelte es sich um die von Dr. Führer geleitete Anstalt für Nervenkranke, die vorsorglich für eine Unterbringung von Karl Schäfer besichtigt wurde. Vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162, Anm. 3. 2 Die Korrekturen betrafen Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 3 Marie Schnltger. 4 Vgl. dazu Karte an Marianne Weber vom 23. Febr. 1907, oben, S.262, Anm. 7.
3. März 1907
266 Robert Michels
PSt 3. März 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz.40
Lieber Herr D r Michels! Wie sehr ich mich freue, Sie beide zu sehen, wissen Sie. Aber ich bin doch verpflichtet zu sagen, daß ich nicht dafür einstehen kann, daß es sich für Sie lohnt, Dienstag zu kommen, da ich mich dieser Tage äußerst schlecht befinde u. nicht weiß, wie es Dienstag ist. Es ist möglich, daß ich s in ganz menschenunmöglichem Zustand bin. Es wäre mir daher fast lieber, Sie machten Sich den zeit- und kostspieligen Umweg nicht, da nun auch meine Frau nicht hier ist, - sie kommt 3 erst Mittwoch A b e n d wieder. Freundschaftl. Gruß! 10 Max Weber
a
(auch)
5. März 1907
267
Oskar Siebeck [vor dem oder am 5. März 1907] ; BK Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Verlagsvermerk: „ 5 . 3 . 07". Weber benutzt eine Visitenkarte, wobei die gedruckte Seite an die Stelle der eigenhändigen Unterzeichnung tritt.
Sehr geehrter Herr Dr. Siebeck! Beifolgender, vom Verfjasser] |:vorher:| angekündigter, Nachtrag zum Manuskript Gärtner (Maiheft des „Archiv") 1 sende ich, da D r Jaffé verreist ist, direkt an Sie mit der Bitte, ihn als Fahne zu drucken und mit 5 den Correkturen an ihn senden zu wollen. Mit hochachtungsvollem Gruß! Professor Max Weber Heidelberg Ziegelhäuserlandstrasse 27
1 Gärtner, Friedrich, Die genossenschaftliche Kreditorganisation des Kleingewerbes und Kleingrundbesitzes in Österreich, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 3,1907, S. 6 3 0 - 6 5 6 .
268
5. oder 6. März 1907
Marianne Weber [5. oder 6. März 1907; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Für den Brief benützt Max Weber die Rückseite eines Briefes von Paula Schmidt, geb. Hausrath, an Max und Marianne Weber vom 5. März 1907; er hat ihn daher frühestens am 5. März, spätestens am 6. März 1907 geschrieben, da Marianne Weber am 8. März wieder in Heidelberg war. Ort erschlossen aus dem Briefinhalt.
Liebe Schnauzel! Hier nichts Neues! Es ist leidlich schönes Wetter, so daß ich etwas auf dem Balkon sitzen kann. Bliebe es doch so! Jellinek ist nun Rektor für den Sommer, sonst scheint nichts zu passieren u. Alles fortzureisen, was Beine hat, - Jaffe's an den Garda-See. Etwas Besondres habe ich eigentlich mit Lili nicht geredet, nur die Art war nett. Wir sprachen von Fritz Wagner, 1 KarlV 2 Freunden, ihrem Verkehr in Neustettin, 3 den Schäfer'schen Familienangelegenheiten, 4 Claras Kindern etc. etc. Die „Problem-Angst" besteht natürlich nach wie vor, sie ist nicht kräftig darin. Liest auch nur, was nicht „auf die Nerven fällt" u.s.w. Herzlichste Grüße Allen dort, 5 - ruh' Dich gut aus. Bertha 6 ist sehr enttäuscht, daß Du nicht kommst. Anbei 2 Briefe. Herzlichst Max
a 0: Karls's 1 Fritz Wagner, Sohn des Nationalökonomen Adolph Wagner, war ein Schulfreund von Alfred Weber und auch mit Karl Weber befreundet. Er hatte sich für Lili Weber interessiert und um sie angehalten. 1904 wurde er zum Priester geweiht und ging als Seelsorgernach Schlesien. 2 Gemeint ist Karl Weber, der Bruder von Max Weber und Lili Schäfer. 3 Hermann Schäfer war seit 1904 Regierungsbaumeister in Neustettin. 4 Vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162, Anm. 3. 5 Gemeint sind die Verwandten in Oerlinghausen, wo sich Marianne Weber in diesen Tagen aufhielt. 6 Bertha Schandau.
7. März 1907
269
Oskar Siebeck 7. März 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Oskar Siebecks vom 5. März 1907, VA Mohr/Siebeck, ebd. Siebeck bezieht sich darin auf eine Mitteilung von Edgar Jaffe, daß Webers Fortsetzungsartikel über das Buch Stammlers „so gut wie fertig" sei, und bittet diesen um möglichst baldige Einsendung des Manuskripts, obgleich es frühestens im Juliheft des Archivs erscheinen könne.
Sehr geehrter Herr Doktor! Es ist leider ein Irrtum, daß mein Mscr. (Stammler-Rezension) „so gut wie fertig" sei.1 Da ich sah, daß kein Platz sein würde, habe ich ganz andre Dinge getrieben. Es wird nicht vor Ende ApriP möglich sein, das 5 Mscr. zu liefern. Mit vorzüglicher Hochachtung Max Weber Heidelberg 7/3 7
a (M) 1 Ein Fortsetzungsartikel ist nie erschienen. Einen Nachtrag veröffentlichte Marlanne Weberin: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 5 5 6 - 5 7 9 (MWG I/7).
270
8. März 1907
Helene Weber [am oder nach dem 8. März 1907; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. März 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446), in dem sie mitteilte, sie sei „vorgestern abend" zurückgekommen; der Ort wurde aus dem Inhalt des Briefes erschlossen.
Liebe Mutter! Unterschreibe nur getrost! Es hat ja von uns Niemand ein Interesse an der Miteigentümerschaft an dem dummen Blatt u. Du bist als Verwalterin der Erbschaft 1 berechtigt, sie abzutreten. Marianne ist wieder hier. Wenn es doch endlich Frühling würde! Der Winter thut mir immer nicht gut, wenn er so endlos ist. Viele Grüße an Alfred. Lili machte mir einen guten Eindruck u. wir haben ganz vertraulich zusammen geplaudert u. über Mancherlei gesprochen: Ihre Kräfte haben ja ihre Schranken, u. deshalb hat sie z.B. wahrscheinlich den Alten nicht in Baden aufgesucht. 2 Ich mochte ihr nicht sagen, daß ich das verkehrt fand, - denn wenn er es erfährt und zumal, daß sie in Baden war, so erregt es sein Mistrauen. Überhaupt kann die Schwester 3 noch Mancherlei einbrocken u. ob sie ohne Entmündigung 4 durchkommen ist auf die Dauer doch leider recht fraglich. Aber daß Du ihnen vorerst ruhig geben kannst, was sie brauchen, hast Du ja wohl aus der Zusammenstellung gesehen, die ich von Alfred5 hatte. Ich schicke die betreffenden] Papiere zugleich zurück. Herzlichst Dein Max
1 Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden. 2 Gemeint ist Karl Schäfer, der sich zu dieser Zeit im Sanatorium Dr. Ebers In BadenBaden aufhielt. Vgl. Personalakte Karl Schäfer, G L A Karlsruhe 235/2455, und Ruhestandsakte Karl Schäfer, G L A Karlsruhe 76/12542. 3 Gemeint ist Marie Hohn, die Schwester von Hermann Schäfer, dem Mann von Lili Schäfer. 4 Angesichts der fortschreitenden Cerebralsklerose von Karl Schäfer hielt Weber dessen Entmündigung für eventuell erforderlich. 5 Alfred Weber verwaltete das Vermögen von Helene Weber.
13. März 1907
271
Oskar Siebeck 13. März PSt 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446
Archiv f . Sozialwissenschaft betreffend^ Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich weiß im Augenblick nicht mehr, ob der Aufsatz von D r Hermann Mauer (über die Verschuldungsgrenze) auch wirklich in das Maiheft 5 gekommen ist u. müßte ev. an D r Jaffe schreiben. 1 Würden Sie mir wohl freundlichst mitteilen, wie die Sache steht? 2 Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber 10 Heidelberg 13/3
1 Es handelt sich um den Artikel von Hermann Mauer, Die Verschuldungsgrenze für Bauerngüter in Preußen (1811-1843), der in: AfSSp, Bd. 24, Heft 3, 1907, S. 547-557, erschienen ist. Ein diesbezüglicher Brief an Edgar Jaffe Ist nicht nachgewiesen. 2 Antwort von Oskar Siebeck vom 14. März 1907 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) mit der Mitteilung, daß nach der Anweisung Edgar Jaffes der Aufsatz von Hermann Mauer an zweiter Stelle im Maiheft des Archivs erscheinen solle.
272
16. März 1907
Oskar Siebeck PSt 16. März 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Archiv f . Sozialwissenschaft Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Herr Ing. Gaertner |: (Wien): | (Artikel im Maiheft)1 erbittet 3 Correkturabzüge, da noch 2 Herren die Correktur mitcontrollieren sollen. Mit bester Empfehlung 5 Prof. Max Weber
1 Es handelt sich um einen Artikel von Friedrich Gärtner für das AfSSp. Vgl. Brief an Oskar Siebeck [vor dem oder am 5. März 1907]; oben, S. 267, Anm. 1.
24. März
1907
273
Paul S i e b e c k 24. M ä r z 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 21. März 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit erneuter Anfrage, die Aufsätze über die protestantische Ethik separat erscheinen zu lassen. Vgl. Brief an Paul Siebeck vom 24. Juli 1906, oben, S. 119.
Heidelberg 24/3 7 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich danke sehr für Ihren freundlichen Brief. Mein wesentliches Bedenken ist jetzt: irgendwann möchte ich die Sache fortsetzen und dann | ¡einmal das Ganze-, | ev. als Buch herausgeben, wenn Sie dazu bereit sind. Wenn nun bis dahin die Auflage nicht verkauft ist, was dann? Dann sind Sie geschädigt. Ich habe die Befürchtung, daß ich mir den Weg dazu, künftig ein wirkliches Buch aus der Sache zu machen, verbarrikadiere, wenn ich jetzt der Td/herausgabe (die nur ein durchgesehener, aber wesentlich unveränderter Abdruck sein könnte) zustimme. Und es ginge auch nicht gut, die Sache jetzt etwa als 1. Lieferung zu bezeichnen. Denn ich würde später vielleicht eine Einführung davor setzen wollen. Bitte schreiben Sie mir über diese Bedenken. Herzlichen Gruß! Ihr Max Weber
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2. April 1907
Robert Michels 2. April 1907; PSt Cadenabbia Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 41 Ort erschlossen aus dem in Fasz. 41 beiliegenden Briefumschlag; Weber gibt als Ortsangabe sein nächstes Feriendomizil an, welches er am 3. April 1908 aufsuchte.
Bellagio Villa Serbelloni 2/47.
Lieber Herr D r Michels Herr T . . . (ich kann den Namen nicht lesen) 1 ist mir herzlich willkommen und ich werde ihm überall nützlich zu sein mich bemühen, wo dies irgend in meiner Macht steht. Den Namen des gloriosen Collegen, der sich so schandbar benommen hat, habe ich ebenfalls nicht lesen können. 2 Natürlich hätte ich Lust mir ihn zu „langen"; - ist dies aber mit den Interessen des Herrn T . . . vereinbar? Denn es würde wohl eine Beleidigungsklage daraus werden (was mir ganz „Wurst" sein kann). Daß viele Professoren Canaillen sind, ist mir aus eigner Erfahrung u. am eignen Leibe gründlich bekannt. Daß mehr Professoren es sind als andre Angehörige einer Zunft (z. B. der Soz[ial-]Dem[okratischen] Partei) bezweif-
1 Vermutlich handelt es sich hierbei um Hans Teschemacher. Robert Michels erwähnt in seinem Aufsatz: Eine syndikalistisch gerichtete Unterströmung im deutschen Sozialismus (1903-1907), erschienen in: Festschrift für Carl Grünberg zum 70. Geburtstag.-Leipzig: Hirschfeld 1932, S. 343-364, einen sozialistischen Studenten dieses Namens, der sich besonders während der Reichstagswahlen 1907 engagiert für die Sozialdemokratie in Marburg eingesetzt hatte. Wahrscheinlich hat der nationalliberale Rechtswissenschaftler Ernst Heymann aus politischen Gründen eine Promotion von Teschemacher in Marburg verhindert. Dieser wurde dann ein knappes halbes Jahr später in Heidelberg bei Georg Jellinek promoviert. 2 Gemeint ist der Marburger Rechtswissenschaftler Ernst Heymann; vgl. Anm. 1 sowie den Brief an Robert Michels vom 20. April 1907, unten, S. 281.
2. April 1907
275
le ich auf das Bestimmteste. Im vorliegenden Fall liegen blöde Parteischeuklappen vor, wie sie, seit der Zeit des Sozialistengesetzes einerseits, der „reaktionären Masse" 3 andrerseits, sicher ebensoviele Professoren wie andre Leute besitzen. Die blamable Erbarmungswürdigkeit 5 des Verhaltens dieses Individuums wird dadurch in nichts gemildert. Aber für Q[uarck]'s These, die ich nach wie vor als frivole Frechheit bezeichne, ist damit nicht das Geringste erwiesen. Ich könnte Ihnen eine Leistung der Mannheimer „Volksstimme" (in Angelegenheiten des Frl. D ' B a u m ) vorlegen, die wesentlich gemeiner, feiger und verlogener 10 ist (Concurrenzfurcht vor den „bürgerlichen" „Frauenrechtlerinnen",4 daher Eintreten für den Schweinehund von Chef der Fabrikinspektion in Karlsruhe). 5 In Eile - damit Sie den Brief noch bekommen Ihr Max Weber Herzl. Grüße Ihrer Frau!
3 Ausdruck der Lassalleaner für jede nicht-proletarische Schicht, sei es Bourgeoisie, sei es Aristokratie. Eingang hat der Terminus in das Gothaer Parteiprogramm der Sozialdemokraten von 1875 gefunden. Dort heißt es, Kap. I, Abschn.4: „Die Befreiung der Arbeit muß das Werk der Arbeiterklasse sein, der gegenüber alle anderen Klassen nur eine reaktionäre Masse sind." Hier zitiert nach Wilhelm Mommsen (Hg.), Deutsche Parteiprogramme. 3. unveränd. Aufl. (Deutsches Handbuch der Politik, Bd. 1). - München: Olzog 1960, S. 313. Zur Geschichte dieses Schlagworts vgl. den Artikel von Franz Mehring, Die Geschichte eines Schlagworts, in: Die Neue Zeit, Jg. 15, Bd. 2, Nr. 43,1896-97, S. 513-517. 4 Artikel nicht ermittelt; das Exemplar der „Volksstimme" im Stadtarchiv Mannheim ist durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. 5 D.h. Karl Bittmann. Zu der Auseinandersetzung Marie Baums mit der badischen Fabrikinspektion vgl. die Briefe und Karten an Marie Baum vom 6. Juli, 21. und 23. Aug. 1906 sowie vom 23., [24.] und 27. Jan. 1907, oben, S. 106,145,147, 218, 220 und 225.
276
2. April 1907
Paul Siebeck 2. April 1907; BK Cadenabbia Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 30. März 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit dem Versuch, die von Weber in seinem Briefe vom 24. März 1907 (oben, S. 273) geäußerten Bedenken gegen eine Separatausgabe der „Protestantischen Ethik" zu zerstreuen. Siebeck schlägt vor, die Artikel als erste Lieferung erscheinen zu lassen und „eine eventuell, dann freilich römisch paginierte Einleitung nebst Titel und Inhaltsverzeichnis erst der zweiten Lieferung bei[zu]fugen."
Hotel Belle Vue Cadenabbia, (Lac de Como) 2/1V 7907 Lieber Herr D r Siebeck! Ich würde dagegen sein, den Aufsatz formell als „1. Lieferung" zu bezeichnen. Vielmehr würde ich lieber in einem kurzen (4 Seiten betragenden) Vorwort klarlegen, daß die Arbeit fortgesetzt werden soll. Ev. würde ich auch am Schluß den Anfang 3 einer Fortsetzung beifügen, welcher in einem s. Z. in der „Christlichen] Welt" publizierten Artikel 1 enthalten ist. Das „Vorwort" wäre zum Fortfallen bestimmt, wenn das Buch fortgesetzt wird. Einige Änderungen und Ergänzungen des jetzt gegebenen Textes sind unvermeidlich. Ich werde sie ev. bald nach meiner Rückkehr vornehmen u. müßte dazu allerdings um je 1 Expl. der beiden Hefte bitten. Wie würden sich denn die Bedingungen einer Separatausgabe stellen? Mit herzlichem Gruß! Ihr ergebenster Max Weber b
Unsre Adresse0 ist von jetzt an: Bellagio, Hotel Villa Serbelloni (pro notfitia] auch für die Revisionsbogen für meine Fraul) a
Alternative Lesung: Anhang
b O: zweifach unterstrichen.
1 Bei dem Artikel handelt es sich um: „Kirchen" und „Sekten" In Nordamerika. Eine kirchen- und sozialpolitische Skizze, erschienen in: Die Christliche Welt, Jg. 20, Nr. 24 vom 14. Juni 1906, Sp. 5 5 8 - 5 6 2 , sowie ebd., Jg. 20, Nr. 25 vom 21. Juni 1906, Sp. 5 7 7 - 5 8 3 (MWG I/9).
2. April 1907
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Helene Weber 2. April 1907; [Cadenabbia] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der Briefkopf trägt die Aufschrift „Hotel Belle Vue, Cadenabbia (Lac de Como)". Diese Angaben sind eigenhändig durchgestrichen und durch die neue Anschrift mit eigenhändiger Unterstreichung ersetzt. Der Schreibort ist Cadenabbia, da die Übersiedlung nach Bellagio erst am 3. April 1907 erfolgte.
Bellagio, Hotel Villa Serbelloni 2/1V 1901 Liebe Mutter! In der Sache mit Schäfer 1 könnte ich nur an den Geh.O.Reg. Rath Böhm schreiben u. ihn fragen, ob überhaupt Fonds für Gnadengehalte u. dgl. existieren u. wohin man sich ev. zu wenden habe. Das könnte ich persönlich u. vertraulich von mir aus thun, u. es schiene mir dies das Richtige. Ich müßte dann Böhm bitten, es auch Hermann 2 gegenüber als vertraulich zu behandeln, daß ich an ihn geschrieben habe. Ich bin nicht ganz sicher, ob | :man: | Lili und Hermann gegenüber so verfahren sollte, d. h. ob sie, wenn sie von meinem Brief etwas erfahren, es etwa übel empfinden würden. Und doch wäre es natürlich besser, ich schriebe nicht als Beauftragter von Hermann, da ich Böhm besser als er kenne und für B[öhm] die Sache weniger peinlich und „geschäftlich" liegt, wenn er nur mit mir zu thun hat. 3 - Was meinst Du dazu? Hermann
1 Angesichts der durch Anstaltskosten und Sanatoriumsaufenthalte eingetretenen finanziellen Notlage von Karl Schäfer (vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162f., Anm. 3 - 6 ) sollte versucht werden, von der badischen Regierung eine Beihilfe zu erhalten. Besonders schwierig war die finanzielle Lage von Marie Hohn, die auch durch Zuwendungen von Helene Weber unterstützt werden mußte, wie Marianne Weber in Ihrem Brief an Helene Weber vom 10. März 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) erwähnt. 2 Hermann Schäfer. 3 Mit Ministerialrat Franz Böhm, dem badischen Hochschulreferenten, war Max Weber in näheren Kontakt gekommen anläßlich seiner Verhandlungen um Entlassung aus dem Hochschuldienst 1903. Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 275.
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2. April 1907
würde 3 doch eben wohl nicht durch mich, sondern selbst sich an B[öhm] wenden wollen, u. ganz begreiflicherweise. 4 Hier ist es noch kühl, jetzt auch bedeckt, - ich wollte, der Frühling käme endlich! Herzliche Grüße von Marianne und mir! 5 Max Von morgen an: Bellagio Hotel Villa Serbelloni
a (aber) 4 Nachdem Hermann Schäfer im Februar 1907 als Generalbevollmächtigter für seinen Vater eingesetzt worden war und ein ärztliches Gutachten die fortschreitende Cerebralsklerose und die Unwahrscheinllchkeit der Fortsetzung der Lehrtätigkeit von Karl Schäfer festgestellt hatte, stellte Hermann Schäfer am 14. Juni 1907 einen Antrag auf Pensionierung von Karl Schäfer und fügte diesem ein Ersuchen um Beihilfe für dessen erwerbsunfähige Kinder Otto Schäfer und Marie Hohn an. Karl Schäfer wurde zum I . O k t o b e r 1907 pensioniert, das Ersuchen um Beihilfe abgelehnt. Vgl. G L A Karlsruhe, Personalakte Karl Schäfer, 235/2455.
13. April 1907
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Paul Siebeck 1 3 . A p r i l i 9 0 7 ; BKBellagio Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 6. April 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit einer Anfrage betr. Neuherausgabe des Handbuchs der Polltischen Ökonomie von Gustav v. Schönberg. Da Hermann Schumacher eine diesbezügliche Anfrage v. Schönbergs vom 20. November 1906 bis dahin nicht beantwortet hatte, was Siebeck als Absage deutete, bittet er Weber um ein Urteil über Adolf Weber als möglichen Hauptherausgeber. „Bernhard (Kiel) steht wol Schmoller zu nahe, als daß er in Betracht käme?" In dem ersten Teil seines Briefes dankt Siebeck für Webers Bereitschaft, eine Separatausgabe der „Protestantischen Ethik" herauszugeben und gibt der Hoffnung Ausdruck, „daß die Verwirklichung dieses Planes noch für diesen Sommer in Aussicht steht." Des weiteren schlägt Slebeck eine Auflage von 1500 Exemplaren sowie ein Honorar von 75 Mk. pro Bogen vor, falls der Umfang von 12 Druckbogen nicht überschritten werde.
Grand Hotel et de Bellagio et a Hotel Villa Serbellonia | : (nur bis Montag noch ! ) : | Bellagio (Lac de Come) 13/IV 7 Hochverehrter Herr D r Siebeck! 5 Über A[dolf] Weber wird weit besser als ich Dr Jaffé Auskunft geben können. 1 Als Adlatus mag er ja in Betracht kommen, als präsumtiver Thronfolger denn b doch wohl kaum. Bernhard ist gescheidt und geschickt, könnte wohl in Frage kommen. Die „Richtung" entspricht etwa der Schönberg's. io Aber daß Schumacher nicht geantwortet hat, ist doch nur Folge seiner Abwesenheit in Amerika („Professoren-Austausch", dann „Studienreise"). 2 Mahnen Sie ihn doch noch einmal, auf Schönberg's Brief zu
a Unterstreichung eigenhändig,
b Alternative Lesung: dann
1 In seiner Antwort vom 18. April 1907 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) berichtet Paul Siebeck von einem Gespräch seines Sohnes mit Edgar Jaffé, in welchem dieser Ludwig Bernhard im Vergleich mit Adolf Weber für einen weitaus geeigneteren Neuherausgeber einstufte. 2 Der Bonner Nationalökonom Hermann Schumacher hatte im Wintersemester 1906/07 eine Austauschprofessur an der Columbia University in New York inne. Tatsächlich hat Schumacher erst nach seiner Rückkehr nach Bonn am 15. Mai 1907 (maschinenschriftliche Abschrift in : VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 238) auf v. Schönbergs Schreiben vom November 1906 mit einer definitiven Absage geantwortet.
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13. April
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antworten. Er ist der unbedingt Geeignetste. Ich weiß nicht, ob Sie an Diehl als Möglichkeit gedacht haben? Einer der wenigen guten Theoretiker. A ußerhalb der Theorie mit eignen Leistungen nicht stark .Aber sehr anständig, conziliant, sorgsam. Er wäre vielleicht, wenn Schumacher] nicht will, noch geeigneter als Bernhard. 5 Mit Ihren Bedingungen bin ich einverstanden. Bezüglich der Beifügung des Artikels aus der „Christlichen] W[elt]" geben Sie mir wohl Freiheit? 3 Ich muß sehen, ob ich ihn passend umarbeiten kann, so daß er den eventl. weiteren Gang des Buches nicht stört. Jaffe schreibt, Sie kämen dieser Tage nach Heidelberg. Ich habe also ic wieder das Pech, Sie zu verfehlen, da ich erst Mittwoch komme. Herzlichen Gruß! Max Weber
3 Brief Paul Siebecks vom 18. April 1907, ebd.: „Bezüglich der Beifügung des Artikels aus der .Christlichen Welt' lasse ich Ihnen gern volle Freiheit."
20. April 1907
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Robert Michels PSt 20. April 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 42
Lieber Herr D r Michels, wir sind nun schon daheim. Der Frühling kam absolut nicht u. es ging mir anhaltend nicht besser. Daher konnte von Turin keine Rede sein. Altre volte! vielleicht im Herbst. Ich scheue Turin etwas, - es ist belastet mit ungünstigen Assoziationen: die große unüberbrückbare Kluft zwischen Kranken u. Gesunden wurde mir, trotz allen Reizes der Dinge u. der unendlich liebenswürdigen Menschen dort mir s. Z. wieder so ad oculos klar und strapazierte mich psychisch, ohne daß Sie beide es damals Gott sei Dank merkten! Grüßen Sie Loria, Herrn Casalini, den Arzt (wie hieß er doch?) 1 u. die schöne Stadt u. seien Sie dort recht glücklich. - Bitte schreiben Sie über die Sache des Herrn T . . . (ich sah ihn noch nicht) wie Sie in Aussicht stellten. 2 (Das Verhalten des Herrn Heymann hat hier die größte Sensation hervorgerufen u. wird unglaublich gefunden). 3 Ich schreibe dieser Tage an Ihre Frau. 4 Fuchs sagte mir, daß sein Comittee wegen des Umfangs Schwierigkeiten mache. Dann reflektieren wir natürlich auf die Arbeit. 5 Herzl. Grüße Ihres M.W.
1 Gemeint ist wahrscheinlich Giulio Casalini. 2 Gemeint ist wahrscheinlich Hans Teschemacher; vgl. Brief an Michels vom 2. April 1907, oben, S. 274, Anm. 1. 3 Vgl. den Brief an Robert Michels vom 2. April 1907, oben, S. 274. 4 Brief im AFLE, Turin, nicht nachgewiesen. 5 Vgl. den Brief an Gisela Michels-Lindner vom 6. Dez. 1906, oben, S. 198, Anm. 2.
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22. April 1907
Clara Mommsen 22. April 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 23, Bl. 3 9 - 4 0
Heidelberg 22/4 7 Liebe Clara! Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Brief und antworte nur gleich auf Deine Bemerkung bezüglich des Hauskaufs. Ich mische mich nie in Alfreds, so viel ich sehe, vorzügliche Vermögensverwaltung für Mama, u. habe nur im Februar, wegen Lili's Interessen, mich über den Stand der Dinge orientieren lassen, - deshalb weiß ich zur Zeit einigermaßen Bescheid. Ich würde mich, käme je ein Hauskauf für uns in Betracht 1 ', keinen Moment besinnen, Mama und Alfred zu fragen, ob die Hergabe von Kapital zu diesem Zweck möglich sei, und freue mich, daß Ihr es auch thut. Ob es dann möglich ist und unter welchen Bedingungen, darüber muß man sich 3 eben freundschaftlich unter Berücksichtigung aller Interessen jeweilig verständigen. Ich meine, daß das auch diesmal nicht schwer fallen kann. Alfred wird Euch mitgeteilt haben, daß ich glaube, daß jedenfalls die Hergabe von 25000Mk. zu 3'/4% ganz unbedenklich möglich ist. Unter normalen Verhältnissen würde ich vorschlagen schon jetzt noch mehr und zu einem niedrigeren Zins für Dich unter Anrechnung auf Dein Erbteil abzuschichten b , oder auf Zinsen ganz zu verzichten. Aber die Lage ist zur Zeit c nicht ganz normal. Die Schäfer-Angelegenheit 1 ist höchst bedenklich u. in ihren Consequenzen unabsehbar, und Lili muß bei dem niedrigen Einkommen mit dem sie sich sehr wacker und redlich durchschlagen, jetzt doch vor |:uns:| Allen ein Anspruch auf Berücksichtigung zugestanden werden, - was sicher auch Eurer Ansicht entspricht. Unsicher ist auch, wie es mit Karl stehen wird, was nie der Fall sein wird!
1 Vgl. Briefe an Helene Weber vom 2. April 1907, oben, S.277, Anm.1, sowie vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162, Anm. 3.
22. April
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wenn er sich wirklich habilitiert u. also nach Berlin kommt. 2 Leider ist auch nicht ganz sicher, wie es mit uns steht. Im vorigen Jahr, als unsre Klinger's noch nicht verkauft waren, 3 habe ich Mama um einen Zuschuß gebeten: sonst hätten wir nicht reisen können u. leider ist dies kostspieli5 ge Vergnügen das Einzige, was mir zu helfen pflegt. Dies Jahr und nächstes brauchen wir nichts. Aber der endlose Winter hat mir so mitgespielt, daß ich für längere Zeit wieder nichts verdienen werde, folglich wird spätestens 1908, vielleicht schon Herbst 1907 sich die Notwendigkeit wahrscheinlich wiederholen; wenn ich dies Jahr oft ge10 nötigt bin fortzugehen. - Aus Ernst's 4 Brief schien mir hervorzugehen, daß Euch für jetzt mit der genannten Summe jedenfalls geholfen wäre, und so weit ich Eure Situation kenne, könnt Ihr die Zinsen zahlen. Genügt es jetzt |:dennoch:| nicht, oder geht es Euch |:künftig:| etwa was Gott verhüte! - einmal ernstlich schlecht in Bezug auf den „Mam15 mon", - nun! dann habe ich das Vertrauen, daß Ihr uns das nicht verschweigt; man verständigt sich dann eben auf andrer Basis von Neuem. Für die fernere Zukunft, insbesondere für Eure Kinder, liegt ja doch eine große Sicherheit darin, daß (vorerst) nur Du und Lili Kinder haben: 20 ein großer Teil des Familienvermögens fällt also dann doch später von all uns andren Geschwistern an diese Kinder zurück. 2) Also handelt es sich ja doch nur darum, jetzt für einige Zeit über die Schwierigkeiten, die dieser Hauskauf, über den ich mich herzlich freue, vielleicht mit sich bringt, hinwegzukommen. Das meine ich, wird Euch gelingen, da man 25 doch Gott sei Dank vorerst auf Emsts Arbeitsfähigkeit rechnen darf. Wie wir uns arrangieren, wenn |:etwa:| einmal ernstliche Schwierigkeiten eintreten sollten, darüber wollen wir uns, meine ich, jetzt nicht den Kopf zerbrechen: es wird immer möglich sein, ein Abkommen zu tref2)
Wir haben dafür, für alle Fälle, schon jetzt vor einiger Zeit, | :auch 30 ausdrücklich: | testamentarisch gesorgt. 2 Karl Weber war als Regierungsbaumelster mit der Restaurierung der Schloßkirche in Dobrilugk beauftragt und beabsichtigte, nach Berlin umzuziehen, um seine Habilitation einzuleiten. Bevor es dazu kam, erhielt er einen Ruf an die Technische Hochschule Danzig und wurde zum 1. Oktober 1907 zum etatmäßigen Professor für mittelalterliche Baukunst ernannt. Vgl. zur Berufung von Karl Weber ZStA Merseburg, Rep.76 Vb, Sekt. 10, Tit. III, Nr. 2, Bd. 1, Bl. 2 5 6 - 2 7 7 a . 3 Vgl. Brief an Helene Weber vom 16. März 1906, oben, S.52. 4 Ernst Mommsen.
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22. April 1907
fen. Die Überschüsse des Familienvermögens sind ja nicht dazu da, auf die hohe Kante gelegt zu werden. Nur jetzt schien es mir richtig, wegen Schäfers möglichst vorsichtig vorzugehen, und deshalb empfahl ich Alfred, Euch zu fragen, ob Ihr Euch mit jenem Vorschlag einverstanden erklären könnt. Hoffentlich kommt nun kein Hindernis, das wäre wirk- 5 lieh recht bedauerlich. Herzlichste Grüße, auch von Marianne, an Euch Beide Dein alter Max
29. April 1907
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Oskar Siebeck 29. April 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Oskar Siebecks vom 27. April 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit einem mitgeschickten Stoffverteilungsplan für das projektierte Handwörterbuch „Religion in Geschichte und Gegenwart". Max und Marianne Weber sollten die Herausgabe der Abteilung „Gesellschaft" übernehmen.
Heidelberg 29/4 7 Sehr geehrter Herr Doktor! In Beantwortung Ihres gefl. Schreibens sende ich Ihnen anbei 3 das „Schema" zurück mit Vorschlägen über die Verteilung der einzelnen13 Artikel unter geeignete Bearbeiter. 1 Zu weiterer Auskunft bin ich ebensowie meine Frau - gern jederzeit bereit. Ich habe - für alle Fälle auch außerhalb der Abteilung „Gesellschaft" Vorschläge beigefügt, 2 da es ja nicht sicher ist, ob die in Aussicht genommenen Persönlichkeiten Ihren Auftrag annehmen werden. Sie wissen ja wie es mit uns steht. Meine Arbeitskraft ist ganz unsicher. Ich werde suchen, die „Protestantische] Ethik" für die Sonderausgabe fertig zu machen 3 u. e[ine] Antikritik für das Juliheft des „Archiv" . 4 Ob es zu mehr reichen wird, ist sehr fraglich. Meine Frau ist sehr ermüdet u. auch recht stark belastet. Wo irgend Sie mit den Vorschlägen nicht übereinstimmen, oder wo Jemand Ihnen eine Absage giebt, stehe ich zu weiterer Erörterung stets zur Verfügung. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber a Randbemerkung Max Webers: als Drucksache
b 0:einzelen
1 Die entsprechenden Vorschläge Webers sind In der Korrespondenz mit Slebeck nicht mehr nachzuweisen. 2 Vgl. Anm. 1. 3 Vgl. Brief an Paul Siebeck vom 13. April 1907, oben, S.279f. 4 Gemeint ist der Artikel: Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen", die in: AfSSp, Bd.25, Heft 1, 1907, S.243-249 (MWG I/9), erschienen ist; Webers Replik gilt dem Beitrag von Karl Fischer, Kritische Beiträge zu Prof. M.Webers Abhandlung: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus", ebd., S. 232-242.
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1. Mai 1907
Richard Graf Du Moulin-Eckart 1. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BayHStA München, MK 19565 Die folgende Korrespondenz mit Richard Du Moulin-Eckart vom 1., 4. und 29. Mai sowie vom 1 .Juni 1907 steht im Zusammenhang mit der Neubesetzung des Lehrstuhls für Nationalökonomie an der TH München, dessen bisheriger Inhaber, Karl Haushofer, am 9. April 1907 verstorben war. Wie aus der umfangreichen Korrespondenz Im BayHStA München, MK 19565, hervorgeht, hat sich Du Moulin-Eckart, der als Referent der Berufungskommission fungierte, zunächst an Max Weber gewandt, den er noch aus seiner Zeit als Privatdozent in Heidelberg kannte. Webers umfangreiche gutachtliche Äußerung vom 4. Mai 1907 (siehe unten, S.287ff.) hat - so scheint es - den weiteren Gang der Berufungsereignisse wesentlich präjudiziell. Gerade die von Weber besonders hervorgehobenen Werner Wittich sowie Friedrich Gottl erscheinen In der Berufungsliste vom 4. Oktober 1907 an erster Stelle. Den Ruf erhielt dann Werner Wittich, der nach längeren Verhandlungen aber ablehnte. Der weitere Verlauf der Berufungsverhandlungen läßt sich nicht genau dokumentarisch rekonstruieren, da die entsprechende Akte Im BayHStA für das Jahr 1908 nicht vorliegt, aber es ist anzunehmen, daß sich das Ministerium daraufhin an Friedrich Gottl wandte, der den Ruf an die TH im Jahre 1908 annahm.
Heidelberg Ziegelh. Landstr. 27 1/V7 Lieber u. verehrter College! Könnten Sie mir nicht, - da, wie Sie schreiben, um die Stelle „Sturm 5 gelaufen" wird, - einmal andeuten, was für Leute (nach Alter u. Geldansprüchen) Sie haben können, wenn Sie wollen? Das erleichtert die Antwort sehr. Inzwischen überlege ich und werde Ihnen dann umgehend möglichst gewissenhaft ein Gutachten abstatten. Mit besten Empfehlungen von 10 Haus zu Haus Ihr stets ergebenster Max Weber Welch ein Pseudo-Frühling!3
a Unsichere Lesung.
4. Mai 1907
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Richard Graf Du Moulin-Eckart 4. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BayHStA München, MK 19565
Heidelberg 4/V 7 Sehr verehrter Herr College! Da Sie in Ihrem frdl. Briefe Ihrerseits erwähnen, daß für die Herren Huber u. Biermann eingetreten werde, so gestatte ich mir |:zunächst:| bezüglich dieser zu bemerken: Prof. Huber genießt, soviel ich weiß, in Stuttgart allgemeiner Schätzung.1 Seine Produktivität ist allerdings nicht groß 2 und - was wichtiger ist - seine Leistungen zeichnen sich auch nicht durch Eigenart und Tiefe aus, obwohl sie andrerseits im großen und ganzen als einwandsfrei und leidlich brauchbar bezeichnet werden können. Er ist - das wird, glaube ich, wohl die communis opinio sein mit einem etwas starken „Stich ins Unbedeutende" versehen, sonst aber m. W. ein sympathischer und brauchbarer Mann. Erheblich ungünstiger muß ich D r Biermann beurteilen. Es ist mir dies Jemandem gegenüber, der, wie er, wahrscheinlich persönlich ein ganz guter Kerl und eifriger Ideologe ist, nicht angenehm^] Aber er ist eben doch ein gar zu erbärmlich schlechter Musikant. Und - was das Schlimme ist - dabei ungemein von sich überzeugt und durch den sehr sicheren Ton, in dem er seine Sachen vorträgt, und journalistische Glätte der Diktion für den Mc/ii-Fachmann leicht bestechend. Ich bin in der unangenehmen Lage gewesen, mich eingehender mit seinen Arbeiten beschäftigen zu müssen und werde auch (wie schon gelegentlich) 3 noch
1 Franz C. Huber war Professor an der TH Stuttgart und Sekretär der dortigen Handelskammer. 2 Immerhin verzeichnet „Wer ist's", 4.Aufl. - Leipzig: H.A. Ludwig Degener 1909, S. 627, für den Zeltraum 1885-1906 nicht weniger als 11 Arbelten. 3 Siehe Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. (Dritter Artikel). II. Knies und das Irrationalitätsproblem. (Fortsetzung), in: SchmJb, Jg.30, Heft 1, 1906, S.81-120 (MWG I/7); Webers Kritik an Biermanns Arbelten ebd., S. 102-103, Anm. 1.
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öffentlich auf sie zu sprechen kommen 1 '. Sie sind schlechthin nirgends gründlich und methodisch gearbeitet, seine „philosophischen" und „methodologischen" Velleitäten sind, sobald man die Materie kennt, einfach nicht ernst zu nehmen, seine „Vorträge" über „Sozialismus u. Anarchismus" ebenso wie seine Antrittsrede 4 sind wahre Muster von Liederlichkeit des Arbeitens und Denkens, - Alles für den Laien notdürftig verdeckt durch Leitartikel - Sicherheit. Sein Buch über Staat und Wirtschaft (oder wie der Titel, den ich im Moment nicht mehr genau gegenwärtig habe, heißt) 5 reitet auf einigen von Stammler erlernten Kategorien herum und giebt so, wie es ist, keinerlei adäquates Bild der Probleme 3 , von denen es handelt. Dabei ist er möglicherweise gar nicht unbegabt, und wenn ihm, wie in einem Mönchsorden, 5—8 Jahre absoluten Schweigens auferlegt würden, so könnte er vielleicht die klaffenden Lücken seiner Methodik ausfüllen, bescheidener, sachlicher und gründlicher werden und dann etwas ganz Gutes leisten. So aber, wie er ist, ist er leider - bei allem seinem guten Willen und, wie ich nicht zweifle, ganz aufrichtigen Idealismus - doch eine recht bedauerliche und etwas lächerliche Erscheinung. Ich kann mir nicht denken, daß ernste Gelehrte, die seine Arbeiten kennen, außerhalb des spezifischen Hallenser Kreises 6 1}
Der Sicherheit halber bemerke ich, daß Biermann mir litterarisch b nicht etwa etwas zu Leide gethan hat. Im Gegenteil, er zensurierte in seiner albernen Art Arbeiten von mir |:- die er gar nicht beurteilen kann als „glänzend" etc. 7 Ich konnte leider nicht Gleiches mit Gleichem vergelten.
a Dinge > Probleme
b (nichts)
4 Biermann, Wilhelm Eduard, Anarchismus und Kommunismus. 6 Volkshochschulvorträge. - Leipzig: Deichert 1906; sowie ders., Die Lehre von der Produktion und ihrem Zusammenhang mit der Wert-, Preis- und Einkommenslehre. Probevorlesung, geh. am 6. VII. 1904 an der Universität Leipzig. - Leipzig: Roth & Schunke 1904. 5 Ders., Staat und Wirtschaft. Bd. 1: Die Anschauungen des ökonomischen Individualism u s . - Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht 1904. 6 Gemeint ist der Kreis um den Rechtstheoretiker Rudolf Stammler. 7 Biermann, Wilhelm Eduard, Sozialwissenschaft, Geschichte und Naturwissenschaft, in: JbbNSt, Bd. 83, 1904, S. 592-607, insbes. S.605: „Auch die .Historiker' unseres Faches, z.B. Roscher (wie Max Webers meisterhafte Zeichnung gezeigt hat) [...]", sowie ders., Die Sozialphilosophie in der neuesten Literatur, II, ebd., Bd. 86,1906, S. 656-671, insbes. S.667f. über Ludo Moritz Hartmanns Schrift „Über historische Entwickelung": „ Leider konnte eine Auseinandersetzung mit Max Webers geistvollen Ausführungen über das Irrationalitätsproblem nicht mehr gegeben werden."
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(und Stieda's, der ihn gegen Bücher's Ansicht 0 - wie dieser mir sagte 2 ' |:in Leipzig:| habilitiert hat), anders als ich urteilen werden, es sei denn in der Form. Aber ich glaubte deutlich sein zu sollen. Für die Beurteilung, wer für Sie in Frage kommen könnte, wäre esnun wichtig, zu wissen, ob Judentum ein absoluter Ausschließungsgrund sein muß. Denn leider sind einige der allerintelligentesten Leute der jüngeren Generation jüdischer Abstammung. Ich zähle einige solche | :lieber: | gleich hier Anfangs auf:8 so D r B[iermann]'s älterer und unvergleichlich bedeutenderer Leipziger College Franz Eulenburg (Hauptleistungen auf dem Gebiet der Statistik, Bevölkerungs- und Lohnstatistik, Methodologie der Statistik, Xmmtheorie, allgemeine soziologische Fragen, -
2)
Bücher enthielt sich |:m. W.:| der Abstimmung. 9 Vielleicht fragen Sie ihn einmal nach B[iermann]? Er ist sehr gerecht, und wenn er seine Ansicht inzwischen modifiziert hat, wird er es sicher sagen, sonst aber sich entsprechend reserviert ausdrücken. 10
C Protest > Ansicht
8 Zu der getrennten Berufungsliste von Juden und Nicht-Juden vgl. Honigsheim, Paul, Max Weber in Heidelberg, in: Max Weber zum Gedächtnis. Materialien und Dokumente zur Bewertung von Werk und Persönlichkeit, hg. von René König und Johannes Winckelmann. - Köln und Opladen: Westdeutscher Verlag 1963 (KZSS Sonderheft 7), S. 161 - 2 7 1 ; siehe das charakteristische Weberzitat, ebd., S. 172: „Ich gelte als etwas außerhalb des Universitätsbetriebs stehend. Deshalb werde Ich gelegentlich um Gutachten für Lehrkanzelbesetzungen angegangen. Ich habe dann gelegentlich statt einer zwei Listen eingesandt und dazu geschrieben: Die erste Liste enthält nur Namen von drei Israeliten, die zweite verzeichnet drei Nicht-Semiten; der Mann, der an der dritten Stelle der Judenliste vermerkt ist, steht noch über dem, der an erster Stelle auf der Nichtjudenliste verzeichnet ist. Ich weiß natürlich ganz genau, daß Sie sich trotzdem einen von der Nichtjudenliste auswählen werden!" 9 In Wirklichkeit gehörte Karl Bücher 1904 der Kommission an, die die eingereichte Habilitationsschrift von Wilhelm Eduard Biermann zu begutachten hatte. In seinem Gutachten vom 14. Mai 1904 stimmte Bücher, bei aller Kritik im einzelnen an der eingereichten Schrift, dem weiteren Habilitationsvorgang ohne weiteres zu. Siehe Personalakte Biermann, UA Leipzig, PA 317. 10 Tatsächlich hat sich Graf Du Moulin-Eckart am 27. Mai 1907 an Karl Bücher gewandt (UB Leipzig, NI. 181: Karl Bücher). In seiner Antwort vom 30. Mai 1908 (BayHStA München, MK 19565), in welcher sich Bücher sehr positiv über Franz Eulenburg äußert, heißt es dann über Biermann: „ Über Herrn Dr. Biermann muß ich jede Äußerung ablehnen. "
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z. Z. steht eine große Arbeit von ihm darüber bevor) 11 , Prof. extr. (mit Lehrauftrag), den ich für einen der tüchtigsten und leistungsfähigsten Leute |:auf unsrem Gebiete: | überhaupt halte. Aber wie gesagt: er ist |: (nach Abstammung): | Jude. Hindert das nicht absolut, so will ich mein |:günstiges: | Urteil gern näher begründen, um so mehr, als ich in Methodenfragen vielfach sein Gegner war und bin. Von Leuten jüdischer Abstammung müßte - wenn man sie nicht a priori ausschließt - unbedingt auch Prof. D r Lief mann (Extr. Freiburg mit Lehrauftrag, Arbeiten: über „Unternehmerverbände", rechtliche Behandlung der Kartelle, englische Alliances - combinierte Arbeiter- und Unternehmerverbände - ) , 1 2 eine - man kann wohl sagen - erste Autorität auf dem Gebiet des industriellen Kartellwesens und ein Kenner unsrer Industrie überhaupt, wie nur wenige existieren, in Frage kommen. Ich kenne seinen persönlichen Charakter genau 13 und kann für seine bedingungs- und
11 Die Arbeiten Franz Eulenburgs in der Reihenfolge, wie sie Weber spezifiziert: a) zur Statistik: Die Frequenz der deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart (Abhandlungen der Königlich Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-historische Klasse, Bd.24, Nr. 2).-Leipzig: B.G.Teubner1904; Über die Frequenz der deutschen Universitäten in früherer Zeit, in: JbbNSt, Bd. 68,1897, S. 481 - 5 5 5 ; b) zur Bevölkerungs- und Lohnstatistik: Zur Bevölkerungs- und Vermögensstatistik des 15. Jahrhunderts, in: ZSWG, Bd.3, 1895, S.424-467; Drei Jahrhunderte städtischen Gewerbewesens. Zur Gewerbestatistik Alt-Breslaus 1470-1790, in: VSWG, Bd. 2,1904, S. 2 5 4 - 2 8 5 ; c) zur Methodologie der Statistik: Zur Frage der Lohnermittlung. Eine methodologisch-kritische Untersuchung.-Jena: Gustav Fischer 1899; Zur Methodik der historischen Bevölkerungsstatistik, in: JbbNSt, Bd. 85,1905, S. 3 5 8 - 3 6 4 ; d) zur Krisentheorie: Die internationale Wirtschaftslage, in: ZVSV, Bd. 15,1906, S. 281 - 3 0 6 ; e) zu allgemeinen soziologischen Fragen: Von Möglichkeiten und Aufgaben einer Sozialpsychologie, in: SchmJb, Jg. 24, 1900, S. 201-237; Degeneration der gebildeten Klassen?, in: ZGS, Bd. 61, 1905, S. 353-367, sowie: Gesellschaft und Natur. Akademische Antrittsrede, in: AfSSp, Bd. 21, Heft 3, 1905, S. 519-555. - Ebd., S.519, auch der Hinweis, auf den sich Weber wahrscheinlich bezieht, auf eine bevorstehende Arbeit über „Vorfragen der Sozialphilosophie". Dieser Hinweis findet sich auch in Eulenburg: Neuere Geschichtsphilosophie. Kritische Analysen. I, in: AfSSp, Bd. 25, Heft2, 1907, S.285. Das Buch ist aber nie erschienen. 12 Liefmann, Robert, Die Unternehmerverbände (Konventionen, Kartelle). Ihr Wesen und ihre Bedeutung (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Bd. 1, Heft 1). - Freiburg i. Br.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1897; ders., Kartelle und Trusts (Bibliothek der Rechts- und Staatskunde, Bd. 12).-Stuttgart: Ernst Heinrich Moritz 1905, sowie: Die Allianzen, gemeinsame monopolistische Vereinigungen der Unternehmer und Arbeiter in England.-Jena: Gustav Fischer 1900. 13 Robert Liefmann war Schüler Webers während dessen Freiburger Lehrtätigkeit und wurde von diesem promoviert. Ironischerweise führt Weber in seinem Dissertationsgutachten über das von Liefmann behandelte Thema Kartelle bzw. Unternehmerverbände (siehe oben Anm. 12) als Manko der Arbeit an: „Die Schwäche des Verf. liegt in seiner einseitig theoretischen Begabung. Es fehlt ihm schlechthin der historische Sinn und damit
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vorbehaltlose Ehrenhaftigkeit, mit Bescheidenheit verbundene innere Sicherheit und gesellschaftliche Durchgebildetheit einstehen. Ich würde es speziell bei ihm sehr bedauern, wenn ihm seine Abstammung 0 im Wege stände. Er war soeben in Greifswald mitvorgeschlagen, wo | :aber: | Elster einen seiner | reignen: | ganz untauglichen Schüler (Gebauer) unterzubringen® durchgesetzt hat. 14 Nun zu den Nicht-Juden. Mir scheint, daß als Leute, die für Sie - nach den angegebenen Gehaltsverhältnissen - zu haben wären, jedenfalls zur Diskussion gestellt werden sollten: v. Zwiedineck!-Südenhorst (Sohn des Historikers, 15 Prof. ord. a.d. Technischen] Hochschule Karlsruhe), H[einrich] Sieveking (Prof. extraord. a.d. Univ. Marburg, Hamburger) W[erner] Wittich (Prof. extraord. a. d. Univ. Straßburg '/E.), F[riedrich] Gottl (Prof. ord. a.d. Technischen] Hochschule Brünn, ^Österreicher,:|), sämmtlich also schon im nat[ional-]ök[onomischen] Fach als Professoren thätig. Den beiden zuletzt Genannten - Wittich - Straßburg und Gottl Brünn - kann vielleicht zum Nachteil gereichen, daß Keiner von ihnen bisher über die spezifisch der „Technik" naheliegenden Gebiete (Industrie- und Verkehrs-Fragen) etwas publiziert hat. Wittich's berühmte (darf man wohl sagen) Arbeit (Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland) 16 liegt auf dem agrarhistorischen, Gottl's Arbeiten („Der Werthgedanke", „Die Herrschaft des Wortes", „Die Grenzen der Geschichte", „Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung") 17 auf dem
d Judentum > Abstammung
e (durchgestetz)
f O: Zwiedeneck
die Fähigkeit, wo die formalen Merkmale der Entwicklung versagen, dieselbe ökonomisch zu deuten." UA Freiburg i.Br., Juristische Fakultät, Protokoll-Beilagen, 1896/7 Dekanat Schmidt, Bl. 385. 1 4 Am 13. April 1907 ging die Vorschlagsliste der philosophischen Fakultät In Greifswald für den am 4. April 1907 an die Universität Kiel versetzten ordentlichen Professor Ludwig Bernhard an das Ministerium. Vorgeschlagen waren 1) Adolf Weber, 2) Edgar Jaffe und 3) Robert Liefmann. In der Akte des Kultusministeriums folgt direkt anschließend an den Vorschlag der Fakultät die Vereinbarung zwischen Elster und Gebauer vom 29. April sowie dessen Bestallung, datiert auf den 30. April 1907. Vgl. ZStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 7, Tit. IV, Nr. 22, Bd.XVII, Bl. 1 1 7 - 1 2 2 . 1 5 Hans von Zwiedineck-Südenhorst, Historiker in Graz. 16 Wlttlch, Werner, Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland. - Leipzig: Duncker & Humblot 1896. 17 Gottl, Friedrich, Der Wertgedanke, ein verhülltes Dogma der Nationalökonomie. Kritische Studien zur Selbstbesinnung des Forschens im Bereiche der sogenannten Wertlehre. - Jena: Gustav Fischer 1897 [Phil. Diss. Heldelberg 1897]; ders., Die Herrschaft des
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methodologisch-erkenntnistheoretischen Gebiet. - Allein in Wittich würden Sie 1) einen Gelehrten unbezweifelt ersten Ranges bekommen, der auch 2) die großen Vorlesungen 18 schon alle oft gelesen hat. Von seltener Feinsinnigkeit (lesen Sie ev. seine Schrift: „Deutsche und französische Cultur im Elsaß", separat erschienen aus der „Zeitschrift f[ür] die Cultur des Elsasses", 19 m. E. eine Perle feinster Beobachtung), ist er eine spezifische Gelehrtennatur, der an „Carriere" etc. nichts liegt. Er lehnte einen preußischen Ruf (Extraordinariat) s. Z. ab 20 und ist |:more solito:| für Althoff damit erledigt. Er gilt als designierter Nachfolger G[eorg] Friedrich] Knapp's,21 - allein Knapp wird, Gott sei Dank, noch lange leben. München als Stadt würde ihn sicher locken, ohne daß natürlich eine unbedingte Garantie zu geben wäre. Er hat, wie gesagt, nur Agraria (und Culturgeschichtliches) publiziert (viel in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung), 22 aber ich kenne seine genaue Vertrautheit z.B. mit den Verhältnissen des Kohlenbergbaus, über welche wir für unsre Zeitschrift eine Arbeit von ihm erwarten. 23 Nennen muß ich
Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. - Jena: Gustav Fischer 1901; ders., Die Grenzen der Geschichte. - Leipzig: Duncker & Humblot 1904, sowie ders., Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2,1906, S. 4 0 3 - 4 7 0 ; II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, ebd., Bd.24, Heft 2, 1907, S.265-326. Der letzte Teil: III. Geschichte und Sozialwissenschaft erschien ebd., Bd. 28, Heft 1,1909, S. 72-100. 18 D.h. theoretische und praktische Nationalökonomie sowie Finanzwissenschaft. 19 Wittich, Werner, Deutsche und französische Kultur im Elsaß. [Aus der lllustrirten Elsässischen Rundschau], - Straßburg: Schlesier&Schweikhardt1900. 20 Weber bezieht sich wohl auf Wittichs Ablehnung eines Rufes nach Göttingen im September 1900. Vgl. dazu den Brief von Knapp an Schmoller vom 16. Nov. 1900, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Gustav v. Schmoller, Nr. 130a, Bl.270-271 Rs, insbes. BI.270Rs: „Sie haben wohl gehört dass Dr. W. Wittich im September einen Ruf nach Göttingen erhalten hat. Er hat ihn - trotz unseres Rathes - nicht angenommen, da er dort, wie hier, zwei Ordinarien neben sich hätte und da er glaubt, seine jetzigen wissenschaftlichen Arbeiten hier besser fördern zu können. Er ist ein höchst eigenartiger Kopf, der sich wohl diesen Luxus gestatten darf." Das Ablehnungsschreiben von Wittich befindet sich in: ZStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 6, Tit. IV, Nr. 1, Bd. XVII, Bl. 428. 21 D. h. dem Doyen der Straßburger Nationalökonomen. 22 Von Wittich gibt es nur einen einzigen - allerdings sehr umfangreichen - Artikel in der Savigny-Zeitschrift: Die Frage der Freibauern, in: ZRG GA, Bd. 22,1901, S. 2 4 5 - 3 5 3 . 23 Tatsächlich vermerkt Edgar Jaffe in einer handschriftlichen Liste von Beiträgen für das AfSSp vom I.November 1908 (ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 159-160) unter der Rubrik versprochener, aber noch nicht abgelieferter Beiträge als Nr. 53: „Wittich-Straßburg: Verstaatlichung des Bergbaus." Der angekündigte Artikel von Werner Wittich ist aber nicht im AfSSp erschienen.
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ihn Ihnen, denn als Gelehrter steht er weit über 25% unsrer Ordinarien.F[riedrich] Gottl meldete sich s.Z. bei mir hier zur Habilitation, wurde dann von Rathgen, nachdem ich fortgegangen war, habilitiert, dann 9 fast sofort nach Brünn berufen. 24 Dozentisch hier recht gut bewährt. Persönlich eine ungewöhnlich feine Erscheinung, äußerlich wie im Wesen, von seltener Vornehmheit und der gewinnendsten Liebenswürdigkeit. Seine Arbeiten, mit denen ich mich wiederholt polemisch auseinanderzusetzen hatte, 25 gehören zum Eigenartigsten, was unsre Litteratur aufweist. Seine Erstlingsschrift wurde s. Z. von Prof. D r E[ugen] v. Böhm-Bawerk (Wien, der frühere Finanzminister, der Ihnen ev. über ihn Auskunft geben könnte) gegnerisch, aber sehr achtungsvoll besprochen. 26 Die andren Arbeiten, die auf dem Gedanken eines absoluten logischen Gegensatzes alles historischen und sozialwissenschaftlichen Denkens gegen alles Naturalistische ruhen - ein Standpunkt, den ich so nicht teile - sind für den „Laien" fast durchweg nahezu unverständlich und |:erscheinen:| paradox. Man muß die neuste Arbeit (Archiv f[ür] Sozialwissenschaft 1906, Juliheft, 1907 Januarheft) 27 lesen, die am zugänglichsten ist. Ich persönlich halte nach eingehender Beschäftigung die Arbeit „Die Herrschaft des Wortes" für den tiefgründigsten Versuch, der Eigenart des „Alltags"-Denkens gerecht zu werden, den wir haben, obwohl ich ihren Standpunkt öffentlich abgelehnt habe. 28 Nicht |:ganz:| auf gleicher Höhe steht (von Münsterberg beeinflußt): „Die Grenzen der Geschichte". Dagegen ist die zitierte neuste Arbeit wieder sehr gut und wird anhaltende Diskussionen hervorrufen. Gottl ist
g (sofort)
24 Zur Berufung Friedrich Gottls als Extraordinarius an die TH Brünn 1902 vgl. sein Schreiben vom 6. Febr. 1902 an die philosophische Fakultät, UA Heidelberg, H-IV-102/ 132, Bl. 303. 25 Vgl. dazu Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. II. Knies und das Irrationalitätsproblem, in: SchmJb, Jg.29, Heft4, 1905, S . 8 9 - 1 5 0 , insbesonders S.141-150, sowie den Fortsetzungsartikel in: SchmJb, Jg. 30, Heft 1,1906, S. 81 - 1 2 0 ; insbesonders S. 8 6 - 9 4 . 26 Brief von Eugen v. Böhm-Bawerk an Richard Graf du Moulin-Eckart vom 2. Juni 1907, BayHStA München, MK 19565; die Rezension befindet sich in: ZVSV, Bd.7, 1898, S. 4 2 8 - 4 3 2 . 27 Der zweite Teil des Gottischen Aufsatzes (vgl. Anm. 17) Ist erst im Märzheft (= zweites Heft) 1907 erschienen. 28 Vgl. Anm. 25.
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zur Zeit mit statistisch-empirischen Arbeiten beschäftigt. 29 Die Frage ist | rauch hier: |, ob man den Umstand, daß er eben bisher nur so entlegene und „verstiegene" philosophische Sachen hat drucken lassen, gegen ihn sprechen lassen will. Geistig ist er jeder Aufgabe gewachsen, umfassend orientiert, höchst anregend. Von den beiden zuerst Genannten, bei denen solche (m. E. doch mehr formalen) Bedenken nicht vorliegen, - v. Zwiedineckh hat sich mit der inneren Struktur der Industrie: Lohnsysteme, Lohnpolitik, Lohngesetze u.s.w. gründlich und erfolgreich befaßt 30 (Schüler Bücher's), von Sieveking kennen Sie vielleicht seine vortrefflichen Leistungen über die Genueser Banca di S. Giorgio, über die Entwicklung der Buchführung, die Medici etc, 31 - ist Sieveking der stärker auf das Praktische gerichtete (trotz seiner historischen Studien), Zwiedineck' der Bedachtsamere, mehr Theoretische, daher Vorsichtige, letzterer wohl etwas mehr conservativ, ersterer etwas mehr liberal „angehaucht", 32 beide persönlich unbedingt zuverlässige gentlemen und geschätzte, zukunftsreiche Fachgenossen. Es wäre denkbar, daß Althoff bei einem Ruf Sieveking das persönliche Ordinariat anböte, aber, da er immer jungen, im Regierungssinne „verdienten" Nachwuchs zu versorgen hat, nicht sicher. Von den sonstigen Extraordinarien können sich' Harms (Jena) 33 und Adolf Weber (lehnte einen Ruf nach Greifswald ab, 34 ist in Bonn Privath 0 : Zwiedeneck
i 0 : Zwiedeneck
j
{Harms)
29 Offenbar bezieht sich dies auf eine mündliche oder schriftliche Mitteilung von Gottl. Statistisch-empirische Arbelten von Gottl sind erst wesentlich später erschienen. 30 U.a. Lohnpolitik und Lohntheorie mit besonderer Berücksichtigung des Minimallohnes. - Leipzig: Duncker & Humblot 1900, sowie: Beiträge zur Lehre von den Lohnformen (ZGS: Ergänzungsheft XIV).-Tübingen: H. Laupp'sche Buchhandlung 1904. 31 Sieveking, Heinrich, Genueser Finanzwesen mit besonderer Berücksichtigung der Casadl S. Giorgio, Bd. 1: Genueser Finanzwesen vom 12. bis 14. Jahrhundert (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Bd. 1, Heft 3). - Freiburg I.Br.: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1898, Bd.2: Die Casa di San Giorgio (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, Bd. 3, Heft 3), ebd., 1899; ders., Aus venezianischen Handlungsbüchern. Ein Beitrag zur Geschichte des Großhandels im 15. Jahrhundert, in: SchmJb, Jg. 25, Heft4, 1901, S. 299-331, sowie ebd., Jg. 26, Heft 1, 1902, S. 189-225; ders., Die Handlungsbücher der Medici, In: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Bd. 151, V. Abhandlung. - Wien: Alfred Holder 1906, S. 1-65. 32 Tatsächlich war Heinrich Sieveking lange Zelt Vorsitzender der „Nationalsozialen" in Marburg gewesen. 33 Zu Bernhard Harms vgl. Brief an Carl Neumann vom 3. Nov. 1906, oben, S. 176. 34 Adolf Weber, Prlvatdozent in Bonn, hatte 1907 einen Ruf nach Greifswald abgelehnt; siehe Hochschul-Nachrlchten, Jg. 17, Nr. 7, Heft 199, April 1907. S. 188.
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dozent, wird |:jetzt: | sicherlich irgendwo „untergebracht") in keiner Weise mit den Genannten messen. Sonst sind sie nicht untüchtig (und natürlich Jemandem wie z.B. Biermann ohne Diskussion vorzuziehen!). Ersterer ist für Arbeiterfrage, letzterer für Banksachen Spezia5 list. 35 Von den Berliner Privatdozenten kommt m . E . Niemand in Betracht, auch sonst fällt mir z . Z . Niemand ein (in München ist Bonn Jude! - einer der allergescheidtesten Leute unter dem Nachwuchs, sein Buch über Irland schriftstellerisch und inhaltlich vorzüglich, 36 - in Halle sammelt sich unter Conrad's Fittichen stets allerhand, was nicht grade 1 o absolut schlecht, aber auch nicht irgendwie hervorragend ist). Über Jaffe - Heidelberg ( k Jude der Abstammung n a c h / M a n n der Fabrik|:inspektorin:! Frl. v. Richthofen, |:war 2 Mal in Greifswald vorgeschlagen: |) 37 schreibe ich als Herausgeber-College und Freund nicht gern (dozentischer Erfolg ist zweifellos, auch in Mannheim in den Hochschulcursen, 15 Auskunft ev. durch E[berhard] Gothein hier). 38 - Ob ein so strebsamer Mann wie Rfichard] Ehrenberg 39 (Ord., Rostock, Jude) sich Ihnen nicht durch irgendwen empfehlen lassen wird? Ich habe, trotz Anerkennung einiger seiner früheren Arbeiten (die aber methodisch stets zu wünschen übrig lassen, stets zu schnell
k den > Jude der Abstammung
nach,
35 Harms, Bernhard, Zur Entwickelungsgeschichte der Deutschen Buchbinderei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902; ders., Die holländischen Arbeitskammern. Ihre Entstehung, Organisation und Wirksamkeit. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1903; ders., Deutsche Arbeitskammern. Untersuchungen zur Frage einer gesetzlichen Interessenvertretung der Unternehmer und Arbeiter in Deutschland. - Tübingen: H. Laupp'sche Buchhandlung 1904. - Weber, Adolf, Die Geldqualität der Banknote. Eine juristlsch-socialökonomische Untersuchung. - Leipzig: Duncker & Humblot 1900, sowie ders., Depositenbanken und Spekulationsbanken. Ein Vergleich deutschen und englischen Bankwesens. - Leipzig: Duncker & Humblot 1902. 36 Bonn, Moritz Julius, Die englische Kolonisation in Irland. - Stuttgart und Berlin: J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger 1906. 37 Ersatzvorschläge der Philosophischen Fakultät Greifswald vom 3. Aug. 1904 für den am 16. Juli 1904 nach Münster versetzten a.o. Professor Josef Schmöle: 1) Adolf Weber 2) Edgar Jaffe sowie 3) Carl Ballod bzw. Robert Liefmann oder Albert Hesse, in: ZStA Merseburg, Rep.76 Va, Sekt.7, Tit. IV, Nr.22, Bd.XVI, Bl.120-122; zum zweiten Vorschlag Jaffes 1907 vgl. Anm. 14. 38 Offensichtlich Ist Edgar Jaffe von vornherein nicht In die engere Wahl für die Lehrstuhlbesetzung gekommen, da sich kein entsprechendes Schreiben von Eberhard Gothein In der Berufungskorrespondenz, BayHStA München, MK 19565, befindet. 39 Zu Richard Ehrenberg vgl. Brief an Carl Neumann vom 3. Nov. 1906, oben, S. 174f.
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gearbeitet sind, - Auskunft bei Dietrich Schäfer) persönlich so viel gegen ihn einzuwenden, daß ich nur auf Verlangen über ihn schreibe. 40 Ich möchte hiermit für heute schließen und bin zu jeder weiteren Auskunft, auch eingehenderer Begründung positiver oder negativer Urteile stets bereit. Habe ich Leute vergessen, die in Betracht kommen, 5 so stehe ich für Anfragen stets zur Verfügung, schreibe auch, wenn mir noch Jemand einfallen sollte, aus eigner Initiative. Collegialen Gruß und Empfehlung Ihr Max Weber 10
40 Ebd.
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Heinrich Rickert 9. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 21 - 2 2
Heidelberg 9/V 7 Lieber Rickert! D r Rubinstein, der mir seinen (russischen) Aufsatz über Sie (|:in den:| Woprossy philosophii i psychologii, Heft 86) schickte, 1 bat mich, als ich ihm dafür dankte, doch auch Ihnen zu schreiben, daß seine Arbeit in der That brauchbar sei. 2 Das thue ich gern: er muß Sie zunächst - der Situation in Rußland entsprechend - dagegen in Schutz nehmen, daß Sie qua Erkenntnistheoretiker „reaktionär" seien, erweist die Neutralität Ihrer beiden Hauptwerke 3 in diesem Punkt recht gut, weist ebenso die ziemlich ungeschickten Angriffe Pokrowski's 4 (in der „Prawda" - sozialistisch) und P[eter] Struve's 5 (konstitutionelle] Demokratie) zurück (intellektuelles Sollen sei = „Müssen": Struve, Misverständnisse naturalistischer Art: Pokrovski) und giebt eine, so viel ich sehe, einwandfreie und |: dabei :| recht verständliche kurze Inhaltsübersicht Ihrer beiden Arbeiten. Da in Rußland jede Partei ihren eignen Erkenntnistheoretiker hat, 6 werden Sie nun wohl bald von irgend einer von ihnen confisziert werden. Lask hat Ihnen wohl über den Stand der Philosophie-Frage geschrieben. 7 Die Sache zieht sich sicher noch lange hin. Doch erscheint sicher, 1 Rubinstejn, M., Genrich Rikkert, in: Voprosy filosofii i psichologii, Jg. 18, Heft 86,1907, S. 1 - 6 1 . 2 Korrespondenz mit M. Rubinstejn nicht nachgewiesen. 3 Rickert, Heinrich, Der Gegenstand der Erkenntnis. Einführung in die Transzendentalphilosophie. Zweite, verb. und erw. Aufl.-Tübingen: J.C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1904, sowie: ders., Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1902. 4 Pokrovskij, Michail N., Idealizm i zakony istorii, in: Pravda, Nr.2, 1904, S. 124-141, sowie Nr. 3,1904, S. 112-126. 5 Rubinstejn wendet sich gegen Struves Ausführungen in dessen Vorwort zu Nikolaj Berdjaev, Sub-ektivizm i individualizm. - S.-Peterburg: Eiektriöeskaja tipografija 1901. 6 Vgl. Schreiben an Ladislaus v. Bortklewicz vom 12. März 1906, oben, S. 47, Anm. 8. 7 Dieser Brief Lasks an Rickert ist im Nl. Rickert in der UB Heidelberg nicht nachgewiesen, jedoch dessen Antwort vom 8. Mai 1907: „Lieber Lask! Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief. Die Nachrichten waren mir natürlich sehr interessant u., was Weber anbetrifft,
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daß zwar eventuell 3 ein Vorschlag, nicht aber eine an Sie gerichtete Berufung hierher im Bereich des Wahrscheinlichen13 liegt. Letztere Möglichkeit ist |:vielmehr:| jetzt durch die vermutliche Zuspitzung der Historiker- Vorschläge auf Meinecke8 (beinahe sicher an 1 Stelle: - bitte strengstes Stillschweigen!) so gut wie ausgeschlossen. Übergeht nämlich |:dann:| die Regierung Meinecke 1 ), dann ist ja ein Präjudiz geschaffen gegen die Berufung von Freiburgern. Beruft sie ihn, so wird sie durch den dann entstehenden Lärm | :m. E.: | sicher za der Erklärung gedrängt, es solle nichts Ähnliches wieder geschehen, c es sei ein „besondrer Fall" etc. c Unter der Hand ist Derartiges |:z.B.:| nach meiner Berufung erklärt worden. Immerhin behielte der Vorschlag für Sie |:trotzdem:| zweifellos wohl ideellen Werth. Windelband ist |:durch eigne Äußerungen: | auf ihn (in Fakultätssitzung und persönlichem Gespräch) sehr stark (für die erste Stelle natürlich) festgelegt. In der Fakultät herrscht die übliche communis opinio: nicht Lehrer und Schüler zusammen! nicht zwei Leute desselben Gepräges! etc. etc. 2) Schrumpft nun |:aber:| die Bedeutung Ihres Vorschlags zu einer wesentlich ideellen, dann würde W[indelband] d immerhin Sorge tragen müssen, daß nicht der nicht weil er Freiburger sei. - Daß dieser Grund im Ministerium seit meiner Berufung u. dem damaligen Raisonnieren als Ablehnungsgrund gilt, ist mir persönlich genau bekannt, auch für die jüngste Vergangenheit. 2) Übliche Formulierung: „Er ist der gegebene Nachfolger, aber eben deshalb nicht der gegebene College." - Mein Einfluß ist begrenzt. a vielleicht > eventuell b Möglichen > Wahrscheinlichen > es sei ein „besondrer Fall" etc. d ( m . E . )
C oder doch nicht so bald
auch sehr erfreulich, aber H o f f n u n g e n mache ich mir nicht. W e n n Windelband andern g e g e n ü b e r äußert: er glaube nicht an die Möglichkeit, so muß er wissen, daß er damit j e d e Möglichkeit, falls eine solche v o r h a n d e n ist, abschneidet, d. h. also, auch W d b d . will mich nicht wirklich haben, u. dann wird natürlich aus der Sache nichts. Ich bin übrigens weit davon entfernt, ihm das irgendwie zu v e r d e n k e n . Neugierig bin ich nur, ob überhaupt J e m a n d berufen wird u. wer. S i m m e l wird W d b d . erst recht nicht haben wollen. Sie schreiben nicht, w e n W e b e r außer mir noch vorgeschlagen hat [ . . . ] " 8 Friedrich Meinecke, damals Historikerin Freiburg i. Br., wurde, wie W e b e r richtig v e r m u tete, von der Fakultät unico loco vorgeschlagen, erhielt aber dann d e n Ruf nicht, da im badischen Kultusministerium B e d e n k e n g e g e n B e r u f u n g e n v o n einer an die andere Landesuniversität bestanden, und da M e i n e c k e erst kurz zuvor - 1906 - nach Freiburg berufen w o r d e n war. Vgl. Meinecke, Friedrich, Straßburg - Freiburg - Berlin. Erinnerungen. - Stuttgart: K. F. Koehler [1949], S. 113. Vgl. auch Brief an Rickert v o m 18. Mai 1907, unten, S . 3 0 8 f „ A n m . 1.
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seltene Ausweg eintritt, daß die Fakultät ihm zwar den (praktisch bedeutungslosen) Vorschlag Ihrer an 1 Stelle conzediert 3 ', dafür er aber bezüglich der nunmehr allein wichtigen weiteren Vorschläge Conzessionen machen müßte, wenn er nicht sein (von ihm ziemlich sorgsam geschontes) Prestige gefährden will. Ich halte es dann® für möglich, daß er - grade wenn er |:rein:| sachlich erwägt, nicht unbedingt an Ihnen festhalten kann, ohne daß ihm - trotz seiner Ihnen gegebenen Zusicherungen - ein eigentlicher „Vorwurf" zu machen wäre. Aber wie gesagt, - die ganze Sache liegt jetzt in einiger Ferne. Hoffentlich aber beschäftigt Sie dieselbe nicht in dem Maße, wie dies an sich natürlich wäre. Denn wie gesagt: die jetzt allein im Vordergrund stehende Historikerfrage verschiebt voraussichtlich, falls es zum Vorschlag Mfeinecke/'s kommt, die Sache 'ziemlich stark' zu Ihren Ungunsten, gleichviel, wie dann die Entscheidung ausfällt. Alles Vorstehende ist durchaus vertraulich! Herzliche Grüße, auch an Ihre Frau - meine ist verreist Ihr Max Weber
3)
Das geschieht unbedingt, wenn er es will. Von einer „Gegnerschaft" gegen Sie ist keine Rede, von einigen „Naturalisten" vielleicht abgesehen^]
e Alternative Lesung: denn
f entscheidend > ziemlich stark
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Paul S i e b e c k 10. M a i 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g V A Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446
Lieber Herr D r Siebeck! Ich erhalte eben 9 Expl. des Buches meiner Frau. 1 Diese ist für 8—10 Tage verreist u. ich kann sie z. Z. nicht erreichen. Für wen sind diese Expl. bestimmt? Haben Sie vielleicht die Liste? Denn ich weiß, daß m[eine] Frau über Alle disponiert hatte. 2 Ich möchte die Expl. ev. den 5 betreffenden Adressen zugehen lassen, ehe das Buch in den Fenstern liegt. - Ich gehe jetzt an die Durchsicht der „Protestantfischen] Ethik". Mitfreundschaftl. Empfehlung Ihr ergebenster 10 Max Weber Heidelberg 10/V7
1 Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. 2 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Paul Siebeck vom 5. Mai 1907 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat B S B München, A n a 446) eine Liste von 16 Namen bzw. A d r e s s e n beigefügt, an die Freiexemplare vom Verlag aus geschickt werden sollten, und hatte um Zusendung von 9 weiteren Exemplaren an ihre Heidelberger A d r e s s e gebeten.
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Friedrich Naumann 11. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 21
Heidelberg 1 W 7 Lieber Freund! Es ist ärgerlich, daß die Sache grade im gegenwärtigen Moment kommt, 1 wo meine Leistungsfähigkeit arg 3 begrenzt ist: ich bin fast ganz leistungsunfähig u. muß bald auf Erholung gehen, lebe |: daher :| wesentlich von dem Ertrag des gut geglückten Verkaufes meiner Klingersammlung, 2 da unser Familienvermögen z. Z. durch Verpflichtungen für meine Schwester - ihr Schwiegervater 0[ber-]Baurath Schäfer - Karlsruhe ist schwer krank, |:dessen: | Tochter auch, ein Sohn schwachsinnig | :kein Geld da,:| so daß unabsehbare Zahlungen in Aussicht stehen. b3 Ich würde sonst herzlich gern mit weit mehr einspringen, als ich so kann. Nutzen Ihnen 500Mkl Diese zeichne ich sofort. Weitere 100 Mk zeichnet D r Jaffe. Läßt sich die Summe gar nicht anders zusammenbringen, dann ist es auch mir Gewissenspflicht, mehr zu thun u. ich muß meinen Sommerurlaub opfern. Nochmals: können Sie Prof. D r W[ilhelm] Busch, Tübingen, der Schüler Maurenbrecher's sen. war und in dessen Haus ich M[aurenbrecher] jun. das einzige Mal sah, angehen? Oder soll ich ihn angehen? Da er politisch weit mehr rechts steht, wollte ich nichts selbständig thun. Außer Jaffe - der M[aurenbrecher] übrigens persönlich nicht kannte - habe ich hier niemand an der Hand. Deißmann ist selbst blutarm. 4 Kennen Sie Knittel (D r Rfichard] Knittel, Karlsruhe)? 5 a Alternative Lesung: eng
b Satzkonstruktion defekt.
1 Max Maurenbrecher hatte in einem elfseitigen Brief an Naumann vom 6. Mai 1907, ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 105, im Zusammenhang mit seiner Reichstagskandidatur um finanzielle Unterstützung gebeten. Maurenbrecher war vor seinem Beitritt zur Sozialdemokratie Generalsekretär in Naumanns „Nationalsozialem Verein" gewesen, dem er sich, wie aus seinem Brief hervorgeht, auch jetzt noch geistig verbunden fühlte. 2 Vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 16. März 1906, oben, S.52, Anm. 1. 3 Vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162f. 4 Der Theologe Adolf Deißmann war Vorsitzender des „Nationalsozialen Vereins" in Heidelberg. 5 Richard Knittel, Verlagsbuchhändler in Karlsruhe, war Vorsitzender des Landesausschusses der Nationalsozialen Badens.
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11. Mai
1907
Wie gesagt, - geht es nicht anders, dann muß ich noch einige Hundert Mk. bei mir selbst flüssig machen. So ganz leicht ist es nicht, aber für M[aurenbrecher] muß unbedingt eingetreten werden. Erhalte ich innerhalb 8 Tagen keine Antwort, so schicke ich das Geld an Sie und veranlasse Jaffe ein Gleiches zu thun. 6 5 Herzlichen Gruß! Ihr Max Weber
6 Vgl. Brief an Naumann vom 17. Mai 1907, unten, S. 304f.
15. Mai 1907
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Alfred Weber 15. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr. 4, Bl. 75 Hbg 1 5 / V 7 Lieber Alfred! Wenn Dein junger Mann Zeit hat mit der Publikation, kann die Sache vielleicht doch gehen. 1 Es kommt drauf an, wie er die Sache behandelt 5 hat, ob sie darnach für uns paßt. Laß ihn bitte die Arbeit uns3 schicken! Mir geht es schlecht. Von Arbeit keine Rede[.] Herzl. Gruß! Max
a Alternative Lesung: nur 1 Vermutlich handelt es sich um eine Arbelt von Karl Forchheimer, die jedoch Im Archiv nicht veröffentlicht worden Ist. Jedenfalls hat sich Alfred Weber am 13. Juli 1907 an Arthur Splethoff (UB Basel, Nl. Arthur Splethoff) gewandt mit der Bitte um Abdruck einer Arbelt eines „hiesigen Schülers" von Ihm, Dr. Karl Forchheimer (ca. 1 0 - 1 2 Druckselten) über Preisbildung beim „unvollständigen Monopole". Der Artikel ist dann erschienen in: SchmJb, Jg. 32, Heft 1,1908, S. 1 - 1 2 , unter dem Titel: Theoretisches zum unvollständigen Monopole.
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17. Mai 1907
Friedrich Naumann 17. Mai 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g Z S t A Potsdam, Nl. Friedrich N a u m a n n , Nr. 106, B I . 2 2
Heidelberg 17/V7 Lieber Freund! Ich schicke also meinerseits 500 M. und Jaffe wird direkt 100 M. schikken. 1 Über Knitters Lage brauchen Sie Sich keine Sorge zu machen: er will sich in wenigen Jahren ganz vom Geschäft zurückziehen u. ganz der Politik leben: er kann schon! nur weiß ich nicht, ob er M[aurenbrecher] kannte. Sie werden ihn ja in Straßburg sehen x) . 2 Ich komme nicht: es geht zu wenig gut, der lange Winter hat mir zu arg mitgespielt. Wie gesagt, mehr kann ich jetzt nicht gut thun, da ich meine Mutter nicht angehen kann, ohne Interessen meiner Geschwister zu schädigen. Mich haben die „Chroniken" über Rußland, a deren Druck 3 ich aus meiner Tasche bezahlte u. die keinerlei Beachtung fanden, finanziell allzu sehr ins Hintertreffen gebracht, - was ich übrigens nicht anders erwartete. 3 Busch war, wie gesagt, ein naher väterlicher Freund,4 - aber es ist in der That vielleicht für M[aurenbrecher]'s Empfinden das Richtigere, ihn erst in Anspruch zu nehmen, wenn es sonst nicht geht. x)
Meine Frau ist sehr mit ihm befreundet u. kann Sie ev. näher bekannt machen.
a die > deren Druck 1 Es handelt sich um die finanzielle Unterstützung für Max Maurenbrecher; vgl. Brief an Naumann vom 11. Mai 1907, oben, S. 301 f. 2 D.h. auf dem 18. Evangelisch-sozialen Kongreß, der vom 21. bis 23. Mai 1907 in Straßburg stattfand. 3 Vgl. MWG 1/10, Einleitung, S. 10. 4 Vgl. dazu Brief an Naumann vom 11. Mai 1907, oben, S.301.
17. Mai 1907
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Nicht wahr, wenn die Summe nicht zusammenkommt, wenden Sie Sich wieder an mich? Ich weiß noch nicht, woher dann das Geld kommen soll, - aber geschafft werden muß es dann. 1900 Mk bis jetzt ist doch etwas wenig! 5 5 Freundschaftlichst Ihr Max Weber
5 Nach einer handschriftlichen Aufzeichnung Naumanns auf einem an ihn gerichteten Brief von Wilhelm Ruprecht vom 11. Mai 1907, ZStA Merseburg, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 105, beliefen sich die einzelnen Beträge zur Unterstützung Maurenbrechers auf insgesamt 2400 Mark. Wie aus dem weiteren Briefwechsel mit Maurenbrecher, ebd., Nr. 105, hervorgeht, hat dieser im September eine weitere Summe über 1100 Mark erhalten.
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17. Mai 1907
Oskar Siebeck 17. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Oskar Siebecks vom 16. Mai 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der erneuten Bitte um einen Autorenvorschlag für den Artikel „Gewerkschaften" im projektierten Handwörterbuch „Religion in Geschichte und Gegenwart", da der von Weber vorgeschlagene Wilhelm Kulemann abgelehnt hatte.
Heidelberg 17/V7 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Nach Straßburg komme ich nicht, da es mir nicht gut genug geht. 1 Für den Artikel „Gewerkschaften" ist gar nicht leicht rathen. Tröltsch - Marburg ist allzu nationalliberal, würde für die statistische Seite der Sache sonst wohl in Betracht kommen. Schmöle ist direkt offiziös, also 3 noch weniger passend. Ob nicht auch hier Einer von Naumann's Mitarbeitern einspränge? Tischendörfer z . B . , der ja selbst Gewerkschaftler war? Es wäre doch rathsam, entweder bei Naumann oder bei Brentano ( = Lötz) 2 um Rath anzufragen. Sollte mir noch ein Gedanke kommen, so würde ich Ihnen schreiben. 3 D e n Artikel: „Ev[angelisch]-sozial" kann ich schon deshalb nicht schreiben, weil ich nur schließen könnte: die Sache habe ausgelebt (thatsächlich wird sie ja nur gehalten, weil nun einmal die Orthodoxie so etwas hat). 4 Sohm hat innere Gründe, nicht mitzuthun, die sicher auch ich nicht überwinden könnte. Ob denn nicht Harnack Jemand bezeichnen könnte? Oder Rädel Eigentlich sollte dieser selbst den Artikel
a (auch nicht gee) 1 D. h. zu den Verhandlungen des 18. Evangelisch-sozialen Kongresses In Straßburg, die vom 21. bis 23. Mai stattfanden. 2 Walther Lötz und Lujo Brentano bildeten ein - wenn man so sagen darf- wissenschaftliches Dioskurenpaar. Brentano hatte 1893 den Ruf nach München nur unter der Bedingung angenommen, daß seinem Schüler Walther Lötz, der sich bei ihm in Leipzig habilitiert hatte und den er mit nach München nehmen wollte, dort ein Extraordinariat für Nationalökonomie übertragen werde. Dies war dann auch der Fall. 3 Den Artikel „Gewerkschaften" hat Waldemar Zimmermann übernommen: RGG\ Bd. 2. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1910, Sp. 1401 -1405. 4 Wahrscheinlich spielt hier Weber auf die von Adolph Stoecker ins Leben gerufene „Freie kirchlich-soziale Konferenz" an.
17. Mai 1907
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schreiben. Sonst etwa b Schneemelcher? Im Augenblick fällt mir Niemand sonst ein. 5 Dr Spiethoffs Adresse: Halensee b /Berlin, Auguste-Viktoriastr. 2 5 (eventl. auch: p. A. Prof. Schmoller Berlin W c Wormser Str. 13.)d Mit bester Empfehlung Prof. Max Weber
b (Schnemelcher)
c (Wermser)
d Klammer fehlt in O.
5 Tatsächlich hat Wilhelm Schneemelcher dann die Abfassung des Artikels übernommen: RGG 1 , Bd. 2, 1910, Sp. 759-766.
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18. Mai 1907
Heinrich Rickert 18. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Ni. Max Weber, Nr. 25, Bl. 2 3 - 2 4
Heidelberg 18/V 7 Lieber Rickert! Vielen Dank für Ihren Brief. Sie wissen selbst, wie herzlich wir Alle gewünscht hätten, Sie hier zu sehen, - obwohl ich gesundheitlich das Experiment doch für sehr gewagt gehalten hätte, Sie hätten nirgends 5 und nie etwas in dieser Hinsicht Ihrer jetzigen Freiburger Wohnung annähernd Vergleichbares gefunden, dazu kenne ich die Heidelberger Topographie genügend. Inzwischen ist Meinecke „unico loco" vorgeschlagen u. heute der Dekan I :wieder: I nach Karlsruhe1^31 10 Die Regierung hat bisher |:dem Dekan: | erklärt, sie ginge darauf nicht ein. Man hält es aber, da für die historische Professur mit ihren großen Traditionen eine direkte Notlage nachweisbar ist: es ist Niemand sonst da - doch für möglich, daß sie in diesem Fall nachgiebt. a Am linken Rand in O findet sich von Webers Hand die Marginalie: Bitte! Absolutes Silentium! 1 Unter Hinweis auf die besondere Tradition des Geschichtslehrstuhls, wie sie von Schlosser, Häusser, Treitschke, Erdmannsdörffer und auch von Mareks geprägt worden sei, schlug die Fakultät am 13. Mai 1907 ausschließlich Friedrich Meinecke von der badischen Schwesteruniversität Freiburg I. Br. vor, mit dem Bemerken, „denjenigen Inhaber [für diese Professur] zu sichern, der ,dem Geiste' ihrer Geschichte so ganz kongenial Ist und der unserer Fakultät als der Einzige erscheint, der sie ganz und gar In der Fülle dieses Geistes verwalten würde." GLA Karlsruhe, 235/3115. Zwar fehlt die ablehnende Stellungnahme des badischen Kultusministeriums In den Akten der Heidelberger philosophischen Fakultät-die Akten der Dekanate 1906/07 sowie 1907/08 sind verschollen-, jedoch finden sich im entsprechenden Jahrgang aller übrigen Fakultäten Abschriften dieser Ablehnung, ein Zeichen für die große Verärgerung im Ministerium über die Art und Weise dieses Berufungsvorschlags. Teils lag es daran, daß die Praxis der „unico-loco"Vorschläge an den badischen Universitäten überhand genommen hatte, so z.B. bei den Historikern (Berufung Mareks' nach Heldelberg 1901 und v.Belows 1905 nach Freiburg) sowie Insbesondere bei den Medizinern in Heldelberg. So hatte sich das Kultusministerium bei der Frage der Wiederbesetzung des Lehrstuhls für Chirurgie In einem Schreiben vom 5. Juni 1906 schon einmal veranlaßt gesehen, auf die Einhaltung der bisher üblichen Praxis der Dreiervorschläge hinzuweisen (Abschrift In der Dekanatsakte der Philo-
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Ich war gestern bei Windelband, der die Lage genau so ansieht wie ich. 2 Er wird Sie m. E. zweifellos15 vorschlagen, die Fakultät, die überhaupt gegen Sie an sich nichts Prinzipielles einwendet, Sie wahrscheinlich akzeptieren, Jeder aber wissen^] daß an einen Erfolg kein Gedanke 5 ist. Der Zweck meines Besuches bei W[indelband] war auch lediglich, nunmehr ihn so fest wie möglich darauf zu legen, daß an 2. Stelle Simmel kommt. Es scheint gelungen. Er hat (begreifliche) Bedenken, erkennt aber „einen Akt der Gerechtigkeit" darin u. sagte von vorn herein, daß er außer °für Sie 0 mit leidlich gutem Gewissen nur |:allenfalls:| für 10 S[immel] eintreten könne. In der Fakultät freilich wird dies einen sehr schweren Kampf kosten, Antisemitismus, Aversion des persönlich sehr einflußreichen Tröltsch, die Sehnsucht der Philologen nach einem Wundtianer für Sprachpsychologie (Meumann, ev. Külpe) u.s.w. stehen hier gegen ihn. Ich habe s. Z. Mareks in eingehender Begründung3 als 15 primo loco: geschlossene Eigenart der Universität (also: Sie - was sehr
b O: Zweifellos
c Ihnen > für Sie
sophischen Fakultät: UA Heidelberg, H-IV, 103/137, Bl. 203). Zum anderen lag es an d e r zumindest nach der Berufung Max Webers von Freiburg nach Heidelberg - ablehnenden Haltung des Ministeriums gegenüber Berufungen zwischen den Badener Universitäten. Im Ministerialerlaß des Ministers v. Dusch vom 22. Mai 1907 heißt es u.a.: „Wirersuchen, den Vorschlag der phlios. Fakultät dahin ergänzen zu lassen, daß mindestens drei Gelehrte auf die Vorschlagsliste gesetzt werden.[...] Nun kann es im vorliegenden Falle keinem Zweifel unterliegen, daß es außer Professor Meinecke noch andere Vertreter der neueren Geschichte gibt, denen man das Vertrauen entgegenbringen darf, daß sie den Anforderungen der erledigten Professur entsprechen. Der Umstand, daß Professor Meinecke als der geeignetste Nachfolger des Herrn Geheimen Hofrats Professor Dr. Mareks angesehen wird, kann durch die Reihenfolge der Vorschläge und die Begründung genügend hervorgehoben werden. Auch die Schwierigkeit, sich über die weiteren Vorschläge und die Reihenfolge der vorzuschlagenden Gelehrten zu einigen, kann das eingehaltene Verfahren um so weniger rechtfertigen, als der philosophischen Fakultät und dem Engeren Senat die Bedenken des Ministeriums, Freiburger Professoren auf Heidelberger Lehrstühle zu berufen, wohl bekannt sind." UA Heidelberg, I—I—III, 4a, Nr. 130. So mußte die philosophische Fakultät Neuvorschläge betr. die Wiederbesetzung des Lehrstuhls für neuere Geschichte einreichen. Die Berufungsvorschläge vom 8. Juni 1907 brachten an 1. Stelle wiederum Friedrich Meinecke, daneben an 2. Stelle pari loco Erich Brandenburg, Otto Hintze sowie Hermann Oncken. Berufen wurde dann Hermann Oncken. - Bei dem von Weber erwähnten seinerzeitigen Dekan handelt es sich um Johannes Hoops. 2 Es geht hierbei um die Neubesetzung des zweiten Lehrstuhls für Philosophie. Dieser war seit der Emeritierung Kuno Fischers 1906 unbesetzt. Zum weiteren Verlauf der Lehrstuhlbesetzung vgl. den Brief an Georg Jellinek vom 21. März 1908, unten, S. 467ff., und die sich daran anschließende Korrespondenz. 3 Briefe Max Webers sind im (Rest-)NI. Erich Mareks im GLA Karlsruhe nicht nachgewiesen.
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einleuchtete), secundo: „Psychologie" im Sinn der generalisierenden Cw/iwrwissenschaft, also: Simmel, gerathen u. gesagt, wenn ein Dritter nötig sei, könne es nur Husserl oder Münsterberg sein. Letzteren will Niemand, Husserl ist Jude, Windelband will gegen jeden „Dritten" sein,d und erklären, „er erkenne ein Bedürfnis, durch eine Mittelmäßigkeit ergänzt zu werden, nicht an. " 2) Was wird und wie fest W[indelband] bleibt, weiß Niemand, auch zieht sich die Sache noch lange hin, da Keiner recht zupacken will.4 Was Sie über die Divergenz Ihrer Stellung von der W[indelband]'s sagen, ist mir natürlich nicht unbekannt. Mir geht es nicht gut, von Arbeiten ist noch immer keine Rede. Ihrer Frau herzlichen Dank für die wunderbar schöne Makronentorte. Wäre ich besser auf dem Damm, so käme ich Pfingsten mich bedanken, so muß es bis zum Spätsommer bleiben. Wir erwarten nach Pfingsten (bzw. nach dem Straßburger Vortrag meiner Frau) 5 meine Mutter auf 8—10 Tage. Leben Sie wohl. Wie gesagt, ich glaube, daß Ihr jetziger Vorschlag (den ich für® möglich und wahrscheinlich, aber sachlich sicher gleichgültig halte) Bedeutung nur insofern hat, als er Sie als Nachfolger W[indelbandj's designiert. Daran wird sich sowohl W[indelband] wie Simmel (falls er berufen wird) binden müssen. Herzliche Grüße Ihres Max Weber 2)
d
Genau Dasselbe hatte auch ich Mareks geschrieben.
(da er)
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(so)
4 Tatsächlich sind die Berufungsvorschläge erst am 17. Februar 1908 an das Kultusministerium gegangen. Vgl. G L A Karlsruhe, 235/3134. 5 Marianne Weber hielt das Korreferat über das Thema: Die Bekämpfung der Unsittlichkeit mit besonderer Beziehung auf den Schutz der Jugend, abgedruckt in: Die Verhandlungen des achtzehnten Evangelisch-sozialen Kongresses. - Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1907, S. 1 1 4 - 1 2 5 .
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Alfred Weber 22. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 71 - 7 2 Im Gefolge der Bildung des sog. Bülowblocks im Februar 1907 kam es im Frühjahr 1907 zu einer Auseinandersetzung über einen evtl. Übergang zum parlamentarischen System. In einer Artikelfolge „ Deutschlands und Preußens äußere und Innere Politik in der Gegenwart", in: Neue Freie Presse, Nr. 15306 vom 3. April 1907, Mo.BI., S. 1 - 3 , sowie Nr. 15307 vom 4. April 1907, Mo.BI., S. 2 - 3 , hatte Gustav Schmoller das parlamentarische System für das Deutsche Reich rundweg abgelehnt. Alfred Weber war ihm in einem am 21. April 1907 erschienenen Artikel: Konstitutionelle oder parlamentarische Regierung in Deutschland? Ebd., Nr. 15324, Mo.BI., S. 1 - 3 , entgegengetreten. Daraufhin hatte sich dann auch Georg Jellinek mit einem am 19. Mai 1907 erschienenen Beitrag: Bundesstaat und parlamentarische Regierung, ebd., Nr. 15352, Mo.BI., S. 1 - 3 , zu Wort gemeldet und einen Übergang zur parlamentarischen Reglerungsweise als mit dem bestehenden föderalistischen Reichsaufbau unvereinbar bezeichnet. In einem nicht überlieferten Brief dürfte Alfred Weber daraufhin angeregt haben, daß Max Weber diesem öffentlich entgegentreten möge.
Heidelberg 22/V 7 Lieber Alfred! Ich würde an sich nicht ungern antworten, - aber mir geht es noch immer so mordsschlecht! Jedenfalls würde ich - da einige bestimmte ^laufende:! Pflichten trotz Allem erledigt werden müssen u. ich zum Formulieren fast unfähig bin - Zeit brauchen. Ob Du nicht lieber selbst nochmals das Wort nimmst? Eile hat die Sache ja nicht, - Jellinek hat ja auch Wochen lang gedruckst offenbar^] und was zu sagen ist, kommt immer noch zur Zeit. J[ellinek]'s Aufsatz, gut gemeint wie er ist, ist typisch für die Art, wie Juristen politische Dinge behandeln. 1 Je geistreicher sie sind, desto mehr werden sie vom Formalismus mit Blindheit geschlagen. Natürlich ist ja vieles ganz richtig u. es wäre taktisch falsch - bei seinem großen (u. auf seinem Gebiet berechtigten) Renommee 3 - die Entgegnung als eine „Entgegnung" oder als „Angriff" zu formulieren, statt als „Ergänzung" oder so etwas Ähnliches. 2 a O: Rennommee 1 D.I. der oben genannte Artikel „Bundesstaat und parlamentarische Regierung", dem auch die nachfolgend zitierten Passagen entnommen sind. 2 Eine entsprechende „Entgegnung" bzw. „Ergänzung" aus der Feder Alfreds oder Max Webers ist in der Neuen Freien Presse nicht erschienen.
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Daß das „persönliche Regiment" des verantwortlichen Ministers etwas Heterogenes ist gegenüber dem Hineinpfuschen des unverantwortlichen Monarchen - das muß doch auch der Formalist schließlich einsehen. 3 Und daß wir ja grade verlangen, der Bundesrath solle 1 ' eine StaatenVertretung (u. nicht eine Vertretung der Dynastien)4 werden, daß nur so der jetzige Zustand: daß der preußische Dreiklassen-Landtag uns Alle, als Vasallen, regiert, geändert werden könnte, b - das hätte Jellinek auch wissen können u. sich daher über diesen Gedanken nicht ausschweigen dürfen. Heute sind die „23 Millionen" einfach ebensoviel Nullen für den Bundesrath bzw. für das Berliner Regime. 5 Bitte überlege, ob Du 0 etwas sagen willst. Mein Puckel lehnt die physische Schreib-Leistung ab, das ist die Schwierigkeit. Gelingt es mir dochd, so schicke ich Dir das Opus zur eventl. Weitergabe an die ,,N[eue] F[reie] Pr[esse]", der ich fern stehe. Hast Du inzwischen etwas geschrieben, dann schickst Du Deine Sache u. meine eventl. Niederschrift bleibt dann besser ungedruckt. Herzl. Gruß! Max Durch allgemeines] Wahlrecht in den Einzelstaaten, |:und effektive parlamentarische:! Ministerverantwortlichkeit6 für die Bundesrathsinstruktionen wie für alle Reg[ierungs]-Handlungen f in den Einzelstaaten. b (daß)
c (antworten w)
d O: zweifach unterstrichen,
e (auch)
f ([nun])
3 Dies bezieht sich insbesondere auf die folgende Passage bei Jellinek, Bundesstaat, S.2: „Man beschwert sich heute über das persönliche Regiment Wilhelms II. und vergißt, daß ihm die Epoche Bismarcks vorangegangen war, dessen unbeugsamen Willen die ihm ohnmächtig Widerstrebenden noch schmerzlicher empfanden, als die heute die selbstherrlichen Bestrebungen des Kaisers Bekämpfenden." 4 Formell gesehen war der Bundesrat die Vertretung der Verbündeten Regierungen und damit indirekt der einzelstaatlichen Dynastien. Max Weber trat demgegenüber dafür ein, in den Bundesrat nicht bloß beamtete Vertreter der bundesstaatlichen Regierungen zu entsenden, sondern ihn für die Führer der politischen Parteien der bundesstaatllchen Parlamente zu öffnen und damit zu einerechten Vertretung der polltischen Interessen der Bundesstaaten zu erheben. Vgl. Mommsen, Max Weber2, S. 188f. 5 Jellinek hatte zur Stützung seiner These, daß die Interessen der süddeutschen Bevölkerung durch eine Parlamentarisierung der Reichsverfassung nicht mediatislert werden dürften, unter anderem angeführt: „Wie Immer man die Stellung Preußens zu den anderen verbündeten Regierungen schätzen mag, diese Regierungen repräsentieren eine Bevölkerung von mehr als dreiundzwanzig Millionen, [...] Daß eine solche Macht politisch ganz belanglos sein könne, liegt außerhalb des Bereiches politischer Wirklichkeit." Bundesstaat, S.2.
27. Mai 1907
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Georg Jellinek 27. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31
Heidelberg 27/V 7 Verehrter Freund und College! Ich darf nun doch Ihrer freundlichen Einladung nicht Folge leisten, obwohl ich sowohl Burgeß 1 gern getroffen wie - vor Allem auch - sehr 5 gern Ihre liebenswürdige Gastfreundschaft genossen hätte. Aber ich sehe, daß es leider noch nicht geht. Ich würde wieder ganz in das Schlafmittel-Gebrauchen hineinkommen, wovon ich mich eben mühselig genug befreit habe;,] und die Erinnerung an die schlimmen Zeiten der letzten Monate belastet mich noch zu stark, als daß ich das Risiko 10 übernehmen könnte, außer als in Pausen von mindestens 8 Tagen Abends mit Menschen zusammen zu sein. Haben Sie nochmals vielen Dank, mit bestem Gruß u. Empfehlung Ihr Max Weber
1 Offensichtlich handelt es sich um den amerikanischen Staatsrechtler John William Burgess von der Columbia University, New York, der im Wintersemester 1906/07 die erste „Roosevelt-Professur" In Berlin bekleidet hatte (vgl. Hochschul-Nachrichten, Jg. 17, Heft 193, Okt. 1906, S. 1 7 - 1 8 ) und im Anschluß daran eine Deutschlandreise unternahm, die ihn im Mai 1907 auch nach Heldelberg führte.
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29. Mai 1907
Richard Graf Du Moulin-Eckart 29. Mai 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BayHStA München, MK 19565
Heidelberg 29/V 7 Verehrtester Herr College! Es freut mich sehr zu hören, daß auch Gottl in Betracht gezogen wird, trotzdem seine Arbeiten ja weit ab von der Straße liegen und in der Eigenart ihrer Sprache direkt an das selbst für den Fachmann Unverständliche grenzen. 1 Denn nicht nur enthalten a jene Arbeiten 3 , wenn man sich die (nicht geringe) Mühe nimmt, sie durchzuarbeiten, eine erstaunliche Fülle der tiefdringendsten Gedanken, welche über diese schwierigen Probleme zu Tage gefördert worden sind (was ich als entschiedener Gegner mit voller Objektivität behaupten darf). 2 Sondern vor Allem wäre b dozentisch und persönlich die Acquisition G[ottl]'s sicherlich für die Hochschule ein guter Griff. Sie erwähnen noch Zahn - Düsseldorf und Zöpfl - Berlin. Ohne dem 0 letzteren irgend zu nahe zu treten, bin ich meinerseits denn doch der sehr entschiedenen Ansicht, daß er vorerst weder mit Zahn noch, vollends, mit den andren von Ihnen in Betracht gezogenen Herren in einem Athem genannt werden kann und bin durchaus überzeugt, daß diese Meinung auch von andren unbefangenen Beurteilern geteilt werden muß; mir scheint also Ihr Bedenken durchaus begründet zu sein. Für Zahn habe ich sehr entschiedene Schätzung; |:auch:| seine viel angefochtene Bearbeitung der Berufszählung von 18953 ist keineswegs gegen alle Bedenken immun, aber doch jedenfalls eine recht bedeutende Arbeit, er selbst ein anständiger und höchst liebenswürdiger Mensch. Nur wird die Hochschule doch wohl auf eine erhebliche dozentische Bewährung Gewicht legen müssen, wie sie Gottl, Wittich, Zwiedineck d , Eulen-
a sie > jene Arbeiten
b ist > wäre
C 0 : den
d 0 : Zwiedeneck
1 Vgl. dazu den Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 4. Mal 1907, oben, S. 291 ff. 2 Ebd., S. 293. 3 Zahn, Friedrich, Die berufliche und soziale Gliederung des Deutschen Volks nach dem Ergebnis der Berufszählung vom 14. Juni 1895, In: Statistik des Deutschen Reichs, Neue Folge, Bd. 111,1899, S. 1 - 2 7 9 .
29. Mai
1907
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bürg zweifellos besitzen. In dieser Hinsicht aber läßt sich naturgemäß über Zahn nichts Bestimmtes sagen. 4 Daß er an sich durchaus verdient, auf der Liste zu stehen, ist entschieden anzuerkennen, es fragt sich nur, ob die Hochschule nicht von ihrem Interessenstandpunkte aus die And5 ren schließlich doch voranstellen müßte. Falls Sie eine eingehendere Begründung der vorstehenden Werthurteile wünschen, so bin ich dazu sehr gern bereit. Mit freundschaftlichen Grüßen und Empfehlungen 10 Ihr ergebenster Max Weber
4 Über die dozentischen Qualitäten Friedrich Zahns ließ sich deshalb nichts Bestimmtes aussagen, da dieser s.Z. kommunalpolitisch als I.Beigeordneter der Stadt Düsseldorf tätig war.
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Richard Graf Du Moulin-Eckart I . J u n i 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig BayHStA München, MK 19565
Heidelberg 1/VI7 Verehrtester Herr College! Gern gebe ich auf Ihren Wunsch noch nähere Auskunft, speziell über F[riedrich] Gottl.1 Sie schreiben, daß Brentano ihn nicht für geeignet für die Technische] Hochschule halte. 2 Ich kann mit meinem verehrten Freunde in diesem Fall einmal schlechterdings nicht übereinstimmen. Ich nehme an, daß ihm die für den Nichtspezialisten sehr schwer verständlichen methodologischen Untersuchungen G[ottl]'s Anstoß geben. Allein bei der sehr großen Zahl von Berufungen, die ich miterlebt habe, ist mir eine Maxime als unverbrüchlich richtig zum Bewußtsein gekommen: daß man am besten fährt, wenn man rücksichtslos immer den geistig Bedeutendsten, Intelligentesten nimmt, wie spezialistisch3 und scheinbar abliegend auch seine schriftstellerischen Leistungen sein mögen, vorausgesetzt nur. gute dozentische Begabung. Daß G[ottl] diese hat, daran kann ich nach dem einstimmigen Zeugnis der Herrn hier (ich war ja während seines Dozententums grade im Süden) nicht zweifeln, auch der persönliche Eindruck spricht dafür. Ich meine |:also:|, man sollte sich durch den Umstand, daß G[ottl] (bisher) nicht speziell Industrieprobleme schriftstellerisch behandelt hat, ganz ebensowenig beeinflussen lassen, wie bei Wittich, der, wie Sie schreiben, auch in Frage kommt und |:der:| ebenfalls (bisher) wesentlich agrargeschichtlich und rechtshistorisch, nicht aber über Industrie, publiziert hat. Eine relative Abschätzung von Gottl und Wittich ist mir nicht leicht, da ich Jeden in seiner Art gleich hoch schätze und auch als Persönlichkeit gern leiden mag. Auch Wittich ist wie Gottl ein „Eigenbrödler" in seiner Art wissenschaftlich zu arbeiten. b Persönlich ist Wittich der einfacher |:Construierte:|, langsam und sorgsam Wägende, still verschlossea eigenartig > spezialistisch
b (Persönl)
1 Vgl. Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 4. Mai 1907, oben, S. 291 ff. 2 Brief Lujo Brentanos an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 29. Mai 1907, BayHStA München, MK 19565: „Von Dr. Friedrich Gottl, jetzt in Brünn, kenne ich nur das Buch ,die Herrschaft des Worts, Untersuchungen zur Kritik nationalökonomischen Denkens'. Ich würde ihn danach nicht gerade als für das Polytechnikum als geeignet ansehen."
1. Juni 1907
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ne Gelehrte, Gottl vielleicht der feiner Construierte, Temperamentvollere, geistig Werbende und für seine Ideen Begeisterte. Beide haben etwas sehr Gewinnendes im Verkehr von Person zu Person, Wittich ist dabei der kühlere, Gottl - in seiner Erscheinung an die feinsten Typen gebildeter Offiziere erinnernd - der beweglichere. Die längere Lehrerfahrung hat Wittich für sich, - andrerseits müßte doch für Gottl wohl stark ins Gewicht fallen, daß er bereits erfolgreich grade an einer Technischen Hochschule gewirkt hat. Hätte ich persönlich zu votieren, so würde ich, - ohne meiner sehr hohen Schätzung Wittich's irgendwie etwas zu vergeben - Alles in Allem für diesen Fall °wohl sicher c für Gottl eintreten. - Doch das sind schließlich doch ausschließlich Ihre Sorgen. Was Gottl's wissenschaftliche Arbeiten anlangt, so wiederhole ich: ich stehe erkenntnistheoretisch auf dem entgegengesetzten Standpunkt, habe G[ottl] auch öffentlich (in Schmollers Jahrbuch 1905 S. 1375 u. öfter) angegriffen. 3 Gottl ist von Mach, Wundt, Münsterberg, daneben von Dilthey beeinflußt. Ich kann gewisse Consequenzen seines Standpunkts (bezüglich der sog. „Objektivierung" des Erlebten) nicht zugeben, finde den Standpunkt an sich aber nirgends so geistvoll vertreten wie in der „Herrschaft des Wortes" (seiner Hauptarbeit). 4 Die große Schwierigkeit des Verständnisses für den Nichtspezialisten liegt darin, daß G[ottl] sein ganz eminentes sprachkünstlerisches - möchte ich sagen - Talent | :auch: | dazu verwerthet hat, die bisher übliche philosophische und psychologische Terminologie sorgsam zu vermeiden, da er sie für seine Zwecke für misverständlich hält. Ich bedaure das in seinem Interesse: das Buch würde gänzlich anders gewirkt haben, hätte er in dieser Hinsicht Conzessionen gemacht. Daß er die Studenten mit diesen wichtigen, aber doch |:für sie: | entlegenen Dingen nicht plagt, versteht sich übrigens von selbst. Die Hochschule würde, glaube ich, dozentisch und menschlich an ihm ihre Freude erleben und außerdem einen ungewöhnlich scharfen Denker acquirieren, wenn sie ihn beriefe. Mit freundschaftlichem Gruß! Max Weber C wahrscheinlich > wohl sicher 3 Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. Ii. Knies und das Irrationalitätsproblem, In: SchmJb, Jg. 29, Heft 4, 1905, S. 8 9 - 1 5 0 bzw. S. 1 3 2 3 - 1 3 8 4 nach der Jahrgangspaglnlerung (MWG I/7); vgl. auch Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 4. Mal 1907, oben, S. 293, Anm. 25. 4 Gottl, Friedrich, Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. - Jena: Gustav Fischer 1901.
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20. Juni 1907
Robert Michels PSt 20. J u n i 1 9 0 7 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , F a s z . 4 3
Lieber Herr D r Michels! Nein - es geht mir leider recht schlecht. Ich bin nicht wieder arbeitsfähig geworden u. fürchte, es nicht sobald zu werden. - Im August werden wir höchst wahrscheinlich hier sein (es sei denn, daß ich an die See müßte) u. Ihr Weg nach Halle führt ja über Heidelberg - Frankfurt. Also! Gehen wir fort, so schreibe ich Ihnen noch vorher. Wie steht es mit Ihrer Frau u. dem Verein für Sozialpolitik? Sind beide handelseinig? - 1 V[erehrter] Fr[eund]! Ihre Manuscripte müssen in andrem Zustand eingeliefert werden! Ich wundre mich, daß Sie allein schon die Stilgebung vertragen können! Sie schreit ja zum Himmel, u. die Spuren davon lassen sich niemals ganz durch Druck-Correctur verwischen. Sie müssen Sich mehr Zeit zum Durchsehen Ihrer Mscr. lassen, nicht nur im Interesse der Druckerei bzw. überhaupt der technischen, sondern grade der künstlerisch-litterarischen Seite der Sache. Man merkt jetzt allen Ihren Arbeiten die Hast an, - die ich ja sehr wohl verstehe! Nehmen Sie diese Bemerkung nicht übel, - sie ist wahrl Herzl. Grüße Ihnen beiden von meiner Frau u. mir Max Weber
1 Max Weber hatte sich für die Drucklegung einer Abhandlung von Gisela MichelsLlndner über Italienischen Munizipalsozialismus in den Schriften des Vereins für Sozialpolitik verwendet. Vgl. die Briefe an G. Michels-Lindner vom 30. Jan. 1907, [vom oder nach dem 5. Febr.] sowie [vom oder nach dem 7. Febr. 1907], oben, S. 2 2 7 f „ 250f. und 258.
22. Juni 1907
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Gisela Michels-Lindner PSt 2 2 . J u n i 1 9 0 7 ; PSt H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E T u r i n , Nl. R o b e r t M i c h e l s , K a p s e l M a x W e b e r , Fasz. 4 4 Datiert nach dem in Fasz. 44 beiliegenden Briefumschlag. Der Brief befindet sich auf einem Schreiben von Carl Johannes Fuchs an Max Weber vom 21. Juni 1907, in welchem dieser mitteilt, daß Karl Rathgen seinen Widerspruch gegen eine Aufnahme der Arbeit von Gisela Michels-Lindner über italienischen Munizipalsozialismus innerhalb der Schriftenreihe des Vereins für Sozialpolitik zurückgezogen habe und als Ablieferungstermin der 1 .Juli 1908 vorgesehen sei.
Liebe Frau Doktor!
6
Ich schicke am einfachsten diese 3 Benachrichtigung direkt an Sie. Hoffentlich geht es Ihnen Beiden gut. Auf Wiedersehen hoffentlich im August! Herzliche Grüße v. H. z. H. Ihr Max Weber
a Unsichere Lesung.
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22. Juni 1907
Alfred Weber 22. Juni 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 7 6 - 7 7
Hbg 22/6 7 Lieber Alfred! Ich habe bisher geschwiegen, auch um Dich nicht in Deiner politischen Arbeit zu stören. 1 Jetzt aber baten mich Collegen, Dir zu schreiben. 2 1) Sombart,2) Herkner, 3) D u sind vorgeschlagen, mit dem Bemer- 5 ken, daß die Fakultät die ersteren nur voranstelle, weil Dein Buch noch nicht vorliege. 3 Man wünscht Dich, u. nimmt an, daß Sombart entweder ablehnt, oder nicht berufen wird. Die Regierung hat sich nämlich auf den Standpunkt gestellt, die Handelshochschulen generell zu boykottieren (aus Ärger über die hohen Gehälter dort) 4 u. wird sich 3 schwerlich 10 a ih > sich 1 Dies bezieht sich auf Alfred Webers politisches Hervortreten in Österreich. Vgl. dazu die Mitteilung im Heidelberger Tageblatt, Nr. 154 vom 5. Juli 1907,1. BL, S.3, unter der Rubrik „ Lokale Nachrichten": „In der jüngsten Zeit hat Professor Weber begonnen, sich auch am politischen Leben in Österreich zu beteiligen. So hat er kürzlich in Wien gelegentlich der letzten Reichsratswahlen an einer Versammlung der Kandidatur des Freiherrn von Hock sich beteiligt." 2 Es handelt sich um die Besetzung des Lehrstuhls für Nationalökonomie, der durch den Fortgang Karl Rathgens an den 1906 gegründeten Lehrstuhl für Nationalökonomie der „wissenschaftlichen Stiftung" In Hamburg vakant geworden war. 3 Vgl. Eingabe der philosophischen Fakultät Heldelberg vom 18. Juni 1907, GLA Karlsruhe, 235/3140, Bl. 174-177: „Die Reihenfolge, die wir hier innegehalten haben, ist nur nach der Bedeutung der bisherigen wissenschaftlichen Leistungen gewählt. Ein lang vorbereitetes großes Werk über die Standorte der Industrie wird demnächst erscheinen und damit wird sich Alfred Weber auch wissenschaftlich wahrscheinlich in die vordersten Reihen der Nationalökonomen stellen." 4 Insbesondere Werner Sombart bezog im Vergleich zu den Hochschullehrern an Universitäten ein exorbitant hohes Gehalt, wie aus einer Vertragsabschrift der Handelshochschule mit Sombart hervorgeht: „ § 2 Herr Professor Dr. Sombart bezieht ein jährliches [...] Gehalt von 15000 Mark, welches alle drei Jahre um 1000 Mark bis 20000 Mark steigt." ZStA Merseburg, Rep. 120, E XIII, Fach 3, Bd. 1, Bl. 141. Im Vergleich dazu bezogen Professoren In Baden Im Jahre durchschnittlich ca. 6000 Mk. an Gehalt sowie ca. 6000 Mk. an Hörergebühren. Ausschlaggebend für die Nichtberufung Sombarts scheinen aber erneut Bedenken politischer Art gewesen zu sein, wie aus einem Schreiben des Kultusministers Frhr. v. Dusch an Großherzog Friedrich I. vom 20. Juni 1907 hervorgeht (GLA Karlsruhe, Großh. FA 13, N.367, Fase. 119): „Gegen Sombart bestehen die Euerer Königlichen Hoheit bekannten Bedenken einer sehr einseitigen, dem Sozialismus zuneigenden Richtung."
22. Juni 1907
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eine Absage von ihm holen wollen. Herkner wird nicht berufen, da dies der Abrede mit Althoff zuwiderläuft. 5 Sollte der Ruf an Dich kommen, so mußt Du m. E. hierherkommen, um einen richtigen Begriff zu erhalten. 6 Es scheint mir, so sehr ich alle 5 Gründe, die Dich an Österreich binden, 7 kenne, fast unmöglich, daß Du ablehnst. Aber ich werde nicht versuchen, Dich zu beeinflussen. Nur: sieh Dir die Sache an. Mir geht es nicht gut. Herzl. Gruß 10 Max (Unser Fremdenzimmer steht bereit!)
5 Wahrscheinlich spielt Weber hier auf die Praxis des preußischen Kultusministeriums an, neuberufenen Ordinarien durch ein von diesen unterschriebenes Revers die Annahme einer anderwärtigen Berufung innerhalb der nächsten zwei Jahre zu untersagen bzw. diese an die Zustimmung des Ministeriums zu binden. Herkner war 1907 von der Universität Zürich an die TH Berlin berufen worden. 6 Das Angebot an Alfred Weber, in Berufungsverhandlungen einzutreten, erfolgte am 22. Juni, wie aus dessen Antwortschreiben an Franz Böhm vom 25. Juni 1907 (GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz. 635) hervorgeht. Alfred Weber reiste wenig später nach Heidelberg, wo er am 27. Juni eintraf; vgl. Karte von Marianne Weber an Helene Weber vom selben Tage (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446): „Alfred [...] ist vor einer Stunde hier erschienen - jetzt fährt er zu Gothein, Max begleitet ihn." Am Vormittag des 28. Juni fuhr Alfred Weber weiter nach Karlsruhe, um die mündlichen Berufungsverhandlungen einzuleiten. 7 Alfred Weber lehrte an der Universität Prag.
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25. Juni 1907
Alfred Weber PSt 25. Juni 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 78
Lieber Alfred! Ich erhalte eben Dein Telegramm. 1 Es wäre ja sicher angenehmer gewesen, wenn dieses Ereignis erst nach Fertigstellung Deines Buches 2 eingetreten wäre, - da eine Übersiedlung natürlich wieder Stockungen der Arbeit herbeiführen wird. Aber Du wirst Dich hier überzeugen, daß 5 die Berufung aus sachlichen Gründen 3 in den Verhältnissen begründet war und speziell Gothein sie wünschte und wünschen mußte. Ich bin daran natürlich ganz unbeteiligt. Daß weder Sombart noch Herkner ernsthafte Vorschläge waren, wußte Jedermann, - auch die Regierung. Also: das Fremdenzimmer steht bereit. Auf Wiedersehen. 10 Herzlichst Max Dekan ist Professor D r J[ohannes] Hoopsb, Klingenteichstr. 13.
a (nicht vermeidli)
b (hier)
1 Das Telegramm ist nicht nachgewiesen. Darin dürfte Alfred Weberden Erhalt des Rufes nach Heidelberg mitgeteilt haben. 2 Dies bezieht sich auf das in Vorbereitung befindliche, aber erst 1909 erschienene Werk: Über den Standort der Industrien. Teil 1. Reine Theorie des Standorts. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).
28. oder 29. Juni 1907
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Alfred Weber [28. oder 29. Juni 1907] ; o . O . Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 1 0 0 - 1 0 1 Datum erschlossen aus den Hinweisen im folgenden Brief auf Gespräche mit Alfred Weber, die während seines Aufenthalts in Heidelberg am 27. und 28. Juni stattgefunden haben, sowie aus dem Hinwels in der Karte an Alfred Weber vom 30. Juni 1907 auf ein vorhergehendes Schreiben, In welchem sich Weber skeptisch über die Höhe der Hörerfrequenz bei verspätetem Vorlesungsbeginn im Semester äußert.
Lieber Alfred! Nachträglich sind mir noch zwei Dinge eingefallen, die, wie ich glaube, besser schon, ehe Du Dich entschließest, 1 erörtert werden sollten. Das Eine ist die eventuelle Vorlesungszezf. Ich hörte, daß Du beiläufig sagtest, Du wollest das 5stündige Colleg auf die drei ersten Wochennachmittage verteilen. Es ist mir - das möchte ich gern ausdrücklich gesagt haben - sehr zweifelhaft, ob Du das dauernd wirst möglich machen können, da die Studenten hier ziemlich empfindlich darauf reagieren, so viel ich weiß 1 ', und Du auch mit den Vorlesungen von Collegen auf diese Art ungemein viel stärker collidierst.2 Das Unterrichtsinteresse steht jedenfalls auf die Dauer, wie ich glaube, dieser Verteilung entgegen | :wie Du Dich überzeugen würdest: |. Ich glaubte dies lieber jetzt |:vorher:| sagen zu sollen, weil es für Deine Überlegung in Betracht kommen kann und Dir vielleicht späteren Ärger erspart, falls Du herkommst. Das zweite ist der Zeitpunkt Deines eventuellen Herkommens. Ich möchte Dich nur auf das Eine vorbereiten: daß, wenn Du durch Deine Arbeit genötigt wirst, so spät zu kommen, wie Du sagtest, jedenfalls ein Unzweideutige Freiburger Erfahrungen von mir und Schulze-Gävernitz.
1 Es handelt sich um die Annahme von Alfred Webers Ruf an die Universität Heidelberg. Vgl. die beiden vorhergehenden Anschreiben. 2 Die Anzeige der Vorlesungen der Großh. Badischen Ruprecht-Karls-Universität zu Heldelberg für das Sommer-Halbjahr 1908. - Heldelberg: Universltäts-Buchdruckerel von J. Hörning 1908, S. 23, vermerkt als Vorlesungsstunden von Alfred Weber für Allgemeine Volkswirtschaftslehre: „Montag bis Freitag von 1 2 - 1 " , sowie für Finanzwissenschaft: „Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 6 - 7 Uhr."
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28. oder 29. Juni 1907
sehr „klatriger" 3 Anfang des Semesters und Deiner Lehrthätigkeit die Consequenz ist. (Schulze-Gävernitz kam 1896 in Freiburg am 10. November |:vom Urlaub: | zurück, hatte dann in der „Praktischen] National]-Ök[onomie]" 9 a |:(sie!): | Studenten, gegen über 100in der „Theoretischen" im Sommer. b4 Ohnehin kommt Dein Name nicht mehr in den Katalog, |:da es zu spät dazu werden wird.:| Nun ist das Schicksal des Anfangssemesters ja objektiv für Dich gewiß nichts Entscheidendes. Aber ich kann nicht sicher beurteilen, wie - bei den mancherlei die Stimmung beeinflussenden Dingen, die, wie Du ja selbst so stark betontest, Deine eventuelle Herkunft aus Prag für Dich zu einem psychisch schweren Übergang stempeln, - nicht auch dies Moment doch stärker, als Du vielleicht vermutest, /raispielen könnte, und ob c nicht |:doch:| vielleicht das Unangenehme und Deprimierende eines vorzeitigen Abbruchs Deiner wissenschaftlichen Arbeit weniger stark ins Gewicht fällt. Du allein kannst das wissen, ich wollte nur die Thatsache, daß die Studenten |: oft: | auch darauf ziemlich stark reagieren, gern ins Gewicht geworfen haben. Es ist schade, daß Rathgen's Gedanke: Umsiedelung erst Ostern, nicht rechtzeitiger erörtert worden ist. Ich bin begierig, wie weit das Ministerium Dir in den übrigen Dingen entgegenkommen wird. Es ist mir nachträglich natürlich sehr auf die Seele gefallen, daß ich nicht doch, ehe der Vorschlag perfekt war, mich durch Correspondenz mit Dir vergewissert habe, wie stark Deine (mir an sich nicht unbekannten und im höchsten Grade verständlichen) Antipathien gegen einen jetzigen Wechsel Deiner Stellung waren, und Dich dadurch in eine Art von Zwangslage gerathen ließ, bei der jeder Entschluß seine psychischen Strafen empfangen wird. Denn das ist natürlich durchaus wahr: Du wirst Dir hier zuerst, so zu sagen, „pensioniert" vorkommen (wie ich s. Z. in Freiburg) in Bezug auf alle politische Thätigkeit größeren Stils, und andrerseits „in Reih und Glied einrangiert" in Bezug auf Freiheit der Bewegung in der Gestaltung des Unterrichts. So lange die persönlichen Beziehungen fehlen, wird Dir die Sache |:hier:| unendlich nüchtern vorkommen („awfully dutch", wie die Amerikaner sagen), da Du den a 0 : zweifach unterstrichen,
b Klammer fehlt in O.
c (es)
3 „Klatrig" (norddeutsch, veraltet) bedeutet hier soviel wie: „jämmerlich". 4 Nach den Abrechnungen der Akademischen Quästur (UA Freiburg) zu urteilen, hatte Gerhart v. Schulze-Gaevernitz im Sommersemester 1896 nur 35 Hörer; für das Wintersemester 1896/97 ist keine Zahl angegeben, da er anscheinend nicht gelesen hat.
28. oder 29. Juni 1907
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Eindruck gewinnen mußt, daß die Collegen sich nur für Unterrichtsinteressen interessieren und nach diesem Maßstab |:auch allein: | den Werth der Menschen abschätzen. Ob der Eindruck dauernd so bleiben würde, weiß ich nicht. Aber zunächst würde es so sein, - damit mußt Du rechnen. Du wirst ein gutes Verhältnis zu den - teilweise doch recht werthvollen - Collegen erst dann gewinnen, wenn Du die Übersiedelung hierher nicht mehr als ein Opfer empfindest, - das liegt in der Sache. Daß Du es jetzt nicht leicht anders empfinden könntest, ist mir - ich wiederhole es - in jeder Hinsicht selbstverständlich nach Dem, was Du mir erzählt hast. Ich kannte die Art Deiner politischen Engagiertheit eben doch nicht genügend. Du wirst ja nicht mißverstehen, weshalb ich dies Alles schreibe: „pro exoneranda conscientia". Herzlichst Max. verte! Nur noch ein Schlußwort über die Motive Deiner Herberufung. Sie hat mit meiner Beziehung zu den Collegen hier thatsächlich gar nichts zu thun, so unwahrscheinlich Dir dies scheinen mag. Die Fakultät wußte, daß dies als Grund dagegen ins Gewicht fallen müßte. Man wünschte: 1) den Dozenten, 2) die Combination von Sozialpolitiker und Theoretiker. - Ich möchte dies nur nochmals festgestellt haben. Der Wunsch, daß Du kommst, ward spontan u. allgemein.
d [...]> war
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30. Juni 1907
Alfred Weber PSt 30. Juni 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 79
L.A.! Gothein war gestern nochmals da um seinem Abscheu vor dem Gedanken Du könntest ablehnen Ausdruck zu geben - weil dann Tröltsch (Marburg) 1 unvermeidlich sei, und weil er mit Dir auch abgesehen davon am liebsten zusammenarbeiten würde, grade nachdem er Dich kennen gelernt habe. Ich habe gesagt, daß ich Dir zwar diesen seinen Wunsch, der Dich als Ausdruck seiner Gesinnung erfreuen werde, mitteilen würde, - daß ich aber unmöglich versuchen könnte, nachdem ich Deine Bedenken kennen gelernt habe, ihr Gewicht zu verkleinern, und Dir ein falsches Bild zu geben, so sehr ich - wie er sich denken könne, - seinen Standpunkt teile. - Den späteren Anfang bezeichnete er nochmals als durchaus ««bedenklich, auch für die Frequenzchancen. Das halte ich für zu optimistisch, wie ich schon schrieb. Herzlichst Max Auch Jellinek war eben hier.
1 Gemeint ist der Marburger Nationalökonom Walter Troeltsch.
1. Juli 1907
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Alfred Weber PSt 1. Juli 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 80
Lieber Alfred! Die Antwort Böhms kann sich etwas hinziehen. 1 Er wird Dir jedenfalls die |: auf: | einzelnea Bedingungen eingehende Antwort geben und Vorschläge machen. Da sie hier jetzt ganz gewaltig im Gedränge sind (3 5 Rufe nach Hamburg, 1 nach Berlin, 2 verschiedene andre Neuforderungen), so ist es nicht wunderbar, wenn Böhm es nicht schneller ermöglichen kann, die Antwort des Ministers zu extrahieren u. Dir mitzuteilen. Auch ich wünschte sehr, daß die Ungewißheit bald zu Ende wäre, aber man wird noch etwas Geduld haben müssen! 10 Herzlichst Max. Bitte eventuell telegraphische Nachricht! Ich schickte Dein Telegramm sofort an Gothein. 3
a 0 : einzelnen 1 Der Geheime Regierungsrat Franz Böhm war der für die Berufungsverhandlungen zuständige Referent im badischen Kultusministerium. 2 Rufe an die neugegründete wissenschaftliche Stiftung in Hamburg, einer Vorläufern der späteren Universität, wurden angenommen von Erich Mareks und Karl Rathgen, während Eberhard Gothein den an ihn ergangenen Ruf ablehnte. Der Ruf nach Berlin an Ludolf v. Krehl, den Internisten, wurde ebenfalls abgelehnt. 3 Telegramm Im (Rest-)Nachlaß Eberhard Gothein, UB Heldelberg, nicht nachgewiesen.
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7. Juli 1907
Alfred Weber PSt 7. Juli 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 4, BI.81
Lieber Alfred! Du wirst ja nicht im Zweifel sein, daß an dieser Lösung der Sache, zu der Du Dich nun doch entschlossen hast, einige erhebliche Gemütswerthe bei mir verankert waren. 1 Ich hoffe nun, daß Du den Entschluß nicht später bedauerst, denke aber, daß immerhin auch eine Anzahl von Momenten positiver und persönlicher Art - wenn Du die hiesigen Leute erst näher kennst - ins Gewicht fallen wird, die das verhindert. - Hoffentlich stimmt die Regierung dem Aufschub bis Ostern zu. Da Jaffe inzwischen sein |:Urlaubs-:|Gesuch eingereicht hat, 2 so wird das natürlich sehr ungern geschehen. Ich glaubte in Deinem Sinn zu handeln, wenn ich auf J[affe] keinerlei Einfluß, sein Gesuch zu verschieben, ausübte, damit Du ihm in keiner Art „verpflichtet" seist. Falls Du, wie ich hoffe, den Aufschub conzediert erhältst, 3 dann wäre ja das Miethen einer Wohnung (für Osternl) jetzt verfrüht (3-höchstens 6 monatliche Kündigung!). Aber vielleicht setzest Du Dich etwas auf dem Schloßparkhotel oder Kohlhof oder dem jetzt als Hotel eingerichte1 Laut Schreiben vom 6. Juli 1907 an Franz Böhm (GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz. 635) hatte Alfred Weber den Ruf nach Heidelberg angenommen. Vgl. dazu den Brief von Marianne an Helene Weber vom selben Tage: „Nun ist es also endlich entschieden u. klar. Gestern abend bekamen wir ein Telegramm von Alfred, er würde annehmen, aber bitten, daß er erst Ostern hierher kommen brauchte." Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Das Urlaubsgesuch selbst Ist nicht überliefert, jedoch das darauf Bezug nehmende Schreiben der philosophischen Fakultät bzw. Ihres Dekans Johannes Hoops vom 24. Juli 1907 an den Engeren Senat. Darin wird befürwortet, daß Jaffe von den Lehrverpflichtungen für das Wintersemester 1907/08 entbunden werde, „ da er zwecks Vorbereitung einer größeren wissenschaftlichen Arbelt den Winter zum Teil In München, zum Teil in England zubringen möchte." Dieser Bitte wurde durch Beschluß des Engeren Senats am 27. Juli 1907 stattgegeben: UA Heidelberg, III 5b, Nr. 349 (Personalakte Edgar Jaffe). 3 Alfred Weber hatte in seinem Brief an Franz Böhm vom 6. Juli 1907 (wie oben, Anm. 1) um Aufschub des Beginns der Lehrverpflichtungen vom Wintersemester 1907/08 auf das Sommersemester 1908 gebeten, um seine Arbelt über die Industriellen Standorte zumindest teilweise fertigstellen zu können. Laut handschriftlichem Vermerk von Böhm auf dem Schreiben Alfred Webers vom 6. Juli 1907 wurde dieser Brief am 11. Juli beantwortet. In dem Folgeschreiben an Böhm vom 16. Juli 1907 (GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz. 635) dankt Alfred Weber „für das große Entgegenkommen, das In der Verschiebung meines Amtsantritts bis Ostern liegt."
7. Juli
1907
329
ten früheren „Sanatorium" zum Ausruhen hin? Erhältst Du den Aufschub nicht, dann bitte gieb schon vorher Nachricht, wieviel Zimmer wir durch Inserat verlangen sollen, - auch: ob ein Mädchen. Das beschleunigt die Sache. Marianne grüßt herzlich, ebenso 15 Max
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10. Juli
1907
Alfred Weber PSt 10. Juli 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Z S t A Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 82
Lieber Alfred! Wenn Dir die Aufschiebung conzediert wird,1 dann ist eine Rücksprache hier jetzt nur über die Gestaltung des nächsten Winters durchaus nicht nötig: die Sache ist (eventualiter) schon geregelt (Gothein giebt seine 4stündige „Handelsgeschichte" auf u. liest „Praktische", Rathgen's | :Se- 5 minar-: | Schüler wenden sich an ihn oder mich |: (interimistisch): |, wenn es ihm unbequem werden sollte. Anders, wenn Du hier |:schon jetzt: | Wohnung miethen mußt oder sonst Dich informieren willst. Aber dann doch nicht so „in der Hätz 3 "! Solltest Du zum 1/2b hierherkommen wollen, dann müßte man wegen Wohnung und - vor Allem - Mädchen 10 schon jetzt sorgen. Zum 1/1 bekommst Du wohl ev. Wohnung, aber keinerlei brauchbares Mädchen. Herzl. Gruß! Max
a Alternative Lesung: Hetz
b O: zweifach unterstrichen.
1 Vgl. dazu die vorhergehende Karte an Alfred Weber vom 7. Juli 1907.
11. Juli 1907
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Alfred Weber PSt 11. Juli 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 83
Lieber Alfred! Ich entnehme aus Deinem Telegramm mit Bedauern, daß D u doch anscheinend schon im Herbst kommen mußt (oder willst?).Wir haben aber, da dies nicht absolut sicher daraus hervorging, das Inserat so gemacht, daß die Wohnung „per I . O k t o b e r , eventuell 1.Januar" gesucht werde. 1 Für einen einzelnen Herren erfolgen vielleicht auch zum letzteren Termin Angebote, die jetzt (nach Ablauf der Kündigungsfrist) per 1. X . nicht mehr kämen. Übrigens sind zahlreiche Wohnungen (auch in schöner Lage) annonciert. Nimm Dir nur Zeitl Herzl. Gruß! Max Nochmals: eine Nötigung dazu besteht nicht, wenn das Ministerium] zustimmt. Hier ist Alles ohne Mehrbelastung irgend Jemandes geregelt.
1 Das Inserat ist erschienen in: Heidelberger Tageblatt, Nr. 160 vom 12. Juli 1907, S.7: „Wohnung von 4 - 5 Zimmern mit Zubehör zum I . O k t . event. I.Januar für einzelnen Herrn (höh. Beamter) gesucht. Angebote sofort an Prof. Weber".
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13. Juli
1907
Robert Michels PSt 13. Juli 1 9 0 7 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig A F L E T u r i n , Nl. R o b e r t M i c h e l s , K a p s e l M a x W e b e r , F a s z . 4 5
Lieber Herr D r ! Herzlichen] Glückwunsch!1 Endlich! Das wäre bei uns nur schneller gegangen! Aber ob überhaupt... ? - das, wissen Sie ja, weiß ich nicht (jetzt ist, seit der Herberufung meines Bruders |:statt Rathgen's:|, die Lage natürlich wiederum anders - wer konnte aber das ahnen?). 5 Auf Ihre frühere Karte: nein, von „Hammeln" habe ich bestimmt nichts geschrieben, Gott weiß was das war. Bitte schreiben Sie reichlich lange vorher, wann etwa Sie hier durchkommen und wohin man ev. schreiben kann. Ich kann nicht wissen, wann u. wie lange ich fortgehen muß. Jetzt ist es noch zu kalt für die See. 1 o Auch Jaffe's u. meine Frau sind zeitweise fort, so daß äußersten Falls Ihr Rückweg geeignetere Zeit wäre. Herzl. Gruß v . H . z . H . Max Weber
1 Der Glückwunsch gilt der erfolgreichen Habilitation Michels' in Turin. Wie aus dessen Karte an Paul Siebeck vom 12. Juli 1907 (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 235) hervorgeht, hatte sich Michels am selben Tage mit der erfolgreichen Probevorlesung endgültig an der Universität Turin habilitiert.
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15. Juli 1907
Robert Liefmann 15. Juli 1907; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 2 3 - 2 4
Heidelberg, den 15. 7. 07. Verehrtester Herr Kollege! Wieder einmal konnte ich einige Tage nichts tun. - Es versteht sich ganz von selbst, daß es mich sehr freuen wird Ihre Formulierungen zur Wertlehre 1 kennen zu lernen, gerade weil ich diesen Dingen momentan schon seit langem sehr fern stehe. Es kommt eben darauf an, was man unter einer „rein subjektiven Wertlehre" versteht. In der Formulierung: „Stärke eines Lustgefühls" (als Grundlage) acceptiere ich sie z.B. nicht.2 Während es natürlich ganz richtig ist, daß dies „Werf-Gradverhältnisse betrifft, (nur allerdings kein „Grad-Urteil" „ist"). 3 Denn der Sinn der Wertlehre ist nicht: psychologische Tatbestände festzustellen, sondern in begrifflicher und deshalb unwirklicher Form „ideal-typisch" die Anpassung unseres für die ökonomische Betrachtung relevanten Verhaltens an gewisse äußere und innere typische Situationen zu veranschaulichen. Ihre Sätze erscheinen mir keineswegs so paradox, wie Sie voraussetzen, sie stehen m. E. vielmehr, richtig verstanden, gänzlich im Einklang mit derjenigen Wertlehre, die auch ich für zutreffend halte, die aber von Böhm-Bawerk 4 etc. längst gelehrt wird. Soweit es sich nicht um Wort- bezw. - was nicht dasselbe ist - um Formulierungsstreit handelt, sind die Probleme, die Sie offenbar be-
1 Liefmann hat seine Erörterung der Wertlehre gegen Ende desselben Jahres veröffentlicht in seinem Werke: Ertrag und Einkommen auf der Grundlage einer rein subjektiven Wertlehre. Ein wirtschaftstheoretischer Versuch.-Jena: Gustav Fischer 1907. 2 Vgl. ebd., S. 57: „Wert ist [...] nur der Grad des Lustgefühls." 3 Vgl. ebd., S.39: Wert Im allgemeinsten Sinne ist eine „Gradvergleichung von Bedürfnissen nach ihrer Stärke[...]. Und diese Gradvergleichung angewendet auf Gegenstände der Außenwelt, von denen sich ein Mensch zur Befriedigung abhängig fühlt, ist der Wert im wirtschaftlichen Sinne." „Wert ist [...] die Vorstellung eines Gradverhältnisses, In dem verschiedene Gegenstände der Außenwelt, von denen wir uns zur Befriedigung von Bedürfnissen abhängig fühlen, uns geeignet erscheinen, dieselben zu befriedigen." 4 Böhm-Bawerk, Eugen von, Wert, Kosten und Grenznutzen, in: JbbNSt, Bd. 58, 1892, S. 321-367.
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15. Juli
1907
schäftigen, durch von Gottl in seiner „Herrschaft des Worts" 5 in einer, freilich durch die Ungeberdigkeit der Sprache und das ungehörige Hineinmischen von allerhand erkenntnis-theoretischen Problemen bis zur UnVerständlichkeit schwierigen Form behandelt. Sie werden bei der Lektüre vielleicht nicht gleich bemerken, daß für Sie die Auseinandersetzung mit diesen Gedankengängen kaum zu vermeiden ist. Aber man muß beim Wertproblem eben vor allem die Frage stellen: zwecks Aufhellung welcher in der Wirklichkeit sich findender Erscheinungen bilden wir den Begriff „Wert"? (Gottl z. B. hält ihn für gänzlich entbehrlich und das darf nicht einfach ignoriert werden.) 6 Was leistet er uns für die Erkenntnis der Realität, bezw. wo liegt die Lücke unseres Erkennens, die uns zu seiner Bildung zwingt, wenn wir ihn einmal wegdenken? Daraus, nicht aus Erwägungen wie Sie sie jetzt anstellen, ergiebt sich erst die Möglichkeit zu sagen: was Wert „ist", richtiger: was man darunter verstehen kann. - Ich habe an den Sätzen, die ich Ihnen geschrieben habe, 7 ihrem sachlichen Sinn nach nichts zu ändern - die zweifellose Möglichkeit aus ihrer Formulierung, die keinerlei wissenschaftliche Ansprüche erhebt, mißverständliche Schlüsse zu ziehen habe ich sofort konzediert. Aber Sie halten seltsamerweise an Ihrem Mißverständnisse auch jetzt noch fest, daß die „technische Eigenart" von Gütern ebenso das Urteil darüber die Wertschätzung sei, oder dieselbe allein bedingedies kann kein Mensch behaupten. Daß Sie „gar nichts darüber sagen" ist unrichtig. Mit kollegialem Gruß
5 Gottl, Friedrich, Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen D e n k e n s . - J e n a : Gustav Fischer 1901. 6 Vgl. ders., Der Wertgedanke, ein verhülltes Dogma der Nationalökonomie. Kritische Studien zur Selbstbesinnung des Forschens Im Bereich der sogenannten Wertlehre. Jena: Gustav Fischer 1897. 7 Brief nicht nachgewiesen.
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21. Juli 1907
Alwine (Wina) Müller 2 1 . Juli 1 9 0 7 ; H e i d e l b e r g A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h o h n e S c h l u ß f o r m e l mit h a n d s c h r i f t l i c h e n K o r rekturen von Marianne Weber. Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 9 2 , Nl. M a x W e b e r , Nr. 3 0 , Bd. 7, Bl. 2 5 - 2 6
Heidelberg, 21. 7. 07 Meine liebe Wina! Jetzt ist für Euch alle die schwere Stunde Eures Lebens gekommen, in der Ihr Abschied nehmen müßt von einer Vergangenheit von beispiellos schönem Reichtum des Zusammenlebens mit einem Mann, 1 der - das ist meine tiefe Überzeugung - schwerlich seinesgleichen in unserer hastigen, kleinlichen und unbefriedigten Gegenwart gehabt hat, der er mit der großartigen und doch so besonnenen Tatkraft seines Wesens und mit der stolzen Bescheidenheit seines Herzens wie ein Denkmal aus einer äußerlich schlichteren, aber innerlich größeren Vergangenheit gegenüberstand. Welch ein unermeßlich erfolgreiches, harmonisches und glückliches Leben ist da zu Ende gegangen, - und wie glücklich auch in seinem schnellen, fast schmerzlosen Ende, welches ihm ersparte, die Nöte und Qualen langsamen Dahinsiechens kennen zu lernen. Wir waren ihm ja seit Jahren naturgemäß ferner gerückt, aber ich werde es mir immer als eine glückliche Fügung anrechnen, daß es mir vergönnt war, einst in besseren Tagen einer so einheitlich geschlossenen Persönlichkeit mit der gewinnenden Höflichkeit des Herzens und der welterfahrenen Sicherheit und Ruhe des Urteils, wie er sie besaß, näher getreten zu sein. Wir empfinden die Schärfe des Schnitts in Euer eigenes Leben, die dieser Abschied bedeutet^] mit. Aber wir wissen auch, als ein wie hohes Glück Ihr es empfinden werdet, daß Euer teurer Patriarch Euch so lange zur Seite stehen durfte und daß es ihm noch vergönnt war, die jüngste Generation in die eigne Lebensarbeit hineinwachsen zu sehen, die in ihrer Tüchtigkeit Euer Stolz und Eure Freude sein wird.
1 Carl David Weber, Großvater von Marianne Weber und Onkel von Max Weber, war am 21. Juli 1907 Im Alter von 83 Jahren gestorben. Er hatte die Textilfabrik in Oerlinghausen gegründet. Alwine (Wina) Müller, seine Tochter, war seit dem Tod ihrer Mutter 1871 der weibliche Mittelpunkt der Familie In Oerlinghausen.
336
21. Juli
1907
Wir kommen beide zur Beerdigung, aber wir bitten Euch, es zu verstehen, wenn wir für diesmal gleich nachher wieder abreisen und lieber im Herbst, wenn Ihr über die erste schwerste Zeit hinaus seid, Euch besuchen. Es ist uns beiden recht wenig gut gegangen in der letzten Zeit. 5
337
26. Juli 1907
Marianne Weber [26. Juli 1907]; BK Amsterdam Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus der Angabe „Freitag" und dem Briefinhalt. Die mit diesem Brief einsetzende, fast tägliche Korrespondenz mit Marianne Weber erstreckt sich bis zum 6. September 1907. Max und Marianne Weber waren gemeinsam zur Beerdigung von Carl David Weber nach Oerlinghausen gefahren und hatten sich am 25. Juli 1907 getrennt. Max Weber fuhr über Amsterdam nach Zandvoort, wo er sich vom 26. Juli bis zum 1. August aufhielt. Er war dann vom 2. August bis 17. August in Egmond aan Zee, anschließend bis zum 28. August in Amsterdam und vom 29. August bis zum 9. September 1907 in Oerlinghausen. - Marianne Weber reiste von Bielefeld über Lemgo, wo sie ihre Tante Marie Schnitger besuchte, am 28. Juli nach Heidelberg und von dort am 2. August nach Freiburg. Vom 8. bis 17. August war sie in der Begleitung von Emil Lask in Pontresina und anschließend bis Anfang September in Sils-Maria. Die Briefe und Karten von Marianne Weber an Max Weber sind überliefert, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
Victoria-Hotel Amsterdam Freitag Mittag. Liebe Schnauzel Auf dem Generalconsulat dauerte meine Legitimation so lange, daß ich erst heut Abend frühstens Nervkraft gefunden haben werde, daher nur 5 diesen kurzen Gruß von hier. Vielleicht gehe ich, statt nach Zandvoort, doch nach Egmond b. Alkmaar, - was etwas weiter ist. Ich schreibe dann morgen Abend nach Heidelberg. Dies Hotel hier war köstlich ruhig. - Einen Augenblick war ich auch bei Marie Fallenstein, Lieserle's 1 Schwester. 10 Grüße Tante Marie 2 herzlichst u. laß es Dir gut gehen. Es küßt Dich Dein Max
1 Elisabeth (Lieserle) Heil, geb. Jolly, und Marie Fallenstein, geb. Jolly, waren Cousinen von Max Weber; Marie Fallenstein lebte in Amsterdam. 2 Marie Schnitger, die Marianne Weber in Lemgo besuchte.
338
26. Juli 1907
Lili Schäfer 26. Juli 1907; Zandvoort Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 26, Bl. 6
Zandvoort Duinweg 9 26/7 7 Liebe Lili! Verzeih, wenn ich Dir - obendrein verspätet - nur einen kurzen, aber deshalb nicht minder herzlichen Gruß zum Geburtstag 1 schicke. Ich sitze nun endlich an der See, froh, 3 Wochen lang nichts zu sagen und nichts zu schreiben zu haben, im „Schmuckzimmer" eines kleinen Fischerhauses u. existiere von Milch, Obst und Käsebroten. Hoffentlich bringt Euch das neue Lebensjahr nicht so viel schwierige Probleme wie das alte. Es that mir recht leid, zu hören, daß der Plan mit Urach 2 nun doch vorerst nicht praktikabel ist. Dadurch, daß wir nun keinesfalls mehr in die Nötigung, Mama in Anspruch zu nehmen, kommen werden, wird aber doch auch Manches erleichtert. 3 Ich wünsche nur herzlich, daß Eurem Vater ein quälendes Leben erspart bleibt! Hoffentlich könnt Ihr beide Euch etwas Erholung gönnen. Seid beide vielmals gegrüßt von Eurem sehr müden Max
1 Lili Schäfer hatte am 26. Juli Geburtstag. 2 Vermutlich bestand die Absicht, den kranken Schwiegervater Karl Schäfer in der Nervenheilanstalt Urach unterzubringen. Vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S. 162, Anm.3. 3 Nach dem Tode von Carl David Weber am 21. Juli 1907 hatte Marianne Weber eine Erbschaft angetreten, die Max und Marianne Weber von Unterstützungen durch Helene Weber unabhängig machte, vgl. Brief an Marianne Weber vom 3. Sept. 1907, unten, S. 385f.
26. Juli 1907
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Marianne Weber [26. Juli 1907; Zandvoort] Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Ankunftspoststempel in Heidelberg vom 28.7. 07; Ort erschlossen aus dem Brief an Lili Schäfer vom 26. Juli 1907. Die obere linke Ecke der Karte mit der Briefmarke ist abgerissen, es fehlen daher die Anrede und jeweils mehrere Worte.
[??]a doch hier geblieben, wohne bei Mynheer HKöper, [??]b in e[inem] klfeinen] Fischerhäuschen, dessen eine (von 2) Stuben - die [??] c „Prunkstube" - in ein Fremdenzimmer verwandelt ist. [??]d jedenfalls 6 Donnerstag kfommender] W[oche] bleibe ich hier. Es war heut schön, 5 heut Abend ist es kühl. Fütterung: Milch und Trauben, Käsbrot. Hoffentlich bist Du schon unterwegs nach Haus u. kommst dort nicht zu abgerackert an. Herzlichst Max
a Mehrere Worte fehlen; Kartenecke abgerissen, b Mehrere Worte fehlen; Kartenecke abgerissen, c Mehrere Worte fehlen; Kartenecke abgerissen, d Ein Wort fehlt; Kartenecke abgerissen; vermutlich: Bis e Unsichere Lesung am Wortanfang.
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27. Juli
1907
Marianne Weber 27. Juli 1907; Zandvoort Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
u Zandvoort / Haarlem, Duinweg (nicht: „straat") N° 9 b. H. Köper 27/7 7 L. Schnauzel! Nichts neues. Grauer Himmel, etwas Regen, ziemlich lauwarm. Man sitzt im Strandkorb, ißt Kaas, Obst, Bisquits, rekelt s[ich] auf dem Bett u. liest etwas Maeterlinck 3 „Der Schatz der Armen", 1 ich schicke es Dir dann. Vorerst muß ich abwarten, ob die Nerven anfangen sich abzuspannen. Der Wind ist etwas zu kräftig dafür vielleicht. Der Nachtschlaf war quantitativ (mit viel Brom) leidlich, qualitativ nicht besonders. Abends schwätzen die Leute draußen u. in der Nachbarschaft lang, während meine nur durch eine fast die ganze Stubenbreite einnehmende Glasthür (mit Fenstervorhängen) von mir getrennten Wirtsleute sich sehr manierlich benehmen. Morgens piepste der über meinem Bett hängende Canari von 7 an schüchtern um Licht, um dann vergnügt zu jubilieren, als ich die Vorhänge aufmachte. „W. C." ist im Freien, durch die Küche, eine eigentlich, angesichts der gewaltigen Statur des alten Fischers, rätselhaft winzige „Betriebsstätte". Doch das ist hier immer so. Was wirst Du nun machen? Herzlichst Dein Max Postsachen nur bis zur ersten Post von Mittwoch hierher schicken!
a 0 : Maeterlink 1 Maeterlinck, Maurice, Der Schatz der Armen, 3. A u f l . - J e n a : E. Diederichs 1906.
28. Juli
341
1907
Marianne Weber [28. J u l i 1 9 0 7 ] ; E g m o n d a a n Z e e Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446 Datum e r s c h l o s s e n aus Poststempel E g m o n d aan Zee, 29. Juli 1907, 5 - 6 Uhrfrüh; die Karte ist am Tag zuvor während eines Ausflugs von Zandvoort nach E g m o n d g e s c h r i e ben worden.
Egmond a. Zee Kurhaus. L.Schnauzel Ich habe nun doch vom 1. (Donnerstag) ab hier gemiethet 3 , ein recht leidliches Zimmer, durch eine Glasthüre in 2 Zimmer|:chen:| teilbar, falls Du etwa doch später (oder jetzt) hierher kommen wolltest, falls Du im Schwarzwald nichts findest. Schöne Dünen - hübsche Halbtags- u. Tagesausflüge möglich. Nicht zu viel Menschen u. nicht so viel Stacheldraht um die Dünen wie anderwärts. Also Adresse von Mittwoch ab: Egmond aan Zee b. Alkmaar b , Nord-Holland, Kurhaus Zimmer 31. Bis dahin bin ich in Zandvoort. Herzlichst Max c
Herrliches Wetter heute! c
a O: gemithet b O: A l k m a r Bleistift angefügt worden.
c Der Satz ist d e m tintenschriftlichen Kartentext mit
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29. Juli
1907
Marianne Weber 29. Juli 1907; Leiden Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Leyden Montag (29ten) L. Schnauzel, ich gehe hauptsächlich deshalb nach Egmond, weil ich in Zandvoort zu nahe an Haarlem, Amsterdam, Leyden etc. bin u. mehr anderswo als zu H a u s e . I n Egmond fesselt dann schon die feste Speisestunde ('AI und 6 - !! - Uhr) u. man ist mehr abseits. Ob es Dir gefallen würde, weiß ich nicht, zumal das Zimmer 2 kleine Käfterchen sind, - dem ließe sich wohl abhelfen. Aber besser ist, Du gehst nach Pontresina oder Samedan oder so was, wenn im Schwarzwald nichts ist. Das würde mich sehr freuen, obwohl ich Dich gern hier hätte. Hier habe ich einige Bücher gekauft. Herzlichst küßt Dich Dein Max Hoffentlich finde ich zu Haus Nachricht von Dir.
a
Das Wetter ist so „mäßig". a
a Der Satz ist d e m tintenschriftlichen Kartentext mit Bleistift angefügt worden.
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30. Juli 1907 Marianne W e b e r P S t 30. J u l i 1 9 0 7 ; H a a r l e m Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Max Weber gibt als Schreibtag Mittwoch an. Die Karte trägt jedoch den Poststempel vom 30. Juli 1907, einem Dienstag.
Haarlem, Dienstag 3 L. Sehn. Ich bin hier um die |: (altberühmte):| große Orgel in der „Grote Kerk" spielen zu hören u. heute Nachmittag noch e[in] paar b Partien (nach Wijk aan° Zee) zu machen. Das Wetter ist stets unsicher, wie in Schottland, doch stört das hier so wenig wie dort. 1 Bloemendaal u. Overveen Villenvorstädte von Haarlem, wo ich gestern noch war u. spazieren ging, an den waldigen Dünen gelegen, gehören zum schönsten, was man sich denken kann. Davon ist man nachher in Egmond natürlich VA Stunde weiter entfernt per Bahn, als von Zandvoort aus. - Heut früh erfreute mich Dein Briefchen u. Sendungen (Über die 7500 wundre ich mich nicht!) Also sieh[,j daß Du zu was Schönem kommst u. in die Ruhe, sei es Feldberg, sei es Pontresina, (- oder in Holland?) 2 Herzlichst Dein Max Gesunder wäre Dir wohl sicher Höhenluft! Aber Ruhe müßte sein.
a O: Mittwoch
b 0 : par
C O: an
1 Anspielung auf die gemeinsame Reise nach Schottland im August 1895. 2 Marianne Weber hatte ihrem Brief an Max Weber vom 29. Juli 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446) die Bankabrechnung beigelegt und geschrieben, in den letzten 7 Monaten seien rund 7500 Mark verbraucht worden. Sie teilte ferner mit, sie werde am 1. oder 2. August auf den Feldberg fahren, finde sie dort nichts, komme sie vielleicht nach Holland.
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31. Juli 1907
Marianne Weber PSt 31. Juli 1907; Zandvoort Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Zandvoort, - auf dem Weg nach Amsterdam. Mittwoch L. Schnauzel, morgen segelst Du also schon ab u. findest hoffentlich etwas auf dem Feldberg, besonders aber auch besseres Wetter als hier ist. Ich fahre also morgen, wenn schlecht Wetter ist, direkt, sonst auf e[inem] Umweg, nach Egmond a. Zee, „Kurhaus". Die Briefe bekomme ich also doch nachgeschickt? Angenehm wäre auch, wenn der Postbote mir alle 3 Tage etwa die „PYCCKM BT3DOMOCTH" 1 - nicht die andren russischen] Zeitungen, sondern nur diese, er muß sich den Titel ansehen! - dorthin senden könnte. 2 Grüße Rickerts 3 herzlich, ob ich morgen schon einen Geburtstagsbrief 4 an Dich schreiben kann, ist unsicher, vielleicht erst in 2—3 Tagen. Jedenfalls küßt Dich u. denkt Deiner Dein Max
1 Russkija Vedomosti (= Russische Nachrichten, liberale Tageszeitung, Moskau). 2 Marianne Weber schrieb in ihrem Brief an Max Weber vom 2. Aug. 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), sie schicke die erste Sendung der russischen Zeitung ab und habe 15 Kreuzbänder geschrieben, damit das Dienstmädchen das weitere besorgen könne. 3 Heinrich und Sophie Rlckert. Marianne Weber wollte sie in Freiburg besuchen. 4 Marlanne Weber hatte am 2. August Geburtstag.
1. August
345
1907
Marianne Weber 1. A u g u s t PSt 1 9 0 7 ; Z a n d v o o r t Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Zandvoort, I/VIII Lieber Schnauzel, ich „vertrekke" nun also jetzt eben zunächst für 1 Nacht nach Leiden, dann endlich nach Egmond a. Zee, Kurhaus. Schönen Dank für Dein Kärtchen. Bitte spare kein Geld, denn findest Du keine Ruhe, ist Alles weggeworfen u. zwecklos. Nach dem Engadin fährst Du ev. am besten so, daß Du die Nacht in Chur z.B. bleibst, und am andren Tage Vormittags oben bist | :u. die Sachen auf der Bahn in Samedan läßt.: | Dann hast Du Zeit zur Auswahl u. das ist nötig. Ev. würde ich doch auch Altenberg in Betracht ziehen oder auf den Rigi oder nach Mürren (entsinnst Du Dich?) 1 gehen, äußerstenfalls nach Engelberg. Jedenfalls hat Geld sparen in diesem Falle keinen Sinn. - Bitte grüß Rickerts 2 herzlichst. Diese Karte erreicht Dich wohl an Deinem Geburtstage 3 u. bringt Dir die schönsten Wünsche, Grüße u. Küsse von Deinem Max
1 In der Nähe von Mürren, in Grindelwald, hatte Max Weber den Hochsommer 1901 verbracht, Marianne Weber hatte ihn dort besucht. 2 Heinrich und Sophie Rickert. Marianne Weber wollte sie in Freiburg besuchen. 3 Marianne Weber hatte am 2. August Geburtstag.
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3. August 1907
Marianne Weber 3. August 1907; BK Egmond aan Zee Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Kurhaus Egmond aan Zee Egmond aan Zee, Sonnabend 3/8 1901 Liebe Schnauzel! Deinen Geburtstag habe ich gestern durch eine sehr schöne Dampferfahrt von Amsterdam nach Alkmaar 3 gefeiert, 3 Stunden lang auf dem „Noord-Hollandsche Canaal" zuerst zwischen den zahllosen kleinen Häuschen, eines neben dem andren Meilen lang, mit Puppengärten und Blumen in den Puppenfenstern, stillen Wasserkanälchen, Verandas, winzigen Booten, durch Schleusen hindurch in die endlose Weite der nordholländischen Viehweiden, Alles gelbgrün bis zum Horizont, nur zahllose Windmühlen, (die z.T. das Wasser aus dem unter dem Seespiegel und auch tiefer als der eingedeichte Canal liegenden Land pumpen, Tagaus Tagein), - sonst nur unterbrochen durch die schönen stimmungsvoll zwischen Bäumen liegenden Einzelhöfe der Bauern - die Bäume bilden den Schutz gegen die furchtbare Gewalt des Windes. Den Tag vorher hatte ich von meinem geliebten Leiden aus, da die Bibliothek zu war, eine Dampferfahrt nach Katwijk a. Zee gemacht, um so allmälig alle Bäder der Küste zu kennen, u. auf dem Rückweg Rijnsburg b mit Spinoza's Wohnung 1 (zwei Käfterchen je vom Umfang unsres Abtritts, die eine eine Idee größer, eine von ihnen mit Mansardendach, in einem der Miniaturhäuschen, die dort - wie überall - meist an den Canälen im dichtesten Grün liegen, der Ort ganz reizend) besucht, gestern dann in Amsterdam Rembrandts Haus 2 im Judenviertel. Die Nacht war ich in Leiden im Vegetarierhotel, ganz altväterisch in e[iner] großen Bodenstube fabelhaft billig (die Vereine zahlen Zuschuß um der guten Sache willen!). -
a 0: Alkmar b 0: Rhijnsburg 1 Der Philosoph Baruch Spinoza wohnte von 1660 bis 1663 in Rijnsburg. 2 Rembrandt lebte von 1639 bis 1658 im Haus Jodenbreestraat 4.
3. August 1907
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Hier erhielt ich Deinen Brief. 3 Dacht' ich's doch! - mit Lask u. B[äumchen]! 4 - Es ist recht betrübt, daß daraus wahrscheinlich doch nichts wird. Denn sie wird bald auch nicht mehr wollen. Hoffentlich erholt sich der gute Kerl mit Dir etwas im Engadin. Bitte spare nicht an Geld. Mit 600 M. ist da nichts zu wollen, Du brauchst mehr, sonst ist es weggeworfen. Hier ist es natürlich etwas primitiv in mancher Hinsicht - die Zimmer betreffend - da die Holländer nur auf das Fressen Gewicht legen. Aber ich werde bleiben. Mein Zimmer hat e[inen] schönen Blick nach hinten, über die Dünenwildniß u. das klfeine] Dorf, stückweise am Horizont die weite Ebene Nordhollands mit Alkmaar am Horizont. Alkmaar ist nahe und ganz wunderhübsch. Nach Amsterdam hat man VA St., wenn es gar zu arg werden sollte. Denn zunächst regnet es, ist aber etwas wärmer geworden. Auch ist das Badetreiben hier sehr gering: nur die Hotelgäste, da das Hotel ziemlich allein abseits hoch auf der Düne liegt. Grüße Rickerts 5 sehr herzlich u. sei geküßt von Deinem Max
3 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 31. Juli 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) von einem Gespräch mit Marie Baum berichtet, in dem diese von der engen Freundschaft zwischen ihr und Emil Lask erzählt hatte. Sie schrieb ferner, Lask komme, um den Plan einer gemeinsamen Reise zu besprechen. 4 Marie Baum. Im Sommersemester 1907 hatte diese Vorlesungen an der Universität Heidelberg besucht, darunter auch eine Vorlesung von Emil Lask. 5 Bei Heinrich und Sophie Rickert wohnte Marianne Weber während ihres Aufenthaltes in Freiburg.
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4. August 1907
Marianne Weber 4. August PSt 1907; Egmond aan Zee Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Egmond, am Strande, 4. 8. Liebe Schnauzel nichts Neues. Nur schönen Dank für Zeitungenu. Briefchen, die ichhier vorfand. Nun wirst Du vielleicht schon bald wissen, wohin Du gehst, hoffentlich hat Lask sich nicht einschüchtern lassen u. etwas wirklich Nettes ohne Rücksicht auf den Geldpunkt gewählt. 1 Hier ist jetzt ganz leidliches Seebadwetter, stets bedeckt, windig, aber wärmer als bisher. Das Hotel ist nun knallvoll, weit überwiegend natürlich Holländer. Die Bekanntschaft eines recht netten Marineleutnants machte ich gestern Mittag. Die Mehrzahl sind Kaufleute. Ich will nun mal versuchen möglichst ganz ohne Mittel zu existieren - freilich ist die Durchführbarkeit recht fraglich. - Die See ist schön wie immer, der Wellenschlag nicht sehr stark, angenehm die relative Leere des Strandes infolge der isolierten Lage des HotelS[.j Grüße Rickerts vielmals u. laß Dirs recht wohl bei ihnen sein. 2 Herzlichst Dein Max
1 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 2. August 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446) berichtet, daß Lask für sie im Engadin eine Unterkunft suchen werde. 2 Bei Heinrich und Sophie Rickert wohnte Marianne Weber während ihres Aufenthaltes in Freiburg.
6. August 1907
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Marianne Weber PSt 6. August 1907; PSt Egmond aan Zee Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Liebe Schnauzel, ich habe Dein Briefchen u. heut die Karte aus Freiburg erhalten u. danke schönstens. Das Wetter ist jetzt warm u. schön u. ich liege viel im Sand, hoffe das soll mir gut thun. Zu berichten ist nicht viel. Abends dauert der Spektakel bis ca. 11 Uhr, dann hat man Ruhe. Der Schlaf will nicht recht. Nun hoffe ich, daß Du was Gutes im Engadin gefunden resp. Lask es für Dich aufgespürt hat. 1 Es wäre hier für Dich doch nicht so recht etwas. Ein ander Mal miethe ich mich doch wieder im Dorf ein; man ist ungebundener u. hat es ruhiger. Wäre der Haag nicht durch die Friedensconferenz 2 überfüllt, ginge ich vielleicht dorthin. Er bleibt doch mein Liebling. Mama sollte auch einmal das eigenartige Ländchen hier sehen! Leb wohl, laß es Dir recht gut gehen u. denke an Deinen Max Grüße Rickerts 3 herzlichst.
1 Marianne Weber hatte aus Freiburg auf der Karte an Max Weber vom 5. Aug. 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) als nächste Anschrift St. Moritz-Dorf postlagernd angegeben und geschrieben: „Lask wird nun wohl das ganze Engadin auf- und ablatschen, um mich zufriedenzustellen". 2 Die II. Haager Friedenskonferenz über das Kriegsrecht und die Entwicklung des Ständigen Internationalen Schiedshofs In Den Haag fand vom 15. Juni bis 18. Oktober 1907 statt. 3 Bei Heinrich und Sophie Rlckert wohnte Marlanne Weber während ihres Aufenthaltes in Freiburg.
350
7. August
1907
Robert Michels 7. A u g u s t 1 9 0 7 ; E g m o n d a a n Z e e Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. R o b e r t M i c h e l s , K a p s e l M a x W e b e r , F a s z . 4 6
7. VIII. 7 Egmond a. Zee (Noord-Holland) Kurhaus Lieber Herr D r Michels! Nun werden wir uns doch voraussichtlich nicht sehen. Wir wurden, wie ich Ihnen schrieb, plötzlich durch einen Todesfall (Großvater meiner Frau) abgerufen^] 1 u. dann bin ich hierher, meine Frau aber nach Pontresina gegangen, um die spezifischen Mittel für unsre beiderseitigen in spezifisch verschiedener Art strapazierten Nerven zu erproben. Wir kommen vor Ende August jedenfalls nicht nach Heidelberg zurück, ich gehe von hier |:(18 ten ):| noch etwas nach Amsterdam, dann, etwa am 25ten, nach Oerlinghausen, (Zweigbahn von Bielefeld, Westfalen-Lippe) zu meinen dortigen Verwandten (Adresse: Herrn Bruno Müller, Ö[rlinghausen] in Lippe) 3 . Sollte etwa Ihr stets vielverschlungener u n d nach mfeiner] Erfahrung - auch öfters abgeänderter Weg Sie dort vorbeiführen? Wäre ich wohler, so hätte ich natürlich D[omela] Nieuwenhuis aufgesucht, auch vielleicht Troelstra, - aber ich lasse das bis nächsten Sommer. Ich kann Holländisch nicht sprechen, nur lesen (wie alle meine Fremdsprachen). Herzlichen Gruß Ihnen und Ihrer l[ieben] Frau Ihr Max Weber
a Klammer fehlt in O. 1 Marianne Webers Großvater Carl David Weber war am 21. Juli in Oerlinghausen gestorben. Das von Weber erwähnte Schreiben an Michels ist im Nl. Robert Michels, A F L E Turin, nicht nachgewiesen.
7. August
1907
351
Marianne Weber PSt 7. A u g u s t 1 9 0 7 ; PSt E g m o n d aan Z e e Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L. Schnauzel. Eben kommt Dein Kärtchen mit der Adresse. Ich habe inzwischen schon 2 Mal nach S' Moritz1 geschrieben aber nichts Besondres zu erzählen. Hier ist Sturm, Seegang, Dampf u. Staub in der Luft, zeitweise 5 Regen, so daß man viel drin sitzen muß. Ich schlafe nicht besonders, heut Nacht mit Bromural wegen des gestrigen Sturmes u. des späten Zubettgehens der Leute. Laß Dirs recht gut gehen u. mach schöne Wagen-Touren, keine Fußtouren. Lask grüße herzlich. 10 Es küßt Dich Dein Max
1 Marianne Weber hatte als Adresse zunächst St. Moritz-Dorf postlagernd angegeben, vgl. Karte an Max Weber vom 5. Aug. 1907, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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8. August 1907
Marianne Weber PSt 8. August 1907; PSt Egmond aan Zee Karte, eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Donnerstag Mittag Lieber Schnauzel. Nun bist Du hoffentlich schon ruhig u. behaglich untergebracht u. wirst Dich jetzt erst einige Tage an die hohe Luft akklimatisieren müssen, ehe Dir wohl ist u. Du ruhig schläfst. Hoffentlich] hast Du Veronal mitgenommen. Ich bin begierig bald zu hören wie es geht. - Hier ist auch heute wilder Sturm u. kaum eine Möglichkeit länger als % Stunde am Strand zu sein. Ich werde nachher etwas in den Dünen liegen, doch droht stets Regen. - Wenn Du übrigens nach S'Moritz kommst, würde es doch lohnen, einmal die Kosten u. die Art der Unterkunft dort im Januar, überhaupt im Winter, zu erforschen. Es könnte doch sein, daß ich einmal, um mich an scharfe Temperaturwechsel zu gewöhnen u. abzuhärten, 4 Wochen lang in einem Winter dorthin ginge. Wer weiß? vielleicht Du auch! Von hier ist nichts von Bedeutung zu berichten^] Herzlichst Dein Max Grüße Lask vielmals^]
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10. August 1907 Marianne Weber PSt 10. August 1907; PSt Egmond aan Zee Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Sonnabend früh. Liebe Schnauzel, noch ist kein Kärtchen von Dir aus Pontresina da, nun bin ich begierig wie es geworden ist u. ob Du auch schön schläfst u. Plaisir hast an Deinem Quartier. - Hier ist das Wetter jetzt sonnenlos, aber warm, sehr windig, man schläft nicht besonders, auch qualitativ, u. von „Mitteln" wirklich freizukommen ist nicht gut möglich (Brom u. Opiumsalbe), zumal eben des Abends die Ruhe spät eintritt. Dieser Tage will ich noch ein paar 3 Ausflüge nach Nordholland (Hoorn, den Helder etc.) machen um das schöne Ländchen wirklich zu kennen. Es liegt eine eigene Stille darüber, u. die Geschichte scheint hier zu schlafen. Vieles ist, wie es Jan van der Meer vor 300 Jahren gemalt hat; Windmühlen, kleine Ziegelsteinhäuschen, Canäle, Baumgruppen und endlos weite Blicke über dämmerig-dunstige grüne Wiesen. Grüße Lask vielmals, es küßt Dich Dein Max
a 0 : par
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11. August
1907
Marianne Weber [11. A u g u s t 1 9 0 7 ] ; PSt E g m o n d aan Z e e Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Datum erschlossen aus dem Poststempel vom 12. August 1907, 5 - 6 vormittags; die Karte ist am Vortage geschrieben. Der angekündigte Ausflug nach Hoorn fand erst am 12. August statt, am 11. August hatte Max Weber den Zug verschlafen, wie er in der Karte an Marianne Weber vom 12. Aug. 1907 schrieb.
Kurhaus Egmond aan Zee Lieber Schnauzel, das ist nett, nun bist Du also untergebracht u. wie es scheint behaglich. 1 Nun unternimm nicht zu viel zu Fuß, sondern mehr zu Wagen, z . B . Bernina-Straße, Maloja (Lunch im „Maloja-Kursaal" wäre doch nicht so übel?) u. andre bequeme Sachen. Kauf Dir auch ja eine Schneebrille. 5 Und schlaf, schlaf, schlaf, - mit was für Mitteln, ist gleich. Hier war es gestern herrlich, aber der starke Wind nahm mir den Schlaf, so daß ich Bromural brauchen mußte. Heut Mittag will ich nach Hoorn u. in den Beemster-Polder (6 Meter unter dem Meeresspiegel). Ich bleibe bis Freitag!Samstag hier, gehe dann nach Amsterdam. 10 Herzlichst Dein Max Grüße D r Lask vielmals.
1 Marianne Weber hatte ihre Ankunft in Pontresina mit einer Karte vom 9. August 1907 gemeldet, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
12. August 1907
355
Robert Michels PSt 12. A u g u s t 1 9 0 7 ; BK E g m o n d aan Z e e Karte; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 4 7
Kurhaus Egmond aan Zee Lieber Herr D r Michels! - Ich schrieb Ihnen 2 Mal (1 x im Juli, dann jetzt vor 5 Tagen), 1 daß wir leider sehr entfernt von einander sind, meine Frau bis Ende August in Pontresina (Villa 3 Leuppold), ich hier, von wo ich erst (Freitag) nach 5 Amsterdam, dann (ca. b 26.8.) für 8 Tage nach Örlinghausen b. Bielefeld (Adr. Herren |:Commerzienrath:| Bruno Müller) gehe, um Geschäftssachen verwickelter Art zu ordnen. Par ordre de Moufti 2 des Erbrechts sind wir nun Anteilhaber an e[iner] Fabrik, 3 haben also unsre „Deklassiertheit" abgestreift zu Gunsten der erbärmlichsten Bourgeois-Qualitä10 ten. Ich sehe aus Ihrer Karte leider, daß Ihr Weg nicht, wie ich gehofft, in die Nähe von Westfalen führt, sonst würde ich ein Rendez-vous im Teutoburger Wald vorgeschlagen haben, in dem Örl[inghausen] liegt.
a Pension > Villa
b 0 : c/a [= contra]
1 Wahrscheinlich hat Weber zweimal Im Juli 1907 an Michels geschrieben. Nämlich die Karte vom 13. Juli sowie ein uns nicht überliefertes Schreiben, das er nach dem Tode von Marlanne Webers Großvater verfaßt haben muß. Vgl. dazu die Karte vom 7. Aug. 1907, oben, S.350, Anm. 1. Aus dem postalischen Empfangsstempel der Karte vom 7. Aug. 1907: „ 15. August 1907; Ammersee" geht hervor, daß Michels diese zu diesem Zeltpunkt noch nicht erhalten hatte. Die Karte war so lange unterwegs, weil Weber sie nach Turin adressiert hatte und sie von dort aus an Michels nachgesandt wurde. 2 Nach Georg Büchmann, Geflügelte Worte. Der Cltatenschatz des Deutschen Volkes. 13. verm. und umgearb. Aufl. - Berlin: Haude-und Spener'sche Buchhandlung 1882, S. 425, Ist der Ursprung der Redewendung ungeklärt. Der Spruch findet sich nach Büchmann In dem vor 1820 aufgeführten Lustspiel Karl Töpfers „Der beste Ton", 4,1, sowie in „Der Bär und der Bassa", Vaudeville-Burlesque In einem Akt. Nach dem Französischen des Scrlbe 1824. „Par ordre du moufti" findet sich aber nicht in der Originalfassung von Eugène Scrlbe, ist auch In Frankreich als Sprichwort unbekannt. Franz Freiherr von Lipperhelde in seinem Spruchwörterbuch, 3., unveränd. Abdruck. - Leipzig: Justus Dörner 1935, vermerkt lapidar auf S. 632 unter dem Stichwort „ Mufti " : „ Par Order di Mufti (auf höhern Befehl) [ = ] Berliner Redensart." 3 Vgl. dazu die Briefe an Helene Weber vom 2. Sept. und an Marlanne Weber vom 3. Sept. 1907, unten, S. 379f. und 385f.
356
12. August 1907
Aber. Sie gehen doch erst nach dem 5. IX. nach Italien zurück? Dann müssen wir uns sehen, denn auch ich habe sehr den Wunsch! Herzl. Grüße! Max Weber. Adresse: in Amsterdam: poste restante (sicher bis24. 8.), dann „Örlinghfausen]", wie angegeben.
12. August
357
1907
Marianne Weber PSt 12. August 1907; Midder Beemster Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Midder-Beemster, Montag L. Sehn. Gestern verschlief ich den Zug u. fuhr daher nur Nachmittags 3 - 4 Stunden in die benachbarten Dünenorte. Heute gings per Wagen nach Alkmaar - ein ganz reizendes Nest, Kleinstadt mit Canälen, grünen Grachten, winzigen Häusern, schönen u. malerischen Kirchen u. Renaissance-Stadtwage, dann in den Beemster Polder, das Werk Oldenbarneveldt's aus dem Anfang des 17. Jahrh.[,j eine 5 Meilen breite u. lange, 6 M[eter] unter dem Meer liegende, 3 früher durch 50 Windmühlen, jetzt durch 3 Dampfmaschinen ständig trocken gepumpte fabelhaft fruchtbare Wiesen-Ebene, wo der Ochse der Herr der Schöpfung ist. Eben fahre ich weiter per Wagen auf die Kirmeß nach dem alten Städtchen Hoorn am Zuider Zee, Abends zurück. Es geht ganz ordentlich, ich brauchte keine inneren Mittel gestern Nacht, trotz des enormen Seewinds, den ich den Tag über schluckte. Hoffentlich finde ich in Egmond wieder ein Kärtchen vom Schnauzel! Herzlichst Dein Max
a (jetzt)
358
13. August 1907
Marianne Weber PSt 13. August 1907; PSt Egmond aan Zee Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Kurhaus Egmond aan Zee Dienstag Mittag. - D a s war ja gestern ein Fest, lieber Schnauzel, als ich Abends bei der Rückkehr aus Hoorn mit seinen schönen alten, aber durchweg windschief stehenden u. wie verträumt die alten Giebel teils gegeneinander, teils hinten oder vorn überlehnenden Häusern, alles im Grün alter Bäume am Zuider Zee gelegen, - hier 2 Kärtchen und ein (freilich nur halb frankiertes) Briefchen vorfand! 1 Und dazu ganz gute Nachrichten: das schadet Lask nichts, wenn er nicht so viel läuft u. steigt, es ist erholsamer ohne das. Da ich stundenlang gelaufen war, wollte freilich der Schlaf nicht kommen u. mußte Bromural heran. Heute ist es bedeckt bei starkem warmem Wind von der See. Voraussichtlich gehe ich Sonntag nach Amsterdam für 8 Tage, fahre dann täglich von da aus nach Edam, Marken, Zaandam, Monnikendam etc. - Etwas unerfreut bin ich über die Nachricht in Wina's 2 Brief, daß Tante Ottilie3 den ganzen August in Örl[inghausen] ist. Ich hatte gehofft, von Wina etwas zu haben^] u. das ist dann nichts. Ich werde also später und nur für wenige Tage nach Ö[rlinghausen] gehen. Laß Dir's gut gehen, grüße Lask sehr u. sei herzlich geküßt von Deinem Max
1 Im fraglichen Zeitraum ist nur eine Karte von Marianne Weber vom 9. Aug. 1907 nachgewiesen. 2 Alwine (Wina) Müller. 3 Ottilie Weber.
15. August 1907
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Marianne Weber PSt 15. August 1907; PSt Egmond aan Zee Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Kurhaus Egmond aan Zee Donnerstag (gestern schrieb ich nicht). Liebe Schnauzel, wie mag das denn kommen, daß meine Nachrichten so spät zu Dir gelangen? Ich bekomme Deine Kärtchen immer nach 2 Tagen, oft nach VA. Hier ist nichts Bemerkenswerthes zu berichten. Ich gehe also Samstag nach Amsterdam u. bitte Dich, mir 3 von nun an vorerstposte restante dahin zu schreiben. Ich werde dann mal an Wina 1 schreiben, wann sie mich in Örl[inghausen] brauchen können. - Hoffentlich findet Ihr im Engadin wieder ein so ruhiges Quartier. 2 Es betrübt mich zu hören, daß Du noch so müde bist. Nur nicht zu viel laufenl Das ist Dir ja so ungewohnt, zumal in der hohen Luft. - Heut ist herrliches, aber wieder kolossal stürmisches Wetter. Vorgestern auf gestern Nacht war „Ball", ich mußte Trional nehmen, es b ging nicht anders. Grüße Lask vielmals Herzlichst Dein Max
a (dann)
b (half)
1 Alwine (Wina) Müller. 2 Marianne Weber hatte auf einer Karte vom 13. Aug. 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) berichtet, sie und Emil Lask beabsichtigten, von Pontresina ins Engadin umzuziehen.
360
16. August
1907
Marianne Weber P S t 16. A u g u s t 1 9 0 7 ; P S t H e l d e r Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Freitag Abend Lieber Schnauzel! Ich bin heut auf Vi Tag hierher auf die äußerste Nordspitze Hollands gefahren - Riesendeiche aus Granitblöcken gegen die Sturmfluthen, Kriegshafen - und gehe gleich nachher nach Amsterdam, wo ich nun, je nach den Nachrichten aus Örlinghausen, kürzer oder länger: 7—10 Tage bleibe (vielleicht auch, wenn ich im August nicht nach Oerlinghausen] gehen kann, noch auf 4—5 Tage auf die klfeine] Insel Marken bei Edam übersiedele um zu segeln wie in Helgoland). Grade heut ist der erste Tag, seit meiner Anwesenheit in Holland, wo das Meer u. die Luft |:wenigstens:| so ruhig sind, daß die Fischerflotte überhaupt ausfahren konnte. Der rasende Sturm die letzten 2/4 Wochen benahm alle Sinne, auch wenn er warm war. - Nun bin ich begierig zu hören, ob Du besser schläfst als zuerst? Grüße Lask herzlich. - Fallensteins1 (d. h. er, sie ist verreist jetzt) wollten mich bei sich haben, ich glaube aber ich bleibe in e[inem] ruhigen Hotel. Morgen mehr. Es küßt Dich Dein Max
1 Fritz Fallenstein und seine Frau Marie, geb. Jolly, waren Vetter und Cousine; sie entstammten der ersten Ehe von Georg Friedrich Fallenstein und waren über diesen mit Max Weber verwandt. Fritz Fallenstein arbeitete in der Firma seines angeheirateten Onkels Carl Gustav Bunge in Amsterdam.
17. August
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1907
Marianne Weber PSt 17. August 1907; Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Amsterdam, Sonnabend. Liebes Schnäuzchen; eben bekam ich Dein liebes Briefchen, das mich so freute, da es doch zwar müde, aber ganz behaglich klingt. Ich weiß noch nicht sicher, w o 5 ich hier bleibe, daher bitte „poste restante" zunächst. E b e n will ich zu Fritz Fallenstein, sehen ob ich morgen dort essen soll. Heut Vormittag war ich einige Zeit auf der Bibliothek um zu sehen, was sie über „Calvinismus" u. dgl. haben. 1 Habe schon ziemlich viel Bücher gekauft, e[in] ganzes Packet extra als Handgepäck. Hoffentlich geht es bei Dir weiter 10 gut, streng Dich nur nicht an, besucht auch mal den „Maloja-Kursaal". Grüße Lask vielmals u. sei herzlich geküßt von Deinem Max
1 Weber beschäftigte sich mit ergänzenden Studien zu seinen Aufsätzen: Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus I. Das Problem, in: AfSSp, Bd. 20, Heft 1, 1904, S. 1 - 5 4 , und: Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus II. Die Berufsidee des asketischen Protestantismus, in: AfSSp, Bd. 21, Heft 1, 1905, S. 1 - 1 1 0 (MWG I/9). Er plante, beide Artikel zu überarbeiten und sie als Buch zu veröffentlichen, vgl. Briefe an Oskar Siebeck vom 26. Dez. 1907 und 10. Febr. 1908, unten, S . 4 2 6 und 435. Er befand sich außerdem in einer Auseinandersetzung mit Karl Fischer. Dessen Kritische Beiträge zu Professor Max Webers Abhandlung „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus", in: AfSSp, Bd. 25, Heft 1,1907, veranlaßten Max Weber zu einer Erwiderung, in der er u.a. schrieb, er habe über „die Entwicklung Hollands einige (allerdings nur gänzlich provisorische) Bemerkungen" gemacht, vgl. Max Weber, Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen", in: AfSSp, Bd. 25, Heft 1, 1907, S. 2 4 3 - 2 4 9 , (MWG I/9). Diese Replik hatte er vor seiner Reise nach Holland geschrieben; es ist daher zu vermuten, daß seine Bibliotheksstudien in Leiden und insbesondere Amsterdam dem Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus in Holland galten. Vgl. auch den Brief an Alfred Weber vom 3. Sept. 1907, unten, S. 384.
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18. August 1907
Marianne Weber 18. August 1907; BK Amsterdam Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max Weber berichtet in diesem Brief wie in den Briefen an Marianne Weber vom 25. und 26. Aug. 1907 von seinen Besuchen bei Fritz Fallenstein und der Familie Bunge in Amsterdam. Die Verwandtschaft bestand über Webers Großvater, Georg Friedrich Fallenstein. Aus dessen erster Ehe stammten u.a. die Kinder Roderich Fallenstein, dessen Sohn Fritz ein Vetter Webers war, und Laura Fallenstein, verheiratete Bunge, die „Tante Laura" in den Briefen. Deren Mann, Carl Gustav Bunge, betrieb in Amsterdam eine Tabakimportfirma, die nun von seinem Schwiegersohn, Julius Bunge, geleitet wurde und in der Fritz Fallenstein beschäftigt war. Laura Bunge hatte zwei Töchter, Emmy und Tuja Bunge, die die Brüder Julius und Alexander Bunge geheiratet hatten, so daß eine Namensgleichheit zwischen den Schwiegersöhnen und den Mädchennamen ihrer Frauen bestand.
Hotel
„Adrian"
Amsterdam, 18/VII11901 Sonntag Liebe Schnauzel, nun muß man Euch also doch schon wieder im Umzug 1 begriffen denken, was trotz der sehr einleuchtenden Gründe fast betrüblich ist: die Auffindung eines wirklich ruhigen Heims in einem Fremdenort wie Pontresina ist ja fast ein Wunder zu nennen. Hoffentlich glückt es Euch u. hoffentlich steigt Deine Gehfähigkeit allmälig u. ohne Versuche, das zu überstürzen. Heut bin ich also bei Fritz Fallenstein, den ich gestern Nachmittag schon besuchte, worauf er mich zu Tisch (hier immer: 6 Uhr) dabehielt. Er ist mit seinen 60 Jahren noch immer der zierliche Kerl von ehedem, mit den Fallenstein'schen guten u. eigentlich weltfremden Augen, ^dabei aber:| nüchtern u. von schwungloser aber sehr herzlich gemeinter Liebenswürdigkeit. Der hat nun sein Leben lang im Contor des Bunge"schen Hauses auf dem Schemel gesessen u. für sie anspruchslos u. ehrlich gearbeitet, es aber dabei so wenig wie die Andren zu etwas gebracht. Die Arbeitszeit ist jetzt kurz. 10 Uhr geht er hin, 12 Uhr nach Haus zum Lunch, dann wieder hin u. um 5 Uhr ist Alles zu Ende. Das
1 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 16. Aug. 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) als neue Adresse Hotel Alpenrose, Sils-Maria, mitgeteilt.
18. August
1907
363
Geschäft geht eben, obwohl es noch immer hohen Gewinn abwirft, doch zurück. Sie importieren - jetzt meist nur noch als Agenten der großen indischen Gesellschaften - Taback und verkaufen ihn in altväterischer Weise im Großen in Posten von 100000-300000 Gulden im Wege der Auktion mit schriftlichen geheimen Angeboten an die zweite Hand, die ihn für die Fabriken sortiert. Das ist eine so simple Manipulation, daß nur das kolossale Capital, das sie erfordert, vorerst noch ihre Fortexistenz bedingt. Der alte Bunge 2 ist arteriosklerotisch halb verblödet, hat mit einigen 60 nochmal geheirathet u. seinem 40 Jahre alten einzigen Sohn („Uli") zwei Baby's an die Seite gesetzt, die Frau war die Pflegerin seiner ersten Frau, unsrer Cousine Emmy Bunge, Tante Laura Bunges Tochter. Sein Bruder, der Mann von Emmys Zwilling, Tuge Bunge, 3 hat es übrigens genau ebenso gemacht. Es ist schon ein merkwürdiges Völkchen. Ich werde sie, glaube ich, nicht sehen, da ich den Sohn („Uli" = Julius) |:gar:| nicht kenne. Fallenstein's (die letzten Träger des Namens in Europa, in Amerika pflanzt nur Frank F[allenstein] ihn fort!) 4 wohnen noch in ihrem „bovenhuis", d.h. der durch eine schlauchartige Treppe direkt von der Straße aus zugänglichen oberen Hälfte eines Häuschens in sehr ruhiger schöner Lage, zahlen 650 Gulden (1000—1100 M.) für 2 (große) Zimmer u. Küche etc. in dem unteren, 3 Schlafzimmer u. Zubehör in dem oberen der ihnen gehörigen Stockwerkchen. Alles ist einfach u. etwas altväterisch, aber behaglich. Dabei 2 (!) alte Dienstboten (Tribut an den Sauberkeitsfanatismus). Heut werde ich nun wohl zum Lunch und Essen dableiben u. wir werden wesentlich zu Hause sitzen, da es einmal wieder regnet. Von morgen an werde ich dann täglich Vormittags auf der Bibliothek sein, Nachmittags etwas unternehmen oder ins „Rijksmuseum" gehen, wenn es regnet, u. abwarten, was man mir von Örl[inghausen] antwortet. Meine Plagegeister sind natürlich immer in Bewegung u. nur durch Mittel ruhig zu halten, aber durch unschädlichere, und der Kopf scheint besser zu sein. Ich frühstücke stark u. suche dann mit 2—3 Mal „Karnemelk" und Kaasbroodje durchzukommen. Laßts Euch recht gut gehen u. bekommen, grüße Lask sehr, es küßt Dich Dein Max 2 Julius Bunge. 3 Alexander (Tuge) Bunge. 4 Vgl. die Tafel der Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein aus dessen erster Ehe, unten, S. 766.
364
19. August 1907
Marianne Weber PSt 19. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Montag früh Liebe Schnauzel! Gestern blieb es den ganzen Tag beim Regnen u. ich saß daher von '/2I2-Y28 bei Fritz F[allenstein] in dessen Wohnung u. wir - d . h . wesentlich ich - plauderten continuierlich, eine physisch etwas anstrengende 5 Sache, da er (leicht) schwerhörig ist. Heut werde ich Vormittags auf der Bibliothek sein, Nachmittags - wenn das Wetter besser wird, wie es scheint - in Edam oder Monnikendam, zum „Mittagessen" (d. h. 6 Uhr Dinner) wollte Fritz mich wieder haben, ich sage aber ab, sonst könnte was passieren. Etwas geholfen hat die See doch, trotz der ungünstigen 10 Wetterbedingungen. Abwarten, wie es weiter geht. - Hoffentlich habt Ihr, wenn Ihr wirklich3 umsiedelt, etwas Gutes gefunden! Herzlichst Dein Max
a (etwas)
20. August 1907
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Marianne Weber PSt 20. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Dienstag früh Liebe Schnauzel,schönen Dank für Deine Kärtchen. Nun seid Ihr also sicher schon in Sils u. ich bin gespannt zu hören, wie es Dir auf dieser Höhe, in der Nietzsche die „ewige Wiederkehr" 1 einpurzelte, ergeht, Schlaf etc. betreffend. Aber dem Blut muß es doch zu Gute kommen. Gestern regnete es hier den ganzen Tag, ich saß Vorm[ittags] auf der Bibliothek, Nachmittags] auf der Bude u. las. Heut ist es schön u. ich gehe heut Mittag eventuell nach Edam u. Marken, wenn es sich so hält. Bei Fritz 2 hatte ich mich für gestern u. heut abgesagt, - der rührende Mensch antwortete mit einem Kistchen Cigarren, damit ich doch im Geiste mit ihm rauchen könne! Morgen gehe ich wieder hin. Abends sitzt man hier ganz nett in den offenen Restaurants an der „Calverstraat", der belebtesten u. an Läden reichsten, die so eng ist, daß nur sehr selten Droschken durchfahren u. nur im Schritt. Mir geht es dieser Tage ganz erträglich. Schönen Gruß an Lask! Es küßt Dich Dein Max Eben kommt Dein Kärtchen aus Sils.
1 Anspielung auf den Bericht Friedrich Nietzsches über die Entstehung des Zarathustra: „Die Grundconception des Werks, der Ewige-Wiederkunfts-Gedanke, diese höchste Formel der Bejahung, die überhaupt erreicht werden kann - , gehört in den August des Jahres 1881: er ist auf ein Blatt hingeworfen, mit der Unterschrift: ,6000 Fuß jenseits von Mensch und Zeit'. Ich gieng an jenem Tage am See von Silvaplana durch die Wälder; bei einem mächtigen pyramidal aufgethürmten Block unweit Surlei machte ich Halt. Da kam mir dieser Gedanke." Förster-Nietzsche, Elisabeth, Das Leben Friedrich Nietzsche's. Zweiter Band, Zweite Abteilung. - Leipzig: Naumann 1904, S. 379f. 2 Fritz Fallenstein.
366
20. August 1907
Marianne Weber PSt 20. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Auf der Zuidersee (auf der Fahrt nach der Insel Marken) L. Sehn. Gerharda v. Möller1 zeigt an, daß seine Frau Gerda geb. Velhagen, bei der Geburt eines kräftigen Knaben gestorben ist. Das ist ein recht hartes Schicksal! - Ich habe Vormittags auf der Bibliothek gearbeitet u. sitze 5 nun auf einem wackeligen kl[einen] Dampfer, um die klfeine] Fischerinsel Marken bei Edam zu besuchen. Es ist windstill, regnet v[on] Zeit zu Zeit. Wenn dieser Benzindampfer nur nicht so stänke! Laßts Euch gut gehen! Herzl. küßt Dich 10 Dein Max
a O: Gerhardt 1 Gerhard von Möller war seit 1903 Geschäftsführer und Gesellschafter der Lederfabrik in Kupferhammer und ein angeheirateter Vetter von Marianne Weber.
20. August
1907
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Marianne Weber PSt 20. A u g u s t 1 9 0 7 ; PSt A m s t e r d a m Z w e i Karten; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , Deponat B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Die beiden Karten sind fortlaufend beschrieben, jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Sie werden im folgenden mit I und II bezeichnet. Auf der Karte I fehlt die Anrede. Die Abbildungen zeigen Ansichten der Insel Marken.
Die Insel schwimmt flach wie ein Teller in der Zuider Zee, die Häuschen auf Hümpel zusammengehäuft auf Sandbänken, überall mit kl[einen] Canälen verbunden, innen sauber gestrichen und rundum an den Wän5 den buntgebrannte Porzellanteller, die Bettstätten in e[iner] Art Schubfach in der Wand|.| II Flachsgelbes Haar kommt bei den Frauen, steif wie Stroh, vorn u. seitwärts unter der festen Haube hervor, bunte Mieder dabei, - die 10 Männer in ungeschlachten Plumphosen. Alles Wasser und Wiesen^] Max
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22. August 1907
Marianne Weber PSt 22. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Donnerstag früh L. Schnauzel. Von Marken zurückkommend, war ich so leichtsinnig, mir einen Hummer zu konzedieren. Da es aber Abends spät war, paßte das dem Vieh nicht, gegessen zu werden u. es verursachte mir eine schlechte Nacht - 5 nach AVi Wochen Pause. Ich mußte daher zu Hause bleiben, bleibe nun noch 2 Tage länger hier u. gehe erst Dienstag/Mittwoch kommender Woche nach Örlinghausen. Tante Ottilie1 ist freilich, was die Sache doch recht beeinträchtigt, bis zum 3A da. Aber sie2 wünschen mich sehr. Hoffentlich geht es Euch gut. Um Gotteswillen aber, diese Weiber- 10 fluth! 3 Ich werde Dir Maeterlinck, Vom Schweigen,4 schicken! Grüße Lask[.j Es küßt Dich Dein Max
1 Ottilie Weber. 2 Gemeint sind Alwine (Wina) Müller und ihre Familie. 3 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 18. Aug. 1907 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) mitgeteilt, sie habe Anna Pappritz und Margarethe Friedenthal getroffen, beide waren ihr aus der Frauenbewegung bekannt. 4 Das 1. Kapitel aus Maeterlinck, Maurice, Schatz der Armen, 3. Aufl. - Jena: E. Dlederichs 1906. Max Weber hatte dieses Buch gerade gelesen, vgl. Karte an Marianne Weber vom 27. Juli 1907, oben, S. 340.
23. August 1907
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Robert Michels PSt 23. August 1907; Amsterdam Karte; eigenhändig A F L E Turin, Ni. Robert Michels, Kapsel Max Weber, F a s z . 4 8
Amsterdam (von Montag ab: Örlinghausen, Lippe, Adr. Commerzienrath Bruno Müller) Lieber Herr Doktor! Ich werde voraussichtlich am 6/7 September wieder in Heidelberg sein, schreibe definitiv in 8 Tagen, ob dies der Fall. Meine Frau wird bis etwa um die gleiche Zeit ina Sils Maria (Engadin), Hotel Alpenrose sein. Sie rutschen aber wohl mit der Bahn nach Süden durch? Versuchen Sie ev. doch, meine Frau zu einer Zusammenkunft (im Tremazzino z.B. oder so) zu pressen, ich würde mich für sie freuen. Ich kann, da ich schon am 20. wieder in Magdeburg (Vferein] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik]) sein muß, 1 nicht gut zwischen 6ten u. 20ten noch mal fort gehen, da Einiges unbedingt erledigt sein will. U. Ihr Weg führt nicht über Heidelberg (oder in der Nähe davon) nach Italien zurück? Ich würde das herzlich bedauern, denn ich möchte Sie sehr gern sehen. Herzl. Gruß Ihrer l[ieben] Frau u. Ihnen Ihr Max Weber
a (Pontresina sei) 1 Gemeint sind Generalversammlung sowie Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik, die allerdings erst vom 29. September bis 1. Oktober 1907 stattfanden.
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23. August 1907
Marianne Weber PSt 23. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freitag L. Schnauzel, ja wie kommt das denn, daß Du auf Karten wartest - resp. gewartet hast? Ich habe, außer an 2 Tagen im Ganzen, täglich geschrieben. Mich freut es, aus Deinen Kärtchen zu sehen, daß Du offenbar sehr gut 5 untergekommen bist u. es ist mir ein netter Gedanke, Dich still auf dem Moose am See sitzen zu wissen.1 Das wird schon gut thun. Bleib nur ja so lange, bis Du das Schlafen fertig bringst, dann geht es nachher zu Hause auch! Ich gehe heut wieder auf die Bibliothek, morgen Mittags zu Fritz F[allenstein], Sonntags muß ich 1 Stunde in Haarlem bei Jules Bunge 10 vorsprechen, sie haben darum gebeten. Langweilig! Etwa Mittwoch/ Donnerstag habe ich mich Wina 2 angekündigt. Herzlichst Dein Max
1 Marianne Weber schrieb auf ihrer Postkarte an Max Weber vom 20. Aug. 1907: „ Lask macht jetzt wieder größere Touren und ich sitze dann auf der unbeschreiblich reizvollen, in den See ragenden Halbinsel Chaste im weichen Moose und träume und höre dem Rauschen der Lärchen und dem Flüstern des blauen Wassers zu". Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Alwine (Wina) Müller.
24. August
1907
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Marianne Weber PSt 24. A u g u s t 1 9 0 7 ; PSt A m s t e r d a m Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Sonnabend Liebe Schnauzel! Danke Lask vielmals für seine freundliche Karte, 1 - hoffentlich hast Du den Ausflug genossen, ein Kärtchen war heut noch nicht da. Ich war 5 gestern auf der Bibliothek, gegen Abend dann im Judenviertel, - tolle Physiognomien u. ein schauderhaftes Geschrei u. Markttreiben, bis um 6 Uhr der „Schabbes" u. damit Stille beginnt. Von nun an schreibe bitte nach Örlinghausen, denn länger als Dienstag werde ich sicherlich hier nicht zu thun haben, denke ich. Heut gehe ich zu Fritz Fjallenstein] zum 10 Lunch, glaube aber, daß ich zum „Dinner" mich verflüchtige, sonst plaudern wir zu viel. Wetter: jeden Tag Regen, sonst leidlich warm. Herzlichst Max
1 Emil Lask hatte am 21. August 1907 im Auftrag von Marianne Weber eine Karte an Max Weber geschrieben (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) und mitgeteilt, sie habe an diesem Tage Anna Pappritz in Sils-Baseglia besucht.
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25. August 1907
Marianne Weber PSt 25. August 1907; BK Amsterdam Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel
„Adrian"
Amsterdam, Sonntag Liebe Schnauzel! Schönsten Dank für Deine beiden Kärtchen - eine mit Ansicht und Pappritz-Bemerkungen, 1 ich bitte Frl. P[appritz] sehr zu grüßen - ich sehe, es geht doch besser u. meine, Du solltest so lange Du es nur irgend aushältst da droben bleiben, um für den Winter Frische zu sammeln. Das werden wir doch nun öfter wiederholen, nachdem Du etwas wirklich Schönes gefunden hast. Ich habe hier Einiges auf der Bibliothek gearbeitet, es ist ganz bequem, leer u. still jetzt. Nur e[in] andres Zimmer im Hotel muß ich das nächste Mal haben, ich saß erst sehr ruhig, jetzt aber zwischen 2 Ehepaaren, Deutschen, deren eheliche Freuden positiver und negativer Art ich mitzugenießen genötigt bin, da die verdammten Zwischentüren nicht fehlen. Dafür war es relativ billig u. ist nun bald zu Ende, denn übermorgen reise ich nach Arnhem, von da dann vielleicht direkt nach Örlinghausen. Gestern war ich mit Fritz F[allenstein] zusammen, Lunch, Spazierfahrt, Dinner, - er hat mir mancherlei erzählt von den hiesigen Bunge's, 2 zu deren Chef - dem arteriosklerotisch verblödeten Jules - wir heut zum Lunch nach Haarlem fahren. Er hat in zweiter Ehe die Pflegerin seiner Frau geehelicht u. seinem 40jährigen Sohn 2 Kinder (4 u. 2 Jahre) zur Seite gesetzt. Der 40jährige Sohn seinerseits (Sohn meiner Cousine Emmy Bunge, der Tochter der Tante Laura) hat die Mamsell seiner Mutter geheirathet, heimlich, da die Mutter nicht wollte, in Helgoland (vor 1900), sie trafen sich dann immer in Bädern etc., wo sie
1 Von einem Ausflug zum Cavlocclo-See hatten Anna Pappritz, Marianne Weber und Margarethe Friedenthal gemeinsam am 22. August 1907 Max Weber eine Karte geschrieben, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Vgl. Editorlsche Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 18. Aug. 1907, oben, S. 362.
25. August 1907
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gesehen wurden, so daß die Holländer hier noch heut glauben, die Frau sei seine Maitresse gewesen damals: er hat dann |:erst:| nach dem Tode seiner Mutter kirchlich geheirathet. Sein Onkel, der Bruder also von Jules B[unge], Alexander B[unge], der die andre Tochter der Tante Laura Bunge, Tuja, geheirathet hatte, hat in seinem Alter seine ganz reelle Maitresse - ein ganz ungebildetes Ding - wirklich geheirathet. Folge: sozialer Boykott. Es ist ein eignes Völkchen, wie Du siehst, diese Bunges, die holländische Nase rümpft sich etwas bei ihrem Namen, wie zu begreifen ist. Knallig reich sind sie dabei alle, und Bourgeois par excellence. Die Behandlung der Fallensteins durch sie ist eine ganze Serie höchst unerquicklicher Geschichten von Ausbeutung und Misachtung, in der leider Tante Laura, die in dieser Hinsicht gar keinen Blick hatte, eine wenig rühmliche Rolle spielt. Ich wußte das immer, habe es nur jetzt so gelegentlich wieder bestätigt gefunden. 3 Fritzen's, 2 Leute also, brauchen bei | :nur: 1650 fl (1060 Mk) Miethe u. 220 fl (360 M) Dienstbotenlohn doch jährlich 8000 fl (13000 M), was mich über uns doch sehr beruhigte, denn sie leben äußerst bescheiden. Freilich ist Alles teuer hier. Laßts Euch gut gehen, grüße Lask sehr, herzlichst Dein Max
3 Vgl. dazu den Brief an Helene Weber vom 2. Nov. 1904, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446.
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26. August 1907
Marianne Weber PSt 26. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Montag früh Liebe Schnauzel! Schönen Dank für Deine Kärtchen, bekommst Du denn meine jetzt regelmäßig? Ich schrieb jeden Tag. - Gestern bei Jules Bunge's (früherer Mann von Emmy, der Tochter v. Tante Laura) in Haarlem z[um] Lunch. 1 Dabei auch Rudolf Bunge (Sohn der Tuja, der Zwillingsschwester von Emmy) mit s[einer] Frau, welche s.Z. die erste holländische Gymnasiastin war, das Töchterchen will auch aufs Gymnasium jetzt, ev. studieren. Richtige Knall-Bourgeoisie Alles, im Fett, u. großer gesellschaftlicher Sicherheit u. Deftigkeit schwimmend. Die Frauen sehr lustig, die Frau von Rudolf B[unge] dabei sehr gut gebildet u. angenehm. Die Wirtin, Frau Eem B[unge], Jules B[unge]'s zweite Frau (früher Pflegerin seiner ersten, unsrer Cousine Emmy), noch jung (37 Jahre) u. sehr elastisch. Der alte Jules dazwischen als Ruine. Viel geplaudert, gelacht, schließlich zurück nach Amsterdam zum Essen mit Fritz F[allenstein], - Denk Dir, der gute Mensch hatte - ich sagte, daß ich heut oder morgen abreisen würde - als Präsent für Dich „unbekannterweise" zwei altholländische silberne Dessertgabeln (d. h. Imitationen charakteristischer altholländischer Muster - 17. Jahrh. - ) erstanden, die ich für Dich mitnehmen müßte mit einem Gruß für Dich. Was sollte ich machen, ich mußte sie annehmen u. weiß noch nicht recht, wie uns revanchieren. Er ist mit seinen 60 Jahren eine Kinderseele an Freundlichkeit und Herzensgüte. Man muß ihn „ausfragen", von selbst giebt er nicht viel aus. - Nun laß Dirs gut gehen, Mittwoch gehts nach Arnhem, dann Örlinghausen. Herzlich küßt Dich Dein Max
1 Vgl. Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 18. Aug. 1907, oben, S. 362.
28. August
1907
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Marianne Weber PSt 28. August 1907; PSt Amsterdam Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Mittwoch L. Schnauzel! Eben geht es weiter nach Arnhem, u. von da dann morgen nach Örlinghausen, wo ich kurz nach Tisch ankomme. Ich habe hier noch immerhin 5 Einiges gearbeitet 1 u. wäre gern noch länger geblieben. Aber die Leute in Örl[inghausen] 2 möchten mich offenbar gern bald haben, ehe die Reise-Saison angeht. Gestern war einmal ein schöner klarer sehr warmer Tag, heut ist wieder die übliche Trübheit. - Nun bleib ja recht lange in Sils Maria, Deine Kärtchen erfreuen mich ja durch größere Frische, 10 und denk Dir auch die unentbehrliche Zwischenstation aus zwischen Sils u. Heidelberg. Etwa Altenberg? (Route: Basel - Colmar - Münster Altenberg) Oder Feldberg? Oder Klosters? Oder Rigi-Kaltbad? Grüße Lask u. Frl. Pappritz sehr, es küßt Dich Dein Max
1 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 17. Aug. 1907, oben, S. 361, Anm. 1. 2 Alwine (Wina) Müller und Familie In Oerlinghausen.
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29. August
1907
Marianne Weber PSt 2 9 . A u g u s t 1 9 0 7 ; B K A r n h e i m Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 4 4 6 Die Karte zeigt eine Ansicht des Hotels, darunter steht: „Vegetarisch Hötel - Pension Restaurant .Pomona'." Max Weber unterstrich „vegetarisch" und setzte davor „ N B ! ! "
Arnhem Mittwoch Mittag L. Schnauzel! Hier, in der reichsten Stadt der Niederlande (Villensitz der in Ostindien gemästeten Millionäre) ist nun meine letzte außerdeutsche Station. Für morgen Mittag habe ich mich bei Wina 1 angesagt. Heut Nachmittag 5 werde ich eine mehrstündige Fahrt in die schönen Waldungen der Umgebung machen und Abends mir es wieder bei gekochtem Salat, Gurken, etc. und alcoholfreiem Rotwein 3 gut sein lassen. Letzterer ist nicht übel, die Suggestion so stark, daß ich einen puterroten Kopf bekam, trotzdem er wirklich kein Atom Alcohol enthält. Laß Dirs b gut gehen u. 10 Dich küssen Dein Max
a Portwein > Rotwein 1 Alwine (Wina) Müller.
b O: D i r
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30. August 1907
Marianne Weber PSt 30. August 1907; Oerlinghausen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Örlinghausen, Freitag. L. Schnauzel. So nun bin ich hier u. habe schon viel geredet u. gelacht, wie immer hier. Tante Ottilie 1 ist noch da, Bruno 2 u. die jüngeren Kinder (incl. Mariänn5 chen 3 ) sind fort, mit Wina 4 ist es sehr behaglich, Carl u. Emily 5 habe ich auch schon gesehen. Über Geschäftliches noch nicht gesprochen. - Alle lassen sehr grüßen. Bleib doch noch in Sils, liebes Kerlchen, wenn D u Mitte September zu Haus bist, hast D u ja noch 4 Wochen bis zum Congreß 6 , da haben die Musen ja reichlich Zeit. Jede Woche länger 10 macht doch was aus, das mußt Du bedenken! Ich will eben etwas ausfahren, deshalb Schluß! Schönen Dank fürs Briefchen[.] Es küßt Dich Dein Max
1 Ottilie Weber. 2 Bruno Müller, verheiratet mit Alwine (Wina) Müller, geb. Weber. 3 Marianne Müller, Tochter von Bruno und Alwine (Wina) Müller. 4 Alwine (Wina) Müller. 5 Carl und Emily Weber. Carl Weber war zusammen mit seinem Schwager Bruno Müller Geschäftsführer der Firma Carl Weber & Co. in Oerlinghausen. 6 Vom 11. bis 12. Oktober 1907 fand in Kassel ein Kongreß über Frauenbildung des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium statt, auf dem Marianne Weber einen Vortrag zum Thema „Gemeinsamer Unterricht von Knaben und Mädchen" hielt, vgl. Brief von Marlanne Weber an Helene Weber vom 29. Aug. 1907, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana446.
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31. August 1907
Marianne Weber PSt 31. August 1907; Oerlinghausen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Örl. Samstag. L. Schnauz! Gestern fuhr ich spazieren nach der Holte, 1 damit wir nicht zu viel redeten. Heut haben wir schon wieder mit Tante Ottilie 2 und Wina 3 einen langen Speech. Jetzt will ich aber auf das Contor, mir das Testa- 5 ment 4 geben lassen, darum habe ich Eile. Also nur einen herzlichen Gruß und bleibe so lang als möglich in Sils. Mama kommt am 6ten hierher, geht am 18ten zur Taufe 5 nach Kiel. Herzlichst küßt Dich Dein Max 10
1 Schloß Holte bei dem gleichnamigen Dorf in der Senne. 2 Ottilie Weber. 3 Alwine (Wina) Müller. 4 Testament von Carl David Weber, Marianne Webers Großvater, der am 21. Juli 1907 gestorben war. 5 Taufe von Erich Benecke, Sohn von Wilhelm Benecke, Professor für Botanik in Kiel, und Großneffe von Helene Weber.
2. September
1907
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Helene Weber 2. September [1907]; Oerlinghausen Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr ist aus dem Briefinhalt erschlossen.
Örlinghausen 2/IX Liebe Mutter! Ich habe Nora 1 gleich geschrieben, 2 auch schon Antwort von ihr. Du wolltest, höre ich[,j am 6. zu Tante Ottilie 3 kommen, ich wollte gern nicht zu spät nach Heidelberg zurück, eigentlich auch schon am 6 ten . Tante Ottilie (und mit ihr ich) schlagen Dir nun vor, ob Du nicht zuerst für einen Tag hierher kommen könntest. Du hast nach Bielefeld 2 Züge: der eine geht S38 Morgens vom Schlesfischen] Bahnhof, also etwa 9 Uhr vom Zoologischen. Der zweite geht II 2 2 vom Schles[ischen] Bahnhof, also Vd2 etwa vom Zoologischen. Die genauen Zahlen kann Dir ja Ernst wohl nachsehen, oder Clara, oder ich schreibe sie noch. Mit dem ersten Zug bist Du 2 Uhr 18 in Bielefeld, wo Dich, wegen mangelnden Anschlusses |:der Kleinbahn: |, der an diesem Tage freie Wagen hierher erwartet. Mit dem zweiten bist Du 523 in Bielefeld u. hast Bahnanschluß. Tante Ottilie würde Dich dann am Sonnabend Abendbei sich erwarten. Es ist nicht nur mir, sondern namentlich auch ihr ein angenehmerer Gedanke, Dich hier, als in ihrem Haushalt zu sehen, u. die hiesigen freuen sich schrecklich, wenn Du kommst. Kannst Du es irgend machen, dann komme doch schon mit dem ersten, morgens von Berlin abgehenden Zuge, wir haben dann auch den ganzen Nachmittag vor uns hier. Hier geht Alles gut, das Testament war sehr loyal gegen uns, ganz anders als wir annehmen mußten, 4 und wir werden uns leicht verständigen über das, was zur Erhaltung des Geschäfts nötig ist. Es ist also Alles sehr wohlthuend hier.
1 Nora Lamping, geb. Möller, Cousine von Marianne Weber. 2 Brief nicht nachgewiesen. 3 Ottilie Weber. 4 Zum Testament von Carl David Weber vgl. die Briefe an Marianne Weber vom 3. Sept. 1907, unten, S.385f., und an Alfred Weber vom 3. Sept. 1907, unten, S.381.
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2. September
1907
Marianne scheint der Alpenaufenthalt 5 sehr zu bekommen. Ich hatte scheußliches Wetter, lag viel mehr auf den Bibliotheken in Amsterdam u. Leiden herum als am Strande infolgedessen, habe die Zeit dennoch recht genossen, auch mit Fritz Fallenstein, aber ob ich arbeiten kann, d.h. so scharf arbeiten, wie ich müßte, weiß ich noch nicht. Vielleicht 5 gehe ich im Winter einmal in hohe Luft (S1 Moritz oder so etwas) für 4 Wochen. Alles hier grüßt herzlichst, - nicht wahr, Du kannst es doch so machen, wie wir Dir vorschlagen? Herzlichst 10 Dein Max
5 Gemeint ist ihr Aufenthalt in Pontresina und Sils-Maria im Engadin.
3. September
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1907
Alfred Weber 3. September 1907; Oerlinghausen Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 8 4 - 8 7
Örlinghausen 3/9 7 Lieber Alfred Deinen Brief fand ich vor einigen Tagen hier bei meiner Ankunft aus Holland vor u. konnte der etwas complizierten Verhandlungen halber, die ich hier mit Georg u. Richard Müller hatte, nicht gleich antworten. 1 Über diese Verhandlungen möchte ich vorerst - da wir noch nicht ganz im Reinen sind - nur sagen, daß wir uns vortrefflich vertragen, obwohl unsre Interessen teilweise divergieren, wie dies in der Natur der Sache liegt. Das Testament von Carl Weber sen. ist weit günstiger für uns, als ich annahm 1 ), der Fehler war nur, daß man uns s.Z. nicht über den Inhalt informierte. Wir können darnach eine 4% Verzinsung unsres ganzen Erbteils |:- über 300000 Mk im Curswerth - : | verlangen, |:soweit es im Geschäft bleibt. :| Aber grade indem der Alte an unsere Noblesse bezüglich der Verständigung mit den Inhabern appellierte, bindet er uns moralisch daran, bei der Erbauseinandersetzung über dies, schließlich hier u. von ihm verdiente, Geld die Interessen des Geschäfts nicht außer Acht zu lassen. Wir werden also mit einem Teil unsres Erbteils Teilhaber einer Gesellsch.m.b.H. werden müssen, allerdings unter Garantien für die Sicherung unsrer Präzipualdividende, 2 die uns, außer etwa in Kriegsjahren, ein vollkommen genügendes, unsre Bedürfnisse deckendes Einkommen garantieren. |:- in guten Jahren bis zu 4lA%, in schlechten nicht unter 3% des im a Geschäft steckenden Teils. - : | Die Einzelheiten stehen noch nicht fest. ^ Die ganze Härte des Alten hatte sich s.Z. nur gegen meinen Schwiegervater Schnitger gerichtet.
a (Vermögen) 1 Vgl. die Briefe an Helene Weber vom 2. Sept. sowie vor allem an Marianne Weber vom 3. Sept. 1907. 2 Über nähere Einzelheiten über die Marianne Weber zugestandene Vorzugsdividende vgl. den Brief an Marianne Weber vom selben Tage, unten, S.385f.
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3. September 1907
- Ich möchte auch nicht auf unsre persönlichen Auseinandersetzungen, bezüglich deren b ich Deine Ansicht teile, zurückkommen, und nur sagen: 1) daß jeder gelegentliche Zusammenstoß der Temperamente mir 10 Mal lieber ist als etwa ein vorsichtiges Aneinandervorbeigehen, 2) daß ich sicher bin, daß Du Dich überzeugen wirst, daß Du die Tragweite der etwaigen theoretischen Ansichtsunterschiede (über „Kantianismus" oder dergl.) für die praktische Lebensauffassung zu hoch anschlägst; wir sind da, wie Du[,j glaube ich, sehen wirst, weniger „gebunden", als Du - vielleicht! - bei den jetzt immer nur gelegentlichen Unterhaltungen den Eindruck gewinnen konntest. Nun zur Sache. 1) Ich beabsichtigte, vorzuschlagen, der Verein f[ür] S[ozial-]P[olitik] möge eine Serie von Untersuchungen beginnen lassen, die man, um ein „populäres" Etikett zu haben, vielleicht als „Lage der geistigen Arbeit in der modernen Großindustrie" titulieren könnte. 3 Um die „Privatangestellten" kommen wir ja, wenn Potthoff cooptiert wird, 4 nicht herum, ich dachte aber allerdings nun weiter die innere Struktur der einzelnen Industrien in Bezug auf: Maß u. Art der Gelerntheit der Arbeit, Stetigkeit der Arbeiterschaft, Berufschancen, Berufswechsel etc. etc. heranzuziehen, u. c von dieser „morphologischen" Seite der Sache dann der Frage der psycho-physischen Auslese, die die Industrie vollzieht, ihrer d Richtung in den einzelnen Industrien und umgekehrt ihrer Bedingtheit durch die sei es hereditären sei es durch die historisch gegebenen sozialen u. institutionellen Bedingungen anerzogenen |:psychophys[ischen]:| Qualitäten der Bevölkerung näher zu kommen, ausgehend aber - aus leicht ersichtlichen methodischen Gründen - nicht von diesen „charakterologischen" Qualitäten als gegebenen Daten, sondern eben von den sozialen Lebenschancen heute und in der
b Unsichere Lesung,
c (so)
d O: ihre
3 Laut Ausschußprotokoll des Vereins für Sozialpolitik vom 29. September bis 1. Oktober 1907 in Magdeburg hatte sich auf der ersten Sitzung, in welcher Max Weber nicht anwesend war, das Thema „Untersuchungen über die Lebensläufe der in der Industrie Beschäftigten" herauskristallisiert, die weitere Diskussion war auf die letzte Sitzung verschoben worden. Der nun anwesende Max Weber brachte eine Neufassung des Themas in Vorschlag - wie im Brief angegeben - : „Die geistige Arbeit in der Großindustrie." Es heißt hier weiter: „Er wünscht die Frage beantwortet zu sehen: .Nach welchen Qualitäten psychischer und physischer Art fragt die Großindustrie?'" British Library of Political and Economic Science, London, Nl. Ignaz Jastrow, Mise. 114. 4 Tatsächlich ist Heinz Potthoff, Vorsitzender des Verbandes der Privatangestellten, auf der o.a. Ausschußsitzung am 1. Oktober 1907 in den Ausschuß kooptiert worden.
3. September
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nächstzurückliegenden Vergangenheit als ursächlichen Elementen für die Auslese und - eventuell - „Schöpfung" jener Qualitäten. Die innere Struktur und die Lebenschancen, welche der geschlossene Großbetrieb bildet 6 bzw. schafft, würden m. E. also allerdings das zuerst zu untersuchende Moment sein, und innerhalb dieses Untersuchungsgebietes wieder die differenziertesten oberen Schichten des Gesammtpersonals der Großindustrie, - die Unternehmer selbst nach dem Maß und der Art der an sie herantretenden geistigen Anforderungen, ihrer Vorbildungs-Notwendigkeit etc. eingeschlossen. Ich formuliere hier in größter Hast, aber da Du ja anscheinend etwas Ähnliches willst und für angezeigt hältst, so weißt Du ja, was gemeint ist. Man kann nun gewiß sehr zweifeln, ob wir den Kraftaufwand, uns mit den |:heutigen:] praktischen Petita und Beschwerden der „Privatangestellten" zu befassen, nicht besser als Ballast bei Seite ließen, - aber dann fehlt, glaube ich, das Schmieröl, um die Sache in Gang zu bringen innerhalb des Vereins, wie er nun einmal ist. Wir brauchen ja auch für die Ausfüllung von Fragebogen etc. die Chemiker, Ingenieure etc. und die Vorstände der „Angestellten"-Vereine u. müssen also, scheint mir, wohl an ihre Interessen anknüpfen. Meinst Du nicht auch? 2) Degenerationsfragen.5 Werde ich unbedingt lebhaft unterstützen und mich persönlich, wenn Du willst, mit lebhaftem Interesse mitbeteiligen. Ich beurteile - Du aber wohl auch - die Brauchbarkeit des Materials ziemlich ungünstig, soweit ich urteilen kann, halte es also für möglich, daß man für Vorarbeiten und zur Feststellung der Art der Fragestellung ziemlich viel Zeit in Subcommissionen wird draufgehen lassen müssen. Oldenberg - Herkner - Eulenburg würden doch wohl mit heranzuziehen sein, auch würde ich versuchen, geeignete Psychiater ausfindig zu machen für diese Seite der Sache. Damit näherte man sich dann' von der grade entgegengesetzten Seite Problemen, zu denen die Fragestellungen sub N°1 oben von der institutionell-sozialen Seite her hinleiten. Man sollte, - das meine auch ich - Beides in Angriff nehmen neben einander.
e (und)
f Alternative Lesung: denn
5 Laut Protokoll hat Lujo Brentano dazu einen schriftlichen Antrag eingereicht: „Systematische Bearbeitung der Frage der Degeneration, ob eine solche stattgefunden hat, wo sie stattgefunden hat, sowie Ihrer Ursachen." Das Thema Ist dann wegen seiner methodischen Schwierigkelten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden.
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3. September 1907
Das würde, glaube ich, allerdings vielleicht zu einer Zurückstellung des Zms-Problems 6 nötigen, so sehr auch ich dessen Erörterung aus den verschiedensten Gründen wünschen würde. Aber zur Diskussion könnte doch sehr entschieden auch Das gestellt werden. Nach Salzburg7 kann ich nicht kommen. In Holland war gräßliches 5 Wetter, ich habe mehr in den Bibliotheken von Leiden u. Amsterdam |:(Calvinismus!):| als an der See gesessen. Es geht besser, - aber ob ich scharf arbeiten kann? Mama sehe ich Sonnabend hier, dann geht es nach Hause. Marianne hat sich in Sils Maria, scheint es, brillant erholt. Herzlichste Grüße! 10 Max
6 Die Behandlung des Themas „Ursachen der Steigerung des Zinsfußes", auch von Lujo Brentano vorgeschlagen, wurde ebenfalls auf einen späteren Zeltpunkt verschoben. 7 Gemeint ist der für den September 1907 nach Salzburg einberufene erste deutsche Hochschullehrertag.
3. September
1907
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Marianne Weber 3. September 1907; Oerlinghausen Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Marianne Weber war von ihrem Großvater in dessen Testament als Miterbin berücksichtigt worden und trat nach dessen Tod eine Erbschaft an, über die der folgende Brief berichtet. Carl David Weber hatte In Oerlinghausen eine Leinenweberei gegründet, die Insbesondere Tisch- und Bettwäsche herstellte. Im Alter hatte er sich aus der Leitung der Firma Carl Weber & Co. zurückgezogen und sie seinem Sohn Carl Weber, genannt Carlo, und seinem Schwiegersohn Bruno Müller, dem Mann seiner Tochter Alwine, genannt Wlna, übergeben. Deren älteste Söhne Georg und Richard Müller waren In die Firma eingetreten. Durch den Erbgang wuchs die Zahl der Eigentümer, so daß die Firma in eine GmbH umgewandelt werden sollte. Aus dem am 11. September 1908 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vor dem Amtsgericht In Oerlinghausen ergeben sich die Gesellschafter: Carl („Carlo") Weber, Bruno Müller, Georg Müller, Richard Müller als Geschäftsführer sowie als weitere Gesellschafter die Erben von Carl David Weber, nämlich die Tochter Hertha Möller, geb. Weber, In Kupferhammer, die Tochter Eleonore Müller, geb. Weber, In Münster i.W. und die Enkelin Marianne Weber in Heidelberg.
Örl. 3/9 7. Lieber Schnauzel, die Lage ist hier die: - Von unsrem Erbteil im heutigen Curswerth von 350000M. (ungefähr) stecken 190000 im Geschäft, der Rest: 160000 sollen uns im Lauf des nächsten halben Jahres in den betreffenden Werthpapieren (guten Aktien) ausgeliefert werden. Laut Testament könnten wir für jene 190000M. 4% verlangen (feste Zinsen). Wir würden in mittleren Jahren ca. 13000 MK im Ganzen Einkommen haben. Das Geschäft hat, trotz aller Neubauten, bisher stets das Conto Carl Weber senior mit 4% verzinst und 3 |:in guten Jahren: | 8—10% Gewinn abgeworfen (Großvater war nur Gläubiger, nicht Teilhaber der Firma). Nun hat Richard1 einen Plan zu einer Umwandlung des Geschäfts in eine „Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht" entworfen, über den wir eingehend verhandelt haben. Du würdest |:stimmberechtigte:! Geschäftsteilhaberin für 190000 Mk. Es würde für 160000 M. eine Vorzugsdividende von bis zu 4'A% gezahlt, ehe die großen Geschäftsanteile
a (dabei) 1 Richard Müller.
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3. September
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der Hauptgesellschafter (Carl 2 und Bruno 3 350000 bzw. 550000M) b Dividende erhielten. In Jahren mit sehr geringem Gewinn würde ^dadurch immer noch:| die Sicherheit bestehen, 7000° Mk Dividende zu erhalten |:(also, mit den d Dividenden der Aktien zusammen, ca. 12500Mk Gesammf-Einkommen): | in günstigen Jahren aber bis 15500 und eventuell noch 1500—2000 Mk mehr |:Gesammieinkommen u. in mittleren Jahren ca. 14200Mk.:|. Nur in Kriegs'yähr&n könnte die Dividende sinken und das Einkommen unsicher sein. Wir müssen überlegen, ob wir auf diesen Vorschlag eingehen sollen, an dem den Leuten hier sehr viel liegt. Ich habe eine Anzahl Garantien zur Sicherung unsrer Dividende verlangt und erhalten. Die Verhandlung mit den beiden jungen Leuten 4 war sehr nett, sie sind kluge Kaufleute, die ihre Interessen offen und loyal vertreten, daher auch das Gleiche von mir sehr gut ertrugen und entgegenkamen. Das Nähere mündlich. - Freitag Abend kommt Mama bis incl. Sonntag hierher. Von Dir hörte ich seit vorgestern nichts, hoffentlich bist Du noch in Sils Baseglia geblieben. - Tante Ottilie 5 ist nun fort. Ich fahre täglich spazieren in die Senne, nach Lopshorn etc. Ganz ohne Nachhülfe geht natürlich der Schlaf selten, da wir täglich stundenlang verhandelten. Herzlichste Grüße, es küßt Dich Max
b (Anteil) 2 3 4 5
C 12000 > 12100 > 6000 > 7000
Carl Weber. Bruno Müller. Gemeint sind Georg und Richard Müller. Ottilie Weber.
d
(Zinsen)
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4. September 1907 Helene Weber P S t 4 . S e p t e m b e r 1907; Oerlinghausen Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Örl., Mittwoch Liebe Mutter! Gut also! Der Zug nach Örlinghausen schließt direkt an den Berlin Bielefelder Zug an, Du steigst einfach um (mußt allerdings Billet neh5 men u. Gepäck umspedieren). In Örlfinghausen] wirst Du erwartet am Bahnhof mit Wagen. Hier war 3 es reizend, nur Bruno 1 leider noch nicht da, Richard 2 jetzt auf dem Wege auf die Reise, die Jüngeren 3 noch in Tölz. Vielleicht komme ich erst morgen dazu, Clara zu ihrem Geburtstag zu schrei10 b e n . 4 Marianne kommt Ende dieser Woche von Sils Maria nach Heidelberg zurück, - wie es scheint, sehr erholt. Herzlichst Max
a ist > war 1 Bruno Müller. 2 Richard Müller. 3 Marianne Müller, vermutlich auch Roland und Berthold Müller, die jüngeren Geschwister von Georg und Richard Müller. 4 Der Geburtstag von Clara Mommsen war am 5. September, ein Brief Max Webers ist nicht nachgewiesen.
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4. September
1907
Marianne Weber PSt 4. September 1907; PSt Oerlinghausen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Liebe Schnauzel! Ich schrieb Dir gestern einen Brief nach Sils Baseglia, den Du nun wohl nicht erhalten hast u. erst nachgeschickt bekommst. Er enthielt einige 3 nähere Angaben über die Vorschläge der beiden Müllers, 1 die wir uns dann überlegen werden müssen. Einzelheiten konnte ich doch nicht schreiben, da die Sache ziemlich kompliziert ist. Also davon mündlich. Mama kommt also Freitag Abend hierher, bleibt bis Montag Morgen. Bruno 2 wird vielleicht Montag kommen; ist das der Fall - er ist in Oberhof - dann bleibe ich noch, bis ich auch ihn gesprochen habe. Mariännchen3 kommt (von Tölz her) etwa am 20. durch unsre Gegend (Würzburg - Frankfurt - Cassel). Ich habe gesagt, sie solle doch einen Tag bei uns bleiben, da ich sah, daß Wina 4 sich wegen des Übernachtens in einer fremden Stadt doch Sorge machte. Es ist für sie ein Umweg von wenigen Stunden. Schönste Grüße von Allen hier Es küßt Dich Dein Max
a die > einige 1 Georg und Richard Müller, vgl. Brief vom 3. Sept. 1907 an Marianne Weber, oben, S. 385f. 2 Bruno Müller. 3 Marianne Müller. 4 Alwine (Wina) Müller.
6. September
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Marianne Weber PSt 6. S e p t e m b e r 1 9 0 7 ; O e r l i n g h a u s e n Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Die Karte trägt den Poststempel vom 6. September 1907; die Datumsangabe 7. September von Max Weber ist irrtümlich erfolgt.
Örlinghausen 6a/9 7 Liebe Schnauzel! Also bist Du doch schon nach Haus gefahren! Das ist eigentlich schade für Dein Gutbefinden, denn jede Zeitspanne länger hätte, glaube ich, gut gethan. Aber es ist mir nun höchst gemütlich u.behaglich, daß ich Dich gleich wieder habe, wenn ich heimkomme. Dies geschieht nun so schnell es geht, da das viele Reden hier infolge der unentbehrlichen „Mittel" doch natürlich anstrengend ist. Aber man hätte sonst wahrscheinlich endlos korrespondieren oder öfter nochmals herreisen müssen. Wir sind jetzt im Reinen, so daß ich Dir die Vorschläge vorlegen kann. Heute kamen Möller's (Vater u. Sohn), 1 Abends Mama, mit der ich morgen u. übermorgen zusammenbin. Sollte Bruno2 Montag schon da sein, - was noch unsicher - dann bleibe ich bis Dienstag, um auch ihn zu sprechen. Sonst komme ich Montag Abend. Das Wetter ist leider recht abscheulich geworden, was das Erholende des Aufenthaltes, welches sonst nicht fehlen würde, natürlich stark beeinträchtigt. Ich aß gestern bei Weber's 3 u. besuchte Wachsmuth's, heute Frau Hein. 4 Es küßt Dich herzlich Dein Max
a
0:7
1 Karl Möller und sein Sohn Erwin. Karl Möller war verheiratet mit Hertha, geb. Weber, einer gleichfalls erbberechtigten Tochter von Carl David Weber, und Geschäftsführer und Gesellschafter der Lederfabrik In Kupferhammer. 2 Bruno Müller. 3 Gemeint sind Carl („Carlo") Weber und dessen Frau Emily. 4 Elisabeth Hein, Schwägerin von Carl („Carlo") Weber.
390
10. September
1907
Aby Warburg 10. S e p t e m b e r 1 9 0 7 ; o . O . unvollständige Abschrift Maschinenschriftliches Exzerpt des Briefes im Besitz von Frau Dr. Eva M a e k - G e r a r d , Frankfurt a. M.; das Original ist verschollen. Eine maschinenschriftliche Transkription hat sich laut A u s k u n f t von Frau Dr. M a e k - G e r a r d im Warburg Institute L o n d o n befunden, ist dort aber unauffindbar. Es handelt sich vermutlich um eine A n t w o r t auf die Ü b e r s e n d u n g des in A n m . 1 g e n a n n t e n Aufsatzes. M e i n e eigene Kenntnis der Kunstgeschichte der Frührenaissance ist dabei leider sehr dürftig geblieben. Ihre D a r l e g u n g 1 macht mir j e d o c h einen höchst überzeugenden E i n d r u c k , und ich w e r d e sie benutzen, speziell in Hinsicht auf M . . . a 2 und . . . b sowie Ihre B e m e r k u n g e n über die G e s a m t l e b e n s s t i m m u n g . 3 D a s macht ja auch nach meiner E m p f i n -
5
dung den wunderbaren Schimmer aus, der über diesem . . . c liegt, daß er nicht w i e ein Calvinist, auf festem ethischen B o d e n steht, daß er
nicht
mit gutem G e w i s s e n den Ü b e r m e n s c h e n spielt, das Bewußtsein der Zerrissenheit und des Z w e i f e l s , des Streits unter dem E i n d r u c k von ökonomischen G e w a l t e n , die einen eigenen neuen
Lebensstil
f o r d e r n , 10
aber auf diesem B o d e n nicht gewinnen können. U n d dies k o m m t bei
a A u s l a s s u n g s z e i c h e n in Abschrift, s u n g s z e i c h e n in Abschrift.
b A u s l a s s u n g s z e i c h e n in Abschrift,
c Auslas-
1 Warburg, Aby, Francesco Sassettis letztwillige Verfügung, in: Kunstwissenschaftliche Beiträge. A u g u s t S c h m a r s o w z u m fünfzigsten S e m e s t e r seiner a k a d e m i s c h e n Lehrtätigkeit g e w i d m e t v o n H . W e i z s ä c k e r , M . S e m r a u , A. Warburg u.a. (Kunstgeschichtliche Monographien. I.Beiheft). - Leipzig: K . W . H i e r s e m a n n 1907, S. 1 2 9 - 1 5 2 . Wieder abgedruckt in: Warburg, Aby, A u s g e w ä h l t e Schriften und W ü r d i g u n g e n . Hg. von Dieter Wuttke in V e r b i n d u n g mit Carl G e o r g Heise. - B a d e n - B a d e n : Verlag Valentin Koerner 1979, S.137-163. 2 Vermutlich.ist Marsilio Ficino, der italienische Renaissancephilosoph, gemeint, der v o n Warburg (siehe A n m . 1) auf S. 135 zitiert wird. 3 Tatsächlich bezieht sich W e b e r in seiner Kontroverse mit Karl Fischer auf d e n Aufsatz von Warburg, o h n e jedoch A u t o r u n d Werk zu nennen. In seinen „ B e m e r k u n g e n " (AfSSp, Bd. 26, Heft 1, 1908, S. 2 7 5 - 2 8 3 ; M W G I/9) zu d e m Artikel v o n Karl Fischer, Protestantis c h e Ethik und „ G e i s t des Kapitalismus", ebd., S. 2 7 0 - 2 7 4 , führt W e b e r für seine T h e s e , daß der „kapitalistische G e i s t " in den ö k o n o m i s c h höchstentwickelten Ländern d e s Spätmittelalters, nämlich Flandern und Norditalien sowie der Toscana, gefehlt habe u n d sich dieses Fehlen an einem spezifischen „ Lebensstil" exemplifizieren lasse, als Beispiel das Florenz der Renaissance an. Ebd., S . 2 7 8 , A n m . 2 , heißt es: „Für die in ihrer Art unsterbliche Eigenart des Florentiner B ü r g e r t u m s z . B . Ist die K o n s e q u e n z e b e n jener S p a n n u n g z w i s c h e n Wirtschaftsform und e t h i s c h e m Lebensstil, w e l c h e aus d e m Fehlen der .Berufsethik 1 (in m e i n e m Sinn des Wortes) resultierte, von e i n e m feinsinningen Kunsthistoriker bis In die Eigenart der künstlerischen Motive hinein verfolgt w o r d e n . "
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Ihnen ganz glänzend zum Ausdruck: Und daß sich dies im Ringen mit künstlerischen Problemen nachweisen läßt - das ist es, was mich so freudig überrascht hat. Ich werde mich später zu revanchieren suchen, inzwischen verbleibe ich, bestens dankend, Ihr in ausgezeichneter 5 Hochachtung ergebenster M.W.
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10. September
1907
Helene W e b e r 10. S e p t e m b e r 1907; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Heidelberg, 10/9 7 Liebe Mutter! Also: der Verein f[ür] Sozialpolitik ist erst vom 29. September an. 1 Mithin kommen wir jetzt nicht nach Magdeburg, sondern erst dann, und es ist wohl am besten, wenn wir - falls die Zeit es ermöglicht - für 1—2 Tage nach Berlin hinüberfahren, etwa am 30. oder am 3. Oktober. Marianne traf ich im Ganzen recht wohl an, jedenfalls frischer und ausgeruhter in den Nerven. Mir geht es besser als im Sommer, wennschon nicht eigentlich prinzipiell anders. Leichtes Arbeiten geht. Ich muß vielleicht mal versuchen, mich im Winter im Hochgebirge abzuhärten - freilich ein etwas gewagtes Experiment - da alle Kälte mich nach wie vor so unangenehm affiziert. Sonst von hier nichts Neues, Laura H[ausrath] hat noch sehr ihre alten Sorgen. Die Stauffener Sache2 wird doch offenbar unhaltbar auf die Dauer (Alcohol, sinnliche Schwäche, m.E. auch sehr ungünstige gesundheitliche Zukunftsprognose, dabei eine Art schwächlicher Gutmütigkeit), - sie will jetzt bald einmal Philipp, 3 vorerst nur vorbereitend, ins Vertrauen ziehen. Er sei der weitaus Verständnisvollste. Herzliche Grüße an Tante Ottilie 4 von uns beiden, und an Dich selbst. Dein Max
1 Generalversammlung und Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik fanden vom 29. September bis 1. Oktober 1907 in Magdeburg statt. 2 Laura Hausrath machte sich Sorgen um ihre Schwester Ulli Hermann, in deren im Oktober 1906 geschlossener Ehe mit Fritz Hermann in Stauffen immer größere Probleme auftraten. Vgl. Brief an Helene Weber vom 5. Juli 1906, oben, S. 103. 3 Philipp Jolly, Schwager von Laura Hausrath und Ulli Hermann. 4 Ottilie Weber.
13. September
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Else Jaffe 13. September 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Eduard Baumgarten, DeponatBSB München, Ana 446 Der folgende Brief bezieht sich auf einen Aufsatz von Otto Gross, den Else Jaffe an Max Weber übermittelt hatte. Auf einer von Else Jaffe angefertigten Abschrift des Briefes (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 3 2 - 4 2 ) fügte Marianne Weber den im Brief Max Webers nicht aufgeführten Titel des Aufsatzes von Otto Gross an: Über p s y c h o l o g i s c h e Herrschaftsordnung. I. Der Psychologismus seit Nietzsche und Freud. Der Aufsatz Ist nicht nachgewiesen. In zeitlicher Nähe steht Gross, Otto, Über psychopathische Minderwertigkelten. - Wien und Leipzig: Braunmüller 1909, Insbesondere Kapitel III, wenngleich sich dort keine Ausführungen über eine „neue Ethik" finden. Die Ansichten von Otto Gross skizziert Hurwltz, Emanuel, Otto Gross. „ Paradies"-Sucher zwischen Freud und J u n g . - Z ü r i c h und Frankfurt: Suhrkamp 1979, insbes. S. 71 - 1 1 8 . - Die Wirkungen des Auftretens von Otto Gross Im Heidelberger Milieu schildert Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 3 7 6 - 3 7 8 ; sie veröffentlichte den Brief Max Webers an Else Jaffe In gekürzter Fassung ebd., S. 3 7 8 - 3 8 4 . - Ton und Argumentationsweise spiegeln den Intensiven Diskussionszusammenhang wider, In dem Max Weber mit Else Jaffe In dieser Zeit stand, vgl. dazu den Hinweis im Brief an Marianne Weber vom 8. März 1908, unten, S. 4 4 3 - 4 4 5 . Max und Marlanne Weber lernten Otto Gross Im Haus von Else und Edgar Jaffe in Heldelberg Ende April 1907 kennen und wußten zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes von der erotischen Beziehung zwischen Else Jaffe und Otto Gross im Frühjahr 1907. Unabhängig davon beschäftigte sich Max Weber in dieser Zeit selbst mit psychopathologischen Fragen Im Zusammenhang mit seinem „Bericht über pathologische Veranlagung, Entstehen, Verlauf und Art der Krankheit", den er Anfang Juni 1907 für den Neurologen Johann Hoffmann, den er Anfang Juli konsultierte, niederschrieb, wie Marianne Weberin Ihrem Brief vom Juni 1907 an Helene Weber mitteilte (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Dieser Bericht Ist nicht überliefert, vgl. dazu Baumgarten, Eduard, Max Weber. Werk und Person.-Tübingen: J.C. B. Mohr (Paul Slebeck) 1964, S. 641 f.
Heidelberg, 13/9 7 Liebe 1 ' Frau Doktor! Beifolgend sende ich die Copie des Aufsatzes von D r Groß zurück mit dem Antrage, daß wir ihn nicht in das „Archiv" aufnehmen, - wobei ich 5 bemerke, daß, im Fall Sie auf der Aufnahme bestehen, ich bereit bin,
1:1
Sie haben mir diese Anrede freilich das letzte Mal mit: „Verehrter(!) Herr Prof." quittiert. Behandeln Sie mich fortan nochmals dergestalt als „Bonzen" - was ich nur Herrn D r Groß u. seinesgleichen verzeihen |:würde:|, - dann bedrohe ich Sie hiermit mit der Anrede „Euer Hochgeboren"!
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13. September
1907
mich von Ihrem Mann u. Sombart überstimmen zu lassen.1 Ich selbst kann nicht keinesfalls!dafür stimmen. Das Nächstliegende wäre, daß ich dies D r G[roß] selbst nebst Gründen mitteilte. Allein cui bono? Ich weiß genau, daß, wie ich mich auch explizieren mag, ich in diesem wie in allen andren Fällen von Meinungsdifferenz ihm notwendig, schon infolge der Art meiner - allerdings „geflissentlich" - festgehaltenen Terminologie, als „conventionell" gebunden, meine „Ethik" ihm mit der „conventioneilen" Ethik oder bestimmten Sätzen derselben identisch erscheinen muß.2 Ich kann daran, auch bei Jemand, dessen Werth als Mensch ich so hoch einschätze, wie ich dies bei Herrn D r Groß thue 2) , nichts ändern, denn es würde ^umfassende:! mündliche oder schriftliche Auseinandersetzungen erfordern, die ich - Sie wissen es j a - leider nicht zu erschwingen im stände bin. Und dabei müßte ich überdies darauf gefaßt sein, zu verletzen, - uns Allen ist es heute gemeinsam, daß wir uns sehr viel lieber sagen lassen: „wir seien |:in unsren Theorien:| ein ethisches Scheusal", als: „Wir seien ein ganz einfacher Confusionsrath". Dies letztere trifft nun aber auf Herrn D r Groß - und zwar, so viel ich sehe, überall, wo er sich außerhalb der Grenzen seines Fachgebietes äußert, „Weltanschauung" treibt, also: „Naturafot" u. nicht „Naturforscher" ist, - zu, und auf die Gefahr, nicht nur als ethischer, sondern auch als intellektueller 3 Pharisäer dazustehen, muß ich es ehrlichkeitshalber sagen. Natürlich muß ich es, wenigstens in Kürze, begründen. Die Theorien von S. Freud, die ich jetzt auch aus seinen größeren Schriften kenne, 3 haben sich im Lauf der Jahre (zugestandenermaßen) 2)
Sie glauben hoffentlich, daß dies mehr 3 als eine Redensart ist.
a (Pharisäismus)
ä keine > mehr
1 Edgar Jaffe und Werner Sombart waren gemeinsam mit Max Weber die Herausgeber des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 2 Weber bezieht sich auf die persönlichen Eindrücke, die er während einer Begegnung mit Otto Gross gewonnen hatte. Marianne Weber berichtet von einer Einladung bei Edgar und Else Jaffe am 23. April 1907 in Heldelberg im Brief an Helene Weber vom 23. April 1907, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Anwesend waren auch Otto und Frida Gross sowie Marie Baum. „Er [Max Weber] hat jetzt auch die Fähigkeit über die schwierigsten philosophischen Probleme In größter Anschaulichkeit zu diskutieren, was wir in der letzten Woche ziemlich ausgiebig mit Bäumchen u. Jaffes u. deren Freunden, die bei Ihnen zu Besuch sind (Frida Gross geb. Schloffer u. Mann = Nietzscheant u. Naturwissenschaftler) gethan haben." Brief von Marianne Weber an Sophie Rlckert vom 27. April 1907, Nl. Heinrich Rlckert, Privatbesitz. 3 Im Jahre 1907 lagen folgende größere Schriften von Sigmund Freud Im Druck vor:
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stark g e w a n d e l t u n d sind, n a c h m e i n e m ( l a i e n h a f t e n ) E i n d r u c k , n o c h jetzt k e i n e s w e g s in ihre e n d g ü l t i g e F a s s u n g g e b r a c h t , - w i c h t i g e B e g r i f f e , w i e z . B . d e r d e s „ A b r e a g i e r e n s " , sind g r a d e n e u e s t e n s |:leider:| bis zur v ö l l i g e n V e r s c h w o m m e n h e i t v e r s t ü m m e l t u n d v e r w ä s s e r t w o r d e n 5 (in d e r „ Z e i t s c h r i f t ] f[ür] R e l i g i o n s p s y c h o l o g i e " , 4 - b v o r e r s t , N B ! , ein B r e c h m i t t e l , aus d e m „ h e i l i g e n G o t t " u n d |:diversen:| e r o t i s c h e n U n a p petitlichkeiten z u s a m m e n g e r ü h r t , w i e ich b e i l ä u f i g b e m e r k e n m ö c h t e ) . G l e i c h w o h l unterliegt es k e i n e m Z w e i f e l , daß F r e u d ' s G e d a n k e n r e i h e n f ü r g a n z e S e r i e n v o n k u l t u r - , speziell r e % / o « s - h i s t o r i s c h e n u n d sittenge10 schichtlichen E r s c h e i n u n g e n zu einer I n t e r p r e t a t i o n s q u e l l e v o n sehr g r o ß e r B e d e u t u n g w e r d e n können,
- w e n n a u c h f r e i l i c h , v o n der W a r t e
des K u l t u r h i s t o r i k e r s aus a b g e s c h ä t z t , ganz entfernt nicht v o n so u n i v e r seller, w i e d e r s e h r b e g r e i f l i c h e E i f e r u n d die E n t d e c k e r f r e u d e v o n b
(NB)
Breuer, Josef, und Freud, Sigmund, Studien über Hysterie. - Wien: F. Deuticke 1895; Freud, Sigmund, Traumdeutung. - Wien: F. Deuticke 1900; ders., Zur Psychopathologie des Alltagslebens. - Berlin: S. Karger 1901, 2. Aufl. 1904; ders., Der Witz und seine Beziehung zum Unbekannten. - Wien: F. Deuticke 1905; ders., Drei Abhandlungen zur Sexualtheorle. - Wien: F. Deuticke 1905; ders., Bruchstücke einer Hysterieanalyse. Wien: F. Deuticke 1905; ders., Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre aus den Jahren 1 8 9 3 - 1 9 0 6 . - Wien: F. Deuticke 1906. Von diesen Werken hat Max Weber zumindest die Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre aus den Jahren 1 8 9 3 - 1 9 0 6 gelesen, die einzige Schrift Freuds, die zu dieser Zelt in der Universitätsbibliothek Heldelberg vorhanden war. 4 Weber bezieht sich auf den Aufsatz von Sigmund Freud, Zwangshandlungen und Religionsübung, In: Zeitschrift für Rellglonspsychologle. Grenzfragen der Theologie und Medizin, Bd.1, 1908, H e f t l , S . 4 - 1 2 . Der Aufsatz wurde im Februar 1907 geschrieben und eröffnete die neue Zeltschrift, deren erstes Heft Im März 1907 erschien. Der Herausgeber, Oberarzt Johannes Bresler, hatte den damals noch kaum bekannten Freud aufgefordert, In den Kreis der an der Zeltschrift Mitwirkenden einzutreten. In diesem Aufsatz schreibt Freud: „Nach diesen Übereinstimmungen und Analogien könnte man sich getrauen, die Zwangsneurose als pathologisches Gegenstück zur Religionsbildung aufzufassen, die Neurose als eine Individuelle Religiosität, die Religion als eine universelle Zwangsneurose zu bezeichnen. Die wesentlichste Übereinstimmung läge In dem zugrundeliegenden Verzicht auf die Betätigung von konstitutionell gegebenen Trieben; der entscheidendste Unterschied in der Natur dieser Triebe, die bei der Neurose ausschließlich sexueller, bei der Religion egoistischer Herkunft sind" (S. 11 f.). - In der gleichen Zeltschrift für Religionspsychologie, Bd. I, 1908, Heft2, S . 4 9 - 7 5 , und Heft3, S. 1 2 5 - 1 3 9 , veröffentlichte Arthur Muthmann einen Aufsatz: Psychiatrisch-theologische Grenzfragen. Die beiden Hefte erschienen im April und Mai 1907. Unter Verweis auf die Studie von Josef Breuer und Sigmund Freud, Studien über Hysterie. - Wien: F. Deuticke 1895, schildert Muthmann die aus dem sozialen Milieu stammenden H e m m u n g e n des „wirksamen Abreagierens" psychischer Spannungen als Entstehungsursache der Hysterie. Arthur Muthmann hatte als erster ein Buch über die kathartische Behandlungsmethode von Breuer und Freud geschrieben: Zur Psychologie und Therapie neurotischer Symptome. Eine Studie auf Grund der Neurosenlehre Freuds. - Halle: C. Marhold 1907.
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Freud und seinen Jüngern dies annimmt. 5 Vorbedingung wäre die Schaffung einer exakten Casuistik von einem Umfang und einer Sicherheit, wie sie heute - trotz aller Behauptungen - eben nicht, sondern vielleicht in 2—3 Jahrzehnten bestehen wird: man muß nur verfolgen, was Freud alles in einem Jahrzehnt wieder geändert hat und wie erschreckend klein, trotz Allem, noch immer sein Material ist (was sehr begreiflich und gar kein Vorwurf ist). Statt dieser | notgedrungen: | spezifisch/ac/imäßigen Arbeit sehen wir nun aber Freud's Anhänger, insbesondere Herrn D r Groß, sich teils metaphysischen Spekulationen diese Behauptung würde freilich sehr übel genommen werden - teils, und das ist schlimmer, der | :vom Standpunkt strenger Wissenschaft aus: | kindlichen Frage zuwenden: „kann man Das essen?" d.h.: kann man nicht eine „Weltanschauung" praktischer Art daraus fabrizieren? Das ist | :nun: | gewiß kein Verbrechen: jede neue wissenschaftliche oder technische Entdeckung hat noch zur Consequenz gehabt, daß der Entdecker, handle es sich um Fleischextrakt oder um höchste Abstraktionen der Naturwissenschaft, sich zum | :Entdecker neuer Werthe, zum: | Reformator der „Ethik" berufen glaubte, ähnlich wie z.B. die Erfinder der farbigen Photographie zu Reformatoren der Malerei 0 . Aber daß diese |:anscheinend unumgänglichen:|Kinderwindeln in unsrem A r c h i v " gewaschen werden müßten, dafür besteht m. E. kein Bedürfnis. Sombart's „Morgen" 6 oder der „Mutterschutz" 7 werden sie ja als Delikatesse servieren.
C Kunst > Malerei 5 Weber greift vermutlich die folgende Äußerung Freuds auf: „Ein fortschreitender Verzichtauf konstitutionelle Triebe, deren Betätigung dem Ich primäre Lust gewähren könnte, scheint eine der Grundlagen der menschlichen Kulturentwicklung zu sein. Ein Stück dieser Triebverdrängung wird von den Religionen geleistet, indem sie den einzelnen seine Trieblust der Gottheit zum Opfer bringen lassen." Zwangshandlungen und Religionsübung, In: Zeltschrift für Religionspsychologie, Bd. 1,1908, S. 12. - Weber kommt darauf 1910 zurück in seinem Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Dort formuliert er: „man kann ferner sagen, daß jede Art von Kultur In der Einschaltung von Hemmungen zwischen Empfindung und Abreaktlon Ihre Basis findet". Vgl. Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 1 9 . - 2 2 . Oktober 1910 In Frankfurt a. M. - T ü b i n g e n : J . C . B . Mohr (Paul Slebeck) 1911, S.57f. (MWG 1/13). 6 Gemeint ist: Morgen. Wochenschrift für deutsche Kultur, begründet von Werner Sombart, Richard Strauß, Georg Brandes, Richard Muther unter Mitwirkung von Hugo v. Hofmannsthal. Heft 1 - 2 9 , J u l l - D e z . 1907, 2. Jg. 1908. 7 Mutterschutz. Zeitschrift zur Reform der sexuellen Ethik. Publikationsorgan des Bundes für Mutterschutz, hg. von Helene Stöcker. Die Zeitschrift erschien von 1905 bis 1907 und wurde unter dem Titel Die neue Generation fortgeführt.
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13. September
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„Kinderwindeln" aber sind es. Denn was soll man von einer „Ethik" anders 0 sagen, die - in der Terminologie des Herrn D r Groß - zu „feige" ist, sich selbst zu gestehen, daß ihr „Ideal": - der ganz banale gesunde Nervenprotz sein müßte? Welche glaubt, irgendwelche „Normen" 6 dadurch discreditieren zu können, daß sie' nachweist, daß ihre Befolgung für die lieben Nerven nicht „bekömmlich" sei? Und allen leidenschaftlichen Protesten zum Trotz, welche diese Interpretation naturgemäß hervorrufen würde, ist doch der ethische (wohlgemerkt!) Gehalt der „neuen" Lehre nur dieser, es steckt nichts, gar nichts sonst an Greifbarem dahinter, als diese Spießbürgerei. Wenn jede „Unterdrückung" von |: affektbetonten :| Wünschen und Trieben zur „Verdrängung" führt und die Wortfassung wenigstens enthält diese törichte Behauptung-und wenn die „Verdrängung" als solche (angeblich, weil sie zur innern Unwahrheit, zum „Irrtum und Feigheit" führe, - in Wirklichkeit, weil sie vom /flc/zmenschlich nervenhygienischen Standpunkt aus die Gefahr der Hysterisierung oder der Zwangsneurose, der Phobie etc. etc. 8 je nach dem Einzelfall mit sich bringt) das absolute Übel ist, - dann müßte 9 diese Nerven-Ethik |:z.B.:| dem Buren, der für seine Freiheit ficht, 9 zurufen: „Ergreife das Hasenpanier 3) , sonst „verdrängst" Du Deine 3)
„Technisch" ausgedrückt: „werde ,feige' im conventioneilen Sinn, laß Deine Feigheitsaffekte, indem Du auskneifst, ,abreagieren', damit Du nicht ,feige' im hochmodern-nervenärztlichen Sinn des Herrn D r Groß werdest, d. h. jene Affekte ,verdrängst' und so,bewußtseinsunfähig' machst, 10 - was Dir unbedingt schlecht bekommt und daher unsittlich ist." d Alternative Lesung: andres
e „Werthe" > „Normen"
f (als)
g muß > müßte
8 Thematisch ähnliche Ausführungen finden sich bei Gross, Otto, Über psychopathische Minderwertigkeiten.-Wien und Leipzig: Braunmüller 1909, insbesondere S.48-51. 9 Anspielung auf den Burenkrieg in Südafrika 1899-1902. 10 Otto Gross schreibt in seiner späteren Schrift Über psychopathische Minderwertigkeiten. - Wien und Leipzig: Braunmüller 1909, S.49f.: „Die ganze plastische Kraft des Seelenlebens verwendet sich darauf, die sexuellen Regungen entweder ganz zu verdrängen oder ihnen eine bewußtseinsfähige Umformung und Umdeutung zukommen zu lassen. Und auch dieser Prozeß des Ummodeins besteht im wesentlichen in einer Verdrängung. Die sexuellen Strebungen in ihrer wahren Wesenheit erscheinen nie und niemals in der Gestalt jener ausschließlich monogamen und familiären Tendenz, in der sie Eingang ins Bewußtsein finden. Und was dabei verdrängt worden ist und immer weiter, immer wieder verdrängt wird, all dies ergibt zuletzt ein weites und großes, von stärksten Affekten besetztes und doch der Kontinuität des Bewußtseins, der einheitlichen Zusammenfassung der psychischen Vorgänge entrücktes Gebiet des Seelenlebens".
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Angstaffekte und bekommst womöglich das „rothe Lachen" L. Andrejew's, 11 - sie muß dem Ehemann |:oder Liebhaber resp. der Frau oder Geliebten: | der h |:oder die bei allzu schnellem Wandel: | Eifersuchtsanwandlungen verspürt, zurufen: „laß sie abreagieren, ä la Othello, oder durch Zweikampf, oder |:auch:| in welcher noch so philiströsen Form Du willst, - besser Du bist ,schäbig' (vom Standpunkt der „neuen" Sexualethik aus), als daß' |:Du sie bekämpfst: | und so eine ,Wahn'Bildung riskierst"; - sie muß |:überhaupt:| den Muth haben, k mir zu empfehlen, jeder noch so hündisch gemeinen Regung meiner Begierden und meines Trieblebens1 zum „Abreagieren", - und das heißt: zu einer ihr irgendwie adäquaten Form der Befriedigung, - freie Bahn zu geben, weil andernfalls meine lieben Nerven Schaden nehmen könnten: der echte |:- und wohlbekannte - : | Standpunkt des medizinischen Banausen! Thue ich der „Theorie" des Herrn D r Groß etwa Unrecht? - Aber auf S. 9 (Mitte) des Aufsatzes finde ich ja expressis verbis den Satz von den „Opfern", welche die „Anpassung" (d.h. die Unterdrückung von „Wünschen" um des Innehaltens der „Normen" willen) kostet, - und diese „Opfer" sind eben Gesundheitsopfer. Mir wird"1 |:m.a.W. doch eben: | die Schäbigkeit zugemuthet, n ehe ich so handle, wie ich es meiner Menschenwürde schuldig zu sein glaube, zu berechnen: „was kostet's?" - und den Nervenarzt als Autorität dafür zu akzeptieren, ob wohl der ethische Werth meines Handelns die „Kosten" lohnt? Dabei findet sich freilich die lächerliche Behauptung: diese „Kosten" (|:mögliche:| „Verdrängungen" mit ihren hygienischen Folgen) stellten sich nur als Folgen des Glaubens an absolute Werthe ein | :(S. 9): |. Nun bezweifle ich auf das Bestimmteste, daß D r Groß eine Vorstellung (noch so undeutlicher Art) h (so philiströs ist,) n (zu r e c h n e n )
i (Deiner Nerven)
k (jede)
I (freie B a h n )
m (also)
11 Andrejew, Leonid, Das rote Lachen. - Berlin: Verlag „Snanlje" 1905. Das „rote Lachen" ist der metaphorische Ausdruck des aus den Schrecken des Krieges und des Todes erwachsenen Wahnsinns. Auf die Werke Leonid Andrejews verweist Otto Gross in seinen Schriften mehrfach. Als ein höchst charakteristisches Beispiel für die Entstehung von Kriegspsychosen aus psychischen Konfliktlagen, in denen das sexuelle Moment nicht essentiell sei, nennt er Andrejews Das rote Lachen in seiner Schrift Das Freud'sche Ideogenitätsmoment und seine Bedeutung im manisch-depressivem Irresein Kraepelin's. - L e i p z i g : F.C.W. Vogel 1907, S. 8. Auch in seiner späteren Schrift Über psychopathische Minderwertigkeiten.-Wien und Leipzig: Braunmüller 1909, S. 60f. verweist er auf Werke Andrejews, des „wohl besten synthetischen Darstellers der Wirkungen des Unbewußten".
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davon hat, was es denn eigentlich heißt: „an absolute Werthe glauben," 4 ' - aber das nur nebenbei. Entscheidend ist ja doch, daß eine „relativistische" und dabei „idealistisch" sein wollende Ethik, sobald sie dem |:konkreten:| Menschen zumuthet, einen für ihn, in concreto, |:meinetwegen:! nur für ihn, nur |:jetzt,:| in dieser Situation, geltenden |:(also „relativen" und „subjektiven"):] Werth zu wollen, aufs Haar zu denselben |:„hygienischen": | Consequenzen führt. Es sei denn, daß der „Relativismus" darin bestehen sollte, daß der Einzelne überall da sein „relatives" „Ideal" im Stich lassen sollte, wo das Streben nach ihm etwas „kostet", d.h. ihm |:vielleicht hygienisch:| „auf die Nerven fällt". Das wäre dann allerdings eine Sorte von |:schäbigem Krämer - : | „Idealismus", die ich wenigstens ebensowenig akzeptieren könnte, wie - zweifellos - in praxi Herr D r Groß es thun würde. - Man kann alle „Ethiken", |: gleichviel welches ihr materieller Gehalt ist,: | darnach in 2 große Gruppen scheiden, ob sie an den'Menschen |:prinzipiell:| Anforderungen stellen, denen 0 er, außer in großen Höhepunkten seines Daseins, generell nicht gerecht zu werden vermag,13 die als Richtpunkte seines Strebens im Unendlichen, wegweisend, liegen: |:„Helden-Ethik":|, - oder ob sie „genügsam" genug sind, seine q „Alltags-Natur'" 7 als Maximum der Anforderung hinzunehmen: |: „Durchschnitts-Ethik" :|. Mir scheint: nur die erstere' Kategorie, |:die „Helden-Ethik",:| kann sich „Idealismus" nennen, und unter diese Kategorie gehören sowohl die Ethik des alten, ungebrochenen, Christentums, wie die Kantische, welche beide von s einer |:- an ihren Idealen gemessen - : | derart pessimistischen Beurteilung der „Natur" des |:Durchschnitts-:| Individuums ausgehen, daß die |:Freud'schen:| „Enthüllungen" aus dem Reich des „Unbewußten" Dem weiß Gott nichts „Furchtbares" mehr hinzuzufügen haben. 12 Sofern |:aber:| die „psychiatrische Ethik" nur die Anforderung stellt: „gestehe Dir ein, wie Du bist", was Du gewollt hast, - insoweit stellt sie wahrhaftig keine neuen Anforderungen ethischer Art. Der Beichtvater 4)
Das läßt sich auch bekanntlich nicht in 1—2 Briefen oder 1—2 Unterhaltungen scharf genug explizieren. O die > denen S mit > von
p (|:Helden-Ethik:|)
q O: Alltags-Natur"
r letztere > erstere
12 Zur Unterscheidung von „Helden-Ethik" und „Durchschnitts-Ethik" vgl. Schluchter, Wolfgang, Religion und Lebensführung, Bd. 1. - Frankfurt: Suhrkamp 1988, S. 1 8 8 - 1 9 4 .
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und die |:„Seelsorge" und:| Predigt alten Schlages hatten ja keinerlei andre Aufgabe nach dieser Richtung, als eben diese |:und um eine Repristination der Beichte- mit etwas andrer Technik - handelt es sich ja bei dem Freud'schen Curverfahren. 13 Nur ist der Zweck hier noch weniger ein „ethischer", als es bei dem alten' Ablaß Tetzel's der Fall war.:| Wer sich selbst über sich betrügt |:und betrügen will: | und es verlernt hat, sich der Dinge zu erinnern, deren er sich in seinem Leben zu schämen hat und deren er sich |:dies gegen Freud - zum recht erheblichen Teil recht gut, wenn er will,:| erinnern kann, dem wird ethisch auch dadurch nicht geholfen werden, daß er sich 6 Monate lang (Mindestinst nach Freud!) 14 auf Freud's Kanapee legt und sich von ihm „infantile" oder andre Erlebnisse beschämender Art, die er „verdrängt" hat, ins Bewußtsein 3 zurückrufen läßt. - NB! immer unter Beichtgeheimnis des Arztes! Freud's Curen mögen für ihn hygienischen Werth haben - was ich z.B. aber dabei ethisch gewinnen sollte, wenn mir |:etwa:| irgend ein sexueller Unfug, den, meinetwegen, ein Dienstmädchen mit mir getrieben hätte 5) , oder eine schmutzige Regung, die ich |:„verdrängt" und:| „vergessen" habe, repristiniert werden, - das weiß ich nicht (für die, hier ja nicht zur Diskussion stehende, hygienische Seite der Sache wäre b mir die Sache zu langwierig und fragwürdig, offen gestanden), denn ich gebe ja en bloc zu, - und habe dabei gar nicht das 5)
Freud'sche Beispiele! 15
t (Beichte)
a Gedächtnis > Bewußtsein
b ist > wäre
13 Freud schreibt, auch das Reden könne ein adäquater Reflex sein, um traumatische Effekte abzureagieren, „als Klage und als Aussprache für die Pein eines Geheimnisses (Beichte!)". Freud, Sigmund, Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre aus den Jahren 1893-1906.-Leipzig und Wien: F. Deutlcke 1906, S.20. 14 „Freud beansprucht lange Zeiträume, ein halbes Jahr bis drei Jahre für eine wirksame Behandlung", schreibt Freud in seinem Aufsatz Die Freudsche psychoanalytische Methode, in: Freud, Sigmund, Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre aus den Jahren 1893-1906. - Leipzig und Wien: F. Deuticke 1906, S. 224. 15 Den sexuellen Traumen aus Verführungen in der frühen Kindheit schreibt Freud eine zentrale Bedeutung für die Entstehung von Hysterie zu. „Unter den Personen, welche sich eines solchen folgenschweren Abusus schuldig machten, stehen obenan Kinderfrauen, Gouvernanten und andere Dienstboten, denen man allzu sorglos die Kinder überläßt". Freud, Sigmund, Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen, In: Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre aus den Jahren 1893-1906. - Leipzig und Wien: F.Deuticke 1906, S.114. Im gleichen Sinne auch in: Zur Ätiologie der Hysterie, ebd., S. 167.
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Gefühl von etwas „Furchtbarem", daß schlechthin gar nichts „Menschliches" mir fremd ist und war, - im Prinzip erführe ich |:also:| keinesfalls etwas Neues. Doch dies gehört nicht zur Sache und ich sage es nur, um zu bemerken, daß der kategorische Imperativ: geh zu Freud oder zu uns, seinen Schülern, um die historische Wahrheit über Dich |:und Dein Thun:| zu erfahren, - das einzige ethische Postulat, welches ich in dem Aufsatz zu entdecken vermag, und welches |:uns:| bei Strafe, für einen „Feigling" zu gelten, eingeschärft wird, - nicht nur einen etwas kindlichen „Ressort-Patriotismus" des Psychiaters und berufsmäßigen „directeur de l'âme" | :moderner Prägung: | verräth, sondern auch sich selbst, vermöge der fatalen Verquickung mit rein „hygienischen" Motiven, „ethisch" | :total: | entwerthet. Etwas Anderes als diese „Pflicht zur Selbsterkenntnis mit psychiatrischer Hülfe" aber kann ich | : wie gesagt: | als praktisches Postulat aus diesem, von A bis Z, moralisierenden Aufsatz nicht herauslesen. Wo ist denn auch nur die leiseste Spur von Andeutung über den Inhalt jener „neuen", „relativistischen" und doch idealen (NB !) Werthe, welche der Kritik der „alten", „greisenhaften", zu Grunde gelegt werden sollen? Man greift in die Luft, wenn man sie sucht. Aus guten Gründen: jeder Versuch, sie zu zeichnen, würde sie der Kritik aussetzen und zeigen, daß das Problem (inclusive der ,,Verdrängungs"-Gefahren), nur verschoben, 0 nicht gelöst ist. Eine idealistische Ethik, welche also „Opfer" fordert, welche ferner die Verantwortung nicht ausschaltet, kann nie und nimmer andre Ergebnisse zeitigen. - Es geht aber nicht an, eine Ethik von einem andren Fundament aus zu kritisieren, als von eignen Idealen aus, - sonst kommt man auf das Gebiet der schäbigsten „Kosten"-Rechnung und das „Ideal" wird dann, unvermeidlich, wie ich schon sagte: - der normale Gesundheitsprotz und ärztlich controllierte Philister der Makrobiotik. 16 Würde D r Groß vorstehende Zeilen zu Gesicht bekommen |:(was ich nicht hoffe! 6 '):| - so würde er sicherlich seine Ansichten entsetzlich 6>
Aber Ihnen ganz anheimstelle, wenn Sie es für nötig halten. Die Frage ist: Hat er „Humor"? (mir sehr fraglich! Kein „Moralist" hat ihn) C (nur) 16 Der Begriff wurde von Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) eingeführt mit der dritten Auflage seines Buches Makrobiotik, oder die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. - Berlin: Reimer 1805.
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„trivialisiert" finden. Gewiß! ich habe sie geflissentlich in unser geliebtes „vulgäres" Deutsch übertragen. Daß sie dann „trivial" wirken, daranist er schuld, denn das ist die Folge der Verquickung feiner empirischer Forschungsarbeit mit ganz confusem Reform-Eifer. Der ganze Aufsatz platzt förmlich von lauter Werth-Urteilen, und ich habe |:nun einmal: | keinerlei Respekt vor angeblich „naturwissenschaftlichen" Leistungen, welche der Anforderung der Nüchternheit und Sachlichkeit nicht genügen, - „werthfrei" sind. Diese Kritik 7 ' gilt der konkreten Leistung, - ich weiß |:sehr gut: | wie hoch das Niveau andrer Arbeiten des gleichen Autors von Berufenen taxiert wird. Sie gilt gar nicht, - ausdrücklich sei es gesagt - der Person und ihrer Eigenart. Der Umstand, daß wir beide immer an einander vorbeisprechen werden, kann nicht d dazu führen 0 , daß ich, nach dem kurzen Eindruck 17 und Ihren Erzählungen, 18 den adeligen Zug seiner Natur verkenne, die sicher zu den liebenswerthesten gehört, die Einem heute begegnen können. Um wie viel reiner aber würde der Adel seines persönlichen Charisma's und jener „Akosmismus" der Liebe, 19 vor dem ich tief den Hut ziehe, wirken, wenn er nicht von® dem Staube fachmenschlichen Jargons und ressortpatriotischer Nervenhygiene etc. etc. verdeckt wäre, wenn er wagte, zu sein, was er ist, - und was freilich etwas Andres und Besseres ist, als ein Nachtreter Nietzsche's. Und zwar' noch dazu, nicht des Dauernden in Nietzsche: der „Moral der Vornehmheit", 20 sondern grade | :auch: | der schwächsten Partien Nietzsche's, der 7)
Wenn Sie sie - neben ihrer notgedrungenen Oberflächlichkeit hochfahrend finden sollten, dann, bitte, lesen Sie den kritisierten Aufsatz noch einmal. Ich sehe nicht ein, warum ich zuerst „vom |:hohen:| Pferde" steigen soll, wenn denn einmal ein Tournier auf solchen beabsichtigt war. d hindern > dazu führen
e (mit)
f (nicht)
17 Weber bezieht sich auf die Begegnung mit Otto Gross, vgl. oben, S. 394, Anm. 2. 18 Else Jaffe war mit Otto Gross zu dieser Zeit befreundet, ihr am 24. Dezember 1907 geborener Sohn Peter war ein Kind von Otto Gross. Vgl. Green, Martin, The von Richthofen Sisters. - New York: Basic Books 1974, S. 4 7 - 5 9 . 19 Mit „Akosmismus" der Liebe bezeichnet Weber eine Lehre, die „weltlos" nur die Liebe kennt und unter Mißachtung der Realität nur dem Liebesgebot folgt. 2 0 Der Ausdruck „ Moral der Vornehmheit" verweist auf Simmel, Georg, Schopenhauer und Nietzsche. Ein Vortragszyklus.-Leipzig: Duncker&Humblot 1907. Der letzte der dort veröffentlichten Vorträge trägt den Titel Die Moral der Vornehmheit. Über die Moral der
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biologischen Verbrämungen, die er um den Kern seiner durch u. durch moralistischen Lehre häuft. Nur diese moralistische Ader, nichts sonst, begründet die innere Verwandtschaft beider. Denn Fachwissen ist Technik, lehrt technische Mittel. Wo aber um Werthe gestritten wird, da wird das Problem in eine ganz andre, jeder „Wissenschaft" entzogene Ebene des Geistes projiziert: präziser: eine gänzlich heterogene Fragestellung vorgenommen. Keine Fachwissenschaft |:und keine noch so wichtige wissenschaftliche Erkenntnis - und die Freud'schen Entdeckungen, wenn sie sich endgültig bewähren, rechne ich ganz gewiß zu den wissenschaftlich wichtigen -: | giebt „Weltanschauung". Und umgekehrt: in eine /ac/zwissenschaftliche Zeitschrift gehört kein Aufsatz, der eine Predigt sein will, - und eine schlechte Predigt ist. - Darauf beruht mein Votum. 8 ' Herzliche Grüße Ihres Max Weber 8)
Ich muß meine Eingangsbemerkung zurücknehmen. Es wäre charakterlos, mich überstimmen zu lassen u. ich mache von dem contraktlichen „Veto" Gebrauch.
Vornehmen handelt Friedrich Nietzsche insbesondere in Jenseits von Gut und Böse, Neuntes Hauptstück. Was ist vornehm? 2.Aufl. - Leipzig: C . G . Naumann 1891, S. 2 2 3 - 2 6 3 .
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Alfred Weber 20. September 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 8 9 - 9 0
Hbg 20/9 7 Lieber Alfred! Vielen Dank für Deinen Brief. Daß wir uns, wenn Du vor Magdeburg 1 nach Berlin gehst, |:dort:| sehen, ist leider unwahrscheinlich, Richard Müller - d e n ich brieflich, da er auf der Reise ist, nicht erreichen kann - hat sich für den 28ten hier angesagt |:(verabredetermaßen):|. Marianne wünscht, daß ich dabei bin, wenn über die Frage der Örlinghäuser „Gesellschaft m . b . H . " 2 diskutiert wird, da die Sache doch wichtig ist für uns. In der That würde das auch wohl erwünscht sein. Ich komme daher erst Montag |:29 ten :| Nachmittag nach Magdeburg u. wollte dann von dort aus 2—3 Tage nach Charlottenburg gehen. Es ist recht ärgerlich, daß wir uns vor Magdeburg] auf die Art nicht sehen, aber schwer zu ändern. Ich sprach Schmoller hier (ganz kurz), der mit „geistiger Arbeit" einverstanden ist (auch ev. mit „Degeneration"). 3 Natürlich meine auch ich, daß man bis zum Boden vordringen muß. Aber es scheint mir, schon um die Leute durch ein passendes Schlagwort zu gewinnen, fängt man am besten von oben nach unten zu an. Da Potthoff cooptiert wird, kommen wir um die „Angestellten" keineniaMs herum u. es ist wohl klug, sie offiziell recht „wichtig" zu nehmen. Aber natürlich: von einer Begrenzung auf sie darf von Anfang an keine Rede sein, u. im weiteren Verlauf der Sache muß auch über die „Gelernten" überhaupt schleunigst-möglich hinausgegangen werden. Die Methode der Untersuchung (grade der „psychophysischen" Dinge) wird notwendig in Industrien, welche der Arbeit nachgehen u. in solchen, welche die Arbeit zu sich hin pumpen, sehr verschieden sein müssen. Einheitliche Fragebogen halte ich da für sehr schwer. Der Charakter der Enquete wird stark hervortreten: persönliche Erkun-
1 D. h. zur Generalversammlung sowie zur Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik vom 29. September bis 1. Oktober 1907 in Magdeburg. 2 Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 3. Sept. 1907, oben, S. 385f. 3 Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 3. Sept. 1907, oben, S.382f.
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dung, namentlich aber alte 3 Fachlehrer der „Weberschulen" etc. geben vielleicht besseres Material als die Industriellen selbst (die natürlich nicht zu umgehen sind.). - „Pekuniäre Schicksale" schreibst Du von Dir. Ich habe Mama schon gesagt, sie müsse Dich auslachen, wenn Du von „Verzinsung" der 4—5000 M, die Du brauchst, sprechen solltest, (wie Du offenbar schon gethan hast). Carl, wir, jetzt auch Artur, sind gesichert, Clara erst recht, bei Schäfer's ist die Sache nun liquid u. von kurzer Dauer. Ich bin für Verzinsung, wo es sich um das Extraordinarium (Bauten, - wie bei Mommsens, Kosten Deines Buches) handelt, gewiß. - Aber unerträglich wäre es, wenn b Zuschüsse für die laufenden Ausgaben, wie jetzt bei Dir, ebenso behandelt würden. Das ist bei uns auch nicht geschehen, bei Lili nicht u. vollends bei Artur nicht. Sollten Carl Weber & Cie einmal bankerott machen, würden auch wir keine Zinsen für die dann notwendigen Zuschüsse zahlen wollen. Herzl. Gruß! Max
a Alternative Lesung: alle
b (für)
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Robert Michels PSt 10. Oktober 1907; Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 57(c)
Lieber Herr D r Michels! Sehr gern, - nur kann es erhebliche Zeit dauern, bis ich das Stenogramm erhalte, das ich Ihnen dann gern abschreiben lasse. Sehr Erhebliches habe ich übrigens nicht grade gesagt, mich hatte nur A[dolph] Wagner's Hohenzollern-Hymne geärgert. - 1 Es ist mir recht leid, daß wir uns nicht gesehen haben. Es wird nun wohl Frühjahr bis dahin werden. Mitte April - gegen Ende Mai wollen wir mit mfeiner] Mutter nach Florenz-Perugia. Etwas 3 vorher gehe ich wahrscheinlich an die Riviera. Dann trifft man sich hoffentlich. Wie geht es Ihnen denn? Haben Sie endlich die törichte Nacht-Arbeiterei aufgesteckt? Ist Ihre Frau mit Prof. Fuchs im Reinen? Was macht der Genossenschafts-Artikel? (wir könnten ihn für das Mai-Heft brauchen) 2 Herzlichste Grüße v. H. z. H. Ihr Max Weber Hbg. Ziegelh. Landstr. 27
a 0 : Ewas 1 Gemeint ist die Debattenrede Adolph Wagners während der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik In Magdeburg am 1. Oktober 1907 zum Thema Verfassung und Verfassungsorganisation der Städte. Wagner lehnte darin vehement die Ausdehnung des Reichstagswahlrechts auf die kommunale Ebene ab und beendete seine Ausführungen mit einer Hommage an die „geschichtliche Sendung" des preußischen Staats und seiner Dynastie. Abgedruckt in: Verhandlungen der Generalversammlung In Magdeburg, 30. September, 1. und 2. Oktober 1907 (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 125). Leipzig: Duncker & Humblot 1908, S. 275-288; über Preußen Insbes. S. 286-288. Die Replik Webers, ebd., S. 294-301 (MWG I/8). 2 Ein diesbezüglicher Artikel ist im AfSSp nicht erschienen.
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Robert Michels PSt 15. Oktober 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 49
Lieber Herr D r Michels! Ich habe die Soz[ial-]D[emokratie] nicht „rezensiert", sondern mich nur über die lustig gemacht, welche Angst vor ihr haben (u. damit indirekt allerdings auch über die - deutsche - Partei selbst, das ist richtig). 1 Aber 5 „Neues" habe ich nicht gesagt, nur festgestellt, daß, wie z . B . Catania zeige, die S[ozial-]D[emokratie] auf dem Boden der heutigen Gesellschaft, wo sie herrsche, nicht „sozialistische", sondern merkantilistische2 und daneben allenfalls - aber stets mit Miserfolg - „Klassen"-Politik a , im Übrigen aber „to-the-victor-the-spoils"-Politik 3 (politische Berufs10 Versorgungs-Politik) treibt und treiben muß. a
(und)
1 Dies bezieht sich auf Webers Ausführung auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik vom 30. September bis 2. Oktober 1907: „Ich hätte gern unsere deutschen Fürsten auf dem Mannheimer Parteitage oben auf die Tribüne führen und ihnen zeigen mögen, wie unten die Versammlung sich ausnahm. Ich hatte den Eindruck, daß die russischen Sozialisten, die dort als Zuschauer saßen, die Hände über dem Kopfe zusammenschlugen beim Anblick dieser Partei, die sie für .revolutionär' In ihrem ernsthaft gemeinten Sinne hielten, die sie anbeteten als die gewaltigste Kulturerrungenschaft Deutschlands, und als die Trägerin einer ungeheuren revolutionären Zukunft der ganzen Welt, - und in welcher nun das behäbige Gastwirtsgesicht, die kleinbürgerliche Physiognomie so schlechthin beherrschend hervortrat: von revolutionärem Enthusiasmus keine Rede, und ein lahmes phrasenhaft nörgelndes und klagendes Debattieren und Raisonnieren an Stelle jener katilinarischen Energie des Glaubens, die sie von Ihren Versammlungen gewöhnt waren." In: Verhandlungen der Generalversammlung in Magdeburg, 30. September, 1. und 2. Oktober 1907 (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 125). Leipzig: Duncker & Humblot 1908, S.298 (MWG I/8). 2 Ebd. (wie Anm. 1), S. 299: „[Catania] ist die einzige moderne Stadt der Insel, die einzige Stadt, in der der bürgerliche Kapitalismus auf einer respektablen Höhe der Entwicklung steht. Begünstigungen aller Art, selbst Prämien, die die sozialistische Verwaltung in dieser Kommune für die Anlage der Fabriken gab, halfen dazu. Und das ist ja auch im höchsten Maße begreiflich: jede Arbeiterschaft, die eine Gemeinde in der Hand hat und ihre ökonomischen Interessen pflegt, wird eben merkantilistische Politik treiben." 3 Gemeint ist das in den USA unter der Präsidentschaft von Andrew Jackson ( 1 8 2 9 - 1 8 3 7 ) entwickelte Prinzip, Regierungsämter durchgehend als Amtspfründe für eigene Anhänger anzusehen und dementsprechend zu besetzen. Die klassische Formulierung des Prinzips ist von William Learned Marcy in einer Senatsdebatte über die Ernennung von Martin Van Buren (dem späteren Präsidenten) zum Botschafter in Großbritannien geprägt worden, dem von Gegnern vorgeworfen worden war, das „Spoils-Sy-
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Ihre „Nachtarbeit"4 ist gar kein Prunkstück, sondern Zeichen von pardon! - Schwäche gegen sich selbst, Ihrem Ehrgeiz und Ihrer Abneigung gegen rationale Lebensdisziplin. - Doch ich schreibe „Injurien"! Allein Sie werden das zu büßen haben, ein aufgezehrtes Nerven-„Capital" (u. Sie haben nicht mehr viel) verhält sich wie ein aufgezehrtes 5 Capital der bürgerlichen] Gesellschaft: es ist definitiv „futsch". Die Liebknecht-Sache ist eine Schmach und Schande.5 (Das könnten Sie ruhig drucken lassen! Denn die „bonafid.es" der Richter ist ja grade das Schlimmste). Herzl. Grüßev.H.z.H. 10 Ihr Max Weber
stem" von New York auf Bundesebene übertragen zu haben: „When they [the politicians of New York] are contending for victory, they avow their intention of enjoying the fruits of it. If they are defeated, they expect to retire from office. If they are successful, they claim, as a matter of right, the advantages of success. They see nothing wrong in the rule that to the VICTOR belongs the spoils of the ENEMY." Niies' Register, Vol. XLIII, p. 8, September 1, 1832, zitiert nach: Commager, Henry Steele, Documents of American History. 5th Edition. - New York: Appleton-Century Crofts, Inc. 1949, S. 255. 4 Vgl. dazu Brief von Robert Michels an Werner Sombart vom 12. Juni 1906, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, B l . 2 4 - 2 5 : „Ich sitze tiefst in meinen Arbeiten, schreibe Ihnen M>7 Uhr Morgens und zwar nicht schon, sondern noch!" 5 Karl Liebknecht war am 12.Oktober aufgrund seiner Broschüre „Militarismus und Antimilitarismus" vom Reichsgericht in Leipzig wegen angeblichen Hochverrats zu 1V4 Jahren Festungshaft verurteilt worden. Der Abdruck des Urteils findet sich in: Liebknecht, Karl, Gesammelte Reden und Schriften, Bd. II, Februar 1907 bis Februar 1910. - Berlin: Dietz-Verlag 1960, S. 163-194.
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Oskar Siebeck 17. Oktober 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Anbei 3 Mscr. l ) a Söderberg, 1 2) Fischer 2 3) M.Weber 3 , ersteres zur weiteren Verfügung von D r Jaffe, letztere beide möglichst für das Novemberheft. Ich bitte Sie, mir den schon in Ihren Händen befindlichen Teil der Fortsetzung des Eulenburg'sehen Mscr. 4 (falls es noch nicht im Druck ist) zu schicken, da ich mit dem Autor wegen Kürzung etc. noch korrespondieren15 möchte u. dazu gern auch den Anfang |:der Fortsetzung:! einsähe. Der Rest liegt bei mir. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst Max Weber Heidelberg 17/X 7
a 0 : (1)
b Die letzten drei Buchstaben erschlossen, da Textstelle überklebt.
1 In einer eigenhändigen Einfügung von Edgar Jaffe in die Zusammenstellung der Aufsätze für das Märzheft 1909, ZStA Merseburg, Rep.92, Nl.Sombart, Nr. 17, Bl. 172f., wirdein Artikel von Gunnar Söderberg über „Finländische Industrien" angezeigt; dieser ist jedoch nie im Archiv erschienen. 2 Fischer, Karl, Protestantische Ethik und „Geist des Kapitalismus". Replik auf Herrn Prof. Max Webers Gegenkritik, erschienen in: AfSSp, Bd. 26, Heft 1,1908, S. 270-274. 3 Weber, Max, Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik" (vgl. Anm. 2), erschienen in: AfSSp, Bd. 26, Heft 1, 1908, S. 275-283 (MWG I/9). 4 Eulenburg, Franz, Neuere Geschichtsphilosophie. Kritische Analysen. II, erschienen in: AfSSp, Bd. 27, Heft 3, 1908, S. 771 - 8 0 7 .
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Edgar Jaffe [am oder nach dem 29. Oktober 1907]; o. 0 . Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 111 Der Brief Webers befindet sich als Antwort auf einem an ihn gerichteten Brief von Edgar Jaffe; datiert: 29. Oktober 1907; München. Jaffe schildert darin seine Auseinandersetzung mit Franz Eulenburg. Dieser hatte das ihm v o m Verlag zugesandte Artikelhonorar mit dem Bemerken zurückgesandt, daß er zu seinen Artikeln „aufgefordert" worden sei, „ o h n e daß mir eine Begrenzung des Honorars mitgeteilt ist. Falls Sie bei dieser Art Berechnung bleiben, stelle Ich meine Mitarbeit am Archiv sofort ein." Daraufhin wurde Eulenburg von Siebeck wegen der Honorarfrage an Jaffe verwiesen und schickte diesem eine l a p i d a r e - n i c h t an Ihn persönlich, sondern an die „Redaktion" des Archivs gerichtete - Karte. Der darauf folgende Brief Jaffes, In dem ersieh solche Behandlung verbat, blieb unbeantwortet. Jaffe schlägt nun Weber vor, das eingesandte Manuskript Eulenburgs ohne dessen Plazet drucken zu lassen.
Lieber Jaffe! Ich antworte hierauf, damit Sie den Brief dann gleich an Sombart weitergeben können. Ich hatte E[ulenburg] inzwischen (ohne Kenntnis dieser Vorgänge) gebeten, in seiner Rezension des Buchs von Gottl (NB! G[ottl] hat diese seine Ansichten längst, in unsrem Archiv, widerrufen!) den Ausdruck: „unehrlich" und „Satyrspiel", streichen zu dürfen: 1 Keine Antwort bisher. 2 Ich bin für Rücksendung des Mscr., welches ich für von geringem Werth halte. (Simmel, den er rezensiert, ist inzwischen schon in TVew-Auflage erschienen!). Natürlich verliere auch ich E g e n burg] als Mitarbeiter nicht gern, aber solche ladenschwengelhaften Flegeleien kann man sich in der That wohl nicht gefallen lassen. Bitte holen Sie Sombarts Ansicht ein. Ein Abdruck gegen E[ulenburg]'s Protest erscheint mir nicht gut möglich, mag formalrechtlich die Sache liegen wie sie will. Sombart sah ich leider nicht, ich war wieder einmal recht wenig wohl.
1 Offensichtlich hatte Weber Eulenburg In einem nicht überlieferten Schreiben gebeten, In dem Manuskriptteil seiner Artikelserie über neuere Arbeiten zur Geschichtsphilosophie, der sich kritisch mit dem Buche von Friedrich Gottl, Die Grenzen der Geschichte. Leipzig: Duncker & Humblot 1904, auseinandersetzte, einige polemische Ausdrücke zu streichen. Wie aus dem Schreiben an Eulenburg v o m 1. Nov. 1907 (unten, S. 412) hervorgeht, hat dieser der Bitte Webers entsprochen. Eulenburgs Auseinandersetzung mit Gottl ist - ohne die von Weber Inkriminierten Stellen - erschienen In seinem Artikel: Neuere Geschichtsphilosophie. Kritische Analysen. IV., in: AfSSp, Bd. 29, Heft 2, 1909, S . 5 4 3 574. 2 Dessen Antwort muß wenig später eingetroffen sein, da Weber In seinem Schreiben an Eulenburg v o m 1. Nov. 1907 darauf Bezug nimmt.
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Ein Schachnef sches Mscr. habe ich nicht erhalten. 3 Das Mscr. Fischer4 u. das Mscr. Stieda5 liegt bei Siebeck zu Ihrer Verfügung. Ich schrieb Stieda, daß wir das Mscr. seines Schülers nehmen,6 Herzl. Gruß! Max Weber
3 Jaffe hatte in seinem o.a. Brief um eine Beurteilung des Manuskriptes von Robert Schachner gebeten, das er in Webers Händen wähnte. Dabei handelt es sich um den Artikel: Schiedsgerichte und Lohnausschüsse in Australien, erschienen In: AfSSp, Bd. 27, 1908, Heft 1, S. 2 0 5 - 2 3 3 , und Heft 2, S. 4 4 6 - 4 7 6 . 4 Vgl. Brief an Oskar Siebeck vom 17. Okt. 1907, oben, S. 409. 5 Von Wilhelm Stieda ist kein einziger Artikel im AfSSp erschienen. Möglicherweise ist jedoch ein Manuskript Gunnar Söderbergs gemeint. Vgl. die nachfolgende Anm. 6 Briefe von Max Weber sind im Nl. Wilhelm Stieda in der UB Leipzig nicht nachgewiesen. Eine systematische Durchsicht des Promotionsverzeichnisses der philosophischen Fakultät im UA Leipzig läßt darauf schließen, daß es sich bei dem Stieda-Schüler um den 1906 In Leipzig promovierten Gunnar Söderberg gehandelt hat. Vgl. dazu den Brief an Oskar Siebeck vom 17. Okt. 1907, oben, S. 409, Anm. 1.
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1. November
1907
Franz Eulenburg I . N o v e m b e r 1907; o.O. Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 4 7 - 4 8
1. 11.07. Ich danke verbindlichst für Ihren Brief und die Konzession^ die Sie machen, die mir wirklich recht angenehm ist. 1 Ich gestatte mir natürlich nicht im geringsten, Ihnen sonst bezüglich der m . E . ja allerdings sehr harten Kritik Vorstellungen zu machen, nur schien mir - und Sie bestätigen dies -[,] daß Ihnen in dem fraglichen Fall ein Ausdruck, den Sie selbst nicht beabsichtigten, entschlüpft sei. So fern wie Sie annehmen, stehen wir uns übrigens nicht. So groß die Differenz auch vorläufig bleibt. Daß Sie den Sinn der zwischen uns streitigen Probleme in wichtigen Punkten mißdeuten, davon hoffe ich Sie gelegentlich doch zu überzeugen; Ihre jetzigen Darlegungen zeigen es m . E . zur Evidenz. Ich werde vielleicht, soweit ich kompetent zu sein glaube, Ihr Buch besprechen. NB! Mit Gottl befinde ich mich im entschiedensten Gegensatz, nicht nur mit den „Grenzen", sondern auch mit der „Herrschaft des Wortes" und seinen jetzigen Aufsätzen. 2 Nun eine andere Sache. Angesichts Ihres freundlichen Entgegenkommens in dieser Frage verstehe ich nicht recht, worauf Ihre äußerst schroffe Behandlung Jaffes beruht, von der ich gestern durch ihn Kenntnis erhielt. 3 Er schickte Ihre Postkarte ein und schrieb, daß dies die erste ihm von Ihrer Seite zugehende Mitteilung sei. Offenbar handle es sich darum, daß Ihnen das Honorarmaximum pro Heft 3 Bogen nicht erin-
1 Offensichtlich hatte sich Eulenburg bereit erklärt, einige polemische Ausdrücke über Friedrich Gottl in seinem Manuskript, in welchem er neuere Arbeiten zur Geschichtsphilosophie bzw. -theorie rezensierte, zu streichen. Vgl. den vorangehenden Brief [vom oder nach dem 29. Okt. 1907] an Edgar Jaffe, Anm. 1. 2 Gemeint sind Gottls: Die Grenzen der Geschichte. - Leipzig: Duncker & Humblot 1904, Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. - Jena: Gustav Fischer 1901, sowie die Aufsätze: Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 2, 1906, S. 403-470, und dessen Fortsetzung: Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 2, 1907, S. 265-326. 3 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Edgar Jaffe, [vom odernach dem 29. Okt. 1907], oben, S. 410.
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nerlich gewesen sei und Sie daher geglaubt hätten, eine ungehörige Zurücksetzung zu erfahren. - Allein jene Maxime gilt für Alle[,j z.B. auch für die Aufsätze der Herausgeber. Ich habe für Aufsätze von einmal 7, einmal 14 Bogen auch nur 3 Bogen angerechnet erhalten, wenn sie in einem und demselben Heft erschienen. War Ihnen dies seinerzeit nicht bekannt gegeben? das wäre gewiß ein bedenklicher Fehler, aber möglich ist doch auch, daß Sie dies wieder vergessen haben, denn es geschieht immer und ist bei Jaffes großer Sorgsamkeit bei den erstmaligen Erörterungen wegen Ihrer Mitarbeiterschaft - ich möchte sagen: sicher - auch Ihnen gegenüber geschehen. Jedenfalls bedürfte ein anderer Honorarmodus besonderer Verhandlung und Abmachung. Und Sie werden doch mit mir der Ansicht sein, daß gerade über diese Punkte in ruhigen und nicht verletzenden Formen verhandelt werden müßte. Offenbar haben Sie sich über irgend etwas - ich nehme vorläufig an: objektiv ohne von uns verschuldetem Grunde - geärgert. Aber so wenig wir Lust hätten, über solche Lappalien einen so wertvollen Mitarbeiter einzubüßen, so wenig werden andererseits Sie verkennen wollen, daß die unpersönliche „Redaktion des Archivs"],j an die Sie schreiben, schließlich doch auch aus Menschen besteht, die durch unverdiente Brüskierung verletzt werden. Ich hoffe sehr, daß der Zwischenfall beigelegt wird zu allseitiger Zufriedenheit und danke Ihnen im Voraus für alles was Sie dazu beitragen.
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3. November
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Heinrich Rickert 3. November 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 2 5 - 2 7
Heidelberg 3/XI7 Lieber Rickert, ich danke Ihnen für Ihre freundliche Sendung, 1 die ich sofort las, mit ganz demselben Vergnügen wie | :alle: | ihre Vorgängerinnen. Die Darlegung wirkt noch überzeugender als3 die erste Auflage. 2 Eine der weni- 5 gen Stellen, wo sie auf Gegner vielleicht nicht unbedingt zwingend wirkt (während ich sie natürlich auch da für zutreffend halte) möchte S. 359/ 60 b sein. 3 S. 366° wird vielleicht misverstanden werden (das „sozial" = „soziologisch" verstanden werden), 4 - aber das ist bei der Knappheit wohl nicht zu vermeiden. Nicht bewiesen ist m. E. S. 370: der Gegensatz 10
a (ihr)
b 0:259/60
C 0:266
1 Rickert, Heinrich, Geschichtsphilosophie, in: Windelband, Wilhelm (Hg.), Die Philosophie Im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer, 2. Aufl. Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1907, S.321 - 4 2 0 . 2 Ders., Geschichtsphilosophie, In: Windelband, Wilhelm (Hg.), Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer. Bd. 2.-Heldelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1905, S. 51 - 1 3 5 . 3 Die folgenden Seltenzahlen beziehen sich auf die in Anm. 1 angegebene Arbelt Rikkerts. Rickert wehrt sich an dieser Stelle gegen die Vorstellung, daß der Historiker, der die Wirklichkeit durch „Beziehung auf allgemeine Werte In wesentliche und unwesentliche Bestandteile gliedert", ebd., S. 358, eben deshalb generalisierende, aber keine Individualisierende Geschichtsmethodik verwenden müsse: „Kurz, es wird durch den Umstand, daß die Geschichtswissenschaft, um zu allgemeingültigen Resultaten zu kommen, allgemeine Werte braucht, der Gegensatz der wertbeziehenden Individualisierend geschichtlichen Methode zur wertfreien generalisierenden gesetzeswlssenschaftilchen Methode gar nicht berührt. Wenn man durchaus will, kann man ja freilich auch sagen, daß alle Wissenschaft, um allgemeingültig zu sein, stets das Besondere dem Allgemeinen .unterordnen' müsse. Aber diese Wendung Ist wegen ihrer Unbestimmtheit sehr mißverständlich und jedenfalls nichtssagend." Ebd., S. 359-360. 4 Ebd., S. 366, heißt es, man könne die Konstituierung des historischen Gegenstandes durch Wertbeziehung „auch so ausdrücken, daß nur die Objekte historisch wesentlich werden, die mit Rücksicht auf gesellschaftliche oder soziale Interessen Bedeutung besitzen. Daher Ist [...] der Mensch als soziales Wesen, das Hauptobjekt des geschichtlichen Forschens, und dies wiederum besonders insofern, als er an der Realisierung der sozialen Werte beteiligt Ist."
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gegen die „individualisierenden Naturwissenschaften",5 - ein Haupttrumpf der Gegner (Eulenburg eben jetzt wieder in unsrem Archiv, Hettner etc., Tchuprov), 6 ich wollte wohl, daß Sie gelegentlich sich darüber einmal explicite äußerten, insbesondre gegen die „Einzigkeit" als |:letztlich lediglich:| raum-zeitlich zu bestimmen. Ich stehe natürlich auf Ihremd Standpunkt; aber, die „systematischen Culturwissenschaften", so Vorzügliches diesmal Ihre (auch Lask's 7 ) Darlegung bringt, sind eine m. E. recht bedenkliche Kategorie; und wenn die Biologie als werthfrei angesehen wird, wird die Sache für die Soziologie, speziell die ökonomische Soziologie, mindestens bedenklich: auch hier könnte die Heraushebung des vom 6 Gesichtspunkt der |:- rein physiologischen - : | Lebenserhaltung Relevantenf als das Bedeutsame reklamiert werden, und dann ist die Sachlage die (prinzipiell) Gleiche wie in der Biologie. Gegen derartige Argumentationen bedarf es m. E. der Auseinandersetzung. Wollten Sie nicht überhaupt einmal den biologischen Problemen (Driesch, Bütschli, Roux) zu Leibe gehen? Ich werde nur gelegentlich einmal den bekannten |:(angeblich werthfreien):| „Entwicklungs"-Begriff der Biologen: „höher" = „differenzierter" oder einfach „complizierter"9 kritisieren. Als ob der Embryo u. erst recht das „Keimplasma" etc. mit all seinen „Anlagen" nicht das Complizierteste von Allem wäre, was die Biologie kennt: bei Roux ist deshalb bereits das Moment der Sichtbarkeit an die Stelle getreten! 8 Aber Sie müssen an diese Dinge d 0 : ihrem
e (Standpunkt)
f 0: Relevante
g (zu Leib[e] gehen)
5 Rickert charakterisiert ebd., S. 370, die Geschichte als „individualisierende Kulturwissenschaft": „Ihr Zweck ist immer die Darstellung einer einmaligen, mehr oder weniger umfassenden Entwicklungsreihe in ihrer Einmaligkeit und Individualität, und ihre Objekte sind entweder selbst Kulturvorgänge oder stehen zu Kulturwerten in Beziehung. Dadurch ist diese Wissenschaft von den Naturwissenschaften, mögen sie generalisierend oder individualisierend verfahren, sachlich und ebenso von allen Kulturwissenschaften, die ihre Objekte in irgendeiner Weise systematisch behandeln, methodisch prinzipiell geschieden." 6 Eulenburg, Franz, Neuere Geschichtsphilosophie. Kritische Analysen. I, in: AfSSp, Bd. 25, Heft2, 1907, S. 2 8 3 - 3 3 7 ; Hettner, Alfred, Das System der Wissenschaften, in: PrJbb, Bd. 122, Oktober bis Dezember 1905, S. 2 5 1 - 2 7 7 ; Tschuprow, Alexander A., Statistik als Wissenschaft, in: AfSSp, Bd. 23, Heft 3,1906, S. 6 4 7 - 7 1 1 . 7 Vgl. Lask, Emil, Rechtsphilosophie, in: Windelband (wie oben, Anm.1), S. 2 6 9 - 3 2 0 ; der von Weber erwähnte Terminus auf S. 310; bei Rickert, ebd., auf S. 400. 8 Offensichtlich mißversteht Weber die Rouxsche Fragestellung; vgl. dessen: Die Entwicklungsmechanik. Ein neuer Zweig der biologischen Wissenschaft. - Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann 1905 (Vorträge und Aufsätze über Entwicklungsmechanik der Organismen, hg. von Wilhelm Roux, Heft 1). Nach Roux ist die Frage, wie ursächliche ontogenetische Erkenntnis exakt erworben werden kann, deshalb so schwierig zu beant-
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unbedingt einmal heran. - In Lask's Begriff der „Cultur-Realitäten"9 scheinen mir |:auch:| gänzlich ungelöste Probleme zu stecken, - grade die, in die sich Gottl verbissen hat, 1 0 - ohne (vorläufig) einen Versuch zur Lösung. Ich kann da vorerst nicht mit. Produkte „vorwissenschaftlicher" Auslese sind doch, als solche, nichts, was die Art der Behandlung rechtfertigte, die Lask ihnen angedeihen läßt, 11 - sonst kommen wir in der That, wie Gottl (cf. seinen Aufsatz im Archiv, Abt. II) möchte, zur doppelten Art der Objektivierung in einem dem Münsterberg'schen angenäherten Sinn. 12 Sie interessiert z. Z. wie ich höre, die Ethik stärker als diese methodischen Fragen. Wo kann man sich über die S. 378 oben angedeuteten physikalischen Dinge 1 3 gut u. schnell unterrichten? Die Bemerkungen S. 386 h über die Rasse etc. entsprechen meinen Ansichten, sind aber sachlicher Natur und werden nicht überzeugend wirken. 14 Zu den Ausführungen über die „materialistische Geschichtsauffassung]" wäre Manches zu sagen: es ist vielleicht für den Leser nicht ganz deutlich genug zwischen dem[,] was als allein interessant[,] u. dem[,] was als allein causal bedeutsam gilt, geschieden (S. 39l). 1 5 Dilthey kommt S. 393 |:oben:| doch wohl zu gut weg: sein h 0:388 worten, „da das eigentliche Wirken unsichtbar" stattfindet. Ebd., S. 12. Vgl. ebd., S. 13: „ Die sichtbaren Entwicklungsvorgänge könnten [...] an sich auf sehr verschiedene Weise, durch Umwandlung verborgener Mannigfaltigkeit in sichtbare, durch Neuschaffung von Mannigfaltigkeit sowie durch die verschiedensten Kombinationen beider Gestaltungsprinzipien hervorgebracht werden." 9 Lask (wie oben, Anm. 7), S. 309. 10 Gottl, Friedrich, Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. - II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, in: AfSSp, Bd. 24, Heft 2, 1907, S.265-326. 11 Siehe Lask (wie oben, Anm. 7), S. 311. 12 Vgl. Gottl (wie oben, Anm. 10), S.270; Münsterberg, Hugo, Grundzüge der Psychologie. Band I. Allgemeiner Teil, die Prinzipien der Psychologie. - Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1900, S. 65ff. 13 Rickerl nennt das Gravitationsgesetz und die beiden Hauptsätze der Thermodynamik, das Energie- sowie das Entropiegesetz. 14 Rickert wendet sich an dieser Stelle gegen die Versuche, „Naturbegriffe, wie den der Rasse, zu geschichtsphilosophischen Prinzipien zu machen." 15 Bei Rickert heißt es u.a.: „[...] ist einmal die Scheidung zwischen zwei verschiedenen Arten des Realen gemacht und im wirtschaftlichen Leben infolge eines Piatonismus mit umgekehrtem Vorzeichen die .eigentliche Ursache' von allen anderen historischen Ereignissen gefunden, dann muß der Schein entstehen, als konstatiere die materialistische Geschichtsauffassung lediglich Tatsachen, wenn sie überall von dem wirtschaftlichen Leben als der Grundlage ausgeht." (S. 390). - „ [...] man wird es doch wohl von vornherein als nicht sehr wahrscheinlich bezeichnen dürfen, daß die unter parteipolitischen Gesichtspunkten gewonnenen Wertprinzipien des Marxismus auch zur Deutung des
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Aufsatz ist doch konfus u. er wollte doch „Idealtypen", nicht Ihre „Kulturpsychologie" schaffen'? 16 Ganz vorzüglich und schön ist S. 395 (unten). 17 Höchst anziehend und anregend ist Alles, was in Abschnitt III steht. 18 S. 417 unten: Ähnliches könnte man auch von der Naturwissen5 schaft (mit anders gewendeter Motivierung) sagen, ich finde also, das beweist nichts. 19 Dagegen ist S. 418 Mitte absolut durchschlagend. 20
i ((vielleicht) Sinnes der Universalgeschichte geeignet sind. Man denke z.B. nur an Max Webers Untersuchungen über die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus. Kann man ihnen gegenüber noch an einer rein .materialistischen' Deutung auch nur der Wirtschaftsgeschichte festhalten?" (S. 391). 16 Gemeint ist Dilthey, Wilhelm, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, in: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Jahrgang 1894. Zweiter Halbband. Juni bis Dezember. - Berlin: Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften 1894, S. 1309-1407; wiederabgedruckt in: ders., Gesammelte Schriften. Bd. 5: Die geistige Welt. Einleitung in die Philosophie des Lebens. Erste Hälfte: Abhandlungen zur Grundlegung der Geisteswissenschaften, 3., unveränd. Aufl. - Stuttgart, Göttingen: B.G. Teubner, Vandenhoeck & Ruprecht 1961, S. 139-240. 17 Es heißt dort: „Der Umstand aber, daß diese Grundfrage aller Philosophie [d.h. nach dem Sinn des Lebens] nicht nur nicht beantwortet ist, sondern in Inhaltlicher Vollständigkeit auch niemals ganz beantwortet werden kann, solange neues geschichtliches Leben entsteht, ist ebenfalls nur ein Grund, die Bedeutung der Arbeit an ihrer Beantwortung zu erhöhen; denn das Bewußtsein von der ebenso gewissen Notwendigkeit wie Unlösbarkeit einer Aufgabe gibt uns die Sicherheit ihrer .Ewigkeit' und damit den Fichteschen Trost, daß diejenigen, die an der Lösung dieser Frage mit arbeiten, durch diese ihre Arbeit ,ewig' werden, wie die Aufgabe selbst es ist." 18 D.h. im Schlußabschnitt über: Die Geschichtsphilosophie als Universalgeschichte, ebd., S. 396-420. 19 Bei Rickert heißt es: „Wird diese immanente Welt durch eine Metaphysik zu einer Realität zweiten Grades herabgesetzt, und dann die wahre Realität, in der die höchsten Werte mit dem höchsten Sein zusammenfallen, als zeltlos und raumlos gedacht, so verliert sofort [...] die räumlich-zeitliche, einmalige und individuelle Entwicklung ihren Sinn. [...] Dürfen wir In der Zeit nur einen Faden Im Gewebe des Majaschleiers sehen und in allem Zeitlichen nur ein Sein zweiten Grades, dann gibt es keine positive Geschichtsphilosophie mehr. Dann besteht Ihre Aufgabe allein darin, alles Historische, weil es notwendig in der Zeit verläuft, in seiner Nichtigkeit zu durchschauen und der Geschichte mit Schopenhauer jeden Sinn abzusprechen." 20 Dies bezieht sich auf die Passage: „Das, was allein uns die Hindeutung auf ein transzendentes Wesen der Welt gab, war [...] die Überzeugung von der transzendenten Geltung der Werte und die Forderung ihrer realen Verknüpfung mit der geschichtlichen Wirklichkeit. Die Transzendenz des Wertes bedeutet aber gerade seine zeitlose Geltung, und nur eine zeitlose Realität also könnte der metaphysische .Träger' zeitloser Werte sein, niemals aber kann man, um eine notwendige Verbindung der geschichtlichen Entwicklung mit den zeitlosen Werten herzustellen, die Geltung der Werte auf ein In der Zeit ablaufendes metaphysisches Sein gründen".
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- Doch genug! u. nochmals vielen Dank! Hoffentlich geht es ordentlich? Ich hörte, daß Sie wieder mit Fieber und lokalen Beschwerden zu thun hatten. Mit mir ist nicht viel los. Der kalte Sommer hat mich arg mitgenommen. Meine Frau ist in Berlin beim Kultusminister mit andren „Megären".21 5 Herzlichste Grüße Ihrer l[ieben] Frau und Ihnen Ihr Max Weber
21 Am 5. November 1907 empfing der preußische Kultusminister Ludwig Holle eine Abordnung der Veranstalterinnen des Kongresses für höhere Frauenblidung, der vom 11. bis 12. Oktober In Kassel getagt hatte, um von dieser die Ergebnisse und Beschlüsse der Tagung zu erfahren. Zu der Abordnung zählten u.a. Marianne Weber und Gertrud Bäumer. Vgl. dazu den Artikel: Frauenabordnungen beim preußischen Kultusminister, In: Die Frau, Jg. 15, Heft3, Dez. 1907, S. 179.
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Oskar Siebeck PSt 3. N o v e m b e r 1 9 0 7 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Archiv f[ür] Sozialwissenschaft Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Von dem Artikel des Herrn Fischer („Replik") 1 bitte ich nach Ausführung der Correktur um einen Abzug, da ich vor Einlieferung 3 meiner Correktur sehen muß, ob etwa in der Correktur noch Zusätze oder Änderungen von Herrn F[ischer] vorgenommen wurden. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Max Weber
a (der) 1 Es handelt sich um Karl Fischers Replik auf Max Webers Gegenkritik; vgl. dazu Brief an Oskar Siebeck vom 17. Okt. 1907, oben, S. 409, Anm. 2 und 3.
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Helene Weber 5. November 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der nachfolgende Brief bezieht sich auf die Bitte um ein Darlehen der Schwiegereltern von Arthur Weber in Norwegen. Seit der Verheiratung von Arthur Weber mit Valborg Jahn im Jahre 1903 spielten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie Jahn insofern eine Rolle, als Arthur Weber, bei der Eheschließung Leutnant, eines Einkommensnachweises für die Erteilung der Heiratserlaubnis und eines Zuschusses für die Lebenshaltung bedurfte. Da die Familie Jahn dazu nur sehr beschränkt beitragen konnte, wurde beides durch die Familie Weber gesichert. Der siebzigjährige Schwiegervater Kristian Fredrik Jahn, Zahnarzt in Trondheim, war, vermutlich durch eine Erkrankung seines Sohnes, in finanzielle Schwierigkeiten gekommen. Schon im Jahre 1906 hatte Helene Weber eine größere Beihilfe gewährt, wie Marianne Weber im Brief an Helene Weber vom 13. Juli 1906 erwähnt (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446). Nunmehr sollte eine größere Summe als Darlehen gegeben werden, wofür das Haus der Familie Jahn in Trondheim Sicherheit bieten sollte. Inger Jahn, die Tochter von Kristian Fredrik Jahn, verkehrte in Berlin freundschaftlich mit Helene Weber und hatte dieser im Sommer 1907 von den finanziellen Schwierigkeiten erzählt und gemeint, sie werde Ihre Berufsausbildung aufgeben und dem Vater in der Praxis helfen, damit dieser keine Sprechstundenhilfe mehr bezahlen müsse. Vgl. Brief von Helene Weber an Alfred Weber vom 19. Juli 1907, BA Koblenz, NL Alfred Weber.
Heidelberg 5/XI7 Liebe Mutter! Ich finde, ebenso wie Alfred: das geht nicht gut, so leid Einem die Leute thun. Die 10000 oder 15000Mk würden ja auf Arturs Erbconto gehen, aber Artur ist nicht so situiert u. wird es niemals sein, daß er sein Geld in so unsichere |:und unbekannte:| Dinge stecken könnte. Welche Naivität |:von Frau Jahn,:| gar keine Angaben zu machen, wieviel Pfandrechte auf dem Hause ev. vorgehen würden! Weit eher könnte man einige Monate lang Zuschüsse für die Krankenpflege des Bruders machen, als grade jetzt dies Capital hergeben. Geld ist in Deutschland jetzt nur gegen 6% Zinsen |:u. mehr:| aufzutreiben, jeder Verkauf von Werthpapieren bringt |:daher bedeutenden: | Verlust; schon Emsts Bau 1 ist in dieser Hinsicht ein harter Brocken und Carl u. Alfred kommen (neben Lili) auch in Betracht. Vielleicht steht die Sache in 1 - 1 Vi Jahren anders, aber ohne ganz genaue Kenntnis des Werths des Hauses u. der Art seiner
1 Emst Mommsen; über den Hausbau vgl. Brief an Clara Mommsen vom 22. April 1907, oben, S. 2 8 2 - 2 8 4 .
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schon vorhandenen Belastung ist eine Geldhergabe indiskutabel u. es ist unglaublich von Valborg, so einfach derartige Vorschläge zu machen. |:Man kann daraus schließen, was künftig einmal passieren könnte!:| Artur werden wir immer, wie sich von selbst versteht, halten, was3 aber ebenb deshalb geschieht0, da er nur grade knapp das Notwendige hat |:und haben wird:|, Alles, was er u. Valborg für die Norweger d an Capital hingeben 0 , in Wahrheit auf Kosten von uns Allen. Wir ^(Marianne u. ich): | sind gern bereit zu helfen, wenn wir erst (Sommer nächsten Jahres) unser Vermögen haben, - aber auch nicht durch Capita/hergabe.2 Das hieße einfach die Gelder in den Schornstein schreiben. Artur muß wissen, daß er nie mehr als ca. e 3800-4000 (höchstens!) 6 Mk Zinsen zu erwarten hat. Giebt er (künftig!) von seinem Capital etwas nach Norwegen, so bedeutet das, daß er ev. aufs Trockene gesetzt wird bei der Unsicherheit 'seiner wie jeder'Militärlaufbahn. Es wäre |:also:| m. E. nötig, daß die Norweger wissen, daß sie Capital-Hülfe niemals von hier erwarten können, daß unsre Vermögenslage nun einmal nicht so ist, um das zu gestatten, bei dem Gesundheitszustand, in dem sich leider verschiedene von uns befinden (wir |:beide hier:|, wie gesagt, sind ja jetzt außer Schuß). Wenn ihnen mit Zuschüssen 9 für Erziehungs- (Inger) 3 oder Krankheits- (Christian) 4 Zwecke geholfen werden kann, so ist das etwas Anderes. Da würde ich dafür sein, unter der Hand, eventuell, wenn Du es für richtig hältst, einzugreifen. Denn das sind ExtraAusgaben für Dich, aber keine Vermögens-Risiken. Kein Mensch wüßte, wo diese letzteren ev. ihre Grenze fänden, da die Norweger offenbar keine Ahnung haben, wie unsre Lage ist, und h wir ihnen als Crösusse erscheinen, was Du gewiß nicht bist! Lieber |:zeitweise:| monatlich 100—200M. Zuschuß, als Hingabe von Vermögen. Sobald die Einnahmen v[on] „Far" 5 sinken, würde Frau Jahn sich der Pflicht zur Zahlung
a Fehlt in O; was sinngemäß ergänzt, b w e i > e b e n c erfolgt > geschieht d t h u n > an Capital hingeben e 4000 > 3800-4000 (höchstens!) f der > seiner wie jeder g ( v o n ) h resp. > und 2 Marianne Weber schrieb im Brief an Helene Weber vom 29. Nov. 1907, Max Weber wolle 10000Mark „zu Jahns in Pension geben". Sie sei davon „zunächst nur mäßig erbaut" gewesen, finde es nun aber so richtig. In ihrem Brief an Helene Weber vom 22. Dez. 1907 berichtet sie: „Jahns haben schon 5000 Mark gekriegt". Beide Briefe Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 3 Inger Jahn, eine Schwester von Valborg Weber. 4 Christian Jahn, ein Bruder von Valborg Weber. 5 Gemeint ist der Vater von Valborg Weber, Krlstian FredrlkJahn.
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|:der Zinsen:| an Artur für entbunden erachten (wir kennen das jadoch!) u. das Capital - Du lieber Gott, wer will das in Norwegen |:wieder:| suchen gehen? Ich würde also an Deiner Stelle Artur schreiben: Die Geldknappheit in Deutschland sei so, daß Werthpapiere heute u. sicher noch auf ein Jahr hinaus an der Börse einfach unverkäuflich, d. h. nur mit unsinnigen Verlusten verkäuflich seien; 'schon deshalb'könne jetzt von Capitalbeschaffung hier keine Rede sein. Überhaupt aber hieltest Du u. Alfred es für undenkbar | :für uns: | bei Artur's künftiger Situation u. der Unsicherheit der Militärlaufbahn, da er nie mehr als ca. 3800 M. Zinsen beziehen werde, erhebliche Beträge | :an Capital: | in ein fremdes Land u. zu einer Anlage zu geben, deren Sicherheit | :für uns und ihn: | ganz unkontrollierbar sei und bleiben werde, k selbst wennk wir | :bezw. er: |, was jetzt ja gar nicht der Fall sei, - über die Vermögenslage im Ganzen und die sonstige Belastung sowie den Werth jenes Hauses im Speziellen authentische Nachweise erhalten würden. Weit eher - wenn Du das für richtig hältst! - würdest Du ihnen (Artur und V[alborg]) Mittel zur Verfügung stellen, der augenblicklichen schwierigen Lage Jahns durch kleine Zuschüsse beizuspringen. Aber solche Versprechungen u. Angebote dürfe Valborg nie wieder machen. Das erwecke ganz verkehrte Vorstellungen von Arturs künftiger Vermögenslage. Heut ist, denke ich, Marianne bei Dir. Herzlichen Gruß Dein getreuer Max.
i daher > schon deshalb
k O: zweifach unterstrichen.
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Robert Michels PSt 6. November 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz.50
Lieber Michels wenn es Ihnen genehm ist, daß wir unsre resp. Titulaturen fortan vergessen - bitte sehen Sie meine Ihnen so rätselvolle Rede doch einfach als Speech eines klassenbewußten Bourgeois an die Feiglinge seiner eignen Klasse an1 (Sie wissen ja: meine Frau ist jetzt Fa&n'fc-Anteilhaberin, übrigens nur bescheidenster Dimension, - aber immerhin!!) u. treiben Sie den Maulhelden Ihrer (WaA/-) Klasse die lächerliche Vorstellung aus, als ob sie ohne |:massenhafte:| „Klassenverräther" in den Reihen des Besitzes (nicht nur, wie Sie bisher gezeigt haben, der „Intelligenz") politisch das Mindeste erreichen könnten (cf.: russische Revolution u. die Haltung der dortigen Soz[ial-]Dem[okratie] mit ihren verhängnisvollen Folgen);.] Die verrückte Vorstellung, als ob eine Klassen-Partei mit (angeblichen) Ä7assew-Idealen etwas andres werden könne als eine „machine" im amerikanischen Sinn des Wortes ist das t t q J m t o v ] i ^ e i j ö o g . Deshalb predige ich meinen Leuten: „Ihr Dummköpfe, die Soz[ial-] Demokratie] |: (einerlei ob parlamentarisch' oder syndikalistisch') :| ist u. wird immer mehr nichts ,Schlimmeres' |:(von Eurem Standpunkt aus):| als eine ganz commune Parteimaschine", - thun Sie das Entsprechende („nichts Besseres als...") auf Ihrer Seite. Politische Demokratisierung ist das Einzige, was in jeder absehbaren Zukunft ¡.-vielleicht:] erreichbar ist - u. ist gar nicht so wenig! An mehr zu glauben kann ich Sie nicht hindern, mich nicht zwingen. Herzl. Gruß! Ihr Max Weber
1 Vgl. dazu Karte an Michels vom 15. Okt. 1907, oben, S. 407, Anm. 1.
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Robert Michels PSt 7. November 1907; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 51 Lieber Michels besten Dank für den „Grido Proletario". 1 Die Auseinandersetzung ist ehrlich, klar u. sicher nützlich gewesen. Freilich: den Unterschied zwischen „leaders" und denen, die „nur" ihre Meinung sagen, wird Niemand auf die Dauer Ihnen glauben, auch nicht Sie selbst. 2 A[rturo] Labriola, Leone 3 etc. etc. sind „leaders", auch wenn sie „nur" ihre Meinung sagen. Das Ganze käme auf Ablehnung der formalen Verantwortlichkeit hinaus. In diesem Punkt laufen Sie m . E . überall, wo Sie davon sprechen, in die Sackgasse des Wortstreites. Und von einem sachlich schweren Irrtum möchte ich Sie gern befreit sehen: die „Notwendigkeit im Produktionsprozeß" bedeutet nichts, brein garb nichts, für die Machtstellung u. Chancen einer Klasse. 3 In einer Zeit, wo Niemand, der „Bürger" war, arbeitete, waren die Sklaven l O x , lOOOx so „notwendig" wie heut das Proletariat: was bedeutete das? Der Bauer des Mittelalters, der Neger der Amerikanischen] Südstaaten, - sie Alle waren absolut unentbehrlich. Was bedeutete das? Diese Redewendung enthält eine gefährliche Illusion. Herzlichen Gruß! Max Weber a 0 : Leoni
b 0 : zweifach unterstrichen.
1 Offensichtlich hatte Michels Weber die Veröffentlichung eines Gespräches mit Turiner Syndikalisten zugeschickt: II pensiero di Roberto Michels, in: II Grido Proletario dei sindacalisti torinesi. Numero unico, 2 novembre 1907; hier zitiert nach dem Exemplar in: AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Gr-Gu. 2 Ebd.: „Esso [lo sciopero generale] non è altro che un aspetto [...] della solidarietà di classe, di quella solidarietà che ha le sue radici non nell' ideologia inefficace di avvocati e di regi professori (i quali non possono nè debbono far da leaders dei sindacalisti, ma purché siano ispirati da amore disinteressato e senz' ombra di ambizione, hanno pure II diritto di dire tutto il loro pensiero), ma che sorge invece dalla reale situazione economica del proletariato medesimo." 3 Ebd. : „ Ma se lo sciopero generale che ha il pregio di far scaturire alla luce meridiana del sole la necessità fondamentale del proletariato nella produzione mi pare un' arma efficace nella lotta tra le classi sociali, pure io credo [...] che lo sciopero generale non è, nè dev'essere, un'arma comune di tutti i giorni. Tutt'altro'l Del resto nessun sindacalista ha mai detto ciò. "
9. November
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Werner Sombart [am o d e r n a c h d e m 9. N o v e m b e r 1 9 0 7 ] ; o. 0 . Brief; e i g e n h ä n d i g Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 92, Nl. W e r n e r S o m b a r t , Nr. 17, Bl. 1 1 2 Der Brief Webers befindet sich auf der Adressenseite einer Postkarte von Edgar Jaffe an ihn mit dem Eingangspoststempel: 9. November 1907, Heidelberg. Die Karte von Jaffe ist auf den 8. November, München, datiert.
Lieber Sombart! Ich habe nur an E[ulenburg] (sehr höflich und direkt „freundschaftlich") geschrieben, 1 er werde nun doch einsehen, daß er sich in seiner D e u t u n g der Sache geirrt habe und möge durch ein freundliches Wort an Jaffe 5 der ja sofort entgegen kommen werde - der Sache ein E n d e machen, die doch eine Lappalie sei. Bitte schreiben Sie ihm doch auch sofort und möglichst nachdrücklich. D a ß Jaffe - grade als „Nur"-Privatdozent solche Formen nicht passen, ist schließlich begreiflich. U n s würde es auch nicht passen, Herzl. Gruß! o Max W e b e r
1 Vgl. Brief an Franz Eulenburg vom 1. Nov. 1907, oben, S. 412f.
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26. Dezember
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Oskar Siebeck 26. Dezember 1907; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Oskar Siebecks vom 13. Dezember 1907 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Bitte um Auskunft über geeignete Bearbeiter für die Artikel Agrargeschichte, Agrarpolitik, Gewerbe, geschichtlich, Gewerbepolitik und Handel, geschichtlich, für das geplante Wörterbuch „ Die Religion In Geschichte und Gegenwart".
Heidelberg 26/12 7 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Verzeihen Sie, daß ich nicht gleich antwortete. Aber ich stecke zur Zeit in einer entsetzlichen Pflichtarbeit: Neuauflage, und das heißt völlige Neuarbeit des Artikels „Agrargeschichte, Altertum", für das Handw[örter-]Buch der Staatswiss[enschaften], 1 die ich leider nicht anständigerweise ablehnen konnte. Ich habe damit noch mehrere Wochen zu thun, dann kommt der „Geist des Capitalismus" (Sonderausgabe) für Sie. Ich könnte nur einen ganz kurzen Artikel (2 Spalten ca.) über das Altertum schreiben, wenn es nicht zu eilig ist u. wenn das genügt: ich bin des Themas so entsetzlich satt und kann so schwer ohne „psychischen Trieb" etwas arbeiten. Das Mittelalter kann ich nicht nehmen, kann Ihnen aber einen recht geeigneten Bearbeiter vorschlagen: Sie selbstl2 Sonst kämen nur: Fuchs, Wittich, v. Below an Leuten in Betracht, die wenigstens evangelischen Interessen nicht ganz fern stehen, ein Andrer fällt mir z. Z. nicht ein. 3 Wie lang ist denn das „Altertum" vorgesehen? Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst Prof. Max Weber
1 Gemeint ist Weber, Agrarverhältnisse im Altertum3. 2 Oskar Siebeck war Schüler von Karl Bücher und 1904 In Leipzig mit einer Arbelt über „Das Arbeltssystem der Grundherrschaft des deutschen Mittelalters" bei diesem sowie bei Stleda promoviert worden (UA Leipzig, Phil. Fak., Prom. 1160). Die vollständige Arbelt ist erschienen unter dem Titel: Der Frondienst als Arbeitssystem. Seine Entstehung und seine Ausbreitung Im Mittelalter (ZGS, Ergänzungs-Heft 13). - Tübingen: Laupp 1904. 3 Den Artikel hat dann Eberhard Gothein verfaßt; er ist erschienen unter dem Titel: Agrargeschichte: II. Mittelalterund Neuzeit, In: RGG, Bd. 1 .-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1909, Sp. 237-286.
8. Januar 1908
All
Georg Jellinek [8], Januar 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31 Unsichere Lesung des Tagesdatums.
H. 8/18 Verehrtester Freund! Nochmals: entschuldigen Sie meine unwillkürliche vorgestrige Abruptheit. 1 Glauben Sie nicht, daß ich Ihre Beschwerden u. die Energie, mit a der Sie 3 dieselben bekämpfen, unterschätze oder mich nicht dafür interessiere, wie es Ihnen geht. Auch weiß ich, daß Sie in bester Absicht, um mich zu ermutigen, mir zuzureden suchen, es gehe Ihnen fast so schlecht wie mir. Sie können ja nicht vermuthenj,] wie qualvoll mir dies auch mein lieber Freund Carl Neumann martert mich mit seinen so herzlich gut gemeinten Ratschlägen - ist. Sie könnten das nur, wenn Sie acht Tage lang einmal |:mit:| erlebt hätten, daß ich noch auf ganz andre Dinge als auf Professuren u. dgl. verzichten muß und daß ich jede Minute der Unbefangenheit bitter zu bezahlen habe. Sie werden mir zugeben b , daß ich im Allgemeinen nicht grade dazu neige, mir meinen Zustand in der Unterhaltung und sonst allzusehr anmerken zu lassen: aber deshalb erscheine ich ja der Mehrzahl als „Malade imaginaire", 2 wenigstens pro parte. Ich habe diese Thatsache, welche immer wieder mir den Verkehr mit Menschen vergällt, nun allmälig als gegeben hingenommen und „lege es zu dem Übrigen". 3 Aber von meinen Freunden - und Sie wissen, welchen Werth Ihre treue Freundschaftlichkeit für mich hat - fällt es mir schwer, Anklänge daran zu ertragen, so wenig ich es Ihnen oder andren als „Vorwurf" anrechne. Mir ist es ekelhaft genug, Dritten gegenüber so u. so oft erst weitläufig motivieren zu müssen, warum ich dies oder das
a O: deren sie
b (u. meine [n])
1 Wie aus dem weiteren Briefinhalt hervorgeht, hatte Weber in einem Gespräch mit Jellinek äußerst gereizt auf dessen Anmerkung reagiert, daß es ihm eigentlich gesundheitsmäßig genau so gut oder schlecht wie anderen Menschen gehe. 2 Der Titel dieser Komödie von Moliere ist zum geflügelten Wort geworden. 3 „Legt's zu dem übrigen!" sagt der Kammerdiener in Schillers „Kabale und Liebe", 2. Akt, Szene 2.
428
8. Januar 1908
nicht „kann". Würden Sie die entfernteste Vorstellung von dem Ablauf meines Daseins, wie er in bleierner Einheit seit nun 9 Jahren sich vollzieht und - günstigenfalls\ - dauernd weiter vollziehen wird, haben, so würden Sie selbst im Scherz nicht die Anspielung machen, es gehe mir eigentlich nicht anders als Andren auch. Meine Existenz beruht in ihrer Möglichkeit darauf, daß ich nicht daran erinnert werde, wie ich lebe, und ich habe mir im Lauf der Jahre eine feste Technik entwickelt, weder an Vergangenheit noch Gegenwart noch Zukunft zu denken oder zu grübeln, sondern zu leben, wie der Tag es verlangt und bietet. Bitte stören Sie diese Kreise nicht, 4 - ich bedarf nicht der geringsten Ermutigung, da jede gute Stunde mich heiter findet, und die Ansprüche an das, was man „gute Stunde" nennt, sind bei mir bescheidener als Sie oder irgend Jemand, der mit Angstzuständen, Pulsaussetzen, etc. zu schaffen hat (Alles Dinge, die, wie ich wohl weiß, sehr erhebliche Energie erfordern), irgend ahnen kann. Genug davon! Anbei mit vielem Dank die ,,N[eue] Fr[eie] Pr[esse]" zurück. Mir wird vor meinen Lobrednern etwas bange! Sonst ist der Artikel ja gut gemeint und interessant. - 5 Mit herzlichem Gruß! Max Weber
4 Anspielung auf den griechischen Physiker und Mathematiker Archimedes, der bei der Erstürmung von Syrakus durch römische Truppen, in mathematische Studien vertieft, dieses einem römischen Soldaten gesagt haben soll. 5 Gemeint ist Adolf Harnack, Rasse, Überlieferung und Individuum, in: Neue Freie Presse, Nr. 15570 vom 25. Dez. 1907, S. 5 - 7 ; die Erwähnung Webersauf S. 6: „In Bezug auf die physiokratische Geschichtsschreibung lassen sich zwei Hauptrichtungen unterscheiden, nämlich die, welche mit der Rasse als dem Hauptfaktor operiert, und die, welche die ökonomischen Bedingungen zu Grunde legt. In der letzteren aber bahnt sich, wenn nicht alles täuscht, zur Zeit ein Umschwung an. Wer die geschichtlichen Untersuchungen und Darstellungen von Max Weber, aber auch von Sombart studiert, wird erkennen, in welchem Umfange die rein ökonomische Betrachtung durch die Anerkennung der Bedeutung der idealen Mächte als Faktor der Bewegung bereits eingeschränkt wird. Universaler können große geschichtliche Probleme nicht behandelt werden als der Ursprung des modernen Kapitalismus in der Beleuchtung, die ihm Weber gegeben hat."
9. Januar 1908
429
Robert Michels PSt 9. Januar 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 52
Lieber Freund! Was werden Sie gedacht haben, daß ich Ihren freundlichen Gruß ohne alle Antwort ließ? Aber mir ging es mordsschlecht, als die Kälte hereinbrach, und dann sitzt mir G[ustav] Fischer, Jena wegen des verfl... 5 Artikels: „Agrargeschichte, Altertum", seit Monaten auf dem Leder. 1 Er muß jetzt fertig werden! Dann Nachricht. Jetzt nur: herzl. Gruß Ihnen u. Ihrer lieben Frau von uns beiden. Max Weber
1 Vgl. Brief an Oskar Siebeck vom 26. Dez. 1907, oben, S. 426, Anm. 1
430
4. Februar
1908
Marie Baum 4. Februar 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Hbg 4/2 8 Sehr geehrtes Fräulein D r Baum! Was Sie eigentlich von mir und meinem absoluten Schweigen auf Ihre beiden freundlichen Sendungen gedacht haben werden, wage ich mir nicht vorzustellen. Das Tollste aber: ich habe noch kein Wort davon gelesen! Die ganzen drei letzten Monate saß ich, mit einem Kopf wie ein enthirnter Frosch, 1 an einer Frohnarbeit für das „Handwörterbuch der Staatswiss[enschaften]" 2 - einem Artikel, der von 20 gesollten auf 120 effektive Seiten anschwoll und mir furchtbare Anstrengung gekostet hat, da er mir keinerlei Spaß machte u. ich mich immer nach den Fleischtöpfen der Philosophie zurücksehnte. Jetzt ist die Sache fertig und ich auch. Ich gehe nach der französischen] Riviera, um ohne Nachhülfe schlafen zu lernen, was ich seit nun drei Monaten keine Nacht fertig brachte. Marianne's Befinden gefiel mir doch auch wenig, sie ist recht beschränkt leistungsfähig, leicht ermüdet, und da ich jetzt, wenn ich mir die Schlafmittel abgewöhne, sie nur plagen und vielleicht klagen würde, - so habe ich sie dazu gebracht, sich für den 15. März—|:Ende:| April in den „Weißen Hirsch", 3 Dresden zu begeben und gründlich einmal auskurieren zu lassen, - was längst hätte geschehen sollen. Das Erste was ich lesen werde, wenn ich wieder ein |:natürliches:! Gehirn habe, ist das Lask'sche Collegheft. 4 Aber, was soll ich nun thun? Es Ihnen zurücksenden u. Sie später nochmals darum bitten? Oder es im Schreibtisch verschlossen halten? (Es könnte doch brennen u.dgl.!) Bitte schreiben Sie mir eine Karte! 1 Anspielung auf physiologische Experimente mit enthaupteten Fröschen, die berichtet werden von Wundt, Wilhelm, Grundzüge der physiologischen Psychologie, Bd. 2, 4. Aufl. - Leipzig: Wilhelm Engelmann 1893, S. 587. 2 Gemeint ist Weber, Agrarverhältnisse im Altertum 3 . 3 Gemeint ist das 1888 von Dr. Heinrich Lahmann gegründete Sanatorium in der damals selbständigen Landgemeinde Weißer Hirsch, Luftkurort und Villenkolonie auf der Höhe des rechten Elbufers bei Dresden. 4 Marie Baum hatte im Sommersemester 1907 in Heidelberg die Vorlesung von Emil Lask „Erkenntnistheoretische Probleme" besucht und eine Vorlesungsnachschrift angefertigt. In dieser Zeit entwickelte sich zwischen ihr und Lask ein freundschaftliches Verhältnis.
4. Februar
1908
431
Hier geht nicht viel vor. Jaffe ist in München (war ca. 5 Wochen hier) u. kommt wohl bald ganz wieder her. Frau J[affe] geht es recht gut offenbar. 5 Wiederholt war auch Frau D r . Frieda Groß hier, an deren Schicksal Lask lebhaften Anteil nimmt, 6 wie Sie wissen werden. Mit der Ehe (dies ganz vertraulich!) mit dem Sonderling 7 wird es auf die Dauer kaum gehen, da er immer abnormer wird, die Frau macht sehr Schweres durch offenbar und ohne viel Hoffnung, daß der Mann sich wieder in normales Leben und Gesundheit zurückfinden werde. - Doch diese persönlichen Dinge hätte Ihnen ja weit besser meine Frau (die jetzt im Umkrempeln der Wohnung steckt), gelegentlich erzählt. Wenn ich sie erwähnte, so geschah es in der Hoffnung, daß Sie vielleicht irgendwann einmal Ihrerseits ein Wort sagten, wie sich denn Ihr Eindruck von den dortigen Verhältnissen, in Düsseldorf, 8 seit den letzten Nachrichten fortentwickelt hat? Aus einer Zeitungsnachricht schließe ich, daß Sie jetzt also den definitiven Contrakt eingegangen sind, also doch einiges Vertrauen gefaßt haben müssen? Hier in Baden geht es langsam aber sicher rückwärts, - die kommenden Wahlen werfen ihre Schatten voraus. Ihre Stellung wäre sicher in jedem Fall unerfreulicher als früher geworden unter dem neuen Pharao. 9 Denn dieser weiß zwar vielleicht etwas von Joseph und Potiphar aus der Religionsstunde, - sonst aber gar nichts, und bloße „Güte" langt heute doch nicht einmal mehr zum Großherzogspielen. Infolgedessen ist die formalistische Büreaukratie im Ministerium] d[es] Inn[eren] obenan. Frl. Munzinger 10 wird wohl mit Ihren „Gesichtspunkten" noch schnell, ehe mein Bruder der Doktorfabrik 11 ein Ende macht, bei Gothein promovieren. Ich werde dann
5 Gemeint ist, nach der Geburt ihres Sohnes Peter am 24. Dezember 1907. 6 Frida Gross wohnte im Winter 1907/1908 längere Zeit bei Else Jaffe in Heidelberg und war in dieser Zeit mit Emil Lask befreundet. 7 Gemeint ist Otto Gross, der an den Folgen seines Kokainkonsums litt und sich von Mai bis Juli 1908 in eine zweite Entziehungskur bei Carl Gustav Jung in Zürich begeben mußte. 8 Marie Baum war seit Herbst 1907 Geschäftsführerin des Vereins für Säuglingsfürsorge im Regierungsbezirk Düsseldorf. 9 Gemeint ist der Großherzog von Baden, Friedrich II., der im September 1907 die Thronnachfolge angetreten hatte. 10 Elisabeth Munzinger war die Nachfolgerin von Marie Baum in der badischen Fabrikinspektion, sie promovierte in Heidelberg bei Eberhard Gothein mit der Dissertation: Badische Konfektionsindustrie. - Borna, Leipzig: Noske 1908. 11 Alfred Weber begann seine Lehrtätigkeit in Heidelberg im Sommersemester 1908; Max Weber erwartete, daß durch die von seinem Bruder vertretenen Standards die Zahl der nationalökonomischen Promotionen in Heidelberg verringert werde.
432
4. Februar 1908
vorschlagen, Sie als intellektuelle Urheberin der Dissertation wenigstens „honoris causa" mzteupromo vieren. Meine Frau grüßt herzlichst, und ich bleibe mit freundschaftlicher Empfehlung Ihr stets ergebenster Max Weber 5
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4. Februar 1908
Robert Michels 4. Februar 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, NI. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 53
Hbg 4/2 8 Ziegelh. Landstr. 27 Lieber Freund, ich bin endlich aus der Frohn für das Handw[örter]b[uch] d[er] Staatswiss[enschaften] 1 heraus, nachdem mein Artikel (ich schicke ihn s e i ner] Zeit) auf 7—8 Bogen angeschwollen ist, statt VA—2\ ich habe es in diesem Fall wirklich ebenso getrieben wie Sie manchmal! Da mir die Sache gar keinen Spaß machte (das Altertum liegt mir z.Z. fern, ich mußte maßlose Massen von neuen Publikationen durcharbeiten, da ich seit 12 Jahren nichts gelesen hatte)[,] bekam sie mir sehr schlecht, u. ich habe nun seit November keine Nacht natürlichen Schlaf. Meine Frau ist auch wenig kräftig, im Ganzen zwar vergnügt und ohne aktuelle Beschwerden, aber doch sehr wenig leistungsfähig. Daher geht sie überhaupt nicht nach dem Süden, sondern läßt sich im „Weißen Hirsch" (Dresden) auskurieren. 2 (Mitte März—Ende April). Ich muß Anfang nächster Woche schleunigst an die Riviera, in die Sonne, also nicht italienische, sondern französische (Cavalaire, S* Raphaël, Pardigon oder so etwas - in der Gegend von Fréjus - denke ich, weiß es aber noch nicht). Ich vermuthe, daß ich reichlich 5 - 6 Wochen brauchen werde, um menschlich zu werden, und jedenfalls ganz fest liegen (in der Sonne liegen, im Wortessinne!) werde, jedenfalls also zu Rendez-vous außerhalb nicht die Möglichkeit habe; auch läuft Jeder, der mich in der Zeit besucht, Gefahr, mich in desolater Verfassung zu finden, was ich nie, auch nicht von Tag zu Tag, vorauswissen kann. Geht es mir nach Mitte April besser, dann wollte ich nach Italien (Florenz oder Perugia), mit meiner Mutter 2—3 Wochen Zusammensein, und es ließe sich dann ein Zusammentreffen mit Ihnen, was ich sehr wünschen würde, vereinbaren, äußerstenfalls auf der Rückreise, z.B. via Pisa - Genua - Turin -
1 Gemeint ist Webers Artikel: Agrarverhältnisse im Altertum3; vgl. den Brief an Oskar Siebeck vom 26. Dez. 1907; oben, S. 426, Anm. 1. 2 Siehe dazu den vorhergehenden Brief an Marie Baum, Anm. 3.
434
4. Februar
1908
Simplon. Bitte schreiben Sie also doch, was3 Sie eigentlich vorhaben. Wann geht Ihr Semester wieder an? Irgendwie muß es doch zu machen sein, daß man sich im April/Mai sieht (Ende der ersten Maiwoche etwa will ich zurück sein). Nur wie gesagt, Verabredungen lassen sich jetzt nicht treffen, - ich werde erst an der Riviera sehen, wie weit ich mich hinuntergewirtschaftet habe. Aber Ihre ungefähren Dispositionen zu wissen wäre mir werthvoll. Wie gefallen Sie Sich denn nun eigentlich in Turin? Das wüßte ich recht gern, obwohl ich nicht zweifle, daß die Antwort lauten wird: „gut". Aber Ihre Frau und Kinderl Eine gewisse Schwierigkeit wird da ja doch wohl gewesen sein, - gern wüßte ich, ob Sie sie schon hinter sich haben. - Ist eigentlich der Artikel Ihrer Frau schon im Druck (im Ver[ein] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik])?3 Endlich, endlich, im Sommer, hoffe ich wieder einmal aufathmend an lohnende Arbeit gehen zu können, wenn Alles gut geht. Einstweilen mit den herzlichsten Grüßen und freundschaftlichen Empfehlungen v. H. z. H. Ihr Max Weber
a
[ob] > was
3 Vgl. Brief an Gisela Michels-Llndner vom 6. Dez. 1906, oben, S. 198, Anm. 2.
10. Februar 1908
435
Oskar Siebeck 10. Februar 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Oskar Siebecks vom 20. Januar 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Bitte an Weber, die Artikel „Agrargeschichte, Altertum" sowie „Agrarpolitik" für das Wörterbuch „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" (hinfort zitiert als RGG) übernehmen zu wollen.
Heidelberg 10/118 Betrifft: „Religion in Geschichte u. G[e]g[en]wart" Sehr geehrter Herr D r Siebeck, den Artikel „Agrargeschichte, Altertum", will ich in Gottes Namen schreiben, 1 sobald die Correkturen von Fischer mir vom Hals sind, an denen ich jetzt ersticke. Aber: „Agrarpolitik" ist mir jetzt unmöglich. Ich schlafe nur mit Nachhülfe durch Medikamente, seit 2 Monaten, und muß nach dem Süden, komme erst Mitte Mai wieder. Alsdann schulde ich Ihnen: „Protestantismus u. Kapitalismus" in Umarbeitung, und dann: Arbeit für das „Archiv", für das ich seit fast 1 Jahr fast nichts gethan habe und dessen Disposition dann 3 stark verändert werden muß (bezüglich] der Art der Behandlung der Litteratur). Also: es geht wirklich nicht, so leid es mir thut. Später: Alles, jetzt: nichts! Was macht denn nun der „Schönberg"? 2 Ob nicht doch Bücher für die Leitung zu gewinnen wäre, wenn das noch möglich ist? Mit den besten Grüßen und Empfehlungen auch an Ihren Herrn Vater Ihr ergebenster Max Weber
a Alternative Lesung: denn 1 Der Artikel ist erschienen In: RGG, Bd. 1 .-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909, Sp. 233-237 (MWG I/6). 2 Weber fragt hier nach dem Stand der projektierten Neuauflage von Gustav v. Schönbergs Handbuch der Politischen Ökonomie.
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27. Februar
1908
Oskar Siebeck [ v o r d e m 27. Februar 1908; Heidelberg] Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Antwortbrief Oskar Siebecks vom 28. Februar 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.), in welchem dieser den Eingang des Artikels über „Agrargeschichte. I. Altertum" für die RGG bestätigt und dann auf Webers Folgebrief vom 27. Februar zu sprechen kommt; Ort erschlossen aus dem Inhalt.
Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Anbei der Artikel. 1 1st er in der Länge richtig? Ich fürchte, er ist zu lang. Aber dann müßte man das Thema beschränken, - etwa: Israelische Agrargesch[ichte] im Licht der Antiken Agrargeschfichte] oder so etwas. Es geht kaum kürzer. Was macht der Art[ikel] „Agrarpolitik"? 2 Äußerstenfalls könnte ich einen ganz kurzen (2 Spalten) prinzipiellen Artfikel] schreiben, wenn ich sofort, ev. per Telefon (N° 1401), Nachricht erhielte1^.] Mehr könnte ich nicht. Hoffentlich aber sind Sie schon unter Dach! Mit angelegentlichster Empfehlung Max Weber „Handel", geschichtlich - wonach Sie fragten - würde Prof. H[einrich] Sieveking, Zürich, sehr gut machen. 3 „Gewerbe" ev. Tröltsch (Marburg)^]4 Doch Sie sind wohl schon versorgt.
^ Ich muß Montag nach dem Süden für 2 Monate.
1 Es handelt sich um Webers Artikel „Agrargeschichte. I. Altertum". Vgl. Brief an Oskar Siebeck vom 10. Febr. 1908, oben, S.435, Anm. 1. 2 Nachdem Weber in seinem Brief vom 10. Febr. 1908 die Übernahme dieses Artikels abgelehnt hatte, wandte sich Oskar Siebeck am 14. Febr. 1908 an Willy Wygodzinski (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 258), welcher dann in seiner Antwort vom 16. Febr. 1908 (ebd.) Siebeck eine Zusage erteilte. Der Artikel „Agrarpolitik" ist erschienen in: RGG, Bd. 1.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909, Sp. 2 8 6 - 2 9 0 . 3 Übernommen hat den Artikel „Handel, volkswirtschaftlich" Robert Wuttke. Er ist erschienen in RGG, B d . 2 . - T ü b i n g e n : J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1910, Sp. 1 8 3 6 - 1 8 3 9 . 4 Die Abschnitte „Gewerbe: I. Geschichtlich", sowie „II. Gewerbepolitik" hat ebenfalls Robert Wuttke verfaßt. Sie sind erschienen in: RGG, Bd. 2.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1910, Sp. 1 3 9 1 - 1 4 0 0 ; der letzte Teil „Gewerbe: III. Gewerbeaufsicht" stammt von Ludwig Bernhard, ebd., Sp. 1 4 0 0 - 1 4 0 1 .
27. Februar
1908
411
Oskar Siebeck 27. Februar 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Hbg 27/2 8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Nachträglich sind mir - als beim Wegräumen mir mein Vertrag mit Fischer1 in die Hand fiel und ich N° IV ansah - eine Bestimmung, die mir 5 absolut nicht erinnerlich war - schwere Bedenken gekommen, ob ich für Sie schreiben darf. Bitte, sehen Sie Sich doch die Bestimmung einmal an! Ich fürchte: neinl Mit bester Empfehlung Ihr ergebenster 10 Max Weber
1 Vertrag mit Gustav Fischer in Jena über den Artikel „Agrargeschichte, Altertum" für das Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Im Brief vom 6. März (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) teilte Paul Siebeck Weber mit, daß Gustav Fischer nichts gegen eine Veröffentlichung des Artikels „Agrargeschichte" Im Sammelwerk „Religion In Geschichte und Gegenwart" einzuwenden habe.
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3. März 1908
Marianne Weber PSt 3. März 1908; PSt Göschenen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die mit dieser Karte einsetzende fast tägliche Korrespondenz zwischen Max und Marianne Weber erstreckt sich biszum 28. April 1908. Max Weber war am 2. März 1908 von Heidelberg abgereist und erreichte am 4. März 1908 Beaulieu-sur-meran derCöte d'Azur, zwischen Nizza und Monte Carlo. Am 18. März 1908 zog er um nach Le Lavandou (Var), wo er drei Wochen blieb. Am 8. April 1908 reiste er über Nizza und Genua nach Portofino, traf dort am 12. April 1908 seine Mutter. Max und Helene Weber fuhren am 17. April 1908 über Pisa nach Florenz und hielten sich dort bis zum 1. Mai 1908 auf. Von Florenz reisten Max und Helene Weber über Lugano nach Stuttgart, besuchten dort Emmy Baumgarten und erreichten am 4. oder 5. Mai 1908 Heldelberg. - Marianne Weber reiste am 16. März 1908 von Heldelberg über Berlin nach Dresden. Sie hielt sich vom 19. März 1908 bis zum 1. Mal 1908 Im Sanatorium Dr. Lahmann im Weißen Hirsch bei Dresden auf. Auf der Rückfahrt traf sie sich am 2. und 3. Mal 1908 In Weimar mit Gertrud Bäumer und kam am 4. Mal nach Heidelberg zurück. - Die Briefe und Karten von Marianne Weber an Max Weber aus dieser Zeit sind überliefert, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz.
Auf der Bahn Basel-Genua L. Schnauzel, gestern bin ich bis 148 bei R[ickert]s geblieben, es war sehr nett, ihm geht es bis auf den Hals gut. Er behauptet, sich bezüglich] H[eidelberg]s keine Illusionen zu machen, wollte dann aber für alle Fälle doch etwas 5 über geeignete Wohnungen wissen, - sein Hauptbedenken gegen die Sache. 1 Auch sprachen wir etwas über L[ask], ich erzählte ihm mit der nötigen Vorsicht, was er ohnedies wußte. 2 Wir sprachen auch etwas von der „Theorie", 3 die er sehr abscheulich fand, aber nicht mehr tragisch nahm. - Nach Florenz zu gehen hatte er jetzt offenbar wenig Animus, 10
1 Heinrich Rickert und Georg Simmei waren von der Philosophischen Fakultät für das 2. Ordinariat für Philosophie in Heidelberg vorgeschlagen worden. Vgl. Brief an Heinrich Rickert vom 18. Mal 1907, oben, S. 308-310. Da Berufungen von Freiburg nach Heidelberg vom badischen Kultusministerium In der Regel nicht gebilligt wurden, konnte sich Heinrich Rickert keine großen Hoffnungen machen, den Ruf zu erhalten. Vgl. auch den Brief an Heinrich Rickert vom 1. April 1908, unten, S. 492-497. 2 Vermutlich bezog sich das Gespräch auf die Beziehung von Emil Lask zu Frida Gross. Vgl. Briefe von Emil Laskan FridaGross, UB Heldelberg, Heidelberger Hs. 3820, III: Briefe an eine Frau, Bl. 138-151, und den Brief von Max Weber an Marie Baum vom 4. Febr. 1908, oben, S. 431. 3 Bei der „Theorie" handelt es sich vermutlich um die Ansichten von Otto Gross. Vgl. Brief an Else Jaffe vom 13. Sept. 1907, oben, S. 393-403.
3. März 1908
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vielleicht kommt es noch. - Schlaf zu bekommen war die Nacht in Basel etwas schwierig. Heut fahre ich bis Savona Abends 9 Uhr (14 Stunden), morgen erst mal nach Beaulieu, dann weiter. Hier ist es Winter. - Es ärgert mich doch, daß ich aus3 dem Bücherschrank nicht die brochierten 5 Sachen von 0[scar] Wilde 4 u. Maeterlinck's „Weisheit und Schicksal"5 mitnahm. - Hoffentlich gehts gut! Überarbeitet Euch nicht!6 Schönsten Gruß! Max
a (Deinem) 4 Wahrscheinlich meinte Weber: Wilde, Oscar, Das Bildnis des Dorian Grey. - Leipzig: Insel 1907, und ders., Das Granatapfelhaus.-Leipzig: Insel 1907. Beide Bücher befanden sich im Nachlaß von Marlanne Weber; sie sind zwar gebunden, mußten aber aufgeschnitten werden. 5 Maeterlinck, Maurice, Weisheit und Schicksal. - Leipzig: Eugen Dlederichs 1899. 6 Gemeint sind die für Marianne Weber und Bertha Schandau anfallenden Arbeiten im Zusammenhang mit der Renovierung der Wohnung. Max Webers Arbeitszimmer wurde in einen anderen Raum verlegt, ein neuer Schreibtisch und neue Bücherregale von Marlanne Weber besorgt. Vgl. Briefe von Marianne Weber an M a x W e b e r v o m 5. und 13. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz.
440
4. März
1908
Marianne Weber 4. März PSt 1 9 0 8 ; G e n u a Karte; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Genua 4/3 Liebes Schnauzel, die landesübliche Zugverspätung brachte mich um die Möglichkeit, noch weiter als bis hierher zu fahren. Ich gehe nun zuerst nach Beaulieu b. Nizza, sehe dort, ob ich Einzelzimmer in Privathäusern finde, u. fahre dann Abends nach Cavalaire-Pardigon, dort zu übernachten. Je nachdem mir das Eine oder das Andre besser gefällt, bleibe ich dann dort oder gehe nach Beaulieu zurück. 1 ' Die ungeheizten Zimmer sind schon eine rechte Wohlthat, obwohl es recht kühl ist. - Nun bin ich gespannt, was mit der Besetzung in Heidelberg wird. 1 Rickert muß man auch die klimatische Seite nachdrücklich darlegen, falls trotz Allem er berufen werden sollte. Er könnte doch arg kollabieren in der feucht-schwülen Luft, gegenüber Freiburg. Das „comune di Eidelberga" sei„infiamme", hieß es gestern in der Zeitung. 2 Nun, Ihr seid hoffentlich nicht mitverbrannt? Schönsten Gruß Dein Max 1}
Ich telegraphiere dann die Adresse, sobald ich festsitze. Denn es werden mir die letzten Correkturen 3 doch wohl nachgeschickt werden müssen, so lästig es ist.
1 Gemeint ist die Besetzung des zweiten Lehrstuhls für Philosophie; die Berufungsvorschläge waren am 17. Februar 1908 an das Kultusministerium in Karlsruhe abgeschickt worden. 2 In der Nacht vom 1. zum 2. März hatte das Heidelberger Rathaus gebrannt. Vgl. Heidelberger Zeltung vom 2. März 1908. 3 Gemeint sind die Korrekturen für Weber, Agrarverhältnisse Im Altertum 3 .
5. März
1908
441
Marianne Weber 5. März 1 9 0 8 ; BK B e a u l i e u - s u r - m e r Brief; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , Deponat B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Im Briefkopf wird angeführt: „E. Exner, Propriétaire."
The Empress Hotel Beaulieu-sur-mera(A.-M.)3
Donnerstag 5/3 8 Liebes Schnäuzchen! In der Thür des Hotels trat mir gestern unser Wirth vom „Cyrnos Palace", sel[igen] Andenkens, 1 entgegen. Erst entsetzte ich mich etwas, der Kosten wegen, - u. diese sind allerdings nicht grade kärglich bemessen - dann aber zeigte sich, daß das Hotel als Vorzüge besitzt: 1) Nähe des Bahnhofs, - 2) Trambahnstation nach Nizza, Monte Carlo, 3) Nähe des Strandes u. der Spaziergänge, - 4) nicht große, aber sonnige Zimmer. Es ist Nachts kühl, aber am Tage tüchtig warm, man liegt in der Balkonthüre oder im Gärtchen ausgestreckt auf der Chaiselongue b oder den Stühlen in der Sonne ohne Überzieher pp. zu brauchen. Heute lief ich erst Mal herum u. die 2 Stunden Spaziergang waren zwar anstrengend, aber vielleicht bekömmlich. Die erste gänzlich „mittellose" Nacht 0 hatte qualitativ u. quantitativ recht mangelhaften Schlaf, aber doch Schlaf, gebracht. Das Hotel ist in Bezug auf Eleganz des Publikums nicht prima u. Exner ist ja überhaupt kein guter Wirth. Da ich Fleisch refüsiere, so werde ich mich bei seiner guten, aber stets knappen Küche schwerlich mästen. Die letzte Cigarre liegt nun auch hinter mir. Ich bleibe die nächsten Wochen jedenfalls hier, der Wärme wegen u. weil eben Apotheken, pp. und Cultur da ist, - zeigt es sich, daß ich das entbehren kann, dann gehe ich „aufs Land", noch weiter westlich, an den Fuß des Esterei-Gebirges. Aber erst muß sich zeigen, wie es mir gehen wird. a O: zweifach unterstrichen
b O: Chaiselonge
c (brachte)
1 Der im gedruckten Briefkopf als Besitzer des „The Empress Hotel " in Beaulleu-sur-mer genannte E. Exner hatte in Ajacclo das Cyrnos Palace Hôtel betrieben, in dem Max und Marlanne Weber von Ende November 1900 bis Anfang Januar 1901 gewohnt hatten. Vgl. Marlanne Webers Briefe an Helene Weber vom 17. Nov. 1900 und 25. Jan. 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
442
5. März
1908
Also: bitte schickt die Correkturen2 hierher: B[eaulieu] Dep[artement] Alpes-Maritimes, Empress Hotel. Wie mag es denn bei uns aussehen?3 Habt Ihr den Brand gesehen? oder verschlafen?4 Sei herzlich geküßt von Deinem 5 Max
2 Gemeint sind die Korrekturen für Weber, Agrarverhältnisse im Altertum 3 . 3 Gemeint ist die Renovierung der Wohnung. 4 Marianne Weber beantwortete diese Frage in ihrem Brief an Max Weber vom 7. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz: „Der Rathausbrand-höre und s t a u n e ! war in der Nacht vor Deiner Abreise gegen 1 Uhr und wir beide haben nichts von dem Spektakel gehört!"
8. März
443
1908
Marianne Weber [8. März 1908]; BK Beaulieu-sur-mer Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus der Tagesangabe Sonntag. Die Briefe Max Webers an Marianne Weber vom 8., 13. und 19. März 1908 stehen untereinander in einem Zusammenhang. Sie beziehen sich auf die Briefe von Marianne Weber an Max Weber vom 5., 10. und 15. März 1908 und befassen sich mit den Beziehungen zwischen Else Jaffe und Otto Gross sowie zwischen diesem und Frieda Weekley, der Schwester von Else Jaffe. Durch diese Beziehungen war die „erotische Bewegung", über die seit 1906 und zunehmend 1907 in Heidelberg diskutiert wurde, unmittelbar in den Freundeskreis von Max und Marianne Weber eingebrochen, vgl. Weber, Marianne, Lebensbild 3 , S. 3 7 3 - 3 7 8 und S. 391 - 3 9 4 . - In Ihrem Brief an Max Weber vom 5. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) hatte Marianne Weber von einem Besuch bei Else Jaffe und deren „feiner, unaufdringlichen Liebenswürdigkeit" geschrieben. Sie fügte an: „ Ich war mal allein bei ihr und da .beichtete' sie, daß heute ,der Otto' für zwei Tage käme und außerdem - ihre Schwester Frieda aus England! Otto's Besuch sei für sie: Else bestimmt und seit langem projektiert - er soll doch wohl das Peterle [den gemeinsamen Sohn von Else Jaffe und Otto Gross] sehen! - und zufällig habe ihre Mutter die Frieda nach Metz eingeladen und diese wolle nun den Otto bei ihr treffen. ,Mir ist dies Rendez-vous von Otto und Friedele bei mir natürlich gerade kein Genuß' - aber so was muß man eben doch können und dies ist von Else wenigstens eine aus Otto's Theorie mit Selbstverleugnung gezogene Konsequenz, gelt? Ich denke mir Else ist diese Situation nur möglich, well sie eben vom Otto losgelöst ist. Das .Friedele' hänge noch mit Leidenschaft am Otto, glaube ihm alles und sei durch die beständige Sehnsucht nach ihm sehr .vertieft'."
The Empress Hotel Beaulieu-sur-mer (A.-M.) Sonntag früh. Liebe Schnauzel! Die Correkturen 1 kamen gestern nach. Schönen Dank! Ich habe eigens nochmal „Mittel" gebraucht, um Dir schreiben zu können. Ich finde 5 nämlich, daß es mit E[lse] J[affe] so nicht weiter geht. 2 1. Weiß sie, daß das Dulden dieser Sache bei sich strafbar ist? („Polizeiaufsicht" etc.) 3 Sie sollte es wissen. Sie weiß jedenfalls, wie leicht der Zufall sie auf Gnade u. Ungnade den Dienstboten ausliefern kann, - daß
1 Gemeint sind die Korrekturen für Weber, Agrarverhältnisse Im Altertum 3 . 2 Max Weber bezieht sich auf den Brief von Marianne Weber vom 5. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), vgl. die Editorlsche Vorbemerkung oben. 3 Max Weber bezieht sich hier auf den § 180 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich in der Fassung vom 15. Mai 1871, der Kuppelei unter Strafe stellte.
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8. März 1908
sie1', u. Alle Andren, in den Schmutz der Gosse fallen können, wenn etwas bekannt wird, scheint sie nicht zu bedenken. 2. Abgesehen davon: ich finde die Sache höchst ekelhaft. Bei der Schwester4 handelt es sich um nackten Ehebruch sans phrase, hinter dem Rücken des Mannes. Mag dieser 10 Mal nichts sehen wollen, - es bleibt dabei, daß die Schwester es mit ihrem Stolz vereinbar findet, sich von ihrem Mann sustentieren zu lassen und ohne Offenheit ihm gegenüber thut, was sie nicht sollte 2) . Diese Schwester in ihrem Haus in die Arme eines Irrsinnigen zu liefern, ist mehr, als ich Jemand conzedieren kann. Und dann sich noch einzureden, da läge eine „Leistung" vor! Sie kann ja nicht anders, ohne sich selbst zu desavouieren u. dazu hat sie nicht die Kraft, auch da nicht, wo es sich um die nackte Schweinerei handelt. Sie trägt die Verantwortung: ohne sie wüßte ja die Schwester nichts von Gr[os]s Kommen, und vice versa. Und ohne sie käme Gr[oss] jetzt nicht, statt ins Irrenhaus, 5 zu ihr zu „Besuch". Wie tief unsittlich ist auch dies Verhältnis. Würde sie ihm sagen, daß sie an seine „Theorie" etc. nicht glaubt, so käme er nicht, so wäre die Sache zu Ende. 3) Und diese Leute, die ihre Beziehungen auf Lüge bauen, wollen gegen die „Heuchelei" der Nicht: sie allein. Das wäre schließlich ihre Sache. Sondern alle Beteiligten an der ganzen Sache. Sickert etwas durch, dann weiß Jeder Alles. 2> Der Unterschied gegenüber 3 E[lse]s Verhalten ist eben doch, daß der Engländer 6 nicht an Gr[os]s „Theorien" glaubt und nie daran glauben würde. 3) Sie sagte das ja selbst damals, als es sich um seine „Arbeit" für das „Archiv" 7 handelte. a (El)
4 Frieda Weekley. 5 Gemeint ist die von Otto Gross beabsichtigte Entziehungskur zur Entwöhnung vom Kokaingebrauch; von Mai bis Juli 1908 befand ersieh in der Anstalt Burghölzli in Zürich in Behandlung bei Carl Gustav Jung. 6 Gemeint ist der Mann von Frieda Weekley, Ernest Weekley. Im Gegensatz zu ihm teilte Edgar Jaffe, der Mann von Else Jaffe, die Ansichten von Otto Gross. 7 Vgl. Brief von Max Weber an Else Jaffe vom 13. Sept. 1907, oben, S. 393-403.
8. März 1908
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Konvention zu Felde ziehen! - Du aber darfst dabei, meine ich, nicht schweigend stehen. Es ist E[lse]s sehr begreifliches - bewußtes oder unbewußtes - Bedürfnis, Dich zur Mitwisserin und dadurch Complicin ihres Thuns zu haben. Das liegt in den Dingen. Aber m.E. mußt Du Dein Verhältnis zu ihr riskieren, um ihr zu sagen, wie Du stehst, und Du kannst ja nicht anders stehen als ebenso, wenn auch in der Form milder. 8 Unser bisheriges Verhalten beruhte auf der Voraussetzung, daß es sich um vergangene Dinge, Folge b von Schicksalsfügungen und früheren Irrtümern handle. Hat E[lse] das Bedürfnis nach jährlichen „Ferien", jedes Frühjahr, die sie sich durch Zuziehung ihrer Schwester „erkauft"und so wird es, wenn nicht diesmal, dann fernerhin kommen - so geht das nicht. Sie ist nicht von Grfoss] „los", - wozu sonst dieser Besuch? warum ist ihr sonst (angeblich) das Rendez-vous „kein Genuß"? Und warum sagt sie ihm sonst nicht die Wahrheit über seine „Theorien'"! Ich jedenfalls werde, ohne ein Wort zu sagen, sie und J[affe] fühlen lassen, daß ich mit ihnen fertig bin. Mit einem solchen Trottel mag ich auch nicht zusammenarbeiten. Laß Dir's durch den Kopf gehen, mein Herz, und sprich mit ihr! Herzlichst Dein Max
b
(schwere)
8 Marianne Weber verband eine enge Freundschaft mit Else Jaffe, sie nahm großen Anteil an ihrem Schicksal und bemühte sich, bei Max Weber Verständnis für Else Jaffe zu gewinnen. Es war auch Ihre Initiative, die dazu führte, daß Max Weber später, bei der Taufe von Peter Jaffe im Sommer 1909, die Patenschaft für dieses Kind übernahm.
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9. März 1908
Marianne Weber PSt9. März 1908; PSt Nizza Vier Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die vier Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2), 3), 4) bezeichnet. Sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Abbildungen zeigen Ansichten von Monte Carlo und dem Spielsaal Im Kasino. 1)
L. Schnauzel! Wahrlich, ich glaube, das „ Sittengesetz", über das Ihr so viel - und grade jetzt bei E[lse] 1 so viel! - diskutiert, 2 ist doch nur „relativen" Gehaltes. „Wie könnt' ich sonst so wacker schmälen"... 3 wenn Jemand in Monte Carlo Geld gewann, - nun habe ich selbst gegen 1000Fr. (in 15 Min.!) gewonnen! Mir ist etwas verlegen zu Muth - aber wenn Lask das Gebiet des „Alogischen" betritt, 4 warum ich nicht das Gebiet des absolut „Irrationalen"? Schließlich: verdient hätte ich 1000 Fr. für die Schufterei diesen Winter! 5 Und abgeknöpft habe ich sie ja nur der infamen Spielbank! 2) Es ist ja auch eigentlich nicht einzusehen, warum nicht? Gewiß: die Gesellschaft, in der man sich befindet, ist gemein. U m 10 wird das Casino geöffnet, die Professionsspieler stehen Queue u. stürzen im Galopp nach ihren Tischen, um S/izplätze zu erhaschen. Sehr verschie1 Else Jaffe. 2 Marlanne Weber berichtete In ihrem Brief vom 5. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) von einer Einladung bei Else Jaffe, bei der „in einem fort über ,das Sittengesetz' philosophiert" wurde. Auch in ihrem Brief vom 7. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) erwähnt sie „ein Kolleg über das .Sittengesetz'", das Jacob Maria Remigius Eberz bei einer Einladung bei Alfred und Clara Schmld gehalten habe. 3 „Wie könnt' Ich sonst so tapfer schmälen", spricht Gretchen In der Szene am Brunnen in Faust, vgl. Goethes Werke, Weimarer Sophien-Ausgabe, Bd. 14. - Weimar: Hermann Böhlaul 887, S. 181. 4 Gemeint sind die Anteilnahme von Emil Lask am Schicksal von Frida Gross und sein Interesse an den Theorien von Otto Gross. Marianne Weber greift diese Formulierung auf in ihrem Brief an Max Weber vom 12. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), In dem sie schreibt, Emil Lask habe Frida Gross in München besucht und „einen Abstecher Ins Alogische" gemacht. 5 Anspielung auf die Arbelten an Weber, Agrarverhältnisse Im Altertum3.
9. März
1908
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dene Menschen: kalte ruhige Rechner, die sich ihre „Statistik" machen, nach festem Plan jedesmal, wenn es heißt: „faites le jeu", eine Serie Nummern 3 belegen, dann mit festgekniffenem Munde den Gewinn ruhig einstecken b oder den Verlust eingerafft werden sehen - nur die Rothe um die Augen und die eckige Hast der Bewegungen verrathen die innere Spannung; - daneben stille Fanatiker, arme Teufel beiderlei Geschlechts mit wachsgelbem Gesicht u. schlechter Toilette, das Notizbuch in 3) der leise vibrierenden Hand, mit verhaltener Desperation das Schicksal ihrer 5-Francs-Stücke verfolgend; - endlich feiste Roue's mit Doppelkinn, Nackenwulst, großem Schnurrbart und vorgestrecktem Kinn, aus den dicken Säcken um die Augen lungernd, was aus ihren Einsätzen wird, - das sind die Haupttypen der Sitzenden. Dahinter steht das nicht ständige Publikum, welches auch mal sein Glück probiert u. auf die Dauer fast stets verliert. - So ist es auch mir gegangen. Ich konnte es nicht lassen, versuchte es noch ein paar 0 Mal, - die 1000 Fr. sind wieder fortl - Ärgerlich! - nein! ganz gut! Man hätte sich doch vielleicht geniert? Allerdings: nun diese zwecklose Aufregung, - aber es ist doch besser so. 4) Vielleicht hätte ich es besser ganz gelassen? Aber das thun nur Philister u. Leute ohne Schwung! Der Germane hat von jeher gespielt! Ein Kerl der Schwung hat, kann gar nicht passiv bleiben. - Aber ich habe eben keinen Schwung, und so ist das Sittengesetz intakt geblieben, mein Portemonnaie auch, das der Bank auch, u. mein Geld blieb ruhig bei Herrn Exner im Depot, als ich mit der Trambahn hierherfuhr. Staub u. Benzin sind hier die Parole, ohne diese beiden u. ohne dies ekelhafte menschliche Milieu wäre es ein Juwel. Es ist warm und windig, der Schlaf qualitativ u. quantitativ wenig, aber ausreichend. Schönen Dank für's Briefchen! Überarbeite Dich nicht.6 Herzlichst küßt Dich Dein Max a 0 : nummern
b (und)
C 0 : par
6 Gemeint sind die Arbeiten bei der teilweisen Neueinrichtung und Renovierung der Wohnung.
10. März 1908
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Marianne Weber PSt 10. März 1908; PSt Marseille Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Dienstag Nachmittag L. Sehn.! Das Schlendern in Monte Carlo hat den Rücken doch geärgert, er rächte sich durch Versagung des Schlafs bis gegen morgen. Heut ist es sehr stürmisch bei klarer Sonne, u. vom Staub abgesehen ist auch die Luftunruhe dem Kopf unangenehm, so daß ich im Wesentlichen] innerhalb der Stube bei offener Balkontüre liege. - Nun werdet Ihr also schon bei der „positiv-aufbauenden" Arbeit sein u. ich bin auf das Resultat gespannt, - schade daß ich es erst in 7—8 Wochen sehen werde! 1 Du hast Dich doch schon ima ,,W[eißen] Hirsch" 2 angemeldet? Wann gehst Du? Geh doch so bald als möglich, u. nicht erst nach Berlin, liebes Schnäuzel, - unter 6 Wochen hat es keinen Zweck, und j e eher das herum ist, j e eher können wir uns wiedersehen, vielleicht noch am Corner See, oder in Heidelberg, wenn Du dazu Ende April keine Lust mehr hast! Hoffentlich beruhigt sich mein Rücken bis dahin etwas, vorerst wird wohl die eigentliche Erschlaffung [er]stb noch kommen. Laß Dich herzlich küssen von Deinem Max
a (Dresden)
b Lochung.
1 Gemeint ist die Renovierung der Wohnung in Heidelberg. 2 Gemeint ist das Sanatorium Dr. Lahmann im Luftkurort Weißer Hirsch bei Dresden.
11. März
1908
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Marianne Weber P S t 11. M ä r z 1908; P S t B e a u l i e u - s u r - m e r Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
L. Sehn.! Gewiß habe ich Deine so lieben Briefchen 1 u. die Correkturen erhalten u. diese Samstag früh fortgeschickt, sie müssen also Montag Abend in Jena 2 gewesen sein. Hast Du denn meinen Brief von Sonntag, meine Karten aus Monte Carlo und meine Karte von gestern nicht bekommen? D. h. die letztere kannst Du ja noch nicht haben, wohl aber den Brief. 3 Heut war ich in Nizza den Vormittag. Eigentlich wollte ich „auteln" aber es ist zu teuer. 1 Fr. den Kilometer, das bedeutet 4 0 - 50 Fr. für j ede einigermaßen erhebliche Spazierfahrt. Es ist herrliches Wetter, nur etwas zu windig, aber warm wie es bei uns Ende Mai - sein solltel Schlaf (ohne Mittel!) qualitativ u. quantitativ sehr mäßig. Aber vorerst ertrage ich es, u. es muß durchgehalten werden. Ich denke, „Satanas" wird bald wieder von sich hören lassen. - Ich werde 3 an Emily W[eber] schreiben b . 4 |:Aber:| wer ist der Tote? der Sohn von Frau Heini doch hoffentlich nicht? Du schriebst: „Brassert". Das kann doch nicht stimmen, deren Sohn ist ja lang verheirathet. 5 Herzlichen Gruß und Kuß Dein Max
a habe > werde
b geschrieben > schreiben
1 Gemeint sind die Briefe Marianne Webers vom 5. und 7. März 1908, nach denen sich Marianne Weber in ihrer Karte vom 9. März 1908 erkundigte. 2 Weber hatte Druckfahnen der Abhandlung, Agrarverhältnisse im Altertum 3 , an den Verlag Gustav Fischer in Jena gesandt. 3 Gemeint ist der Brief an Marianne Weber vom 8. März 1908, oben, S. 4 4 3 - 4 4 5 . 4 Brief nicht nachgewiesen. 5 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 9. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, Gustav Brassert sei plötzlich gestorben. Sie korrigierte sich im Brief an Max Weber vom 12. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), in dem sie schrieb, der junge Gustav Hein habe sich umgebracht. Es handelte sich um einen Neffen von Emilie Weber, geb. Brassert, die mit Carl Weber, einem Onkel von Marianne Weber, verheiratet war. Vgl. auch Brief an Marianne Weber vom 14. März 1908, unten, S.453.
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13. März 1908
Marianne Weber PSt 13. März 1908; BK Beaulieu-sur-mer Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Der folgende Brief bezieht sich auf einen Brief Marianne Webers vom 10. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), mit dem diese auf den Brief Max Webers vom 8. März 1908, oben, S. 443-445, antwortete. Darin schrieb Marianne Weber: „ Ich denke mir ihre [Else Jaffes] Situation so: da sie schließlich formal ebenso gehandelt hat wie ihre Schwester, fühlt sie sich nicht berechtigt, gerade weil Ihr deren Beziehung zu O[tto] G[ross] furchtbar schmerzlich ist, ihr gegenüber jetzt die Sittenrichterin zu spielen. Sie kann nicht wohl sagen:, Ja bei mir war es eben etwas anderes als bei Dir, da Edgar [Jaffe] einverstanden war etc. - aber Du darfst Deinen Mann nicht betrügen'. Sie selbst und das .Friedele' würden dann ja beide auf gemein .schäbige' Elfersucht bei Else diagnostizieren. E[lse] ist eben In einer schrecklichen psychischen Situation; bei einer anderen, die ihre Nachfolgerin war, das schuldig sprechen zu sollen, was sie selbst getan hat! Sie hat Frieda gesagt, daß sie es ungut finde den Weekley zu hintergehen - aber ,dle Frieda glaubt eben so fest an 0[tto], daß es nichts nützt'. Daß E[lse] noch In demselben Sinne am 0[tto] hängt wie vor einem Jahr, glaube ich nichtdie erotische Leidenschaft Ist doch fort-daß sie sich ihm durch das Kind und alles was war noch gemütlich verbunden fühlt, kann ja wohl - bei ihrem Standpunkt - nicht anders sein? Ferner glaube Ich nicht, daß sie dies Rendez-vous arrangiert hat; das Friedele und der Otto korrespondieren j a - e s kann also von ihnen so gemacht worden sein. Ich hoffe, daß ich noch eine ruhige Stunde mit E[lse] und dann auch das richtige Wort finde. - Daß sie mich auch nur unbewußt, zur .Mitschuldigen' machen möchte, glaube ich nicht - ohne den Zufall wüßten wir ja nichts, und was sie jetzt sagt, scheint mir einfaches Ehrlichkeitsbedürfnis. Wir dürfen Jaffe's nicht fallen lassen, dann würde die Verwirrung Ihrer sittlichen Begriffe noch zunehmen und ich habe das Gefühl, daß Else sehr ernst versucht, wieder zur Klarheit durchzudringen, aber nicht unmittelbar beeinflußt werden möchte."
The Empress Hotel Beaulieu-sur-mer (A.-M.) Freitag früh. Liebes Schnauzel schönsten Dank für Dein Briefchen; 1 ich h[abe] a ja mit E[lse] 2 nur die Besorgnis, daß ihr Handeln immer weitere Consequenzen hat, von Nuance zu Nuance, bis man an e[inem] Punkt steht, wo man nicht mehr mit s kann u. wo sie dann sagen könnte: warum grade hier nicht mehr,
a Lochung. 1 Max Weber bezieht sich auf den Brief von Marianne Weber vom 10. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 2 Else Jaffe.
13. März 1908
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nachdem Du doch alles Andre, Frühere, geschluckt hast? Sie muß es eben doch fertig bringen, - mögen die „Leute" (in diesem Fall: ihre Schwester 3 und Gr[oss]) sagen was sie wollen, - den beiden zu sagen: „Kinder, wenn Ihr Eure Beziehung nicht auf den Boden der Aufrichtigkeit stellen könnt, dann laßt mich u. mein Haus dabei aus dem Spiel." Grade weil sie ja aber nicht an die „Theorie" glaubt, darf sie zur Hintergehung des Herrn W[ee]k[ley] nicht mitwirken, und wie er sich auch gestellt haben mag, - daß er den Fortbestand dieses Verkehrs dieser Art nicht dulden würde, b u. nicht konzedieren wollte, ist klar. Frau Fr[ieda] W[ee]k[ley]'s Aussagen über seine Attitüde sind doch stark von ihrem Interesse beeinflußt! Also: das geht nicht. Es ist auch einerlei, (auch für die strafrechtliche] Seite |:meines Wissens: |), ob dieses Mal „Ehebruch" im striktesten, körperlichsten Sinn vorliegt. Ich war gestern den ganzen Tag an der Küste der Provence, die, weil dicht bewaldet und ohne große Kurorte, viel schöner ist als die Riviera (leider ist aller Wald Privatbesitz!). Wahrscheinlich gehe ich schon nächster Zeit dorthin in eines der kleinen Hotels, schon der Billigkeit wegen (JVi—8Fr. volle Pension), und telegraphiere Dir in diesem Fall die Adresse. Könntest Du mir wohl die ««gebundenen u. ««aufgeschnittenen Sachen von O. Wilde als Drucksache schicken? Und Maeterlinck, „Weisheit und Schicksal"?4 Wenn Du sie leicht findest] Sonst nicht! Herzlichst küßt Dich Dein Max
b (ist klar) 3 Frieda Weekley. 4 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. März 1908, oben, S.439, A n m . 4 und 5.
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13. März 1908
Marianne Weber [13. März 1908; Beaulieu-sur-mer] Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Poststempel nicht lesbar. Datum erschlossen aus dem Inhalt der Karte in Verbindung mit dem Brief an Marianne Weber vom 13. März 1908, In dem Weber zuerst um die Bücher von Wilde und Maeterlinck bittet. Ort erschlossen aus dem Itinerar der Reise Max Webers.
Nochmals, 1. Sehn., nur wenn Du die |:unaufgeschnittenen:| Sachen von 0[scar] Wilde u. Maeterlinck 1 gleich findest, hätte ich sie gern, sonst geht es auch so gut genug. (Aber sie müßten einzeln als Drucksachen frankiert werden.) Nun ist's wohl bald fertig, das neue Schmuckkästchen? 2 Schade, wie lange dauert es, bis ich es sehen werde! Und nun geht's wohl nächster Tage nach Dresden? 3 Sage nur den Doktors Alles, ohne etwas zu vergessen, z.B. auch die beiden Herz-Anfälle nicht! Sie sollen Alles untersuchen, Du bist so jung, da kann Alles in Ordnung gebracht werden u. später kommt uns Das zu Gute! Deine Adresse ist doch einfach: „Weißer Hfirsch] bei Dresden"? - Wie weit wir von einander sind! - Zum letzten Mal hoffentlich! Mir ist in der Sonne ganz wohl, - freilich: eine prinzipielle Änderung des Zustands ist, das fühle ich, vorerst in sehr weitem Felde. Aber ich bin doch - außer nach großen Partien, die ich nun besser lasse, ganz mittelfrei. Das ist immerhin etwas. Herzlichst Küsse Dein Max
1 Vgl. Brief an Marianne Weber vom 13. März 1908, oben, S.451. 2 Gemeint ist die renovierte Wohnung in Heidelberg. 3 Gemeint Ist der Kuraufenthalt im Sanatorium Dr. Lahmann, Weißer Hirsch bei Dresden.
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14. März 1908 Marianne Weber 14. März 1908; Beaulieu-sur-mer Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Beaulieu, A. M. Empreß Hotel 14/3 8 Liebe Schnauzel schönsten Dank für Dein liebes Briefchen. 1 Die Sache mit Georg ist ja wirklich recht erfreulich, ich schreibe ihm bald. 2 Wenn nur Richards3 Nerven es so lange aushalten, bis er auch in „gesetzte" Verhältnisse kommt. Er ist eben doch sehr zart, u. das Rechnen ist eine Kopfmarter 1. Ranges. - Es ist also doch G[ustav] Hein (nicht: „Brassert") gewesen, wie ich vermuthete. 4 Ich schreibe gleich an Emily ein paar 3 Worte. 5 Was mag der Grund sein? Doch wohl der übliche: Geschlechtskrankheit, denn sonst war doch der junge Mann gesund u. wohl? Was hast Du denn aus meinen Karten herausgelesen? 6 Ich hätte fremdes Geld verspielt?? - Pfui Teufel! Dann doch lieber eignes! Gar nichts habe ich doch natürlich verspielt oder gewonnen. - Du traust mir ja schöne Dinge zu nach nun bald 15jähriger „näherer Bekanntschaft", mein Herz, wie gut, daß ich da einmal dahinter komme! Sieh, sieh! Ich werde Dich doch nochmal mit andren Sachen auf die Probe stellen. Ausflüge ins „Alogische" 7 glaubst Du mir ja leider nicht, damit darf ichs also nicht versuchen. a O: par 1 Brief von Marianne Weber an Max Weber vom 12. März 1908. 2 Gemeint ist die Verlobung von Georg Müller, vgl. den Brief an Georg Müller vom 28. März 1908, unten, S . 4 8 5 f . 3 Richard Müller, der zwei Jahre jüngere Bruder von Georg Müller. 4 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 11. März 1908; oben, S.449, Anm. 5. 5 Der Brief an Emilie Weber ist nicht nachgewiesen. 6 In ihrem Brief an Max Weber vom 12. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) antwortete Marianne Weber auf die vier Karten vom 9. März 1908, die Max Weber ihr aus Monte Carlo geschickt hatte. Sie schrieb darin: „Du lieber Schelm: So so Du hast Dein Glück In Monte Carlo probiert, warst aber schlau und riskiertest nur fremdes Gut. Vor dem .Sittengesetz' kann ja diese Eskapade ins Irrationale freilich nicht bestehen, aber da Du im Allgemeinen ein solcher Prachtkerl bist, schadet sie Deiner Seele nicht." 7 Vgl. die erste Karte an Marianne Weber vom 9. März 1908, oben, S.446, Anm. 4.
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14. März 1908
Ich schlafe ohne Mittel, immer „mäßig" nach Qualität u. Quantität, u. bisher ohne eigentlich in jenen Zustand der Schwäche zu gerathen, der sonst dabei eintrat. Das wird wohl bei wiederholten schlechten Nächten noch kommen. Ich versuche also jetzt, in Pardigon Wohnung zu bekommen (Hotel Pardigon, Pardigon, b Dep[ar]t[ement] du Var), u. wenn ich sie bekomme 0 , telegraphiere ich Dir. Aber wohin? Du schreibst nicht, wann Du reisest u. ob nach Dresden oder erst nach Charlottenburg? Wüßte ich Dich nur erst in Dresden! (Welches ist die genaue Adresse? Genügt: „Weißer Hirsch bei Dresden"?) 0 Hier ist stets warmes sonniges6 Wetter bei Tage, Nachts Kühle. Nur die Autos (der Gestank besonders!) sind fast unerträglich! u. ich habe „Cultur", Hotelpaläste u. große Prunkgärten satt u. sehne mich nach sandigem Strand und Fichtenwäldern, wie sie die Provence hat (erinnert an Heia b. Zoppot, 8 - nur ist die See tiefblau u. immergrünes Laub- u. Buschwerk rund umher, auch viel „Macchia" wie in Corsika. 9 )' Hoffentlich komme ich unter. Seit gestern sind endlich die letzten Correkturen 10 erledigt. Gott hab' sie selig! Das mache ich nicht nochmal. Der Rücken mag nicht schreiben, deshalb sei herzlichst geküßt von Deinem Max Hast Du wohl alle meine Karten pp. erhalten? pro Tag eine (außer an einem einzigen Tage).
b Am Briefrand zusätzlich in betont deutlicher Schrift: (Pardigon). me d Klammer fehlt in O. e (Tagewett) f Klammer fehlt in 0 .
c habe > bekom-
8 In Zoppot verbrachten Max und Marianne Weber im Juni 1905 einige Tage. 9 In Korsika waren Max und Marlanne Weber von Ende November 1900 bis Anfang Januar 1901. 10 Gemeint sind die Korrekturen von Weber, Agrarverhältnisse Im Altertum3.
15. März 1908
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Marianne Weber PSt 15. März 1908; PSt Beaulieu-sur-mer Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Sonntag Mittag. Liebster Schnauzel schönsten Dank für Deinen langen Brief, - nun bin ich begierig, wie die Sache sich machen wird, aber sehr einverstanden mit meiner Verpflanzung in den besondren Schweinestall. 1 - Die Geschichte mit der „Idealität" bei dem Ekstatiker 2 geht vielleicht auf Münsterberg3 zurück, der mit diesem Begriff viel Unfug treibt. Ich glaube nicht, daß durch Diskutieren die Sache so leicht zu erledigen ist, dazu sind die Nuancen zu fein, die in Betracht kommen. - Siehst D u wohl, nun hast D u wieder Dich nicht rechtzeitig entschlossen, zu thun, was D u schließlich eben doch thun wolltest, u. wirst ein schlechtes Zimmer bekommen. 4 Bitte, dann aber gieb die Sache auf für dieses Frühjahr, laß sie bis zum Herbst u. komme hierher. Denn das hätte keinen Zweck. Vor Allem: ein ruhiges Zimmer mußt D u haben, sonst fahr bitte gleich wieder fort! 6 Wochen für nichts hätten keinen Zweck. Ich werde Montag wissen, ob ich 1) hier bleibe,
1 Max Weber bezieht sich auf die Verlegung und Neueinrichtung seines Arbeitszimmers, über die Marianne Weber in ihrem Brief vom 13. März 1908 berichtet hatte, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 2 In ihrem Brief vom 13. März 1908 berichtete Marianne Weber von Gesprächen während einer Einladung bei ihr am Vorabend. Jacob Maria Remigius Eberz, der „Ekstatiker", habe die Überzeugung vertreten, ethische Normen müßten, wenn ihr Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit gesichert sein solle, logisch aus dem Begriff des Sittengesetzes deduziert werden. Gefühle, auch der Liebe, seien, da irrational, als ethisches Motiv belanglos. Demgegenüber habe sie betont, ethische Normen seien in ihrer Dignität nicht logisch beweisbar, müßten psychisch erlebt werden und auch Gefühle, z.B. die „Liebe", seien als ethische Pflicht anzuerkennen. Auch Edgar Jaffe hielte ethische Normen nicht für logisch beweisbar und glaube daher auch nicht an die Allgemeingültigkeit ethischer Normen. 3 Vgl. Münsterberg, Hugo, Der Ursprung der Sittlichkeit. - Freiburg: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1889, sowie ders., Philosophie der Werte. - Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1908. 4 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 13. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) berichtet, sie habe auf ihre Anfrage vom Sanatorium Dr. Lahmann die Nachricht erhalten, es sei alles besetzt, doch hoffe man, ihr ein gutes Zimmer reservieren zu können.
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15. März 1908
bleibe, oder 2) nach Pardigon oder 3) nach „le Lavandou" (Lavendelküste) gehe u. telegraphiere eventuell nach Charlottenburg. Grüße einstweilen die Mutter u. Wina5 schönstens. Herzlichst Dein Max 5
5 Alwine (Wina) Müller.
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16. März 1908
Marianne Weber PSt 16. März 1908; PSt Beaulieu-sur-mer Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Le Lavandoua (Dep[ar]t[ement] Var), Hotel Méditerranéeb (von übermorgen ab) Schönsten Dank für Dein Briefchen, lieber Schnauzel, mit den vielen Nachrichten. Die über S[immel] ist sehr traurig, ich kann den Gedanken an ein nicht loyales Verhalten W[indelband]s nicht los werden. 1 Ich habe S[immel] die Sache vorsichtig angedeutet, mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß ich die Quelle nicht nennen könne, also Alles vertraulich sei. 2 - Es ist doch nett, daß Ljask] so offen ist mit Dir, es thut ihm sicher gut, es sein zu können. 3 - Nun bin ich begierig, was die Ärzte zu Dir sagen werden, laß' nur ja Alles gründlich untersuchen, damit wir im Klaren sind, was für Dich gut ist. Ich schlafe vorerst noch immer mittellos (außer wenn ich eine Partie mache, wo ich dann Codein brauche) u. folglich lückenhaft, nicht viel u. qualitativ mäßig, aber immerhin! Von über[morgen] c ab bin ich in der Provence (zwischen Toulon und S l Raphael, östlich von Hyères), begierig, wie es geht. Herzl. Kuß! Max
a Pardigon > Le Lavandou
b Pardigon > Méditerranée
C Lochung.
1 In ihrer Karte an Max Weber vom 14. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) hatte Marianne Weber berichtet, Emil Lask habe von Windelband erfahren, daß Rickert nicht berufen werde, weil man ihn „den Freiburgern nicht wegnehmen könne", Simmel wahrscheinlich auch nicht, da man aus Berlin unbefriedigende Auskünfte über seine Lehrtätigkeit erhalten habe- er solle nur zwei Stunden gelesen haben, auch spräche es nicht für ihn, daß er mit 51 Jahren noch keinen Ruf bekommen habe. Lask habe gemeint, dies solle sie Max Weber mitteilen, damit dieser an Simmel schreiben könne, ohne dabei den Namen Lask zu nennen. Vgl. Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jellinek vom 21. März 1908, unten, S. 467-469. 2 Brief an Georg Simmel nicht nachgewiesen. 3 Marianne Weber hatte in einem Brief an Max Weber vom 14. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) von einem Gespräch mit Emil Lask berichtet, in dem dieser sich über Else Jaffé und Frida und Otto Gross ausgesprochen habe, er wisse „von Frida Gross um alles".
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17. März
1908
Marianne Weber PSt 17. März 1 9 0 8 ; PSt B e a u l i e u - s u r - m e r Karte; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Liebstes Schnauzel gestern war ja eine reiche Ernte mit 2 Briefchen und 1 Karte, 1 hab schönen Dank! Letzte Nacht kam mein Schicksalsgott einmal wieder zu Besuch - ich hatte Tags zuvor etwas viel bei starkem Wind im Freien gelesen. - Das Wetter ist, nach Sturm, jetzt wieder warm und schön. Morgen geht es also nach „Le Lavandou" (Departement] Var), Hotel Méditerranée. Es liegt ganz weltverlassen an der Küstenstraße von Hyères nach S1 Raphaël - Cannes, 20 km etwa östlich von Hyères an einer Bucht mit Pinienwäldern, Pension TA Fr. Ich möchte einmal sehen, ob ich das aushalten kann, wenn ja, so wäre die Ruhe u. die Natur sehr wohlthuend. Aber es ist noch Vi Tag weiter von Euch als Beaulieu u. Du bist nun auch 1 Tag weiter in die Ferne gerückt. 2 Also wirst Du nun ca. 2Tage lang nichts hören. Auf [Deinen] 3 Brief antworte ich von dort. 3 Herzlichst Max
a Lochung. 1 Gemeint sind die Briefe vom 14. und 15. März 1908 und die Karte vom 14. März 1908. 2 Am 16. März 1908 verließ Marianne Weber Heidelberg und fuhr über Berlin in das Sanatorium Dr. Lahmann, Weißer Hirsch bei Dresden. 3 Vgl. den Brief an Marianne Weber vom 19. März 1908, unten, S. 461 - 4 6 4 .
18. März 1908
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Georg Jellinek PSt 18. März 1908; PSt Hyères Karte; eigenhändig BA Koblenz, NI. Georg Jellinek, Nr. 31
Verehrter College u. Freund! Ich habe es bei den Automobilen der Riviera nicht ausgehalten und bin hierher, Le Lavandou (Var), Hotel Méditerranée, entflohen. Geben Sie mir, wenn Sie in Nizza sind, Ihre Adresse, es ist ja erheblich weiter 5 hierher, aber vielleicht könnte man sich einmal mittewegs treffen in le Trayas z.B. oder S l Raphael. Wie lange sind Sie in N[izza]? Ich komme ja später auf der Fahrt nach Florenz durch. Herzlichen Gruß Ihres Max Weber
460
18. März 1908
Marianne Weber PSt 18. März 1908; Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Le Lavandou (Var) Hotel Méditerranée Lieber Schnauzel, nun bin ich also glücklich hier. E[in] kleines Fischerdorf, an e[iner] schönen sanften Bucht, im Sommer Badestrand, sehr schön warm in der Sonne gelegen, keine Automobile, sondern nur das Rauschen des Meeres, welches dicht bis an das Hotel reicht, nur Franzosen als Kurgäste (etwas viel Kinder, das ist der einzige dunkle Punkt), im Ganzen ca. 25, provençalische Kost (Safran etc.), hoffentlich Nachtruhe, Pinien, Korkeichen etc. an den Abhängen der sanften Küste, kurz: Natur statt der Cultur der Riviera. Wollen sehen, wie es thut! Jetzt also bist Du in Charlottenburg u. morgen in Dresden. - So weit sind wir noch nie getrennt gewesen, glaube ich, hier fährt nur ein Sekundärbähnchen her u. die Post wird also drei Tage unterwegs sein. Vielleicht bekommst Du dies also erst zu unsrem Verlobungstag? 1 Nun, dann fang die zweiten 15 Jahre mutig und gut an, es war doch, von Sturm und Sonnenschein bewegt, ein reiches Leben, was wir führten, wenigstens für mich. - Jellinek werde ich nun wohl nicht sehen, es ist zu weit von hier nach Nizza. 2 Herzlichst küßt Dich Dein Max
1 Am 23. März 1893 hatten sich Marianne und Max Weber verlobt. 2 Vgl. Karte an Georg Jellinek vom 18. März 1908, oben, S. 459.
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Marianne Weber 19. März 1908; Le Lavandou Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, DeponatBSB München, Ana 446 Der folgende Brief bezieht sich auf einen Brief Marianne Webers vom 15. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), mit dem diese auf den Brief Max Webers vom 13. März 1908, oben, S. 450f., antwortete. Darin berichtete Marianne Weber über ihr Gespräch mit Else Jaffé vom Vortage. Auch diese halte die Beziehung zwischen ihrer Schwester, Frieda Weekley, und Otto Gross für unsittlich und habe dies auch jetzt wieder sehr eindringlich beiden gegenüber gesagt. Ihre Schwester sei nun fest entschlossen, ihrem Mann das Verhältnis zu offenbaren, auch wenn sie vor dessen Wut große Angst habe. Otto Gross habe ihr gesagt, wenn sie diese Situation nicht ertragen könne, „dann muß eben unsere Beziehung überhaupt aufhören, eine bloß platonische Beziehung ist solange ein erotisches Gefühl besteht .schmutzig'. " „ Das Ausleben des Erotischen bzw. Sexuellen in einer Beziehung erscheine ihm deshalb nötig, damit nach Abreagieren der Spannung Platz sei für die reine Kameradschaft und Freundschaft." Sie habe nochmals beteuert, das Rendezvous weder gewollt noch arrangiert zu haben. „Hättest Du gestern einen persönlichen Eindruck von Else gehabt, so würdest Du, glaube ich, ganz sicher sein, daß ihr eigenes Verhältnis zum Otto jetzt völlig asexuell und unerotisch ist. Sie spricht von ihm wie von einem lieben Kranken, dem man aufgrund seiner Krankheit manches zugute halten muß, oder fast nur wie von einem Verstorbenen." Sie sagt: „Er weiß, daß ich ihm nicht nach kann in seinen Ideen, aber von mir ist es ihm jetzt egal." „Ganz überzeugt ist sie von seiner absoluten bonafides und .Reinheit', er sei wirklich ohne sinnliche Bedürfnisse, alles was er tue sei nur Ausfluß seiner Theorie, Probe aufs Exempel, die ihm, wie sie positiv wisse, oft bei seinen Patientinnen recht sauer werde. Das Wunderbare sei, daß er an die angeborene völlige Reinheit und Güte der Menschen glaube und alle Schlechtigkeit nur für Komplexe und Unglück halte."
Le Lavandou (Var) Hotel Méditerranée Donnerstag 19. 3. 8. Ich habe mich in der Zeit geirrt, Liebstes, und denke, daß doch noch 3 5 diese Zeilen Dich an unsrem Verlobungstage 1 (oder sogar vorher) erreichen. Also nochmal: erhalte mir Deine zarte Liebe und werde mir immer stärker und fröhlicher in den nächsten 15 Jahren, - die uns hoffentlich ebensoviel Schönes und weniger Saures bringen als die letzten.
a erst > noch 1 Der Verlobungstag war der 23. März.
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Das war recht und tapfer, daß Du mit E[lse]2 gesprochen hast. Wir müssen ja ängstlich selbst den Schein meiden, als wollten wir ihr Leben wie ein griechischer Chor |:mit Commentaren oder, so zu sagen,:| mit „ethischen" Fußnoten versehen, - aber wenigstens dies eine Mal mußte es geschehen um der Aufrichtigkeit willen. - Das Entscheidende sieht sie, bei all ihrer großen Wahrheit gegen sich selbst, ja nicht-, es ist formalistisch, wenn sie sagt, sie könne ihrer Schwester 3 nichtb „das Haus verbieten". Sie müßte um ihrer Kinder willen jede Möglichkeit, in diese, nach ihrer eignen Ansicht, gänzlich unsittliche Sache hineingezogen zu werden, schlechterdings abweisen, - ihre Schwester und 0[tto] Grfoss] können sich andre Orte des Zusammentreffens auswählen. Es ist Schwäche, daß sie das nicht fertig bringt, und sie gefährdet dadurch nicht nur sich. Aber hier scheint die Grenze ihres Könnens, - und rein menschlich kann man es ja verstehen, wenn es auch sehr verkehrt und nicht0 verantwortungsvoll ist. Daß jetzt die Schwester, anstatt diese (auch im Fall der Aufrichtigkeit) würdelose Beziehung, d an der d nur sie, nicht 0[tto] Gr[oss] hängt (das sieht man ja) 4 aufzugeben, dem Manne „beichten" will, verbessert die Sache etwas, aber nicht viel. Und die „Vertiefung" ist recht problematisch. Eine Frau, die eine starke |:geheime: | Neigung in sich trägt, erscheint stets „vertieft" (cf. Hänschen v. Schulze-Gävfernitz] 5 s. Zeit mir), ist es aber nicht immer. - Es ist doch ein mächtiges Netz ganz gröblicher Selbsttäuschungen, in welches all diese Leute eingesponnen sind, und die „ästhetische" Sublimierung führt nur dazu, ihnen den Thatbestand zu verhüllen. b O: nicht nicht
c Fehlt in O; nicht sinngemäß ergänzt,
d denn > an der
2 Marianne Weber berichtete in ihrem Brief vom 15. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) von einem Gespräch mit Else Jaffe vom Vortag, das zu führen Max Weber in seinem Brief vom 8. März 1908, oben, S. 444f., ihr nahegelegt hatte. 3 Frieda Weekley. 4 Vgl. die in der Editorischen Vorbemerkung wiedergegebene Bemerkung von Otto Gross. 5 Max Weber greift eine Bemerkung Marianne Webers auf, Else Jaffe habe ihr gesagt, Frieda Weekley erscheine ihr „vertieft", vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 8. März 1908, oben, S.443. Die Bezugnahme auf Johanna von Schulze-Gaevernitz, geb. Hirsch, wurde ausgelöst durch einen Brief von Marianne Weber vom 10. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), in dem diese von einem Besuch bei Frau Hirsch in Mannheim berichtet hatte, wobei auch über „Hänschen und Schulze" gesprochen worden sei. Johanna Hirsch hatte in Freiburg Gerhart von SchulzeGaevernitz, den dortigen Nationalökonomen und seinerzeitigen Kollegen Max Webers, geheiratet.
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0[tto] Gr[oss] habe „keine sinnlichen Bedürfnisse", 6 - ja: jeder auf diesem Gebiet psychologisch Erfahrene braucht nur die schöne Äußerung von der „Schmutzigkeit" unausgelebter Erotik zu hören, um genau zu wissen, woran er ist, d. h. welcher Qualität die Erotik von Gr[oss] ist, und wie tief ihr seelisches Niveau! Darüber darf das Gegengewicht, welches der Fanatismus bietet, um sie nicht ins rein Bocksmäßige umschlagen zu lassen, nicht täuschen. Zwei Gifte halten sich hier die Wage, - aber wenn denn einmal das „ f/nierbe wüßt sein" maßgebend sein soll für die Bewertung, dann könnte es vor demjenigen von 0[tto] Gr[oss] auch „einer Sau grausen", 7 darüber besteht keinerlei Zweifel, und daran ändern auch die angeblichen „Opfer" nichts, die vielmehr nur den Verlust der Unterschiedsempfindlichkeit darthun, und mit der physischen Malpropretät zusammen, wie jeder Psychiater bestätigen muß, das wichtigste Symptom psychischer Degeneration sind. Noch nie hat „Theorie" oder „Wille" wirkliche physische Antipathie erotisch überwunden. Frfida] Gr[oss] ist ganz gewiß nicht, als Gesammipersönlichkeit, „unsittlich". 8 Gewiß giebt es „Todsünden", von denen selten ein Mensch sich wieder erhebt. Aber so liegt es doch bei ihr nicht. Losgerissen von den Wurzeln sittlich klaren Handelns, braucht sie, wie Else, alle ihre Anstrengung damit auf, sich nun, wurzellos, über Wasser zu halten, „fein" zu bleiben, sich zu behaupten gegen die Folgen ihrer Schuld. Das adelt beide, unzweifelhaft, - wie überhaupt ein Mensch, der daran arbeitet, stärker zu werden als seine Sünde, reiner ist als ein korrekter „Gerechter". Aber letzten Endes ist ihr \:(Fr[ida]'s):\ sexuelles Handeln doch ein Akt der Behauptung ihrer Se/Zwiachtung angesichts der Frei-
6 Vgl. die Mitteilung Marlanne Webers in der Edltorischen Vorbemerkung zu diesem Brief. 7 Anspielung auf die Mitteilung von Marianne Weber, Else Jaffe habe erzählt, Otto Gross habe gesagt, „vor den ästhetisch differenzierten Beziehungen von Tante Sophie [Riehl, einer Tante von Frida Gross] könnt schon einer Sau grausen". 8 Max Weber bezieht sich auf den Brief von Marianne Weber vom 14. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), In dem diese von einem Gespräch mit Emil Lask berichtete. Dieser war gerade von einem Besuch bei Frida Gross In München nach Heidelberg zurückgekommen und habe gesagt: „Aber Frida Gross als .unsittlich' zu bezeichnen sei Ihm einfach unmöglich, denn die Gesinnung In der man handle sei doch das Entscheidende, und wenn jemand kein Bewußtsein eines Unrechts habe, dann handle er auch nicht unsittlich. Das sei sogar Rickerts Ansicht. Das Erlebnis, daß jemand wie Frida Gross sexuell normwidrig handle und dennoch von solcher Reinheit und Inneren Schönheit sei, habe auf Ihn ganz ungeheuer mächtig gewirkt."
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heit, die sich der Mann nahm, mag sie sich dies auch nicht eingestehen. Und welche Verantwortung lud sie auf sich, indem sie sich an der Verführung (denn um eine feine Form der V[erführung] handelte es sich doch!) von E[lse] und Fr[ieda] beteiligte. Das war wiederum Folge ihres eignen Thuns, Folge der Attitüde, in die sie sich in ihrer Ehe hineinbegeben hatte: E[lse] und Fr[ieda] sollten so handeln, wie sie selbst, Complicinnen sein. 9 Das ist das uneingestandene Motiv. Sie konnte nicht anders, das ist klar. Aber das ist doch Folge ihrer Schwäche, ihres normwidrigen Thuns. Und wenn sie für sich u. ihren Mann in Anspruch nimmt, daß sie selbst kein erotisches Bedürfnis hätten, - ist etwa eine Hingabe ohne den Zwang der Liebe nicht „schmutzig"? - Die „Theorie" kommt überall in die Bruchrechnung hinein, wie immer sie sich selbst interpretieren möge. - Genug für heute. Hier ist es „ländlich", - „c'est la campagne". Von meinem Fenster aus sieht man |:nach Süden: | über einen kleinen Zitronengarten, einige Remisen u. dgl. nach rechts zu auf eine® sumpfige Niederung, zwischen dem Hauptstock des „Maurengebirges" (Chaine des Maures, im frühen Mittelalter sarrazenischer Stützpunkt) und einer niedrigen Kette sanfter Höhen, die von West nach Ost zu sich in das von links her in großer Bucht vordrängende Meer erstreckt. Jenseits der Bucht liegen die tles d'Hyeres. Geht man am Meer entlang und legt sich in den kiesigen Sand der Küste an die (nur wenige Fuß hohen) „Dünen", dann sieht man weit an der Bergküste entlang, lauter sanfte Linien. Wirklich alter Baumbestand ist, für meine Fähigkeiten, etwas weit entfernt, darin wäre es in Pardigon, wohin ich eigentlich wollte (aber nicht rechtzeitig Nachricht bekam) schöner gewesen. Die Gegend ist unprätentiös, einfach, aber doch sehr reizvoll, und die Sonne am fast immer blauen Himmel schön warm. Zimmer leidlich, Bett gut, Nachbarschaft: Kinder, die um 8 ins Bett gehen, wie ich auch. Und es ist ein Unterschied, ob am Tage 3—4 Automobile vorbeischnaufen, wie hier, oder 3—400, wie in Beaulieu. Nun bin ich auf Nachrichten aus dem „Weißen Hirsch" sehr gespannt. Laß Dich umarmen von Deinem getreuen Max e die > eine 9 Frida Gross, geb. Schloffer, Else Jaffe, geb. von Richthofen, und Frieda Weekley, geb. von Richthofen, kannten sich aus ihrer Jugendzeit in Freiburg. Sie besuchten nacheinander das Mädchenpensionat „Haus Eichberg" im Schwarzwald. Else von Richthofen kam über den Onkel von Frida Schloffer, den Freiburger Philosophen Alois Riehl, in Kontakt mit Marlanne Weber. Vgl. Green, Martin, The von Richthofen S i s t e r s . - New York: Basic Books 1974, S. 32, und Lucas, Robert, Frieda von Richthofen.-München: Kindler 1972, S.25.
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Marianne Weber PSt 20. März 1908; PSt Le Lavandou Drei Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die drei Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2), 3) bezeichnet; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Abbildungen zeigen Ansichten von Le Lavandou mit eigenhändigen Kennzeichnungen des Hotels, in dem Max Weber wohnte.
1) Liebes Schnauzel, schönen Dank für Dein Briefchen (von Montag früh), - so tragisch habe ich aber Dein Kärtchen nicht genommen! Was denkst Du denn? 1 - Nun bist D u also seit gestern im ,,W[eißen] H[irsch]" u. ich bin sehr gespannt, was die Onkel Dr. 's sagen werden u. vor Allem, was sie für gut für Dich halten werden. Nun, das wird sich wohl erst nach einigen Wochen herausstellen. Wenn D u nur ein ruhiges Zimmer bekommen hast! 2) Ich machte gestern einen weiten Gang die Küste entlang bis zum Nachbarort, wo man unter alten Pinien am Meer liegen kann, was hier so nahe nicht der Fall ist. Das Gehen ärgert aber meine Dämonen immer sehr, - ich muß dann immer mit etwas Codein ihnen den ,,Mund"(!) stopfen. Nachmittags kam Regen u. heut ist schwüle Wärme, nachdem des Nachts das Meer so gewaltig getobt hatte, daß ich nichts von meinen Zimmernachbarn hörte. Heut halte ich mich ruhig.
1 Max Weber bezieht sich auf die Korrespondenz mit Marianne Weber über seinen Besuch im Spielkasino in Monte Carlo, vgl. Karten an Marlanne Weber vom 9. März 1908, oben, S.446f., Brief an Marlanne Weber vom 14. März 1908, oben, S.453, Anm. 6. Auf diesen Brief hatte Marianne Weber am 16. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geantwortet: „Ich habe Deine Monte Carlo Karten ja natürlich ganz richtig verstanden und nach 3 Karten Spannung sagtest Du ja, daß Du mich nur geneckt hast, Du lieber Schelm. Und die tiefe symbolische Bedeutung Deiner Kasuistik mußte doch auch jedem Rindvieh gleich klar sein. Ich habe Dich halt auch foppen wollen und habe sozusagen etwa ä la Else [Jaffe] mit Dir geredet."
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3) Das Publikum ist rein französisch, und obwohl man an gemeinsamer Tafel sitzt, kümmert sich kein Mensch um den andren, - mir ganz bequem. Für den gezahlten Preis ist man wirklich erstaunlich gut verpflegt, - ich habe mich dem Diner wieder entzogen u. nehme Abends 5 nur Cacao und Käse, aber auch so ist man fast zu reichlich genährt. Schade eigentlich, daß ich nicht in der proven§alischen Küche (Mittelding zwischen italienischer u. spanischer!) u. in den großen Weinkaraffen schwelgen kann. - Laß Dir's in der ungewohnten Situation recht gut gehen und denke an Deinen Dich umarmenden 10 Max
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Georg Jellinek 21. März 1908; BK Le Lavandou Brief; eigenhändig BA Koblenz, Ni. Georg Jellinek, Nr. 31 In diesem Brief sowie in der folgenden Korrespondenz mit Heinrich Rickert und Ferdinand Tönnies geht es um das Problem der Neubesetzung des zweiten Lehrstuhls für Philosophie an der Universität Heidelberg, welcher nach der Emeritierung Kuno Fischers 1906 freigeworden war. In den Berufungsvorschlägen der philosophischen Fakultät vom 17. Februar 1908, die vom Dekan Karl Hampe unterzeichnet, aber von Wilhelm Windelband verfaßt waren, wurden als einzige Kandidaten Heinrich Rickert an erster Stelle sowie Georg Simmel an zweiter Stelle angeführt. Webers Kenntnisse des Gutachtens gehen vermutlich auf Mitteilungen von Emil Lask (siehe die Karte an Marianne Weber vom 16. März 1908, oben, S. 457) sowie von Georg Jellinek (siehe die Karte an Marianne Weber vom 21. März 1908, unten, S. 473) zurück; angesichts der massiven Kritik Webers an den Berufungsvorschlägen werden hier die wesentlichen Passagen des Gutachtens mitgeteilt: „[Die philosophische Fakultät] hat sich dabei durch eine Anzahl prinzipieller Erwägungen über die Zweckmäßigkeit der Doppelbesetzung eines Faches wie die Philosophie leiten lassen. Eine solche Doppelbesetzung erscheint wünschenswert^, wenn einerseits zwischen den beiden Vertretern hinsichtlich der Grundauffassung ihrer Aufgabe so viel Übereinstimmung besteht, daß die einheitliche Wucht der didaktischen Wirkung durch die Zweiteilung nicht gefährdet wird, und wenn anderseits durch die ausgesprochene Eigenart beider Persönlichkeiten ein Verhältnis fruchtbarer Ergänzung zu erwarten ist. Fehlt die erste Bedingung, so ist die Doppelbesetzung schädlich, fehlt die zweite, so ist sie unnötig. Aus diesen Gründen ist die Fakultät der Meinung, daß die zweite Professur In der Weise besetzt werden sollte, daß zwischen dem neu zu Berufenden und dem gegenwärtigen Inhaber des andern Ordinariats kein ausdrücklicher Gegensatz in den prinzipiellen Auffassungen obwalte, und daß zweitens die Wahl, den philosophischen Traditionen Heidelbergs entsprechend, nur auf eine markante und eigenartige, durch selbständige Leistungen charakteristisch hervortretende Persönlichkeit falle. Aus diesen Voraussetzungen ergab sich freilich eine sachlich gebotene Einschränkung der Vorschlagsmöglichkeiten. In erster Linie richtet die Fakultät ihren Blick auf den ordentlichen Professor D'Heinrich Rickert, den Lehrer der Philosophie an der Universität Freiburg. Sie hat dabei nicht nötig, die persönlichen Vorzüge, die literarischen Leistungen und die akademischen Erfolge des dem Großherzoglichen Ministerium wohlbekannten Mannes im Einzelnen aufzuzählen: sie hebt deshalb nur das entscheidende Moment hervor: Rickert's Buch über die Grenzen der Naturwissenschaftlichen Begriffsbildung steht anerkannt im Vordergrund der logisch-methodologischen und erkenntnistheoretischen Bewegung der Gegenwart als ein von Freund und Feind gleich hochgestelltes Werk. Seine prinzipiellen Grundlagen treffen mit den von Professor Windelband vertretenen Überzeugungen zusammen; aber Rickert hat seine Lehre In völlig selbständiger, weit umfassender Weise ausgeführt und ist dabei z.T. zu anderen Ergebnissen gelangt. Dabei würde sich bei seinem vorwiegend theoretischen Interesse die Lehrtätigkeit zwischen den beiden Ordinarien auf das glücklichste verteilen und ergänzen, und Heldelberg würde eine geschlossene und einheitliche, dabei doch in sich differenzierte und mannigfache Schulwirkung in der Philosophie zu erzielen vermögen, die im Interesse der Universität ebenso wie in dem der Wissenschaft lebhaft zu wünschen wäre. Jedenfalls wäre unter den gegenwärtigen Verhältnissen der Gewinn Rickerts der beste Weg, um die Im Eingange dargestellten Bedingungen für eine ersprießliche und wirkungsvolle Einheitlichkeit der philosophischen Lehre an unserer Universität herbei-
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zuführen. Deshalb hält es die Fakultät für ihre Pflicht, diesen Wunsch zum Ausdruck zu bringen, wenn sie sich auch der Schwierigkeiten wohl bewußt ist, die seiner Erfüllung im Wege stehen. Sollten diese Schwierigkeiten unüberwindlich sein, so empfiehlt die Fakultät der Großherzoglichen Regierung die Berufung des außerordentlichen Professors an der Berliner Universität D' Georg Simmel. Im fünfzigsten Jahre stehend, ist Simmel in der mittleren Generation der gegenwärtigen akademischen Lehrer der Philosophie entschieden die eigenartigste Erscheinung. Man kann ihn keiner der allgemeinen .Richtungen' zurechnen; er ist von jeher seinen eigenen Weg gegangen, zunächst mit äußerst scharfsinniger, aber wesentlich negativer und einreißender Kritik in seiner zweibändigen .Einleitung In die Moralwissenschaft', dann mit immer tieferer umfassenderer Bearbeitung der philosophischen Gesellschaftswissenschaft. Mit den methodologischen Fragen hatte er sich in den feinsinnigen .Problemen der Geschichtsphilosophie' (2. Aufl. 1905) auseinandergesetzt, die vielfache Berührungen mit den Wlndelband-Rickert'schen Auffassungen zeigen: aber seine Hauptwirksamkeit liegt In den sociologlschen Arbelten, die überall eine ungewöhnliche Beherrschung des den verschiedensten Wissenschaften angehörlgen Forschungsmaterials und eine philosophische Durchdringung dieses reichen Stoffs zeigen, so die .Untersuchungen über sociale Differenzierung' (1890), so das geistvolle Buch über die .Philosophie des Geldes' (1900), so alle die kleineren Abhandlungen, die sämtlich als Vorarbeiten für das zusammenfassende Hauptwerk zu gelten haben, an dem er jetzt arbeitet. Für den Fall, daß keiner dieser beiden Gelehrten zu gewinnen wäre, schiene es der Fakultät mit Rücksicht auf die im Eingang vorgetragenen Erwägungen richtig, für jetzt auf die Wiederbesetzung der Professur zu verzichten und zu geeigneter Zeit andere Vorschläge dafür zu machen." GLA Karlsruhe, 235/3134. Nach den uns vorliegenden Dokumenten scheint das unten wiedergegebene Schreiben von Dietrich Schäfer an Franz Böhm vom 26. Februar 1908 für die ablehnende Haltung des badischen Kultusministeriums betr. die Berufung Simmeis nach Heidelberg ausschlaggebend gewesen zu sein. Die an sich naheliegende Annahme Webers und Simmeis, daß der Leiter der Hochschulabteilung Im preußischen Kultusministerium Ludwig Elster ein negatives Gutachten über Simmel erstattet habe, läßt sich anhand der vorhandenen Quellen nicht verifizieren: Die Korrespondenz ElsterBöhm (GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz. 19), Elster-Althoff (ZStA Merseburg, Nl. Friedrich Althoff, B, Nr. 35), sowie Böhm-Althoff (ebd., B, Nr. 14, Bd.1) enthält nicht den geringsten Hinwels auf diesen Berufungsvorgang. Das einzige Dokument im Nl. Böhm ist der oben erwähnte Brief von Dietrich Schäfer. Ein weiteres Indiz für die Bedeutung dieses Briefes findet sich In einem Schreiben von Franz Böhm an den badischen Kultusminister Alexander Frhr. v. Dusch vom 16. September 1908 (GLA Karlsruhe, Nl. v. Dusch, Nr. 16): „In Lübeck werde ich Professor Dietrich Schäfer treffen und ihn wegen des Professors Simmel ausführlich sprechen. Auf dem Phliosophenkongreß hat man mich sehr bestürmt und Simmel sehr gelobt". Der Brief Schäfers an Böhm vom 26. Februar 1908 hat folgenden Wortlaut: „ Über Prof. Simmel will Ich offen meine Meinung sagen, wie Sie es ja auch erwarten werden. Ob Prof. Simmel getauft Ist oder nicht, weiß ich nicht, habe es auch nicht erfragen wollen. Er ist aber Israelit durch und durch, in seiner äußeren Erscheinung, in seinem Auftreten und seiner Geistesart. Möglicherweise hat das seine Berufung nach auswärts und sein Fortkommen hier gehindert (er soll nur einmal in Wien vorübergehend in Frage gekommen sein); man braucht das aber zur Erklärung nicht heranzuziehen. Denn seine akademischen und litterarischen Verdienste und Erfolge sind sehr bedingt und begrenzt. Er erfreut sich guter Zuhörerzahlen. Aber er hat seit langem die Gewohnheit, zweistündige Vorlesungen zu halten, die In Berlin stets auf guten Zuspruch rechnen können. Er spricht überaus langsam, tropfenweise und bietet so wenig Stoff, aber knapp, abgerundet und fertig. Das wird von gewissen Hörerkreisen, die hier in Berlin
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zahlreich vertreten sind, geschätzt. Dazu würzt er seine Worte mit Pointen. Seine Hörerschaft setzt sich dementsprechend zusammen. Die Damen bilden ein selbst für Berlin starkes Kontingent. Im Übrigen ist die orientalische Welt, die seßhaft gewordene und die alisemesteriich aus den östlichen Ländern zuströmende, überaus stark vertreten. Seine ganze Art ist ihrer Richtung, ihrem Geschmack entsprechend. Allzuviel Positives wird aus den Vorlesungen nicht hinweggenommen; aber mancherlei prikkelnde Anregung und vorübergehenden geistigen Genuß läßt man sich gern bieten. Dazu kommt, daß der ganz- oder halb- oder phiiosemitische Dozent an einer Universität, in welcher die entsprechende Hörerschaft mehrere Tausend zählt, bei dem Zusammenhang, der in diesen Kreisen besteht, unter allen Umständen einen ergiebigen Boden findet. Ich kann mir nicht denken, daß die Universität Heidelberg eine besondere Förderung erfährt, wenn man diese Art ihren Hörsälen zuführt. Ich kann überhaupt nicht glauben, daß man Heidelberg hebt, wenn man den von Simmel vertretenen Lebens- und Weltanschauungen, die sich von unserer deutschen christlich-klassischen Bildung ja deutlich genug abheben, einen noch breiteren Raum gewährt, als sie ohnehin schon im Lehrkörper haben. Ich glaube, daß die Beimischung, die für gedeihliche Entwickelung erwünscht sein kann, erreicht ist. Richtungen, die mehr zersetzend und negirend als grundlegend und aufbauend sind, haben doch nur ihre begrenzte Berechtigung in einer Zeit, die geneigt ist, alles ins Wanken zu bringen und nicht nur immer aus Forschungseifer, sondern auch aus Sensationslust. Simmel verdankt seinen Ruf wesentlich seiner .soziologischen' Betätigung. Ihretwegen ist die Charakterisirung als Professor für ihn beantragt worden, hauptsächlich auf Grund von Schmollers Eintreten, der ja auf Neuerungen so bereitwillig eingeht. Nach meiner Auffassung soll sich aber die Soziologie ihre Stellung als Wissenschaft noch erst erstreiten. Die .Gesellschaft' als maßgebendes Organ für menschliches Zusammenleben an die Stelle von Staat und Kirche setzen zu wollen, ist nach meiner Meinung ein verhängnisvoller Irrtum. Diese Richtung schon jetzt offiziell einzubürgern, zumal an einer Universität, die eine Bedeutung hat für Staat und Reich wie Heidelberg für Baden und Deutschland, würde mir nicht richtig erscheinen, und gar noch durch eine Persönlichkeit, die mehr durch geistreiche und geistreichelnde Art als durch starkes und zusammenhängendes Denken wirkt. Ich kann auch nicht finden, daß man aus Simmeis Schriften (soweit sie mir bekannt geworden sind) viel Bleibendes hinwegnimmt. Das Geistesleben der Großstädte kann man kaum dürftiger und einseitiger behandeln, als er es in dem betreffenden für die Gehe-Stiftung in Dresden gehaltenen Vortrag getan hat. Ich glaube, es gäbe erwünschtere und leistungsfähigere zweite Vertreter der Philosophie für Heidelberg, als Simmel sein würde." GLA Karlsruhe, NI. Franz Böhm Fasz. 439. a
Le Lavandou (Var)a21l3 8 Grand Hôtel de la Méditerranée
Verehrter Freund! Als ich |:s. Z.:| den näheren Inhalt des Windelband'schen Berichts erfuhr, wollte ich eigentlich Simmel gleich schreiben, er solle sich keine Hoffnung machen. Ich unterließ es und werde auch künftig nie ihm 5 davon etwas sagen, - wozu einem verbitterten Mann den Glauben an W[indelband]'s Loyalität, den er hat, und an dem er sich freut, erschüta O: zweifach unterstrichen
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tern? Ich aber kann nur Folgendes sagen: wenn heut in einem Bericht ein Gelehrter als „zersetzend" bezeichnet wird, so weiß jeder - auch Windelband - daß kein deutsches Ministerium ihn beruft, und wenn ein so weltkluger Mann wie W[indelband] das in seinen Bericht schreibt, so weiß jeder - auch er selbst - was er damit bezweckt. 1 Die widerliche C/nmännlichkeit, seinen Wunsch, der Einzige zu bleiben (den er Tröltsch gegenüber privatim ja offen aussprach) nicht offen zu vertreten, sondern den Anschein zu erregen, als habe er „das Seinige gethan", das ist es, was an diesem Vorgang das Unverzeihliche ist und ich hoffe nicht der Einzige zu bleiben, der ihm gegenüber daraus die Consequenzen zieht. Simmel habe ich - da ich aus andrer Quelle unmittelbar vor Ihrem Brief das Gleiche hörte, geschrieben, daß eine Einwirkung von Berlin her zu seinen Ungunsten die Situation verschoben, b wenn auch nicht aussichtslos gemacht habe 2 (Eine solche0 Beeinflussung von Berlin aus Dilthey? Riehl? Elster? - soll stattgefunden haben; ich habe S[immel] geschrieben, daß m. E. kein Gelehrter, sondern ein Regierungsmann der Urheber sein müsse - was ich auch glaube). 3 Ich meinerseits betrachte die Affaire als, zu Windelbands Gunsten, erledigt... Ich erhalte soeben von S[immel] eine resignierte Antwort. 4 Er nimmt an d , daß sein angeblich „zersetzender" 6 Einfluß das Karnickel sei; ich werde mich hüten, ihm anzudeuten, wie Recht er damit hat und wie gut Windelband gerechnet h a t . . . Sie kommen erst am 1. April? Gut, dann werde ich Sie, wenn irgend möglich, etwa am 9. oder 10. besuchen, falls ich zu Lande nach Florenz reise u. nicht (was schneller geht) zur See via Marseille - Livorno. Jedenfalls herzlichen Gruß und gute Reise! Ihr Max Weber b (um)
c (Unter)
d ((u. hat Recht damit)
e (That)
1 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung. 2 Der Brief an Georg Simmel ist nicht nachgewiesen. 3 Vgl. dazu jedoch die Editorische Vorbemerkung zu diesem Briefe. 4 Wahrscheinlich handelt es sich um den Brief Georg Simmeis vom 18. März 1908: „Was Sie mir schreiben, hat mich nach einer neulichen Andeutung Jelllneks (die freilich, was den Enderfolg betrifft, viel optimistischer war) nicht überrascht. In Kürze nur dies darüber: in gewissen Kreisen besteht die Vorstellung, daß Ich ein ausschließlich kritischer, ja destruktiver Geist bin und daß meine Vorlesungen nur zur Negation anleiten. Vielleicht brauche ich Ihnen nicht zu sagen, daß das eine scheußliche Unwahrheit ist." Abgedruckt in: Gassen, Kurt, und Landmann, Michael (Hg.), Buch des Dankes an Georg Simmel. Briefe, Erinnerungen, Bibliographie. - Berlin: Duncker & Humblot 1958, S. 127.
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Heinrich Rickert 21. März 1908; BK Le Lavandou Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr. 25, Bl. 2 8 - 2 9
Le Lavandou (Var)21.3. 8. Grand Hôtel de la Méditerranée
Lieber Rickert! Windelband hat also richtig - indem er in seinem Bericht von Simmeis „|:ethisch:| zersetzendem" Wesen sprach, durchgesetzt, daß er nicht berufen wird, trotzdem Böhm für ihn eintritt (und weiter eintreten wird). 1 Daß man Sie nicht berufen will - wie zu erwarten - wird er Ihnen wohl |:selbst:| mitgeteilt haben. Ich halte die Sache, - damit aber (für mich) auch W[indelband] - für erledigt... leider auch, für Sie Beide, für alle Zukunft, denn noch einmal folgt die Fakultät, nach dieser Leistung unmännlicher Hinterhältigkeit, W[indelband] nicht, darauf kann er Gift nehmen. - Genug davon. Wie ist es denn mit Ihrem ev. Gehen nach dem Süden? Ich werde mich gegen Mitte April (10ten etwa) in Florenz einfinden u. später meine Mutter da treffen. Haben Sie definitiv den Gedanken an eine Südreise aufgegeben? Z . Z . ist es ja kalt, - nur hier nicht, - aber das kann sich doch schnell ändern. Falls Sie fahren, so geben Sie mir doch von Ihrer Adresse in Fl[orenz] hierher Nachricht, nicht wahr? Ich scheine die Mittel loszuwerden, - aber sonst geht es mir freilich nicht grade sehr nach Wunsch. Ich bin begierig, wann ich einmal wieder werde ^wenigstens soviel: | arbeiten können, wie noch vor s/4 Jahren, wenig genug ohnehin! Meine Frau ist jetzt eben im „Weißen Hirsch" 2 eingetroffen, ich erwarte mit Spannung Nachricht, wie es ihr dort geht und bekommt. Sie war, schrieb sie, die letzten Wochen wesentlich frischer als sonst die letzte Zeit. Herzliche Grüße Ihnen Beiden von Ihrem getr. Max Weber 1 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jellinek vom selben Tage, oben, S. 467f. 2 Gemeint ist der Kuraufenthalt im Sanatorium Dr. Lahmann, Weißer Hirsch bei Dresden.
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NB! Simmel habe ich nur geschrieben, 3 daß seine Berufung etwas unsicherer geworden sei, in Folge von Berliner Einflüssen (diese scheinen stattgefunden zu haben, - aber, natürlich, hätten sie keine Bedeutung gehabt, wenn W[indelband]'s Bericht anders ausgefallen wäre. Selbst Jellinek nannte ihn „sehr kühl1"}). s
3 Brief nicht nachgewiesen.
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21. März 1908
Marianne Weber PSt 21. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Sonnabend früh Liebe Schnauzel! Nun werde ich heute A b e n d wohl die erste Nachricht aus dem „W[eißen] H[irsch]" von Dir bekommen u. bin sehr gespannt etwas zu hören. 5 V o n mir nichts Neues. Es regnet seit gestern Nachmittag hier u. man sitzt daher still im Salon oder in seiner Stube. Wenn nur das Ciavier nicht malträtiert würde. Sonst ist es schon auszuhalten. - V o n Simmel einen resignierten aber netten Brief. 1 A u s einem Brief von Jellinek geht hervor, daß Wjindelband] die Unanständigkeit gehabt hat, ihn 2 im 10 Bericht als „ethisch zersetzend" zu bezeichnen. Das war natürlich das Entscheidende. [Pfui] a Teufel! Laß Dir's gut gehen, herzlichst Dein Max
a Lochung. 1 Vgl. Brief an Georg Jellinek vom 21. März 1908, oben, S. 470, Anm. 4. 2 Gemeint ist Georg Simmel. Vgl. den Brief an Heinrich Rickert vom 21. März 1908, oben, S.471, und die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jellinek vom 21. März 1908, oben, S. 467-469.
474
22. März 1908
Helene Weber PSt 22. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Liebste Mutter! Le Lavandou („Lavendel") liegt 20 km östlich von Hyeres, grade gegenüber der Ile de Levant, an einer kleinen Bucht am Meer. Es weht heut ein heißer Südost hier u. man liegt im Sand u. brät tüchtig. Ich freue mich sehr, daß Ihr 1 an den Comer See geht. Das Schönste ist das Hotel 5 Villa Serbelloni in Bellagio (etwas teuer), nächst dem die Hotels in Tremezzo (billig) bei Villa Carlotta. Aber es kann noch ziemlich kühl sein 3 u. wenn es zu kalt sein sollte, würdet Ihr vielleicht doch besser nach Bordighera gehen, wo ich Euch dann später treffen würde. Bis etwa 10. April bin ich jedenfalls hier. Es geht, ohne Mittel, ganz gut. 10 Herzlichst Dein Max
a Fehlt in O; sein sinngemäB ergänzt. 1 Gemeint sind Helene Weber und Alfred Weber.
22. März
1908
475
Marianne Weber PSt 22. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L.Sehn. heut, Sonntag, erhielt ich die beiden lieben ersten Karten aus dem Wfeißen] H[irsch], Alles klingt ja freundlich. Hier ist heut heißer Südostwind, man flappst sich im Sand am Meer in der Sonne u. fühlt sich 5 recht wohl. D u hast doch meine Karten u. Briefe bekommen? Nun bin ich auf die „Auskultation" 1 begierig. Von mir sonst nichts Neues, es geht gleichmäßig. Für heut nur herzlichen Gruß! Max
1 Vermutlich ist damit nicht nur eine Auskultation der Lunge gemeint, sondern auch der Gefäße. Nach Lahmann bewirke die „Carboacidaemie", die verstärkte Säuerung des Blutes, eine Übererregung des Atemzentrums mit Folgen für die Lungenatmung und mit Behinderung der Durchblutung der Gliedmaßen. Daraus entwickelte er eine Ernährungsund Bewegungstherapie und propagierte Luft- und Sonnenbad-Kuren. Vgl. Lahmann, Heinrich, Die diätetische Blutentmischung (Dyshämie) als Grundursache der Krankheiten. - L e i p z i g : 0 . Spamer 1892, das zu seinen Lebzeiten in 15 Auflagen erschien, sowie ders., Die wichtigsten Kapitel der natürlichen (physikalisch-diätetischen) Heilweise. - Stuttgart: A.Zimmer 1894. Zur Entwicklung des Sanatoriums vgl. Boer, Elisabeth, Chronik des Kurorts Weißer Hirsch-Dresden von den Anfängen bis zur Eingemeindung. - Dresden: Wilhelm und Berta von Baensch Stiftung 1932, S. 5 9 - 6 6 .
476
23. März 1908
Marianne Weber PSt 23. März 1908; Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Lavandou3, Montag früh L. S e h n . das lautet ja alles ganz freundlich was Du schreibst, - wenn Du nur nicht gleich zu viel sprechen mußt. Halt Dich doch ja ruhig, die Müdigkeit muß erst mal ganz herauskommen u. Du wirst Geduld haben müssen. 1 Ich hatte meinen Dämon wieder etwas stark geärgert in den letzten Tagen, dafür hat er sich letzte Nacht gerächt. Jetzt werde ich mich sehr ruhig halten müssen. Es ist bedeckter Himmel bei schön warmem Wetter. Die Glücklichen, die weite Spaziergänge machen können, haben es offenbar sehr gut hier. Mir bekommen sie leider stets schlecht. Übrigens: hat eigentlich Simsonb etwas von sich hören lassen? wegen des Gutachtens über den Gesellschaftsvertrag? 2 Es wäre nun Zeit gewesen!
a 0 : das erste a in Lavandou ist mehrfach unterstrichen,
b O: zweifach unterstrichen.
1 In ihren Karten an Max Weber vom 20. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) hatte Marianne Weber berichtet, die erste Untersuchung im Sanatorium habe ergeben, daß sie „organisch ganz gesund, aber nervös herunter" sei. Sie habe Otto Baumgarten, einen Vetter Max Webers, getroffen, der mit dem Chefarzt, Prof. von Düring, und mit dem Geschäftsführer des Sanatoriums und Ehemann der Witwe des Gründers des Sanatoriums Dr. Lahmann, Karl Paira, befreundet sei. Durch Otto Baumgarten, der schon vor ihrer Ankunft diesen aus den Amerika-Briefen von Max und Marianne Weber aus dem Jahre 1904 vorgelesen habe, sei sie sogleich bei der Familie von Düring eingeführt worden, zu der sie freundschaftliche Beziehungen entwickele. Vgl. auch Brief von Marlanne Weber an Max Weber vom 30. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 2 Im Zusammenhang mit dem Erbgang nach dem Tode von Carl David Weber sollte die Firma Carl Weber & Co. In Oerlinghausen In eine GmbH umgewandelt werden, vgl. die Editorische Vorbemerkung zu dem Brief an Marlanne Weber vom 3. Sept. 1907, oben, S.385. Der dafür abzuschließende Gesellschaftsvertrag sollte von August von Simson, Rechtsanwalt und Notar In Berlin, geprüft werden. Max Weber kannte von Simson aus seiner Referendarzeit; er hatte In dessen Kanzlei gearbeitet und Ihn 1891 als Rechtsanwalt vertreten. Vgl. Brief an Helene Weber vom 17. Juni 1891 (ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr.3; MWG II/2) sowie den Hinwels im Lebenslauf, der der Dissertation beigefügt ist, Weber, Max, Entwlckelung des Solldarhaftprinzips und des Sondervermögens der offenen Handelsgesellschaft aus den Haushalts- und Gewerbegemeinschaften in den Italienischen Städten. - Stuttgart: Gebrüder Kröner 1889 (MWG 1/1).
23. März 1908
All
Grüß bitte Otto 3 vielmals u. laß Dir Alles recht gut bekommen u. auch seelisch wohlthun. Herzlichst Dein Max
3 Otto Baumgarten.
478
24. März 1908
Robert Michels 24. März 1908; Le Lavandou Karte; eigenhändig AFLE Turin, NI. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 55
L. Fr. Ihre Karte freute mich herzlich, es klang Alles so fröhlich u. gut (trotz der Lungenentzündung!). Gern würde ich Sie besuchen, aber z. Z. kann von so etwas keine Rede sein. Ich muß mich sehr mühsam über Wasser halten bei Entwöhnung von den Schlafmitteln, Trional, Bromidin etc. etc., die ich im Winter nur für den elenden Artikel „Agrargeschichte, Altertum" im Handw[örter]b[uch] d[er] Staatswiss[enschaften] brauchte. Alle Ihre Sendungen habe ich erhalten, aber nur die kleinen lesen können^.] Hier ist es sonst wunderschön, bei 7 Fr. Pension in schönster Sommersonne. Herzl. Gruß, auch Ihrer lieben Frau Ihr Max Weber Le Lavandou (Var), Hotel Méditerranée 24/3. 8. a östl. von3 Hyères
a 0 : zweifach unterstrichen.
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24. März 1908
Marianne Weber PSt 24. März 1908; Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Le Lavandou, Dienstag früh L. Schnauzelheut ist noch keine wei[tere] a Nachricht von Dir da, hoffentlich geht Alles gut u. verträgst Du die Kur ordentlich, vor Allem die Massage. Vielleicht wird sie Anfangs den Schlaf beeinträchtigen. Hier ist prächtiges Wetter, ganz sommerlich. Aber ich muß mich ruhig halten, denn ich glaube, jetzt kommt eine ungünstige Periode. Was man entbehrt, sind eigentlich nur deutsche Zeitungen; man sieht aus den französischen natürlich absolut nicht, was vorgeht. Jellinek's kommen also erst im Aprilb nach Nizza, zu ihrem offenbar stinkreichen Bruder, 1 österr. Consul dort. Er will mich dann in dessen Yacht zur Seefahrt abholen. Ich habe geschrieben, ich würde barhaupt (mit ohne Cylinder) und nur mit dem Smoking bekleidet des hohen Herrn gewärtig am Ufer stehen. Ich werde mir bei Gelegenheit einmal die deutsche „Naturheilanstalt" „Sylvabelle", die in der Nähe hier sehr schön am Ufer liegen soll, ansehen, ev. für künftig. 2 Herzlichst Dein Max
a Lochung.
b
(her)
1 Emil Jellinek-Mercedes war 1908 Österreich-ungarischer Honorarkonsul in Nizza und besaß dort eine prunkvolle Villa. Er hatte in Wien an der Börse ein großes Vermögen gewonnen und befaßte sich mit dem Verkauf von Automobilen und Motorbooten. Er veranlaßte die Verwendung des Vornamens seiner Tochter als Markennamen „Mercedes" für die Automobile der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstadt und fügte diesen Namen seit 1903 dem Namen Jellinek an. Vgl. NDB, 10. Bd., 1974, S. 395. 2 Vgl. die Karten an Marianne Weber vom 31. März 1908, unten, S.490f.
480
26. März 1908
Marianne Weber PSt 26. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
L.Sehn. Mein Dämon schindet mich jetzt etwas, daher schreibe ich in diesen Tagen nicht ausführlich, auch ist von [hie]ra sonst nichts Neues zu berichten. Gern ginge ich näher auf Lask's Dikta ein. 1 Nur dies: er ficht da gegen imaginäre Gegner. Wer soll denn der „Mönch" sein? U . war er das bisher? Es fragt sich ja grade, wann jenes „Verdrängen" auf Kosten andrer Werthe stattfindet? Doch immer dann, wenn man nicht unbedingt Herr seines Thuns bleibt. U. doch zweifellos auch dann, wenn man, wie Gr[oss], „nicht ausgelebte" Beziehungen nur als „schmutzig" empfinden kann.2 Vor Allem aber ist jede Betrachtung des Triebes „an sich" doch eine Abstraktion-, er findet sich ja doch nie „an sich", sondern stets in Verknüpfung mit der Beziehung zu einem konkreten Menschen; - u. von dieser Beziehung her empfängt er Würde u. Unwürde. - Doch genug, das Alles geht doch nicht auf Postkarten. Hoffentlich wird auf Dein Unwohlsein bei der Behandlung ordentlich Rücksicht genommen, da könnte sonst viel verdorben werden. Halt Dich nur recht ruhig! u. sei geduldig. Es ist nett, daß Du feine Menschen 3 gefunden hast. - Schönen Dank auch für die wunderschönen Verse von
a Lochung. 1 Max Weber bezieht sich auf den Brief von Marianne Weber vom 22. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. Dort hatte sie geschrieben, sie wünsche, einmal mit Emil Lask sexualethische Probleme prinzipiell zu diskutieren, um ihn zu veranlassen, sich dazu theoretisch zu äußern. „Er deutete einmal an, daß er das Sexuelle für an sich gleichgültig halte und jede mönchisch negative Bewertung für total verkehrt und für eine Überbetonung halte, und daß also nur wenn die .Sinnlichkeit' andere .Werte' gefährdend sich vordränge, sie ein negatives Vorzeichen verdiene, nicht aber schlechthin." 2 Vgl. die Edltorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 19. März 1908, oben, S.461. 3 Gemeint sind die Beziehungen zu Otto Baumgarten, der Familie von Düring, dem Geschäftsführer Karl Paira, dessen Ehefrau, der Witwe von Dr. Lahmann, sowie einem Tischnachbarn, dem Oberstleutnant Gutzeit, von dem Marianne Weberin ihrem Brief vom 22.März 1908 schreibt: er „möchte gerne Deine Schriften lesen" und „ist .beinahe' sozialdemokratisch".
26. März 1908
481
R[icarda] Huch. 4 Ein seltsames Glück gab ihr den Lohn langer, mit Adel getragener, Entsagung, die sie schon vor der „Erfüllung", u. ohne Hoffnung auf sie, in starke positive Werthe umzusetzen gewußt hatte (Vita somnium breve!).5 - Laß Dirs recht, recht gut gehen u. bekom5 men, mein Schatz, u. denk zuweilen an Deinen Dich herzlich küssenden Max
4 Emil Lask hatte Marianne Weber Huch, Ricarda, Neue Gedichte. - Leipzig: Insel 1907, geschenkt. Daraus hatte Marianne Weber die Gedichte auf den Seiten 1,4 und 8 in ihrem Brief vom 22. März 1908 wiedergegeben und dazu geschrieben: „ Diese Gedichte sind die Frucht der .Erfüllung' von Ricarda's Lebenssehnsucht und wie mir scheint von einer wunderbaren glühenden Schönheit, leidenschaftlichste Erotik, die ich kenne, und zu denken, daß sie der Vereinigung einer 45jährigen Frau, die schon mit einem anderen Mann gelebt hat, mit einem alternden Mann entstammt, ist wunderbar. Was für ein seltsames Ding ist doch das menschliche Herz!" Ricarda Huch hatte sich 1906 von ihrem ersten Mann Ermanno Ceconi getrennt und 1907 ihren Vetter Richard Huch geheiratet; diese Ehe wurde 1910 geschieden. 5 Anspielung auf den Roman von Huch, Ricarda, Vita somnium breve. - Leipzig: Insel 1903. Seit der 5. Auflage von 1913 hat der Roman den Titel Michael Unger.
482
27. März 1908
Heinrich Rickert 27. März 1908; Le Lavandou Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr. 25, Bl. 31 R Das Schreiben findet sich auf der Rückseite eines Briefes von Georg Jeliinek an Max Weber vom 23. März 1908, in welchem dieser versucht, Webers Bedenken gegen das Windelbandsche Berufungsgutachten betr. Simmel zu zerstreuen: „Der betr. Passus im Fakultätsbericht war, wie mir Windelband mitteilte und Gothein bestätigte, im vollen Einverständnis mit letzterem verfaßt. Er bezog sich nur auf die Einleitung in die Moralwissenschaft, die mehr einreißend als aufbauend sei. Hingegen seien die übrigen Werke Simmeis ganz hervorragende Leistungen und stellen den Verfasser in die erste Reihe. Ich hatte nur aus der Erinnerung geurteilt, die Äußerungen Windelbands und Gotheins zeigen mir, daß der Vorschlag doch wärmer gefaßt sei. Gothein bezweifelt durchaus, daß der Widerstand der Regierung auf den Vorschlag zurückzuführen sei. Dazu kommt noch Folgendes. Windelband hat den Minister persönlich gebeten, die Berufung erfolgen zu lassen, weil er sonst seiner Fakultät gegenüber in eine schiefe Lage kommen könnte. Gothein war bei Böhm, der ihm bestätigte, daß W[indelband] sich energisch für Simmel eingesetzt habe. Der Widerstand geht ausschließlich von Berlin aus. Mit welcher Gehässigkeit gegen S[immel] gehetzt wird, geht z.B. daraus hervor, daß seine Zuhörerschaft als überwiegend aus minderwertigen russischen Elementen bestehend, geschildert wird. Böhm hat Gothein zuletzt versichert, daß er beim Minister energisch für Simmel eintreten werde. Ich habe Simmel zur Geduld gemahnt. Seine Sache ist noch keineswegs verloren. "
Le Lavandou (Var) 27. 3 . 8
Hotel Méditerranée Lieber Rickert! Ich halte mich natürlich verpflichtet, Ihnen diesen Brief zu schicken, der W[indelband]'s Verhalten anders beleuchtet, bemerke aber, daß grade auch Jeliinek mir schrieb, das Gutachten sei sehr kühl gewesen. Natürlich kann man das von S[immel] selbst ja nicht mehr schlechthin vertretene Buch („Einleitung] in die Moralw[issenschaft"])1 „zersetzend" 2 nennen, - es kommt nur darauf an, wann u. wem gegenüber man es thut. Wie dieses - schließlich |:doch:| auch ohne dieses Weri/iprädikat formulierbare - Urteil in dieser Fassung wirken mußte, hat aber W[indelband] doch gewußt. Natürlich habe ich Sfimmel] gegenüber stets betont, wie
1 Einleitung in die Moralwissenschaft. Eine Kritik der ethischen Grundbegriffe, 2 Bde. Berlin: Hertz 1892-1893. 2 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jeliinek vom 21. März 1908, oben, S. 467ff.
27. März 1908
korrekt W[indelband]'s Verhalten sei, Mann noch mehr verbittern? - Also, wie wird es mit Florenz? 5
483
wozu den ohnehin verbitterten
Herzlichen Gruß Ihr Max Weber
Diese Gegend (Südspitze der Provence) ist - ohne Automobile, ohne Staub, schön bewaldet, gutes (Pariser) Publikum, 7Fr. volle Pension mit 10 Wein, wirklich noch ein Paradies.
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27. März
1908
Marianne Weber PSt 27. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freitag Morgen L. Sehn. das ist recht, halte Dich [re]chta ruhig, 1 - ich muß es auch thun, denn wie gesagt, der Dämon ist z.Z. ziemlich lästig. Es ist jetzt wechselndes Wetter mit Regen u. man bleibt daher ganz gerne zu Haus. Das Publikum hier ist wesentlich Pariser, u. zw[ar] ganz überwiegend, gute Gesellschaft (ca. 30 Leute im Ganzen), nur Kinder sind halt doch etwas Infames. Ich bin doch zu sehr Rationalist, um ihr irrationales Gequängel und Gebrüll zu vertragen. Indessen ich assistiere nur 2 Gängen des Déjeuner und esse Abends einen Käse u. Orangen für mich, liege um 8 zu Bett, bin also relativ ungestört von der Bande. - Vergiß bitte nicht, mir kurz zu schreiben, ob Simson geantwortet hatte, sonst muß ich ihn mahnen. 2 Bald mehr u. eingehender, für heut nur recht herzliche Wünsche und Grüße, mit denen Dich küßt Dein Max
a Lochung. 1 Marianne Weber hatte auf ihren Karten vom 24. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, sie habe diese Tage hauptsächlich in der Liegehalle verbracht. 2 Vgl. Karte vom 23. März 1908 an Marianne Weber, oben, S. 476, Anm. 2.
28. März 1908
485
Georg Müller 28. März 1908; BK Le Lavandou Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Grand Hôtel de la Méditerranée Le Lavandou (Var) 7 - 7 / 2 Francs Pension! Le Lavandou (Var), le 28.3.1908 Mein lieber Georg, die Kartellierungsbestrebungen der schweren Industrie u. des Bergbaus gehören zweifellos zu jenen Erscheinungen, die der Teufel erfunden hat, - um so mehr, als Ihr sie auf dem Gebiet Eurer Thätigkeit nicht nachmachen könnt und | : als: | überhaupt die Fertigindustrien das zerfahrenste, unorganisierbarste, zur Wahrnehmung seiner Interessen unfähigste sind, was es so ziemlich (wenn man von den Professoren absieht) giebt. Darin wird sich schwerlich etwas ändern lassen, - aber es giebt andre und erfreulichere Gebiete menschlicher Vergemeinschaftung, auf denen es sich nicht um Produktionsziffern, Grundpreise, Spezifikationslisten, Stillegungen u.s.w. handelt und die, Gott sei Dank, auch Euch unverschlossen bleiben. Mit herzlicher Freude höre ich von Marianne, daß Du Deine Conventionalstrafe an Richard 1 bezahlen wirst u. daß überdies das viele Schnödein über die Bielefelder jungen Mädchen eitel Spiegelfechterei war, - denn jedenfalls der Name, der Dir und dem Du angehörst, klingt mir so gut bielefeldisch in die Ohren, wie nur irgend etwas. Mit den allerherzlichsten Glückwünschen verbinde ich die Hoffnung, Deine Braut recht bald, ist's möglich, im Sommer, kennen zu lernen und bitte Dich, ihr einstweilen von mir aus herzhaft die Hand zu drücken. Wenn Ihr wirklich, wie Deine Mutter 2 schrieb, in das einfache, aber stimmungsvolle alte Haus zieht, in dem wir Alle jetzt so sehr den
1 Georg Müller hatte sich vor seinem Bruder Richard Müller verlobt. Max Weber umschreibt dies unter Verwendung der Kaufmannssprache mit der Formel der Konventionalstrafe bei Vertragsbruch, was eine Anspielung auf eine Äußerung der Brüder, sie würden nicht heiraten, sein könnte. 2 Alwine (Wina) Müller.
486
28. März 1908
bisherigen Mittelpunkt der Familie vermissen, 3 so schließt sich der Kreis jungen Lebens auch äußerlich wieder und ich freue mich schon jetzt darauf, in den kommenden Jahren häufiger einen „geschäftlichen" Vorwand zu haben, die warme Gastfreundschaft, die wir in Eurem Hause zu finden gewohnt sind, zu genießen. Welch ein Glück für Deine Mutter, ihre Söhne so unter ihren Augen ihr Lebensglück schaffen zu sehen, wenn ich daran denke, wie bitter sauer der unsrigen z. B. die Trennung wurde. Wie jung ist sie doch geblieben, mußte ich im letzten Herbst wieder denken, als wir so fröhlich beisammen waren. Nochmals: ich wünsche Dir alles reiche Glück, welches aus der innerlichsten Lebensgemeinschaft gleichgestimmter Menschen erblühen kann, - und Du wirst es finden. Denn a in Deinen 3 recht stattlichgewichtigen äußeren Menschen („Handschuh-Nummer: 11, - die nächste Nummer sind Strümpfe", - Du weißt ja?) senkte die Natur, als Erbe von Deinen beiden Eltern, eine nachdenkliche, zarte, anempfindende b - kurz: „menschliche" - Seele, und auch ohne Deine Braut zu kennen, weiß ich, wie Du gewählt haben wirst. Laß Dir an diesen wenigen Worten genügen, es ist hier, wo ich mir die vielen „Mittel" abgewöhne, ohne die im Winter das Arbeiten schlechterdings nicht gehen wollte, nicht sehr viel Staat zu machen mit dem Inhalt des Schädels Deines getreuen Max Weber Bitte herzlichste Grüße an die Eltern! 4 Noch etwas rein „Geschäftliches": Falls Simson 5 etwa (wider Verhoffen) noch nichts sollte haben hören lassen, dann bitte ich um eine Postkarte, um nun energisch zu „treten".
a neben D e i n e m > in D e i n e n
b Unsichere Lesung.
3 Gemeint ist der am 21. Juli 1907 gestorbene Carl David Weber, der Großvater von Georg Müller und von Marianne Weber. 4 Bruno und Alwine (Wina) Müller. 5 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 23. März 1908, oben, S. 476, Anm. 2.
28. März 1908
487
Marianne Weber P S t 28. M ä r z 1908; P S t Le Lavandou
Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Liebe Schnauzel, seit 2 Tagen keine Na[chri]cht a , - ich entnehme daraus, daß Du nun Deine stillen Tage hast u. Dich dabei vorsichtig hältst. Hoffentlich war die Cur nicht zu vehement bisher, und hast Du nicht davon zu leiden. Jetzt werden ja die Müdigkeiten erst voll herauskommen u. Du wirst Dich einige Zeit wohl recht schlecht fühlen, schlechter als ohne Cur, bleib nur hübsch geduldig u. vorsichtig. Von mir ist nichts Besondres zu berichten. Es herrscht hier dieser Tage ein gewaltiger Sturm bei bedecktem Himmel u. Kühle, so daß man draußen nichts rechtes anfangen kann u. sich drin natürlich etwas langweilt, auch zum Schlaf etwas Mittel braucht (Bromural, 1 Mal Trional), da der Dämon eben doch in letzter Zeit etwas häufig (3 Mal) auf Besuch war. Ganz ohne Mittel komme ich, das zeigte Beaulieu, aus, sobald ich |:hauptsächlich:! liege, kein Wind mich berührt u. ich nur ganz sporadisch u. leichte Sachen lese. Aber wer hält denn das dauernd aus? - Von Michels, Simmel, Jellinek hatte ich Briefe, sonst nur die lieben Kärtchen u. Briefchen von Dir. Bis jetzt habe ich nicht mehr Geld verbraucht, als das Archiv1 ausspeit laut Abrechnung (ca. 500 Mk.). - Laß Dir's recht gut gehen u. denke an Deinen Dich herzlich küssenden Max
a Lochung. 1 Gemeint ist das Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik.
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29. März 1908
Marianne Weber PSt 29. März 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Sonntag früh. Liebe Schnauzel heut früh ist es so schön u. windstill, daß ich eine Wagen-Exkursion unternehme entlang der schönen Küste nach Cap Nègre zu, um auch die Nachbarnesterchen etwas zu sehen. Sollte mein Dämon mich verschonen, so würde ich morgen einmal wieder eine Fußpartie unternehmen. Aber das ist recht unsicher. - Gestern kam Dein liebes Briefchen und erfreute mich herzlich. Strenge Dich nur mit Schreiben nicht an, liebes Herz, ich freue mich auch über kleine Lebenszeichen von Dir u. Du mußt Dich ruhig halten jetzt. 2 Stunden Lesen ist schon etwas viel, Du solltest ganz vegetieren, - u. um Gptteswillen laß die Pfötchen von der Frauenfrage und dem f t t Sittengesetz! Die Generalstöchter werden viel tiefer beeindruckt, wenn Du thust, als wüßtest Du rein gar nichts von Frauenproblemen, u. Dir bekommt es viel besser so; denn Diskussionen sind in diesem Stadium wirklich von Übel u. so unfruchtbar. 1 Bitte thu es also doch nicht! Nun wird wohl Mama sich schon bald nach Heidelberg auf die Beine machen. Ob sie2 es am Comer See besser treffen als wir? Sonst sollten sie doch gleich an die Riviera (Bordighera), wo die Chancen ja immer bessere sind. Nochmals: hat Simson3 nichts von sich hören lassen? - Recht guten Muth, mein Kind, wünscht Dir Dein Dich herzlich küssender Max
1 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 26. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) ihren Tagesablauf geschildert, der Schlaf sei mäßig, sie habe sich vorgenommen, ein paar Stunden zum Lesen herauszureißen, bei Tisch sitze sie mit einem ostpreußischen Landrat, einem hypochondrischen Oberst, einem alten General, zwei Generalstöchtern und einem Oberstleutnant, sie halte sich sehr reserviert in Frauenfragen. 2 Helene Weber beabsichtigte, Alfred Weber in Heidelberg zu treffen und mit diesem an den Comer See zu reisen. 3 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 23. März 1908, oben, S.476, Anm.2.
30. März
489
1908
Marianne Weber PSt 30. März 1 9 0 8 ; PSt Le L a v a n d o u Karte; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Montag früh L. Sehn. Schönen Dank für Dein Kärtch[en] a . Simson ist doch wirklich etwas stark! 3 Monate sind es nun. 1 - Den gestrigen Exceß: Wagenpartie mit 1 Stunde Klettern auf Cap Nègre [-] ich war in Schweiß gebadet - hat mein Dämon hingenommen. Heut wird er wiederholt, nach der andren Richtung. Die Küste ist prächtig u. die großen Besitzungen der Pariser Bankiers - meist einfach Fichtenwildniß und Macchia - sind vielfach zugänglich. Nur sind Wagen sehr teuer. Von Deutschland höre ich nur durch Deine Kärtchen etwas, die hiesigen „Zeitungen" bringen fast nichts. Nun, Jellinek will mich ja auf seiner Yacht abholen, 2 da ist das in V* Stunde eingeholt. Jetzt muß doch Mama bald nach Heidelberg gehen, denke ich. Hoffentlich treffen sie3 es am Comer See anders als wir im vorigen Jahr. Laß Dirs recht gut bekommen, liebstes Kerlchen, u. mach keine Extravaganzen u. Überanstrengungen geistiger oder physischer Art. Es küßt Dich herzlich Dein Max
a Lochung. 1 In der Karte an Marianne Weber vom 23. März 1908, oben, S.476, hatte Max Weber gefragt, ob August von Simson geantwortet habe. Marianne Weber verneinte diese Frage in ihrer Karte an Max Weber vom 27. März 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 2 Der Bruder von Georg Jellinek besaß eine Dampfyacht. 3 Gemeint sind Helene und Alfred Weber.
490
31. März
1908
Marianne Weber PSt 3 1 . M ä r z 1 9 0 8 ; PSt Le L a v a n d o u Drei K a r t e n ; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 4 4 6 Die drei Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2), 3) bezeichnet; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Abbildungen zeigen Ansichten des Sanatoriums Sylvabelle In La Crolx (Var). Es fehlt eine Schlußformel, vielleicht befand sich diese auf einer vierten, nicht überlieferten Karte.
Dienstag Mittag 1)
Liebes Schnauzel der Dämon hat auch die gestrige Exkursion per Wagen und dann VA Stunden zu Fuß (Kletterei durch Macchia u. Gestrüpp ä la Ajaccio) hingenommen u. nur durch Einstellung der Verdauung beantwortet. Folglich habe ich ihn heut nochmals brutalisiert durch einen Ausflug zuerst nach dem umstehenden kleinen sehr hübsch gelegenen Sanatorium (nicht ganz billig natürlich: ca. 15-16 Fr. Pension) mit rein vegetarischer Kost, Licht- u. Luftbädern. Ich werde es mir doch wohl einmal näher ansehen u. 1 Tag dableiben, es könnte 2) doch für künftige Jahre recht gut einmal in Betracht kommen. Einrichtung einfach, aber sehr sauber, schöne Veran[da] a für jedes der (nicht großen) Zimmer, Liegestühle, behagliches Vestibül. Fichtenwald u. Macchia (so etwa an Wannsee b. Berlin erinnernd, nur immergrün u. mit dem Meer vor sich. 3) Da man z. B. bei Herrn Exner auch 15 Fr. bezahlt, 1 ist das nicht teuer).
a Lochung. 1 Gemeint Ist der Preis im Empress Hotel In Beaulleu-sur-mer, vgl. Brief an Marianne Weber vom 5. März 1908, oben, S. 441.
31. März 1908
491
Dann hier das von Schwarzens2 empfohlene kleine Hotel Pardigon, ein altes „Schloß" (d.h. sehr bescheidene Villa eines Seigneur's), hübsch zwischen Gärten ländlich-einsam gelegen, nahe dem Meer, mit Fichtenwald rundum in der Nähe. (7 Fr. Pension, Zimmer sehr einfach, aber 5 sehr sauber). Wenn wir künftig im März fortgehen, sollten wir doch einmal in diese Gegend gehen. Es ist gar nicht „großartig", aber sehr lieblich und so schön sonnig und warm.
2 Es konnte nicht ermittelt werden, wer gemeint ist, möglicherweise handelt es sich um den Philosophen Hermann Schwarz und dessen Frau.
492
1. April 1908
Heinrich Rickert 1. April 1908; BK Le Lavandou Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, NI. Max Weber, Nr. 25, Bl. 3 2 - 3 3
Grand Hôtel de la Méditerranée Le Lavandou (Var) Le Lavandou (Var), le 1. I V 1908
Lieber Rickert, es thut mir leid, daß Sie durch meinen Brief 1 verstimmt waren, - aber die Sache liegt eben doch sehr anders als Sie annehmen. Es ist natürlich nicht an Dem, daß ich nur auf Grund von Angaben Jellinek's urteile. Vor Allem hat der Vorgang ja seine umfangreiche Vorgeschichte. Diese beginnt damit, daß - vor schon sehr geraumer Zeit - Windelband den Rath von Tröltsch suchte, ob er überhaupt einen Vorschlag machen müsse. Er fühle sich „Manns genug", die Philosophie allein zu versehen, - aber: werde man das in der Fakultät nicht „mißdeuten" Tr[oeltsch] antwortete: das werde wohl geschehen, - aber: ob W[indelband] sich darum zu kümmern nötig habe? Er hätte hinzusetzen können, daß das überhaupt kein Gesichtspunkt ist, unter dem man handelt. Nun folgte die Hinauszögerung der Angelegenheit bis nach der Historiker-Affaire, 3 während die Sache in 14 Tagen erledigt sein konnte (die spätere Verzögerung motiviert W[indelband] damit, sie sei in Ihrem Interesse geboten gewesen, um erst Gras über Meinecke 2 wachsen zu lassen, - ?? Was hier, NB! eigentlich zu „mißdeuten" b war, ist mir dunkel. W[indelband]'s Motive waren ja „deutlich" genug! a (dann erst die erste Mitteilung über die Absicht, Sie vorzuschlagen, an die Fakultät.) b 0 : miß zweifach unterstrichen. 1 Brief an Rickert vom 21. März 1908, oben, S. 471 f. 2 Friedrich Meinecke, s.Z. Historiker in Freiburg i.Br., war 1907 von der Heidelberger philosophischen Fakultät für den vakanten Lehrstuhl für mittelalterliche und neuere Geschichte unico loco vorgeschlagen worden; er erhielt aber den Ruf nicht, da von selten des Ministeriums Bedenken gegen Berufungen von einer an die andere Landesuniversität bestanden und da Meinecke erst kurz zuvor - 1 9 0 6 - nach Freiburg berufen worden war. Vgl. die Briefe an Rickert vom 9. und 18. Mai 1907, oben, S. 297ff. und 308ff.
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- s . u.). Es erfolgte nun der, von W[indelband] ausgehende, Versuch, ob nicht S[immel] zu einem Eriraordinariat zu bringen wäre, mit seinem Ihnen bekannten Erfolg. 3 Es folgte weiterhin die Behauptung W[indelbandj's, er könne S[immel] nicht vorschlagen, Tröltsch's wegen, der auf 5 ihn „drücke" (sie!), dies nicht zu thun (durchaus glaubwürdige Mitteilung Jellineks, dem gegenüber W[indelband] dies damals - Herbst wiederholt geltend gemacht haben muß, denn es war auch nach andrer Seite etwas davon durchgesickert). Tröltsch, dessen (theologisch motivierte) Antipathie gegen S[immel] Jedermann bekannt war,4 bestritt auf 10 das Entschiedenste, jemals irgend wie zu S[immel]'s Ungunsten interveniert zu haben, - außerdem: was geht das W[indelband] an? Es folgte, in der Commission, Gothein gegenüber, W[indelband]'s Bemerkung: man könne doch nicht einen Spezialphilosophen „für die Nationalökonomen" berufen, gegen S[immel] - Es folgte endlich: der famose „Be15 rieht".5 Wenn ein Bericht seine Begründung der Vorschläge damit beginnt, daß eine Besetzung der zweiten Stelle „nur dann einen Sinn habe, wenn.. ,", 6 - so ist die Andeutung, sie sei an sich überhaupt unnötig,
3 Dazu heißt es in einem Brief von Georg Simmel an Georg Jeilinek vom 26. Juni 1907 (BA Koblenz, Nl. Georg Jeilinek, Nr. 28): „Gestern bekam ich noch einen Brief von Max Weber über die fragliche Angelegenheit. Er drückte sich noch etwas schärfer aus als Sie: das Ordinariat wäre nicht nur nicht schwerer, sondern sogar leichter zu erlangen, als das Extraordlnariat. Was er schreibt, macht mir allerdings Immer plausibler, was auch Ihr Gedanke zu sein scheint: daß die Fakultät es als eine Paradoxie u. Marotte empfinden muß, wenn jemand lieber Extraordinarius als Ordinarius ist. Ich kann nicht verlangen, daß die persönliche Konstellation, die mich dazu bewegt, nachgefühlt wird. Ich vermute Indeß so wie so, daß Windelband, wenn er mich überhaupt haben will, vor der Fakultät für ein Ordinariat plädieren wird, ohne die andre Eventualität in Vorschlag zu bringen." 4 Vgl. Troeltsch, Ernst, Zur modernen Religionsphilosophie, in: Deutsche Literaturzeitung, Jg. 28, Nr. 14 vom 6. April 1907, Spalte 8 3 7 - 8 4 1 . Troeltsch rezensiert hier Simmeis Schrift: Die Religion (Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien. Hg. von Martin Buber. Bd. 2). - Frankfurt a. Main: Rütten u. Loening 1906, und kritisiert insbesondere dessen „Psychologismus"; ebd., Spalten 838 und 841. 5 Gemeint Ist der Berufungsvorschlag der Philosophischen Fakultät vom 17. Februar 1908, auszugsweise In der Edltorischen Vorbemerkung zum Brief an Georg Jeilinek vom 21. März 1908 wiedergegeben, oben, S. 467ff. 6 Weber bezieht sich wohl auf folgende Stelle des Berichts: „ Eine solche Doppelbesetzung [d.h. Wiederbesetzung der zweiten ordentlichen Professur der Philosophie] erscheint wünschenswert[,] wenn einerseits zwischen den beiden Vertretern hinsichtlich der Grundauffassung ihrer Aufgabe so viel Übereinstimmung besteht, daß die einheitliche Wucht der didaktischen Wirkung durch die Zweiteilung nicht gefährdet wird, und wenn anderseits durch die ausgesprochene Eigenart beider Persönlichkeiten ein Verhältnis fruchtbarer Ergänzung zu erwarten Ist. Fehlt die erste Bedingung, so ist die Doppelbesetzung schädlich, fehlt die zweite, so ist sie unnötig."
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reichlich deutlich. Wenn dann weiter Sie als der „Einzige" bezeichnet werden, der wirklich als Philosoph für die Stelle in Betracht komme, so hat W[indelband] sich Folgendes wohl auch selbst gesagt: Eben erst hatte die Regierung einen Vorschlag, der mit dem „Einzigen" operierte (Meinecke)[,j mit einer höhnischen Antwort zurückgegeben |:und man hatte sich solche Vorschläge schriftlich und mündlich verbeten-.|: „wenn man nur wolle, würden sich schon Andre finden". 7 War es nun Unklugheit, das Spiel trotzdem zu wiederholen? Oder was sonst? Denn dessen können Sie sicher sein: ich halte W[indelband] weiß Gott für keinen „Dummkopf", - sondern für so ziemlich das „polare" Gegenteil davon! Und was fiel durch diese „Einzigkeit" für ein Licht auf den nebenher noch erwähnten S[immel]? (Schließlich noch Eins, was freilich nicht in unsre spezielle Controverse gehört: das Operieren mit solchen „Einzigkeiten" hat seine sehr naheliegenden Bedenken, grade für philosophische Besetzungen: von den unbefangenen Collegen der andren Fächer, die nun einmal, so lange wir Fakultätsvorschläge haben werden, mitzureden haben, glaubt ja keiner eine derartige Bemerkung. Sondern der sehr einfache Schluß0, den so Jemand macht, ist natürlich der: diese Leute sind Sektierer, die sich gegenseitig ä outrance verketzern, Einer den Andren, Jeder mit Ausnahme seiner Sekte. Setzen wir lieber eine harmlose Seele - Külpe oder dgl. - her, die den Studenten ihr tägliches Brot liefert, statt einen Fanatiker. Möglich, - aber erstaunlich, - daß W[indelband] diese Consequenz nicht sah). Weiterhin wird dann betont, daß S[immel] ja eigentlich mehr Soziologe und als solcher erstrebenswerth sei (als Ergänzung zu Gothein und Jellinek\), als ein Philosoph (ganz was der Minister v. Dusch jetzt sagt!), - ja, mein Gott, wer ist denn |:dann:| nun eigentlich, da es auch mit Husserl rein gar nichts ist, in Deutschland noch „Philosoph"? (außer: Lipps - seit allerjüngster Zeit!). Was für einen Eindruck sollen solche Ausführungen machen? Einen für Sfimmel] günstigen? Wer kann das erwarten. Es folgt dann das
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(ist)
7 Weber bezieht sich offensichtlich auf das Schreiben des Kultusministers Freiherr v. Dusch an die philosophische Fakultät vom 22. Mai 1907 (UA Heldelberg, H-ll-111 /126 Bl. 63), in welchem es heißt: „Nun kann es Im vorliegenden Falle keinem Zweifel unterliegen, daß es außer Professor Meinecke noch andere Vertreter der neueren Geschichte gibt, denen man das Vertrauen entgegenbringen darf, daß sie den Anforderungen der erledigten Professur entsprechen." Hier zitiert nach einer Abschrift In der Dekanatsakte der juristischen Fakultät, da das Pendant der philosophischen Fakultät verschollen Ist.
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„Zersetzende". Hier ist es durchaus meine Ansicht, daß der Ausdruck keineswegs gleichgültig ist, und für diesen ist allerdings Jjellinek] meine (bisher) einzige Quelle. Deshalb schickte ich Ihnen pflichtgemäß den zweiten Brief, 8 zu dem ich jedoch bemerke: J[ellinek] hat die (wahrhaftig sehr unbegründete!) Angst, daß ich einen formellen Conflikt herbeiführen könnte (ich! ein außerhalb der Fakultät Stehender!) und, stets in Ängsten schwebend, sucht er um jeden Preis zu „applanieren". Seine (unverantwortlich leichtsinnige!) Mitteilung an Simmel s. Z. beruhte auf der Annahme, daß Böhm ausschlaggebend sei. 9 Jeder Näherstehende, insbesondre ein Mitglied der 1. Kammer,10 weiß aber, daß das nicht der Fall ist, d und daß heute meist nicht nur der Minister, sondern noch höhere Pfoten 11 diese Berichte in die Hand bekommen und der Grundsatz herrscht: wo irgend Zweifel entstehen können, Anlehnung an Berlin! Und ob „zersetzend" oder „einreißend" (auf ethischem Gebiet!), das ist, wie gesagt, nicht einfach gleichgültig, aber doch recht nahe verwandt . 12 Und mich erschreckt es förmlich, daß Sie diese, dem Jargon der Ordnungspolizei und der Pfaffen entnommene Art der Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen akzeptieren, was®, glaube ich, nur durch Ihr Pietätsverhältnis zu W[indelband] begreiflich, aber nie und nimmer zu rechtfertigen ist. Als ob eine kritische Leistung von einer „positiven" an wissenschaftlichem Werth sich unterschiede! Als ob es darauf ankäme, daß „sie sich kriegen". Das kann nicht Ihr Ernst sein. S[immel]'s Begriffsanalyse mag * fehlerhaft sein, - gut! dann war das zu sagen. Aber ich danke für eine Wissenschaft, die fragt: „was herauskommt", und für die „Objektivität" eines Berichtes, der 9 einem Minister sagt, eine Lei-
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e der > was
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g (danach fra unter)
8 Gemeint ist wahrscheinlich der Brief an Rickert vom 27. März 1908, oben, S. 482 f. 9 Tatsächlich hatte Georg Jellinek in zwei uns nicht überlieferten Schreiben an Georg Simmel dessen Berufung nach Heldelberg als sicher in Aussicht gestellt, so daß dieser In einem Brief vom 26. Febr. 1908 (BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 28) antworten konnte: „Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Brief, der mich nun allerdings veranlaßt, gegebnen Falls nach Karlsruhe zu fahren. Ich werde also, wenn der Ruf an mich gelangen sollte, telegraphisch bei Herrn Geheimrat Böhm anfragen, wann er mich empfangen wollte." 10 Dies bezieht sich auf Wilhelm Windelband, der als Repräsentant der Universität Heidelberg Mitglied der 1. badischen Kammer war. 11 D.h. der Großherzog Friedrich II. höchstpersönlich. 12 Weber hatte offenbar aufgrund von Informationen von selten Jellineks von „zersetzend" gesprochen; indem Berufungsvorschlag war jedoch von „wesentlich negativerund einreißender Kritik" die Rede. Vgl. oben, S. 467f.
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stung „baue nicht auf". Und was S[immel]'s eigne Bemerkung anlangt, die Sie anführen, - nun: er schrieb mir kürzlich, an seiner ganzen Schriftstellerei sei leider recht wenig, eigentlich nichts, was ihn befriedige, nur als Dozent beanspruche er „Seltenheitswerth" zu besitzen. Wollen Sie das nun auch so gelten lassen? Alles in Allem: c'est le ton, quifait la musique, das wußte W[indelband] grade in diesem Fall und die eisige „ K ü h l e " seines Berichts schließe ich nicht etwa aus Äußerungen J[ellinek]'s, sondern aus solchen, die auf ihn selbst als Quelle zurückgehen. Und wenn jetzth W[indelband] dem Ministerium gesagt hat: er bitte S[immel] zu berufen, da er sonst „in ein schiefes Verhältnis zur Fakultät k o m m e , " 1 3 - so frage ich wieder: ist das ein Gesichtspunkt? für W[indelband] selbst? und vollends für den Minister? W[indelband] will sich die Sache in Heidelberg bequem machen. A u c h Tröltsch bestätigte mir, daß seine Studenten Stein u. Bein über die Inhaltlosigkeit seines Seminars (rein philologische Plato-Interpretation etc.) klagen u. selbst der so sehr reservierte Lask konnte die Thatsache nicht direkt in A b r e d e stellen. Habe ich nun, auf Grund einer 1'/2jährigen Beobachtung des Hergangs, vorschnell geurteilt - gegenüber einem so diplomatischen Mann wie W[indelband]? Vielleicht in der Schärfe des Tones, - in der Sache nicht. Kaum zu bemerken brauche ich, daß ich nur' Ihnen, dem Schüler, und Jellinek, dem Duzfreund W[indelband]'s gegenüber diese Dinge angedeutet bzw. gesagt habe, - das versteht sich. A u c h teile ich Ihre Ansicht u. habe sie wiederholt fast wörtlich so vertreten, daß das Handeln, nicht das Wünschen, allein entscheide, - obwohl mir Leute, die andre Wünsche haben, als (offenbar!) W[indelband] in diesem Fall, sympathischer sind. A b e r über „Wünsche" zu richten wird mir allerdings nicht beikommen, denn ich selbst bin mir sehr wohl bewußt, daß wir A l l e , jedenfalls ich, zahllose Male mit Regungen zu schaffen haben, die wir unsrer k unwerth finden. Mit höchstem Interesse höre ich von Ihren wissenschaftlichen Absichten! 1 4 Darüber ein andres Mal, schriftlich oder (recht unsicher!) auf der
h 0: zweifach unterstrichen,
i (ganz in)
j 0 : zweifach unterstrichen,
k (nicht)
13 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Rickert vom 27. März 1908, oben, S. 482. 14 Rickert arbeitete, wie aus seinem Brief an Emil Lask vom 9. März 1908 (UB Heidelberg, Nl. Emil Lask) hervorgeht, an einem Buch, das den vorläufigen Titel „Die Grundprobleme der Logik als der theoretischen Werthwissenschaft" tragen sollte. Vgl. dazu Brief an Rickert vom 18. und 19. April 1908, unten, S. 531, Anm. 11.
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Rückreise mündlich. Es ist sehr schade, aber freilich begreiflich, daß Sie nun nicht nach Florenz kommen. Nächstes Jahr also! Die Sache mit Ihrem Hals ist ja ganz abscheulich! Beste Wünsche und herzliche Grüße Ihrer Frau u. Ihnen s Ihr Max Weber.
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Marianne Weber PSt 1. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Mittwoch früh. Liebes Schnäuzchen! Der Dämon hat also auch [die]3 gestrige Excursión hingenommen, wenn auch mit Murren u. etwas mehr Brom etc. Heut tobt hier ein heißer Frühlingssturm, so daß draußen kaum zu existieren ist. Eben kam Dein Kärtchen aus Herrnskretschen. 1 Aber, liebes unvernünftiges Kerlchen, wenn die viele geistige Anregung nur gut thut! Eigentlich solltest Du j etzt müde, zerschlagen u. eher etwas unter als über dem Strich in der Anregbarkeit und Angeregtheit sein! Ein bischen stumpf und geistig „reduziert"! Bedenklich ist mir auch das Diktum, daß man die Schlaflosigkeit ignorieren solle2 - es ist mir von Constanz 3 her so verdächtig bekannt. Hoffentlich kommt nicht zu viel Abspannung in Heidelberg nach. Aber auf eine solche müssen wir uns wohl gefaßt machen u. dann etwas überlegen, wohin zu gehen Du recht viel Neigung hättest, für den Herbst eventuell, sei dies der hohe Norden oder Holland oder Sils oder Paris etc. Ist denn Dein Blut untersucht? Das glaube ich wohl, daß das den Doktors dort passen kann, so mit Dir zu plaudern und vergnügt zu sein! Ich möchte es hier gern auch mit Dir haben! Wie mir die Sache bekommen ist, muß sich ja erst zeigen. Mama trifft also Alfred in Como, sie scheint nicht sehr glücklich bei dem Gedanken, mit ihm/¡erwmzotteln
a Lochung. 1 Marianne Weber hatte von einem Ausflug nach Herrnskretschen an der Elbe, jenseits derböhmischen Grenze gelegen, am 29. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) eine Ansichtskarte geschickt, die Grüße von Otto Baumgarten, dem Ehepaar von Düring und ihr selbst übermittelte. 2 Marianne Weber hatte auf einer Karte vom 29. März 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, sie werde bei dem schönen Wetter und den morgendlichen Turnübungen im Freien „übermütig auch wenn der Schlaf sehr mässlg war." Im übrigen solle man sich „um das Nicht-Schlafen so wenig wie möglich kümmern." 3 Im Sommer 1898 hielt sich Max Weber In einem Sanatorium in Konstanz auf.
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zu müssen von Hotel zu Hotel. Ob ihr nicht Florenz zu viel wird? Dann lasse ich es lieber u. wir gehen nach Villa Serbelloni4 oder so was. Morgen mehr, herzlich küßt Dich Dein Max 5 Simson habe ich geschrieben. 5 Georg 6 auch.
4 Villa Serbelloni, Hotel in Bellagio am Corner See, in dem sich Max und Marianne Weber im April 1907 auhielten. 5 Der Brief an August von Simson ist nicht nachgewiesen. 6 Georg Müller, vgl. den Brief an Georg Müller vom 28. März 1908, oben, S.485f.
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Marianne Weber PSt 2. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Donnerstag morgen. Lieber Schnauzel! Gestern der gewaltige heiße Sturm hat meinen Schlaf stark [ges]tört a , ohne Bromural ging es nicht. Heut ist ein wunderbar schöner Tag, Vollfrühling, und ich werde etwas auf die Berge zu steigen suchen. Der 5 Frühling ist hier ja etwas Anderes als bei uns, das empfindet man, wenn man durch diese Macchien und Kiefernwälder geht. Die vielen dunkelgrünen, graugrünen, olivengrünen und grauen Töne, die Allem untermalt sind und Alles wachsfarbenartig dämpfen, tragen die Töne des Spätherbstes mit ihrer leisen Schwermuth auch in den Frühling hinein, 10 der nur wie ein Brautkranz zur silbernen Hochzeit auf der Stirn reifer Schönheit sitzt. Eine junge Seele und ein fröhliches Herz in einem nicht mehr jungen, gebundenen und gehemmten Körper ist aber eben auch etwas werth, vielleicht mehr als das gedankenlose Brausen der Jugend, die nichts ist als eben jung. - Doch ich werde ja beinahe Simmel'sch u. 15 dazu ist es heute doch zu schön draußen. Noch ist (V28) die Post nicht da. Addio, Liebstes, laß es recht gut gehen u. sei vernünftig! Herzlich küßt Dich Dein Max
a Lochung.
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3. April 1908 Marianne Weber PSt 3. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Freitag früh. Liebes Schnäuzchen, gleich nach |:Absendung: | meiner Karte kam Dein liebes, ja ganz vergnügtes, und interessantes, Briefchen. Ich habe es oben unter den Kiefern auf den Hügeln liegend gelesen. Nachmittags war ich dann zu Wagen die Küste entlang spazieren bis zu der Bucht von Canadel 3 , wo man entzückend, ganz geschützt, unter Pinien am Strande liegt. Jetzt entsteht da ein Hotel am Meer, welches sicher das schönste dieser Küste, - aber wohl auch teuer - wird. Ich lag da eine Stunde am Meer u. fuhr dann nach einem andren ganz neuen Hotel (Aiguebelle) auf einer Höhe über der Straße sehr verlockend gelegen. Sehr hübsch, alle „accomodations", aber statt 7Fr. wie hier, auch 11'/2—1214 Fr. Pension. Freilich wundervolle Vérandas an jedem Zimmer! Mit Dir sollten wir vielleicht doch in so etwas gehen, hier wäre es Dir möglicherweise doch zu primitiv. Heut Nachmittag werde ich eine Wagenpartie nach dem Forêt du Dom b , einem alten Staatswald oben in den Bergen machen. Vermutlich etwas kühl, - aber es ist herrliches Wetter. Der Dämon schimpft gewaltig, qualitativ ist der Schlaf (bei Brom) nicht erquicklich, quantitativ genügend (10-5). Ich gehe stets um 148 oder 7 Uhr in die Klappe, gleich nachdem ich einen Käse u. Orangen gegessen habe. - Eure Ansichtskarte erhielt ich.1 Grüß bitte wieder! Sonst ist nichts zu berichten, ich lese sehr wenig u. nur leichte Sachen. Der Kopf würde vielleicht Besseres leisten, aber der Dämon gestattet es nicht. - Jellinek, der mich hier mit der Yacht seines Bruders 2 abholen wollte, schreibt eben eine seekranke Karte: das könne er nicht. Ich sehe ihn in 8 Tagen in Nizza. Eben kommen auch Deine sehr lieben, aber müden Kärtchen. Nun sei recht vorsichtig u. halte Dich ruhig. Herzlich küßt Dich Dein Max a 0: Calandel
b O: Dôme
1 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 1. April 1908, oben, S. 498, Anm. 1. 2 Emil Jellinek-Mercédès.
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Marianne Weber PSt 3. April 1908; PSt Le Lavandou Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freitag Mittag. Lieber Schnauzel! Ich werde nachträglich noch etwas äng[stl]icha, ob Du auch wohl richtig behandelt wirst.1 Nicht wahr, Du sagst dem Arzt doch, daß die Behandlung Dich erregt? Die Ärzte haben, das zeigte ja meine Behandlung in Constanz, 2 keineswegs immer das richtige Augenmaß. Aus naheliegenden Gründen dürfen sie das „Animalische" nicht zu leicht und schnell anregen, sonst bleibst Du in dem Überreizungszustand, in dem Du bist. Zum Schlafen insbesondre müssen sie Dich bringen. Ev. mußt Du, nachdem Du Deine „4—5 Stunden" (viel zu wenig, um irgend etwas geistig zu thun oder Dich anregen zu lassen) geschlafen hast, noch Veronal oder so was nehmen, um dann noch 4—5 Stunden zu schlafen. Du wirst Dich dann stumpf u. zerschlagen fühlen, aber das ist nötig. Ich denke mir fast, das Beste wäre, ich besuchte Dich Anfang Mai im ,,W[eißen] Hfirsch]" u. Du bliebst dann mit mir noch einige Wochen dort (d. h. ich als „Gast"). Mama möchte ohnehin noch 8 Tage mit uns zusammen sein, das könnte dann dort geschehen. Du hast ein langes reiches Leben vor Dir, auf ein etwas vegetativ hingebrachtes Halbjahr kommt es da nicht an. Im Sommer gingen wir dann zusammen in den Wald irgendwo. Ich bleibe also hier bis Mittwoch (8ten). Briefe brauchen 2Vi Tage, spätester Termin zum Schreiben also Montag früh. Dann bin ich VA Tage in: „La Croix (Var), Sanatoire de Sylvabelle" (Briefe bis Dienstag Nachm[ittag]). Dann: Nizza, poste restante (Briefe bis Mittwoch). Wo dann, schreibe ich, sobald ich von Mama etwas gehört habe.
a Lochung. 1 Marianne Weber schrieb in ihren Karten und Briefen häufig von wenig Schlaf und vielen abendlichen Gesprächen; beides stimmte Max Weber offenbar bedenklich. Die Kurtherapie, die sie erhielt, bestand aus Bädern, Rückenmassagen, Gymnastik und Luftbädern, hinzu trat eine das Körpergewicht vermindernde Diätkost. 2 Max Weber bezieht sich auf die Erfahrungen, die er im Juli und August 1898 bei seinem Aufenthalt im Sanatorium Constanzer Hof in Konstanz gemacht hatte, vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S.248.
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Hier ist wunderbares Wetter. Ich fahre in einer Stunde für den Nachmittag fort. Wären nur die Wagen nicht so teuer! Herzlich küßt Dich Dein Max
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Marianne Weber PSt 4. April 1908; PSt Le Lavandou Vier Karten; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die vier Karten sind fortlaufend beschrieben und eigenhändig mit den Ziffern 1), 2), 3), 4) bezeichnet; sie sind jeweils adressiert und tragen gleichlautende Poststempel. Die Abbildungen zeigen Ansichten von Le Lavandou, Cap Nègre und Bormes.
Samstag früh. 1) Liebes Schnäuzchen. Ich schicke hier so ein paar 3 Kärtchen, die die Umgegend von Hotels zeigen, die ich mir angesehen habe. Namentlich das umstehende 1 käme vielleicht einmal in Betracht (Pension 11-1214Fr. für ein schönes, d. h. mit Verandaanteü versehenes Zimmer (keine Canapés, Zimmer nicht groß, aber sauber, Aussicht wundervoll, Centraiheizung u. elektrisches] Licht- daher der Preis b , - Rohrliegestühle erhältlich, sehr schöne Räume unten, Glasveranda mit zahlreichen Sitzgelegenheiten etc.). Oder auch: Bormes, auf der Höhe an den Bergen windgeschützt gelegen, mit schönem Hotelpark u. Waldpartien in der Nähe! 2) Hier die Ansicht, 2 der weite Blick über Land u. Meer ist von da wundervoll |:u. das Hotel nicht teuer:) Oder ein im Bau begriffenes Hotelchen an der Bucht hinter dem Cap Nègre, dessen Bild ich als N° 3 mitschicke. Oder endlich hier-ohne elektrisches] Licht u. Heizung, dafür natürlich sehr billig, wie in Pardigon auch. Oder die „Sylvabelle" mit ihren 15 Fr. Pension u. Vegetarierkost. Nun das sind Zukunftssorgen. Eben erfreute mich Dein liebes Briefchen, - also Du gehst noch immer auf Abendschwätzchen? Wenn Du nur schlafen möchtest, Liebstes.
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1 Die Ansicht Ist beschriftet mit: Le Lavandou - Alguebelie. 2 Die Ansicht Ist beschriftet mit: Bormes (Var). - Vue générale.
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3) Gestern Nachmittag war ich auf einer weiten Wagentour in den Forêt du Dom oben in den ernsten, fast düstern Bergen. Ich bin dann eine gute Stunde bergauf bergab auf wundervollen „Schwarzwald"-Wegen gegangen, mit weiten Blicken über Tannen- und immergrünen Korkeichenwald in langgestreckte Bergthäler. Man konnte denken, in deutschen Wäldern zu sein, - nur das dunkle Immergrün der Macchia und der Bäume ändert den Ton. Der Dämon schimpft und tobt, - aber er hat sich 4) die Sache doch gefallen lassen. Nur die Verdauung sistiert er möglichst, und wenn ich sie durch Citronaden etc. beschleunige, dann geht mein Profit an Verschlänkerung wieder in Verlust, trotzdem ich jetzt ausgerechnet nicht ganz Vi von Dem esse, was die dünnste Dame an der Table d'hôte sich leistet, - Abends ja nur Käse und Orangen, aber auch Mittags sehr wenig. Etwas abgenommen habe ich aber doch. Ich gehe also Mittwoch nach Sanatoire Sylvabelle près La Croix (Var), dann Nizza (poste restante), wie ich schon schrieb. Herzlich küßt Dich Dein Max
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Marianne W e b e r P S t 5. April 1908; P S t Le L a v a n d o u Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Sonntag früh! Liebe Schnauzel, heut kommt keine Post u. fol[gli]cha höre ich nichts von Dir u. wie es Dir geht. Gestern blieb ich, da der Sturm zu stark war, ganz zu Haus bis auf Spaziergänge am Meer u. Lesen. Aber diese Combination: Lesen u. frische Luft, ist den Nerven ebenso unzuträglich wie die andre Lesen u. Gehen. Geistig kann ich nichts thun, wenn ich mich nicht ganz ruhig halte, am besten ganz im Zimmer, jedenfalls ohne bewegte Luft. Das war in gewissem Sinn ja immer so u. wird auch so bleiben. Folglich werde ich in Heidelberg die „frische Luft" u. das Gehen zu meiden haben u. umgekehrt in den „Ferien" nichts als Gehen u. frische Luft, ohne Lektüre, genießen müssen, ebenso wie Du diese und jede intensivere Unterhaltung in Zeiten, wo Du massiert wirst etc., wie jetzt, meiden mußt. Ich will nun sehen, ob morgen der Wind sich etwas legt; dann werde ich, wenn die „Umstände" es erlauben, einen Ausflug nach Nîmes, Arles, Avignon (2 Tage) unternehmen, ehe ich dann Mittwoch Nachmittag, spätestens Donnerstag früh, nach Sylvabelle (La Croix, Var) und dann Freitag/Sonnabend nach Nizza (poste restante) übersiedle. Dort bleibe ich übrigens wahrscheinlich nur einen Tag und gehe dann, je nach Mama's Nachrichten, weiter, zunächst wohl nach Pisa oder Lucca. Ich schreibe das nächster Tage, sowie ich von Mama Nachricht habe, die ich sehnlich erwarte. Alfred scheint wieder schwer zu Stuhle zu kommen, 1 dann hätte er eher zu Hartmanns 2 gehen sollen u. Mama mir lassen können. Laß Dich herzlich küssen von Deinem Max a Lochung. 1 Max Weber vermutete, daß er deswegen nichts von seiner Mutter höre, weil Alfred Weber, mit dem Helene Weber verreisen wollte, sich nicht definitiv habe entschließen können. Helene Weber hatte aber bereits am I.April 1908 Alfred Weber in Lugano getroffen und mit diesem am 5. April 1908 Portofino erreicht. Vgl. Notizen von Helene Weber, Reise mit Alfred, BA Koblenz, NI. Alfred Weber. 2 Gemeint sind vermutlich Ludo Moritz Hartmann und dessen Frau.
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6. April 1908 Marianne Weber PSt 6. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Montag früh Lieber Schnauzel, gestern war Sonntag, aber auch [heu]ta ist noch kein Kärtchen von Dir da. Hoffentlich nicht Folge schlechten Befindens! - Von Mama noch kein Sterbenswörtchen! Sie wird doch nicht meine Adresse vergessen haben? Vor 8 Tagen hatte ich einen Brief von ihr. - Mein Ausflug nach Nîmes ist verregnet u. ich bleibe hier, fahre also übermorgen nach der „Sylvabelle", dann Freitag nach Nizza, Sonntag hoffe ich in Pisa (ferma posta) zu sein, Montag | : Abend :| in Florenz (ferma posta vorläufig). Wenn ich merke, daß Mama zu müde ist, um etwas von einem Aufenthalt dort zu haben, dann fahre ich zu ihr u. wir bleiben am Comer oder am Gardasee. Auch wird es darauf ankommen, ob ich für sie ein behagliches Zimmer (am liebsten im Hotel garni, um frei zu sein) in Fl[orenz] finde. Gestern war ich nochmal per Wagen in Bormes, u. kletterte im Park des dortigen sehr schönen Hotels 1 Stunde umher. Jetzt sind in Frankreich Osterferien u. das Publikum ist zahlreicher, die meisten Hotels ganz voll. Ich fürchte, das wird in Italien auch so sein. Hab nochmals schönen Dank für Dein liebes Briefchen mit so viel Interessantem, von mir giebt's nichts Besondres zu erzählen. Ottos 1 Zipperlein scheint aber doch eine recht dauerhafte Sache zu sein, ein rechtes Unheil auch für seine Berufsthätigkeit. Laß Dir's recht gut gehen, mein Liebling. Während ich zuerst, wo ich schwach war, nicht ungern allein war, fange ich je länger je mehr an, Dich hier, wo es jetzt schön wird, recht zu vermissen. Herzlich küßt Dich Dein Max
a Lochung. 1 Otto Baumgarten.
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1908
Marianne Weber PSt 7. April 1 9 0 8 ; PSt Le L a v a n d o u Karte; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Liebes Schnäuzchen. Gestern Nachmittag erfreute mich Dein liebes Kärtchen. Aber ich möchte doch nochmals s]agena: so lange Du nicht besser schläfst, ist die Cur nicht soweit fortgeschritten, daß Du sie abbrechen dürftest. Ev. muß eben die Methode geändert werden, denn jede Cur ist bei Nervensachen ein Probieren! Aber Schlaf müssen sie Dir schaffen, ev. zuerst durch Medikamente, wie es mit mir s.Z. auch ging. Du wirst Dich dann sehr kaputt fühlen zuerst, aber das ist ja unvermeidlich. Ich habe immer Angst, sie machen den Fehler aller Nervenärzte und überreizen Dich. Dann erzielen sie es, daß Du Dich dort wohl fühlst u. nachher zu Hause kaputt bist. Das Umgekehrte ist doch das Richtige. Frau Simmel hat 6 Wochen unter einem Feigenbaum gelegen, u. gar nichts thun können. Dann ging es aufwärts. - Das glaube ich schon, mein Liebstes, daß die Leutchen Dich gern haben. Aber über die „Sonne" würden sie sich, wenn sie die Idealgestalt |:der Construktion:| meines Mädele mit der Wirklichkeit meines „Ich" verglichen, wohl recht arg enttäuscht sein. Sie könnten uns ja in Heidelberg besuchen in ihren Ferien. 1 - Von Mama, die doch nun 7 Tage von Haus fort und jedenfalls seit 5 Tagen bei Alfred ist, noch immer nichtsl Ich weiß wirklich nicht, wie mit ihr in Verbindung kommen, u. doch wäre es Zeit, zu wissen, wie man sich endgültig einrichtet. - Heut ist hier sehr schönes Wetter, Nachmittags unternehme ich etwas. Morgen geht es nach Sylvabelle, Freitag nach Nizza. Herzlich küßt Dich Dein Max
a Lochung. 1 Marianne Weber hatte auf ihrer Karte vom 4. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, sie sei mit Dr. von Düring und dessen Frau in freundschaftlichen Kontakt gekommen und diese wollten Max Weber, „die Sonne dieses Möndchens", gerne kennenlernen.
7. April
1908
509
Marianne Weber PSt 7. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Diese Karte ist ein Nachtrag zur Karte vom gleichen Tag und trägt die Ziffer 2).
2) Noch eins, liebes Schnäuzchen, ehe ich es [ver]gessea: habt Ihr wohl auch die russischen Zeitungen, für die ich den Zettel herausgelegt hatte, neu bestellt. Sonst müßte dies sofort geschehen, d.h. Du müßtest 40 M. 5 an den Briefträger Hörner schicken, damit er sie (mit Nachlieferung der Nummern seit 1. April) neu bestellt. Oder vielleicht besser an Ickraths1 mit dem Auftrag, das Geld ihm zu geben (ich kann den Namen des Briefträgers nicht lesen: Hörner, Härner oder Hörnle). Bitte thu das ev. ja. Ich kann die Sachen, sobald ich wieder an russische Probleme kom10 me, nicht entbehren, auch wäre es schade um die UnVollständigkeit. Denn ich möchte sie sortieren u. binden lassen. Noch einen herzlichen Kuß! Dein Max
a Lochung. 1 Gemeint sind die Vermieter der Wohnung Max und Marianne Webers in der Ziegelhäuser Landstraße 27.
510
8. April 1908
Helene Weber 8. April 1908; BK Le Lavandou Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Grand Hôtel de la Méditerranée Le Lavandou (Var) Le Lavandou (Var), le 8 . 4 . 1 9 0 8 Liebe Mutter, ich bin ganz glücklich, Euch in Portofino zu wissen, welches ich kenne und zwar als einen der wenigen wirklich ganz schönen und das heißt vor Allem: automobilfreien oder doch automobilarmen Punkte der Riviera. Ich werde nicht darauf drängen, daß wir überhaupt von dort weiter gehen, da ich den Eindruck habe, daß D u recht müde und ruhebedürftig sein mußt. Nach Pisa allerdings würde ich sehr gern mit Dir einmal herüberfahren; der stille grüne Rasen mit der jugendlichen Schönheit des D o m e s ist ein zu unvergeßlicher Eindruck. Aber das ist eine bequeme Tagespartie von Portofino aus. Meine Briefe hatte ich allerdings nach Florenz bestellt, aber das läßt sich ja ändern. Jedenfalls also 3 treffe ich mit Dir in P[ortofino] zusammen. Und Alfred will schon wieder zurück, Anfang der Woche? so verstehe ich Deinen Brief. Wahrscheinlich der Collegvorbereitung wegen? Aber vor dem 30. April wird ja kein Mensch anfangen zu lesen. Vielleicht entschließt er sich doch noch für ein paar b Tage. Ich gehe heute von hier nach Nizza, da ich Jellinek versprochen hatte, ihn dort zu treffen, bleibe aber jedenfalls nur ganz kurz, 1 - V A Tage, denn ich habe keine Lust, ihn sein Bedürfnis, „wichtige" Dinge zu bereden, allzu sehr an mir austoben zu lassen. Erst wollte er mich hier mit der Yacht seines Bruders 1 (österr. Consul, steinreich verheirathet) abholen, - aber nach Vi Stunde | : Fahrt: | wurde er seekrank u. fürchtete für sein Leben u. den 2. Band seiner „Staatslehre". 2 Jetzt will er mich mit dem Automobil, am liebsten bis Pisa, fahren, - es ist ein
a (habeich)
b 0 : par
1 Emil Jellinek-Mercédès. 2 Georg Jellinek wollte seiner Allgemeinen Staatslehre eine Besondere Staatslehre anfügen, die aber nicht erschienen ist.
8. April
1908
511
guter und auch sehr treuer, aber unsäglich grotesker Mensch, so gescheidt er ist. Marianne hat eigentlich immer glücklich und zufrieden geschrieben. Aber ich bin doch enttäuscht, daß es bisher nicht gelungen ist, ihren Schlaf zu verbessern. Die Nervenärzte machen eben alle den Fehler, daß sie vor Allem die Nerven anregen. Der Behandelte befindet sich dann in der Anstalt subjektiv sehr gut, u. das gilt als Beweis, wie richtig er behandelt wird. Nachher aber kommt die Abspannung. Ich habe ihr gerathen, nochmal die ganze Sache mit dem ja offenbar sehr feinen und reizenden Arzt durchzusprechen, u. ev. alle andren Behandlungsmethoden außer der Ruhe zu lassen. Immerhin kann man ja zu den Ärzten dort das größte Vertrauen haben, das scheint sicher, und die Nerven-Therapie, die jeder „Theorie" vorerst entbehrt, ist nun einmal vorerst eine auf rein empirisches Probieren angewiesene Kunst für jeden einzelnen Fall. Mir ist es ganz erträglich gegangen. Nach etwa 2/4 Wochen fast völligen Liegens auf der Causeuse 3 und von 7 Uhr ab im Bett habe ich die letzten 10 Tage eigentlich täglich Partien unternehmen und ca. 1 Stunde Berge klettern können, - was seit Jahren nicht geschah, - allerdings nur unter der Bedingung, nichts zu lesen. Die „Mittel" bin ich (außer Bromkali) los, nachdem ich während der Liegeperiode gar keine angewendet hatte. Nur die Nacht vor einer Reise kann ich nicht ohne sie auskommen. Ob nachher das Arbeiten gehen wird, muß sich zeigen. Ich habe nun eben auch seit 5 Wochen täglich vielleicht nicht mehr als 4—5 Sätze mit Kellner oder Kutscher geredet. Ich schreibe von Nizza, wann ich komme. Ich würde schon gleich kommen, dächte ich nicht, daß Alfred nun erst auch einmal seine Ruhe u. vor Allem sein sehr begründetes Recht auf Dich, ohnehin schon so verkürzt in diesem Jahr, haben sollte. „Geteilte Mutter" sollte ja „doppelte Mutter" sein, ist es auch, wenn wir Alle wohl sind. Aber er hat so intensiv gearbeitet diesen Winter, daß ich mir ihn sehr ruhebedürftig denke. Herzliche Grüße Euch beiden einstweilen Euer Max
3 Ausdruck für kleines Sofa.
512
8. April 1908
Marianne Weber PSt 8. April 1908; PSt Le Lavandou Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Mittwoch früh Liebe Schnauzel, heut nur einen kurzen Gruß u. Dank für Dein liebes Briefchen vom Sonntag. Ich fahre heut direkt nach Nizza, da die Sylvabelle1 geschlossen ist. Mama ist in Portofino u. ich werde wohl etwa Sonnabend - Sonntag 5 dort sein. Schreibe also dorthin: Portofino, (Riviera di Levante), Hotel Delfino. Morgen werde ich Jellinek sehen. Mit Simmel habe ich mindestens 12 Briefe gewechselt!2 Herzlichst Dein Max
1 Vgl. Karte Nr. 4 an Marianne Weber vom 4. April 1908, oben, S. 505. 2 Von diesen Briefen sind nur zwei Briefe Georg Simmeis an Max Weber vom 18. und 30. März 1908 abgedruckt in: Gassen, Kurt, und Landmann, Michael (Hg.), Buch des Dankes an Georg Simmel. - Berlin: Duncker & Humblot 1958, S. 127-129.
9. April 1908
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Helene Weber PSt 9. April 1908; PSt Nizza Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Donnerstag. Liebe Mutter. Also ich werde Sonntag bei Euch 1 sein, Mittags oder Abends. Am liebsten natürlich im „Delfino", sonst in den andern Hotels. Bedürfnisse außer einem Bett habe ich in Bezug auf das Zimmer nicht, es ist ja jetzt warmes Wetter resp. wird es, denn gestern war es so kühl wie nur je seit dem 8 ten März. Heut muß ich mich also Jellinek ausliefern, für Auto, Yacht etc. etc. Ich hoffe ihm bald zu entrinnen, gehe vielleicht noch nach Turin zu m[einem] Freunde Michels, doch nur, wenn ich sehr wohl sein sollte. Cannes ist doch das schönste (vornehmste) von allen Bädern hier, Nizza nur „prächtig", nicht „vornehm". Aber alles unsinnig teuer. Zimmerpreis hier so hoch wie eine volle Pension in Lavandou. Hoffentlich treffe ich Euch recht erfrischt. Je nachdem können wir ja ganz dort bleiben oder über Pisa (-Florenz) zurückgehen. Du wolltest ja gern 1./2. Mai in Heidelberg sein, nicht wahr? Herzliche Grüße Max
1 Gemeint ist Sonntag, der 12. April 1908, bei Helene und Alfred Weberin Portofino.
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9. April
1908
Marianne Weber [9. April 1 9 0 8 ] ; BK Nizza Brief; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Datum erschlossen aus der Tagesangabe im Brief.
Terminus Hotel Nice Donnerstag früh. Liebe Schnauzel, nun bin ich also von der schönen Küste fort, - d. h. sie ist, im Vergleich mit der eigentlichen „Riviera" mit ihren hohen Bergen, mehr „lieblich" als „schön"! Aber doch recht wohlthuend u. dabei eben doch billig. Ich zahle hier für das nackte Zimmer dasselbe wie dort für volle Pension! Heut werde ich nun also wohl gänzlich in Jellinek's Händen mich befinden, brieflich kündigte er schon alle denkbaren Genüsse an, ich solle bei seinem Bruder 1 (öster. Consul hier) wohnen, Yacht fahren, Auto fahren etc. etc. - nun ich werde Dem Allem zu entrinnen wissen. Er ist ein guter aber grotesk komischer Kerl. Ich sollte die Stunde meiner Ankunft hier angeben, damit er mich im Automobil abholen, u. in mein Hotel fahren könne - also soll eigens die protzige Maschine angeheizt werden, um mich die 5 Minuten zu fahren u. in die richtige „Stimmung" zu versetzen. Auch hier in der Gegend giebt es sehr schöne und billigere Punkte. Le Trayas z.B. am Esterei-Gebirge, rother Gneis u. Porphyr mit dunklen grünen Fichten, u. man hat Cannes - doch das vornehmste von Allem hier (englische Aristokratie) mit seinen wunderbaren Villengärten - so zu sagen vor der Thür. Vielleicht gehe ich das nächste Mal zuerst da hin. Mama ist also in Portofino, Riviera di Levante, Hotel Delfino, u. dahin gehe ich auch. |:Das ist also meine Adresse. :| Es ist ganz reizend da, auf der Spitze der Halbinsel Portofino, wenig „Autos" (die Qual der Riviera!) etc. Ich schrieb ihr, daß ich sie zu weiterem nicht drängen werde. Freilich, ich glaube, daß Pisa, die Lorenzo-Kapelle u. Santa
1 Emil Jeliinek-Mercédès hatte die Verkaufsrechte für Automobile der Daimler Motorengesellschaft, die seit 1901 nach dem Vornamen seiner Tochter „Mercedes" genannt wurden, und betrieb den Verkauf von Motorbooten; er bewohnte eine große Villa in Nizza, 54 Promenade des Anglais.
9. April
1908
515
Croce in Florenz eben doch auch für sie etwas bedeuteten, wenn sie sich etwas frisch fühlt. Aber man muß das abwarten. Schönsten Dank, mein liebstes Herz, für Dein liebes warmes Briefchen. 2 Wir werden nie unglücklich werden, nur gelegentlich „geplagt", Du auch recht sehr, mein Kind, das weiß ich u. sehe es jetzt erst recht. Das Schicksal hat weiß Gott wunderliche Launen, aber es hat Grenzen seiner Macht u. es wird über die Jugend unsrer Herzen nichts vermögen u. sie nicht mit seinem Rost überziehen können, wenn wir nicht wollen. Nun bin ich nur begierig, wie es Dir weiter geht. Die Nervenärzte machen eine Sache offenbar alle gleich: sie „regen" die Nerven an, der 3 Patient fühlt sich infolgedessen subjektiv wohl u. leistungsfähig: das beweist dann, wie gut ihm die Anstalt bekommt, - hinterher, zu Hause, hat er dann den Kateru. ist deprimiertu. zerschlagen: neuer Beweis, daß die Anstalt das Eldorado ist! Profit tout clair! Aber das Umgekehrte wäre eigentlich das Richtige. Ruhe, Abspannung, Depression, dann allmälig Anregung. Hoffentlich haben wir in Heidelberg nicht zu viel nachzuholen. Nochmal, mein Herz: Mir scheint, es ist richtig, Du bleibst bis in den Mai hinein dort u. ich komme (mit Mama |:vielleicht?: |) in der ersten Maiwoche dorthin, Dich zu besuchen für 8 Tage. Mir scheint, erst jetzt fängt Deine „Cur" an, wenn die Ärzte verständig sind! Du würdest dann in der zweiten Hälfte Mai wieder in Heidelberg sein, wo es anfängt, wirklich schön zu werden. Vorher ist ja immer Regen u. Gewitterschwüle. Überlegs Dir doch. Bertha3 könnte dann auch länger fortbleiben, wenn sie will. Jetzt will ich also zu Jellinek's. Laß Dich herzhaft küssen von Deinem Dich liebenden Max
a
(Kranke)
2 In ihrem Brief an Max Weber vom 5. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) hatte Marianne Weber davon geschrieben, sie beide hätten „den Frühling und die Jugend", wenn sie sich des „intensiven Lebensgefühls jedes Sonnentages" und des „heißen Empfindens" zwischen ihnen freuen könnten. Sie bezieht sich indirekt auf die Karte von Max Weber an Marlanne Weber vom 2. April 1908, oben, S. 500. 3 Bertha Schandau.
11. April 1908
516
Robert Michels PSt 11. April 1908; BK Genua Brief; eigenhändig AFLE Turin, NI. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 59 Datiert nach dem in Fasz. 59 beiliegenden Briefumschlag.
Hôtel Londres - Gênes Sonnabend. Lieber Freund! Ich telegraphierte gestern |:früh Vi9 Uhr:| von Nizza, ob ich Sie heut antreffen würde u. erbat Rückantwort (RP) nach Savona, Stazione ferroviaria. Dort aber war nichts u. kam auch bis Abends gegen 8 Uhr nichts u. so fuhr ich hierher. Da das Telegramm bei der Aufnahme correkt gelesen wurde, müßte |:in Turin: \ ein Irrtum unterlaufen sein, wenn es nicht an Sie (Michels, 1 Andrea Provana) richtig gekommen wäre. Also sind Sie offenbar nicht in Turin z. Z. Ich hörte ja auch, daß Sie nach Paris u. Amsterdam wollten, dort zu lecturern. 3 Mir thut es sehr leid, daß ich Sie nun in Turin nicht aufsuchen kann. Ich gehe zuerst für 8 Tage zu meiner Mutter nach Portofino („Hotel" Delfino) dann mit ihr nach Florenz f[ür] 8 Tage, dann heim. Ich kann meiner Mutter, die 65 Jahre alt wird u. die ich nur 1—2 Mal im Jahr sehen kann, keinen Tag mehr abziehen u. kann ihr auch nicht den einen vollen Eisenbahntag betragenden Umweg über Turin zumuthen, sie hat ein hartes Arbeitsleben hinter sich u. Anspruch auf Ruhe. Läge Turin nicht so elend im Winkel, so würde ich ihr vorschlagen, mit mir über Turin zurückzufahren, es würde sie sicher sehr freuen, Sie beide kennen zu lernen. Aber körperlich muß ich sie schonen u. es geht auch wegen der Zeit nicht, die zu kurz würde, um mehr als 1 Tag in Turin zu bleiben. Wäre es wohl ganz unmöglich, daß Sie nach b Portofino oder wenigstens nach Genua kämen? Ich möchte es Ihnen nicht zumuthen, da Sie schließlich Ihre Zeit auskaufen u. brauchen, - aber vielleicht führt Sie der Weg in der nächsten Woche dorthin? Das wäre reizend! Bis Dienstag ist auch ein Bruder (jetzt in Heidelberg mein Nachfolger) bei uns.
a Unsichere Lesung
b (Turi)
11. April
1908
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Jedenfalls: schreiben Sie mir, wie es Ihnen eigentlich gehtl Eine Influenza mit Lungenentzündung ist kein Spaß u. wirkt u[nter] Umständen] nach! Für jede Benachrichtigung wäre Ihnen aufrichtig dankbar Ihr freundschaftlich ergebenster 5 Max Weber
518
11. April 1908
Helene Weber PSt 11. April 1908; PSt Genua Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hôtel de Londres Gênes Sonnabend Mittag Liebe Mutter, also ich komme morgen, Sonntag, u. zwar, wenn ich mich nicht verschlafe, schon morgens, ca. 10 Uhr, andrenfalls - das weit Wahrscheinlichere - nach 12 Uhr zu Euch. Heut möchte ich mir, für künftige Fälle, noch 5 Pegli ansehen. Mein Turiner Freund 1 scheint nicht dort zu sein, da ich keine Nachricht erhielt; so sparte ich den Umweg. Hoffentlich ist von Marianne Nachricht für mich eingetroffen, ich habe seit Lavandou, also seit 3 Tagen, nichts mehr gehört. Herzl. Grüße auf Wiedersehen 1o Max
1 Robert Michels.
11. April
519
1908
Marianne Weber PSt 11. April 1 9 0 8 ; PSt G e n u a Karte; e i g e n h ä n d i g B e s t a n d Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Hôtel de Londres Gênes Liebe Schnauzel, nur schnell einen Gruß, damit Du nicht denkst^ ich hätte Dich vergessen. Gestern war ich den Tag über unterwegs, wartete in Savona auf ein Telegramm von Michels auf meine Anfrage^] ob sie da seien, bekam es 5 aber nicht u. da ich nicht aufs Ungewisse nach Turin fahren wollte, so fuhr ich hierher weiter (ohnehin wäre Turin ja wieder eine unnötige Strapaze, 2 Mal Bahnfahrt à 13 Fr. u.s.w. gewesen) 3 . Für morgen habe ich mich in Portofino angemeldet, heut möchte ich noch nicht hin, da Alfred Mama so wie so so kurz hat. 1 Von meinem Mädele habe ich nun io seit Lavandou (Mittwoch) nichts gehört, alles Andre muß zu spät gekommen sein u. ich habe es mir nachbestellt nach Portofino. Hoffentlich geht Alles gut, bald mehr von Deinem Dich herzlich küssenden Max
a Klammer fehlt In O. 1 Helene Weber war am 2. April 1908 mit Alfred Weber in Lugano zusammengetroffen und seit dem 5. April 1908 mit ihm In Portofino.
12. April 1908
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Marianne Weber PSt 12. April 1908; Portofino Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Portofino, Albergo Delfino Sonntag Lieber Schnauzel! Eben bin ich hier einquartiert] 3 in einem Albergo, welches stark an unsere Villa Cappella in Neapel erinnert, 1 sowohl nach Sauberkeit wie nach Ausstattung. Alfred ist noch da, reist schon morgen zurück. Mama scheint zuerst sehr herunter gewesen zu sein, jetzt sieht sie erträglich aus, freut sich aber offenbar sehr hier ruhig zu sitzen. Ob wir noch weiter gehen später, wird von ihrer Lust dazu abhängen. Vorerst bleiben wir jedenfalls hier. Michels scheinen nicht in Turin gewesen zu sein, ich bekam keine Antwort auf meine telegraphische Anfrage. Zur Zeit regnet es stark u. ist sehr kühl für meine jetzigen Begriffe. Aber das kann hier ja nie lange dauern. Schönsten Dank für Dein liebes Briefchen nach Sylvabelle b das mir hierher nachkam, ebenso das Kärtchen nach Nizza. Hoffentlich geht es weiter recht gut! Also schön, wir werden uns dann Anfang Mai in Heidelberg sehen, das entspricht auch Mamas Wunsch. Hier ist es wunderschön, wohl der schönste Punkt der östlichen Riviera, keine „Auto's" u. dgl. Aber freilich sehr primitiv für 6 Lire den Tag. Herzlich küßt Dich Dein Max
a Lochung.
b Nizza > Sylvabelle
1 Max und Marianne Weber wohnten im April 1901 in der Villa Cappella in Neapel.
13. April
1908
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Marianne Weber PSt 13. April 1908; [Portofino] Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Ort erschlossen aus dem Inhalt der Mitteilungen; Poststempel „Amb. te Pisa-Torino."
Lieber Schnauzel, wir bringen eben Alfred nach der Bahn u. sitzen in Erwartung des Zuges. Daher nur schnell einen Gruß, es ist kein besondres Wetter u. etwas kühl. Mama ist leidlich frisch u. genießt die Ruhe sehr. Alfred 5 scheint es auch leidlich zu gehen, nur die Abneigung gegen alles Deutsche ist in einer Mama etwas alterierenden Weise hervorgetreten. Es ist in Portofino wohl der schönste Punkt der östlichen Riviera. Wir sollten unbedingt einmal dahin, nur der „Gasthof" ist etwas primitiv. - Vom Schnauzel nichts Neues vorerst! Mama u. Alfred grüßen herzlichst. io Laß Dich küssen von Deinem Max Montag Nachmittag.
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14. April 1908
Marianne Weber PSt 14. April 1908; PSt Portofino Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Dienstag früh Liebes Schnäuzchen! Alfred ist also geste[rn] a fort. Mama hatte er etwas deprimiert, einmal durch seine Schweigsamkeit - Folge der Abgespanntheit dann auch durch seine konstante Sehnsucht nach Österreich, die ganz begreiflicherweise nicht so schnell weichen wird. Er seinerseits hatte Mama direkt beängstigend heruntergewirtschaftet und „wie aus einer andren Welt" gefunden, als sie kam u. sich wahrscheinlich auch deshalb zurückgehalten. Es ist eben mit diesen ewigen Kindern (jetzt wieder Lili's, die nun überdies im Herbst - November - abermals die Welt vermehrt) 1 ein Elend, denn das kann sie nicht mehr. - Es ist jetzt in diesem wunderschönen Fleckchen Erde trübes, regnerisches Wetter; u. wir sitzen still - was ich recht gern thue. Aber man hat alles - Spaziergänge, Sitzplätze etc. in der Nähe u. nur das Hotelchen liegt etwas zu kalt für mich. Nochmal schönen Dank für Dein Kärtchen, das gestern kam. Es ist ja wirklich nett, wen Du dort alles hast, u. interessiert mich sehr. Die Dürings13 sollen uns nur ja besuchen. - Daß Anschütz nach Berlin u. Voßler nach Innsbruck berufen sind, hat wohl in der Zeitung gestanden? Ersterer mag nur in Gottes Namen gehen, um V[oßler] ist es schade. Laß Dich herzlich küssen von Deinem Max
a Lochung.
b O: Dühring's
1 Das dritte Kind von Lili Schäfer, Max, wurde am 21. November 1908 geboren.
16. April 1908
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Marianne Weber PSt 16. April 1908; PSt Portofino Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Donnerstag Lieber Schnauzel, schönsten Dank für Dein liebes Briefchen an Mama u. mich u. Deine Kärtchen an mich. Das ist ja nett, daß Du immer Menschen hast u. von 5 der Morawitz zu hören ist mir interessant.1 Sombart hat gelegentlich gesagt, er „habe daran gedacht, sie zu heirathen", - hätte er es doch gethan, der Schafskopf. Dein Briefchen nach La Croix habe ich erhalten, hatte ich das nicht geschrieben? Was mag denn Else 2 geschrieben haben? - Wir waren gestern mit dem Kahn in S. Fruttuoso bei etwas 10 bewegter See, Schnäuzchen würde wohl unwohl geworden sein. Es ist Alles reizend u. die Stimmung so schön, trotz der vielen Passanten unter Tage. Nur für den Vorfrühling liegt es zu kalt, hier ganz in der Bucht eingeschlossen, wir machen immer ein Läuschchen3 Kaminfeuer. Ich denke wir gehen jetzt dieser Tage nach Florenz (ferma posta), denn es 15 bleibt bedeckt u. Mama scheint es ganz gern zu thun, - d. h. ich werde mich nochmal vergewissern. Schlaf: gut, mit Brom, Verdauung jetzt da, wo ich wieder „rede". Mama ißt mit geringer Vorsicht, gestern der Hummer bedrückte sie dann, heut aber ist sie wieder in Ordnung. Sie ist, finde ich, ganz normal jetzt u. sehr behaglich. Nur unser Küken vermis20 sen wir beide recht sehr! Addio Liebstes, laß Dich küssen Max
1 Marianne Weber hatte mehrfach von ihren regelmäßigen Besuchen bei Lucia Morawitz berichtet, die im Sanatorium Lahmann bettiägrig war, vgl. Briefe vom 22. März 1908, 5. April 1908 und Karte vom 11. April 1908 an Max Weber, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 2 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 11. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, sie habe einen Brief von Else Jaffe erhalten. 3 Läuschchen bedeutet ein „Leichtes Feuer im Ofen", vgl. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für deutsche Sprache und Literatur (Hg.), Thüringisches Wörterbuch, bearbeitet unter der Leitung von Karl Spangenberg, IV. Band: L-Q. - Berlin: Akademie Verlag 1966, S. 133.
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17. April
1908
Marianne Weber PSt 17. April 1908; [Portofino] und PSt Pisa Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Karte ist in Portofino geschrieben und in Pisa mit einem Zusatz versehen zur Post gegeben worden.
Freitag früh
Liebes Schnauzel, also eben sind wir aufgebrochen u. erwarten den Zug nach Pisa, um dort heu[te] a zu bleiben u. morgen nach Florenz weiterzugehen. Es schien doch, daß Mama entschieden Lust dazu hatte u. frisch genug ist, wenn man die Sache mit Ruhe betreibt. Nun bin ich nur begierig, ob wir auch Platz in Florenz finden, da es gerade Ostern ist. Gestern haben wir noch einen großen Spaziergang gemacht, ein sehr schönes Hotel über Portofino angesehen für den Schnauzel künftig. Denn unser kleiner Schweinestall wäre doch nichts, namentlich da, sobald es warm wird, die Leute auch Abends kommen u. dann, wie gestern, bis 11 Uhr neben den Zimmern Spektakel ist. Nachricht von Dir finde ich nun erst in Florenz wieder (die Karten nach Portofino kommen uns nach dorthin)". Mama ist recht vergnügt und genußfähig. Die Verdauung ist bei ihr nicht ganz regelmäßig, aber doch in Ordnung. Laß Dir's recht gut gehen, liebstes Mädele, es küßt Dich Dein Max °In der Tasche behalten[??] d In Pisa war es herrlich! Aber Schnauzel hätte mitsein müssen
a Lochung. b Klammer fehlt in 0 . d Ein Wort nicht lesbar.
c Nachtrag vom Nachmittag des gleichen Tages,
18. April
525
1908
Marianne Weber [18. April 1 9 0 8 ] ; Pisa Brief; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus der Tagesangabe „Sonnabend". Grand
Hotel
Minerve
Pisa
Pisa Sonnabend früh Liebes Schnauzele, ehe wir nach Florenz abdampfen, kann ich Dir schnell noch ein paar 3 Zeilen schreiben, um zu sagen, wie sehr Mama offenbar hier die Schönheit genossen hat u. wie schade es war, daß Du nicht dabei warst. Weißt Du noch, wie wir von Corsika halbverschmachtet nach „Cultur" hier ankamen 1 u. an der Marmorherrlichkeit dieses einzigen Fleckchens in der Mauerecke auf dem stillen grünen Rasen uns berauschten? Wir haben uns gut Zeit genommen u. haben über 2 Stunden am, im und um den Dom gesessen u. dann die ganze Stimmung des weltabgeschiedenen Camposanto mit seinem friedlichen wilden Krautgarten zwischen dem schönen Maßwerk der Fenster des Rundganges auf uns wirken lassen. Derartiges giebt es doch nirgends in Italien wieder u. daß dies das Erste war, was überhaupt an Kunst des Mittelalters geschaffen wurde und so ausfiel, bleibt ein ewiges Wunder u. ein Glücksfall der Weltgeschichte, für den man heut noch danken muß. Wie kindlich-freudig ist das Alles u. wie unreflektiert und unaffektiert in aller seiner künstlerischen Abgewogenheit. Mama scheint wirklich ganz frisch, nicht anders als sonst, immer mit dem Wunsch zu gehen und zu sehen. Ich denke also, Florenz wird ihr nichts Böses thun und sie packen. Sie war erst über Alfred's Schweigsamkeit und Reizbarkeit, Menschenscheu u. Bedürfnis, für seinen „Naturalismus" | :und für Österreich gegen Deutschland, deutsche Frauen u. deutsche „Ethik":| einzutreten, deprimiert; wir haben dann lange dar-
a O: p a r 1 Am 14. März 1901 übernachteten Max und Marlanne Weber auf der Reise von Ajacclo nach Rom In Pisa. Vgl. Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 11. März 1901 und vom 17. März 1901, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446.
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18. April
1908
über geredet u. sie sieht es jetzt ebenso an wie wir, - d . h . ich habe ihr natürlich nur gesagt, er wolle eben für seine Freunde dort nicht leiden, daß man sie aus sexuellen Gründen für „minderwertig" halte u. fühle selbst die Schwere des Problems, frage sich auch manchmal: ob es denn lohne, dafür sich |:so:| zu strapazieren? Das sah sie natürlich auch ganz gut u. daß daraus alles Andre folgt. Vorher, ehe sie reiste, hatte |:zuerst Valborg 2 , dann:| Mariännchens 3 Krankheit u. dann Lili's Kinder 4 sie sehr strapaziert. Jetzt kauft sich also Karl auch ein Haus (das worin er wohnt) 5 u. braucht Kapital gegen Verzinsung. Ernst's 6 scheinen sehr befriedigt, Mama auch, - wenn nur die Kinder im Zaum gehalten werden! Lili erwartet zum November. Altenberg scheint sehr einsam zu liegen u. Mama ist nicht grade glücklich über den Wechsel. 7 Nun bekomme ich Deine nächsten Kärtchen erst in Florenz, wohin Alles nachbestellt ist. Hoffentlich geht es weiter gut, mein liebstes Kerlchen, es sind ja nun nur noch 14 Tage, wenn Du wirklich Anfang Mai nach Heidelberg willst. Laß Dich küssen, mein Kind, u. bleibe gut Deinem Max Mama grüßt sehr. Gleich geht der Zug.
2 Valborg Weber, Frau von Arthur Weber. 3 Marianne Müller, Tochter von Alwine (Wina) Müller, bekam während ihres Besuches bei Helene Weber eine Grippe. 4 Gemeint sind die fünfjährige Clara Schäfer und der dreijährige Albert Schäfer, die mit ihrer Mutter Lili Schäfer anläßlich der Übersiedlung von Neustettin nach Altenberg bei Helene Weber waren. 5 Karl Weber, seit dem I.Oktober 1907 etatmäßiger Professor für Architektur an der Technischen Hochschule in Danzig, wohnte in Oliva. 6 Gemeint sind Ernst und Clara Mommsen, die vermutlich mit ihrem neuen Haus sehr zufrieden waren. 7 Hermann Schäfer war von Neustettin nach Altenberg bei Köln versetzt worden, wo ihm die Restaurierung der Kirche der ehemaligen Zisterzienserabtei übertragen wurde.
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18. und 19. April 1908
Heinrich Rickert [18. und 19. April 1908]; BK Pisa und Florenz Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 25, Bl. 3 6 - 3 7 Datum erschlossen aus den Ortsangaben in den Briefen an Marianne Weber vom 18. April aus Pisa sowie vom 19. April aus Florenz.
Grand Höfel Minerve Pisa
Lieber Rickert! Ihr Eintreten für Windelband macht Ihnen persönlich alle Ehre, - aber es ändert am Thatbestand nichts. Sie dürfen mir insbesondre nicht mit der Unterstellung der „Dummheit" W[indelband]'s kommen, da ich grade behaupte, daß der Bericht mit großer Lebensklugheit so abgefaßt war, daß er, wenn sich der Berufung Schwierigkeiten entgegenstellten, 3 diese erhöhte und insbesondre Böhm die Sache beim Minister erschwertet Daß der faktische Erfolg genau dieser gewesen ist, geht jetzt, außer aus den Angaben Jellinek's, den ich sprach u. der W[indelband] (vergebens) durch Dick u. Dünn verteidigen wollte, namentlich u. definitiv aus der Unterredung meines Bruders mit Dusch hervor, dem er sich vorzustellen hatte. Es sei ja offensichtlich, daß W[indelband] den Vorschlag gegen seinen |:eigentlichen:! Wunsch gemacht habe, da er ja doch gewußt habe, daß Ihrh Vorschlag ein Scheinvorschlag sei. 1 ' S[immel] sei eben eigentlich kein Philosoph (steht |:auch:| im Bericht), wozu einen Soziologen, bei dem man nicht wisse, ob er später einen „wirklichen" Philosophen neben sich vorschlagen werde, u.s.w. u.s.w. Alles im An1)
Das hat W[indelband] natürlich gewußt. Er wäre sonst nicht so vergnügt gewesen, als die Frage mit Meinecke an die Fakultät kam, die er als eine ,,Kraftprobe"(!?) bezeichnete. Umso deutlicher tritt dann 0 seine Absicht bezüglich S[immel]'s darin hervor, daß er den honoris causa Vorgeschlagenen als „Einzigen" bezeichnet u., angeblich in Ihrem Interesse, S[immel] ihm gegenüber möglichst zurückstellt.
a (so)
b 0 : ihr
c Alternative Lesung: denn
1 Vgl. Brief an Heinrich Rickert vom 21. März 1908, oben, S. 471, Anm. 1
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Schluß an d Bemerkungen, die der Bericht auch enthält 2 ', mit dem Zusatz, der Minister habe sich denn „auch" in Berlin erkundigt. 2 Davon, daß W[indelband]'s Bericht nicht negativ ins Gewicht gefallen sei, kann nun keine Rede mehr sein, u. ich halte W[indelband] für viel lebensklüger und orientierter als mich u. weiß daher, daß auch er diese Wirkung voraussehen konnte und vorausgesehen hat. Ich müßte ganz neue Thatsachen kennen lernen, um mein Urteil darüber zu ändern. Wenn Sie (nicht: ich) das nun „gemein" nennen, so ist das Ihre Sache. Ich finde es einfach „echt professoral" und „bonzen^-mäßig. W[indelband] entwikkelt sich eben® nach dieser Seite. Und, lieber Freund, daß eine Rezensierung einer absichtlich rein kritischen Leistung als „zersetzend" mit dem Jargon der Pfaffen „nicht das Geringste zu thun" habe, - das kann auch „der stärkste Mann nicht behaupten". Zunächst: warum wurde wohl nicht gesagt, daß S[immel] selbst diese Leistung als lediglich kritisch beabsichtigt habe? daß er die Begründung eines andren „positiven" Standpunktes anderwärts beabsichtigt, und auch begonnen habe? (Wfindelband] selbst beurteilt die Erörterungen über Nietzsche - das „als ob", welches S[immel] nachweise - als „positive" Leistung in diesem Sinn). 3 Und vor Allem: wie kann W[indelband], der sich schwer hütet, den Boden seiner „Präludien" 4 zu verlassen (wo er die Möglichkeit der Begründung materialer ethischer 2>
NB. mein Bruder wußte das nicht. Da er „Naturalist" 5 ist u. gegen W[indelband]'sf Philosophie größtes 9 Mistrauen hat alsh gegen eine Apologie des Reaktionären u. Conventionalen, so habe ich mich natürlich sehr gehütet, ihm anzudeuten, wie ich W[indelband]'s Verhalten ansehe.
d (die)
e Alternative Lesung: aber
f 0 : W ' . (des) s
g O: größte
h (hat)
2 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jeilinek vom 21. März 1908, oben, S. 467ff. 3 Eine diesbezügliche Äußerung Windelbands ist in seinen Schriften nicht nachgewiesen. Möglicherweise bezieht sich Weber irrtümlich auf das Gutachten Windelbands, in welchem indes eine solche Formulierung fehlt. 4 Gemeint Ist die Aufsatzsammlung Windelbands: Präludien. Aufsätze und Reden zur Einleitung in die Philosophie. 3., verm. Aufl.-Tübingen: J.C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907. 5 Vgl. dazu Webers Definition des „Naturallsmus" In seinem Artikel: „Energetische" Kulturtheorien, in: AfSSp, Bd.29, Heft2, 1909, S . 5 7 5 - 5 9 8 (MWG 1/12); ebd. S.597: „.Naturalismus', das heißt: der Versuch, Werfurteile aus naturwissenschaftlichen Tatbeständen abzuleiten".
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Werthe ausdrücklich dahingestellt läßt)1,6 der nicht entfernt das gleiche Maß systematischer Leistungen vorgelegt hat, wie S[immel], - wie kann grade er mit diesem Vorwurf kommen? S[immel]'s Leistung in der „Einleitung" war eine „kritische", eine nur kritische. Aber wenn jemand das „zersetzend" nennt u. dann sagt, das sei ja nur eine andre Bezeichnung für jene „Thatsache" | :und Hume sei auch „zersetzend" gewesen: |, - so ist dies dasselbe, wie wenn Schmoller erst öffentlich Naumann einen Demagogen schimpft 7 und dann mir schreibt: auch Perikles sei ein Ör| 11070)76^ gewesen, u. das habe er gemeint1!8 Nein, Verehrtester, bei ruhigem Blut würden Sie Sich selbst sagen, daß der Ton die Musik macht u. in einem Bericht an einen Minister (u. gewesenen Staatsanwalt!) 9 Jeder wissen kann u. weiß, welchen Geschmack ein solcher Ausdruck erzeugt. Auch W[indelband] wußte das u. Jellinek hatte das ganz richtig herausgefühlt. Ich habe an meinem Urteil nichts zu ändern. - Fortgesetzt Florenz, Albergo Fenice. Und damit genug davon. Thatsachen würden mich jederzeit überzeugen, daß ich mich geirrt habe. Aber so wie die Sache liegt, kann man W[indelband]'s Handeln nicht anders interpretieren, als ich es that. Meiner Verehrung für ihn als Gelehrten thut das keinen Abbruch, - aber wie selten entspricht in Deutschland der Mensch dem Gelehrten an Niveau-Höhe! - Nun noch zu etwas Andrem. Es that mir s.Z. leid, daß wir unser Gespräch nicht fortsetzen konnten, da mir meine Frau gesagt hatte, daß Sie |:ihr gegenüber: | manche Bemerkungen gemacht hätten (ihr gegenüber), auf die ich gern mit einem Wort eingegangen wäre. Zunächst hatten Sie die Unterschiedlichkeit der Relevanz der geschlechtlichen Ungebundenheit für die Geschlechter aus den Erfahrungen bzw. Äußei Klammer fehlt in 0 . von dritter Hand.
k 0 : örKidycoyog
I 0 : gemein Korrektur mit Bleistift vermutlich
6 Windelband, Präludien (wieAnm.4), S. 412f. 7 Weber bezieht sich hier auf den Streit Gustav Schmollers mit Friedrich Naumann auf der Mannheimer Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik im Jahre 1905; vgl. dazu: Verhandlungen der Generalversammlung in Mannheim, 25., 26., 27. und 28. September 1905 (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 116). - Leipzig: Duncker & Humblot 1906, S. 420. 8 Ähnlich wie in dem nicht erhaltenen Brief äußerte sich Schmoller auf der Mannheimer Generalversammlung; ebd., S.433: „Das Wort Demagoge habe ich nicht im schlimmen Sinne gemeint, ich habe es eben in dem Sinne gebraucht, wie es z.B. Treitschke von Friedrich List gebrauchte: er sagte von ihm, er wäre der größte Demagoge seinerzeit." 9 Der seinerzeitige Justiz- und Kultusminister Alexander Frhr. von Dusch war seit 1880 Staatsanwalt in Heidelberg, seit 1895 erster und von 1899 bis 1901 Oberstaatsanwalt In Karlsruhe gewesen.
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rungen von Freunden zu demonstrieren gesucht. Meine Erfahrungen sind die strikt entgegengesetzten. Ich habe Frauen gekannt, welche genau jene Stellung zu diesen Dingen einnahmen, die Sie an Frieda Gr[oss] so abnorm fanden, aber, nicht nur theoretisch u. vom Mann her suggeriert, sondern praktisch als eigenste tiefste Überzeugung, die also darnach lebten und leben wolltenm. Ich versichere Sie, könnte ich Ihnen diese Persönlichkeiten vorstellen, Sie würden bei näherer Bekanntschaft sie unter sich verschiedenartig, aber genaun so wenig in ihrer Eigenart und „Weiblichkeit" tangiert finden, wie jene Männer, 0 von denen Sie meiner Frau sagten, daß für sie der Sexualakt (mit der Dirne) „nur eine irrelevante einmalige Entladung" sei. Oder vielmehr: sie würden anerkennen müssen - wenn Sie jene Frauen kennen lernen könnten - daß sie ethisch turmhoch über diesen p Ihren männlichen p Bekannten stehen (Einen der letzteren kenne ich, ohne daß Sie ihn nennen). Denn sie lebten einer prinzipiellen - u. sei es noch so abstrusen - Überzeugung gemäß, die sie hielt und trug, u. die hoch über der Conventionellen Tugend unsrer „korrekten" Frauen stand. Anders jene Männer, die von „Irrelevanz" oder ethischer „Indifferenz" ihres eignen Verhaltens reden. Alle mir dafür bekannten Beispiele (auch jener Bekannte von uns u. Ihnen) weisen einen gemeinsamen Zug auf: eine gewisse Abnahme der Werthunterschieds-Empfindlichkeit^0 auch auf andren als dem direkt in Frage stehenden Gebiet, - eine Art von ethischer Deklassierung, die unter Umständen in großer Gutmütigkeit ohne Stahl in den Knochen, unter andren in rüder Rücksichtslosigkeit sich äußert, - genau wie bei Frauen, die ohne „Ideale" libertinistisch leben. Gewiß: die Convention wirkt schärfer auf die Frau (heutel), die Consequenzen in ökonomischer Hinsicht (Kind!) drücken sie schärfer (heute!) u. physisch hat sie, wenn sie es zum Kinde kommen läßt, mehr auszustehen. D[as]q Alles ist eine Präzipualbelastung gegenüber dem Mann, der sie leichter psychisch und ethisch bricht. Wo aber diese Momente ausgeschaltet werden, ist auch nicht der Schatten eines Unterschiedes in den
m (um sie) q Lochung.
n 0 : zweifach unterstrichen,
o (die)
p Frau > Ihren männlichen
10 Der Begriff „Unterschiedsempfindlichkeit" bezüglich der verschiedenen Wertungsweisen findet sich in Georg Simmeis Buch: Schopenhauer und Nietzsche. Ein Vortragszyklus. - Leipzig: Duncker & Humblot 1907, in Kapitel VII über „Die Menschheitswerte und die Dekadenz", S.219.
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Folgen für die ethische Persönlichkeit gegenüber dem Mann zu bemerken, nach meinen gänzlich unzweideutigen Erfahrungen. Ich hielt es doch für richtig, das Ihnen zu sagen. Es ist, glaube ich, Traditionsgebundenheit, wenn man anders empfindet u. nur das. s Herzl. Gruß Ihr Max Weber Die Fortschritte Ihres Buchs 11 sind ja erstaunlich! Ich bin aufs Höchste gespannt!
11 Aus einem Brief von Rickert an Emil Lask vom 14. April 1908 (UB Heidelberg, Nl. Emil Lask) geht hervor, daß Rickert weiter an einem umfänglichen Manuskript arbeitete, das nunmehr den Titel „Die Grundprobleme der Logik als der Wissenschaft von den theoretischen Werthen" tragen sollte. Vgl. dazu Brief an Rickert vom 1 .April 1908, oben, S.496, Anm.14. In dem Brief von Rickert an Lask vom 14. April 1908 heißt es weiter: „Die Hauptsache ist, glaube ich, auf dem Papier, und das ist die absolute Loslösung der Logik von der Psychologie, die noch viel weiter geht, als Husserl." Wie jedoch aus der nachfolgenden Korrespondenz mit Lask hervorgeht, ist diese Arbeit Rickerts ins Stocken geraten, so daß es zu keiner Veröffentlichung gekommen ist.
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Marianne Weber PSt 19. April 1 9 0 8 ; Florenz Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Florenz, Sonntag früh Lieber Schnauzel! Wir sind also hier im Albergo Fenice (von: „Phönix"), einem Hotel garni, wo man nur das 1. Frühstück nimmt (nebenan ein Restaurant), grad gegenüber dem schönen Palazzo Medici, also mitten in der Stadt dicht beim Dom, im 4. Stock (Lift!), also möglichst über dem Lärm, leider nur bei strömendem Regen. Trotzdem haben wir gestern zuerst das Volk bei dem Geknatter des „Scoppio 3 del Carro" (weißt Du noch?) 1 vor dem Dom mit Amüsement betrachtet, dann Nachmittags die Medizeergräber, deren abgrundtiefe Schwermuth und Sehnsucht aus dem Leben fort zum ewigen Schlaf bei etwas grauem Himmel noch wuchtiger wirkt, dann Sta Croce mit ihrem Holzdach u. der schönen Robbia'schen Cappella b dei Pazzi, u. haben 2 Mal in den Trattorien uns an italienischer Küche gelabt. Mama ist sehr frisch u. es war nicht zu viel, bei mir befördert es jetzt - zur Abwechslung - die Verdauung etwas zu stark. Liebstes Kerlchen, wie schade^] daß Du nicht dabei warst, dachten wir immer wieder. Recht bald müssen wir auch wieder her. Von Bekannten sahen wir bisher Gott sei Dank nur den guten Sieveking aus Zürich. Seit Donnerstag habe ich keine Kärtchen, sie zuckeln wohl erst von Portofino aus nach. Mama grüßt sehr und es küßt Dich Dein Max
a 0 : Schioppo
b 0 : Capeila
1 „Scoppio del Carro" ist ein Volksfest in Florenz am Ostersamstag, bei dem auf dem Domplatz ein Feuerwerk auf einem Karren entzündet wird zur Erinnerung an das Attentat auf Giuliano und Lorenzo Medlcl Ostern 1478. Max und Marianne Weber waren Ostern 1902 in Florenz.
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19. und 20. April 1908 Marianne Weber 19. und 20. April 1908; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Die Karte ist am Sonntag, dem 19. April 1908, mit Bleistift geschrieben und am Montag, dem 20. April 1908, mit Tinte ergänzt worden; sie trägt den Poststempel vom 20. April 1908. Die Abbildung zeigt die Via Martelli, im Vordergrund links das Hotel Fenice, im Hintergrund das Baptisterium und rechts den Palazzo Medici; diese Gebäude sind von Weber eigenhändig mit Pfeilen bezeichnet, die beiden Eckfenster im 4. Stock des Hotels angekreuzt. Auf der Karte befinden sich die eigenhändigen Aufschriften: „Unsere Zimmer, Palazzo Medici, Battistero."
Sonntag
(Montag)*
Permanenter Regen, der das Pasqua-Getriebe etwas dämpft. Nach Fiesole und San Miniato kann man also heut noch nicht. |:(waren wir aber doch! Bei S. Miniato u. Piazzale Michelangelo)13: | Aber es ist auch so 5 schön hier. Laß Dir's gut gehen, mein Liebling0. Da sind wir untergebracht." Schönsten Gruß! Dein Max
a Die in Klammern gesetzte Tagesangabe ist tintenschriftlich ergänzt, b Der Satz in Klammern ist tintenschriftlich ergänzt, c Wort von Marianne Weber überschrieben, d Dieser Satz befindet sich unterhalb der Abbildung und ist mit einem Pfeil, der auf das Hotel Fenice zeigt, verbunden.
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20. April
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Marianne Weber P S t 20. April 1908; P S t Florenz Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Montag früh Liebstes Schnauzele, Mama, die wirklich doch sehr [gen]ußfähig a ist, wird Dir geschrieben haben, 1 was wir gestern gemacht haben, trotz des strömenden Regens. Heut strahlt blauer Himmel, wir wollen Vormittags mal S. Marco, nochmals S. Lorenzo, die Brancacci-Kapelle (Adam u. Eva v[on] Masaccio) u. die Akademie 2 (David) sehen u., denke ich, Nachmittags nach Fiesole u. S. Domenico per Wagen zurück. Dann haben wir erst mal wieder einen Geschmack vom Ganzen u. in die Gallerien kann Mama, wenn ich meine - nun 4 Wochen grade aussetzenden - „Tage" habe, auch allein gehen. Aber nächstes Jahr müssen wir doch wohl wieder hierher, u. dann vielleicht nach Perugia, - es ist doch zu schön urfriedlich in der Stimmung. Es ist sehr behaglich so trotz sehr bescheidener Zimmer; das Essen wo man will u. was man mag, ist doch eine schöne Freiheit. An schlechten Tagen freilich ist man etwas dürftig untergebracht u. aufs Nachdenken u. Träumen angewiesen. Hoffentlich kommt heut Nachricht von Dir, seit Donnerstag haben wir nichts. Herzlichst küßt Dich Dein Max
a Lochung. 1 Gemeint ist der Brief von Helene Weber an Marianne Weber vom 19. April 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446. 2 Gemeint ist die Galleria dell'Accademia.
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Marianne Weber 21. April 1908; BK Florenz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice - Firenze Firenze, Ii 21.4. 1908 Mein liebstes Schnäuzele, diese großen Geschäftspapierbogen sind eigentlich nicht die geeignete Unterlage um Dir darauf zu sagen, wie sehr mich Dein liebes Geburtstagsbriefchen erfreut hat. Trotz dem Turmbau von Babel, den Du darin mit mir aufführst, 1 mein gutes Mädele, denn ich sagte ja wohl schon: ich sehe daraus nur immer wieder, wie groß Deine Liebe ist u. nehme die Beschämung mit in den Kauf, und die „Kritiklosigkeit" meines Kerlchens erst recht. Ich bin nicht sicher, ob meine eigne stets vorhandene Kritik einem schwächeren Herzen ihr Dasein verdankt, aber ich weiß, daß ich in aller Kritik mich immer nach der wärmenden Sonne sehne, die höher ist als alle Kritik. Das Leben mit Dir ist ja wie das milde Licht und die Wärme der Frühlingssonne, die - wie Tolstoj es von der Macht der 3 |: abstrakten :| Menschenliebe nur allzu utopistisch erhofft 2 - ruhig und sicher, „patiens quia aeterna", 3 alle Eisblöcke des Lebens auflöst und alle Schneedecken hinwegschmilzt, während der wilde Sturm meiner Leidenschaftlichkeit nur die Flocken und Zapfen von den Tannen zu schütteln vermag. Der heutige Tag ohne Dich ist wirklich ein arg seltsames Ereignis, ich rechnete gestern auch Mama vor, daß es seit Posen 4 a (Liebe) 1 Marianne Weber hatte in ihrem Brief zum Geburtstag Max Webers vom 18. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, er sei für sie das Höchste und Herrlichste, was ihr an Menschlichem begegnet sei, sie liebe ihn, wie man ein großes Kunst- oder Naturwerk liebt. 2 Max Weber bezeichnete bei anderer Gelegenheit die Figur des Piaton Karatajew aus Leo Tolstois Krieg und Frieden als Repräsentanten „der akosmistischen Menschenliebe und Güte", vgl. Weber, Max, Politik als Beruf (Geistige Arbeit als Beruf, 2. Vortrag). München und Leipzig: Duncker & Humblot 1919, S.63 (MWG 1/17). Anfang 1906 hatte Max Weber die Bekenntnisschrift Tolstois, den Roman „Auferstehung", gelesen, vgl. Brief an Helene Weber vom 13. oder 14. April 1906, oben, S. 75. 3 Als Zitat nicht nachgewiesen. 4 In Posen nahm Max Weber 1894 um die Zeit seines Geburtstages als Reserveoffizier an einer Militärübung teil.
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das erste Mal sei, daß wir getrennt sind. - Nächstes Jahr müssen wir etwas Ähnliches gemeinsam haben. - Nur mit wärmerem Wetter: Denn es ist wirklich eine Hundekälte, seit l . M ä r z war ich so etwas nicht gewohnt; schon in Portofino war es kälter als in der Provence u. hier ist es einfach Winter. In Fiesole gestern Abend saß kein Mensch auf der Terrasse des kleinen Café Aurora, - Du erinnerst Dich, wie dicht besetzt es damals in der 2 ten Märzwoche war, als wir fast täglich hinauffuhren. 5 Die Kastanien u. viele andre Spätbäume haben noch kaum reife Knospen und Alles Andre steht im allerersten Hellgrün des Vorfrühlings, soweit es nicht immergrün ist. Dabei jeden Augenblick Regenneigung u. fast ganz grauer Himmel mit Westwind - so daß also der Umsch[lag] b noch größere Kälte bringen muß. Nur gestern Abend vor Sonnenuntergang hatten wir auf dem schönen Punkt vor dem Franziskanerkloster oben über Fiesole - der schöne Platz, wo wir auch öfter waren - % Stunde lang grüngoldenen Glanz über die ganze Arno-Ebene hin, sonst sieht man die Sonne nicht. Mama ist doch sehr frisch. Wir sind gestern in S. Marco (die Zellen-Fresken Angelico's), der Akademie (David, Botticelli's Frühling), vorher in aller Frühe in S a Croce (Giotto u. die andren Kapellen) u. auf einer Stadtwanderung, dann Nachmittags im Bargello (Donatello Museum etc.) und in der Badia (Mino da Fiesole, Filippino Lippi) gewesen, ehe wir nach Fiesole fuhren. Heut treiben wir's nicht so arg: S. Maria Novella (Spanfische] Kapelle, Ghirlandajo's pretiöse bürgerliche Darstellung des Marienlebens), Haus Michelangelo's, DomOpere (die Kanzeln Donatelli's u. Luca's della Robbia), Nachmittag wohl in den Pitti-Garten (Boboli) und nach der Certosa oder S. Miniato. Die eigentlichen „Gallerien" lassen wir erst mal ganz bei Seite. Wenn ich meine „schlechten Tage" habe, geht Mama wohl allein da hin, sonst Ende der Woche ich mit ihr. Sie schreibt eine ganze Litteratur von Briefen Morgens u. Abends u. dazwischen liest sie Schubring 6 u. einige von den Velhagen & Klasing-Heften. Ich habe das Gefühl, d a ß - w i e ich schon a priori glaubte - sie mit Alfred besser in Heidelberg zusammen ist. Auswärts ärgert er sich noch weit mehr als ich über die Deutschen u.
b Lochung. 5 Im März und April 1902 hatten sich Max und Marianne Weber in Florenz aufgehalten. 6 Schubring, Paul, Florenz I: Die Gemälde-Galerien der Ufflzien und des Palazzo Pitti. Moderner Cicerone, 2. Aufl.-Stuttgart: Union 1908; ders., Florenz II: Bargello, Domopera, Akademie, Kleinere Sammlungen. Moderner Cicerone. - Stuttgart: Union 1903.
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plagt sie dann mit seiner Schwärmerei für die österreichische „Unsittlichkeit", da er der sonderbaren Ansicht 0 zu sein scheint, daß „Kant" die Deutschen |:charakterologisch:| geprägt habe. In unsrem Hotel hier, im 4ten Stock, - nur unten eine Sitzgelegenheit mit Schreibtischen im Corridor ä la Martini7 (Rom), - halten wir es, da wir nur vor 8 Uhr Morgens, 1 - 2 Uhr Mittags u. nach 8 Uhr Abends darin sind, sehr gut aus, besonders das Essen ä la carte macht Mama immer Spaß u. wir leben ziemlich billig (Mittags zwischen 1,60 u. 2,50 Lire die Person) nach italienischer Manier, nur brauchen wir viel Droschken. Jetzt wollte ich es gäbe etwas Sonne, denn die gehört doch dazu. Erst nach Deinem Geburtstagsbrief kam, nachgeschickt, Dein Brief nach Portofino mit Einlage von Eise's sehr nettem Brief. 8 Daß sie sich über ihr Wohlgefallen an V[oelcker] wundert, ist eigen. 9 Ganz natürlich suchte sie nach etwas Einfachem, Elementarem, Ausruhlichem, Problem-t/nbekümmertem, u. er ist ja ein netter guter Kerl. Aber diese ewige Diskutiererei über „Sittengesetze"! 10 Also der „Ekstatiker"11 ist noch da und siehst Du! er wird von Dir über die „Bedeutsamkeiten" am besten unterrichtet. 12 Das ist bei den „Männchens" nun mal so u. Schnäuzchen ist auch die reichere u. degagiertere, - es muß nicht immer den Leuten ihren Mann präsentieren, - ein Stück Kuchen zum Thee, um Gedankenstriche machen zu können, ist ihnen sehr viel lieber u. zweckc ist > zu sein scheint 7 Pension, in der Max und Marianne Weber 1901 und 1902 einige Monate in Rom gewohnt hatten. 8 Gemeint ist der Brief von Else Jaffe an Marianne Weber vom 5. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz), den Marianne Weber ihrem Brief an Max Weber vom 15. April 1908 (ebenda) beigelegt hatte. 9 Else Jaffe hatte in ihrem Brief vom 5. April 1908 geschrieben, daß sich Friedrich Voelcker verlobt habe und sie sich wundere, daß sie „gerade an diesem Menschen ein absonderliches Wohlgefallen haben muß"; sie war mit ihm befreundet gewesen. 10 Max Weber bezieht sich auf Else Jaffes Schilderung der Diskussion zwischen Alfred Schmid und Jacob Maria Remigius Eberz über „Pflichtenkonflikte". Während Schmld leugne, daß es solche gebe, denn sie widersprächen der reinen Vernunft, hätte Eberz glänzend die Gegenposition vertreten, beide vertrügen sich nicht. Auch mit Alfred Weber seien sie zusammengewesen und fühlten sich seitdem nur noch als chemisch-physikalische Prozesse. 11 Als „Ekstatiker" wird Jacob Maria Remigius Eberz, ein Bekannter von Else und Edgar Jaffe sowie von Alfred und Cläre Schmid, bezeichnet, vgl. die Karten an Marianne Weber vom 9. März 1908, oben, S.446, Anm.2, und vom 15. März 1908, oben, S.455, Anm.2. 12 Else Jaffe hatte in ihrem Brief an Marianne Weber vom 5. April 1908 geschrieben, Eberz habe auf ihre Frage, von wem er in Heidelberg Gedanken gehört habe, die ihn gefördert hätten, geantwortet: von Frau Weber.
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entsprechender, wenn sie Dich allein haben können. - Sieveking trafen wir, das schrieb ich wohl. Sie sind hier in einem Hotel sehr schön, Vi des Wegs nach Fiesole, alsod 20 Minuten Fahrt bis zum Dom, - vielleicht mal was für uns in Mai- oder September-Tagen. Gottl (der nach München berufen ist) schrieb ganz selig, ich freue e mich für ihn e sehr; er ist nun aus 5 aller Noth. Nun laß Dich in die Arme nehmen, mein liebstes Eigentum, und nur daran denken, zu einem wie glücklichen Menschen mich, sobald ich nur „jappen" kann,' das Lebensschicksal gemacht hat, und was Alles an Reichtum noch vor mir, uns beiden, liegt. 10 Dein alter - junger Max
d Eingerissenes Briefpapier; also sinngemäß ergänzt, mich für ihn sinngemäß ergänzt, f In O folgt: mich.
e Eingerissenes Briefpapier;
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Marianne Weber 22. April 1908; BK Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice Firenze Li 22/4 1908
Mittags Liebstes Schnauzel, heut kamen Deine beiden lieben Kärtchen, - ja, sieh, jetzt erst kommt bei Dir die Müdigkeit, die viel früher hätte kommen sollen!1 Das ist doch nicht in der Ordnung u. die Leute haben das eben falsch gemacht, ganz wie ich es dachte. Nun, wir wollen sehen, wie es in H[eidel]berg wird. Wir sind fast den ganzen Tag außer im Mittagsschlaf unterwegs, die Gallerien haben wir bis jetzt ganz bei Seite gelassen außer der Accademia (David, Botticelli etc.), heut |:S. Lorenzo, dann:| die Casa Buonarotti, S. Annunziata (A[ndrea] del Sarto) etc. gesehen, gehen jetzt zu den schönen Steinarbeiten u. fahren, da es etwas Sonne giebt, nach S. Domenico u. Fiesole. Gestern auf San Miniato oben über demPiazzale Michelangelo gab es strömenden Regen u. Hundekälte, durch die dünnen Regenschauer hindurch sah man auf dem mit dichtem neuen Schnee bedeckten Gebirge das wunderbarste Alpenglühen, was ich in Italien noch nie gesehen habe. Überhaupt schöne Farbeneffekte, - aber für Alpenglühen u. Frost Ende April geht man eigentlich nicht nach Florenz. Schreib mit doch mal, liebes Kerlchen, wohin, auf welchen Farben -Untergrund u. in welcher ungefähren Größe Du das Relief2 gedacht hattest? Darf es höher als breit sein? etc. Wenn wir etwas sehen sollten, schenke ich es uns dann zu meinem Geburtstag. 3 Aber ob? ist fraglich! Sonst sind manche schönen Sachen da. Mama grüßt sehr, herzlich küßt Dich Dein Max 1 Marianne Weber schrieb in ihren beiden Karten vom 20. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) von einem Ausflug, der sie müde gemacht habe. 2 Vermutlich hatte Marianne Weber angeregt, ein Relief In Florenz zu kaufen. Die hier gestellten Fragen beantwortet sie In Ihrer Karte an Max Weber vom 26. April 1908, Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz. 3 Max Webers Geburtstag war am 21. April.
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Marianne Weber 23. April 1908; BK Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice Firenze Z./23.4. [190]a8 Donnerstag. Liebstes Schnauzele, gestern nach ereignisreichem Tage (S[anta] M[aria] Novella ( S p a n i s c h e ] Kapelle), S. Lorenzo, Casa Buonarotti, SS Annunziata, Pietre dure: die schönen Marmortische mit Blumen wie Clara ihn vom alten Mommsen 1 hat) war für S. Domenico u. Fiesole - Rückfahrt über die Vincigliata, das restaurierte Schloß des verrückten Inglese, 2 weißt D u , der den ganzen Berg mit Cypressen bepflanzt hat, „wie Streichhölzer" [-] ein herrlicher A b e n d mit ganz klarem Sonnenuntergang angebrochen, es war auf dem Klosterplatz b über Fiesole ganz fabelhaft schön (nur: kalt), - aber wie sehr hat uns da unser Schn[auzel] gefehlt! Ja, wir müssen bald wieder hieher und nach den schönen umbrisch-toskanischen Kleinstädten, wie D u auf Deinen lieben beiden Kärtchen schriebst. 3 Trotz der verwirrenden Fülle von Eindrücken scheint mir M a m a die Sache doch nach wie vor, mir scheint fast: jetzt, wo sie sieht, daß ich es aushalte (heut einmal Schlafmittel) besser zu genießen. Heut wollen wir nochmal in den Bargello, dann ganz früh essen u. Nachmittags in den Pitti u. BoboliGarten (der schöne bergauf liegende Pitti-Garten mit der schönen Aussicht) u. dann eine behagliche Wagenfahrt nach der schönen Certosa u. auf Monte Oliveto (der schöne Blick auf Florenz). Morgen Vormittag mit den Uffizien ist dann die erste „ R u n d t o u r " durch Fl[orenz] beendet
a Lochung.
b (bei)
1 Theodor Mommsen. 2 Gemeint Ist Temple Leader, der 1855 eine Burg des XIV. Jahrhunderts gekauft und nach alten Stichen hatte wiederherstellen lassen und sie mit Altertümern ausgeschmückt hatte. 3 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 20. April 1907 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben, sie wünsche sich nächstes Frühjahr eine Reise nach Florenz, Pisa, Assisi, Perugia.
23. April 1908
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u. man kann das schöne Geschäft des „Repetierens" beginnen, - bei den Gräbern der Medici in S. Lorenzo sind wir übrigens schon 3 Mal bei ganz verschiedener Beleuchtung gewesen, der Eindruck steigert sich, je tiefer man in die ungeheure Schwermuth eindringt, immer mehr ins Kolossale. 5 Über Alfred habe ich noch öfter gesprochen mit Mama, davon morgen, ebenso über Andres, was Du in Deinem lieben Kärtchen schreibst. Für heut küßt Dich herzlich Dein Max. 10 Von Laura4 hast Du wohl nichts mehr gehört?
4 Laura Hausrath.
24. April 1908
542 Marianne Weber
PSt 24. April 1908; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freitag Mittag Liebstes Schnauzele, heut erfreute uns Dein l[iebes]a Briefchen (das mit der Einlage von Else hatte ich s. Z. bekommen, 1 ich habe es aber Mama nicht gezeigt, wegen der verschiedenen ihr fremden Bezüge). Mama will vor Heidelberg nach Stuttgart, 1 Tag, wir kommen also wohl zugleich mit Dir in H[eidelberg] an. Ich werde s. Z. Bertha 2 schreiben. Ich möchte aber, daß Du keinen Tag der Kur abziehst. Diese verflixten Weiber sind zum Verzweifeln, woher wissen denn Frl. Pappritz u. gar Frau Stritt, daß Du im ,,W[eißen] H[irsch]" bist? 3 - Heut waren wir den Vormittag in den bisher aufgeschobenen Uffizien, die jetzt neu u. sehr bequem geordnet sind. Gestern Nachmfittag] waren wir erst in der Pitti-Gallerie, dann in dem schönen Pitti-Garten mit seinen dunklen Eichen-Bosquettes u. den verschiedenen schönen, immergrün eingerahmten Durchblicken nach Florenz, dann bei herrlicher Beleuchtung zu Wagen nach der stattlichen Certosa im Ema-Thal und zurück auf den Bellosguardo (wir haben s. Z. ganz dieselbe Fahrt Abends ganz ebenso gemacht)13. Die Sonne ging klar unter, aber heut ist wieder Alles bezogen u. die Kälte hält, sobald es klar ist, an. Ich habe mit Mama alle Frühjahre der Vergangenheit rekapituliert, es ist halt so, daß die letzten Jahre es kühler u. immer kühler geworden ist u. Gott weiß, ob wir nochmal eine „Wärmeperiode" erleben. Hier ist man ja davon so unabhängig, da man immer etwas sehen kann. Wir haben nun hier das eigentliche „Pensum" absolviert, die Wiederholung macht dann umso mehr Freude. Es geht uns ganz gut. Herzlich küßt Dich, mein liebstes Herz, Dein Max a Lochung.
b Klammer fehlt in 0 .
1 Marianne Weber hatte in ihrem Brief an Max Weber vom 22. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) nachgefragt, ob ihr Brief mit dem eingelegten Brief von Else Jaffe angekommen sei. Vgl. Brief an Marianne Weber vom 21 .April 1908, oben, S. 537. 2 Bertha Schandau. 3 Marianne Weber hatte verschiedentlich von Ihren Begegnungen mit Marie Stritt, Anna Papprltz und Lucia Morawitz in Dresden und im Weißen Hirsch berichtet.
25. April
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Marianne Weber PSt 25. April 1908; PSt Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Sonnabend früh Liebes Schnauzele, Abwechselnd Regen u. leidliche Wärme - Wind u. Hundekälte ist hier nach wie vor die Parole. Wenn wir dabei doch recht vergnüglich sind, so liegt das daran, daß wir noch immer tüchtig „an der Arbeit" sind. Gestern also in den Uffizien, dann Nachmittags erst in einigen Kirchen, darunter der Brancacci-Kapelle (Masaccio's Fresken), dann, als das Wetter sich besserte, Spazierfahrt in den „Cascine" draußen. Heut wohl nochmals die Uffizien u. Pitti, vielleicht, falls der Regen nachläßt, ein Ausflug nach der „Petraja" (Villa des Königs, kennst Du nicht) oder auch nach dem Hotel le Lüne, wo Sieveking's1 sind oder (wahrscheinlich) waren, denn das Semester fängt ja bald an. Vom Schnäuzchen ist heut noch keine Nachricht da, hoffentlich ist der Schlaf, über den ich in letzter Zeit nichts gehört habe, leidlich. Nun aber freuen wir uns gar sehr auf's Wiedersehen nach so langer langer Zeit, auch wenn das Wetter noch schlecht sein sollte; - einmal muß es ja besser werden. So kann ich dann auch gleich bei der letzten Einrichtung noch ein bischen mit helfen, bz. meiner Bücher etc., da ja, wie Du schreibst, der „Umbau" erst jetzt kommt. Wegen „Reliefs" etc. warte ich wohl besser, bis ich in Hfeidelberg] die Maße ev. nehmen kann, ich messe hier eine Anzahl Sachen nach. Verbraucht werde ich bei der Rückkehr |:seit 1. März:| ziemlich genau 1400 a M. haben, recht viel, infolge der zahlreichen Wagenfahrten hier; Mama ist nach wie vor sehr lebendig u. genußfähig. Ich mußte dieser Tage einmal etwas dem Schlaf nachhelfen, jetzt gehts wieder gut. Wir gehen sehr viel. Laß Dich herzlich küssen von Deinem Max
a Alternative Lesung: 1700 die zweite Ziffer Ist überschrieben. 1 Heinrich und Rosa Sieveking.
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Marianne Weber 26. April 1908; BK Florenz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice - Firenze Firenze, Ii 2 6 . 4 . 1908
Liebstes Schnauzele heut - der letzte Sonntag ohne mein Mädele! - scheint noch einmal ein schönes3 Wetter kommen zu wollen, in den letzten Tagen war es ganz schauderhaft, gestern strömender Regen den ganzen Tag u. eigentlich doch nur an den paar b Abenden, die wir zu Ausfahrten benutzten, war das Schicksal gnädig. Und kalt ist es heute auch. Aber wäre es auch noch so schön, - jetzt habe ich doch zu große Sehnsucht, mein Liebstes wiederzusehen, um noch fortzubleiben. Ich denke also, wir kommen |:spätestens: | den 2ten Abends oder vielleicht Nachmittags an 1 ' u. werde so an Bertha 1 schreiben. Laß Dich ja nicht in Deiner Disposition stören, mein Herzle, ich krame ja 0 , wenn Du nicht da bist, gleich in meinen Büchern und empfange Dich dann schon mit geordneter „Bibliothek". Mir geht es leidlich, - Anfangs der Woche war der Schlaf qualitativ unerquicklich, aber jetzt geht es trotz vielen Laufens ganz erträglich. Von Dir haben wir gestern nichts gehört, heut kommt wohl wieder ein Kärtchen. - Wir waren gestern noch in der [??]d im Hotel le Lüne, auf dem Wege nach S. Domenico-Fiesole, wo Sievekings2 (die abgereist waren) gewohnt haben: reizend. Ein ganzes „Villino" (4 Zimmer u. Salottochen 3 ) für 26 Lire pro Tag, das wäre, wenn wir einmal mit Mama oder mit sonst einem lieben sehr nahestehenden Menschen zusammen hergingen 2 ', sicher was für's Schnäuzchen. Nur zur Stadt ist es ein weiter Ich möglicherweise den l ten Abends spät. ) An sich möchte ich freilich sehr gern nun mal wieder Italien mit dem Schnauzel alleine (d. h. Mama natürlich ausgenommen) haben. Allenfalls Frau Rickert ausgenommen. 2
a {Tag zu) chen.
b 0 : par
c (doch)
d Ein Wort nicht lesbar,
1 Bertha Schandau. 2 Heinrich Sleveklng und Frau. 3 Gemeint ist ein kleiner Empfangsraum.
e O: zweifach unterstri-
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Weg (20—25 Minuten mit der Electric, doppelt so weit wie von Attilia's 4 trautem Heim). Denn hier im Fenice ist zwar Alles so, wie ich es für meine Bedürfnisse brauchen kann (außer etwa an den „Liegetagen", wo es doch etwas zu primitiv ist), aber Schnäuzchen hätte keinen Salon etc. u. ich weiß nicht, ob, wenn man nicht, wie wir, ständig unterwegs ist, es einem besonders „behaglich" wäre. Nur ökonomisch ist es recht profitabel (3 L[ir]e Zimmer 3) , mit Frühstück 4L[ir]e, nebenan ißt man für l,50L[ir]e Mittags, 2L[ir]e Abends, Summa 7/4L[ir]e)f mitten in der Stadt. Aber mehr wie 8 - 9 L[ir]e die Person kostet es in der „Lüne" oben auch nicht. Mama rechnet jetzt immer, wieviel es für Frau Stein5 kosten würde, der sie gern die Reise schenken möchte für 4 Wochen (wird bei sorgsamer Einschränkung ca. 5/600 M. incl. Fahrtkosten als Minimum). So - nun warte ich erst, ob etwas Liebes vom Schnäuzchen kommt u. schreibe einstweilen Naumann in diesen |: schweren :| Tagen ein freundliches] W o r t . 6 Die erste Morgenpost hat kein Kärtchen gebracht u. da es sehr schön ist u. man nicht weiß, wie das Wetter weiter wird, gehen wir einstweilen aus u. ich schicke dieses Gekritzel jetzt ab, schreibe vielleicht nochmal, falls die 2te Post etwas gebracht hat. Wir gehen Mittwoch von hier fort nach Mailand u. Lugano, wo uns ein Kärtchen ev. erreichen würde (S. Gotthardt0-Hotel), dann Donnerstag nach Stuttgart, Freitag früh zum Schnäuzchen resp. zu seinem Empfang nach Heidelberg. Hier erreichen uns Briefe, die später als Montag Abend abgehen, wohl nicht mehr. Mama grüßt sehr, laß Dich herzlich umarmen von Deinem Max 3)
4. Stock, aber Aufzug, elektrisches] Licht, Heizung.
f Klammer fehlt in O, sinngemäß geschlossen,
g
O.Gottardt
4 Attilia Clerc war die Wirtin, bei der Max und Marianne Weber in der Via Masaccio 105 im März und April 1902 gewohnt hatten. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 14. März 1902 und von Max Weber an Marianne Weber vom 15. April 1902, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 5 Frau Stein war die Sekretärin des Hauspflegevereins in Charlottenburg, in dessen Vorstand Helene Weber mitarbeitete. Aus dieser Bekanntschaft war eine freundschaftliche Beziehung entstanden. 6 Vgl. Brief an Friedrich Naumann vom 26. April 1908, unten, S. 546-549.
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Friedrich Naumann 26. April 1908; BK Florenz Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, BI.91 Hotel Fenice - Firenze Firenze, Ii 26.4 1908
Verehrter Freund, die letzten Tage können für Sie nicht leicht gewesen sein1 u. diese Zeilen haben nur den Zweck, Sie der herzlichsten Sympathie zu versichern. Sachlich konnten Sie keine andre Politik machen, nachdem Sie den Entschluß im vorigen Jahr (mit Recht) gefaßt hatten, 2 das muß Jeder Unbefangene einsehen, auch wenn er, wie ich, gewünscht hätte, es wäre eine andre möglich gewesen. Sie hatten - ganz abgesehen von allen rein\:„real"-:\politischen Erwägungen - ferner auch darin recht, daß Sie auch so minderwertigen Bundesgenosssen, wie der „Freisinnigen] Volkspartei", loyal „die Treue hielten". Auch solche Dinge existieren schließlich im politischen Leben u. haben ihre Consequenzen, mögen die Durchgänger wie Barth u. Gerlach 3 das auch nicht sehen. Das „Mandat" - denn das kann Sie die Sache vielleicht kosten - ist schließlich nicht das Höchste auf Erden u. das Bewußtsein, das, was an liberalen (Vereinsgesetz) 4 und nationalen (Börsengesetz 5 im Interesse unsrer
1 Weber spielt hier an auf den Deieglertentag des Wahlvereins der Liberalen in Frankfurt vom 21. bis 23. April 1908, der von den Auseinandersetzungen über das am 19. April 1908 im Reichstag verabschiedete Reichsvereinsgesetz geprägt war. Trotz des vielumstrittenen Sprachenparagraphen des Vereinsgesetzes (§ 7 bzw. - in der Endfassung - § 12), der für öffentliche Versammlungen den Gebrauch der deutschen Sprache vorschrieb, hatten die Liberalen im Reichstag dem Gesetz zugestimmt. Daraufhin erklärten Theodor Barth, Rudolf Breitscheid, Hellmuth von Gerlach u.a. auf dem Frankfurter Delegiertentag ihren Austritt aus dem Wahlverein der Liberalen. 2 Gemeint ist Naumanns Entschluß, sich trotz erheblicher Bedenken an der sogenannten „Blockpolitik" des Fürsten Bülow seit 1907 zu beteiligen, d.h. der Formierung einer informellen Reglerungskoalition der konservativen und liberalen Parteien. 3 Vgl. oben, Anm. 1. 4 Das Vereinsgesetz vom 19. April 1908 ließ erstmals den Zusammenschluß von Parteiorganisationen auf überregionaler Basis zu und ermöglichte so die Entwicklung eines modernen Parteiensystems. Vgl. auch Brief an Lujo Brentano vom 3. Juni 1908, unten, S. 581, Anm. 7. 5 Das Börsengesetz vom 22. Juni 1896 hatte sich unter dem Druck agrarischer Interessen durch seine Bestimmungen über den Börsenterminhandel als Hemmschuh für den
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Machtstellung in der Welt, - Frankreich ist heut der einzige Geldgeber, cf. j etzt die Lage in der Türkei! 6 ) Fortschritten möglich war, errungen zu haben, sei es auch auf Kosten des Mandats, fällt Ihnen allein zu. Um so freier sind Sie jetzt gestellt. Sich noch an die Fraktion zu binden, wenn Bülow so bleibt u. dann noch Alles an den „Block" zu hängen, das wird doch kaum Ihre Absicht sein. WaWreform in Preußengegen Finanzreform im Reich2) - das scheint mir die gegebene Parole u. ich wunderte mich, daß sie nicht ausgesprochen wurde in Frankfurt. Und wollen Sie nicht den „Toleranzantrag" des Zentrums 7 benutzen, um 1) Beseiti^ 1) geheime Wahl 2) höchstens als Conzession: a) Pluralstimmrecht b) indirekte Wahl - würde ich sagen. 2) Conzessionen: bei Bier, Wein3, Tabak als Steuerobjekten, im Übrigen Erbschaftssteuer für Deszendenten für das Reich, die andren | ¡Verwandschaftsgrade:! für die Einzelstaaten - würde ich glauben, ReichsEinkommenSteuer ist ja sicher nie durchzusetzen heute. a O: zweifach unterstrichen. Börsenhandel erwiesen. Zum einen war der Terminhandel in Getreide und Mühlenfabrikaten sowie in Anteilen von Bergwerks- und Industriegesellschaften verboten worden, und zum anderen konnten nur noch Personen, die in ein besonderes Börsenregister eingetragen waren, rechtskräftig Termingeschäfte abschließen. Die Berliner Getreidebörse, die bis 1896 zu den führenden der Welt gehört hatte, wurde dadurch vollkommen zerstört und die Effektenbörsen erheblich geschwächt. Die Börsengesetznovelle vom 8. Mai 1908 versuchte dies zu korrigieren. Das Börsenregister wurde gestrichen und der Terminhandel in Anteilen von Bergwerks- und Industriegesellschaften unter gewissen Kautelen wieder zugelassen. Der Terminhandel In Getreide und Mühlenfabrikaten blieb zwar weiterhin formell verboten, de facto wurde er jedoch unter bestimmten Bedingungen wieder ermöglicht. 6 Anspielung auf die Tatsache, daß die türkische Staatsanleihe von 1905 entgegen den ursprünglichen Zusagen der türkischen Regierung an Wilhelm II. zum weitaus größeren Teil auf dem französischen Kapitalmarkt aufgenommen werden mußte, da der deutsche Kapitalmarkt nicht dazu in der Lage war, die Gesamtsumme aufzubringen. 7 Gemeint Ist der vom Zentrum am 23. Nov. 1900 Im Reichstag eingebrachte Antrag, der offiziell den Namen: „Entwurf eines Reichsgesetzes betreffend die Freiheit der Religionsausübung" trug, Inoffiziell in der Presse „Toleranzantrag" genannt wurde. Dieser sah die weitgehende Aufhebung der Staatsaufsicht über alle kirchlichen Institutionen und eine Liberalisierung des Verhältnisses von Kirche und Staat vor. Unter anderem sollte den Erziehungsberechtigten das Recht garantiert werden, selbst zu bestimmen, in welchem religiösen Bekenntnis Ihre Kinder erzogen werden sollten, sowie diesen vom Alter von 16 Jahren an die freie Entscheidung gegeben werden. Vgl. dazu Bachem, Carl, Vorgeschlch-
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gung jedes Zwanges zum i?e%i'o«sunterricht, - 2) Beseitigung jeder Privilegierung einer Kircheb (vereinsrechtliche Behandlung!) zu verlangen? Mindestens das Erstere als „Grundrecht"? Das Zentrum muß auf diesem Gebiet „demokratisch" übertrumpft werden. In der Fo/enfrage stehe ich ja etwas anders als Sie: der Sprachenzwang scheint mir das sittlich u. politisch Unmögliche u. Sinnlose. Aber an die Enteignung8 hätte m.E. sofort die Parole geknüpft werden sollen: alljährliche Expropriation von Großgütern überall zum Zweck der Bauernansiedlung! „Das Land der Masse" nach Schulze's altem Schlagwort, 9 aber wohl besser ohne diese Formulierung. Den Polen gegenüber ist das jetzige Gesetz sinnlos, nur das unbeschränkte Enteignungsrecht hätte da Sinn gehabt, u. zwar den c : daß man nun den Polen, mit dieser Waffe in der Hand, einen nationalen Vergleich unter Anerkennung ihrer „Culturselbständigkeit" (russischer Ausdruck des ,,Kadetten"programms!) 10 hätte anbieten können.
b (zu)
c Alternative Lesung: der
te, Geschichte und Politik der deutschen Zentrumspartei, Bd. 6. - Köln: Verlag J.P. Bachem 1929, S. 101 - 1 2 0 , 225-235, 291 - 2 9 6 . 8 Am 20. März 1908 war im preußischen Landtag das „Gesetz über Maßnahmen zur Stärkung des Deutschtums in den Provinzen Westpreußen und Posen" verabschiedet worden. Das Recht auf Enteignung findet sich im § 13 des Gesetzes: „Dem Staate wird das Recht verliehen, in den Bezirken, in denen die Sicherung des gefährdeten Deutschtums nicht anders als durch Stärkung und Abrundung deutscher Niederlassungen mittels Ansiedlungen möglich erscheint, die hierzu erforderlichen Grundstücke in einer Gesamtfläche von nicht mehr als 70000 Hektaren nötigenfalls im Wege der Enteignung zu erwerben." 9 Diese Parole war von Gerhart von Schulze-Gaevernltz in einem Vortrag über die neuere Entwicklung der Sozialdemokratie im Frankfurter Evangelischen Arbeiter-Verein vom Jahre 1895 geprägt worden : „ Das Programm für den Landarbeiter muß lauten : Das Land der Masse!" Vortrag von Professor von Schulze-Gaevernltz, In: Frankfurter Volksbote, Beiblatt zur „Hilfe", Jg. 1, Nr. 16 vom 21. April 1895, S. 1 - 2 ; das Zitat: S.2. 10 Gemeint Ist das Programm der russischen Konstitutionell-Demokratischen Partei. Der Ausdruck „Kulturselbständigkeit": „pravo na kul'turnoe samoopredelenie", findet sich bei PetrStruve, K programme Sojuza Osvobozdenija, In: Osvobozdenie, Nr. 69/70 vom 7. (20.) Mai 1905, S.307f.
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Doch verzeihen Sie dieses „schätzbare Material" 11 von einem „Outsider", der Zweck dieser Zeilen war nicht, Sie zu „schulmeistern", sondern Sie herzlich zu begrüßen als Ihr 5 getreuer Max Weber Meine Mutter, die mit mir - noch wenige Tage - hier ist, grüßt sehr. (Lehmann-Hornberg ist ein Rindvieh! 12 Ein Elend, daß grade er diesen 10 Vortrag hielt).
11 Der Ausdruck geht auf Karl von Rotteck zurück, dereine von dem damaligen Kameralpraktikanten Karl Mathy verfaßte und der badischen zweiten Kammer 1831 eingereichte Schrift „Vorschläge über die Einführung einer Vermögenssteuer in Baden" in seiner Eigenschaft als Berichterstatter der Petitionskommission positiv beurteilte und mit der Überzeugung schloß, „daß auch die hohe Regierung sie als ein schätzbares Material zu einer etwa künftig vorzunehmenden Revision unserer Steuerverfassung betrachten werde". Abgedruckt in: Verhandlungen der Stände-Versammlung des Großherzogthums Baden Im Jahre 1831. Enthaltend die Protokolle der zweiten Kammer mit deren Beilagen, von Ihr selbst amtlich herausgegeben. 25. Heft. Beilage Nro.6 zum Protokoll der 107. öffentl. Sitzung vom 4. Okt. 1831, S. 178. 12 Pfarrer Ernst Lehmann-Hornberg hatte auf dem Frankfurter Delegiertentag (siehe oben, Anm. 1) ein allgemeines Frauenstimmrecht abgelehnt und stattdessen ein Pluralwahlrecht befürwortet: „ Er sieht in der Politik im wesentlichen eine Männersache. Daß sie das bleibe, ist ein nationales Interesse. Das Frauenübergewicht würde vielfach dem Zentrum zugutekommen. Die Frau sei gefühlsmäßig agitatorischer Beeinflussung mehr ausgesetzt als der Mann. Dr. Lehmann schlug eine Prozentbetelligung der Frau vor: vielleicht 100 Frauenwahlkreise neben die 400 Männerwahlkrelse zu setzen." Zitiert nach: Der Parteitag, in: Die Hilfe, Jg. 14, Nr. 18 vom 3. Mal 1908, S.291.
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Marianne Weber 26. April 1908; BK Florenz Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice Firenze Li 26/4 [190]a 8
Liebstes Schnäuzchen, eben kommt Dein lieber Brief u. ich möchte nur nochmals schreiben: laß Dich ja von nichts abhalten u. komme ev. erst den 4ten,1 vielleicht kommen wir auch erst an dem Tage, u. wenn vorher, dann macht das 5 nichts, Mama geht dann vielleicht erst zu Alfred, - denn am 13ten will sie nach Cöln resp. Altenberg. 2 Ich werde also an Bertha 3 schreiben, daß sie uns für den 2ten erwartet, daß wir aber vielleicht ihr noch andre Nachricht geben u. erst den 4ten kommen. Laß Dich für Dein liebes Briefchen recht herzlich umarmen 1o von Deinem Max
a Lochung. 1 Marianne Weber hatte in ihren Briefen vom 22. und 24. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) mitgeteilt, sie komme am 2. oder 4. Mai nach Heidelberg zurück, je nachdem, ob sie noch Gertrud Bäumer In Weimar treffen könne. 2 In Altenberg in der Nähe von Köln wohnten Uli und Hermann Schäfer. 3 Bertha Schandau.
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Marianne Weber 27. April 1908; BK Florenz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hotel Fenice - Firenze Firenze, Ii 27.4. 1908 Liebe Schnauzel, heute bisher nichts von Dir, dagegen gestern Dein liebes Briefchen. Ich schlief heut etwas mäßig, - wir waren spät Abends beim „Lotto" auf der Piazza Signoria - u. erwarte Geld u. daher sind wir noch nicht ausgegangen. Gestern Vormittag haben wir allerhand Sachen zum 2 ten Mal gesehen, den ganzen Nachmittag waren wir in den Boboli-Gärten (Pitti), die wunderschöne Plätzchen haben, wo ich einmal mit meinem Schnäuzele träumen möchte. Es war kühl u. etwas feucht. Das Wetter bessert sich nur wenig, es bleibt halb winterlich. Mama schrieb Dir ja gestern, daß wir bis Freitag früh hier sind u. dann am 4. Abends frühestens kommen. Sie meinte, Dir würde es gar zu arg sein, mich nicht in meinen neuen Schweinestall 1 auch persönlich einführen zu können(?). Es wird nun ihr Aufenthalt bei uns sehr kurz, 2 - 2 / 2 Tage, dann muß sie zu Alfred ziehen, obwohl es gewiß wenig paßt. Aber auch sie möchte doch seinen Haushalt etc. genau kennen lernen. 2 Lili erwartet zum Herbst wieder, zu Artur will sie im September auch, - da werden wir sie wohl nicht mehr zu sehen bekommen. Eben kommt etwas Sonne, jetzt wollte ich, es käme auch das Geld, (nur 1 Austrag am Tage), damit wir gehen könnten. Nachmittags denke ich: „Petraja"-Villa draußen an den Bergen. Nun also rüstet sich mein Kleines zum Aufbruch ins Heim? Du mußt Dich nun nicht wundern u. entmutigen lassen, wenn zuerst die Sache zu Haus nicht besonders geht. Erst kommt die Anpassung an die andren Bedingungen u. die Müdigkeit. Wir wollen die Zeit schon zusammen durchleben, ich muß ja auch erst versuchen, was mir die Reise genützt hat. Mama sah so sehr gern Sonnenuntergänge, dadurch wurde es immer
1 Gemeint ist das neu eingerichtete Arbeitszimmer Max Webers. 2 Alfred Weber war in den ersten Januartagen 1908 nach Heidelberg übersiedelt; Helene Weber wollte die neue Wohnung In der Handschuhshelmer Landstraße 39 kennen lernen.
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etwas spät. Aber es machte ihr am meisten Freude. Ich erwarte nun auch meinen Dämon, der mich wohl in der Heimath gleich empfangen wird, nach 1 Woche nur mit (ziemlich viel allerdings) Brom. Wir freuen uns beide sehr auf unser Schnauzele, ganz besonders Dein Dich herzlich küssender 5 Max Die Feder ist scheußlich! Sonnabend sind wir in Lugano, Hotel S. Gotthardt (Schweiz, doppeltes Porto!)
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Marianne Weber 28. April 1908; BK Florenz Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Hötel Fenice - Firenze Firenze, Ii 28/4 1908 Dienstag Liebes Schnauzele gestern u. heut ist nichts gekommen von Dir. Als eine Art von Ersatz hat 5 sich der Frühling eingestellt, diesmal scheint es der wirkliche. Es ist jetzt wenigstens so warm hier wie im März in der Provence. Heut Vormittag haben wir zuerst |:noch einige :| dieser verfl... Mitbringsel-Gänge gemacht, die eine so entsetzliche Rolle in Mama's Reisen spielen. Sie legt so viel Poesie in ihre Einkäufe, es wäre reizend u. man wollte Tage lang 10 so herumgehen, wenn man nicht wüßte, wie nüchtern die Empfänger (Martha Benecke 1 |:in Kiel: | für ihr Göhr, etc. etc.) die Sachen aufnehmen. Aber man muß es ihr lassen, es gehört nun mal für sie zu den Bestandteilen und Herzensbefriedigungen der Reise. Dann hatten wir wenigstens für eine kurze Spazierfahrt noch Zeit im Sonnenschein: jetzt 15 erst schlagen die meisten Bäume hier aus! - u. heut Nachmittag machen wir irgend eine Exkursion - Fiesole, Petraja oder so etwas. Sicher ist das Wetter noch immer nicht, aber es ist doch warm, während man 3 vor 2 Tagen wie ein Schneider fror. - Inzwischen kamen Deine lieben Kärtchen, mein Kindl; - also es bleibt dabei, wir kommen entweder am 4. 20 Abends u. treffen Dich auf dem Bahnhof oder aber am 5 ten Morgens von Stuttgart (eigentlich hätte ich Lust statt dessen nach Freiburg zu gehen; so gern ich Emmy 2 sehe, glaube ich, daß sie mehr von Mama allein hätte; aber Mama möchte gern, daß ich mit nach Stuttgart] - Hotel Marquardt - ginge). Wir hoffen, da es jetzt, nach Tisch, noch leidlich schön ist, auf 25 ein paar b warme Tage zum Schluß hier, die wir sehr verdient haben.
a (bis)
b O: par
1 Martha Benecke war die Frau eines Neffen von Helene Weber. 2 Emmy Baumgarten lebte in einem Heim in Stuttgart; sie war eine Cousine Max Webers, der mit ihr vor seiner Eheschließung In naher Beziehung stand.
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Daß ich ein passendes Relief jetzt finde, glaube ich nicht. Aber man kann ja Einiges ansehen u. Maße nehmen, für künftig. Ich bin sehr begierig auf meinen Schweinestall u. auf das große Zimmer, welches Alfred sehr gefallen hatte. Wenn der nur bald zu etwas Gutem käme! Es wird gar nicht leicht sein. Übrigens: offenbar hat Else3 (oder Jaffé) sich mit ihm über den „Thee mit Sittengesetz' ll) bei Dir lustig gemacht, woher wüßte er sonst etwas davon, c da er die Andren gar nicht kennt? 4 Das fände ich nun von J[affé]'s nicht „fein", in Anbetracht... besonders! Liebes Kerlchen, laß es doch nun genug sein mit diesem Diskussionsthema in dieser Gesellschaft! Es paßt wirklich besser unter 4, höchstens 6, Augen. Mir widersteht 0 der Gedanke so, daß bei den künftigen Abenden mit „Jugend" - denn die mußt Du Dir natürlich einrichten, 5 ich verschwinde dann nach dem (frühen!) Abendessen, esse an „schlechten Tagen" in meiner Stube allein - diese Erörterungen gepflogen werden sollten. 3A der Leute sind viel zu feige, um sich nachher dazu zu bekennen, daß sie sich für derart altmodisches Zeug interessiert haben, u. man schadet ihnen also nur. Ganz anders: eine Erörterung von Mensch zu Mensch! Da paßt das hin. Aber Du beraubst Dich jeden Einflusses, wenn Du diesen Schwächlingen, wie E[lse] u. J[affé] es in diesem Punkt sind, die Möglichkeit giebst, Dich als „Moralistin" auszuposaunen. Und ich kann es mit J[affé]'s einfach nicht ertragen, die damit doch nur spielen (sie) oder ein Gequassel daraus machen (er). Nicht wahr? andre Themata! (Sonst war E[lseJ's Brief an Dich ja Mit diesem Ausdruck schien ihm Deine kl[eine] Gesellschaft vorfrisiert worden zu sein.
C (daß)
d 0 : wiedersteht
3 ElseJaffe. 4 Gemeint ist die Gesellschaft, die Marianne Weber am 12. März 1908 in Heidelberg gab, vgl. den Brief an Marlanne Weber vom 15. März 1908, oben, S.455, Anm.2. Marianne Weber widersprach dieser Annahme umgehend in einem Brief vom 30. April 1908 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446), den sie nach Lugano schickte. Sie schrieb, sie selbst habe Alfred von Ihrer kleinen Gesellschaft erzählt, Else Jaffe würde sich nie über sie mokieren, denn dieser seien diese Dinge gerade jetzt ernst; im übrigen versicherte sie, sie habe derartige Debatten selbst nie angestiftet und werde es auch nicht tun. Es sei Eberz gewesen, der ständig davon geredet habe. 5 Weber bezieht sich auf eine Bemerkung Marianne Webers, es wäre gut, wenn auch zu ihnen gelegentlich junge Menschen kämen.
28. April 1908
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ganz nett). 6 - Also: in Lugano (St. Gotthardt Hotel) hoffen wir ein Kärtchen von Dir zu finden. Herzlich küßt Dich Dein Max 5 Nicht mehr als 900 M soll die Sache gekostet haben? Das wäre ja sehr billig, 20 M. pro Tag, bei der Behandlung etc. 7
6 Vgl. Brief an Marianne Weber vom 21. April 1908, oben, S. 537, Anm. 8. 7 Marianne Weber hatte in ihrer Karte an Max Weber vom 26. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) mitgeteilt, sie habe während ihres Aufenthaltes im Sanatorium Lahmann „an 900 Mark verpulvert".
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5. Mai 1908
Karl Vossler 5. [Mai] 1908; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich mit Auslassungen, ohne Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen Marianne Webers ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 6 3 - 6 7 Die Abschrift ist irrtümlich auf den 5.April datiert; wie aus dem Inhalt des Briefes hervorgeht, hat Weber diesen aber erst nach seiner Rückkehr aus Italien verfaßt, d.h. nicht vor dem 4. Mai 1908. Theoretisch möglich wäre auch der 5. Juni als Datum, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, denn es ist kaum anzunehmen, daß Weber den Brief ca. 4 Wochen nach seiner Rückkehr nach Heidelberg geschrieben hat und dann darauf verweist, daß er in Italien keine Zeit für eine Korrespondenz gefunden habe.
Heidelberg, den 5.5. a 08. Verehrtester Kollege! Wie sehr ich hoffe, daß vielleicht doch irgend ein Weg gefunden wird Sie zu halten 1 - wennschon es sicher Schwierigkeiten macht ihn zu finden werden Sie sich selbst sagen. Mein Glückwunsch zu der endlich erfolgten Berufung kommt etwas spät. Der Grund liegt darin, daß ich in Italien^] als ich von Ihrer Berufung hörte, gerade mit der Lektüre - d. h. aber der drittmaligen Lektüre - Ihres Dante2 beschäftigt war und das Bedürfnis empfand, zugleich mit dem Glückwunsch Ihnen nochmals und eingehender für dies Buch zu danken, als es bisher geschah. Nun kam ich aber auf der Reise - wie immer - dazu nicht und so hole ich das jetzt, nur in größerer Kürze, da man Sie hier ja persönlich sprechen kann, nach. Geschlossen hintereinander fortgelesen hat mir das Buch einen noch ungleich tieferen Eindruck gemacht als seinerzeit bei der stückweise fortschreitenden Lektüre. Die inneren Gründe Ihrer Stoffdisposition 3 treten dann mit großer Klarheit hervor. Man empfindet die a 0:4. 1 Karl Vossler hatte im April 1908 einen Ruf als etatmäßiger a.o. Professor auf den Lehrstuhl für italienische Sprache und Literatur an der Universität Innsbruck erhalten, lehnte diesen jedoch am 12. Mai 1908 ab. Vgl. dazu das Schreiben von Vossler an Franz Böhm vom 13. Juni 1908, GLA Karlsruhe, 235/2621: Personalakte Karl Vossler. 2 Vossler, Karl, Die göttliche Komödie. Entwicklungsgeschichte und Erklärung. I.Band, I.Teil: Religiöse und philosophische Entwicklungsgeschichte, I.Band, II.Teil: Ethischpolitische Entwicklungsgeschichte.-Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1907. 3 Vossler untersucht und zergliedert in seinem Werk drei unterschiedliche Entwicklungsstränge, die sich in der Danteschen Göttlichen Komödie zu einem Ganzen vereinigen: den religiösen, den philosophischen sowie den ethisch-politischen.
5. Mai
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dadurch notgedrungenen Rückverweisungen als ganz unvermeidliche Behelfe und die scheinbaren Wiederholungen eben als Scheinwiederholungen, die vermeintliche Zerschneidung der Weltansichts-Einheiten der einzelnen Perioden als Beleuchtungen verschiedener ihrer Seiten. Und die Kunst des Auseinanderhervorgehenlassens der verschiedenen Problematiken im Gang der Entwicklung erregt - ich scheue mich nicht dies auch Ihnen in's Gesicht zu sagen - , unverhehlbare Bewunderung, stilistisch und sachlich. Diese würde sich für die gedankliche Konzeption dieser Entwicklungskonstruktion und für die Penetranz der Durchführung der Gedanken auch dann nicht im Mindesten vermindern, w e n n wie es bei gradlinigen Konstruktionen fast unvermeidlich ist - der Accent zuweilen auf Bestandteile des historisch Gegebenen gerückt sein sollte, welche in ihrer empirischen Realität, geringere oder geradezu andere Funktionen versehen haben, als Ihre Darstellung erkennen läßt. Denn ich wüßte nicht, wie diese Accent-Verschiebungen sich bei dem Streben, die historische Wirklichkeit Probleme aussprechen zu lassen, deren sie selbst sich nicht bewußt war, die aber wir in ihr finden müssen, überhaupt zu vermeiden wäre. Im übrigen bezweifle ich auch, daß in den Partieen[,j die ich einigermaßen zu beurteilen in der Lage bin, solche Accentverschiebungen eine irgend erhebliche Rolle spielen. Die Stoa und manche Teile der antiken und mittelalterlichen christlichen Philosophie kenne ich nicht genug um urteilen zu können. Überall aber scheint mir die Sache, selbst wenn vom Spezialisten-Standpunkt aus Ihre Formulierungen Bedenken erregen sollten: so zu liegen: daß Ihre Antworten auf die Entwicklungsprobleme vielleicht anfechtbar sind, daß aber das in meinen Augen als Leistung allein Entscheidende: die Problemstellung, die Fragen, von evidenter Richtigkeit und zu nicht ganz unbeträchtlichem Teil zugleich neu und durch ihre Einfachheit absolut überzeugend sind. - Mögen andere sich die gestellten Fragen abweichend, selbst sehr abweichend, beantworten, die Stellung der Fragen scheint mir definitiv und niemand darf an ihnen vorübergehen. Für mich aber bestimmt sich bei einem geradezu polyhistorische Beschlagenheit voraussetzenden Werke sein Wert endgültig lediglich nach dem Werte der Problemstellungen, nach dem Maße in dem richtig und dabei originell gefragt worden ist. Die richtigen „Lösungen" findet oft ein „Schuster" oder „Dilettant" ebenso gut, ja besser als ein Denker. Und in der immer wiederkehrenden Überzeugung, daß Ihre Arbeit in jener Hinsicht den denkbar höchsten Ansprüchen an ein Werk dieses Umfangs und Zwecks genügt, lag, verbunden mit seinem ungewöhnlich hohen,
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künstlerisch-schriftstellerischen Standard, für mich die Quelle des großen Genusses, für den ich zu danken habe. Würden Sie mich nun schließlich fragen, an welchen Punkten denn nach meiner Ansicht Ihre Antworten (genauer: die Begründung Ihrer Antworten, denn auch Ihre Antworten scheinen mir fast immer richtig, und nur gegen die Wege;,] die Sie gehen;,] um sie dem Leser plausibel zu machen, habe ich hier und da Widerspruch empfunden) der Kritik Angriffspunkte böten, so würde ich - sofern es sich um wichtige Dinge handeln sollte, in die größte Verlegenheit geraten. Es ist zum Beispiel 114 Jahrzehnte her, daß ich mich zuletzt mit Thomas von Aquino befaßt habe - unmöglich daher, positiv mit Beleg oder doch mit klarer Formulierung anzugeben, worauf mein Gefühl beruht, daß hier in der Staatslehre und Ethik vielleicht manches sich unter andere Perspektiven rücken ließe. Vielleicht. Denn ich bin außer Stande;,] zur Zeit Ihrer schönen geschlossenen Darstellung etwas anderes gegenüber zu stellen, und es versteht sich, daß Sie überwiegend Vieles gesagt haben, was auch nach meiner, wie gesagt längst verblaßten, Erinnerung ausgezeichnet zutrifft. Der schwierige Begriff der lex naturae, naturalis ratio u.s.w. dürfte das Gebiet sein, wo die noch offen gebliebenen Probleme liegen. Ich bin begierig;,] wie Tröltsch, der beste Kenner gerade dieser Seite sich dazu stellt. 4 - Es ist aber gerade so gut möglich, daß es mir mit Ihrer Darstellung des Themas geht, wie mit Ihrer Ansicht vom Averroismus und seinem Einfluß. 5 Diese mir anfangs so überraschende Meinung ist mir immer plausibler geworden und ist mir jetzt (immer vorbehaltlich dessen, daß ich ein Fachurteil überhaupt nicht habe) durchaus überzeugend. - Also dieser Punkt ist von meiner Seite nur ein ganz allgemeiner unsubstanziierter Vorbehalt und im Übrigen stolpere ich generell nur da, wo Ihre Terminologie sich der Croce'schen nähert. 6 Alles Andere sind kleine Einzelbedenken. Soll ich
4 Knappe Äußerungen über Vosslers „Dante" (wie Anm. 2) finden sich in den Aufsätzen von Ernst Troeltsch: Die Soziallehren der christlichen Kirchen. II: Der Mittelalterliche Katholizismus, in: AfSSp, Bd.27, Heft 1, 1908, S. 1 - 7 2 , und Heft2, S . 3 1 7 - 3 4 8 , hier: S. 71, Anm. 114, sowie S . 3 4 7 . Ein entsprechender Brief fehlt im (Rest-)Nachlaß von Karl Vossler in der B S B München. 5 Weber bezieht sich hier offensichtlich auf das Kapitel „Das Erkenntnisproblem" in Vosslers: Die philosophischen Grundlagen zum „süßen neuen Stil" des Guido Guinizelli, Guido Cavalcanti und Dante Alighieri. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1904, S. 7 1 - 1 0 7 , in dem der averroistische Einfluß auf die Literatur des Ducento geschildert wird. 6 Vossler, Göttliche Komödie (wie oben, Anm.2), übernimmt S. 155 von Benedetto Croce den Ausdruck „Pseudobegriff" im Gegensatz zu dem „wahren Begriffe" und führt
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durchaus einiges hervorheben, so etwa: einige Bemerkungen über den Mystizismus (z.B. I.Seite 87:7 nicht jeder praktische Mystizismus schlägt in Quietismus um, 8 cf. Taulers Stellung zum Beruf) 9 dann etwal. Seite 123, Absatz 2 10 (hierzu wäre m.E. Taine zu vergleichen, der die Bedeutung des feudalen Ehrbegriffs für den Individualismus nicht übel S. 166 unter Bezug auf Croce aus: „Immer und immer hat man wieder dem begrifflichen Gegenteil der Wertbegriffe theoretische Geltung verliehen oder auf deutsch: einen Unwert für einen Wert gehalten." Zur Auseinandersetzung mit Croce vgl. Webers Artikel: Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. (Dritter Artikel.) II. Kniesund das Irrationalitätsproblem. (Fortsetzung.), in: SchmJb, Jg. 30, Heft 1,1906, S. 84f. sowie S. 98f. (MWG I/7). 7 Die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf Vossler, Göttliche Komödie (wie Anm.2). 8 Vossler behandelt an dieser Stelle mystisches Gedankengut, das Dante von Augustinus entlehnt zu haben scheint, und zitiert aus der Göttlichen Komödie, Paradiso XXIV, 106 ff.: „ Daß ohne Wundertaten sich die Welt Zum Christentum bekehrte, ist fürwahr Ein Wunder, mehr als hundert andre wert." Daran anschließend: „Durch derartige Gedanken, sobald man sie weiterspinnt, wird die Grenze zwischen dem unmittelbaren Willen Gottes, wie er sich Im Wunder zu erkennen gibt, und dem natürlichen Verlauf der irdischen Ereignisse verwischt. Der menschliche Wille wird durch den göttlichen gelähmt, oder wenigstens überflüssig gemacht. Der praktische Mystizismus schlägt in Quietismus um." 9 Vgl. dazu die Ausführungen Webers in seinem Artikel: Die protestantische Ethik und der „Geist" des Kapitalismus. I. Das Problem, in: AfSSp, Bd. 20, Heft 1,1904, S. 1 - 5 4 (MWG I/9); über Tauler bzw. dessen Berufsidee, ebd., S. 38, Anm. 2, S. 43, sowie insbesondere S.49f.: „Es war [...] dem Berufsgedanken in dieser lutherischen Prägung bei den deutschen Mystikern schon weitgehend vorgearbeitet, namentlich durch die prinzipielle G/e/c/7wertung geistlicher und weltlicher Berufe bei Tauler und die geringere Bewertung der überlieferten Formen asketischen Werkverdienstes infolge der allein entscheidenden Bedeutung der ekstatisch-kontemplativen Aufnahme des göttlichen Geistes durch die Seele. Das Luthertum bedeutet sogar in einem bestimmten Sinne gegenüber den Mystikern einen Rückschritt, insofern bei Luther - und mehr noch bei seiner Kirche - die psychologischen Unterlagen für eine rationale Berufsethik gegenüber den Mystikern deren Anschauungen über diesen Punkt mehrfach teils an die pietistische, teils an die quäkerische Glaubenspsychologie erinnern, ziemlich unsichere geworden sind und zwar [...] gerade weil der Zug zur asketischen Selbstdisziplinierung ihm als Werkheiligkeit verdächtig war und daher in seiner Kirche immer mehr in den Hintergrund treten mußte." 10 Vossler (wie Anm.2), S. 123: „Es ist wunderbar und im höchsten Grade überraschend, wie außerordentlich fein in diesem mittelalterlichen Menschen [d.h. Dante] das Gefühl für die Würde der Persönlichkeit entwickelt ist, wie auch die leiseste Demütigung, der unschuldigste Fehltritt, die harmloseste Regung der Neugier oder Aufdringlichkeit sofort als Einbuße der eigenen Würde empfunden werden. Die letzte, späteste und zarteste Frucht des sittlichen Bewußtseins: der innere Anstand, ist derart sicher, gesund und lebendig In Dante, daß man meinen sollte, er sei nicht aus einer theokratischen und feudalen, sondern aus einer weltlichen und demokratischen, ganz nur auf die Achtung des Individuums gegründeten Gesellschaft und Kultur hervorgegangen."
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schildert;11 man möchte wohl wünschen, daß Sie gelegentlich Ihre Ansicht auch über die Beziehungen von Dantes Ehrbegriff zu den Entwicklungsstadien der feudalen Gedankenwelt etwas näher präzisierten.) Seite 124 „Not lehrt beten" 12 - immer? nach persönlicher Erfahrung möchte ich das bestreiten, natürlich Ihnen durchaus beistimmend, daß es sehr oft - für die Menschenwürde nur allzuoft - zutrifft. Ganz vorzüglich sind beiläufig bemerkt Ihre resümierenden Bemerkungen Seite 124 und 127 oben! 13 Ebenso wie auf der Seite vorher die schönen Worte über Dantes „Würde"14 und was Seite 130 gesagt ist. 15 - Zu den Bemerkungen Seite 139 vorletzter Absatz wäre manches aber hier zu Weitläufiges zu sagen; 16 im Prinzip, nicht ganz in der Formulierung, bin ich natürlich auch Ihrer Ansicht, die den sog. „Relativismus", diesem spießbürgerlichen Steckenbleiben in der Konvention auf dem Wege zu entschlossenem Zynismus, entgegentritt (ein so grundguter Mensch wie Gothein 17 ist ein abschreckendes Beispiel dessen was dabei herauskommt). Nicht ganz zulänglich scheint mir die Erklärung der seltsamen und doch höchst auffallenden „Erkenntnislehre des Jenseitsmenschen" Seite 175 unten, 18 denn es ist nicht erklärt, warum Gott faktisch die Verdammten11 Wahrscheinlich bezieht sich Weber auf Passagen im Kapitel über die „jakobinische Auffassung vom Staatswesen", in: Taine, Hippolyte, Die Entstehung des modernen Frankreich. Bearb. von L. Katscher, Bd. 2: Das revolutionäre Frankreich, 3. Abt., 2. Aufl. Leipzig: Abel & Müller [1893-94], S. 119-127. 12 Vossler (wie Anm.2), S. 124: „,Not lehrt beten.' Das gilt wohl für uns alle." Die Sentenz findet sich dem Sinne nach schon in Livius, Römische Geschichte, Buch 5, Kap. 51, §8: „Adversae ... res admonuerunt religionum." 13 Ebd., S. 124: „Dantes Frömmigkeit ist keine Gewohnheits- und Berufsmystik, sondern Gelegenheitsmystik." Ebd., S. 126f., beschreibt Vossler, wie in Dantes Paradiso „bei der völligen Einheit der Gesinnung" der Frommen selbst die Sprache überflüssig wird. 14 Dies bezieht sich auf Vossler (wie Anm.2), S. 123: „Hier mag es genügen, gezeigt zu haben, daß ihn [d.h. Dante] stetig und treu durch sein Leben und durch sein Werk hindurch das Gefühl der eigenen Würde begleitet. Eben darum erscheint er nicht als Gliederpuppe, sondern als ein ganzer Mann. Selbst in den höchsten Augenblicken mystischer Hingabe, Im Schauen der Gottheit selbst, bleibt er der alte kräftige Dante, der sich nicht weggibt, sondern aufnehmen will." 15 Ebd., S. 130, mit dem Bemerken Vosslers, daß Dante „mehr zum Denker als zum Schwärmer geboren" war. 16 Ebd., S. 139, beklagt Vossler als „Zeichen der Schwäche, daß unsere Zelt an die schöpferische Rolle der Philosophie nicht mehr zu glauben vermag [...] Es wäre übel bestellt, wenn jeder kritische Kopf ein ungläubiges Herz, und jedes gläubige Herz ein unkritischer Kopf sein müßte. Vollwertig ist im Gegenteil nur diejenige Art von Menschen, die ihren Glauben zu kritisieren und an ihre Kritik zu glauben den Mut hat." 17 Weber bezieht sich hier auf Eberhard Gothein, den Heidelberger Nationalökonomen. 18 Vossler behauptet hier (wie oben, Anm.2), S. 175, daß die „merkwürdige Jenseitspsychologie" in der Göttlichen Komödie „eines derfruchbarsten poetischen Motive [war], das die Theologie des Thomas unserem Dichter geliefert" habe.
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es scheint doch: alle? in die Zukunft schauen läßt. Aber natürlich hier gelten Ihre Bemerkungen Seite 176 oben[.]19 - Sehr schön sind Ihre Worte Seite 185 unten, 186 oben 20 - ebenso das über den Symbolismus Seite 187 Gesagte. 21 Seite 205 unten, 206 oben 22 und dann oft im zweiten Bande kommen Sie auf den Status naturae zu sprechen. Es scheint mir, ohne daß ich das hier näher begründen könnte, daß auf dem Gebiet dieses Begriffs eine Reihe Irrtümer unterlaufen sind, die im zweiten Bande namentlich, bei der Erörterung der Staatslehre und Ethik des alten Christentums hervortreten. Der [„jKommunismus" des Christentums gilt nur für den „Urständ" (Adam vor dem Fall!).. . b Seite 432, Anmerkung 3 ist nicht ganz unbedenklich, wennschon nicht einfach unrichtig (nur ist durch Druckversehen offenbar das Quäkertum zu
b Auslassungszeichen in Abschrift. 19 Ebd., S. 176: „Freilich, geradeso wie die unendliche Mannigfaltigkeit des natürlichen Geschehens niemals durch Gesetze erschöpft wird, so lassen sich auch in der poetischen Welt der .Komödie' eine Fülle von Erscheinungen aufweisen, für welche das rationelle Lehrgebäude des Thomas keine Formeln mehr hat." 20 Ebd., S. 185f. Hier vergleicht Vossler die Begeisterung, mit der z.B. Schiller die kantische Philosophie rezipiert hat, mit der enthusiastischen Aufnahme der scholastischen Philosophie durch Dante: „Nicht nur den wissenschaftlichen Grund und Boden für seine ungebrochene Persönlichkeit, sondern auch die rationelle Unterlage für sein Vertrauen auf Kritik und Vernunft hat erden großen Scholastikern zu danken", ebd., S. 186. 21 Ebd., S. 187. Hier führt Vossler aus, daß es die thomistische Philosophie war, die, indem sie den Menschen als wichtigstes Mittelglied in der Hierarchie alles Seienden betrachtete und ihn und dessen Vernunft in den Mittelpunkt aller Dinge stellte, den Stützpunkt gefunden habe, „um alles Wissen, alle Kultur, profanes und heiliges, jüdisches, griechisches, römisches und arabisches Wesen zu sich heranzuziehen und es der christlich-katholischen Idee, der Idee der gottmenschlichen Einheit zu unterwerfen." Vossler führt dann welter aus: „Die landläufige Ansicht freilich ist eine andere. Der Symbolismus, meint man, sei es gewesen, vermöge dessen das Mittelalter sämtliche ihm fremden Kulturen christlich gedeutet und sich angeeignet habe. Tatsächlich aber war der Symbolismus nur das Mittel, nur die Methode, nicht die Ursache dieser denkwürdigen Assimilation. Symbolismus an undfürsich macht noch keine Weltanschauung. Im Gegenteil, er führt zur Auflösung aller Weltanschauung, Indem er eben das Anschauliche in der Welt, d.h. die ganze erfahrungsmäßige Wirklichkeit, als falschen Schein betrachtet und somit von allem, was sich hlenieden ereignet, nichts mehr ernst zu nehmen vermag. In der heuchlerischen Formel von der doppelten Wahrheit hat der extreme Symbolismus seinen reinsten Ausdruck und zugleich seine vernichtende Kritik gefunden. Hier zersetzt und verschlingt die übersinnliche Vernunft alles Wirkliche, alles Historische, Individuelle und Anschauliche, alle Kunst." 22 Ebd., S. 206: Der „status naturae integrae" ist laut Vossler „ein Zentralbegriff, welcher bei Thomas und Dante der Sinnlichkeit gegenüber als natürliche Unschuld, der Gewalt gegenüber als Naturrecht, dem Schmerz, der Krankheit und dem Tod gegenüber als irdisches Paradies zutage tritt."
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einer Spielart des Calvinismus geworden, 23 dessen schärfster Gegner es war. Der Grund ist bei Calvin einerseits, den Täufern andrerseits, ganz verschieden. Das „Puritanertum" umschließt heterogene E l e m e n t e . . . c Ganz und gar nicht einverstanden - aber das ist eine Frage „subjektiven Wertens", nicht eine solche der Wissenschaft! - bin ich mit Ihrem Werturteil Band I Seite 510 Absatz 3 über das lediglich „subjektiv" bleibende religiöse Leben, 24 und Goethes Wort Seite 511 oben erscheint mir als eine der wenigen Trivialitäten, die der große Mann gesagt hat. 25 Zu Seite 529: in Florenz ist doch das Bürgertum als parta guelfa groß geworden? 26 Bedenklich ist meines Erachtens die Klassification Seite 530 oben. 27 Der Popolo grasso enthielt vor allen Dingen auch die Juristen und Ärzte! Industriearbeiter und Landarbeiter gab es nicht im heutigen Sinn, sondern: „Gesellen", der Handwerker, daneben Hausindustrielle und auf dem Land: Bauern (Mezzadrie). 28 Zu Seite 537: Es gab in Florenz zu viele staatsmännische Genies, das war wohl einzig das Unglück. 29 Macchiavelli's Liebling Uzzano 30 ist allerdings nur ein Talent, kein Genie, aber die politischen Bedingungen hätten eben den politischen Genies kaum Raum gelassen. - Seite 554d; Absatz 2: Die
c Auslassungszeichen in Abschrift,
d 0:454
2 3 Ebd., S.432, beschreibt Vossler die nominaiistische Auflösung des Korporationsbegriffs der Kirche und vermerkt in Anm. 3: „Auf nominalistischer Denkgewohnheit beruht in der Hauptsache z. B. die religiöse Gemeinschaftsbildung des extremen Calvinismus (Puritaner-, Quäker-Sekten u.dgl.)." 2 4 Ebd., S.510: „Was nützt uns, was kümmert uns das tiefste, glühendste religiöse Leben, solange es sich nur um seine eigene Achse dreht und Bewegung in einem leeren Räume ist, solange es nicht entweder sittliche Handlung, oder wissenschaftliche Forschung, oder ein Kunstwerk geworden ist?" 2 5 Ebd., S. 511, zitiert Vossler Goethes Nr. 9 der zahmen Xenlen: „Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, Hat auch Religion ; Wer jene beiden nicht besitzt, Der habe Religion I " 2 6 Ebd., S. 529, scheidet Vossler die beiden unter sich zerstrittenen Magnatenparteiungen der Guelfen und Ghibellinen von der dritten Partei, dem Bürgertum. 2 7 Ebd., S. 530: „Je mehr dieses Bürgertum an die politische Oberfläche herauftrat, desto reicher differenzierte es sich. Man unterschied zunächst den popolo grasso, das heißt das industrielle und großkaufmännische Bürgertum von dem popolo minuto, dem handwerktreibenden und kleinkaufmännlschen Bürgertum. Unten aber lebte, rechtlos, die Plebs: teils Industriearbeiter, teils Landarbeiter." 2 8 Gemeint ist das Institut der Teilzeltpacht formell freier Landwirte In Italien. 2 9 Weber bezieht sich hier auf Vosslers Behauptung, ebd., S. 537: „So hoch immer die polltische Durchschnlttsblldung war, ein staatsmännisches Genie hat, soviel wir wissen, das mittelalterliche Florenz nicht erzeugt." 3 0 Gemeint ist Niccolò da Uzzano, einer der führenden Politiker im Florenz des frühen 15. Jahrhunderts, den Niccolò Machiavelli in seinen „Istoriefiorentine" porträtiert.
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Lehenstreue gehörte nicht dem Naturrecht an, ihre Anerkennung aber stand fest. 31 Der Ausdruck ist wohl sehr knapp geraten. Seite 557/58: auch die „Nation" ist an sich kein politischer Begriff, 32 Dantes für uns Heutige auffälliges Verhalten war die Folge der Rechtslage und speziSie sehen: eigentlich lauter 5 fisch mittelalterlichen Rechtsidee33...e schulmeisterliche Randglossen, die ich mir beim Durchblättern Ihres Buches mit Bleistift angemerkt habe und hier einfach niederschrieb. Im Übrigen bitte ich Sie sie einfach zu entschuldigen und nicht daraus den Schluß zu ziehen, daß ich Ihr Buch mit den Brillengläsern gelesen habe, 10 die Ihnen daraus vielleicht entgegenglotzen! Nein, es war mir ein Genuß, - und wahrlich nicht der Kleinste - aus jeder Zeile Ihres Buches Ihre so unendlich gesunden und klaren, dabei höchst persönlichen Werturteile und Stellungnahmen heraus zu lesen und mich der Übereinstimmung in diesen Dingen in allen wichtigen Punkten zu freuen. - Ich gebe, 15 wie gesagt, die Hoffnung nicht auf, daß Sie uns erhalten bleiben und mit Ihnen Ihre Frau Gemahlin. Ich spreche leider ja zu erbärmlich italienisch^] um ihr bisher haben persönlich näher treten zu dürfen. 3 4 Ob sie es beklagen würde, hier fortzugehen? Ich fürchte fast nein, denn es ist für uns Deutsche so sehr viel leichter Italien und Italiener und vollends 20 die Italienerinnen zu lieben, als das Umgekehrte geschieht, wie in Ihrem Ausnahmefall!
e Auslassungszeichen in Abschrift. 31 Wahrscheinlich bezieht sich Weber auf folgenden Satz Vosslers, (wie Anm. 2) S. 554: „ [...] es ist geschichtliche Tatsache, daß das einzige vom Mittelalter anerkannte Gesetz das Naturrecht oder das göttliche Sittengesetz war." 32 Vossler, der ebd., S. 556-558, auf das Nationalgefühl Dantes eingeht, unterscheidet zwischen Vaterlandsliebe und Nationalbewußtsein, S. 557, und meintauf S. 558: „Wir, die wir, ähnlich wie die Italiener, schon lange ein Kulturvolk waren, bevor wir eine Nation wurden, sind in der Lage, aus eigener Erfahrung diese unpolitische, ideale, humane, humanistische und romantische Art von Volksbewußtsein zu kennen und zu schätzen." 33 Weber spielt hier an auf Dantes Idee vom universalen Kaisertum, wie sie besonders in dessen Schrift „De monarchia" entwickelt wurde. 34 Esther Vossler war die Tochter des Grafen Domenico Gnoli, des Direktors der Nationalbibliothek Vittorio Emanuele in Rom.
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Martin Rade 1 [1], Mai 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g ÜB Marburg, Ms. 839, Nl. Martin Rade Zweite Ziffer des Tagesdatums nicht gesicherte Lesung. Handschriftlicher Zusatz Rades am Briefkopf: „Zur streng vertraulichen Kenntnisnahme. Gelegentlich zurückerbeten."
Heidelberg 11/V 8 Verehrtester Herr College! Besten Dank für Ihre Sendungen, die ich bitte noch einige (kurze) Zeit behalten zu dürfen, für den Fall, daß eine Verwendung zweckmäßig erscheinen sollte. 1 5 Die Sache liegt so, daß meines Vermutens ein Ruf nach Heidelberg schwerlich im Bereich des Wahrscheinlichen liegt. Ich erfahre von den Fakultätsvorgängen der Juristen nichts |: Sicheres :| und kann mich in keiner Weise ad hoc darum kümmern. A b e r ich habe - privatim - die Vermutung, daß Piloty und Fleiner die meisten Chancen haben, in 10 Betracht gezogen zu werden. 3 2 D e r neue Großherzog kümmert sich was sachlich keineswegs immer zum Guten führt - persönlich um die Besetzungen und ist überall für Anlehnung an Berlin. Dies und das bestehende „Kartell" der Unterrichtsverwaltungen bringt es mit sich,
a Randbemerkung Max Webers: Bitte ganz vertraulich, nur für Sie u. Prof. Sch[ücking] (man hat auch von Triepel gesprochen, so viel ich weiß), - alles ohne Gewähr! 1 Martin Rade hatte sich In einer vertraulichen Anfrage an Weber gewandt, ob Chancen für eine mögliche Berufung von Walther Schücklng aus Marburg auf den vakanten Lehrstuhl für Staats- und Völkerrecht an der Universität Heidelberg bestünden; der bisherige Inhaber, Gerhard Anschütz, hatte einen Ruf nach Berlin angenommen. Aus dem Folgebrief an Rade vom 16. Mal geht hervor, daß dieser Ihm einige Schriften Schücklngs zugesandt hatte. Dabei könnte es sich gehandelt haben um: Das Nationalitätenproblem - eine politische Studie über die Polenfrage und die Zukunft Österreich-Ungarns (Neue Zeit- und Streitfragen, hg. von der Gehe-Stlftung, Jg. 5, Hefte2 und 3 ) . - D r e s d e n : Zahn & Jaensch 1908, oder Schücklngs Beitrag: Die Organisation der Welt, In: Staatsrechtliche Abhandlungen, Festgabe für Paul Laband zum fünfzigsten Jahrestage der Doktorpromotion, Bd. 1. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1908, S . 5 3 3 - 6 1 4 , sowie: Die Reform des preußischen Wahlrechts, In: Juristisches Literaturblatt, Nr. 192 vom 15. Febr. 1908, S. 2 6 - 3 1 . 2 Die am 11. Mai 1908 von der Juristischen Fakultät an das Kultusministerium eingesandte Vorschlagsliste benannte pari loco Fritz Fleiner, Robert Piloty sowie Heinrich Triepel (GLA Karlsruhe, 235/3118). Den Ruf hat dann Fritz Fleiner erhalten.
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daß jedenfalls einem ergehenden Ruf eine Anfrage in B [erlin] vorausgehen würde. Dies hat z . B . die Folge gehabt, daß wir, infolge der nichtswürdigen Verdächtigungen Elster's, 3 |:G[eorg]:| Simmel nicht bekommen werden (wahrscheinlich! die Sache schwebt noch). Ganz ebenso würde es im vorliegenden Fall gehen, da „Staatsrecht" als „hochpolitisch" gilt. Ich werde suchen, gesprächsweise Jellinek auf Herrn Prof. Schücking zu sprechen zu bringen und ihm dann die Lage des Falls authentisch schildern, damit Prof. Sch[ücking] hier nicht etwa von irgendwem verdächtigt werden kann, 4 - aber für die Besetzung des Lehrstuhls wird das jedenfalls irrelevant bleiben, wie ich voraussehe. Ich selbst kenne die Praxis des Unterrichtsministeriums, wie sie in diesem Fall hervortritt, recht gut. Wenn ich gewisse Bedenken gegen das von Prof. Schfücking] eingeschlagene Verfahren äußern sollte, so beträfe das nur die Anrufung der Intervention Kahl's,5 - die ich menschlich u. praktisch verstehe, aber ausprincipiellen Gründen für nicht ganz unbedenklich halte. Hoffentlich kommt Prof. Schfücking] in den Landtag. 6
3 Eine bloße Vermutung Webers. Im Nl. Böhm Im GLA Karlsruhe gibt es keinen diesbezüglichen Brief Elsters; ausschlaggebend dürfte vielmehr das Schreiben von Dietrich Schäfer an Böhm gewesen sein; vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Jellinek vom 21. März 1908, oben, S. 467ff. 4 Wahrscheinlich Anspielung auf den Konflikt Schückings mit dem preußischen Kultusministerium. Nach dem Protest Schückings gegen die preußischen Enteignungsgesetze gegen die polnische Bevölkerung war es zu Disziplinarmaßnahmen von selten des Kultussowie des Justizministeriums gekommen, die - neben einem Verweis - darin gipfelten, daß Schücking aus der Kommission für Referendarexamen ausgeschlossen wurde. Vgl. ZStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 12, Tit. IV, Nr. 7, Bd. IV. 5 Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden. 6 Schücking war Kandidat des Liberalen Volksvereins, der Nachfolgeorganisation der ehemaligen Nationalsozialen, In Marburg bei den preußischen Landtagswahlen vom 3. Juni 1908, kam allerdings über einen Achtungserfolg nicht hinaus. Während er 22 Stimmen, der Vertreter der Nationalliberalen Reissert 39 Stimmen erhielt, wurde der Kandidat der Konservativen v. Negeleln mit 130 Stimmen mit großem Abstand Wahlsieger. Vgl. Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger, Nr. 142 vom 18. Juni 1908, unpaginiert, S. [2],
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Von seinen Collegen halte ich, beiläufig bemerkt, Herrn Heymannb für einen elenden Lumpen u. kann das begründen!7 Mit herzlicher Ergebenheit Ihr Max Weber 5
b 0 : Heimann 7 Vgl. dazu Brief und Karte an Michels vom 2. sowie vom 20. April 1907, oben, S.274 und 281.
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Martin Rade 16. Mai 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig U B Marburg, Ms. 839, Nl. Martin Rade
Heidelberg 16/V 8 Verehrtester Herr College! Mit Anschütz, den ich persönlich leidlich gut kenne u. ungeachtet seiner starken „Jugendlichkeiten" und Geschmacklosigkeiten als ehrlichen Kerl ganz gern leiden mag, zu sprechen hat wenig Zweck, da er ohne allen Einfluß in der Fakultät ist, - nicht ganz ohne eigne Schuld. Da Jellinek, wie Sie schreiben, nicht die geeignete Adresse ist, werde ich wohl mit Lilienthal sprechen. Aber, wie gesagt, ich kann es nur gelegentlich, en passant, thun u. dann abwarten, was sich an Gesprächen daran anknüpft. Die Position eines Privatdozenten (mit „Titulatur"), wie ich es der Sache nach bin, ist zu delikat, die Eifersucht der Fakultäten zu groß, als daß es taktisch richtig wäre, daß ein Außenstehender sich in aller Form mit ihren Dingen befaßt. Vor ca. 14 Tagen sprach Jellinek einmal von sich aus mit mir u. fragte nach meiner Ansicht, - ich hatte keine fest formulirbare 3 zu geben, u. was er sagte, habe ich Ihnen (streng vertraulich!) angedeutet. Wie gesagt, selbst im Fall des Vorschlags wäre ein Ruf nach Lage der Dinge, da Elster unbedingt von Karlsruhe aus gefragt wird, ausgeschlossen. Das kann ich Ihnen bestimmt sagen. Die Schriften Sch[ücking]'s werde ich heut Nachmittag mit größtem Interesse lesen. Herzl. Gruß! Max Weber
a Alternative Lesung: formulirten
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Franz Eulenburg 2 0 . Mai 1 9 0 8 ; o . O . A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h mit A u s l a s s u n g e n , o h n e A n r e d e u n d S c h l u ß f o r m e l , mit h a n d s c h r i f t l i c h e n K o r r e k t u r e n v o n M a r i a n n e W e b e r Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 9 2 , Nl. M a x W e b e r , Nr. 3 0 , Bd. 7, Bl. 7 0 - 7 3 20.5.08.
Ihre „kleine" Gegengabe 1 übertrifft - (leider von meinem Standpunkt aus) - die äußerst hastig stückweise und mit dem Setzer auf den Fersen niedergeschriebene Fronleistungj,] die ich Ihnen zusandte, 2 so sehr an Gründlichkeit und dauerndem Wert, daß ich noch stark im Debet bleibe, und in Kürze danken möchte. - Ich glaube, daß die leidenschaftslose Art, mit der die Untersuchung überall bis vor die praktischen Konsequenzen heranführt, die Sie selbst aber nur andeutend berühren, des erheblichsten Eindrucks bei all denen, die überhaupt für Eindrücke zugänglich sind, nicht verfehlen kann. Bei mir, einem freilich gänzlich einflußlosen Outsider, ist dies wenigstens der Fall gewesen. So sehr man eines Bildes gewärtig war, welches ungefähr in dieser Richtung lag, so sehr übertrifft das Maß, die Eindeutigkeit und Tragweite der Entwicklungstendenzen dennoch das, was man erwartet hatte. Naturgemäß interessieren mich nun auch die möglichen praktischen Konsequenzen. Hier fangen die Schwierigkeiten an und aus den in Heidelberg selbst gemachten Erfahrungen heraus kann ich nur sagen, daß ich in dieser Hinsicht trotz Ihrer Arbeit noch weniger deutlich sehe als vorher. In Straßburg besteht - oder bestand? (bei Ihnen ist das nicht erwähnt, sollte es neuestens beseitigt sein?) das Recht aller Extraordinarien, an der Rectorwahl teilzunehmen. 3 Mit lange Zeit sehr gutem Erfolg. (Ich könnte das in einzelnen Fällen näher begründen: die kollegiale Rücksicht als Motiv für die Wahl Disqualifizierter war ausgeschaltet.) Aber auf die Dauer bedeutete es: daß die nur formell an die 1 Eulenburg, Franz, Der „akademische Nachwuchs". Eine Untersuchung über die Lage und die Aufgaben der Extraordinarien und Privatdozenten. - Leipzig und Berlin: B.G. Teubner 1908. Die im folgenden genannten Seitenverweise beziehen sich auf dieses Werk. 2 Es handelt sich um Weber, Agrarverhältnisse im Altertum 3 . 3 Vgl. das Statut für die Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg. - Straßburg: Buch- und Steindruckerei von J. Schneider 1879: „ § 1 4 Das Plenum der Universität besteht aus der Gesammtheit ihrer Professoren. § 1 5 Das Plenum wählt den Rektor." Als Professoren gelten nach § 3 8 „ordentliche oder Honorar- oder außerordentliche Professoren."
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Universität g e b u n d e n e n Mediziner[,] w e n n sie w o l l e n , alles niederstimm e n . Hier liegen auch die großen B e d e n k e n einer Organisation, die auf der Fiktion: Extraordinarius = Extraordinarius, Privatdozent = Privatdozent aufgebaut werden. D e n n - Sie wissen es ja am besten - das trifft nicht zu. Ganz e b e n s o würde jede generelle R e g e l u n g darin irgend eine Schwierigkeit finden. U n d nun weiter: W e n n m a n das M o m e n t der langen Zeitdauer des Extraordinariats bezw. der Privatdozentur in d e n Vordergrund rückt, dann k o m m t man zu Forderungen, wie sie hier in B a d e n agitatorisch (in Presse und Landtag: Parteiprotektion der Nationalliberalen für unseren weiland Kollegen Kindermann g e g e n die radikalen Ordinarien!) 4 aufgestellt wurden: der „verdiente D o z e n t " , d . h . der D o z e n t , d e m es durch geeignete Mittel^] und der gute Kindermann war darin nicht b l ö d e , gelingt, den Studenten so weit in d e n . . . zu kriechen^] daß sie ihm die Kollegs vollaufen. ( D e r ganze S. C. mußte auf Veranlassung der „alten Herren" bei ihm b e l e g e n , - macht ca. 60 juristische Hörer in d e n Listen.) - D i e s e r „bewährte" D o z e n t also, der hier noch jetzt in 2 ähnlichen Beispielen vertreten ist, müsse für seine „Verdienste" entschädigt werden. Altersstipendien also. 5 W ä h r e n d für 4 Tatsächlich ist 1898/99 nach dem Weggang Heinrich Herkners von derTH Karlsruhe nach Zürich versucht worden, Carl Kindermann als dessen Nachfolger zu lancieren. Von Kindermann, der die Nationalökonomie in Karlsruhe aushilfsweise vertrat, da sich die Berufungsverhandlungen so sehr in die Länge zogen, heißt es in Briefen von Karl Schenkel an Karl Bücher vom 11. Jan. 1899 (UB Leipzig, Nl. 181, Karl Bücher): „Kindermann selbst macht große Anstrengungen, daß man ihn auf die Vorschlagsliste setze - wird von Buchenberger proteglrt", sowie vom 16. April 1899 (ebd.), daß dieser „auch In .oberen' Kreisen einige Unterstützung [sich] zu sichern gewußt hatte." Die äußerst negativen Gutachten von Karl Bücher sowie von Max Weber an Arthur Böhtlingk, letzteres vom 8. Jan. 1899, Abschrift von dritter Hand (GLA Karlsruhe, 448/2376), waren ausschlaggebend, daß Kindermann nicht auf die Berufungsliste kam. Den Lehrstuhl erhielt dann Walter Troeltsch. Allerdings läßt sich die von Weber behauptete „Agitation in Presse und Landtag" für Kindermann nicht belegen. Die schärfste Polemik gegen die sog. „Kathedersoziailsten" findet sich Anfang 1897 In der nationalliberalen Badischen Landeszeitung gegen Max Weber sowie insbesondere Heinrich Herkner, ohne auch nur den Namen von Kindermann zu erwähnen. 5 Offensichtlich bezieht sich Weber hier auf die 1905 durch Adolf Delßmann ausgelöste Pressedebatte sowie auf den parlamentarischen Vorstoß des nationalliberalen Abgeordneten Philipp Quenzer In der badischen Zweiten Kammer 1906 über die finanzielle Sicherstellung der a.o. (Tltular-)Professoren: „[...] aber ich meine, die älteren und bewährteren dieser Professoren sollten in irgend welcher Weise die Hilfe des Staates finden. Unter den älteren Professoren würde ich diejenigen verstehen, die seit mindestens 10 Jahren als Professoren an der Universität doziert haben, und als die bewährten dieser Professoren würde Ich diejenigen bezeichnen, die den Nachweis liefern können, daß sie während dieser ganzen Zelt auch wirklich eine entsprechende Zahl von Zuhörern gehabt haben, die also damit den Beweis geliefert haben, daß sie tüchtige Lehrer und ihre Zuhörer
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mich, nach meiner vorläufigen Ansicht, die ökonomische Seite der Sache gerade in der Gewährung von Stipendien nach preußischem (das heißt sein-sollendem, die Praxis weicht ab) Prinzip:6 für die ersten Jahre an exceptionell Tüchtige^ läge, nachher aber unerbittliche Auslese stattfinden müßte, so richtig es ist, daß - Simmel, Sombart, Tönnies, u.s.w. -last notleast: Sie und Jeder, der das „Odium" jüdischer Abstammung trägt (N. B.! Gerade die Juden in den Fakultäten sind es, die gegen ihre eigene Vermehrung kämpfen! so jetzt in Prag, so in Freiburg,) 7 - o f t genug gerade die Tüchtigsten und vor allem, die eigenartigsten als Extraordinarien oder Dozenten zu warten haben, daß jene Praxis den Bemittelten zugute kommt u.s.w. Das alles ist nur zu richtig: Aber: die Gewährung von finanzieller Sicherung an möglichst alle, die sich dozentisch „bewährt", d.h. Zuhörer gewonnen haben (und wo gäbe es ein anderes Kriterium für das dozentische „Sichbewähren" als dies absolut unbrauchbare?) würde gerade dem Nachwuchs Licht und Luft versperren. Wir würden hier in der Nationalökonomie solche Impotenzen wie Leser und Kindermann, 8 in der Philosophie Elsenhans, in der Kirchengeschichte Grützmacher, in der Mathematik Köhler u.s.w. - ich könnte eine ganze Weile so fortfahren - auf ewige Zeiten (denn die werden Alle uralt!) als Pfahl im Fleisch haben, Impotenzen wie sie jede kleine Universität aufweist (die großen sind darin besser gestellt). Das ginge
auch zu fesseln imstande sind." Badischer Landtag. Zweite Kammer. 52. öffentliche Sitzung am Dienstag, den 27. März 1906, in: Beilage der Karlsruher Zeitung, Nr. 108 vom 28. März 1906, S.932f. 6 Weber bezieht sich hier auf den 1875 in Preußen geschaffenen Fonds, durch welchen Privatdozenten „bis zum Betrage von höchstens 1500 Mark jährlich und auf längstens 4 Jahre" unterstützt werden konnten. 7 Hinsichtlich Freiburg bezieht sich Weber vermutlich auf die Philosophische Fakultät; bei der Fakultät In Prag handelt es sich zweifellos um die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät. In etwas anderer Beleuchtung als bei Weber wird dies In einem Brief von Arthur Splethoff in Prag an Gustav v. Schmoller vom 20. Febr. 1912 (UB Basel, Nl. Arthur Splethoff) beschrieben: „Mir tut jeder anständige Jude leid, der sich habilitiert, denn er hat die größten Aussichten auf ein Martyrium. Bei uns hier liegen die Verhältnisse folgendermaßen. Die Juden drängen in einem ihren Bevölkerungsantell unendlich vorauseilenden Ausmaß zur Habilitation. Sie haben manche Fakultäten gradezu überrannt; In unserer Fakultät bilden sie fast die Hälfte. Hätte die Regierung nach dem Wunsche von Phillppovich nach Webers Fortgang [gemeint ist Alfred Weber] von hier Grünberg der Fakultät aufgezwungen, so wäre die Staatswissenschaftllche Abteilung (4 Ordinariate) jetzt ganz jüdisch. Diese Zustände haben die stärkste Aufsässigkeit der Bevölkerung und der Studentenschaft ausgelöst." 8 Kindermann war Privatdozent In Heidelberg, ging dann aber 1906 als Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an die landwirtschaftliche Hochschule in Hohenheim.
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einfach nicht. Nur die wissenschaftliche Leistung wäre m. E. als Maßstab diskutabel, aber eben ein sehr subjektiver Maßstab, den man z.B. zu Gunsten von Dozenten, die eine ältere „Impotenz" in der Anciennität vor sich hätten, doch kaum je in den Fakultäten durchsetzen würde. Ich sehe hier vorerst keinen rechten Weg. Sie haben sehr berechtigterWeise es abgelehnt, Ihrerseits bei dieser Gelegenheit konkrete Vorschläge zu machen. Aber mich würde allerdings interessieren, gelegentlich Ihre Ansicht kennen zu lernen. Vertretung in den Fakultäten[:] Für die Extraordinarien mit Lehrauftrag m.E. unbedingt zu fordern. Aber ebenso unbedingt nicht für die nur aus Humanitätsgründen pekuniär Remunerierten. Und auch für die ersteren liegt die Sache, - da zuweilen, sogar nicht selten - der Lehrauftrag eben nur Ausfluß der Humanität ist, eben etwas schwierig. Keinesfalls darf die bloße Anciennität in Betracht kommen, sondern immer nur die Funktion, soweit generelle Regelung in Frage steht. Ähnlich dürften auch Sie sich die Sache denken. Was hätte z.B. Simmel davon, wenn er zu Fakultätsberatungen zugezogen würde. Er würde wahrscheinlich gar nicht kommen! Genug! ich schrieb dies alles nur um zu zeigen, daß auch bei mir Ihre Arbeit das Nachdenken über diese Dinge wieder angeregt hat. Die ganz erträgliche Art der Lösung, die in der philosophischen Fakultät in Harvard 9 gefunden ist, scheint bei der ganz anderen Universitätsverfassung nicht leicht übertragbar. (Der amerikanische Extraordinarius wird ja zunehmend zum kündbaren Lehr-Kuli!) Fast leid tut mir, daß Sie sich nicht schärfer für die Altersgrenze ausgesprochen haben. Daß Wagner noch lehrt, ist eine Affenschande, bei Schmoller wird es bald eine werden. 10 30 Jahre Maximum von der Anstellung an gerechnet, wie in Rußland, ist gar nicht so übel. 11 Bei den Naturwissenschaftlern spielt das Institut mit. Ein unfreundlicher Nachfolger kann dem Emeritus die Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeit unmöglich machen.
9 Vgl. dazu den Bericht von Alfred Schaper an Friedrich Althoff aus dem Jahre 1905 über die Harvard-Universität, ZStA Merseburg, Nl. Friedrich Althoff, AI, Nr.309, Bd.l, S. 135-152; ebd., S. 138: „Der Lehrkörper setzt sich zusammen aus ordentlichen Professoren, außerordentlichen Professoren (.Assistant-Professor') und Instructoren (,lnstructors'). Alle akademischen Lehrer sind auf ihr regelmäßiges Gehalt angewiesen. Collegiengelder gibt es nicht. Die Einrichtung des deutschen Privatdocententhums ist in Harvard, wie In Amerika überhaupt, unbekannt." 10 Adolph Wagner war zu diesem Zeitpunkt 73, Gustav Schmoller 70 Jahre alt. 11 Vgl. Svod Zakonov, Verzeichnis der Gesetze, Bd. 11, Abt. 3, Kap. 1: im Prinzip 25 Jahre, in Ausnahmefällen 30 Jahre.
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Für eine 2. Auflage ein paar Kleinigkeiten, von denen ich für möglich halte, daß sie auf Irrtümern beruhen. 1) . . . a 2) für nicht richtig halte ich die Annahme, daß die beschränkte Zahl der aus der kleinbürgerlichen etc. Sphäre Aufgestiegenen, die Übermacht von Bildung und Besitz also, die konservative Tendenz bedinge. Jedenfalls ist m.E. zu unterscheiden. Alle Nachkommen wirklich ganz kleiner Leute, die ich an den Universitäten kenne, stehen (es mag Zufall sein) dem Typus Dietrich Schäfers 12 nahe: viel Königstreue etc., Glaube daß sozial alles in Ordnung sei, wer nur begabt und tüchtig sei, es auch zu etwas bringe (sehr begreiflich!) Kurz: entschieden „antiradikal". Radikal oder jedenfalls nicht in solcher Bürgerlichkeit befangen: Nachfahren von Kaufleuten (nicht: von Parvenüs) und andererseits brotloser Intelligenz. Reaktionär: sehr oft, aber nicht immer Söhne von Fabrikanten und Grundbesitzern. - 3. .. , b 4. Sie haben die Verhältnisse der Ordinarien nicht herangezogen und nicht heranziehen können. Nur eine Bemerkung. Die soziale Differenzierung innerhalb dieser ist eine ganz gewaltige. „Großbetrieb" ist ja die Universität nur da, wo ein Institut besteht, in doch stets nur ganz geringen Ansätzen da, wo Doktorfabriken auch im Seminar aufgebaut werden. (So jetzt hier!) 13 - was ja nicht unbedingt nötig ist. Der ganze „Geist" des Betriebs ist so absolut verschieden auf allen Gebieten, daß ich die Anwesenheit der Mediziner (d.h. natürlich der Kliniker) an der Universität für ein äußerst ernstes Problem halte. Folge: auch das Problem des Nachwuchses bei diesen „Kapitalisten" und bei den Akademikern alten Schlages müßte gesondert betrachtet werden, um ein ganz klares Bild zu geben. Ich machte schon oben Bedenken dagegen geltend, daß man die praktischen Fragen für beide Kategorien zusammen zu lösen suche. Das würde zu einer Banausifizierung der Universitäten führen. Auch bei Ihnen sind diese Differenzen ja sehr deutlich vermerkt, - ich möchte sie für noch grundstürzender halten, immer zugegeben, daß es Übergangssituationen gibt. - Zu Seite 76 über England und namentlich Amerika wäre m.E. manches zu sagen.
a Auslassungszeichen in Abschrift,
b Auslassungszeichen in Abschrift.
12 Laut eigenhändigem Eintrag Dietrich Schäfers In der sogenannten „Standes-Liste" (GLA Karlsruhe, 235/2454: Personalakte Dietrich Schäfer) war sein Vater „Schlachtarbeiter (so heißen in Bremen die Hafenarbeiter)". 13 Wahrscheinlich meint hier Weber das nationalökonomische Seminar von Eberhard Gothein; vgl. Brief an Marie Baum vom 4. Febr. 1908, oben, S.431.
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Was dort an Universitäten (nicht bloße Colleges) besteht, ist gerade ßerw/sbildungsanstalt. Das alte College war eben und ist keine „Universität" in unserm Sinn. Die heutige Entwicklung dort ist recht interessant und noch keinesfalls eindeutig in ihrer Richtung. Zu Seite 115 5 Mitte: „Kunstwissenschaft" gehört m. E. zu den rentabelsten Fächern. Dagegen ist - Seite 148 - die Leitung einer Zeitschrift in unsern Fächern wenigstens, falls der Betreffende nicht, wie Schmoller, Ordinarius ist, sehr wenig profitabel... d Betrachten Sie bitte diese Bemerkungen nur als Hinweise, die einem Leser^j der zwar Sachinteresse, aber keinerlei 10 spezifisches Sachverständnis prätendiert, kommen können. Ich hoffe sehr[,j daß Ihre Arbeit recht bald so vielseitig gelesen ist, daß sie in noch erweiterter 2. Auflage erscheinen k a n n . . . e
c Auslassungszeichen in Abschrift, sungszeichen in Abschrift.
d Auslassungszeichen in Abschrift,
e Auslas-
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Edgar Jaffé 21. Mai 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig Privatbesitz
Heidelberg 21/V 8 Lieber Jaffé, Michels wird Ihnen auch davon erzählt haben, daß er, infolge seiner pekuniären Situation, 1 u. A. mit der „Volksstimme" darüber verhandelt hat, ihr „Berichte" aus Italien gegen eine (natürlich sehr unbedeutende) feste Remuneration zu liefern. 2 Mir kam dabei erneut der Gedanke, ob man nicht die Gelegenheit beim Schopf nehmen könnte, die alten Projekte einer regelmäßigen internationalen sozialpolitischen Berichterstattung wieder aufzunehmen. Michels verfolgt ja, wie auch Ihnen bekannt, sowohl die italienische, als die französisch-belgische, als die niederländische Entwicklung u. beherrscht hier das Material [sich]era so, wie, in Deutschland wenigstens, nicht leicht Jemand. Es scheint mir sicher, daß er, wenn man mit ihm zu einer Verständigung käme, die Sache gut machen würde. Ich möchte doch anregen dem Gedanken einmal näher zu treten und sich zu überlegen: 1) Charakter der (eventuellen) Berichte, - d.h.: soll mehr die Gesetzgebung oder mehr die Partei- und Gewerkschafts-Bewegung oder beides im Rahmen der | ^wechselnden: | b politischen Situationen (meine persönliche] Ansicht) 0 dargestellt, ev. : wieweit soll die litterarische Bewegung geschildert werden d u. damit auf das Gebiet der seiner Zeit entrierten 3 „Litteraturberichte" mit übergreifen - 2) Art der (eventuellen) Honorierung und des möglichen Raums (was damit ja eng zusammenhängt). - Jedenfalls werde ich versuchen über diese Fragen nachzudenken, und, wenn Sie Ihrerseits a Lochung.
b Lochung.
c (beurt)
d Fehlt in 0 ; werden sinngemäß ergänzt.
1 Wahrscheinlich bezieht sich dies auf Robert Michels' finanzielle Verhältnisse als Turiner Privatdozent. 2 Offenbar hat Robert Michels keine Berichte für die „Volksstimme" verfaßt, da die Bibliographie der Arbeiten Michels' derartige Schriften nicht verzeichnet. Die Bibliographie findet sich in den Studi in memoria di Roberto Michels, erschienen In: R. Università degli studi dl Perugia. Annall della Facoltà dl giurisprudenza. Vol. 49. - Padova: Cedam 1937, S. 3 7 - 7 6 . 3 Das dem Französischen entlehnte Wort wird hier - wie zu Webers Zelt durchaus gebräuchlich-im Sinn von „begonnen" benutzt.
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dies auch thun, würde ich gern bei Gelegenheit einmal mündlich oder schriftlich Ihnen darlegen, was mir möglich scheinen würde. Erst auf Grund einer etwas detaillierteren Vorstellung über 1) Charakter 2) Raum, - 3) Minimum der Honorierung, entsprechend dem Maß der Arbeit, welches verlangt wird, könnte man ja, speziell Sie, an die Frage herantreten, ob der Gedanke verfolgt werden soll oder nicht. Jedenfalls schiene mir die Gelegenheit günstig, ich vermuthe, daß Michels nach Lage der Dinge nicht ungern etwas Ähnliches machen würde. Aber freilich: man müßte dann ä tout prix versuchen, auch für Rußland, 6 Skandinavien, England, Österreich Bearbeiter zu finden. (Für Rußland möchte ich es nicht für unmöglich halten, daß es gelänge, wenn man will. Nach England habe ich keine Beziehungen, nach Skandinavien könnte ich sie vielleicht mir verschaffen. Amerika scheint, im Augenblick, aussichtslos). Vielleicht also erwägen Sie einmal die inneren u. äußeren Bedingungen, unter denen die Sache möglich wäre. Einstweilen herzl. Gruß! Max Weber. Michels schien sehr müde u. deprimiert. L. J.! Ich sehe eben aus dem mir grade jetzt zugehenden Prospekt des neuen Hefts, daß Sie schon, umgekehrt, von den Litteraturberichten ausgehend, etwas Verwandtes angekündigt haben. 4 Die Frage, welcher Weg vorzuziehen sei, ist also nunmehr diejenige, die zur Diskussion steht. Sie wird nicht notwendig für alle Länder identisch beantwortet werden müssen. „Bibliographien" umfassender Art würde Michels ja keinesfalls machen. Besten Gruß M.W.
e S[kan] > Rußland, 4 AfSSp, Bd. 26, Heft 3, 1908, Rückseite des Vorderumschlages: „Beginnend mit dem 1. Heft des XXVII. Bandes wird das Archiv in jedem Heft einen Literatur-Anzeiger bringen, in dem die jeweils neuerschienenen Werke in kurzen inhaltlichen Einzelanzeigen besprochen werden."
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22. Mai 1908
Ulrich Stutz 22. Mai 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte Zürich, Nl. Ulrich Stutz
Heidelberg 22/V 8 Lieber Stutz! Sie werden aus meiner Sendung ersehen haben, daß ich die Darstellung der Geschichte der antiken Grundherrschaft noch vor mir habe, 1 jetzt erst daran komme, u. in Verbindung damit will ich diesen ganzen Gedanken- u. Problemkreis wieder aufrühren. Es war im Winter ausgeschlossen, daß ich irgend etwas aus dem Gebiet dieses Problems, insbesondre das Vinogradoff sehe Buch, 2 ernstlich in Angriff nahm. Es wird unbedingt geschehen, wenn Ihre Zeitschrift mir die Zeit dazu lassen kann. Der Artikel: „Kolonat" soll im nächsten Jahr erscheinen. 3 Da er die Grundherrschaft überhaupt zum Vergleich heranziehen will, so muß ich [d]ann a in die deutsche Rechtsgeschichte hinein. Also sind Sie absolut sicher, daß Sie, wenn Sie wollen, die Besprechung bekommen. Aber muß es jetzt sein, - dann, bitte, nehmen Sie mir das Buch ab. Ich würde sie |:jetzt: | nicht anders als schlecht ausführen können. Es ist mir weiß Gott scheußlich, daß ich mich in diese peinliche Lage gebracht habe. Aber insofern war sie nicht ganz meine Schuld, als eben die Krankheit mitsprach, die mich bei 3 andren, \:noch:\ älteren Verpflichtungen VA
a Lochung. 1 Gemeint ist Webers schon 1908 als Lieferung erschienene Neubearbeitung: Agrarverhältnisse im Altertum 3 ; ebd., S. 182, der Hinweis auf die noch zu schreibende Geschichte der antiken Grundherrschaft, die in dem Artikel „Kolonat" erfolgen sollte; siehe dazu unten, Anm. 3. 2 Offensichtlich bezieht sich dies auf die längst überfällige Rezension von Vinogradoffs „Growth of the Manor", vgl. die Schreiben an Stutz vom 20. Jan. und 22. Juli 1906, oben, S.27 und 118; denn um die Rezension von Vinogradoffs „English Society in the Eleventh Century" kann es sich dabei nicht handeln, da diese von Claudius Frhr. von Schwerin laut Karte an Stutz vom 23. April 1908, ebd., übernommen worden war. Diese ist erschienen In: ZRG GA, Bd. 29,1908, S. 454-463. 3 In seinem Beitrag: Agrarverhältnisse im Altertum3, u.a. S. 182, kündigt Weber einen Artikel „ Kolonat" an; den Artikel hat Weber nicht geschrieben, sondern an Michail Rostowzew abgetreten: Kolonat (Rom), in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl., Bd. 5. - Jena: Gustav Fischer 1910, S. 913-921.
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Jahr länger festhielt, als ich selbst bei größtem Pessimismus erwarten b konnte. Nochmals: entweder: Ihnen genügt, daß die Rezension unbedingt kommt, - oder: Sie müssen sie0 bald, mit Frist, haben (was ich, als Selbst-Mitherausgeber einer Zeitschrift, 4 sehr gut verstehe), - dann 5 wählen Sie noch jetzt einen Andren. Herzlichen Gruß! Max Weber
b (könn)
c O: Sie
4 Stutz war Mitherausgeber der Savigny-Zeitschrift für Rechtsgeschichte.
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29. Mai 1908
Lujo Brentano 29. Mai 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, NI. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 71 - 7 2
Heidelberg 29/V 8 Hochverehrter Herr Geheimrath! Verbindlichsten - stark verspäteten - Dank für Ihre gütige Sendung, die ich, wie selbstredend, mit dem größten Interesse gelesen habe. 1 Namentlich die Erörterungen über den „Gebrauchswerth" scheinen mir 5 von erwünschtester Klarheit, - es ist ein sehr arg vernachlässigtes Problem, was hiermit wohl definitiv erledigt wird. 2 Es ist schlimm genug, daß speziell die Marx-Kritik diesen Punkt durchweg nur ganz oberflächlich behandelt hat. Zugleich freut es mich, daß Sie der Arbeit der „Grenznutzen"-Schule so gerecht werden; 3 ich hatte früher nicht selten 10 den Eindruck, daß Sie diesen Leistungen, wegen ihrer z.T. (so bei Menger) schriftstellerisch mangelhaften Form, aber auch aus sachlichen Gründen, eigentlich ablehnend gegenüberstünden. Was ich entschieden ablehne, ist die (auch in dem verdienstlichen Werk von Kauila 4 sich findende) Inbeziehungsetzung der Grenznutzlehre, überhaupt der 15 Werthlehre mit dem Fechner-Weber'schen Gesetz. 5 Mit diesem hat sie
1 Gemeint ist Brentano, Lujo, Die Entwickelung der Weillehre (Sitzungsberichte der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-philologische und historische Klasse, Bd. XXIV, 3. Abhandlung). - München: Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1908, S. 1 - 8 4 . 2 Ebd., S . 4 1 - 4 6 : Brentano sieht den Hauptfehler aller (kostenorientierten) objektiven Werttheorien, ebd., S.42, darin, „daß sie alle, die Brauchbarkeit eines Guts mit seinem Gebrauchswert verwechselnd, diesen als eine gleichbleibende Eigenschaft ansehen" und mithin die Grundlage jeglichen Wertes, nämlich das subjektive Bedürfnis, als Wertbestimmungsgrund ausschalten. 3 Ebd., S. 68; vgl. jedoch Brief an Brentano vom 30. Okt. 1908, unten, S. 688f. 4 Gemeint ist das Buch des Brentanoschülers Rudolf Kaulla, Die geschichtliche Entwicklung der modernen Werttheorien.-Tübingen: H. Laupp'sche Buchhandlung 1906, S. 248 und 277. 5 Nach dem Weber-Fechnerschen Gesetz, dem Grundgesetz der „Psychophysik", beginnen Empfindungsintensitäten erst nach einer bestimmten Reizstärke, der sog. Reizschwelle, und wachsen sodann in arithmetischer Folge (1, 2, 3, 4, 5...), wenn die Reize gleichzeitig in geometrischer Progression (1, 2, 4, 8,16...) gesteigert werden, und zwar bis zu einer gewissen Grenze, der sog. Reizhöhe, jenseits derer trotz Reizzunahme die Empfindungsstärke nicht mehr anwächst. Der letztere Befund veranlaßte Brentano dazu,
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doch faktisch nicht das Geringste zu thun, u. ich würde es für gradezu irreführend halten, wenn die ganz vage Analogie, die hier besteht, ohne große „Warnungstafel" aufgestellt würde. „Reiz" und „Bedürfnis" sind ganz disparate Kategorien, der Begriff der „Reizschwelle" besteht öko5 nomisch nicht, die „geometrische Progression" |:der erforderlichen Reizzunahme:|, die Ä'emlehre des F[echner]-W[eber]'schen Gesetzes, erst recht nicht, - kurz: nichts bleibt außer der gänzlich unbestimmten „Analogie", daß im einen wie im andren Fall bei Zufügung von etwas „Gleichem" auf der „einen Seite" eine nicht „gleiche" Zunahme auf 10 einer „andren Seite" stattfindet. Das ist Alles. Die „Grenznutzlehre" hat mit „Psychologie" m. E . nicht mehr zu schaffen als mit Astronomie oder ich weiß nicht was sonst, es ist bedenklich den Anschein zu erwecken, als bedürfe sie der „psychologischen" Stütze.6 Damit giebt man m . E . der Schmollerei die Bahn frei, die mit „Psychologie" zu arbeiten pflegt. 7 15 Aber das ist ja ein absoluter Neben\>\mkt. Ich kann sonst gar nicht genug für die Belehrung die ich Ihrer Schrift entnahm, danken. Ist es wahr, daß Sie aus dem Wahlverein der Liberalen ausgetreten sind?8 Ich las so etwas in Italien in den dortigen Zeitungen. In Verehrung 20 stets Ihr ergebenster Max Weber
das psychophysische Grundgesetz als „ Gesetz der abnehmenden Reizempfindung" zu bezeichnen und es zur subjektiven Wertlehre in Beziehung zu setzen. 6 Eine ausführliche Kritik an der psychologischen Fundamentierung der Grenznutzentheorie übt Weber anläßlich seiner Rezension der Abhandlung Brentanos (wie oben, Anm. 1) in: Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", erschienen in: AfSSp, Bd. 27, Heft 2, 1908, S. 5 4 6 - 5 5 8 (MWG 1/12). 7 Vgl. dazu Schmoller, Gustav, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Erster, größerer Teil. 1 .—3. Aufl. — Leipzig: Duncker & Humblot 1900, S. 107: „Die Psychologie ist uns der Schlüssel zu allen Geisteswissenschaften und also auch zur Nationalökonomie." 8 Am 5. April 1908, nachdem klar war, daß die Freisinnige Vereinigung im Reichstag für das Vereinsgesetz stimmen werde, hatte Brentano wegen der darin enthaltenen, die nichtdeutschen Nationalitäten diskriminierenden Bestimmungen über den Sprachgebrauch In öffentlichen Versammlungen seine Austrittserklärung an den Parteivorsitzenden Karl Schräder gesandt. Konzept bzw. Abschrift der Austrittserklärung in BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 56, Bl. 2 - 3 .
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Lujo Brentano 3. Juni 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 7 3 - 7 4
Heidelberg 3/VI8 Hochverehrter Herr Geheimrath! Besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen! 1 1. Daß Sie mit dem Fechner'sehen Gesetz nicht in „Schmollerei" verfallen, steht mir völlig fest. 2 Aber: Sie 3 öffnen der Schmollerei eine Bresche. (Das führte hier zu weit, vielleicht an andrem Ort darüber). 3 2. Gottl. Gewiß habe ich ihn empfohlen. 4 Denn ich halte ihn für den Geistvollsten unter seiner Generation, obwohl er rein methodologisch orientiert ist, nur Sachen publiziert hat, welche 99% der Leute nicht verstehen können und ich, der sie bekämpft hat, nach seiner Meinung sie mißverstanden habe. Nach dem, was mir geschrieben wurde, stand die Parole fest: „keinen Juden!" Trotzdem habe ich für Eulenburg mich eingesetzt und gesagt: daß von allen Ihren Schülern Bonn der weitaus Geistvollste sei. Aber ich mußte Christen (resp. b „Arier") empfehlen. Da ich sicher war, daß Du Moulin - NB! ein Schafskopf - auf Gottl, dessen Sachen er nicht versteht, eingehen würde, und da ich Gottl, auch dozentisch speziell, sehr schätze,
a 0:sie
b Unsichere Lesung.
1 Brief von Brentano vom 2. Juni 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Brentano hatte in seinem Brief angeführt: „Daß Sie es ablehnen, daß die ganze Grenznutzenlehre nur eine Erscheinungsform des alle Lebewesen beherrschenden Gesetzes der abnehmenden Reizempfindung ist, tut mir leid. [...] Es scheint mir, daß vielmehr gerade dieses Gesetz, mit Energie in der Darlegung der Zusammenhänge, welche die theoretische Nationalökonomie zu behandeln hat, durchgeführt, auch auf dem Gebiet die Einheit der Erscheinungen darzulegen vermag. [...] Ich hoffe, weit entfernt damit in Schmollerei zu verfallen, vielmehr den ökonomischen Erscheinungen erst einen streng einheitlichen Aufbau zu geben." 3 Weber nimmt dazu Stellung in: Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", in: AfSSp, Bd. 27, Heft 2,1908, S. 546-558 (MWG 1/12). 4 Vgl. Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 4. Mai 1907, oben, S. 291 ff. Brentano hatte In seinem Brief (siehe Anm. 1) sein Mißfallen darüber ausgedrückt, daß Weber Gottl „so enthusiastisch gepriesen" habe, „daß er bei der Besetzung der Professur an der hiesigen technischen Hochschule unserem Candidaten Bonn vorgezogen wurde."
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empfahl ich ihn, u. erklärte, daß Wittich (von dem ich sicher war, daß er nicht annehmen würde) ebenso fern von dem Arbeitsgebiet 0 der Techniker stehe als er, also G[ottl] vom Standpunkt der Technik aus [.mindestens-] gleichwertig sei. (G[ottl] ist durch u. durch Gentleman, wie Wittich u. Bonn). Dannd: es drohte Biermann (Leipzig)! u. der war m. E. nur durch Christen (Arier) totzuschlagen. Gegen meinen Rath ist Bonn (und Eulenburg, der noch mehr ist als B[onn]), in Freiburg nicht auf die Liste gekommen (Jude!)[.j5 Und übrigens hätte ich dann auch Sinzheimer nicht übergehen dürfen! Ich glaubte nicht, daß Bonn die mindesten Chancen habe. 3. Naumann. Alles was Sie sagen, hat seine Berechtigung. Aber: „fertig" kann man mit N[aumann] nicht sein, sonst ist man mit dem Liberalismus „fertig".6 Und die Polen existieren schließlich nicht allein in Deutschland! Ich bin - sonst in der Polenfrage von Ihnen vielfach abweichend - in dieser Sprachen-Angelegenheit ganz Ihrer Ansicht. Scheiterte aber das Reichsgesetz, so wissen auch Sie, was dann in Preußen gemacht würde: sachlich war® nichts gewonnen, politisch der Liberalismus gesprengt.7 Entscheidend ist m. E.: ob es gelingt, gegen Conzes-
c (steh)
d Alternative Lesung: Denn
e Alternative Lesung: an
5 Weber bezieht sich hier vermutlich auf die Neubesetzung des Lehrstuhls für Nationalökonomie an der Universität Freiburg, der durch die Berufung von Carl Johannes Fuchs Ende 1907 nach Tübingen vakant geworden war. Die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät schlug in der Sitzung vom 20. Januar 1908 als Nachfolger an erster Stelle Heinrich Dietzel, an zweiter Ludwig Bernhard, sowie an dritter Stelle Karl Diehl vor (UA Freiburg, Jur. Fak., Prof. Buch). Diehl wurde, nachdem Dietzel abgelehnt hatte, am 27. Juni 1908 nach Freiburg berufen. 6 Im oben, Anm. 1, angegebenen Brief kritisierte Brentano vehement Naumanns Zustimmung zum Reichsvereinsgesetz: „Jetzt hat er seine sozialen Grundsätze preisgegeben! Es war dies das für mich Schmerzlichste, was ich seit Jahren erlebt habe; jetzt bin ich mit ihm fertig. Die Phrase von dem Willen zur Macht hat ihn umgebracht. Gewiß, jede Partei muß zur Macht streben, aber indem sie den Gegner zu verdrängen sucht, nicht, indem sie zu ihm übergeht. Das nennt man Verrat." 7 Das Reichsvereinsgesetz brachte zwar eine Liberalisierung der Gesetzgebung hinsichtlich des politischen Vereinswesens, enthielt aber andererseits die gegen die preußischen Polen gerichtete antiliberale Bestimmung, daß in polltischen Versammlungen stets die deutsche Sprache benutzt werden müsse. Es stellte eines jener Kompromisse dar, die der linke Liberalismus im Interesse der Erhaltung des „Bülowblocks", d.h. des Blocks der liberalen und konservativen Parteien, einzugehen sich gezwungen sah. Bei einer Ablehnung der Vorlage durch die Freisinnige Volkspartei wäre die sich anbahnende Zusammenarbeit mit den Nationalliberalen mit Sicherheit wieder verloren gegangen und insofern die Einheitsfront des „Liberalismus" gesprengt worden.
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sionen auf finanziellem Gebiet (im Reich) preußische WaWrechts-Conzessionen von Bedeutung einzutauschen. Mißlingt das, - dann ist „Alles aus". Und: wahrscheinlich mißlingt es. Aber versucht muß es werden. Stets in Verehrung Ihr s Max Weber
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Ferdinand Tönnies 4. Juni 1908; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 78
Heidelberg, den 4.6. 08. Sehr verehrter Herr Professor! In Ergänzung meines letzten Briefes 1 gestatte ich mir noch folgendes hinzuzufügen, 1.): zunächst, ich bin während des Kongresses hier 2 und ich und meine Frau hoffen, daß Sie während Ihres Aufenthaltes hier unser Gast sein werden. Unser bescheidenes Fremdenzimmer steht bereit, geniert sind Sie nicht, da wir oben in den Mansarden unsere Schlafzimmer haben, Sie aber in der unteren Etage wohnen würden. 2.) ferner: die Entschädigungen, die Sombart und ich für unsere Redaktionsmithilfe beziehen^] sind - worauf ich längst gedrungen habe herabgesetzt, um Geld für die Ausgestaltung des Archivs zu gewinnen. Sie werden auf die Mehrkosten des Litteraturanzeigers draufgehen, wenn dieser erst einmal funktioniert. Aber augenblicklich ist zufällig Geld frei infolge jener Änderung. Würden Sie bei einem Satz von 120 M. pro Bogen uns die Rezension von Simmeis Soziologie liefern können? 3 Es liegt uns in diesem Einzelfall außerordentlich viel daran, gerade Sie zu Worte gelangen zu lassen. - 3.) endlich nochmals: wenn die Remuneration Sie hemmt, dann sagen Sie den Preußen doch lieber jetzt die Wahrheit und lassen Sie sich ruhigen Mutes disziplinieren! Aber ohne Not sie den Leuten vor die Füße werfen, warum? Ich darf mir ja gewiß nicht gestatten Ihnen zu raten, aber dies ist eine immer wiederkehrende Empfindung. Kein Mensch glaubt doch im Ernst, daß Sie sich würden in Ihrer Freiheit beschränken lassen, - warum mißtrauen Sie sich?
1 Brief im Nl. Tönnies, SHLB Kiel, nicht nachgewiesen. 2 Gemeint ist der dritte internationale Philosophenkongreß, der vom 1. bis 5. September in Heidelberg stattfand. 3 Simmel, Georg, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. - Leipzig: Duncker & Humblot 1908. Eine von Edgar Jaffe verfaßte Kurzanzeige des Buches findet sich schon 1908, in welcher eine umfangreiche Besprechung in Aussicht gestellt wurde: AfSSp, Bd. 27, Heft3, S. 831; eine Rezension im AfSSp von der Hand David Koigens findet sich erst 1910: Soziologische Theorien, ebd., Bd. 31, Heft 3, S. 908-924.
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4.) hier, um dies nochmals zu sagen, liegen die Dinge so: die Regierung begründet die Ablehnung Simmeis damit, daß dieser ,,schon(!) 50 Jahre alt sei, ohne einen Ruf erhalten zu haben'"'. Man würde doch gewiß genau dasselbe Ihnen gegenüber sagen, mit demselben banausischen Unrecht natürlich, aber mit gleichem Erfolg! Vorläufig sehe ich hier 5 keinen rechten Modus um zu einer für Sie angenehmen Lösung zu gelangen, selbst wenn Windelband alles zu tun bereit sein sollte - was ich absolut nicht wissen kann.
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Lujo Brentano 5. J u n i 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g B A K o b l e n z , Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 7 5 - 7 6
Heidelberg 5/VI8 Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ich finde Du Moulin's ersten Brief an mich vorerst nicht (hoffe ihn aber ev. finden zu können). Ob direkt von Ausschluß (oder Hintansetzung) von Juden darin die Rede war, 3 kann ich also nicht sagen. (Auch ist ja faktisch Bonn mit vorgeschlagen w o r d e n ) . I c h habe darauf meinerseits eine Liste von Juden sowohl wie Nichtjuden zusammengestellt, 1 beide gesondert, mit dem Bemerken: daß, falls Biermann (dieser unglaubliche Kerl drohte damals, nach Du M[oulin]'s Brief!) nur durch Nichtjuden zu verdrängen sei (dem Sinne nach!), Zahn (für den auch agitiert wurde) und Gottl geeignet seien, daß ich aber (neben andren!) vor Allem Eulenburg (den ich für den bedeutendsten Candidaten hielt, bedeutender auch als Bonn) empfehlen müsse, und daß von den Münchener Candidaten Bonn der entschieden Intelligenteste sei. Ich habe noch eine ganze Serie von andren Leuten genannt, deren Namen ich jetzt nicht mehr weiß (auch Wittich natürlich, den ich aber als Dozenten nur mit Vorbehalt der Erkundigung in Straßburg empfehlen konnte - leider ist er ein miserabler Dozent bei all seiner großen wissenschaftlichen] Bedeutung, auch schien mir sicher, daß Wfittich] nie kommen werde). b Du Moulin 0 schrieb mir dann, nach meiner ziemlich sicheren Erinnerung, daß Sie für Wittich eintreten 0 , gegen Gottl, |:(so daß also die Sache sich nur um diese zu drehen schien): | Ich habe ihm geschrieben: 2 die Wahl sei nicht ganz leicht zwischen beiden, aber ich würde dann Gottl den Vorzug geben. Damit endete die ^ Also ist mir sehr fraglich, ob Du Moulin der Wahrheitsverletzung bezichtigt werden darf. Das glaube ich nicht, denn ich kannte ihn früher als beschränkt, aber niemals unaufrichtig. a ([weiß])
b 0:Dumoulin
c Alternative Lesung: eintraten
1 Vgl. Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom 4. Mai 1907, oben, S. 287ff. 2 Vgl. Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckart vom I . J u n i 1907, oben, S.316f.
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Correspondenz u. ich hörte über die Liste später nur (von Dritten), daß W[ittich] und G[ottl] pari passu und primo loco vorgeschlagen seien. Nochmals: ob d Du Moulin d mir besonders expressis verbis schrieb: „Juden lieber nicht!" oder so etwas, ist mir nichf absolut sicher2^. Ich kenne' ihn aber als rabiaten Alldeutsch-Antisemiten von jeher. 3 - Nun Naumann. Ich antworte nur dies: die Gefährdung der Coalitionsfreiheit durch § 12 (7) V. G. 4 trat erst rechte in, wenn das Vereinsgesetz abgelehnt wurde: dann hatte der Preußische Landtag die Bahn frei u. es standfest, daß die Regierung ihn mit der Sprachenfrage befassen werde, was sie jetzt nicht kann. Zu gewinnen war also nichts durch Ablehnung des Gesetzes. 5 Ich verstehe Ihre tiefe Enttäuschung, aber die Situation war hier stärker als jeder Politiker. Von Verrath kann jedenfalls nicht die Rede sein. Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr Max Weber. 2)
Aber auch nicht das Gegenteil. Ich kann z. Z. nichts authentisch feststellen.
d 0 : Dumoulin
e O: zweifach unterstrichen,
f 0 : zweifach unterstrichen.
3 Richard Graf Du Moulin-Eckart war von 1894 bis 98 Privatdozent in Heidelberg. 4 Der § 12 des Reichsvereinsgesetzes vom 19. April 1908 lautete:,, Die Verhandlungen in öffentlichen Versammlungen sind in deutscher Sprache zu führen. Diese Vorschrift findet auf internationale Kongresse sowie auf Versammlungen der Wahlberechtigten zum Betriebe der Wahlen für den Reichstag und für die gesetzgebenden Versammlungen der Bundesstaaten und Elsaß-Lothringens vom Tage der amtlichen Bekanntmachung des Wahltags bis zur Beendigung der Wahlhandlung keine Anwendung. Die Zulässlgkeit weiterer Ausnahmen regelt die Landesgesetzgebung. Jedoch ist in Landesteilen, in denen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes alteingesessene Bevölkerungsteile nichtdeutscher Muttersprache vorhanden sind, sofern diese Bevölkerungstelle nach dem Ergebnisse der jeweilig letzten Volkszählung sechzig von Hundert der Gesamtbevölkerung übersteigen, während der ersten zwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der Mitgebrauch der nichtdeutschen Sprache gestattet, wenn der Veranstalter der öffentlichen Versammlung mindestens dreimal vierundzwanzig Stunden vor Ihrem Beginne der Polizeibehörde die Anzeige erstattet hat, daß und in welcher nichtdeutschen Sprache die Verhandlungen geführt werden sollen. Über die Anzeige ist von der Polizeibehörde sofort eine kostenfreie Bescheinigung zu erteilen. Als Landesteile gelten die Bezirke der unteren Verwaltungsbehörden. Ferner sind, soweit die Landesgesetzgebung abweichendes nicht bestimmt, Ausnahmen auch mit Genehmigung der Landeszentralbehörde zulässig." Reichsgesetzblatt 1908, S. 153f. 5 Gemeint ist das Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908. Vgl. dazu den Brief an Brentano vom 3. Juni 1908, oben, S. 581, Anm. 7.
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Friedrich Naumann 5. Juni 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 1 5 - 1 6 GPS1, S. 454-455, datiert den Brief irrtümlich auf den 5. November 1908.
Heidelberg 5/VI8 Lieber Freund! Die Wahlen sind nun gewesen1 - und die Zukunft der Block-Politik liegt leidlich klar. Es ist, so unbedingt auch an dem ehrlichen Versuch, ob 5 eine Reform des Wahlrechts in Preußen zu erreichen ist, festgehalten werden muß, doch offenbar, daß gar nichts zu erwarten steht. Damit hat die Block-Politik ihre Ratio wohl zweifellos auch für Sie verloren, denn alles Andre ist kleinliches Stückwerk, ohne allen Werth, wenn das Wahlrecht dem Wesen nach bleibt, was es ist. 2 Was nun? Sie konnten im 10 Winter keine andre Politik machen, als die, der Sie gefolgt sind. Ich habe das noch eben Brentano brieflich eingehend auseinandergesetzt 1 '. 3 Immer wieder muß betont werden, daß die reichsgesetzliche Regelung des Vereinsrechtes nur die Bedeutung hatte, den preußischen Landtag in die Unmöglichkeit zu setzen, noch Schlimmeres zu machen. Aber das ist 15 nun Vergangenheit. Wo liegt die Zukunft? Wenn Sie die Organisation mit der Freisinnigen] Volkspartei verschmelzen , 4 geht - soviel ich urteilen kann und auch wünschen muß - Baden seine eignen Wege (ganz wie damals nach Ihrem „Niederlage"-Artikel und der Auflösung des Nat[ioEr sprach von „Verrath" des Coalitionsrechts
1 D. h. die preußischen Landtagswahlen vom 3. Juni 1908. Diese führten zu einer Stärkung der Konservativen und des Zentrums: Die Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus veränderte sich wie folgt: 151 Konservative (144), 60 Freikonservative (64), 64 Nationalliberale (76), 28 Freisinnige Volkspartei (24), 8 Freisinnige Vereinigung (9), 105 Zentrum (96), 15 Polen (13), 7 Sozialdemokraten (0), 2 Dänen (2), 3 Fraktionslose (5). Hier zitiert nach Schulthess' Europäischer Geschichtskalender, Jg. 49,1908, S. 109. 2 Anläßlich der Bildung des Bülow-Blocks im Februar 1907 hatte der Reichskanzler Fürst Bülow den liberalen Parteien In freilich unverbindlicher Form eine Reform des preußischen Drelklassenwahlrechts In Aussicht gestellt. 3 Vgl. den Brief an Lujo Brentano vom selben Tage. 4 Die Freisinnige Vereinigung war im Begriff, sich wieder mit der Freisinnigen Volkspartei zusammenzuschließen.
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nal-]Soz[ialen] Vereins). 5 Es geht hier nicht anders und es herrscht die Überzeugung, daß es Ihnen nicht gelingen werde, die Fr [eisinnige] V[olks-]P[artei] in dem Maß wie die Freisinnige] Vereinigung zu beeinflussen (Unterschied: diese ist Intellektuellengruppe, jene Banausenund Interessenten-Gruppe). Halten Sie Sich, wenn möglich, den Sprung nach links aus dem Verband heraus offen, d.h. richten Sie Sich auf ihn ein, | :so daß Sie ihn mit Anstand machen können: |, er wird nötig werden. Die Freisinnige] V[olks-]P[artei] gleitet unaufhaltsam nach rechts. Aber: in 4 Jahren haben wir überall in | -.fast. \ allen Einzelstaaten | :(auch Baden):\ und im Reich klerikales Regime, das steht jetzt fest. Dann beginnt die schwere Arbeit, der „Freiheit eine Gasse" 6 zu bereiten und Sie dürfen dann kein politisch toter Mann sein! Antworten Sie nicht. Sie haben jetzt keine Zeit. Ein ander Mal mehr. Herzliche Grüße, - die Zeiten sind schwer für Sie! Ihr Max Weber
5 Vgl. den Artikel: Die Niederlage, in: Die Hilfe, Jg. 9, Nr. 26 vom 28. Juni 1903, S . 2 - 3 . Darin zog Naumann die Konsequenzen aus dem Desaster der Nationalsozialen bei den Reichstagswahlen, indem er deren Auflösung und Anschluß an andere politische Gruppierungen empfahl. 6 Der Schweizer Nationalheld Arnold Winkelried soll sich in der Schlacht bei Sempach 1386 mit diesen Worten in das Heer der feindlichen Österreicher gestürzt haben. „ Für die Freiheit eine Gasse! dacht ein Held im Todesmut" findet sich im Gedicht „Schills Geisterstimme" von Max von Schenkendorf aus dem Jahre 1809. Das ähnliche „der Freiheit eine Gasse" findet sich in dem „Aufruf" Theodor Körners von 1813.
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Lujo Brentano [ n a c h d e m 5. J u n i 1 9 0 8 ] ; o . O . Brief; e i g e n h ä n d i g B A K o b l e n z , Nl. Lujo B r e n t a n o , Nr. 6 7 , Bl. 1 8 3 - 1 8 4 Datum erschlossen aus Inhalt des Briefes an Lujo Brentano vom 5. Juni 1906, oben, S. 585f.
Sehr verehrter Herr Geheimrath! Ich möchte nur nochmals wieder[holen] a 1) [Ich]b glaube, daß Du Moulin mir etwas betr. c „Juden" geschrieben hat. Aber: ich bin nicht sicher-, ich kannte ihn ja genau als Mords-Alldeutschen u. Antisemiten u. denkbar wäre, daß ich meinerseits diese seine Ansicht vorausgesetzt habe. Es ist mir das recht unwahrscheinlich, aber so lange ich seinen Brief nicht finde (momentan habe ich keine Zeit), ist die Möglichkeit nicht absolut ausgeschlossen, - weshalb ich vorerst nicht in der Lage wäre, Ihnen gegebenenfalls zu bezeugen, es sei so, wie ich glaube. 2) daß von Ihnen im Zusammenhang mit Wittich die Rede war, glaube ich ebenfalls sehr bestimmt. Aber es steht damit, vorerst, ebenso wie ad 1. - Wie ich schon sagte, stelle ich Eulenburg über Bonn, so sehr hoch ich auch diesen einschätze. Was Gottl anlangt so bin ich 1) imstande, seine Dozenien-Qualität zu beurteilen nach dem, was [er]d hier geleistet hat, 2) in der Lage, zu be[urtei]len[, daß] 6 seine methodologischen Arbeiten „echte Probleme", nicht Scheinprobleme u. zwar Probleme von großer Tragweite behandeln, die andre Leute |:noch:| nicht als Problemef erkannt haben (nur über den Lösungsweg bin ich andrer Ansicht wie er, teilweise wenigstens) - 3) kann ich sein geistiges Niveau, - 4) seinen Charakter u. seine Persönlichkeit beurteilen. Da er mit sehr gutem Erfolg an einer Technischen] Hochschule gewirkt hat, so bestehen auch dieserhalb keine Bedenken. - Daß Colonialpolitiker nötig seien, hat mir Niemand geschrieben. Endlich Naumann: mir ist entscheidend, daß im Fall der Ablehnung genau Das, was Sie ihm als Schuld zurechnen, auch, ja erst recht einge-
a Lochung. f (sehen)
b Lochung.
c Unsichere Lesung.
d Lochung.
e Lochungen,
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treten wäre, u. außerdem noch Andres (cf. den Verlauf bei der vorigen preußischen] Vereinsdebatte) 9 . 1 Mit angelegentlichster Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
g Klammer fehlt in 0 . 1 Gemeint sind die Auseinandersetzungen im preußischen Abgeordnetenhaus im Mai und Juli 1897 aus Anlaß einer von der Regierung eingebrachten Novelle zum preußischen Vereinsgesetz; diese sah eine sehr maßvolle Liberalisierung des bestehenden Vereinsgesetzes vor. Die Vorlage wurde freilich vom Herrenhaus wieder erheblich verschärft und in dieser Form schließlich am 24. Juli 1897 mit knapper Mehrheit zu Fall gebracht. Vgl. Sten. Ber. Pr. AH, Sitzung vom 24. Juli 1897, Bd. 4,1897, S. 3353-3383.
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Georg Jellinek [1 O.Juni 1908]; o.O. Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 31 Datum erschlossen aus Heidelberger Tageblatt, Nr. 133 vom 9. Juni 1908, S. 4, sowie aus FZ, Nr. 159 vom 9. Juni 1908, Ab.BI., S. 2, mit der Nachricht von Jellineks fünfundzwanzigjährigem „Professorenjubiläum" am 9. Juni.
Lieber Freund, ich sah erst aus der Zeitung, daß Sie gestern Ihre silberne Hochzeit mit dem Katheder gefeiert haben. Nachträglich herzlichen Glückwunsch! - Ich möchte nochmals wiederholen: die Behauptung Böhms (d. h. also: des Ministers), mein Bruder habe auf die „ausländischen Studenten" hingewiesen, ist höchst inkorrekt. Mein Bruder hat mir die Sache s.Z. detailliert erzählt. Darnach sagte der Minister: er sei3 darüber informiert, daß wesentlich Russen u. Juden Simmeis Collegien füllten. 1 Ob das wahr sei? - Darauf mein Bruder: Gewiß seien zahlreiche Ausländer bei S[immel], der eben über die Grenzen hinaus bekannt sei, auch (auf Befragen des Ministers) Russen. - Der Minister. Iso eben doch auch politisch unerwünschte Elemente'". - Ich mag meinem Bruder von der Darstellung B[öhm]'s nichts erzählen. Er würde sich, ohne allen Anlaß, ärgern, u. zwar sehr „explosiv", - das könnte störend" werden. Jedenfalls stammt also jener „Polizeibericht" aus Berliner Quelle. 2 Herzl. Gruß! Ihr Max Weber
a 0 : zweifach unterstrichen,
b Unsichere Lesung.
1 Vgl. den Brief an Jellinek vom 21. März 1908, oben, S. 467ff. 2 Vgl. ebd.
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Georg Jellinek [nach d e m 17. Juni 1 9 0 8 ] ; o. 0 . Brief; e i g e n h ä n d i g BA Koblenz, Nl. G e o r g Jellinek, Nr. 31 Unsichere Lesung der Monatsangabe. Der Brief findet sich auf der Rückseite eines Briefes von Georg Simmel an Max Weber vom 17. Juni 1908, in welchem jener ein resignatives Fazit über seine gescheiterte Berufung nach Heldelberg zieht: „ Nach Ihrer heutigen Nachricht sehe ich das Heidelberger Abenteuer als abgeschlossen an. Wenn der Großherzog weiß, daß man in .Berlin' so u. so über mich denkt (u. das weiß er entweder schon öderes kann Ihm, bei erneutem Vorbringen der Angelegenheit, nicht verschwiegen werden), so giebt er sicher niemals seine Einwilligung, mich In irgend einer Form nach H[eidelberg] zu rufen. Das hat der Minister nicht grade sehr geschickt angefangen. Warum hat er nicht, als die Antwort von hier kam, an die wissenschaftlichen Autoritäten geschrieben, um an ihren Auskünften ein Gegengewicht gegen Elster zu haben? An Schmoller, Stumpf (der grade Rektor Ist), Harnack? Ich traf heut[e] Schmoller, der mir nahelegte, ob man nicht eine Anfrage an Ihn bewirken könnte, entweder seitens des Ministeriums, oder privatim seitens eines der Heidelberger Herrn, so daß seine Auskunft dem Ministerium präsentlrt werden könnte, bes. da diese nicht nur die wissenschaftlichen Leistungen, sondern auch das Persönliche betreffen könnte. Ich muß Ihnen gestehen: wenn die Heidelberger Herrn u. der Dezernent mich denn sehrgern haben wollen, so mögen sie diesen Weg beschreiten u. von den oben genannten Herrn ein Gutachten über meine Stellung an der Universität extrahiren. Ich selbst glaube an keine günstige Wendung mehru. bin ,des Streitens müde'. Dieser Lauf der Dinge Ist nun einmal für mich typisch, es Ist das dritte Mal, daß eine schon gesichert scheinende Berufung durch einen Eingriff, an den kein Mensch denken konnte u. der mit der Sache nichts zu tun hat, zum Scheitern gebracht wird. Von Windelband hatte ich vor einigen Tagen einen Brief von einer Wärme u. Herzlichkeit, die mich im höchsten Grade überrascht u. erfreut hat. Es ist an diese Sache so viel Elfer u. Bemühung gesetzt worden, ein so großer Aufwand .schmählich vertan', daß Ich eine tiefe Verstimmung über diesen Ausgang nicht leugnen kann. Es handelt sich nicht nur um das, was mir mit Heidelberg an positiven, inneren u. äußeren Werten entgangen Ist; denn es geht mir ja auch hier gut u. ich habe einen weiten Kreis von Schülern, auf die ich so wirke u. die mir so anhängen, wie Ich es mir nicht schöner wünschen kann. Allein daß nun weit länger als ein Jahr dieses ergebnlßlose Hin u. Her sich abspielt, daß die vorzüglichsten Männer sich so vergebens für mich eingesetzt haben, als ob ein Fluch, der über mir läge, alle Bemühungen mit Unfruchtbarkeit schlüge, daß die Überzeugungen u. der gute Wille aller Sachkenner nicht Kraft genug haben, die bornirte Böswilligkeit eines Berliner Gehelmrats aufzuwiegen - das Ist denn doch wohl ein gerechter Grund, deprlmirt zu sein; ja, ich würde es für eine tadelnswerte Indifferenz u. Stumpfheit halten, wenn einen dies gleichgültig ließe. Ich stelle Ihnen anhelm, Jellinek von diesem Briefe Mitteilung zu machen. Ich habe das Bedürfniß, auch ihm nur zum Schluß für all seine verlorene Liebesmühe recht herzlich zu danken. Allein da er mir seinerseits nichts mitgeteilt hat, bin ich vorläufig dazu nicht im Stande."
Lieber Freund, da Simmel schreibt, ich möge diesen Brief - den ich nicht mehr benötige - auch Ihnen schicken, geschieht dies hiermit. Ich habe ihm, unter der
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Verpflichtung absoluten Stillschweigens (außer gegenüber Schmoller, mit dem er, wie ich weiß, stets die Sache besprochen hat: er versichert: nur mit Schm[oller]) mitgeteilt, 1 wie, nach Ihren Informationen, die Sache verlaufen sei (daß ich diesen Verlauf ganz ebenso schon vorher 5 conjekturiert hatte, wissen Sie ja). Ich habe es ausgesprochenermaßen in der Absicht gethan, damit er die Sache | innerlich: | als erledigt behandelt 3 , obwohl ich ihm nachdrücklich geschrieben habe, 2 daß man sie auch im Ministerium - nicht als erledigt ansehe. Denn das Schmählichste13 schien mir an der ganzen Sache doch, daß ein geistig hochstehender 10 Mann - er schreibt es ja selbst - über 1 Jahr lang mit der Hoffnung auf eine Professur und der Enttäuschung sie nicht zu erhalten, erniedrigt wurde. Das mußte ein Ende nehmen. Herzl. Gruß! Max Weber
a ansieht > behandelt
b Alternative Lesung: Schwächlichste
1 Brief nicht nachgewiesen. 2 Brief nicht nachgewiesen.
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Gustav Schmoller 23. Juni 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig UB Tübingen, Md 1076, Nl. Gustav von Schmoller, Kapsel 48, Fase. 2 Der folgende Brief ist ein Glückwunschschreiben zu Schmollers 70. Geburtstag am 24. Juni 1908. Z.T. auf Anregung des Vetters seiner Frau, Ernst Francke, beabsichtigte Schmoller, eine Auswahl der wichtigsten an seinem Geburtstag gehaltenen Ansprachen sowie der erhaltenen Glückwunschschreiben im Druck erscheinen zu lassen, unter ihnen auch den unten wiedergegebenen Brief Max Webers. Schmoller wandte sich im Juli 1908 wegen der ihm dazu nötig erscheinenden Druckerlaubnis an Weber, die dieser in seiner Antwort vom 29. Juli 1908 (siehe unten, S.610) ohne weitere Einwände erteilte. Der Brief Webers i s t - mit diversen Entzifferungsfehlern - veröffentlicht in: Reden und Ansprachen, gehalten am 24.6. 1908 bei der Feier von Gustav Schmollers 70. Geburtstag. Nach stenographischer Aufnahme. Als Handschrift gedruckt. - Altenburg: Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel 1908, S . 6 7 - 6 8 (MWG 1/13).
Heidelberg 23/6 8 Hochverehrter Herr Professor! Sehr gegen meinen Wunsch und meine Hoffnung ist es mir unmöglich geworden, mich persönlich zu Ihrer Begrüßung und Beglückwünschung zu Ihrem 70ten Wiegenfest einzufinden. Seien Sie versichert, daß Alle, die menschliche Geistesarbeit in ihren 3 Bedingungen und den Chancen ihres Erfolges abzuschätzen vermögen, - mögen sie nun Ihnen persönlich nahe getreten sein oder nicht, mit Ihnen politisch oder in ihren sonstigen Idealen mit Ihnen übereinstimmen oder nicht - einig sein müssen und einig sind in der bewundernden Anerkennung zum Mindesten folgender Leistungen, die nur Sie vollbringen konnten: 1) Sie haben den Einfluß der Universitäten auf das öffentliche Leben in einer Zeit, die diesem Einfluß so ungünstig wie möglich war, im Umkreis Ihrer Interessen auf eine Stufe gehoben, wie sie seit den Zeiten zwischen 1837 und 1848 nie auch nur annähernd erreicht ist; 2) nur Ihre Klugheit und Mäßigung hat es ermöglicht, daß der sozialpolitische Idealismus der akademisch Gebildeten in Gestalt des „Vereins für Sozialpolitik" ein Instrument vorfand, um nicht nur in der öffentlichen Meinung, sondern auch bei Denen, welche die Macht hatten, in einem Maße zur Geltung bzu kommen 0 , wie dies jedenfalls ohne Ihre Führung nie möglich gewesen wäre, und dies, obwohl - wie Sie selbst an a O: Ihren
b O: kam
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Sich ja oft genug erfahren haben - die „Inhalte" der Ideale, in deren Dienst die Einzelnen standen, vielfach die allerverschiedensten und auch von den Ihrigen abweichenden waren. So oft auch und so stürmisch auch gelegentlich gegen Ihre Meinung gekämpft wurde, so moralisch unmöglich haben Sie selbst Andersdenkenden den Kampf gegen Ihre Person gemacht. So weit ich denken kann, ist die |:Überzeugung von der: | Unentbehrlichkeit Ihrer Führerschaft und das Vertrauen zu ihr von Sozialpolitikern des heterogensten Gepräges nie |:auch nur:| einen Moment erschüttert 0 worden. 3) In einer Zeit des dürrsten ökonomischen Rationalismus haben Sie historischem Denken in unsrer Wissenschaft eine Stätte bereitet, wied es sie in gleicher Consequenz und gleichem Maße bei keiner andren Nation gefunden hatte und bis heute nicht hat. Das wissenschaftliche Bedürfnis der einzelnen Menschenalter pendelt auf dem Gebiet unsrer Disziplin wie Sie selbst oft genug anerkannt haben - zwischen theoretischer und historischer Erkenntnis hin und her. Gleichviel aber, ob es heut ^vielleicht:! a n der Zeit ist, mehr die theoretische Seite zu pflegen, - daß die Zeit e für theoretische Arbeit wieder® „reif' werden konnte/ daß überhaupt ein mächtiger Bau |:von Erkenntnis, in: | historischer Durchdringung, psychologischer Analyse und philosophischer Gestaltung vor uns steht, den wir Jüngeren nun wieder versuchen dürfen, mit den Mitteln theoretischer Begriffsbildung weiterzubearbeiten, - dies Alles danken wir schließlich vornehmlich Ihrer Jahrzehnte langen, unvergleichlich erfolgreichen Arbeit. Mit den herzlichsten Glückwünschen zu dieser Vergangenheit verbinde ich den Wunsch, daß die Zukunft Ihnen die Arbeitsfrische, in welcher Sie heute vor uns stehen, zum Wohl der Wissenschaft lange erhalten möge. In Verehrung Max Weber
C bezweifelt > erschüttert f (und)
d (sie)
e dafür > für theoretische Arbeit wieder
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Robert Michels 25. Juni 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 58 Der Schluß des Briefes fehlt. Möglicherwelse fehlt nur die Schlußformel, da der Briet mit einer vollgeschriebenen Seite endet.
Hbg 25/6 8 Lieber Freund! Zunächst schicke ich Ihnen anbei die Leistung des Herrn Fischer und Ihre Antwort zurück. 1 Es ist das Erbärmlichste, was mir je vorgekommen ist u. wem immer von den Collegen ich das Schriftstück zeigte, es erregte das gleiche Staunen und die gleiche Verachtung gegen dieses Vizewirth-Niveau. 2 Kann ich von dem Brief- ich habe die betr. Partien abgeschrieben - öffentlich Gebrauch machen? oder behalten Sie Sich das vor? Mich juckt es in allen Fingern, diesem Bengel eine hinter die Löffel zu schlagen. Schönen Dank für Ihre Sendung! 3 Ich habe Ihre Vorrede mit großem Vergnügen, Ihre Anmerkungen mit Belehrung, die Sache selbst - Fer-
1 Alfred Weber hatte auf dem ersten deutschen Hochschullehrertag 1907 In Salzburg als ein Beispiel fehlender Lehrfreiheit an deutschen Universitäten den Fall des Sozialdemokraten Robert Michels angeführt, ohne den Namen der Universität zu erwähnen. Der anwesende Professor der Geographie Theobald Fischer hatte dies auf die Universität Marburg bezogen, da Michels dort eine Zeitlang als Privatgelehrter gelebt hatte, und erklärt, daß ganz andere Gründe für das Scheitern einer etwaigen Habilitation Michels' gesprochen hätten. Auf eine Anfrage von Michels hin gab Fischer in seinem Antwortschrelben als Hauptgrund dafür - neben seiner sozialdemokratischen Beteiligung - die Nichttaufe von dessen Kindern an. Am Schluß seines Briefes erhob dann Fischer noch den Vorwurf, Michels habe seine Marburger Wohnung In einem solchen Zustand hinterlassen, daß sie nicht wieder habe vermietet werden können. Der Brief von Fischer ist im AFLE Turin, Nl. Robert Michels, nicht nachgewiesen. Der Inhalt des Briefes geht hervor aus Max Webers Artikel: Die sogenannte „Lehrfreiheit" an den deutschen Universitäten, In: FZ, Nr. 262 vom 20. Sept. 1908, 5. Mo.BI., S. 1 (MWG 1/13). 2 Dies bezieht sich darauf, daß Theobald Fischer als Vertreter des Hauseigentümers fungierte. Eigentümer war der an der Universität Berlin lehrende Strafrechtler Franz v. Liszt. 3 Es handelt sich um Ferri, Enrico, Die revolutionäre Methode. Aus dem Italienischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Dr. Robert Michels. Mit einer einleitenden Abhandlung „Die Entwicklung der Theorien Im modernen Sozialismus Italiens" von Dr. Robert Michels. (Hauptwerke des Soziallsmus und der Sozialpolitik, hg. von Georg Adler, 9. Heft).-Leipzig: Verlag von C.L. Hirschfeld 1908.
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ri's „Leistung" - |:offen gestanden:| mit grenzenloser Gelangweiltheit gelesen. Das schwächt Ihr Übersetzer-Verdienst nicht im Mindesten ab: im Gegenteil, dies Gerede ist charakteristisch, so charakteristisch, daß es zum Heulen ist, u. es soll daher dem deutschen Leserkreis zugänglich gemacht werden. Wer nichts von Italien weiß, der könnte 3 allerdings denken: tout comme chez nous, - aber davor bewahrt ihn Ihr Vorwort, und gleich als erster Bissen wären die „strategischen" Theorien von Art[uro] Labriola und Leone wohl für den Unbewanderten nicht leicht capabel gewesen. Aber allerdings: diesen Platitüden des Collegen Ferri, dieser Mischung von „Prinzipien" und „Realpolitik" gegenüber kann doch ein Mensch von gesunden Sinnen nur Sombartisehe Blasiertheitsgefühle gewinnen, wenn er sie sich nicht, weil die Sache | : trotzdem: | eine große ist |:und bleibt,:| gewaltsam vom Leibe hält. Innerlich werden auch Sie auf die Dauer nicht anders denken können, denn das ist doch schließlich klar, daß diesen Scholastiker-Distinktionen gegenüber |:selbst:| der spießbürgerlichste Business-Tradesunionist noch ein Held der That ist, gesund und selbstbewußt bis in die Knochen im Vergleich mit diesen renommistischen b Décadents. - Aber vielleicht verstimmt Sie dies Urteil doch oder Sie rechnen es irgend einer Klassen-Befangenheit zu, - man müßte das doch einmal mündlich wirklich funditus besprechen! | :Schade, daß man das letzte Mal nicht dazu kam! : | - Sie sprachen in Ihrem Brief von G[uglielmo] Ferrero. Ich gestehe offen, daß ich mich absichtlich freundlich über ihn ausgedrückt habe (in der LitteraturÜbersicht). 4 Sonst, wenn man ihn mit Mommsen vergleichen wollte, | : und das geschieht. : | 5 . . . Du lieber Gott: ein Mensch des Schema's | : wie Fferrero] es ist: | gegen einen Menschen von sprühendem, leidenschaftlich erregtem und doch gebändigtem und künstlerisch beherrschtem a wird > könnte
b 0 : rennomistischen
4 Agrarverhältnisse im Altertum3, S. 188: „Mit der Expansionsepoche setzt G[uglielmo] Ferrero's elegant und geistreich geschriebenes, sehr lesenswertes Werk ein, für die republikanische Zeit neben höchst anregenden Bemerkungen gelegentlich auch Ansichten vortragend, die zum Widerspruch reizen, weil sie vielleicht ebenso modern gedacht sind, wieviele Partien von Mommsen's ,Röm. Geschichte'." 5 Möglicherweise eine ironische Anspielung auf eine Rezension Michels' von Guglielmo Ferreros Werk, Grandezza e decadenza di Roma. Vol. 2: Giulio Cesare. - Milano: Fratelli Treves 1902, erschienen in: Documente des Socialismus, Bd. 1,1902, S. 482-483. Ebd. der Vergleich mit Mommsen : „ Ferreros Historik, die sich übrigens selbst in der Terminologie der größten Modernität befleißigt [...], steht also im größten Gegensatz zu derjenigen Mommsens [...], da sie die Vergangenheit von durchaus modernem Standpunkt aus beleuchtet und dementsprechend belebt."
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Geist, wie der Alte - ich kannte ihn, wie Sie wissen, gut - es war! Aber ich zweifle nicht: der Marktwerth F[errero]'s wird sicherlich heutzutage dem Mommsen's gleichkommen, 0 denn der Maßstab für das, was wissenschaftliche „Größe" ist, ist uns abhandengekommen. - Und was eigentlich „Geist" ist, wissen die Meisten vollends nicht mehr. F[errero] ist ein großes Talent, aber ganz geistlos. - Nun aber zu Ihnen. Jaffe sagte mir, Sie hätten einen Brief von ihm, den er auf meine Anregung hin (oder jedenfalls mit darauf hin) schrieb, misverstanden u. geglaubt, es handle sich um eine gegenwärtige Neuzusammensetzung des Redaktionsbestandes.6 Das ist nicht der Fall. Sombart hat sich noch immer nicht zu meinem Ultimatum geäußert. 7 Nimmt er es an, dann sind wir dem Verlage gegenüber gebunden, jetzt es so zu lassen, wie vorgeschlagen, und aus einfach pekuniären Gründen - die bei Sombart eine Rolle spielen, bei mir nicht - würde dann die Erweiterung des Redaktionsbestandes (die der Verlag d an sich gernd zugeben würde, zumal wenn |: wieder: | ein Sozialdemokrate in die Redaktion träte, was natürlich 'auch ihm' sehr erwünscht wäre) - also aus pekuniären Gründen, die bei Sombart liegen, würde dann jetzt wohl nichts zu machen sein. Wird aber die Redaktion gesprengt, d.h. gehe ich hinaus (das Wahrscheinlichste) oder zeigt es sich für Jaffe unmöglich, mit Sombart zu einer Einigung zu kommen u. geht dieser hinaus, dann wird der Verlag unbedingt die Acquirierung vor Allem eines in Deutschland schon fest „eingeführten" Namens eines älteren Gelehrten (d. h. älter als Sie sind) verlangen, u. erst wenn dann später dieser (wer es auch sei!) zustimmt, könnte die Redaktion erweitert werden. Das also geht jetzt nicht; daß es nicht geht, ist mir mindestens ebenso bedauerlich wie Jaffe, u. wir beide sind überzeugt, daß - falls Sie bei Ihrer Geneigtheit dazu verharren - irgendwann u. irgendwie die Sache sich machen lassen muß, wahrscheinlich freilich auf ganz andrer pekuniärer Basis als jetzt. (Der jetzige Modus des Entgelts der Mitherausgeber ist eine Prämie auf das Nichtsthun). C (er weiß, scheint e s , )
d schon > an sich gern
e (wieder)
f an sich > auch ihm
6 Im Nl. Robert Michels, AFLE Turin, sind lediglich 4 Briefe von Edgar Jaffe aus dem Jahre 1905 vorhanden. 7 Ein entsprechendes Schreiben ist nicht nachgewiesen, doch dürfte es sich darum gehandelt haben, Sombarts Zustimmung zu einer Neuregelung der Herausgeberschaft des AfSSp zu erlangen, bei der Edgar Jaffe hauptverantwortlicher Herausgeber „In Verbindung mit W. Sombart und Max Weber" werden sollte. Vgl. auch Brief an Werner Sombart vom 9. Juli 1908, unten, S.603, Anm.3.
25. Juni 1908
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Nun wird eben die Frage sein, ob nicht doch schon jetzt, in nächster Zeit, wenigstens ein dauerndes Verhältnis zu Ihnen geschaffen werden könnte, welches den Interessen des „Archiv" und den Ihrigen entspräche, also so eingerichtet werden könnte, daß Sie Freude daran finden könnten. Dafür wäre wohl unbedingte Vorbedingung, daß Sie Bewegungsfreiheit hätten, um Ihr organisatorisches Talent zur Wirkung bringen zu können. Und die weitere Frage wäre, wie diese Bewegungsfreiheit mit den sachlichen Notwendigkeiten des „Archiv" in Einklang gebracht werden könnte, um Reibungen zu vermeiden. Gänzlich „bewegungsfrei" wären Sie ja natürlich in all den Fällen, wo, innerhalb des Raumes, den das „Archiv" gewähren kann, Sie selbst persönlich sei es litterarkritische sei es politisch-soziale Berichterstattung leisten wollten, - eine eminent wichtige Sache, wie Sie selbst mir sagten. Denn grade bei Ihnen würde |:dabei:| die Gefahr besonders fern liegen, 9 die selbst bei den vortrefflichsten Gelehrten in solchem Fall typisch eintritt: daß sie über Das berichten, die Litteratur berücksichtigen, die |:nach:| ihren zufälligen momentanen Arbeitsinteressen ihnen „liegt" und Andres bei Seite lassen. (Noch schlimmer ist es |:freilich,:| wenn Jemand, wie Sombart, sich ä conto „Archiv" hMassen von'1 werthvollen Werken beschaffen läßt und dann, nachdem er sich so eine Bibliothek billig beschafft hat, einfach nichts leistet, sondern die Sachen |:nur:| für seine Bücher ausschlachtet!). Das liegt, bei der Vielseitigkeit Ihrer Interessen, grade Ihnen wohl am fernsten, u. hier wäre also, soviel ich sehe, nur 1) ein pekuniäres Problem zu lösen, 2) ein technisches: Beschaffung der Litteratur. durch Requisition des Verlages? der Redaktion? oder seitens Ihrer „im Namen" des Verlages oder der Redaktion? - Was |.7'si zu:| thun, wenn ein Verlag die Hergabe von Rez. Expl. ablehnt? - das ist das „pekuniäre" Problem ad 1. Und dies wäre hauptsächlich zu erörtern, - das „technische" |:ad 2:| könnte ganz nach Ihrem Wunsch gelöst werden, soweit Jaffe keine Bedenken hat. Aber die pekuniäre Möglichkeit, Litteratur zu kaufen, ist für das „Archiv" an enge Grenzen gebunden. Für die Form der Berichte müßte letztlich natürlich Ihre Ansicht ausschlaggebend sein; nur darf wohl vorausgesetzt werden, daß Sie es nicht verschmähen', mit uns darüber zu korrespondieren und es nicht übel nehmen, wenn wir unsre Meinung, berathend, geltend machen. Schon etwas schwieriger wäre die Frage: wie man es machen sollte, um Reibungen da zu vermeiden, wo Sie Ihrerseits andre Mitarbeiter g (daß)
h Hunderte > Massen von
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j versch[w]ähen > verschmähen
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acquirieren wollen bzw. dies für sachlich nötig halten. Sie wissen: Sie sind so etwas von einem „Gewaltmenschen" und etwas verletzlich, wenn Sie auf Widerstand stoßen, dessen Berechtigung Sie nicht alsbald einsehen, der vielleicht |:in casu:| auch sachlich wirklich schließlich sich als nicht berechtigt herausstellt. Und doch kann die Redaktion nicht einfach sagen: „mach was Du willst." Das ist unmöglich. Sie erinnern Sich, daß schon einmal - früher - Sie und Jaffe sich in „Unstimmigkeiten" befanden. Hier muß also klar und deutlich festgestellt werden, wann und wo man Ihnen hineinreden dürfte und wann und wo nicht. Bitte überlegen Sie Ihrerseits einmal, was und wie Sie Sich all diese Dinge denken. Und bitte, lassen Sie diese Frage jetzt für einige Zeit in der Correspondenz kmit dem „Archiv" als solchem*ruhen. Denn 1) wie gesagt, die Grundfrage des Redaktionsbestandes ist ganz in der Schwebe, - 2) bis Neujahr muß der vorerst noch in ganz embryonaler Form erscheinende | inländische:| „Litteratur-Anzeiger" des Archiv (cf. Mitteilung mit dem letzten Heft!) 8 erst organisiert werden. Erst im Herbst also können Jaffe und ich (oder wer an meiner Statt eintritt) Ihnen wirkliche Vorschläge machen. Bis dahin wäre1 Alles nur provisorisches Reden, was leicht mit unnötigen Verstimmungen schließen könnte.
k e i n m a l > mit d e m „ A r c h i v " als solchem
I ist > w ä r e
8 Der entsprechende Hinweis findet sich auf der Rückseite des Vorderumschlags zu Heft 3, AfSSp, Bd. 26, 1908.
30. Juni
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Franz Eulenburg 30. Juni 1908; o . O . A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h o h n e A n r e d e u n d S c h l u ß f o r m e l , mit h a n d schriftlichen Korrekturen von Marianne W e b e r Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 92, Nl. M a x W e b e r , Nr. 30, B d . 7, Bl. 81 - 8 2
30.6. 08. Von Ihren Bedingungen ist für mich unannehmbar die eine, daß ich diese Sache in Ordnung zu bringen hätte. 1 Wenn Sie das Vergangene nun nachgerade endgültig begraben wollen, dann wäre die Mitteilung Ihrer Bedingungen an Jaffe, die nicht auf vergangene Dinge zurückgreift und ebenso sachlich und höflich ist, wie seine Anfrage an Sie, doch der einzige Weg. Da Sie seinerzeit erklärt hatten, Sie hätten die Bedingungen von Siebeck nicht mitgeteilt erhalten, nachdem Sie ferner erklärten: Sie hätten den Aufsatz nur unter der Voraussetzung geliefert, daß Ihnen fortlaufend Honorar gezahlt werde, so war es ohnedies selbstredend, daß diese Bedingung nunmehr für diesen Aufsatz festgelegt ist. Also scheinen mir all Ihre Vorbehalte gänzlich unnötig. Und daß Sie den Aufsatz ganz nach Ihrem Belieben ändern und verlängern können, war Ihnen ebenfalls durch Jaffe doch wohl ausdrücklich mitgeteilt, ging aber jedenfalls aus unserer Korrespondenz hervor. Aber dazu, Jaffe durch Nichtbeantwortung seines höflichen Schreibens jetzt neu zu kränken, biete ich nicht die Hand. - Eine ehrenhafte Beilegung solcher läppischen Differenzen ist doch nur möglich 1. wenn die Beteiligten sich gegenseitig die bona fides und anständige Motive nicht streitig machen, 2. wenn sie das Vergangene als vergangen behandeln. Sie tun das konsequent nicht. a | :3) Solche offensichtlichen Versehen wie der ununterschrieben abgeschickte Brief von mir an Sie2 sollten doch wohl nicht ausgenützt werden::| a Ihr eigenes Verhalten zeigt, daß Sie dies auch Ihrerseits eben als Produkt der Hast und Vergeßlichkeit ansehen und Sie sind nach Ihrem Verhalten nicht legitimiert, derartige versehentliche
a Nachtrag von der Hand Marianne Webers. 1 Dies bezieht sich auf die Honorarkontroverse zwischen Edgar Jaffe und Franz Eulenburg vom Okt./Nov. 1907. Vgl. die Briefe an Jaffe [vom oder nach dem 29.Okt.], an Eulenburg vom I.Nov., sowie an Werner Sombart [vom oder nach dem 9. Nov. 1907], oben, S.410, 412f. und425. 2 Brief nicht nachgewiesen.
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Pekata zu urgieren. 4) Jaffe hat seinerseits jetzt erneut die Initiative dazu ergriffen, die Lappalien der Vergangenheit zu begraben - Sie gewinnen es, scheint es, nicht über sich, das Gleiche zu tun! Ich finde diese Erörterungen^] denen ich, im Interesse des Archivs und aus Wertschätzung für Sie, mehr Zeit gewidmet habe als wie es scheint der objektive Ertrag lohnt, geraten mehr und mehr ins Kleinliche. Das kann unmöglich Ihrem Wunsche entsprechen. Was mich anlangt, so ist es ziemlich wahrscheinlich geworden, daß ich mit Ablauf des Kontrakts aus dem Archiv scheide. Mein Wunsch, daß alle Beteiligten nun endlich die Wendung dazu finden möchten, diese elende Stänkerei beiderseits in den Orkus zu werfen, ist also, weiß Gott, uneigennützig. Jaffe hat den ersten Schritt getan, nun tun Sie den zweiten],] indem Sie einfach schreiben, wie Sie Ihr Manuskript verteilt wünschen, bezw. was Sie ergänzen wollen. Die Honorarfrage ist durch die Feststellung, daß Sie andere Bedingungen erwartet haben und - ohne daß dabei Siebeck oder Jaffe das geringste Verschulden trifft - subjektiv erwarten durften, durch meine früheren Briefe längst erledigt. - Wenn Professoren unter sich über solche Dinge nicht ins Reine kommen - dann pfeife ich auf die „Organisation". Ihren Brief an mich, der wieder die Schuldfrage aufrollt, und mich zwang],] auch meinerseits diesen Punkt nochmals zu berühren, würde Jaffe (wie Sie an seiner Stelle) natürlich als Kränkung empfinden müssen. Ich teile ihn ihm also nicht mit. Auch ich bedaure sehr, daß man sich nicht persönlich einmal sprechen konnte. Es scheint mir undenkbar, daß dann nicht eine Aufklärung des wirklichen Grundes Ihres mir ganz unverständlichen gereizten Mißtrauens gegen Jaffe möglich sein sollte. Denn in den Tatsachen, die ich kenne, finde ich keine zulängliche Motivierung. Machen Sie doch dieser Geschichte endlich ein Ende, diesmal liegt es an Ihnen!
9. Juli 1908
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Werner Sombart 9. Juli 1908; Heidelberg Abschrift; maschinenschriftlich ohne Anrede und Schlußformel, mit handschriftlichen Korrekturen von Marianne Weber ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 30, Bd. 7, Bl. 8 3 - 8 4
Heidelberg, den 9.7. 08. Die Notwendigkeit, Delbrück eins hinter die Ohren zu schlagen, 1 verspätete die Absendung von Jaffes Brief, 2 der mich bat, meinerseits einige Zeilen beizulegen. Ein gänzliches Auseinandergehen von uns 5 wäre mir jetzt schon deshalb bedauerlich, weil es für Delbrück, der es immer prophezeit hat, ein Triumph wäre. Außerdem natürlich, weil meine persönliche Schätzung für Sie durch nichts zu erschüttern ist und endlich: weil ein gänzliches Verschwinden Ihres Namens das Archiv jedenfalls schädigt. 3 Ich hoffe daher herzlich, daß Sie dem Ihnen ge1 Weber bezieht sich hier auf seinen am nächsten Tage erschienenen Artikel: Der „Fall Bernhard" und Prof. Delbrück, in: FZ, Nr. 190 vom 10. Juli 1908, 4. Mo.BI., S. 1 (MWG I/ 13), den Schlußpunkt seiner Kontroverse mit Hans Delbrück. Diese hatte ihren Ausgang genommen in einem anonym erschienenen Artikel Webers, der unter dem Titel: Der Fall Bernhard, in: FZ, Nr. 168 vom 18. Juni 1908, 1. Mo.BI., S. 1 (MWG 1/13), veröffentlicht worden war. Weber hatte darin den „Fall Bernhard", d.h. dessen Berufung nach Berlin ohne Anhörung bzw. Zustimmung der Fakultät, zum Anlaß genommen, kritische Bemerkungen über die Berliner philosophische Fakultät im allgemeinen, sowie über deren Verhalten bei der Nichtzulassung Sombarts als Privatdozent im speziellen, vorzutragen. Weitere (anonyme) Äußerungen zum Fall Bernhard aus Webers Feder in: FZ, Nr. 172 vom 22. Juni 1908, Ab.BL, S. 1: Tages-Rundschau (MWG 1/13), sowie ebd., Nr. 174 vom 24. Juni 1908,2. Mo.BI., S. 1 (MWG 1/13). Hans Delbrück wandte sich daraufhin in seinem Artikel: Politische Korrespondenz. Akademische Wirren, erschienen in: PrJbb, Bd. 133, Juli-Sept. 1908, S. 176-181, gegen die Ausführungen des Anonymus bzw. Webers, auf die letzterer dann mit großer Schärfe am 10. Juli (siehe oben) antwortete. 2 Gemeint ist Jaffes Brief an Sombart vom 6. Juli 1908, ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 146-147. 3 Es geht hierbei um die Neuregelung des Redaktionsverhältnisses im AfSSp für den Zeitraum 1909-1913. War bislang von den drei gleichberechtigten Herausgebern Edgar Jaffe, Werner Sombart und Max Weber die Rede gewesen, so sollte es nunmehr heißen: „In Verbindung mit W.Sombart und Max Weber herausgegeben von E. Jaffe". Diese Neuregelung war nicht zuletzt von Weber angeregt worden, wie aus einem vertraulichen Brief von Jaffe an Paul Siebeck vom 18. Dez. 1907 (VA Mohr/Siebeck, Tübingen, Nr. 232) hervorgeht. Wie aus dem o. a. Brief von Jaffe an Sombart vom 6. Juli 1908 zu entnehmen ist, war Sombart entschlossen oder zumindest nicht abgeneigt - auf einen wohl etwas barschen, aber nicht überlieferten Brief Webers hin - , aus dem Archiv auszuscheiden. Jaffe schrieb an Sombart: „Was dessen [d.h. Webers] Brief und meine Bemerkungen über die künftige Regelung des Redaktionsverhältnisses anlangt, so kann doch gar keine Rede davon sein, daß Sie das Archiv durch Ihren Namen kompromittieren könnten, wie Sie schreiben."
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machten Vorschlag zustimmen, denn in der jetzigen Form mache ich keinesfalls mehr mit. Sie entspricht nicht der Sachlage - Jaffe trägt die Arbeit fast allein - und es geht nicht an, daß zwei Herausgeber miteinander zusammengespannt sind, die wie wir beide, in Bezug auf die Verpflichtungen, welche die Herausgeberschaft auferlegt, nun einmal grundverschiedene Ansichten hegen. Das müssen Sie doch eigentlich verstehen! Endlich: da es zu meinem herzlichen Bedauern Sie verletzt zu haben scheint, so möchte ich diesen Punkt nochmals feststellen. Sie sind in einer Entwicklung begriffen, deren Ende Sie unmöglich heute absehen können, die aber jedenfalls schon jetzt Sie zu der schon lange vorbereiteten Position geführt hat, in dem, was notwendig Hauptleistung des Archivs sein muß, „Schusterarbeit" zu sehen und dies auch zu sagen. Das ist keinerlei Vorwurf oder eine Sache;,] die Ihnen irgend zur Unehre gereichte - vielleicht im Gegenteil, denn es ist doch mal Ihre ehrliche Ansicht! Nun stehen wir uns in gewissen Ansichten (Ihr Artikel in der „Zukunft" 4 zeigt es) weit näher als Sie glauben. Aber für jenen Punkt ziehe ich ganz andere Konsequenzen als Sie. Und jedenfalls ist es nicht recht möglich, m.E. daß man formal Mit-Leiter einer Zeitschrift ist, deren nüchternes Tun man für schal und schusterhaft erklärt und nach seinen „persönlichen" Wertungen erklären muß. Doch das ist wie gesagt eine Sache über die man recht verschieden denken kann, wie ich offen zugebe. Entscheidend sind letztlich die Eingangs erwähnten Gesichtspunkte, welche mir eine Fortsetzung des jetzigen formalen Zustandes nicht möglich machen. Hoffentlich deuten Sie nunmehr die Gründe meines Verhaltens richtig und entschließen sich in diesem Punkt mitzumachen.
4 Sombart, Werner, Ihre Majestät die Reklame, In: Die Zukunft, Jg. 16, Bd. 63, Nr. 39 v o m 27. Juni 1908, S. 4 7 5 - 4 8 7 ; ebd., S . 4 7 7 f . s o w i e 481, die Betonung d e s U n t e r s c h i e d e s z w i s c h e n T a t s a c h e n a u s s a g e und Werturteil.
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Werner Sombart 16. Juli 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h o h n e A n r e d e u n d S c h l u ß f o r m e l , mit h a n d schriftlichen K o r r e k t u r e n v o n Marlanne W e b e r Z S t A M e r s e b u r g , Rep. 92, Nl. Max W e b e r , Nr. 30, Bd. 7, Bl. 8 7 - 8 8
Heidelberg, 16.7. 08. Besten Dank für Ihren freundlichen Brief. Allein: erstens, - wie können Sie sagen: „äußerlich völlig gescheitert"! Ist denn ein Ordinariat allesM Und was soll ich denn eigentlich sagen? Werfen Sie doch diese seltsame, ich möchte sagen: Weltschmerzstimmung, hinter sich! Angesichts der Anerkennung, die Sie bei Leuten, auf die es Ihnen doch ankommen muß, überall: in und außerhalb Deutschland finden - herzlich wie von uns oder widerwillig, - aber jedenfalls, sei es auch unter neidischem Gekläff, finden und finden werden, vollends wenn Ihre zweite Auflage 1 da ist, macht sich so etwas in Ihrem Mund doch grotesk und ist geradezu ein Schönheitsfehler. - Zweitens: ich habe nie mich von Ihnen als „Schuster" bezeichnet oder verletzt gefühlt, (andererseits ziehe ich mir Ihre viel zu weitgehenden Bemerkungen in Ihrem Brief ebenfalls nicht zu)! Unsere Verschiedenheit des Standpunkts liegt darin: Sie wollen „persönliche" Bücher schreiben. Ich bin der Überzeugung, daß die persönliche Eigenart, (die Sie ganz sicher in starkem Maße besitzen) immer dann und nur dann zum Ausdruck kommt, wenn sie ungewollt ist, hinter dem Buch und seiner Sachlichkeit zurücktritt, wie es alle großen Meister hinter ihrem Werk getan haben. Wo man „persönlich" sein will, stört man den künstlerischen Wert und gerät fast immer auf die Bahn des „Typischen". Das, was Sie absichtsvoll als „Ich" dem Publikum zeigen, hat - das könnte man nur mündlich deutlich machen - durchaus Typisches und sehr wenig „persönliche" Züge, d.h.: gerade das Bedeutende vom Persönlichen verschwindet dabei und jedermann hat nur den Eindruck, es mit einem der vielen Repräsentanten des üblichen „Ästhetentums" und des diesem entsprechenden typischen „Aristokratismus" zu tun zu haben - doch das ist ein „weites Feld". 2 - Die Arbeit des Archiv
1 Weber bezieht sich hier auf Sombarts: Der moderne Kapitalismus. 2 Bde. - Leipzig: Duncker & Humblot 1902. Eine zweite Auflage ist erst 1916 erschienen. 2 Anspielung auf die Lieblingsworte des alten Briest in Theodor Fontanes Roman „Effie Briest".
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kann nun einmal formal nur schlicht-unpersönlich sein und mir schien, daß dies Ihnen schal und öde erscheinen müsse, ferner aber auch: daß Ihnen die nun einmal historisch gegebenen sozial-politischen Tendenzen langweilig geworden seien, auch zu Ihrer inneren Stellungnahme nicht mehr paßten, weil ein gewisses Maß „ethischer" (oder nennen Sie 5 es wie Sie wollen) „Ideale" doch da, wo im Archiv gewertet wird, schlechthin nicht entbehrlich ist. Genug, es freut mich, daß in der Sache Sie sich meiner Auffassung der Sachlage bezüglich des Archivs nicht ganz verschließen, noch mehr aber, daß Sie den Eindruck haben, daß die Verschiedenheit des Standpunkts geringer ist als mir schien. 10
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Ferdinand Tönnies 21. Juli 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h mit handschriftlichen K o r r e k t u r e n v o n Marianne W e b e r Z S t A M e r s e b u r g , Rep. 92, Nl. Max W e b e r , Nr. 30, Bd. 7, Bl. 8 9
Heidelberg, den 21. 07. 08. Sehr verehrter Herr Professor! G[eorg] Simmeis Soziologie1 ist wie Sie wissen erschienen und es wäre von größtem Wert, Ihre Ansicht darüber zu besitzen. Ich weiß, Sie rezensieren ungern, wie leider die meisten unserer erheblichen Schriftsteller, - eigentlich doch zu Unrecht, denn die Folge ist jenes elende Niveau, auf dem sich unser litterarisches Gerichtswesen befindet, aber sehr begreiflicher Weise, denn eine Last ist es zweifellos. In diesem Fall aber halte ich es für möglich, daß Sie sich doch entschließen. Denn wer sollte es tun, wenn nicht Sie? Ob Sie nur kurz Stellung nehmen, ob Sie die eigene Position entwickeln, ob Sie Simmel mehr „besprechen" oder mehr als „Anlaß" einer eigenen Darlegung nehmen - alles ist uns gleich hoch willkommen. Ich bitte Sie um freundliches Entgegenkommen. Wie es mit der philosophischen Professur hier ging wissen Sie ja. Simmel, den Windelband vorzuschlagen, nach langem Zögern sich entschloß, stößt infolge infamer Verdächtigungen und Persiflage seitens Elsters beim Ministerium und infolge der „Frommen" beim Großherzog auf Widerspruch. Sie durchzusetzen wäre vollends ganz und gar aussichtslos gewesen, - ich sprach Ihnen ja davon. W[indelband] ist auf diese vorsichtige beiläufige (denn ich stehe ja außerhalb der Fakultät) Andeutung gar nicht erst eingegangen, und ich habe garnichts weiter versucht, nachdem ich auch bei anderen sofort sah, daß man das für gänzlich aussichtslos und gar nicht in Betracht kommend ansah. Der Teufel hole unsere Universitätszustände! In bekannter Wertschätzung Ihr stets ergebenster Max Weber.
1 Simmel, Georg, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. - Leipzig: Duncker & Humblot 1908; eine Rezension im AfSSp von der Hand David Koigens findet sich erst 1910: Soziologische Theorien, ebd., Bd. 31, Heft 3, S. 9 0 8 - 9 2 4 .
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23. Juli
1908
Friedrich Michael Schiele PSt 2 3 . Juli 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Sehr geehrter Herr Doktor! Ich bleibe
hier?
Hochachtungsvoll Prof. Max Weber (Heidelberg) 5
1 Die im VA Mohr/Siebeck, Tübingen, liegende Korrespondenz Schieies aus dem Jahre 1908 ergibt keinen Hinwels auf den Grund eines möglichen Zusammentreffens mit Weber. Wahrscheinlich Ist, daß es um eine Zusammenkunft betr. „Religion In Geschichte und Gegenwart" ging, deren Hauptherausgeber Schiele war.
27. Juli 1908
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Paul Siebeck 27. Juli 1908; Heldelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 20. Juni 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Frage nach dem Stand von Webers Überarbeitung der „Protestantischen Ethik": „Käme die Sonderausgabe gleichzeitig mit derjenigen von Troeltsch's Soziallehren heraus, so wäre das gewiß für beide Opera sehr günstig."
Heidelberg 27/VII8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! 1. Sie mahnten mich - mit Recht - an den „Capitalismus". Ich stecke z.Z. in Arbeiten für die Enquete des V[ereins] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik] über die Industrie. 1 Ich kann mich ihnen nicht entziehen. Aber die Arbeit am „Capitalismus" ist schon ziemlich gefördert und sobald jene Vorarbeiten erledigt sind, mache ich die Sache fertig. 2. Sie zeigten mir s.Z. (März/April) an, daß ich noch 548M. bei Ihnen gut habe. Ich bitte Sie, diesen Betrag der „Rheinfischen] Creditbank", Filiale hier, zu überweisen. Die laut Anzeige der Bank jetzt überwiesenen M. 600 stammen wohl aus dem „Archiv" pro 1908,1. Semester. 3. Geben Sie Ihren Autoren Ihre Verlagsartikel zum Netto-Preise ab? Ich beziehe im Prinzip Alles via Sortiment. Aber jetzt ist meine Rechnung so hoch, daß der Sortimenter es vertragen kann, wenn ich Ihre Sachen bei Ihnen kaufe. Z.B. K[arl] Müller, Kirchengeschichte. 2 Das Buch habe ich via Sortiment bezogen, aber es ist auf unerklärliche Weise verloren gegangen. Nochmal will ich den Ladenpreis keinesfalls anlegen. 4. Ist jetzt über Schönberg etwas bestimmt? Herzlichen Gruß Ihres Max Weber
1 Weber gehörte zum Unterausschuß des Vereins, der die projektierte Enquete über „Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie" betreute. Vgl. dazu den Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, unten, S. 661 f. 2 Müller, Karl, Kirchengeschichte. Bde. 1 - 2 / 1 (Grundriß der Theologischen Wissenschaften, Reihe 1, Theil 4, Bd. 1,2). - Freiburg i.B.: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1 8 9 2 1902 [anastatischer Nachdruck ebd., 1 9 0 5 - 1 9 1 1 ].
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29. Juli
1908
Gustav Schmoller 29. Juli 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Gustav von Schmoller, Nr. 200a, Bl. 190
Heidelberg 29/VII8 Hochverehrter Herr Professor, ich bitte Sie, natürlich ganz nach Belieben über meinen Brief zu verfügen. 1 Es überrascht und erfreut mich zugleich herzlich, daß meine hastigen Zeilen - ich hatte mich im Datum versehen - Sie anscheinend s wirklich erfreut haben. Ich war mir nachträglich bewußt, in einer fast zu weit getriebenen Peinlichkeit schlechthin nur das gesagt zu haben, was m. E. Jeder schlechthin anerkennen muß, der keinen bösen Willen hat. Von den zahllosen Anregungen, die ich persönlich aus Ihren Schriften schöpfte, habe ich j a gar nicht einmal gesprochen! 1o In aufrichtiger Verehrung Ihr ergebenster Max Weber
1 Vgl. die Editorische Vorbemerkung zu dem Brief an Schmoller vom 23. Juni 1908, oben, S. 594.
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1. August 1908 Marianne Weber I . A u g u s t 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Die folgende, fast tägliche Korrespondenz mit Marianne Weber wurde dadurch veranlaßt, daß diese sich vom 31. Juli 1908 bis zum 18. August 1908 in Göttingen aufhielt, wo sich ihre Tante Marie Schnitger einer Operation unterziehen mußte. Die Korrespondenz von Marianne Weber mit Max Weber aus dieser Zeit ist nicht nachgewiesen.
Heidelberg l. a VIII. 8. Liebstes Schnauzle hoffentlich erreicht Dich wenigstens Bertha's1 Kuchen u. die kleine Obstsendung zum Geburtstage, 2 - sonst war ja nichts zu machen, da Du mir durchgegangen bist. Es ist das 15te Mal, daß wir Dein Wiegenfest feiern - oder auch, wie diesmal wieder, nicht feiern, - seit wir zusammen sind, - sollte man, trotzb all dem Vielen, was wir erlebt haben, es für möglich halten, daß VA Jahrzehnte seit jener Zeit dahingegangen sind, wo ich Dich von Örlinghausen nach Lemgo zu den Tanten 3 begleitete (2 Mal, einmal waren auch die Detmolder 4 dort) und Dich dann in jenes wunderbare „echt deutsche Haus" mit seinem „echt deutschen Familienglück" in Altmorschen brachte, 1) damit Du eine deutlichere Vorstellung bekämst was Dir bevorstände, 2) damit mein Bauch bei dem Experiment keinen Schaden litte. 5 VA Jahrzehnte sind seit dem Rendezvous am Rollkrug, und seit der Geschichte mit der „todten Tante", und
a 2. > 1.
b bei > trotz
1 Bertha Schandau. 2 Marianne Webers Geburtstag war am 2. August. 3 Flora und Marie Schnitger, Schwestern des Vaters von Marianne Weber, bei denen sie zeitweise aufgewachsen war. 4 Hans Schnitger, Bruder des Vaters von Marianne Weber, und dessen Frau Minna Schnitger. 5 Gemeint ist die Oberförsterei in Altmorschen, zwischen Bebra und Melsungen. Dorthin brachte Max Weber seine Braut am 24. Juni 1893, damit sie vor der Hochzeit noch kochen lerne, vgl. Briefe an Marianne Schnitger vom 15. April und 30. Mal 1893, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446. Schon 1892 hatte Webers Schwester Clara dort einen Hauswirtschaftskurs besucht; Max Weber hatte sie damals besucht, vgl. Brief an Helene Weber vom 14. Sept. 1892, ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 3; mit Textänderungen auch in: Weber, Max, Jugendbriefe.-Tübingen: J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) o. J. [1936], S. 347f.
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1. August
1908
seit dem Vormittag, wo wir in blinder Hast für so u. so viel Tausend Mk beliebige Möbel u. Teppiche einkauften, und seit so manchem Andren recht bewegten Tag verstrichen. Ob wohl Tante Marie 6 sich der Zeit erinnert? damals hatte sie den unerschöpflichen Humor, der das viele Dunkle in ihrem eignen u. in den Leben so mancher Andrer verscheuchte, - es steht nicht in des Menschen Macht, ihn immer, wie eine Medizin, in der Flasche parat zu haben, aber ob er ihr jetzt vielleicht doch hie und da wiederkehrt? Hoffentlich hast Du sie schon etwas kräftiger gefunden, und mit der nötigen Geduld - die ihr wohl so schwer fällt wie mir ausgerüstet, die Nachwirkungen des notwendigen Eingriffs über sich ergehen zu lassen u. nicht zu glauben, daß nun in ein paar 0 Tagen einfach Alles erledigt sei. Ich bin sehr begierig auf Deine Nachrichten darüber und bitte Dich, sie herzlich zu grüßen. Könnten wir sie doch hier pflegen! Nun laß vor Allem Dich selbst herzlich küssen, bleib mir gesund und gut bis in die ferne Zukunft hinein, - immer Dein Max Hier passiert nicht das Mindeste.
C 0 : par 6 Marie Schnitger.
3. August 1908
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Marianne Weber PSt 3. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Liebe Schnauzel, schönen Dank für Dein Kärtchen. Ich habe eigentlich nicht viel zu erzählen, mit Alfred sprach ich fast nur Sachliches (Enquête, 1 auch über sein Buch, welches er nun doch wohl jetzt bald publiziert), 2 u. bei Klebs allerlei über Amerika, Politik, u.s.w., sie sehr lebhaft mit dabei, dann auch über Geheimräthe, Geselligkeit, das Anschütz-Fest 3 etc. etc. Es war sehr nett, aber so sehr viel kam dabei nicht heraus. - Schmid's4 scheinen Alfred zuweilen etwas zu strapazieren, ich rieth ihm u. er meint auch: das beste sei, möglichst immer ihn zum Vorlesen zu veranlassen. Beifolgend übrigens die etwas schreckhafte 3 neuste litterarische Leistung von Cläre in der „Frankfurter] Zeitung". 5 Ich fürchte, die Leute hier werden etwas die Nase rümpfen, so gut der Ton, der hinter den „Brettern, die die Welt bedeuten", herrscht, getroffen ist. - Jetzt steht mir der Besuch der bella peccatrice bevor: „Archiv"-Angelegenheiten. 6 Die Sache in der Fakultät ist nicht gut abgelaufen, wie vorauszusehen: Vertagung auf den Herbst. Für J[affé] würden die Leute gern zu haben
a Unsichere Lesung. 1 Gemeint sind die geplanten Untersuchungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie, über die ein Unterausschuß des Vereins für Sozialpolitik am 13. Juni 1908 in Eisenach beraten hatte. Alfred Weber hatte diese Untersuchungen angeregt, Max Weber arbeitete an einer Denkschrift über methodische Fragen dieses Forschungsvorhabens, vgl. Brief an Paul Siebeck vom 24. Juli 1908, oben, S. 609. 2 Weber, Alfred, Über den Standort der Industrien. Teil 1: Reine Theorie des Standorts.Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909. 3 Max Weber bezieht sich vermutlich auf ein Abschiedsessen, das die Universität für Gerhard Anschütz, der nach Berlin berufen worden war, veranstaltet hatte, vgl. Heidelberger Tageblatt, Nr. 172 vom 25. Juli 1908, S. 4. 4 Alfred und Cläre Schmld. 5 Vermutlich handelt es sich um die „ Briefe einer Komödiantin", die am 2. August 1908 in der Frankfurter Zeitung unter dem Namen Judith Hellmuth (Heidelberg) erschienen waren. 6 Mit der bella peccatrice ist Else Jaffe gemeint, die, wiesle Marianne Weber im Brief vom 5. April 1908 (Bestand Eduard Baumgarten, Privatbesitz) geschrieben hatte, „verschiedenes fürs Archiv" übersetzte.
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gewesen sein, aber sie sehen nicht ein, warum sie gleich L[evy] mitfressen sollten.7 Grüß die Tante8 herzlichst u. sei geküßt von Deinem Max Wina's9 eben kommenden Brief (nichts Erhebliches) schicke ich mor- 5 gen.
7 Es handelt sich um die Ernennung der Privatdozenten Edgar Jaffe und Hermann Levy zu a.o. Professoren. Während Jaffe seit 1905 in Heidelberg lehrte, war Levy, hauptamtlicher Dozent an der Handelshochschule in Mannheim, erst seit dem Sommersemester 1908 in Heidelberg tätig. 8 Marie Schnitger. 9 Alwine (Wina) Müller.
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Robert Michels 4. August 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 60
Heidelberg 4/8 8 Lieber Freund! 1.a Ich habe noch nichts in der Sache mit Fischer gemacht. 1 Ich konnte nicht. Ich beabsichtige lediglich, den Passus von „Haben Sie denn auch 5 nur einen Augenblick.. ," x) bis zum Schluß abzudrucken, wenn Sie das gestatten oder richtig finden und daran meinerseits einige Glossen zu knüpfen. Hier hat der Brief wieherndes Hohngelächter über F[ischer] erregt |:(speziell der Schluß): | und einen Sturm von Entrüstung. 2. b Ihre letzte Arbeit im Archiv 2 hat hier große Beachtung gefunden, io ich wurde mehrfach darauf angesprochen. Ich fand sie sehr richtig u. gut in der kritischen Partie. Aber - ach wie viel Resignation werden Sie noch über Sich ergehen lassen müssen! Solche Begriffe wie „Wille des Volkes", „wahrer Wille des Volkes" u.s.w. existieren für mich schon lange nicht mehr. Sie sind Fiktionen. Es ist grade so, als ob man von einem 15 „Willen der Stiefelconsumenten" reden wollte, der für die Art, wie der Schuster seine Technik einrichten sollte, maßgebend sein müsse 2 '. Es giebt zwei Möglichkeiten. Entweder: 1) „mein Reich ist nicht von dieser Welt" 3 (Tolstoj, oder der zu Ende gedachte Syndikalismus, der gar
Natürlich mit Auslassungen ( . . . ) Was soll z.B. der Satz „von 20 andren Nebenumständen abgesehen" u. ähnliche Floskeln. Oder sollich den Schluß fortlassen? Grade er ist aber so naiv\ Vielleicht könnte ich ihn ja nur inhaltlich angeben. 2) Die Schuhconsumenten wissen zwar, wo sie der Schuh drückt, aber niemalswie er besser gemacht werden solle.
a O: zweifach unterstrichen,
b 0 : zweifach unterstrichen,
c nicht > niemals
1 Vgl. den Brief an Michels vom 25. Juni 1908, oben, S. 596, Anm. 1. 2 Die oligarchischen Tendenzen der Gesellschaft. Ein Beitrag zum Problem der Demokratie, in: AfSSp, Bd. 27, Heft 1,1908, S. 73-135. 3 Johannes 18,36.
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nichts als der Satz „das Endziel ist mir nichts, die Bewegung Alles" 4 ins Revolutionär-Ethische, \:Persönliche:\ übersetzt ist, aber freilich auch von Ihnen nicht zu Ende gedacht wird\3y) - oder: 2) Cultur- (d.h. objektive, in technischen u.s.w. „Errungenschaften" sich äußernde Cultur-)Bejahung unter Anpassung an die soziologischen Bedingungen aller „Technik", sei sie |: ökonomische,: | politische oder was immer sonst (am meistend wäre sie grade in „Collektivgesellschaften" verkörpert). Im Fall ad2 ist alles Gerede von „Revolution" Farce, jeder Gedanke, durch irgend ein noch so „sozialistisches" Gesellschaftssystem, durch noch so ausgetüftelte Formen der „Demokratie" 8 die „Herrschaft des Menschen über den Menschen'"' zu beseitigen, eine Utopie. Ihre eigne Kritik geht darin aber noch lange nicht weit genug. Wer als „moderner Mensch" auch nur in dem Sinn leben will, daß er täglich seine Zeitung hat und Eisenbahnen, Electrics etc. pp. - der verzichtet auf alle jene Ideale, die Ihnen dunkel vorschweben, sobald er überhaupt den Boden des Revolutionarismus um seiner selbst willen, ohne jedes „Ziel", ja ohne die Denkbarkeit eines „Zieles", verläßt. Sie sind ein grundehrlicher Kerl und werden an Sich selbst - das zeigen die schüchternen Ansätze in Ihrem Artikel - die Kritik vollziehen, die mich längst zu jener Denkweise gebracht hat und damit zum „bürgerlichen" Politiker stempelt, so lange auch nur das Wenige, was man als solcher wollen kann, nicht in die unendliche Ferne rückt. Endlich'3. 9 Ihr Mscr. ist da. 5 Ich habe es gelesen u. nicht das Gering3)
Darüber werde ich wohl einmal etwas schreiben.
d (grade)
e {mehr)
f (3))
g 0 : zweifach unterstrichen.
4 Die Formulierung stammt von Eduard Bernstein und findet sich in seinem Artikel: Der Kampf der Sozialdemokratie und die Revolution der Gesellschaft. 2. Die Zusammenbruchs-Theorie und die Kolonialpolitik, erschienen in: Die Neue Zeit, Jg. 16, Bd. I, Nr. 18, 1897-98, S. 548-557; das Zitatauf S. 556: „Ich gestehe es offen, Ich habe für das, was man gemeinhin unter .Endziel des Soziallsmus' versteht, außerordentlich wenig Sinn und Interesse. Dieses Ziel, was Immer es sei, Ist mir gar nichts, die Bewegung alles. Und unter Bewegung verstehe ich sowohl die allgemeine Bewegung der Gesellschaft, d.h. den sozialen Fortschritt, wie die politische und wirtschaftliche Agitation und Organisation zur Bewirkung dieses Fortschritts." 5 Wahrscheinlich bezieht sich Weber hier auf eine Arbeit von Michels über: Universität und Soziallsmus. Eine handschriftliche Liste Edgar Jaffes von Beiträgen für das AfSSp vom I.November 1908 (ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 159-160) vermerkt unter der Rubrik der erhaltenen Manuskripte als Nr. 12: „Michels, Rob.: Universität und Sozialismus." Der Artikel Ist nicht Im AfSSp erschienen. Das Manuskript selbst ist Im AFLE Turin, Nl. Robert Michels, nicht nachgewiesen.
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ste gegen den Abdruck im „Archiv", ganz egal ob ich „einverstanden" bin. Das bin ich mehrfach nicht, wie Sie denken können, dagegen in vielen Partien sehr entschieden. Einzelheiten: S. 18: der Begriff der „respectability" entspricht unsrem „gesellschaftlich" u.s.w. - S. 19 Das Sira/conto der Partei ist winzig, verglichen mit Dem, was unsre bürgerlichen Väter u. Großväter im Kampf gegenh den Absolutismus hatten. Fritz Reuter 6 ist da typisch. S. 31 Daß die Studenten sich nicht für die Lehrfreiheit interessiert hätten, ist unrichtig (Österreich, München 7 u.s.w.) S. 34/5 Burschenschaften - auf die Gefahr hin, daß Sie sagen: „pro domo": - niemals hatte das Programm der Burschenschaften] irgend eine Verwandtschaft mit Sozialismus oder rein rationalistischer Demokratie. Immer war es, bis zur Mystik, „national" in erster Linie. Ihr „Programm" ist erfüllt worden, - was können sie dafür, daß sie nun für dies Programm nicht mehr zu fechten haben? Weit wichtiger |:u. wirklich charakteristisch:! ist bei ihnen die Zulassung des sexuellen Libertinismus seit 1877/8.8 - Daß die Universitäten heute politisch „unfreier" seien als vor der Burschenschafts-Bewegung, ist eine schlechthin unrichtige Hyperbel, die, wie manches Ähnliche, den Eindruck des Gesagten sehr schwächt. Sie sind unfrei, das ist auch meine Ansicht. Aber sie waren es noch mehr. S. 36: Es „bestehen Bedenken" gegen diese Art des Zusammenarbeitens (von Freistudenten mit Arbeitern) Bedenklich partei-bureaukratisch schon in der Formulierung, erst recht in der Sache! Es werden für eine „Machine" (im amerikanischen Sinn: -
h O: für 6 Fritz Reuter, der spätere berühmte Mecklenburger Dialektschriftsteller, war als Mitglied der Jenenser Burschenschaft Im Verlauf der Verfolgungen nach dem sogenannten „Frankfurter Putsch" vom 3. April 1833 am 31. Oktober 1833 in Berlin verhaftet worden. Erst nach drei Jahren kam es zu einer Entscheidung des Gerichts, das ihn zunächst wegen versuchten Landesverrats zum Tode verurteilte, dann dieses Urteil In dreißigjährige Festungshaft umwandelte. Freigelassen wurde er 1840. Vgl. den Artikel von Boeß, Fritz Reuter, In: A D B , B d . 2 8 , 1 8 8 9 , S. 3 1 9 - 3 2 7 . 7 Vermutlich bezieht sich Weber hier auf die Aktivitäten der Studenten in Wien und München während der Revolution von 1848. 8 Wahrscheinlich spielt Weber hier auf den sogenannten „Keuschheitsgrundsatz" an, der in den meisten - aber nicht in allen - Burschenschaften gültig war. Dieser Grundsatz Ist aber schon 1872, nicht erst 1877/78, von den meisten Burschenschaften außer Kraft gesetzt worden. Vgl. dazu Heer, Georg, Geschichte der Deutschen Burschenschaft, Bd. 4: Die Geschichte in der Zeit der Vorbereitung des zweiten Reiches, im zweiten Reich und Im Weltkrieg (Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung. Hg. von Paul Wentzke. Bd.XVI). - Heidelberg: Carl Wintens Universitätsbuchhandlung 1939, S. 14 u. S . 3 7 .
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haben Sie übrigens James Bryce, The American Commonwealth, 9 gelesen? Das sollten Sie thun!) immer „Bedenken" bestehen, wenn NichtParteileute etwas nach ihrem Gustus machen wollen. - Die Bemerkungen über Schwarz u. auch über Biermann10 machen m.E. für diese Nullen nur Reklame. Rosa Luxemburg als „Zierde" |:der Universität: |, - das wird, fürchte ich, ausgelacht werden, u. mit Recht, denn darin kann ich Ihnen nicht zustimmen. Sie ist ein Phonograph, zeigen Sie mir einen eigenen Gedanken bei ihr. Gewiß es giebt Collegen, die auch keinen haben, - aber das sind keine „Zierden". - „Taktische Rücksichten größten Stils" bei Kautskyl Ein sehr bedenklicher Begriff! Ähnliches nehmen „wir" - wenn ich mich hier einmal mit meinen Collegen identifiziere - auch in Anspruch, wo wir, nach Ihrer Ansicht, „diplomatisieren". - S. 106: Aus Fischer's Brief folgt nicht, daß Sozialisten, die ihre Kinder nicht taufen lassen, outlaws1 sind, sondern daß Jeder, der das nicht thut, es ist. U. so ist es: die cause célèbre der Nichtbestätigung des Bürgermeisters Kauffmann' 11 in Berlin hatte nur diesen Grund, u. K[auffmann] war sehr weit vom Sozialismus entfernt. Sie nehmen ja der Sache die ganze Pointe. Disqualifiziert ist nach Fischer 1) wer „auffälliger" Sozialist ist, - 2) wer seine Kinder nicht tauft, - 3) wer |:den ethischen Ansprüchen: | seines Vizewirth's nicht genügt. So werde ich die Sache formulieren. Daß ich Ihre Bemerkungen über Marokko für eine Verzerrung halte, wissen Sie ja. Würden wir z.B. wegen Aufnahme des Artikels attakkiert k , so würde ich ev. das für1 meine Person auch öffentlich'erklären, -
i 0 : outlaw's
j O: Kaufmann
k O: attakiert
I (mein)
9 Bryce, James, The American Commonwealth. Second Edition Revised. 2 vols. - London und New York: Macmillan 1890; vgl. den Brief an Michels vom 26. März 1906, oben, S.57, Anm.4. 10 Wahrscheinlich hatte Michels eine Arbeit von Hermann Schwarz zitiert: Der moderne Materialismus als Weltanschauung und Geschichtsprinzip. - Leipzig: Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung 1904; zu Webers Einstellung zu Wilhelm Eduard Biermann vgl. den Brief an Richard Graf Du Moulin-Eckartvom4. Mai 1907, oben, S. 287ff. 11 Im Juli 1901 hatte Wilhelm II. der Wahl des der Freisinnigen Volkspartei angehörenden Berliner Stadtrats Gustav Kauffmann zum zweiten Bürgermeister von Berlin die Bestätigung verweigert, was damals große Aufmerksamkeit fand. Die Ablehnung erfolgte, weil Kauffmann wegen seiner politischen Betätigung für die Deutsche Fortschrittspartei nach einem ehrengerichtlichen Verfahren im Jahre 1882 seinen Abschied als Leutnant der Garde-Landwehr hatte nehmen müssen. Vgl. ZStA Merseburg, Geh. Civil-Cabinet, 2.2.1., Nr. 14500. Über einen Einfluß der Nichttaufe der Kinder Kauffmanns auf diese Entscheidung ist nichts nachgewiesen.
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in rücksichtsvoller Form natürlich, - auf die Gefahr hin, daß Ihre Parteipresse mich dann „feige" findet. Aber es ist nun mal meine Ansicht. Aber wie gesagt: kein Wort braucht, soweit ich in Betracht komme, geändert zu werden. Ganz sicher bin ich über den Effekt des Artikels: =O m ! soweit „unsere" Leute in Betracht kommen. Dazu ist zu viel Enge gegenüber dem Gegner darin, so Vortreffliches er auch sonst enthält. Um zu wirken, müßte er weit kühler, beherrschter und - in manchem auch historisch zutreffender" sein. Nicht 1870/1, sondern 1877/8 brachte die Wendung, wie Jeder weiß, der die Sachen erlebt hat, wie ich. Auch können Sie nicht Alles sagen: der Grund, weshalb ich |:z.B.:| nur, wenn Alles in Scherben ginge - Wahlrechtscoup0 z.B.! 12 - Sozialdemokrat (d.h. |:nicht „Akademiker" in der Partei:| gemeiner Soldat) würde, ist 1) meine absolute Skepsis gegenüber dem Credo, - 2) meine intellektuelle Geringschätzung der |politischen: Begabung der „Führer". Wer wird sich von Spatzengehirnen wie Bebel, - sobald man politische Maßstäbe anlegt, - oder von Quarck p , von dem das Cavour'sche Wort: „ein Herz von Gold, a b e r . . . " (Sie wissen!)13 gilt, ohne daß er sonst Garibald i s Qualitäten hätte, u.s.w. regieren lassen wollen? Ich nicht, trotz der größten persönlichen Achtung für beide Männer. Wo ist eine einzige politische Capazität, ein einziger auch nur über das Niveau Fischbeck's oder Liebermann's e tutti quanti hinausragender Kerl? Nirgends. Die gleiche Empfindung aber beherrscht die Kreise der „Akademiker" überhaupt, u. sie ist es, die auf die Jugend zurückwirkt, - denn sie ist schwer zu verhehlen. Die Versammlungen Bebel's in Freiburg, Bernstein's hier
m 0 : zweifach unterstrichen, raub p O: Quark
n 0 : Zutreffender
o Alternative Lesung: Wahlrechts-
12 Anspielung auf zeitweilig In Regierungskreisen gehegte Staatsstreichpläne mit dem Ziel einer Beseitigung des bestehenden demokratischen Reichstagswahlrechts. 13 Gemeint ist das Wort von Massimod'Azeglio über Garibaldi: „vous savez:,cœur d'or, tête de buffle!'", zitiert in: Robert Michels, Die Beziehungen Giuseppe Garibaldis zum Sozialismus, in: Dokumente des Sozialismus, Bd. 5,1905, S. 277. Das Zitat in: d'Azeglio, Masslmo, L'Italie de 1847 à 1865. Correspondance politique. Accompagnée d'une introduction et de notes par Eugène Rendu. - Paris: Didier 1867, S. 177. Die irrtümliche Zuschreibung des Ausdrucks an Cavour mag daher rühren, daß Weber an den gleichnamigen Titel eines Artikels von Treitschke gedacht hat, in welchem diese Redewendung zitiert wird: Treitschke, Heinrich v., Cavour, in: ders., Historische und Politische Aufsätze. Fünfte vermehrte Auflage. Bd. 2. Die Einheitsbestrebungen zertheilter Völker.- Leipzig: S. Hirzel 1886, S. 243-402; ebd., S. 368: „Jedoch von dem Talente des Dictators [d. h. Garibaldis] gilt schlechterdings das grobe Wort, das Azeglio im Munde führte: ein Herz von Gold, aber der Kopf eines Büffels! "
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u.s.w. waren gestopft voll Studenten. 14 Aber das Resultat? Achselzukken über diese Art von „brav' général". 15 Können Sie eigentlich etwas Andres verlangen? Genug, - Wirkungen verspreche ich mir von Ihrem Aufsatz gar nicht. Aber ich werde für den Abdruck sein. Herzlichsten Gruß! Was macht Ihre liebe Frau? Ist der Aufsatz für s den V[erein] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik] doch noch fertig geworden? Wohin gehen Sie in den Ferien? Ich bleibe hier bis September, dann 3 Wochen nach Westfalen. Gutes Ergehen Ihr io Max Weber
14 Weber bezieht sich auf die Rede Bebels „ Über die Sozialdemokratie und die bürgerliche Gesellschaft" in Freiburg am 21. Mai 1896, vgl. Freiburger Zeitung, Nr. 116 vom 22. Mai 1896, S. 2, sowie auf die Rede Bernsteins über „ Die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Arbeiterbewegung" in Heidelberg am 18. Dezember 1904, vgl. Heidelberger Zeitung, Nr. 297 vom 19. Dez. 1904, Erstes Bl., S. 1. Da der Name Webers in den sich anschließenden Diskussionsbeiträgen zu den Reden Bebels und Bernsteins nicht erwähnt wird, ist anzunehmen, daß er diese Vorträge selber nicht gehört hat. 15 Derauf den französischen General Boulanger bezogene Ausdruck findet sich in einer Strophe des 1886 kreierten Chansons „En revenant de la revue": „Moi ¡'faisais qu'admirer/Not' brav' général Boulanger". Vgl. Chastenet, Jacques, La république des républicains 1879-1893 (Histoire de la troisième Republique, vol. II). - Paris: Librairie Hachette 1954, S. 181.
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Marianne Weber [4. August 1908; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Die Mitteilung ist auf den Brief von Alwine (Wina) Müller an Marianne Weber vom 1. August 1908 geschrieben. Datum erschlossen aus dem Inhalt und dem Hinweis Max Webers in seiner Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S. 613, er werde den Brief von Wina Müller morgen schicken; Ort erschlossen aus dem Inhalt.
Lieber Schnauzel, hier passiert nichts. Gestern war vormittags die bella peccatrice wegen 2 Archivsachen mit ihrem (immer garstigeren) „Mädele" da, 1 Nachmittags nochmal Alfred wegen der Enqueten, 2 heute Frl. Bernays. 3 In allen 5 Fällen wurde nur Sachliches geredet. Frl. Regnier brachte Dir Blumen. Ich dankte ihr schriftlich. Sonst, wie gesagt, passiert nichts, es ist bedecktes, mäßig warmes Wetter. Hoffentlich geht es bei Euch gut. Morgen schicke ich mal wieder Obst. Ist Berthas Kuchen angekommen? 4 Herzlich küßt Dich 10 Dein Max
1 Gemeint sind Else Jaffe und ihre Tochter Marianne Jaffe, vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S. 613, Anm. 6. 2 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S. 613, Anm. 1. 3 Marie Bernays sollte eine Teilstudie im Rahmen der Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik bearbeiten, vgl. Bernays, Marie, Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie. Dargestellt an den Verhältnissen der „Gladbacher Spinnerei und Weberei" A.-G. zu München-Gladbach im Rheinland (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 133). - Leipzig: Duncker & Humblot 1910. 4 Vgl. Brief an Marianne Weber vom 1. Aug. 1908, oben, S.611.
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5. August 1908
Marianne Weber [5. August 1908; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum und Ort erschlossen aus dem Inhalt des Briefes Im Zusammenhang mit dem Brief an Marianne Weber vom 4. Aug. 1908, oben, S. 621.
Liebes Schnäuzele! schönen Dank fürs Kärtchen, aber mir scheint, Du wirst Dich doch ganz gewaltig langweilen auf die Dauer. Soll ich Dir was zu lesen schicken? Und was? Hier passiert nichts. Alfred war Montag Abend noch mal da, geschäftlich - geht jetzt erst nach Holland (da er nicht laufen kann, sein Knie ist noch immer in Unordnung), dann will er in die Berge. Wenn er nur dann endlich an sein Buch1 denkt!! Ich habe ihm sehr dringlich das Nötige gesagt, er war einverstanden. Gestern war dann Fr[äulein] Bernays hier, sie will Ende August nach München-Gladbach, sehen, ob sie in eine Spinnerei kommen kann. 2 Ich bin nicht sicher, daß ihr die Sache glückt, aber einige Lebenserfahrungen wird sie schon machen u. das schadet ja nichts. Abends war ich dann auf der Molkenkur, 3 in der vergeblichen Hoffnung, Zeppelin zu sehen (Mittags hatte man ihn beobachten können). 4 Am Bahnhof traf ich Tröltsch, der heut nach Toitenwinkel (für 3 Wochen) geht. 5 Sonst sehe ich Niemand, schlafe stets sehr spät ein u. arbeite infolge dessen nicht viel, aber etwas. - Wenn es gar zu
1 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S. 613, Anm. 2. 2 Marie Bernays arbeitete seit dem 17. September 1908 zunächst unerkannt als Spulerin In der Gladbacher Spinnerei und Weberei A.G. Vgl. Brief von Marie Bernays an Marianne Weber vom 20. Sept. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 3 Gemeint ist die Anhöhe und das Restaurant oberhalb des Heidelberger Schlosses auf dem Weg zum Königstuhl. 4 Gemeint ist das Luftschiff L 24, das am 4. August 1908 von Basel kommend über Mannheim erschien und über Mainz nach Stuttgart flog. 5 In Toitenwinkel bei Rostock befand sich das Gut des Vaters seiner Frau MartaTroeltsch, geb. Fick.
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langweilig wird, so suche doch Frensdorff 6 mal auf! Immer besser als nichts! Herzl. Gruß! u. schönsten Kuß! Max
6 Ferdinand Frensdorff war Professor für öffentliches Recht an der Universität Göttingen; Max Weber hatte im Wintersemester 1885/86 bei ihm, der ein Studienfreund von Max Weber sen. war, gehört und im Hause verkehrt. Vgl. Briefe an Max Weber sen. vom 2. Nov. 1885 und an Emmy Baumgarten vom 3. Dez. 1885, in: Weber, Max, Jugendbriefe. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) o. J. [1936], S. 1 8 2 - 1 8 4 und 187f. - Auch Helene Weber hatte Marianne Weber zu einem Besuch aufgefordert: „es wäre sehr lieb, wenn Du den alten Prof. Frensdorff mal besuchtest, der so an Max und auch an mir hängt", Brief Helene Webers an Marianne Weber vom I . A u g . 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446. Da Frensdorff verreist war, kam es zu keinem Besuch Marianne Webers.
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6. August 1908
Marianne Weber PSt 6. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Liebes Schnauzel! Schönen Dank für Dein Kärtchen. Ich arbeite ziemlich, d.h. in den ziemlich wenigen Stunden, die ich dafür habe. Denn ich schlafe sehr mäßig dabei, sobald ich nach 5 Uhr noch etwas thue oder spazieren gehe oder Menschen sehe. (Gestern war ich nur | : Abends: | auf der Straße um die Nachricht über das tragische Geschick Zeppelin's 1 - Prometheus, den die Götter quälen, nachdem er das Feuer vom Himmel holte - näher zu erfahren). Tante Marie 2 wird wohl recht lange in ihrem jetzigen KopfZustand bleiben u. ich frage mich, wie Du das aushalten wirst? Welcher Art Sachen soll ich Dir zum Lesen schicken? Bertha 3 läßt sehr schön für Deine Karte danken und grüßen. Von mir ist sonst nichts zu berichten. Ich bin noch immer bei der Enquête-Vorarbeit. 4 Morgen wieder: Schreibmaschine. Herzlich küßt Dich Dein einsames Mannchen.
1 Am 5. August 1908 wurde das Luftschiff L 24 bei Echterdingen durch einen Gewittersturm zerstört. 2 Marie Schnitger. 3 Bertha Schandau. 4 Gemeint ist die Denkschrift Max Webers, Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie, die er für die Beratung und Beschlußfassung über dieses Forschungsvorhaben in den Sitzungen des Unterausschusses und Ausschusses des Vereins für Sozialpolitik am 11. und 12. Oktober 1908 vorbereitete, vgl. Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, Anm. 1, unten, S.661.
7. August 1908
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Marianne Weber PSt 7. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Freitag Liebes Schnauzchen! Hoffentlich hat Dich das Obst gut erreicht u. schmeckt Dir u. der Tante, 1 über deren so fröhlich klingende Karte ich mich recht gefreut 5 habe (ich antworte noch), 2 - wenn man nur wüßte, wie es weiter werden soll. Denn zu Hause würde sie doch, auch wenn Alles gut geht, ihre Kopfschwäche bald sehr fühlen u. auch die Unruhezustände, die jetzt das Bettliegen dämpft, könnten wiederkommen. - Nicht wahr aber, wenn Du Deine „Liegetage" hast, bleibst Du doch im Hoteil Dann muß 10 die Tante es einmal ohne Dich können, es geht nicht anders u. wäre sehr unrecht, wenn Du dabei ausgingst! Hier ist jetzt Alles ganz still, ich sehe Niemand, schlafe ziemlich ungleich, da ich auch Nachmittags schreibe, was der Rücken nicht will. Das Arbeiten geht erträglich, wenn auch sehr langsam, vorwärts. Was 15 treibst Du denn? Wie ist der Tag eingeteilt? Wann kommst Du ins Bett? Ist es ruhig jetzt? Herzlich grüßt u. küßt Dich Dein Max
1 Marie Schnitger. 2 Ein Schreiben ist nicht nachgewiesen.
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8. August 1908
Marianne Weber PSt 8. A u g u s t 1 9 0 8 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 4 4 6
Sonnabend Lieber Schnauzel! Tönnies hat also die Einladung hier zu uns angenommen,1 Er wird, denke ich, nicht viel Schererei machen, ist ein gedrückter und vielfach verbitterter Mensch, aber eine Tolstoj-Natur seiner Anlage nach. - Also den „Busch" schicke ich an Tante Marie 2 , auch in den nächsten Tagen mal etwas Obst und einen Brief. - Daß Du nicht gut schläfst, zeigt doch, daß die Sache - sehr begreiflicherweise - recht strapazant ist für Dich u. es liegt ja auch auf der Hand, wodurch. Du solltest Dir aber doch Abends öfter mal einen Wagen zu einer Spazierfahrt in die Umgebung nehmen u. Dich von den Ärzten etc. berathen lassen, wohin man da fährt. Es ist ja nicht sehr viel los, aber es giebt doch einige ganz hübsche Punkte, (Maria-Spring 3 u.s.w.). Hier passiert hartnäckig nichts. Alles scheint fort. Ich arbeite langsam u. ziemlich standhaft, schlafe aber auch schlecht dafür (oft wenigstens). Bertha 4 hatte Deine Karte sehr erfreut, sie fragt stets, wie es steht und grüßt immer. Ebenso mit herzlichem Kuß Dein Max
1 Während des 3. Internationalen Philosophenkongresses vom 1. bis zum 5. September 1908 in Heidelberg wohnte Ferdinand Tönnies bei Max und Marianne Weber. 2 Marie Schnltger. Welches Buch von Wilhelm Busch gemeint Ist, konnte nicht ermittelt werden. 3 Mariaspring war ein besonders von Studenten besuchtes Ausflugslokal bei Göttingen. 4 Bertha Schandau.
9. August 1908
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Marianne Weber PSt 9. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Sonntag. Liebes Schnäuzchen, hier passiert nach wie vor nichts. Ich komme langsam vorwärts mit der Arbeit, Nachts ist mit mir nicht viel los. Eben war ich am Telephon, um wegen „Archiv" 1 mit a J[affe] zu reden, - siehe da: Frau Frieda Gr[oss]b antwortete u. dann erst erschien Else. 2 „Hinc illae lacrimae", 3 - daher „verreist" er (kommt übrigens dieser Tage wieder). Gestern war Voßler ein halbes Stündchen hier u. brachte mir seine Festgabe für F. Neumann: nette Übersetzungen neapolitanischer Gedichte eines modernen Lokaldichters mit Text dazu. 4 Er hat inzwischen gewaltigen Respekt vor Cläre's 5 schauspielerischem Talent gewonnen u. ahnt die Probleme ihrer Ehe sehr deutlich. Also Tönnies wird wohl vom 30./31. VIII. bis zum 5./IX. (1 Woche) hier sein, dann dachte ich nach Örlinghausen zu gehen, hoffentlich mit Dir! Denn Du wirst Erholung brauchen. T[önnies] wird Dich übrigens nicht grade strapazieren. Herzlichst küßt Dich Dein Max (Grüß d[ie] Tante) 6
a (Jaffé) b O: Gr... 1 Gemeint ist das Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 2 Else Jaffé. 3 Redewendung aus dem Lateinischen (Daher jene Tränen!); zuerst bei Terenz, Andria 126.
4 Vossler, Karl, Salvatore dl Giacomo-ein neapolitanischer Volksdichter in Wort, Bild und Musik. Festgabe für Fritz Neumann.-Heidelberg: Göschen 1908. 5 Cläre Schmid. 6 Marie Schnitger.
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10. August
1908
Marianne Weber PSt 10. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Mein lieber Kerl, aus Deiner Karte sehe ich, daß Du doch nicht, wie ich fürchtete, den ganzen August dort 1 bleiben willst, sondern mit der Rückkehr Anfang nächster Woche rechnest. Bitte reise nur3 nicht in Deinen „Liegetagen" u. richte Dich |:sonst:| ganz ein wie Du willst. Hier ist ja jetzt Alles totenstill, ich sehe Niemand u. arbeite leidlich, schlafe nicht berühmt (Folge des Schreibens, gegen das der Rücken sehr empfindlich ist). Naumann hat sich hier für den 18./19. angesagt (übrigens noch sehr unsicher). Aber das darf kein Grund sein, mein liebes Kind, vorzeitig (vom hygienischen Standpunkt aus) zu reisen. Du würdest Dich dann hier verderben u. das wäre schlimm. Denn dann kommt der Philos[ophen]-Congreß 2 (31.-5.) u.s.w. Wo Alfred steckt, werde ich morgen einmal bei Kati 3 durch Bertha 4 feststellen lassen. Heut gehe ich auf die Molkenkur 5 Abends, denn es ist himmlisches Wetter. Lask hat mir auch ganz vergnügt aus Churwalden geschrieben: es ist schon so, daß im Allgemeinen Ruhe für seelisch oder geistig angestrengte Leute das beste ist. Das wollen wir auch für Dich bedenken. Grüß die Tante. 6 Herzlich küßt Dich Dein Max
a O: dreifach unterstrichen. 1 Gemeint ist Göttingen. 2 Vom 1. bis 5. September 1908 fand in Heidelberg der 3. Internationale Philosophenkongreß statt. 3 Kati, Haushälterin von Alfred Weber. 4 Bertha Schandau. 5 Anhöhe und Restaurant oberhalb des Heidelberger Schlosses. 6 Marie Schnitger.
11. August
1908
629
Lujo Brentano 11. August 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 7 7 - 7 8 Die folgende Korrespondenz mit Lujo Brentano (vgl. auch die Briefe vom 18. und 31. August 1908, unten, S.643f. und 652f.) steht Im Zusammenhang mit Brentanos polemischer Auseinandersetzung mit Franz Eulenburgs Schrift über den akademischen Nachwuchs (siehe Schreiben an Franz Eulenburg vom 20. Mai 1908, oben, S.568, Anm. 1). Eulenburgs Enquete, die auf Beschluß des Ersten deutschen Hochschullehrertags durchgeführt worden war, konstatierte die wachsende qualitative und quantitative Bedeutung der Extraordinarien und Privatdozenten Im Universitätsleben bei gleichbleibender Exklusivität der Ordinarien In der universitären Selbstverwaltung. Diese Ergebnisse bzw. die von Eulenburg durchaus nicht ausgesprochene Konsequenz führte zu einer erbitterten Replik Brentanos mit dem Artikel: Der akademische Nachwuchs, der in der Beilage der MNN, Nr. 36 vom 11. Aug. 1908, S. 337-342, erschien und der die herkömmliche Form der Ordinarienuniversität vehement verteidigte.
Heidelberg 11/8 8 a
[Sehr]verehrter Herr Professor! Ich weiß nicht, warum Sie gegen Eulenburg die (zweifellos, auch bei mir) vorhandenen Differenzpunkte mit solcher schwer verletzenden s Schärfe herausarbeiten. Bei allen Vorbehalten gegen ihn u. viele (aber nicht: alle!) seiner Ansichten kann m.E. der Hochschullehrer-Tag nur dankbar sein, wenn Persönlichkeiten wie er mitthun. Auf diesem Wege schlagen Sie die ohnehin noch ziemlich zarte Pflanze tot, so viel ich sehe. Was ist der Grund dieser Schärfe? - denn das Gleiche ließe sich doch 10 auch anders, versöhnlicher, sagen. Hier muß irgend ein Gesichtspunkt mit hineinspielen, den ich vorerst nicht durchschaue. Welches ist er? In bekannter Verehrung Max Weber
a Lochung.
630
11. August 1908
Marianne Weber PSt 11. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Dienstag. Liebe Schnauzel, gestern war ein fabelhaft schöner Tag, - ja, Sommer, Sonne, Wärme, (außen u. nun auch bald wieder: innerlich) machen doch das Leben aus. Ich war am Spätnachmittag u. A b e n d auf der Molkenkur, 1 schlief aber doch sehr mangelhaft, wegen des bischen Laufens, was, mit Arbeit kombiniert, der Rücken schlechthin nicht will. Darin scheine ich vorerst keine Aussicht zu haben, den früheren Status wiederzuerlangen, wie denn auch das Arbeiten nicht sehr schnell von der Hand geht. Gott sei Dank, daß Tante Marie 2 sich so leidlich fühlt. A b e r was wird nun, wenn Du fort bist? - Ich werde heut oder morgen mal Bertha 3 zu Kati 4 schicken um zu hören, wo A l f r e d eigentlich steckt u. wann er wieder herkommt bzw. durchreist, auch ob sein Bluterguß ins Knie resorbiert ist, die Sache war immerhin doch recht dumm u. er ist auf die Bernays wütend, die dran schuld sei. 5 Hier ist absolut gar nichts los, Alles fort. Herzlich küßt Dich und grüßt die Tante Dein Max
1 2 3 4 5
Anhöhe und Restaurant oberhalb des Heidelberger Schlosses. Marie Schnitger. Bertha Schandau. Kati, Haushälterin bei Alfred Weber. Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden.
12. August
1908
631
Marianne Weber PSt 12. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Lieber Schnauzel, heut nur ein kurzer Gruß, weil der Schreibmaschinenmann gleich kommt. Vormittag wird geschrieben, Nachmittag diktiert, so geht es langsam vorwärts. Hier passiert nichts. Bertha 1 besuchte gestern Kati, 2 5 Alfred ist in Zandvoort, ich bin begierig, was sein Fuß macht u. ob er noch in die Berge will, wie er erst sagte. Ginge er nur an sein Buch, - ich habe mit ihm darüber gesprochen (ich schrieb es wohl) 3 u. hoffe, er thut es. Grüße die Tante 4 herzlich, laß Dich küssen von Deinem 10 Max
1 2 3 4
Bertha Schandau. Kati, Haushälterin von Alfred Weber. Vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S.613, Anm.2. Marie Schnitger.
632
13. August 1908
Marianne Weber [13. August 1908; Heidelberg] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446 Die Mitteilung ist auf den Brief von Helene Weber an Max Weber vom 11. August 1908 geschrieben.
Liebstes Schnauzel, hier ist nichts los. Heut ist wenigstens erst mal die „Denkschrift" für die Enquête 1 fertig geworden, die nun an Alfred geht. Nun kommt der Artikel für das „Archiv". 2 - Hat Else J[affé] Dir nicht geschrieben? Sie fragte nach Deiner Adresse. Welch merkwürdige Karte von der kleinen 5 Radbruch! 3 In der steckt auch mancherlei „Elementares". Es ist kühl und unfreundlich hier, ich stecke wesentlich zu Hause. Alfred schreibt befriedigt aus Zandvoort. Laß es Dir recht gut gehen, strapaziere Dich nicht, physisch u. psychisch, grüße die Tante, 4 bis ich ihr selbst schreibe u. sei gegrüßt von Deinem 10 Max
1 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 6. Aug. 1908, oben, S. 624, Anm. 4. 2 Gemeint ist entweder Weber, Max, Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", in: AfSSp, Bd. 27, Heft 2, 1908, S. 5 4 6 - 5 5 8 , vgl. auch Brief an Brentano vom 18. Aug. 1908, unten, S.643f., oder Weber, Max, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, in: AfSSp, Bd. 27, Heft 3,1908, S. 7 3 0 - 7 7 0 . 3 Gemeint ist Lina Radbruch, die erste Frau von Gustav Radbruch; der Inhalt der Karte konnte nicht ermittelt werden. 4 Marie Schnitger.
14. August 1908
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Helene Weber 14. August [1908]; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 3, Bl. 1 9 4 - 1 9 5 Das Jahr ist aus dem Inhalt des Briefes erschlossen.
Liebe Mutter, -
Heidelberg 14/8
ich habe Deinen Brief 1 an Marianne geschickt, die noch bis Montag in Göttingen bleibt. Die Tante 2 ist aufgestanden, dabei aber natürlich sich ihrer großen Ermattung erst bewußt geworden u. nun etwas „down" in der Stimmung, im Gegensatz gegen vorher. September gehen wir nach Örlinghausen, dann besucht M[arianne] sie wieder in Lemgo. Alfred werde ich über die Möglichkeit einer Vollmacht 3 sprechen, wenn er in 4—5 Tagen wieder hier durchkommt, wie er auf dem Wege nach Tirol will (er wird dann wohl auch Naumann hier treffen, der sich angesagt hat). Es geht ihm doch gut im Ganzen, die Studenten finden ihn zwar sehr „schwer", aber haben großen Respekt vor ihm u. bleiben ihm im Colleg (anders als in Prag). Den Collegen erscheint er zuweilen als ein „seltsamer Kauz", aber sie respektieren ihn sehr u. hoffentlich kommt nun die 1. Hälfte des Buches; 4 wir sprachen davon u. er ist dazu bereit, da sie ja ganz fertig daliegt. Das wäre natürlich gut in jeder Hinsicht. Er selbst macht schon jetzt keinen Hehl daraus, daß er sich wohl fühlt in Arbeit u. auch sonst. Er hat immerhin einigen netten Verkehr u. weiß, daß er so viel haben kann, wie er will. Auch wird er unmerklich in seinen Ansichten modifiziert, - die Gottähnlichkeit der Naturwissenschaften wackelt ihm doch etwas, man muß das nur in Ruhe sich entwickeln lassen u. ihn nicht zu beeinflussen suchen. Seine „antimora/istischen" Präokkupationen sitzen natürlich fest u. es fällt uns am letzten ein, ihn damit zu behelligen, da sind eben Österreicher Eindrükke maßgebend u. man darf das nicht tragisch nehmen, auch wenn es wie auch hier mehrfach u. auch gegenüber andern Leuten - oft sehr 1 Brief von Helene Weber an Max Weber vom 11. Aug. 1908, Bestand Max WeberSchäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Marie Schnitger. 3 Helene Weber hatte in ihrem Brief die Frage aufgeworfen, ob Alfred Weber „eine Art Prokura" bekommen könne, um ohne ihre Zwischenschaltung die Vermögensverwaltung mit der Bank in Berlin vornehmen zu können. 4 Gemeint ist Weber, Alfred, Über den Standort der Industrien. Teil 1. Reine Theorie des Standorts.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1909.
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leidenschaftlich sich äußert. Es zeigt sich ja grade darin, wie wenig er innerlich von dem „kategorischen Imperativ" loskann, von dem er glaubt, daß wenn man davon loskäme, das Leben freier und glücklicher und reicher werden könne als es ist. Mich stören diese „Desorientiertheiten", die heute ja so häufig sind[,j nicht. Während des Semesters, wo er viel Arbeit hatte, haben wir uns übrigens nicht allzu viel gesehen, und wenn er zurückkommt, um die Vorrede etc. zu seinem Buch zu schreiben (September), werden wir wohl fortgehen. Mitte Oktober kommen wir dann beide nach Berlin (Ausschußsitzung des Vereins f. Sozialpolitik). Daß die Sache mit Frau Puppe 3 so wenig gut steht, ist recht betrübend und für Karl sehr ernst. 5 Er war Pfingsten hier wirklich recht nett, nur nach wenig Schlaf und viel Alcohol in Maulbronn - recht nervös. Du wirst ihm eventuell wohl zuschießen müssen, um über die Zeit fortzukommen. Wie hast Du denn nun, liebe Mutter, Dir die Sache mit dem Legat an Frau Stein gedacht? 6 Ich meine, Du solltest doch jedenfalls einige Tausend Mk. jetzt bald für sie aufspeichern u. zurücklegen, und dann schriftlich (eigenhändige Schrift, Unterschrift, OrP und Datumc ist nötig!) verfügen, daß wir Miterben nach Verhältnis unsres Vermögens u. Einkommens den Rest bis zu 10000 M. (oder wieviel meintest Du? mehr?) zusammenschießen sollen. Das ist das Gerechteste. Hast Du sonst etwas verfügt? ich meine: wegen der Sachen (Schmuck, Gemälde etc.)? Eile hat es ja nicht, denn einige Deiner Absichten kennen wir ja u. führen diese auch, soweit wir sie kennen, aus, wenn Du nichts bestimmt hast. Hoffentlich bekommt Dir die Ruhe in Oliva gut u. sind die Kinder nicht zu viel für Dich! Herzlichen Gruß Dein Max a 0 : Papper
b O: zweifach unterstrichen,
c O: zweifach unterstrichen.
5 Helene Weber hatte in ihrem Brief ferner mitgeteilt, daß die Haushälterin von Karl Weber in Danzig, Frau Puppe, seit längerem krank sei und Karl Weber für ihre Pflege, die Versorgung ihrer Kinder und die Haushaltsführung eine Pflegerin benötige. Sie wolle ihm bei der Sache helfen und dazu zu Ihm nach Oliva bei Danzig fahren. 6 Helene Weber hatte seit längerem den Wunsch, für Frau Stein, der sie persönlich verbunden war, eine Alterssicherung zu begründen, vgl. Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, unten, S. 661 f., und an Helene Weber vom 21. Okt. 1908, unten, S.686f. Helene Weber kannte Frau Stein aus der gemeinsamen Tätigkeit für den Hauspflegeverein In Berlin-Charlottenburg.
14. August
1908
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Marianne W e b e r P S t 14. A u g u s t 1908; P S t H e i d e l b e r g Karte; e i g e n h ä n d i g Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, A n a 446
Freitag. Liebe Schnauzel, schönen Dank für all Deine lieben Kärtchen. Also nun kommt doch die Depression etwas bei der Tante. 1 Wenn sie nur darüber hinauskommt. Ob die Ärzte ihr nicht mit etwas Arsenik oder Nux Vomica helfen könnten? Hier passiert nichts. Jaffe war gestern hier, in Archivsachen, piepte nichts von Fr[ida] Gr[oss], 2 war auch in München u. den Bergen gewesen, wo sonst? habe ich nicht gefragt. Ich werde Lask wohl eine Karte schreiben, 3 - aber natürlich nicht andeuten, daß Fr[ida] hier war. Daß Schmid sich den Arm gebrochen hatte und Cläre 4 besinnungslos war (längere Zeit!) infolge einer Räder-Carambolage, habe ich erst gestern gehört, ich wußte gar nicht, warum sie nichts von sich hören ließen. Jetzt sind sie nach Starnberg. Ich werde ihnen schreiben. 5 Else verreise jetzt „auf 3 Tage", sagte J[affe], wohin? piepte er nicht. Naumann kommt also, wann? ist noch nicht sicher, u. will hier logieren. Sehr nett! Das Wetter ist recht unfreundlich u. ich in Folge dessen sehr häuslich. Schlaf ist jetzt wenig befriedigend, immer viel Brom nötig u. Codein. Aber das ist nicht zu ändern. Grüß die Tante herzlich u. laß Dich herzlich küssen von Deinem Max
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Marie Schnitger. Vgl. Karte an Marianne Weber vom 9. Aug. 1908, oben, S.627. Karte nicht nachgewiesen. Cläre Schmid. Das Ehepaar Schmid gehörte zum Freundeskreis Webers in Heidelberg. Brief nicht nachgewiesen.
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Marianne Weber PSt 15. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446
Sonnabend. Lieber Schnauzel! auch jetzt nichts Neues zu berichten. Alfred will also, hier durchkommend, Naumann auch sehen, was ich für recht gut halte, damit er seine Gereiztheit gegen ihn los wird. Wie mag es der Tante 1 gehen? Heut war noch kein liebes Kärtchen da. Ich denke morgen mal an sie zu schreiben, 2 heut habe ich noch zu diktieren. Schlaf u. dgl. ist nicht grade berühmt. Gotheins sollen fort sein, sonst ginge ich morgen Nachmittag mal hin. Levy will mich heut Nachm[ittag] besuchen, vielleicht in Sachen seines Professortitels, den ihm die Fakultät nicht geben will, - auch Jaffe's Sache ist ja dadurch bis Herbst vertagt. 3 Bertha 4 geht wieder täglich morgens zur Klinik, da die Eiterung wieder angefangen hatte. Die Einträufelung 3 hatte nicht recht geholfen u. es sei ein kleines Geschwür dagewesen, sagte der D[okto]r. Herzlich küßt Dich Dein Max
a Unsichere Lesung. 1 2 3 4
Marie Schnitger. Brief nicht nachgewiesen. Vgl. Karte an Marianne Weber vom 3. Aug. 1908, oben, S. 614, Anm. 7. Bertha Schandau.
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Robert Michels 16. A u g u s t 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g A F L E Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max W e b e r , Fasz. 61
Heidelberg 16/VIII8 Lieber Freund, Ihr Aufsatz 1 konnte zweierlei sein: 1) ein „Bekenntnis" und , Appell". Als solchen faßte ich ihn auf. Wir nehmen solche Sachen generell nicht. Es war mir aber grade in diesem Fall unangenehm, - weil ich „befangen" scheinen konnte und, vor Allem, weil der Aufsatz vielleicht sonst nicht leicht, weder in der bürgerlichen noch in der sozialistischen Publizistik Deutschlands, wie sie nun mal ist, Unterkunft gefunden hätte, - „nein" zu sagen. Daher erklärte ich, neutral zu bleiben |¡gegenüber dem Problem der Annahme.: | Ich erhob nur gegen einige Details als Fakta Bedenken, ohne irgend welche Änderungen zu „verlangen". Oder 2) er sollte eine wissenschaftliche Analyse darstellen und nicht nur eine ad hoc, sozusagen: ad usum Delphini, gegebene „Beleuchtung" einer Situation zu praktisch-politischen Zwecken. Dann hätte ich ihn abgelehnt. Denn das ist er nicht, obwohl Sie3 jetzt schreiben, er wolle es sein. Eine wissenschaftliche] Arbeit ist keine Arbeit, die „Licht u. Schatten verteilt", wie Sie schreiben, - u. „Gerechtigkeit" giebt es da nicht, - nur Fakta und deren Ursachen. Zugegeben, daß bei jedem von uns „Darstellung" und „Bewertung" immer in Gefahr sind, ineinanderzufließen, - aber Eines muß man wollen. Sie wollen das Eine, - und leisten es nicht |:(darüber gleich):| - dagegen leisten Sieb das Andre, aber in0 effektloser Weise (denn der Leser, an den d Ihr Appell sich richtet, wird teils sagen: „das weiß ich |: (wenigstens/asi Alles): | schon lange", teils wird er empfinden: er versteht mich nicht u. dient so absolut „andren Göttern" als ich, daß mich die Sache nicht berührt). Mit „illiberal" z.B. sind die kolossalen Probleme, die hinter dem „Kulturkampf" lagen, nicht erledigt, und die „nationale Idee" erst recht nicht mit den Invektiven, die Sie (ganz mit Recht, von Ihrem Standpunkt aus) dagegen richten. Gelingt es Ihnen a 0:sie
b 0:sie
c (gänzlich)
d In O folgt: der
1 Wahrscheinlich geht es hier um das Manuskript von Michels' Aufsatz über „Universität und Sozialismus". Vgl. Brief an Michels vom 4. Aug. 1908, oben, S. 616, Anm.5.
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nicht | :oder versuchen Sie nicht wenigstens: |, dem Leser klar zu machen, daß er | :auch: | von seinen Idealen aus, konsequenter Weise, Ihre Wege gehen müsse, danne hat die Kritik nur dann Sinn, wenn Sie umgekehrt sagen: „Wir dienen verschiedenen Göttern, Ihr habt Recht, wir haben nichts gemein mit einander." Das thun Sie auch nicht, sondern „klagen an", wo | :doch: | der Leser das Gefühl haben wird: hier ist nichts „anzuklagen". Hier giebt es nur Kampf. Eindruck würden auf einen solchen Leser nur die Anklagen gegen die Unfreiheit der Wissenschaft machen, und diese nur dann, wenn sie nicht mit der „Bismarck"-, „Flotten"-, „Patriotismus"- u. andren Fragen verquickt werden. Die letzteren sind nur subjektiv beurteilbar 1) , die erstere (Unfreiheit der Univ[ersitäts]Wissenschaft) ist objektiv nachzuprüfen. So aber wirkt, vermöge der Verquickung, keines von beiden. Aber, wie gesagt, das wäre, wenn man den Aufsatz als „Appell" ansieht, Ihre, nicht meine Sache. Nun aber wollen Sie nicht Ethiker, sondern Historiker sein. Ist dies der Fall, dann würden erstens noch eine ganze Reihe von Einzelheiten stören; außer den angeführten.' So geht es in Deutschland nicht an, Sombart s Schicksal als wesentlich politisch bedingt hinzustellen. 2 Der jetzt nach Tübingen berufene Ordinarius Wilbrandt (gänzlich = O) ist nicht organisierter Sozialdemokrat], aber er ist Soz[ial-]Dem[okrat], hat nie einen Hehl daraus gemacht, auch öffentlich (in Mannheim). 3 Sombart ist 5 Mal von Fakultäten 1. Loco vorgeschlagen, 4 1 Mal berufen ^ Denn kein Mensch kann beweisen, man solle seiner „Nation" nicht „treu" sein, wie kein Mensch beweisen kann, man solle seiner Klasse „treu" sein. Dagegen die Pflicht, Wissenschaft ohne Parteiabsicht zu treiben, giebt - in der Theorie (aber darauf kommt es an!) Jeder zu.
e so > dann
1
(Ersten)
2 Der Sombart der 90er Jahre galt als das marxistische „Enfant terrlble" unter den bürgerlichen Nationalökonomen. 3 Weber meint wahrscheinlich Wilbrandts Debatterede auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik Im September 1905 in Mannheim, In der er zur Frage der Verhältnisse der Kartelle zum Staate Stellung nahm. Vgl. dazu: Verhandlungen der Generalversammlung in Mannheim, 25., 26., 27. und 28. September 1905 (Schriften des Vereins für Socialpoiitik, Bd. 116). - Leipzig: Duncker & Humblot 1906, S. 330. 4 D.h. 1897 in Freiburg, 1897, 1899 und 1902 in Karlsruhe sowie 1900 und 1907 In Heidelberg.
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(auf den Lehrstuhl Büchers und Gotheins, - die ihn beide als Gelehrte denn doch weit überragen) nach Karlsruhe, u. hat dort in grober Form abgelehnt.5 Von den 4 übrigen Fällen war nur 1 politisch bedingt. In 2 von den andren lag die Sache so (ich habe selbst dem badischen Minister Vortrag gehalten), daß man die Art seines Sich-Gebens „unreif" fand, in einem der beiden Fälle auch Gothein pari passu (oder sogar vor ihm) 6 genannt war. Bei den Fachcollegen 9 hat er sich (bitteh: nur für Sie!) durch sein auch mir widerliches Protzen mit sexuellen Erfolgen s. Zeit drunter durch gebracht. 7 Ich habe, denke ich, dargethan, daß dies für mich kein Grund gegen ihn ist, aber ich kann Andre nicht als „Philister" beurteilen, wenn ihnen ein solcher College nun einmal nicht paßt. - Die „Burschenschaften" haben, um nur dies nochmals zu berühren, nie als solche „demokratische" Ideale gehabt in dem Sinn, den wir heute mit „Demokratie" verbinden. Sie waren asketisch, national u. Anhänger des1 Frankfurter (aber nicht: des Berliner) Parlaments, 8 ihrer übergroßen Mehrzahl nach. Daß es daneben in ihnen „richtige" Demokraten
g Fakultäten > Fachcollegen
h 0 : zweifach unterstrichen,
i (deutschen)
5 Tatsächlich hat Werner Sombart in einem recht lapidaren Brief an Franz Böhm vom 12. Febr. 1902 das Angebot einer Berufung nach Karlsruhe abgelehnt: „ Ew. Hochwohlgeboren sage Ich für das gefl. Schreiben vom 10.d.M. meinen verbindlichsten Dank. Zu meinem Bedauern vermag ich das darin enthaltene Anerbieten der ordentlichen Professur der Volkswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule In Karlsruhe nicht anzunehmen, da meine hiesige Stellung [d. h. In Breslau] eine solche Ist, daß Ich ohne zwingende Gründe sie mit einer andern zu vertauschen keine Veranlassung habe. Ew. Hochwohlgeboren ganz ergebener W. Sombart." GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz.539. 6 Dies bezieht sich auf die Wiederbesetzung des Lehrstuhls Max Webers, der krankheitshalber 1903 endgültig aus seinem Lehramt ausgeschieden war. Die Vorschlagsliste der Philosophischen Fakultät vom 26. Juli 1903 nannte Eberhard Gothein, Werner Sombart und Karl Helfferlch. GLA Karlsruhe, 235/3140. 7 Möglicherweise bezieht sich hier Weber u.a. auf bestimmte Vorkommnisse In Wien im Jahre 1906, die von Gustav Schmoller über Sombart anscheinend In diesem Sinne kolportiert worden sind und die Weber in seinem Artikel: Der „Fall Bernhard" und Professor Delbrück, In: FZ, Nr. 190 vom 10. Juli 1908,4. Mo. Bl„ S. 1 (MWG 1/13), erwähnt, wenn er von den „Mitteln des jämmerlichsten persönlichsten Klatsches" schreibt, die bei der Nichtzulassung Sombarts als Privatdozent an der Universität Berlin eine Rolle gespielt hätten, und „dem erst von Außenstehenden entgegengetreten werden mußte." Der von Weber erwähnte „Außenstehende" scheint sein Bruder Alfred gewesen zu sein, der Sombart In einem Brief an Gustav Schmoller vom 19. Aug. 1906 (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Gustav v. Schmoller, Nr. 198, Bl. 119f.) gegen diese Vorwürfe in Schutz nahm. 8 Gemeint Ist die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 einerseits, das gleichzeitig tagende, politisch weit stärker links orientierte und nicht In gleichem Maße den nationalen Fragen zugewandte preußische Parlament andererseits.
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gab, daß einzelne Burschenschafter] auch als solche einmal mitgemacht haben, so lange die Einheit nur auf demokratischem Wege erreichbar schien, sagt dagegen ebensowenig etwas, wie daß „Verräther" wie Bernstein' und - Sie „Sozialdemokraten" sind. Doch davon genug, es ist sehr nebensächlich, u. genug überhaupt der Einzelheiten.2) Weit wichtiger ist: 1) daß die Würdigung der soz[ial-]dem[okratischen] „Wissenschaft" doch rein „ethisch" ist. Die Evolution des großen Problems in der Partei, inwieweit sie denn eigentlich spezifische Culturwerthe (eigne, nur ihr eigne Kunstideale - cf. die interessante Verhandlung auf den Parteitagen vor ca. |:12—:| 15 Jahren! 9 - eigne „Methoden" der Wissenschaft etc.) vertrete, ist ja gar nicht berührtl Und davon hängt doch Alles ab! Von der „Culturpartei" k zur „Machine" im amerikanischen Sinn! das ist doch die Pointe der Sache, historisch gedacht, u. das hätte doch in seinen Gründen analysiert werden müssen! (Wie können Sie denn verlangen, daß ein Partei-Einpauker ein idealer „Professor" sein soll! sind es doch nicht einmal die staatlichen Professoren! - dies1 ist die „ethische" Seite, die in eine „Geschichte" nicht gehört, aber m der Thatbestand ist m dochin jedem Fall zu berücksichtigen", in der „Geschichte" als Faktum, im „Appell" als Vorwurf gegen uns\). 2)
Nur noch Eines: die Zeppelin-Stelle könnte in keinem Fall stehen bleiben. Sie ist einfach unrichtig. Ich habe die Erregung und Bewegung selbst mit angesehen, - der einzige Schmutzfink war wieder der „Vorwärts". 10 Von „Militarismus" keine Rede (sehr anders als in London). Daß sich die Fac/imilitärs u. Politiker mit dieser Seite der Sache befassen, ist in der Ordnung. j (u. Sie)
k ( = Illusion)
I 0 : (dies
m die > der Thatbestand ist
n (ist)
9 Gemeint ist die Naturalismus-Debatte auf dem Gothaer Parteitag von 1896. Vgl. Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Gotha vom 11. bis 16. Oktober 1896. - Berlin: Verlag des Vorwärts 1896, S. 79-106. Vgl. auch den Brief an Michels vom 26. März 1906, oben, S. 5 6 - 5 8 . 10 Vgl. u. a. Vorwärts, Nr. 160 vom 11. Juli 1908, S. 1: „ Der Erfolg Zeppelins hat mit einem Schlage die ganze Welt In Aufregung und Enthusiasmus versetzt. Man vergißt in dem begeisterten Rausche über den neuen gewaltigen Triumph des Menschengeistes ganz die Tatsache, daß das lenkbare Luftschiff des Grafen Zeppelin nicht ein Kulturwerkzeug, sondern ein Kriegsinstrument ist, eine Art Luftkreuzer. Man vergißt, daß die Bezwingung des Luftmeeres, die durch Zeppelin, wenn auch noch primitiv, so doch wenigstens In einem künftig gewaltige Erfolge verbürgenden Maße gelungen ist, daß die künftige Luftflottille, deren erstes Fahrzeug das Zeppellnsche Luftschiff darstellt, nicht Friedens-, Verkehrs- oder Fortschrittszwecken dient, sondern militärischen Aufgaben."
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2) auf bürgerlicher Seite: Sie kennen die Evolution der großen bürgerlichen] Parteien nicht. Die Nationalliberalen z.B. waren vor 11 HS schlechthin anders assortiert als nachher ( 1) „materialistisch" -2) ideogenu zu begründen). Ich kannte die ältere Generation genau, u. habe mit ihr meine für mich, subjektiv, innerlich schwersten Kämpfe gehabt. (Aber sie waren, 0 ethisch gewerthet, weiß Gott andre Kerle als 2/3 Ihrer Führer). Politisch ist der Erfolg gegen sie gewesen, sie sind tot und begraben, |:Dokumente haben sie fast nicht hinterlassen, selbst ein Mann wie Bennigsen nicht: | u. sicherlich nie wird sich ein Historiker der Mühe unterziehen, ihre „Geschichte" auszugraben. Die ist nicht so einfach abgethan, wie Sie Das machen wollen. Die Leute kannten bestimmte Probleme einfach nicht, ( - ebenso wie Ihnen gewisse andre, politische, einfach unverständlich sind u. Sie immer in den Utopismus tappen: auch Ihnen fällt es schwer, „die Härten des Lebens zu sehen", und ich wenigstens wage es nicht, deshalb auf sie herabzusehen: dies wieder für die Frage der Bewertung!) aber was sie sahen, war die Schwäche ihrer eignen Stellung u. die Schwäche des Parlamentarismus überhaupt im damaligen Deutschland, ihre Hoffnung, ihn durchzureiten, bis die Epoche des großen Cäsaren vorübergerauscht sei. Ihre gesetzgeberischen Leistungen 12 kennen Sie wohl nicht? oder halten das für bloße Technik? oder für bloße selbstverständliche „Klassen"-Leistung? Daß Sie den Sinn, den für diese Leute, der „Kulturkampf" hatte, nicht kennen, auch nicht die gewaltigen Probleme (die dem Sozialismus ganz ebenso entgegentreten würden, wenn er „Cwfrwrpartei" sein wollte), die dahinter standen, u. die mit Verfolgung von „Katholiken" (! Baden ist 2A katholisch, hatte unter dem „Culturkampf'-Minister Jolly, meinem Onkel, 4 Zentrums-Abgeordnete, der Umschwung kam mit der
o (weiß) 11 Der Terminus findet sich in den „Studien über Hysterie" von Josef Breuer und Sigmund Freud. - Leipzig und Wien: Franz Deuticke 1895, S. 162: Dort bezeichnet Breuer „Ideogen" im Sinne von: „durch Vorstellungen bedingt". Willy Hellpach geht darauf ein in seinen: Grundlinien einer Psychologie der Hysterie. - Leipzig: Wilhelm Engelmann 1904, S. 34. Vgl. auch Otto Gross, Das Freud'sche Ideogenitätsmoment und seine Bedeutung Im manisch-depressiven Irresein Kraepelln's. - Leipzig: F.C.W. Vogel 1907. Weber verwendet den Ausdruck in dem Artikel: Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", In: AfSSp, Bd. 27, Heft2,1908, S. 546-558 (MWG 1/12); ebd., S. 552. 12 D.h. die liberale Gesetzgebung von 1867 bis 1878, die die Grundlagen für eine moderne Rechts- und Wirtschaftsordnung Im Deutschen Reich legte.
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16. August 1908
- von Bismarck verschuldeten - Niederlage)^ zu bezeichnen einfach sinnwidrig ist. Kurz, die Evolution der Denkweise der bourgeoisen Jugend, deren Wendepunkt, wie gesagt, nicht 66, nicht 70, sondern 77/78 liegt, müßte ja ganz anders tiefgehend analysiert werden, wenn man diese Dinge als Historiker behandeln wollte. Für die Zwecke p Ihres „Sozialdemokratie"-Artikels q14 dagegen könnten weit kürzere Bemerkungen darüber genügen, dafür ist Ihre Darstellung wieder zu breit, bringt zuviel Bekanntes, auch vieles von Ihnen selbst schon sehr oft Gesagtes. Und dabei lechzen wir nach Analyse der inneren Gliederung der Soz[ial-]Dem[okratie] im Sinne der 1) regionalen Differenzierung ihres Charakters, - 2) der Evolution der Organisation in ihren treibenden Motiven! Kurz, - als rein wissenschaftliche] Analyse würde ich diesen Artikel entschieden nicht glücklich, weit weniger glücklich finden können als Ihren andren, 15 und möchte das aufrichtig sagen. - Jaffé gefällt er anscheinend ganz gut, wenn ich ihn telefonisch recht verstand. Gewiß habe ich s.Z. Ihren Brief erhalten u. mich sehr darüber gefreut. Jaffé u. ich werden, da nun die Redaktion doch noch einmal neu zusammengebacken ist, Ihnen im Herbst Vorschläge machen betr. Mitarbeit. Im Augenblick stecke ich tief in Arbeit. Herzlichen Gruß Ihnen beiden Ihr Max Weber
p 0 : Zweck
q O: „Sozialdemokratie"-Artikel
13 Etwas pointiert: Zwar stieg die Zahl der Abgeordnetensitze des Zentrums von 4 im Jahre 1870 auf 23 im Jahre 1899, jedoch blieb den Nationalliberalen bis 1899 die absolute Mehrheit im badischen Landtag erhalten. 14 Michels verweist in seinem Artikel: Einige Randbemerkungen zum Problem der Demokratie, in: Sozialistische Monatshefte, Jg. 12, Bd. 3, 1908, S. 1621, auf einen Aufsatz über „ die Struktur der sozialdemokratischen Partei Deutschlands", der im Winter 1908/09 im „Archiv" erscheinen solle. Möglicherweise bezieht sich Weber auf das Manuskript dieses Aufsatzes, der allerdings nirgends erschienen Ist. Das Manuskript ist im AFLE Turin nicht nachgewiesen. 15 Wahrscheinlich ist der Artikel gemeint: Die obligarchischen Tendenzen der Gesellschaft; vgl. Brief an Michels vom 4. Aug. 1908, oben, S. 615, Anm. 2.
18. August
1908
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Lujo Brentano 18. August 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 7 9 - 8 0
Heidelberg 18/VIII8 Hochverehrter Herr Geheimrath! Besten Dank für Ihren Brief, 1 den ich meinem Bruder schicke. Ich selbst habe E[ulenburg] seinerzeit eine 8 Seiten lange Liste von „Bedenken" geschickt, die auch Einiges von Dem, was Sie sagen, umfaßt. 2 Aber davon, daß sein Buch „jämmerlich" sei, kann gar keine Rede sein. Und bezüglich der Folgerungen hat er sich sorgsam reserviert gehalten. Sie mochten die Sache, |:- die 77iaisachen, meine ich - : | noch so gründlich und eindringend kritisieren, - aber das „Quos ego" 3 des Ordinarius u. Zun/f-Mitglieds mußte fortbleiben. 4 Außerdem die persönlichen Sachen. E[ulenburg] ist Jude u. jung verheirathet, - daß es nahe liegt, Ihre „Schadchen"-Bemerkungen 5 damit in Zusammenhang 1 Brief vom 17. Aug. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 2 Gemeint ist wahrscheinlich das Schreiben an Eulenburg vom 20. Mai 1908, oben, S. 568 ff. 3 Vergil, Aeneis, I, 135: quos ego! Euch will ich...! Machtwort des Neptun gegen die Winde Eurus und Zephyrus, die ohne seine Zustimmung den flüchtenden Aeneas in Seenot gebracht hatten. 4 Dazu heißt es in Brentanos Brief vom 17. Aug. 1908 (wie oben, Anm. 1): „Der hiesige Privatdozentenverein bedurfte eines energischen quos ego. Gehen doch viele seiner Mitglieder so weit, daß sie sich offen für eine Bureaukratisierung aussprechen, wenn nur ihre törichten Forderungen bewilligt werden. [...] Ich u. ebenso Andere sind nicht willens, uns als Vorspann für diese Bestrebungen mißbrauchen zu lassen." 5 Franz Eulenburg hatte in seiner Schrift über den akademischen Nachwuchs (siehe Webers Schreiben an Eulenburg vom 20. Mai 1908, Anm. 1) als Grund für das numerische Anwachsen der Privatdozenten u. a. den dadurch gewonnenen „ ausgezeichneten" sozialen Status angeführt und dabei u.a. bemerkt: „Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Chancen der geschlechtlichen Auslese, um mich darwinistisch auszudrücken, beim Manne zweifellos durch die Aussicht auf die mögliche Professur steigen. Der Professortitel übt auf den menschlichen Ehrgeiz und die menschliche Eitelkeit gewisser Familien nun einmal einen besonderen Reiz aus", ebd., S. 16. Auf diese Stelle replizierte Brentano in seiner Rezension über Eulenburg (siehe Editorische Vorbemerkung zum Brief an Brentano vom 11. Aug. 1908, oben, S. 629): „Um was für Familien es sich hier handelt, dürfte jeder Leser wissen. Ich erinnere mich, welche Heiterkeit es in den siebziger Jahren erregte, als ein Professor fortwährend Briefe eines Schadchens erhielt, In denen von der Ausstattung der Tochter eines Im Kriege reich gewordenen Armeelieferanten die Rede war. Sie waren für einen Privatdozenten gleichen Namens bestimmt; da dieser vom Schadchen hartnäckig als Professor adressiert wurde, kamen sie in die unrechten Hände und lieferten in der Tat
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18. August 1908
zu bringen, müssen Sie selbst sehen. Und wenn nicht, - so ist es trotzdem heut nicht an der Zeit, antisemitische Scherze zu machen, wo wir immer wieder die dümmste „arische" Impotenz den tüchtigsten Juden vorgezogen werden sehen. Das Problem, welches Efulenburg] anschnitt, ist nicht einfach, auch nicht so einfach, wie Sie es ansehen. Die unentbehrliche Combination von Auslese" - also die Vermeidung jeder Möglichkeit der „Ersitzung" - mit dem ebenso unentbehrlichen Schutz der Privatdozenten gegen die oft schamlose Willkür der Ordinarien - ich werde Ihnen persönlich einmal die Zustände der naturwissenschaftlichen] Fak[ultät] speziell schildern - ist ein Problem, welches mit dem sehr misverständlichen Wort von der „Aristokratie" 6 - ein Wort, welches mehr Unheil errichten kann als Alles, was Efulenburg] je schreiben kann - nicht erledigt. Vor Allem aber: den „Hochschullehrertag" 7 haben Sie totgeschlagen durch den leidenschaftlichen Ton Ihres Artikels. Wir Alle lieben Ihr Temperament, Sie sind ja der Einzige, der mit uns „jung" bleibt. Aber wenn man mit Leuten zusammenarbeiten will, dann darf man nicht in dieser Form vorgehen. Ich komme jetzt bestimmt nicht nach Jena, wie ich ursprünglich wollte. 8 Die Sache scheint mir tot, Delbrück hat Recht behalten. - 9 Im Sept[ember]-Heft des Archiv werde ich versuchen, meine Bedenken gegen Ihre „Fechner"-These (in der „Werthlehre") zu formulieren. 10 In alter Verehrung Ihr Max Weber. einen schlagenden Beleg für das Zutreffende der Erklärung Eulenburgs." Brentano, Lujo, Der akademische Nachwuchs, Beilage der MNN, Nr. 36 vom 11. Aug. 1908, S.340. „Schadchen" ist ein jüdischer Ausdruck für „Heiratsvermittler". 6 Weber bezieht sich hier auf folgenden Passus in Brentanos Artikel, Der akademische Nachwuchs (wie oben, Anm. 4), S. 342: „ Die Universitäten, wenn sie welter blühen sollen, werden aristokratisch regierte Körperschaften sein, oder sie werden nicht mehr blühen." 7 Der 1907 gegründete deutsche Hochschullehrertag war ein Zusammenschluß vor allem süddeutscher und österreichischer Professoren zur Wahrung der Hochschulautonomie. 8 Gemeint Ist der zweite deutsche Hochschullehrertag In Jena, der vom 28. bis 29. September 1908 stattfand. 9 Die Kritik Delbrücks an der Konstituierung einer Hochschullehrerorganisation findet sich in seinem Artikel: Eine Professoren-Gewerkschaft, in: PrJbb, Bd. 129, Juli bis September 1907, S. 1 2 9 - 1 4 2 , sowie in seinem Nachwort zu: W. Meyer-Lübke, Der deutsche Hochschullehrertag in Salzburg, ebd., S. 331 - 3 3 2 . 1 0 Vgl. Webers Abhandlung: Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", In: AfSSp, Bd. 27, Heft 2, 1908, S. 5 4 6 - 5 5 8 (MWG 1/12).
18. August
1908
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Alfred Weber [am o d e r nach d e m 18. A u g u s t 1 9 0 8 ] ; o. O. Brief; e i g e n h ä n d i g Bestand Max W e b e r - S c h ä f e r , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Datum erschlossen aus einem Hinweis Webers in dem Brief an Brentano vom 18. August 1908, in dem er kritisch zu antisemitischen Äußerungen Brentanos sowie zu dessen Vorstellungen von der Ordinarien-,,Aristokratie" Stellung nimmt. - Die unten abgedruckten Zeilen selbst befinden sich als Zusatz auf der Rückseite eines Briefes von Lujo Brentano an Max Weber vom 17. August 1908. Darin bittet Brentano ausdrücklich, seinen Brief an Alfred weiterzuleiten, da dieser in seinem letzten Schreiben seine Adresse nicht angegeben habe. In seinem Schreiben vom 18. August bestätigt Weber, daß er dies tun wolle.
NB! Ich hatte ihn auf diesen Brief hin auf das Unpassende seiner /wdenwitze aufmerksam gemacht und auf die „Misverständlichkeit" der Redensart von der „Aristokratie", dem „Ordinarien"-Standpunkt, und dabei ge5 sagt, ich hielte nach solchen Auseinandersetzungen die Jenenser Sache für zwecklos und totgeschlagen, Delbrück behalte Recht.
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20. August
1908
Franz Eulenburg [ n a c h d e m 2 0 . A u g u s t 1 9 0 8 ] , o. O. A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h o h n e A n r e d e u n d S c h l u ß f o r m e l , mit h a n d schriftlichen Korrekturen von Marianne Weber Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 9 2 , Nl. M a x W e b e r , Nr. 3 0 , Bd. 7, Bl. 1 3 3 Datum erschlossen aus Briefen Lujo Brentanos an Max Weber vom 17. und 20. August 1908 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446), in welchen Brentano auf die durch Eulenburgs Broschüre ausgelösten Konflikte im Münchener Privatdozentenverein eingeht. Vgl. dazu den Brief an Brentano vom 18. August 1908, oben, S.643f., sowie die Edltorische Vorbemerkung zum Brief an Brentano vom 11. August 1908, oben, S. 629.
.. . a Und nun eins, gehen Sie doch nach Jena 1 und vor allem: Sorgen Sie daß die Leipziger hingehen! Sie müssen und sollen dort Ihre Ansichten vertreten. Brentano ist - man möchte fast sagen - leider - bona fide. Er ist durch Auseinandersetzungen im Münchener Privatdozentenverein aufs Äußerste erbittert gewesen^] wie er mir schrieb, weil dort die Versorgung der „bewährten" älteren Dozenten (der bedenkliche Punkt!) verlangt und mit dürren Worten die Bürokratisierung der Universitäten für besser als die „Zunft"-Regierung hingestellt wurde. Diese Interessengegensätze sind ja vorhanden, das wissen Sie wie ich. Nun wittert er überall den Geist des „Versorgungsstandpunkts" und den Haß gegen die Fakultäten^ die ihm die einzig möglichen Träger der Autonomie sind.
a Auslassungszeichen In Abschrift. 1 Gemeint ist der zweite deutsche Hochschullehrertag, der am 28. und 29. September 1908 In Jena angesetzt war.
5
10
21. August
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Robert Michels PSt 21. August 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 63
L. Fr. ich habe Jaffe Ihren Wunsch mitgeteilt u. denke, er schreibt Ihnen bzw. schickt dasMscr. 1 J'accuse? 2 - nein, davon ist keine Rede. Aber: entweder - oderl „Appell" oder kühle „Historie". Im ersteren Fall kurz, scharf pointiert, subjektiv so sehr wie möglich. In letzterem Fall zwar auch „kurz" (denn wo wäre sonst unser Raum?) aber sonst in Allem das Gegenteil! Sie sagen: Sie „kennen" die Geschichte der „bürgerlichen] Parteien". J a Sie wissen wahrscheinlich mehr davon als ich in vielen Punkten. Aber daß Sie sie nicht „kennen", u. zwar in entscheidenden Punkten, geht aus Ihrem Artikel hervor! Die Dinge liegen da weniger einfach als Sie glauben. Also: die „Machine" kommtl3 Bravo! Aber3: lassen Sie Sich Zeit] Es eilt nicht b , vollends, wenn jetzt erst der andre Artikel 4 kommen soll! Herzl. Gruß! Ihr M.W. Sie hätten nicht von Zeppelin geredet?? Sehen Sie Ihr Mscr. an!
a O: zweifach unterstrichen,
b (wenn)
1 Offensichtlich hat Michels das Manuskript wegen der umfänglichen Kritik Webers zurückgefordert. Vgl. dazu dessen Briefe vom 4. und 16. Aug. 1908, oben, S. 615ff. und 637 ff. 2 Anspielung auf die Überschrift des offenen Briefes von Emile Zola an den Präsidenten der Republik in der Zeitung „L'Aurore", Nr.87 vom 13. Jan. 1898, in welchem er das Kriegsgericht wegen eines Fehlurteils gegen den Artilleriehauptmann Alfred Dreyfus beschuldigte und eine Revision des Urteils forderte. 3 Gemeint ist die Strukturanalyse moderner, bürokratisch organisierter Massenparteien. 4 Vgl. dazu Brief an Michels vom 16. Aug. 1908, oben, S. 637, Anm. 1.
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27. August 1908
Paul Siebeck 27. August 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat B S B München, Ana 446 B e z u g : Brief Paul S i e b e c k s vom I . A u g u s t 1908 (VA M o h r / S i e b e c k , ebd.) mit der Mitteilung über den Stand der B e m ü h u n g e n um die Neuauflage d e s „ H a n d b u c h s der Politischen Ö k o n o m i e " : „Für eine neue Auflage d e s S c h ö n b e r g ' s c h e n H a n d b u c h s hält es sehr schwer, einen H e r a u s g e b e r zu finden. Ich neige immer mehr dazu, ein ganz n e u e s H a n d b u c h zu bringen, das nicht mehr unter S c h ö n b e r g ' s c h e r Flagge s e g e l n würde. Wären S i e eventuell bereit, die Redaktion eines neuen W e r k e s z u übernehmen?"
Heidelberg 27/VIII 8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ihren gefl. Brief vom 1.8. ließ ich bisher unbeantwortet. Erstens deshalb, weil Ihr Anerbieten bezüglich der Herausgeberschaft bei einem ganz neuen Handbuch mich in die Notwendigkeit sehr eingehender Erwägungen versetzte, die ich gern in die Form bestimmter sachlicher Vorschläge für die Art der wissenschaftlichen Anforderungen an ein solches gekleidet hätte, denen dann Ihrerseits Ihre eigenen Gedanken darüber und vor Allem die buchhändlerischen Erwägungen hätten entgegengestellt werden müssen 3 . Dabei wäre auch zu erwägen, ob ich Ihnen nicht als bloßer Berather für die Festlegung der Grundlinien und Gewinnung der Bearbeiter dasselbe wie als „Herausgeber" geleistet hätte. Jedenfalls hätte das mündliche Erörterungen vorausgesetzt. Zweitens: weil ich den Abschluß des Archiv "-Vertrages abwarten mußte. Ich habe in Jaffe's und des Archiv's Interesse bedeutende Opfer gebracht^ und wäre meinerseits bereit gewesen, noch weitere zu bringen, sofern den sachlichen Zwecken des >yArchiv" das Ersparte zu Gute kam (und Sombart mitgethan hätte). Jedenfalls aber war ich entschlossen, wie bisher, im Prinzip nur mit einem Verlage zu arbeiten für alle meine Publikationen, folge also in jedem Fall dem „Archiv". Mit Erstaunen hörte ich von Jaffe von „Schwierigkeiten ernster Art", die nach '' absichtlich. Ich hielt die bisherige Regelung für ganz unpassend. Auch die jetzige paßt mir schlecht u. ich habe nur Sombart nachgegeben, der es so verlangte. a 0 : müßten
27. August 1908
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seiner Ansicht das Zustandekommen des Vertrages „ausschließen". In diesem Fall bitte ich natürlich, auf mich weder für diese noch für irgend eine andre Zusammenarbeit zu reflektieren. Mit vorzüglicher Hochachtung 5 ergebenst Max Weber
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30. August
1908
Paul S i e b e c k 30. A u g u s t 1 9 0 8 ; H e i d e l b e r g Brief; e i g e n h ä n d i g VA M o h r / S i e b e c k , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6 Bezug: Brief von Paul Siebeck vom 29. August 1908, VA Mohr/Siebeck, ebd. Darin zeigt sich dieser von Webers Ansicht überrascht, daß die Verhandlungen zwischen dem Verlag und Edgar Jaffe an einem Punkt des Scheiterns angelangt seien: „ [ . . . ] Dr. Jaffe glaubt von uns in einem wichtigen Punkt mißverstanden worden zu sein. Darüber schweben Verhandlungen. Voilä tout." Im ersten Teil des Briefes zeigt sich Siebeck darüber erfreut, daß Weber im Prinzip dazu bereit sei, mit ihm über den Plan der Neuherausgabe des „ Handbuchs der Politischen Ökonomie" zu beraten.
Heidelberg 30/8 8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich danke für Ihren freundlichen Brief. Mein Brief hatte darin seinen Grund, daß ich, 3 infolge einer sehr ungehaltenen Äußerung von Herrn D r Jaffe, allerdings den bestimmten Eindruck hatte, die Sache werde nicht gehen, weil 1) eine grundlegende pekuniäre Differenz13 erst jetzt, nach langen Verhandlungen, beim Abschluß, beiläufig zur Sprache kam, und weil 2) - was auch mich persönlich etwas aufbrachte - Sie dabei auf die Ersparnisse hingewiesen hatten, die D r Jaffe an uns (Sombart u. mir) gemacht habe. Diese Ersparnisse sind |:leider, infolge von Sombarts Verhalten: | geringer als ich es gewünscht und angeregt hatte. |:Ich hätte gern größere Opfer gebracht: | Aber allerdings war auch ich nur bereit, Opfer für die sachlichen Zwecke des „Archiv" zu bringen, welche ja, wie Sie wissen, erweitert werden müssen. Im Übrigen habe ich meinerseits für Archivzwecke gern auch ohne irgendwelchen ausreichenden Entgelt erhebliche Arbeitsopfer gebracht. In die Verhandlungen über die materielle Seite des „Archiv" kann ich mich nicht einmischen, Ich glaubte nur, da ich an eine Einigung nicht glaubte, sofort die (für mich nicht wohl zu umgehende) Consequenz ziehen zu müssen. Kommt eine Einigung dennoch zu stände, dann werde ich mir gestatten, auf Ihr freundliches Anerbieten eingehend zurückzukommen (Schönberg betr.). Auch hier möchte ich Ihnen die Vorschläge möglichst so machen, daß Sie nicht an meine Person gebunden sind, wohl aber mich ev. mit Eifer an der Beratung des Plans und - vielleicht - der
a (auf)
b Bedingung > Differenz
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Einzelarbeit beteiligen, wenn Sie dies wünschen. Einstweilen mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber 5 Ein schwieriger Punkt würde sein, daß - unter uns - Bücher mir in Eisenach 1 einen recht abgematteten Eindruck machte, auch erwähnte, er wolle jetzt vorerst nur seine „Bevölkerung v[on] Frankfurt a.M." 2 arbeiten, um nicht „darüber hinwegzusterben" u.s.w.
1 Karl Bücher war im Verein für Sozialpolitik Vorsitzender des Unterausschusses für die Untersuchungen über „Auslese und Anpassung der Arbeiter in der Großindustrie". Dieser Unterausschuß hatte am 13. Juni 1908 in Eisenach getagt. Offenbar sollte Bücher für das Schönbergsche Handbuch als Herausgeber oder Hauptmitarbeiter gewonnen werden. Vgl. Briefe an Oskar Siebeck vom 10. Febr. 1908, oben, S.435, sowie an Paul Siebeck vom 15. Okt. 1908, unten, S.676f. 2 Ein erster Band war 1886 erschienen: Bücher, Karl, Die Bevölkerung von Frankfurt am Main im XIV. und XV. Jahrhundert. Sozialstatistische Studien. - Tübingen: H. Laupp'sche Buchhandlung. Eine Fortsetzung dieser Arbeit ist nicht erfolgt.
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31. August 1908
Lujo Brentano 31. August 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 81 - 8 2 Bezug: Brief Brentanos vom 20. August 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446, in dem er seine schroffe Stellungnahme in Sachen des Hochschullehrertags, die Webers Kritik ausgelöst hatte, zu erklären bemühte. Zunächst klärte Brentano hier die „ Schadchen" -Sache auf (siehe Brief an Brentano vom 18. August 1908, oben, S. 643, Anm. 5), die sich nicht auf Eulenburg, sondern auf den Hallenser Ordinarius Friedberg während seiner Privatdozentenzeit bezogen habe. „Wogegen die Geschichte sich richtet ist der sachlich unglaublich niedrige Maßstab des .Ansehens' des Hochschullehrers, den Eulenburg in seiner Schrift anlegt. Er kann nicht energisch genug abgewiesen werden. Ich hoffe, daß Sie nicht ab irato Jena fernbleiben werden. Es wäre dies nicht zu rechtfertigen. Habe ich etwas verbrochen, so können Sie mich ja dort totschlagen oder auch anderswo." Die Schärfe seines Artikels gegen Eulenburg führt Brentano auf seinen Konflikt mit der Münchener Ortsgruppe der Privatdozenten zurück. „Die Lebhaftigkeit erscheint mir [...] noch immer nicht außer Verhältniß zur Verderblichkeit der in unserer Privatdozentenschaft grassierenden Anschauungen zu stehen. Sollte ich den Hochschullehrertag mit meinen Ausführungen wirklich totgeschlagen haben, so würde ich das beklagen, aber noch immer nicht so sehr, als wenn ich zur Förderung von Bestrebungen mitwirkte, welche zum Triumph der von mir bekämpften Anschauungen führen würden."
Heidelberg 31/8 8 Hochverehrter Herr Geheimrath! Ich danke nachträglich sehr für Ihren freundlichen Brief. Davon kann ja doch keine Rede sein, daß ich „ab irato" Jena1 fernbleiben würde! Nein: aus sachlicher Desperation an der Möglichkeit, daß aus der Sache etwas wird! Von Anfang an mußte man sich ja doch sagen (und die Gegner haben es höhnisch hervorgehoben): daß die Interessendifferenz zwischen den „regierenden" Fakultäten und den Außenstehenden nun einmal da ist, daß die letzteren häufig genug und, wie Sie selbst sicher oft erfahren haben werden, häufig genug mit Recht - das Gefühl haben müssen, sie bedürften, in ihren wissenschaftlichen] Interessen, des Schutzes gegen die Fakultäten. Ein Blick auf die Art, wie die Herren Institutsdirektoren der „Naturwissenschaftlichen]" Fakultäten ihren „Nachwuchs" behandeln, genügt dafür. Eulenburg man mag sonst denken was man will - hat in sehr ruhiger u. sachlicher Form die Probleme aufgerollt u. es dabei allerdings teilweise in eine
1 D. h. dem bevorstehenden zweiten deutschen Hochschullehrertag in Jena.
31. August
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etwas bedenklich einseitige Beleuchtung gerückt, die man ja ablehnen konnte. Aber auf Grund rein lokaler Mishelligkeiten so loszugehen, bedeutete doch: jede Diskussion in ruhig-sachlicher Art unmöglich machen. Es kann Umstände geben, wo das direkt Pflicht ist. Aber hier sehe 5 ich keinerlei nützlichen Effekt. Ihre Münchener Herrn werden erbittert, die andren müssen den Eindruck haben, daß der „Ordinarius" aus Ihnen spricht, die Leipziger, die in corpore kommen wollten, scheinen nun ganz fernbleiben zu wollen, - kurz:3 die Sache ist sehr verfahren. Kann ich es noch möglich machen, dann werde ich zu kommen versu10 chen, trotz Allem, denn „Zorn" liegt mir weiß Gott sehr fern. In alter Verehrung Ihr ergebenster Max Weber.
a (die S)
4. September
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1908
Edgar Jaffe [am oder nach dem 4. September 1908; Heidelberg] Brief; eigenhändig Privatbesitz Datum und Ort erschlossen aus den im Brief enthaltenen Hinweisen auf Vorträge von Ferdinand Tönnies, die dieser auf dem 3. Internationalen Kongreß für Philosophie, der vom 1. bis 5. September 1908 in Heidelberg stattfand, gehalten hat. Laut Tageblatt des III. Internationalen Kongresses für Philosophie, Nr. 8, hat Tönnies seine von Weber Im Brief erwähnten Vorträge am 3. und 4. September gehalten.
Lieber Jaffe Tönnies hielt hier einen Vortrag über3 „eine neue Methode der Moralstatistik".1 Während ich seine Darstellung der Comte'sehen Soziologie (der andre Vortrag, den er hielt) 2 zwar anregend b , aber nicht grade unbedingt neu fand, war dieser Vortrag thatsächlich sehr erheblich, die mitgeteilten Beispiele das Resultat 20jähriger Arbeit u. das beste, was ich (außer „Gemeinschaft u. Gesellschaft") 3 von Tönnies kenne. Wäre der c Aufsatz nicht als Vortrag gehalten, so könnte m.E. kein Zweifel aufkommen, daß er eine Zierde des „Archiv" wäre. Nun aber kommt er s. Z. in den Congreßbericht, wo er vergraben ist. Frage: ob dennoch eine Modalität möglich wäre, ihn in das „Archiv" nehmen zu können u. ob dort Platz ist? Ich habe T[önnies] - der sag[te] d , er wolle ihn publizieren - gesagt: „wir könnten 6 grundsätzlich nicht Sachen nehmen, welche anderweit publiziert würden. Ob es möglich sein würde, die Sache so zu machen, daß er einen Extrakt im Congreßbericht u. den Vortrag selbst
a (die)
b neu > anregend
c (Vor)
d Lochung
e Alternative Lesung: können
1 Ein Extrakt des Vortrages findet sich unter dem Titel: Tönnies, Ferdinand, Über eine Methode moralstatistischer Forschung. (Auszug), In: Bericht über den III. Internationalen Kongreß für Philosophie zu Heldelberg 1. bis 5. September 1908, hg. von Th. Elsenhans. Heldelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1909, S. 986. Eine vollständige Fassung des Vortrages wurde von Tönnies 1909 veröffentlicht unter dem Titel: Eine neue Methode der Vergleichung statistischer Reihen (im Anschluß an Mitteilungen über kriminalistische Forschungen), in: SchmJb, Jg. 33, Heft 2, S. 271 - 2 9 2 . 2 Der Vortrag unter dem Titel „Comte's Begriff der Soziologie" ist abgedruckt im Bericht über den III. Internationalen Kongreß für Philosophie (wie oben, Anm. 1), S. 1004-1012. Anzumerken ist, daß Tönnies möglicherweise noch einen dritten Vortrag gehalten hat über: Zur Biographie des Hobbes. Vgl. dazu Tageblatt des III. Internationalen Kongresses für Philosophie, Nr. 4 vom 2. Sept. 1908, S.6, mit dem Vorläufigen Stundenplan der Sektionen. 3 Tönnies, Ferdinand, Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlung des Communismus und des Socialismusals empirischer Culturformen.- Leipzig: Fues' Verlag 1887.
4. September
1908
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bei uns publiziere, müsse ich mit Ihnen erörtern." Bitte sagen Sie einmal Ihre Ansicht; - vor Allem: 1) wie es mit dem Platz in den nächsten Heften steht, - 2) prinzipiell: ob eine Parallelpublikation denkbar ist, wenn der Vortrag der Form nach stark abweichend gestaltet wird. Dies 5 ginge etwa so: die methodische Seite in den Congreßbericht, nur Auszug daraus bei uns. Die Beispiele dagegen ganz bei uns und nur bei uns? 4 Über Simmenroth} schreibe ich eingehend. 5 Herzl. Gruß! Max Weber
f 0 : Simenroth 4 Der Artikel ist nicht im AfSSp erschienen; siehe oben, Anm. 1. 5 Wahrscheinlich bezieht sich Weber hier auf einen Artikel über die Pensionsversicherung der Privatbeamten von Walter Simmenroth, den dieser in einem Brief an Werner Sombart vom 30. Juli 1908 (ZStA Merseburg, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 150-151) für das AfSSp angeboten hatte. Ein Brief Webers an Jaffe ist nicht nachgewiesen. Eine handschriftliche Liste Edgar Jaffes von Beiträgen für das AfSSp vom 1. November 1908 (ZStA Merseburg, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 159-160) vermerkt unter der Rubrik der erhaltenen Manuskripte, Nr. 18: „Simmenroth: Zur Kritik d. Pensionsversicherung d. Privatangestellten." Das Manuskript ist jedoch nicht im AfSSp veröffentlicht worden.
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5. September
1908
Robert Michels PSt 5. September 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändiger Zusatz zu einem handschriftlichen Gruß von Karl Vorländer sowie Marianne Weber, Franz Staudinger und Ferdinand Tönnies AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Som-Sz
Herzliche Grüße vom Internationalen Philosophen-Kongreß1 senden3 Ihnen Ihr K. Vorländer Ebensolche von der Internationalen Verschwörung gegen die Philo- 5 sophie - denn dies ist der wahre Sinn dieser Menschenansammlung Max Weber Grüße! Marianne Weber F. Staudinger. Ferdinand Tönnies. 10
a sendet > senden 1 Der 3. Internationale Philosophenkongreß fand vom 1. bis 5. September in Heidelberg statt.
7. September
1908
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Paul Siebeck [7. September 1908]; o.O. Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus dem Antwortschreiben von Paul Siebeck vom 8. September 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.), in welchem dieser für den Brief Webers vom Vortage dankt. Bezug: Brief Paul Siebecks vom 5. September 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Mitteilung, daß zwischen ihm und Edgar Jaffe eine Einigung über den neuen Verlagsvertrag erzielt worden sei. Differenzen pekuniärer Art habe es bei einem „überaus leicht mißzuverstehenden Passus in den Jaffe'schen Vorschlägen" gegeben, die aber nun ausgeräumt seien. Nach einer kurzen Skizzierung der Verlagsverhandlungen kommt Siebeck auf Webers Brief vom 28. August zu sprechen: „Nachdem ich mich stets befleißigt hatte, Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin ein entgegenkommender Verleger zu sein, mußte es mich übernehmen, daß Sie in Ihrem Briefe vom 28.8. mir sozusagen die Freundschaft kündigten, ohne mich auch nur gehört zu haben."
Sehr verehrter Herr D r Siebeck! Ich danke sehr für Ihren freundlichen Brief. - Ich wiederhole, daß mein erster Brief die Folge der aufrichtigen Verzweiflung darüber war, daß bei dem „Archiv", wo eben nie Geld für neue Unternehmungen da war, jetzt auch Das (nicht Allzuviele leider)[,] was mit Mühe u. Noth Sombart (u. dadurch mir) abzuknöpfen gewesen war (ich wäre, wie gesagt, [bere]ita gewesen, weit größere Opfer zu bringen)^ wieder nicht den sachlichen Zwecken zu Gute kommen sollte. Da Sie an Jaffe zur Motivierung Ihrer Vorschläge ausdrücklich auf die pekuniär günstigeren Arrangements;,] die er mit Sfombart] und mir getroffen habe, hinwiesen, so trat mir diese elende Situation des „Archiv" wieder besonders scharf in die Augen und ich wurde stark aufgebracht. Ihre Noblesse gegenüber meiner Frau habe ich stets von Herzen anerkannt und danke Ihnen auch jetzt dafür, ebenso wie ich mich herzlich freue, daß, nach Ihren Mitteilungen, thatsächlich die Differenzen nicht so große sind, wie es mir schien. - Ich habe Jaffe von dieser Correspondenz nichts gesagt, als (gelegentlich meines ersten Briefs): daß ich an Sie geschrieben hätte. Da ihm dies augenscheinlich nicht erwünscht war, möchte ich auch jetzt nicht näher darauf eingehen. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber a Lochung.
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19. September
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Franz Eulenburg 19. S e p t e m b e r 1 9 0 8 ; o . O . A b s c h r i f t ; m a s c h i n e n s c h r i f t l i c h o h n e A n r e d e u n d S c h l u ß f o r m e l , mit h a n d schriftlichen K o r r e k t u r e n v o n Marianne W e b e r Z S t A M e r s e b u r g , Rep. 92, Nl. Max W e b e r , Nr. 30, Bd. 7, Bl. 1 0 0
19.9.08. Ich danke für die Übersendung Ihrer Korrektur. 1 Ich denke der Eindruck wird wohl sein, daß Brentano sehr erheblich „Zweitbester" geblieben ist und sich eine in diesem Fall wohl verdiente Schlappe geholt hat. Er hat ja wirklich mit seinem Mangel an Menschenfurcht und seiner 5 rücksichtslosen Vertretung einer zur Zeit aussichtslosen Sache seine sehr großen Vorzüge, - aber allerdings scheut er, wenn er sich auf die Mensur begibt, vor „incommentmäßigen Hieben" nicht zurück und verdirbt dadurch nur Allzuvieles. Ihr Artikel wirkt, so wie er ist, sehr gut und überzeugend, und ich denke, Sie können den Fall nun als erledigt 10 betrachten. Es wäre doch wirklich recht wertvoll, wenn Sie sich nun entschließen könnten, nach Jena 2 zu kommen, denn das völlige Scheitern dieser Sache, nachdem sie einmal angefangen ist, wäre ein Triumph von Leuten^,] die trotz allem Ihnen und Brentano als Gegner gemeinsam sind. Es kann aber aus der Sache nichts werden, wenn sie nicht in die 15 Bahn sachlicher Probleme („Hochschulpädagogik" wie Sie ja vorschlugen und ähnliches]) gelenkt wird. Sie werden darin sicher Unterstützung finden, aber Sie selbst sind nicht entbehrlich^] da Sie am meisten von den Dingen verstehen.
1 Wie aus dem folgenden hervorgeht, handelt es sich um den Artikel: Die Wahrheit über den „Akademischen Nachwuchs", in: Beilage der MNN, N r . 6 6 v o m 16.Sept. 1908. 2 D. h. zum zweiten deutschen Hochschullehrertag, der dort am 28. und 29. September 1908 stattfand.
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Paul Siebeck 19. S e p t e m b e r 1 9 0 8 ; O e r l i n g h a u s e n Brief; e i g e n h ä n d i g VA M o h r / S i e b e c k , D e p o n a t B S B M ü n c h e n , A n a 4 4 6
Z. Z. Örlinghausen p. A.Carl Weber &C° 19./9. 8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich bin bis zum 6. X. teils geschäftlich, teils zur Erholung hier, dann auf Reisen und kehre am 15. X. nach Heidelberg zurück. Erst dort könnte ich natürlich wieder an die Überlegung gehen, was man aus Schönberg machen könnte oder an seine Stelle setzen sollte; denn dazu muß ich das Buch, welches ich nicht gut hierher mitschleppen konnte, wieder vor Augen haben. 1 Aber natürlich wäre es mir sehr werthvoll, wenn Sie (oder Ihr Herr Sohn) inzwischen Zeit fänden, mir einmal anzudeuten, in welcher Richtung Sich denn Ihre Gedanken bewegen resp. welche verschiedenen Möglichkeiten Sie etwa in Betracht ziehen. Ich antworte dann von Heidelberg aus und vielleicht läßt sich ein Zusammentreffen vereinbaren, nachdem man einige Gedanken |:brieflich:| ausgetauscht hat. Ob es sachlich und persönlich zweckmäßig ist, daß ich als „Herausgeber" figuriere, kann ja dann erst erörtert werden, da es ein Nebenpunkt ist u. ich Sie unter keinen Umständen etwa jetzt an mich binden möchte. Ich freue mich sehr herzlich, daß über das „Archiv" eine Einigung erzielt ist, wennschon mir D r Jaffe schreibt, daß die beabsichtigten „Chroniken" eben doch, wegen Mangel an Mitteln und Platz, unterbleiben müssen, - was mir sehr leid thut, da dies ein alter, sachlich wichtiger Lieblingsplan war und nur in Verbindung mit einer Zeitschrift | :resp. als deren Teil: | zu machen ist. Die „Chroniken" der „Jahrbücher f[ür]
1 Schönberg, Gustav v. (Hg.), Handbuch der Politischen Ökonomie, 4. Aufl., 3 Bde. Tübingen: H. Laupp'sche Buchhandlung 1896-1898.
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Nat[ional-]Ök[onomie]" taugen, soweit Soz/a/politik u. soziale Bewegung in Betracht kommt, ja schlechthin nichts. Nun, - hoffentlich geht das später einmal. Mit angelegentlichster Empfehlung und besten Grüßen 5 Ihr ergebenster Max Weber
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Alfred Weber 19. September 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 4, Bl. 91 - 9 2
Örlinghausen p. A.Carl Weber &C° 19 a ./9. 8.
Lieber Alfred, also gut: ich habe die „Denkschrift" allein unterschrieben und die nötigen Erklärungen in einer Vorbemerkung gemacht. 1 Herkner, - dem ich sie geschickt hatte, - möchte natürlich (wie auch Bücher zweifellos) die „Vererbung" ausschalten. Ich habe ihm |:u. Bücher:! geschrieben: 2 „wir würden beide entschieden dagegen sein. Man möge die Warnungstafeln vor Voreiligkeit und Dilettantismus noch dicker unterstreichen, u. |:sich:| absolut skeptisch gegenüber den Chancen zeigen, daß jetzt etwas Wesentliches über diesen Punkt hinauszubekommen sei, - aber man dürfe doch nicht verschweigen, daß überhaupt irgendwo u. irgendwie diese Probleme mitspielen". - Ich möchte vorschlagen, in dem „Fragebogen", soweit er zur Verteilung an Gewerkschaften bestimmt ist, alle Fragen, die nicht durch kurze ThatsachenAngaben oder durch „Ja" oder „Nein" beantwortbar sind, zu streichen und den Bearbeitern es anheimzustellen, nach Einvernehmen mit den Gewerkschaftsleitern b diejenigen Fragen zu jenen hinzuzufügen, welche die letzteren für wahrscheinlich erfolgreich ansehen. Im Übrigen müßte aber | :bei all den andren Fragen: | durch persönliche Rücksprache a 18 > 19
b (führern)
1 Es handelt sich um: Erhebungen über Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie. (Als Manuskript gedruckt). - o.O. 1908. Ein Exemplar befindet sich im Nl. Ignaz Jastrow in der Library der London School of Economics in London, Mise. 114. Eine z.T. erheblich veränderte Fassung erschien ebenfalls noch im Jahre 1908 unter dem erweiterten Titel: Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie. (Als Manuskript gedruckt). - Altenburg: Pierer'sche Hofbuchdruckerei 1908 (MWG 1/11). Die Vorbemerkung findet sich ebendort, S.3f. Es geht dabei offenbar um die Frage der Mitautorschaft Alfred Webers. Der Anteil Alfred Webers ist danach eher gering zu veranschlagen; hier heißt es lediglich, daß Max Weber „auch sonst mehrfach die Ergebnisse von Erörterungen, die mit A. Weber gepflogen wurden", verwertet habe. Ebd., S.3. 2 Entsprechende Briefe an Herkner und Bücher sind nicht nachgewiesen.
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des Bearbeiters mit Arbeitern, nicht durch schriftliche Befragung vorgegangen werden, scheint mir, sonst erhält man m.E. sicher quantitativ wenig und dennoch qualitativ vielleicht nichts Brauchbares. Ich melde mich in Jena an, 3 weiß aber nicht, ob ich kommen kann. Der Aufsatz für das Archiv muß fertig werden 4 u. ich kann immer nur aus Bielefeld Stenographinnen bekommen. Über die Sachen mit Mama könnten wir uns ja erst man 5 in Berlin untereinander und dann mit Mama unterhalten. 6 Es ist ja fraglich, ob man es thun soll, da ihre freien Mittel immerhin beschränkt werden. Noch Eins: in Florenz kam ihr der Gedanke - mit dem sie sich offenbar innerlich mehrfach getragen hatte - Frau Stein ein Legat (genügend zum Einkauf in eine Leibrentengesellschaft) zu hinterlassen, u. ich sagte ihr damals: „sie möge doch vorerst einmal jährlich ihre Pension zurücklegen. Den Rest könnten 0 wir d Erben dann 0 , nach Vermögen repartiert, s.Z. tragen." Man muß einmal überlegen, ob das so geht u. ob so ca. 9—10000M. aufzubringen wären (= ca. 600M. Leibrente), oder ob das doch zu viel ist. Ich vergaß immer, mit Dir einmal davon zu sprechen, wie sie wünschte. Auch ist es ja an sich nicht unbedingt eilig. Wo logierst Du in Jena? Herzlichen Gruß, auch von Marianne Max
C wollten > könnten
d dann ev. > Erben dann
3 Zur Teilnahme am zweiten deutschen Hochschullehrertag. 4 Es handelt sich um den Artikel: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, erschienen in: AfSSp, Bd. 27, Heft 3, 1908, S. 730-770 (MWG 1/11). Hinfort zitiert als: Weber, Psychophysik I. 5 „man": norddeutsch für „nur". 6 Vgl. Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1908, oben, S.633f.
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Paul Siebeck 27. September 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Örlinghausen (Lippe) p. A. Commerzienrath Bruno Müller 27. IX. 8 Sehr geehrter Herr D r Siebeck! Ich schicke hiermit |: (als Werthbrief besonders): | das Manuskript (Litteraturbericht) über Psychophysik der industriellen Arbeit für das „Archiv".1 Ich bin in der unangenehmen Lage, 1) meinerseits Sie um Beschleunigung des Druckes bitten, dagegen 2) von Ihnen für die Erledigung der 1 Correktur (die etwa nötige 2te wird umgehend erledigt) etwas Geduld erbitten zu müssen. Dies deshalb, weil ein Fachpsychologe 2 gleichzeitig mit mir die Correktur lesen will, um etwaige kleinere Mißgriffe in der Terminologie, die mir als McMachmann passiert sein könnten, corrigieren zu können. Ich erbitte eben deshalb an mich 4 (oder 5) Correkturabzüge, da ich 2 davon dem betreffenden Herren, 1 meinem Bruder, der den Artikel braucht, zustellen möchte. Ich denke, das macht wohl kaum Extraunkosten. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber (Adresse vorerst: Örlinghausen (Lippe) p. A. Commerzienrath Bruno Müller
1 Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, oben, S.662, Anm.4. 2 Gemeint ist Hans Gruhle. Vgl. dazu die Briefe an diesen vom 13. und 21. Okt. 1908, unten, S.674f. und684f.
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Robert Michels 30. September 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig AFLE Turin, Ni. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz. 64
z. Z. Örlinghausen (Lippe) 30.9.8.
Lieber Freund! PrejS-Erörterungen haben sich an meinen Artikel1 nicht angeschlossen. Die „nationalsozialen" Blätter stimmen durchweg zu,2 der Rest ist durchweg: Schweigen,3 Auf dem Hochschullehrer-Tag in Jena wurde von mir ain Anwesenheit 3 des Dekans der Philosophfischen] Fakultät festgestellt: daß Abbe b jene „Cautelen" ausdrücklich anläßlich des Falles Arons eingefügt hat, daß also eine Remotion wegen sozialistischer] Bethätigung in Jena nicht gestattet sei: 4 der Dekan stimmte Dem, wie ich öffentlich feststellte, z u ^ Die Frage der Zulassung (Habilitation) von Soz[ial-]Dem[okraten] stand nicht auf der Tagesordnung u. der Congreß beschloß: sie das nächste Mal explicite zu behandeln. Da ich (u. mein Bruder) sie für völlig identisch mit der Frage der Remotion schon Habilitierter halten, so verließen wir, zu Demonstrationszwecken, den Congreß, als dies beschlossen u. unser Antrag, schon jetzt zu beschließen, abgelehnt wurde. 5 Formell waren, das muß ich zugeben, die Gegner im Recht. a unter Zustimmung > in Anwesenheit
b O: Abbé
1 Die sogenannte „Lehrfreiheit" an den deutschen Universitäten, in: FZ, Nr.262 vom 20. Sept. 1908, 5. Mo.BI., S. 1 (MWG 1/13). 2 Stellungnahmen in „nationalsozialen" Blättern sind für den September 1908 nicht nachgewiesen. Zustimmende Äußerungen zu Webers Artikel bzw. zu dessen Auftreten auf dem Hochschullehrertag in Jena finden sich in: Die Christliche Welt, Jg. 22, Nr. 40 vom 1. Okt. 1908, Sp. 979-980 (Kleine Mitteilungen), sowie in dem Artikel: Die Professorengewerkschaft, in: Die Hilfe, Jg. 14, Nr. 41 vom 11. Okt. 1908, S. 654-655. 3 Anlehnung an William Shakespeare, Hamlet, Akt5, Szene2: "The rest is silence." 4 Vgl. die Diskussionsbeiträge in: 2. Deutscher Hochschullehrertag, In: Berliner Tageblatt, Nr. 496 vom 29. Sept. 1908, 2. Beiblatt. Das Berliner Tageblatt zitiert die Ausführungen von Max und Alfred Weber z.T. ausführlicher, z.T. in anderer Formulierung als der offizielle Bericht, der erschienen ist unter dem Titel: Zweiter deutscher Hochschullehrertag zu Jena am 28. und 29. Sept., in: Beilage der MNN, Nr. 146 vom 18. Dez. 1908, S. 634-635 (MWG 1/13). 5 Daß Max und Alfred Weber unter Protest den Saal verlassen haben - beide nahmen indes am zweiten Verhandlungstag wieder teil - dokumentieren weder MNN noch FZ, allerdings das Berliner Tageblatt (wie oben, Anm.4).
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Auch versicherten sie, sich um diesen Punkt nicht „drücken" zu wollen. Aber er solle für sich behandelt werden. Daß ich Thfeobald] Fischer als „Typus" bezeichnete u. behandelte, hatte lediglich den Grund: um jeden Preis zu hindern, daß die Sache als 5 eine rein persönliche „Fehde" |:gegen ihn:\ behandelt würde.6 Gewiß giebt es durchaus nicht nur einen „Fischer". Aber deshalb ist er dennoch nicht etwa der Typus der deutschen Professoren! Herzl. Gruß! Max Weber 10 Wie geht es Ihrer Frau? Bekommt sie die Arbeit für den V[erein] f[ür] S[ozial-]Politik fertig?7
6 Weber hatte in seinem Artikel (wie oben, Anm. 1) aus dem Briefe des Marburger Hochschullehrers Theobald Fischer an Robert Michels zitiert, in welchem dieser als Grund für Michels' mangelnde Habilitationschancen u.a. die Nichttaufe seiner Kinder angegeben hatte. 7 Die Arbeit von Gisela Michels-Lindner, auf die Weber anspielt, erschien 1909 in den Schriften des Vereins für Sozialpolitik unter dem Titel: Geschichte der modernen Gemeindebetriebe in Italien. Vgl. den Brief an Gisela Michels-Lindner vom 6. Dez. 1906, oben, S. 198, Anm. 2.
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Marianne Weber PSt 3. Oktober 1908; PSt Oerlinghausen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Max und Marianne Weber waren, wie letztere in ihrem Brief an Helene Weber vom 30. Aug. 1908 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446) geschrieben hatte, „etwa am 10. oder 11. September" 1908 gemeinsam nach Oerlinghausen gefahren; Marianne Weber war am I.Oktober 1908 wieder nach Heidelberg zurückgekommen. Max Weber blieb mit einer Unterbrechung zum Besuch der Ausschußsitzungen des Vereins für Sozialpolitik am 11. und 12. Oktober 1908 in Berlin, bis zum 25. Oktober 1908 bei seinen Verwandten In Oerlinghausen und Kupferhammer. Er untersuchte dort die Arbeitsverhältnisse der Firma Carl Weber & Co. für seine Studien über die Psychophysik der industriellen Arbelt.
Liebe Schnauzele, hier ist nach wie vor ganz fabelhaft schönes Wetter. Gestern gegen Abend war ich auf dem Tönsberg 1 u. rutschte nachher auf den 4 Buchstaben den gleichen „Weg" herunter wie damals 2 . Morgen geht es nach dem Kupferhammer, 3 heut Nachm[ittag] fahre ich nach Stuckenbrock (allein). Der Kleine 4 benimmt sich ganz manierlich, er ist doch ein ganz kluges Bürschchen, beobachtet u. behält gut. Alles hier grüßt sehr. W o bleibt wohl das Bromurall ich hätte es doch recht gern für alle Fälle. Und ob Du wohl die „Frankfurter] Z[ei]t[un]g" herausgesucht hast? 5 Genieße die Ruhe recht, mein Liebes, u. laß das kleine Mädchen 6 sich langsam ihren Weg selbst finden, wie es doch selbst das „Maultier im Nebel" thut. 7 Herzlich küßt Dich Dein Max 1 Zu Füßen des Tönsberges liegt Oerlinghausen. 2 Wahrscheinlich eine Anspielung auf den Besuch in Oerlinghausen zur Verlobungszeit. 3 In Kupferhammer bei Brackwede wohnten Karl und Hertha Möller. 4 Gemeint sein dürfte ein Enkelkind von Karl und Hertha Möller. 5 Vermutlich Interessierte sich Max Weber für die Berichte über den 2. Deutschen Hochschullehrertag in: FZ, Nr. 272 vom 30. Sept. 1908, 4. Mo.BI., S. 1, und Ab. Bl„ S. 1 und 2, sowie FZ, Nr. 273 vom 1. Okt. 1908, Ab.BI., S. 1. Seine eigene Zuschrift, Die sogenannte „Lehrfreiheit" an den deutschen Universitäten, war erschienen in: FZ, Nr.262 vom 20. Sept. 1908, 5. Mo.BI., S. 1. Da er zu diesem Zeitpunkt schon in Oerlinghausen war, kann es sich auch darum gehandelt haben. 6 Am 4. Oktober 1908 hatte Marianne Weber ein vierzehnjähriges Arbeiterkind aus Karlsruhe aufgenommen, das dem Dienstmädchen Bertha Schandau, das kränklich war, helfen und von diesem erzogen werden sollte. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 4. Okt. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 7 Goethe, Mignon, in: Goethes Werk, Weimarer Sophien-Ausgabe, Bd. 1. - Weimar: Hermann Böhlau 1887, S. 161, 3. Strophe: Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg.
5. Oktober
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Paul Siebeck 5. Oktober 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 3. Oktober 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit dem Dank für Webers Bereitwilligkeit, eine Neuausgabe des Schönbergschen Handbuchs der Politischen Ökonomiein Angriff zu nehmen. Imfolgenden macht Siebeck Vorschläge für die Neugestaltung: zum einen die Begrenzung des Handbuchs auf zwei Bände wie bei der ersten Auflage von 1882, um dem Werk reelle Absatzmöglichkeiten gegenüber dem „Handwörterbuch der Staatswissenschaften" zu eröffnen. Zu diesem Zwecke könnten die Verwaltungslehre, Kommunalpolitik sowie die Finanzwissenschaft ausgeschieden werden, letztere auch deshalb, weil von Walter Lötz ein solches Handbuch in seinem Verlag erscheinen werde, „da dürfte es sich kaum empfehlen, wenige Jahre darauf eine neue Darstellung des Gebiets zu geben, vorausgesetzt, daß Lötz gut wird." Zum anderen macht Siebeck den Vorschlag, die einzelnen Beiträge In einen einheitlicheren Zusammenhang zu bringen, als dies in den bisherigen Auflagen der Fall war. „Die konsequente Durchführung einer solchen Umgestaltung würde unter Umständen sehr erschwert werden, wenn Sie gezwungen wären, alle noch lebenden Mitarbeiter der früheren Auflagen wieder heranzuziehen. Ich neige deshalb mehr dazu, daß das neue Handbuch sich auch äußerlich als etwas ganz Neues gibt, daß also auch der Name .Schönberg'sches Handbuch' zu fallen hat. Ich verkenne durchaus nicht, daß eben dieser Name gewissermaßen noch immer als .Handelsmarke' eine gewisse Zugkraft hat. Dieser Vorteil wird aber durch die Schwierigkelten, die die Rücksicht auf einzelne frühere Mitarbeiter mit sich bringen würde, aufgehoben." Der Brief schließt mit der Bitte, Weber möge zu diesem Vorschlag Stellung nehmen.
z. Z. Örlinghausen (Lippe) p. A.Carl Weber &C° 5.X. 8. |:Adresse: cf. 2. Seite NB. Etwaige Correkturen erbitte bis Mittwoch Vormittag von dort abgehend hierher, dann Charlottenburg (2. Seite!):| Sehr verehrter Herr D r Siebeck Ich danke sehr für Ihren freundlichen Brief. Die Sache wird mancherlei Kopfzerbrechen kosten. Wenn Sie nicht widersprechen, so möchte ich gelegentlich der Ausschußsitzung des Vereins f. Sozialpolitik in Berlin am 11 ,/12. X. Prof. Bücher einmal persönlich fragen, ob und e\.für was seine Mitarbeit zu gewinnen sein würde, - für beide Teile ganz unverbindlich natürlich: ich weiß ja aber, daß Ihr Herr Sohn mit ihm bereits über die Angelegenheit diskutiert hatte und auch: in welchem ungefäh-
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ren Sinne. Wünschen Sie dies nicht bzw. wünschen Sie, daß ich dabei bestimmte Richtlinien innehalte, dann bitte ich Sie, mir doch nach: Charlottenburg, Leibnizstr. 19, wo ich vom 10. X Abends bis 13. früh bin, entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Im Übrigen kann ich erst an sachliche Überlegungen eingehenderer Art herangehen, wenn ich wieder in Heidelberg u. im Gebrauch meiner Bibliothek bin. Wann dies genau ist, weiß ich z. Z. noch nicht sicher, werde es Ihnen aber schreiben. Ebenfalls unter Voraussetzung Ihres Nichtwiderspruchs und ebenfalls unverbindlich würde ich ev. mit Prof. Rathgen wegen Übernahme der „Co/on/a/politik" reden. Er ist der Berufenste dazu. Andre Herren in Betracht zu ziehen bleibt besser weiterer Correspondenz vorbehalten. Soll ich ev. Prof. Sombart wenigstens einmal fragen: ob und was er ev. übernehmen würde? Ich zweifle, ob man mit ihm leicht zu einem Abschluß kommen wird. - Für Gewerbewesen könnte man ja versuchen, meinen Bruder zu gewinnen. Doch das sind curae posteriores. Es scheint mir vor Allem nötig, daß man von den Raum-Verhältnissen einen klareren Begriff erhält. Wenn es möglich wäre, würde ich es für sehr erwünscht halten festgestellt zu sehen, wie sich, nach der Worf- resp. Silbenb-Zahl gerechnet, das projektierte „Handbuch" dem Umfang nach verhalten würde zu: 1) dem jetzigen Schönberg (excl. der hinauszuwerfenden Abschnitte,) 2) Ihrem Philippovich'schen Grundriß 3) Gustav Cohn's „Lesebuch" 4) Roscher's entsprechenden Bänden 5) der deutschen Übersetzung von Marshall's „Principles"1 a 0 : zweifach unterstrichen,
b 0 : zweifach unterstrichen.
1 Es handelt sich um die damals gängigen Lehrbücher über Nationalökonomie: 1) Schönberg, Gustav v. (Hg.), Handbuch der Polltischen Ökonomie, 4. Aufl., Bd. 1 —2/II. — Tübingen: H.Laupp 1896-1898; 2) Phillppovlch, Eugen v., Grundriß der Politischen Ökonomie, Bd. 1: Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 6. rev. Aufl.-Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Slebeck) 1906, sowie Bd. 2: Volkswirtschaftspolitik, 4. Aufl. 1907. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1907; 3) Cohn, Gustav, System der Nationalökonomie. Ein Lesebuch für Studierende, Bd. 1: Grundlegung der Nationalökonomie. - Stuttgart: Enke 1885, sowie Bd. 3: Nationalökonomie des Handels und des Verkehrswesens. - Stuttgart: Enke 1898; 4) Roscher, Wilhelm, Grundlagen der Nationalökonomie. Ein Hand- und Lesebuch für Geschäftsmänner und Studierende (System der Volkswirtschaft, Bd. 1), 24. verm. und verb. Aufl., bearb. von Robert Pöhlmann. - Stuttgart: J.G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger 1906; ders., Nationalökonomik des Ackerbaues und der verwandten
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Alle diese Bücher sind ja auf der dortigen Bibliothek zugänglich, soweit sie nicht in Ihrem bzw. Ihres Herrn Sohnes Besitz sind. Könnten Sie wohl durch Auszählungs-Proben einmal feststellen, wie sich (ungefähr) Ihr Projekt zu jenen Büchern verhalten würde. Erst dann hätte man 5 etwas festen Boden unter den Füßen. Die Seitenzahl sagt wenig, der Vergleich nur mit dem jetzigen „Schönberg" giebt auch kein sicheres Bild. Lötz wird, glaube ich, gut werden. Also könnte das in der That fehlen.2 10 Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber
Urproduktionen. Ein Hand- und Lesebuch für Staats- und Landwirte, 13. verm. Aufl., bearb. von Heinrich Dade (System der Volkswirtschaft, Bd. 2). - Ebd. 1903, sowie ders., Nationalökonomie des Handels und Gewerbefleißes. Ein Hand- und Lesebuch für Geschäftsmänner und Studierende (System der Volkswirtschaft, Bd. 3), 7. verm. Aufl., bearb. von Wilhelm Stieda. - Ebd. 1899, sowie 5) Marshall, Alfred, Handbuch der Volkswirtschaftslehre, Bd.1. Nach der 4. Aufl. des englischen Originals mit Genehmigung des Verfassers übersetzt von Hugo Ephraim und Arthur Salz. Mit einem Geleitwort von Lujo Brentano.-Ebd. 1905. 2 Vgl. dazu die Editorische Vorbemerkung.
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Marianne Weber PSt 5. Oktober 1908; PSt Oerlinghausen Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Montag
Abend
Liebe Schnauzel, jetzt bezieht sich der Himmel, das Wetter schlägt offenbar um. Aber gestern auf dem Kupferhammer war es noch traumhaft schön, Carl u. Hertha 1 , auch letztere, sehr behaglich u. freundlich, dann kamen auch Nora u. Lamping 2 u. es war recht erquicklich. Der Junge 3 war selig im Sumpf u. Wasserdreck. O je, Schnäuzchen hat mir ja Veronal, nicht Bromural (das war das verlorene bzw. nicht mitgenommene Rezept) geschickt. Nun, ich muß sehen bis Charlottenburg 4 durchzukommen. Es geht hier mit der Arbeit viel langsamer voran, als ich dachte: die Auszüge 5 dauern so lange. Eigentlich müßte ich von Charl[ottenburg] aus noch für 8 Tage hierher u. zum Kupferhammer zurück! Aber was sagt der Schnauzel dazu? Laß Dirs gut gehen, es küßt Dich Dein Max. Schickst D u wohl die Radierung?6 Eben kam Dein liebes Kärtchen, schönen Dank. Einmal hatte ich schon geschrieben, am Sonnabend.
1 Karl und Hertha Möller. 2 Nora und Willy Lamping, Tochter und Schwiegersohn von Karl und Hertha Möller. 3 Vermutlich ein Enkelkind von Karl und Hertha Möller. 4 Am 11. und 12. Oktober 1908 fanden in Berlin die Sitzungen des Unterausschusses für die Planung der Untersuchungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiter in verschiedenen Zweigen der Großindustrie und des Ausschusses des Vereins für Sozialpolitik statt, in denen dieses Forschungsvorhaben festgelegt und beschlossen wurde. 5 Die Auszüge aus den Lohnbüchern der Firma C. Weber & Co. verarbeitete Max Weber für die zweite, dritte und vierte Folge seines Aufsatzes zur Psychophysik der industriellen Arbelt, In: AfSSp, Bd. 28,1909, Heft 1, S. 219-277 und Heft3, S. 719-761, Bd. 29,1909, Heft 2, S. 513-542. 6 Der Sachverhalt konnte nicht ermittelt werden.
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Alwine (Wina) Müller 9. O k t o b e r 1 9 0 8 ; M ü n s t e r Abschrift;
maschinenschriftlich
ohne Schlußformel,
mit
handschriftlichen
Korrekturen von Marianne Weber Z S t A M e r s e b u r g , R e p . 9 2 , Nl. M a x W e b e r , Nr. 3 0 , Bd. 7, Bl. 1 0 1 - 1 0 3
Münster 1 9.10. 1908. Liebe Wina! Du weißt ja, auch ohne daß ich es ausführlich schreibe, mit wie herzlichen Wünschen ich Dich in Dein neues Lebensjahr 2 geleite, wie wertvoll und teuer Deine Freundschaft mir ist und wie sehr ich es empfinde, wenn ich bei Euch bin, mit welch zarter Liebe Du mich umgibst. Wenn ich mich wie ein großer Sohn des Hauses betrage (und zwar wie ein etwas „flapsig" geratener): mir die Zigarrentasche fülle etc. etc. als wäre ich im eigenen „Schweinestall" und nicht in Eurem „Castle", - so sind das alles im kleinen die Ausdrücke für die Empfindungen, welche durch die heimelige Luft, die Ihr, Du und Bruno 3 und die anderen Alle, um Euch zu verbreiten wißt, geweckt werden. Ich danke nochmals Dir und Bruno für Eure Freundschaft, dem jungen Volk für alle die Plage und Mühe, die sie mir auch diesmal wieder gewidmet haben, und hoffe, daß das kommende Jahr welches ja wieder manche wichtige Änderung in den Lebensproblemen Eurer Kinder bringt, ebenso zum Guten führen möchte wie alle seine Vorgänger es schließlich doch getan haben. Es läßt sich manches schwieriger an, als es schließlich ausläuft, und ich hatte gestern bei einer langen Unterhaltung mit Eurem Roland 4 auf dem Bahnhof, wo er mir wieder so gut gefiel, trotz aller seiner inneren Unsicherheit und Unausgeglichenheit, aufs neue das eine ganz sichere Gefühl, - oder vielmehr: er selbst sprach es mit großer Unzweideutigkeit aus: wie viel bei seinen Überlegungen der Gedanke mitspielt: Euch, speziell Dir, seiner Mutter, in der Art seiner Lebensführung keinen
1 Max Weber besuchte vermutlich in Münster Eleonore Müller, Schwester von Alwine Müller, deren Mann Wilhelm Müller dort als Oberstleutnant dem Bekleidungsamt des VII. Armeekorps vorstand. Auch sie gehörte zu den Erben von Carl David Weber, vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief an Marianne Weber vom 3. Sept. 1907, oben, S. 385. 2 Der Geburtstag von Alwine (Wina) Müller war am 10. Oktober. 3 Bruno Müller. 4 Roland Müller, das fünfte Kind von Bruno und Alwine (Wina) Müller, war damals 18 Jahre alt.
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9. Oktober 1908
Kummer machen zu wollen. Er wird[,j was ihm nun auch im Leben widerfahre, Dir immer ein treuer Sohn bleiben, - und das ist doch die Hauptsache. Über seinen Beruf konnte ich ihm nur alle die Bedenken, die ich ganz wie die Anderen, generell und individuell habe, ganz in Eurem Sinn, wie ich ja weiß, vortragen - auf der andern Seite durfte ich ihm nicht verhehlen, erstens^] daß er manche Eigenschaften besitzt, die ihn gut zum Offizier qualifizieren, - zweitens, daß ich in diesem Stande viele gradej,] aufrichtige und wertvolle Charaktere kennen zu lernen Gelegenheit hatte, relativ mehr als z. B. unter meinen Kollegen. Als er erwähnte, daß er das Gefühl habe, er werde von seinen Brüdern später nicht nach seinem Wollen, sondern nach seinen Verdienstchancen bewertet werden, habe ich ihm das natürlich als eine ganz unsinnige Idee und als ein großes Unrecht in der Beurteilung der Auffassungsweise seiner Brüder ausgeredet: er werde, wenn er schließlich wirklich definitiv Offizier würde, bei ihnen sicherlich auf soviel Sympathie mit seinem Ergehen und seinen Berufsinteressen zu rechnen haben, wie in irgendeinem anderen Berufe; daß aber, solange noch nichts feststehe, sie auf ihn einwirkten, entsprechend den Bedenken, die wie er selbst zugeben müsse, der Beruf habe und zwar speziell für ihri[,] müsse er verstehen und sich gefallen lassen, ohne „bockbeinig" zu werden. Er gab übrigens zu, daß er die Stunden der Einsamkeit fürchte und ich habe ihn natürlich auf die Erfahrungen in unserem Regiment und darauf hingewiesen, dass „Geselligkeit" u. dglj.j über so etwas nie dauernd hinweghelfe. Er scheint an die Adjutantencarriere zu denken, falls es mit Kriegsakademie nichts würde, und ich habe auch gesagt, daß nur wer sehr bald zu arbeiten beginne, über sich selbst hinauskomme. Er sprach auch von den „sittlichen" Gefahren und ich habe ihm ganz energisch bestätigt, was er selbst sagte: daß das heute überall an ihn herantreten werde und daß das allein Entscheidende sei: daß man seine Phantasie nicht mit diesen Dingen befasse und grundsätzlich an Gesprächen über derartige Themata wie sie überall im Kurs sind[,j sich einfach nicht beteilige, schon des guten Geschmacks wegen. Das alles sagte er übrigens selbst. - Der Offiziersgedanke sitzt recht fest in ihm, er wird auch von mir nur das herausgehört haben, was in seinen Gedankenkreis hineinpaßte. Auffällig ist ja namentlich: 1. daß er - wie alle Eure Kinder - überhaupt so stark in jungen Jahren an Beruf und dergleichen (er speziell auch an Heirat) denken. Dann 2. daß er seine Ansichten, ohne einen Grund angeben zu können, wechselt, z.B. will er jetzt nichts von Artillerie hören, konnte auf Befragen nicht angeben, warum nicht - offenbar nur
9. Oktober 1908
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um das Problem zu vereinfachen... Nun leb herzlich wohl, liebe Wina, vielleicht auf Wiedersehen in 10 Tagen. Jedenfalls hoffe ich aber auf Dein Kommen nach Heidelberg. Bitte gib Marianne Nachricht davon, die sich schrecklich freuen wird.
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13. Oktober
1908
Hans Gruhle 13. Oktober 1908; Kupferhammer Brief; eigenhändig Privatbesitz
z.Z. Kupferhammer Brackwede b/Bielefeld 13.X. 8 (Sonnabend bis Mittwoch: Örlinghausen b. Bielefeld p. A. Commerzienrath Müller.) Sehr verehrter Herr Doktor! Verbindlichsten Dank für Ihren freundlichen Brief und Ihre so werthvolle Bereitwilligkeit.1 Ich mache davon sofort sehr unbescheidenen Gebrauch. Es schien mir unvermeidlich, den Versuch zu machen, durch Confrontation der experimentalpsychologischen Methodik mit unsren Forschungsmitteln (Lohnbücher, Nutzleistungs-Calculationen der Fabriken an einigen Beispielen) zu zeigen 1) wie groß die Kluft ist, die zwischen beiden z. Z. noch klafft, - 2) wie man versuchen könnte, der Ausfüllung dieser Kluft langsam näher zu kommen. Daher habe ich in einer „Litteraturübersicht" über „Arbeits-Psychophysik" im „Archiv f[ür] Sozialwiss[enschaft]"2 versucht, zuerst die (wirklichen und vermeintlichen) Ergebnisse der Kraepelin'schen (u. seiner Schüler) Arbeiten kurz zu resümieren - ein höchst verwegener Versuch für einen Laien! - , um dann die |:möglichen:! Methoden unserer Disziplin damit
1 Brief Hans Gruhles vom 11. Okt. 1908 (AFLE Turin, Nl. Robert Michels, Kapsel Max Weber, Fasz.56) mit dem Dank für die „Erhebung über Auslese und Anpassung"; vgl. dazu Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, oben, S. 661, Anm.1. Dann schreibt Gruhle weiter: „Ich interessiere mich ausserordentlich dafür, ob trotz der unendlichen Schwierigkeiten, die Ihre Anweisung aufführt, etwas herauskommen wird. Wenn Sie oder einer der Bearbeiter mich in irgend etwas brauchen können, stelle ich gern Interesse, Zeit und guten Willen zur Verfügung." 2 Weber bezieht sich hier auf die schon fertiggestellten Manuskriptteile seiner Artikelfolge: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, später erschienen unter der Rubrik „Litteraturübersicht", in: AfSSp, Bd. 27, Heft3, 1908, S. 730-770, sowie AfSSp. Bd. 28, Heftl, 1909, S. 219-277 (MWG 1/11). Vgl. auch Webers Danksagung „für wertvolle Hinweise" an Willy Hellpach und Hans Gruhle in seinem Einleitungsartikel, ebd., Bd. 27, S.734, Anm. 1.
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zu vergleichen. Eine solche Compilation muß ja „dilettantisch" im höchsten Sinn des Wortes sein. Aber sie mußte gemacht werden, sollte die Fragestellung in Fluß gebracht werden. Ich habe sie, unter uns gesagt, auch deshalb gemacht, um meinem Bruder, der die Enquete 3 mit leiten wird (ich habe andres zu thun, ziehe mich also zurück) die großen (wohl unübersteiglichen) Schwierigkeiten, auf diesem Wege dem Vererbungsproblem näher zu kommen, zu demonstrieren. - Ich gestatte mir, morgen Ihnen die Correkturen jenes Elaborats zu senden. Sollten Sie Zeit finden, so wäre ich unendlich dankbar, wenn Sie mich auf grobe Fehler aufmerksam machen wollten, die ich korrigieren könnte. Die Laienhaftigkeit der ganzen Sache an sich ist nicht korrigierbar, auf kleine Schiefheiten etc. etc. kommt es auch nicht an. Das wird durch die weiteren Erörterungen schon beseitigt werden. Nur ganz grobe Verstöße u. direkte Falschheiten möchte ich natürlich gern vermeiden. Ich wäre, wie gesagt, sehr dankbar für entsprechende Winke! Auf Wiedersehen in Heidelberg, mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Max Weber
3 D.h. die vom Verein für Sozialpolitik vorbereitete Enquete über „Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie".
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15. Oktober
1908
Paul Siebeck 15. Oktober 1908; Kupferhammer Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Z. Z. Kupferhammer bei Brackwede (Westfalen) 15/X8
Sehr geehrter Herr D r Siebeck, ich berichte vorerst nur, daß ich mit Prof. Bücher - nur mit ihm vertraulich gesprochen habe. 1 Er ist, da seine Frau im Sterben liegt, 2 nach wie vor so tief deprimiert, daß er erklärte, jetzt nichts Andres zusagen zu können, als seinen Rath, wenn er gewünscht wäre. Er kam diese Woche durch Heidelberg und war bereit, mich dort zu sehen. Das war unmöglich, da ich hier noch 8 Tage zu thun habe. Für den November war er bereit, sich in Leipzig sprechen zu lassen, wo ich in dieser Zeit vielleicht Gelegenheit haben würde ihn zu besuchen. Vielleicht haben wir uns 3 bis dahin schon einmal persönlich gesprochen |:und:| vielleicht ist auch Ihr Herr Sohn in der Lage, ihn dann einmal (vielleicht gleichzeitig) zu sehen. - Mit andren Herren zu reden habe ich, nach Ihrem Brief, 3 für nicht gerathen gehalten. Nur meinen Bruder habe ich gefragt, wegen des Abschnitts: „Gewerbewesen". Er kann diesen keinenfalls nehmen, dagegen vielleicht den Abschnitt: „Theorie der Verteilung", falls die Sache nicht drängt. Ich selbst kann erst in Heidelberg, nach eingehender Durchsicht des jetzigen Schönberg u. nochmaligen Überlegungen, die ersten Ratschläge erteilen. Vielleicht sind Sie bis dahin über den wichtigen Punkt Ihrerseits noch klarer geworden: was das Spezifische des
a (schon) 1 D. h. über das Projekt einer Neugestaltung des Schönbergschen Handbuchs der Politischen Ökonomie. 2 Emilie Bücher verstarb nach langem Leiden am 11. Januar 1909. 3 Brief Paul Siebecks vom 9. Okt. 1908 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) mit der Bitte, Werner Sombart auf keinen Fall um Mitwirkung am projektierten Handbuch zu ersuchen.
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neuen Buchs (gegenüber der „Concurrenz") sein soll. Sie schreiben jetzt von einem „Lehrbuch".4 Ist das Ihre eigentliche Ansicht? Vorerst mit angelegentlichster Empfehlung Ihr hochachtungsvoll ergebenster 5 Max Weber Ich bin Donnerstag |:Abend:| nächster Woche in Heidelberg zurück. Ihren Brief u. die Correkturen erhielt ich dankend. 5
4 In seinem Brief vom 9. Okt. 1908 (wie oben, Anm. 3) hatte Siebeck im Zusammenhang mit der Begrenzung der Seitenzahl für das geplante Werk auf den Charakter desselben als Lehrbuch verwiesen. 5 Der Brief ist im VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446, nicht nachgewiesen. Bei den Korrekturen handelt es sich um die von Webers Artikel: Psychophysik I.
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16. Oktober
1908
Marianne Weber PSt 16. Oktober 1908; Kupferhammer Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Kupferhammer, Freitag früh Lieber Schnauzel! Gestern war Carlo's1 Geburtstag (der 50 te ), was wir leider nicht gewußt haben. Carl u. Hertha 2 fuhren mit mir Nachmittags] hinüber, 3 ich dann vor dem Abendessen allein zurück; vertiefte mich aber in eine Unterhaltung mit Erwin 4 u. kam recht spät zu Bett. Heut ist Nebeltag. Wir werden heut Nachm[ittag] a Tante Ottilie 5 aufsuchen u. mit ihr spazieren fahren, ich wollte sie so wie so gern nochmal sehen. Morgen Abend werde ich dann, wenn ich in Örl[inghausen] für die Arbeit 6 noch etwas fertig bringen will, dorthin fahren müssen. Gestern (und schon vorgestern Nachmittag) war es hier fabelhaft schönes Herbstwetter, der Kupferhammer in voller alter Pracht. Hoffentlich geht es Dir ordentlich, ganz so unruhig wie für uns waren ja die Charlottenburger Tage für Dich 7 nicht. Frl. Baum 8, (wegen der Arbeit) und Lili 9 (wegen der Geldsache u. etwaigen Hinkommens) habe ich geschrieben. a (nochmals) 1 Carl („Carlo") Weber war am 15. Oktober 1858 geboren. 2 Karl und Hertha Möller. 3 Carl Weber wohnte in Oerlinghausen. 4 Erwin Möller, der älteste Sohn von Karl und Hertha Möller. 5 Ottilie Weber. 6 Vgl. Karte an Marlanne Weber vom 5. Okt. 1908, oben, S. 670, Anm. 5. 7 Am 11. und 12. Oktober 1908 fanden Ausschußsitzungen des Vereins für Socialpolitik in Berlin statt, vgl. Karte an Marlanne Weber vom 5. Okt. 1908, oben, S. 670, Anm. 4. Max und Alfred Weber waren dazu nach Berlin gereist und hatten bei dieser Gelegenheit mit Helene Weber Fragen der Vermögensverwaltung und Vermögensdisposition besprochen, vgl. Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1908, oben, S.633f., und Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, oben, S. 662, sowie Brief an Helene Weber vom 21. Okt. 1908, unten, S. 686f. Auch Marianne Weber war in diesen Tagen zu Helene Weber nach Charlottenburg gefahren, vgl. Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 4. und 17. Okt. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 8 Brief an Marie Baum nicht nachgewiesen. 9 Brief an Lili Schäfer nicht nachgewiesen; der Brief vom 20. Okt. 1908, unten, S. 682f., ist wohl die spätere Antwort auf einen späteren Brief von Lili Schäfer.
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So schön es hier überall ist, werde ich nun doch allmälig anfangen müde zu werden von dem vielen Wechsel u. Mitte nächster Woche gern heimkommen. Herzlichst grüßt Dich Dein Max
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18. Oktober 1908
Marianne Weber [am o d e r n a c h dem 18. Oktober 1908; Oerlinghausen] Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Datum erschlossen aus der Karte an Marianne Weber vom 16. Okt. 1908, auf der Max Weber seine Ankunft in Oerlinghausen für Samstag, den 17. Oktober 1908 abends, ankündigt. Vermutlich ist der Brief aber später geschrieben worden, da in ihm eine Antwort von Uli Schäfer erwähnt wird, die Max Weber am 20. Oktober 1908 beantwortet hat, sowie die frühestens am 18. Oktober 1908 begonnene Arbeit an den Lohnbüchern. Der Brief ist daher wohl frühestens am 18. und spätestens am 20. Oktober 1908 geschrieben worden. Ort erschlossen aus dem Briefaufdruck „ Richard Müller", dieser wohnte in Oerlinghausen.
Richard Müller1 Liebe Schnauzel, vielen Dank für Dein liebes Kärtchen. Hier ist, mit Nora 2 u. Ina 3 als Gästen, Alles sehr pläsierlich u. ich mache noch einige Auszüge aus den Lohnbüchern 4 etc. Anbei einige Briefe, die Dich teils erfreuen, teils betrüben werden. Ich werde „Paulchen" 5 gelegentlich nochmal schreiben; es konnte ja in diesem Fall keine Rede davon sein, daß er vorgeschlagen 3 wurde, der vornehmlich Litteratur pflegt (wo Waldberg u. Voßler da sind). Wann kommt denn nun Düring b Pascha 6 ? Ich möchte ihn doch gern sehen, andrerseits aber - da Du doch Mittwoch u. Donnerstag noch zu thun hast, - eventuell erst Freitag früh hier abfahren, um noch so viel wie irgend möglich hier herauszuquetschen (wie viel dabei herauskommt, ist ganz unsicher, es ist eine sehr mühselige Arbeit). Aber wenn die Leutchen schon vorher kämen, so führe ich Donnerstag. Lili habe ich geschrieben 7 u. sie hat sehr nett geantwortet u. ihre Lage a berufen > vorgeschlagen
b O: Dühring
1 Max Weber benutzte Briefpapier von Richard Müller, Oerlinghausen. 2 Eleonore Müller, Schwester von Alwine (Wina) Müller. 3 Ina Müller, Tochter von Eleonore Müller. 4 Vgl. Karte an Marianne Weber vom 5. Okt. 1908, oben, S. 670, Anm. 5. 5 Paul Hensel hatte sich offensichtlich Hoffnungen gemacht, auf den 2. Lehrstuhl für Philosophie in Heidelberg berufen zu werden. 6 Prof. Ernst von Düring, dem in der Türkei der Titel eines Pascha verliehen worden war, besuchte Max und Marianne Weber am 15. November 1908. Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Nov. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 7 Gemeint ist wohl der in der Karte an Marianne Weber vom 16. Okt. 1908, oben, S. 678 angekündigte, aber nicht nachgewiesene Brief an Lili Schäfer.
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auseinandergesetzt, es war wirklich hohe Zeit, daß die Sache für sie festgelegt wurde (3600 Mk Gehalt, 390M. Wohnungsgeld ist Alles, was sie fest haben). Valborg 8 geht also zu ihr. 9 Ich werde auch Artur dieser Tage schreiben, 10 ebenso Mama über Frau Stein. 11 Die Kupferhammer-Leute sind etwas strapazante Menschen trotz der großen Herzensgüte von Carl 12 und Erwin 13 u. trotzdem Hertha 14 in ganz besonders angenehmer Stimmung war. Man merkt ihr doch an, daß sie sich anstrengen muß, ihr temper zu beherrschen^] und Carl u. Erwin sind beide die fabelhaftesten Rechthaber],] die es giebt, von denen, wenn sie sich unter sich unterhalten, jeder das letzte Wort haben muß. Erwin andrerseits hat zwar sehr nett mit mir über sich u. allerhand sonst gesprochen, ist offenbar jetzt recht befriedigt u. an der richtigen Stelle, aber Abends, als wir ganz allein waren u. ich dachte, er würde noch weiter aus sich herausgehen, kam er plötzlich mit einem „was ich schon lange fragen wollte" auf ein Interview über die Währungstrage u. das ging bis 11 Uhr! Jetzt friert es hier Nachts, bei prachtvollem Sonnenschein. Frl. Baum wird Dir ja geschrieben haben. Ich habe mich gehütet, ihr über „Frieda" 15 etc. etwas zu sagen, was sie nicht wußte. Aber sie hatte Alles Wesentliche^ sich aus Lask's eigenen Äußerungen u. ihrer Kenntnis von Jaffe's her schon allein gedacht u. sprach sehr empört über die „Verantwortungslosigkeit" der beiden Gr[oss] (Lask gegenüber namentlich). Wina 16 kommt nun doch nicht. Herzlich küßt Dich Dein Max, alle Andren grüßen sehr. d.h. natürlich nicht die entscheidenden Sachen mit Else 17 etc. 8 Valborg Weber, geb. Jahn, Frau von Arthur Weber. 9 Gemeint ist wohl zur Hilfe während der bevorstehenden Geburt von Uli Schäfers Sohn Max. 10 Brief nicht nachgewiesen. 11 Siehe Brief an Helene Weber vom 21. Okt. 1908, unten, S. 686f. 12 Karl Möller, Mann von Hertha Möller. 13 Erwin Möller, Sohn von Karl Möller. 14 Hertha Möller. 15 Frida Gross. Gemeint sind die Beziehungen zwischen Emil Lask und Frida Gross, vgl. Brief an Marie Baum vom 4. Febr. 1908, oben, S. 431. 16 Alwine (Wina) Müller hatte einen Besuch in Heidelberg geplant, vgl. Brief an Alwine (Wina) Müller vom 9. Okt. 1908, oben, S. 673. 17 Else Jaffe. Gemeint ist deren Beziehung zu Otto Gross.
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20. Oktober 1908
Lili Schäfer 20. Oktober 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 26, Bl. 7 - 8 Der Aufdruck „Richard Müller" ist Im Briefkopf durchgestrichen.
Örlinghausen 20. X. 8 Liebe Lili, vielen Dank für Deinen freundlichen Brief, es wird sich leider diesmal doch nicht machen lassen, daß ich komme, 1 da ich hier noch stark zu thun habe u. dann nach Hause muß. Aber ich werde wohl im Winter nochmal reisen u. dann bei Euch vorkommen, - wenn es dann paßt! Ich freue mich zu hören, daß Valborg 2 bei Dir ist (oder kommt), bitte grüße sie herzlich. An Artur werde ich über die Abmachungen in Berlin 3 auch demnächst schreiben, 4 obwohl er ja dabei nicht in Betracht kommt, damit er die Sache nicht mißversteht. (Es liegt für ihn ja als Caution der Betrag von 75 000 M fest 5 u. also kann man ihm unmöglich noch außerdem Capital zuwenden, abgesehen davon, daß es |:allzu:| ungerecht u. jetzt auch nicht nötig wäre. Später, wenn die Caution frei wird, kann es ja vielleicht geschehen). Ich denke, daß Mama die Sache vorerst schon einmal notariell für Euch festgemacht hat in Gestalt der Festlegung der 1000Mk jährliche Zinsen. Nicht wahr aber, liebe Lili, wenn Ihr in die Lage kommt, für spezielle Fälle einmal besondre Zuschüsse zu brau-
1 Uli Schäfer hatte Max Weber eingeladen, sie In Altenberg zu besuchen. 2 Valborg Weber, Frau von Arthur Weber. 3 Gemeint sind die Ergebnisse der Besprechung von Max und Alfred Weber mit Helene Weber über die Dispositionen des Familienvermögens im Anschluß an die Sitzungen des Vereins für Sozialpolitik in Berlin vom 11. und 12. Oktober 1908. 4 Brief nicht nachgewiesen. 5 Zur Erteilung einer Heiratserlaubnis mußten aktive Offiziere bis zum Range eines Hauptmanns den Nachweis eines außerdienstlichen Einkommens vorlegen. Im preußischen Heer betrug dieses für einen Oberleutnant und Leutnant jährlich 2500 Mark. Der Nachweis dieses Einkommens konnte erbracht werden durch die Hinterlegung von Wertpapieren bei der Reichsbank. Dies ist wohl mit der Kaution von 75000 Mark gemeint, die bei einer Verzinsung von 31/2% das geforderte zusätzliche Einkommen garantiert haben dürfte. Vgl. Verordnung über das Heirathen der Militärpersonen des Preußischen Heeres und der Preußischen Landgendarmerie vom 25. Mai 1902. - Berlin: Ernst Siegfried Mittler 1902.
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chen, dann wendet Ihr Euch nach wie vor an Mama, - es kann ja, nachdem jetzt ein Teil (100000M.) des Vermögens vergeben ist, in einem Jahre, wo Mama viel Ausgaben hat, einmal nicht gut gehen, aber in der Regel wird sie Euch beispringen können. Und da Andre von uns, 5 denen es lange nicht so nötig war, immer ohne Bedenken es gethan haben (und mit Recht), so hoffen wir, daß auch Ihr es darin nicht anders macht, denn Eure Lebenskosten steigen doch u. ich habe (von Carl) mit Schrecken gehört, wie stark Ihr doch immer noch mit Verpflichtungen belastet seid. 6 10 Alles hier grüßt herzlich, ebenso Dein Bruder Max
6 Karl Weber war als Schwager von Hermann Schäfer über die finanziellen Schwierigkeiten in der Familie unterrichtet, vgl. Brief an Helene Weber vom 12. Sept. 1906, oben, S.162f., A n m . 3 , 4 , 5 und 6.
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21. Oktober 1908
Hans Gruhle 21. Oktober 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig Privatbesitz
Örlinghausen 21 ./X. 8 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich danke Ihnen verbindlichst für die lästige Mühe, die Sie auf Sich genommen haben; da die erste Correktur schon fortgeschickt war, werde ich Ihre freundlichen Hinweise in der 2ten benutzen. 1 Mir ist ja das allein Wichtige, daß keine ganz groben Fehler in dieser Compilation stecken, die nur die Einleitung zu unsren Fragestellungen bilden sollte. Eine „Kritik" Kraepelin's aus meinem Munde wäre ja doch eine glatte Lächerlichkeit: daß die Sache mit diesen gegeneinanderwirkenden Componenten und dem sorgsamen Anschluß an die physiologische Betrachtungsweise, wo die psychisch-affektiven Elemente stets eine ersichtliche Verlegenheit bilden, wohl Bedenken erregen kann u. noch nicht „sturmfrei" dasteht, kann hie u. da wohl auch der Laie ahnen. 2 Mir wäre Ihr Urteil zu der ganzen Theorie gelegentlich einmal zu hören von größtem Werth. Schon deshalb hätte ich Sie gern im
1 Vgl. Brief an Gruhle vom 13. Okt. 1908, oben, S. 674, Anm. 1. 2 Vgl. insbesondere die Passage in „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. II.", in: AfSSp, Bd. 28, Heft 1, 1909 (MWG 1/11), S.224, in welcher Weber auf die sachlichen Schwierigkeiten, die durch die somatisch-psychiatrische Grundlage der Kraepelinschen Theorie der Ermüdung bedingt sind, eingeht: „Die Psychiatrie, und gerade diejenige Kraepelins, wird immer mehr oder minder dazu neigen, die somatischen Vorgänge als das .Reale', die psychischen als zufällige, .Erscheinungsweisen' anzusehen. Geschieht dies, so geraten eine Anzahl derjenigen .Komponenten'der Arbeitskurve, mit denen Kraepelin arbeitet, leicht in eine etwas schiefe Position. Von Einzelheiten abgesehen sind es namentlich die Vorstellungen über die Wirkungsweise der .psychomotorischen Erregung', der .Anregung' und des .Antriebes', welche davon betroffen werden würden: die auf allen Gebieten der Psychophysik als letztes Problem immer wieder sich einstellende Frage: wie das unbezweifelbare Einwirken dieser, zu einem erheblichen Teile nur psychisch ableitbaren Faktoren mit einer streng physiologisch operierenden Theorie der Ermüdung und Übung zu kombinieren seien, spielt hier hinein. Wenn die .Müdigkeit' weil rein psychisch, für die objektive Leistungsfähigkeit-die doch ihrerseits wieder nur an Leistungen, nicht an ungreifbaren .Möglichkeiten' zu solchen meßbar ist-außer Betracht bleiben soll, so fragt es sich, ob nicht für jene anderen, so stark mit nur psychologisch verständlichen Elementen durchsetzten Tatbestände Ähnliches zu gelten hätte?"
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Spätsommer öfter persönlich gesehen, wußte aber, daß Sie Nachtdienst hatten und fand es deshalb zu anspruchsvoll Sie um einen Besuch zu bitten. Nachher war ich fort. Hoffentlich dürfen wir Sie aber in nächster Zeit (ich reise morgen heim) wieder öfter einmal bei uns begrüßen. 5 Nochmals verbindlichsten Dank! Mit ergebenstem Gruß Ihr Max Weber
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Helene Weber 21. Oktober 1908; Oerlinghausen Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446
Örlinghausen 21. X. 8 Liebe Mutter! Der Notar wird Dir die Verpflichtung für Uli 1 ' wohl redigiert haben. 1 Alle andren Maßnahmen erledigen sich ja ohne notarielle Beglaubigung: Ernst 2 zahlt nur noch 5 X 30 = 150 M, Carl erhält 9000 M. in Papieren, Alfred vorläufig noch gar nichts, wir werden uns noch melden, wenn es so weit ist. Also das erledigt sich von selbst resp. durch Alfred. Artur schreibe ich gelegentlich, damit er die Sache richtig auffaßt. Frau Stein3 würde ich nur Folgendes jetzt sagen: Du wollest ihr gern, als Sicherung für ihr Alter, eine Rente hinterlassen für Lebenszeit. Um dieselbe zu beschaffen, stünden 10000Mk. zur Verfügung, die aus Deiner Wittwenpension stammten (das ist ja doch in der That der Fall: Du hast bisher Wohlthätigkeits- und andre Ausgaben aus dieser Pension bestritten, welche ohne dieselbe aus den Zinsen des Vermögens gezahlt worden wären (mindestens zum Teil). Sie möge selbst sagen |:resp. sich überlegen: | wie ihr die Sache am liebsten sei: 1) ob man sie jetzt in eine sog. „Überlebensversicherung" einkaufen solle, - das heißt: ihr eine mit dem 60ten {oder: einem andren) Lebensjahr beginnende Rente kaufen solle, - oder 2) ob sie vorzöge, das Capital zu erhalten (bei Deinem Tode) und es selbst zum Ankauf einer „Leibrente" bei einer Versicherungsgesellschaft zu verwenden. Dies sind die beiden praktischsten Formen. Ich werde mich noch erkundigen, wieviel Prozent (von 10000M.) sie im einen und im andren Fall erhalten würde (ich denke: beidemal ca. 700Mk), so daß man überlegen könnte, wie viel '' Ich hatte ihr geschrieben. Sie lud mich ein, aber ich kann sie jetzt nicht mehr besuchen, vielleicht nach Weihnachten. 1 Vgl. Brief an Uli Schäfer vom 20. Okt. 1908, oben, S.682f. 2 Ernst Mommsen, Mann von Clara Mommsen. 3 Vgl. Brief an Helene Weber vom 14. Aug. 1908, oben, S. 634, und an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, oben, S. 662.
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mehr man 3 ihr vielleicht, wenn die Rente | :zu: | niedrig ist, ihr zuwenden könnte. - 3) Natürlich könntest Du auch testamentarisch uns (allen Kindern) die Verpflichtung auferlegen, die Rente selbst an sie zu zahlen u. dann einfach sagen: „so u. so hoch". Auch das wäre praktisch, wir würden dann die Sache unter uns verteilen nach dem Vermögen u. Einer ließe sie ein für alle Mal durch seine Bank zahlen. - 4) Oder Du könntest ihr einfach 10000 M. Kapital (nach dem Vermögen der Erben zu verteilen) 2 ' vermachen, falls ihr, nach Deinem Eindruck, dies das Liebste wäre. Dann könnte sie machen, was sie wollte. Sobald Du die Sache mit ihr einmal besprochen hast, setze ich Dir ein Schriftstück auf. Man kann ihr ja auch testamentarisch die Wahl zwischen all diesen Möglichkeiten lassen. Morgen fahre ich nach Heidelberg, dann mehr! Herzlichst Dein Max Alles hier grüßt sehr u. ist wohl u. sehr wohlthuend. Tante Ottilie 4 geht es gut.
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l Wie wir das arrangieren, braucht ja Frau Stein nicht zu wissen.
a Fehlt in 0 ; man sinngemäß ergänzt. 4 Ottilie Weber.
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30. Oktober 1908
Lujo Brentano 30. Oktober 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 67, Bl. 8 3 - 8 4
Heidelberg 30/X 8 Sehr geehrter Herr Geheimrath! Ich danke sehr für Ihren freundlich-feindlichen Brief. In einem Punkt sind Sie im Recht: die Erwähnung Böhm-Bawerks1 beruht in der That auf einem Versehen, da Sie von ihm | :in Ihrer Schrift: | nicht gesprochen haben. Sie lief mir in die Feder, weil Sie mir gegenüber wiederholt über die ganze „Schule" privatim noch wesentlich abfälliger urteilten als |:dies:| in Ihrem Briefe zum Ausdruck kommt. Allein bei einer öffentlichen Diskussion gilt als Grundsatz, daß private, nicht öffentliche Äußerungen dem Gegner nicht entgegengehalten werden dürfen und ich bedaure daher, daß ich mich im Augenblick der Niederschrift jener Anmerkung in dem Irrtum befand, Sie hätten auch v. B[öhm]-B [awerk] erwähnt und (da ich den Aufsatz auf der Reise corrigierte) nicht, wie ich dies sonst sicher gethan hätte, nochmals besonders nachgesehen habe. Ich werde das gegebenenfalls sagen. - Daß ich die Anm[erkung] überhaupt drucken ließ, hat seinen Grund darin, daß ich es prinzipiell für nicht richtig halte, allzu viel Gewicht auf den „Stil" zu legen und ihn einem, immerhin bedeutenden, Schriftsteller in solcher Schärfe, wie Sie es thun, vorzurücken. Ich bin der Ansicht: 1) daß Menger das, was er sagen will, etwas unbeholfen zwar, aber ohne Aufputz und schlicht und deutlich zum Ausdruck bringt, - 2) daß es auch betreffs B[öhm]-B[awerk]'s, dessen Zimtheorie auch ich nicht einfach acceptiere, der aber noch andre bedeutende Leistungen aufzuweisen hat. 1 Vgl. Weber, Max, Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz", in: AfSSp, Bd.27, Heft2, 1908 (MWG 1/12). Auf S . 5 5 5 - 5 5 6 , Anm.4, heißt es: „Ich sehe nicht recht, worauf die geringschätzige Behandlung der .Österreicher' durch Brentano beruht. K. Menger hat methodologisch nicht zu Ende geführte, aber ausgezeichnete Gedanken vorgetragen, und was die, heute üblicherweise auf Kosten des sachlichen Gedankengehalts überschätzte, Frage des .Stils' anlangt, so ist vielleicht nicht gerade er, wohl aber v. Böhm-Bawerk auch darin ein Meister."
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ganz und gar unberechtigt ist, ihn einfach als einen Abklatsch Gossen's 2 oder wessen immer anzusehen, - was zu begründen hier zu weit führen würde. Er überschätzt sich selbst gewaltig, das ist richtig, aber er hat seine sehr beträchtlichen Verdienste, auch in dem Streit mit Schmoller in der Sache in den wichtigsten Punkten recht gehabt. Sie stehen ihm jetzt näher als früher, - warum haben Sie das Bedürfnis, ihn trotzdem zu ohrfeigen? oder grade deswegen? Kurz, ich fand, daß Sie in diesem Punkt gegen den Mann - ein wunderlicher Kauz wie er ist - ungerecht waren u. sagte das. In dem Hauptstreitpunkt 3 wird es mir stets ein Vergnügen sein, zu Ihren etwaigen weiteren Argumentationen in der Sache Stellung nehmen zu können. Sie haben Sich nun also doch entschlossen, den Hochschullehrertag zu begraben?4 Denn das ist doch schließlich die „Vertagung auf unbestimmte Zeit"! - Ich bedaure, daß in der Eulenburg-Sache nicht eine Aussprache und gegenseitige Annäherung stattgefunden hat. 5 Es war sehr wohl möglich u. wäre sachlich recht erwünscht gewesen. Hoffentlich findet E[ulenburg] in seiner Selbstanzeige (zu der ich ihm im Sommer das „Archiv" zur Verfügung gestellt hatte) 6 den richtigen Ton. Ich habe das Mscr. nicht gesehen, da ich erst vorgestern heimkehrte. Trotz aller Gegensätze des Tages stets in Verehrung Ihr Max Weber
2 Hermann Heinrich Gossen hatte in seinem zunächst unbeachteten Buch: Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln. - Braunschweig: Friedrich Vieweg und Sohn 1854, als erster explizit die Theoreme vom „Grenznutzen" formuliert. 3 Gemeint ist der Gegensatz zwischen einer rationalen Begründung der Methode der Nationalökonomie, wie sie Weber vertrat, und einer psychologischen, für welche Brentano eintrat. 4 D.h. den Hochschullehrertag, der am 28. und 29. September 1908 in Jena stattgefunden hatte. 5 Vgl. das Schreiben an Franz Eulenburg vom 19. Sept. 1908, oben, S. 658. 6 Eulenburg, Franz, Der „Akademische Nachwuchs". Eine Selbstanzeige, in: AfSSp, Bd. 27, Heft 3, 1908, S. 808-825. Auf S. 808, Anm.2, findet sich die Notiz: „Seitens der Redaktion wurde der Verfasser ersucht, eine kurze Selbstanzeige seines Buches zu liefern. (Anm. d. Red.)"
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Hermann Kantorowicz 30. Oktober 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 19, Bl. 1 - 2
Heidelberg 30/X 8 Sehr geehrter Herr Doktor! Ich danke verbindlichst für die freundliche Zusendung Ihres Aufsatzes, den ich natürlich mit großem Interesse und mit Befriedigung gelesen habe. 1 Wir stehen - da Sie Sich als „Positivisten" bekennen - in mancher Hinsicht auf verschiedenem Standpunkt u. ich könnte daher Einigem von Dem, was Sie S. 22/23 sagen, nicht uneingeschränkt zustimmen. Das hindert aber nicht im Mindesten, daß ich in der vorliegenden Frage durchaus Ihrer Ansicht bin und mich sehr freue, bei der Fortsetzung meiner Analyse von Stammler 2 (an der ich durch Krankheit, dann durch andre Arbeiten gehindert wurde) nun der Aufgabe, den Unfug des „richtigen Rechts" auch noch totzuschlagen, durch die gründliche Arbeit eines Berufeneren enthoben zu sein. Praktisch am überzeugendsten war mir - in der bisherigen Litteratur - die Thatsache, daß die (m. E.) immerhin recht tüchtige Arbeit von Rumpf (Gesetz u. Richteramt) 3 ihre jedenfalls beachtenswerte[n] a Resultate erzielt, ohne Stammler auch nur nennen zu müssen. Ich habe s.Z. sehr bedauert, daß Sie nicht der Unsre (hier in Heidelberg) wurden, und kann es der formalistischen Kleinlichkeit der betref-
a Lochung. 1 Es handelt sich um den Artikel: Die Lehre vom Richtigen Recht, erschienen in: Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Bd. 2,1908, S. 4 2 - 7 4 ; offenbar hat Weber jedoch eine Separat-Ausgabe mit anderer Paginierung benutzt. Vgl. dazu Stammler, Rudolf, Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung. Eine sozialphilosophische Untersuchung. Fünfte, durch einen Nachtrag ergänzte Auflage. - Berlin und Leipzig: Walter de Gruyter 1924, S.674, Anm.240. Dort zitiert Stammler ebenfalls eine Seite aus Kantorowicz' Artikel von 1908, die von der Paginierung in der Zeitschrift abweicht. 2 Ein Fortsetzungsartikel ist nie erschienen. Einen Nachtrag aus dem Nachlaß veröffentlichte Marianne Weber in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. - Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 556-579 (MWG I/7). 3 Gemeint ist Rumpf, Max, Gesetz und Richter. Versuch einer Methodik der Rechtsanwendung.-Berlin: O. Liebmann 1906.
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fenden Collegen, die daran schuld waren, noch heut nicht vergeben. 4 Hoffentlich findet sich einmal Gelegenheit zur Anknüpfung persönlicher Beziehungen, - meine Frau hatte ja das Vergnügen, Sie s.Z. zu treffen. Inzwischen würde es mir eine Freude sein, wenn Sie bei gegebe5 ner Gelegenheit sich unsres „Archiv's" als Sprachrohr bedienen wollten. Mit nochmaligem verbindlichsten Dank und in vorzüglicher Hochachtung ergebenst Max Weber
4 Wie der Korrespondenz Hermann Kantorowicz' mit Gustav Radbruch (maschinenschriftliche Abschriften in UB Freiburg i.Br., Nl. Hermann Kantorowicz) zu entnehmen ist, hat Kantorowicz im Frühjahr 1906 versucht, sich in Heidelberg für Strafrecht zu habilitieren, ist aber, da er eine noch unveröffentlichte strafrechtshistorische Arbeit über „Albertus Gandinus und das Strafrecht der Scholastik" einreichen wollte, abgelehnt worden.
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Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) PSt 8. November 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446
Archiv f. Sozialwissenschaft Herrn J. C. B. Mohr's Verlag Von meinem Artikel 1 im Novemberheft |:des Archiv:| erbitte ich 50 Abzüge. Hochachtungsvoll 5 Prof. Max Weber
1 Gemeint ist Weber, Psychophysik I. Vgl. den Brief an Alfred Weber vom 19. Sept. 1908, oben, S. 662, A n m . 4 .
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Friedrich Naumann 12. November 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 1 7 - 1 8 Der Schluß des Briefes fehlt. Möglicherweise fehlt nur die Schlußformel, da der Brief mit einer vollgeschriebenen Seite endet.
Heidelberg 12/XI8 Lieber F r e u n d , wie die Sache gegangen ist,1 glaube ich kaum, daß ich noch etwas schreiben werde, wenn nicht Sie es für absolut nötig hielten, daß ein 5 Anderer als Sie sagt: „was ist". 2 /I lies kommt j a j etzt darauf an: in größter Fraktur vor dem Lande festzunageln (cf. Herrn v. Oldenburg), 3 daß die 1 Dies bezieht sich auf die Reichstagsverhandlungen vom 10. und 11. November 1908 über die Interpellationen, die die Parteien aus Anlaß der sog. Daily Telegraph Affalre an den Reichskanzler gerichtet hatten und in denen Garantien dafür gefordert worden waren, daß sich ein eigenmächtiges Eingreifen des Kaisers in die Angelegenheiten der äußeren Politik des Reiches in Zukunft nicht wiederholen könne. In einem am 28. Oktober 1908 in der englischen Zeitung Daily Telegraph veröffentlichten Interview hatte Wilhelm II. unter anderem erklärt, daß er im Gegensatz zur Majorität seiner Landsleute durchaus nicht antienglisch eingestellt sei. Er habe sogar den Engländern einen Feldzugsplan für die Niederwerfung der Buren im Burenkrieg ausgearbeitet und Königin Victoria zugeleitet. Dieses fiktive, aber auf Gesprächen des Kaisers mit einem englischen Hocharistokraten beruhende Interview, welches dem Reichskanzler Fürst Bülow vor Erscheinen ordnungsgemäß zur Prüfung vorgelegt und von diesem, ohne es gelesen zu haben, zur Veröffentlichung freigegeben worden war, hatte in Großbritannien einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die anfänglich weitgehende Einheitsfront der Parteien der Linken und der bürgerlichen Mitte, die die Verantwortung des Reichskanzlers für alle öffentlichen Äußerungen des Kaisers effektiv zu gestalten und in der Verfassung zu verankern suchten, zerbrach angesichts der hinhaltenden Taktik der Regierung und des Widerstands der Konservativen sowie des Zögerns der Nationalliberalen freilich bereits im ersten Anlauf. 2 Anspielung auf Ferdinand Lassalle, Was nun? Zweiter Vortrag über Verfassungswesen. -Zürich: Meyer & Zeller 1863, In welchem dieser das „Aussprechen dessen, was ist", als Maxime des preußischen Abgeordnetenhauses im Kampf gegen Absolutismus bzw. „Schelnkonstitutionallsmus" bezeichnet. Ebd., S.35: „Dies ist die Macht des Aussprechens dessen, was ist. Es ist das gewaltigste politische Mittel! Fichte constatirt in seinen Werken, daß ,das Aussprechen dessen, was Ist', ein Lieblingsmittel des alten Napoleon gewesen, und in der That hat er Ihm einen großen Thell seiner Erfolge verdankt. Alle große polltische Action besteht in dem Aussprechen dessen, was Ist, und beginnt damit. Alle polltische Klelngeisterei besteht in dem Verschwelgen und Bemänteln dessen, was ist." 3 Elhard v. Oldenburg-Januschau hatte am 11. November 1908 im Reichstag im Namen der Deutschkonservativen Partei die Zustimmung der Fraktion zu einer gemeinsamen Adresse aller Parteien an den Kaiser, in der Garantien gegen künftige Eingriffe des Kaisers in die auswärtige Politik verlangt werden sollten, verweigert und damit die Einheitsfront der Parteien, einschließlich der beiden konservativen Fraktionen, die am Vortage noch gege-
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konservative Partei3 die Verantwortung für die Fortdauer des „persönlichen] Regiments" trägt. Es wird viel zu viel von der „Impulsivität" u.s.w. der Person des Kaisers geredet, Die politische Struktur ist daran schuld. Nichts, gar nichts ist gebessert: Bülow konnte nichts versprechen, 4 weil er die Vollmacht nicht hatte, auf die es ankam, und jeder Kaiser, in diese Lage gesetzt, wird in denselben Eitelkeits-Kitzel verfallen. Wilhelm I u. Friedrich III haben bzw. hätten ganz ebenso gehandelt (in den entscheidenden Punkten), nur vielleicht in der Form anders. Nur daß Wilhelm I vor Bismarck die Hosen voll hatte und vor Allem: nichts erfuhr, was vorging resp. erst die „faits accomplis" (so 1879 den Bund mit Österreich, 5 als er nichts mehr dagegen machen konnte). Was jetzt erreicht ist, ist nur dies: daß man künftig nicht mehr erfahren wird, was der Kerl Alles anrichtet. Entscheidend ist: ein Dilettant hat die Fäden der Politik in der Hand (jeder |:legitime:| Herrscher, der nicht Friedrich II ist, ist ein Dilettant), und bdas will die konservative Parteib. Das gilt für den Oberbefehl im Kriege wie für die Leitung der Politik im Frieden. Consequenz: so lange das dauert, Unmöglichkeit einer „Weltpolitik". Liebermann hat absolut Recht, sprach überhaupt im Grunde am besten von allen. 6 Die „Romantiker" der Politik (auch hier), vor Allem das vor allem „Conservativen" anbetend liegende Bürgerpack, bewundert natürlich den infamen Coup der konserv[ativen] Erklärung7 a O: zweifach unterstrichen,
b O: zweifach unterstrichen.
ben zu sein schien, gesprengt. Er erklärte: „Das können wir aus demselben Grunde nicht tun, aus welchem wir hier nicht debattiert haben. Eine solche Adresse würde eine Kritik der Handlungen seiner Majestät des Kaisers enthalten, die wir dem Reichstag verfassungsmäßig nicht zuerkennen." Sten. Ber. RT, Bd. 233,1908, S. 5436-5437. 4 Reichskanzler von Bülow hatte sich zwar von dem Interview distanziert und den Kaiser nur halbherzig gedeckt, hatte aber als Fazit seiner Ausführungen lediglich die Erwartung zum Ausdruck gebracht, daß die desaströse politische Wirkung des Interviews „Seine Majestät den Kaiser dahin führen [werde], fernerhin auch in Privatgesprächen jene Zurückhaltung zu beobachten, die im Interesse einer einheitlichen Politik und für die Autorität der Krone gleich unentbehrlich ist." Zitiert nach Schulthess' Europäischem Geschichtskalender, Bd. 49, 1908, S. 184. 5 Gemeint ist der Abschluß des Zweibundes am 7. Oktober 1879, dem sich Kaiser Wilhelm I. aus Rücksicht auf die traditionell guten Beziehungen zum Zarenreich bis zum letzten Augenblick hartnäckig widersetzte. 6 Gemeint ist die Reichstagsrede Max Liebermanns von Sonnenberg: Sten. Ber. RT, Bd. 233,1908, S. 5401 -5405. 7 Gemeint ist der Appell des Führungsgremiums der Konservativen, des sogenannten „Elfergremiums", vom 5. November 1908 an den Kaiser, bei künftigen öffentlichen Äußerungen größere Zurückhaltung zu bewahren: Conservatlve Correspondenz, Nr. 180 vom 6. Nov. 1908; zitiert nach Graf Westarp, Konservative Politik im letzten Jahrzehnt des
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als eine „Mannesthat" und einen „Geschichtlichen Wendepunkt"! als ob diese Bande das Geringste dabei riskierte (Pendant: Schücking!). 8 Diese Romantik muß |: gegenüber dieser Reklameleistung - Reklame nach oben und nach unten, gegenüber den Wählern, c deren Stimmung eine 0 Conzession unvermeidlich machte, von Anfang an zerstört werden, denn sie ist recht gefährlich, wie ich grade jetzt sehen konnte. Es ist ein Elend, daß man nicht - wie der „Vorwärts" im Bierboykott täglich das bekannte „Trinkt kein Ringbier"9 - so in jeder Nummer jedes unabhängigen Blattes oben drucken kann: „Die Conservativend wollen keine Beseitigung des persönlichen] Regiments, - also: könnene wir keine ,Weltpolitik', keine Flottenpolitik, überhaupt keine Politik treiben, die nicht auch die Schweiz oder Dänemark treiben könnten." Der König von England hat Ehrgeiz und Macht, der deutsche Kaiser hat Eitelkeit und begnügt sich mit dem Schein der Macht: Folge des Systems, nicht: der Person. („Kingdom of influence" - „Kingdom of prerogaC welche die > deren Stimmung eine
d (wollen [selbst])
e (und wollen)
Kaiserreiches, Bd. 1. - Berlin: Deutsche Verlagsgesellschaft 1935, S.41. Weshalb Weber hiervon einem „konservativen Coup" spricht, erhellt am besten der Kommentar, den die „Kreuzzeitung", Nr. 526 vom 7. Nov. 1908, Ab.BI., S. 1, zu dieser Erklärung gegeben hat: „ Daß der Parteivorstand nicht die parlamentarische Aktion abgewartet hat, erklärt sich aus der Stellung der Partei dem Parlamentarismus gegenüber. Zu einer Machtfrage zwischen Krone und Parlament darf uns diese Sache nicht werden. Nicht Parlamentarier sind es, die hier den Wünschen des Volkes vor dem Throne Ausdruck geben, sondern die erwählten Führer einer monarchisch gesinnten Volkspartei." 8 Dies bezieht sich auf den Husumer Bürgermeister Lothar Schücking, der wegen der anonymen Veröffentlichung eines Buches über die „Reaktion In der Inneren Verwaltung Preußens" zu einer Geldstrafe von 500 Mark und der Zahlung der Kosten des Verfahrens verurteilt worden war. Wenig später legte Schücking sein Amt nieder. Vgl. Berliner Tageblatt, Nr. 589 vom 18. Nov. 1908, 2. Beiblatt. 9 Weber spielt hier an auf den bekannten Boykott der Berliner Arbeiterschaft 1894 gegen die im „Verein für Brauerelen Berlins und der Umgegend", dem sogenannten „Ring", organisierten Brauerelen der Reichshauptstadt. Nach der Aussperrung von 300 Böttchern, die an der verbotenen Maifeier teilgenommen hatten, durch die Rixdorfer Vereinsbrauerei, eskalierte der Konflikt zwischen den Unternehmern und der Arbeiterschaft so weit, daß der „Vorwärts" am 17. Mai 1894 zu einem allgemeinen Boykottaufruf gegen die „Ringbrauereien" aufrief. „Vorwärts", Nr. 111, S. 1 .Als Kopfleiste erschien nun täglich auf S. 1 des „Vorwärts" vom 18. Mal bis 28. Dez. 1894 (bis zum Boykottende) die Aufforderung: „Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottiertes Bier!" Wechselnde Boykottaufrufe bzw. -formulierungen, darunter der von Weber erwähnte: „Trinkt keinen Tropfen Ringbier", finden sich In der 1.Beilage des „Vorwärts": „Berliner Volksblatt". - Zur Geschichte des Boykotts vgl. Bernstein, Eduard, Die Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung, Dritter Teil: Fünfzehn Jahre Berliner Arbeiterbewegung unter dem gemeinen Recht. - Berlin: Verlag Buchhandlung Vorwärts 1910, S. 324-354.
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tive" 10 , wie man den Gegensatz in England s.Z. formuliert hat.). Der deutsche Kaiser ist der „Schattenkaiser", 11 nicht der englische König, von historischer Warte aus gesehen. Warum das so ist u. wie das so gekommen ist, - das würde ich meinerseits wohl besser später (nächstes Jahr) in der Histor [ischen] Zeitschrift 12 'als Problem e n t w i c k e l n - Alles 5 Wesentliche ist ja bekannt, nur die Formulierung fehlt. 9 Die Hohenzollerndynastie kennt nur die Corporals-Form der Macht: Commando, Parieren, Strammstehen, Renommage h . Das will die konservative] Partei. Warum sie es will, weiß Jeder.
f begründen] > als Problem entwickeln
g (Das)
h O: Rennommage
10 Als Zitat nicht nachgewiesen; vgl. jedoch die sinngemäße Formulierung in: Daily News vom 21. Juni 1897: „The Queen no longer rules; but she influences." 11 Vgl. die Rede des Fürsten Bülow im Reichstag am 14. November 1906, in der er unter anderem ausführte: „Das deutsche Volk will keinen Schattenkaiser, es will einen Kaiser von Fleisch und Blut." Sten. Ber. RT. Bd. 218,1905/06, S.3650. 12 Ein diesbezüglicher Artikel Webers ist in der Historischen Zeitschrift nicht erschienen.
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Friedrich Naumann 18. November 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 1 9 - 2 0
H. 18/XI8 Lieber Freund, nach Ihren beiden ganz ausgezeichneten Artikeln1 und manchem Andren Guten, was gesagt worden ist, hätte ich über den Kaiser nur Weniges nachzutragen. Was meinerseits zu sagen wäre, würde jetzt immer nur den Tenor haben: überschätzt nicht |:die Bedeutung: | der Qualität der Person, die Institutionen (nicht nur die formal juristisch festgelegten natürlich!) und Eure eigene Temperamentlosigkeit ist es, die die Schuld tragen: beides das Werk der Bismärckerei und der politischen Unreife, die dadurch gesteigert wurde. Praktisch wird die Sache wohl so laufen, daß der Bundesrath gestärkt wird und nicht der Reichstag. Daher kann ich nur immer wiederholen: Parlamentarisierung des Bundesraths2 ist das praktische Problem - vielleicht erst einer fernen Zukunft zur Lösung vorbehalten (Vorbild: die amerikanischen Verhältnisse, wo ebenfalls wegen des Bundesstaatscharakters kein „Parlamentarismus"3 besteht.) b - 3 Ziemlich allen Muth nahm mir Ihr Brief. Auf den Augenblick, wo „Herr v. Hfeydebrand] u[nd] d[er] L[asa]" sich ausdrücklich als Gegner a
b Klammer fehlt in 0 .
1 Die Politik des Kaisers, In: Neckar-Zeltung, Nr. 258 vom 3. Nov. 1908, Hauptblatt, S.1, sowie: Die Kaiserdebatte, ebd., Nr. 266 vom 12. Nov. 1908, Erstes Blatt, S. 1. 2 Max Weber ging von der Annahme aus, daß durch eine Parlamentarisierung des Bundesrats, d. h. den Eintritt der Führer der Reichsparteien als Bundesratsbevollmächtigte in den Bundesrat, die föderalistischen Bedenken gegen eine Parlamentarisierung ausgeräumt werden könnten. Dann wäre der Bundesrat, nicht der Reichstag zum zentralen Beschlußgremium eines parlamentarischen Regierungssystems geworden und eine Verschiebung des Machtgleichgewichts zuungunsten der Einzelstaaten vermieden worden. Vgl. Mommsen, Max Weber 2 , S. 1 8 8 - 1 9 2 . 3 Bekanntlich bestand und besteht in den Vereinigten Staaten ein Präsidialsystem, das den Bundesstaaten Im Senat eine machtvolle Vertretung Ihrer Interessen einräumt, dagegen dem Abgeordnetenhaus und dem Senat die Befugnis vorenthält, die Exekutive zu wählen oder zu stürzen. Vgl. Jellinek, Georg, Bundesstaat und parlamentarische Regierung, in: Neue Freie Presse, Nr. 15352 vom 19. Mai 1907, Mo.BI., S.3: „Weder Amerika noch die Schweiz kennen parlamentarische Regierungswelse. [...] Einer [der Gründe] liegt [...] darin, daß parlamentarische Regierung die Staatenrechte im Bunde unmöglich machen würde."
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der Volksvertretung in dieser Sache „aufspielt", können Sie bis in Ewigkeit warten. Gethan haben die Herren es, u. auch gesagt: „dies gehört nicht vor die Volksvertretung." 4 Und das genügt nicht? Und Sie trauen Sich nicht zu, zu zeigen und Jedermann glaubhaft zu machen, was das bedeutet hat |:und für „Weltpolitik" bedeutet: |? Sie sind als „Realpolitiker" muthlos |:und resigniert :| geworden und lassen Sich von der Delbrück'schert Art, „Politik" zu treiben, 5 imponieren, - das ist die Sache, und das ist für uns Andre so tief entmutigend. Denn es giebt nichts, was der politischen Erziehung der Nation abträglicher wäre, als diese ihre durch das stets selbstsichere süffisante Lächeln imponierende ^systematische (und so billigel):\ Diskreditierung aller Hoffnungen auf die Bedeutung organisatorischer Änderungen, die wir brauchen wie das liebe Brot. 6 Vielleicht schreibe ich einen oder zwei Aufsätze, - vielleicht: auf Wiedersehen bei der nächsten „Leistung" des Kaisers. Die Sache mit Holland ist ja teilweise noch weit schlimmer!7 Freundschaftlichen Gruß! Ihr Max Weber
4 Als wörtliches Zitat nicht nachgewiesen. Vgl. aber Brief an Friedrich Naumann vom 12. Nov. 1908, Anm. 3. 5 Gemeint ist der Historiker und Herausgeber der Preußischen Jahrbücher Hans Delbrück, der einen Vermittlungskurs zwischen der Krone und den bürgerlichen Bildungsschichten steuerte. 6 D.h. Verfassungsänderungen in Richtung auf das parlamentarische System. 7 Nach einer, allerdings wenig später wieder dementierten Nachricht der niederländischen Zeitung „Vaderland" soll Wilhelm II. am Vorabend des südafrikanischen Krieges in einem persönlichen Schreiben an Königin Wilhelmina gefordert haben, daß die Niederlande zugunsten der Buren intervenieren müßten; diesem Verlangen habe der Kaiser mit der Drohung Nachdruck verliehen, „ Deutschland werde die niederländischen Häfen okkupieren, falls die Niederlande nicht sofort Verteidigungsmaßregeln zum Schutze gegen England träfen". Wilhelm II. habe anläßlich seiner letzten Reise nach Amsterdam seinen Dank dafür zum Ausdruck gebracht, daß diesem Wunsch entsprochen worden sei. Vgl. die Berichte des Berliner Tageblatts, Nr. 578 vom 12. Nov. 1908, 5. Beiblatt, und der FZ, Nr. 320 vom 17. Nov. 1908, 2. Mo. Bl.
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Heinrich Rickert PSt 21. November 1908; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep.92, Nl. Max Weber, Nr. 25, BI.34
Lieber Rickert! Vielen Dank für die Zusendung von R[ichard] Schm[idt]'s politischer Musik auf der Kindertrompete. 1 Ein übles, kötzriges Getöne! - Sie hatten vermutlich gehört, daß ich31 :aus hygienischen Gründen: | meinen Appetit einschränken soll u. wollten mir freundlichst dazu helfen! So sind die Deutschen u. das nennen sie „Politik": Schmollen mit „ihrem" Kaiser, dann ein Canossa des letzteren (am Vorabend des preußischen] Büß- u. Bettages, 2 damit Alles stimmungsvoll zusammenklingt)15, u. dann „blickt man mit Stolz" auf ihn und um Gotteswillen keine parlamentarische Regierung! 3 - für den Blödsinn mit der „Anarchie" u. „Planlosigkeit" cf. unsre Politik einerseits, - Frankreich, England, Holland, Belgien, u.s.w. u.s.w. andrerseits! Das nennt man dann „politisches Denken". Herzlichsten Gruß! Ihr M.W. a (ich)
b Klammer fehlt in O.
1 Weber bezieht sich hier auf die Rede des Staatsrechtlers Richard Schmidt vom 18. November 1908 in Freiburg über „Der Kaiser und das deutsche Volk", In der eine Änderung der Auswirkungen des „persönlichen Regiments" Wilhelms II. auf die auswärtige Lage des Deutschen Reiches nicht durch eine Einschränkung der kaiserlichen Rechte, sondern nur „durch die Innere Wandlung des Kaisers" erwartet wurde, sowie auf die sich daran anschließende Resolution an den Reichskanzler, In der die von Fürst Bülow erwirkte Erklärung des Kaisers begrüßt wurde, daß er sich in seiner Einflußnahme auf die auswärtige Politik künftig stärkere Zurückhaltung auferlegen wolle. Vgl. Freiburger Zeltung, Nr. 319 vom 20. Nov. 1908,1. Mo. Bl., sowie FZ, Nr. 329 vom 23. Nov. 1908, Ab.BI., S. 2. 2 Gemeint Ist die amtliche Erklärung im Reichsanzeiger, Nr. 272 vom 17. Nov. 1908, abends, in der mitgeteilt wurde, daß der Reichskanzler v. Bülow dem Kaiser über die Vorgänge Im Anschluß an die Daily Telegraph-Veröffentlichung Vortrag gehalten und dieser daraufhin erklärt habe: „Unbeirrt durch die von ihm als ungerecht empfundenen Übertreibungen der öffentlichen Kritik, erblicke Er Seine vornehmste Kaiserliche Aufgabe darin, die Stetigkeit der Politik des Reichs unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verantwortlichkelten zu sichern. Demgemäß billigte Seine Majestät der Kaiser die Ausführungen des Reichskanzlers im Reichstage und versicherteden Fürsten von Bülow Seines fortdauernden Vertrauens." 3 Dies bezieht sich auf die Ablehnung der Anträge der Fortschrittlichen Volkspartei und der Sozialdemokratie auf Einführung der parlamentarischen Ministerverantwortlichkeit.
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Georg Müller 23. November [1908]; Heidelberg Brief; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 Das Jahr wurde aus dem Inhalt des Briefes erschlossen. Max Weber hatte Im September und Oktober 1908 Untersuchungen über die Arbeltsleistung in der Textllfabrik Carl Weber & Co. In Oerlinghausen durchgeführt, wofür Ihm Lohnbücher und andere Aufstellungen zur Verfügung gestellt worden waren. Das Ergebnis dieser Studien Ist eingegangen In Max Webers Aufsätze: Zur Psychophysik der Industriellen Arbeit II. In: AfSSp, Bd.28, Heft 1, 1909, S.219-277, und: Zur Psychophysik der Industriellen Arbelt. Fortsetzung. In: AfSSp, Bd. 28, Heft 3, 1909, S. 719-761, sowie: Zur Psychophysik der industriellen Arbelt IV. (Schluß). In: AfSSp, Bd. 29, Heft 2, 1909, S. 513-542 (MWG 1/11). Direkte Bezüge auf den Inhalt dieses Briefes finden sich dort insbesondere auf den Seiten 249-256, 274-275, 758-759.
Heidelberg 23/XI Lieber Georg! Vielen Dank für Deine freundlichen Auskünfte! Anbei zugleich das instruktive Diagramm zurück. 1 Mir kam nur darauf an, zu wissen, 1) ob der meteorologische „Feuchtigkeitsgrad" der Luft oder der Gehalt an zerstäubtem Wasser das Entscheidende ist, - 2) ob die Außenluft überhaupt Einfluß hat. Ich sehe: sie hat ihn u[nter] Umst[änden] im Sommer, dagegen im Winter nicht. Mir war, ehe ich dies wußte, fraglich, ob die auffällige Depression der Arbeitsleistung eines Teils der Weber (der breitstühligen) Januar—März (1. Hälfte) bei Euch etwa klimatische Gründe habe. Offenbar nicht, sondern es istavielleicht z.Teil 3 Nachwirkung der Reibungen (Herr Diekhoff pp), zum andren müssen - wie die Art der Beschäftigung der Andreherin2 |:in dieser Zeit: | ergiebt - auch besondre Verhältnisse bezüglich der Fertigstellung neuer Ketten vorgelegen haben.
a wohl > vielleicht Z.Teil 1 Anlage: „Diagramme vom Controllhygrometer für die Regulierung der Feuchtigkeit". Die zwei Diagramme zeigen die Luftfeuchtigkeit für die Woche vom 27. April bis zum 2. Mal 1908, die auf dem Diagramm bezeichnet wird als „mittelmäßige bis normale Woche, dabei unternormal geringen Schwankungen", und für die Woche vom 22. bis 28. Juni 1908, die auf dem Diagramm bezeichnet wird als „schlechte Woche, starke Schwankungen und starke Trockenheit". 2 Eine Andreherin verbindet die Enden eines gerissenen Fadens, Indem sie diese zusammenzwirbelt.
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Ich werde vielleicht Anfang Januar, wo ich bei Lili mit taufen soll, 3 einmal 2 Tage hinüberkommen, um zu fragen, ob die Feststellung des Sirombedarfs (täglich, wöchentlich, monatlich) bei Euch (wie bei Siemens u. in den Zeißwerken) einen möglichen Maßstab für die Messung von Schwankungen der Arbeitsintensität abgeben könnte. Das läßt sich mündlich in größter Kürze abmachen, während ein Brief darüber Euch viel zu viel Zeit kostet. Übrigens (für Richard,4 mit dem ich einmal b über die Unterschiede der Wochentage sprach): rechnet man nach den von Herrn Waner 5 berechneten Nutz = %, so stellen sich die Tage so (den Höchstdurchschnitt = 100 gesetzt): Montag 93,61%, Dienstag 96,45%; Mittwoch 100, Donnerstag 96,79%, Freitag 98,64%, Sonnabend 99,54% (TA-VA Stunden Arbeitszeit!) 6 Die Zahlen sind, da man alle unvollständigen Wochen oder durch Feiertage unterbrochenen Wochen fortlassen muß, sehr klein, aber auch wenn man ins Einzelne geht, sinkt zwar der Sonnabend (z. B. bei den lstühligen Webern apart) etwas unter den Freitag, es bleibt aber, als Regel, dabei, daß Mittwoch den Höhepunkt, Donnerstag eine Erschlaffung, Freitag ein |:neues:| Ansteigen zeigt. Bei den älteren (nicht mehr so viel in der Kneipe sitzenden) Leuten ist der Montag günstiger als sonst. Wenn man ferner genau rechnet, was die Leute auf jedem Stuhl u. in jeder Sorte verdienen u. dies mit der Monatsaccordleistung und den Sorten- und Kettenwechseln in Beziehung setzt, zeigt sich doch, daß dieser Wechsel (vor Allem jede, auch unerheblich, in der Einschußdichtigkeit abweichende neue Sorte) jedesmal ein neues „Einarbeiten" und einen Leistungscollaps und Verdienstrückgang bedeutet, - obwohl (bei Vergleich einstühliger und zweistühliger Arbeit 7 an denselben Tagen und an derselben Sorte - 36 MS 180 C, 5.VI.-11.VII.08, Stuhl 3 und Stuhl 8, bei Berücksichtigung der Tourenzahl-Differenz berechnet) die Stundenentschädigung für Einstühligkeit mit 'A des garantierten Stun-
b (noch) 3 Es handelt sich um die Taufe von Lili Schäfers Sohn Max. 4 Richard Müller. 5 Waner war Technischer Betriebsleiter der Leinenweberei in Oerlinghausen. 6 Vgl. Weber, Max, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit II. In: AfSSp, Bd. 28, Heft 1, 1909, S. 249. 7 Es wird unterschieden zwischen Arbeiten an einem oder zwei Webstühlen.
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denlohns durchaus gerecht angesetzt erscheint^. Die Unmöglichkeit der Spezialisierung fällt eben doch schwer auf die Leistung 0 der Leute, ich dachte nicht, daß das so erheblich wäre. Doch genug. Beide Mariannen 8 grüßen sehr, ebenso mit nochmaligem herzlichem Dank Euer 5 MaxW. Der Unterschied der Leistung der beiden - qualitativ ja nicht gleichwertigen - Arbeiter (Fuhrmann II und III) bei Zweistühligkeit beträgt, ohne Berücksichtigung der Tourenzahldifferenz (und des Anreizes in dem d Lohnzuschlag), e nicht einmal 20% e . 1o
C Verdienstchancen > Leistung
d (20%)
e nur 18% rund > nicht einmal 20%
8 Gemeint sind Marianne Weber und Marianne Müller, die Schwester von Georg Müller, die bei Max und Marianne Weber in Heidelberg war, vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 17. Nov. 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat B S B München, Ana 446.
15. Dezember 1908
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Hermann Kantorowicz PSt 15. Dezember 1908; Heidelberg Karte; eigenhändig ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Max Weber, Nr. 19, Bl. 3
Hbg a Ziegelhauser Landstr. 27a Sehr geehrter Herr Doktor! Ich bitte Sie, zu jeder Ihnen passenden Zeit zu kommen, da ich den ganzen Tag zu Hause bin. Unglückliche Zufälle können natürlich einen 5 meiner black daysb auf Sonnabend legen, - dann müßte ich Sie wesentlich meiner Frau überlassen. Wir essen um 1 Uhr. Sollten Sie bei uns vorlieb nehmen wollen, so bitte ich Sie Sich anzusagen, jedenfalls aber dann nicht etwa mit Ihrem Besuch bis 1 Uhr zu zögern. 10 Mit bester0 Empfehlung Max Weber
a 0 : zweifach unterstrichen,
b 0:day's
c Unsichere Lesung.
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21. Dezember
1908
Carl Bezold 21. D e z e m b e r 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig U B Heidelberg, Heid. Hs. 1501, Nl. Carl Bezold
Heidelberg 21/XII8 Verehrtester Herr College! Sie interessierten Sich, wie meine Frau sagte, freundlichst für meinen Artikel „Agrargeschichte im Altertum", Handwörterbuch der Staatswissenschfaften] Bd. I (3. Auflage) S. 52-188; und fragten nach einem S[eparat]-A[bdruck]. 1 Ich glaubte bestimmt, ich hätte Ihnen einen solchen geschickt und sehe erst aus dieser Bemerkung, daß es nicht der Fall war, - was ich, schon im eigensten Interesse, sehr bedaure. Nun habe ich leider kein Expl. mehr. Vergebens suchte ich bisher 3 |:vom:| Verlag b noch eins zu erhalten. Der letztere hat auch keine mehr. Meinen Bruder sah ich in letzter Zeit nicht, sonst hätte ich ihm sein Expl. wieder abgeknöpft, denn er hat natürlich - ebenso wie Gothein - sicher das ganze H[and-]W[örter-]B[uch der] St[aats-]Wissenschaften] und meinen Separatabdruck. Ich werde jedenfalls versuchen, 1 Expl. zu ergattern. Übrigens ist °das Kapitel: „Mesopotamien" 0 besonders schwach. Die neuen Sachen fehlen ja alle auf der Bibliothek u. ich konnte von auswärts fast nichts erhalten. Mit bestem Gruß Ihr ergebenster Max Weber
a (von Dritten eines zurückzubekommen oder es) Kapitel: „Mesopotamien" 1 G e m e i n t ist A g r a r v e r h ä l t n i s s e im A l t e r t u m 3 .
b (zu)
C der Artikel: Bab > das
26. Dezember
1908
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Paul Siebeck 26. Dezember 1908; Heidelberg Brief; eigenhändig VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446 Bezug: Brief Paul Siebecks vom 23. Dezember 1908 (VA Mohr/Siebeck, ebd.) mit der Bitte um eine Aussprache im Januar 1909 über die projektierte Neuausgabe des Schönbergschen Handbuchs.
Heidelberg 26/XII8 Sehr geehrter H e r r D r Siebeck! Sie haben vollkommen recht: die Angelegenheit m u ß jetzt in Fluß gerathen und ich bin mit einer Rücksprache Ende der 2 ten Januarwoche 5 sehr einverstanden. Vorher m u ß ich noch, andrer Zwecke (V[erein] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik]) halber nach Berlin u. Westfalen. 1 Die angespannte Rechnerei für meine „Archiv"-Arbeit 2 ließ mich absolut zu nichts, so auch nicht zur Beschäftigung mit der „Handbuch"-Frage kommen. Ich habe sehr eingehend (und vertraulich, natürlich) mit 10 meinem Bruder konferiert. Der Cenira/punkt ist die Art der Unterbringung der Theorie. Alles A n d r e findet sich dann. A b e r für die Theorie k o m m e n nur: v. Wieser (Wien), Lexis u. vielleicht f ü r einige Teile mein Bruder in Betracht, als l t e Kräfte, sonst: v. Bortkiewicz |:(Berlin):|, Plenge (Leipzig) u. ähnliche Kräfte. Daneben taucht die Frage auf: ob, 15 wenn man ihn haben könnte, von Gothein ein Abriß der Wirtschaftsgeschichte - neben Bücher's Artikel Platz fände? Sodann: in welchem M a ß e „Soziologie" hineinzuziehen wäre? (dies Alles für Band I) Sodann, in Band II: 1) A r t der Einteilung 2) Ganz andre Behandlung u. Stellung der - gar nicht leicht abgrenzbaren - „Sozialpolitik". Aber 20 gegen die Frage der Theorie ist das Alles eine Kleinigkeit. Davon, daß die gute Unterbringung dieser Partien gelingt, m u ß ich meinen definitiven Entschluß abhängig machen.
1 Weber nahm an der Sitzung des Unterausschusses des Vereins für Sozialpolitik teil, der über die Reorganisation der preußischen Verwaltung einschließlich der Vorbildung der Beamten beriet und am 28. Dezember 1908 In Berlin tagte. Die projektierte Reise nach Westfalen hat nicht stattgefunden. 2 Gemeint ist die Arbelt an der „ Psychophysik der industriellen Arbelt", siehe die Edltorische Vorbemerkung zum Brief an Georg Müller vom 23. Nov. 1908, oben, S. 700.
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26. Dezember
1908
Können Sie mir wohl mitteilen, was Ihr Herr Sohn mit Bücher beredet hat? Das muß ich doch wissen: vielleicht suche ich ihn auch auf. a Adresse: bis 30. Abends (also f[ür] Sachen, die bis 29ten Mittags abgehen): Charlottenburgb[Berlin.b Marchstr. (March-Str. c ) 7 F . Weitere telegraphiere ich. 5 Beste Empfehlung Ihr ergebenster Max Weber
a Randbemerkung Max Webers: NB Auch für die Correkturen des Archiv"! 0 : Archiv zweifach unterstrichen, b (Leibni) c Wiederholung des Straßennamens in besonders deutlicher Schrift.
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Edgar Jaffe 30. Dezember [1908]; Charlottenburg Brief; eigenhändig Privatbesitz Das Jahr wurde aus dem Inhalt des Briefes erschlossen.
Charlottenburg 30. XII Lieber Jaffe, Tönnies ist thatsächlich b e r u f e n h a t die Sache, da er - wie er schreibt - pekuniär gar keinen Ausweg mehr gesehen habe, angenommen. Schmoller wußte gestern noch nichts davon, als ich ihn fragte, er hatte ganz andre Pläne für Tfönnies]. Es ist ärgerlich, daß der Ruf nicht auch formell - schriftlich an Sie gelangt ist2 - obwohl es ja Form ist - denn obwohl ich ja trotz Allem glaube, daß Sie nach Erwägung aller Dinge schließlich wahrscheinlich doch geblieben wären, halte ich für möglich, daß doch die Empfindung, daß es völlig von Ihnen abhing, zu gehen u. daß Sie ganz freiwillig geblieben seien, doch Ihr „Unterbewußtsein" - so muß man sich ja jetzt wohl ausdrücken, wenn man sich Ihnen „verständlich" machen will?? mit noch etwas mehr Bejahungsgefühlen sich dauernd Heidelberg zuwenden würde, u. das gilt auch für Ihre liebe FraU[.| Der Vorteil davon, daß Sie jetzt nicht berufen sind, ist: daß wenn künftig bei Ihnen die Neigung zum Fortgehen wachsen sollte, einem künftigen Ruf kein Präjudiz, wie es eine Ablehnung doch immerhin ist, im Wege steht.
1 Ferdinand Tönnies war am 30. Dezember 1908 als Nachfolger des im Juni 1908 verstorbenen Georg Adler zum a.o. Professorin Kiel ernannt worden. 2 In ihren Ersatzvorschlägen für die Wiederbesetzung des Extraordinariats für Nationalökonomie hatte die philosophische Fakultät In Kiel Im Schreiben vom 21. Juli 1908 an den preußischen Kultusminister (ZStA Merseburg, Rep.76Va, Sekt. 9, Tit. IV, Nr. 1, Bd. XIV, Bl. 246-249) an erster Stelle Robert Schachner, an zweiter Edgar Jaffe bzw. Hjalmar Schacht und an dritter Stelle Richard Passow sowie in einem Separatvotum Ferdinand Tönnies vorgeschlagen. Einem Brief von Edgar Jaffe an Werner Sombart vom 23. Dez. 1908 zufolge (ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Werner Sombart, Nr. 17, Bl. 167) hat Ludwig Elster, der Referent für das Hochschulwesen Im Kultusministerium, mündlich Jaffe den Ruf nach Kiel zugesagt, der dann doch nicht erfolgte. Nach der Korrespondenz In den Akten des Kultusministeriums zu urteilen, hat es Tönnies besonders Bernhard Harms zu verdanken, daß er zum a. o. Professor anstelle von Jaffe ernannt worden ist (ZStA Merseburg, Rep. 76 Va, Sekt. 9, Tit. IV, Nr. 1, Bd. XIV, Bl. 328-329).
30. Dezember 1908
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- Ich sprach hier Calwer, wegen Angelegenheiten der Enquete 3 des V[ereins] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik]. Dabei kam die Rede auf Soz[ial-]Pol[itische] Berichterstattung. Ich erwähnte, daß zwischen uns wiederholt ventiliert sei: ob man nicht den Versuch machen könne, ihn zu einem sozfial-politischen Jahresbericht zu gewinnen, erwähnte auch, daß diesen Plänen finanzielle Schwierigkeiten im Wege b ständen, aber - da er auf den Gedanken an sich nicht ohne Lebhaftigkeit einging - glaubte ich ihn, - mit dem Vermerk, daß ich mit ihm gar nichts ausmachen kön[ne]°, - doch fragen zu sollen, wie er denn ev., wenn die Möglichkeit sich in absehbarer Zeit finden solle, im Prinzip zu einer solchen Art von Mitarbeit im „Archiv" stellen würde. „Im Prinzip" würde er durchaus nicht abgeneigt sein. 3 Ich nahm das ad referendum u. sagte ihm: nach eingehender Erwägung würden Sie oder ich vielleicht im Lauf der nächsten Monate einmal an ihn herantreten. (Es würde sich um einen etwa im Januarheft jeden Jahres erscheinenden Artikel über die „sozialpolitische Lage" in Deutschland handeln.) Ob Sie d so was d glauben machen zu können, das müßte natürlich noch besprochen werden. Ich wäre bereit, mein „Sündengeld" bis auf den normalen Honoraranspruch zur Verfügung zu stellen, ohne Rücksicht auf Sombarts- den man besser gar nicht behelligt-Verhalten. Denn GeWwird C[alwer] ev. verlangen. Doch das sind Curae posteriores. Die Unterhaltung war beiderseits eganz unverbindlich u. ich möchte vor allen Schritten ihren Inhalt erst mit Ihnen eingehend durchsprechen. Meine Mutter grüßt sehr. Ihnen und Ihrer Frau beste Neujahrsgrüße. Correktur erhielt ich hier (von Ihnen und von Siebeck). 4 Herzlichen Gruß Max Weber
a 0:Enqueete chen.
b (stellten)
c Lochung.
d das > so was
e O: zweifach unterstri-
3 Tatsächlich hat Richard Calwer im Dezember 1909 einen sozialpolitischen Jahresbericht über das Deutsche Reich geliefert, der aber auf eine derartig vehemente Kritik Webers stieß (Brief Webers an Jaffe vom 3. Dez. 1909, Privatbesitz; MWG M/6), daß er im AfSSp nicht abgedruckt wurde. 4 Es handelt sich um die Korrektur eines Manuskripts, das später erschienen ist unter dem Titel: Zur Psychophysik der Industriellen Arbeit. II., in: AfSSp, Bd. 28, Heft 1, 1909, S. 2 1 9 - 2 7 7 (MWG 1/11).
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Marianne Weber PSt 30. Dezember 1908; PSt Charlottenburg Karte; eigenhändig Bestand Max Weber-Schäfer, DeponatBSB München, Ana 446
L. Schnauzel! Trotz der schändlichen Kälte ist es hier bei Clara1 ganz behaglich warm u. nach anfänglich schlechtem Schlaf ist es jetzt damit besser. Mama ist frisch u. ganz guten Muthes, wir haben über Vieles (auch Alfr[ed]) 5 gesprochen. - Frl. Baum will mich bei sich logieren. 2 Ich warte jetzt nur auf Nachricht von der Bernays 3, (mit der ich zusammen bis Frankfurt fuhr), um zu wissen, wann ich weiterfahre. Montag war Naumann hier (er hatte Typhus seiner Tochter gehabt, selbst jetzt Influenza) u. wir besprachen Vieles. Gestern war ich v[on] 4—9 bei Simmel u. Frau, er ist 10 jetzt gleichmäßig gut gestimmt u. sehr traitabel. Schmoller suche ich heute auf. Bemerkenswerthes passiert nicht. Die Kinder 4 hier sind nett u. stören mich nicht. - Frau Simmel war grade vom Süden zurückgekommen, sie hat nervös an den Augen zu thun u. muß Brille tragen. Sie gefiel mir wieder sehr. Wir sprachen auch einige Worte über ihr Buch. 5 -
1 Max Weber war zur Ausschußsitzung des Vereins für Sozialpolitik nach Berlin gefahren und wohnte bei seiner Schwester Clara Mommsen. 2 Max Weber besuchte auf der Rückfahrt von Berlin nach Heidelberg Anfang Januar 1909 Marie Baum in Düsseldorf. Vgl. Brief an Helene Weber von Anfang Januar 1909. 3 Am 26.121. Januar 1909 traf Max Weber in München-Gladbach Marie Bernays und lernte den Direktor der Gladbacher Spinnerei und Weberei AG kennen; dort hatte Marie Bernays gearbeitet und für Ihre Untersuchung Material gesammelt, vgl. Bernays, Marie, Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie, dargestellt an den Verhältnissen der „Gladbacher Spinnerei und Weberei" A.-G. zu MünchenGladbach im Rheinland (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 133).-Leipzig: Duncker& Humblot 1910. 4 Gemeint sind die Kinder von Clara und Ernst Mommsen. 5 Gertrud Simmel hatte unter Pseudonym veröffentlicht: Enckendorff, Marie Luise, Vom Sein und Haben der Seele. - München u. Leipzig: Duncker & Humblot 1906. Möglicherweise handelte das Gespräch auch über ihr neues Buch: Enckendorff, Marie Luise, Realität und Gesetzlichkeit im Geschlechtsleben. - Leipzig: Duncker & Humblot 1910.
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Eben kommt Dein liebes Briefchen. Grüße Rickerts 6 vielmals u. schreibe mir zu Frl. Baum, Düsseldorf, Werstenerstr. 150. Ich denke am 1. 097 dort zu sein. Mama u. Clara grüßen sehr herzlichst Dein Max Denke: Tönnies hat (statt Jaffe) den Ruf nach Kiel bekommen u. angenommen.
6 Sophie und Heinrich Rickert, bei denen Marianne Weber bis zum 2. Januar 1909 in Freiburg zu Besuch war, vgl. Karte von Marianne Weber an Sophie Rickert vom 2. Jan. 1909, Nl. Heinrich Rickert, Privatbesitz. 7 Gemeint ist wohl der 1 .Januar 1909.
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Friedrich Naumann [Ende Dezember 1908]; o. O. Abschrift; maschinenschriftlich in zwei typographisch identischen, aber mit unterschiedlichen handschriftlichen Korrekturen von dritter Hand überlieferten Exemplaren 0 , : BA Koblenz, Nl. Wilhelm Heile, Nr. 20 0 2 : ZStA Potsdam, Nl. Friedrich Naumann, Nr. 106, Bl. 7 9 - 8 2 Das Datum des Briefes ergibt sich aus dem erörterten Sachverhalt, nämlich Vorschlägen für die verfassungsrechtliche Gestaltung des Art. 17 RV, sowie den Umständen, die zu ihrer Entstehung Anlaß gaben: Am 2. Dezember 1908 standen die Anträge der Linksparteien betr. ein Gesetz über die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, die am 11. November 1908 als Folge der Daily Telegraph Affaire gestellt worden waren, zur Verhandlung im Reichstag an. Aus diesem Anlaß veröffentlichte Georg Jellinek am 1. Dezember 1908 in der FZ, Nr. 334,1. Mo.BI., einen Artikel über „ Die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers". Bereits zuvor, am 30. November, hatte sich Jellinek in einer Versammlung der Nationalliberalen Partei in Heidelberg öffentlich zu der Frage „ Kaiser und Reichsverfassung" geäußert; Max Weber, der dabei zugegen war, hatte sich bei dieser Gelegenheit in der anschließenden Diskussion entschieden für den Übergang zum parlamentarischen System eingesetzt. Vgl. die Berichte des Heidelberger Tageblatts Nr. 282 vom 1. und Nr. 283 vom 2. Dez. 1908 (MWG I/8). Dies gab den Anstoß zu einem intensiven Meinungsaustausch zwischen Weber und Jellinek vor dem Hintergrund des Umstands, daß der Reichstag am 3. Dezember 1908 beschlossen hatte, in Beratungen über eine entsprechende Neufassung des § 1 7 RV einzutreten. Gemäß einem Antrage des Sprechers der Fortschrittlichen Volkspartei in Verfassungsfragen Ernst Müller-Meiningen wurden alle diesbezüglichen Anträge dem zu diesem Zwecke zu erweiternden Geschäftsordnungsausschuß des Reichstages zu weiterer Beratung überwiesen. Darunter befand sich auch ein Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei, der die Einführung der justizförmigen Verantwortlichkeit des Reichskanzlers für seine Amtsführung vorsah. (Vgl. Verhandlungen des Reichstags, Anlageband III, Nr. 1036, S.5831). Offenbar auf eine Anregung von linksliberaler Seite hin hat Jellinek in den folgenden Wochen seinen in der Frankfurter Zeitung veröffentlichten Vorschlag bzgl. einer entsprechenden Änderung der Reichsverfassung überarbeitet und der Freisinnigen Volkspartei als Material für die Ausschußberatungen zur Verfügung gestellt. Deren Beginn war im Januar 1909 vorgesehen. Dabei hat Jellinek, wie aus dem nachstehenden Brief hervorgeht, Max Weber konsultiert. Ende Dezember übersandte er MüllerMeiningen seinen, uns freilich nicht überlieferten, revidierten Vorschlag, der Webers Einwände jedoch offenbar nur zum Teil berücksichtigt hatte. Dies ergibt sich aus dem Umstand, daß Müller-Meiningen Jellinek am 2. Januar 1909 für die „freundliche] Übersendung des Gesetzesentwurfs mit Motiven" dankte (BA Koblenz, Nl. Jellinek, Nr. 19). Der Text dieses Entwurfs dürfte sich im großen und ganzen mit der wenig später in Broschürenform veröffentlichten Fassung (Jellinek, Georg, Ein Gesetzentwurf betreffend die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und seiner Stellvertreter nebst Begründung. - Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung 1909) gedeckt haben; allerdings waren in diese Fassung unter dem Einfluß der Kritik von dritter Seite, mit großer Wahrscheinlichkeit auch Max Webers, weitere Änderungen eingegangen. Sowohl in dem erwähnten Schreiben Müller-Meiningens an Jellinek als auch In dem nachstehenden Brief Max Webers, der ausdrücklich auf Jellineks Entwurf Bezug nimmt, werden einzelne Passagen des Entwurfes, die in der veröffentlichten Fassung nicht mehr oder nur in einer veränderten Form enthalten sind, scharf kritisiert.
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Insbesondere die Neufassung des § 4 „Der Bundesrat kann binnen einer Woche mit Stimmeneinhelligkeit den Beschluß des Reichstags aufheben [ . . . ] " (a.a.O., S.4) dürfte auf die diesbezüglichen Einwände Max Webers zurückgehen. Im Mittelpunkt stand allerdings die Frage, in welcher Form der Bundesrat an dem Verfahren einer Amtsenthebung des Reichskanzlers aufgrund einer Verletzung seiner Amtspflichten beteiligt werden könne. Wie aus dem folgenden Brief und aus dem Antwortschreiben Müller-Meiningens an Jellinek hervorgeht, hatte dieser anfänglich die Möglichkeit einer Aufhebung eines entsprechenden Beschlusses des Reichstags durch den Bundesrat mit zunächst nur vierzehn Stimmen, späterhin mit Zweidrittelmehrheit (die Ziffer bzw. das Wort „drei" ist mit Sicherheit eine falsche Lesung, da dies keinen Sinn ergibt, während sich die Lesart % mit Webers Beispiel deckt - vgl. unten, A n m . 4 und 5 - ) vorgesehen. Gegen diesen Vorschlag hatte Max Weber schwerste Bedenken, und dies dürfte denn auch der eigentliche Anlaß zu dem nachfolgenden Schreiben gewesen sein. Darüber hinaus nahm er die willkommene Gelegenheit wahr, Müller-Meiningen zugleich Vorschläge bezüglich des Enqueterechts sowie des sog. „Toleranzantrags" des Zentrums zukommen zu lassen. Der Brief dürfte etwa zeitgleich mit der Übersendung von Jellineks Entwurf an Müller-Meiningen abgesandt worden sein, also Ende Dezember 1908. 0 2 weist am Anfang einen offenbar später von dritter Seite hinzugefügten Vermerk „1911." sowie die handschriftliche Korrektur des Namens Jellinek auf; O, trägt am Kopf den handschriftlichen Vermerk von Wilhelm Heile „Brief von Max Weber (Wahlrecht, Verfassung)". 0 , enthält zahlreiche handschriftliche Verbesserungen der an einigen Stellen offensichtlich fehlerhaften maschinenschriftlichen Transkription, die sich mit den im Schreiben Müller-Meiningens und in der veröffentlichten Fassung des Gesetzentwurfs Jellineks auftretenden Formulierungen berühren bzw. decken und somit als zuverlässig gelten dürfen. Demgemäß wird O, der Veröffentlichung zugrunde gelegt; die Abweichungen gegenüber 0 2 sind annotiert.
Lieber Freund! Inzwischen wird der Jellineksche 3 Entwurf wohl bei dem Herrn Abg. Müller-Meiningen eingegangen und Ihnen bekannt sein. Ich kann nur wiederholen: ein Entwurf, der das Zweidrittelvotum des Reichstags durch einen Bundesratsbeschluß umstoßen läßt, läuft in Gefahr, eine 5 Farce zu werden. 1 Muß aus irgendwelchen Gründen so etwas doch gemacht werden, dann wäre 1. Einstimmigkeit des Bundesrats doch das mindeste, was zu fordern wäre, 2. Wenn mindestens drei 2 Stimmen a O,: Jelinkesche 0 2 : Jelinkesche > Jelineksche 1 Nach Jellineks Vorschlag (so schon in seinem ursprünglichen Entwurf in der FZ, Nr. 334 vom 1. Dez.1908,1. Mo.BI.) sollte die Abwahl des Reichskanzlers durch eine Zweidrittelmehrheit des Reichstags möglich sein. Sein uns nicht überlieferter Entwurf für MüllerMeiningen dürfte die Möglichkeit vorgesehen haben, daß ein derartiger Beschluß vom Bundesrat wieder aufgehoben werden könne. 2 „Drei" ist mit Sicherheit eine falsche Lesart; höchstwahrscheinlich hatte im Original % gestanden, was bei der Transkription als 3 gelesen worden sein dürfte, wie die folgenden Ausführungen (vgl. Anm. 4 und 5) nahelegen.
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gefordert würden, - also eine noch weitere Konzession - dann bedeutete das praktisch: der vom Kaiser ernannte Reichskanzler bedarf a. ein Drittel der Reichstagsstimmen 1333, b. des Vertrauens von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen, 4 um gegen jeden Angriff gesichert zu sein. Jede noch weitere Konzession ist die größte Lächerlichkeit. (Jellinek wollte 14 Stimmen fordern 5 - | :mit: | b so etwas, was nur ein juristischer Formalist sich aushecken kann, sollte doch eine ernste Partei |:sich:| c nicht beflecken.) Dazu kommt der disziplinäred Charakter der Formulierung, so wie Jfellinek] ihn mir vorlas: „Sich des Vertrauens unwürdig machen". 6 Wozu dieser Zwang, den Kanzler ehrenrührig anzugreifen, es genügt, daß er das politische Vertrauen nicht hat, und nur das sollten doch die 2/3 des Reichstags aussprechen. Wenn ich gefragt würde, wie man den Bundesrat in das Gesetz bringen könnte, so würde ich sagen: §1. Der Reichskanzler ist aus dem Reichsdienst und allen politischen Einzelstaatsdiensten ohne die Möglichkeit der Wiedereinstellung als politischer Beamter 6 entlassen, wenn 3/5 des Reichstags = 240 Stimmen es verlangen. §2. Der Reichskanzler ist dto dto entlassen, wenn 3/5 des Bundesrats es verlangen (das bedeutet praktisch, daß Preußen + Waldeck + Bayern zusammen 17 + 1 + 6 = 24 Stimmen den Reichskanzler immer halten können gegen Bundesratsmißtrauen. 7 §3. Reichstag und Bundesrat haben sich, auch ohne besondere kaiserliche Ordre zu versammeln, wenn 1/4 der Stimmenzahl (= 100 beim
b Fehlt in 0 2 . Einschub in 0 , möglicherweise eigenhändig von Max Weber, c Fehlt in 0 2 . Einschub in O, möglicherweise eigenhändig von Max Weber, d 0 , : desziplinare > disziplinare 0 2 : desziplinare e O,, 0 2 : ( z u ) 3 D.h. 133 von insgesamt 397 Stimmen, d.i. Vi aller Mitglieder des Reichstags. 4 Diese Bundesstaaten führten ohne Preußen zusammen 20 Stimmen im Bundesrat, d. i. 1 /3 von insgesamt 58 Stimmen. 5 Da Preußen allein schon 17 Stimmen führte, Ist nicht ersichtlich, welcher Gedankengang dabei eine Rolle gespielt hat. Evtl. könnte daran gedacht gewesen sein, die 3 Stimmen, die Preußen für Elsaß-Lothringen führte, von der Stimmenzahl Preußens in Abzug zu bringen. 6 Vgl. Jellineks ursprünglichen Vorschlag In der FZ vom 1. Dez. 1908, in dem es in § 2 hieß, daß der Reichskanzler dafür verantwortlich sei, daß „ er [...] sich des Vertrauens, das sein Amt erfordert, würdig zeige" (wie Anm. 1). Müller-Meiningen zitiert die entsprechende Passage seines Entwurfs als „u. sich des Vertrauens [...] würdig zeigen". Brief an Georg Jellinek vom 2. Jan. 1909, BA Koblenz, Nl. Georg Jellinek, Nr. 19. 7 Im Bundesrat hatten Preußen 17, Waldeck 1 und Bayern 6 Stimmen, also zusammen eine Sperrminorität von % der Stimmen.
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Reichstag, 15 beim Bundesrat) beim Reichstag durch notariell beglaubigte öffentliche Aufforderung, welche der Reichsanzeiger aufnehmen muß, beim Bundesrat durch Rundschreiben an die verbündeten Regierungen, sie einberufen. Sie dürfen gegen den Widerspruch von 1/4 der Stimmen nicht geschlossen werden (also der Reichstag nicht aufgelöst werden). Im Falle eines Antrags auf Entlassung des Reichskanzlers darf der Reichstag nicht aufgelöst werden, wenn er bereits einmal in dem jenem Antrag vorangehenden Kalenderjahr aufgelöst worden war. II Sollte es nicht unbedingt geraten sein, dem Reichstag das Enqueterecht zu verschaffen, also §1. Der Reichstag ist berechtigt, Kommissionen mit dem Rechte gemeinsamer Tagung auch zwischen den Sessionen einzusetzen und sie zu ermächtigen, über Tatbestände, welche der Gesetzgebung oder Beaufsichtigung des Reiches unterliegen, Erhebungen zu veranstalten, durch soweit nötig eidliche (oder wenn man dies der Justiz überlassen will) eidesstattliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen vor der Kommission. §2. Die Wahl der Kommissionen erfolgt derart, daß jede Gruppe von je 40 Mitgliedern ein Mitglied zu ernennen hat. §3. Von der Kommission müssen alle Zeugen und Sachverständigen gehört und über alle Fragen vernommen werden, welche eine Minderheit von 1/4 der Mitglieder verlangt. - N.B. Der preußische] Landtag hat dies unter Umständen fundamental wichtige Recht, Art. 82 der preußischen] Verfassung, 8 aber verstümmelt: im Gegensatz zum englischen Parlament kann er die Zeugen usw. nicht selbst vernehmen. (Vgl. Art. 81, Abs. III)' 9
f Oi, 02: IIIu) ss) 8 Vgl. Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Jan. 1851, Art. 82: „Jede Kammer hat die Befugnis, Behufs ihrer Information Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachenzu ernennen." Huber, Ernst Rudolf, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd.1: Deutsche Verfassungsdokumente 1 8 0 3 - 1 8 5 0 , 3., neubearb. und verm. Aufl. - Stuttgart: W. Kohlhammer 1978, S. 510. 9 Art. 81, Abs. 3, ebd., lautet: „Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen."
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III. Wollen Sie nicht den Toleranzantrag des Zentrums durch folgende beide Amendements kontrekarrieren:10 1. Kein Kind darf gegen den Willen seiner Eltern zur Teilnahme an einem Religionsunterricht einer öffentlichen oder einer zum Ersatz des öffentlichen Unterrichts qualifizierten Schule genötigt werden, (also auch nicht in seiner eigenen Konfession: orthodoxe Kinder nicht bei liberalen Lehrern und umgekehrt). (Familienprinzip! Entspricht dem, was das Zentrum selbst theoretisch unter Religionsfreiheit versteht.) 11 2. Niemand darf von einer staatlichen Instanz, welcher Art immer genötigt oder ersucht werden, über seine Konfessionszugehörigkeit irgendwelche Angaben zu machen. 12 (Stand in 48er Reichsverfassung wird jetzt keinesfalls angenommen, bereitet aber dem Zentrum große Schwierigkeiten und nimmt dem recht populären Toleranz-Antrag den Wind aus den Segeln und macht es bei Ablehnung durch das Zentrum doch leichter, den Antrag abzulehnen.) Über das Enqueterecht schreibe ich vielleicht der Frankfurter Zeitung einen Artikel. 13 Die Liberalen dürfen doch bei den nächsten Wahlen nicht mit dem Odium dastehen, garnichts Ernstliches versucht zu haben.
10 Gemeint ist der von der Zentrumspartei seit dem Jahre 1900 wiederholt, zuletzt am 24. Jan. 1906 eingebrachte, aber immer wieder vertagte Antrag auf „volle Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften, sowie der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsausübung". Dieser sah u.a. vor, daß den Eltern verfassungsrechtlich das Recht garantiert werden solle, das religiöse Bekenntnis zu bestimmen, in dem ihr Kind erzogen werden solle. (Vgl. Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220, Anlageband II, Nr. 40-42, S. 1607f.) 11 Der entsprechende Paragraph des „Toleranzantrags" lautet: „Zur Teilnahme an einem Religionsunterricht oder Gottesdienst welcher der religiösen Überzeugung der Erziehungsberechtigten nicht entspricht, kann ein Kind gegen den ausdrücklichen Willen der Erziehungsberechtigten nicht angehalten werden." 12 Vgl. § 144, Frankfurter RV: „Jeder Deutsche hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren." Huber, Ernst Rudolf, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte (wie oben, Anm.8), Bd. 1, S.319. 13 Ein solcher Artikel ist in der FZ nicht erschienen.
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IV. Vor dem Staatsgerichtshofe (am besten Reichsgericht) 14 könnte der Kanzler doch nur für die Legalität 9 seines Handelns angeklagt werden, wenn man bestimmen könnte, daß er für Gesetzesverletzung einschließlich der Nichtausübung11 des Aufsichtsrechtes des Reichs doch verklagt werden könnte, erstens vom Reichstag per majora, 15 2. vom Bundesrat per majora, so würde das wesentliche Bedeutung dann gewinnen, wenn dadurch auch eine Anfechtung der Legalität der Bundesratsbeschlüsse durch den Reichstag zugelassen würde. Aber das wäre wohl aussichtslos, obwohl das Anklagerecht auch des Bundesrats ja eine Stärkung des Föderalismus bedeutete. Ob der Antrag trotzdem nicht opportun 'wäre? Jedenfalls' besser einen klaren sachlich bedeutsamen Weg, der von rechts oder vom Bundesrat abgelehnt wird, als das Mitmachen einer Farce von Scheingesetz. Das scheint mir sicher: die Extravaganzen des Kaisers werden wiederkehren. Dann haben diejenigen allen Wind gegen sich, welche solche Scheingesetze fabriziert haben. Gewiß, die bürgerlichen Wähler müssen erst umlernen, aber ihre Stimmung könnte einmal sehr schwer umschlagen. Herzlichen Gruß Ihr sehr ergebener Max Weber
g O,: Loyalität > Legalität 0 2 : Loyalität h 0 , : Nicht. > Nichtausübung 0 2 : Nicht, i 0 , : wäre, jedenfalls > wäre? Jedenfalls 0 2 : wäre, jedenfalls
14 Der Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei sah vor, daß jeweils bei Beginn einer jeden Legislaturperiode eigens für diese Aufgabe ein Staatsgerichtshof neu gebildet werden solle. Vgl. Art. 17c, a.a.O., S.5831. 1 5 D.h. mit einfacher Mehrheit.
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Nachtrag Theodor A. Kistiakowski; Tl.: Bogdan A. Kistjakovskij PSt 18. Februar 1906; PSt Heidelberg Karte; eigenhändig Gosudarstvennyj istoriceskij Muzej, Moskau, fond 108
Sehr geehrter Herr Doktor! Ich habe an den Sekretär der Westfälischen Bergarbeiter-Vereine (m'c/zi-sozialistisch) geschrieben1 u. bekomme hoffentlich umgehend Antwort, die ich Ihnen dann schicke. Mit bestem Gruß 5 Max Weber
1 Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden; ein Verband Westfälischer Bergarbeiter-Vereine Ist nicht nachzuweisen.
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Nachtrag
T h e o d o r A . K i s t i a k o w s k i ; Tl.: B o g d a n A . K i s t j a k o v s k i j PSt 1. M ä r z 1 9 0 6 ; PSt H e i d e l b e r g Karte; eigenhändig G o s u d a r s t v e n n y j istoriceskij Muzej, Moskau, fond 108
Sehr geehrter Herr Doktor! Ich habe jetzt eine vorläufige Liste erhalten und sofort eine Anzahl Sachen bestellt, die hoffentlich in wenigen Tagen hier sein werden. 1 Besten Gruß Ihr s Max Weber
1 Es dürfte sich um die Anfrage bei dem Sekretär der Westfälischen Bergarbeiter-Vereine (vgl. den Brief an Kistjakovskij vom 18. Februar 1906, oben, S. 717) handeln, der aber nicht Identifiziert werden konnte. Der Sachverhalt konnte nicht aufgeklärt werden.
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Nachtrag Alexander A. Kaufmann; Tl.: Aleksandr A. Kaufman 23. April 1906; Heidelberg Brief; eigenhändig Institut russkoj Literatury (Puskinskij Dom), Leningrad, fond 125
Heidelberg 23/4 06 Sehr geehrter Herr! Verzeihen Sie, wenn ich - nachträglich auch meinerseits für Ihren vorzüglichen Beitrag zu unsrem „Archiv" 1 dankend - Sie mit zwei Anfragen belästige: 1) Wird die Sammlung „Arpapubift Bonpoc" (Reden etc. auf dem vorjährigen Congreß) in 2 ter Auflage erscheinen? 2 2) Auf welche Weise könnte ich mir den Besitz der Vorlagen, welche 10 die Regierung der Duma machen wird, speziell der agrarpolitischen, 3 unmittelbar nach Erscheinen, sichern? Wohl nur durch Abonnement auf den „IIpaBHTejibCTBeHHbffl BecTHHK" 4 ? oder auf andre Weise? Im Voraus für jede Auskunft verbindlichst dankend Ihr in vorzüglicher Hochachtung sehr ergebenster Max Weber 5
1 Kaufmann, Alexander, Das russische Übersiedlungs- und Kolonisationsgesetz vom 6./ 19. Juni 1904 und die Aussichten der inneren Kolonisation in Rußland, in: AfSSp, Bd. 22, Heft2, 1906, S. 371-423. 2 Dolgorukov, P.D., und Petrunkevic, Ivan I. (Hg.), Agrarnyj vopros. Sbornik statej. Moskva: O. L. Somov 1905. Die zweite Auflage erschien 1906 in dem Verlag Beseda. 3 Weber bezieht sich hier auf die Gesetzentwürfe der zaristischen Regierung zur Lösung der Agrarfrage, die im Juni 1906 in der Duma eingebracht wurden. Vgl. Macey, David A. J., Government and Peasant in Russia, 1861 -1906. The Prehistory of the Stolypin Reforms. -Dekalb: Northern Illinois University Press 1987, S. 196ff. 4 Gemeint ist der „ Regierungsbote", das offiziöse Organ der russischen Regierung.
Personenverzeichnis
Dieses Verzeichnis berücksichtigt alle Personen, die in den Texten Max Webers selbst Erwähnung finden, mit Ausnahme allgemein bekannter Persönlichkeiten und solcher Autoren, die in bibliographischen Angaben ohne weitere Information genannt werden. Abbe, Ernst Carl ( 2 3 . 1 . 1 8 4 0 - 1 4 . 1 . 1 9 0 5 ) . Physiker und Sozialreformer. 1861 Promotion in Göttingen, dann Lehrer beim Physikalischen Verein in Frankfurt a. M., 1863 Habilitation in Jena; 1 8 7 0 a . o . Professor und 1879 o. Professor ebd.; 1873 Beiträge zur Theorie des Mikroskops und der mikroskopischen Wahrnehmung ( „ A b b e s c h e T h e o r i e " ) ; 1875Teilhaber der optischen Werkstätte von Zeiss, 1889 deren alleiniger Inhaber, 1891 Umwandlung des Unternehmens in die Carl-Zeiss-Stiftung, die mit der Einführung des Acht-StundenTages sowie der Gewinnbeteiligung der Belegschaft des Werkes auf sozialpolitischem Gebiet für ihre Zeit einzigartig war. Adler, Georg ( 2 8 . 5 . 1 8 6 3 - 1 1 . 6 . 1 9 0 8 ) . Nationalökonom und Sozialpolitiker. 1883 Promotion z u m Dr. phil. in Staatswissenschaften in Freiburg i.Br., 1886 Habilitation ebd.; 1890 a.o. (Titular-)Professor in Freiburg, 1893 Berufung als a.o. Professor nach Basel mit d e m Auftrag, ein Gesetz zur Arbeitslosenversicherung auszuarbeiten; 1 8 9 7 - 1 9 0 0 Privatgelehrter In Berlin, ab April 1900 Lehrer für Kolonialpolitik am Orientalischen Seminar der Universität Berlin; seit Oktober 1900 etatmäßiger a.o. Professor an der Universität Kiel; Arbeiten zur Wirtschafts- und Sozialpolitik und zur Geschichte des Sozialismus. Althoff, Friedrich (19.2. 1 8 3 9 - 2 0 . 1 0 . 1908). Preußischer Ministerialbeamter und Jurist. 1872 etatmäßiger a. o. Professor, 1880 o. Professor für französisches Zivilrecht in Straßburg ; 1 8 8 2 - 9 7 als Vortragender Rat und Geheimer Regierungsrat im preußischen Kultusministerium Referent für die Hochschulangelegenheiten; 1 8 9 7 - 1 9 0 7 Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung für das Universitäts- und höhere Unterrichtswesen; bedeutender Organisator des preußischen Hochschulwesens; gegen die autoritäre Komponente des „ S y s t e m s Althoff" richteten sich die Angriffe Max Webers auf dem zweiten deutschen Hochschullehrertag 1911 in Dresden. Andrejew, Tl.: Andreev, Leonid Nikolaevic ( 2 1 . 8 . 1 8 7 1 - 1 2 . 9 . 1 9 1 9 ) . Russischer Erzähler und Dramatiker. 1890 Rechtsanwalt, danach Journalist und seit 1895 Schriftsteller im Kreis um Maksim Gor'kij; sympathisierte mit der Revolution von 1905, lebte danach einige Jahre in Deutschland, emigrierte als Gegner der Bolschewiki 1917 nach Finnland. Seine Werke thematisieren in z u n e h m e n d symbolisierender und allegorischer Darstellungsweise die Einsamkeit des Menschen, die Ohnmacht der Vernunft und die Allmacht des Todes. Anschiitz, Elisabeth, geb. Herold (22.5. 1 8 7 3 - 2 5 . 4 . 1932). Verheiratet m i t - » Gerhard Anschütz. Lebte von 1900 bis 1908 und von 1916 bis 1932 in Heidelberg, Ziegelhäuser Landstr.35, und seit 1906 in nachbarschaftlicher Nähe zu Max und Marianne Weber. Anschütz, Gerhard (10.1. 1 8 6 7 - 1 4 . 4 . 1948). Staats- und Verfassungsrechtler. 1891 Promotion in Halle, 1896 Habilitation in Berlin; 1899 o. Professor in Tübingen, 1900 in
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Heidelberg, 1908 in Berlin und von 1 9 1 6 - 3 3 in Heidelberg; Mitglied der DDP; Kommentare zur preußischen und deutschen Verfassung. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber in Heidelberg. Arons, Leo Martin (15.2. 1 8 6 0 - 1 0 . 1 0 . 1919). Physiker. 1884 Promotion in Straßburg, 1888 Habilitation ebd., 1890 Privatdozentin Berlin; Konstrukteur der „ A r o n s c h e n Schwing u n g s r ö h r e " ; betätigte sich als Sozialpolitiker auf d e m Feld der Volksbildung und Bildungsreform; Infolge seiner Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Partei wurde er aufgrund eines eigens zu diesem Zwecke 1898 geschaffenen preußischen Gesetzes („ Lex A r o n s " ) 1900 von der Privatdozentur suspendiert. Ballod, Carl (20.6. 1 8 6 4 - 1 3 . 1 . 1931). Nationalökonom und Statistiker. 1892 Promotion z u m Dr. phii. In Jena, 1899 Habilitation in Berlin; 1905 Honorar-Professor für Nationalökonomie und Statistik In Berlin, 1920 o. Professor in Riga; 1905 Mitglied des preußischen Statistischen Landesamtes, seit 1908 Im Reichsschatzamt; 1918 Mitglied der Sozialisierungskommission. Barth, Theodor Wilhelm (16.7. 1 8 4 9 - 2 . 6 . 1909). Publizist und llnksliberaler Politiker. 1871 Anwalt in Bremen, ab 1 8 7 6 - 8 3 Syndikus der Handelskammer In Bremen; 1881 - 8 4 , 1 8 8 5 - 9 8 und 1 9 0 1 - 0 3 MdR für die Liberale Vereinigung und die Freisinnige Vereinigung; 1908 Bruch mit der Freisinnigen Vereinigung w e g e n ihres Festhaltens an der liberalkonservativen Blockpolitik; 1 8 8 3 - 1 9 0 7 Herausgeber der Wochenschrift „ D i e Nation", die sich unter seiner Leitung zu einer der führenden linksliberalen Wochenschriften der Zelt entwickelte. Barths polltische Ideenwelt war stark v o m angelsächsischen Denken geprägt. Bartsch, Robert (23.7. 1 8 7 4 - 3 0 . 6 . 1955). Jurist. Promotion, 1905 Habilitation an der Universität Wien; 1911 a.o. (Titular-)Professor, 1 9 1 8 o . Professorin Wien, 1939 HonorarProfessor an der Hochschule für Welthandel in Wien; arbeitete über eine Konkursrechtsreform und eine Reform des österreichischen Privatrechts, sowie über die rechtliche Stellung der Frau In der Ehe. Baum, Marie ( 2 3 . 3 . 1 8 7 4 - 8 . 8 . 1 9 6 4 ) . Sozialpolitikerin. Studium der Chemie. 1899 Promotion In Zürich; 1899 in der Patentabteilung der A G F A in Berlin; 1902 Badische Fabrikinspektorin in der Nachfolge von - » Else Jaffe, geb. von Richthofen, Entlassung auf eigenen Antrag zum 15. Februar 1907; im Sommersemester 1907 In Heldelberg; 1 9 0 7 - 1 6 Geschäftsführerin des Vereins für Säuglingsfürsorge Im Regierungsbezirk Düsseldorf; 1 9 1 6 - 1 9 Leitung der Sozialen Frauenschule und des Sozialpädagogischen Instituts In Hamburg mit Gertrud Bäumer; 1919 Mitglied der Nationalversammlung und 1 9 2 0 - 2 1 MdR der DDP; 1 9 1 9 - 2 6 Oberreglerungsrätin und Referentin für Wohlfahrtspflege Im Badischen Arbeltsministerium In Karlsruhe; 1928 Lehrauftrag an der Universität Heidelberg, 1933 Entlassung aus dem Lehrauftrag, 1946 Erneuerung des Lehrauftrages. Befreundet mit Ricarda Huch, Marianne Weber, Else Jaffe und Emil Lask. Baumgarten, Emmy (18.2. 1 8 6 5 - 5 . 1 0 . 1946). Tochter von Hermann und Ida Baumgarten, einer Schwester von Helene Weber. Lebte Im Ottilienhaus in Stuttgart. Schwester von - > Fritz Baumgarten und Otto Baumgarten, Cousine und Jugendfreundin von Max Weber. Baumgarten, Friedrich (Fritz) ( 1 4 . 7 . 1 8 5 6 - 2 6 . 2 . 1 9 1 3 ) . Altphilologe. Professor für Altphilologie, Geschichte und Geographie an den Gymnasien In Wertheim und Offenburg; 1 9 0 3 - 1 2 Honorarprofessor für Kunstgeschichte an der Universität Freiburg; danach
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Direktor des Gymnasiums in Donaueschingen. Sohn von Hermann und Ida Baumgarten, einer Schwester von Helene Weber, Vetter von Max Weber. Baumgarten, Otto ( 2 9 . 1 . 1 8 5 8 - 2 1 . 3 . 1 9 3 4 ) . Evangelischer Theologe. 1 8 8 2 - 8 7 im badischen Kirchendienst, 1888 Lizentiat in Halle; 1888 Prediger am Walsenhaus in BerlinRummelsburg; 1890 Privatdozentin Berlin, a.o. Professorin Jena, 1 8 9 4 - 1 9 2 6 0. Professor für Praktische Theologie in Kiel. 1 9 1 2 - 2 1 Vorsitzender des Evangelisch-Sozialen Kongresses, Mitglied der DDP, 1919 Mitglied der deutschen Friedensdelegation; vertrat ein sozial und politisch liberales Christentum in Abwehr des Antisemitismus und der Kriegsziele der Alldeutschen. Sohn von Hermann und Ida Baumgarten, einer Schwester von Helene Weber, 1883 kurze Ehe mit Emily Fallenstein, der Tochter des Halbbruders von Helene Weber, Otto Fallenstein; Vetter Max Webers, mit dem dieser seit der Studienzeit in Heidelberg freundschaftlich verbunden war. Bebel, August ( 2 2 . 2 . 1 8 4 0 - 1 3 . 8 . 1 9 1 3 ) . Sozialdemokratischer Politiker. 1866 Mitbegründer der Sächsischen Volkspartei, 1869 Mitbegründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei und ab 1875 Führer der Sozialdemokratie bis zu seinem Tode; 1 8 6 7 - 6 9 Mitglied des Norddeutschen Reichstages für die Sächsische Volkspartei, MdR für die Sozialdemokratie von 1 8 7 1 - 1 9 1 3 . Below, Georg von (19.1. 1 8 5 8 - 2 0 . 1 0 . 1927). Verfassungs- und Wirtschaftshistoriker. 1883 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1886 Habilitation in Marburg; 1888 ümhabilitation in Königsberg, 1889 a.o. (Titular-)Professor ebd., 1891 o. Professor in Münster, 1897 in Marburg, 1901 in Tübingen und von 1 9 0 5 - 2 4 in Freiburg; Arbeiten zur mittelalterlichen Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte. Max Weber stand in kollegialen Beziehungen zu v. Below, ungeachtet der politischen Meinungsunterschiede insbesondere In der Weltkriegs- und Nachkriegszeit. Benecke, Emilie (Nixel), geb. Fallenstein (4.3. 1 8 4 6 - 1 4 . 1 2 . 1922). Tochter von Georg Friedrich und Emilie Fallenstein, geb. Souchay. Heiratete 1 8 6 6 - > Ernst Wilhelm Benecke; lebte von 1872 bis 1919 in Straßburg und gelegentlich auch in dem ihrem Manne gehörenden Haus Ziegelhäuser Landstr. 1 in Heidelberg. Schwester von Helene Weber und Tante von Max Weber. Benecke, Ernst Wilhelm ( 1 6 . 3 . 1 8 3 8 - 7 . 3 . 1 9 1 7 ) . Geologe und Paläontologe. 1862 Promotion in Heldelberg, 1865 Habilitation ebd., 1869 a.o. (Titular-)Professor in Heldelberg, 1872o. Professorin Straßburg; verheiratet m i t - » Emilie Benecke, geb. Fallenstein, Onkel von Max Weber. Benecke, Martha, geb. Heseler (24.5. 1 8 7 7 - 1 1 . 1 1 . 1 9 5 7 ) . Verheiratet mit Wilhelm Benecke ( 2 3 . 9 . 1 8 6 8 - 1 4 . 2 . 1 9 4 6 ) , Professor für Botanik in Kiel, Bonn, Berlin und Münster, einem Sohn von —> Emilie Benecke und Ernst Wilhelm Benecke; Vetter von Max Weber. Bennigsen, Rudolf von ( 1 0 . 7 . 1 8 2 4 - 7 . 8 . 1 9 0 2 ) . Liberaler Politiker und Jurist. Zusammen mit Johannes von Miquel Begründer des „Deutschen Nationalvereins"; 1 8 6 7 - 7 1 Mitglied des Norddeutschen Reichstags, 1871 - 8 3 und 1 8 8 7 - 9 8 MdR für die Nationalliberalen; Präsident des Reichstags von 1873 bis 1879; 1 8 6 7 - 8 3 MdprAH, führender Repräsentant des um Ausgleich mit Bismarck bemühten Nationalliberalismus; lehnte 1877/78 ein Angebot Bismarcks zur Übernahme eines Ministeramts ab. Bernays, Marie (13.5. 1 8 8 3 - 2 2 . 4 . 1939). Sozialpädagogln. 1904 Lehrerinnenexamen, 1906 Abitur in Heldelberg; studierte als eine der ersten zum Studium zugelassenen
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Frauen in Heidelberg, 1910 Promotion mit einer Studie über die Arbeitsverhältnisse in der Gladbacher Spinnerei und Weberei im Rahmen der Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik über Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft in der geschlossenen Großindustrie, die von Alfred und Max Weber betreut wurde. 1916 gründete sie zusammen mit Elisabeth Altmann-Gottheimer die Soziale Frauenschule in Mannheim; als Mitglied der DVP von 1921 bis 1925 im Badischen Landtag; 1933 Zuflucht im Kloster Beuron, konvertierte und gab in der dortigen Hochschule des Benediktinerordens Sprachunterricht für Missionspatres. Ab 1908 häufiger Gast bei Max und Marianne Weber. Bernhard, Ludwig (4.7. 1 8 7 5 - 1 6 . 1 . 1935). Nationalökonom. 1898 Promotion zum Dr. oec. publ. in München, 1902 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1903 Habilitation ebd.; 1904 Professor an der Akademie in Posen, 1906 o. Professor in Greifswald, 1907 in gleicher Funktion nach Kiel versetzt, 1908 vom Kultusministerium ohne Befragen der Fakultät auf ein neugeschaffenes Ordinariat an die Universität Berlin berufen, was zu erheblichen Protesten in der Fakultät und der Öffentlichkeit führte und wozu Weber in Artikeln in der „Frankfurter Zeitung" kritisch Stellung nahm. Gegner der Polenpolitik der preußischen Regierung und der Sozialpolitik des Reiches; nach dem Krieg dem Kreis um Hugenberg nahestehend. Bernhard, Margarethe (8.1. 1 8 7 3 - ? ) . Juristin. 1906 Promotion; 1906 Volontärin an der Handelskammer Berlin. Bernstein, Eduard ( 6 . 1 . 1 8 5 0 - 1 8 . 1 2 . 1 9 3 2 ) . Sozialdemokratischer Politiker und Publizist. Seit 1872 Mitglied der Sozialdemokratie; 1 8 8 1 - 8 8 Herausgeber der in Zürich erscheinenden Zeitschrift „ Der Sozialdemokrat"; 1887 Übersiedlung nach London und Mitarbeiter von Friedrich Engels, Mitarbeiter der „Neuen Zeit" und der „Sozialistischen Monatshefte" ; Theoretiker des revisionistischen Flügels der deutschen Sozialdemokratie; 1901 Rückkehr nach Deutschland; 1 9 0 2 - 0 7 , 1 9 1 2 - 1 8 und 1 9 2 0 - 2 8 MdR für die SPD; 1 9 1 0 - 1 8 Stadtverordneter von Berlin; 1 9 1 7 - 1 9 Mitglied der USPD; November 1918 Beigeordneter im preußischen Finanzministerium. Bezold, Carl ( 1 8 . 5 . 1 8 5 9 - 2 1 . 1 1 . 1 9 2 2 ) . Semitist. 1880 Promotion in Semitistik bei Franz Delitzsch in Leipzig, 1883 Habilitation in München; arbeitete anschließend acht Jahre im British Museum in London; von 1 8 9 4 - 1 9 2 2 o. Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Heidelberg; grundlegende Erforschung semitischer Sprachen und deren Literatur; 1884 Gründer und Herausgeber der „Zeitschrift für Assyrologie". Biermann, Wilhelm Eduard ( 1 6 . 5 . 1 8 7 8 - 1 6 . 1 2 . 1 9 3 7 ) . Nationalökonom. 1901 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1904 Habilitation ebd.; 1910a.o.Titular-Professorin Leipzig, 1919 o. Professorin Greifswald, 1929 Honorar-Professorin Frankfurt; Herausgeber der „Volkswirtschaftlichen und wirtschaftsgeschichtlichen Abhandlungen". Biermer, Magnus (22.11. 1861—25.2. 1913). Nationalökonom. 1887 Promotion zum Dr. jur. in Jena, 1889 Promotion zum Dr. phil. in Nationalökonomie in Berlin; 1891 Dozent an der TH Aachen, 1 8 9 2 - 9 4 Syndikus der Handelskammer Münster, 1 8 9 4 - 9 8 etatmäßiger a.o. Professor an der Akademie Münster, 1898o. Professorin Greifswald und seit 1900 an der Universität Gießen; zahlreiche Aufsätze zur Steuergesetzgebung. Im Prozeß zwischen Biermer und Gustav Ruhland vom Bund der Landwirte 1 9 0 3 - 1 0 über den Vorwurf Biermers, Ruhland habe seine agrarpolitischen Ansichten opportunistisch im Dienste des Bundes der Landwirte geändert, lehnte Max Weber es 1910 ab, sich vor Gericht zu äußern.
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Bittmann, Carl F. J. (15.8.1851 - 2 4 . 8 . 1 9 3 6 ) . Chemiker und Sozialpolitiker. 1876 Promotion in Chemie in Freiburg, 1881 - 9 4 Technischer Direktor der Zuckerfabriken von Glauzig (1881/82), Hildesheim (1882-92), Hameln und Frellstedt (1892-94); 1 8 9 5 - 1 9 0 2 Königlicher Gewerbeinspektor und Gewerberat zu Trier, 1 9 0 2 - 1 4 sowie 1917/18 Vorstand der badischen Fabrikinspektion und Direktor des Badischen Gewerbeaufsichtsamtes. Böhm, Franz (25.12.1861 - 3 0 . 6 . 1 9 1 5 ) . Badischer Mlnisterlalbeamter und Politiker. 1890 Mlnisterialsekretärim Badischen Ministerium für Justiz, Kulturund Unterricht, 1891 Amtsrichter, 1892 Staatsanwalt und von 1897 an wieder im badischen Kultus- und Unterrichtsministerium tätig; 1899 Ministerialrat, 1905 Geheimer Oberregierungsrat, 1910 Ministerialdirektor; 1911 - 1 5 badischer Minister des Kultus und Unterrichts; polltisch den badischen Nationalliberalen nahestehend. Böhm-Bawerk, Eugen Ritter von (12.2.1851-27.8.1914). Nationalökonom und Politiker. 1 8 7 2 - 8 0 Praktikant im österreichischen Finanzdienst, 1875 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1880 Habilitation ebd.; 1 8 8 1 - 8 4 a.o. Professor, 1 8 8 4 - 8 9 o. Professor in Innsbruck; 1 8 8 9 - 9 5 Ministerialrat im österreichischen Finanzministerium; 1895,1897/98 und 1 9 0 0 - 0 4 Finanzminister; ab 1904 o. Professor in Wien; 1911 - 1 4 Präsident der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Neben Carl Menger und Friedrich von Wieser Begründer der österreichischen Schule der Nationalökonomie (Grenznutzenschule); bekannt durch seine Arbeiten über Kapital und Kapitalzins. Bonn, Moritz-Julius ( 2 8 . 6 . 1 8 7 3 - 2 5 . 1 . 1 9 6 5 ) . Nationalökonom. 1895 Promotion zum Dr. oec. publ. in München bei Lujo Brentano, 1905 Habilitation ebd.; 1910 a.o. Professor ebd. und Direktor an der Handelshochschule In München, 1 9 2 0 - 3 3 o. Professor der Staatswissenschaften an der Handelshochschule in Berlin, 1 9 1 4 - 1 7 , 1 9 2 4 - 2 6 Gastprofessor in den USA; 1 9 2 0 - 2 2 Sachverständiger der deutschen Reichskanzlei für Reparationsfragen in Versailles; 1933 Emigration nach Entlassung aus allen Staatsämtern; 1 9 3 3 - 3 9 an der London School of Economics, 1 9 3 9 - 4 6 Professor in den USA. Borgius, Walther (2.9.1870-1933/34). Nationalökonom. 1898 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg; 1900 Geschäftsführer des „Handelsvertragsvereins"; 1901 Gründer des „Volkswirtschaftlichen Verbandes"; 1905 einer der Mitbegründer des „Deutschen Bundes für Mutterschutz"; seit einem schweren Unfall 1924 als freier Schriftsteller lebend. Schüler von Max Weber. Bortkiewicz, Ladislaus von (7.8.1868-15.7.1931). Nationalökonom und Statistiker. 1893 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1895 Habilitation in Straßburg; 1 8 9 7 - 1 9 0 0 Beamter Im russischen Verkehrsministerium; 1901 etatmäßiger a.o. Professor, 1 9 2 0 - 3 1 o. Professor für Staatswissenschaften und Statistik in Berlin; beschäftigte sich vornehmlich mit Problemen der Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Statistik. Braun, Heinrich (23.11.1854-8.2.1927). Sozialpolitiker und Publizist. 1881 Promotion in Halle; 1883 zusammen mit Karl Kautsky und Wilhelm Liebknecht Begründer der „ Neuen Zelt", 1 8 8 8 - 1 9 0 3 Herausgeber des „Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik" („Brauns Archiv"), das er an Edgar Jaffe verkaufte, der es mit Max Weber und Werner Sombart unter dem Titel „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" weiterführte, 1 8 9 2 - 9 5 Herausgeber des „Sozialpolitischen Centralblattes", 1 9 0 5 - 0 7 der „Neuen Gesellschaft" und 1911 - 1 3 der „Annalen für Sozialpolitik und Gesetzgebung"; 1903/04 MdR für die Sozialdemokratie.
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Brentano, Lujo (Ludwig Josef) ( 1 8 . 1 2 . 1 8 4 4 - 9 . 9 . 1931). Nationalökonom. 1 8 6 6 P r o m o tion z u m Dr. jur. utr. in Heidelberg, 1867 z u m Dr. phil. in Göttingen, 1871 Habilitation in Berlin; 1872 e t a t m ä ß i g e r a . o . Professor, 1873 o. P r o f e s s o r i n Breslau, 1882 in Straßburg, 1888 in Wien, 1889 In Leipzig und 1 8 9 1 - 1 9 1 4 in M ü n c h e n ; linksliberaler Vertreter der historischen Schule der d e u t s c h e n Nationalökonomie; 1872 Beteiligung an der G r ü n d u n g des Vereins für Sozialpolitik, gewerkschaftsfreundliche und freihändlerische A n s i c h t e n . Max W e b e r trat seit 1893 In persönliche B e z i e h u n g e n zu Brentano, der Ihn als Nachfolger auf s e i n e m Lehrstuhl in M ü n c h e n vorschlug. Bryce, J a m e s Lord ( 1 0 . 5 . 1 8 3 8 - 2 2 . 1 . 1 9 2 2 ) . Britischer Jurist u n d Politiker. 1 8 7 0 Professor für Zivilrecht In Oxford; 1 8 8 0 - 1 9 0 7 liberales Mitglied des Unterhauses; 1 8 9 4 / 9 5 Handelsminister, 1 9 0 5 / 0 6 Staatssekretär in Irland, 1 9 0 7 - 1 3 Botschafter In W a s h i n g t o n ; 1914 Mitglied d e s Internationalen Gerichtshofes In Den Haag; sein Werk „ T h e A m e r i c a n C o m m o n w e a l t h " (1888) w u r d e von Max W e b e r hoch geschätzt. Bücher, Karl ( 1 6 . 2 . 1 8 4 7 - 1 2 . 1 1 . 1 9 3 0 ) . Nationalökonom. 1870 Promotion z u m Dr. phil. In Bonn, 1 8 7 0 - 7 8 Tätigkeit als Lehrer in D o r t m u n d und Frankfurt, 1 8 7 8 - 8 0 Redakteur für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der „Frankfurter Z e i t u n g " ; 1881 Habilitation in M ü n c h e n ; 1882 o. Professor an der Universität Dorpat; 1883 In Basel, 1890 in Karlsruhe und 1 8 9 2 - 1 9 1 7 In Leipzig; seit 1874 Mitglied des „ V e r e i n s für Sozialpolitik"; g e h ö r t e z u m linken Flügel dieses Vereins; mit Albert Schäffle 1 9 0 1 - 0 3 Herausgeber der Z G S , seit 1904 alleiniger H e r a u s g e b e r ; Mitarbeiter am „ G r u n d r i ß der S o z i a l ö k o n o m i k " . Verheiratet mit Emilie Bücher ( 1 8 5 3 - 1 9 0 9 ) . Bülow, Bernhard v o n (1899 Graf, 1905 Fürst) (3.5. 1 8 4 9 - 2 8 . 1 0 . 1929). Reichskanzler und Preußischer Ministerpräsident. 1897 Staatssekretär d e s Auswärtigen A m t e s ; 1 9 0 0 - 0 7 Reichskanzler und Preußischer Ministerpräsident; 1 9 1 4 / 1 5 S o n d e r b o t s c h a f t e r in Rom. Bunge, Alexander (17.10. 1 8 4 1 - 5 . 7 . 1911). Kaufmann. Bruder von - » Julius B u n g e ; lebte In Holland; verheiratet m i t - > Julia B u n g e . Bunge, Emilie (Emmy), geb. B u n g e (16.10. 1 8 4 3 - 1 1 . 6 . 1899). Tochter v o n - > Laura Bunge, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von Helene W e b e r ; Z w i l l i n g s s c h w e s t e r von - » Julia B u n g e ; verheiratet mit —»Julius Bunge, der die Tabakimportfirma Ihres Vaters In A m s t e r d a m weiterführte. C o u s i n e von Max W e b e r . Bunge, Julia (Tuja), geb. B u n g e ( 1 6 . 1 0 . 1 8 4 3 - 2 . 5 . 1 8 7 6 ) . Tochter von —» Laura Bunge, geb. Fallenstein, einer Halbschwester v o n Helene W e b e r ; Z w i l l i n g s s c h w e s t e r v o n - > Emilie B u n g e ; verheiratet mit—» Alexander B u n g e ; C o u s i n e v o n Max W e b e r . Bunge, Julius (12.9. 1 8 3 8 - 1 9 0 8 ) . Kaufmann. Leitete die Firma für Tabakimport seines 1884 v e r s t o r b e n e n Schwiegervaters Carl Gustav B u n g e in A m s t e r d a m ; B r u d e r v o n - » Alexander B u n g e ; verheiratet m i t ^ - Emilie Bunge. Bunge, Laura, geb. Fallenstein (5.8. 1 8 2 0 - 2 1 . 8 . 1899). Tochter v o n G e o r g Friedrich Fallenstein aus d e s s e n erster Ehe und Halbschwester v o n Helene W e b e r ; verheiratet mit Carl Gustav B u n g e ( 1 8 1 1 - 1 8 8 4 ) , der in A m s t e r d a m eine Firma für Tabakimport betrieb. Bunge, Rudolf ( 1 4 . 1 . 1 8 6 9 - ? ) . S o h n v o n - » Julia und - » A l e x a n d e r B u n g e .
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Burgess, John William (26.8. 1 8 4 4 - 1 3 . 1 . 1931). Amerikanischer Staatsrechtler. 1869 Professor für englische Literatur und politische Ökonomie am Knox College in Galesburg/ Illinois, 1 8 7 1 - 7 3 Studien an den Universitäten Berlin, Leipzig und Göttingen, 1873 Professor für Geschichte, Politische Wissenschaften und Politische Ökonomie in A m herst, 1 8 7 6 - 1 9 1 2 an der Columbia University New York, 1906/07 bekleidete er die erste „Roosevelt-Professur" in Berlin. Busch, Wilhelm (18.2. 1 8 6 1 - 2 3 . 9 . 1929). Historiker. 1884 Promotion in Bonn, 1886 Habilitation in Leipzig als Schüler Wilhelm Maurenbrechers; 1890 a.o. (Titular-)Professor ebd., 1 8 9 3 o . Professor an d e r T H Dresden, 1894 In Freiburg, 1 8 9 6 - 1 9 1 0 in Tübingen und von 1 9 1 0 - 2 9 in Marburg; sein Hauptarbeitsgebiet war die englische Geschichte des 16. Jahrhunderts, daneben Arbeiten zur Reichsgründung 1870/71 und über Bismarck. Bütschli, Otto (3.5. 1 8 4 8 - 2 . 2 . 1920). Zoologe. 1867 Promotion in Heidelberg, 1872 Assistent am Zoologischen Institut In Kiel, 1876 Habilitation an der Polytechnischen Schule Karlsruhe; 1 8 7 8 - 1 9 1 9 o . Professor der Zoologie und Paläontologie in Heidelberg. Calwer, Richard (21.1. 1 8 6 8 - 1 3 . 6 . 1927). Nationalökonom und sozialistischer Wirtschaftspolitiker. 1891 Redakteur des „Braunschweigischen Volksfreundes", 1895 freier Schriftsteller, 1 9 0 8 - 1 3 Leitung der „Volkswirtschaftlichen Rundschau der Korrespondenzblätter der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands"; nach 1918 Lehrer an den gewerkschaftlichen Unterrichtskursen In Berlin; 1 8 9 8 - 1 9 0 3 MdR für die Sozialdemokratie, 1909 Parteiaustritt; blieb jedoch der Arbeiterbewegung verbunden. Casalini, Giulio ( 1 9 . 2 . 1 8 7 6 - 1 5 . 5 . 1 9 5 6 ) . Italienischer Arzt und Politiker. 1 9 0 9 - 2 4 Kammermitglied als sozialistischer Abgeordneter für Turin; ab 1907 Direktor der Zeitung „Grido del p o p o l o " ; bedeutend als Sozialmediziner; gehörte z u m Turiner Freundeskreis um —» Robert Michels. Ciccotti, Ettore (24.3. 1 8 6 3 - 2 0 . 5 . 1939). Italienischer Rechtshistoriker, Publizist und Politiker. 1891 - 9 8 Lehrstuhlinhaber für Geschichte an der Accademia scientifico-letteraria in Mailand; 1 9 0 0 - 0 4 sozialistischer Abgeordneter; ab 1909 als Vertreter der unabhängigen Sozialisten in der Kammer; 1917 Übertritt zur faschistischen Partei, 1924 Senator; Übersetzer der Werke von Marx, Engels und Lassaile; berühmt wurde sein von Marx beeinflußtes Werk „ l l t r a m o n t o della schiavitù nel mondo antico". Clerc, Attilla. Inhaberin einer Pension in Florenz, In der Max und Marianne Weber 1902 wohnten. Conrad, Johannes (28.2. 1 8 3 9 - 2 5 . 4 . 1915). Nationalökonom. 1864 Promotion z u m Dr. phil. als Schüler von Bruno Hildebrand in Jena, 1868 Habilitation ebd.; 1870 a.o. Professor ebd., 1 8 7 2 - 1 9 1 5 o. Professor als Nachfolger von —> Gustav von Schmoller in Halle; 1872 Mitbegründer des Vereins für Sozialpolitik; 1 8 8 9 - 9 5 Kommissionsmitglied bei den Beratungen z u m 2. Entwurf des BGB für Deutschland; seit 1870 Mitherausgeber der „Jahrbücherfür Nationalökonomie und Statistik" ; Arbeiten zur Agrarstatistik und -politik sowie zur allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Deißmann, Gustav Adolf ( 7 . 1 1 . 1 8 6 6 - 5 . 4 . 1 9 3 7 ) . Evangelischer Theologe. 1895 Pfarrer und Lehrer des Theologischen Seminars Herborn; 1892 Habilitation in Marburg; 1 8 9 7 - 1 9 0 8 o. Professor in Heidelberg, 1 9 0 8 - 3 4 in Berlin; 1914 Mitglied der Preußischen Generalsynode; 1 9 1 4 - 2 1 Herausgeber des „ Evangelischen Wochenbriefes"; zahlreiche Vortragsreisen nach England und in die USA; gehörte zu den Gründern und Führern der
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„ökumenischen Bewegung". Gründer des religionswissenschaftlichen „Eranos"-Kreises ( 1 9 0 4 - 0 8 ) ; zu dieser Zeit kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Delbrück, Hans ( 1 1 . 1 1 . 1 8 4 8 - 1 4 . 7 . 1 9 2 9 ) . Historiker, Politiker und Publizist. 1873 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1 8 7 4 - 7 9 Lehrer von Kronprinz Friedrich Wilhelms Sohn Waldemar, 1881 Habilitation in Berlin; 1885 a.o., 1 8 9 5 - 1 9 2 1 o. Professor für Geschichte in Berlin; 1 8 8 2 - 8 5 MprAH und 1 8 8 4 - 9 0 MdR für die Deutsche Reichspartei; 1 8 8 3 - 1 9 1 9 als Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher" einer der einflußreichsten Publizisten der Wilhelminischen Zeit. Trat während des 1 .Weltkrieges gegen die Alldeutschen für einen Verständigungsfrieden ein und gehörte 1919 mit Max Weber der sogenannten Professorenkommission für Kriegsschuldfragen in Versailles an. Diehl, Karl (27.3. 1 8 6 4 - 1 2 . 5 . 1943). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. in Halle, 1890 Habilitation ebd.; 1893 etatmäßiger a.o. Professorin Halle, 1898o. Professor In Rostock, 1899 in Königsberg, 1 9 0 8 - 3 3 in Freiburg; gehörte der sozialrechtlichen Richtung der Volkswirtschaftslehre an. Diekhoff, 1908 beschäftigt in der Leinenweberei Carl Weber & Co. in Oerlinghausen. Dieterich, Albrecht (2.5. 1 8 6 6 - 6 . 5 . 1908). Altphilologe und Religionswissenschaftler. 1888 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1891 Habilitation in Marburg; 1895 etatmäßiger a.o. Professor in Marburg, 1897 o. Professor an der Universität Gießen, 1903 in Heidelberg; Herausgeber des „Archivs für Religionswissenschaften" und Redaktorder „Religionsgeschichtlichen Versuche und Vorarbeiten". Mitglied des religionswissenschaftlichen „Eranos"-Kreises; kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Dilthey, Wilhelm (19.11. 1 8 3 3 - 1 . 1 0 . 1911). Philosoph. 1864 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1864 Habilitation ebd.; 1866 o. Professor in Basel, 1868 in Kiel, 1871 In Breslau, 1 8 8 2 - 1 9 0 5 Professor für Philosophie und Ästhetik in Berlin; Arbeiten zur Geistesgeschichte der Neuzeit sowie zur Theorie der Geisteswissenschaften. Gehörte zum engeren Freundeskreis von Max Weber sen. Domeia Nieuwenhuis, Ferdinand (31.12. 1 8 4 6 - 1 8 . 1 1 . 1919). Niederländischer Pfarrer und Anarchist. 1870 Pfarrer in Harlinge, 1871 in Beverwijk, 1875 in Den Haag, 1879 Austritt aus der Kirche; Wendung zum Soziallsmus; 1 8 8 8 - 9 1 Mitglied der Zweiten Kammer für den „Sociaal-Democratische Bond", tendierte nach 1891 in Richtung eines utopischen Anarchismus; 1 8 7 9 - 9 7 Herausgeber der Zeitschrift „Recht voor allen". Driesch, Hans (28.10. 1 8 6 7 - 1 6 . 4 . 1941). Philosoph und Biologe. 1889 Promotion zum Dr. phil. in Jena; Reisen nach England und Indien, Studienaufenthalt an der Zoologischen Station Neapel; 1900 Privatgelehrter in Heidelberg; 1909 Habilitation für Naturphilosophie ebd.; 1911 a.o. (Titular-)Professor, 1918 etatmäßiger a.o. Professor für Philosophie in Heidelberg, 1920o. Professorin Köln und 1921 - 3 3 in Leipzig; anschließend Gastprofessuren in China, USA und Argentinien; führender Vertreter des Neovltalismus. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis von —»Alfred Weber in Heidelberg. Du Mouiin-Eckart, Richard Graf auf Bertolzheim (27.11. 1 8 6 4 - 1 . 4 . 1938). Historiker. 1886 Promotion zum Dr. phil. in Breslau, 1894 Habilitation In Heidelberg; 1897 a.o. Professor in Heidelberg, 1 9 0 0 - 3 0 o. Professor für Geschichte an der TH München; betätigte sich als nationalistischer Publizist; Vorsitzender des „Deutschen Kampfbundes gegen die Kriegsschuldlüge".
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Düring, Ernst von (6.5. 1 8 5 8 - 2 1 . 1 2 . 1944). Mediziner und Heilpädagoge. 1883 Promotion in Erlangen, 1889 Professor an der Medizinschule in Konstantinopel, 1902 a.o. Professor und Direktor der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Kiel, 1 9 0 6 - 1 0 ärztlicher Leiter des Sanatoriums Dr. Lahmann, Weißer Hirsch bei Dresden. Durnowo, P. N.; Tl.: Durnovo, Petr Nikolaevic ( 1 8 4 5 - 2 4 . 9 . 1915). Russischer Politiker. Innenminister im Kabinett Witte während der Revolution von 1905/06; verhängte härteste Strafen im Kampf gegen die Revolution. Dusch, Alexander Freiherr von (11.9. 1 8 5 1 - 1 7 . 9 . 1923). Badischer Ministerialbeamter und Politiker. 1877 Rechtsreferendar, 1878 Amtsrichter in Mannheim, 1880 Staatsanwalt in Heidelberg, 1895 erster Staatsanwalt in Karlsruhe, 1899 Oberstaatsanwalt beim Oberlandesgericht in Karlsruhe; ab 1901 Präsident, ab 1904 Minister für Justiz, Kultus und Unterricht von Baden; 1 9 0 5 - 1 7 Ministerpräsident von Baden; Vertrauensmann der Liberalen. Eberstadt, Rudolf ( 8 . 7 . 1 8 5 6 - 9 . 6 . 1 9 2 2 ) . Nationalökonom und Sozialpolitiker. 1895 Promotion z u m Dr. phil. in Berlin, 1903 Habilitation für Nationalökonomie in Berlin; 1917 o. Honorar-Professor ebd.; sein 1909 erschienenes „Handbuch des Wohnungswesens und der Wohnungsfrage" wirkte wegweisend. Eberz, Jacob Maria Remigius (als Schriftsteller: Otfried) ( 1 . 1 0 . 1 8 7 8 - 2 1 . 3 . 1 9 5 8 ) . Katholischer Religions- und Geschichtsphilosoph. Studium der Klassischen Philologie und Philosophie, 1902 Promotion in Würzburg, anschließend philosophische, religionshistorische und archäologische Studien in Paris, Heidelberg, London, Florenz und Rom. In Heidelberg hielt er sich 1905 bis 1906 sowie für kürzere Besuche 1908 und 1910 auf und verkehrte dort unter dem Beinamen „der Ekstatiker" auch bei Eberhard und Marie-Luise Gothein. Nach Studien zur Philosophie Piatons wandte er sich den theokratischen Prinzipien der katholischen Kirche zu und beschäftigte sich danach mit Forschungen zur Gnostik und Mytheninterpretation, aus der er eine religions-philosophische Geschichtsphilosophie entwickelte, in der das weibliche Prinzip (Sophia) zur Führung des männlichen Prinzips (Logos) bestimmt war (Gynäkokratie). Ehrenberg, Richard (5.2. 1 8 5 7 - 1 9 . 1 2 . 1921). Nationalökonom und Historiker. Bis 1884 kaufmännisch tätig, 1886 Promotion zum Dr. sc.pol. in Staatswissenschaften in Tübingen; 1 8 8 8 - 9 7 Sekretär der Handelskammer in Altona; 1897 ohne Habilitation Ernennung z u m etatmäßigen a.o. Professor in Göttingen, 1 8 9 9 - 1 9 2 1 o. Professor in Rostock; gründete 1909 das „Institut fürexakte Wirtschaftsforschung"; Gegner der sog. „Kathedersozialistischen Richtung" in der Nationalökonomie; betonte die Bedeutung des Unternehmertums für die wirtschaftliche Entwicklung. Elsenhans, Theodor Friedrich ( 7 . 3 . 1 8 6 2 - 2 3 . 1 . 1 9 1 8 ) . Psychologe und Philosoph. 1886 Promotion in Tübingen, 1902 Habilitation in Heidelberg; 1908 a.o. (Titular-)Professor in Heidelberg, 1909 o. Professor für Philosophie und Pädagogik an der TH Dresden; Arbeiten über die Erkenntnistheorie in Auseinandersetzung mit dem Werk Immanuel Kants. Elster, Ludwig (26.3. 1 8 5 6 - 3 0 . 1 2 . 1935). Staatswissenschaftler und Nationalökonom. 1878 Promotion z u m Dr. phil. in Jena, 1880 Habilitation in Halle; 1883 Professor an d e r T H Aachen, 1 8 8 3 a . o . Professorin Königsberg und 1 8 8 7 o . Professorin Breslau; 1 8 9 7 - 1 9 1 6 als Vortragender Rat und Geheimer Regierungsrat im Preußischen Kultusministerium als Nachfolger Friedrich Althoffs im Universitätsreferat; 1916 Honorar-Professor in Jena;
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1891 - 9 7 Mitherausgeber der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik"; entscheidender Anteil am Entstehen sowie Mitherausgeber des „ Handwörterbuchs der Staatswissenschaften". Esmein, Jean-Paul Hippolyte Emmanuel, genannt Adhémar (1.2. 1 8 4 8 - 2 0 . 7 . 1913). Französischer Rechtshistoriker. 1 8 8 8 - 1 9 1 2 Professor in Paris; Mitherausgeber der „Nouvelle Revue Historique du Droit Français et Étranger". Eulenburg, Franz (29.6. 1 8 6 7 - 2 8 . 1 2 . 1943). Nationalökonom. 1892 Promotion zum Dr. phil. bei Gustav Schmoller in Berlin, 1899 Habilitation bei Karl Bücher in Leipzig; 1 9 0 5 - 1 7 a.o.Titular-Professor in Leipzig, 1917 o. Professor an derTH Aachen, 1919 in Kiel und von 1921 - 3 5 an der Wirtschaftshochschule in Berlin; 1943 gestorben in Gestapohaft; Mitglied im „Verein für Sozialpolitik". Gehörte zum engeren Kollegenkreis von Max Weber; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Exrter, E. Hotelier. Max Weber begegnete ihm als Besitzer des „Cyrnos Palace Hôtel" in Ajaccio, Korsika, im Winter 1900/01 und des „The Empress Hôtel" in Beaulieu-sur-meran der Côte d'Azur im Frühjahr 1908. Fallenstein, Adalbert (1811 - ? ) . Nach Amerika ausgewandert und verschollen. Fallenstein, Frank Theodore (21.6. 1 8 5 8 - 1 5 . 1 0 . 1929). Farmer in Mount Airy, North Carolina. Enkel von Georg Friedrich Fallenstein aus dessen 1. Ehe. Max Weber lernte diesen Vetter anläßlich seines Besuches in Mount Airy im Oktober 1904 kennen. Fallenstein, Friedrich (Fritz) ( 1 2 . 2 . 1 8 4 7 - 2 7 . 5 . 1 9 2 8 ) . Kaufmann. Arbeitete in in der Firma für Tabakimport, die der Mann seiner T a n t e - » Laura Bunge, geb. und nach dessen Tod sein Vetter—»Julius Bunge betrieb. Sohn von Roderich einem Halbbruder von Helene Weber; verheiratet mit seiner Cousine—» Marie geb. Jolly. Vetter von Max Weber.
Amsterdam Fallenstein, Fallenstein, Fallenstein,
Fallenstein, Georg Friedrich ( 2 . 9 . 1 7 9 0 - 3 1 . 1 2 . 1 8 5 3 ) . Verwaltungsbeamter. Wurde ohne abgeschlossenes Studium nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen 1815 Calculator in Potsdam, 1816 Regierungssekretär in Düsseldorf, 1832 Regierungsrat in Koblenz, 1842 Geheimer Finanzrat in Berlin; nahm 1845 den Abschied und zog nach Heidelberg. Dort baute er das Haus in der Ziegelhäuser Landstraße, In dem 1 9 1 0 - 1 9 1 9 Max und Marianne Weber wohnten. In erster Ehe verheiratet mit Elisabeth Benecke, seit 1835 in zweiter Ehe verheiratet mit Emilie Souchay; Vater von - » Laura Bunge, - » Emilie Benecke, - » Adalbert Fallenstein. —> Helene Weber; Großvater von Max Weber. Fallenstein, Marie, geb. Jolly (5.3. 1 8 5 9 - 1 9 . 4 . 1936). Tochter von Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von Helene Weber; verheiratet mit ihrem V e t t e r - » Friedrich Fallenstein; Schwester von —» Elisabeth Heil und —» Philipp Jolly. Cousine von Max Weber. Ferrero, Gugllelmo (21.7.1871 - 3 . 8 . 1 9 4 2 ) . Italienischer Althistoriker und Soziologe. Von 1930 bis zu seinem Tode als Emigrant In der Schweiz; Professor für Geschichte in Genf. Fern, Enrico ( 2 5 . 2 . 1 8 5 6 - 1 2 . 4 . 1 9 2 9 ) . Strafrechtler und Kriminalsoziologe. 1877 Promotion in Bologna, 1879 Habilitation; 1 8 8 4 - 1 9 2 9 Professor für Strafrecht in Bologna, Siena, Pisa und Rom; gehörte als Abgeordneter zur extremen parlamentarischen Linken; 1929 Senator. Führender italienischer Strafrechtler seiner Zeit und zusammen mit Lombroso Begründer der Kriminalsoziologie.
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Fischbeck, Otto ( 2 8 . 8 . 1 8 6 5 - 2 3 . 5 . 1 9 3 9 ) . Liberaler Politiker. 1 8 9 3 - 9 5 Stadtverordneter von Bielefeld, 1900 v o n Berlin; 1 8 9 5 - 1 9 0 3 und 1 9 0 7 - 1 8 MdR für die Freisinnige Volkspartei und die Fortschrittliche Volkspartei; Fraktionsvorsitzender der Fortschrittlichen Volkspartei; 1 9 0 3 - 1 3 M d p r A H ; 1 9 1 8 - 2 1 Preußischer Minister für Handel und G e w e r b e ; 1 9 1 9 / 2 0 , 1 9 2 8 - 3 0 MdR für die DDP; einflußreicher linksliberaler Politiker im späten Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Fischer, Gustav (23.12. 1 8 4 5 - 2 2 . 7 . 1910). Verleger. Schuf 1878 aus d e m e h e m a l i g e n Dufft-Verlag d e n Gustav Fischer Verlag in Jena, der zu einem f ü h r e n d e n Verlag für Wirtschafts- u n d Sozialwissenschaften w u r d e ; beteiligte sich f ü h r e n d an der G r ü n d u n g des „ D e u t s c h e n Verlegervereins" im Jahre 1886; nationalliberaler Landtagsabgeordneter. Fischer, Karl (Heinrich) ( 3 . 6 . 1 8 7 9 - ? ) . V o n 1899 bis 1904 L e h r e r u n d Erzieher; studierte seit O k t o b e r 1904 Philosophie, Nationalökonomie und G e s c h i c h t e zunächst in Berlin, dann, v o n O k t o b e r 1905 bis Ostern 1908, in Zürich, w o er 1 9 0 8 / 0 9 mit einer Arbelt über „ Die objektive M e t h o d e der Moralphilosophie bei W u n d t und S p e n c e r " promovierte. 1907 und 1908 setzte er sich kritisch mit Max W e b e r s A b h a n d l u n g „ D i e Protestantische Ethik und der .Geist' des Kapitalismus" im A f S S p auseinander. Fischer, Theobald ( 3 1 . 1 . 1 8 4 6 - 1 7 . 8 . 1 9 1 0 ) . Geograph und Historiker. 1868 Promotion in G e s c h i c h t e In Bonn, 1876 Habilitation in G e o g r a p h i e ebd.; 1879 o. Professor in Kiel, 1 8 8 3 - 1 9 1 0 in Marburg; Hauptforschungsfeld war der Mittelmeerraum; aufgrund seiner a u s g e d e h n t e n Forschungstätigkeit in Marokko ( „ M a r o k k o - F i s c h e r " ) hatte er w e s e n t lichen Einfluß auf die d e u t s c h e Kolonialpolitik; gehört zu d e n Mitbegründern der m o d e r n e n G e o g r a p h i e in Deutschland. Fleiner, Fritz (24.1. 1 8 6 7 - 2 6 . 1 0 . 1937). Staatsrechtler. 1890 Promotion z u m Dr. jur. In Zürich, 1892 Habilitation ebd.; 1895 a.o. Professor in Zürich, 1897 o. Professor in Basel, 1906 In Tübingen, 1908 als Nachfolger v o n Gerhard A n s c h ü t z In Heidelberg u n d v o n 1 9 1 5 - 3 6 in Zürich; Arbeiten z u m s c h w e i z e r i s c h e n Bundesstaatsrecht, Verwaltungsrecht und Landesstaatsrecht. Fogazzaro, A n t o n i o ( 2 5 . 3 . 1 8 4 2 - 7 . 3 . 1 9 1 1 ) . Italienischer Schriftsteller. In seinen Romanen versucht er, die Konflikte z w i s c h e n Vernunft und Glauben im Sinne eines liberalen Reformkathoilzismus darzustellen; der Roman „II S a n t o " (1905, d e u t s c h 1908) schildert einen m o d e r n e n „ H e i i l g e n " , der in seiner L e b e n s f ü h r u n g Franziskus v o n Assisi z u m Vorbild n i m m t und sich zur Reform der Kirche berufen fühlt. Föhlisch, Eduard (6.5. 1 8 6 5 - 2 4 . 3 . 1919). Fabrikinspektor. 1888 Promotion In C h e m i e ; 1890 Eintritt in die Badische Fabrikinspektion in Karlsruhe. Frensdorf, Ferdinand ( 1 7 . 6 . 1 8 3 3 - 3 1 . 5 . 1 9 3 1 ) . Rechtshistoriker. 1857 Promotion, 1863 Privatdozent, 1866 a. o. Professor, 1873 o. Professor in Göttingen. Freund v o n Max W e b e r sen. u n d a k a d e m i s c h e r Lehrer Max W e b e r s in Göttingen 1 8 8 5 / 8 6 . Freud, S i g m u n d (6.5. 1 8 5 6 - 2 3 . 9 . 1939). Psychiater und Neurologe, B e g r ü n d e r der Psychoanalyse. 1885 Habilitation in Wien, 1902 a.o. Professor, 1920 o. Professor für Neuropathologie in Wien, Psychotherapeutische Praxis; 1938 Emigration nach L o n d o n . Fridrichowicz,
Eugen ( 1 2 . 1 2 . 1 8 6 4 - ? ) . Nationalökonom. 1896 Promotion in Halle.
Friedrich II., G r o ß h e r z o g von Baden (9.7. 1 8 5 7 - 9 . 8 . 1928). Regierte von S e p t e m b e r 1907 bis N o v e m b e r 1918 das G r o ß h e r z o g t u m Baden.
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Fuchs, Carl Johannes (7.8. 1 8 6 5 - 1 1 . 1 2 . 1934). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. rer. pol. bei - > Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1889 Habilitation in Staatswissenschaften ebd.; 1891 etatmäßiger a.o., 1893 o. Professor in Greifswald, 1897 Nachfolger Max Webers in Freiburg, seit 1908 in Tübingen; Arbeiten zur Agrarwirtschaft und zur Wohnungsfrage. Fuhrmann II (Fuhrmann, Heinrich; 29.3.1871 - 2 7 . 1 . 1 9 5 2 ) . 1908 Weber in der Leinenweberei Carl Weber & Co. in Oerlinghausen. Fuhrmann III. 1908 Weber In der Leinenweberei Carl Weber & Co. in Oerlinghausen. Gapon, G. A.; Tl.: Gapon, Georgij Apollonovlc (17.2. 1 8 7 0 - 1 0 . 4 . 1906). Russischer Priester und Arbeiterführer. Initiator der Demonstration vom 9.(22.) Januar 1905 in St. Petersburg. Gärtner, Friedrich ( 1 . 5 . 1 8 8 2 - 6 . 2 . 1 9 3 1 ) . Nationalökonom. 1909 Promotion in Nationalökonomie in Heidelberg, 1912 Habilitation an d e r T H Wien; 1913 Ministerialsekretär im österreichischen Ministerpräsidium; im 1. Weltkrieg Gründer der „Kriegsgetreideverkehrsanstalt" zur zentralen Lenkung des Ernährungswesens; nach 1918 Fachmann für Reparationsfragen; 1926 Direktor der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Hatte erheblichen Anteil an der Einführung der Schillingwährung, wurde 1909 durch seine Abhandlung „Der Ausbau der Sozialpolitik in Österreich" bekannt. Gebauer, Max ( 2 2 . 1 2 . 1 8 6 9 - 2 9 . 4 . 1 9 1 5 ) . Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. phil. bei Ludwig Elster in Breslau, 1902 Habilitation ebd.; 1903 Dozent an der Königlichen Akademie in Posen, 1907 etatmäßiger a. o. Professor in Greifswald, 1910 In Kiel, 1914 o. Professor In Greifswald. Gerlach, Hellmut von ( 2 . 2 . 1 8 6 6 - 1 . 8 . 1 9 3 5 ) . Liberaler Politiker und Journalist. Bis 1896 Redakteur der christlich-sozialen Tageszeitung „Das Volk", ständiger Mitarbeiter der Berliner Zeitung „Welt am Montag"; Mitbegründer des „Nationalsozialen Vereins"; 1 9 0 3 - 0 7 MdR für die Freisinnige Vereinigung; 1908 Gründung der Demokratischen Vereinigung zusammen mit Rudolf Breitscheid; 1918/19 Unterstaatssekretär im Preußischen Innenministerium; Mitglied des pazifistischen Bundes „Neues Deutschland" und Vorsitzender der Deutschen Liga für Menschenrechte; in der Weimarer Zeit Wendung zum Pazifismus; 1933 Emigration nach Frankreich. Gerlach, Otto ( 1 . 1 1 . 1 8 6 2 - 1 3 . 5 . 1 9 2 3 ) . Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. phil. In Leipzig, 1890 Habilitation in Breslau; 1 8 9 0 - 9 4 Privatdozent ebd., 1894 a.o. Professorder Staatswissenschaften in Königsberg; Leiter des Königsberger Handelshochschulkurses; 1908 o. Professor in Königsberg. Gide, Jean Paul Guillaume (15.5. 1 8 3 2 - 2 8 . 1 0 . 1880). Französischer Rechtshistoriker. 1856 Promotion in Aix; 1866 Professor für Römisches Recht in Paris; Vater von André Gide. Gierke, Otto (seit 1911) von ( 1 1 . 1 . 1 8 4 1 - 1 0 . 1 0 . 1 9 2 1 ) . Jurist. 1860 Promotion in Berlin, 1867 Privatdozent ebd., 1872 o. Professorin Breslau, 1884 In Heidelberg, 1887 in Berlin; führender Deutschrechtler und Vertreter des Genossenschaftsgedankens. Akademischer Lehrer von Max Weber.
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Giwago, Sergius J.; Tl.: 2ivago, Sergej Ivanovic (28.11. 1 8 7 0 - ? ) . Russischer Jurist. Studierte im Wintersemester 1905/06 in Heidelberg; 1913 Privatdozent für Rechtsphilosophie an der Universität Moskau. Gossen, Hermann Heinrich ( 7 . 9 . 1 8 1 0 - 1 3 . 2 . 1 8 5 8 ) . Nationalökonom. Bedeutender Vorläufer der auf dem Prinzip des „Grenznutzens"aufbauenden Theorie der Wertlehre. Gothein, Eberhard (29.10. 1 8 5 3 - 1 3 . 1 1 . 1923). Nationalökonom und Kulturhistoriker. 1877 Promotion zum Dr. phli. in Breslau, 1879 Habilitation ebd., 1882 Umhabilitation in Straßburg; 1884 o. Professor für Nationalökonomie an der TH Karlsruhe, 1890 in Bonn, 1 9 0 4 - 2 3 als Nachfolger Max Webers In Heidelberg; Mitbegründer der Handelshochschulen Köln (1901) und Mannheim (1909); Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts und zur Kulturgeschichte der Renaissance und Gegenreformation. Gehörte mit seiner Frau Marie Luise Gothein, geb. Schröter ( 1 8 6 3 - 1 9 3 1 ) , z u m engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Gottl-Ottlilienfeld, Friedrich von (bis zur Nobliitierung des Vaters 1907: Friedrich Gottl) (13.11. 1 8 6 8 - 1 9 . 1 0 . 1958). Nationalökonom und Soziologe. 1897 Promotion z u m Dr. phil. in Heidelberg, 1900 Habilitation ebd.; 1902 etatmäßiger a.o., 1 9 0 4 o . Professor an der TH Brünn, 1908 an der TH München, 1919 in Hamburg, 1924 in Kiel und von 1926 bis 1936 in Berlin; Arbeiten zur Werturteilsfrage; suchte gleich Max Weber und Werner Sombart eine Verbindung von ökonomischer Theorie und Geschichte und ökonomischer Theorie und Soziologie herzustellen; Versuch einer Grundlegung der Sozialwissenschaften; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Gross, Frida, geb. Schloffer (12.5. 1 8 7 6 - 1 2 . 1 2 . 1950). Tochter eines Anwaltes in Graz, Nichte des Philosophen Alois Riehl In Freiburg. Seit der Pensionatszeit in Freiburg mit—> Else Jaffe, geb. von Richthofen, und deren Schwester Frieda Weekley, geb. von Richthofen, befreundet. 1903 Heirat mit—» Otto Gross in Graz, 1906 Umzug nach München, lebte seit 1911 in Ascona zusammen mit dem Maler und Anarchisten Ernst Frlck. Zwischen 1913 und 1915 Prozesse um das Sorgerecht für den ehelichen Sohn Peter Gross mit dem Vater von Otto Gross; Max Weber unterstützte sie mit juristischem Rat. Gross, Otto ( 1 7 . 3 . 1 8 7 7 - 1 3 . 2 . 1 9 2 0 ) . Psychiater und Psychoanalytiker. 1899 Dr. med. in Graz, 1900 Schiffsarzt, 1 9 0 1 - 0 2 Assistenzarzt In München und Graz, 1906 Habilitation für Psychopathologie in Graz, 1908 Verzicht auf die Privatdozentur. 1903 Heirat mit—» Frida Gross, geb. Schloffer, 1906 Übersiedlung nach München, Aufnahme und Fortbildung der Psychoanalyse von Sigmund Freud und Entwicklung sexualtherapeuthischer und anarchistischer Ideen mit Einfluß auf die Münchener Boheme; Beziehung zu Else und Edgar Jaffe sowie Frieda Weekley, 1908, nach verstärkter Einnahme von Kokain und Opium, zweite Entziehungskur In Zürich und Analyse bei Carl Gustav Jung; nach Aufenthalten in Ascona und einer Psychiatrischen Anstalt in Wien 1913 Übersiedlung nach Berlin und Anschluß an anarchistische Kreise, 1913 auf Veranlassung des Vaters, Hans Gross, Professor für Kriminologie in Graz, Verhaftung und Elnlieferung in eine Privat-Irrenanstalt bei Wien, 1914 Entmündigung, Entlassung aus der Anstalt und nach Kriegsausbruch als Militärarzt tätig bis 1916; nach Rückfall in Drogenmißbrauch erneute Entziehungskur und Entlassung aus dem Militärdienst; lebte bis zu seinem Tod auf Reisen und In Berlin. Gruhle, Hans Walter ( 7 . 1 1 . 1 8 8 0 - 3 . 1 0 . 1 9 5 8 ) . Psychiater und Psychologe. 1907 Promotion in Medizin In München, 1913 Habilitation in Heidelberg; 1919 a.o. (Tituiar-)Professor in Heidelberg, 1934 in Bonn und gleichzeitig stellvertretender Leiter der Bonner Nervenklinik, ab 1935 als Arzt in der Heilanstalt Welssenau tätig; 1946 Direktor der Psych-
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iatrischen Klinik in Bonn; Arbeiten über Geisteskrankheiten und Strafrecht; Aufsätze im „Handwörterbuch der Kriminologie"; gehörte seit dem Frühjahr 1908 zum engeren Bekanntenkreis von Max Weber. Grützmacher, Georg (22.12. 1 8 6 6 - 2 8 . 2 . 1939). Evangelischer Theologe. Februar 1892 Promotion zum Dr. phii. in Heidelberg, Juli 1892 Promotion z u m Lic. theol. ebd., 1892 Habilitation ebd.; 1 8 9 7 a . o . (Titular-)Professorebd., 1 9 1 4 - 3 5 o. Professorin Münster. Harms, Bernhard ( 3 0 . 3 . 1 8 7 6 - 2 1 . 9 . 1 9 3 9 ) . Nationalökonom. 1901 Promotion z u m Dr. sc. pol. in Tübingen, 1903 Habilitation ebd.; 1906 o. Professor der Landwirtschaftlichen Hochschule In Hohenheim, 1906 etatmäßiger a.o. Professor in Jena, 1 9 0 8 - 3 3 In Kiel, 1934 Honorar-Professorin Berlin; 1911 Gründer des „Instituts für Seeverkehr und Weltwirtschaft" in Kiel; Arbeiten über internationale Wirtschaftsbeziehungen und auf d e m Gebiet der Wirtschaftsorganisation. 1912/13 Auseinandersetzungen mit Max Weber über die Neugestaltung des „ Handbuchs der polltischen Ökonomie" und die Berücksichtigung der Interessen der Erben von —» Gustav von Schönberg. Harnack, Adolf (seit 1914) von (7.5. 1 8 5 1 - 1 0 . 6 . 1930). Evangelischer Theologe. 1873 Promotion in Leipzig, 1874 Habilitation für Kirchengeschichte in Leipzig; 1876 a.o. Professor In Leipzig, 1879 o. Professor in Gießen, 1886 In Marburg und von 1 8 8 8 - 1 9 2 1 in Berlin; 1 9 0 3 - 1 1 Vorsitzender des „Evangelisch-Sozialen Kongresses"; 1 9 0 5 - 2 1 Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek; Initiator und erster Präsident der 1911 Ins Leben gerufenen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften; aus seinem Schülerkreis (u.a. Martin Rade) entstand 1886/87 die „Christliche W e l t " ; gilt nach Schleiermacher als der bedeutendste Vertreter der historischen Theologie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Schwager von —> Hans Delbrück. Hartmann, Ludo Moritz ( 2 . 3 . 1 8 6 5 - 1 4 . 1 1 . 1 9 2 4 ) . Österreichischer Historiker und Politiker. 1887 Promotion in Berlin, Schüler von - » Theodor M o m m s e n ; 1889 Habilitation in Wien für Römische und Mittelalterliche Geschichte, 1903 a.o. Professor, 1924 o. Professor in Wien; Mitarbeiter an der Monumenta Germaniae Histórica, Mitbegründer der „Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte"; schloß sich 1901 der Sozialdemokratischen Partei an; 1 9 1 8 - 2 1 österreichischer Gesandter In Berlin. M l t ^ > Alfred und Max Weber befreundet. Hase, Karl (seit 1883) von (25.8. 1 8 0 0 - 3 . 1 . 1890). Theologe. Als Burschenschafter mehrfach verhaftet und nach seiner Promotion und Habilitation in Tübingen 1824 entlassen, habilitierte er sich 1828 erneut für Philosophie in Leipzig, 1830 a. o. Professor, 1833 o. Professor an der Theologischen Fakultät in Jena. 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. In seinen weit verbreiteten Schriften vertrat er ein liberales Christentum, das verschiedene Frömmigkeitsformen umfasse. Hatschek, Julius ( 2 1 . 8 . 1 8 7 2 - 1 2 . 6 . 1 9 2 6 ) . Staatsrechtler. 1895 Promotion zum Dr. jur. In Czernowitz, 1898 Habilitation als S c h ü l e r - » Georg Jelllneks In Heidelberg; 1902 a.o. (Tltular-)Professor in Heldelberg, 1905 a.o. Professor an der Akademie in Posen, 1909 etatmäßiger a.o. Professor, 1 9 2 1 - 2 6 o. Professor an der Universität Göttingen; Arbelten über Verfassungsrecht und Verfassungsgeschichte Englands sowie über Verwaltungsrecht. Hausrath, Adolf ( 1 3 . 1 . 1 8 3 7 - 2 . 8 . 1 9 0 9 ) . Evangelischer Kirchenhistoriker. 1861 Habilitation, 1862 Stadtvikar In Heidelberg; 1864 Assessor beim Oberkirchenrat in Karlsruhe, 1867 a.o. Professor, 1871 o. Professor für Kirchengeschichte in Heidelberg; liberaler
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Theologe, Mitbegründer und zeitweiliger Sekretär des 1863 gegründeten Protestantenvereins. Sein wissenschaftliches Interesse galt der historischen Einordnung des Neuen Testaments in die religiöse Umwelt des antiken Palästina, einer „neutestamentllchen Zeitgeschichte"; Verfasser kulturhistorischer und psychologislerender Biographien (u.a. von Paulus, Luther und Jesus) und unter dem Pseudonym George Taylor von Romanen. Heiratete 1864 Henriette Fallenstein ( 1 8 4 0 - 1 8 9 5 ) , eine Schwester von Helene Weber, lebte mit seiner Familie In Heidelberg Im Haus Ziegelhäuser Landstraße 17; Onkel von Max Weber. Hausrath, August ( 2 0 . 6 . 1 8 6 5 - 1 5 . 5 . 1 9 4 4 ) . Altphilologe. 1888 Promotion in Bonn; G y m nasialprofessor für Latein und Deutsch 1896 in Karlsruhe und 1910 In Heidelberg, 1919 Gymnasialdirektor in Werthelm und 1921 in Freiburg. Sohn von -»• Adolf Hausrath, Vetter von Max Weber. Lebte 1 9 1 0 - 1 9 Im gleichen Haus mit Max und Marianne Weber in der Ziegelhäuser Landstraße 17 in Heidelberg. Hausrath, Hans ( 5 . 1 0 . 1 8 6 6 - 2 9 . 8 . 1 9 4 5 ) . Forstwissenschaftler. 1891 Promotion in München; 1904 o. Professor der Forstwissenschaften an d e r T H Karlsruhe und 1 9 2 0 - 3 4 an der Universität Freiburg I.Br.; Sohn von - » Adolf Hausrath, Vetter von Max Weber; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Hausrath, Laura (27.11. 1 8 6 7 - 8 . 5 . 1928). Tochter von - » Adolf Hausrath. Lebte in Heidelberg im Haus Ziegelhäuser Landstraße 17, von 1 9 1 0 - 1 9 gemeinsam mit Max und Marlanne Weber; Cousine von Max Weber. Hausrath, Ulli (6.10. 1 8 8 2 - 2 2 . 6 . 1965). Gemeindeschwester. Tochter von - » Adolf Hausrath. Heiratete 1906 —> Fritz Hermann, 1913 Trennung, 1917 Nichtigkeitserklärung der Ehe. Lebte seit 1913 wieder In Heidelberg im Haus Ziegelhäuser Landstraße 17, bis 1919 gemeinsam mit Max und Marianne Weber; Cousine von Max Weber. Hausrath, Martha, geb. Brauer (5.4. 1 8 7 9 - 3 1 . 1 . 1955). Tochter des Professors für Maschinenbau an d e r T H Karlsruhe Ernst Brauer. 1904 Heirat mit—» Hans Hausrath. Heil, Elisabeth (Lieserle), geb. Jolly (2.3. 1 8 6 4 - 2 5 . 2 . 1937). Tochter von -»• Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von Helene Weber, Schwester von - > Philipp Jolly und - » Marie Fallenstein. Verheiratet mit Karl Hell, Ministerialdirektor Im Badischen Innenministerium, der nach längerer Krankheit 1906 starb. Begründete in Karlsruhe das Geschäftsgehilfinnenheim für ledige Büroangestellte und Verkäuferinnen; Cousine von Max Weber. Hein, Elisabeth, geb. Brassert (12.12. 1 8 5 8 - 2 7 . 5 . 1911). Schwester von - » Emilie Weber, geb. Brassert, wohnte als Witwe in der Nähe von Oerlinghausen und gehörte z u m Familienkreis von - > Carl (Carlo) Weber. Hein, Gustav ( 2 6 . 4 . 1 8 8 7 - 1 9 0 8 ) . Sohn von
Elisabeth Hein.
Hellpach, Willy (Pseudonym: Ernst Gystrow) (26.2. 1 8 7 7 - 6 . 7 . 1 9 5 5 ) . Psychologe, Nervenarzt und Politiker. 1900 Promotion z u m Dr. phll. bei - > Wilhelm Wundt in Leipzig und 1903 zum Dr. med. bei Emil Kraepelin in Heidelberg, 1904 Nervenarzt In Karlsruhe, 1906 Habilitation für Psychologie in Heidelberg, Privatdozent in Karlsruhe; 1911 a.o. TitularProfessor, 1920 o. Professor und Direktor des Instituts für Sozialpsychologie an d e r T H Karlsruhe, 1926 o. Honorar-Professor in Heidelberg; 1 9 2 2 - 2 5 Badischer Minister für Kultus und Unterricht; 1924/25 zugleich badischer Staatspräsident; 1 9 2 8 - 3 0 MdR für die DDP.
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Hensel, Paul ( 1 7 . 5 . 1 8 6 0 - 8 . 1 1 . 1 9 3 0 ) . Philosoph. 1885 Promotion in Freiburg i. Br., 1888 Habilitation in Straßburg bei - » W i l h e l m Windelband, 1895 a.o. Professorin Straßburg und 1 8 9 8 - 1 9 0 2 in Heidelberg, 1902 o. Professor in Erlangen. Mit Max Weber befreundet, mit dem er 1904 zum Gelehrtenkongreß anläßlich der Weltausstellung in St. Louis reiste. Herkner, Heinrich (27.6. 1 8 6 3 - 2 7 . 5 . 1932). Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. rer. pol. als S c h ü l e r L u j o Brentanos in Straßburg; 1888 Dozent mit Lehrauftrag an der Universität Freiburg, 1890 etatmäßiger a.o., 1892 o. Professor ebd., 1892 an der TH Karlsruhe, 1898 an der Universität Zürich, 1907 an der TH Charlottenburg, 1912 als Nachfolger-> Gustav v. Schmollers in Berlin; 1 9 1 7 - 2 9 1. Vorsitzender des „Vereins für Sozialpolitik"; Arbeiten über eine theoretisch fundierte Sozialpolitik. Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Schwager von —• Walther Lötz. Hermann, Friedrich Wilhelm (Fritz) (9.8. 1 8 7 1 - 3 . 5 . 1929). Badischer Finanzassessor. Heiratete 1906—> Ulli Hausrath; die Ehe wurde 1917 für nichtig erklärt. Hettner, Alfred (6.8. 1 8 5 9 - 3 1 . 8 . 1941). Geograph. 1881 Promotion zum Dr. phil. In Geographie in Straßburg, 1 8 8 2 - 8 4 ausgedehnte Forschungsreisen durch Kolumbien, 1887 Habilitation in Leipzig; 1 8 8 8 - 9 0 Forschungsreisen nach Südamerika; 1894 (Titular-) Professor in Leipzig, 1897 a.o. Professor in Tübingen, 1899 etatmäßiger a.o. Professor, 1 9 0 6 - 2 8 o. Professor in Heidelberg; Forschungen u.a. auf dem Gebiet der Klimatologie und der politischen Geographie (Rußland); 1 8 9 5 - 1 9 3 5 Gründer und Leiter der „Geographischen Zeitschrift". Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Heydebrand und der Lasa, Ernst von (20.2.1851 - 1 5 . 1 1 . 1 9 2 4 ) . Konservativer Politiker. Promotion zum Dr. jur. in Jena; 1 8 8 8 - 1 9 1 8 deutsch-konservativer Abgeordneter des preußischen Landtags und langjähriger Fraktionsführer; 1 9 0 3 - 1 8 MdR für die Deutschkonservativen ; seine Opposition gegen die geplante Finanzreform trug im Jahre 1909 zum Sturz des Reichskanzlers—» Bülow bei; im 1. Weltkrieg führender Gegner der preußischen Wahlrechtsreform und der Parlamentarisierung. Heymann, Ernst ( 6 . 4 . 1 8 7 0 - 2 . 5 . 1 9 4 6 ) . Jurist. 1894 Promotion über Römisches Recht in Breslau, 1896 Habilitation ebd.; 1899 a.o. Professor an der Universität Berlin, 1902 o. Professor für Deutsches Recht und Handelsrecht in Königsberg, 1904 in Marburg und von 1914 an in Berlin; 1 9 3 8 - 4 2 Vizepräsident der Preußischen Akademie der Wissenschaften; Mitglied der Zentraldirektion der MGH und Leiter der Abteilung „ L e g e s " . Hochstein,
Karl ( 1 4 . 8 . 1 8 6 7 - 2 8 . 8 . 1 9 5 0 ) . Musikalienhändlerin Heidelberg.
Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu (31.3. 1 8 1 9 - 6 . 7 . 1901). Reichskanzler. 1 8 6 6 - 7 0 bayerischer Ministerpräsident; 1 8 7 4 - 8 5 deutscher Botschafter in Paris, 1 8 8 5 - 9 4 Statthalter von Elsaß-Lothringen; Reichskanzler von 1 8 9 4 - 1 9 0 0 . Hohn, Marie, geb. Schäfer (10.2. 1 8 7 5 - 1 5 . 1 . 1941). Tochter von - > Karl Schäfer und Schwester von -»• Hermann Schäfer, dem Schwager von Max Weber; verheiratet mit —> Otto Hohn. Hohn, Otto (20.6. 1 8 5 8 - 5 . 9 . 1 9 0 7 ) . Preußischer Garnisonsinspektor. Verheiratet m i t - > Marie Hohn, geb. Schäfer; verbrachte die letzten Lebensjahre geisteskrank In einer geschlossenen Anstalt in Brehna, Kreis Bitterfeld.
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Holle, Ludwig ( 2 7 . 6 . 1 8 5 5 - 1 2 . 1 2 . 1 9 0 9 ) . Preußischer Staatsminister. 1890 Hilfsarbeiter, 1892 Geheimer Rat, 1895 Geheimer Oberregierungsrat im Landwirtschaftsministerium, 1900 Landeshauptmann von Westfalen, 1904 Unterstaatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten und Leiter der Bauabteilung dieses Ministeriums; 1907 Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten und Mitglied des Staatsrats. Hoops, Johannes ( 2 0 . 7 . 1 8 6 5 - 1 4 . 4 . 1 9 4 9 ) . Anglist und Altertumskundler. 1889 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg; 1893 etatmäßiger Lektor in Tübingen; 1894 a.o. TitularProfessor in Tübingen, 1895 Habilitation ebd.; 1896 etatmäßiger a.o. Professor für Englische Philologie in Heidelberg, 1 9 0 2 - 3 4 o. Professor ebd.; 1925 erster deutscher Austauschprofessor an der University of California in Berkeley, nachfolgend Gastprofessuren in den USA; von 1898 an Herausgeber der „Englischen Bibliothek" sowie 1899 der „Englischen S t u d i e n " ; 1910 Herausgeber des „Reallexikons der germanischen Altertumskunde". Hörner, Joseph, 1908 Briefträgerin Heidelberg. Huber, Franz C. (7.5. 1 8 5 1 - 7 . 8 . 1913). Nationalökonom. 1875 Promotion in Jura in Tübingen; 1879 Sekretär der Stuttgarter Handelskammer; 1887 Professor für Nationalökonomie an der TH Stuttgart; 1911 Syndikus der Handelskammer in München und Dozent an der dortigen Handelshochschule; Arbeiten u.a. z u m Versicherungswesen und z u m Kartellwesen. Huch, Ricarda ( 1 8 . 7 . 1 8 6 4 - 1 7 . 1 1 . 1 9 4 7 ) . Schriftstellerin. 1891 Dr. phil. In Zürich als eine der ersten Frauen; Sekretärin an der Zentralbibliothek und Lehrerin in Zürich, dann in Bremen. 1 8 9 8 - 1 9 0 6 verheiratet mit dem Zahnarzt Ermanno Ceconl in Triest und München, 1 9 0 7 - 1 0 mit ihrem Vetter Richard Huch In Braunschweig. Lebte von 1 9 2 9 - 3 2 in Berlin, dann in Heidelberg, Freiburg, Jena und Frankfurt. Neuromantische Erzählerin und Lyrikerin, Verfasserin von kultur- und literarhistorischen Werken und Biographien. Husserl, Edmund ( 8 . 4 . 1 8 5 9 - 2 7 . 4 . 1938). Philosoph. 1882 Promotion bei L. Königsberger in Wien, 1886 Habilitation in Halle; 1887 Privatdozent in Halle, 1894 a.o. Professor, 1901 o. Professorin Göttingen, 1 9 1 6 - 2 8 o. Professorin Freiburg; Begründer der Phänomenologie. Ickrath, Paul ( 2 9 . 6 . 1 8 4 0 - 6 . 5 . 1 9 1 1 ) . Gastwirt. Besitzer des Gasthauses „ Z u m Weinberg ob der Bruck" an der Ziegelhäuser Landstraße in Heidelberg; vermietete 1 9 0 6 - 1 0 eine Wohnung in seinem Haus Ziegelhäuser Landstraße 27 an Max und Marianne Weber. Jaffe, Edgar ( 1 4 . 5 . 1 8 6 6 - 2 9 . 4 . 1921). Nationalökonom. 1 8 8 8 - 9 8 kaufmännischer Teilhaber der von seinem Vater gegründeten Textilexportfirma in Manchester; 1902 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1904 Habilitation ebd.; 1909 a.o. (Titular-)Professorebd., 1910 o. Professor für Geld- und Kreditwesen an der Handelshochschule München; 1914 wissenschaftlicher Sachverständiger beim Generalgouvernement in Brüssel; November 1918 bis April 1919 Finanzminister von Bayern; seit 1904 mit Werner Sombart und Max Weber Herausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik". 1916 Herausgeber der „Europäischen Staats- und Wirtschaftszeitung"; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Verheiratet m i t - » Else Jaffe, geb. von Richthofen. Jaffä, Else, geb. von Richthofen (8.10. 1 8 7 4 - 2 2 . 1 2 . 1 9 7 3 ) . Tochter des Pionieroffiziers und Geheimen Baurates Friedrich Freiherr von Richthofen, Schwester von - > Frieda Weekley, geb. von Richthofen. Lehrerinnenexamen, Studium der Nationalökonomie in
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Freiburg, Berlin und Heidelberg; 1901 Promotion bei MaxWeberin Heidelberg; 1 9 0 0 - 0 2 erste Fabrikinspektorin in Karlsruhe. 1902 Heirat m i t - » Edgar Jaffé, seit 1910 getrennt lebend; seit der gemeinsamen Pensionatszeit In Freiburg m i t - > Frida Gross, geb. Schloffer, und seit 1907 mit—» Otto Gross befreundet; 1 9 0 2 - 0 7 enge Mitarbeiterin Marianne Webers im Verein Frauenbildung-Frauenstudium in Heidelberg, 1909 Beginn der Freundschaft m i t - » Alfred Weber und späterdessen Lebensgefährtin; 1911 Übersiedlung nach Wolfratshausen Im Isartal; lebte nach dem Tod von Edgar Jaffé seit 1921 in Heidelberg; gehörte zu den engsten Freunden von Max und Marianne Weber. Jaffé, Marianne (21.8. 1905). Ärztin und Psychotherapeutin. Tochter von - » Else und - > Edgar Jaffé. Heiratete 1931 Hans von Eckardt ( 1 8 9 0 - 1 9 5 7 ) , Professor für Soziologie und Publizistik in Heidelberg. Jahn, Christian ( 2 7 . 1 . 1 8 9 2 - ? ) . Bruder von -»Valborg Weber, geb. Jahn. Jahn, Elisabeth ( 4 . 9 . 1 8 5 4 - ? ) . Verheiratet mit Krlstlan Fredrlk Jahn, Schwiegermutter von Arthur Weber. Jahn, Inger ( 9 . 7 . 1 8 8 5 - ? ) . Schwester v o n - » V a l b o r g Weber, geb. Jahn. Jahn, Kristlan Fredrlk ( 1 5 . 3 . 1 8 3 7 - 3 0 . 5 . 1 9 1 4 ) . Zahnarzt. Lebte in Trondhelm/Norwegen ; Vater von —» Valborg Weber, geb. Jahn, Schwägerin von Max Weber. Jastrow, Ignaz ( 1 3 . 9 . 1 8 5 6 - 2 . 5 . 1 9 3 7 ) . Historiker und Nationalökonom. 1878 Promotion in Göttingen, 1885 Habilitation in Geschichte in Berlin und 1892 in Staatswissenschaften ebd.; 1895 Privatdozentin Berlin, 1905 a.o., 1920o. Professor an der Handelshochschule Berlin; Herausgeber und Begründer der Zeitschriften „Soziale Praxis" und „Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie"; Arbeiten zur Sozialpolitik und nationalökonomischen Theorie. Jaurès, Jean (3.9. 1 8 5 9 - 3 1 . 7 . 1914). Französischer Politiker. Führender Repräsentant des französischen Sozialismus vor dem 1. Weltkrieg; ab 1885 linksrepublikanischer, ab 1902 sozialistischer Abgeordneter; 1902 Begründer der Zeltung „L'Humanité"; fiel 1914 einem nationalistischen Attentat zum Opfer. Jellinek, Georg (16.6. 1 8 5 1 - 1 2 . 1 . 1911). Staats- und Völkerrechtler. 1872 Promotion zum Dr. phll. In Leipzig, 1874 zum Dr. j u r l n Wien, 1879 Habilitation für Rechtsphilosophie in Wien; 1883 etatmäßiger a.o. Professorin Wien, 1890o. Professorin Basel, 1891 - 1 9 1 1 in Heidelberg; Arbeiten zur allgemeinen Staatslehre. Mit Max Weber freundschaftlich verbunden; Mitglied des religionswissenschaftlichen „Eranos"-Kreises. Jellinek-Mercédès, Emil ( 6 . 4 . 1 8 5 3 - 2 1 . 1 . 1 9 1 8 ) . Geschäftsmann. 1872 Handelsagent In Tetuan und Oran, 1880 Vertreter einer französischen Versichungsgesellschaft in Algler und später in Wien, wo er durch Börsenspekulationen ein großes Vermögen erwarb; stand seit 1895 in geschäftlicher Verbindung mit der Daimler-Motorengesellschaft In Bad Cannstadt, Mitglied des Aufsichtsrates 1 9 0 0 - 0 9 , Inhaber der Verkaufsrechte für Frankreich, Belgien, Österreich-Ungarn und die USA; nach dem Vornamen seiner Tochter erhielten die Daimler-Automobile den Markennamen „ Mercedes", den er seit 1903 seinem Namen anfügte. Lebte bis 1914 in Nizza, wurde dort österreichischer Honorarkonsul und betrieb eine Firma für den Bau von Motorbooten und eine Hotelkette. Bruder von —» Georg Jellinek.
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Jolly, Emilie (Mila), geb. Hausrath (10.9. 1 8 7 0 - 2 5 . 2 . 1934). Tochter von -h> Adolf und Henriette Hausrath, geb. Fallenstein, einer Schwester Helene Webers. Heiratete 1 8 9 3 - » Philipp Jolly, seit 1905 nervenleidend; Cousine von Max Weber. Jolly, Julius ( 2 1 . 2 . 1 8 2 3 - 1 4 . 1 0 . 1 8 9 1 ) . Badischer Politiker. 1847 Habilitation für Staatsrecht, 1857 a.o. Professor in Heidelberg. Mit dem Regierungsantritt des Großherzogs Friedrich I. von Baden Berufung in die badische Regierung, 1861 Regierungsrat, 1862 Ministerialrat, 1866 Präsident des Innenministeriums, 1868 Präsident des Staatsministeriums in Karlsruhe, 1876 Entlassung aus dem Reglerungsamt und Ernennung zum Präsidenten der badischen Oberrechnungskammer in Karlsruhe. Zusammen mit Karl Mathy, August Lamay und Franz von Roggenbach liberaler Reformpolitiker insbesondere des Schulwesens, der Innenpolitik und der Kirchenordnung, befürwortete die Anlehnung Badens an Preußen nach 1866 und die Gründung des Deutschen Reiches 1870/71. Heiratete 1852 Elisabeth Fallenstein, eine Halbschwester von Helene Weber, dadurch Onkel Max Webers. Jolly, Philipp ( 7 . 1 0 . 1 8 5 7 - 1 9 . 1 1 . 1923). Verwaltungsbeamter. Oberamtmann in Heidelberg, Amtsvorstand in Alt-Breisach, Weinheim/Bergstr. und Pforzheim, Landrat in Heidelberg. Sohn von —> Julius Jolly und Elisabeth Jolly, geb. Fallenstein, einer Halbschwester von Helene Weber; Bruder von —> Marie Fallenstein und —• Elisabeth Heil; verheiratet mit - » Emilie Jolly, geb. Hausrath; Vetter von Max Weber. Kaehler, Wilhelm (5.2. 1 8 7 1 - 1 4 . 2 . 1934). Jurist und Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. jur. in Halle, 1896 zum Dr. phil. ebd., 1896 Habilitation ebd.; 1900 o. Professor an der TH Aachen, 1914 in Greifswald; ab 1919 Abgeordneter der DNVP Im preußischen Landtag; 1932/33 kommissarischer Innenminister In Preußen. Sohn des Theologen Martin Kaehler. Kahl, Wilhelm ( 1 7 . 6 . 1 8 4 9 - 1 4 . 5 . 1 9 3 2 ) . Evangelischer Kirchen- und Staatsrechtler. 1873 Promotion in Erlangen, 1876 Habilitation in München; 1879 o. Professor in Rostock, 1883 in Erlangen, 1888 in Bonn und 1 8 9 5 - 1 9 2 1 in Berlin; 1919/20 als Mitglied der DDP in der Weimarer Nationalversammlung; als Vorsitzender des Rechtsausschusses des Reichstages nahm er maßgeblich an den Beratungen über die Strafrechtsreform teil; 1 9 2 1 - 2 8 Präsident des 3 2 . - 3 5 . Deutschen Juristentages; seit 1874 Mitglied der Nationalliberalen Partei, 1 9 2 0 - 3 2 MdR für die DVP; Arbeiten auf dem Gebiet des Strafrechts und der Strafrechtsreform. Kantorowicz, Hermann (Pseudonym: Gnaeus Flavius) ( 1 8 . 1 1 . 1 8 7 7 - 1 2 . 2 . 1 9 4 0 ) . Strafrechtler und Rechtshistoriker. 1900 Promotion In Heidelberg, 1908 Habilitation in Freiburg; 1913 o.a. (Titular-)Professor in Freiburg, 1923 planmäßiger a.o. Professor ebd., 1927 Gastprofessur an der Columbia University of New York, 1 9 2 9 - 3 3 o. Professor für Strafrecht in Kiel; 1933 Emigration über USA nach Cambridge/England; Vertreter der Freirechtsschule auf dem Gebiet der Rechtspolitik. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber seit dem Sommer 1908. Kati, Haushälterin von —> Alfred Weberin Prag und seit 1908 in Heidelberg. Kauffmann, Gustav ( 2 3 . 9 . 1 8 5 4 - 2 . 1 0 . 1 9 0 2 ) . Liberaler Politiker. Rechtsanwalt und Stadtrat in Berlin; 1 8 9 0 - 1 9 0 2 MdR für die Deutsche Freisinnige Partei und die Freisinnige Volkspartei; 1901 Nichtbestätigung seiner Wahl zum Zweiten Bürgermeister von Berlin durch Wilhelm II.
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Kaufmann, A.A.; Tl.: Kaufman, Aleksandr Arkad'evic (24.3. 1 8 6 4 - 1 9 1 9 ) . Nationalökonom und Agrarstatistiker; Professor In St. Petersburg; Mitglied der KonstitutlonellenDemokraten und ihres Zentralkomitees. Er stand seit 1906 In brieflichem Kontakt zu Max Weber. Kauila, Rudolf ( 1 2 . 1 2 . 1 8 7 2 - 2 2 . 9 . 1954). Nationalökonom und Bankler. 1897 Promotion zum Dr. jur. und 1902 zum Dr. oec. publ. in München bei Lujo Brentano, 1903 Habilitation an d e r T H Stuttgart; 1910 a.o. Professor ebd.; 1933 Emigration nach England, 1934 In die Schweiz; Teilhaber des Bankhauses S. H. Stern In Frankfurt a. M.; Arbeiten zur Werttheorie. Kautsky, Karl ( 1 6 . 1 0 . 1 8 5 4 - 1 7 . 1 0 . 1 9 3 8 ) . österreichischer sozialdemokratischer Politiker und Theoretiker. 1875 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei In Wien; 1881/82 Privatsekretär bei Friedrich Engels In London; 1 8 8 3 - 1 9 1 7 Herausgeber der sozialdemokratischen Zeitung „Die Neue Zeit"; 1891 Hauptverfasser des Erfurter Programms; 1 9 1 7 - 2 1 Mitglied der USPD; 1919 mit der Publikation der deutschen Akten zum Kriegsausbruch beauftragt; ab 1924 als Schriftsteller in Wien lebend; 1938 Emigration in die Niederlande; führender sozialistischer Theoretiker der Vorkriegszeit. Kielland, Alexander Lange (18.2. 1 8 4 9 - 6 . 4 . 1906). Norwegischer Schriftsteller und Jurist. 1891 Bürgermeister von Stavanger. Kindermann, Carl (10.8. 1 8 6 0 - 2 1 . 4 . 1938). Nationalökonom. 1885 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1889 Promotion zum Dr. phll. in Nationalökonomie in Heidelberg, 1894 Habilitation ebd.; 1899 a.o. (Titular-)Professor ebd., 1 9 0 6 - 3 0 o. Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim und an der TH Stuttgart. Kistiakowski, Theodor A.; Tl.: Klstjakovskij, Bogdan Aleksandrovic (16.11. 1 8 6 8 - 2 8 . 4 . 1920). Soziologe und Jurist. Schüler von Georg Slmmel, Wilhelm Windelband und Georg Jellinek; Vertreter des Neukantianismus; seit Anfang 1905 in enger Beziehung zu Max Weber; 1906 Dozent der Handelshochschule in Moskau, 1 9 0 7 - 1 6 an der Rechtshochschule in Jaroslavl'; 1 9 1 6 - 2 0 Professor in Kiew; 1 9 1 1 - 1 7 Herausgeber der „Juristischen Rundschau". Klebs, Georg ( 2 3 . 1 0 . 1 8 5 7 - 1 5 . 1 0 . 1 9 1 8 ) . Botaniker. 1879 Promotion in Straßburg, 1883 Habilitation in Tübingen; 1887 o. Professor in Basel, 1898 In Halle, 1 9 0 7 - 1 8 In Heidelberg; Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Begründete 1909 m i t - » Alfred Weber den Diskussionskreis „ J a n u s " ; verheiratet mit der Agyptologin Luise von Sigwart ( 1 8 6 5 - 1 9 3 1 ) ; gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg. Klinger, Max (18.2. 1 8 5 7 - 4 . 7 . 1920). Maler, Graphiker und Bildhauer. 1 8 7 5 - 8 6 und 1 8 8 9 - 9 3 Studienaufenthalt Im Ausland, 1894 Mitglied der Akademie der Künste in Leipzig, 1897 Verleihung des Professorentitels durch den sächsischen König; 1903 Vizepräsident des Deutschen Künstlerbundes; galt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen bildenden Kunst vor 1914. Knapp, Georg Friedrich (7.3. 1 8 4 2 - 2 0 . 2 . 1926). Nationalökonom und Agrarhistoriker. 1865 Promotion In Göttingen; 1867 Direktor des Statistischen Bureaus der Stadt Leipzig; 1869 a.o. Professor für Statistik in Leipzig, 1 8 7 4 - 1 9 1 9 o. Professor in Straßburg; Gründungsmitglied des „Vereins für Sozialpolitik"; galt als führender Experte für die preußische Agrarentwicklung; sein Werk über die „ Staatliche Theorie des Geldes", Insbesondere die Auflage von 1920, hielt Weber für epochemachend.
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Knittel, Richard (28.9. 1 8 6 7 - 2 4 . 9 . 1948). Verleger. Vorsitzender des Landesausschusses der Nationalsozialen Badens. Unterstützte die Bestrebungen des „Vereins Frauenbildung-Frauenstudium " und war mit Marianne Weber befreundet. Koehler, Carl (6.3. 1 8 5 5 - 1 6 . 4 . 1932). Mathematiker. 1879 Promotion in Heldelberg, 1882 Habilitation in Heidelberg; 1888 a.o. (Titular-)Professor in Heidelberg, 1 9 0 5 - 1 4 etatmäßiger a.o. Professorfür Mathematik ebd., 1 9 1 4 - 3 2 o. Honorar-Professorin Heidelberg. Köper, H. Fischer. 1907 Vermietereines Fremdenzimmers an M a x W e b e r l n Z a n d v o o r t i n Holland. Kraepelin, Emil (15.2. 1 8 5 6 - 7 . 1 0 . 1926). Psychiater. 1878 Promotion zum Dr. med. in Würzburg, 1882 Habilitation für Psychiatrie in Leipzig; 1886 Professor für Psychiatrie in Dorpat, 1891 o. Professor In Heidelberg und von 1 9 0 3 - 2 2 in München; 1917 Begründer der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie; grundlegende Arbelten auf dem Gebiet der psychiatrischen Diagnostik. Weber setzt sich mit Kraepelin und dessen Schule in seinen Arbeiten zur „Psychophysik" auseinander. Kuczynski, Robert René (12.8. 1 8 7 6 - 2 5 . 1 1 . 1947). Nationalökonom und Statistiker. 1897 Promotion zum Dr. oec. pubi, bei Lujo Brentano in München; 1 9 0 0 - 0 3 am amerikanischen statistischen Bundesamt tätig; 1904/05 Direktor des statistischen Amtes Elberfeld, 1 9 0 6 - 2 1 Direktor des statistischen Amtes in Schönefeld; 1919 Begründer und Herausgeber der „Finanzpolitischen Korrespondenz"; 1925/26 Initiator des „KuczynskiAusschusses" zur entschädigungslosen Enteignung der Fürsten; 1933 Emigration nach England, 1938 Lehrer für Demographie an der London School of Economics. Külpe, Oswald ( 3 . 8 . 1 8 6 2 - 3 0 . 1 2 . 1 9 1 5 ) . Philosoph und Psychologe. 1887 Promotion bei - > Wilhelm Wundt in Leipzig, 1888 Habilitation ebd. ; 1 8 8 7 - 9 4 Assistent an Wundts Institut für experimentelle Psychologie; 1 8 9 4 - 1 9 0 9 o. Professor in Würzburg, 1909 in Bonn und 1912 In München; Begründer der Würzburger Schule der Denkpsychologie, in der er einen kritischen Realismus vertrat. Labriola, Arturo (21.1. 1 8 7 3 - 2 3 . 6 . 1959). Italienischer Politiker und Nationalökonom. Begründerund Herausgeber der syndikalistischen „L'Avanguardia socialista" 1 9 0 2 - 0 6 . Lamping, Eleonore (Nora), geb. Möller (9.2. 1 8 7 9 - 1 9 4 7 ) . Verheiratet mit - > Wilhelm Lamplng, Tochter von Karl und - » Hertha Möller, Cousine von Marianne Weber und Nichte von Max Weber. Lamping, Wilhelm (Willy) (21.5. 1 8 6 1 - 7 . 9 . 1929). Organist. Musikdirektor in Bielefeld. Verheiratet mit - » Eleonore Lamping, geb. Möller; Klavierlehrer von Marianne Weber in Bielefeld. Lamprecht, Karl (25.2. 1 8 5 6 - 1 0 . 5 . 1915). Historiker und Geschichtsphilosoph. 1878 Promotion in Leipzig, 1880 Habilitation in Bonn; 1885 a.o. (Titular-)Professor In Bonn, 1889 etatmäßiger a.o. Professor ebd., 1890 o. Professor in Marburg, 1 8 9 1 - 1 9 1 5 in Leipzig; 1881 Mitbegründer der ersten deutschen landesgeschichtlichen historischen Kommission, der „Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde"; schuf mit der zwölfbändigen „Deutschen Geschichte" eine Gesamtdarstellung, die in der Geschichtswissenschafteinen langen und erbitterten Methodenstreit auslöste.
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Lang, Alexander ( 9 . 8 . 1 8 7 4 - n a c h 1942). Patentanwalt. Diplom-Ingenieur 1897 an d e r T H Karlsruhe; 1900 Promotion zum Dr. phil. in Nationalökonomie in Heidelberg; einer der Begründer des „Vereins deutscher Diplom-Ingenieure"; Schüler von Max Weber. Lask, Emil ( 2 5 . 9 . 1 8 7 5 - 2 6 . 5 . 1 9 1 5 ) . Philosoph. 1902 Promotion zum Dr. phil. bei Heinrich Rickert in Freiburg, 1905 Habilitation bei - » W i l h e l m Windelband in Heidelberg; 1910 a.o. (Titular-)Professor In Heidelberg, 1913 etatmäßiger a.o. Professor ebd.; 1915 als Kriegsfreiwilliger bei Turza-Mata in Galizien gefallen; bedeutendster Schüler der beiden Begründer des südwestdeutschen Neukantianismus, —> Wilhelm Windelband und —> Heinrich Rickert. Freundschaftliche Beziehungen zu Max und Marianne Weber. Legien, Carl ( 1 . 1 2 . 1 8 6 1 - 2 6 . 1 2 . 1 9 2 0 ) . Gewerkschaftsführer. 1 8 7 5 - 8 0 Drechslerlehre, 1885 Eintritt in die Sozialdemokratie, 1887 Vorsitzender der „Vereinigung der Drechsler Deutschlands"; 1890 Vorsitzender der „Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands", 1919 Vorsitzender des „Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund e s " ; 1 8 9 3 - 9 8 und 1 9 0 3 - 2 0 MdR für die Sozialdemokratie; 1913 erster Präsident des „Internationalen Gewerkschaftsbundes"; lenkte und organisierte den Generalstreik, der im Jahre 1920 den sog. Kapp-Putsch vereitelte. Lehmann, Ernst ( 2 3 . 6 . 1 8 6 1 - 1 9 . 9 . 1 9 4 8 ) . Pfarrer und Sozialpolitiker. 1892 Stadtvikar im Mannheimer Arbeiterviertel „ Schwetzinger Vorstadt", 1894 wegen sozialpolitischer Aktivitäten nach Hornberg/Schwarzwald versetzt, 1911 nach Mannheim gewählt; Gründer der „Evangelisch-Sozialen Vereinigung für Baden" und der „National-Sozialen Partei Bad e n s " , 1920 Gründer der Ortsgruppe des „Badischen Volkskirchenbundes"; Mitglied der DDP, 1930 Eintritt in die SPD; Vetter von Walter Rathenau. Leone, Enrico (11.7. 1 8 7 5 - 1 8 . 6 . 1940). Italienischer Politiker und Publizist. Zunächst dem Anarchismus nahestehend, wurde Leone ab 1895 einer der führenden Vertreter des Syndikalismus in der sozialistischen Partei Italiens; 1 9 2 5 - 4 0 in einer Nervenklinik. Leser, Emanuel ( 2 6 . 9 . 1 8 4 9 - 2 0 . 5 . 1 9 1 4 ) . Nationalökonom. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1873 Habilitation in Heidelberg; 1 8 8 1 - 1 9 1 4 a.o. (Titular-)Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaften in Heidelberg. Levy, Hermann ( 2 2 . 5 . 1 8 8 1 - 1 6 . 1 . 1 9 4 9 ) . Nationalökonom. 1902 Promotion in München, 1905 Habilitation in Halle; 1 9 0 7 - 2 0 hauptamtlicher Dozent an der Handelshochschule in Mannheim, 1908 Privatdozent, 1910 a.o. (Titular-)Professor in Heidelberg; während des Krieges wirtschaftspolitischer Berater der deutschen Regierung; 1 9 2 0 - 3 3 a.o. Professor an d e r T H Berlin, 1933 Emigration nach England. Lexis, Wilhelm (17.7. 1 8 3 7 - 2 4 . 8 . 1914). Nationalökonom. 1859 Promotion in Physik In Bonn; 1872 a.o. Professor für Volkswirtschaftslehre in Straßburg, 1874 o. Professor für Geographie, Ethnologie und Statistik in Dorpat, 1876 in Freiburg, 1884 in Breslau und von 1 8 8 7 - 1 9 1 4 in Göttingen; Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften" und ab 1891 der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik". Liebermann von Sonnenberg, Max Hugo (21.8. 1 8 4 8 - 1 7 . 1 1 . 1911). Antisemitischer Publizist und Politiker. 1 8 8 5 - 8 7 Leiter der „Deutschen Volkszeitung" und 1 8 8 4 - 1 9 1 1 der „Deutschsozialen Blätter"; Mitbegründer und Vorsitzender der Deutsch-Sozialen Partei, Vorstandsmitglied des Alldeutschen Verbandes; 1 8 9 0 - 1 9 1 1 MdR für die Deutschsoziale Wirtschaftliche Vereinigung.
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Liebknecht, Karl ( 1 3 . 8 . 1 8 7 1 - 1 5 . 1 . 1 9 1 9 ) . Sozialistischer Politiker. 1897 Promotion zum Dr. jur. et rer. pol. in Würzburg; 1899 Eröffnung einer Rechtsanwaltspraxis in Berlin; seit 1900 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, seit 1908 MdprAH, seit 1912 MdR für die Sozialdemokratische Partei; führender Repräsentant der äußersten Linken; 1 9 1 6 - O k t o ber 1918 wegen Hochverrats inhaftiert, mit—»Rosa Luxemburg Mitbegründer des Spartakusbundes, aus dem die KPD hervorging; im Januar 1919 im Zusammenhang mit dem Spartakusaufstand in Berlin von Reichswehrangehörigen ermordet. Liefmann, Robert ( 4 . 2 . 1 8 7 4 - 2 0 . 3 . 1 9 4 1 ) . Nationalökonom. 1897 Promotion in Freiburg, 1900 Habilitation in Gießen bei—» Magnus Biermer; 1904 zunächst Privatdozent, dann a.o. (Titular-)Professor, 1 9 1 4 - 3 3 o. Honorarprofessor in Freiburg; 1940 Deportation nach Frankreich, 1941 Tod Im Sammellager Gurs. Führender deutscher Kartelltheoretiker seiner Zeit, 1895 von Max Weber zu diesem Thema angeregt. Lilienthal, Carl von ( 3 1 . 8 . 1 8 5 3 - 8 . 1 1 . 1 9 2 7 ) . Strafrechtler. 1873 Promotion in Heidelberg, 1879 Habilitation in Halle; 1882 o. Professor an der Universität Zürich, 1889 in Marburg, 1 8 9 6 - 1 9 1 9 in Heidelberg; Arbeiten zur Strafrechtslehre; Herausgeber des „Archivs für die gesamte Strafrechtswissenschaft". Lipps, Theodor (28.7. 1 8 5 1 - 1 7 . 1 0 . 1914). Philosoph. 1874 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1877 Habilitation in Philosophie ebd.; 1884a.o. Professorin Bonn, 1890o. Professorin Breslau, 1 8 9 4 - 1 9 1 3 in München; Arbeiten zu Grundfragen der Philosophie und der Psychologie. Loria, Achille ( 2 . 3 . 1 8 5 7 - 6 . 1 1 . 1 9 4 3 ) . Italienischer Nationalökonom und Soziologe. 1877 Promotion in Bologna; 1881 a.o. Professor, 1884 o. Professor in Siena, 1 8 9 1 - 1 9 0 3 in Padua, 1 9 0 3 - 3 2 in Turin; entwarf eine eigenständige Theorie kapitalistischer Entwicklung im Gegensatz zum Marxschen Werk; gilt als einer der führenden italienischen Revisionisten. Lötz, Walther (21.3. 1 8 6 5 - 1 3 . 1 2 . 1941). Nationalökonom. 1887 Promotion zum Dr. rer. pol. in Straßburg, 1888/89 Beschäftigung im Bankfach, 1890 Habilitation bei —> Lujo Brentano in Leipzig; 1891 Honorar-Professor, 1892 a.o. Professor, 1 8 9 7 - 1 9 3 5 o. Professor in München; Arbeiten über Finanzwissenschaft. Schwager von - > Heinrich Herkner. Seit der Studienzeit mit Max Weber befreundet; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Low, Sir (1918) Sidney (22.1. 1 8 5 7 - 1 3 . 1 . 1932). Britischer Historiker und Journalist. 1 8 8 3 - 8 5 Lektor für Verfassungsgeschichte am King's College in London; 1 8 8 8 - 9 7 Herausgeber der St. James' Gazette, die zu einer der einflußreichsten britischen Zeitungen wurde. Danach 1898 als Leitartikler des „Standard" sowie 1 9 0 4 - 0 5 als dessen literarischer Herausgeber tätig. Neben seinen journalistischen Artikeln Arbeiten zur neueren englischen Geschichte. Besonders bekannt wurde sein „The Governance of England" (1904), welches 1908 in der Übersetzung von —> Johannes Hoops mit einer Einleitung von - » Georg Jellinek in Deutschland erschien. Luxemburg, Rosa (5.3. 1 8 7 0 - 1 5 . 1 . 1919). Sozialistische Politikerin und Theoretikerin. 1897 Promotion in Nationalökonomie in Zürich bei Julius Wolf mit einer Arbeit über „ Die industrielle Entwicklung Polens"; kam danach nach Deutschland und trat 1898 der Sozialdemokratischen Partei bei, nachdem sie schon 1893 Mitbegründerin der Sozialdemokratie des Königreichs Polen (SDKP) gewesen war. 1905 beteiligte sie sich an der russischen
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Revolution in Polen und kehrte nach einer Gefängnisstrafe nach Deutschland zurück. 1908 Dozentin an der Parteischule der Sozialdemokratie in Berlin, Mitarbeiterin an sozialdemokratischen Zeitungen und politische Agitationsarbeit für den radikalen Parteiflügel und gegen die Politik der Sozialdemokratie im Kriege; während des Krieges mehrfach im Gefängnis; 1918 mit - > Karl Liebknecht Begründerin der KPD und Redakteurin der kommunistischen Parteizeitung „Rote Fahne"; 1919 von Reichswehrangehörigen ermordet. Mach, Ernst ( 1 8 . 2 . 1 8 3 8 - 1 9 . 2 . 1 9 1 6 ) . österreichischer Physiker und Philosoph. 1859/60 Promotion in Wien, 1861 Habilitation ebd., 1864 o. Professor für Experimentalphysik in Graz, 1867 in Prag, 1 8 9 5 - 1 9 0 1 Professor der Philosophie in Wien. Machs Philosophie bedeutete Höhepunkt und Abschluß des älteren Positivismus; er vertrat mit dem Empiriokritizismus eine radikal empirische Auffassung, die jegliche Metaphysik ablehnte. Maeterlinck, Maurice ( 1 9 . 8 . 1 8 6 2 - 6 . 5 . 1 9 4 9 ) . Belgischer Dichterund Essayist. Lebte seit 1886 zumeist in Paris, 1 9 4 0 - 4 6 im Exil in Nordamerika, die letzten Lebensjahre an der französischen Riviera; 1911 Nobelpreis für Literatur, 1947 Präsident des Internationalen PEN-Clubs. Symbolistischer Lyriker und Dramatiker, Essays über Schicksal, Leben und Tod, mystische und pantheistische Naturbetrachtungen. Maino, Lulgi ( 2 1 . 6 . 1 8 5 2 - 9 . 1 . 1 9 1 5 ) . Italienischer Strafrechtler und sozialistischer Politiker. Ab 1890 o. Professor für Strafrecht in Pavia, ab 1899 im Kommunalrat von Mailand, ab 1900 Abgeordneter der Sozialisten; führender sozialistischer Kommunalpolitiker in Mailand; gehörte zum Freundeskreis um —> Robert Michels. Mareks, Erich (17.11.1861 - 2 2 . 1 1 . 1 9 3 8 ) . Historiker. 1884 Promotion in Straßburg, 1887 Habilitation in Berlin; 1893 o. Professor in Freiburg, 1 8 9 4 - 1 9 0 1 in Leipzig, 1901 - 0 7 in Heldelberg, 1 9 0 7 - 1 3 in Hamburg, 1 9 1 3 - 2 2 in München und von 1 9 2 2 - 2 8 in Berlin; zahlreiche Arbeiten zur Geschichte des Deutschen Kaiserreichs und zur Reformation und Gegenreformation; Schüler Hermann Baumgartens; gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg. Martin, Rudolf (1.6. 1 8 6 7 - 1 9 1 9 / 2 0 ) . Nationalökonom. 1897 Hilfsarbeiter im Reichsamt des Inneren, 1905 Mitglied des Kaiserlichen Statistischen Amtes, 1908 aus dem Staatsdienst entlassen; danach als freier Schriftsteller tätig. Martini. Das Ehepaar Martini betrieb in Rom eine Pension, in der Max und Marianne Weber mehrfach wohnten, insbesondere während des längeren Aufenthaltes im Jahre 1901. Mauer, Hermann ( 2 9 . 9 . 1 8 7 6 - 2 8 . 6 . 1 9 1 9 ) . Nationalökonom. 1907 Promotion zum Dr. rer. pol. in Staatswissenschaften in Straßburg b e i - » Georg Friedrich Knapp; 1908 Lehrauftrag für englisches Bank- und Kreditwesen an der Handelshochschule in Berlin; als Liquidator des von der Dresdner Bank übernommenen väterlichen Bankhauses tätig; Arbeiten auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Kreditwesens. Maurenbrecher, Max (17.7. 1 8 7 4 - 3 0 . 4 . 1930). Evangelischer Theologie und Publizist. 1898 2. theologisches Examen in Leipzig, im selben Jahr Promotion zum Dr. phil. bei Karl Bücher ebd., seit den späten 90er Jahren dem Kreis u m - * Friedrich Naumann nahestehend, 1 8 9 9 - 1 9 0 3 Generalsekretär des Nationalsozialen Vereins sowie Schriftleiter der „Hilfe", 1 9 0 3 - 1 3 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, 1907 Austritt aus der evangelischen Kirche; arbeitete danach in den freireligiösen Gemeinden in Erlangen und Mannhelm; 1919 nach Wiedereintritt in die evangelische Kirche Pfarrer der reformierten Ge-
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meinde in Dresden; 1 9 2 0 - 2 4 Schriftleiter der „ Deutschen Z e i t u n g " ; Maurenbrecher war ein antiliberaler, antisemitischer und deutsch-völkischer Theologe. Sohn von - » Wilhelm Maurenbrecher. Maurenbrecher, Wilhelm ( 2 1 . 1 2 . 1 8 3 8 - 6 . 1 1 . 1 8 9 2 ) . Historiker. 1861 Promotion in Bonn, 1862 Habilitation ebd.; 1867 Professorin Dorpat, 1 8 6 9 i n Königsberg, 1877 in Bonn, 1884 in Leipzig; trug durch seine Werke entscheidend zu einer Revision des bis dato herrschenden Bildes der Reformation und Gegenreformation bei, u.a. durch die Herausarbeitung der „Katholischen Reformation". Vater von —» Max Maurenbrecher. Meinecke, Friedrich (30.10. 1 8 6 2 - 6 . 2 . 1954). Historiker. 1886 Promotion in Berlin, 1 8 9 2 - 1 9 0 1 Archivar im Geheimen Staatsarchiv Berlin, 1896 Habilitation an der Universität Berlin; 1901 o. Professor in Straßburg, 1906 in Freiburg und 1 9 1 4 - 2 8 in Berlin, 1948 erster Rektor der Freien Universität Berlin; 1 8 9 4 - 1 9 3 5 Herausgeber der „Historischen Zeitschrift"; einer der einflußreichsten Historiker seiner Zeit; Arbeiten vornehmlich zur Ideengeschichte der Neuzeit. Menger, Carl ( 2 3 . 2 . 1 8 4 0 - 2 6 . 2 . 1 9 2 1 ) . Nationalökonom. 1867 Promotion z u m Dr. jur. in Krakau, 1872 Habilitation in Wien; 1873 a.o. Professor, 1 8 7 9 - 1 9 0 3 o. Professor für politische Ökonomie und Statistik In Wien, 1 8 7 6 - 7 8 Lehrer des Kronprinzen Rudolf; Begründer der sog. österreichischen Schule der Nationalökonomie, trat für eine neue theoretisch-deduktive Forschungsmethode in der Nationalökonomie ein und wandte sich gegen den herrschenden induktiven Historismus der Schule Schmollers; entwickelte die Grenznutzentheorie und beeinflußte die Wissenschaftslehre von Wilhelm Windelband und Heinrich Rickert. Meumann, Ernst ( 2 9 . 8 . 1 8 6 2 - 2 6 . 4 . 1 9 1 5 ) . Psychologe, Philosoph und Pädagoge. 1891 Promotion in Tübingen, 1894 Habilitation in Leipzig; 1897 a.o. Professor, 1900 o. Professor in Zürich, 1905 in Königsberg, 1907 in Münster, 1909 In Halle, 1910 In Leipzig und 1911 - 1 5 in Hamburg; Begründer der experimentellen Pädagogik. Michels, Robert (9.1. 1 8 7 6 - 3 . 5 . 1936). Deutsch-italienischer Sozialwissenschaftler. 1900 Promotion zum Dr. phil. In Halle bei Gustav Droysen jun.; 1 9 0 0 - 0 7 Mitglied zunächst der italienischen sozialistischen Partei, dann der deutschen Sozialdemokratie; Mitglied einer anarcho-syndikalistischen Gruppe in Marburg; 1 9 0 3 - 0 5 Dozent an der neugegründeten Universität von Brüssel, 1905 Aufenthalt in Paris, wegen seiner Mitgliedschaftin der Sozialdemokratie Scheltern von Habilitationsversuchen in Marburg und Jena, daraufhin 1907 Habilitation bei Achille Loria in Turin, 1 9 1 4 - 2 8 o. Professor in Basel, 1 9 2 0 - 2 7 Lehraufträge an italienischen Universitäten und in Chicago, 1 9 2 8 - 3 3 in Perugia. Durch seine 1911 erschienene „Soziologie des Parteiwesens", die er Max Weber widmete, wurde er zu einem Begründer der modernen politischen Soziologie; 1911 - 1 5 Mitherausgeber des AfSSp; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Seit 1906 mit Max Weber freundschaftlich verbunden, 1915 trat eine Distanzierung ein infolge der Parteinahme Michels' für seine Wahlheimat Italien. Später Anhänger des italienischen Faschismus. Micheis-Lindner, Gisela (14.10. 1 8 7 8 - 9 . 1 1 . 1954). Tochter des Hallenser Historikers Theodor Lindner. Verfasserin zahlreicher wissenschaftlicher Aufsätze, verheiratet m i t - » Robert Michels. Möller, Erwin (14.12. 1 8 7 4 - 2 . 5 . 1927). Fabrikant. Seit 1906 Gesellschafter der Lederfabrikin Kupferhammer (Brackwede bei Bielefeld); ältester Sohn von - > Karl und - » Hertha Möller, Neffe von Max und Vetter von Marianne Weber.
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Möller, Gerda von, geb. Velhagen ( 3 0 . 1 1 . 1 8 8 6 - 1 6 . 8 . 1 9 0 7 ) . Verheiratet m i t - > Gerhard von Möller. Möller, Gerhard (seit 1905) von ( 1 4 . 4 . 1 8 7 6 - 1 5 . 1 0 . 1 9 6 1 ) . Fabrikant. Gesellschafter der Lederfabrik in Kupferhammer (Brackwede bei Bielefeld); nachdem sein Vater Theodor Möller 1901 preußischer Handelsminister wurde und aus der Geschäftsführung ausgeschieden war, alleiniger Geschäftsführer. Neffe von Karl Möller. Möller, Hertha, geb. Weber (20.2. 1 8 5 3 - 2 0 . 4 . 1934). Verheiratet mit - » Karl Möller, Tochter von —> Carl David Weber, Cousine von Max Weber und Tante von Marlanne Weber. Möller, Karl ( 1 . 5 . 1 8 3 7 - 2 7 . 9 . 1 9 1 8 ) . Fabrikant. Studium der Naturwissenschaften und der Bergbautechnik, Dr. phll., gründete 1862 zusammen mit seinem Bruder Theodor die Maschinenfabrik K. & Th. Möller In Kupferhammer (Brackwede bei Bielefeld), 1878, nach dem Tode des Vaters, zusammen mit seinem Bruder Inhaber bzw. Gesellschafter der Lederfabrik in Kupferhammer. Er modernisierte das Unternehmen, machte technische Erfindungen und unterstützte soziale Projekte. Verheiratet mit —> Hertha Möller, geb. Weber, und über diese mit Max und Marianne Weber verschwägert. Mommsen, Clara, geb. Weber (5.9. 1 8 7 5 - 1 4 . 1 . 1 9 5 3 ) . Heiratete 1896 - » Ernst Mommsen; Schwester von Max Weber. Mommsen, Ernst (8.7. 1 8 6 3 - 1 4 . 3 . 1930). Mediziner. Praktischer Arzt und Sanitätsrat In Berlin; Sohn von Theodor Mommsen; verheiratet mit—* Clara Mommsen, geb. Weber, einer Schwester von Max Weber. Mommsen, Maria Auguste, geb. Reimer ( 1 4 . 1 0 . 1 8 3 2 - 6 . 3 . 1 9 0 7 ) . Tochter des Verlegers Georg Reimer; verheiratet m i t - > Theodor Mommsen. Mommsen, Theodor (30.11. 1 8 1 7 - 1 . 1 1 . 1903). Historiker und Jurist. 1843 Promotion zum Dr. jur. in Kiel; 1 8 4 4 - 4 7 Studien In Frankreich und Italien; 1848 a.o. etatmäßiger Professor für Römisches Recht in Leipzig, 1850 wegen seiner Teilnahme an der demokratischen Bewegung entlassen; 1852 o. Professor für Römisches Recht in Zürich, 1854 in Breslau, 1858 o. Professor für Alte Geschichte In Berlin; 1 8 7 4 - 9 5 Sekretär der Preußischen Akademie der Wissenschaften; 1902 Nobelpreis für Literatur In Würdigung seiner „Römischen Geschichte", B d . 1 - 3 , 1 8 5 4 - 5 6 , Bd.5, 1885. Politisch konsequent linksliberal und ein scharfer Kritiker Bismarcks war er 1 8 6 3 - 6 6 für die Fortschrittspartei, 1 8 7 3 - 7 9 für die Nationalliberale Partei MdprAH, 1 8 8 1 - 8 4 MdR für die Liberale Vereinigung. Verfasser großer systematischer Gesamtdarstellungen der römischen Geschichte, des römischen Staatsrechts und des römischen Strafrechts, Herausgeber und Organisator verschiedener großer wissenschaftlicher Editionen, insbes. des Corpus Inscrlptionum Latlnarum und der Auetores Antiquissimi (MGH). Gehörte zum näheren Bekanntenkreis von Max Weber sen., Lehrer Max Webers und Schwiegervater von Max Webers Schwester—* Clara Mommsen. Morawitz, Lucia (15.11. 1 8 7 0 - ? ) . österreichische Medizinerin. 1900/01 Promotion In Zürich; lebte in Wien; gehörte zum Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber. Müller, Alwine (Wina), geb. Weber ( 1 0 . 1 0 . 1 8 5 5 - 1 7 . 7 . 1 9 3 6 ) . Tochter von Carl David Weber, Cousine von Max Weber und Tante von Marlanne Weber. Verheiratet m i t - » Bruno
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Müller, Mutter von —» Georg, - » Richard, Wolfgang, - » Roland, - » Marlanne, Berthold Müller; lebte In Oerlinghausen und bildete dort den Mittelpunkt der Familie; Marianne Weber verbrachte einen Teil Ihrer Jugend in ihrem Hause. Müller, Alwine (Ina) (21.3. 1 8 8 7 - 1 1 . 1 . 1947). Tochter von - » Eleonore Müller, geb. Weber, Cousine von Marlanne Weber. Müller, Bruno (31.10. 1 8 4 8 - 6 . 3 . 1 9 1 3 ) . Fabrikant. Leitete mit seinem Schwager - » Carl Weber und seinen Söhnen —» Georg und - » Richard die von seinem Schwiegervater —> Carl David Weber gegründete Leinenweberei Carl Weber & Co. in Oerlinghausen. Verheiratet mit - » Alwine Müller, geb. Weber, Bruder von Wilhelm Müller, der mit —» Eleonore Müller, geb. Weber, verheiratet war. Müller, Eleonore, geb. Weber (10.8.1861 - 1 9 . 1 . 1 9 4 8 ) . Tochter von - » Carl David Weber, Schwester von —» Alwine Müller; verheiratet mit Wilhelm Müller ( 1 8 5 0 - 1 9 1 5 ) , zuletzt Generalmajor, einem Bruder Ihres Schwagers—» Bruno Müller; Cousine von Max Weber und Tante von Marianne Weber. Müller, Georg (22.4. 1 8 7 8 - 2 5 . 1 . 1954). Fabrikant. Leitete mit seinem V a t e r s Bruno Müller, seinem O n k e l - » C a r l Weberund seinem Bruder—» Richard Müller die großväterliche Leinenweberei In Oerlinghausen; verheiratet mit Uli Müller, geb. Tiemann ( 1 8 8 7 - 1 9 3 9 ) ; Enkel von —»Carl David Weber, Vetter von Marianne Weber und Neffe von Max Weber. Müller, Marianne (5.12. 1 8 8 6 - 3 0 . 1 . 1934). Tochter von - » Alwine und - » Bruno Müller, Nichte von Max und Cousine von Marianne Weber. Müller, Richard (7.3. 1 8 8 0 - 1 7 . 1 0 . 1937). Fabrikant. Leitete mit seinem V a t e r s Bruno Müller, seinem Onkel —> Carl Weber und seinem Bruder—» Georg Müller die großväterliche Leinenweberei in Oerlinghausen. Verheiratet mit Traute Müller, geb. Riedel; Enkel von - » Carl David Weber, Neffe von Max und Vetter von Marianne Weber. Müller, Roland (6.1. 1 8 9 0 - 1 7 . 1 1 . 1916). Offizier. Sohn von - » Bruno und - » Alwine Müller, Neffe von Max und Vetter von Marlanne Weber. Mü//e/-(-Melnlngen), Ernst (11.8. 1 8 6 6 - 1 . 6 . 1944). Liberaler Politiker. 1891 Promotion zum Dr. jur.; seit 1896 Im Justizdienst Bayerns, 1903 Landgerichtspräsidentin Aschaffenburg, 1905 Abgeordneter des bayerischen Landtags, 1919/20 bayerischer Justizminister und stellv. Ministerpräsident, 1 8 9 8 - 1 9 1 8 MdR für die Freisinnige Vereinigung und die Fortschrittliche Volkspartei. Münsterberg, Hugo ( 1 . 6 . 1 8 6 3 - 1 6 . 1 2 . 1 9 1 6 ) . Psychologe und Philosoph. 1885 Promotion zum Dr. phil und 1887 zum Dr. med. In Leipzig, 1888 Habilitation für Philosophie in Freiburg; 1891 a.o. Professorin Freiburg, 1893 o. Professor für experimentelle Psychologie an der Harvard University in Cambridge, Mass.; 1904 Organisator des wissenschaftlichen Kongresses anläßlich der Weltausstellung in St. Louis, 1908 Gründer des AmerikaInstitutes und 1 9 1 0 - 1 1 Austauschprofessor In Berlin. Entwickelte eine physiologische Psychologie und förderte die Angewandte Psychologie und Psychotechnlk; entwarf den ersten Berufseignungstest für die Industrie. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber aus der gemeinsamen Frelburger Zeit, bewirkte die Einladung Max Webers zum Gelehrtenkongreß in St. Louis 1904.
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Munzinger, Elisabeth ( 2 8 . 9 . 1 8 6 8 - ? ) . Fabrikinspektorin. Studium der Nationalökonomie und der Naturwissenschaften; 1909 Promotion bei Eberhard Gothein in Heidelberg, 1 9 0 7 - 0 9 Nachfolgerin von —> Marie Baum in der Badischen Fabrikinspektion in Karlsruhe. Natorp, Paul (24.1. 1 8 5 4 - 1 7 . 8 . 1924). Philosoph und Pädagoge. 1875 Promotion in Straßburg, 1881 Habilitation für Philosophie in Marburg; 1885 a.o. Professor, 1 8 9 3 - 1 9 2 2 o. Professor in Marburg; einer der Hauptvertreter des Neukantianismus; seit 1887 Herausgeber der „Philosophischen Monatshefte". Naumann, Friedrich (25.3. 1 8 6 0 - 2 4 . 8 . 1919). Evangelischer Theologe, Sozialpolitiker und Publizist. 1883 Oberhelfer im „Rauhen Haus" in Hamburg, 1886 Pfarrer in Langenberg, 1890 bei der Inneren Mission in Frankfurt, lebte seit 1898 nach Aufgabe des Pfarramtes als Schriftsteller in Berlin. 1894 Gründung der Wochenzeitschrift „Die Hilfe"; 1896 Austritt aus der christlich-sozialen Bewegung Stoeckers und Gründung des Nationalsozialen Vereins, 1903 Anschluß an die Freisinnige Vereinigung; seit 1907 MdR, zunächst als Abgeordneter der Freisinnigen Vereinigung, seit 1910 der Fortschrittlichen Volkspartei; im Weltkrieg Verfechter eines mitteleuropäischen Staatenblockes; 1918 Mitbegründer, 1919 Vorsitzender der DDP, Mitglied der Weimarer Nationalversammlung; Vertreter einer sozial-liberalen Innen- und nationalen Außenpolitik. Freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber, enger politischer Gedankenaustausch, persönliche Beziehungen auch zu Helene Weber. Neumann, Carl ( 1 . 7 . 1 8 6 0 - 9 . 1 0 . 1 9 3 4 ) . Kunsthistoriker. 1882 Promotion in Heidelberg, 1894 Habilitation ebd.; 1897 a.o. (Titular-)Professor in Heidelberg, 1903 etatmäßiger a.o. Professorin Göttingen, 1 9 0 4 - 1 1 o. Professor an der Universität Kiel, 1911 - 2 9 in Heidelberg. Neben historischen Arbeiten über Byzanz sowie Jacob Burckhardt Arbeiten zur niederländischen Malerei, insbesondere über Rembrandt. Seit den 1890er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max und Marianne Weber. Neumann, Friedrich (23.4. 1 8 5 4 - 3 . 2 . 1934). Romanist. 1876 Promotion in Heidelberg, 1878 Habilitation ebd.; 1882 a.o. Professorin Heidelberg, 1882 etatmäßiger a.o. Profess o r i n Freiburg, 1883 o. Professor ebd., 1 8 9 0 - 1 9 2 3 in Heidelberg. Oldenberg, Karl (23.9. 1 8 6 4 - 2 0 . 6 . 1936). Nationalökonom. 1888 Promotion in Berlin, 1891 Habilitation für Staatswissenschaften ebd.; 1 8 8 8 - 9 7 Assistent von —» Gustav Schmoller in der Redaktion des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich"; 1897 etatmäßiger a.o. Professorin Marburg, 1902 o. Professor in Greifswald und 1914 in Göttingen; Gegner einer übersteigerten Industrialisierung Deutschlands; gehörte zu Max Webers Bekanntenkreis in den frühen 1890er Jahren in Berlin; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Pappritz, Anna (9.5. 1 8 6 1 - 8 . 7 . 1939). Liberale Repräsentantin der Frauenbewegung. Arbeitete im Bereich der Gefährdetenfürsorge, die sie mit Frieda Duenslng gegründet hatte; schuf 1899 den ersten deutschen Zweigverein der Internationalen Abolitionistischen Föderation in Berlin; 1902 Vorstandsmitglied und 1 9 0 7 - 1 4 Schriftführerin des Bundes Deutscher Frauenvereine. Gehörte z u m näheren Bekanntenkreis von Marianne Weber. Pierstorff, Julius ( 9 . 3 . 1 8 5 1 - 2 0 . 1 . 1 9 2 6 ) . Nationalökonom. Promotion in München, 1875 Habilitation in Göttingen, 1879 etatmäßiger a.o. Professorin Jena, 1 8 8 3 - 1 9 2 3 o. Professor ebd.; Mitglied im „Verein für Sozialpolitik".
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Piloty, Robert (1.9. 1 8 6 3 - 2 0 . 6 . 1926). Staatsrechtler. 1887 Promotion zum Dr. jur. in München, 1890 Habilitation in Würzburg, 1892 In München; 1895o. Professor ebd., 1895 in Würzburg; 1919 als demokratischer Landtagsabgeordneter In Bayern, Mitschöpfer der Bayerischen Verfassungsurkunde; seit 1896 Mitherausgeber des „ Handbuchs des öffentlichen Rechts der Gegenwart". Plenge, Johann (7.6. 1 8 7 4 - 1 1 . 9 . 1 9 6 3 ) . Nationalökonom und Soziologe. 1898 Promotion zum Dr. phll. in Leipzig bei Karl Bücher, 1903 Habilitation ebd.; 1 9 0 3 - 0 5 Forschungsaufenthalt in den USA, 1909 a.o. (Tituiar-)Professor in Leipzig, 1913 o. Professor für wirtschaftliche Staatswissenschaften In Münster; 1 9 2 0 - 2 3 Begründer und Leiter des staatswissenschaftlichen Unterrichtsinstituts in Münster, 1 9 2 3 - 3 5 Honorar-Professor und Leiter des Forschungsinstituts für Organisationslehre und vergleichende Soziologie ebd.; 1935 frühzeitige Zwangsemerltierung. Pohle, Ludwig ( 8 . 4 . 1 8 6 9 - 1 1 . 1 . 1 9 2 1 ) . Nationalökonom und Sozialpolitiker. 1892 Promotion In Freiburg, 1898 Habilitation für Nationalökonomie in Leipzig; 1901 Professor an der Akademie für Handels- und Sozialwissenschaften In Frankfurt a. M., 1918 o. Professor In Leipzig als Nachfolger von Karl Bücher; Hauptgegner der Kathedersozialisten; 1 9 1 0 - 1 8 Herausgeber der von Julius Wolf begründeten „Zeitschrift für Sozialwissenschaften". Pokrowski, M. N.; Tl.: Pokrovskij, Michail Nikolaevlö ( 2 9 . 8 . 1 8 6 8 - 1 0 . 4 . 1 9 3 2 ) . Russischer und sowjetischer Historiker. Seit 1905 Mitglied der Bolschewlkl; spielte eine Rolle In der Revolution von 1905; arbeitete auf dem Gebiet der jüngeren russischen Geschichte, führender Historiker der Bolschewiki. Potthoff, Heinz ( 9 . 5 . 1 8 7 5 - 1 9 4 5 ) . Liberaler Sozial- und Wirtschaftspolitiker. 1900 Promotion zum Dr. phil. bei Karl Bücher In Leipzig; 1918 Referent für Arbeitsrechtim Bayerischen Ministerium für Soziale Fürsorge, 1928 Ministerialdirigent im Reichsarbeitsministerium; Herausgeber der Zeitschrift „ Arbeitsrecht"; Vorsitzender des „ Verbandes der Prlvatangestellten"; Mitglied des „Vereins für Sozialpolitik"; 1903 M d R f ü r d i e Freisinnige Vereinigung. Seine Mutter, Emilie Potthoff, geb. Müller, war eine Schwester von—» Bruno Müller, dadurch verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie Weber. Puppe. 1908 Haushälterin von Karl Weber, dem Bruder von Max Weber in Danzig. Quarck, Max ( 9 . 4 . 1 8 6 0 - 2 1 . 1 . 1 9 3 0 ) . Redakteur und Sozialpolitiker. 1883 Promotion zum Dr. jur. In Leipzig; 1886/87 Redakteur der „Deutschen Zeitung" In Wien, 1 8 8 7 - 9 1 der „Frankfurter Zeitung" und 1 8 9 5 - 1 9 1 7 der „Volksstimme"; 1 9 1 2 - 1 8 M d R f ü r d i e Sozialdemokratie; 1918/19 Beigeordneter im Reichsamt des Innern; 1919 Mitglied der verfassunggebenden Nationalversammlung. Radbruch, Lina, geb. Götz ( 2 . 1 . 1 8 8 7 - 2 6 . 7 . 1 9 7 0 ) . Heiratete 1907 Gustav Radbruch, die Ehe wurde 1913 geschieden; in zweiter Ehe verheiratet mit Erwin Metzner. Während der Ehezeit mit Gustav Radbruch mit Max und Marlanne Weber bekannt, mit - » Emil Lask befreundet. Rade, Martin ( 4 . 4 . 1 8 5 7 - 9 . 4 . 1940). Pfarrer und evangelischer Theologe. 1881 Promotion zum Llc. theol., 1 8 9 2 - 9 9 Pfarrer an der Paulskirche In Frankfurt a. M., 1900 Habilitation in Marburg; 1904 a.o. Professor, 1 9 2 1 - 2 4 o. Professor für Systematische Theologie In Marburg; 1 8 8 6 / 8 7 - 1 9 3 1 Herausgeber der von Ihm mitbegründeten „Christlichen Welt"; Initiator des 1890 gegründeten Evangelisch-Sozialen Kongresses; 1919 Mitglied
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der preußischen Nationalversammlung für die DDP und ab 1930 der Deutschen Staatspartei. Verheiratet mit Dora Naumann, der Schwester von —» Friedrich Naumann. Rathgen, Karl (19.12. 1 8 5 6 - 6 . 1 1 . 1921). Nationalökonom und Kolonialpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. rer. pol. bei - > Georg Friedrich Knapp in Straßburg, 1 8 8 2 - 9 0 o. Professor an der Reichsuniversität Tokio/Japan, 1892 Habilitation in Berlin; 1893 a.o. Professor, 1895 o. Professor in Marburg, 1900 in Heidelberg und seit 1907 am deutschen Kolonial-Institut in Hamburg; grundlegende Arbeiten über die japanischen Wirtschaftsund Finanzverhältnisse sowie über Kolonialwirtschaft; Schwager von - » Gustav von Schmoller. Kollege Max Webers in Heidelberg. Ratzel, Friedrich (30.8. 1 8 4 4 - 9 . 4 . 1904). Geograph. 1868 Promotion in Zoologie in Heidelberg; bereiste von 1 8 7 3 - 7 5 als Berichterstatter der „Kölnischen Zeitung" Nordund Mittelamerika; 1875 Habilitation in Geographie an d e r T H München; 1 8 8 6 - 1 9 0 4 o. Professor als Nachfolger Ferdinand v. Richthofens in Leipzig; grundlegende Arbeiten zur Anthropogeographie. Regnier. Bekannte von Marianne Weber, möglicherweise eine Nichte von - » Ludo Moritz Hartmann. Rhamm, Karl ( 1 4 . 8 . 1 8 4 2 - 2 . 1 1 . 1 9 1 1 ) . Ethnologe, Geograph und Historiker. Studium der Rechte in Heidelberg, betrieb seit 1869 ausschließlich ethnographische Studien; Reisen in die Türkei, nach Skandinavien, Holland und in die Alpenländer; Arbelten zur germanisch-slavischen Altertumskunde, so über die „Großhufen der Nordgermanen" (1905) und die „Urzeitlichen Bauernhöfe im germanisch-slawischen Waldgebiet" (1908). Rickert, Heinrich (25.5. 1 8 6 3 - 2 5 . 7 . 1936). Philosoph. 1888 Promotion zum Dr. phil. in Straßburg, 1891 Habilitation in Freiburg; 1894a.o. Professor, 1 8 9 6 - 1 9 1 5 o. Professorin Freiburg, 1 9 1 6 - 3 2 in Heidelberg; neben Wilhelm Windelband der Begründer der Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus. Seit der Gymnasialzelt mit Max Weber befreundet. Rickert, Sophie, geb. Keibel (17.2. 1 8 6 4 - 1 . 1 1 . 1951). Bildhauerin. Verheiratet m i t - » Heinrich Rickert; gehörte mit ihrem Mann zum Freundeskreis von Max und Marianne Weber. Riehl, Alois (27.4. 1 8 4 4 - 2 1 . 1 1 . 1924). Philosoph. 1868 Promotion zum Dr. phil. in Innsbruck, 1870 Habilitation in Graz; 1873a.o. Professor, 1878o. Professorin Graz, 1882 In Freiburg, 1896 in Kiel, 1898 in Halle und von 1 9 0 5 - 2 2 als Nachfolger von Wilhelm Diithey in Berlin, 1913 in Princeton/USA; grundlegende Arbeiten über den philosophischen Kritizismus. Roux, Wilhelm (9.6. 1 8 5 0 - 1 5 . 9 . 1 9 2 4 ) . Mediziner. 1878 Promotion zum Dr. med., 1879 Habilitation in Breslau; 1886 a.o. Professorin Breslau, 1889o. Professor der Anatomie an der Universität Innsbruck, 1 8 9 5 - 1 9 2 1 in Halle; Begründer der Entwicklungsphysiologie der Organismen. Rubinstein, Freiburg.
Moses (28.6. 1 8 7 8 - ? ) . Philosoph. 1906 Promotion bei Heinrich Rickert in
Rumpf, Max (13.11. 1 8 7 8 - 1 9 . 1 0 . 1952). Juristund Soziologe. 1904 Promotion zum Dr. jur. in Göttingen, 1905 Assessor im Oldenburgischen Justizdienst, 1906 Habilitation in
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Göttingen; 1908 Privatdozent ebd., 1 9 1 2 - 2 7 Professor für Bürgerliches Recht an der Handelshochschule Mannhelm, 1 9 2 7 - 3 9 o. Professor an der Handelshochschule Nürnberg. Sabatier, Paul (3.8. 1 8 5 8 - 4 . 3 . 1928). Kirchenhistoriker und Publizist. 1885 Vikar in Straßburg, 1889 kurze Zelt Pastor In St. Cierge-ie-Serre (Cevennen), 1 9 0 2 - 1 9 Studien in Italien, 1919 Professor In Straßburg. Unter dem Einfluß von Ernest Renan widmete er sich franziskanischen Studien. Sein Werk „Vie de S. François d'Assisi", 1894, erfuhr 42 Auflagen und wurde In viele Sprachen, 1895 auch Ins Deutsche, übersetzt; in Franz von Assisi sah er den Repräsentanten eines überkonfessionellen Christentums und eines reinen Evangeliums; von katholischer Seite wurde sein Franziskusbuch 1894 Indiziert. Schachner, Robert (19.4. 1 8 7 5 - 8 . 3 . 1912). Nationalökonom. 1900 Promotion in Würzburg, 1903 Habilitation in Heidelberg mit Max Weber als Korreferenten; anschließend mehrjährige Reisen nach Amerika, Vorderasien und Ostasien, besonders Japan und Australien; seit 1908 etatmäßigera.o. Professorder Nationalökonomie in Jena; Arbeiten zur Sozial- und Wirtschaftspolitik in Ost- und Südostasien; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Schäfer, Clara, geb. Bensch (28.12. 1 8 5 0 - 1 . 5 . 1906). Verheiratet m l t - > Karl Schäfer, Mutter von Max Webers Schwager Hermann Schäfer. Schäfer, Dietrich (16.5. 1 8 4 5 - 1 2 . 1 . 1929). Historiker. 1871 Promotion zum Dr. phll. in Göttingen; 1877a.o. Professor, 1883o. ProfessorfürGeschichtein Jena, 1885In Breslau, 1888 In Tübingen, 1896 in Heidelberg, 1 9 0 3 - 2 1 In Berlin; Mitglied des Alldeutschen Verbandes; Im 1. Weltkrieg Vorsitzender des annexionistischen „Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden"; Im September 1917 Mitbegründer der Vaterlandspartei; mit seinen Hauptwerken „Weltgeschichte der Neuzelt" (1907) und „Deutsche Geschichte" (1910) beeinflußte er weithin das nationalpolitische Denken Im Kaiserreich. Schäfer, Hermann (24.9. 1 8 7 1 - 2 0 . 8 . 1914). Architekt. Sohn und Schüler von Karl Schäfer; 1904 Regierungsbaumeister in Neustettln/Pommern, 1907 mit der Wiederherstellung des Doms zu Altenburg bei Köln beauftragt, Regierungsbaurat In Berlin. Seit der gemeinsamen Studienzeit mit—» Karl Weber befreundet, seit 1902 verheiratet mit—> Uli Schäfer, geb. Weber, Schwager von Max Weber. Gefallen als Leutnant der Reserve bei Tannenberg. Schäfer, Karl (18.1. 1 8 4 4 - 5 . 5 . 1908). Architekt. Besuch der Höheren Gewerbeschule und der Akademie in Kassel, 1 8 7 0 - 7 7 Stadt- und Universitätsbaumelster in Marburg; 1878 Habilitation; 1884 Privatdozent, 1885 Professor an der Bauakademie (der späteren Technischen Hochschule) in Berlin-Charlottenburg, 1 8 9 4 - 1 9 0 7 Professor an der TH Karlsruhe. Einflußreicher Vertreter einer historisierenden und restaurierenden Architektur, von seinen Plänen zum Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses konnte er nur den Ausbau des Friedrichsbaus 1 8 9 7 - 1 9 0 0 verwirklichen. Lehrer von - » Karl Weber und —> Hermann Schäfer. Schäfer, Lill, geb. Weber (26.7. 1 8 8 0 - 7 . 4 . 1920). Verheiratet m i t ^ > Hermann Schäfer, jüngste Schwester von Max Weber. Nach dem Tod Ihres Mannes Erzieherin in der 1910 von Paul Geheeb gegründeten Odenwaldschule in Oberhambach an der Bergstraße. Ihre Kinder Clara, Albert, Max und Hermann wurden 1927 von Marianne Weber adoptiert. Schäfer, Otto, Sohn von Karl Schäfer; erwerbsunfähig.
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Schandau, Bertha ( 1 8 6 7 - 1 9 1 8 ) . Dienstmädchen. Stammte aus Pasequick/Ostpreußen und war von 1 8 9 3 - 1 9 1 7 im Dienst bei Max und Marianne Weber. Schenkel, Karl ( 1 1 . 8 . 1 8 4 5 - 2 . 2 . 1 9 0 9 ) . Badischer Ministeriaibeamter und Politiker. 1866 Promotion in Heidelberg; 1871 Sekretär beim Ministerium des Innern u n t e r - » Julius Jolly; 1873 Hilfsarbeiter im Handelsministerium, 1881 im Ministerium des Innern; 1899 Präsident des Verwaltungsgerichtshofs in Baden; 1 9 0 0 - 0 7 Minister des Innern; ab 1907 Präsident der Oberrechnungskammer. Schiele, Friedrich Michael ( 1 1 . 1 1 . 1 8 6 7 - 1 2 . 8 . 1 9 1 3 ) . Evangelischer Theologe und Historiker. 1898 Promotion in Theologie in Jena, 1907 Habilitation in Tübingen; 1910 Pfarrer in Berlin; Mitarbeiter v o n M a r t i n Rade an dessen „Christlicher W e l t " ; Hauptherausgeber des Handwörterbuchs „Die Religion in Geschichte und Gegenwart". Schlüter, Otto (12.11. 1 8 7 2 - 1 2 . 1 0 . 1959). Geograph. 1896 Promotion In Halle, 1903 Habilitation in Berlin, 1910 Umhabilitation in Bonn; 1911 - 3 8 o. Professor in Halle; Arbeiten u.a. zur Geographie der Kulturlandschaft und zur deutschen Landeskunde. Schmid, Alfred (Fredi), seit 1942; Schmid Noerr ( 3 0 . 7 . 1 8 7 7 - 1 2 . 6 . 1 9 6 9 ) . Philosoph und Schriftsteller. 1902 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg, 1905 Habilitation für Philosophie in Heidelberg; 1911 a.o. (Tltular-)Professorin Heidelberg; lebte seit 1917 als Privatgelehrter und freier Schriftsteller in München und in Percha bei Starnberg. Kultur-, geschichts- und religionsphilosophische Werke über die Erneuerung des Mythos als Urform volkstümlicher Dichtung und die Vermittlung von altgermanischer und christlicher Glaubenswelt, Lyrik, Dramen und Erzählungen. Verheiratet in erster Ehe mit—> Clara Schmid; gehörte zum engeren Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber in Heidelberg. Schmid, Clara (Cläre), geb. Rosenberger, nannte sich Schmid-Romberg (26.8. 1 8 8 0 - 1 9 6 0 ) . Schauspielerin. Verheiratet mit Alfred Schmid, gehörte z u m engeren Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber in Heidelberg. Schmidt, Paula, geb. Hausrath (11.3. 1 8 7 2 - 3 0 . 1 2 . 1958). Tochter von Adolf und Henriette Hausrath; seit 1893 verheiratet mit Georg Schmidt (18.3. 1 8 6 0 - 2 . 6 . 1935), Professor für Chirurgie in Heidelberg, Cousine von Max Weber. Schmidt, Richard (19.1. 1 8 6 2 - 3 1 . 3 . 1944). Staatsrechtler. 1884 Promotion in Leipzig, 1887 Habilitation ebd.; 1890 a.o. Professor in Leipzig, 1 8 9 1 - 1 9 1 3 o. Professor in Freiburg, 1 9 0 8 - 1 3 Vertreter der Universität in der 1. Badischen Kammer, 1 9 1 3 - 3 2 o. Professorin Leipzig; Lehrbücher zur allgemeinen Staatslehre und zum Zivilprozeßrecht. Schmöle, Josef ( 8 . 4 . 1 8 6 5 - 2 7 . 1 1 . 1 9 2 2 ) . Nationalökonom. 1889 Promotion z u m Dr. phil. bei - > Johannes Conrad In Halle, 1895 Habilitation für Volkswirtschaftslehre in Greifswald; 1900 a. o. Professor, 1903 etatmäßiger a. o. Professor der Staatswissenschaften in Greifswald, 1904 in Münster, 1907 o. Professor für Nationalökonomie und Sozialpolitik ebd. Gehörte zu Max Webers Bekanntenkreis in den frühen 1890er Jahren in Berlin. Schmoller, Gustav (seit 1908) von (24.6. 1 8 3 8 - 2 7 . 6 . 1917). Nationalökonom. 1861 Promotion zum Dr. oec. pubi, in Staatswissenschaften in Tübingen; 1864 etatmäßiger a.o. Professor für Staatswissenschaften in Halle, 1865 o. Professor ebd., 1872 in Straßburg, 1 8 8 2 - 1 9 1 2 in Berlin; seit 1884 Mitglied des preußischen Staatsrates; seit 1899 Vertreter der Universität Berlin im preußischen Herrenhaus; beeinflußte sowohl als Führer der jüngeren Historischen Schule der Nationalökonomie als auch als Mitbegründer und seit
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1890 als Vorsitzender des „Vereins für Sozialpolitik" die staatliche Sozialpolitik und die Entwicklung der Nationalökonomie in Deutschland. Schmoller, Lucie bzw. Lucia von, geb. Rathgen (30.8. 1 8 5 0 - 3 0 . 9 . 1928). Enkelin Barthold Georg Niebuhrs, Schwester von —> Karl Rathgen; verheiratet mit - » Gustav von Schmoller. Schneemelcher, Wilhelm ( 1 4 . 6 . 1 8 7 2 - 2 0 . 1 0 . 1 9 2 8 ) . Evangelischer Theologe und Sozialpolitiker. 1897 Lic. theol. in Berlin; 1 9 0 2 - 2 2 Generalsekretär des „Evangelisch-Sozialen Kongresses"; 1904 Mitbegründer der Zeitschrift „Evangelisch-Sozial". Schnitger, Eduard (28.10. 1 8 4 5 - 1 7 . 5 . 1903). Mediziner, 1869 Arzt in Oerlinghausen, 1873 in Lemgo, später In Lage. Heiratete 1869 Anna Weber (9.4. 1 8 5 1 - 9 . 3 . 1873), die älteste Tochter von —> Carl David Weber; Vater von - » Marianne Weber, geb. Schnitger, Schwiegervater von Max Weber. Litt unter Depressionen und Verfolgungsvorstellungen, konnte aber seine ärztliche Praxis fortführen. Schnitger, Florentine (Flora) ( 6 . 7 . 1 8 4 0 - 1 9 . 2 . 1 9 0 7 ) . Lehrerin. Vorsteherin der höheren Mädchenschule und Dechantln in Lemgo; Schwester von —»Eduard Schnitger. Marianne Weberwuchs nach dem frühen Tod der Mutter bei Ihrer Großmutter und den unverheirateten Tanten Florentine und —» Marie Schnitger in Lemgo auf. Schnitger, Marie (23.3. 1 8 5 0 - 2 8 . 4 . 1913). Lehrerin. Einige Jahre Lehrerin In London, dann in Lemgo. Schwester von - > Eduard Schnitger. Marianne Weber wuchs nach dem frühen Tod ihrer Mutter bei ihrer Großmutter und den unverheirateten Tanten Marie und —• Florentine Schnitger in Lemgo auf. Schönberg, Gustav (seit 1877) von (21.7. 1 8 3 9 - 3 . 1 . 1908). Staatswissenschaftler und Nationalökonom. 1860 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1867 zum Dr. phil. in Halle bei Gustav von Schmoller; 1867 Professor an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Proskau, 1 8 6 8 - 7 0 0. Professorder Nationalökonomie und Statistik in Basel, 1 8 7 0 - 7 2 in Freiburg, 1 8 7 2 - 1 9 0 8 In Tübingen. Herausgeber des „ Handbuchs der politischen Ökonomie", dem Vorläufer des von Weber initiierten „Grundriß der Sozialökonomik". Schreiber-Krieger, Adele ( 2 9 . 4 . 1 8 7 2 - 1 8 . 2 . 1 9 5 7 ) . Schriftstellerin und Frauenrechtlerin. 1904 Mitbegründerin und Vizepräsidentin des „Weltbundes für Frauenstimmrecht und Staatsbürgerliche Mitarbeit", 1910 Gründung der „Deutschen Gesellschaft für Mütterund Kindschutz"; 1 9 2 0 - 2 4 und 1 9 2 8 - 3 2 MdR für die SPD, 1933 Emigration in die Schweiz, ab 1939 in England; Aufklärungsarbeit in englischen Lagern für deutsche Kriegsgefangene. Schücking, Lothar ( 3 0 . 4 . 1 8 7 3 - 2 . 2 . 1 9 4 3 ) . Jurist und Kommunalpolitiker. 1901 Promotion zum Dr. jur. in Berlin; 1902 Magistratsassessor und rechtskundiger Senatorin Osnabrück, 1 9 0 3 - 0 8 Bürgermeister von Husum. Danach Rechtsanwalt und Notar in Dortmund, Vorsitzender der Deutschen Friedensgeseilschaft, Ortsgruppe Dortmund. Bruder von Walther Schücking. Schücking, Walther ( 6 . 1 . 1 8 7 5 - 2 6 . 8 . 1 9 3 5 ) . Staats- und Völkerrechtler. 1897 Promotion in Jura in Göttingen, 1899 Habilitation ebd.; 1900 etatmäßiger a.o. Professor in Breslau, 1902 a.o. Professor, 1 9 0 3 - 2 0 o. Professor für öffentliches Recht in Marburg, 1 9 2 0 - 2 6 an der Handelshochschule in Berlin, 1 9 2 6 - 3 3 in Kiel; 1919/20 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung und 1919 der deutschen Friedensdelegation in Versailles;
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1920-28 MdR für die DDP; Delegierter Deutschlands zur Haager Konferenz für die Kodifikation des Völkerrechts; 1933 Emigration in die Niederlande. Bruder von - » Lothar Schücking. Schulze-Gaevernitz, Gerhart (seit 1888) von (25.7.1864-10.7.1943). Nationalökonom. 1890 Habilitation in Leipzig; 1893 etatmäßiger a.o. Professor, 1896-1923 o. Professor in Freiburg, legte 1923 die ordentliche Professur nieder; Honorarprofessor, Gastdozent in Amerika (1924); Rußlandreisen. 1912-18 MdR für die Fortschrittliche Volkspartei, 1919-20 Mitglied der Nationalversammlung und 1922 MdR für die DDP. Arbeiten zur Sozialreform, Kreditwirtschaft und Weltwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung Englands, Rußlands und der USA sowie Studien zur Kulturgeschichte und zum Verhältnis von Kant und Marx; im „Verein für Sozialpolitik" gehörte er zum sozlalreformerischen Flügel Im Anschluß an —» Lujo Brentano. Seit den gemeinsamen Jahren an der Universität Freiburg bestand eine freundschaftlich-kollegiale Beziehung zu Max Weber; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Schulze-Gaevernitz, Johanna von, geb. Hirsch (28.5.1876-28.9.1937). Verheiratet mit - » Gerhart von Schulze-Gaevernitz. Schumacher, Hermann (6.3. 1868-3.10. 1952). Nationalökonom und Staatswissenschaftler. 1891 Promotion zum Dr. jur. in Jena; 1896-1901 Hilfsarbeiter im Preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Studienreisen nach Ostasien und Amerika; 1899 etatmäßiger a.o. Professor der Staatswissenschaften in Kiel, 1900 in Köln und Bonn, 1901 erster Studiendirektor der Handelshochschule in Köln und gleichzeitig a.o. Professor in Bonn, 1904-17 o. Professor ebd., 1906/07 Inhaber der Kaiser Wilhelm Professuran der Columbia University in New York, 1917-35 Professor in Berlin; Veröffentlichungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der USA und Ostasiens. Gehörte zum Bekanntenkreis Max Webers seit den frühen 1890er Jahren In Berlin; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Schwarz, Hermann (22.12. 1864-20.12. 1951). Philosoph. 1888 Promotion In Halle, 1894 Habilitation ebd.; 1908 a.o. Professor in Marburg, 1910-33 o. Professor in Greifswald; Arbelten zur Erkenntnistheorie und zuraxlologlschen Metaphysik. Seebohm, Frederic (23.11.1833-6.2.1912). Britischer Historiker. Arbeitete über soziale und religiöse Probleme in der modernen Gesellschaft; seine grundlegenden Hauptwerke beschäftigten sich mit der englischen Dorfgemeinschaft. Siebeck, Oskar (29.7. 1880-24.2. 1936). Verleger. Studierte Nationalökonomie, 1904 Promotion bei Karl Bücher In Leipzig; 1906 Eintritt in den väterlichen Verlag, seit 1920 verantwortlicher Leiter und Inhaber der Firmen J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) und H. Laupp'sche Buchhandlung. Nach dem Tode seines Vaters-» Paul Slebeck betreute er die Veröffentlichungen Max Webers und die von Marianne Weber herausgegebenen Sammelbände sowie deren Buch „ Max Weber. Ein Lebensbild", 1926. Siebeck, Paul (7.3.1855-20.11.1920). Verleger. Erwarb 1878 den In Heidelberg ansässigen Verlag J. C. B. Mohr und gründete in Freiburg die neue Firma J. C. B. Mohr (Paul Slebeck), 1899 Übersiedlung nach Tübingen und Vereinigung mit der dortigen Laupp' sehen Buchhandlung; schuf einen führenden Wissenschaftsverlag für evangelische Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin, Philosophie, Staats- und Sozialwissenschaften. Bekanntschaft mit Max Weber 1894 in Freiburg und seither Entwicklung einer freund-
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schaftlichen Beziehung; verlegte 1895 Webers Antrittsvorlesung „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik" und seit 1904 das von —> Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffe herausgegebene Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik sowie das Buch von Marianne Weber, „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung", 1907; Weber beriet Ihn In Verlagsprojekten, insbesondere bei der Herausgabe des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart", 5 Bände, 1 9 0 9 - 1 9 1 3 , und beider Planung einer Neuausgabe des von - » Gustav von Schönberg herausgegebenen „ Handbuchs der politischen Ökonomie", daraus entstand zum Jahresende 1908 der Plan für den „Grundriß der Sozialökonomik"; den Max Weber gestaltete und herausgeberisch betreute und der ab 1914 In Lieferungen erschien. Sieveking, Heinrich (20.8. 1 8 7 1 - 2 5 . 1 2 . 1945). Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig, 1895 zum Dr. phll. ebd., 1897 Habilitation bei Max Weber In Freiburg; 1897 Privatdozent In Freiburg, 1900 a.o. (Tltular-)Professor ebd., 1902 etatmäßiger a.o. Professor In Marburg, 1907 o. Professor In Zürich und 1 9 2 2 - 3 6 in Hamburg. Freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber. Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Sieveking, Rosa, geb. Benda (16.11. 1 8 8 0 - 2 0 . 1 2 . 1963). Verheiratet mit Sieveking.
Heinrich
Simmel, Georg (1.3. 1 8 5 8 - 2 6 . 9 . 1918). Philosoph und Soziologe. 1881 Promotion In Berlin, 1885 Habilitation, 1901 a. o. Professor in Berlin, 1914 o. Professor In Straßburg. Mit seinen Schriften zur Soziologie seit 1890 gehörte Simmel zu den Begründern der Soziologie In Deutschland. Er stand in freundschaftlicher Beziehung zu Max Weber, der sich 1907/08 für seine Berufung nach Heidelberg einsetzte und mit ihm 1910 zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Soziologie gehörte; auch zu Marianne Weber bestanden freundschaftliche Beziehungen, Ihr widmete er sein Buch „Goethe", 1913, und focht mit ihr eine literarische Kontroverse über Frauenfragen aus. Simmel, Gertrud, geb. Kinel (7.3. 1 8 6 4 - 2 0 . 7 . 1938). Schriftstellerin. Ausbildung als Malerin in Berlin; verfaßte unter dem Pseudonym Marie Luise Enckendorff philosophische Betrachtungen, 1906 „Vom Sein und Haben der Seele", 1910 „Realität und Gesetzlichkeit Im Geschlechtsleben", womit sie zur zeitgenössischen Debatte um die Neubestimmung des Wesens der Frau beitrug, 1919 „Über das Religiöse", 1927 „Kindschaft zur Welt". Heiratete 1890 - » Georg Simmel und zog mit diesem 1914 nach Straßburg. Nach Ihrer Ausweisung 1918 wohnte sie kurze Zeit bei Marianne und Max Weber in Heidelberg und lebte dann an den Wohnorten Ihres Sohnes In Jena, Gera und Stuttgart. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber und war mit letzterer befreundet. Simmenroth, gen.
Walter ( 1 8 . 1 . 1 8 8 5 - n a c h 1924). Nationalökonom. 1909 Promotion in Erlan-
Simon, Helene (16.9. 1 8 6 3 - 8 . 1 2 . 1947). Sozialpolitikerin. 1 8 9 5 - 1 9 0 0 Studium der Volkswirtschaft in London und Berlin; Mitgliedschaft in verschiedenen sozialen Organisationen, u.a. 1911 Ausschußmitglled In der „Gesellschaft für soziale Reform", 1919 Mitglied der SPD, Mitglied des „Vereins für Sozialpolitik"; 1922 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Nationalökonomie von der Universität Heldelberg; 1939 Emigration nach England; maßgebliche Mitarbeit am Aufbau der Arbeiterwohlfahrt; Arbeiten zur Frauenfrage und zur Sozialreform. Simson, August von ( 1 7 . 9 . 1 8 3 7 - 3 . 1 . 1 9 2 7 ) . Rechtsanwalt und Notar, Justizrat. In seiner Kanzlei In Berlin arbeitete Max Weber während der Referendarzelt.
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Sinzheimer, Ludwig ( 2 0 . 4 . 1 8 6 8 - 2 7 . 2 . 1 9 2 2 ) . Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. oec. publ. in München; Extraordinarius der Nationalökonomie und Finanzpolitik in München; Mitglied des „Vereins für Sozialpolitik". Söderberg, Gunnar (27.7. 1 8 8 1 - ? ) . Schwedischer Nationalökonom. 1906 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Stieda in Leipzig. Sohm, Rudolf (29.10. 1 8 4 1 - 1 6 . 5 . 1917). Kirchenrechtler. 1864 Promotion in Rostock, 1866 Habilitation in Göttingen; 1870 a.o. Professor in Göttingen, 1870 o. Professor in Freiburg, 1872 in Straßburg, 1887 in Leipzig; wirkte 1896 als Mitarbeiter-» Friedrich Naumanns bei der Gründung des „Nationalsozialen Vereins" mit; Arbeiten zum Kirchenrecht und zur Kirchenverfassung. Sombart, Werner (19.1. 1 8 6 3 - 1 8 . 5 . 1941). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei Gustav von Schmoller In Berlin, 1888 Syndikus der Handelskammer in Bremen; 1 8 9 0 - 1 9 0 6 etatmäßiger a.o. Professorin Breslau, 1906 Professor an der Handelshochschule Berlin, 1 9 1 7 - 3 1 als Nachfolger von Adolph Wagnero. Professor an der Universität Berlin; ab 1892 im Ausschuß des „Vereins für Sozialpolitik", 1930 stellvertretender und 1932 Erster Vorsitzender des Vereins; 1909 Mitbegründer der „Deutschen Gesellschaft für Soziologie"; 1 9 0 3 - 2 0 Mitherausgeber des AfSSp, das er nach Max Webers Tod verließ, da ihm die Zeitschrift in der Nachkriegszeit zu iinkslastig geworden war; Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte, insbesondere zur Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus auf systematisch-empirischer Grundlage, und über die sozialen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. Seit den späten 1880er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber; In der Kriegs- und Nachkriegszeit zunehmende Distanz; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Spiethoff, Arthur ( 1 3 . 5 . 1 8 7 3 - 4 . 4 . 1 9 5 7 ) . Nationalökonom. 1905 Promotion zum Dr. phil. in Berlin bei Gustav von Schmoller, 1907 Habilitation ebd.; 1907/08 Privatdozentin Berlin, 1 9 0 8 - 1 8 als Nachfolger von Alfred Weber o. Professor der politischen Ökonomie an der Deutschen Universität Prag, 1 9 1 8 - 3 9 in Bonn; führender deutscher Konjunkturtheoretiker seiner Zeit. Ssoiowjew, W. S.; Tl.: Solov'ev, Vladimir Sergeeviö ( 2 8 . 1 . 1 8 5 3 - 1 3 . 8 . 1 9 0 0 ) . Russischer Philosoph, Publizist und Dichter. 1877 Dozent für Philosophie an der Universität Moskau, 1881 nach öffentlichem Eintreten für eine Begnadigung der Mörder Alexanders II. vom akademischen Lehramt suspendiert; trat für eine Überwindung der christlichen Kirchenspaltung ein; in seinen Werken strebte er nach einer Synthese des Glaubens des christlichen Ostens mit der Philosophie des deutschen Idealismus. Stammler, Rudolf ( 1 9 . 2 . 1 8 5 6 - 2 5 . 4 . 1 9 3 8 ) . Rechtsphilosoph. 1877 Promotion in Gießen, 1879 Habilitation in Leipzig; 1882a.o. Professorin Marburg, 1884o. Professorin Gießen, 1 8 8 5 - 1 9 1 6 in Halle, 1 9 1 6 - 2 1 in Berlin; Mitherausgeber der „Zeitschrift für Rechtsphilosophie"; Vertreter des Neukantianismus In der Rechtsphilosophie; seine Auffassung, daß sich soziale Beziehungen einzig und allein durch juristische Normen konstituieren, veranlaßte Weber 1907 zu einer Kritik im AfSSp. Staudinger, Franz (15.2. 1 8 4 9 - 2 0 . 1 1 . 1921). Sozialwissenschaftler. 1871 Promotion In Evangelischer Theologie, 1875 Staatsexamen in Philologie; seit 1876 Gymnasialprofessor in Worms und Darmstadt; Neukantianer; arbeitete über die Ethik und ihre Forderungen an Individuum und Gemeinschaft; suchte, eine ihm ideal erscheinende Symbiose von Marx-
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scher und Kantscher Lehre herzustellen, grundlegende Beiträge z u m Genossenschaftsgedanken. Stein, Elisabeth ( 1 8 5 7 - 1 8 . 1 0 . 1928). Geschäftsführerin der Vereinigung Wohlfahrtsbestrebungen Charlottenburg; Vorstandsmitglied des 1916 gegründeten Deutschen Verbandes der Sozialbeamtinnen. Befreundet mit Helene Weber. Steppuhn, F.; Tl.: Stepun, Fedor (19.2. 1 8 8 4 - 2 3 . 2 . 1965). Russischer Kulturhistoriker und Soziologe. Studium In Heldelberg, 1910 Promotion ebd.; 1 9 2 6 - 3 7 Professor für Soziologie an d e r T H Dresden, 1947 Honorar-Professor für russische Geistesgeschichte in München; Herausgeber der russischen Ausgabe der Zeitschrift „ L o g o s " . Stieda, Wilhelm ( 1 . 4 . 1 8 5 2 - 2 1 . 1 0 . 1 9 3 3 ) . Nationalökonom und Historiker. 1875 Promotion z u m Dr. sc. pol. In Tübingen, 1876 Habilitation in Straßburg; 1878a.o. Professor, 1879 o. Professor für Statistik und Volkswirtschaftslehre in Dorpat, 1 8 8 4 - 9 8 in Rostock, 1 8 9 8 - 1 9 2 2 in Leipzig; 1875/76 im Preußischen Statistischen Bureau in Berlin; 1 8 8 2 - 8 4 Regierungsrat des Statistischen Amtes des Deutschen Reiches in Berlin; hauptsächlich Arbeiten zur mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte. Stöcker, Helene (13.11. 1 8 6 9 - 2 4 . 2 . 1943). Publizistin, Frauenrechtlerin und Pazifistin. 1904 Promotion zum Dr. phil. In Berlin; 1905 Mitbegründerin des „ B u n d e s für Mutterschutz und Sexualreform"; ab 1903 Herausgebern der „Frauen-Rundschau", von 1 9 0 5 - 3 2 der Zeitschrift „Die neue Generation"; 1933 Emigration in die Schweiz, 1940 nach Schweden, 1941 in die USA; setzte sich in zahllosen Schriften für Frauenrecht, Sexualreform, Schutz der außerehelichen Mutterschaft und für einen radikalen Pazifismus ein. Stritt, Marie, geb. Bacon ( 1 8 . 2 . 1 8 5 5 - 1 6 . 9 . 1 9 2 8 ) . Liberale Repräsentantin der Frauenbewegung. Gründete 1894 den 1. Rechtsschutzverein für Frauen in Dresden; seit 1896 im Vorstand des Bundes deutscher Frauenvereine, 1 8 9 9 - 1 9 1 0 Vorsitzende; 1904 Präsidentin des Internationalen Frauenkongresses in Berlin; leitete auch den deutschen Reichsverband für Frauenstimmrecht, 1 9 1 9 - 2 2 Stadträtin der DDP in Dresden. Trat für die rechtliche, wirtschaftliche und politische Gleichberechtigung der Frauen ein und wurde 1910 durch die Vertreterinnen der christlichen und nationalen Frauenverbände abgewählt. Verheiratet mit dem Opernsänger Albert Stritt. Struwe, P. B.; Tl.: Struve, Petr B. (7.2. 1 8 7 0 - 2 6 . 2 . 1944). Russischer Ö k o n o m und Politiker. 1903 Gründungsmitglied des „ Bundes der Befreiung"; 1905 Mitglied der Konstitutionellen Demokratischen Partei; 1920 Minister in der Regierung Wrangel. Stutz, Ulrich (5.5. 1 8 6 8 - 6 . 7 . 1938). Rechtshistoriker. 1892 Promotion In Berlin, 1894 Habilitation für Deutsches Recht und Kirchenrecht in Basel; 1895 a.o. Professor an der Universität Basel, 1896 o. Professor In Freiburg, 1904 Direktor des Kirchenrechtlichen Seminars in Bonn und 1 9 1 6 - 3 6 in Berlin; 1 8 9 8 - 1 9 3 8 Mitherausgeber der Zeltschrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte; grundlegende Arbeiten zum mittelalterlichen Kirchenrecht und zur Wechselbeziehung von deutschem und kirchlichem Recht in Mittelalter und Neuzelt. Kollege von Max Weber an der Frelburger Universität. Tasca, Mastrogiovanni (7.1. 1 8 7 4 - 1 9 4 2 ) . Italienischer Kommunalpolitiker. Mitglied der Sozialistischen Partei; Bürgermeister von Palermo.
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Teschemacher, Hans ( 6 . 1 . 1 8 8 4 - 2 2 . 7 . 1 9 5 9 ) . Finanzwissenschaftler. Nach d e m juristischen Studium in Berlin und Marburg (1906/07) 1907 Promotion bei Georg Jellinek in Heidelberg, 1916 Habilitation für Finanzwissenschaft bei Johann Plenge In Münster, 1922 etatmäßiger a. o. Professor ebd., 1923 o. Professor in Königsberg, ab 1929 in Tübingen. Ab 1932 als Nachfolger von Georg von Schanz Herausgeber des „ Finanzarchivs". Tetzel, Johann (um 1 4 6 5 - 4 . 7 . 1519). Dominikanerpater und Ablaßprediger. Seit 1516 S u b k o m m l s s a r d e s Erzbischofs von Mainz für den Ablaß. Seine Tätigkeit gab den äußeren Anlaß für Luthers Protest gegen die Sündenvergebung durch Geldzahlungen. Timirjasjew, W. I.; Tl.: Timirjazev, Vasilij Ivanoviö ( 3 1 . 3 . 1 8 4 9 - 1 9 1 9 ) . Russischer Politiker. Ab 1873 im Finanzministerium tätig, 1 9 0 2 - 0 5 stellvertretender Finanzminister in Rußland, 1905/06 und 1909 Minister für Handel und Industrie, seit 1906 Mitglied des Staatsrates; nach seinem Rücktritt in der Wirtschaft tätig. Tischendörfer, Christian (19.4. 1 8 5 7 - 1 . 9 . 1928). Lithograph und Sozialpolitiker. 1896 Mitbegründer des Nationalsozialen Vereins und in diesem Mitarbeiter von —» Friedrich Naumann; Kandidat der Nationalsozialen in den Reichstagswahlen von 1898 und 1903. Tolstoi, Leo; Tl.: Tolstoj, Lev Nikolaeviö Graf (9.9. 1 8 2 8 - 2 0 . 1 1 . 1910). Russischer Schriftsteller. Lebte zumeist auf dem väterlichen Gut Jasnaja Poljana im Gouvernement Tula. In seinen Romanen und Erzählungen entwickelte er eine radikale Ethik friedlicher Nächstenliebe unter Abwertung der bestehenden Kultur- und Sozialordnung, die Max Weber für den Idealtyp der weltflüchtigen, reinen Gesinnungsethik als Beispiel diente. Tönnies, Ferdinand ( 2 6 . 7 . 1 8 5 5 - 9 . 4 . 1 9 3 6 ) . Philosoph, Soziologe und Nationalökonom. 1877 Promotion in Tübingen, Reisen nach England zum Studium des Philosophen Thomas Hobbes, 1881 Habilitation bei Benno Erdmann in Kiel; 1909 etatmäßiger a.o. Professor, 1910 o. Honorar-Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften, 1 9 1 3 - 3 3 o. Professor an der Universität Kiel, ab 1921 Lehrauftrag für Soziologie In Kiel; 1 9 0 9 - 3 3 erster Präsident der von ihm u.a. mit Max Weber, —> Werner Sombart und —» Georg Simmel gegründeten „Deutschen Gesellschaft für Soziologie". Kollegiale Beziehungen zu Max Weber, die nur zeltweise 1913 durch Webers Konflikt mit Tönnies' Freund - » Bernhard Harms getrübt wurden. Treitschke, Heinrich von ( 1 5 . 9 . 1 8 3 4 - 2 8 . 4 . 1 8 9 6 ) . Historiker und Politiker. 1854 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Roscher in Leipzig, 1858 Habilitation für Staatswissenschaften ebd.; 1863 Professor in Freiburg, 1866 In Kiel, 1867 in Heidelberg, seit 1874 als Nachfolger Leopold von Rankes in Berlin; 1871 - 8 4 MdR, zunächst für die Nationalliberalen, später parteilos; setzte sich für die deutsche Einheit unter preußischer Führung ein; führender Vertreter der Idee des deutschen Machtstaates; 1886 Historiograph des preußischen Staates; 1 8 6 6 - 8 9 Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher"; gehörte zum Bekanntenkreis von Max W e b e r s e n . Triepei, Heinrich ( 1 2 . 2 . 1 8 6 8 - 2 3 . 1 1 . 1 9 4 6 ) . Staats- und Völkerrechtler. 1890 Promotion in Leipzig, 1893 Habilitation ebd.; 1899 a.o. Professor an der Universität Leipzig, 1 9 0 0 o . Professor für öffentliches Recht In Tübingen, 1908 in Kiel und 1 9 1 3 - 3 6 in Berlin. Troelstra, Pieter (Jelles) ( 2 0 . 4 . 1 8 6 0 - 1 2 . 5 . 1930). Niederländischer Politiker und Publizist. 1888 juristische Promotion In Groningen; danach Rechtsanwalt; 1890 Mitglied des „Sodaal-Demokratische B o n d " ; nach Auseinandersetzungen mit Domela Nieuwenhuis 1894 Mitbegründer der revisionistischen „Sociaal-Demokratische Arbelderspartij"; von
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1 8 9 7 - 1 9 0 1 und 1 9 0 2 - 2 5 Mitglied der Zweiten Kammer; führender niederländischer sozialistischer Politiker seiner Zeit; unter dem Namen Pieter Jelles auch als friesischer Dichter bekannt geworden. Troeltsch, Ernst (17.2. 1 8 6 5 - 1 . 2 . 1923). Evangelischer Theologe, Politiker, Philosoph und Historiker. 1891 Promotion in Theologie in Göttingen, 1891 Habilitation ebd.; 1892 a.o. Professor für Systematische Theologie an der Universität Bonn, 1894o. Professorin Heldelberg, 1 9 1 5 - 2 3 in Berlin; 1918 Mitbegründer der DDP, 1 9 1 9 - 2 2 Unterstaatssekretär, 1922 Staatssekretär im preußischen Kultusministerium. Enge Zusammenarbeit mit Max Weber in religionssoziologischen Fragen der Kulturbedeutung des Christentums und der protestantischen Sekten; Mitglied des religionswissenschaftlichen „Eranos"-Kreises in Heidelberg; wohnte von 1 9 1 0 - 1 9 1 5 im gleichen Haus wie Max Weber; freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber. Troeltsch, Marta (Mokka), geb. Fick (24.4. 1 8 7 4 - 1 7 . 1 1 . 1947). Heiratete 1901 Ernst Troeltsch, lebte von 1 9 1 0 - 1 9 1 5 im gleichen Haus wie Max und Marlanne Weber in Heidelberg, Ziegelhäuser Landstraße 17. Troeltsch, Walter ( 6 . 7 . 1 8 6 6 - 2 3 . 2 . 1 9 3 3 ) . Nationalökonom. 1890 Promotion zum Dr. sc. pol. in Staatswissenschaften In Tübingen, 1891 Habilitation ebd.; 1897 a.o. Professor ebd., 1899 o. Professor für Volkswirtschaftslehre an der TH Karlsruhe, 1 9 0 2 - 3 3 In Marburg; Mitglied der DDP. Tschuprow, A. A.; Tl.: Cuprov, Aleksandr Aleksandrovic (18.2. 1 8 7 4 - 1 9 . 4 . 1926). Statistiker und Nationalökonom. Agrarexperte; S c h ü l e r - » Georg Friedrich Knapps; 1 9 0 2 - 1 7 Professorin St. Petersburg, 1920 in Stockholm und 1 9 2 0 - 2 5 in Dresden. Vinogradoff, Sir Paul Gavrilowitsch (30.11. 1 8 5 4 - 1 9 . 1 2 . 1925). Russisch-englischer Historiker und Jurist. Studierte In den 1870er Jahren bei - » Theodor Mommsen und —* Heinrich Brunner in Berlin; Reisen nach Deutschland, Italien und insbesondere England; 1884 a.o. Professor, 1887 o. Professor für Geschichte in Moskau, 1 9 0 3 - 2 5 in Oxford; Arbeiten zur mittelalterlichen Sozial- und Verfassungsgeschichte. Voelcker, Friedrich (22.6. 1 8 7 2 - 1 9 . 3 . 1955). Mediziner. Schüler und Assistent des Chirurgen Vincenz Czerny, 1895 Promotion In München, 1902 Habilitation in Heidelberg; 1 9 0 6 - 1 9 a.o. Professor und Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg, 1 9 1 9 - 3 7 o. Professor für Chirurgie in Halle; verheiratet mit Uli Voelcker, geb. Stengel. Vorländer, Karl (2.1. 1 8 6 0 - 6 . 1 2 . 1928). Philosoph. 1887 Oberlehrerin Sollngen, 1893 Promotion in Marburg; 1919 o. Professor an der Universität Münster; erstrebte eine Vereinigung von Neukantianismus und Soziallsmus; Arbelten zur Geschichte der Philosophie sowie über Immanuel Kant. Vossler, Karl (6.9. 1 8 7 2 - 1 8 . 5 . 1949). Romanist. 1897 Promotion In Heidelberg, 1899 Habilitation, 1902 a.o. (Tltular-)Professor In Heidelberg, 1909 o. Professor in Würzburg, 1 9 1 1 - 3 8 und 1 9 4 5 - 4 7 o. Professor In München. Verheiratet mit Esther Vossler, geb. Gnoli. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg. Wachsmuth, Karl August Alexander ( 2 5 . 8 . 1 8 5 9 - 18.2.1930). Apotheker. Verheiratet mit Emilie Wachsmuth, geb. Helm ( 1 8 7 1 - 1 9 3 6 ) , m i t C a r l Weberin Oerlinghausen befreundet.
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Wagner, Adolph (25.3. 1 8 3 5 - 8 . 1 1 . 1917). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1857 Promotion in Göttingen; 1858 Professor für Nationalökonomie in Wien, 1864 o. Professor für Statistik in Dorpat, 1868 In Freiburg, 1870 in Berlin; führender deutscher Nationalökonom neben —* Gustav von Schmoller; gründete zusammen mit Adolf Stöcker 1878 die „Christlich-soziale Arbeiterpartei"; 1 8 8 2 - 8 5 MdprAH für die Konservative Partei, seit 1910 Mitglied des Herrenhauses; Mitbegründer und L e i f e r d e s EvangelischSozialen Kongresses. Wagner, Friedrich (Fritz) ( 9 . 1 . 1 8 6 7 - 1 9 4 3 ) . Katholischer Theologe. Nach Konversion und Priesterweihe 1911 Habilitation, 1 9 1 6 - 3 1 o. Professor für Moraltheologie In Breslau. Sohn des Nationalökonomen Adolph Wagner, Schulfreund von - > Alfred Weber, auch mit Karl Weber befreundet, Verehrer von Uli Weber. Waldberg, Max Freiherr von (1.1. 1 8 5 8 - 6 . 1 1 . 1938). Germanist. 1881 Promotion in Czernowltz; 1884 Habilitation und 1888 a.o. Professor ebd.; 1889 a.o. Professor in Heidelberg, 1908 o. Honorarprofessor in Heidelberg, 1935 Lehrbefugnis aus rassischen Gründen entzogen. Arbelten zur Geschichte der Lyrik und des Romans. Warburg, A b y (13.6. 1 8 6 6 - 2 6 . 1 0 . 1 9 2 9 ) . Kunsthistoriker. 1892 Promotion in Straßburg, Studienreisen nach Italien und Nordamerika; erster Ordinarius für Kunstgeschichte an der neugegründeten Universität Hamburg; Gründer der kulturwissenschaftlichen Bibliothek in Hamburg; berühmt geworden durch die A n w e n d u n g der ikonographischen Methode In der Kunstgeschichte. Weber, Adolf ( 2 9 . 1 2 . 1 8 7 6 - 5 . 1 . 1 9 6 3 ) . Nationalökonom. 1900 Promotion zum Dr. jur. in Freiburg, 1902 z u m Dr. phil. In Bonn, 1903 Habilitation ebd.; 1903 Privatdozent an der Universität Bonn und an der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf, 1908 Professor an der Handelshochschule Köln, 1914 in Breslau, 1919 in Frankfurt a. M. und von 1921 - 4 8 in München; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Weber, Alfred ( 3 0 . 7 . 1 8 6 8 - 2 . 5 . 1 9 5 8 ) . Nationalökonom, Soziologe. 1897 Promotion z u m Dr. phil. bei Gustav Schmoller und 2. Juristisches Staatsexamen in Berlin, 1899 Habilitation für Nationalökonomie ebd.; 1904 o. Professor in Prag, 1 9 0 8 - 3 3 und 1 9 4 5 - 5 5 o. Professor für Nationalökonomie, seit 1926 auch für Soziologie. 1 9 1 4 - 1 6 Kriegsdienst als Reserveoffizier; 1 9 1 6 - 1 8 dienstverpflichteter Mitarbeiter im Reichsschatzamt in Berlin, 1918 Mitarbeiter im Bureau für Ostpolitk, Gründungsmitglied und von November bis Dezember 1918 Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der DDP, 1945 Eintritt In die SPD. Arbeiten zur Hausindustrie, Standorttheorie, Kultursoziologie und Geschichtsphilosophie, politische Aufsätze. Leitung der Untersuchung des Vereins für Sozialpolitik über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft in der geschlossenen Großindustrie. Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Seit 1909 lebenslange Freundschaft mit —• Else Jaffe; Bruder Max Webers. Weber, Arthur ( 1 . 2 . 1 8 7 7 - 1 9 . 2 . 1 9 5 2 ) . Offizier. 1898 Leutnant, 1913 Hauptmann bei den Garde-Pionieren In Berlin, 1943 als Oberstleutnant pensioniert. 1903 Eheschließung mit Valborg Weber, geb. Jahn, Scheidung 1924; zweite Ehe mit Helene Weinstein; jüngster Bruder von Max Weber. Weber, Carl (Carlo) ( 1 5 . 1 0 . 1 8 5 8 - 2 4 . 4 . 1 9 2 3 ) . Fabrikant. Leitete mit seinem S c h w a g e r - » Bruno Müller die väterliche Leinenweberei in Oerlinghausen. Verheiratet mit Emilie Weber, geb. Brassert; Sohn von —» Carl David Weber, Vetter von Max Weber, Onkel von Marianne Weber.
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Weber, Carl David (17.4. 1 8 2 4 - 2 1 . 7 . 1907). Fabrikant. Gründer der Leinenfabrik in Oerlinghausen. Bruder von Max Weber sen., Großvater von Marianne und Onkel von Max Weber. Weber, Emilie (Emily), geb. Brassert (18.8. 1 8 6 0 - 1 . 3 . 1949). Verheiratet m i t - » Carl Weber. Weber, Helene, geb. Fallenstein ( 1 5 . 4 . 1 8 4 4 - 1 4 . 1 0 . 1 9 1 9 ) . Tochter von Friedrich Georg Fallenstein und Emilie Fallenstein, geb. Souchay, heiratete 1863 Maximilian (Max) Weber, Mutter von Max Weber. Zeitlebens starkes religiöses und soziales Engagement; gründete den Charlottenburger Hauspflegeverein, tätig in der Charlottenburger Wohlfahrtszentrale; 1904 als erste Frau in Preußen Mitarbeiterin der Charlottenburger Stadtverwaltung für das Armenwesen. Weber, Karl (3.10. 1 8 7 0 - 2 2 . 8 . 1915). Architekt. Regierungsbaumeister in der Kirchenbauabteilung des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, Schüler von —» Karl Schäfer; 1907 etatmäßiger Professor an derTH Danzig, 1913 an d e r T H Hannover. Vertrat eine an deutsche Bautraditionen anknüpfende Architektur und widmete sich der Wiederherstellung verschiedener Landkirchen, insbesondere 1904 der Schloßkirche von Dobrilugk in der Lausitz (Frühbarock, zweite Hälfte des 17. Jh.) und der Klosterkirche in Oliva bei Danzig, baute das Kurhaus in Zoppot. Gefallen als Hauptmann der Reserve bei BrestLitowsk; verlobt mit Martha Riegel; Bruder von Max Weber. Weber, Marianne, geb. S c h n i t g e r ( 2 . 8 . 1 8 7 0 - 1 2 . 3 . 1 9 5 4 ) . Repräsentantin der Frauenbewegung, Schriftstellerin. Tochter von - » Eduard Schnitger und Enkelin von —» Carl David Weber. 1893 Heirat mit Max Weber; 1 8 9 4 - 9 7 Studien bei - » Heinrich Rickert in Freiburg; nach 1897 in Heidelberg Gasthörerin bei - » Wilhelm Windelband, —» Emil Lask und Karl Jaspers. 1897 Gründung und Leitung der Heidelberger Abteilung des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium, Vorstandsmitglied, und 1 9 1 9 - 2 1 Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine; 1919 Mitglied der verfassunggebenden Badischen Nationalversammlung für die DDP. Nach dem Tode Max Webers 1920 in München Rückkehr nach Heidelberg und Herausgabe der nachgelassenen Manuskripte zu „Wirtschaft und Gesellschaft" sowie der Aufsätze Max Webers in mehreren Sammelbänden; 1926 Veröffentlichung von „Max Weber. Ein Lebensbild". Für ihr Buch „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung", 1907, erhielt sie 1924 den Grad eines Ehrendoktors der Universität Heidelberg. Sie veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Bücher zur Frauenfrage und zur Neubestimmung weiblicher Leitbilder. Weber, Ottilie (31.5. 1 8 3 6 - 2 0 . 1 0 . 1 9 1 2 ) . Zwillingsschwester von Maximilian (Max) Weber, lebte unverheiratet in Oerlinghausen; Tante von Max Weber. Weber, Valborg, geb. Jahn (19.11. 1 8 7 8 - 2 9 . 4 . 1959). Tochter von - » Kristian Fredrik Jahn aus Trondheim/Norwegen; heiratete 1903 —» Arthur Weber; Schwägerin von Max Weber. Weekley, Ernest (27.4. 1 8 6 5 - 7 . 5 . 1954). Philologe. 1898 Professor für Romanistik am University College in Nottingham. 1 8 9 9 - 1 9 1 4 verheiratet mit—» Frieda Weekley, geb. von Richthofen. Weekley, Frieda, geb. von Richthofen ( 1 1 . 8 . 1 8 7 9 - 1 1 . 8 . 1 9 5 6 ) . Jüngere Schwester von - » Else Jaffe, geb. von Richthofen, heiratete 1899 —> Ernest Weekley und lebte danach in Nottingham; 1907 Begegnung m i t - » Otto Gross in München; 1912 Beziehung zu David
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Herbert Lawrence, Trennung von Ernest Weekley, 1914 Heirat mit D. H. Lawrence. Nach dessen Tod 1930 lebte sie in Taos/New Mexico, heiratete 1950 Angelo Ravagli, der sie nach Taos begleitet hatte, und schrieb eine autobiographische Erzählung. Wieser, Friedrich Freiherr von (10.7.1851 - 2 3 . 7 . 1 9 2 6 ) . Nationalökonom. 1883 Habilitation in Wien; 1884 a.o. Professor, 1889 o. Professor In Prag, 1903 als Nachfolger von Carl Menger in Wien; Mitglied des Herrenhauses; 1917/18 Handelsminister, 1 9 1 9 - 2 2 Professorin Wien; neben - > Carl Menger und—» Eugen v. Böhm-Bawerk einer der Begründer der „österreichischen Schule der Nationalökonomie", Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik". Wilbrandt, Robert (29.8. 1 8 7 5 - 4 . 2 . 1954). Nationalökonom. 1899 Promotion in Berlin, 1904 Habilitation ebd.; 1 9 0 8 - 2 9 o. Professor in Tübingen, 1 9 2 9 - 3 3 In Dresden; 1933 aus politischen Gründen entlassen ; gehörte zum linken Flügel des Vereins für Sozialpolitik; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Wilde, Oscar (16.10. 1 8 5 4 - 3 0 . 1 1 . 1900). Irischer Dichter. Lebte ab 1879 in London, 1 8 9 5 - 9 7 wegen „sexueller Perversität" im Zuchthaus, lebte danach, von Freunden unterstützt, unter einem Decknamen in Frankreich; Dramen, Gedichte, Erzählungen und Essays. In seinen Gesellschaftskomödien verspottete er geistreich die viktorianischen Konventionen, sein Roman „The Picture of Dorian Grey" (1891) schilderte einen Genußmenschen, der in ästhetischer Weltsicht schließlich der Verzweiflung anheimfällt, seine Tragödie „Salomé" (1893) diente Richard Strauß als Libretto für die gleichnamige Oper. Windelband, Wilhelm (11.5. 1 8 4 8 - 2 2 . 1 0 . 1915). Philosoph. 1870 Promotion In Göttingen, 1873 Habilitation in Leipzig; 1876 o. Professor in Zürich, 1877 in Freiburg, 1882 in Straßburg und 1 9 0 3 - 1 5 in Heidelberg; repräsentiert mit—> Heinrich Rickert die Schule der Südwestdeutschen Wertphilosophie. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Witte, S. J. Graf; Tl.: Vitte, Sergej J. (29.6. 1 8 4 9 - 1 3 . 3 . 1915). Russischer Politiker. 1 8 9 2 - 1 9 0 3 Finanzminister, 1903 Vorsitzender des Komitees der Minister; Oktober 1 9 0 5 - A p r i l 1906 Ministerpräsident. Wittich, Werner (5.8. 1 8 6 7 - 1 1 . 8 . 1937). Nationalökonom. 1891 Promotion zum Dr. rer. pol. in Straßburg bei Georg Friedrich Knapp; 1 9 0 1 - 1 8 etatmäßiger a.o. Professor ebd.; 1919 Annahme der französischen Staatsbürgerschaft; bis zu seinem Tode in Langenschloessel Im Elsaß lebend; Arbelten zur Wirtschaftsgeschichte sowie zur Kultur des Elsaß. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber; Mitarbeiteram „Grundriß der Sozialökonomik". Wundt, Wilhelm (16.8. 1 8 3 2 - 3 1 . 8 . 1920). Psychologe und Philosoph. 1850 Promotion zum Dr. med. in Heldelberg, 1857 Habilitation ebd.; 1864 a.o. Professor in Heidelberg, 1874 o. Professor in Zürich, 1 8 7 5 - 1 9 1 7 in Leipzig; 1879 Gründer des ersten Instituts für experimentelle Psychologie in Leipzig; 1 8 6 6 - 6 8 Vertreter Heidelbergs in der Badischen Kammer. Zahn, Friedrich (8.1. 1 8 6 9 - 1 . 2 . 1946). Statistiker. 1890 Promotion zum Dr. phil. In Leipzig, 1895 zum Dr. jur. in Erlangen; 1900 Kaiserlicher Regierungsrat im Kaiserlichen Statistischen Amt in Berlin, 1900 a. o. Professor im Nebenamt an der dortigen Universität; 1905 Erster Beigeordneter der Stadt Düsseldorf; 1 9 0 7 - 3 9 Oberregierungsrat und Direktor des Bayerischen Statistischen Landesamtes in München; 1913 Honorar-Professorder
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Staatswissenschaften an der Universität München; Herausgeber zahlreicher statistischer Jahrbücher. Zöpll, Gottfried ( 2 4 . 2 . 1 8 6 9 - n a c h 1935). Jurist und Politiker. 1893 Promotion zum Dr. jur. in Würzburg, 1902 Habilitation in Erlangen; 1 9 0 3 - 0 6 Handelsattache in Südamerika, 1906 Privatdozent in Berlin, 1906 Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt; 1908 a.o. Professor in Berlin und Regierungsrat im Reichskolonialamt, 1 9 2 0 - 2 2 Referent der deutschen Botschaft in Paris. Zwiedineck-Südenhorst, Hans von (14.4. 1 8 4 5 - 2 2 . 1 1 . 1906). Historiker. 1867 Promotion zum Dr. phll. in Philosophie in Graz, 1869 Supplent an der Landesoberrealschule ebd.; 1 8 7 0 - 8 0 Lehrer für Geschichte, Geographie und deutsche Sprache an der Grazer Oberrealschule, 1875 Habilitation in Graz; 1 8 8 0 - 1 9 0 0 Leiter der Bibliothek des Joanneum ebd.; 1885a.o. Professor, 1906o. Professorin Graz. Zwiedineck-Südenhorst, Otto von (24.2. 1 8 7 1 - 6 . 8 . 1957). Nationalökonom. 1895 Promotion zum Dr. jur. in Graz; 1898 als Konzipist an den Handelskammern Graz und Wien; 1899 Mlnisterialkonzlpist Im österreichischen Ministerium des Innern; 1901 Habilitation bei Eugen v. Philippovich für Staatswissenschaften an der Universität Wien; 1902 etatmäßiger a.o. Professor, 1 9 0 3 - 2 0 o. Professor an der TH Karlsruhe, 1920 in Breslau, 1 9 2 1 - 3 6 als Nachfolger Max Webers in München; arbeitete u.a. über die Lohn-PreisBindung, die Preistheorie und Sozialpolitik; Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik".
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Verwandtschaftstafeln
Die nachfolgenden Tafeln erfassen die Nachfahren von Georg Friedrich Fallenstein, dem Großvater Max Webers, und Carl David Weber, einem Onkel Max Webers und Großvater Marianne Webers. Vorangestellt ist eine vereinfachte Darstellung der Verwandtschaftsbeziehung zwischen Max und Marianne Weber, die die vier weiteren Geschwister von Max Webers Vater unberücksichtigt läßt. In den Tafeln werden die Familienangehörigen im Generationszusammenhang von Max Weber vollständig aufgeführt; die nachfolgende Generation seiner Neffen und Nichten wird jedoch vernachlässigt. Die Angaben entstammen: Döhner, Otto, Das Hugenottengeschlecht Souchay de la Duboissiere und seine Nachkommen, in: Deutsches Familienarchiv, Bd. 19. - Neustadt a.d. Aisch: Degener 1961, S. 316ff., und: Hamburgisches Geschlechterbuch, bearb. von Hildegard von Marchtaler, 10. Hamburger Band (Deutsches Geschlechterbuch, Bd. 128). - Limburg a.d. Lahn: Starke 1962, S.441 f. Darüber hinaus konnten durch Auskünfte von Standes- und Kirchenämtern, Stadt-, Landes- und Firmenarchiven sowie von Familienangehörigen zahlreiche weitere Angaben ermittelt werden. Nicht in jedem Falle war es möglich, die Lebensdaten festzustellen. Besonderen Dank schulden die Herausgeber Dr. Max Weber-Schäfer, Konstanz, Prof. Dr. Ernst Walter Zeeden, Tübingen, Frau Helen Fallenstein Carroll, Fort Lauderdale, Florida, Frau Erline Miller, Mount Airy, North Carolina, sowie Herrn Hans-Gerd Warneken, Oerlinghausen.
Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Max und Marianne Weber Karl August Weber (1796-1872) c o Marie Lucie Wilmans (1804-1882)
i
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i
i
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i
Carl David Weber (1824-1907) c o Marlanne Niemann (1831-1871)
Max Weber (sen.) (1836-1897) c o Helene Fallenstein (1844-1919)
Anna Weber (1851-1873) oo Eduard Schnitger (1844-1903)
Max Weber
i
i
i
Marlanne Schnitger
Die vier weiteren Kinder von Karl August Weber und Marie Lucie Wilmans sind: Alwine Weber ( 1 8 2 6 - 1 8 6 4 ) oo Werner Nasse ( 1 8 2 2 - 1 8 8 9 ) ; Otto Weber ( 1 8 2 9 - 1 8 8 9 ) c o Emilie Röltgen ( 1 8 3 6 - ); Leopold Weber ( 1 8 3 3 - 1 8 7 6 ) oo Marianne Davies ( 1 8 3 8 - ); Ottilie Weber ( 1 8 3 6 - 1 9 1 2 ) .
765
Verwandtschaftstafeln
Nachfahren r Anna Weber (1851 -1873) co Eduard Schnitger (1844-1903) - Marianne Schnitger (1870-1954) oo Max Weber (1864-1920)
von Carl David
Weber
Carl David Weber (1824-1907) oo Marianne Niemann (1831 -1871 ) "T" 1 Hertha Weber (1853-1934) Alwine Weber (1855-1936) Carl Weber co Bruno Müller (1848-1913) co Karl Möller (1837-1918) (1858-1923) co Emilie Brassert (1860-1949) -Anna Möller (1873-1915) oo Hermann Castendyk (1864) -Erwin Möller (1874-1927)
Georg Müller (1878-1954) co Lili Tiemann (1887-1939) Richard Müller (1882-1937) co Traute Riedel (1889-1952)
Elfriede Möller (1877-1924) co Wilhelm Luyken (1875-1933)
Wolfgang Müller (1884-1958) co 1. Elisabeth Huxholl (1884-1948) co 2. Luise von Conta (1896-1975)
Eleonore Möller (1879-1947) co Wilhelm Lamping (1861-1929)
Marianne Müller (1886-1934) co Konrad Zeeden (1879-1925)
-Bruno Möller (1881-1914) Hildegard Möller (1883-1916) co Otto Luyken (1878-1929) Harald Möller (1894-1923)
-Roland Müller (1890-1916) Berthold Müller (1893-1979) co 1. Jenny Wiegmann (1895-1969) co 2. Emlly Sturm (1901)
1 Eleonore Weber (1861-1948) co Wilhelm Müller (1850-1915) • Erich Müller (1883-1960) co Else Schulz (1896-1971) Ina Müller (1887-1947) coMaxH.D. Pfeffer
766
Verwandtschaftstafeln
Nachfahren
von Georg Friedrich
Fallenstein
Adalbert (Gustav)
Georg Friedrich Fallenstein ( 1 7 9 0 - 1 8 5 3 ) o o 1. Elisabeth Benecke ( 1 7 9 2 - 1 8 3 1 ) I ~r Otto F. Fallenstein Friedrich (Fritz) Roderich Fallenstein Laura Fallenstein
Fallenstein
(1815-
r (1811-
)
)
c o Henriette Hageböck
Elisabeth Fallenstein
(1818-1865)
(1820-1899)
Fallenstein,
(1827-1901)
o o 1. Alice Thompson
co Cari Gustav Bunge
ab 1837 Francis Miller
c o Julius Jolly
(1830-1852)
(1811-1884)
(1822-1894)
(1823-1891)
c o 2. Elisabeth
c o Mary Stoneman
Beresford Campbell
(1827-1894)
(1830-1878) Friedrich (Fritz) Fallenstein
(1849-1849)
(1847-1928) co Marie Jolly (1859-1936) Heinrich Fallenstein (
- Frederick Fallenstein
-1882)
oo Auguste?
- Emily Fallenstein
- Betty Bunge (1842-1860) - Emilie Bunge
(1857-1923)
co Otto Baumgarten
oo Julius Bunge
co Amanda Hill
co Emilie Hausrath
(1858-1934)
(1838-1908)
(1849-1943)
(1870-1934)
- Frank T. Fallenstein
- J u l i a Bunge
c o l . Elisa Fleming
c o Alexander Bunge
c o Mary?
(1861-1892)
(1841-1911)
(
co 2. Ellen Tickle
(1854-
)
Laura Fallenstein c o Max Erbe Ottllie Fallenstein
-Philipp Jolly
(1847-1932)
Emil Fallenstein
Julius Fallenstein
- Jefferson Miller
(1856-1898)
(1843-1899)
(1843-1876)
- Roderich Fallenstein
- J u l i u s Jolly
(1845-1862)
(1850-1883)
(1858-1929)
-1881)
- J a m e s Miller
(1858-1916) - Charles Fallenstein (1862-1862) - Laura Fallenstein (1863-1930)
- E r n s t Bunge (1846-1933) c o Charlotte von Gemmingen (1860-1948) - M a r i e Bunge
oo Otto von Klock
(1848-1937)
(1864-1934)
co Moritz Huffmann (1847-1921) - Eduard Bunge (1851-1924)
-Alexander Miller (1849-1857)
(1851-1925) co Nancy Brindle
Fallenstein (1847-1928) - Elisabeth Jolly
-Julius Miller (1854-1870) - Elisabeth Miller (1856-1914) c o Robert Rawley (1841-1926) - Charles Miller (1858-1885) c o Mary Lou Sousa George Miller )
oo Amanda King •William (Bill) Miller (1866-
(1859-1936) c o Friedrich (Fritz)
- Hugh Miller
(1862-
- Marie Jolly
)
co?? L Errili (Jim) Miller (1868-1918) co Maggie A. Johnson (1869-1941)
(1864-1937) co Karl Hell (1848-1906)
767
Verwandtschaftstafeln
Nachfahren
von Georg Friedrich
Fallenstein
Georg Friedrich Fallenstein (1790-1853) c o 2. Emilie Souchay (1805-1881) l
1
Ida Fallenstein (1837-1899) o o Hermann Baumgarten (1825-1893)
Henriette Fallenstein Carl Fallenstein (1840-1895) (1842-1843) c o Adolf Hausrath (1837-1909)
- Fritz Baumgarten (1856-1913) c o Else Georgli (1859-1924)
- August Hausrath
Otto Baumgarten (1858-1934) c o Emily Fallenstein (1850-1883) Hermann Baumgarten (1861-1865) - Elisabeth Baumgarten (1863-1864) - Emmy Baumgarten (1865-1946) - A n n a Baumgarten (1868-1943) - Ida Baumgarten (1870-1871) Helene Baumgarten (1873-1880)
(1865-1944) - Hans Hausrath (1866-1945) c o Martha Brauer (1879-1955)
Helene Fallenstein (1844-1919) c o Max Weber (sen.) (1836-1897)
1
Eduard Fallenstein
(1846-1922)
(1848-1871)
c o Ernst Wilhelm Benecke (1838-1917)
Max Weber
Dora Benecke
(1864-1920) c o Marlanne Schnitger (1870-1954)
(1867-1951)
Anna Weber (1866-1866)
Wilhelm Benecke (1868-1946) c o Martha Heseler (1877-1957)
Laura Hausrath (1867-1928)
Alfred Weber (1868-1958)
Helene Benecke (1870-1878)
Pauline Hausrath (1869-1869)
Karl Weber (1870-1915)
Elisabeth Benecke (1871-1872)
Emilie Hausrath (1870-1934) oo Philipp Jolly (1857-1923)
Helene Weber (1873-1877)
Marie Benecke (1873-1956)
Paula Hausrath (1872-1958) c o Georg Schmidt (1860-1935) Ernst Hausrath (1873-1876) Maria Hausrath (1875-1894) Margarete Hausrath (1877-1965) Erich Hausrath (1878-1879) Ulli Hausrath (1882-1965) oo Fritz Hermann (1871-1929)
• Clara Weber (1875-1953) c o Ernst Mommsen (1863-1930) •Arthur Weber (1877-1952) c o 1 . ValborgJahn (1878-1959) c o 2. Helene Weinstein (1892) • Uli Weber (1880-1920) c o Hermann Schäfer (1871-1914)
1
Emilie Fallenstein
c o Arthur Schmidt-Brücken (1861-1940) Auguste Benecke (1874-1952) oo Martin Schmidt (1863-1949) Margarete Benecke (1877-1960) c o Carl-August Beneke (1860-1929) Otto Benecke (1879-1903) • Elfriede Benecke (1882-1940) • Hans Benecke (1884-1890)
Register der Briefempfänger
Baum, Marie 6. Juli 1906,106f.; 16. oder 17. Aug. 1906,136; 21. Aug. 1906, 145 f.; 23. Aug. 1906,147 f.; 23. Jan. 1907,218 f.; 24. Jan. 1907,220; 27. Jan. 1907,225 f.; 4. Febr. 1908,430-432 Bezold, Carl 30. Juli 1906,124; 21. Dez. 1908,704 Bortkiewicz, Ladislaus von 12. März 1906, 45-47 Brentano, Lujo 28. Febr. 1906,42f.; 6. Febr. 1907,252-254; 29. Mai 1908, 578 f.; 3. Juni 1908,580-582; 5. Juni 1908,585 f.; nach dem 5. Juni 1908, 589f.; 11. Aug. 1908,629; 18. Aug. 1908,643f.;31. Aug. 1908,652f.; 30. Okt. 1908,688f. Dieterich, Albrecht zwischen 30. Jan. und 5. Febr. 1906,31 Du Moulin-Eckart, Richard Graf l.Mai 1907,286; 4. Mai 1907,287-296; 29. Mai 1907, 314f.; 1. Juni 1907,316f. Eulenburg, Franz 1. Nov. 1907,412f.; » 20. Mai 1908,568-573; 30. Juni 1908, 601 f.; nach dem 20. Aug. 1908,646; 19. Sept. 1908, 658 Gottl, Friedrich 16. März 1906,50; 27. März 1906,59 f.; 28. März 1906,62 f.; 29. März 1906,64-67; 8. April 1906, 69-72; 18. April 1906,78 f. Gruhle, Hans 13. Okt. 1908,674f.; 21. Okt. 1908,684 f. Harnack, Adolf 5. Febr. 1906,32f. Hellpach, Willy 20. Jan. 1906,25f.; 25. Jan. 1906,29; 10. Febr. 1906,34; 15. Febr. 1906,35; 18. Febr. 1906,38; 21. Febr. 1906,39; 27. Febr. 1906,40 f.; 18. April 1906,80-83; 2. Mai 1906,86; 30. Juli 1906,125; 15. Jan. 1907,215 Joffe, Edgar 29. Okt. 1907 oder danach, 410f.; 21. Mail908,574f.;4. Sept. 1908 oder danach, 654f.; 30. Dez. 1908,707f. Jaffe, Else 13. Sept. 1907,393-403 Jellinek, Georg 1. Aug. 1906,126; 27. Aug. 1906,149-152; 27. Mai 1907, 313; 8. Jan. 1908,427 f.; 18. März 1908,
459; 21. März 1908,467-470; 10. Juni 1908,591; nach dem 17. Juni 1908,592f. Kantorowicz, Hermann 30. Okt. 1908, 690 f.; 15. Dez. 1908,703 Kaufmann, Alexander A. 23. April 1906, 719 Kaufman, AleksandrA. —> Kaufmann, Alexander A. Kistiakowski, TheodorA. 18. Febr. 1906, 717; 1. März 1906,718 Kistjakovskij, Bogdan A.—* Kistiakowski, Theodor A. Knapp, Georg Friedrich 22. Juli 1906, 115-117 Liefmann, Robert 15. Juli 1907,333f. Loria, Achille 1. Jan. 1907,207 Michels, Robert 1. Jan. 1906,19; 26. März 1906,56-58; 2. April 1906,68; 18. April 1906,84 f.; 16. Mai 1906,90f.; 21. Mai 1906,94; 3. Juni 1906,99f.; 16. Juni 1906,101 f.; 18. Juli 1906,114; 4. Aug. 1906,130; 14. Aug. 1906,132; 16. Aug. 1906,134 f.; 1. Sept. 1906,153; 12. Sept. 1906,160 f.; 25. Sept. 1906,164; 8. Okt. 1906,172 f.; 5. Nov. 1906,177; 18. Nov. 1906,178; 19. Nov. 1906,179; 19. Nov. 1906,180; 27. Nov. 1906,183 f.; 27. Nov. 1906,185; 29. Nov. 1906,186; 30. Nov. 1906,187; 3. Dez. 1906,188f.; 5. Dez. 1906,193 f.; 10. Dez. 1906,200; 28. Dez. 1906,206;3. Jan. 1907,208;5. Jan.1907, 209; 11. Jan. 1907,210f.;22. Jan. 1907, 216f.; 24. Jan. 1907,221-224; 1. Febr. 1907,238-242; 4. Febr. 1907,243-246; 7. Febr. 1907,255-257; 3. März 1907, 266; 2. April 1907,274 f.; 20. April 1907, 281; 20. Juni 1907,318; 13. Juli 1907, 332; 7. Aug. 1907,350; 12. Aug. 1907, 355f.;23. Aug. 1907,369; 10. Okt. 1907, 406; 15. Okt. 1907,407f.;6. Nov. 1907, 423; 7. Nov. 1907,424; 9. Jan. 1908,429; 4. Febr. 1908,433 f.; 24. März 1908,478; 11. April 1908,516f.; 25. Juni 1908, 596-600; 4. Aug. 1908,615-620; 16. Aug. 1908,637-642; 21. Aug. 1908,
770
Register der
647; 5. Sept. 1908,656; 30. Sept. 1908, 664 f. Michels-Lindner, Gisela 6. Dez. 1906, 198f.; 5. Febr. 1907 oder danach, 250f.; 18. Febr. 1907,260; 22. Juni 1907, 319 Michels-Lindner, Gisela, und Michels, Robert 30. Jan. 1907,227-230; 7. Febr. 1907 oder danach, 258f. Mommsen, Clara 3. Mai 1906,87; 22. April 1907,282-284 Müller, Alwine (Wina) 21. Juli 1907, 335f.; 9. Okt. 1908,671-673 Müller, Georg 28. März 1908,485f.; 23. Nov. 1908, 700-702 Natorp, Paul 16. März 1906, 51 Naumann, Friedrich 14. Dez. 1906, 201-205; 11. Mai 1907,301 f.; 17. Mai 1907,304 f.; 26. April 1908,546-549; 5. Juni 1908,587 f.; 12. Nov. 1908, 693-696; 18. Nov. 1908,697 f.; Ende Dez. 1908,711-716 Neumann, Carl 3. Nov. 1906,174-176 Quarck, Max 5. Febr. 1907,247- 249 Rade, Martin 15. April 1906,77; 11. Mai 1908,564-566; 16. Mai 1908,567 Ricken, Heinrich 9. Mai 1907,297-299; 18. Mai 1907,308-310; 3. Nov. 1907, 414-418; 21. März 1908,471 f.; 27. März 1908,482 f.; 1. April 1908,492-497; 18. und 19. April 1908,527-531; 21. Nov. 1908,699 Ricken, Sophie 27. März 1906, 61 Schäfer, Lili 26. Juli 1907,338; 20. Okt. 1908,682 f. Schiele, Friedrich Michael 23. Juli 1908, 608 Schmoller, Gustav 23. Juni 1908,594f.; 29. Juli 1908,610 Siebeck, Oskar 25. Sept. 1906,165f.; 28. Sept. 1906,169; 12. Jan. 1907,212; 5. März 1907 oder davor, 267; 7. März 1907,269; 13. März 1907,271; 16. März 1907,272; 29. April 1907,285; 17. Mai 1907,306 f.; 17. Okt. 1907,409; 3. Nov. 1907,419; 26. Dez. 1907,426; 10. Febr. 1908,435; vordem27. Febr. 1908,436; 27. Febr. 1908,437 Siebeck, Paul 16. Jan. 1906 oder danach, 20 f.; 17. Jan. 1906,22 f.; 18. Jan. 1906, 24;22. Jan. 1906,28;26.Jan.1906,30; 15. März 1906,48f.; 24. März 1906 oder davor, 55; 19. Mai 1906,92 f.; 21. Mai
Briefempfänger 1906 oder danach, 95 f.; 11. Juli 1906, 110f.; 14. Juli 1906,112f.;24. Juli 1906, 119; 2. Aug. 1906,127; 15. Aug. 1906, 133; 18. Aug. 1906,141 f.; 11. Sept. 1906,156-159; 5. Dez. 1906,195-197; 14. Jan. 1907,213f.; 31. Jan. 1907,237; 24. März 1907,273; 2. April 1907,276; 13. April 1907,279 f.; 10. Mai 1907,300; 27. Juli 1908,609; 27. Aug. 1908,648 f.; 30. Aug. 1908,650f.;7. Sept. 1908,657; 19. Sept. 1908,659f.;27. Sept. 1908, 663; 5. Okt. 1908,667-669; 15. Okt. 1908,676f.; 26. Dez. 1908,705 f. Sombart, Werner 13. April 1906,73; 28. Juli 1906,122f.;20. Aug. 1906, 143f.; 1. Okt. 1906,170;3. Dez. 1906, 190-192; 9. Nov. 1907 oder danach, 425; 9. Juli 1908,603f.; 16. Juli 1908, 605 f. Stutz, Ulrich 20. Jan. 1906,27; 2. März 1906,44; 22. Juli 1906,118; 22. Mai 1908,576 f. Tönnies, Ferdinand 4. Juni 1908,583 f.; 21. Juli 1908,607 Verlag], C. B. Mohr (Paul Siebeck) 6. Aug. 1906,131; 8. Nov. 1908,692 —>auch: Siebeck, Oskar, und Siebeck, Paul Vossler, Karl 5. Mai 1908,556-563 Warburg, Aby 10. Sept. 1907, 390f. Weber, Alfred 8. Juli 1906,108f.; 28. Juli 1906 oder davor, 120f.; 30. Jan. 1907, 231-236; 15. Mai 1907,303; 22. Mai 1907,311 f.; 22. Juni 1907,320 f.; 25. Juni 1907,322; 28. oder 29. Juni 1907, 323-325; 30. Juni 1907,326; 1. Juli 1907,327; 7. Juli 1907,328f.; 10. Juli 1907,330; 11. Juli 1907,331; 3. Sept. 1907,381-384;20. Sept. 1907,404f.; 18. Aug. 1908 oder danach, 645; 19. Sept. 1908,661t. Weber, Helene 17. Febr. 1906,36 f.; 16. März 1906,52-54; 13. oder 14. April 1906,74-76; 11. Mai 1906,88f.; 23. Mai 1906 oder danach, 97f.; 5. Juli 1906, 103-105; 2. Aug. 1906,128 f.; 17. Aug. 1906,137-140; 9. Sept. 1906,154; 10. Sept. 1906,155; 12. Sept. 1906, 162f.; 25. Sept. 1906,167 f.; 7. Okt. 1906,171; 24. Nov. 1906,181 f.; 8. März 1907 oder danach, 270; 2. April 1907, 277f.;2. Sept. 1907,379f.;4. Sept. 1907, 387; 10. Sept. 1907,392; 5. Nov. 1907,
Register der 420- 422; 21. März 1908,474; 8. April 1908,510 f.; 9. April 1908,513; 11. April 1908,518; 14. Aug. 1908,633f.; 21. Okt. 1908, 686f. Weber, Marianne 23. Febr. 1907,261 f.; 26. Febr. 1907,263 f.; 1. März 1907,265; 5. oder 6. März 1907,268; 26. Juli 1907, 337; 26. Juli 1907,339; 27. Juli 1907,340; 28. Juli 1907,341; 29. Juli 1907,342; 30. Juli 1907,343; 31. Juli 1907,344; 1. Aug. 1907,345; 3. Aug. 1907,346f.; 4. Aug. 1907,348; 6. Aug. 1907,349; 7. Aug. 1907,351; 8. Aug. 1907,352; 10. Aug. 1907,353; 11. Aug. 1907,354; 12. Aug. 1907,357; 13. Aug. 1907,358; 15. Aug. 1907,359; 16. Aug. 1907,360; 17. Aug. 1907,361; 18. Aug. 1907, 362f.; 19. Aug. 1907,364; 20. Aug. 1907,365; 20. Aug. 1907,366; 20. Aug. 1907,367; 22. Aug. 1907,368; 23. Aug. 1907,370; 24. Aug. 1907,371; 25. Aug. 1907,372f.;26. Aug. 1907,374; 28. Aug. 1907,375; 29. Aug. 1907,376; 30. Aug. 1907,377; 31. Aug. 1907,378; 3.Sept. 1907,385 f.; 4. Sept. 1907,388; 6. Sept. 1907,389; 3. März 1908,438f.; 4. März 1908,440; 5. März 1908,441 f.; 8. März 1908,443-445; 9. März 1908, 446 f.; 10. März 1908,448; 11. März 1908,449; 13. März 1908,450f.; 13. März 1908,452; 14. März 1908, 453 f.; 15. März 1908,455 f.; 16. März 1908,457; 17. März 1908,458; 18. März 1908,460; 19. März 1908,461-464;
Briefempfänger
III
20. März 1908,465 f.; 21. März 1908, 473; 22. März 1908,475; 23. März 1908, 476 f.; 24. März 1908,479; 26. März 1908,480 f.; 27. März 1908,484; 28. März 1908,487; 29. März 1908,488; 30. März 1908,489; 31. März 1908, 490 f.; 1. April 1908,498f.; 2. April 1908,500; 3. April 1908,501; 3. April 1908,502 f.; 4. April 1908,504 f.; 5. April 1908,506; 6. April 1908,507; 7. April 1908,508; 7. April 1908,509; 8. April 1908,512; 9. April 1908,514f.; 11. April 1908,519; 12. April 1908,520; 13. April 1908,521; 14. April 1908,522; 16. April 1908,523; 17. April 1908,524; 18. April 1908,525 f.; 19. April 1908, 532; 19. und 20. April 1908,533; 20. April 1908,534; 21. April 1908, 535-538; 22. April 1908,539; 23. April 1908,540f.; 24. April 1908,542; 25. April 1908,543; 26. April 1908, 544 f.; 26. April 1908,550; 27. April 1908,551 f.; 28. April 1908,553-555; 1. Aug. 1908,611 f.; 3. Aug. 1908,613 f.; 4. Aug. 1908,621; 5. Aug. 1908,622f.; 6. Aug. 1908,624; 7. Aug. 1908,625; 8. Aug. 1908,626; 9. Aug. 1908,627; 10. Aug. 1908,628; 11. Aug. 1908,630; 12. Aug. 1908,631; 13. Aug. 1908,632; 14. Aug. 1908,635; 15. Aug. 1908,636; 3. Okt. 1908,666; 5. Okt. 1908,670; 16. Okt. 1908,678f.; 18. Okt. 1908oder danach, 680f.; 30. Dez. 1908, 709f.
Personenregister Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Max Weber wird nur Im Zusammenhang mit seinen Schriften aufgeführt.
A b b e , Ernst 90,221,222,664, 721 A b l a ß , B r u n o 201 A d l e r , G e o r g 174,596, 707, 721 A l f o n s de'Liguori 215 A l t h o f f , Friedrich 73,292,294,321,468, 571, 721 A l t m a n n , Sally P. 108 A n d r e a del Sarto 539 A n d r e j e w , Leonid 398, 721 Andreucci, Franco 223 Angelico (Fra) 536 Angiolini, A l f r e d o 223 Anschütz, Elisabeth 265, 721 Anschütz, G e r h a r d 5 2 2 , 5 6 4 , 5 6 7 , 613, 721 A r c h i m e d e s 428 A r o n s , L e o 2 2 1 , 2 2 2 , 6 6 4 , 722 A u g u s t e Viktoria, deutsche Kaiserin und Königin von P r e u ß e n 189,193 Augustinus 559 Avenarius, Richard 86 Azeglio, Massimo d' 619 B a c h e m , Carl 547 B a k u n i n , Michail A . 193 Ballod, Carl 2 0 , 2 1 , 2 5 3 , 2 9 5 , 722 B a r t h , T h e o d o r 546, 722 Bartsch, R o b e r t 159, 722 B a u m , Marie 106f., 1 3 6 , 1 4 5 - 1 4 8 , 2 1 8 - 2 2 0 , 2 2 5 f., 2 6 1 , 2 6 2 f . , 275,347, 394,430-432,433,438,572,678,681, 709f., 722 Bäumer, Gertrud 10,418,438,550 B a u m g a r t e n , A n n a 9, 767 Baumgarten, Eduard 12,13,393 Baumgarten, Emmy 9,438,553,623,722, 767 B a u m g a r t e n , Fritz 9,74, 722, 767 B a u m g a r t e n , H e r m a n n 9, 767 B a u m g a r t e n , Ida, geb. Fallenstein 9, 767 B a u m g a r t e n , O t t o 476,477,480,507, 723, 766f.
Bebel, August 1 7 2 , 6 1 9 , 6 2 0 , 723 Below, G e o r g von 41,308,426, 723 B e n e c k e , Elisabeth 211, 766 B e n e c k e , Emilie (Nixel), geb. Fallenstein 9,87,88,154,168, 723, 767 B e n e c k e , E m m e l i n e , geb. Schunck 87 Benecke, Erich378,553 B e n e c k e , Ernst Wilhelm 9 , 8 7 f . , 723, 767 B e n e c k e , M a r t h a , geb. Heseler 5 5 3 , 7 2 3 , 767 B e n e c k e , W i l h e l m 3 7 8 , 767 Bennigsen, Rudolf von 641, 723 B e r d j a e v , Nikolaj 2 9 7 Bernatzik, E d m u n d 126 Bernays, Marie 621 f., 630,709, 723 B e r n h a r d , Ludwig 4,174,176,279 f., 291, 436,581, 6 0 3 , 6 3 9 , 724 B e r n h a r d , M a r g a r e t h e 263, 724 Bernstein, E d u a r d 2 4 , 6 1 6 , 6 1 9 , 6 2 0 , 6 4 0 , 695, 724 Bezold, Carl 124,704, 724 B i e r m a n n , Wilhelm E d u a r d 188,193, 2 8 7 - 2 8 9 , 2 9 5 , 5 8 1 , 5 8 5 , 6 1 8 , 724 B i e r m e r , Magnus 92, 724 Bismarck, O t t o Fürst von 6 0 , 2 2 3 , 3 1 2 , 6 4 2 , 694 B i t t m a n n , Karl 106,145,147 f., 218f., 225, 275, 725 Blanc, Louis 193 Blenck, Emil 21 B o d e n , Friedrich 27, 44 B o e r , Elisabeth 475 Boeß6i7 B ö h m , Franz 277 f., 321,327,328,468,471, 482,495,527,556,565, 5 9 1 , 6 3 9 , 725 B ö h m - B a w e r k , E u g e n von 2 9 3 , 3 3 3 , 6 8 8 , 725 Böhtlingk, A r t h u r 569 B o n a p a r t e , N a p o l e o n 121,693 B o n n , Moritz Julius 2 9 5 , 5 8 0 f . , 585,589, 725
Personenregister Borgia, Alexander VI., Papst 101 Borgius, Walther 211, 725 Bortkiewicz, Ladislaus von 45-47,297, 705, 725 Bosse, Robert 221 Bossuet, Jacques-Bénigne 215 Botticelli, Sandro 536,539 Boulanger, Georges 620 Bouness, Elisabeth 211 Brandenburg, Erich 150,309 Brandes, Georg 396 Brauer, Ludolph 90 Braun, Heinrich 189, 725 Bré, Ruth —»Bouness, Elisabeth Bredt-Stutz, Gisela 39 Breitscheid, Rudolf 546 Brentano, Lujo 14,42'f., 95,121,160,175, 206,240,252-254,306,316,383f., 578-582,585-587,589f., 629,632, 643-646, 652f., 658,669,688f., 726 Bresler, Johannes 395 Breuer, Josef 395,641 Bryce, James 57, 99,618, 726 Buber, Martin 29,125,493 Bücher, Emilie 676 Bücher, Karl 289,294,426,435,569,639, 651, 661, 667,676,705f., 726 Bulgakov, Sergej 223 Bülow, Bernhard Fürst von202,230,311, 546,547,581,587,693,694,696,699, 711,716,726 Bunge, Alexander (Tuge) 362,363,373, 726, 766 Bunge, Carl Gustav 360,362, 766 Bunge, Eem 374 Bunge, Emilie (Emmy) 362,363,372,374, 726, 766 Bunge, Julia (Tuja) 362,363,373 f., 726, 766 Bunge, Julius (Jules) 363,370,372-374, 726, 766 Bunge, Julius (Uli) 363,372 Bunge, Laura, geb. Fallenstein 362,363, 372-374, 726, 766 Bunge, Rudolf 374, 726 Buren, Martin Van 407 Burgess, John William 313, 727 Busch, Wilhelm (Historiker) 301, 304, 727 Busch, Wilhelm (Zeichner und Dichter) 626 Bütschli, Otto 415, 727
773
Calvin, Johannes 33,562 Calwer, Richard 708, 727 Camphausen, Ludolf 150 Caprivi, Leo Graf von 151 Casalini, Giulio 281, 727 L. Cassius Longinus Ravilla 57 Cavalcanti, Guido 558 Cavour, Camillo Benso Graf von 619 Ceconi, Ermanno 481 Chastenet, Jacques 620 Ciccotti, Ettore 84,223, 727 Cicero 57 Clerc, Attilia 545, 727 Clemens VII., Papst 44 Cohn, Gustav 668 Commager, Henry Steele 408 Comte, Auguste 654 Conrad, Johannes 295, 727 Croce, Benedetto 558,559 Curtius, Friedrich 223 Dade, Heinrich 669 Dante Alighieri 556,558f., 560,563 Deißmann, Gustav Adolf 301,569, 727 Delbrück, Hans4,20,121,231,232-235, 240, 603,639,644f., 698, 728 De Leon, Daniel 153 Dernburg, Bernhard 204 Detti, Tommaso 223 Diehl, Karl 92,174-176,188 f., 193,200, 208,280,581, 728 Diekhoff (beschäftigt in der Leinenweberei Carl Webers) 700, 728 Dieterich, Albrecht 31, 728 Dietzel, Heinrich 581 Dilthey, Wilhelm 317,416,417,470, 728 Dolgorukov, Pavel D. 719 Döllinger, Ignaz von 215 Domela Nieuwenhuis, Ferdinand 242,246, 251,260,350, 728 Donatello 536 Dreyfus, Alfred 647 Driesch, Hans 415, 728 DuMoulin-Eckart, Richard Graf286-296, 314-317,580, 585f., 589, 728 Düring, Ernst von 476,480,498,508,522, 680, 729 Düring, Johanna E. von 476,480,498,508, 522 Durnovo, Petr N. —» Durnowo, P. N. Durnowo, P.N. 101,729
774
Personenregister
Dusch, Alexander Freiherr von309,320, 468,494- 496,529,592, 729 Ebbinghaus, Hermann 86 Ebers, Dr. (Sanatoriumsleiter in BadenBaden) 270 Eberstadt, Rudolf 175f., 729 Eberz, Jakob Maria Remigius 446,455, 537,554, 729 Ehrenberg, Richard 174f., 295f., 729 Elisabeth, Königin von England 174f. Elsenhans, Theodor 570,654, 729 Elster, Ludwig 175,291,468,470,565,567, 592, 707, 729 Enckendorff, Marie Luise (Pseudonym) —> Simmel, Gertrud Ephraim, Hugo 669 Erdmannsdörffer, Bernhard 308 Esmein, Jean-Paul Hippolyte Emmanuel, genannt Adhémar 158,159, 730 Eulenburg, Franz 13,40,46,80,289,290, 314 f., 383,409 f., 412 f., 415,425, 568-573,580 f., 585,589,601 f., 629, 643f., 646,652,658,689, 730 Exner, E. 441,447,490, 730 Fallenstein, Adalbert 211, 730, 766 Fallenstein, Emilie, geb. SouchayJö, 767 Fallenstein, Frank T. 363, 730, 766 Fallenstein, Friedrich (Fritz) 360-362, 364f., 370-373,380, 730, 766 Fallenstein, Georg Friedrich 16,211,360, 362, 730, 766f. Fallenstein, Marie, geb. Jolly 54,337,360, 730,766 Fallenstein, Roderich362, 766 Fechner, Gustav Theodor 578 f., 580, 644 Fénelon, François de Salignac de La Mothe 215 Ferrero, Guglielmo 597f., 730 Ferri, Enrico 596f., 730 Fichte, Johann Gottlieb 417, 693 Ficino, Marsilio 390 Fischbeck, Otto 619, 731 Fischer, Gustav 94,429,435, 437, 731 Fischer, Karl (Heinrich) 3,285,361,390, 409,411,419,731 Fischer, Kuno 309,414,467 Fischer, Theobald 596, 615,618,665, 731 Fleiner, Fritz 564, 731 Fogazzaro, Antonio 128, 731 Föhlisch, Eduard 218f., 226, 731
Fontane, Theodor 605 Forchheimer, Karl 303 Förster-Nietzsche, Elisabeth365 Fox, George 33 Francke, Ernst 170,594 Franz von Assisi 105,128 Frensdorff, Ferdinand 623, 731 Freud, Sigmund 10,393,394- 396,398, 399-401,403,641,731 Fridrichowicz, Eugen 233, 731 Friedberg, Emil 652 Friedenthal, Margarethe 368 Friedrich I., Großherzog von Baden 185, 229f., 320 Friedrich II., Großherzog von Baden 431, 495,564,592, 607, 731 Friedrich II., der Große, König von Preußen 146, 694 Friedrich III., deutscher Kaiser und König von Preußen 694 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 150 Fuchs, Carl Johannes 227,246,250,255, 258,260,281,379,406,426,581, 732 Führer (Nervenarzt in Eberbach) 265 Fuhrmann II, Heinrich (Textilarbeiter) 702, 732 Fuhrmann III (Textilarbeiter) 702, 732 Funke (Bibliotheksrat) 113 Gandinus, Albertus 691 Gapon, Georgij A. 101 f., 732 Garibaldi, Giuseppe 619 Gärtner, Friedrich 267,272, 732 Gassen, Kurt 470,512 Gebauer, Max 291, 732 Gerhard, Adele 92 Gerlach, Hellmuth von 546, 732 Gerlach, Otto 175, 732 Ghirlandaio, Domenico 536 Giacomo, Salvatore di 627 Gide, Paul 158,159, 732 Gierke, Otto von 140, 732 Giotto 536 Giwago, Sergius J. 22,23,28,49,127,141, 733 Gnoli, Domenico Graf 563 Goethe, Johann Wolfgang von 46,446, 562,666 Goetz, Georg 84 Gossen, Hermann Heinrich 689, 733 Gothein, Eberhard 10,29,108,121,122,
Personenregister 242,295,321,322,326f., 330,426,431, 482,493f., 560,572,636,639,704f., 733 Gottl-Ottlilienfeld, Friedrich von (bis 1907: Friedrich Gottl) 40,50,59f., 62-67,69-72,78-80,175,286,291, 293 f., 314,316f., 334,410,412,416, 538,580f., 585f., 589, 733 Green, Martin 402,464 Groschkus, Julius 75 Gross, Frida, geb. Schloffer394,431,438, 446,457,463,464,530,627,635,681, 733 Gross, Otto 10,393 f., 396-399,401 f., 431,438,443,444 f., 446,450,451,457, 461 f., 463,480,641,681, 733 Grosse, Ernst 124 Gruhle, Hans 663,674f., 684f., 733 Grünberg, Carl 207,274,570 Grützmacher, Georg 570, 734 Guinizelli, Guido 558 Gutzeit (Oberstleutnant) 480,488 Guyon, Jeanne Marie 215 Hahn, Eduard 124 Hampe, Karl 467 Harms, Bernhard 95,158,176,197,294 f., 707, 734 Harnack, Adolf von 32 f., 306,428,592, 734 Hart, Albert Bushneil 79 Hartmann, Ludo Moritz 288, 506, 734 Hartmann, Margarete 506 Hasbach, Wilhelm 174 Hase, Karl 128, 734 Hatschek, Julius 126, 734 Hauck, Albert 215 Haushofer, Karl 286 Hausrath, Adolf 9,54,75,103 f., 168,734, 767 Hausrath, August 54,103, 735, 767 Hausrath, Hans 103, 735, 767 Hausrath, Henriette, geb. Fallenstein 9, 54,167, 767 Hausrath, Laura 9,103 f., 167f., 392,541, 735, 767 Hausrath, Ulli, verh. Hermann 9,103 f., 129,154,155,162, 392, 735, 767 Hausrath, Martha 103, 735, 767 Häusser, Ludwig 308 Heer, Georg 617 Heil, Elisabeth (Lieserle), geb. Jolly 54, 337, 735, 766
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Heil, Karl 54,766 Heile, Wilhelm 712 Hein, Elisabeth 389,449, 735 Hein, Gustav 449,453, 735 Heinrich VIII., König von England 44 Heise, Carl Georg 390 Helbing, Albert 97 Helfferich, Karl 639 Hellmuth, Judith (Pseudonym) —* Schmid, Clara Hellpach, Willy 25 f., 29,34 f., 38-41,73, 8 0 - 83, 86,125, 215,641, 674, 735 Hensel, Paul 680, 736 Hergenröther, Joseph, Kardinal 215 Herkner, Heinrich 93,95,174,229, 320-322,383,569,661, 736 Hermann, Friedrich Wilhelm (Fritz) 103, 129,154f., 392, 736, 767 Hermann, Lilli —»Hausrath, Lilli Hesse, Albert 295 Hettner, Alfred 63,71,78, 415, 736 Heydebrand und der Lasa, Ernst von 697, 736 Heymann, Ernst 274,281, 566, 736 Heymanns, Carl20 Hinschius, Paul 221 Hintze, Otto 41,309 Hirsch, Bertha (Mutter von Johanna von Schulze-Gaevernitz) 462 Hobbes, Thomas 654 Hochstein, Karl 183,186,189,194, 736 Hock, Paul Frhr. von 320 Hoffmann, Johann 8,393 Hofmannsthal, Hugo von 396 Hohenlohe-Schillingsfürst, Alexander Prinz von 223 Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu 223, 736 Hohn, Marie geb. Schäfer 97,98,162,163, 270,277f., 736 Hohn, Otto 98,163, 736 Holle, Ludwig 174,418, 737 Honigsheim, Paul 289 Hoops, Johannes 308,309, 322,328, 737 Hörner, Joseph 509, 737 Huber, Ernst Rudolf 222,254, 714f. Huber, Franz C. 287, 737 Huch, Ricarda 220,481, 737 Huch, Richard 481 Hufeland, Christoph Wilhelm 401 Humboldt, Caroline von 75 Humboldt, Wilhelm von 75
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Personenregister
Hume, David 529 Hurwitz, Emanuel 393 Husserl, Edmund 79,310, 494,531, 737 Ickrath, Paul 105,509, 737 Jackson, Andrew 407 Jaffé, Edgar 5,7,10,14,55,121., 80,83, 94, l l l f . , 114,122,126,132,134,136, 141-144,156f., 165,169,175f., 183, 186,189-193,195 -200,205,214,237, 242,246,250-252,260,261,267 f., 269, 271,279 f., 291 f . , 295,301,304,328, 332,393,394,409-413,425,431,444, 445,450,455,554,574f., 583,598 - 604, 613f., 616,627,635f., 642,647-650, 654f., 657,659, 681,707f., 710, 737 Jaffé, Else, geb. von Richthofen 10,12f., 132,136,220,261,263,268,295,332, 393 -403,431,438,443 -446,450,457, 461,462 -464,465,523,537,542,554, 613, 621,627, 632,635,681,707f., 737 Jaffé, Marianne 462,621, 738 Jaffé, Peter 402,431,443,445,450, 462 Jahn, Christian 420f., 738 Jahn, Elisabeth 420-422, 738 Jahn, Inger 420f., 755 Jahn, Kristian Fredrik (Far) 420- 422, 738 Jastrow, Ignaz 37, 234, 738 Jaurès, Jean 201, 738 Jellinek, Georg 10,14,85,126,149-152, 268,274,309,311-313,326,427f., 457, 460,467-470,471,472f., 479,482,487, 489,492-496,501,510,512,514f., 527, 529,565,567,591-593,697,711,712f., 738 Jellinek, Mercédès 479,514 Jellinek-Mercédès, Emil 479,489,501, 510,514f., 738 Jolly, Emilie (Mila) 54,103,167f., 739, 766f. Jolly, Julius 641, 739, 766f. Jolly, Philipp 103,167f., 392, 739, 766f. Jung, Carl Gustav 393,431,444 Kaehler, Wilhelm 175, 739 Kahl, Wilhelm 565, 739 Kahn, Otto 157 Kalinowski, Konstanty 52 Kant, Immanuel50,537,561 Kantorowicz, Hermann 690f., 703, 739
Kati (Haushälterin Alfred Webers) 628, 631, 739 Katscher, Leopold 560 Kauffmann, Gustav 618, 739 Kaufman, Aleksandr A. —»Kaufmann, Alexander A. Kaufmann, Alexander A. 14,719, 740 Kaulen, Franz 215 Kaulla, Rudolf 578, 740 Kautsky, Karl 618, 740 Kempf, Rosa 121 Kielland, Alexander Lange 121, 740 Kindermann, Carl 569f., 740 Kistiakowski, Theodor A. 14,119,127, 133,141,717f., 740 Kistjakovskij, Bogdan A. —»Kistiakowski, Theodor A. Klebs, Georg 613, 740 Klebs, Luise 613 Klinger, Max 36,52,283, 301, 740 Knapp, Georg Friedrich 115-117,292,740 Knies, Karl2,25,78 Knittel, Richard 54, 301,304, 741 Koehler, Carl 570, 741 Köhler, Harry 110 Koigen, David583,607 König, René 259 Köper, H. (Hauswirt Max Webers in Zandvoort) 339 f „741 Körner, Theodor 588 Kraepelin, Emil398,641,674,684, 741 Krehl, Ludolf von 327 Kries, Johannes von 45 Kuczynski, Robert 253, 741 Kulemann, Wilhelm 306 Külpe, Oswald 309, 494, 741 Kusmin, V. 260 Laband, Paul 149f., 564 Labriola, Antonio 223 Labriola, Arturo 424,597, 741 Lahmann, Heinrich 430,438,448,452, 455,458,471,475f., 555 Lahmann (Witwe) —» Paira (Frau von Karl Paira) Lamping, Eleonore (Nora) 379,670,741, 765 Lamping, Wilhelm 670, 741, 765 Lamprecht, Karl 25,41, 741 Landmann, Michael 470,512 Lang, Alexander 31, 742
Personenregister Lange, Helene 262 Lask, Emil 7,10,40,41,80,127,291,337, 347-349,351-354,358-361,363,365, 368,371,375,415 f., 430 f., 438,446, 457,463,467,480,481,496,531,628, 635,681,742 Lassalle, Ferdinand 193,693 Leader, Temple 540 Lederer, Emil 6 Legien, Carl 172f., 742 Lehmann, Ernst 549, 742 Lemcke, Johannes 90, Lenz, Max 41 Leone, Enrico 114,424,597, 742 Leser, Emanuel 31,570, 742 Lessing, Gotthold Ephraim 101 Leutwein, Theodor 202f. Levy, Hermann 614, 636, 742 Lexis, Wilhelm 108,115, 705, 742 Liebermann von Sonnenberg, Max Hugo 619,694, 742 Liebknecht, Karl 408, 743 Liebknecht, Wilhelm 260 Liefmann, Robert 13,290f., 295,333 f., 743 Lilienthal, Carl von 567, 743 Lipperheide, Franz Frhr. von 355 Lipps, Theodor 494, 743 List, Friedrich 529 Liszt, Franz von 596 Livius 560 Loria, Achille 180,185,207 f., 221,229, 238,248, 255,259,261,281, 743 Lötz, Walther 306,667, 669, 743 Low, Sydney 57,99,151, 743 Loyola, Ignatius von 29 Lucas, Robert 464 Luther, Martin 32f., 75,559 Luxemburg, Rosa 618, 743 Macchiavelli, Niccolö 562 Macey, David A. J. 719 Mach, Ernst 65, 79, 317, 744 Maek-Gerard, Eva 390 Maeterlinck, Maurice 340,368,439,451 f., 744 Maino, Luigi 161, 744 Mareks, Erich 10,308, 309f.,327, 744 Marcy, William Learned 407 Marshall, Alfred 668,669 Martin, Rudolf 20,21, 744 Martini (Pensionsinhaber) 537, 744
111
Marx, Karl 193,231,233,234, 578 Masaccio 534, 543 Mathy, Karl 549 Mauer, Hermann 271, 744 Maurenbrecher, Max 301 f., 304 f., 744 Maurenbrecher, Wilhelm 301, 745 Medici, Giuliano 532 Medici, Lorenzo 532 Meer, Jan van der (Vermeer van Delft) 353 Mehring, Franz 275 Meinecke, Friedrich 298f., 308,309,492, 494,527, 745 Melle, Werner von 263 Mendelssohn Bartholdy, Albrecht 90 Menger, Carl 578,688, 745 Meumann, Ernst 309, 745 Meyer, Adolf 90 Meyer, Georg 241 Meyer-Lübke, Wilhelm 644 Michelangelo 536 Michels, Robert 5/., 13,15,19,56-58,68, 84f.,90f., 94,99-102,114,130,132, 134-136,153,i57,160f., 164,170, 172f., 177-180,2«;, 183-189,790, 193 f., 198-200,206-211,216f„ 221-224,227-230,238-248,250,251, 253,255 -261,263,265 f., 274f., 281, 318,332,350,355 f., 369,406-408, 423 f., 429,433 f., 478,487,513, 516-520,574 f., 596-600,615-620, 637- 642,647, 656,664f., 745 Michels-Lindner, Gisela 6,13,130,135 f., 177,184,198 - 200,209,211,276, 227 -230,241,246,250 f., 253,255, 258-261,263,265 f., 281,318f., 350, 369,406,434,478,516,520,620,642, 665, 745 Milhaud, Edgard 223 Molière (Jean Baptiste Poquelin) 427 Möller, Erwin 389,678, 681, 745, 765 Möller, Gerda von, geb. Velhagen366,746 Möller, Gerhard von 366, 746 Möller, Hertha, geb. Weber385,666,670, 678,681, 746, 765 Möller, Karl 389,666,670,678,681, 746, 765 Mommsen, Clara, geb. Weber 9,12,16, 36,87 f., 268,282-284,379,387,405, 420,526, 540,611,686,709f., 746, 767 Mommsen, Ernst 16,87,283,379,405, 420,526, 686, 709, 746, 767 Mommsen, Maria Auguste 210, 746
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Personenregister
Mommsen, Theodor210,540,597f., 746 Mommsen, Wilhelm 275 Mommsen, Wolfgang J. 5,6,11,205,312, 697 Morawitz, Lucia 523,542, 746 Müller, Alwine (Wina) 335 f., 358 f., 368, 370,375 f., 378,385,388,456,485 f., 526,614,621,671-673,680,681,746, 765 Müller, Berthold 387, 765 Müller, Bruno 350,355,369,377,385, 386-389, 486, 663,671, 747, 765 Müller, Eleonore, geb. Weber 385,671, 680, 747, 765 Müller, Georg 381,385,386-388,453, 485f., 499, 700-702, 747, 765 Müller, Ina 680, 747, 765 Müller, Karl 609 Müller, Lili, geb. Tiemann 486 Müller, Marianne 377,387 f., 526,702,747, 765 Müller, Richard 381,385-388,404,453, 485f., 680,701, 747, 765 Müller, Roland 387,671 f., 747, 765 Müller, Wilhelm 671, 765 Müller(-Meiningen), Ernst 711,112,713, 747 Münsterberg, Hugo 64,293,310,317,416, 455, 747 Munzinger, Elisabeth 263,431, 748 Muther, Richard 396 Muthmann, Arthur 395 Napoleon—» Bonaparte, Napoleon Natorp, Paul 51,235, 748 Naumann, Elisabeth 709 Naumann, Friedrich5,7f., 14,201-205, 206,254,301 f., 304-306,529,545-549, 581,586-589,628,633,635 f., 693-698, 709, 711—716, 748 Negelein, Maximilian von 565 Neumann, Carl 13,174-176,294f., 427, 748 Neumann, Friedrich (Fritz) 627, 748 Niebuhr, Barthold Georg 253 Nietzsche, Friedrich 82,365,393f., 402, 530 Nippold, Friedrich 215 Nokk, Wilhelm 230 Obolenskij (Gouverneur von Char'kov) 102
Oldenbarneveldt, Johan van 357 Oldenberg, Karl 383, 748 Oldenburg-Januschau, Elhard von 693 Oncken, Hermann 309 Oeser, Rudolf 241 Paira, Karl 476,480 Paira (Frau von Karl Paira), verw. Lahmann 476,480 Pappritz, Anna 368,371,372,375,542, 748 Passow, Richard 707 Peiser, Felix E. 116 Perikles 529 Petrov, Nikolaj 101 Petrunkevic, Ivan I. 719 Philippovich, Eugen von 192,570, 668 Pierstorff, Julius 84f., 90, 748 Piloty, Robert 126,149,564, 749 Plato 496 Plenge, Johann 705, 749 Pohle, Ludwig 174f., 749 Pöhlmann, Robert 668 Pokrovskij, Michail N. —> Pokrowski, M.N. Pokrowski, M.N. 297, 749 Potthoff, Heinz 382,404, 749 Preuß, Johann David Erdmann 146 Puppe (Haushälterin Karl Webers) 634, 749 Quarck, Max 276,217,228,230,238,239, 241,244 f., 247-249,251,255-258,275, 619, 749 Quenzer, Philipp 569 Rachfahl, Felix 3 Radbruch, Gustav 632,691 Radbruch, Lina 632, 749 Rade, Martin 77, 306,564- 567, 749 Rathgen, Cornelie 253 Rathgen, Karl 7,10,120,263,293,319f., 324,327, 330,332,668, 750 Ratzel, Friedrich 78, 750 Regnier (Bekannte von Marianne Weber) 621, 750 Reissert, Arnold 565 Rembrandt 346 Rendu, Eugène 619 Reusch, Heinrich Fr. 215 Reuter, Fritz 617 Rhamm, Karl 27,44, 750 Richthofen, Anna von 443
Personenregister Richthofen, Ferdinand von 71 Rickert, Heinrich 7,45 f., 59f., 62,63,65, 140,164 f., 170,171,213,297-299, 308-310,344 f., 347-349,414-418, 438,440,463,467f., 471 f., 482 f., 492-497, 527-531, 699,710, 750 Rickert, Sophie 7,61,97,299,310,344 f., 347—349,394,418,438,471,497,544, 710, 750 Riehl, Alois 50, 86,464, 470, 750 Riehl, Sophie 463 Robbia, Luca della 532,536 Roeren, Hermann 204 Roscher, Wilhelm 2,25,78,668 Rostowzew, Michail 576 Rotteck, Karl von 549 Roux, Wilhelm 415, 750 Rubinstein, M. 297, 750 Rubinstejn, M. —» Rubinstein M. Rümelin, Max 241 Rumpf, Max 690, 750 Ruprecht, Wilhelm 305 Sabatier, Paul 105,128, 751 Sablinsky, Walter 101 Salz, Arthur 669 Sassetti, Francesco 390 Schachner, Robert 411, 707, 751 Schacht, Hjalmar 707 Schäfer, Albert 526 Schäfer, Clara (Schwiegermutter von Lili Schäfer) 88, 97,98, 751 Schäfer, Clara (Tochter von Lili Schäfer) 526 Schäfer, Dietrich 296,468,565,572, 751 Schäfer, Dietrich sen. 572 Schäfer, Hermann 16,163,268,270,277, 278,284,338,405,526,550,682f., 751, 767 Schäfer, Karl 97f., 162f.,265,270,277, 278,301,338,751 Schäfer, Lili, geb. Weber9,12,16,36,88, 97 f., 163,263,265,268,270,277, 282-284,301,338,339,405,420,522, 526,550,551,678,680f., 682f., 686, 701,751,767 Schäfer, Max—»Weber-Schäfer, Max Schäfer, Otto 162,278,301, 751 Schandau, Bertha 75,88,137-139,154 f., 268,344,439,515,542,544,550,611, 621, 624,626,628,631,636,666, 752 Schanz, Georg 73
779
Schaper, Alfred 571 Schenkel, Karl 106,145,225,569, 752 Schenkendorf, Max von 588 Schiele, Friedrich Michael 608, 752 Schiller, Friedrich von 427,561 Schlieffen, Alfred Graf von 202 Schlosser, Friedrich Christoph 308 Schluchter, Wolfgang 6,399 Schlüter, Otto 78, 752 Schmarsow, August 390 Schmid, Alfred 446,537,613,635, 752 Schmid, Clara (Cläre) 446,537,613,627, 635, 752 Schmidt, Paula, geb. Hausrath 9,168,268, 752, 767 Schmidt, Raymund 41 Schmidt, Richard 41,699, 752 Schmöle, Josef 295,306, 752 Schmoller, Gustav 23,41 f., 55,73,75,108, 120-122,124,140,175,192,206,230, 233,235,236,245 f., 253,254,292,307, 311,317,404,469,529,570,571,573, 579f., 592- 595,610,639,689,707,709, 752 Schmoller, Lucie 253, 753 Schneemelcher, Wilhelm 307, 753 Schnitger, Eduard 381,611, 753, 764f. Schnitger, Fiorentine (Flora) 53,261,611, 753 Schnitger, Hans 261, 611 Schnitger, Marie 53,261 f., 264 f., 337, 611 f., 614,624- 628,630-633,635 f., 753 Schnitger, Minna 261,611 Schön, Manfred 113,260 Schönberg, Gustav von 92,93,95,96,158, 197,279,435,609,648,650,659,667, 668f., 676, 753 Schopenhauer, Arthur 402,530 Schräder, Eberhard 116 Schräder, Karl 579 Schreiber-Krieger, Adele 92, 753 Schubring, Paul 536 Schücking, Lothar 695, 753 Schücking, Waither 51,564,565,567, 753 Schulze-Gaevernitz, Gerhart von 85,236, 323f., 462,548, 754 Schulze-Gaevernitz, Johanna von, geb. Hirsch 462, 754 Schumacher, Hermann 93,95,96,279 f., 754 Schwarz, Hermann 618, 754
780
Personenregister
Schwarz 491 Schwentker, Wolfgang 6 Schwerin, Claudius Frhr. von 27,576 Scribe, Eugène 355 Seebohm, Frederic 27, 754 Semrau, Max 390 Sering, Max 108,192,253 Shakespeare, William 664 Siebeck, Georg 13 Siebeck, Oskar 5/., 13,165 f., 169,190, 212,267,269,271 f., 279,285,306f., 361,409,411,419,426,429,433, 435 - 437,576,651,659,667,669,676, 706, 754 Siebeck, Paul5/., 13,20-24,28,30,48f., 53,55,89,92- 96,110-113,119,122, 127,131,133,134,141-143,156-159, 160,164,165 f., 170,190f., 195-197, 208,212,213 f., 237,251f., 273,276, 219t,285., 300,332,435,437,601-603, 609,648-651,657,659f., 663,667-669, 676f., 692,705f., 708, 754 Sieveking, Heinrich 175 f., 291,294,436, 532,538,543f., 755 Sieveking, Rosa538,543f., 755 Simmel, Georg5, 7,13,298,309f., 402, 410,438,457,467f., 469-473,482f., 487,493-496,500,512,527-529,530, 565,570f., 583f., 591,592,607,709, 755 Simmel, Gertrud 508,709, 755 Simmenroth, Walter 655, 755 Simon, Helene 92, 755 Simson, August von 476,484,486,488f., 499, 755 Sinzheimer, Ludwig 581, 756 Söderberg, Gunnar409,411, 756 Sohm, Rudolph 306, 756 Solov'ev, Vladimir S. —* Ssolowjew, WladimirS. Sombart, Werner5,7,14,19,73,80,83, 93,95,96,108,114,120-123,126,140, 143f.,156f., 164,170,173,289, 190-192,195-197,207,229,230f., 232-235,236,242,320,322,394,396, 408,410,425,428,523,570,583, 597-599,601,603-606,638,648,650, 655, 657,668,676, 707,708, 756 Spangenberg, Karl 523 Spiethoff, Arthur 57,42,108,192,303, 307,570, 756 Spinoza, Baruch 346
Ssolowjew, WladimirS. 110,119,133,141, 756 Stallmeister, Walter 83 Stammler, Rudolf 269,288,690, 756 Staudinger, Franz 656, 756 Stein, Elisabeth 545,634,662,681,686 f., 757 Stein, Charlotte Freifrau von 46 Stepun, Fedor 110,119,127,141, 757 Stieda, Wilhelm 289,411,426,669, 757 Stöcker, Helene 211,396, 757 Stoecker, Adolph 306, 757 Strauß, Richard 396 Stritt, Marie 542, 757 Struve, Petr 297,548, 757 Stumpf, Carl 592 Stutz, Ulrich27,44,118,576f., 757 Sydow, Anna von 75 Taine, Hippolyte 559,560 Tasca, Mastrogiovanni 177,228, 757 Tauler, Johannes 559 Terenz 627 Teschemacher, Hans 274,281, 758 Tetzel, Johann 400, 758 Thomas von Aquin 558,560f. Timirjasjew, W.1.101, 758 Timirjazev, Vasilij I. —» Timirjasjew, W. I. Tischendörfer, Christian 306, 758 Tobler, Mina 12f. Tolstoj, Leo 75,535, 615, 626, 758 Tönnies, Ferdinand 196,467,570,583 f., 607,626f., 654,656,707,710, 758 Töpfer, Karl 355 Treitschke, Heinrich von 240,308,529, 619, 758 Triepel, Heinrich 564, 758 Troelstra, Pieter 350, 758 Troeltsch, Ernst 7,10,309,470,492f., 496, 558,609,622, 759 Troeltsch, Marta (Mokka) 261,622, 759 Troeltsch, Walter 92,93,95f., 197,306, 326, 436,569, 759 Trotha, Lothar von 203 Tschuprov, Alexander A. 40,415, 759 Tugan-Baranovskij, Michail 223 Uzzano, Niccolö da 562 Vaihinger, Hans 41 Vergil 643
Personenregister Victoria, Königin von England 693, 696 Vinogradoff, Sir Paul Gavrilowitsch 27, 576, 759 Vitte, Sergej Witte, S. J. Voelcker, Friedrich 537, 759 Vogel, Walther 124 Vorländer, Karl 213,656, 759 Vossler, Esther 563 Vossler, Karl 7,10,522,556-563,627, 680, 759 Wachsmuth, Emilie 389, 759 Wachsmuth, Karl 389, 759 Wagner, Adolph 121,236,240,268,406, 571, 760 Wagner, Fritz (Theologe) 268, 760 Wagner, Fritz (Historiker) 79 Waldberg, Max Frhr. von 680, 760 Walras, Léon 114 Waner (technischer Betriebsleiter Leinenweberei Carl Weber) 701 Warburg, Aby 390f., 760 Weber, Adolf 176,279,291,294f., 760 Weber, Alfred 4,7,10,12,16,361,42, 53 f., 74 f., 104,108 f., 120-122,128, 137-140,175 f., 190,192,196,231-236, 263,268,270,282,284,303,311 f., 320—331,362,381—384,404 f., 420,422, 431,488 f., 498,506,508,510f., 513, 516,519-522,525-528,536f., 541, 550f„ 554,570,591,596,609,613,622, 624,628,631-634,636,639,645, 661-664,668,674,675 f., 678,682,686, 692, 704f., 709, 760, 767 Weber, Arthur 9,16,88,103,405, 420-422,526,551,681 f., 686, 760, 767 Weber, Carl (Carlo) 377,385,386,389, 449,678, 760, 765 Weber, Carl David 8f., 16,335,337f., 350, 355,378f., 381,385,405,476,486,666, 667, 671, 761, 764f. Weber, Emilie (Emily), geb. Brassert 377, 389, 449,453, 761, 765 Weber, Ernst Heinrich 578 f. Weber, Helene, geb. Fallenstein 9,12,16, 19,36f., 52-54,61,73,14-16,88f., 97 f., 103-105,108 f., 120f., 128 f., 137-140,154 f., 161-164,167 f., 171 f., 179-182,210,261f., 263,265,268,270, 277 f., 282 f., 301,304,310,321,328, 338,355,378-380,381,384,386-389,
781
392,393, 405f., 420-422, 433,438,457, 474,488 f., 498,502,506-508,510-516, 518-526,532,535-537,540-545, 549- 551,553,611,623,633f., 662,666, 678,680,681-683,686f., 702,708- 710, 761,764,767 Weber, Karl 9,16,36,163,268,282f., 405, 420,526, 634,683,686, 761, 767 Weber,Marianne,geb. Schnitger 1,3f., 6-12,15f., 19,36f., 43,45f.,50,52-54, 56,61,73,74-76,85,88f., 97f., 103-105,107-109,121,722,128f., 137-140,146,153-155,158-162, 165-167,169,171 f., 177,179f., 181, 182-184,189,190,210f. ,212,224-226, 251,259,261-266,268,269,270,276, 277,278,282-285,299f„ 304,310,321, 328,332,333,335,3361,338,339-355, 357-378,380,384-389,392,393f., 404 f., 412,418,420,421-423,430433, 438- 458,460-466,467,471,473, 475-477,479-481,484 f., 487-491, 498-509,511 f., 514 f., 518-526,529f., 532-545,550- 555,556,568,583,605, 611-614,621-628,630-633,656f., 666,670,671,613,678-681,690,691, 702-704,708-710, 761, 764f., 767 Weber, Marianne, geb. Niemann335, 764 Weber, Max sen. 50,623, 764, 767 Weber, Max - , Agrargeschichte, Altertum (1909) 6, 426, 435-437 - , Agrarverhältnisse im Altertum 3 (1908/ 9)3,9,116,232,426,429 f., 433,435, 437,440,442-444,446,449,454,478, 568,576,597,704 - , Altgermanische Sozialverfassung (1904) 124 - , Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus" (1910) 3 - , Antikritisches zum „Geist" des Kapitalismus (1910) 3 - , Aufruf des Bundes für Mutterschutz (1905) 211 - , Ausschußsitzungen des VfSp 1907 in Berlin 206, 227 in Magdeburg 382 - , Die badische Fabrikinspektion (1907) 106, 218,220,225,263 - , Bemerkungen (Replik auf Karl Fischer, 1908)3,390,409
782
Personenregister
- , Bürgerliche Demokratie in Rußland (1906) 2,22-24,28,30,37,42,47,48 f., 53,101,123,141,165,212-214,237,252 - , Diskussionsbeiträge zweiter deutscher Hochschullehrertag (1908) 664 - , „Energetische" Kulturtheorien (1909) 528 - , Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter (PrJbb, Bd. 77,1894, S. 437-473) 235 - , Erhebungen über Auslese und Anpassung der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie (1908) 4,609,613, 624,632, 661,674, 675 - , Erklärung gegen die preußische Schulvorlage (1906) 51 - , Der Fall Bernhard (1908) 4,603, 639 Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (1911) 396 - , Glückwunschadresse zu Gustav Schmollers 70. Geburtstag (1908) 594f. - , Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz" (1908) 579f., 632,641, 644, 688 - , „Jugendbriefe" 11,50,611,623 - , Kaiser und Reichsverfassung (1908) 711 - , „Kirchen" und „Sekten" (1906) 2f., 77, 276,280 - , Kritische Bemerkungen (Replik auf Karl Fischer, 1907) 3,285,361,419 - , Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik (1906) 2, 45f., 78 - , Die Lehrfreiheit der Universitäten (1908) 5, 91 - , Nachtrag zu dem Aufsatz über R. Stammlers „Überwindung" der materialistischen Geschichtsauffassung (1922) 269, 690 Der Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik (Antrittsrede, 1895) 235 - , Die „Objektivität" sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904) 45,188f. - , Politik als Beruf (1919) 535 - , Die protestantische Ethik (1904/5) 2,25, 32,119,273,276,279,285,300,361,426, 435,559,609 Psychophysik (1908/9) 4,632,662 f., 666,670,674,677,680,684,692,700f., 705,708
- , Roscher und Knies (1903-1906)2,25, 78,287,293,317,559 - , Scheinkonstitutionalismus (1906)2,25, 37,42,47,48f.,53,55,9/, 94,99,101, 104,110-113,118,120,122f., 130f., 140,150,165,212-214,237,243,252 - , Die sogenannte „Lehrfreiheit" (1908) 4, 596,664,666 - , Solidarhaftprinzip (Diss., 1889) 476 - , R. Stammlers „Überwindung" der materialistischen Geschichtsauffassung (1907) 3,169,195,212 - , Stellung der Frau im modernen Erwerbsleben (1906) 106,145,147 - , Verfassung und Verwaltungsorganisationen der Städte (Diskussionsbeitrag, 1907) 5,406, 407 - , Vinogradoff (Rezension, 1894) 27 Weber, Ottilie 105,108,138f., 162,358, 368,377- 379,386,392,678,687,761, 764 Weber, Valborg, geb. Jahn 16,88,103, 420,421 f., 526, 681 f., 761, 767 Weber-Schäfer, Max 13,522,681, 701 Weekley, Ernest 444,450,451,462,464, 761 Weekley, Frieda, geb. von Richthofen 443, 444,450,451,461, 462,464, 761 Weizsäcker, Heinrich 390 Wentzke, Paul 617 Westarp, Kuno Graf von 694 Wieser, Friedrich Frhr. von 705, 762 Wilbrandt, Robert 638, 762 Wilde, Oscar 439,451 f., 762 Wilhelm I., deutscher Kaiser und König von Preußen 694 Wilhelm II., deutscher Kaiser und König vonPreußenS, 151,193,202,203,204, 221,230,312,547,618,693,694699, 716 Wilhelmina, Königin der Niederlande 698 Winckelmann, Johannes 11,289 Windelband, Wilhelm 7,10,13,26,34,39, 45,50,67,110,213,298,309f., 414f., 457,467f., 469 f., 472f., 482f., 492-496, 527- 529,584,592, 607, 762 Windelband, Wolfgang 39 Winkelried, Arnold 588 Witte, S.J. 101,762 Wittich, Werner 286,291-293,314,316f., 426, 581,585f., 589, 762
Personenregister Wolff, Theodor 254 Wundt, Wilhelm 309,317,430, 762 Wuttig, Ernst 90 Wuttke, Dieter 390 Wuttke, Robert 436 Wygodzinski, Willy 436 Zahn, Friedrich 314f., 585, 762 Zedlitz-Neukirch, Octavio Frhr. von 51 Zeiß, Carl 90,222
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Zeppelin, Ferdinand Graf von 640, 647 Zimmermann, Waldemar 306 Zöckler, Otto 215 Zola, Emile 647 Zöpfl, Gottfried 314, 763 Zwiedineck-Südenhorst, Hans von 291, 763 Zwiedineck-Südenhorst, Otto von 291, 294,314, 763
Ortsregister Nicht berücksichtigt wurden die Absendeorte der Briefe sowie die im Personenverzeichnis genannten Orte. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede.
Afrika—* Deutsch-Südwestafrika, Südafrika Agrigent 181 Ajaccio 441,490,525 Algeciras 202 Alkmaar 337,341, 346f., 357 Altenberg (bei Köln) 526,550,682 Altenberg (bei Munster und Colmar, Elsaß) 345,375 Altenburg 55,113 Altmorschen (bei Bebra) 611 Amerika 57,79,83,93,129,202,211,234, 279,324,408,423 f., 476,571 f., 575, 613, 617f., 640, 697 —*• auch: Nordamerika, USA, Vereinigte Staaten Ammersee 355 Amrum 137 Amsterdam3,54,201,337,342,344,346f., 350,354- 356,358- 361,362,374,380, 384,516,698 Apennin 129,139 Arles 506 Arnheim 372,374 f. Arth (Zuger See, CH) 128 Asien 65 Assisi75, 88f., 104,129,540 Australien 411 Avignon 506 Babel, Babylon 116,535 Baden-(Baden) 270 Baden, badisch 103,221,320,431,549, 587,639,641,713 Basel 375, 439,622 Bayern 254,713 Beaulieu-sur-mer (Dept. Alpes-Maritimes, F) 438,439 f., 441,442,458,487, 490 Bebra 611
Beemster Polder (bei Alkmaar, NL) 354, 357 Belgien 574, 699 Bellagio (Corner See) 276,277,278,474, 499 Berlin 56,37,41 f., 53,57,75,120,122, 138,154,167,175,199,206,209,210, 213,221,227,230,232,233,246,250, 253,283,295,298,307,312,314,321, 327,379,387,392,404,418,420,438, 448,457f., 468f., 470,472,476,482, 495,522,528,547,564f., 591,592,596, 603,613,617,618,633,634,639,662, 666,667,670,678,682,695,705, 709 —* auch: Charlottenburg, Halensee, Wannsee Bernina 354 Bielefeld 9,337,350, 355,379,387,662 Bologna 162 Bonn 93,176,279,294 Bordighera (Riviera) 474,488 Bonnes (Dept. Var, F) 504,507 Brackwede 666 Bremen 572 Breslau 73,290,639 Brünn 291,293,316 Cadenabbia (Corner See) 277 Canadel (bei Le Lavandou, F) 501 Cannes 458,513 f. Cannstadt 479 Canossa 699 Cap Nègre (bei Le Lavandou, F) 488f., 504 Capri S, 88f., 129,138,179,181 Catania 177,407 Cavalaire (französische Riviera) 433, 440 Cavloccio-See (Engadin) 372 Chaîne des Maures (bei Le Lavandou, F) 464
Ortsregister Charlottenburg (bei Berlin) 121,209,404, 454,456,460,545,634,667 f., 670,678, 706 —* auch: Berlin Chur 345 Churwalden 628 Colmar 375 Corner See 104,181,448,474,488f., 499, 507 Como 498 Connecticut 79 Côte d'Azur 438 La Croix (Dept. Var, F) 490,502,505 f., 523 Dänemark 695 Danzig 283,526,634 Detmold 261 Deutsch-Südwestafrika 202-204 Dobrilugk (Lausitz) 283 Dresden20i, 430,433,438,448,452,454, 458,460,469,471,475,542 Düsseldorf 314,315,431, 709,710 Eberbach 265 Echterdingen 624 Edam 358,360,364-366 Egmond aan Zee 337, 341-345,357 Eisenach 4,613,651 Elsaß 292 Elsaß-Lothringen 713 Ema-Tal (bei Florenz) 542 Engadin 345,347,348,349,359,369,380 Engelberg 345 England 27,57,99,126,151,175,211,236, 290,295,443,572,575,693,695,698, 699,714 —* auch: Großbritannien Esterei-Gebirge (F) 441,514 Europa 65 Feldberg 140, 343f., 375 Fiesole (bei Florenz) 533 f., 536,538-540, 544,553 Finnland 409 Flandern 390 Florenz.?, S, 75,128f., 138 f., 162,182,390, 406,433,438,459,470 f., 483,497,499, 507,510,513,515 f., 523 - 526,529,532, 536,539-542,562,662 Forêt du Dom (bei Le Lavandou, F) 501, 505
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Frankfurt a. M. 138,216,228,238,241, 318,388,396,546,547,548f., 639,651, 709 Frankreich 202,222,223,292,507,547, 560,574,620,699 Frauenalb (bei Karlsruhe) 136 Freiburg i. Br. 7,10,27,61,85,86,97,158, 164f., 170,171,173,196,227,229,235, f., 337, 241,248,290,298,308,309,323 344f., 347f., 349,438,440,457,462, 464,467,492,553,570,581,619,620, 638,699, 710 Fréjus (französische Riviera) 433 Garda-See 268,507 Genf 170,179 Genua 129,137-139,154,177,294,433, 438, 516 Gießen 91 f., 242 Gotha 58,275,640 Gotthard 128 Göttingen 292,611,623,626,628, 633 Graz 291 Greifswald 174,291,294 f. Grindelwald (Berner Oberland, CH) 345 Großbritannien 407,693 —» auch: England Den Haag 349 Haarlem 342 f., 372,374 Halensee (bei Berlin) 307 —* auch: Berlin Halle 98,288,295, 318,652 Hamburg 175,263,291,320, 'ìli Heidelberg 1,3,5,7-10,19,26,31,34,36, 49f., 54,15,81,85,87f., 93,97f., 100, 104,122,129,136 f. ,171,172,177, 179-182,220,225,229,243,248,261, 268,274,280,286,295,300f., 308,309, 313,318,320-323,328,337,339,347, 350,369,375,379,385,387,393-395, 431,438,440,443,448,452,463, 467-469,488 f., 492,495,496,498,506, 508,513,515f., 520,526,529,536,537, 539,542 f., 545,550f., 554,556,560, 564,568,570,583,586,592,613f., 620, 622,626,628,630,635,638,654,656, 659,666,668,673,675-677,680f., 687, 690,691, 702,707, 709, 711 Heilbronn 254 Heia (bei Zoppot) 454 Den Helder (Nordholland) 353
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Ortsregister
Helgoland 360,372 Herrnskretschen (Böhmen) 498 Hessen 713 Hohenheim 197,570 Holland295,343,360f., 381,384,498,622, 698 f. —* auch: Niederlande Holte —» Schloß Holte Hoorn (an der Zuider Zee, NL) 353 f., 357 f. Hornberg 549 Husum 695 Hyères (Provence, F) 457f., 474 ile d'Hyères 464 ile de Levant (bei Le Lavandou, F) 474 Indien —* Ostindien Innsbruck 522,556 Irland 126 Italien 7,19,53,75,88 f., 94,118,128,155, 162,165,167 f., 172,183,185,187,198, 202,201,210,211,222,223,227,238, 244,246,250,256,258,318f., 356,369, 433,507,525,556,562,563,574,579, 596, 597,665 —> auch: Norditalien Japan 20 Jena 4,84,90,91,94,185,197,221,239, 247,294,429,449,617,644-646,652, 658, 662,664, 659 Karlsruhe26,54,88,97,98,103,106,136, 162,225,229,261,263,275,291,301, 308,321,440,495,529,567,569,638, 639,666 Kassel 388,418 Katwijk aan Zee (NL) 346 Kiel 174,279,291, 378,553, 707,710 Klosters 375 Köln 68,526,550 Konstanz 498,502 Korsika 454,525 Kreuzlingen (am Bodensee, CH)54 Kupferhammer (bei Brackwede) 366,385, 389,666,670, 678,681 Lausanne 114 Le Lavandou (Dept. Var, F) 438,456, 458f., 474,504,513,518f. Leiden3,342, 345f.,361,380,384
Leipzig 289,306,408,411,426,581,646, 653,676,705 Lemgo 53,261,337,611,633 Lippe 350 Livorno 470 Lopshorn (bei Oerlingshausen) 386 Lübeck 468 Lucca 506 Lugano 438,506,519,545, 552,554, 555 Magdeburg 4f., 250,369,382,392,404, 406f. Mailand 137,139,157,160,162,164,170f., 172,111,179 f., 181,545 Mainz 622 Maloja 104,354 Mannheim 94,134,112,206,262,295,407, 462,529,614,622, 638 Marburg 92,100,136,175,186,197,199, 207,209,251,261,274,291,294,306, 326,436,564f., 596,665 Marken (Insel bei Edam, NL) 358,360, 365f.,367,368 Marokko 5,202, 618 Marseille 138,470 Maulbronn 634 Mecklenburg 617 Melsungen 611 Messina 131,171 Metz 443 Mönchengladbach —> München-Gladbach Monnikendam 358,364 Monte Carlo 438, 441,446,448f., 453,465 Monte Oliveto (bei Florenz) 540 Moskau 14,141,344 München 42,43,137 f., 162,167,171,256, 292,295,306,328,410,431,446,463, 538,585, 617,635,646,652,653 München-Gladbach 621,622, 709 Munster (Elsaß) 375 Münster 295,385,671 Mürren (Berner Oberland, CH) 345 Naumburg 48f. Neapel 129,137-139,154,161 f., 161,171, 172,177,520 Neustettin 268,526 New York 96,153,279,313,408 Niederlande 8,376,574,698 —* auch: Holland Nîmes 506 f.
Ortsregister Nizza 438,441,449,459 f., 479,501 f., 505 - 508,510-513,514,516,520 Nordamerika 77,276 —» auch: Amerika, USA, Vereinigte Staaten Norditalien 390 —» auch: Italien Nordwestdeutschland 291 Norwegen 420,421 f. Nürnberg 109,128 f., 137,160 Oerlinghausen (Westfalen) 4,9,261,268, 335,337,350,355 f., 358-360,363, 368f., 371 f., 374f., 377,385,387,404, 476, 611, 627, 633,666,678,680, 700f. Oliva (bei Danzig) 526, 634 Ostende 160 Österreich267,291,320,321,522,525, 537, 575,588, 617,633,644,688,694 Österreich-Ungarn 564 Ostindien 376 Ostpreußen 138 —* auch: Preußen Palermo 137-139,154,161,166,168,172, 181, 228 Panama 65 Pardigon (Dept. Var, F) 433,440,454,456, 464, 504 Paris 102,210,483f., 489,498, 516 Pegli (bei Genua, 1)518 Perugia 104, 406,433, 534,540 Petraia 543,553 Piacenza 172 Pisa 177,433,438,506f., 510,513f., 524, 525,540 Polen 548,564f., 581 Pompeji 181 Pontresina 337,342 f., 350,353,354,355, 359,362,380 Portofino (Riviera di Levante) 438,506, 510,512,513,514,516,519,521,524, 532,536f. Posen 52,175,535,545 Prag 176,263,321, 324,570, 633 Preußen 149 f., 163,185,221,229,248,271, 311 f . , 547,570,581-583, 587,590,713 —* auch: Ostpreußen, Westpreußen Provence 451,457,483, 536,553
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Rigi 345 Rigi-Kaltbad 375 Rijnsburg (NL) 346 Riviera 5,8,36,139,177,406,430,433 f., 451,459f., 488,510, 514,520f. - , französische 433 - , italienische 433 - di Levante 512,514 Rom 161,164,167,171 f., 179,193,207, 525,537,563,597 Rostock 295, 622 Rußland 1-3,5 f., 14,20-22,28,30,37, 42,46f., 49,52f., 67,92,99-102,110, 113,118,120,123,127,130,140f., 150, 165,212f., 223,237,243,252,297,304, 344,423,509,548, 571,575,591, 719 Sachsen 713 Salzburg 384,596,644 Samedan 342, 345 San Domenico (bei Florenz) 534,539f., 544 San Fruttuoso (bei Portofino) 523 Savona 439, 516,519 Schlesien 268 Schloß Holte (bei Oerlinghausen) 378 Schottland 126,343 Schwarzwald 98,120,342, 464,505 Schweiz 588,695,697 Sempach 588 Senne (bei Oerlinghausen) 378, 386 Siena 104 Sils-Baseglia (Engadin) 371,386,388 Sils-Maria (Engadin) 337,362,365,369, 375,2>11 i.,380, 384,387, 498 Silvaplana (Engadin) 365 Simplon 434 SizilienS, 88,109,138,159,168f .,181,182 Skandinavien 575 Sowjetunion —» Rußland Spanien 202 Splügen 104 Spoleto 104 St. Moritz349,351 f., 380 St. Petersburg 101,102 St. Raphael (französische Riviera) 433, 457-459 Starnberg 635 Stauffen 392 Straßburg 9f., 45,87,138,291,292,298, 304,306, 310,568,585
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Ortsregister
Stukenbrock (bei Oerlinghausen) 666 Stuttgart 49,115,287,438,542,545,553, 622 Südafrika 397,698 Süddeutschland 312,644 Surlei (Engadin) 365 Sylt 120 Syrakus 129,137,181 Tanger 202 Taormina 181 Teutoburger Wald 355 Tirol 633 Toitenwinkel (bei Rostock) 622 Tölz 387 f. Tönsberg (bei Oerlinghausen) 666 Toscana 109,390 Toulon 457 Le Trayas (Dept. Var, F) 459,514 Tremezzo (Corner See) 474 Trondheim 420 Tübingen 48 f., 91,111,131,142,176,197, 301,638 Turin 177-181,183,185 f. ,207,248,251, 261,281,332,355,424,433f., 513,516, 518-520,574 Türkei 547,680 Umbrien 109 Urach 338 USA 407
—» auch: Amerika, Nordamerika, Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 231,234,697 - * auch: Amerika, Nordamerika, USA Verona 128,167,171 f. Waldeck 713 Wales 27 Wannsee (bei Berlin) 490 —* auch: Berlin Weimar 438,550 Weißer Hirsch (bei Dresden) 430,433,438, 448,452,454,458,464 f., 471,473,475, 502,542 Westerland 120,137 Westfalen 620,705,717, 718 Westfalen-Lippe 350 Westpreußen 548 —* auch: Preußen Wien 272,293,320,468,479,617,639,705 Wijk aan Zee 343 Württemberg 713 Würzburg 73, 388 Zaandam (bei Amsterdam) 358 Zandvoort 337,341-343,631f. Zoppot 454 Zuger See (Gotthard, CH) 128 Zuider Zee 357 f., 367 Zürich 59,93,229,321,431,436,444,532, 569
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung II: Briefe
1. Aufbau der Gesamtausgabe In der Max Weber-Gesamtausgabe werden die veröffentlichten und die nachgelassenen Texte und Briefe Max Webers mit Ausnahme seiner Exzerpte, Marginalien, Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer wiedergegeben. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so werden diese sämtlich, gegebenenfalls als Varianten, mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck gegeben hat, werden nur dann berücksichtigt, wenn dem betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. Die Max Weber-Gesamtausgabe gliedert sich in drei Abteilungen: Abteilung I: Schriften und Reden Abteilung II: Briefe Abteilung III: Vorlesungen
2. Aufbau der Abteilung II: Briefe In Abteilung II werden alle bislang bekanntgewordenen Briefe Max Webers veröffentlicht. Unter Briefen werden verstanden: Briefe im engeren Sinne, sowie Briefkonzepte, Postkarten und Telegramme. Sie werden vollständig aufgenommen. Briefe im Sinne dieser Definition, die nicht überliefert, aber nachgewiesen sind, werden im editorischen Apparat verzeichnet. Die an Max Weber gerichteten Briefe werden nicht abgedruckt, es wird von ihnen auch kein Verzeichnis erstellt. Die Briefe werden chronologisch nach den Schreibtagen ediert. Die einzelnen Bände umfassen geschlossene Jahrgänge, der jeweilige Zeitraum wird im Bandtitel angegeben. Es sind die folgenden Bände vorgesehen: Band Band Band Band Band Band Band Band Band Band
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10:
Jugendbriefe bis 1886 Briefe 1 8 8 7 - 1 8 9 4 Briefe 1895-1900 Briefe 1901-1905 Briefe 1906-1908 Briefe 1909-1910 Briefe 1911-1912 Briefe 1913-1914 Briefe 1915-1917 Briefe 1 9 1 8 - 1 9 2 0
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In Band 10 werden als Nachträge auch solche Briefe aufgenommen, die nach Erscheinen der einschlägigen Bände noch aufgefunden werden oder die nicht datierbar sind.
3. Aufbau der Bände Jeder Band enthält ein chronologisches Verzeichnis der edierten Briefe, eine Einleitung der Herausgeber, die historisch-kritisch bearbeiteten Briefe Max Webers sowie Verzeichnisse und Register. Die Briefe werden in chronologischer Folge abgedruckt. Läßt sich diese bei Briefen vom selben Tag nicht bestimmen, so gilt die alphabetische Ordnung nach Empfängern. Briefe, die nur annähernd datierbar sind, werden am Ende des fraglichen Zeltraums eingeordnet.
4. Chronologisches
Verzeichnis der Briefe
Das chronologische Verzeichnis informiert über Datum, Schreibort und Empfänger der Briefe.
5.
Einleitung
Die Einleitung der Herausgeber Informiert über den biographischen Kontext sowie die Überlieferungslage der Briefe im jeweiligen Band sowie über bandspezifische Editionsfragen.
6.
Briefe
Bearbeitung und Präsentation der Briefe folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe eines Vorspanns und von drei Apparaten: dem Korrekturen- und dem Variantenapparat, die zum textkritischen Apparat zusammengefaßt sind, und dem Erläuterungsapparat. 6.1
Vorspann
Jedem Brief werden Angaben über Empfänger, Datum, Schreibort und Fundort sowie Zeugenbeschreibungen vorangestellt. Abschriften und Vordrucke von Briefen werden nur nachgewiesen, wenn sie die Quelle der Edition darstellen. Ergeben sich Datierung oder Schreibort nur aus dem Poststempel oder einem Aufdruck des Briefes (Briefkopf), so wird dies durch ein vorgesetztes PSt oder BK kenntlich gemacht. Andere Ergänzungen oder Erschließungen von Datum oder Schreibort stehen In eckigen Klammern.
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Der Vorspann enthält außerdem ggf. eine Editorische Vorbemerkung, in der Erschließung und Ergänzungen von Datum oder Schreibort begründet und zusätzliche Informationen zur Zeugenbeschreibung gegeben werden. Liegen mehrere Fassungen eines Briefes vor, wird hier auch dargelegt, welche als Text abgedruckt und welche als Varianten mitgeteilt werden. Hier werden auch alle weiteren editorischen Entscheidungen in Hinsicht auf den edierten Brief begründet. Dazu gehört unter anderem die Behandlung von Eigentümlichkeiten des Briefes. Ferner umfassen die Editorischen Vorbemerkungen Regesten solcher Korrespondenda bzw. Kontextdarstellungen, deren Kenntnis für das Verständnis des Briefes notwendig ist.
6.2 Textkritischer
Apparat
Im textkritischen Apparat werden Textentwicklung und Texteingriffe nachgewiesen. 6.2.1
Textentwicklung
Liegt ein Brief in mehreren Fassungen vor, wird eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel der eigenhändig niedergeschriebene Originalbrief. Der Originalbrief bzw. die abgedruckte Fassung trägt die Sigle 0 . Liegen parallele Ausfertigungen des Originalbriefs oder mehrere zu edierende Abschriften vor, werden diese mit O i , 0 2 usw. sigliert. Abschriften oder Nachdrukke werden nur berücksichtigt, wenn der Originalbrief fehlt. Jede zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen Apparat mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Ebenso werden im textkritischen Apparat Webers Streichungen und seine Änderungen am Wortlaut der Briefe nachgewiesen. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei umfangreichen Varianten, ist der positive Apparat oder die synoptische Darstellung gewählt. 6.2.2
Texteingriffe
Texteingriffe sind auf ein Minimum beschränkt. Sie werden bei Textverderbnissen vorgenommen. Als verderbt gelten Textstellen, die den Sinnzusammenhang zerstören, sowie fehlerhaft geschriebene Namen (Ausnahme: Tröltsch, örlinghausen) und falsche Datumsangaben. Der Eingriff wird dadurch nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im textkritischen Apparat mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der Apparat dann Lesarten in Voreditionen oder andere Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr gebräuchlicher Lautstand, veraltete Orthographie und Interpunktion. Nur in folgenden Fällen werden Texteingriffe ohne Nachweis im textkritischen Apparat vorgenommen:
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MWG Abteilung II • Außau und Editionsregeln
a) Bei der Gestaltung von Gliederungsmerkmalen (z.B. Paragraphen) sowie Hervorhebungen: Sie werden typographisch vereinheitlicht. b) Bei Umlauten: Sie werden der heutigen Schreibweise angeglichen (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei Abkürzungen: Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in eckigen Klammern ausgeschrieben. Webers Abkürzungen in Datumszeile, Anrede und Schlußformel sind vieldeutig und werden daher nicht aufgelöst. d) Bei offensichtlichen Schreibfehlern: Sie werden korrigiert (z.B. „agarhistorischen", „Lugenentzündung"). e) Bei der Numerierung von Webers Anmerkungen: Sie werden briefweise durchgezählt.
6.3
Erläuterungsapparat
Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung und enthält Regesten solcher Korrespondenda, deren Kenntnis für das Verständnis einzelner Briefstellen notwendig ist. Jeder Brief wird dabei als ein selbständiger Text behandelt. Wiederholungen von Erläuterungen gleicher Sachverhalte in mehreren Briefen bzw. Rückverweise auf Erläuterungen sind daher nicht zu vermeiden. 6.3.1 Zitate Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist ein Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen". 6.3.2
Literaturangaben
Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so wird diese, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. 6.3.3
Sacherläuterung
Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Briefes unerläßlich erscheint, soweit diese nicht in den Editorischen Vorbemerkungen behandelt worden sind. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinausgehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schrift-
MWG Abteilung II • Außau und Editionsregeln
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systemen verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien.
6.4
Präsentation
Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtem, erscheinen Webers Briefe und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite. Um die Herausgeberrede von Webers Text abzuheben, ist sie in anderer Schrifttype gesetzt. Die Briefe werden nicht abgebildet. Doch weist der textkritische Apparat Streichungen nach. Diakritische Zeichen machen von Weber nachträglich eingeschobene Wörter und Passagen kenntlich. Webers Randnotizen erscheinen soweit sie weder als Textnachträge noch als Fußnoten zu verstehen sind - im textkritischen Apparat. Kursiver Druck charakterisiert unterstrichene Textstellen des Brieforiginals. Verwendet Weber vorgedrucktes Briefpapier, so werden diejenigen Teile des Briefkopfes, die er in seine Orts- und Datumsangabe integriert, in einer abweichenden, kursiven Schrifttype wiedergegeben. Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten werden so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische Buchstaben verbinden den Edierten Text mit dem textkritischen Apparat. Sie stehen hinter dem Varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische Anmerkung auf mehr als ein Wort, so markiert ein gerade gesetzter Index den Anfang und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge (adamit Amerika 3 ). Die historisch-kritisch bearbeiteten Briefe Webers und die Erläuterungen des Herausgebers sind durch arabische Ziffern ohne Klammern miteinander verbunden.
7. Verzeichnisse und Register Dem Band sind folgende Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis 2. Ein chronologisches Verzeichnis der edierten Briefe, geordnet nach Datum, Ort und Empfänger. 3. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und Abkürzungen. 4. Ein Personenverzeichnis: Aufgenommen sind alle Personen, die Weber erwähnt; ausgenommen sind allgemein bekannte Persönlichkeiten (z.B. Bismarck, Nietzsche, Wilhelm II.) und solche Autoren und Namen, die in bibliographischen Angaben ohne nennenswerte weitere Information genannt oder aufgezählt werden. Das Personenverzeichnis liefert die wichtigsten Lebensdaten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu Weber auf. Das Personenverzeichnis hat den Zweck, den Erläuterungsapparat zu entlasten.
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MWG Abteilung II • Aufbau und
Editionsregeln
5. Verwandtschaftstafeln der Familien von Georg Friedrich Fallenstein und von Carl David Weber: Sie zeigen die Verwandtschaftsverhältnisse der Familie Max Webers. 6. Ein Register der Briefempfänger: Es dient dem Auffinden aller Briefe an einen bestimmten Empfänger. 7. Ein Personenregister: Es verzeichnet sämtliche von Weber und v o m Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und vom Editor zitierten Literatur. 8. Ein Ortsregister: Es verzeichnet alle geographischen Namen, mit A u s n a h m e der Verlagsorte in Literaturangaben und der Archivorte. Es werden die Namen benutzt, die im deutschen Sprachraum vor 1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Die Empfänger-, Personen- und Ortsregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. 8. Indices und
Zeichen
Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer ( x ) , 2 ) , 3 ) . . . ) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen. b) Arabische Ziffern ohne Klammern ( 1 , 2 , 3 ...) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben (a, b , 0 ...) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung. Folgende Zeichen werden verwendet: a) Im Text - |: :| charakterisieren, daß es sich um einen nachträglichen Einschub Webers in seinen Text handelt. - Das Zeichen [ ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor. - Das Zeichen [??] gibt an, daß ein Wort oder mehrere Wörter nicht lesbar sind; den Sachverhalt erläutert eine textkritische Fußnote. b) In den textkritischen Fußnoten - In ( ) werden gestrichene Textstellen wiedergegeben. Diese Streichungen folgen im Brieforiginal unmittelbar auf die durch den Index ( a , b , c . . . ) bezeichnete Stelle. - Textersetzungen Webers werden mit >bezeichnet. Die Fußnoten geben die von Weber getilgte und seine endgültige Formulierung wieder. Die Indizierung im Text bindet an diese endgültige Formulierung an. - In [ ] stehen unsichere oder alternative Lesungen im Bereich der von Weber getilgten oder geänderten Textstellen. - Die Angabe „ 0 : " verweist bei Emendationen und sonstigen textkritischen Mittellungen auf das Original der edierten Textvorlage.
Bandfolge der Abteilung I: Schriften und Reden
Band
1: Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1 8 8 9 - 1 8 9 4
Band 2: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht 1891 Band 3: Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland 1892 Band 4: Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1 8 9 2 - 1 8 9 9 Band 5: Börsenwesen Schriften und Reden 1 8 9 4 - 1 8 9 7 Band 6: Zur Sozial-und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften 1 8 9 3 - 1 9 0 9 Band
7: Zur Logik und Methodologie der Kultur- und Sozialwissenschaften Schriften 1 9 0 0 - 1 9 0 7
Band 8: Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1 9 0 0 - 1 9 1 2 Band 9: Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1 9 0 4 - 1 9 1 1 Band 10: Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1 9 0 5 - 1 9 1 2 Band 11 : Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 1 2 Band 12: Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 2 0 Band 13: Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik Schriften und Reden 1 9 0 8 - 1 9 2 0 Band 14: Die rationalen und sozialen Grundlagen der Musik 1910-1920
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MWG Abteilung I • Bandfolge
Band 15: Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1 9 1 4 - 1 9 1 8 Band 16: Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1 9 1 8 - 1 9 2 0 Band 17: Wissenschaft als Beruf/Politik als Beruf 1919 Band 18: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus/ Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1 9 0 4 - 1 9 2 0 Band 19: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus Schriften 1 9 1 5 - 1 9 2 0 Band 20: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916-1920 Band 21: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1 9 1 7 - 1 9 2 0 Band 22: Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte (in Teilbänden) Schriften 1 9 0 9 - 1 9 2 0