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German Pages [148] Year 2018
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Klaus Kießling / Andreas Günter / Stephan Pruchniewicz
Machen Unterschiede Unterschiede ? Konfessioneller Religionsunterricht in gemischten Lerngruppen
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Klaus Kießling/Andreas Günter/ Stephan Pruchniewicz
Machen Unterschiede Unterschiede? Konfessioneller Religionsunterricht in gemischten Lerngruppen
Ansichten – Einsichten – Aussichten
Vandenhoeck & Ruprecht
Mit 23 Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-666-62015-7 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com Umschlagabbildung: © Anestiev – Pixabay 2018 © 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen
Inhalt Machen Unterschiede Unterschiede? Einführung und Dank (Klaus Kießling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 Konfessionell gemischte Lerngruppen Ansichten zu einer wechselvollen Geschichte (Andreas Günter) 9
1.1 Der hessische Weg: Antrag auf Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen . . . . . . . . . . . . . 1.2 Konfessionell gemischte Lerngruppen in der Praxis 1.3 Die Entwicklungen der letzten 15 Jahre . . . . . . . . . . . . 1.4 Neuere Entwicklungen seit der Veröffentlichung des Bischofspapiers »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht« (2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Konzepte für die Zukunft und Perspektiven . . . . . . . .
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2 Religionsunterricht in der Primarstufe im deutschsprachigen Raum Einsichten empirischer Forschung bis 2017 (Klaus Kießling)
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2.1 Konfessioneller Religionsunterricht und seine Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.1.1 Katholische Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.1.2 Evangelische Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2 Religionslehrerinnen und Religionslehrer heute . . . . . 38 2.3 Empirische Forschung bis zur Jahrtausendwende . . . . 39 2.4 Konfessionelle Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.5 Weitere empirische Forschung nach der Jahrtausendwende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.6 Empirische Forschung in der Schweiz und in Österreich 55 2.6.1 Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.6.2 Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.7 Religionsunterricht in der Primarstufe im Bistum Mainz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
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Inhalt
3 Religionsunterricht in der Primarstufe heute Einsichten einer empirischen Studie: Rahmen, Resultate, Reflexionen (Klaus Kießling) . . . . . . . . . . . 64
3.1 Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.1.1 Qualitative und quantitative Forschung . . . . . . 64 3.1.2 Unterrichtsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3.2 Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.2.1 Angaben zur Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.2.2 Selbstauskünfte der befragten Lehrpersonen 74 3.2.3 Schülerinnen und Schüler und ihre religiöse Identitätsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2.4 Erfahrungen mit Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.2.5 Religiöse Praxis an Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.2.6 Ziele des Religionsunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.2.7 Konfessioneller Religionsunterricht . . . . . . . . . . 94 3.2.8 Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen . . . . . 99 3.2.9 Aus- und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.3 Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.3.1 Professionalität und Konfessionalität . . . . . . . . . 105 3.3.2 Pluralität und Religiosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.3.3 Konfessionalität und Positionalität . . . . . . . . . . . 107 3.3.4 Regionalität und Kontextualität . . . . . . . . . . . . . 108 3.3.5 Konfessionalität, Kooperation, Kontextualität 109 3.3.6 Religionspädagogische Spiritualität . . . . . . . . . . 111 4 Machen Unterschiede Unterschiede? Aussichten (Stephan Pruchniewicz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4.1 Machen Unterschiede Unterschiede? Ja! . . . . . . . . . . . . 116 4.2 Machen Unterschiede Unterschiede? Nein! . . . . . . . . . 126 4.3 Für ein Aggiornamento des katholischen Religionsunterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Klaus Kießling
Machen Unterschiede Unterschiede? Einführung und Dank Machen Unterschiede Unterschiede? Unter dieser Überschrift stand und steht unser Forschungsprojekt zum Religionsunterricht in der Primarstufe im Kontext von Pluralität, Heterogenität und religiöser Identität. Dieser Arbeitstitel und die darin versammelten Stichworte signalisieren den Bedarf, Chancen und Grenzen des Unterrichtens in gemischten Lerngruppen zu untersuchen – mit dem Ziel, die Kolleginnen und Kollegen, die für die Konfessionalität ihres Lehrangebots einstehen, insbesondere in Aus- und Fortbildung stärker und gezielter als bisher darin unterstützen zu können, den vielfältigen Herausforderungen, mit denen sie Tag für Tag konfrontiert sind, gerecht zu werden. Frau Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, die das Dezernat Schulen und Hochschulen des Bistums Mainz leitet, und Kardinal Karl Lehmann persönlich danke ich für den Mut, mit dem sie diese Studie in Auftrag gegeben haben, und dies schon zu einem Zeitpunkt, als noch keine bischöflichen Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht, wie sie heute vorliegen, in Aussicht standen. Zur Zukunftsfähigkeit des konfessionellen Religionsunterrichts können wir dann am meisten beitragen, wenn wir die empirischen Gegebenheiten wahrnehmen und annehmen – nicht unbedingt gutheißen, aber annehmen, weil die Annahme sich als zwingende Voraussetzung dafür erweist, dass konstruktive Veränderungen möglich werden. Diese Einsicht leitet Bischof Dr. Peter Kohlgraf und Generalvikar Weihbischof Dr. Udo Bentz, denen ich für ihre Unterstützung in der Fortführung dieses Projekts nach dem Wechsel in der Bistumsleitung ebenfalls herzlich danke. Auf diese Weise konnten meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Judith Adam, Andreas Gautier, Rebecca Hafner, Magnus Pollak, Dr. Kerstin Rehberg-Schroth, Sandra Sichmann, Dr. Dr. Hermann- Josef Wagener und ich dieses Projekt kontinuierlich vorantreiben. Die am 22. November 2016 veröffentlichten Empfehlungen der
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Einführung und Dank
deutschen Bischöfe verstärken den Rückenwind nicht nur für die Auseinandersetzung mit dem Religionsunterricht in gemischten Lerngruppen, sondern auch für die strukturelle Verankerung konfessioneller Kooperation in einer je nach Diözese und Region zukunftsfähigen Gestalt. Im Zuge dieser Entwicklungen wurde der Wunsch nach frühzeitiger Veröffentlichung zentraler Ergebnisse unserer Studie laut. Ihm kommen wir Autoren mit diesem Band nach, nicht ohne schon an dieser Stelle anzukündigen, dass Kerstin Rehberg-Schroth die qualitative Teilstudie zur Unterrichtsforschung und Sandra Sichmann die quantitative Teilstudie unseres Projekts vollständig dokumentieren und zu gegebener Zeit jeweils eigens veröffentlichen werden. Beiden Forscherinnen sowie allen anderen tatkräftigen Mitgliedern unseres Teams gilt mein herzlicher Dank, ebenso den Schulamtsdirektoren Dr. Andreas Günter und Dr. Stephan Pruchniewicz, die nicht nur für den rechtlichen Rahmen unserer Studie und den Feldzugang gesorgt, sondern kontinuierlich als geschätzte Kooperationspartner an diesem Projekt und als Autoren an dieser Veröffentlichung mitgewirkt haben. In diesem Band zum konfessionellen Religionsunterricht in ge mischten Lerngruppen setzt Andreas Günter damit ein, die Entwicklungen nachzuzeichnen, die diese Studie haben erforderlich werden lassen. Er formuliert Ansichten zu einer wechselvollen Geschichte des Religionsunterrichts. Es folgen zwei Kapitel zu empirischen Einsichten, zunächst zu jenen, die sich nach meinem Überblick bisher in der einschlägigen religionspädagogischen Forschung im deutschsprachigen Raum haben gewinnen lassen, und im Anschluss daran zu jenen, die unsere Studie gewährt. Machen Unterschiede Unterschiede? Diese Frage nimmt Stephan Pruchniewicz auf, indem er Aussichten konturiert, die sich aus dem zuvor Dokumentierten ableiten lassen. Schließlich danke ich meiner Mitarbeiterin Theresia Strunk für die Erstellung der Formatvorlage, Ruben Kießling für die Gestaltung der Grafiken, Frau Jana Harle und Herrn Günter Presting für die konfessionelle Kooperation mit dem Verlag sowie all den Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Studie mitgewirkt und sie so überhaupt möglich gemacht haben.
Andreas Günter
1 Konfessionell gemischte Lerngruppen Ansichten zu einer wechselvollen Geschichte Der konfessionelle Religionsunterricht ist in Deutschland »integraler Teil schulischer Bildung« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 7). Als solcher ist er im Schulrecht der meisten Bundesländer, den Stundentafeln und vor allem auch im Grundgesetz (Art. 7,3) verankert und entsprechend geschützt. Religionsunterricht kann nicht beliebig umgestaltet und zur Disposition gestellt werden. Dass diese rechtliche Verankerung durchaus nicht allein im Sinne der Kirchen ist, zeigt die große Bedeutung, die dem Religionsunterricht immer wieder auch von Seiten der staatlichen Behörden, von Schulleitungen und Eltern zugeschrieben wird. Dabei ist der schulische Religionsunterricht immer ein Unterricht aus einer bestimmten konfessionellen Perspektive, denn Lehrerinnen und Lehrer, seien sie staatliche oder kirchliche Lehrkräfte, halten Unterricht auf der Basis ihrer eigenen Erfahrung von Welt, auf der Grundlage ihres eigenen konfessionell verfassten Glaubens und vor dem Hintergrund ihres Studiums der katholischen oder der evangelischen Theologie. Diese Voraussetzung hat jedoch nicht nur für die unterrichtende Lehrkraft Konsequenzen, sondern auch für die Schülerinnen und Schüler, die in einer Lerngruppe gemeinsam im Religionsunterricht etwas über ihren Glauben lernen, Glaubenswissen erlangen und ihre eigene Position reflektieren: In der unterschiedlichen Beschäftigung mit dem Wahrheitsanspruch einer bestimmten religiösen Tradition werden die Schülerinnen und Schüler herausgefordert, eine eigene, reflektierte Position zu religiösen und moralischen Fragen einzunehmen und anderen gegenüber argumentativ zu vertreten (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 7).
Rechtliche Grundlage für alle weiteren Überlegungen ist stets das Grundgesetz, das in Artikel 7,3 den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach beschreibt und ihn damit zu einem gleichberechtigten
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Konfessionell gemischte Lerngruppen
Unterrichtsfach an staatlichen Schulen macht. Der vorliegende Text will vor allem die Genese konfessionell gemischter Lerngruppen, denen sich die Studie »Machen Unterschiede Unterschiede?« widmet, näher beleuchten. Im Zentrum stehen dabei die Entwicklungen im Bundesland Hessen, da hier seit längerer Zeit ein Erlass die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu regelt. Bei Bedarf wird jedoch auch auf Rheinland-Pfalz verwiesen, dessen rheinhessischer Teil zum Bistum Mainz gehört und wo durch die Aufnahme von Gastschülerinnen und Gastschülern die Homogenität der Gruppe oft auch nicht mehr gegeben ist. Während die Schulen, die sich im Rahmen der vorliegenden Studie an der Unterrichtsforschung beteiligten, alle im hessischen Bereich des Bistums Mainz liegen, wurden bei der anschließenden Befragung von Lehrkräften neben den hessischen auch rheinland-pfälzische Lehrerinnen und Lehrer befragt. Die Konzentration auf katholische Lehrkräfte erfolgte dabei vor allem aus rechtlichen Gründen: Eine Befragung staatlicher oder kirchlicher evangelischer Lehrkräfte ist zunächst Sache der evangelischen Landeskirchen, vor allem aber wäre der Zugriff auf die Mailadressen evangelischer Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen der Online- Befragung aus Gründen des Datenschutzes nicht einfach möglich. Religion in konfessionell gemischten Lerngruppen ist kein so neues Thema, wie es vielleicht scheint. In den 70er Jahren konnte man etwa in Hessen Grundschulen besuchen, die ein solches Projekt bei Kirchenvertretern und staatlichen Behörden angemeldet hatten und genehmigt bekamen.1 Sicherlich waren dies Einzelprojekte, die sich vielleicht im rechtlichen Graubereich bewegten. Es mag seinerzeit mehr Eltern als heute gegeben haben, die mit einem solchen Modell nicht einverstanden waren. Näheres lässt sich kaum noch recherchieren und dürfte auf persönliche Absprachen zwischen Kirchenvertretern vor Ort, Schulleitungen sowie Vertreterinnen und Vertretern der staatlichen Aufsichtsbehörden zurückgegangen sein. Die Genese eines Unterrichtes, in dem katholische und evangelische Schülerinnen und Schüler gemeinsam etwas von Religion 1 Der Autor dieses Textes war selbst Schüler einer hessischen Grundschule, an der der Religionsunterricht seit den frühen 70er Jahren in konfessionell gemischten Gruppen unterrichtet wurde.
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erfahren, dabei aber selbstverständlich immer von einer Lehrkraft mit eigener konfessionellen Prägung unterrichtet werden, zeigt im Laufe der Jahre immer wieder neue Facetten. Galt anfangs in aller Regel der konfessionelle Religionsunterricht mit der Trennung der Kinder in katholische und evangelische Lerngruppen als das Maß aller Dinge, konnte seit dem Synodenbeschluss der deutschen Bischöfe aus den 70er Jahren auch von dem Willen zu einer weitergehenden Verständigung gesprochen werden (Bertsch et al., 1976). Klar unterscheidet dieser Synodenbeschluss zwischen dem Schulfach Religionsunterricht und der Gemeindekatechese (etwa dem Kommunion- oder Firmunterricht), der Kinder und Jugendliche zu kirchlichen Glaubensvollzügen hinführen will. Darüber hinaus halten die Bischöfe es schon damals nicht für sinnvoll, starr und absolut am Konfessionalitätsprinzip des Religionsunterrichts festhalten zu wollen. Gelegentlich empfiehlt sich die Kooperation der Konfessionen im Religionsunterricht, zum Beispiel bei gemeinsam interessierenden Themen und Aktionen (Bertsch et al., 1976, S. 146).
Auch in allen nachfolgenden Bischofspapieren, so zunächst in der Erklärung »Die bildende Kraft des Religionsunterrichts« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1996, S. 76), betonen die Bischöfe neben der konfessionellen Prägung auch den ökumenischen Geist, in dem Religionsunterricht erteilt werden solle. Die Rede ist sogar explizit von einer grundlegenden »Öffnung zu den anderen Konfessionen« und von »Dialogbereitschaft« (S. 79). Im Nachgang zur Veröffentlichung der Erklärung »Die bildende Kraft des Religionsunterrichts« wurden in vielen Diözesen, so auch im Bistum Mainz, umfangreiche Fortbildungen für Religionslehrerinnen und -lehrer sowie für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schule und Schulpastoral aufgelegt. Dabei wurde allerdings oft vor allem das Verständnis von Konfession betont, weniger dagegen die Bereitschaft zum Dialog und zur Möglichkeit der Kooperation. Im günstigsten Falle kam es dann jedoch bald zu dem in diesem Bischofspapier nahe gelegten Verständnis von Dialogfähigkeit auf der Grundlage eigener Überzeugungen. Wer eigene Überzeugungen inhaltlich begründet vertreten kann, die kritischen Nachfragen standhalten, ist in aller Regel für einen konst-
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ruktiven Diskurs gewappnet. Dabei bildet sich die eigene Überzeugung im Dialog mit Andersgläubigen und Nicht-Gläubigen und kann reifer und offener werden. Im Sinne dieses Grundgedankens sollten gerade auch jüngere Schülerinnen und Schüler zunächst erfahren, wo sie selbst konfessionell stehen und wofür ihr Glaube steht. Konfession sollte nach Möglichkeit in der eigenen konfessionell homogenen Lerngruppe erlebt werden, um Reife und Reflexionsvermögen für den Dialog zu erwerben. Natürlich gab es auch damals bereits Bedingungen, die die Bildung konfessioneller Lerngruppen erschwerten. Betrachtet man etwa die Diasporasituation von Katholikinnen und Katholiken in Oberhessen in den letzten drei Jahrzehnten, wird schnell deutlich, dass bereits in den 90er Jahren eine Situation erreicht war, die die Bildung von Lerngruppen an kleinen Grundschulen schon deshalb verhinderte, weil die vom Hessischen Erlass zum Religionsunterricht und auch von den rheinland-pfälzischen schulischen Verwaltungsvorschriften geforderte Zahl von mindestens acht Schülerinnen und Schülern einer Konfession auf katholischer Seite regelmäßig nicht erreicht wurde. Erst wenn wenigstens acht Schülerinnen und Schüler zu einer Lerngruppe zusammengefasst werden können, besteht für die Kirchen das Recht, Religionsunterricht an öffentlichen Schulen anzubieten. Dass dies immer dann zu einer echten Herausforderung für Schulleitungen wurde und wird, wenn sich wenig mehr als acht Schülerinnen und Schüler auf alle vier Jahrgangsstufen und bei mehrzügigen Schulen auf mehrere Klassen verteilen, ist leicht nachvollziehbar. Aus diesem Grund kam es bereits früh zu internen Absprachen in den Diözesen, dass man Schulen immer dann entgegenkommen und konfessionell gemischte Lerngruppen genehmigen wollte, wenn bei der Bildung von konfessionell homogenen Gruppen gleichzeitig mehrere Jahrgangsstufen, Klassen oder Schulformen – etwa an kooperativen Gesamtschulen, wo Gymnasialzweige, Realschulzweige und Hauptschulzweige nebeneinander existieren – zu einer Lerngruppe zusammengefasst werden mussten. Tatsächlich stellte sich schon bei frühen Erfahrungen mit dem hessischen Modell konfessionell gemischter Lerngruppen heraus, dass auch kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Unterricht in Gruppen immer dann für problematisch hielten, wenn die Lerngruppe Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 3 oder 1 bis 4 umfasste. Während Schülerinnen und Schüler der Jahr-
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gangsstufe 4 oft ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit erlangen, öfters kleine Referate halten und schwierigere Texte sinnverstehend lesen, kann all dies bei Klassen der Jahrgangsstufe 1 nicht vorausgesetzt wer den. Die meisten Schülerinnen und Schüler sind zunächst stark auf die Aufgabe des Lesens konzentriert und benötigen ein ungleich höheres Maß an Aufmerksamkeit für grundlegende Lernprozesse, bevor sie sich mit komplexeren Inhalten befassen können. Der gemeinsame Unterricht dieser unterschiedlichen Lernniveaus bzw. Kompetenzstufen führt gerade pädagogisch weniger versiertes Personal schnell an Grenzen. So bildete sich bald eine Praxis heraus, bei der in aller Regel nur benachbarte Jahrgangsstufen zu einer Lerngruppe zusammengefasst wurden. Zumeist wurden an Grundschulen die 1. und 2. Jahrgangsstufe miteinander verbunden, ebenso gelegentlich die 3. und 4. Jahrgangsstufe. Weniger einheitlich stellt sich dagegen das Vorgehen an weiterführenden Schulen dar. Dort sucht man je nach Schulform Konzepte, die den Bedürfnissen der schulischen Realität bzw. der Gestaltung besonderer Strukturen vor Ort gerecht werden. Während einige Gesamtschulen gerne auch schulformübergreifende Lerngruppen bilden (katholische Schülerinnen und Schüler des Hauptschulzweigs, des Realschulzweigs und des Gymnasialzweigs werden zu einer weitgehend homogenen Lerngruppe einer bestimmten Jahrgangsstufe verbunden), helfen sich andere Schulen (z. B. Gymnasien oder Integrierte Gesamtschulen) damit, dass sie ähnlich wie an Grundschulen jahrgangsübergreifende Gruppen bilden. Hilft auch diese Praxis nicht weiter, wird in Hessen ein Antrag auf Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen nach Abschnitt VII des Hessischen Erlasses zum Religionsunterricht gestellt. In Rheinland-Pfalz kommt es dann häufig zur Aufnahme anderskonfessioneller Gastschülerinnen und -schüler in den konfessionellen Religionsunterricht.
1.1 Der hessische Weg: Antrag auf Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen Seit dem 1. Juli 1999 gibt es in Hessen den noch heute in ähnlicher Form gültigen Erlass zum Religionsunterricht, der neben Fragen der Mitbestimmung der Kirchen, Einsichtnahme von Kirchenvertretern in den Religionsunterricht, dem Recht auf Fortbildung durch kirch-
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liche Träger und den rechtlichen Rahmenbedingungen zu Teilnahme und Abmeldung vom Religionsunterricht auch die »Ausnahmen bei der Bildung von Lerngruppen im evangelischen und katholischen Religionsunterricht« (Hessisches Kultusministerium, 2014, S. 685) regelt. Der Erlass wurde ins Bestandsverzeichnis aufgenommen, im Jahre 2009 fast wortgleich wieder im Amtsblatt des Hessischen Kultusministeriums veröffentlicht und dann 2014 in eine der aktuellen Situation angepasste Form gebracht (Hessisches Kultusministerium, 2014, S. 685, VII). Das Verfahren zur Bildung von konfessionell gemischten Lerngruppen nach diesem Erlass sieht dabei folgendes Vorgehen vor: Stellt die Schulleitung nach Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens fest, dass aufgrund schulorganisatorischer Schwierigkeiten oder durch den Mangel an Lehrkräften, die eine Fakultas für das Fach Katholische Religionslehre oder das Fach Evangelische Religionslehre besitzen, die Bildung konfessioneller Lerngruppen durch Zusammenfassung der katholischen bzw. der evangelischen Schülerinnen und Schüler nicht möglich ist, so kann sie über den Dienstweg, also über das zuständige Staatliche Schulamt der Region, einen Antrag auf Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen in den betroffenen Jahrgangsstufen stellen. Zuvor muss jedoch die Fachkonferenz beider Religionslehren befragt werden, ob sie mit dem Verfahren einverstanden ist; beizufügen sind eine Stellungnahme der Fachkonferenz(en) und eine Einverständniserklärung der betroffenen Lehrkräfte. Anschließend prüft das Staatliche Schulamt die Anträge gemeinsam mit den zuständigen kirchlichen Behörden der evangelischen Kirchenverwaltung und der katholischen Ordinariate bzw. ihren nachgeordneten Behörden. Kommt es zu einem einheitlichen Votum, kann dem Antrag stattgegeben werden. Verweigert einer der Beteiligten die Zustimmung, gilt der Antrag als abgelehnt. In vielen Fällen ist die Sachlage weitgehend klar: Entweder ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer bestimmten Konfession so gering, dass die Bildung einer Lerngruppe unter pädagogisch vertretbaren Bedingungen nicht möglich ist, es fehlt an Lehrkräften mit der benötigten Fakultas an der Schule, oder die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer der beiden Konfessionen liegt von vornherein unter der Zahl von acht Kindern, die vom Hessischen
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Erlass gefordert werden, um eine Lerngruppe im Fach Religion einrichten zu dürfen. Das Bistum Mainz befindet sich zu großen Teilen in Hessen in einer Region, die von mehr oder weniger strenger Diaspora geprägt ist. In einigen Gebieten liegt die Zahl der katholischen Schülerinnen und Schüler sogar unter 10 % (einige Regionen der Dekanate Wetterau-Ost bzw. Alsfeld/Vogelsberg). Unter diesen Bedingungen gelingt es nur selten, in allen Jahrgangsstufen einen konfessionellen Religionsunterricht anbieten zu können. Auch in Kreis und Stadt Offenbach, die ebenfalls zum Bistum Mainz gehören, ist die Zahl katholischer bzw. christlicher Kinder oftmals so gering, dass die Bildung von homogenen Lerngruppen schnell an Grenzen stößt. Dabei fällt auf, dass es oftmals nicht die muslimischen Kinder sind, die hier die Mehrheit stellen, auch wenn es in der Innenstadt von Offenbach auch diesen Fall geben mag, sondern diejenigen Kinder und Jugendlichen, die zwar aus ehemals christlichen Familien stammen, aber in der ersten oder bereits zweiten Generation nicht mehr getauft wurden und damit in aller Regel auch kaum noch Kontakt zu Kirchengemeinden, keinen Zugang zu christlichen Traditionen und keine christliche Sozialisation erfahren haben. Oft fehlt jeglicher Kontakt zum Kernbestand christlichen Glaubenswissens. Kirchenräume sind unbekannt, Glaube wird allenfalls rudimentär vermittelt, und der Bezug zu christlichen Hochfesten wie Ostern oder Weihnachten ist nur mittelbar gegeben. Zumeist werden sie als unbestimmte Familienfeste wahrgenommen und der christliche Hintergrund bestenfalls diffus verstanden. Nehmen diese Kinder dennoch am Religionsunterricht teil, was nicht selten geschieht, kann dies einerseits zu einer Herausforderung in Bezug auf die innere Dif ferenzierung werden, bietet andererseits aber auch nach Auskunft vieler Lehrerinnen und Lehrer die Chance von Offenheit für bisher nicht gekanntes Glaubenswissen. Gerade in größeren Städten kommen jedoch noch weitere Schwierigkeiten bei der Organisation von Lerngruppen für den Religionsunterricht hinzu. Gelingt es Schulleitungen im Vorfeld des neuen Schuljahres, die eher geringe Zahl katholischer oder evangelischer Schülerinnen und Schüler zu einer konfessionell gemischten Lerngruppe zusammenzuführen, zeigt sich zum Schuljahresbeginn gelegentlich schon wieder ein anderes Bild, weil sich Eltern nicht getaufter Kinder, in einigen Fällen
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auch muslimische Eltern oder Eltern der jeweils anderen Konfession, dafür entscheiden möchten, ihr Kind am Religionsunterricht der anderen Konfession bzw. Religion teilnehmen zu lassen. Nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 19872 ist es dabei Angelegenheit der Kirchen, über die Aufnahme bzw. Nichtaufnahme von Schülerinnen und Schülern anderer Konfessionen oder Religionen bzw. ohne Religionszugehörigkeit zu entscheiden. Die Bistümer wiederum delegieren diese Entscheidung an die Lehrkräfte vor Ort.3 Dabei ist jedoch klar zu unterscheiden zwischen Kindern und Jugendlichen einerseits, die einer anderen Religion oder keiner Konfession angehören, und Kindern und Jugendlichen andererseits, die der jeweils anderen Konfession angehören. Soll etwa ein katholisches Kind am evangelischen Religionsunterricht teilnehmen, müssen zunächst die Eltern, bei religionsmündigen Kindern und Jugendlichen der Schüler oder die Schülerin selbst einen Antrag auf Abmeldung vom Religionsunterricht der eigenen Konfession stellen. Da dieser Antrag laut Hessischem Erlass zum Religionsunterricht nur zum Ende des jeweiligen Schuljahres gestellt werden soll, um Planungssicherheit für das nächste Jahr zu gewährleisten, geschieht dies zumeist relativ geordnet. Anschließend kann auch für dieses Kind statt der Teilnahme am Ethikunterricht eine Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht beantragt werden, 2 Hier wie auch bei vielen anderen Fragen zu rechtlichen Rahmenbedingungen des Religionsunterrichtes in Hessen empfiehlt sich ein Blick auf die Seite www.religionsunterricht-hessen.de (Kommissariat der Katholischen Bischöfe im Lande Hessen und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Konfessioneller Religionsunterricht in Hessen). Dort finden sich, geordnet nach Schlagworten, zahlreiche Antworten zu komplexen Zusammenhängen und rechtlichen Fragestellungen rund um den Religionsunterricht alphabetisch sortiert, im konkreten Fall: http://religionsunterricht-hessen.de/2016/ 02/23/aufnahme-konfessionsloser-oder-konfessionsfremder-schuelerinnenin-den-religionsunterricht/ unter dem Stichwort »Aufnahme konfessionsloser oder konfessionsfremder Schüler/innen in den Religionsunterricht«. Zugriff am 02.01.2018. 3 In Hessen gibt es zu dieser Frage zwar keine schriftlich fixierte rechtliche Regelung, wohl aber eine innerkirchliche Einigung, wonach die Entscheidung über Aufnahme oder Nichtaufnahme an die Religionslehrkraft vor Ort delegiert wird. Diese Regel hat sich, dies kann zumindest für das Bistum Mainz so postuliert werden, durchweg bewährt.
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wenn die evangelische Lehrkraft zustimmt. Gleiches gilt selbstverständlich auch im umgekehrten Fall. Dabei hat sich in den letzten Jahren zunehmend ein weiteres Problem gezeigt: Zwar wünscht eine nicht ganz geringe Zahl von Eltern ohne Kirchenzugehörigkeit die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht. Immer wieder geschieht es jedoch, dass dies nicht gewährleistet werden kann, weil die Zahl der Religionsstunden resp. Stellen, die der jeweiligen Schule aufgrund der Zahl der getauften Schülerinnen und Schüler zugewiesen werden konnte, zu gering ist. Insofern kann es vorkommen, dass die Zahl der Kinder, die an einem bestimmten konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen wollen, größer ist als die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze im Unterricht. In diesem Falle werden zunächst diejenigen Kinder mit Unterricht versorgt, die der jeweiligen Konfession angehören. Kinder ohne Konfessions- bzw. Religionszugehörigkeit werden dann zur Teilnahme am Ethikunterricht verpflichtet, auch wenn die Wahl der Eltern ursprünglich auf einen konfessionellen Religionsunterricht gefallen war. All diese Problemanzeigen machen deutlich, dass die Organisation von Religionsunterricht in den vergangenen Jahrzehnten schwieriger geworden ist und trotz engagierter Schulleitungen und trotz der bewährten und guten Kooperation mit den Staatlichen Schulämtern eine eigene komplexe Dynamik entwickelt hat, die alle Kooperationspartner in diesem System vor neue Herausforderungen stellt. Erschwert wird die Situation auch dadurch, dass die berechtigten Ansprüche anderer Religionen und Konfessionen in Hessen zu einer großen Zahl möglicher Religionsunterrichte bzw. Religionslehren an öffentlichen Schulen geführt haben. So kann es neben dem katholischen bzw. evangelischen Religionsunterricht, dem Ersatzfach Ethik und dem inzwischen in Hessen an einigen Schulen erfolgreich etablierten Islamunterricht (Islamunterricht für Sunniten, derzeit in Kooperation mit Ditip, sowie Islamunterricht für Ahmaddiyya, in Kooperation mit Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland/Hessen) auch Unterricht der Altkatholischen Kirche, der Syrisch-Orthodoxen Kirche, anderer Orthodoxer Kirchen, der jüdischen Gemeinde, der Mennoniten, der Sieben-Tags-Adventisten, der unitarischen freien Religionsgemeinde, der alevitischen Gemeinde Hessen und der Freireligiösen geben. In Zukunft kann diese Zahl weiter wachsen.
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Auch wenn diese kleineren Gruppen an den wenigsten Schulen tatsächlich vertreten sind, zeigt sich dennoch ein Trend zur Diversifizierung, eine Situation, die vor fünfzig Jahren kaum denkbar, vor zwanzig Jahren relativ selten und vor zehn Jahren noch im Wachsen begriffen war. Heute ist die Zahl religiös ungebundener Kinder an nicht wenigen Schulen im Rhein-Main-Gebiet die größte Gruppe, immer öfter auch gefolgt von der Gruppe der Muslime und mit größerem Abstand von Katholiken und Protestanten. Nicht verschwiegen werden darf in diesem Kontext die Tatsache, dass es auch im Bistum Mainz mit seiner heterogenen Struktur zwischen Landgemeinden einerseits und Großstadtballung andererseits immer noch Regionen gibt, in denen katholische Kinder nach wie vor die Mehrheit stellen (insbesondere Seligenstadt und Umgebung); darüber hinaus ist die Gesamtzahl christlicher Kinder in etlichen Gebieten immer noch hoch. Dass dies eher die ländlicheren Regionen sind, liegt zwar auf der Hand, gilt aber, wie man am Beispiel der Stadt Mainz, die noch über Wohngebiete mit einer deutlich christlich geprägten Bevölkerung verfügt, sehen kann, gelegentlich auch für urbane Räume. In solchen Fällen wird man auch in näherer Zukunft noch konfessionellen Religionsunterricht anbieten können und findet auch bei Schulen in aller Regel schneller Gehör für die Anliegen der Kirchen.
1.2 Konfessionell gemischte Lerngruppen in der Praxis Stellt sich die Situation an einer Schule so dar, dass nach Prüfung durch die zuständigen kirchlichen Behörden bzw. das regional zuständige Staatliche Schulamt die Bildung konfessioneller Lerngruppen nicht möglich ist, wird der Antrag nach Abschnitt VII des Hessischen Erlasses zum Religionsunterricht (d. h. konfessionell gemischte Lerngruppen) genehmigt. Konkret bedeutet dies für die Schulleitung, dass sie in den Jahrgangsstufen, für den sie den Antrag genehmigt bekam, evangelische und katholische Kinder gemeinsam unterrichten lassen kann. Auch in diesem Fall gilt jedoch, dass die Lehrkraft, die den jeweiligen Kurs leitet, über die Fakultas für das Fach Katholische oder Evangelische Religionslehre verfügen muss, selbstverständlich ihre eigene
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konfessionelle Prägung einbringen wird und auf der Grundlage ihrer jeweiligen kirchlichen Tradition und Theologie unterrichtet. Dies muss deshalb eigens betont werden, weil nicht selten bei der Einrichtung konfessionell gemischter Lerngruppen von »ökumenischem Religionsunterricht«, »überkonfessionellem Un terricht« oder wenigstens unpräzise von »konfessionell gemischtem Religionsunterricht« (statt Lerngruppen) gesprochen wird. All diese Bezeichnungen beschreiben Formen von Unterricht, die in Hessen – wie in den meisten Bundesländern – gar nicht zulässig sind, da es nur einen Religionsunterricht in konfessionell-gemischten Lerngruppen geben kann, nicht aber einen wie auch immer gearteten überkonfessionellen oder ökumenischen Mischunterricht. Hierfür gäbe es, daran sei nochmals erinnert, weder eine rechtliche noch eine theologische Grundlage, denn der jeweilige Religionsunterricht wird stets durch die Konfession der unterrichtenden Lehrkraft konfessionell bestimmt. Möglich und wünschenswert ist dagegen ein Religionsunterricht, der ökumenische Öffnungen zulässt und damit die Belange derjenigen Schülerinnen und Schüler anderer Konfessionen oder der Konfessionslosen berücksichtigt und zu Wort kommen lässt. Zu solchen konfessionell gemischten Gruppen können dann auch Gastschülerinnen und -schüler hinzukommen, die nach oben beschriebenem Prozedere auf Wunsch der Eltern bzw. bei religionsmündigen Schülerinnen und Schülern auf eigenen Wunsch am katholischen oder evangelischen Religionsunterricht teilnehmen wollen und von der Religionslehrkraft zugelassen werden (so in Hessen und Rheinland-Pfalz möglich). Dabei ist zu beachten, dass das oben erwähnte Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1987 festhält, dass trotz der Möglichkeit der Aufnahme konfessionsloser oder konfessionsfremder Schülerinnen und Schüler in den Religionsunterricht sein konfessioneller Charakter gewahrt bleiben muss. Ob dies auch in denjenigen Fällen noch gegeben ist, in denen Schulleitungen gelegentlich alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse gemeinsam im Religionsunterricht beschulen möchten und dabei die oben erwähnten rechtlichen Rahmenbedingungen (Antrag auf Bildung von konfessionell gemischten Gruppen nach dem Erlass zum Religionsunterricht in Hessen und die Möglichkeit zur Aufnahme von Gastschülerinnen und -schülern) überstrapazieren, ist sicherlich fraglich. Dabei bleibt es Aufgabe der zuständigen kirchlichen Ver-
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waltungen der Diözesen und Landeskirchen, einen guten Weg mit den staatlichen Kooperationspartnern zu finden. In aller Regel gelingt dies konfliktfrei.
1.3 Die Entwicklungen der letzten 15 Jahre Die Möglichkeit des Antrags auf konfessionell gemischte Lerngruppen hat in Hessen seit Jahrzehnten eine Praxis entstehen las sen, die sich einerseits bewährt, andererseits aber auch eine starke eigene Dynamik entwickelt hat. Vergleicht man die Situation in Hessen, die sich aufgrund der geschilderten demografischen Bedingungen wenig homogen und sehr komplex darstellt, mit anderen Bundesländern, zeigt sich eine Besonderheit: Die Grauzone derjenigen Lerngruppen, die ohne rechtliche Regulierung und ohne aufsichtliche Genehmigung staatlicher und kirchlicher Behörden eingerichtet werden, ist verhältnismäßig klein. Tatsächlich besteht sowohl für den Staat (Hessisches Kultusministerium, Staatliche Schulämter in Hessen) als auch für die Kirchen (auf evangelischer Seite vor allem die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau [EKHN] und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck [EKKW], auf katholischer Seite vor allem die Diözesen Mainz, Limburg und Fulda) die Möglichkeit, das Prozedere zu gestalten, regulierend einzugreifen und ihren jeweiligen Einfluss geltend zu machen. Dass diese Steuerung in Hessen zumeist nur auf organisatorischer, weniger jedoch auf inhaltlicher Ebene geschieht, ist ein Problem, auf das noch näher einzugehen sein wird. Der Vorteil des Verfahrens liegt jedoch auf der Hand: Wollen sich Schulleitungen auf rechtlich sicherem Boden bewegen, werden sie das Verfahren der Antragstellung ordnungsgemäß durchführen, zumal sie nach den Erfahrungen in den vergangenen Jahren sicher sein können, dass bei berechtigtem Anliegen eine Genehmigung erfolgen wird. Umgekehrt wissen die aufsichtlichen Dienststellen bei Staat und Kirchen sehr genau darüber Bescheid, in welchen Fällen der Unterricht mehrheitlich konfessionell oder mehrheitlich in konfessionell gemischten Lerngruppen erteilt wird, wo Schulen besondere Probleme zu bewältigen haben und Unterstützung benötigen, wo die Zahl der christlichen Kinder besonders gering oder besonders hoch
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ist und wo eine Nachsteuerung bei der Zuweisung von Lehrkräften mit der Fakultas Katholische oder Evangelische Religionslehre sinnvoll erscheint. Eine solche Nachsteuerung bei der Zuweisung kann staatlicherseits durch die Besetzung von Planstellen (falls möglich), durch die Einstellung von Lehrkräften über Angestelltenverträge (Tarifvertrag Hessen) oder durch die Anforderung von kirchlichen Gestellungsverträgen bei den Diözesen und Landeskirchen geschehen. Im Falle des Bistums Mainz werden mehr als 25 % aller Religionsstunden von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. Geistlichen gehalten, insgesamt jedoch mit sinkender Tendenz, da von Seiten der staatlichen Schulbehörden in der Vergangenheit viele Religionslehrerinnen und -lehrer mit Erstem und Zweitem Staatsexamen bzw. vergleichbaren Abschlüssen eingestellt wurden. Diese erfreuliche Entwicklung macht die Unterstützung der Kirchen, die in aller Regel subsidiär tätig werden, nur da nötig, wo staatliche Lehrkräfte nicht zur Verfügung stehen oder nur sehr wenige Stunden fehlen und staatliche Neueinstellungen daher nicht sinnvoll erscheinen oder möglich sind. Während die geschilderten positiven Seiten des Verfahrens die beteiligten Kirchen bewogen haben, in Hessen weiterhin auf das bewährte Verfahren zu setzen und den jeweils gültigen Erlass des Hessischen Kultusministeriums zum Religionsunterricht (Hessisches Kultusministerium, 2014, S. 685) nicht nur zu billigen, sondern auch mitzutragen, gibt es auch kritische Aspekte. Einige Schulleitungen, Eltern oder Elternvertreterinnen und -vertreter missverstehen die Möglichkeit des Antrags in ihrer vorliegenden Form gelegentlich in der Weise, dass Anträge nicht nur dann gestellt werden, wenn sie nötig und sinnvoll sind, sondern auch dann, wenn es nur um die organisatorische Vereinfachung des Unterrichts geht. Das Argument, die Verkursung des Religionsunterrichts sei Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften oder der Schulleitung nicht zuzumuten, ist schon deshalb für die Sekundarstufe in aller Regel nicht nachvollziehbar, weil es auch andere Fächer gibt, in denen eine Aufteilung von Schülerinnen und Schülern aus bestehenden Klassenstrukturen auf Kurse erfolgreich und unkompliziert vorgenommen wird. Man denke an den Sprachenunterricht, Sportkurse, Arbeitsgemeinschaften oder die Organisation der gymnasialen Oberstufe.
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Eine zentrale Problematik bei der Einrichtung konfessionell gemischter Lerngruppen blieb jedoch lange Zeit unbemerkt. Gerade weil die Durchführung des Verfahrens in aller Regel unkompliziert funktioniert, die meisten Schulleitungen engagiert kooperieren und die Staatlichen Schulämter ihre Zuständigkeit im Verfahren durchweg ernst nehmen, gerät ein Aspekt sehr häufig gar nicht in den Blick: die pädagogische und didaktische Planung, Reflexion und Evaluation von Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen. Für die Beteiligten, und da machen Kirchenvertreterinnen und -vertreter keine Ausnahme, spielt sich vieles auf organisatorischer Ebene ab. Den Blick auf die Gestalt von Unterricht zu lenken und über konkrete pädagogische und didaktische Konsequenzen nachzudenken, fällt angesichts knapper zeitlicher und personeller Ressourcen schwer. Das ist nachvollziehbar. Darüber hinaus wird allerdings auch etwas unkritisch argumentiert, es bestehe ohnehin kein großer Unterschied zwischen den Lehrplänen der beiden Religionslehren (insbesondere in der Primarstufe), dass es ein gemeinsames Schulcurriculum für beide Fächer gebe oder man sich aus zeitlichen Gründen nicht näher damit befassen könne. Bei aller Plausibilität inhaltlicher Argumente und bei allem Verständnis für organisatorische Schwierigkeiten bleibt jedoch eine Grundbedingung bestehen: Die konfessionelle Herkunft der jeweiligen Lehrkraft bestimmt den Religionsunterricht, und zwar nicht nur rechtlich, sondern auch inhaltlich als katholischen bzw. evangelischen Unterricht. Dass dies oft stärker von Belang ist, als von Lehrkräften, kirchlichen und staatlichen Aufsichtspersonen und Schulleitungen gesehen wird, zeigt ein einfaches Beispiel: Katholische Religionslehrerinnen und -lehrer, die mit Schülerinnen und Schülern im Unterricht das in der katholischen Tradition tief verwurzelte und öfters unbewusst vollzogene Kreuzzeichen einüben – so auch Lehrkräfte in dieser Studie –, schildern immer wieder erstaunt, dass evangelische Eltern gegen diese Übungen protestieren und als Einführung in eine katholische Haltung verstehen, die sie für ihre Kinder verständlicherweise so nicht wünschen. Ähnliche Beobachtungen machen auch evangelische Lehrkräfte, wenn katholische Kinder an ihrem Unterricht teilnehmen. Wenn es aber so ist, dass Religionsunterricht unter den gegebenen Bedingungen in den meisten Bundesländern eine katholische oder
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evangelische Gestalt hat, dass er kein anderer als ein konfessioneller sein kann, soweit Lehrkräfte mit theologischem Hintergrund den Unterricht verantworten, muss der pädagogischen und didaktischen Ausgestaltung von Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden.
1.4 Neuere Entwicklungen seit der Veröffentlichung des Bischofspapiers »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht« (2016) Während das Bischofspapier zum konfessionell kooperativen Religionsunterricht rasch eine fruchtbare Diskussion innerhalb der Diözesen und dann auch zwischen Bistümern und Landeskirchen in Gang brachte, hatte es zu Beginn der vorliegenden Studie noch keinen Einfluss auf Entwicklungen im Religionsunterricht, da die Publikation des Bischofspapiers erst mit der Schlussphase der Studie zusammenfiel. Dennoch zeigt das Papier den oben angedeuteten Weg auf: von organisatorischen Lösungen bestehender Probleme hin zu einer religionspädagogisch und didaktisch reflektierten Gestaltung des Unterrichts. Erst eine solche Form lässt sich als konfessionell kooperativer Religionsunterricht verstehen (im Gegensatz zu sogenannten konfessionell gemischten Lerngruppen, die nur die organisatorische Gestalt bezeichnen). Dabei würdigt das Bischofspapier durchaus auch bisherige Formen, geht dann aber einen entscheidenden Schritt weiter und ermutigt zur inhaltlichen Gestaltung, wo konfessionell gemischte Gruppen ohnehin existieren und notwendig sind. Bevor die Praxis die Theorie weiter überholt, wäre zunächst darauf zu achten, dass Begrifflichkeiten klar definiert werden. Das aktuelle Bischofspapier vom November 2016 unterscheidet zwischen folgenden Formen des konfessionellen Religionsunterrichts: 1. konfessioneller Religionsunterricht in weitgehend homogenen Gruppen (gegebenenfalls jedoch mit Teilnahme von Gastschü lerinnen und -schülern, die keiner Konfession, einer anderen Konfession oder Religion angehören);
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2. Religionsunterricht in konfessionell-gemischten Lerngruppen (so beispielsweise in Hessen: Hier kann, wie beschrieben, bei Lehrermangel, bei einer geringen Zahl von Schülerinnen und Schülern einer oder beider Konfessionen oder bei sonstigen organisatorischen Hindernissen von der Schulleitung und der Fachkonferenz sogenannter Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen beantragt werden. Die Zuständigen in den Schuldezernaten und -abteilungen der Kirchenleitungen und Ordinariate genehmigen oder lehnen ab; siehe dazu die Ausführungen in den vorausgegangenen Abschnitten.); 3. konfessionell kooperativer Religionsunterricht bzw. konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht, wie sie das Bischofspapier zur Zukunft des Religionsunterrichts als Option vorstellt: Dabei werden Schülerinnen und Schüler nicht nur organisatorisch gemeinsam in konfessionell gemischten Lerngruppen unterrichtet, sondern die Situation des Unterrichts auch religionspädagogisch verantwortlich reflektiert und religionsdidaktisch auf solide Füße gestellt. Dazu können sich unterschiedliche Modelle eignen, etwa Team-Teaching, Arbeit an einem jeweiligen konfessionellen Schulcurriculum, das die Ansprüche der anderen Konfession ausdrücklich berücksichtigt, intensiver Austausch der evangelischen und katholischen Lehrerinnen und Lehrer über ohnehin bewährte Absprachen in den Fachkonferenzen hinaus und vieles mehr. Das Bischofspapier fordert dazu: In der Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht sollen die Schülerinnen und Schüler Einsicht in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konfessionen gewinnen, Toleranz und Verständnis füreinander einüben und vor allem zu einem besseren Verständnis des Evangeliums gelangen (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 14).
Wie bereits ausgeführt, sind von diesen drei Formen missverständliche Formulierungen wie »ökumenischer Religionsunterricht«, »gemeinsamer Religionsunterricht«, »überkonfessioneller Religionsunterricht«, »Klassenverband im Religionsunterricht«, »konfessionell gemischter Religionsunterricht« (statt konfessio-
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nell gemischte Lerngruppen) und alle Formulierungen zu unterscheiden, die fälschlicherweise nahelegen, hier handle es sich um ein neues eigenständiges Fach neben dem katholischen bzw. dem evangelischen Religionsunterricht (bzw. den genehmigten Unterrichten anderer Religionsgemeinschaften). Solche Formen sind in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und den meisten anderen Bundesländern nicht zulässig. Während die zuletzt genannten Formulierungen und Ideen Entwicklungen nach sich ziehen würden, die mit dem konfessionellen Religionsunterricht nach Art. 7,3 des Grundgesetzes nicht vereinbar sind, gibt es gleichwohl in einzelnen Fällen Modelle, die die Bemühungen von Fachkonferenzen und Schulleitungen zeigen, das Fach einerseits weiterzuentwickeln, sich andererseits aber in einem Rahmen bewegen zu wollen, der die bekenntnisgebundene Ausrichtung des Faches nicht verletzt und damit dem Grundgesetz und seinen rechtlichen Grundlagen verbunden bleibt. Zu solchen bereits bestehenden Formen stellt das Bischofspapier zur Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts fest: Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht folgt dem Grundsatz einer »Konfessionalität in ökumenischem Geist«, die die Gemeinsamkeiten zwischen evangelischen und katholischen Christen stärken und den konfessionellen Unterschieden gerecht werden will. Im gemeinsamen Lernen von katholischen und evangelischen Schülerinnen und Schülern, das religionspädagogisch reflektiert wird, sollen Verständnis für die Überzeugungen und Lebensformen der anderen Konfession und gleichzeitig ein vertieftes Bewusstsein der eigenen Konfession gefördert werden (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 20).
Dass diese Beobachtung nicht nur für diözesan und landeskirchlich begleitete Projekte, wie etwa die Modelle konfessioneller Kooperation in Baden-Württemberg, Niedersachen und einigen Regionen Nordrhein-Westfalens, sondern auch für Schulen anderer Bundesländer gilt, wird wissen, wer sich in den vergangenen Jahren mit dem Modell konfessionell gemischter Lerngruppen befassen konnte. Zwar bewegt sich die hier beschriebene hessische Rege-
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lung vor allem auf organisatorischer Ebene. Gleichwohl machen sich immer mehr Schulen auf den Weg, dieses Modell inhaltlich auszugestalten und, wenigstens in einigen Fällen, zu konfessioneller Kooperation weiterzuentwickeln: So bemühen sich Fachkonferenzen auf der Basis der offiziellen Kerncurricula und Lehrpläne um Schulcurricula für den katholischen und den evangelischen Religionsunterricht, die unter Berücksichtigung der konfessionellen Besonderheiten dem Unterricht in gemischt konfessionellen Lerngruppen gerecht werden, konzipieren ökumenische Lernprojekte, planen Unterrichtsgänge zu Orten religiösen Lebens (katholische und evangelische Kirchen, Moscheen, Synagogen, Klöster), organisieren Gottesdienste, engagieren sich teils ehrenamtlich und in ökumenischer Verbundenheit für Schulpastoral, die den Religionsunterricht sinnreich flankieren kann, erproben den periodischen Lehrerwechsel im laufenden Schuljahr, führen Schülerinnen und Schüler an caritative und diakonische Projekte in Altenheimen oder bei der Flüchtlingshilfe heran oder sprechen ganz einfach in gemeinsamen Fachkonferenzen intensiv über ihre Erfahrungen im Unterricht, über ihren Glauben oder über die Perspektive der anderen, wie auch die Ergebnisse der nachfolgenden Studie von Klaus Kießling zeigen. An diesen Schulen geschieht schon viel von dem, was das Bischofspapier als »Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht« (2016) beschreibt. Diese Entwicklung macht deutlich, dass die organisatorische Seite in vielen Fällen schon die inhaltliche Entwicklung mit einschließt, dass Schulen oftmals sehr gut wissen, was vor Ort im Rahmen von Art. 7,3 (Grundgesetz) möglich ist, ohne dass der Prozess immer schon reflektiert und evaluiert wird. Der Religionsunterricht im stärker katholisch geprägten Dekanat Seligenstadt an der bayrischen Grenze ist ein anderer als der im benachbarten Offenbach mit seiner bunten Vielfalt von Kulturen, Nationen und Religionen. Im Geiste des Bischofspapiers, das auf Patentrezepte verzichtet und individuelle diözesane und regionale Konzepte empfiehlt, hat sich in Hessen und sicher auch in Rheinland-Pfalz oftmals unbemerkt eine Praxis entwickelt, die an vielen Schulen bereits einiges davon verwirklicht, was ein bewusst konzipierter konfessionell kooperativer Religionsunterricht leisten will.
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1.5 Konzepte für die Zukunft und Perspektiven Auch das Bischofspapier zur Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts verweist auf unterschiedliche Kooperationsmodelle im Religionsunterricht in verschiedenen Bundesländern (v. a. in Baden-Württemberg, Niedersachen und Hessen, das im Kontext konfessionell gemischter Lerngruppen explizit erwähnt wird) und zeigt damit Optionen für einen zukunftsfähigen Religionsunterricht auf (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 18 ff.), bleibt dabei aber nicht stehen. In einem eigenen Kapitel liegen »Empfehlungen zur Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht« (S. 25) vor, die zunächst davor warnen, Patentrezepte formulieren zu wollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur jede Diözese nach Entscheidung ihres Diözesanbischofs ihr je eigenes Modell entwickeln kann, sondern dass auch innerhalb eines Bistums unterschiedliche regionale und demografische Strukturen bei der Umsetzung von kooperativen Modellen zu beachten sind. In einer Großstadt wie Offenbach, in der katholische Schülerinnen und Schüler in der Minderheit sind und die Zahl der Kirchenmitglieder stetig abnimmt, werden andere Maßnahmen notwendig sein, um den Religionsunterricht auch in zwanzig Jahren noch zukunftsfähig zu gestalten, als in den ländlichen Strukturen des Odenwaldes, des Vogelsberges, des Hunsrücks oder in einer traditionell eher katholisch geprägten Kleinstadt wie Seligenstadt. Dabei wären unabhängig von äußeren Gegebenheiten die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: ȤȤ Die jeweilige Diözese muss in Abstimmung mit den evan gelischen Landeskirchen zu Absprachen mit den staatlichen Kooperationspartnern kommen, die sich innerhalb des Rahmens des Art. 7,3 (Grundgesetz) bewegen und die jeweiligen rechtlichen Rahmengesetze des Bundeslandes berücksichtigen. In Hessen wäre das neben dem Schulgesetz vor allem der Erlass zum Religionsunterricht, der das Verfahren zur Bildung konfessionell gemischter Lerngruppen vorgibt, in Rheinland-Pfalz die einschlägigen Passagen zum Religionsunterricht im Schulrecht, insbesondere in den Schul- bzw. Landesverordnungen für die öffentlichen Schulen.
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ȤȤ Zwar unterscheiden sich katholische und evangelische Christen »weiterhin vor allem im Kirchenverständnis und in der Kirchenpraxis« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 28). Vor diesem Hintergrund erscheint ein gemeinsam von Diözesen und Landeskirchen verantworteter Religionsunterricht zwar derzeit noch nicht möglich (S. 28 f.). Gerade das Bewusstsein von Verschiedenheit sollte aber dazu ermutigen, den eigenen konfessionellen Standpunkt zu thematisieren und mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Konfession in einen Dialog über den eigenen Glauben einzutreten. Obwohl in diesem Austausch eine große Chance zu gegenseitigem Verständnis und Anregungen läge, geschieht dies bisher nur selten, selbst da, wo die inhaltliche Zusammenarbeit auf der Sachebene und zu Unterrichtsreihen schon längst selbstverständlich geworden ist. Im Gespräch über die je eigene Glaubenserfahrung können ein Standpunkt entwickelt und eine eigene Haltung vertieft werden, die sich durchaus auch im Unterricht zeigen und bewähren dürfen. Gerade der Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen kann zu einem stärkeren Bewusstsein der eigenen Position und Konfessionalität führen. Schülerinnen und Schüler dürfen zu Recht eine konfessionelle Haltung ihrer Religionslehrerinnen und -lehrer erwarten und wollen ihnen gegenüber ihre eigene, oftmals auch kritische Position beziehen. Auch für die Lehrkräfte selbst bieten sich Chancen in diesem Prozess: Im Diskurs mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Schülerinnen und Schülern kann es gelingen, persönlichen spirituellen und theologischen Bedürfnissen stärker auf die Spur zu kommen und den eigenen Glaubensweg bewusster zu beschreiten. In diesem Kontext gewinnt die Ausbildung einer religionspädagogischen Spiritualität, für die sich Klaus Kießling im Kontext dieser Studie stark macht, einen besonderen Wert. ȤȤ Die Einrichtung konfessionell gemischter Lerngruppen ist an vielen Schulen selbstverständlich, sollte jedoch nicht nur als eine vornehmlich schulorganisatorische Angelegenheit betrachtet und behandelt werden. Sie muss vielmehr religionspädagogisch reflektiert erfolgen und insbesondere religionsdidaktisch nachvollzogen werden (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 31).
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ȤȤ Bei Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen bzw. konfessioneller Kooperation im Religionsunterricht ist darauf zu achten, dass neben dem Grundwissen über den christlichen Glauben auch Aspekte gelebten Glaubens erschlossen werden, so beispielsweise durch das Aufsuchen von außerschulischen Lernorten (Kirchen, Klöster, Dienststellen von Diakonie und Caritas, Gespräche mit Glaubenszeuginnen und -zeugen, kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Geistlichen). ȤȤ Neben ökumenischer Offenheit für die Schülerinnen und Schüler der anderen Konfession ist religionspädagogisch zu bedenken, dass nicht selten auch Schülerinnen und Schüler ohne Konfessionszugehörigkeit oder Angehörige anderer Religionen den Religionsunterricht in gemischt konfessionellen Lerngruppen als Gastschülerinnen und -schüler besuchen (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 31 f.). Auch die Bedürfnisse dieser Schülerinnen und Schüler müssen verstärkt in den Blick genommen werden. Oftmals dürfte es sich nämlich um Kinder und Jugendliche handeln, die mit religiöser Praxis bisher kaum oder gar nicht in Verbindung kamen. Davon profitieren auch die vielen getauften Kinder und Jugendlichen im Religionsunterricht, die inzwischen häufig ebenfalls keine religiöse Sozialisation mehr erfahren haben. ȤȤ Religionslehrerinnen und -lehrer haben ein Recht auf Unterstützung durch ihre Diözese und Landeskirche und können diese einfordern. Die Ergebnisse der Studie zeigen den Wunsch nach Fortbildungsangeboten zu Themen der konfessionellen Kooperation und zum Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen. Es wird Aufgabe der Diözesen und Landeskirchen sein, den Lehrkräften entsprechende Angebote zu machen und dabei auch unterschiedlichen Erwartungen an Kooperation gerecht zu werden. Während beim Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen der organisatorische Aspekt zunächst im Vordergrund steht und erst im Nachgang religionspädagogische Modelle, etwa in Form besonderer Unterrichtsmaterialien, erwartet werden können, setzt die Bereitschaft einer Schule zur religionsdidaktisch reflektierten konfessionellen Kooperation weitergehende Unterstützung voraus. Dabei
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wären durch die jeweiligen kirchlichen Dienst- und Fortbildungsstellen begleitende Angebote zu konzipieren, etwa die Beratung von Fachschaften, Einführungstage, Reflexionstage oder Unterstützung bei der Erarbeitung von Kooperationsmodellen und der anschließenden Evaluation. ȤȤ Kooperationsmodelle mit einem weitergehenden, über die Bildung von konfessionell gemischten Lerngruppen hinausweisenden Anspruch erfordern nicht nur Konzepte von Team-Teaching (wo organisatorisch möglich), zeitlich begrenzten Wechsel von Lerngruppen (Stichwort Perspektivenwechsel), projektbezogene Zusammenarbeit bei Unterrichtsmodellen, gemeinsame Unterrichtsgänge zu außerschulischen Lernorten bzw. die Einladung von Gästen in den Religionsunterricht, sondern möglichst auch die Präsentation dieser Angebote auf der Homepage oder bei Elternabenden, um den Prozess transparent für interessierte Lehrkräfte und andere Schulen zu gestalten. Dabei zeigt sich immer häufiger, dass auch Schulleitungen und Eltern im Kontext von Schulprogrammen und ihrer Außendarstellung den Wert des Religionsunterrichts deutlicher sehen, zuweilen sogar die Hoffnung auf ein konfliktfreieres Miteinander von Schülerinnen und Schülern durch ein besseres gegenseitiges Verständnis für die unterschiedliche religiöse und gesellschaftliche Herkunft damit verbinden. Ob dabei der Religionsunterricht mit Ansprüchen überfrachtet wird oder durch Wünsche inner- und außerschulischer Gruppen in einer Weise verändert wird, wie es nicht immer im Sinne der Kirchen bzw. der Religionslehrerinnen und -lehrer sein kann, wird in Zukunft verstärkt zu diskutieren sein. Auf die Chancen eines gemeinsam verantworteten Religionsunterrichts im Sinne einer konfessionellen Kooperation oder im Sinne eines Unterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen verweist auch Jan Woppowa: Evangelische und katholische Christinnen und Christen, d. h. vor allem evangelische und katholische Religionslehrerinnen und Religionslehrer, seien dann nämlich »weniger allein angesichts vieler komplexer Aufgaben, die eine religiös plurale und nicht selten religionskritisch eingestellte postmoderne Gesellschaft für sie bereithält« (Woppowa, 2017a, S. 8.). Woppowa spricht dabei
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von einer »ökumenischen Bildungsverantwortung«. Bedeutsam erscheint auch sein Hinweis, die konfessionelle Zugehörigkeit sei für Jugendliche heute weit weniger von Relevanz als die Zugehörigkeit zu einem sozialen Milieu (S. 9): eine Beobachtung, die viele Religionslehrkräfte aus ihrer Praxis werden bestätigen können, deren Tragweite jedoch bisher noch gar nicht erschöpfend reflektiert wurde. In diesem Kontext werden Erfahrungen von Religionslehrerinnen und Religionslehrern verständlich, die äußern, der Unterricht in den verschiedenen Organisationsformen des Religionsunterrichts (konfessioneller Kurs, konfessionell gemischter Kurs, »Klassenverband«, konfessionelle Kooperation) fühle sich häufig »gleich« an. Religiöses Expertenwissen einzelner Schülerinnen und Schüler, von denen früher der konfessionelle oder konfessionell gemischte Religionsunterricht profitierte, kann nur noch selten vorausgesetzt werden. Religionsunterricht wird dem Erlernen einer Fremdsprache immer ähnlicher: Das Grundwissen um Religion und Glaube muss grundständig erworben, kann jedoch nicht mehr im Sinne einer Korrelation vergegenwärtigt werden. Dabei werden Modelle, die im Rahmen einer Idee der versöhnten Verschiedenheit »konfessionsspezifische Perspektiven gerade nicht hinter sich lassen möchte[n]« (S. 9), im Sinne eines ökumenischen Anliegens im Kontext des Bischofspapiers zur Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts immer bedeutsamer.
Klaus Kießling
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2.1 Konfessioneller Religionsunterricht und seine Rahmenbedingungen Wenn konfessioneller Religionsunterricht (Ruh, 2013; Großbölting, 2013; Heinig 2014) gemäß Artikel 7, Absatz 3 des Grundgesetzes »in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften« erteilt wird, so richtet der Staat diesen zwar ein, aber er überträgt den Kirchen oder Religionsgemeinschaften im Rahmen des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags die Verantwortung für Ziele und Inhalte dieses Unterrichts. Der Staat schützt auf diese Weise das religiöse Selbstverständnis seiner Bürgerinnen und Bürger und garantiert die Religionsfreiheit (Hemel, 2015) in öffentlichen Schulen. Der Staat verfolgt also einerseits keine eigenen religiösen Interessen, er wird nicht zu einem Gottesstaat, er erweist sich nicht als fundamentalistisch unverständig, der Staat verfolgt aber andererseits auch keine strikten Trennungsabsichten, er verbannt nicht alles Religiöse aus dem öffentlichen Leben, er zeigt sich in Sachen Religion nicht als säkularistischer Ignorant. Jedoch erlauben aktuelle religionsdemografische Entwicklungen in vielen Regionen des Bundesgebiets nicht mehr die Einrichtung katholischer oder evangelischer Lerngruppen4. Vielmehr stehen kon4 Herr Dr. Andreas Verhülsdonk, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, trug der Konferenz der diözesanen Schulabteilungsleiterinnen und Schulabteilungsleiter (KoLeiScha) in ihrer Sitzung vom 5.–7. November 2014 Daten zur Entwicklung religiöser Zugehörigkeiten an deutschen Schulen vor und formulierte folgende Zusammenfassung: »Der Anteil der katholischen und evangelischen Schüler nimmt seit 1990 kontinuierlich zugunsten der konfessionslosen Schüler ab und wird in den nächsten 10 Jahren weiter abnehmen. 2020 gehört die Mehrheit der Grundschüler keiner der beiden Großkirchen an. Der Rückgang ist in den west- und süddeutschen Bundes-
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fessionelle Kooperation und die Klärung der Frage an, wie die grundgesetzlich geschützte Idee des konfessionellen Religionsunterrichts und damit der normative Bezug zum kirchlichen Glauben sich unter veränderten Bedingungen bewähren können. Dabei kommt es sehr darauf an, den Religionsunterricht nicht mit vielfältigen Ansprüchen zu überfrachten, sondern Entwicklungen zu initiieren, die auch Katechese und Familienbildung umfassen. So ist mit der Würzburger Synode (Bertsch et al., 1976) eine Differenzierung von Religionsunterricht und Katechese gelungen, hinter die wir auch dann nicht zurückfallen dürfen, wenn die Rahmenbedingungen, die wir heute antreffen, sich deutlich von jenen unterscheiden, die seinerzeit galten: Die meisten Schülerinnen und Schüler sind mit dem kirchlichen Leben nicht mehr vertraut, also kann die schulische Auseinandersetzung mit Religion auch nicht auf Erfahrungen zurückgreifen, die aus einer gelebten und katechetisch unterstützten Praxis stammen. Schon darum erscheinen didaktisch performative Ansätze wichtig, die auf Sprachhandlungen setzen, welche religiöse Phänomene nicht nur ins Wort bringen, sondern zugleich erlebbar machen. Zugleich ist deutlich, dass Religionspädagogik, Katechetik und Didaktik (Lämmermann u. Platow, 2014; Heindel u. Paintner, 2015) – sie alle gehören zusammen – auch in der empirischen Forschung nicht gleichermaßen gut entwickelt sind; Nachholbedarf besteht insbesondere in der Katechetik. Vor diesem Hintergrund führte die Forschungsgruppe »Religion und Gesellschaft« im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Langzeitstudie zur Erstkommunionkatechese durch. Daran waren Vertreterinnen und Vertreter der Religionspädagogik, der Soziologie und der Kriminologie, der Psychologie und der Pädagogik beteiligt ländern, in denen 80 % der Katholiken wohnen, besonders stark. Die regionalen Unterschiede in Bezug auf Religionszugehörigkeit nehmen zwischen den Bundesländern und innerhalb eines Bundeslandes zu. In vielen Regionen wird die parallele Einrichtung von katholischen und evangelischen Lerngruppen im Religionsunterricht nicht mehr möglich sein.« Für diese Entwicklung des Erstarkens der Gruppe der Ungetauften neben den evangelisch- oder katholisch-konfessionell Gebundenen steht der Begriff der »Trikonfessionalität« (Schröder, 2012, S. 288; Hofheinz, 2017, S. 132).
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Religionsunterricht in der Primarstufe im deutschsprachigen Raum
(Forschungsgruppe »Religion und Gesellschaft«, 2015). In diesen Zusammenhang gehört auch die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, Religionsunterricht und Katechese in einer Wirksamkeitsstudie zusammenzubinden.5 2.1.1 Katholische Kirche Als nachkonziliare »Gründungsurkunde des gegenwärtigen Religionsunterrichts« (Herget, 2000, S. 18) gilt der Beschluss der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland der siebziger Jahre mit dem Titel »Der Religionsunterricht in der Schule« (Bertsch et al., 1976, S. 113–152). Dieser »soll zu verantwortlichem Denken und Verhalten im Hinblick auf Religion und Glaube befähigen« (S. 139) und damit eine »Hilfe zur verantwortlichen Gestaltung des eigenen wie des gesellschaftlichen Lebens« (S. 139) bieten. Religionsunterricht geschieht »unter diakonischem Aspekt« (S. 141) und bedarf der Ergänzung »durch die verschiedenen katechetischen Bemühungen der Gemeinde« (S. 152) – womit es zugleich zur Differenzierung von Religionsunterricht und Gemeindekatechese kommt. Dabei 5 Könemann, Sajak und Lechner (2017) gehen der Frage nach dem Zusammenspiel von schulischer Bildung im Religionsunterricht und gemeindekatechetischen Lernprozessen nach, indem sie zwölf leitfadengestützte narrative Interviews mit (am Ende ihrer Schullaufbahn stehenden) 18- bzw. (mit biografisch wichtigen Weichenstellungen befassten) 28-jährigen Katholikinnen und Katholiken mit unterschiedlichen Bildungswegen in verschiedenen Regionen Deutschlands führen und analysieren. Die Aufmerksamkeit der Forschenden gilt dabei nicht allein den klassischen Lernorten des Religionsunterrichts, der Kommunion- und der Firmvorbereitung, vielmehr zählen auch ehrenamtliche Engagements, etwa der Ministrantinnen und Ministranten, und dezidiert informelle Einflüsse, die sich der eigenen Familie, Freundinnen und Freunden, persönlichen Erlebnissen und Begegnungen verdanken, zu zentralen Faktoren von Wirksamkeit und Nachhaltigkeit religiöser Bildung. Die Ergebnisse dieser Vorstudie münden in ein Modell der Amalgamierung von Person, Methode und Inhalt: Den Personen, die das religiöse Bildungsgeschehen begleiten, kommt erwartungsgemäß große Bedeutung zu; darüber hinaus spielen für die Nachhaltigkeit der von ihnen initiierten Prozesse die Wahl und der Einsatz der Methode eine ganz erhebliche Rolle, die sich mit ihren kognitiven, affektiven und konativen Qualitäten zusammen mit der Glaubwürdigkeit der Begleitpersonen als Trägerin der materialen Gehalte religiöser Bildung erweist. Ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit wächst mit dem Maß der Überschneidung von Person, Methode und Inhalt.
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ist auch der konfessionelle Religionsunterricht zur Offenheit verpflichtet; der Gesinnung nach ist er ökumenisch. Im Unterschied zu einem nichtkonfessionellen Unterricht geschieht die Auseinandersetzung nicht unter dem Anspruch einer (ohnehin fragwürdigen) Neutralität, sondern von einem bestimmten Standpunkt aus. Dadurch besteht zwar immer die Gefahr einer falschen, die fremde Meinung verkürzenden und verzerrenden Apologetik – aber es ist ebensowohl ein redliches, von Toleranz und gemeinsamem Bemühen um die Wahrheit bestimmtes Gespräch möglich und wünschenswert. (S. 144)
Im Jahr 1993 veröffentlicht die Bischöfliche Kommission für Erziehung und Schule ihre Erklärung zu Fragen der Bildungspolitik: »Bildung in Freiheit und Verantwortung« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1993). Sie wertet Bildung als pädagogischen Schlüsselbegriff. Dieser »hebt […] auf die Erfahrungs- und Urteilsfähigkeit des Menschen, auf sein Selbst- und Weltverständnis ab, das sich aufgrund von Wissen und Einsicht gebildet hat« (S. 7). Die Erklärung wendet sich gegen Tendenzen, die Bildung durch Anpassung an technologische Entwicklungen und ökonomische Bedürfnisse verkürzen. […] Als Regulativ gegenüber verkürzten Sichtweisen des Menschen vermag der christliche Sinnhorizont einerseits Widerspruch anzumelden gegen eine behauptete Selbstverfügung des Menschen und gegen seine gesellschaftlich-politische Instrumentalisierung. Andererseits müssen sich die Sinnperspektiven des christlichen Menschenbildes darin bewähren, daß sie zum Ordnungsrahmen für pädagogisches Handeln in konkreten Situationen werden. (S. 12 f.)
Bildungspolitisch geht es den deutschen Bischöfen um Mensch werdung in Solidarität (S. 15). Die deutschen Bischöfe greifen in ihrem 1996 erschienenen Schreiben »Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1996) die Inhalte der 1993 erschienenen Erklärung zu Fragen der Bildungspolitik ausdrücklich auf (S. 27). Sie konturieren Bildung als einen Prozess des Sich-Bildens, darauf zielend, »sich die bildenden Kräfte der Natur, der Kultur,
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der Wissenschaft, der Religion zu erschließen« (S. 27). Diese Vorgänge lassen sich anregen und unterstützen durch Lehrkräfte in ihrer konkreten Existenz (S. 61), wenn diese als Zeuginnen und Zeugen allemal konfessionell gebundenen Glaubens auftreten. An die Stelle eines Konfessionalismus, der Selbstbeharrung und Selbstisolierung kennt, tritt »gesprächsfähige Identität« (S. 49). Ökumenisch kann nur wirken, wer zu seiner Konfession, zu seinem Bekenntnis steht, mit zu thematisierenden Inhalten »existentiell verwickelt« (S. 51) ist und diese so in das Unterrichtsgeschehen einbringt, dass Schülerinnen und Schüler lernen, aus ihnen bisher fremder Perspektive sehen zu lernen und eine je eigene Position zu entwickeln: Die Fähigkeit zu wechselseitiger »Perspektivenübernahme« der jungen Menschen untereinander sowie zwischen ihnen und den Lehrerinnen und Lehrern ist ein weittragendes Bildungsziel bis in die Einübung politischer Entscheidungsfähigkeit hinein. (S. 62)
In ihrer im Jahr 2005 veröffentlichten Schrift »Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2005) widmen die deutschen Bischöfe den Religionslehrerinnen und Religionslehrern »an der Schnittstelle von Kirche und Schule« (S. 34) ein eigenes Kapitel. Schließlich erweisen diese sich als die wichtigsten Ansprechpersonen in Glaubens- und Lebensfragen, sie »werden so zu Brückenbauern zwischen Kirche und Schule« (S. 34) und können dieser Aufgabe dann gerecht werden, »wenn sie sich Quellen erschließen, aus denen ihre Spiritualität gespeist werden kann« (S. 35 f.). Im Jahr 2010 schließlich formulieren die deutschen Bischöfe »Kirchliche Anforderungen an die Religionslehrerbildung« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2010); darin greifen sie den Auftrag zum Brückenbau explizit auf und sprechen den Religionslehrkräften zu, »aus der Binnenperspektive über den katholischen Glauben sprechen und in ein dialogisches Verhältnis zu Andersgläubigen und Nicht-Glaubenden treten« (S. 17) zu können. Mit ihren am 22. November 2016 veröffentlichten »Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz,
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2016) erweitern die deutschen Bischöfe ausdrücklich den zwanzig Jahre zuvor gesetzten Rahmen (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1996; Die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland, 1998). Damit legen sie Modelle der Kooperation nahe, die regional und kontextuell und nicht mehr bundeseinheitlich abzustimmen sind, und verabschieden sich vom flächendeckend normierenden Bild der konfessionellen Homogenität der Lerngruppen. Deren veränderte Zusammensetzung »hat in einem schülerorientierten Unterricht Auswirkungen auf die Ziele, die Inhalte und die Gestaltung des Religionsunterrichts, die es theologisch und religionsdidaktisch zu bedenken gilt« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 18), wie die Bischöfe in ihrem Plädoyer für konfessionsbewussten und differenzsensiblen, perspektivenverschränkenden und zu eigener Positionierung befähigenden Unterricht formulieren. Sie nennen explizit in Hessen und anderen Bundesländern bestehende Regelungen, die im Aus nahmefall die Einrichtung gemischter Lerngruppen ermöglichen. 2.1.2 Evangelische Kirche Eine 1994 erschienene Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland befasst sich unter dem programmatischen Titel »Identität und Verständigung« (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1994) mit »Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität«, wie es im Untertitel heißt. Darin geht es um einen Religionsunterricht […], in welchem die Zeugnisse der christlichen Glaubenserfahrung und die Erfahrungen der jungen Generation heute verbunden werden; denn Religion kann sich nie in Wissen erschöpfen. In diesem Sinne gilt der Grundsatz, die selbständige, erfahrungsbezogene Aneignung und Auseinandersetzung zu fördern (S. 27).
Identität vor Verständigung oder Identität durch Verständigung? (Mette, 2007, S. 179 ff.) »Wer nicht um seine Identität zu fürchten braucht, kann sich für andere öffnen und Verantwortung übernehmen.« (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1994, S. 82) Das bereits im Titel der Denkschrift anklingende Zusammen-
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spiel von gewachsener Identität und anzustrebender Verständigungsfähigkeit spiegelt sich in einem Plädoyer für konfessionell-kooperativen Religionsunterricht (S. 65 u. S. 88). Zwanzig Jahre später veröffentlicht der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland seine Denkschrift »Religiöse Orientierung gewinnen« (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2014). Artikel 7, Absatz 3 des Grundgesetzes versteht sich darin im Lichte der in Artikel 4 garantierten Glaubens- und Gewissensfreiheit (S. 38 ff.). Für das Zueinander von religiöser Identität und Dialogfähigkeit stellt die Denkschrift klar, dass herkömmliche Versuche, zunächst zur Festigung einer je eigenen religiösen Identität beizutragen, um so die nötigen Voraussetzungen für Dialogfähigkeit zu schaffen, als gescheitert gelten müssen, zumal Kinder schon in zartem Alter auf Kinder mit anderer oder ohne Religionszugehörigkeit treffen. »Deshalb gibt es keine Alternative dazu, beide Aufgaben zugleich wahrzunehmen, die Unterstützung von religiöser Identitätsbildung und von Pluralitätsfähigkeit.« (S. 45) Der evangelische, aber auch der konfessionell kooperative Religionsunterricht versteht sich als »Angebot für alle, die seiner Einladung aus freier Entscheidung folgen möchten« (S. 98). Zudem bietet der kooperative Religionsunterricht die Möglichkeit, geeignete Themenstellungen auch gemeinsam mit einem jüdischen oder islamischen Religionsunterricht in der Schule zu bearbeiten. Auch dabei wird die rechtliche Eigenständigkeit des jeweiligen Religionsunterrichts nicht aufgegeben. (S. 100; vgl. Möller, 2016)
2.2 Religionslehrerinnen und Religionslehrer heute Heute zielen die meisten Theologiestudierenden auf das Berufsfeld Schule. Als Lehrkräfte klären sie theologische Sachverhalte, sie bezeugen aber auch den Glauben ihrer Kirche. Bezeugen kann ich jedoch nur, was sich mir erschlossen hat. In diesem Zusammenhang sehe ich die große Nachfrage von Lehrerinnen und Lehrern nach Fortbildungsangeboten zum Erwerb spiritueller Kompetenz (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2014; Schemann, 2014), und ich weiß sie zu schätzen.
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Denn darauf sind Religionslehrkräfte nicht nur deswegen angewiesen, weil es in der Schule auf ihren spirituellen Habitus ankommt, mit dem sie einen mystagogischen Raum eröffnen können. Darauf sind sie auch deswegen angewiesen, weil sie selbst jener religiös pluralen Welt entstammen, die ihnen in der Schule begegnet. Religion ist und bleibt ein Lernprozess – für alle Beteiligten, auch für die Lehrenden, die mitunter zu viel lehren und darüber zu wenig lernen: Denn die Suchbewegungen der Kinder und Jugendlichen lassen sich nicht instruktiv auf eine Auslegung von Gott und Welt hin zurichten, die sich als mit der Lehre unserer Kirche(n) kongruent erweist – schon wegen der gegebenen Heterogenität nicht, aber auch nicht unter bildungstheoretischer Rücksicht, schließlich auch nicht angesichts eines diakonischen Grundzugs von Kirche, den insbesondere Papst Franziskus erfreulich stark macht. Katechese stellt sich der Bildungsaufgabe, die Entfaltung der Taufberufung zu fördern. Unterricht zielt nicht auf Taufe oder andere Sakramente, auch wenn ich mich gern daran erinnere, wie mir erstmals eine meiner Schülerinnen freudig offenbarte, dass sie sich hat katholisch taufen lassen, und diesen Umstand mit ihrem Lehrer in Verbindung brachte. Von Kompetenzen war schon die Rede. Die inzwischen starke Kompetenzorientierung (Schröder, 2012, S. 580–583) verdankt sich der empirischen Bildungsforschung, sie hat auch die Entwicklung einer (Religions-)Unterrichtsforschung begünstigt (Fischer, Elsenbast u. Schöll, 2003; Kießling, 2011a, S. 19–29; Riegel u. Macha, 2013). Damit komme ich zur Untersuchung des Religionsunterrichts in der Primarstufe (Kießling, 2011b) im Kontext von Pluralität (Rendle, 2015), Heterogenität (Grümme, 2017) und religiöser Identität (Pirker, 2013) – zunächst zum Forschungs- und Diskussionsstand und den Einsichten, die sich daraus gewinnen lassen, schließlich zum eigenen Vorhaben.
2.3 Empirische Forschung bis zur Jahrtausendwende Wie kann Religionsunterricht sowohl religiös verbindlich als auch dialogisch offen sein? Hans-Georg Ziebertz legt zugunsten einer pluralitätsfähigen Religionspädagogik empirische Einsichten zum Thema »Religionen im Religionsunterricht« (Ziebertz, 1994, S. 105–194) vor.
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Bei der aus dem Jahr 1994 stammenden Konzeptualisierung von Unterrichtstypen geht es formal um die Frage, ob Lernen zu verstehen sei als ein Lernen in, über oder von Religion aus, mit anderen Worten als eine Einführung in eine Glaubenstradition (teaching in religion), als neutral vermittelte Information über diese Glaubenstradition (teaching about religion) oder als religiöse Erziehung von dieser Glaubenstradition aus (teaching from religion). Formal lassen sich damit theologische, religionswissenschaftliche und pädagogische Konzepte unterscheiden. Diese Differenzierung spielt noch heute ihre Rolle, wie die weitere Skizze des Forschungs- und Diskussionsstands zeigen wird. Rudolf Englert und Ralph Güth veröffentlichen im Jahr 1999 ihre Essener Umfrage – eine empirische Untersuchung zur Situation und zum Profil des katholischen Religionsunterrichts an Grundschulen (Englert u. Güth, 1999). Das wichtigste Ziel, das die befragten Religionslehrerinnen und Religionslehrer verfolgen, liegt darin, Kinder zum Nachdenken zu bringen (S. 78 ff.). Die Intentionen, zu religiöser Toleranz zu erziehen sowie zu sozialem Engagement zu motivieren, belegen die nachfolgenden beiden Rangplätze in der Hierarchie der Wichtigkeit, die Grundschullehrerinnen und -lehrer diesen Zielen zusprechen. Ihre wichtigste Fähigkeit sehen sie darin, Kindern das Gefühl menschlichen Angenommenseins zu geben (S. 103–112). Die Autoren stellen regionale Vergleiche des Religionsunterrichts an: Sie beschränken sich nicht auf das Ruhrgebiet, sondern führen Erhebungen auch in Schleswig-Holstein und in Franken durch (S. 136–154). Methodisch kommen vorrangig Fragebögen zum Einsatz; diese werden aber durch Interviews (S. 155–164) und Einblicke in Tagebücher von Religionslehrkräften (S. 17–28) ergänzt. Bemerkenswert hoch fällt ihre Berufszufriedenheit aus (S. 49–54). Bei der Frage nach der Form des Religionsunterrichts plädieren 42,0 % für die Beibehaltung des Konfessionalitätsprinzips, während 45,2 % eine ökumenische Gestalt des Religionsunterrichts favorisieren (S. 94–102). Danach legt Anton A. Bucher im Jahr 2000 ebenfalls eine Studie zum katholischen Religionsunterricht an Grundschulen vor (Bucher, 2001). Mit seinen Fragebögen richtet er sich jedoch nicht an Lehrkräfte, sondern an Schülerinnen und Schüler der 3. und der 4. Klasse, vorwiegend in Süddeutschland. 1.454 Kinder geben ihr Urteil über den katholischen Religionsunterricht ab: Nach Sport und Kunst nimmt
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Religionsunterricht zusammen mit Musik den dritten Rangplatz in der Beliebtheit der Schulfächer ein. Auch die ihm zugeschriebene Wichtigkeit und die mit ihm einhergehenden Lerneffekte – insbesondere bei theologischen Inhalten – erweisen sich als hoch. Wovon hängt diese Wertschätzung ab? Varianzanalytisch6 zeigt sich, dass mit zunehmendem Alter die Beliebtheit des Religionsunterrichts und die ihm zugeschriebene Wichtigkeit sinken, Lerneffekte dagegen recht stabil bleiben; es sind nicht regionale Unterschiede – Niedersachsen oder Bayern, Stadt oder Land –, die für unterschiedliche Wertschätzung verantwortlich zeichnen. Zudem trägt die Freundlichkeit, die die meisten Kinder ihrer Religionslehrkraft bescheinigen, massiv zur Wertschätzung des Religionsunterrichts bei. Für die religiöse Primärsozialisation zeichnet sich Folgendes ab: Je stärker Kinder davon geprägt sind, desto beliebter und wichtiger ist der Religionsunterricht, desto mehr Lerneffekte werden ihm zugeschrieben. Diesen Zusammenhang weist schon eine im Jahr 1989 abgeschlossene Allensbacher Untersuchung auf (Köcher, 1989, S. 41). Aber auch religiös wenig Sozialisierte attestieren dem Religionsunterricht an Grundschulen Lebensrelevanz. Ästhetische Tätigkeiten wie die Vorbereitung von Festen, Zeichnen und Malen erfreuen sich größerer Beliebtheit als traditionelle Beschäftigungen wie das Hören biblischer Geschichten oder das Beten; erstere sind »jedoch nicht entsprechend effizienter« (Bucher, 2000, S. 98) hinsichtlich der dem Religionsunterricht entgegengebrachten Wertschätzung.7 »Religion gehört umso mehr zu den Lieblingsfächern, je handlungsorientierter der Unterricht aufgezogen wird, je aktiver sich die 6 Eine Varianzanalyse prüft, ob die Unterschiedlichkeit von Befragten in Bezug auf ein Merkmal (abhängige Variable) auf eine oder auch mehrere unabhängige Variablen zurückgeführt werden kann (Diehl, 1983). Eine der Hypothesen, deren varianzanalytische Prüfung hier ansteht, lautet: Kinder unterschiedlichen Alters zeigen für den Religionsunterricht ein unterschiedliches Maß an Wertschätzung. 7 Gemeint ist damit folgender Zusammenhang: Wenn traditionelle Lernformen im Religionsunterricht die Lieblingsbeschäftigungen sind, tragen diese zur gesamten Wertschätzung des Unterrichts relativ viel bei – jedenfalls mehr als ästhetische Lernformen, wenn diese die Lieblingsbeschäftigungen sind.
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SchülerInnen im ihm verhalten können« (Bucher, 2001, S. 141; vgl. S. 34–54). Eine methodisch innovative Arbeit präsentiert Barbara Asbrand, die mit ihrer im Jahr 2000 erschienenen qualitativ-empirischen Studie auf die grundschulpädagogische Konzeption eines interreligiösen Religionsunterrichts im Klassenverband zielt. Sie stützt sich auf Ansätze der Feldforschung, indem sie durch Gespräche mit Kindern und Lehrkräften am schulischen Leben partizipiert, Unterrichtssituationen durch teilnehmende Beobachtung wahrnimmt, analysiert und interpretiert und daraus Konturen einer Didaktik entwickelt. Diese nimmt religiöse Heterogenität als Herausforderung an, macht mit fremder Religiosität und konkreter religiöser Praxis bekannt, pflegt eine Erzähl- und Gesprächskultur, die der Bewältigung der Sinnfrage zugutekommt, und zielt auf Sozialisationsbegleitung, individuelle Anerkennung und Anerkennung von Differenz: »Interreligiöse Lernprozesse ereignen sich als Prozesse des Fremdverstehens in der Konvivenz« (Asbrand, 2000, S. 245). Sie setzen Respekt, Sympathie und Empathie, die Kontextualisierung religiöser Phänomene und die sachliche Information über sie voraus. Unstrittig erscheint gewiss die Bedeutung religiöser Toleranz, strittig aber die Frage, ob Religionsunterricht damit hinreichend umrissen ist. Ein Vergleich von Religions- und Fremdsprachenunterricht veranschaulicht, worauf es zudem ankommt: »Der Versuch, religiös zu sein, ohne eine bestimmte Religion zu praktizieren, ist genauso hoffnungslos wie der Versuch zu sprechen, ohne eine bestimmte Sprache zu benutzen.« (Verhülsdonk, 2001, S. 191) Dieser Vergleich führt gerade an seiner Grenze (S. 194, Anmerkung 44) – und welcher Vergleich kennt keine Grenze? – weiter: Denn die Frage nach der »wahren Religion« drängt sich unweigerlich auf – zumal in religiös pluraler Welt –, die Frage nach einer »wahren Sprache« hingegen wirkt sinnlos. Mit anderen Worten: Die Wahrheitsfrage stellt sich im Religionsunterricht, und die daran Beteiligten sind aufgefordert, sich ihr zu stellen. Es braucht die Ergebnisoffenheit von Lernprozessen, die sich nicht gängeln lassen, und es braucht ein klar positioniertes (Identifikations-)Angebot. Gerade in und aus dieser Mischung lebt konfessioneller Religionsunterricht.
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2.4 Konfessionelle Kooperation Den Möglichkeiten konfessioneller Kooperation im Religionsunterricht der Grundschulen widmet sich eine empirische Untersuchung unter Federführung von Friedrich Schweitzer und Albert Biesinger. In ihrer 2002 erschienenen Publikation »Gemeinsamkeiten stärken – Unterschieden gerecht werden« führen sie vier Kooperationsformen an (Schweitzer u. Biesinger, 2002, S. 89–96): (1) Lehrerkooperation bei konfessionell getrennten Lerngruppen, (2) phasenweise erfolgenden Wechsel zwischen konfessionell getrennten und gemischten Lerngruppen, (3) evangelisch-katholische Lerngruppen mit und ohne Lehrertausch sowie (4) Team-Teaching bei konfessionell gemischter Lerngruppe. Besonders wirkungsvoll ist offenbar ein von zwei Lehrkräften mit unterschiedlicher Konfessionszugehörigkeit gemeinsam erteilter Religionsunterricht (Team-Teaching). Weiterhin empfehlenswert sind gezielte, didaktisch im Einzelfall geplante oder phasenweise Formen der Kooperation. Solche phasenweisen thematischen Kooperationsformen erlauben einen Dialog, wie er bei kooperativem Unterricht anzustreben ist. (S. 238)
»Das Konfessionalitätsprinzip, das auch den grundgesetzlichen Vorgaben entspricht, schließt Formen konfessioneller Kooperation im Religionsunterricht keineswegs aus.« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2005, S. 10 f.) Die Evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg sowie die Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart haben am 1. März 2005 eine Vereinbarung getroffen, die darauf zielt, ein vertieftes Bewusstsein der eigenen Konfession zu schaffen, die ökumenische Offenheit der Kirchen erfahrbar zu machen und den Schülerinnen und Schülern beider Konfessionen die authentische Begegnung mit der anderen Konfession zu ermöglichen (Evangelische Landeskirche in Baden, Evangelische Landeskirche in Württemberg, Erzdiözese Freiburg u. Diözese Rottenburg-Stuttgart, 2005, S. 5).
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Auf dieser Basis wurden konfessionell gemischte Lerngruppen gebildet und im Wechsel von evangelischen und katholischen Religionslehrkräften unterrichtet; dieses Konzept lässt sich dann besonders leicht umsetzen, wenn die beiden Konfessionen ungefähr ausgewogen vertreten sind8. So konnte die konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen für die drei Schuljahre 2005–2008 implementiert und evaluiert werden (Kuld, Schweitzer, Tzscheetzsch u. Weinhardt, 2009), und zwar vor dem Hintergrund, dass dieses Anliegen auf Lehrerinnen und Lehrer treffen würde, die einerseits in ihrer personalen Identität deutlich konfessionell verwurzelt sind und andererseits einen schuleigenen professionellen Umgang mit Religion pflegen, der keine Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Konfession erkennen lässt. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die Andreas Feige und Werner Tzscheetzsch in Baden-Württemberg unter 4.196 Religionslehrkräften durchgeführt und im Jahr 2005 veröffentlicht haben: Der »Professionalitätsraum Schule« formt einen schuleigenen Umgang mit Religion, der sehr stark von der Situation der SchülerInnen her denkt und auf sie weniger mit konfessionsspezifischen als vielmehr mit allgemein-christentumskulturellen Angeboten reagiert. Wenn aber auch die personale Identität des Lehrenden stärker im Blickpunkt steht, dann zeigen sich konfessionelle Verwurzelungen, die im Hintergrund bleiben, wenn man sich allein auf die professionelle Selbstkonturierung der Lehrenden konzentriert. Beides aber ist nachweislich vorhanden. Das bedeutet: Im professionspraktischen Selbstentwurf der ReligionslehrerInnen beider Konfessionen werden die professionelle und die privat-persönliche Sphäre getrennt. (Feige u. Tzscheetzsch, 2005, S. 20; vgl. Feige, Dressler, Lukatis u. Schöll, 2000)
8 Hans Mendl (2010, S. 118) macht darauf aufmerksam, dass in Diasporagebieten womöglich andere Modelle zu favorisieren wären. Als Alternative bietet sich das Modell einer konfessionellen Gastfreundschaft an, das vorsieht, den Religionsunterricht der einen Konfession für Schülerinnen und Schüler der anderen Konfession zu öffnen und mit diesen als Gästen zu kommunizieren (Schmid u. Verburg, 2010; Simojoki u. Ritter, 2014, S. 302).
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Im Unterschied zu diesem Befund, der auf Selbsteinschätzungen beruht, zeigt sich in der Unterrichtspraxis an Grundschulen, dass die Lehrenden ihre vor allem durch persönliche, biografische wie sozialisatorische Einflüsse geprägte konfessionelle Identität in den Unterricht tatsächlich eingebracht haben. Weniger die theologische Ausbildung und damit ein bewusst gewählter Umgang mit Konfessionalität bestimmte also, wie konfessionell der Religionsunterricht war, sondern die oft unbewusste persönliche Konfessionalität. Am Ende des Grundschulprojekts konnte so auch eine Lehrerin sagen, ihr sei gar nicht bewusst gewesen, wie katholisch sie sei. (Schweitzer, Biesinger, Conrad u. Gronover, 2006, S. 139)
Die gegebene Bandbreite an Auskünften bestätigt nicht die von Andreas Feige und Werner Tzscheetzsch vorgebrachte Auffassung, Religionslehrkräfte hielten eigene konfessionelle Prägungen im Unterricht gezielt zurück, weil sie darin einen Verstoß gegen ihre Professionalität sähen (Biesinger, Münch u. Schweitzer, 2008, S. 102; Pirner, Scheunpflug u. Kröner, 2016). Zur Evaluation, wie sie in den Jahren 2005–2008 in Baden-Württemberg stattfand, gehören Unterrichtsdokumentationen, Gruppeninterviews mit Schülerinnen und Schülern, Interviews und schrift liche Befragungen unter Lehrkräften, Interviews auch mit Schulleitungen und eine schriftliche Befragung der Eltern von Kindern an Grundschulen (gegen Ende von Klasse 2). Dabei zeigt sich für die Grundschulen, dass evangelische Kinder an Modellschulen besser über die andere Konfession informiert sind als Kinder an Vergleichsschulen (Analoges gilt für Kinder anderer Bekenntnisse) und Modellschülerinnen und -schüler um ihre eigene Konfession eher wissen als Vergleichsschülerinnen und -schüler. In der Gesamttendenz bestätigt die Evaluation die zwischen den Kirchen vereinbarten Ziele. Die Lehrkräfte schätzen den mit der konfessionellen Kooperation gegebenen Erhalt der ohnehin noch jungen Klassengemeinschaft und kommen zum Schluss, dass konfessionelle Kooperation unterschiedliche Traditionen nicht einebnet, sondern allererst wahr- und ernst nehmen lässt. Team-Teaching wissen sie zu schätzen (Kuld, Schweitzer u. Tzscheetzsch, 2009, S. 143 f.), ebenfalls die mit konfes-
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sioneller Kooperation einhergehende Stärkung ihres Faches und der Rolle, die es in der Schulkultur und für die Schulentwicklung spielt (S. 162 ff.). In diesem Sinne versteht sich auch die vorwiegend positive Resonanz unter den dazu befragten Schulleitungen und Eltern. Da raus ergibt sich aber auch die Notwendigkeit, den Lehrerinnen und Lehrern in Aus- und Fortbildung die Auseinandersetzung mit neu aufbrechenden theologischen Fragen anzubieten und auf diese Weise ihre Pluralitätsfähigkeit zu sichern und ihre Differenzkompetenz zu stärken. Dieses Anliegen teilt eine Studie zu konfessionell-kooperativen Lernprozessen bei evangelischen und katholischen Lehramtsstudierenden, denen zu Beginn und zum Abschluss einer Lehrveranstaltung im Wintersemester 2008/2009 ein Fragebogen ausgehändigt wurde, um aus den 86 auswertbaren Rückmeldungen hochschuldidaktische Vorschläge zu entwickeln und zur Qualifizierung angehender Religionslehrkräfte beizutragen (Pemsel-Maier, Weinhardt u. Weinhardt, 2011): Gemeinsames Lernen in konfessionell gemischten Studierendengruppen bei einem evangelischen Dozenten und einer katholischen Dozentin führt nicht zu Nivellierungen, sondern zu Schärfungen der konfessionellen Identität der daran Beteiligten. Vor allem bei den katholischen Studierenden hat das konfessionelle Selbstverständnis über die Identifizierung mit der Liturgie und dem Kirchenraum zugenommen. […] Aber auch die evangelischen Studierenden fühlen sich in ihrer Konfession bestärkt. (S. 137 f.)
Auch wenn nicht so sehr Studium, Aus- und Fortbildung, sondern vor allem die eigene Biografie und Sozialisation bewusst oder unbewusst die konfessionelle Prägung des eigenen Unterrichtens bestimmen, bleibt die Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer zugunsten ihrer Pluralitätskompetenz und ihrer differenzpädagogischen Fähigkeiten dringend geboten.9 Dabei konstituiert sich im Zueinander von 9 Christiane Caspary (2016) wertet aus dem Realschulbereich stammende Datensätze des baden-württembergischen Modellversuchs inhaltsanalytisch sowie ergänzend mit der Methode der Dichten Beschreibung aus – mit dem für die Ausbildung zukünftiger Lehrpersonen relevanten Ergebnis, »dass
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gelebter und gelehrter10 Religion ein Drittes, bedingt dadurch, dass Religion in der Schule in spezifischer Reflexionsgestalt zur Sprache kommt, gleichsam als gebildete Religion, die in Erscheinung tritt, wenn Lehrpersonen auf gelebte und gelehrte Religion in je eigener und eigens reflektierter Weise Bezug nehmen (Burrichter, 2012, S. 63; Pirner, 2012, S. 119; Schlag, 2012, S. 258). Empirische Befunde zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Niedersachsen (Gennerich u. Mokrosch, 2016), die auf Rückmeldungen von 152 Lehrkräften an 82 Schulen basieren, lassen eine weitere Öffnung erkennen: In der gelebten Kooperation dominiert der Unterricht im Klassenverband, insbesondere an Grundschulen, an denen über 50 % der Befragten tätig sind. Ihnen liegt vorrangig an einer christlichen Grundbildung. 82 % der Befragten wollen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, was ihre Konfessionen verbindet, 25 % jedoch, worin sie sich unterscheiden. Im interreligiösen Dialog hingegen setzen 66 % der Befragten auf Gemeinsames und 46 % auf Differenzen zwischen den Religionen. Es zeigt sich also, dass in Relation zu einer anderen Religion von den Lehrkräften etwas weniger die Gemeinsamkeiten und etwas stärker die Unterschiede – im Vergleich zur konfessionellen Kooperation – betont werden. Nach wie vor sind es aber die Gemeinsamkeiten, die im Vordergrund stehen. (Gennerich u. Mokrosch, 2015, S. 155; vgl. Hanusa, 2017)
Die Zeichen stehen auf konfessionellen Religionsunterricht in Kooperation auch mit anderen Religionen (Schambeck, 2016). Didaktisch meint Konfessionalität die Befähigung zu einem Bekenntnis: Konfessioneller Unterricht gestaltet sich dann nicht bekenntnisförmig, sondern bekenntnisbildend – im Sinne einer Didaktik der Perspektivenverschränkung in gemischten Lerngruppen (Woppowa, 2015). die Organisationsform des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts offensichtlich eine veränderte Didaktik des Religionsunterrichts generiert und wohl auch braucht« (S. 191); vgl. Platow, 2017. 10 Im Sinne lehrmäßigen Wissens und lehrmäßiger Erörterung in diskursiver Sprache.
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2.5 Weitere empirische Forschung nach der Jahrtausendwende Über die zwischenzeitlich verstärkt eingebrachte Schülerperspektive, die bereits vielfach thematisierten Einschätzungen der Lehrkräfte (Rothgangel, 2014) und die dokumentierten Unterrichtsanalysen hinaus fragen Christian Scharnberg und Hans-Georg Ziebertz im Rahmen einer 2002 veröffentlichten qualitativ-empirischen Pilotstudie eigens nach den Positionen der Eltern zur religiösen Bildung an öffentlichen Grundschulen. Diese legen offenbar Wert darauf, dass ihre Kinder »mit repräsentativen Vertretern anderer Religionen in Kontakt kommen und signifikante religiöse Orte aufsuchen« (Scharnberg u. Ziebertz, 2002, S. 78), und geben der Qualifizierung ihrer Kinder als Personen Vorrang vor der Vermittlung einer möglichst großen Wissensmenge (S. 81). An allen Schulformen untersuchen Norbert Mette und Saskia Hütte in Nordrhein-Westfalen den Religionsunterricht im Klassenverband, um diese Praxis aus der Grauzone zu holen und besser als bisher einschätzen zu können. Die dazu im Rahmen einer 2003 veröffentlichten heuristisch-qualitativen Studie befragten Lehrerinnen und Lehrer machen dafür pädagogische und religionspädagogische Gründe in stärkerem Maße geltend als etwa organisatorische Motive (Hütte, Mette, Middelberg u. Pahl, 2003). Im selben Jahr führt Christhard Lück (2003; vgl. Bucher, 2005) im selben Bundesland eine quantitative Befragung von 749 evangelischen Grundschullehrerinnen und -lehrern durch. Diese bestätigen, dass der Religionsunterricht insbesondere im ersten und zweiten Schuljahr nicht nach Konfessionen getrennt stattfindet, und schreiben ihm die doppelte Aufgabe zu, in einer bestimmten Konfession und Religion zu beheimaten und zugleich die Verständigung mit anderen Konfessionen und Religionen zu fördern.11 11 In Westfalen führt auch Andreas Nicht eine Untersuchung durch: Im Jahr 2011 nehmen an seiner Online-Befragung insgesamt »über 470« (Nicht, 2011, S. 18) evangelische Religionslehrkräfte aller Schulformen teil. In ihrer Selbsteinschätzung steht ihr starkes Engagement für das ihnen wichtige Fach im Kontrast zu dessen geringer Anerkennung bei Schülerinnen und Schülern, Eltern, Kolleginnen und Kollegen sowie Schulleitungen.
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Peter Orth leitet im Wintersemester 2011/12 eine Seminargruppe der Katholischen Hochschule Mainz, die unter Mainzer Religionslehrkräften eine Umfrage durchführt mit dem Ziel, deren Selbstverständnis zu erhellen (Orth, Fritsch, Mönig, Sauter u. Schnücker, o. J.). Unter den 133 gültigen Rückmeldungen stammen 51 (38,3 %) von Grundschullehrerinnen. Die Hauptziele aller Befragten liegen darin, die Frage nach Gott wachzuhalten – sie genießt Priorität –, christliche Werte zu vermitteln, zu religiöser Toleranz zu erziehen sowie zu verantwortlichem Denken und Verhalten »in Religion« zu befähigen. Zugleich belegt diese Umfrage, wie wichtig es den Lehrkräften ist, im Unterricht als Zeuginnen und Zeugen für ihren persönlichen Glauben einzustehen. Im Unterschied zur hier bereits präsentierten Essener Umfrage sprechen sich die Befragten – vor entsprechende Alternativen gestellt – mit einer klaren Mehrheit von 57,1 % für einen konfessionellen und mit 42,9 % für einen ökumenischen Religionsunterricht aus.12 Elisabeth Hennecke (2012) zeichnet in ihrer Dissertation die Wirkung und den Ertrag des katholischen Religionsunterrichts bei Kindern nach, die im Laufe des dritten Schuljahres »Nachdenkbücher« verfassen, darin eigene Lernprozesse und Entwicklungen dokumentieren und in teilstrukturierten Interviews dazu befragt werden. Die Autorin wertet ihre Daten im Sinne qualitativer Inhaltsanalyse aus und erfasst in acht individuellen Fallprofilen sowie einer thematischen Analyse, wie die Kinder die Lernangebote, die ihnen zuteilwerden, rezipieren. Allen Kindern […] gemeinsam ist eine starke Aktivierung lebensweltlicher Bezüge. […] Neben existentiellen Anfragen, wie der nach dem Tod, sind es familiäre und soziale Zusammenhänge sowie Hobbies. Eine herausragende Stellung nehmen Haustiere und Großeltern ein. Vielfach können die Kinder diese Teile ihres Lebens mit religiösen Elementen in Beziehung sehen […]. Das bedeutet, dass Kinder im Grundschulalter gute Voraussetzungen für einen korrelativen Religionsunterricht 12 Peter Orth zieht diesen interessanten Vergleich; dabei bleibt zu berücksichtigen, dass die Mainzer Umfrage sich nicht ausschließlich an Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen richtet.
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zeigen, weil sie lebensweltliche Elemente in den Religionsunterricht aktiv einbringen. Auffällig ist allerdings, dass es den Kindern schwer fällt, diese Bezüge von sich aus deutlich zu benennen, sie reflektierend zu vertiefen oder gar theologisch auszudeuten (S. 306).
Rudolf Englert bietet zusammen mit Elisabeth Hennecke und Markus Kämmerling Innenansichten des Religionsunterrichts (Englert, Hennecke u. Kämmerling, 2014; Englert, 2014; Englert, 2013a; Englert u. Schnitker, 2011) – aufgrund empirischer Untersuchungen der religionspädagogischen Forschungsgruppe Essen in 13 Unterrichtsreihen (insgesamt 113 Stunden) mit Abschlussklassen der Primarund der Sekundarstufe I in den Jahren 2006–2010 im Ruhrgebiet. Jede dieser Reihen wurde dreifach untersucht: zunächst in einem Rating-Verfahren auf die Sozialformen und die unterrichtlichen Aktivitäten hin, sodann in einer Korrelationsexpertise, die das Unterrichtsgeschehen nachzeichnet und seiner Dramaturgie auf die Spur kommt, schließlich in Fallanalysen je einer Unterrichtsstunde aus jeder der 13 Reihen, dabei diesen drei Fragen nachgehend: Wie wird Religion in den Unterricht eingespielt? Wie wird sie Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht? Wie wird religiöse Relevanz konstruiert? Die Forschungsgruppe stellt dabei ein klassisch zweipoliges Modell in Frage, das für Offenbarung hält, »was der Erfahrung heu tiger Schüler/innen in einem korrelativen Religionsunterricht gegenübersteht«, und bringt ins Spiel, »was beim gemeinsamen Durcharbeiten dieser Erfahrungen an Inspirationen aufscheint« (Englert, Hennecke, Kämmerling, 2014, S. 96) und gut und gern mystagogisch genannt werden darf. Empirisch aber zeigt sich: Zum Rollenverständnis heutiger Religionslehrer/innen gehört offenbar – in der Grundschule deutlicher noch als in den weiterführenden Schulen –, dass man sich nicht nur mit seiner eigenen Überzeugung, sondern überhaupt mit eigenen inhaltlichen Eingaben stark zurückhält. (S. 115)
Die besondere Aufmerksamkeit, die einer positiven Unterrichtsatmosphäre gilt (S. 137 ff.), scheint ertragreiche Auseinandersetzungen, überhaupt die Entwicklung einer Diskussionskultur nicht nur nicht zu fördern, sondern zu hemmen (S. 183). In diesem Sinne
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verweist diese Studie auf ein Rollenverständnis vieler Lehrender, das sich nicht etwa von der Zeugin im Glauben zur fachlichen Expertin verschiebt, sondern von einer konfessionell zu einer professionell ausgewiesenen Pädagogin (S. 228). Diese arbeitet didaktisch versiert mit Schülerinnen und Schülern, denen auch die eigene Religion so fremd erscheint, dass die herkömmliche Kontrastierung von konfessionellem und religionskundlichem Unterricht den gegebenen Konstellationen nicht mehr gerecht wird – ebenso wenig wie den Herausforderungen, mit denen damit konfrontierte Lehrkräfte nicht allein gelassen werden dürfen. Die evangelischen Kollegen Hans-Günter Heimbrock und Felix Kerntke heben in ihrem Abschlussbericht zum Forschungsprojekt »Position und Pluralität. Gelebte Konfessionalität von RU-LehrerInnen« ebenfalls auf den Unterstützungsbedarf ab, der sich aus ihrer von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) geförderten empirischen Studie für die dort befragten Personen ergibt (Heimbrock u. Kerntke, 2015; Heimbrock u. Kerntke, 2017; Dressler, 2017). Dabei gehen sie der Frage nach, wie ReligionslehrerInnen mit Positionsbildung zu letzt-verbindlichen Fragen für sie persönlich umgehen, wie sie dies als eine Position im Unterricht verstehen und wo sie sie in der Praxis umsetzen. Eruiert werden sollen Präferenzen und Schwierigkeiten im lehrenden und lernenden Umgang mit eigener und fremder religiöser Wahrheit. Daraus sollen konkrete Strategien für die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften abgeleitet werden. (Heimbrock u. Kerntke, 2015, S. 9)
Die Frankfurter Kollegen setzen mit einer Online-Umfrage im Bereich der EKHN-Propstei Oberhessen und der Mainmetropole an – mit einem Rücklauf von 167 auswertbaren Fragebögen. Daran schließen sich 13 leitfadenbasierte Interviews an. Sowohl die quantitative als auch die qualitative Teilstudie richten sich an Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen und Universitätsabschlüsse. Die Nähe zu ihrer Kirche ist unter den an Schulen eingesetzten Pfarrerinnen und Pfarrern am stärksten und unter den Gymnasiallehrkräften am schwächsten ausgeprägt, Haupt- und Realschullehrerinnen und -lehrer liegen dazwischen. Bei den Grundschullehrkräften zeigt sich
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ein eigenes Muster, nämlich ein statistisch positiver Zusammenhang zwischen ihrer Kirchennähe und ihrer Positionsfreudigkeit (commitment). Im qualitativ-empirischen Forschungsstrang fällt für die Grundschulen zudem auf, dass Lehrkräfte, die ihren Beruf ausschließlich an der Schule ausüben, und Pfarrerinnen und Pfarrer, die mit unterschiedlich hohem Unterrichtsdeputat ausgestattet, jedoch auch und zuerst in ihren Gemeinden tätig sind, sich in ihren berufsgruppenspezifischen Selbst- und wechselseitigen Fremdeinschätzungen sowie in der Bestimmung der Ziele des Religionsunterrichts mitunter deutlich unterscheiden. Dabei gilt: Ein gegenseitiges Absprechen schulpädagogischer bzw. konfessorischer Eignung, selbst wenn es sich nur um Vorurteile handelt, dient ausschließlich der Delegitimation der Konstruktion des Unterrichtsfachs. (S. 21)
Im Gefüge von gelebter Konfessionalität und reflektierter Professionalität brauchen zukünftige Lehrerinnen und Lehrer »Gelegenheiten zu einer sekundären religiösen Sozialisation« und »Möglichkeiten des Erwerbs einer elementartheologischen Sprachfähigkeit« (S. 46). Ebenfalls dem evangelischen Religionsunterricht gilt die empirische Studie, die unter Leitung von Uta Pohl-Patalong und Johannes Woyke der Frage nachging, wie Lehrpersonen aller Schulformen in Schleswig-Holstein mit religiöser Vielfalt umgehen (Pohl-Patalong, Woyke, Boll, Dittrich u. Lüdke, 2016; vgl. Hanusa, 2017). Die Ergebnisse resultieren aus dreißig Leitfadeninterviews und einer Fragebogenuntersuchung, an der sich 1.283 Personen beteiligen. In der Wahrnehmung der Unterrichtenden gehört zu religiöser Vielfalt die Pluralität der Religionen (76,5 %) sowie der Nationen und Kulturen (60,9 %), eine individuelle, auch innerevangelische Vielfalt (57,4 %), die Präsenz von Schülerinnen und Schülern ohne erkennbare Religionszugehörigkeit (56,6 %) sowie konfessionelle Verschiedenheit, die mit 45,3 % bedeutsam bleibt, aber einen nachgeordneten Platz einnimmt (Pohl-Patalong, Woyke, Boll, Dittrich u. Lüdke, 2016, S. 30). Vor diesem Hintergrund suchen die Befragten nach didaktischen Perspektiven, die sich einerseits an der Differenz
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religiöser Überzeugungen orientieren, so dass sie etwa nach ver bindenden Themen fragen, die sie unter verschiedenen Blickwin keln angehen, und sich andererseits am Rückgang religiöser Überzeugungen ausrichten, der sie zu religiöser »Alphabetisierung« (S. 92) anstiftet. Durch Aus- und Fortbildung fühlen sich Grundschullehrkräfte im Vergleich der Schulformen am schlechtesten auf den Umgang mit religiöser Vielfalt vorbereitet (24,1 % sehr gut oder gut, 75,9 % jedoch kaum oder gar nicht [S. 189]). Die Befragten plädieren für Religionsunterricht im Klassenverband: 74 % votieren für diese Maximalform religiöser Vielfalt (S. 220), 87,1 % lehnen die Trennung der Lerngruppen nach Religions- und Konfessionszugehörigkeit ab (S. 221). Offenbar gewichten sie die mit religiöser Vielfalt verbundenen Chancen stärker als die ebenfalls präsenten Schwierigkeiten, darauf deuten sowohl die quantitative als auch die qualitative Erhebung hin. Gleichwohl steht Konfessionalität für die große Mehrheit der Unterrichtenden (68 %) nicht im Widerspruch zu religiöser Pluralität (S. 243). Konzeptionell können sich ebenfalls 68 % der Befragten gut oder sehr gut vorstellen, den Religionsunterricht gemeinsam mit einer nichtchristlichen Lehrkraft zu gestalten (S. 288), interessanterweise können sich aber 62 % eher nicht oder überhaupt nicht vorstellen, dass der Religionsunterricht für ihre Lerngruppe dann eine Zeitlang ohne ihre eigene Anwesenheit stattfindet (S. 289). Dennoch zielt ein Vorschlag auf »gemeinsamen Unterricht durch zwei Lehrkräfte oder phasenweise abwechselnd aus ihrer jeweiligen Perspektive« (S. 314). Unter evangelischen Religionslehrkräften aller Schulformen führen Martin Rothgangel, Christhard Lück und Philipp Klutz im Rheinland eine empirische Untersuchung (Rothgangel, Lück u. Klutz, 2017a; Rothgangel, Lück u. Klutz, 2017b) durch. An einer Online-Befragung beteiligen sich 1.093 Personen, die Auswertung erfolgt nicht allein quantitativ, sondern für die Analyse der offenen Items mit Hilfe der Grounded Theory. Hinzu kommen Gruppendiskussionen mit Grundschullehrkräften, ihrer Auswertung dient die dokumentarische Methode (Klutz, Lück u. Rothgangel, 2017). Bei der quantitativen Untersuchung (Lück, 2017) zeigt sich, dass ein evangelischer Religionsunterricht im 21. Jahrhundert sich vorrangig vier Aufgaben zu stellen habe: (1) der Anleitung zu Toleranz und Offen-
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heit in weltanschaulichen und religiösen Fragen, (2) der Förderung der Theologie der Schülerinnen und Schüler, (3) der Suche nach Gott im eigenen Leben und (4) der Einführung in die eigene Konfession und Religion sowie in andere Religionen und Weltanschauungen. Verbreitet ist der Unterricht im Klassenverband, wofür die Befragten den Elternwunsch, schulorganisatorische Gründe und die geringe Zahl von Schülerinnen und Schülern der einen oder der anderen Konfession oder Religion geltend machen. Rheinische Religionslehrkräfte plädieren zugleich mehrheitlich für die Beibehaltung des Konfessionalitätsprinzips, fördern aber eine Verstärkung ökumenischer und interreligiöser Bildung. Die qualitative Teilauswertung der Fragebogenuntersuchung (Rothgangel, 2017) stützt sich nicht nur auf die vollständig ausgefüllten, sondern auf alle über 1.400 vorliegenden Fragebögen und zeigt eine alles in allem große Wertschätzung für konfessionelle Kooperation. Die Auswertung der Gruppendiskussionen an Grundschulen (Klutz, 2017) charakterisiert den Religionsunterricht als schulorganisatorisch fragiles Fach, das sich stark an den Bedürfnissen der Kinder orientiert. Dem Religionsunterricht im Klassenverband begegnen die Gruppenmitglieder teils mit Offenheit, teils mit Vorbehalten. Die Triangulation der verschiedenen Methodenstränge hebt »die Bedeutung eines seiner konfessionellen Bildung treu bleibenden, ökumenisch und interreligiös geöffneten Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen« (Rothgangel, Lück, Klutz, 2017c, S. 264) im Selbstverständnis der Befragten hervor und tritt damit in Spannung zu jener Versachkundlichungstendenz, die Rudolf Englert, Elisabeth Hennecke und Markus Kämmerling (2014) in ihrer Unterrichtsforschung wahrnehmen. Möglicherweise zeigt sich die Konfessionalität der Befragten im Selbstverständnis dessen, was zu ihrem Habitus gehört, eher als in der schulischen Praxis. Ich erinnere an Andreas Feige und Werner Tzscheetzsch (2005, S. 20), denen zufolge Religionslehrkräfte eigene konfessionelle Prägungen aufgrund ihres Verständnisses von Professionalität im Unterricht zurückhalten, wohingegen Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Jörg Conrad und Matthias Gronover (2006, S. 139) in ihrer Analyse der Praxis konfessioneller Kooperation mitunter eine den Unterrichtenden zunächst nicht bewusste Konfessionalität wahrnehmen.
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2.6 Empirische Forschung in der Schweiz und in Österreich 2.6.1 Schweiz Wie gehen katholische und evangelisch-reformierte Lehrerinnen und Lehrer im konfessionellen Religionsunterricht des deutschsprachigen Auslands mit religiöser Pluralität um? Mittels Fragebogen kommt es zu einer Erhebung in der deutschsprachigen Schweiz, also in einem Land, in dem die Organisation des Schulwesens bei den einzelnen Kantonen liegt, in denen sich vielfältige Gestalten des Religionsunterrichts entwickelt haben. 56013 Frauen und Männer beteiligen sich daran (Jakobs, Riegel, Helbling u. Englberger, 2009, S. 29). Dabei gehen die Autorin und die Autoren von den schon genannten drei Konzepten eines theologisch (teaching in religion), religionswissenschaftlich14 (teaching about religion) und pädagogisch (teaching from religion) geprägten Religionsunterrichts aus. Faktorenanalytisch – in einem Verfahren, das darauf abzielt, aus vielen manifesten, also empirisch beobachtbaren Variablen auf wenige grundlegende latente Variablen, sogenannte Faktoren, zu schließen – finden zwar alle drei Konzepte Bestätigung, allerdings lassen sich die Items, die das pädagogische Konzept ausmachen, nicht trennscharf von den anderen Items und Konzepten unterscheiden (S. 149 f.)15. Die Befragten favorisieren demnach zwei Konzepte: dasjenige eines konfessionellen und dasjenige eines religionswissenschaftlichen 13 Auf dem Umschlag des Buches sind allerdings »mehr als 800 Religionslehrpersonen« genannt. 14 In der Studie ist dieses Konzept als phänomenologisch umschrieben (Jakobs, Riegel, Helbling u. Englberger, 2009, S. 45). Mir erscheint religionswissenschaftlich als die treffendere und weniger irreführende Bezeichnung, weil eine »objektive Auseinandersetzung mit den verschiedenen religiösen Traditionen« (S. 45) jene phänomenologische Ausrichtung charakterisieren soll, die mit der phänomenologischen Bewegung aber für mich nicht erkennbar in Verbindung steht. 15 Dieser Befund trifft sich mit der Einsicht, dass sich die Mehrheit der Religionslehrkräfte in ihren Zielvorstellungen gerade nicht für eines der drei Konzepte entscheidet und damit die beiden Alternativen ausschließt; vielmehr kommt es zu charakteristischen Mischformen (Ziebertz u. Riegel, 2009).
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Unterrichts, sie zielen auf Positionierung und auf Information. Das dritte, also das pädagogische Konzept erscheint gleichwohl wichtig, aber nicht als eigenständige Spielart, sondern verwoben mit den beiden anderen Konzepten. Die stärkste Zustimmung (65,6 %) findet in der religiös pluralen Welt der Befragten dieses Item: »Um die echte, befreiende Wahrheit zu finden, müssen die Religionen miteinander in den Dialog treten.« (Jakobs, Riegel, Helbling u. Englberger, 2009, S. 71) Solidarische Freiheit und Spiritualität spielen in ihrer Haltung zentrale Rollen (S. 77–97)16, und diese Haltung kennt offenbar kein Entweder-oder zwischen theologisch und religionswissenschaftlich geprägtem Unterrichten, vielmehr spielen diesen Befunden zufolge Positionalität und Pluralitätsfähigkeit zusammen: Konfessioneller Religionsunterricht an Schulen kann einen Beitrag zur Differenzkompetenz der Schülerinnen und Schüler leisten, dann nämlich, wenn die Lehrpersonen selbst pluralitätsfähig sind. (S. 125)
Ebenfalls in der Deutschschweiz und ebenfalls unter Bezugnahme auf die genannten drei Konzepte des Unterrichtens liegt eine Untersuchung von Katharina Frank (2010) vor.17 Sie setzt sich das Ziel, eine Theorie des schulischen Religionsunterrichts zu entwickeln, und will darum die vielfältigen Formen von Religionsunterricht empirisch erfassen (S. 48), die zwischen positiver und negativer Religionsfreiheit existieren, also zwischen dem Recht auf Beitritt zu einer religiösen Gemeinschaft und Religionsunterricht einerseits und dem Verbot, Menschen dorthin zu zwingen, andererseits (S. 58–60). Die Datenerhebung in den Jahren 2000–2004 umfasst 14 Unterrichtseinheiten mit schwerpunktmäßig neun- bis zwölfjährigen Schülerinnen 16 Die Frage nach religiösen Stilen (Jakobs, Riegel, Helbling u. Englberger, 2009, S. 99–116) orientiert sich an einer Typologie, die einerseits nach der Anerkennung von Transzendenz und andererseits nach dem Bibelverständnis der Beteiligten fragt. Dessen Charakterisierung als eher wörtlich oder eher symbolisch mag für andere Regionen mehr austragen als für die Deutschschweiz; darauf verweist auch Ulrich Kropač (2010, S. 116). 17 Sie spricht von dogmatischer (teaching in religion), lebensweltlicher (teaching from religion) und kulturkundlicher (teaching about religion) Religionsvermittlung.
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und Schülern, die Auswertung der Transkripte erfolgt mit Hilfe der Grounded Theory (Strauss u. Corbin, 1996). In diesen Einheiten entnimmt die Lehrkraft dem Thema, das sie wählt, eine (Rede-)Figur, die sie ihrer Klasse präsentiert. Die spezifische Art, wie sie diese Figur rahmt, gibt Aufschluss darüber, ob sie eher auf eine Identifizierung mit oder auf eine Distanzierung von religiösen Kommunikationsund Symbolsystemen setzt (Frank, 2010, S. 91 ff.). Religionsunterricht zeichnet sich dadurch aus, dass es »auf der Seite der Figur und/oder auf der Seite der Rahmung einen Bezug zu einem religiösen Symbolsystem gibt« (S. 228). Aus dem Forschungsgang resultieren zwei Formen des Religionsunterrichts: ein religiöser Unterricht in religiöser Sprache, der Schülerinnen und Schüler in das Religionssystem inkludiert (teaching in/from religion), und ein religionskundlicher Unterricht, der auf einen respektvollen Umgang mit verschiedenen religiösen Traditionen setzt und sich dabei im Erziehungssystem bewegt (teaching about religion); die Kinder beobachten, wie Religionen die Welt beobachten. Katharina Frank wirft mit Recht die offene Frage auf, wie die Schülerinnen und Schüler auf die Rahmungen, zu denen die Lehrperson anleitet, reagieren und wie die Lehrperson umgekehrt auf andere, von ihr nicht intendierte Rahmungsanregungen seitens der Schüler reagiert. Für eine solche Fragestellung wären Video-gestützte Unterrichtserhebungen von Vorteil. (S. 277)
Auch wäre es spannend zu erfahren, ob und wie sich die Zusammensetzung der Klassen auf die Art des Unterrichtens auswirken mag (Gründer, 2010). 2.6.2 Österreich Für Österreich richtet sich die Aufmerksamkeit erneut auf Philipp Klutz (2015; vgl. Reis, 2016): Nicht in der Primar-, sondern in der Sekundarstufe II zweier Schulen untersucht er im kulturell und religiös pluralen Wien den dort gegebenen Diskurs um den Religionsunterricht. In Österreich ist er konfessionell gebunden. Die Erstellung von Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien, die Personalauswahl und die Unterrichtsaufsicht zählen zu den Angelegenheiten der Kir-
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chen und Religionsgesellschaften; der Staat sorgt für die Finanzierung, führt die Aufsicht über Organisation und Schuldisziplin und verhält sich weltanschaulich neutral. Der Autor führt im Rahmen seiner rekonstruktiv-empirischen Fallstudie (Bohnsack, 2014) Gruppendiskussionen mit Religionslehrkräften und allen anderen am Schulleben direkt oder indirekt Beteiligten: Wie nehmen sie Religion, religiöse Vielfalt und Religionsunterricht wahr? Welche Akzeptanz findet »ein – gemeinsam von Kirchen und Religionsgesellschaften verantworteter – Religionsunterricht für alle« (Klutz, 2015, S. 218), der religiöse Bildung auch dort gewährleisten möchte, wo ihre traditionelle konfessionelle Gestalt an Grenzen gerät?18 Es kommt darauf an, Religion und religiöse Vielfalt zum Thema von Schulentwicklungsprozessen19 zu machen, was nur gelingen kann, wenn die Auseinandersetzung damit auch in der Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte stattfindet; es kommt darauf an zu zeigen, wie der Religionsunterricht zum schulischen Bildungsauftrag beiträgt, und ihn so strukturell zu stärken; es kommt darauf an, die Entwicklung kontextsensibler Modelle des Religionsunterrichts als gemeinsame Aufgabe von Schulen, Kirchen und Religionsgesellschaften zu verstehen und anzugehen. 18 »Von dem Material her ist klar, dass ein interreligiös-kooperativer Religionsunterricht im Schulsystem entweder als Religionskunde (von Lehrkräften der Mehrheit und SGA [= Schulgemeinschaftsausschüssen; K.K.]) verstanden und dann befürwortet oder als Bedrohung der Konfessionalität (von den Lehrkräften der religiösen Minderheiten) abgelehnt wird.« (Reis, 2016, S. 135) 19 Edda Strutzenberger-Reiter (2016) geht der Frage nach, welche Bedeutung Religion in Schulentwicklungsprozessen aus der Perspektive von acht Wiener katholischen Religionslehrkräften in der Sekundarstufe zukommt, und rekonstruiert dazu deren Orientierungsrahmen. Die Analyse macht deutlich, wie sehr die Befragten um ihr Professionsverständnis ringen und welche Fragen sie dabei umtreiben: Lässt sich der je eigene Glaubensvollzug einer Lehrkraft als Fundament verstehen, das ihr ganzes Leben und darum auch ihr schulisches Engagement prägt – oder lässt sich zwischen eigenem Glauben und dem Wirken als Lehrkraft eine Grenze ziehen, gegebenenfalls wo und wie? Und wie können Lehrerinnen und Lehrer einerseits ihre kirchliche Verbundenheit leben und sich andererseits gegen Skandale und Entwicklungen abgrenzen, die sie nicht zu vertreten haben? Die mitunter schwachen Konturen der einzelnen Orientierungsrahmen lassen auf ein unklares Berufsbild schließen.
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Diesen Herausforderungen stellt sich auf eigene Weise das reli gionspädagogische Laboratorium konfessioneller Kooperation der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (Krobath u. Ritzer, 2014a). Dieses Laboratorium setzt auf ökumenische Offenheit und Zusammenarbeit in der christlichen Erziehung, in der Hochschulpastoral (Strutzenberger, 2014), in der Forschung (Krobath u. Ritzer, 2014b) und insbesondere in der theologischen Aus- und Fortbildung: »Drei Lehrende (katholisch, evangelisch, orthodox) zu haben, ›das ist schon gelebte Kooperation. Da kann man sich dann was abschauen.‹« (Jäggle, 2014, S. 225) Eine Evaluationsstudie zur Ausbildung von Religionslehrkräften macht deutlich, dass die Begegnung mit anderen Konfessionen die je eigene Spiritualität der Studierenden stärkt und nicht etwa nivelliert und sie die Chancen konfessioneller Kooperation im Unterricht entdecken (Ritzer, Bastel, Schwarz, UljasLutz u. Wagerer, 2014, S. 100; Ritzer u. Krobath, 2014, S. 253). Erneut steht folgende Frage im Raum: Brauche ich zunächst eine konfessionelle Verwurzelung, aus der heraus ich mich mit Mitgliedern anderer Kirchen auseinandersetzen kann, oder bildet sich in und aus der Konfrontation mit anderen und im Lernen an möglichen Differenzen eine eigene religiöse Identität heraus? Beheimatung und Begegnung erweisen sich empirisch als falsche Alternativen, weil es zur Identitätsbildung beides braucht und diese idealtypische Entgegensetzung unseren Lernprozessen und unserer religiös und kulturell pluralen Welt, in der wir diese vollziehen, nicht gerecht wird (Pemsel-Maier u. Weinhardt, 2014, S. 129 f.). Auch die im Rahmen der Ausbildung verorteten Begegnungen zwischen christlichen und muslimischen Studierenden wurden einer Evaluation unterzogen, die den Abbau von Klischees im Zuge eines Perspektivenwechsels dokumentiert (Sobreira-Majer, Abuzahra, Hafez u. Ritzer, 2014).
2.7 Religionsunterricht in der Primarstufe im Bistum Mainz Vor dem nunmehr skizzierten Hintergrund und angesichts der damit verbundenen Einsichten rückt in unserem regional auf das Bistum Mainz begrenzten Projekt die Situation des Religionsunterrichts, wie sie sich an Grundschulen in wachsendem Maße zeigt, ins
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Zentrum der Aufmerksamkeit: Auf der einen Seite stehen mit dem Grundgesetz und den einschlägigen Verlautbarungen der deutschen Bischöfe die in Jahrzehnten geübte Praxis des katholischen Religionsunterrichts und die Überzeugung, dass seine konfessionelle Prägung zur Bildung und zur Stärkung der Identität Heranwachsender beiträgt und sie zum Dialog befähigt. Auf der anderen Seite erweisen sich Grundschulen heute als kulturell plurale und heterogene Welten, in denen katholische, evangelische, jüdische, muslimische, anders gläubige und religiös ungebundene Kinder miteinander leben und lernen. Der Anteil katholischer Schülerinnen und Schüler, die doch schon als scheinbar homogene Lerngruppe in ihren vielfältigen Entwicklungen und in ihrer unterschiedlichen Sozialisation ein hohes Maß an Heterogenität ausbilden (Gäfgen-Track u. Wächter, 2015, S. 166), nimmt ab, der Wunsch nach Religionsunterricht in gemischt konfessionellen Gruppen nimmt zumindest an den Schulen zu. Oft sind die Gruppen katholischer Schülerinnen und Schüler zu klein, als dass katholischer Religionsunterricht gemäß der geltenden Messzahlen überhaupt noch erteilt werden könnte. Andreas Günter geht in seinem Beitrag explizit darauf ein. Mit diesem religiösen Wandel stellen sich Fragen der Identitätsbildung neu: Wie entwickeln Kinder in der pluralen Welt, in der sie leben, ihre eigene religiöse, auch konfessionelle Identität? Welche Kompetenzen brauchen sie, um zu dialogfähigen Menschen zu werden und im Konzert unterschiedlicher Positionen zur eigenen Stimme zu finden? Welche Aufgabe kommt einem zukunftsfähigen Religionsunterricht zu, welche Herausforderungen hat er zu bewältigen? Worin liegen Chancen, wo ergeben sich Grenzen eines Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen? Machen Unterschiede Unterschiede? Und wie lassen sich konfessionslose Schülerinnen und Schüler, die ihre Nichtzugehörigkeit zu einer Kirche weder als defizitär empfinden noch für erklärungsbedürftig halten, als konfessionsfreie Heranwachsende ansprechen? (Schröder, 2014, S. 177; vgl. Obermann, 2014) Welchen Unterstützungsbedarf melden Religionslehrkräfte an? (Lück, 2015, S. 163) Diese Fragen und Herausforderungen veranlassten das Bistum Mainz, diese Studie mit einer Laufzeit von vier Jahren in Auftrag zu geben: Um auf die veränderte Situation nicht nur reagieren, sondern
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sie aktiv mitgestalten zu können, zielt das Projekt auf eine zweiphasige Bestandsaufnahme – zum einen durch Unterrichtsforschung (Herzog, 2011) und damit verbundene videografische Datenerhebung, zum anderen durch eine Online-Befragung. Darüber hinaus zielt das Projekt auf eine zukunftsfähige Gestalt des Religionsunterrichts. Darauf geht Stephan Pruchniewicz mit den von ihm umrissenen Aussichten ein. Bei der Entwicklung bedarfsgerechter und religionspädagogisch fundierter Unterrichts- sowie Aus- und Fortbildungsmodelle20 bleibt zu beachten, dass der grundgesetzliche Rahmen keine bestimmte Organisationsform des Religionsunterrichts vorgibt (Kenngott, Englert, Knauth, 2015), also auch kooperative Angebote21 zulässt, sofern die daran beteiligten Religionsgemeinschaften diese als mit ihren jeweiligen Grundsätzen übereinstimmend erkennen und anerkennen22. Methodische Vorerfahrungen liegen aus einer Pilotstudie zur Unterrichtsforschung (Biesinger, Kießling, Jakobi u. Schmidt, 2011)23 20 Dazu schreibt Hartmut Lenhard (2012, S. 242): »Das fachliche Wissen ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für qualitätsvollen Unterricht. Können entsteht nicht einfach durch die Übernahme und Eins-zueins-Umsetzung von wissenschaftlichem Wissen, gewusst ist nicht gekonnt.« 21 Andreas Benk und Axel Wiemer (2017) bieten in Schwäbisch Gmünd ein konsequent thematisch strukturiertes und durchgehend konfessionell- kooperativ verantwortetes Lehramtsstudium an. 22 Ulrich Kropač (2013, S. 89) verweist darauf, »dass der Staat gegen die Öffnung des Religionsunterrichts für bekenntnislose und bekenntnisfremde Kinder als Gäste nichts einzuwenden hat, solange die Teilnahme freiwillig erfolgt und die aufnehmende Religionsgemeinschaft damit einverstanden ist. Es liegt folglich an den beiden großen Kirchen in Deutschland selbst, ob sie bekenntnislose junge Menschen in den Religionsunterricht explizit einladen. Indem die katholische Kirche bislang an der konfessionellen Trias festhält, zieht sie die Grenzen enger, als dies von Rechts wegen erforderlich ist.« Die Trias bezieht sich auf die Katholizität der Lehre, der Lehrkraft und der schulischen Religionsunterrichtsgruppe, kann aber mit den 2016 veröffentlichten »Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016) als aufgehoben gelten. 23 Zu interreligiöser Kompetenz (Kießling, 2011a, 29 ff.; Schreiner, Sieg u. Elsen bast, 2005) zählen demnach: (1) Interaktions- und Dialogfähigkeit als das Vermögen, eine eigene Position auszubilden, diese in den Dialog mit anderen Positionen einzubringen, sich daran zu reiben und miteinander die Suche nach Wahrheit voranzutreiben; (2) Fähigkeit zur Selbstdistanzierung und zur Selbstrelativierung als Vermögen, am Fremden auch das Fremde im
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vor, die allemal mit großem Aufwand verbunden ist und darum bisher erst selten betrieben wurde. Unser Vorhaben erstreckt sich auf exemplarische Standorte, die nach kontrastierenden Kriterien (städtisches oder ländliches Umfeld, katholische Bevölkerungsdichte, Zusammensetzung der Lerngruppen) ausgewählt wurden, um so ein möglichst breites Spektrum an Konstellationen und Kompetenzen (Janssen, Bude u. Hunze, 2009; Hofmann, 2007; Hofmann, 2008; Riegel, 2013) aufzuweisen, die Lehrkräfte in Aus- und Fortbildung erwerben bzw. die die Lernenden im Religionsunterricht entwickeln können. Dabei dienen die zu erhebenden Daten nicht nur der Spurensuche nach im Unterricht genutzten Chancen und nach dort entstandenen Grenzen, sondern in der Reflexion dieser Grenzen auch der Sichtung didaktischer Alternativen in einschlägigen Unterrichtskonstellationen. Die Unterrichtsforschung (Mayring, 1993; Mayring u. Gläser- Zikuda, 2008; Kuckartz, 2010; Flick, von Kardoff u. Steinke, 2013) wird von Vor- und Nachgesprächen mit den dazu bereiten Lehrkräften flankiert. In den Vorgesprächen geht es um die Klärung des Projektrahmens, um Fragen des Datenschutzes und um das Interesse der Forschenden an ganz alltäglichem Unterricht, im Nachgespräch um dessen Reflexion, um die Rolle der Konfession der Lehrkraft und um mögliche strukturelle Verlegenheiten im Umgang mit ihrer eigenen religiösen Tradition, um Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in gemischten Lerngruppen sowie um den Unterstützungsbedarf, den die Lehrenden anmelden. Eigenen zu entdecken und sich damit auseinanderzusetzen; (3) Ambiguitätstoleranz als Vermögen, im Vollzug des Perspektivenwechsels die Spannung zwischen Mehrdeutigem oder gar Unvereinbarem auszuhalten; (4) Fähigkeit zum Perspektivenwechsel als das Vermögen, die gegebene religiöse Pluralität aufzugreifen, die eigene Religion nach Kräften empathisch mit den Augen des Gegenübers und die fremde Religion mit den Augen desjenigen Menschen wahrzunehmen, der in dieser Religion steht und lebt; (5) Fähigkeit zur interreligiösen Kommunikation als Vermögen, das nicht auf Belehrung zielt, sondern sich als Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Religionen versteht (Judentum, Christentum, Islam); (6) religiöse Praxiskompetenz als Vermögen, die eigene religiöse Praxis zu reflektieren und die Praxis anderer Religionen wahr- und ernst zu nehmen; (7) Fähigkeit, didaktische Brüche im Sinne fehlender interreligiöser Kompetenz aufzuspüren und daran konstruktiv zu arbeiten, als das Vermögen, didaktische Alternativen zu entwickeln.
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Auf dieser Grundlage lässt sich in einer zweiten Forschungsphase empirisch überprüfen, welche Resonanz die zunächst exemplarisch gewonnenen Ergebnisse unter den zu befragenden Lehrkräften finden. Zudem lässt sich ermitteln, welche Unterstützung Religionslehrkräfte angesichts der gegebenen Bedingungen des Unterrichtens an Grundschulen auf Zukunft hin in ihrer Aus- und Fortbildung brauchen. In diesen Zusammenhang gehört auch die selbstkritische Konfrontation mit der Frage, ob ein nachlassendes Interesse an der Auseinandersetzung mit theologischen Themen allemal gesellschaftlichen Entwicklungen angelastet werden kann und muss oder ob es sich nicht doch auch um ein selbstverschuldetes Phänomen handelt: Braucht es im Zuge der Unterrichtsvorbereitung nicht vielmehr zuerst eine eigene Auseinandersetzung der Lehrenden mit theologisch schweren Themen, bevor diese sich auf inspirierende und gewinnbringende Weise ins Unterrichtsgeschehen einbringen können, so dass sie nicht nur Lerngelegenheiten schaffen – dies auch –, sondern sich und ihre Kunde so geben, dass auch Schülerinnen und Schüler sich nicht gelangweilt und unterfordert, sondern berührt und herausgefordert fühlen? Dass sie nicht nur zu tun, sondern auch zu denken haben? (Englert, 2013b, S. 103) So oder so bleibt die Überzeugung leitend, dass – was auch immer sich empirisch zeigt – der konfessionelle Charakter des Religionsunterrichts sich nur dann stärken lässt und die grundgesetzlich verankerte Religionsfreiheit sich in diesem Zusammenhang gewiss nur dann bewähren kann, wenn wir die faktisch gegebene Situation des Religionsunterrichts erheben und uns dieser stellen.
Klaus Kießling
3 Religionsunterricht in der Primarstufe heute Einsichten einer empirischen Studie: Rahmen, Resultate, Reflexionen Zum Hintergrund und zu den Rahmenbedingungen unserer Studie zum Religionsunterricht in der Primarstufe im Kontext von Pluralität, Heterogenität und religiöser Identität gehört all das bis hierher bereits Geschilderte, den unmittelbaren Vorlauf dokumentiert insbesondere der letzte Abschnitt im vorausgehenden Kapitel dieses Bandes. Daran knüpfe ich an, indem ich mit unserer Unterrichtsforschung einsetze (3.1), bevor ich ausgewählte zentrale Resultate vorstelle (3.2). Abschließend möchte ich gern ein paar Reflexionen vorbringen und Impulse setzen, die unsere Studie und die mit ihr verbundenen religionspädagogischen Einsichten nach meiner Überzeugung nahelegen (3.3).
3.1 Rahmen 3.1.1 Qualitative und quantitative Forschung Ziel der ersten und mit großem Aufwand verbundenen Forschungsphase war die Suche nach Chancen und Grenzen des Religionsunter richts in konfessionell gemischten Lerngruppen an exemplarischen Standorten. Im Zuge dieser qualitativen Forschung untersuchten wir die Situation des Religionsunterrichts mit videografierter Unterrichtsbeobachtung sowie Vor- und Nachgesprächen mit Lehrkräften, und zwar ausschließlich im hessischen Teil des Bistums Mainz, weil in diesem Bundesland – anders als in Rheinland-Pfalz – auf der Grundlage eines im ersten Kapitel dieses Bandes schon vorgestellten Erlasses aus dem Jahr 1999 konfessionell gemischte Lerngruppen auf Antrag gebildet werden können. Diesem wird stattgegeben, wenn den Schulen die Bildung konfessioneller Lerngruppen in bestimmten Jahrgängen nachweislich nicht möglich ist. Jeweils mindestens zwei Schulstunden umfassende Aufzeich nungen aus 20 Unterrichtsgruppen, die sich – zumeist in der zwei-
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ten Jahrgangsstufe – im Themenfeld Gemeinde und Kirche bewegten, wurden transkribiert und im Sinne des vielfach bewährten Verfahrens einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring (1993; Mayring u. Gläser-Zikuda, 2008) unter Einbindung der Videografien ausgewertet. Die Wahl dieses Themenfeldes bot die Chance, möglichen Konfessionsspezifika auf die Spur zu kommen, und sollte in der gegebenen Weite den daran mitwirkenden Lehrkräften den nötigen Spielraum eröffnen, um sich authentisch zeigen zu können. Die Auswertung erfolgte computergestützt (MaxQDA; Kuckartz, 2010), zunächst exemplarisch im Team, dann durch die beiden Mitarbeiterinnen Kerstin Rehberg-Schroth und Sandra Sichmann. Auch haben wir überprüft, ob die beiden Forscherinnen im Umgang mit derselben Datengrundlage zu gleichen Ergebnissen und Urteilen, zu gleichen Ratings kommen. Nachdem die sogenannte Interrater-Reliabilität gesichert war, zu den einzelnen Standorten Resultate vorlagen und wir zu unseren Auswertungen exemplarisch die Rückmeldungen der daran beteiligten Lehrkräfte eingeholt hatten, haben wir die Ergebnisse quer zu den einzelnen Standorten zusammengeführt und Hypothesen generiert. Auf dieser Grundlage ließ sich in einer zweiten Forschungsphase empirisch überprüfen, welche Resonanz die nunmehr gewonnenen Ergebnisse unter allen zu befragenden Lehrkräften finden – im Rahmen einer Online-Befragung im gesamten Bistum Mainz, also auch in seinem rheinland-pfälzischen und nicht allein in seinem hessischen Teil, für den der genannte Erlass gilt. Wir unterzogen also jene Hypothesen, jene zunächst ermittelten Qualitäten einer Operationalisierung und einer quantitativen Überprüfung, um ihre Verbreitung und ihr Gewicht für den Untersuchungsraum einschätzen zu können. Zu den beiden Untersuchungsphasen werden die beiden Forscherinnen jeweils eine eigene umfassende Dokumentation vorlegen und über die hier zusammengestellten Ergebnisse hinaus weitere Analysen vornehmen. 3.1.2 Unterrichtsforschung Ich bleibe zunächst bei der ersten Phase. Um ein möglichst breites Spektrum an Unterrichtskonstellationen zu erfassen und die zugehörigen Hypothesen zu generieren, wählten wir die teilnehmen-
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den Schulen anhand bestimmter Kriterien aus: Die Standorte der Schulen liegen in verschiedenen Regionen des Untersuchungsfeldes mit stärker städtischer oder eher ländlicher Prägung und weisen in ihrem katholischen Bevölkerungsanteil unterschiedliche Dichtegrade auf. Wir besuchten katholischen Religionsunterricht in katholischen Lerngruppen mit Gastschülerinnen und -schülern anderer Konfession oder Religion sowie Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen, auch im Klassenverband. Zudem zeigen die Lehrkräfte unterschiedliche Berufsbiografien: als Grundschullehrerinnen und -lehrer mit Religion im Nebenfach oder durch Zusatzausbildung in Wiesbaden-Naurod, mit theologischen Kenntnissen durch ein Fern- oder ein Diplomstudium oder als Gemeindereferentinnen. Ich schildere knapp zentrale Ergebnisse der qualitativen Forschung, knapp deswegen, weil die Auseinandersetzung damit auch in der sich anschließenden Präsentation der Online-Befragung zumindest mittelbar weitergeführt wird, denn jede Frage der OnlineStudie, jedes Item, jeder zur Diskussion stehende Inhalt verdankt sich der vorausgehenden qualitativen Forschung; knapp auch deswegen, weil ich an verschiedenen Stellen der Präsentation der Online- Befragung explizit auf die qualitative Forschung zurückblende. Die besuchten Gruppen und Lehrkräfte erweisen sich auch in konfessionell getrennten, also katholischen Lerngruppen oft als pluralitätserfahren: Viele katholische Kinder und Lehrkräfte erlebten oder erleben in ihren (Herkunfts-)Familien konfessionelle oder religiöse Heterogenität. Zudem nehmen am Unterricht für katholische Lerngruppen vielfach nicht getaufte und anders religiöse, auch anders konfessionelle – etwa orthodoxe und anglikanische – Schülerinnen und Schüler teil. Es braucht also in allen Lerngruppen ein hohes Maß an Sensibilität für andere Konfessionen und Religionen. Viele Lehrkräfte nennen ihren Unterricht eher christlich als konfessionell, handeln aber – wie unsere Unterrichtsforschung zeigt – praktisch durchaus konfessionstypisch, etwa mit dem Kreuzzeichen beim Gebet oder mit dem Ave Maria. Entgegen unserer Einladung, die Lehrkräfte mögen nicht anders unterrichten als sonst, bereiteten einige Kolleginnen und Kollegen sich – nach eigenem Bekunden durch dieses Projekt motiviert – erstmals in Absprache mit einer
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evangelischen Kollegin auf die untersuchte Sequenz vor, etwa um evangelischen Spezifika bei Taufe und Jahreskreis gerecht zu werden, wie sie in den Nachgesprächen berichteten. Konfessionelle Unterschiede waren zumindest ihnen bis dahin nicht präsent oder erschienen nicht nennenswert. Viele Lehrkräfte differenzieren explizit zwischen Religionsunterricht und Gemeindekatechese. Gleichwohl zeigen unsere Unterrichtsbeobachtung und die von Lehrerinnen selbst formulierten Ziele, wie stark sie nicht nur Seelsorge, sondern auch Katechese im Klassenraum gewichten. Religiöse Rituale inszenieren sie im Unterricht und erleben sie einerseits als chancenreich, andererseits gerade in ihrem konfessionellen Gepräge als problematisch für gemischte Gruppen. Ich komme darauf zurück. Alles in allem sehen Grundschullehrkräfte im Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen mehr Chancen als Grenzen, insbesondere in den Jahrgangsstufen 1 und 2: Kinder könnten sich gerade deshalb konfessionell verorten, weil sie hier von Unterschieden erfahren; Vielfalt und die Auseinandersetzung damit ermöglichten religiöse Identitätsbildung. Plädieren die Lehrkräfte auch in den Jahrgangsstufen 3 und 4 für einen Religionsunterricht in gemischten Gruppen? Hier sind die Voten geteilt – abhängig davon, ob sie damit schon Erfahrun gen sammeln konnten. Wer hier ausschließlich getrennte Gruppen kennt, hält daran fest, weil konfessionsspezifische Themen anstehen und die Lehrkräfte gern mit allen katholischen Kindern eines Jahrgangs in Verbindung treten. Wer aber gemischte Gruppen unterrichtet, begrüßt diese ausnahmslos. Einige zählen Besonderheiten der einen Konfession auch zum Allgemeinwissen der anderen Konfession, wenige hingegen verzichten weitgehend auf konfessionsspezifische Themen. Kurzum: In Klasse 3 und 4 ziehen die Lehrkräfte den Unterricht jeweils in der Gestalt vor, in der sie ihn kennen. Viele Lehrkräfte bringen ihre Wertschätzung für den Unterricht im Klassenverband zum Ausdruck und verweisen dabei auf das auch in anderen Fächern gewachsene Vertrauen untereinander sowie auf den dadurch erleichterten Elternkontakt. Kooperationen zwischen evangelischen und katholischen Kolleginnen und Kollegen erleben die Befragten im Sinne wechselseitiger
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Sensibilisierung als bereichernd, aber auch als abhängig von der füreinander empfundenen Sympathie und dann als erschwert, wenn die Lehrkräfte lediglich für wenige Stunden zum Religionsunterricht an die Schule kommen. Team-Teaching erscheint hier sinnvoll, wünschenswert zumindest ein Wechsel von Lehrkräften, so dass Kinder auch in gemischten Gruppen phasenweise mit einer Lehrkraft der eigenen Konfession arbeiten, insbesondere in der Auseinandersetzung mit konfessionsspezifischen Themen. Dabei antworten katholische Lehrkräfte unterschiedlich auf die Frage, ob sie mit evangelischen Kindern an Fragen zur Reformation arbeiten können, wollen und sollen. Weiterer Kooperationsbedarf besteht nicht nur im Kollegium, sondern auch in den Kirchenleitungen, insbesondere zugunsten gemeinsam verantworteter Lehrplanung und Unterrichtsmaterialien für gemischte Gruppen, etwa durch Ergänzung der Jahreskreiszeichnungen um die Feste der anderen Konfession. So hoffen Lehrkräfte auch auf Unterstützung in der Auseinandersetzung mit Eltern, die sich mit der Teilnahme ihres Kindes am Unterricht der anderen Konfession nicht einverstanden erklären. Sie stellen zudem die Frage, ob der im Zeugnis gegebene Vermerk zur Konfessionalität des Religionsunterrichts, der sich nach der Konfession der Lehrkraft richtet, zwingend bleibt oder ob die ausdrückliche konfessionelle Zuordnung im Zeugnis womöglich unterbleiben kann, insbesondere in Konstellationen, in denen Lehrkraft und Kind verschiedenen Konfessionen angehören. Unterschiede machen Unterschiede: Es braucht Fortbildungsangebote für konfessionell kooperativen Religionsunterricht in gemischten Lerngruppen – und darüber hinaus eine Ausbildung, die nicht, wie die Lehrkräfte berichten, allein auf katholische Lerngruppen vorbereitet, sondern der die Primarstufe kennzeichnenden Pluralität und Heterogenität gerecht wird und didaktisch darauf setzt, gerade in der Begegnung mit konfessionell und religiös anders oder gar nicht Gebundenen die Identitätsbildung bei allen Beteiligten zu fördern. Mit dieser knappen Skizze und der Aussicht auf eine eigenständige Dokumentation der Unterrichtsforschung leite ich über zur zweiten Forschungsphase, zur Online-Befragung.
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3.2 Resultate Als Instrument, als Online-Umfragetool empfahl sich die Nutzung der nach höchsten Sicherheitsstandards zertifizierten Befragungs software Unipark der Firma Questback. Sie ist in wissenschaftlichen Projekten gängig und führend, wir greifen auch in anderen Forschungsvorhaben darauf zurück. Die Auswertung erfolgte mit einem bewährten Statistik-Paket, mit SPSS 23 (Statistical Package for the Social Sciences). Ich gehe in der Präsentation der Ergebnisse nicht schlicht den Fragebogen entlang, sondern in veränderter Abfolge vor.24 Denn angesichts der Fülle der Ergebnisse will ich Inhalte schwerpunkt mäßig bündeln – Inhalte, die im Bogen an verschiedenen Stellen aufscheinen, weil die Struktur des Bogens nicht nur inhaltliche Gründe kennt, sondern sich nach den fünf unterschiedlichen Frageformaten richtet, die dort vorkommen: So zeichnet sich eine erste Gruppe von Fragen dadurch aus, dass Probandinnen und Probanden das für sie jeweils Zutreffende markieren, mitunter mit der Möglichkeit von Mehrfachantworten.
Abb. 1: Ermittlung des jeweils Zutreffenden (Mehrfachwahlformat)
24 Der Bogen wird im Zuge der ebenfalls angekündigten Veröffentlichung aller quantitativ-empirischen Analysen erscheinen. Die in der vorliegenden Präsentation gegebene Nummerierung der Fragen orientiert sich an ihrer Abfolge in der Online-Studie.
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In einer zweiten Gruppe geht es um die Ermittlung des Maßes an Zustimmung zu einer Aussage anhand einer vierstufigen Skala: Ich stimme voll und ganz zu, ich stimme eher zu, ich stimme eher nicht zu, ich stimme überhaupt nicht zu, oder ich wähle die Alternative: »Ich kann diese Frage nicht beantworten.«
Abb. 2: Ermittlung des Zustimmungsgrades anhand einer Skala (Einfachwahlformat)
Eine dritte Gruppe von Fragen bietet semantische Differenziale oder Polaritätsprofile mit vier Abstufungen: Ich stimme voll und ganz dem linken Pol zu, ich stimme eher dem linken Pol zu, ich stimme eher dem rechten Pol zu, oder ich stimme voll und ganz dem rechten Pol zu.
Abb. 3: Antwort anhand eines semantischen Differenzials
Schließlich geht es in einer vierten Gruppe um die Ermittlung des Grades der Häufigkeit auf einer vierstufigen Skala: immer, oft, selten, nie, oder ich wähle die Alternative: »Ich kann diese Frage nicht beantworten.«
Abb. 4: Ermittlung der Häufigkeit anhand einer Skala
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Fünftens eröffnet sich die Möglichkeit einer offenen Mitteilung, die die Befragten gern nutzten.
Abb. 5: Offenes Antwortformat
Mit 243 vollständigen Rückmeldungen liegt der Rücklauf bei etwa 20 % derer, die grundsätzlich hätten erreicht werden können. Angesichts eines einladenden Anschreibens, einer erinnernden Bitte um Beteiligung zur Mitte der Laufzeit, die sich vom 25. April bis 23. Mai 2017 erstreckte, deren Verlängerung bis 5. Juni sowie einer online bequem möglichen Befragung mag dieser Prozentsatz nicht übermäßig hoch erscheinen. Doch neben den leider nie ganz auszuschließenden Problemen bei Technik und Versand spielt gewiss zweierlei eine Rolle: zum einen der beachtliche Umfang des Bogens und zum anderen die Einleitungsfrage, die nur die Beteiligung derer zulässt, die aktuell an einer Grundschule unterrichten (Frage 1). Diese Auswahl zu treffen erschien uns unerlässlich, weil wir die Erstellung eines aktuellen Bildes des Religionsunterrichts gewährleisten und nicht Gefahr laufen wollten, Erfahrungen abzurufen, die Kolleginnen und Kollegen unter anderen Rahmenbedingungen gesammelt haben und die die Aussagekraft unserer Ergebnisse in ihrer Aktualität schwächen würden. 3.2.1 Angaben zur Person Anhand der Kriterien, die wir dazu abgefragt haben, konnten wir in Kooperation mit den dafür im Bistum Mainz zuständigen Kollegen prüfen, ob sich zwischen der Zusammensetzung derer, die sich an der Befragung beteiligt haben, und der Gesamtgruppe jener, die im Bistum Mainz an Grundschulen katholischen Religionsunterricht erteilen, empirisch relevante Differenzen ergeben.
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Dabei erweisen sich sowohl die Relationen der Geschlechter als auch die Altersstruktur als repräsentativ: 243 Personen haben den Bogen vollständig ausgefüllt, unter ihnen 220 Frauen und 23 Männer (Frage 2). Am stärksten ist die Altersgruppe der 40–49jährigen vertreten, zu der jede dritte Person zählt (Frage 3).25 Für die Berufsgruppen (Frage 4) ergibt sich folgendes Bild: ȤȤ 159 Grundschullehrerinnen und -lehrer, auch jene im Vor bereitungsdienst, mit Religion im Staatsexamen, mit Religion durch Fernkurs, mit Religion durch Fortbildung in Wiesbaden-Naurod oder mit einer anderen Qualifikation, ȤȤ 68 pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unter ihnen 62 Gemeindereferentinnen und -referenten, zu deren Berufsbild der katholische Religionsunterricht an Grundschulen gehört, und schließlich ȤȤ 16 weitere Kolleginnen und Kollegen, die ein Studium oder eine andere Ausbildung nachweisen können.
Abb. 6: Teilnehmende nach Berufsgruppen
Hier dürfte die Gruppe der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter leicht überrepräsentiert sein, wohl auch aus folgendem Grund: Anders als staatliche Lehrkräfte können sie nicht mit der Klassenleitung beauftragt werden, die die Betroffenen dem Religionsunterricht aktuell womöglich entzieht – und damit auch der Befragung. 25 Unter den 20–29jährigen finden sich 12 Personen (4,9 %), unter den 30–39jährigen 59 Personen (24,3 %), unter den 40–49jährigen 81 Personen (33,3 %), unter den 50–59jährigen 73 Personen (30,0 %), und älter sind 18 Personen (7,4 %).
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Mögliche Differenzen zwischen diesen beiden Berufsgruppen haben wir eigens untersucht. Die in der Befragung gegebenen Relationen von staatlicher und kirchlicher Schule, von Hessen und Rheinland-Pfalz sowie von städtischem und ländlichem Umfeld werden repräsentativen Ansprüchen weitgehend gerecht: 238 der Befragten arbeiten an einer staatlichen Schule, 5 an einer der fünf katholischen Grundschulen im Bistum Mainz. Andere private Schulen existieren, müssen aber keinen Religionsunterricht erteilen und finden in dieser Untersuchung keine Resonanz (Frage 5). Der Schulort (Frage 6) von 208 Befragten liegt in Hessen, 35 Befragte unterrichten in Rheinland-Pfalz. Ihr Umfeld (Frage 7) schildern die Befragten zu 39,5 % als städtisch, zu 49,4 % als ländlich, 11,1 % bleiben unentschieden. Die ländliche Prägung dominiert also, auch wenn das städtische Umfeld ebenfalls deutliche Präsenz zeigt. 186 der 243 Personen verfügen über Unterrichtserfahrung in konfessionell gemischten Lerngruppen (Frage 8), viele davon schon über viele Jahre hinweg, 179 davon in den Jahrgangsstufen 1 und/oder 2 und 127 in den Jahrgangsstufen 3 und/oder 4. Für die beiden Bundesländer zeigt sich, dass Unterrichtserfahrung in konfessionell gemischten Lerngruppen im hessischen Teil des Bistums Mainz vorherrscht und im rheinland-pfälzischen Teil gering ausgeprägt ist, eben weil die dafür erforderliche Grundlage eines Erlasses, wie er für Hessen gilt, dort nicht gegeben ist.26
26 Eine Konfigurationsfrequenzanalyse (KFA) sucht nach häufig vorkommenden Merkmalskombinationen und Mustern, stellt aber anders als eine Faktorenanalyse, die dem gleichen Ziel dient, keine Voraussetzungen an die Verteilung der Messwerte. Die KFA zeigt für den Zusammenhang von Bundesland und Unterrichtserfahrung mit konfessionell gemischten Gruppen im Bistum Mainz, dass Unterrichtserfahrung mit konfessionell gemischten Lerngruppen in Hessen in der Tendenz als typisch gelten kann, wohingegen konfessionell getrennte Gruppen für Rheinland-Pfalz hoch signifikant typisch sind.
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Für die Präsenz der Kinder an ihrer jeweiligen Grundschule (Frage 10) nehmen 164 Personen ein konfessionelles Ungleichgewicht wahr: 120 Befragten zufolge ist die evangelische Konfession stärker vertreten als die katholische, während nur 44 Personen die Relationen umgekehrt wahrnehmen. Auch diese Angaben der Befragten zur Gewichtung der Konfessionen und Religionen an ihrer Schule entsprechen den insgesamt gegebenen Relationen, so dass die Daten auch hier ein hohes Maß an Repräsentativität aufweisen. Wenn ich die bisher vorgebrachten Daten zu bündeln versuche, entstehen für diese Untersuchung viele Bilder, unter empirischen Gesichtspunkten aber das am ehesten wahrscheinliche Bild einer weiblichen Lehrkraft in den Vierzigern, die an einer staatlichen Grundschule in Hessen katholische Religion unterrichtet – im eher ländlichen Raum und in einem schulischen Umfeld, das mehrheitlich christlich und stärker evangelisch als katholisch geprägt ist. Im Umgang mit konfessionell gemischten Lerngruppen ist sie erfahren. Insgesamt lassen diese Daten auf empirisch belastbare Ergebnisse schließen. Da wir alle Resultate der Mitwirkung von Lehrpersonen an Grundschulen verdanken, beginne ich gern mit den Selbstauskünften der Befragten. Daran schließen sich ihre Einschätzungen zu Schülerinnen und Schülern sowie ihre Erfahrungen mit deren Eltern an, dann Fragen zur religiösen Praxis an Schulen. Es folgen Auskünfte zu Zielen des Religionsunterrichts und zu seinem konfessionellen Charakter, insbesondere zu Chancen und Grenzen des Lernens in konfessionell gemischten Lerngruppen sowie zu Fragen der Aus- und Fortbildung. 3.2.2 Selbstauskünfte der befragten Lehrpersonen Bei den folgenden Fragen geht es um das Maß an Zustimmung, das einzelnen Aussagen zukommt. Der Aussage »Meine Konfession ist mir für mein Leben wichtig.« (Frage 39) stimmen 141 Personen voll und ganz zu, also eine große Mehrheit, 72 stimmen eher zu, 26 eher nicht und 2 überhaupt nicht. Diese vier Gewichtungen sind möglich, hinzu kommt als Antwortmöglichkeit »Ich kann diese Frage nicht beantworten.« Bei dieser und bei anderen Fragen markiert diese Alternative, wer
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sich nicht für eine Tendenz entscheiden oder mangels Erfahrung mit bestimmten Lerngruppen dazu keine Auskunft geben kann.27 Diese Antwortmöglichkeit wurde hier zweimal gewählt. Für die 241 Personen, die ihr Maß an Zustimmung angegeben haben, ergibt sich auf einer Skala von 1 bis 4, also von 1 für volle Ablehnung bis 4 für volle Zustimmung, ein arithmetisches Mittel von 3,46.
Abb. 7: Wichtigkeit der Konfession für das Leben der Lehrenden
Ich werde auch bei weiteren Fragen häufig diesen Mittelwert nennen, weil er rasch für eine erste Orientierung sorgt, ohne dass ich jedes Mal alle absoluten Zahlen oder sämtliche Prozentwerte auflisten muss. Nicht umsonst geben Lehrpersonen auch in der Schule 27 Während allen anderen Befragten im Spektrum von 1 bis 4 eine Zahl zugeordnet werden kann, aus der sich beispielsweise das arithmetische Mittel berechnen lässt, bleiben diejenigen, die die jeweilige Frage nicht beantworten können, an der Ermittlung statistischer Werte unbeteiligt. Dies gilt auch für die Ermittlung der sogenannten gültigen Prozente, die sich nur dann auf alle 243 Befragten beziehen, wenn niemand sich für »Ich kann diese Frage nicht beantworten.« entschieden hat oder diese Antwortmöglichkeit gar nicht bestand. Wenn aber wie hier 2 Personen die letztere Variante gewählt haben, beziehen sich die prozentualen Angaben auf die übrigen 241 Personen und deren Relationen untereinander. Gültige Prozente addieren sich dann bei 241 Personen auf 100 % auf, nicht erst bei 243 Personen. Daran liegt es, dass eine bestimmte Prozentzahl nicht bei jeder Frage mit der identischen Personenzahl einhergeht.
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häufig diesen Wert an. Dabei erstreckt sich die Skala in der Umfrage anders als bei der Notengebung lediglich von 1 bis 4, die rechnerische Mitte liegt also bei 2,5. Wenn bei einer bestimmten Aussage 60 % eher zustimmen und 40 % eher nicht zustimmen, ergibt sich ein arithmetisches Mittel von 2,6. Oder wenn 60 % voll und ganz zustimmen, während 40 % überhaupt nicht zustimmen, resultiert ein Mittelwert von 2,8. Relationen von 60:40 bieten schon klare Mehrheitsverhältnisse, wenn wir etwa an Bundestagswahlen denken, und doch sieht ein Mittelwert von 2,6 oder 2,8 so aus, als würde er nur minimal von der rechnerischen Mitte – also von 2,5 – abweichen. Daran wird deutlich, wie stark wir im gegebenen Spektrum schon eine Differenz von einem oder zwei Zehntel gewichten können. Wenn sich also für die Aussage »Meine Konfession ist mir für mein Leben wichtig.« ein Mittel von 3,46 ergibt, handelt es sich um einen ausgesprochen hohen Wert. Eine Differenzierung nach Berufsgruppen, also in Grundschullehrerinnen und -lehrer, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Sonstige, ergibt für die Aussage »Meine Konfession ist mir für mein Leben wichtig.« keine Auffälligkeiten. »Meine Konfession ist mir für meinen Religionsunterricht wichtig.« (Frage 40) Diese Aussage erreicht ebenfalls ein hohes Maß an Zustimmung, das sich in einem Mittelwert von 3,27 aus drückt. Eine Differenzierung nach Berufsgruppen zeigt, dass die volle Zustimmung zu dieser Aussage unter den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit 65,2 % besonders hoch ausfällt.28 »Ich sehe mich in erster Linie als christlich und erst in zweiter Linie als katholisch.« (Frage 41) Hier liegt der Mittelwert bei 3,17. Grundschullehrerinnen und -lehrer nehmen diese Aussage stär-
28 Bei den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stimmen 25,8 % eher zu, 9,1 % eher nicht, niemand überhaupt nicht, während die Grundschullehrerinnen und -lehrer zu 39,9 % voll und ganz und zu 36,1 % eher zustimmen, zu 22,8 % eher nicht und zu 1,3 % überhaupt nicht. Eta als Zusammenhangsmaß für nominalskalierte unabhängige Variablen und intervallskalierte abhängige Variablen zeigt mit dem Wert 0,234 einen mittelstarken Zusammenhang zwischen Berufsgruppe und dieser Aussage.
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ker als Selbstauskunft an als pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.29 Alle drei hier aufgeführten Aussagen korrelieren statistisch stark miteinander, sie hängen also eng miteinander zusammen.30
Abb. 8: Bedeutung der Konfession für die Befragten
Auch in der qualitativen Forschung finden sich viele Lehrerinnen, die sich in erster Linie als Christinnen und in zweiter Linie als Katholikinnen sehen, manche davon auch mit der Überzeugung, dass ihre Konfession für den Unterricht keine Rolle spiele. Allerdings zeigt sich in der Unterrichtsbeobachtung und in den videografischen Aufnahmen, dass auch Lehrerinnen mit dieser Selbsteinschätzung im Unterricht durchaus konfessionstypisch handeln, indem sie in ihrem Kirchenverständnis klar der katholischen Tradition folgen oder jedes Gebet mit dem Kreuzzeichen verknüpfen und gern ein Ave Maria anstimmen, jedoch ohne dass ihnen selbst 29 Eta = 0,308 bedeutet für die genannte Konstellation einen mittelstarken Zusammenhang zwischen Berufsgruppe und Zustimmungsfähigkeit dieser Aussage. 30 Der Kosinuswert ist ein Maß für die Ähnlichkeit zweier Vektoren, wobei sich ein Vektor als eine Größe versteht, die als Pfeil dargestellt wird und durch Angriffspunkt, Richtung und Betrag festgelegt ist. Dabei wird der Kosinus des Winkels zwischen zwei Vektoren bestimmt. Der Kosinus des eingeschlossenen Winkels Null ist 1; für jeden anderen Winkel ist der Kosinus des eingeschlossenen Winkels kleiner als 1. Er ist daher ein Maß dafür, ob zwei Vektoren ungefähr in die gleiche Richtung zeigen. Alle Kosinuswerte liegen hier über 0,9.
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diese konfessionelle Prägung zuvor präsent gewesen wäre. Manche Kollegin teilt mit, sie habe den konfessionellen Charakter ihres professionellen Handelns gerade in der durch unsere Unterrichtsforschung veranlassten Reflexion entdeckt. »Mir ist wichtig, dass ich im Religionsunterricht zu meinem Glauben stehen und ihn authentisch zeigen kann.« (Frage 42) Diese Aussage findet starke Zustimmung, der Mittelwert liegt bei 3,76. Eine Differenzierung nach Berufsgruppen ergibt keine Auffälligkeiten. »Meine Schülerinnen und Schüler sollen wissen, welcher Konfession ich angehöre.« (Frage 43) Hier ergibt sich ein Mittelwert von 3,61. Dabei ist das Maß an Zustimmung unter den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch höher (volle Zustimmung durch 89,7 %) als unter den Grundschullehrerinnen und -lehrern (volle Zustimmung bei 60,4 %).31 »Ich kenne mich mit dem katholischen Glauben gut aus.« (Frage 44) Hier liegt der Mittelwert bei 3,68. Auch hier ist das Maß an Zustimmung unter den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch höher (volle Zustimmung durch 91,2 %) als unter den Grundschullehrerinnen und -lehrern (volle Zustimmung bei 59,7 %).32 »Ich kenne mich mit dem evangelischen Glauben gut aus.« (Frage 45) Hier liegt der Mittelwert bei 2,87. Berufsgruppenspezifische Unterschiede zeigen sich dabei nicht. Zwischen den Werten, die die beiden Aussagen »Ich kenne mich mit dem katholischen Glauben gut aus.« und »Ich kenne mich mit dem evangelischen Glauben gut aus.« erzielen, ergibt sich jedoch ein hoch signifikanter Unterschied.33 Hier machen Unterschiede Unterschiede!
31 Eta = 0,273 zeigt einen mittelstarken Zusammenhang zwischen Berufsgrup penzugehörigkeit und Zustimmungsfähigkeit dieser Aussage. 32 Eta = 0,313 zeigt einen mittelstarken Zusammenhang zwischen Berufsgrup penzugehörigkeit und Zustimmungsfähigkeit dieser Aussage. 33 Ein Vergleich der Mittelwerte durch T-Test zur Unterscheidung intervallskalierter Items ergibt T = 17,6.
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Abb. 9: Glauben und Konfessionalität im professionellen Handeln von Lehrenden
Dabei geben 79,8 % der Befragten (194 Personen) an, dass sie mit einer Kollegin oder einem Kollegen der anderen Konfession zusammenarbeiten, 20,2 % (49 Befragte) hingegen nicht (Frage 13). Unter den 194 Personen, die konfessionelle Kooperation praktizieren, nennen 95,9 % (186 Personen) den fachlichen Austausch, 68,0 % (132 Personen) die gemeinsame Gestaltung von Gottesdiensten, 67,5 % (131 Personen) die wechselseitige Unterstützung bei der Unterrichtsplanung, 42,8 % (83 Personen) die gemeinsame Durchführung von Projekten, 39,7 % (77 Personen) die gemeinsame Gestaltung mancher Unterrichtsstunde, 39,2 % (76 Personen) die gemeinsame Unterrichtsplanung und 34,0 % (66 Personen) die gemeinsame Gestaltung ganzer Unterrichtseinheiten. Die Intensität dieser Gestalten konfessioneller Kooperation zeigt sich auch darin, dass die dabei engagierten Lehrpersonen ihren eigenen Auskünften zufolge im Durchschnitt gleich vier der genannten Formen praktizieren.
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Abb. 10: Arten konfessioneller Kooperation
Bei den folgenden Fragen geht es darum, dass die Befragten sich zwischen zwei Polen positionieren. Sie markieren, wie wichtig oder unwichtig ihnen die Kooperation mit anders konfessionellen Kolleginnen und Kollegen erscheint (Frage 54a).34 Wäre diese Kooperation allen Befragten sehr wichtig, würde sich ein Mittelwert von 1 ergeben, im anderen Extrem – allen wäre die Zusammenarbeit unwichtig – ein Mittelwert von 4. Hier ergibt sich der beachtlich hohe Mittelwert von 1,43. Noch deutlicher fällt das Votum bei der Frage (54b) aus, wie bereichernd die Befragten diese Kooperation einschätzen. Hier liegt der Mittelwert bei 1,37.35 34 Dabei entscheiden sich 64,6 % (157 Personen) für den höchsten Grad an Wichtigkeit, 28,8 % (70 Personen) ist diese Kooperation zumindest eher wichtig. Es bleiben also nur 16 Personen, denen die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen anderer Konfession in der Tendenz unwichtig erscheint: 13 (5,3 %) markieren »eher unwichtig« und 3 (1,2 %) »unwichtig«. 35 Hier entfallen 69,1 % (168 Personen) auf den höchsten Grad, 25,9 % (63 Personen) auf eher bereichernd. Es bleiben nur 12 Personen (4,9 %), die die Kooperation als (eher) unbedeutend einschätzen.
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Wie leicht, wie schwer lässt sich die Kooperation mit anders konfessionellen Kolleginnen und Kollegen organisieren? (Frage 54c) Hier liegt der Durchschnitt bei 1,98.36 Wie wichtig ist den Lehrpersonen die Wertschätzung konfessioneller Kooperation durch die katholische Kirche? (Frage 55) Auch danach haben wir gefragt, und das Ergebnis übertrifft die anderen an Eindeutigkeit. Der Mittelwert von 1,33 zeigt, dass den Befragten diese Wertschätzung extrem wichtig ist.37 Typisch erscheint also das Bild einer katholischen Lehrkraft, die die Zusammenarbeit mit anders konfessionellen Kolleginnen für sehr wichtig und ebenso bereichernd hält, auch für recht leicht zu organisieren, und dabei größten Wert auf Anerkennung durch ihre Kirche legt. Für diese Fragen zur konfessionellen Kooperation zeigen sich zwischen den Berufsgruppen keine nennenswerten Unterschiede, die Einschätzungen von Grundschullehrerinnen und -lehrern weichen von denjenigen pastoraler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also nicht ab.
Abb. 11: Bewertung konfessioneller Kooperation
Diese Selbstauskünfte der Lehrpersonen schließe ich mit einem zusätzlichen Hinweis ab, der sich wiederum aus der qualitativen Forschung ergibt: Denjenigen Lehrpersonen, die konfessionell 36 Insgesamt 178 Personen erscheint die Kooperation (eher) leicht zu organisieren, 65 (eher) schwer. 37 233 Personen ist diese Wertschätzung (eher) wichtig, 10 (eher) nicht.
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gemischte Gruppen unterrichten, ist die Kooperation mit anders konfessionellen Kolleginnen und Kollegen besonders wichtig, aber mitunter nicht so leicht zu organisieren, wenn sie nur für wenige Unterrichtsstunden an die jeweilige Schule kommen. 3.2.3 Schülerinnen und Schüler und ihre religiöse Identitätsbildung Wo erfahren Kinder im Grundschulalter von verschiedenen christlichen Konfessionen, in der Schule, im Elternhaus, in der Gemeinde? (Frage 58) Die Befragten zeigen sich überzeugt, dass die Schule hierfür der mit Abstand geeignetste Ort ist.38 Zu der Aussage, viele Schülerinnen und Schüler seien davon geprägt, dass sie aus ihrer Familie verschiedene christliche Konfessionen kennen (Frage 22), halten sich zustimmende und ablehnende Tendenzen in etwa die Waage.39 Die Aussage hingegen, viele Schülerinnen und 38 Interessanterweise schneidet die Schule im direkten Vergleich mit dem Elternhaus noch deutlicher ab als im direkten Vergleich mit der Gemeinde, während der direkte Vergleich von Elternhaus und Gemeinde in der Tendenz doch dem Elternhaus einen Vorrang zuspricht und die Rangfolge Schule – Elternhaus – Gemeinde nahelegt. 39 Dass den katholischen Schülerinnen und Schülern ihre Konfession richtig bewusst wird, wenn die Erstkommunion ansteht (Frage 32), entspricht der Überzeugung der meisten Befragten, auch die an der qualitativen Forschung beteiligten Lehrerinnen und Lehrer verweisen darauf. 116 stimmen voll und ganz zu, weitere 109 zumindest in der Tendenz, und daraus resultiert im Spektrum von 1 bis 4, von ausbleibender bis starker Zustimmung, ein Mittelwert von 3,39. Dass den evangelischen Schülerinnen und Schülern ihre Konfession richtig bewusst wird, wenn bei den katholischen Mitschülerinnen und Mitschülern die Erstkommunion ansteht (Frage 33), entspricht ebenfalls der Überzeugung einer deutlichen Mehrheit der Befragten, auch wenn der Mittelwert mit 3,04 ein nicht ganz so hohes Maß an Zustimmung signalisiert. Dass den Schülerinnen und Schülern ihre Konfession richtig bewusst wird, wenn es zur Trennung in katholische und evangelische Lerngruppen kommt (Frage 34), ist eine ebenfalls mehrheitsfähige Überzeugung – bei einem Mittelwert von 2,96. Unter den Befragten stimmen 71,4 % eher oder voll und ganz zu. Dazu passt das Resultat, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten (55,5 %) die Einschätzung rückmeldet, dass ihre Schülerinnen und Schüler nicht schon bei Schuleintritt und auch nicht in der ersten oder zweiten, son-
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Schüler seien davon geprägt, dass sie aus ihrer Familie verschiedene Religionen kennen (Frage 23), ist eher nicht zustimmungsfähig. »Wenn Kinder in einer konfessionell homogenen Lerngruppe unterrichtet werden, lernen sie ihre eigene Konfession besser kennen als in einer konfessionell gemischten Lerngruppe.« (Frage 35) 23 Personen stimmen überhaupt nicht zu, 80 eher nicht. 92 stimmen eher zu, 40 voll und ganz. Insgesamt ergibt sich eine leichte Tendenz zur Zustimmung, die sich in einem Mittelwert von 2,63 ausdrückt. »Wenn Kinder in einer konfessionell homogenen Lerngruppe unterrichtet werden, dann entwickeln sie ihre eigene religiöse Identität leichter als in einer konfessionell gemischten Lerngruppe.« (Frage 36) Wiederum bewegen sich die meisten Befragten im Mittelfeld, die jedoch mehrheitlich eher nicht zustimmen, so dass der Mittelwert auf 2,45 sinkt. Womöglich können also konfessionell homogene Gruppen dafür sorgen, dass deren Mitglieder ihre eigene Konfession ein wenig besser kennenlernen als in einer konfessionell gemischten Gruppe. Dass sie dann aber auch ihre eigene religiöse Identität leichter entwickeln könnten als in einer konfessionell gemischten Lerngruppe, ziehen die Befragten in Zweifel. Und bei aller Undeutlichkeit bleibt deutlich, dass sich die meisten Befragten bei diesen beiden Fragen nur für ein tendenzielles Votum entscheiden können. Nehmen wir zwei weitere Fragen hinzu: »Ich erlebe, dass Kinder umso selbstverständlicher mit Andersartigkeit umgehen, je früher sie auch in der Schule konfessionelle oder religiöse Vielfalt erleben.« (Frage 37) Diese Einsicht stammt aus der qualitativen Forschung. Hier ergeben sich auch quantitativ eindeutige Relationen, 84,0 % der Befragten stimmen eher oder voll und ganz zu, der Mittelwert liegt bei 3,17. Auch zu dieser Frage haben wir eine Variante vorgelegt, die sich auf die Entwicklung der religiösen Identität der Schülerinnen und Schüler richtet: »Ich erlebe, dass Kinder umso stärker ihre eigene religiöse Identität entwickeln, je mehr sie auch in der Schule konfessionelle oder dern in der dritten Jahrgangsstufe um ihre jeweils eigene Konfession wissen (Frage 15). Hinzu kommen nach Einschätzung der Befragten 38,6 %, die darum schon zu einem früheren Zeitpunkt wissen.
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religiöse Vielfalt erleben.« (Frage 38) Hier bleibt die Tendenz (67,8 %) zustimmend, aber der Mittelwert sinkt auch hier ab, nämlich auf 2,82.
Abb. 12: Einschätzungen zur Konfrontation mit konfessioneller und religiöser Vielfalt
Die Konfrontation mit konfessioneller und religiöser Vielfalt in der Schule begünstigt also sowohl den Umgang mit Andersartigkeit als auch die Entwicklung religiöser Identität, letztere aber nicht so stark wie ersteren. Die Befragten geben sich bei Fragen zur religiösen Identitätsbildung vorsichtiger als bei anderen Fragen, wohl weil sich damit ein hoher Anspruch verbindet, der sich nicht leicht und schon gar nicht sofort erfassen und messen lässt, aber sie kommen in der Tendenz zu dem Ergebnis, dass die religiöse Identitätsbildung der ihnen anvertrauten Kinder von der schulischen Präsenz konfessioneller und religiöser Pluralität profitiert, während sich keine Mehrheit dafür findet, dass religiöse Identitätsbildung in konfessionell homogenen Lerngruppen leichter gelingt als in konfessionell gemischten Lerngruppen. Wenn es im Religionsunterricht aber um religiöse Identitätsbildung geht, dann brauchen wir die aktuellen Entwicklungen, die vielerorts keine konfessionell homogenen Gruppen mehr zulassen, nicht zu bedauern. Auch in der qualitativen Forschung äußern sich die Lehrpersonen in den mit ihnen geführten Interviews zu den Möglichkeiten konfessioneller Prägung und religiöser Identitätsbildung sehr zurückhaltend. Allerdings zeigt die Auseinandersetzung mit den video-
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grafierten Unterrichtseinheiten, dass manche Lehrerin beim Thema Taufe davon ausgeht, dabei keinen konfessionsspezifischen Unterricht zu erteilen, weil die Kirchen die Taufe wechselseitig anerkennen, und dann im Nachgespräch entdeckt, dass sie ihre Kinder mit liturgischen Vollzügen vertraut macht, wie sie sie ausschließlich aus ihrer eigenen – katholischen – Kirche kennt, ohne dass sie mögliche Differenzen im Taufvollzug verschiedener Kirchen erwogen hätte. Hier machen Unterschiede Unterschiede, die manche Lehrpersonen anlässlich unseres Projektes als solche aufspüren. 3.2.4 Erfahrungen mit Eltern Dass Eltern die Qualität des Religionsunterrichts wichtiger als die Frage sei, ob die Lehrkraft derselben Konfession angehöre wie ihr Kind (Frage 48), glauben die Befragten mit überwältigender Mehrheit: 48,6 % der Befragten stimmen dieser Aussage eher zu, 43,6 % sogar voll und ganz. Der Mittelwert liegt bei 3,34. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Einsichten, die die qualitative Forschung ans Licht bringt: Bei der Teilung zunächst gemischter Lerngruppen nach Konfessionen wählen manche Kinder beziehungsweise ihre Eltern den künftigen Religionskurs eher nach der Person als nach der Konfession der Lehrerin aus. Die Strategie »lieber zur vertrauten Lehrerin als zur vertrauten Konfession« setzt sich insbesondere dann durch, wenn die Vertrautheit zwar zur eigenen Lehrerin gewachsen ist, aber nicht oder noch nicht zur eigenen Konfession. Dass Eltern in der Einschätzung der Befragten Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen wünschen (Frage 49), gilt in deutlichem Maße für die Jahrgangsstufen 1 und 2 (44,1 % stimmen eher zu, 38,7 % sogar voll und ganz, insgesamt also 82,8 %), nicht aber für die Jahrgangsstufen 3 und 4, für die sich die Voten nahezu die Waage halten. Je stärker dieser Wunsch ausgeprägt ist, desto deutlicher nähert er sich im Spektrum von 1 bis 4 dem Höchstwert: Er liegt für die Jahrgangsstufen 3 und 4 bei 2,55, für die Jahrgangsstufen 1 und 2 jedoch bei klaren 3,18. Einschränkend füge ich hinzu, dass fast jede vierte Lehrkraft diese Frage nicht zu beantworten vermag, wohl weil ihr die Eltern wenig vertraut sind. Die Befragten äußern sich nicht nur zu ihren Erfahrungen mit Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler, sondern auch zu ihren Priori-
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täten, wenn sie selbst Eltern eines Grundschulkindes wären, konkret zu dieser Aussage: »Wenn ich ein eigenes Kind in der Grundschule hätte, wünschte ich mir eine Religionslehrkraft, die derselben Konfession angehört wie mein Kind.« (Frage 46) Die Rückmeldungen sind geteilt, eine knappe Mehrheit von 55,5 % stimmt eher oder voll und ganz zu, der Mittelwert liegt bei 2,64. Im Folgenden geht es um verschiedene Bedingungen des Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Gruppen, also nicht nochmals darum, ob Eltern in der Einschätzung der Lehrpersonen konfessionell gemischte Lerngruppen überhaupt wünschen, sondern um die Koppelung an bestimmte Prämissen. Bei diesen fünf Einschätzungen zeigen die Befragten ein hohes Maß an Unsicherheit, über 100 Personen geben an, sie könnten diese Fragen nicht beantworten, wohl weil sie die Eltern zu wenig kennen. Ich nenne jeweils die Mittelwerte, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen: »Eltern wünschen dann Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen, wenn ihr Kind derselben Konfession angehört wie die Lehrkraft.« (Frage 50a) Hier tendiert die Mehrheit bei einem Mittelwert von 2,26 leicht zur Ablehnung. »Eltern wünschen dann Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen, wenn ihr Kind einer anderen Konfession angehört als die Lehrkraft.« (Frage 50b) Hier fällt die Ablehnung deutlicher aus – bei einem Mittelwert von 1,89. Die drei folgenden Aussagen beziehen sich auf die Präsenz des Religionsunterrichts im Zeugnis: »Eltern wünschen dann Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen, wenn im Zeugnis ihres Kindes Religionsunterricht in der eigenen Konfession dokumentiert ist.« (Frage 50c) oder »… wenn im Zeugnis ihres Kindes Religionsunterricht in einer anderen Konfession dokumentiert ist.« (Frage 50d) oder »… wenn im Zeugnis ihres Kindes Religionsunterricht ohne Angabe einer Konfession dokumentiert ist.« (Frage 50e) Auch wenn Religionsunterricht in der Konfession des Kindes dokumentiert ist, bleiben Eltern nach Einschätzung der Befragten skeptisch, die erste Aussage findet eher keine Zustimmung (bei einem Mittelwert von 2,07). Wenn im Zeugnis Religionsunterricht in einer anderen Konfession – also nicht in derjenigen des Kindes –
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dokumentiert ist, sinkt das Maß an Zustimmung nochmals ab (auf einen Mittelwert von 1,69). Wenn die Dokumentation des Religionsunterrichts im Zeugnis hingegen ohne Angabe einer Konfession erfolgt, steigt das Maß an Zustimmung im Mittel auf 2,85. Hier zeigt sich, dass die Lehrpersonen, soweit sie sich eine Einschätzung zutrauen, vermuten, dass Eltern es vorziehen, wenn Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen im Zeugnis ihres Kindes in der eigenen – und nicht in einer anderen – Konfession dokumentiert ist, aber insgesamt den Verzicht auf eine solche Angabe bevorzugen. Für die Eltern machen Unterschiede also wohl dann Unterschiede, wenn die Dokumentation des Religionsunterrichts im Zeugnis mit der Angabe einer Konfession – der eigenen oder einer fremden – verbunden ist. Die Praxis ist in den beiden Bundesländern selbst uneinheitlich. Die hessische Lehrer- und Schülerdatenbank (LUSD) hält Vordrucke vor, die das Konfessionsmerkmal angeben, ansonsten tauchen wohl die Fächer Religion und Ethik auf. Die Zeugnisformulare, die für Rheinland-Pfalz auf dem Bildungsserver als verbindlich hinterlegt sind, weisen entweder wiederum diese beiden Fächer – Religion und Ethik – aus oder überlassen den Schulen den Eintrag des Faches, lassen also verschiedene Varianten zu. Der Eintrag »christlicher Religionsunterricht« existiert in keinem der beiden Länder. Zudem geht es um ablehnende Reaktionen von Eltern, die Lehrpersonen möglicherweise befürchten, wenn sie in konfessionell gemischten Lerngruppen konfessionsspezifische Themen vorbringen (Frage 51), wenn sie religiöse Handlungen vollziehen und beispielsweise ein Gebet sprechen (Frage 52) oder wenn sie konfessionsspezifische Handlungen vollziehen und beispielsweise mit dem Kreuzzeichen vertraut machen (Frage 53). In allen drei Varianten bestehen Befürchtungen, die auch in der qualitativen Forschung artikuliert werden, sie halten sich jedoch in Grenzen: Die jeweils unter dem rechnerischen Mittel von 2,5 verbleibenden Mittelwerte liegen bei 2,11 für konfessionsspezifische Themen, bei 2,04 für religiöse Handlungen und bei 2,31 für konfessionsspezifische Handlungen. Das Gros der Lehrpersonen befürchtet also keine ablehnenden Reaktionen von Eltern.
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3.2.5 Religiöse Praxis an Schulen »Finden an Ihrer Schule bzw. für Ihre Schule Gottesdienste statt?« (Frage 11) 220 von 243 Befragten und damit 90,5 % antworten bejahend. Meist handelt es sich um Gottesdienste, zu denen alle Kinder eingeladen sind und bei denen die Teilnahme freiwillig bleibt (157 Rückmeldungen, also 71,4 % derer, an oder für deren Schulen Gottesdienste gefeiert werden). Es finden aber auch Gottesdienste statt, die sich an alle christlichen Kinder richten (67 Rückmeldungen, also 30,5 %), seltener hingegen Gottesdienste, die sich als Pflichtveranstaltung für alle Kinder verstehen (28 Rückmeldungen, also 12,7 %), und nach Konfessionen getrennte Gottesdienstangebote (27 Rückmeldungen, also 12,3 %). Nur 16 Personen (7,3 %) verweisen auf die Pflege anderer Gottesdienstformen sowie auf gemeinsame Angebote, an denen sich auch Lehrkräfte und Kinder beteiligen, die dem Islam angehören. Gottesdienste an der Schule oder für die Schule sind Orte des Gebets, aber beten Lehrpersonen auch im Religionsunterricht? (Frage 12) Bei dieser Frage differieren die Ergebnisse je nach Lerngruppe: 83,3 % beten in konfessionell homogenen Gruppen, 72,2 % in konfessionell gemischten Gruppen und 63,1 % in Lerngruppen mit religiös gebundenen und ungebundenen Kindern.
Abb. 13: Gebetspraxis im Religionsunterricht
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Für diese Praxis ergeben sich weder berufsgruppenspezifische Unterschiede in dem Sinne, dass pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich anders verhielten als Grundschullehrerinnen und -lehrer, noch altersspezifische Unterschiede in dem Sinne, dass junge Lehrpersonen anders agierten als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen40. Zentral bleibt das Ergebnis, dass Unterschiede in der Lerngruppenzusammensetzung in der Frage des Betens einen Unterschied machen. Zu Fragen religiöser Praxis an Schulen gehört auch das Verhältnis katechetischer und didaktischer Anliegen zueinander. In der Unterrichtsforschung zeigt sich deutlich, wie die danach befragten Lehrerinnen in den mit ihnen geführten Interviews ausnahmslos betonen, dass sie in der Schule nicht als Katechetinnen wirken wollen, auch wenn der Druck wachse, katechetische Elemente in den Religionsunterricht einzuspielen, damit die Kinder, denen in der Gemeinde oder in der Familie keine katechetische Begleitung widerfahre, verstehen, worum es gehe. Zugleich zeigen die Videografien, wie etwa die Auseinandersetzung mit Fragen der Taufe zu schulischen Inszenierungen führt, die sich von Taufkatechese und Taufliturgie nur schwer unterscheiden lassen. Ein anderes Beispiel bietet die Gestaltung eines Religionsraumes, in dem eine Marienfigur die Mitte bildet und alle Kinder miteinander das Ave Maria betend einüben. Eine Lehrerin, die ihre Wertschätzung gegenüber anderen Religionen zum Ausdruck bringen möchte, bittet einen muslimischen Jungen, ein Gebet zu sprechen – in seiner türkischen Muttersprache. Sie fordert die anderen Kinder auf, dieses nachzusprechen, gleichsam nachzubeten, und beendet das Gebet gemeinsam mit dem muslimischen Jungen mit Amen. Hernach bittet sie um eine Übersetzung. Ich komme darauf zurück. Andere Lehrerinnen wiederum halten das Beten im Unterricht für unangebracht, auch in homogenen Gruppen, erst recht aber in gemischten Lerngruppen. Wieder andere bitten die Kinder zum Gebet an einen anderen Ort und jene, die nicht mitbeten können oder wollen, darum, einstweilen an ihrem Platz zu bleiben. 40 Dieses Resultat basiert auf der Berechnung von Cramer-V für nominalskalierte Items.
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Mir geht es nicht darum, die Lehrerinnen, die mutig genug waren, uns an ihrem Unterrichten und Reflektieren teilhaben zu lassen, nun kritisch vorzuführen; vielmehr geht es mir darum, das mit ihrer Sendung verbundene Ringen um Professionalität und Konfessionalität aufzugreifen. Auch darauf komme ich zurück. 3.2.6 Ziele des Religionsunterrichts »Kinder sollen im Religionsunterricht mit ihrem eigenen Glauben vertraut werden.« (Frage 24) Diese Aussage findet in hohem Maße Zustimmung, bei mehr als der Hälfte der Auskunftswilligen sogar voll und ganz. Im Spektrum von 1 bis 4 liegt der Mittelwert bei 3,47.41 »Mir ist wichtig, dass sich in konfessionell gemischten Lerngruppen die katholischen Kinder mit dem katholischen Glauben auseinandersetzen.« (Frage 26) Hier ergibt sich eine mehrheitliche Zustimmung, die sich im Mittelwert von 2,83 ausdrückt.42 Analog haben wir die folgende Aussage vorgelegt: »Mir ist wichtig, dass sich in konfessionell gemischten Lerngruppen die evangelischen Kinder mit dem evangelischen Glauben auseinandersetzen.« (Frage 27) Hier ergibt sich ein sehr ähnliches Bild (bei einem minimal kleineren Mittelwert von 2,74).43 Berufsgruppenspezifische Unterschiede zeichnen sich nicht ab.
41 Insgesamt stimmen 1 Person überhaupt nicht und 10 eher nicht zu; 105 Personen stimmen eher zu, 125 voll und ganz. 2 Personen können diese Frage nicht beantworten. »Ich berücksichtige im Religionsunterricht immer alle Anliegen meiner Schülerinnen und Schüler.« (Frage 25) Diese Kontrollfrage sollte die Glaubwürdigkeit der Befragten prüfen, weil wohl niemand immer alle Anliegen würde aufnehmen können, aber offenbar sind die Ansprüche der Befragten an sich selbst derart hoch, dass eine deutliche Mehrheit eher zustimmt. 42 Insgesamt stimmen 10 Personen überhaupt nicht zu, 66 eher nicht; 104 Personen stimmen eher zu, 47 voll und ganz. 16 Personen können diese Frage nicht beantworten. 43 Insgesamt stimmen 12 Personen überhaupt nicht zu, 72 eher nicht; 95 Personen stimmen eher zu, 40 voll und ganz. 24 Personen können diese Frage nicht beantworten.
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Abb. 14: Bedeutung einer Auseinandersetzung der Kinder mit eigenem Glauben
»Ich möchte den Schülerinnen und Schülern in meinem Religionsunterricht … … Wissen über das Christentum vermitteln.« (Frage 28a) Dieser Aussage stimmen ausnahmslos alle Befragten entweder eher oder voll und ganz zu. Das arithmetische Mittel liegt bei einem kaum mehr steigerbaren Wert von 3,86. »… Wissen über die eigene Konfession vermitteln.« (Frage 28b) Hier liegt der Mittelwert bei 3,53. »… Wissen über andere Konfessionen vermitteln.« (Frage 28c) Hier ergibt sich ein ähnlich hoher Mittelwert von 3,37. Im Vergleich zur Selbsteinschätzung der eigenen Kompetenzen der Befragten tut sich jedoch eine Diskrepanz auf: Während sie ihren Schülerinnen und Schülern Wissen über verschiedene Konfessionen vermitteln wollen, also gerade nicht nur über die eigene, zeigen die Ergebnisse, dass sie sich im evangelischen Glauben deutlich weniger auskennen als im eigenen katholischen Glauben. Da es sich hierbei um einen signifikanten Unterschied handelt, besteht hier wohl Fortbildungsbedarf, um die eigenen Ziele kompetent zu erreichen. »… Wissen über andere Religionen vermitteln.« (Frage 28d) Auch hier ergibt sich ein hoher Mittelwert von 3,35. »… die Möglichkeit geben, von ihren Erfahrungen mit Kirche zu erzählen.« (Frage 28e) Auch dieses Ziel machen sich nahezu alle Befragten zu eigen, der Mittelwert liegt bei 3,75.
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»… die Möglichkeit geben, ihren Glauben zu reflektieren.« (Frage 28f) Das wiederum eindeutige Ergebnis liegt bei einem Mittelwert von 3,71. »… die Möglichkeit geben, Seelsorge in Anspruch zu nehmen.« (Frage 28 g) Auch hier ergibt sich eine klare mehrheitliche Zustimmung bei einem Mittelwert von 3,26. »… Lebenshilfe und Orientierung bieten.« (Frage 28h) Darauf verständigen sich wiederum fast alle Befragten – bei einem Mittelwert von 3,69. »… einen Bezugspunkt zur Kirche bieten.« (Frage 28i) Die starke Zustimmung drückt sich in einem Mittelwert von 3,45 aus. Auch hier zeichnen sich keine berufsgruppenspezifischen Unterschiede ab.
Abb. 15: Anliegen der Lehrpersonen für den Religionsunterricht
Weitere Ziele haben wir den Befragten mit der Bitte um ihre Positionierung vorgelegt: »In oder durch meinen Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler … … mit Gott in Beziehung kommen.« (Frage 29a) Diese Zielsetzung findet bei 71,1 % der Befragten uneingeschränkte Zustimmung, der Mittelwert liegt bei 3,70.
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»… die Freude am Glauben selbst erleben.« (Frage 29b) Diese Zielsetzung findet sogar bei 74,1 % ungeteilte Zustimmung, der Mittelwert liegt bei 3,72. »… sich mit ihrem eigenen Glauben sowie mit anderen Religionen auseinandersetzen.« (Frage 29c) Auch hier ergibt sich ein hohes Maß an Zustimmung – bei einem Mittelwert von 3,65. »… ihren Glauben entwickeln.« (Frage 29d) Der Mittelwert von 3,68 zeigt wiederum eine starke Zustimmung an. »… Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konfessionen kennen lernen.« (Frage 29e) Der Mittelwert liegt in wiederum beachtlicher Höhe, nämlich bei 3,51. »… sich in den konfessionellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden als eine einzige christliche Gemeinschaft erfahren.« (Frage 29f) Das arithmetische Mittel liegt bei 3,49. Einsichten der Schülerinnen und Schüler in Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konfessionen liegen den Befragten also genauso am Herzen wie die Zusammengehörigkeit der Christinnen und Christen. Berufsgruppenspezifische Unterschiede bleiben hier aus.
Abb. 16: Weitere Ziele der Befragten für ihren Unterricht
Bei der vergleichenden Sichtung der Ziele und ihrer jeweiligen Zustim mungsgrade fällt die Zielsetzung ins Auge, wonach sich in konfessionell gemischten Lerngruppen die katholischen Kinder mit dem katho-
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lischen Glauben und die evangelischen Kinder mit dem evangelischen Glauben auseinandersetzen mögen – und zwar dadurch, dass sie deutlich weniger Zustimmung findet als andere Ziele. Lässt diese relativ schwach ausgeprägte Zustimmung darauf schließen, dass konfessionelle Unterschiede in den Augen der Befragten keine Unterschiede machen? Oder vielleicht darauf, dass sie in ihrem Alltag andere Herausforderungen als die weitaus größeren wahrnehmen, etwa die Gastfreundschaft, die sie ungetauften Kindern gewähren, oder die Beteiligung von Kindern, die dem Islam angehören, am Religionsunterricht oder auch die Präsenz von Kindern, die mit ihren Herkunftsfamilien zwar in jüdisch-christlicher Tradition stehen, aber nicht der römisch-katholischen und auch nicht der evangelischen Kirche angehören? Den Befund schließlich, dass sie in starkem Maße Zielen zusprechen, die auf Vermittlung vielfältigen Wissens setzen – Wissen über das Christentum, Wissen über die eigene Konfession, Wissen über andere Konfessionen, Wissen über andere Religionen –, kann ich zwar als Versachkundlichung des Religionsunterrichts wahrnehmen, doch lässt sich diese nicht als Fehlentwicklung brandmarken, vielmehr reagiert sie auf einen Bedarf an Wissen. 3.2.7 Konfessioneller Religionsunterricht »Ist Ihnen die Konfession der Schülerinnen und Schüler bekannt, denen Sie Religionsunterricht erteilen?« (Frage 14) 71,2 % der Befragten bejahen dies für alle Kinder, 22,6 % für die meisten. Danach haben wir ausdrücklich gefragt, weil in der Unterrichtsforschung mehrere Lehrkräfte nicht um die Konfession ihrer Schülerinnen und Schüler wussten. Zur Lerngruppenzusammensetzung befragt, ergeben sich für die verschiedenen Jahrgangsstufen sehr unterschiedliche Voten: Für die Jahrgangsstufen 1 und 2 (Frage 17) geben 19,8 % an, dass sie konfessionell getrennte Gruppen bevorzugen. 38,3 % plädieren für konfessionell gemischte Gruppen, 42,0 % für den Klassenverband, gegebenenfalls auch mit anders und nicht religiösen Schülerinnen und Schülern. Anders äußern sich die Befragten zu den Jahrgangsstufen 3 und 4 (Frage 18). Hier plädiert eine starke Mehrheit von 67,1 % für kon-
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fessionell getrennte Gruppen. 15,6 % votieren für konfessionell gemischte Gruppen und 17,3 % für den Klassenverband.
Abb. 17: Bevorzugte Lerngruppenzusammensetzung
Nun wissen wir um die unterschiedlich stark ausgeprägte, mitunter schon langjährige Unterrichtserfahrung der Befragten mit konfessionell gemischten Gruppen sowie mit Lerngruppen im Klassenverband. Wenn wir deren Erfahrung mit ihren Präferenzen bei der Lerngruppenzusammensetzung korrelieren, so zeigt sich für die Jahrgangsstufen 1 und 2 ein kleiner, aber statistisch abgesicherter Effekt44 dahingehend, dass diejenigen, die im Unterrichten von konfessionell gemischten Gruppen oder des Klassenverbands erfahren sind, diese Lerngruppenzusammensetzungen präferieren, während die darin nicht Erfahrenen sich in ihren Voten gleichmäßig auf die drei Varianten – konfessionell getrennte Gruppen, konfessionell gemischte Gruppen, Klassenverband – verteilen. In diesem Befund spiegelt sich die schon in der qualitativen Forschung gewonnene Einsicht, dass Lehrerinnen besonders dann für Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen plädieren, wenn sie damit bereits eigene Erfahrungen gesammelt haben. In den Jahrgangsstufen 3 und 4 zeigt sich ein solcher Effekt nicht, weil hier auch die mit unterschiedlichen Lerngruppenzusammensetzungen Erfahrenen mehrheitlich für konfessionell getrennte Gruppen plädieren. 44 Cramer-V = 0,190.
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Nicht nur nach der Unterrichtserfahrung, sondern auch nach Berufsgruppen lassen sich die Präferenzen bei der Zusammensetzung der Lerngruppen differenzieren. So zeigt sich, dass die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker als Grundschullehrerinnen und -lehrer für konfessionell getrennte Gruppen optieren.45 Nach den Jahrgangsstufen lassen sich auch die Auskünfte dazu differenzieren, ob die Befragten in den Schulcurricula für Religion unterrichtsrelevante konfessionelle Unterschiede wahrnehmen. Für die Jahrgangsstufen 3 und 4 (Frage 31) ergeben sich für eine Mehrheit Unterschiede (bei einem Mittelwert von 2,31), während für die Jahrgangsstufen 1 und 2 (Frage 30) eine überwältigende Mehrheit in den Schulcurricula keine unterrichtsrelevanten konfessionellen Unterschiede sieht (bei einem Mittelwert von 3,31). Damit bestätigt sich einer der Befunde der qualitativen Forschung. Die Befragten wurden gebeten, ihren eigenen Religionsunterricht zu fokussieren und zu entscheiden, ob die folgenden Aussagen für sie immer, oft, selten oder nie zutreffen. »Meine Konfession spielt im Religionsunterricht eine Rolle.« (Frage 59) Für 42 Personen gilt diese Aussage immer, für 104 oft, für 88 selten, für 6 nie, und 3 können diese Frage nicht beantworten. Mit anderen Worten spielt für mindestens 60 % der Befragten deren Konfession im Religionsunterricht oft oder immer eine Rolle.46 Dabei zeigt sich im Vergleich der Berufsgruppen, dass die in der Pastoral Tätigen ihrer Konfession im Religionsunterricht eine nachweisbar47 größere Rolle zusprechen als Grundschullehrerinnen und -lehrer. »Wenn ich im Religionsunterricht mit meinen Schülerinnen und Schülern bete, gehört dazu das Kreuzzeichen.« (Frage 60) Hier 45 Die Konfigurationsfrequenzanalyse weist für die Kombination von pastoraler Berufsgruppe und Präferenz für konfessionell getrennte Gruppen einen Typus aus, der empirisch signifikant häufiger vorkommt, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre, und zwar für die Jahrgangsstufen 1 und 2, während für die Jahrgangsstufen 3 und 4 dieselbe Kombination ein wiederum augenfällig hohes Vorkommen, aber konfigurationsfrequenzanalytisch keinen Typus zeigt. 46 In anderem Zusammenhang wurde Frage 40 gestellt: »Meine Konfession ist mir für meinen Religionsunterricht wichtig.« 47 Eta = 0,331.
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ergibt sich ein hohes Maß an Zustimmung: Für 111 Personen gilt diese Aussage immer, für 57 oft, für 49 selten, für 18 nie, und 8 können diese Frage nicht beantworten. Auch hier zeigt sich im Vergleich der Berufsgruppen, dass das Kreuzzeichen für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statistisch nachweisbar48 häufiger zum Gebet gehört als für Grundschullehrerinnen und -lehrer. »In konfessionell gemischten Lerngruppen unterrichte ich auch konfessionsspezifische Themen (beispielsweise Heilige, Martin Luther, Sakramente).« (Frage 61) Auch hinter dieser Aussage steht eine klare Mehrheit: Sie trifft für 86 Personen immer zu, für 79 oft, für 33 selten, für 2 nie. Dabei können 43 Personen diese Frage – wohl mangels Erfahrung – nicht beantworten. Hier ergeben sich keine berufsgruppenspezifischen Unterschiede.
Abb. 18: Bedeutung von Konfessionalität im Unterricht
»In konfessionell gemischten Lerngruppen weise ich auf konfessionsspezifische Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin.« (Frage 62) Auch diese Aussage trifft für 97 Personen immer zu, für 82 oft, für 22 selten, für niemanden nie. 42 Personen können darauf nicht antworten. Die Zusammenfassung derer, für die diese Aussage immer oder oft gilt, umfasst 89,1 % der Auskünfte.
48 Eta = 0,27.
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»In konfessionell getrennten Lerngruppen weise ich auf konfessionsspezifische Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin.« (Frage 63) Diese Aussage gilt für 89 Personen immer, für 87 oft, für 43 selten, für 1 nie, und 23 können nicht antworten. Wenn ich wiederum diejenigen bündle, für die die Aussage immer oder oft gilt, so ergeben sich 80,0 % der Auskünfte. Für den Vergleich dieser beiden zuletzt genannten Fragen ergibt sich also, dass die meisten Lehrpersonen (immer oder oft) auf konfessionsspezifische Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinweisen: In konfessionell gemischten Lerngruppen sind es 89,1 %, in konfessionell getrennten Lerngruppen hingegen 80,0 %, der Unterschied erweist sich als hoch signifikant49: Die größere Heterogenität der Lerngruppen geht mit einer stärkeren Differenzsensibilität der Lehrenden einher.
Abb. 19: Differenzsensibilität der Lehrenden nach Lerngruppen
»Für die Unterrichtsgestaltung ist die Konfession der Kinder wichtig.« (Frage 64) Mehrheitlich halten die Befragten (122 Personen) diese Aussage »selten« für zutreffend (21 immer, 64 oft, 30 nie, und 6 49 T = -3,551; auch alternative Prüfungen bestätigen diesen Effekt (Clauß, Finze u. Partzsch, 2004, S. 233 f.). Berufsgruppenspezifische Differenzen lassen sich jeweils nicht nachweisen.
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können darauf nicht antworten). Berufsgruppenspezifisch zeigt sich ein signifikantes Ergebnis: Pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen sich diese Aussage häufiger zu eigen als andere Unterrichtende.50 3.2.8 Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen Sehen Sie im Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen insgesamt eher Chancen oder eher Grenzen? Für die Jahrgangsstufen 1 und 2 (Frage 56) platzieren sich die Befragten zwischen den Polen von Chancen und Grenzen ganz eindeutig, 70,0 % stimmen voll und ganz dem Pol der Chancen zu, der Mittelwert liegt bei 1,45. Für die Jahrgangsstufen 3 und 4 (Frage 57) überwiegen die Chancen nur leicht, der Mittelwert liegt bei 2,39. Der Unterschied der Einschätzungen zu den jeweiligen Jahrgangsstufen erweist sich als hoch signifikant.51 In diese Ergebnisse fügt sich die in der Unterrichtsforschung gewonnene Einsicht gut ein, dass Lehrerinnen eine konfessionelle Trennung der Lerngruppen nicht vor Jahrgangsstufe 3 für sinnvoll halten.
Abb. 20: Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in gemischten Lerngruppen
50 Eta = 0,233. 51 Für den Mittelwertunterschied resultiert T = 14,6. Wenn wir die Frage nach Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen für Hessen und Rheinland-Pfalz getrennt auswerten, ergeben sich zwischen den beiden Bundesländern innerhalb des Bistums Mainz keine nennenswerten Differenzen.
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Die Einschätzung, dass der Erhalt des Klassenverbands auch im Religionsunterricht die Gemeinschaft der Schülerinnen und Schüler stärke (Frage 19), teilen die Befragten in starkem Maße, wie der Mittelwert von 3,17 zeigt. Einige Lehrkräfte verweisen auf Fragen der Inklusion und darauf, dass viele in ihrem Verhalten auffällige Kinder sich schwer tun, sich in veränderten Lerngruppenzusammensetzungen zurechtzufinden. Auch in der qualitativen Forschung wird das Plädoyer deutlich, gerade in den ersten beiden Jahrgangsstufen im Klassenverband zu verbleiben, weil das untereinander entstehende Vertrauen den Religionsunterricht begünstige und ermögliche, persönliche und existentielle Fragestellungen anzugehen. Die Aussage hingegen, wonach gemischte Lerngruppen die Auseinandersetzung mit konfessionsspezifischen Inhalten erleichtern (Frage 20), findet weniger starken Zuspruch, aber dennoch eine leicht zustimmende Tendenz (bei einem Mittelwert von 2,71). »Der Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen … … fördert Offenheit und Toleranz der Kinder.« (Frage 21a) Diese Aussage findet ein hohes Maß an Zustimmung – bei einem Mittelwert von 3,33. »… fördert das Wissen um die jeweils andere Konfession.« (Frage 21b) Diese Aussage findet ähnlich starke Zustimmung – bei einem Mittelwert von 3,28. »… fordert die Lehrkraft zu konfessioneller Authentizität heraus.« (Frage 21c) Diese Einschätzung teilt eine Mehrheit – bei einem Mittelwert von 2,90. An dieser Stelle erinnere ich daran, dass es den Befragten ein Herzensanliegen ist, dass sie im Religionsunterricht zu ihrem Glauben stehen und ihn authentisch zeigen können (bei einem schon genannten Mittelwert von 3,76) und auch ihre Schülerinnen und Schüler wissen sollen, welcher Konfession die Lehrkraft angehört (bei einem ebenfalls schon genannten Mittelwert von 3,61). Also liegt den Befragten sowohl an Authentizität im Glauben, und zwar ausdrücklich im Religionsunterricht, als auch am Wissen der Kinder um die Konfession der Lehrkraft. Dennoch teilen sie die Einschätzung, der Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen fordere sie zu konfessioneller Authentizität heraus, zwar mehrheitlich, aber eben in deutlich geringerem Maße. Lässt dieser
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Befund wiederum darauf schließen, dass sie in gemischten Gruppen andere Prioritäten setzen und konfessionelle Authentizität für nachgeordnet halten? »… fordert die Kinder zu konfessioneller Identitätsbildung heraus.« (Frage 21d) Hier bewegen sich die meisten Einschätzungen im Mittelfeld, insgesamt halten sich die unterschiedlichen Tendenzen weitgehend die Waage, wie auch der Mittelwert von 2,47 zeigt. Erneut zeigt sich, dass die Befragten sich zur Identitätsbildung, zumal zur konfessionellen, der ihnen anvertrauten Kinder vorsichtiger äußern als zu anderen Themen. Zwar sei an die Auskunft erinnert, wonach konfessionsspezifische Inhalte stärker in gemischten als in homogenen Lerngruppen vorkommen, aber unentschieden bleibt in der Einschätzung der Befragten, ob der Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen zu konfessioneller Identitätsbildung herausfordert. Zugleich sei auch die Einschätzung der Befragten in Erinnerung gerufen, dass Kinder in einer konfessionell homogenen Lerngruppe ihre eigene religiöse Identität nicht leichter entwickeln als Kinder in einer konfessionell gemischten Lerngruppe. »… erleichtert anders und gar nicht religiös gebundenen Kindern die Teilnahme.« (Frage 21e) Hier fällt die Zustimmung mit einem Mittelwert von 3,13 ähnlich eindeutig aus wie bei der Frage, ob der Erhalt des Klassenverbands auch im Religionsunterricht die Gemeinschaft der Schülerinnen und Schüler stärke. »… verlangt eine intensivere Vorbereitung als der Religionsunterricht in konfessionell getrennten Gruppen.« (Frage 21f) Hier sind die Einschätzungen sehr ausgewogen, der Mittelwert liegt bei 2,52. Dass einige Lehrkräfte einen erhöhten Vorbereitungsbedarf konstatieren, mag daran liegen, dass es an Materialien für gemischte Lerngruppen fehlt, worauf die in der qualitativen Forschung befragten Lehrerinnen hinweisen. »… bietet Kindern, deren Eltern verschiedenen Konfessionen angehören, die Chance, beide Konfessionen kennenzulernen.« (Frage 21 g) Hier fällt die Zustimmung deutlich aus, der Mittelwert liegt bei 3,17.
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Abb. 21: Besonderheiten des Religionsunterrichts in gemischten Gruppen
Im Zentrum dieses Projekts stehen Fragen konfessioneller Koope ration und der Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen. Viele Lehrkräfte machen gleichwohl darauf aufmerksam (offene Frage 65), dass in gemischten Gruppen zwar getaufte, aber dennoch religiös kaum erkennbar sozialisierte Kinder zusammenkommen, auch viele ungetaufte Kinder und solche, die dem Islam angehören, zudem buddhistisch und hinduistisch orientierte Kinder sowie Sikhs. Sie verweisen einerseits auf die Schwierigkeiten, die mit dem Umgang mit heterogenen Gruppen verbunden sind, andererseits aber auch darauf, dass ungetaufte Kinder sich gemischten Lerngruppen zugesellen, während eine konfessionelle Trennung der Lerngruppen dazu führe, dass Eltern für ihre ungetauften Kinder auf Ethik-Unterricht bestehen. Vor diesem Hintergrund bedeuten gemischte Lerngruppen nicht nur eine Herausforderung für die Pluralitätsfähigkeit aller Beteiligten, sondern auch eine Chance für den Austausch mit ungetauften Kindern. Insgesamt zeichnen sich für den Religionsunterricht in gemischten Lerngruppen deutlich mehr Chancen als Grenzen ab. »Ich wünsche mir, dass die katholische Kirche den Religionsunterricht in konfessionell gemischten Gruppen genauso wertschätzt wie denjenigen in konfessionell getrennten Gruppen.« (Frage 47) Dieser Aussage stimmen 66,0 % der Befragten voll und ganz zu, so dass sich ein hoher Mittelwert von 3,54 ergibt. Dieses eindeutige
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Votum und die starke Hoffnung der Lehrpersonen auf Rückenwind durch die katholische Kirche erinnern an den Befund, wonach den Befragten die Wertschätzung konfessioneller Kooperation durch ihre Kirche ebenfalls enorm wichtig ist. 3.2.9 Aus- und Fortbildung »Wurden Sie in Ihrer beruflichen Ausbildung (Studium, Referen dariat, Ausbildung, Fernkurs etc.) auf den Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen vorbereitet?« (Frage 9) Hier fällt die Resonanz eindeutig aus, indem 227 Personen, also 93,4 % der Befragten, mit einem schlichten Nein antworten. Lediglich Einzelne verweisen auf das eine oder andere Seminar, das sie dazu während ihres Studiums oder zu einem späteren Zeitpunkt besucht haben.
Abb. 22: Vorbereitung auf den Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen
»Wünschen Sie sich Fortbildungen für Ihren Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen?« (Frage 16) Diesen Wunsch äußern 67,9 % der Befragten, die ihrerseits jeweils mehrere Bitten vorbringen. Dieser Prozentsatz umfasst nahezu die gesamte Zahl derer, die mit konfessionell gemischten Gruppen arbeiten.52 52 186 Personen haben bereits konfessionell gemischte Lerngruppen oder Lerngruppen im Klassenverband unterrichtet und dabei in sehr unterschiedlich großen Zeiträumen Erfahrungen gesammelt, und 165 Personen wünschen
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Unter denen, die hier Bedarf sehen, plädieren 78,2 % für Fort bildungen zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen, 65,5 % für gemeinsame Fortbildungen mit Religionslehrkräften anderer Konfessionen, 52,1 % für Fortbildungen zum Religionsunterricht im Klassenverband. Es folgen Fortbildungswünsche zum Thema »Gemeinde und Kirche« (33,3 %), zur Rolle der Lehrkraft in konfessionell gemischten Lerngruppen (30,9 %) und zu konfessioneller Kooperation (27,9 %), schließlich zu den Themen »Taufe« (22,4 %), »Heilige« (17,6 %) und »Martin Luther« (17,6 %).
Abb. 23: Fortbildungswünsche
Fortbildungsbedarf zeichnet sich unter pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso deutlich ab wie unter Grundschullehrerinnen und -lehrern. Berufsgruppenspezifische Besonderheiten ergeben sich lediglich bei dem vorrangigen Wunsch nach Fortbildungen zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen, denn dieser ist unter den Grundschullehrerinnen und sich Fortbildungen für ihren Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen.
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-lehrern nochmals stärker ausgeprägt als unter ihren Kolleginnen und Kollegen aus der Pastoral, die dieses Anliegen aber ebenfalls mit großer Mehrheit vorbringen. Offenbar machen Unterschiede für die Befragten Unterschiede, denn wie sonst käme das Ergebnis zustande, dass die Befragten zwar Wissen zu verschiedenen Konfessionen vermitteln wollen, sich aber womöglich nur im eigenen Glauben gut auskennen; wie sonst würde verständlich, dass sie das Beten je nach Lerngruppenzusammensetzung in unterschiedlichem Maße praktizieren; wie sonst würde sich zeigen, dass in konfessionell gemischten Gruppen konfessionelle Besonderheiten stärker zum Zuge kommen als in konfessionell getrennten Gruppen; wie sonst wäre der Wunsch der Befragten nach Fortbildungen zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen so stark ausgeprägt? Dabei erscheint es nicht nur mir unerlässlich, dass nicht allein Fortbildungen, sondern auch einschlägige Ausbildungsgänge zukünftig eine konfessionell-kooperativ verantwortete Gestalt finden, wie dies mancherorts auch schon geschieht (Benk u. Wiemer, 2017).
3.3 Reflexionen 3.3.1 Professionalität und Konfessionalität Zu Fragen konfessioneller Kooperation liegen aus verschiedenen Regionen reichhaltige Erfahrungen und auch Evaluationen vor. Zum exemplarischen Vergleich mit unserer eigenen Studie erinnere ich an die Pioniere in Baden-Württemberg (Schweitzer u. Biesinger, 2002). Aufgrund einer Vereinbarung der Kirchen (Evangelische Landeskirche in Baden, Evangelische Landeskirche in Württemberg, Erzdiözese Freiburg u. Diözese Rottenburg-Stuttgart, 2005, S. 5) wurden konfessionell gemischte Lerngruppen gebildet und im Wechsel von evangelischen und katholischen Religionslehrkräften unterrichtet. Dabei pflegen Lehrerinnen und Lehrer einen schuleigenen Umgang mit Religion, der sich an der Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler ausrichtet. Ihre Professionalität verdrängt nicht ihre Konfessionalität, aber zumindest in ihren Selbstauskünften halten die dazu in Baden-Württemberg befragten Lehrpersonen ihre beruf-
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lichen Ansprüche und ihre eigenen konfessionellen Verwurzelungen offenbar getrennt (Feige u. Tzscheetzsch, 2005, S. 20). Im Unterschied dazu zeigt sich in der Unterrichtspraxis der bereits zu früheren Zeiten Befragten, dass sie ihre biografisch und sozialisatorisch geprägte konfessionelle Identität in den Unterricht doch eingebracht haben. Weniger ein bewusst gewählter Umgang mit Konfessionalität bestimmte also, wie konfessionell der Religionsunterricht war, sondern die oft unbewusste persönliche Konfessionalität. Am Ende jenes Grundschulprojekts konnte so manche Lehrerin sagen, ihr sei gar nicht bewusst gewesen, wie katholisch sie sei (Schweitzer, Biesinger, Conrad u. Gronover, 2006, S. 139). An diese Befunde fühle ich mich jetzt erinnert: Auch bei uns zeigt sich in der Selbsteinschätzung der Lehrpersonen eine Zurückhaltung bei etlichen Fragen zur Konfessionalität, und im Kontrast dazu weisen auch unsere videografierten Unterrichtskonsequenzen deutliche konfessionelle Konturen von Lehrpersonen auf, die diese selbst erst im Nachhinein als solche wahrnehmen. Am Ende auch dieses Grundschulprojekts kann so manche Lehrerin sagen, ihr sei gar nicht bewusst gewesen, wie katholisch sie sei. Den in Baden-Württemberg durchgeführten Evaluationen zufolge kommen die Lehrkräfte zum Schluss, dass konfessionelle Kooperation unterschiedliche Traditionen nicht einebnet, sondern allererst wahrund ernst nehmen lässt. Team-Teaching, also ein von zwei Lehrkräften mit unterschiedlicher Konfessionszugehörigkeit gemeinsam erteilter Religionsunterricht, wissen sie als besonders wirkungsvoll zu schätzen, ebenfalls die mit konfessioneller Kooperation einhergehende Stärkung ihres Faches und der Rolle, die es in der Schulkultur und für die Schulentwicklung spielt. Darin sehe ich eine Ermutigung für alle Beteiligten, aber auch die Notwendigkeit, den Lehrerinnen und Lehrern in Aus- und Fortbildung die Auseinandersetzung mit neu aufbrechenden theologischen und religionsdidaktischen Fragen anzubieten. 3.3.2 Pluralität und Religiosität Lehrerinnen und Lehrer haben ein Recht auf Unterstützung in ihrer Sendung und auf weitere Qualifizierung. Wie bereits in der Dokumentation früherer Forschungen aufgewiesen, konstituiert sich im
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Zueinander von gelebter und gelehrter Religion ein Drittes, bedingt dadurch, dass Religion in der Schule in ganz spezifischer Reflexionsgestalt zur Sprache kommt, gleichsam als gebildete Religion, die in Erscheinung tritt, wenn Lehrpersonen auf gelebte und gelehrte Religion in je eigener und eigens reflektierter Weise Bezug nehmen. Und je mehr auch jüdischer und islamischer Religionsunterricht erteilt wird, desto unausweichlicher stellen sich auch hier Fragen der Kooperation. Im Sinne einer Didaktik der Perspektivenverschränkung in ge mischten Lerngruppen gestaltet sich konfessioneller Unterricht dann nicht bekenntnisförmig, sondern bekenntnisbildend. Es wird dann auch Materialien brauchen, die solchen veränderten Ansprüchen genügen, wie mir immer dann deutlich wird, wenn ich als Mitglied der Schulbuchkommission der Deutschen Bischofskonferenz meiner Verpflichtung nachkomme. 3.3.3 Konfessionalität und Positionalität Jüngst erkundigte sich ein evangelischer Junge, der an einer katho lischen Mainzer Schule den evangelischen Religionsunterricht besucht, bei mir danach, ob denn auch die katholischen Kinder von Martin Luther erfahren. Ich freute mich über sein Interesse und spürte, dass er damit ein echtes Anliegen artikulierte, wie unter umgekehrtem Vorzeichen auch katholische Konfessionsspezifika ihr Recht haben. So bin ich selber noch ganz beseelt von einer Lichterprozession, an der ich mich jüngst in Lourdes beteiligte. Und doch meine ich, dass die Frage nach Konfessionalität nicht allein an der Wahl von Themen hängt, nicht allein an Martin und Maria. Entscheidend erscheint mir für die Konfessionalität des Unterrichts, die unter katholischen Vorzeichen anders aussieht als unter evangelischen oder jüdischen oder muslimischen, die Option, eine spezifische religiöse Tradition als die Quelle zu verstehen, die Prozesse religiöser Bildung zu inspirieren und Anreize zu einer eigenen Positionierung zu schaffen vermag, auf dass Schülerinnen und Schüler in der Vielstimmigkeit ihrer Welt zur eigenen Stimme finden. Sie lernen mündig mit der grundgesetzlich verankerten Religionsfreiheit umzugehen. Eine solche Bewegung kann aber nur einsetzen, wenn religiöse Phänomene, Symbole, Bilder und Geschichten in ihrem inneren Zusammenhang lesbar, aus einer Innenperspektive
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rekonstruierbar und nicht nur durch Außenperspektiven dekonstru ierbar werden, so wichtig auch diese für konfessionell kooperative und interreligiöse Lernprozesse sind – im dialogischen Zusammenspiel von Perspektivenwechsel und Positionalität (Englert, 2013c). Bei Perspektivenwechsel und Positionalität denke ich an eigene Erfahrungen mit Team-Teaching, die mir didaktisch wertvoll wurden: Mit einer evangelischen Kollegin hatte ich einmal vereinbart, dass wir beide in derselben gemischten Lerngruppe Unterrichtseinheiten zum Thema »Kirche« gestalten und nach unseren beiden konfessionell geprägten Durchgängen eine dritte Phase anschließen würden, in der wir beide zusammen mit dieser Lerngruppe Gemeinsamkeiten und Unterschiede unserer Kirchenbilder ausmalen wollten. Am Ende regte meine Kollegin spontan eine Abstimmung darüber an, wer in der Klasse welches Bild für das plausiblere hielt; das Ergebnis erstaunte mich und enttäuschte sie, aber entscheidend kommt mir Folgendes vor: Die Positionierungen in der Klasse wurden auch in den Augen der Schülerinnen und Schüler nur möglich, weil sie sich mit zwei Zeugnissen auseinandersetzen konnten und mussten. 3.3.4 Regionalität und Kontextualität Das Grundgesetz verlangt die Übereinstimmung mit den Grund sätzen der Religionsgemeinschaften, aber es brandmarkt weder konfessionelle Zusammenarbeit noch interreligiöse Bildung. All denen, die im weiten grundgesetzlichen Rahmen an zukunftsträchtigen Konzepten arbeiten, darf nicht unterstellt werden, dass sie das Grundgesetz aushöhlen oder abschaffen wollten. Meiner Lesart zufolge erlaubt das Grundgesetz gegenüber den klassischen Formen des Religionsunterrichts, die in vielen Regionen heute gar nicht praktiziert werden können, mehr und anderes. Die am 22. November 2016 veröffentlichten Empfehlungen der deutschen Bischöfe für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht lassen – endlich – Rückenwind für Modelle der Kooperation aufkommen, die regional und kontextuell und nicht mehr bundeseinheitlich abzustimmen sind. Wie bereits ausgeführt, verabschieden sie sich vom flächendeckend normierenden Bild der konfessionellen Homogenität der Lerngruppen.
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Deren veränderte Zusammensetzung »hat in einem schülerorientierten Unterricht Auswirkungen auf die Ziele, die Inhalte und die Gestaltung des Religionsunterrichts, die es theologisch und religionsdidaktisch zu bedenken gilt« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 18; Verhülsdonk, 2017; Orth, 2017a; Woppowa, 2017b; Lindner, 2017a; Zentralkomitee der deutschen Katholiken, 2017), wie die Bischöfe in ihrem Plädoyer für konfessionsbewussten und differenzsensiblen, perspektivenverschränkenden und zu eigener Positionierung befähigenden Unterricht formulieren. Da rauf sei erneut hingewiesen. Damit der bischöfliche Rückenwind auch für Lehrerinnen und Lehrer spürbar bleibt, braucht es Veränderungen in Aus- und Fortbildung, und zwar nicht nur für konfessionell-, sondern womöglich analog auch für religionskooperativen Unterricht. Ganz praktisch erscheint mir – auch vor dem Hintergrund unserer Unterrichtsforschung – für die religiöse Bildung die Differenzierung von personaler und sozialer Identität wichtig (Gennerich u. Mokrosch, 2016, S. 167 ff.): Spreche ich als Lehrer eine Schülerin als Muslima an, als Expertin und Sprecherin für ihre Religion, laufe ich dann nicht – wenn auch ungewollt – Gefahr, unter Rückgriff auf soziale Identitäten, so wichtig sie auch sind, Abgrenzungen gegen andere Religionen und damit Ausgrenzungen zu begünstigen, jene Muslima gegen ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zu stellen? Frage ich eine Schülerin dagegen nach ihrem persönlichen Erleben, können dann nicht individuelle Gemeinsamkeiten über Religionsgrenzen hinweg und zugleich Unterschiede innerhalb einer scheinbar homogenen Religionsgruppe aufscheinen und personale Identitäten gerade deshalb wachsen, weil ein Raum entsteht, in dem nicht Gruppenidentitäten auf Kosten anderer Gruppen festgeklopft werden, sondern etwa auch Zweifel ihr Recht bekommen? Was sich interreligiös besonders deutlich zeigt, gilt analog für konfessionelle Kooperation. 3.3.5 Konfessionalität, Kooperation, Kontextualität Fast zeitgleich – aber nicht nur im Datum seiner Veröffentlichung den bischöflichen Empfehlungen nahe stehend – erscheint am 19. Dezember 2016 das ökumenisch verantwortete Positionspapier
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von Religionspädagoginnen und Religionspädagogen aus Forschung und Lehre unter dem Titel »Konfessionell, kooperativ, kontextuell – Weichenstellungen für einen zukunftsfähigen Religionsunterricht« (Lindner, Schambeck, Simojoki u. Naurath, 2017, S. 445–448; Orth, 2017b). Diese Stichworte richten sich auf einen religionspädagogischen Konsultationsprozess, der dem Entstehen des Positionspapiers ebenso vorausging wie nachfolgt (Lindner et al., 2017; Woppowa, Isik, Kammeyer u. Peters, 2017). Konfessionalität ist in den bischöflichen Empfehlungen bildungstheoretisch verankert: »Der katholische Religionsunterricht ist ein schulischer Religionsunterricht, der im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrags der öffentlichen Schule erteilt wird.« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 12) Gerade dank seiner Konfessionalität können Schülerinnen und Schüler lernen, einen eigenen begründeten Standpunkt einzunehmen und anderen gegenüber zu vertreten. Der Erwerb einer solchen konfessorischen Kompetenz auf der hermeneutischen Grundlage einer bestimmten religiösen Tradition ist ein Qualitätsmerkmal des konfessionellen Religionsunterrichts (S. 11).
Mit der Überzeugung, »dass die nach Geltung und Wahrheit fra gende Auseinandersetzung mit Religion nicht auf die Annahme einer bestimmten Perspektive verzichten kann« (von Stosch, 2017, S. 62), verbindet sich die Chance, »Pluralität und Alterität nicht nur zu tolerieren, sondern sogar wertzuschätzen« (S. 75; Simon, 2017). Kooperation war zunächst mit Baden-Württemberg und mit Regionen verbunden, deren Bevölkerung ähnlich stark evangelisch wie katholisch geprägt ist. Eine kooperative Ausrichtung kann aber nicht bundesweit mit ausgewogenen Gewichtungen rechnen, insbesondere nicht in Gegenden einer konfessionsfreien Mehrheitskultur. Im Religionsunterricht miteinander zu verschränkende Perspektiven sind in solchen Konstellationen asymmetrisch vertreten, und neben der wichtigen Rolle, die evangelischen und katholischen Kooperationspartnerinnen und -partnern zukommt, dürfen andere christliche Konfessionen, Judentum und Islam, andere Religionen und Weltanschauungen nicht in Nebenrollen abgedrängt werden.
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Dabei bleiben konfessionell- und religionskooperative Initiativen zu unterscheiden, auch wenn sie eingedenk mancher Analogien aufeinander verweisen und die einen wie die anderen mit Heterogenität umgehen und auf Positionalität zielen. Kontextualität markiert vor dem hier skizzierten Hintergrund einen wichtigen Fortschritt, darf aber nicht zu didaktischer Kleinstaaterei führen, sondern braucht bundesweite Verzahnung der heute und in Zukunft in den verschiedenen Regionen Deutschlands präsenten Konstellationen eines kooperativen Religionsunterrichts (Simojoki, 2017). 3.3.6 Religionspädagogische Spiritualität Werte, also Erstrebenswertes, Motivationen und Ziele, an denen Menschen sich ausrichten, und Normen, also handlungsbezogene Setzungen mit einem verbindlichen Anspruch zur Durchsetzung von Werten unter den Bedingungen von Tradition und Kultur, spielen im Religionsunterricht ihre Rolle. Nicht umsonst spielt die Frage nach Zielen auch in unserer Untersuchung eine prominente Rolle. Aber ethische Bildung fällt mit religiöser Bildung nicht zusammen, verwechselt wurden sie oft genug! Religiöse Bildung verstehe ich nicht als besondere Ausstattung des Über-Ich, nicht im Sinne eines wie auch immer verrechenbaren Mehrwerts, sondern in ihrem uneinholbaren Eigenwert: Religiöse Bildung steht unter fremdem Anspruch (Kießling, 2017), von dem ich mich ansprechen, in Anspruch und in Dienst nehmen lassen kann. Religiöse Bildung ist auf Inspiration angewiesen, die nicht aus mir, sondern anderswoher kommt. Diese Inspiration, die mir allenfalls dann zukommt, wenn ich mich unter fremden Anspruch stelle und mich senden lasse, mag auch die Stimmung eines Religionsunterrichts bestimmen, in dem Kolleginnen und Kollegen nicht nur dieses und jenes kundtun, sondern sich selbst kundtun. Schülerinnen und Schüler können dank der Selbstkundgabe ihrer Lehrerinnen und Lehrer zu eigener Selbstkundgabe beziehungsweise zur eigenen Stimme finden – nicht in jeder Stunde, aber in Sternstunden. Unter gutem Stern, unter fremdem Anspruch bin ich anderswo verortet, entwickle ich Mut, leiste ich auch Widerstand.
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Mit diesen abschließenden Worten spiele ich auf die Entwicklung einer religionspädagogischen Spiritualität an, auf die Pflege eines spirituellen Habitus, einer Haltung der Annahme gegenüber dem vielfach Fremden, das nicht nur noch unbekannt ist, weil ich es mir noch nicht vertraut gemacht habe, sondern fremd bleibt, weil es sich meinem Zugriff fortwährend entzieht – getreu der Erfahrung der Emmausjünger in ihrer Begegnung mit jenem Dritten, dem Auferstandenen (Lk 24,31). Spiritualität lässt sich nicht verzwecken, sie entzieht sich jeder Abrichtung. Spiritualität hat keinen Zweck, aber sie wirkt, auch didaktisch. Und angesichts der hohen und vielfältigen Ansprüche, denen Lehrerinnen und Lehrer ausgesetzt sind, kommt es auf die Entwicklung einer Didaktik der konfessionellen Kooperation an, mit Ernst Ferstl wohl wissend, dass der Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Praxis weit größer ist als in der Theorie! Dabei erscheint mir die Pflege eines spirituellen Habitus nicht nur aufgrund der Heterogenität der Lerngruppen unerlässlich, mit denen Kolleginnen und Kollegen konfrontiert sind, sondern auch aufgrund der Heterogenität der Lebenswelten der Lehrpersonen selbst, die in vielfältige kirchliche und gesellschaftliche Bildungsprozesse eingebunden und ihrerseits Suchende sind – und zugleich für die Konfessionalität ihres Unterrichts einstehen, und zwar allein, denn über die Konfessionalität des Unterrichts entscheidet die Konfessionalität der Lehrkraft. So verstehe ich auch die Bischöfe, wenn sie sich mit gemischten Lerngruppen auseinandersetzen und deren Heterogenität religionsdidaktische Wirkungen zeitigen muss. Menschen, die zeigen und erzählen können, wes Geistes Kind sie sind, aus welchem Geist, aus welchem spiritus sie leben, gewähren Einblicke in ihre Spiritualität. Leben im Geist, geistliches Leben zeigt sich inspiriert, begeistert von Kräften und Impulsen, die nicht aus mir selbst kommen und, wenn sie bei mir ankommen, nicht bei mir verbleiben. Ob ich sie weitergebe oder nicht, macht einen Unterschied, und wie ich sie weitergebe, macht ebenfalls einen Unterschied. Vor dem Hintergrund unserer Untersuchung ist mir die Pflege einer religionspädagogischen Spiritualität ein Herzensanliegen, die Auseinandersetzung damit lege ich auch den Leserinnen und Lesern gern ans Herz. Sie kann segensreich wirken.
Stephan Pruchniewicz
4 Machen Unterschiede Unterschiede? Aussichten Mit den empirischen Erhebungen zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen in der Grundschule liegen nun erstmals Daten vor, die dieser in Hessen und anderen Bundesländern seit Jahren etablierten Form des Religionsunterrichts im Hinblick auf seine Wirksamkeit und seine Grenzen eine deutlich erkennbare Kontur geben. Den Umstand, dass diese Gestaltungsform des katholischen Religionsunterrichts über einen langen Zeitraum in der »Schmuddel-Ecke« der Religionspädagogik und der kirchlichen Wahrnehmung festsaß, macht auch das Bischofspapier »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« deutlich, wenn es dort heißt: Von […] Formen einer kirchlich und staatlich geregelten und religionspädagogisch reflektierten Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht ist die unterschiedlich motivierte Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen in manchen Regionen und Schulformen zu unterscheiden. Oftmals werden von den Schulleitungen organisatorische Probleme oder Religionslehrermangel als Gründe angeführt. […] Gemeinsam ist diesen Formen von Religionsunterricht, dass sie in einer rechtlichen Grauzone stattfinden und religionspädagogisch bisher kaum reflektiert und begleitet werden. In diesem Unterricht werden Religionslehrerinnen und Religionslehrer nicht selten mit Fragen konfrontiert, auf die sie in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet wurden. (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 23)
Wie der empirische Befund der Studie »Machen Unterschiede Unterschiede?« belegt, sind die Mängel in der Ausbildung der Religionslehrkräfte evident (vgl. Abschnitt 3.2.9), und zugleich zeigt das Bischofspapier zu Recht auf, dass es Versäumnisse in der religionspädagogischen Reflexion gab und gibt. Auf die Gründe hierfür geht das Papier nicht ein, obgleich diese letztlich auf der Hand liegen: Zu lange wurde der Unterricht in konfessionell gemischten
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Machen Unterschiede Unterschiede?
Lerngruppen nur als Ausnahme betrachtet; ihm wurde ein eigener religionspädagogischer Wert nicht zugesprochen, wollte man doch dem klassischen konfessionellen Religionsunterricht gemäß der Trias nicht ein weiteres eigenständiges und gleichwertiges Format an die Seite stellen. Der Blick auf den Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen war deshalb stets ein defizitorientierter, also einer, der den scheinbaren Mangel gegenüber dem priorisierten Angebot in den Fokus rückte. Die nun vorliegenden Daten erfüllen von daher eine Forderung der Bischöfe, nämlich die nach verstärkter Reflexion dessen, was in diesen Lerngruppen geschieht, und bieten die Möglichkeit einer wirklichen religionspädagogischen und theologischen Akzentuierung dieses Unterrichts. Diese Akzentuierungen anfanghaft vorzunehmen, ist das Ziel der folgenden Abschnitte, denn die Ergebnisse der Befragung zeigen ja zunächst nicht mehr, aber auch nicht weniger auf, als dass die mit der Situation einer konfessionell gemischten Lerngruppe konfrontierten Lehrkräfte diese zwar durchaus als Herausforderung erleben, in ihr aber gleichwohl ein bereicherndes Unterrichtssetting sehen. Neben der zu Recht beklagten schlechten Aus- und Weiterbildungssituation bezüglich der Aufgaben, die ein solcher Unterricht mit sich bringt, machten die befragten Lehrkräfte unmissverständlich deutlich, dass ihnen auch eine konfessionelle Profilierung und eine religiöse Identitätsbildung in einem solchen unterrichtlichen Kontext selbstverständlich möglich scheinen und diese nach ihrer Wahrnehmung auch tatsächlich stattfinden (vgl. Abschnitt 3.2.3 der vorliegenden Studie). Um der Versuchung zu widerstehen, jetzt den Bewertungsmaßstab für den Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen einfach zu verändern und das, was lange suspekt war, nun als einen gangbaren oder wünschenswerten Weg zu deklarieren, gilt es deshalb an dieser Stelle auf der Grundlage des empirischen Befundes einige weiterführende Fragen zu skizzieren. Ganz grundsätzlich muss die Frage geklärt werden, was in der Praxis ein Religionsunterricht in »ökumenischem Geist« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 10) oder in »ökumenischer Offenheit« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1996, S. 79) wirklich bedeutet. Wenn auch der Religionsunterricht in
Aussichten115
konfessionell gemischten Lerngruppen ein konfessioneller sein soll, dann sollte dieser konfessionelle Anspruch auch für alle beteiligten Schülerinnen und Schüler verwirklicht werden, denn andernfalls besteht die Gefahr, dass er lediglich ein konfessioneller Unterricht mit konfessionskundlicher Anreicherung bleibt. Inwiefern ist es für den Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen von Bedeutung, dass der Religionsunterricht für viele Schülerinnen und Schüler die Erstbegegnung mit dem christlichen Glauben und mit der eigenen Konfession darstellt? Heißt das, ein konfessionelles sowie ökumenisches Bewusstsein entstehe bestenfalls erst durch den Unterricht? Wie lässt sich dieses voraussetzungslos für alle beteiligten Schülerinnen und Schüler konturieren? Was ist das Ziel eines Unterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen oder auch in anderen kooperativen Settings im Kontext der schulischen Bildung insgesamt? Anders formuliert: Welche religiöse und konfessionelle Bildung ist wirklich aus welchem Grund für wen und wann notwendig bzw. wünschenswert? Wie kann vermieden werden, dass eine Stärkung des Unterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen oder in kooperativen Modellen nur als Rettungsversuch für den Religionsunterricht wahrgenommen wird, der ansonsten – zumindest in einigen Regionen – mangels Nachfrage aus der Schule verschwinden würde? Auch in diesem Zusammenhang ist eine Profilierung dieser Unterrichtsangebote gegenüber dem klassischen konfessionellen Religionsunterricht geboten. Kritisch zu hinterfragen ist auch, ob mit den bisherigen Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Religionsunterrichts die religiöse und konfessionelle Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler ausreichend in den Blick genommen wird. Trägt der Religionsunterricht der zunehmenden Auflösung des konfessionellen Bewusstseins in der Gesellschaft ausreichend Rechnung, oder erliegen die Verantwortlichen weiter der Versuchung, sich diesen Kontext schönzureden, um am bisherigen Unterrichtsangebot nicht wirklich etwas verändern zu müssen? Obgleich im Zusammenhang einer verstärkten Kooperation zwischen den großen christlichen Kirchen ökumenische Aspekte unzweifelhaft eine gewichtige Rolle spielen, bleibt doch bezüglich der religiösen Bildung in der Schule
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Machen Unterschiede Unterschiede?
die Frage, ob hier für die zukünftige Entwicklung des Religionsunterrichts der richtige Schwerpunkt in einer Gesellschaft gesetzt wird, die viel stärker von religiöser Pluralität und von säkularen Phänomenen geprägt ist als von konfessionellen Auseinandersetzungen. Leben die Schülerinnen und Schüler wirklich in einer Welt, in der konfessionelle Unterschiede noch eine derartige Rolle spielen, dass sie zum Schwerpunkt einer Weiterentwicklung des religiösen Bildungsangebotes in der Schule werden können? Die Ausgangsüberlegung der Studie, nämlich ob Unterschiede Unterschiede machen, bleibt daher auch über den empirischen Befund hinaus virulent. Die Konsequenzen, die sich aus den positiven Einschätzungen zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen ergeben, verlangen eine Profilierung dieses Unterrichtssettings, das die verschiedenen Unterschiede und Unterschiedlichkeiten als wirkliche Ressource für die religiöse und konfessionelle Bildung von Schülerinnen und Schülern erkennt und nutzt und sie nicht länger primär als Hemmnis hierfür wahrnimmt.
4.1 Machen Unterschiede Unterschiede? Ja! Unterschiede machen Unterschiede, weil diese Feststellung die Grundvoraussetzung ist, um einen positiven ressourcenorientierten Zugriff auf die Situation heterogener Schülergruppen zu bekommen. Die Unterschiedlichkeit in der konfessionellen Herkunft, die Unterschiedlichkeit in der religiösen und konfessionellen Sozialisation, die Unterschiedlichkeit in der religiösen und konfessionellen Sprachfähigkeit und die Unterschiedlichkeit in der Bereitschaft, sich überhaupt der Frage nach Gott zu stellen, können zu einer Dynamisierung des unterrichtlichen Geschehens führen, die durch eine vorausgesetzte, oftmals nur durch Zuweisung erfolgte Homogenität einer Lerngruppe so nicht zu erreichen ist. Die Schülerinnen und Schüler können und sollen sich zunächst gemäß ihrer je eigenen Voraussetzungen mit den angebotenen Inhalten des Unterrichts auseinandersetzen. Dadurch ergibt sich für alle Beteiligten ein sichtbarer und erfahrbarer mehrperspektivischer Zugriff auf den jeweiligen Unterrichtsgegenstand, der dadurch in seiner möglicherweise vorhandenen Vielschichtigkeit deutlicher zutage tritt. Gerade zu diesem
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Punkt ist auf den Synodenbeschluss zu verweisen, der die Unterscheidung »zwischen schulischem Religionsunterricht und Katechese in der Gemeinde« (Bertsch et al., 1976, S. 120) stark macht und damit den Religionsunterricht in seiner auch in kirchlichen Bezügen geltenden Eigenständigkeit begründet. Zur Begründung dieser Trennung zwischen Katechese und Religionsunterricht verweist die Synode bereits vor über vierzig Jahren auf die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, wenn sie feststellt, dass dieser Unterricht ganz verschiedenen Schülertypen gerecht werden soll: denen, die eine lebensmäßige Beziehung zum Glauben haben, jenen, denen eine solche Beziehung fehlt, obschon sie danach suchen, und derjenigen Gruppe, die eine solche Beziehung nicht will (S. 130). Das bedeutet, dass die Synode selbst unter den katholischen Schülerinnen und Schülern eine Heterogenität postuliert, die dazu führt, dass »der notwendige Erfahrungs- und Verständnishorizont für einen Religionsunterricht, der sich als Einübung in den Glauben versteht« (S. 130), fehlt. An dieser Haltung kann auch der Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen anknüpfen, indem er den je individuellen Verstehens- und Fragehorizont der Schülerinnen und Schüler als so gegeben akzeptiert und sich stets bewusst bleibt, dass es auch unter dem Anspruch eines konfessionell profilierten Unterrichts zukünftig nicht um eine verkappte Rekatechetisierung des Religionsunterrichts gehen darf. Auf das Vorhandensein derartiger Tendenzen wies Stefan Schmitz schon 2004 hin, indem er dem nachsynodalen Religionsunterricht den Vorwurf macht, diese scharfe Trennung des Schulfaches Religion und der Katechese permanent verwischt zu haben. »Gegen die Synode«, so Schmitz, ist offenbar mancher mit RU als Evangelisation […], gewollt oder ungewollt, wieder in das alte Fahrwasser einer Veranstaltung Kirche in der Schule zurückgerudert – und auch dies wiederum gegen Würzburg und die Vorgaben der Verfassung (Schmitz, 2004, S. 27).
Mit dem Wahr- und Ernstnehmen der heterogenen Ausgangssitu ation und unter Vermeidung eines als Subtext mitlaufenden kate chetischen Anspruchs an den Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen ist aber den vorhandenen Unterschieden
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noch nicht hinreichend Rechnung getragen. Gerade in konfessionell gemischten Lerngruppen lauert die Gefahr, die Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler sozusagen durch die Hintertür wieder einzuholen, d. h. die Lerngruppe dann doch wieder in homogene Teilgruppen aufzugliedern. Das heißt, aus den individuellen Schülerinnen und Schülern, die mit ihren je eigenen Vorprägungen am Unterricht teilnehmen, werden Schülergruppen – die katholischen Schüler, die evangelischen Schüler, die konfessionslosen Schüler – subsumiert. Bis zu einem gewissen Grad ist dies mit Blick auf den konfessionellen Anspruch des Unterrichts auch sicher notwendig und richtig. Was aber nicht geschehen darf, ist ein aufoktroyiertes Expertendasein der Schülerinnen für die Konfession, der sie angehören. Die von der Synode vorgenommene Binnendifferenzierung auch katholischer Lerngruppen muss weiter Geltung behalten. Auf diesen Umstand macht Thorsten Knauth im Rahmen seiner Forschungen zum dialogischen Lernen im Religionsunterricht aufmerksam. Er spricht von einem Weg der Selbstethnisierung hin zur individuellen Wahrnehmung, auf dem die Schülerinnen und Schüler begleitet werden müssen und der letztlich auch über den Erfolg oder Misserfolg dialogischer Unterrichtsprozesse in heterogenen Lerngruppen entscheidet. Die Lehrenden sollten nicht nur jede Form der konfessionellen und religiösen Zuschreibung vermeiden, sondern alle Prozesse fördern, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, dem zugewiesenen oder auch selbstgewählten Expertenstatus zu entkommen. »Die klassische Eröffnungsformel für diese Selbstzuschreibung lautet […]: Bei uns ist es so … Genauso war aber zu beobachten«, so Thorsten Knauth zu seinen Unterrichtsbeobachtungen zum dialogischen Lernen, dass mit zunehmender Erfahrung in den Gesprächen die Neigung der Schüler, sich auf ein abstraktes Wir zurückzuziehen, abnahm und stattdessen stärker auf ein persönliches Ich rekurriert wurde. Statt: Bei uns ist es so … hören wir nun eher individuelle Stimmen: Ich finde oder Ich habe erlebt oder erfahren (Knauth, 2017, S. 205; vgl. Abschnitt 3.3.4 der vorliegenden Studie).
Den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, »zur eigenen Stimme zu finden« (Kießling, 2004), und diese Möglich-
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keit durchgängig im Unterricht zu erhalten, muss ein wichtiges Grundmerkmal des Unterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen sein. Dazu ist es notwendig, die vorhandenen Unterschiede nicht vorschnell zu nivellieren. Vielmehr kann der Unterricht als Begegnung mit bleibend anderen verstanden werden, eine Begegnung, die sich mit dem von Emmanuel Lévinas geprägten Begriff der »Nicht-In-Differenz« beschreiben lässt. Damit beschreibt Lévinas einen Zustand, in dem die gegebene individuelle Einmaligkeit nicht zugunsten einer Gleichgültigkeit der Beteiligten aufgelöst werden kann. Auch innerhalb eines gleichgültigen Merkmales – im hier behandelten Kontext etwa dem einer Konfession – muss mit Lévinas die Nicht-Gleichgültigkeit der Individuen betont werden, weil nur durch den Erhalt bzw. die Akzeptanz dieser NichtGleichgültigkeit Begegnung mit dem anderen im eigentlichen Sinne möglich wird. Sie wird möglich, weil er in seiner Andersheit nicht in Frage gestellt wird. Für den Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen oder anderen kooperativen Unterrichtsangeboten zeigt diese Überlegung auch, wie wichtig es ist, nicht nur mögliche Inhalte etwa in ihrer konfessionellen Ausprägung oder Bedeutung authentisch in den Unterricht einzuspielen, sondern dass die Begegnung mit ihnen und mit den Menschen, seien sie nun Lehrende oder Lernende, für die sie eine Relevanz haben, nur wirklich zu einem Dialog führen, wenn das Gegenüber nicht vorschnell auf das scheinbar Gemeinsame reduziert wird. Das heißt mit anderen Worten, dass die Unterschiede dauerhaft Unterschiede machen müssen, will man den geforderten religiösen und ökumenischen Dialog (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 31) zu mehr machen als zu einem ganz und gar der Korrelationsdidaktik verschriebenen Unterrichtssetting. Bleibende Unterschiedlichkeit, die in der Gestaltung und inhaltlichen Ausformung des Religionsunterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen und ähnlichen kooperativen Modellen auch zukünftig einen Unterschied machen kann – und gemäß einer ressourcenorientierten Betrachtung machen muss –, besteht vor allem auch in der Verschiedenheit der je vorhandenen Entwicklungsgeschichte der Religionsfächer. Diese unterschiedlichen Traditionen
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dürfen in einem gemeinsamen kooperativen Ansatz, wie immer er im Einzelnen aussieht, nicht einfach ignoriert oder zu Gunsten einer der Traditionen eingeebnet werden. Dass die evangelische und die katholische Tradition bezüglich der Grundausrichtung und Zielsetzung des Religionsunterrichts durchaus unterschiedlich sind bzw. verschiedene Entwicklungen zumindest nicht zeitgleich stattfanden, lässt sich etwa an der jeweils ausdrücklich formulierten Bereitschaft der Kirchen, den von ihnen verantworteten Religionsunterricht auf andere hin zu öffnen, aufzeigen. So kann man im katholischen Kontext darauf verweisen, dass durch Gravissimum educationis (1965), die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über die christliche Erziehung, der katholische Religionsunterricht als eigenständiges Fach in der öffentlichen Schule Kontur annahm. Zwar spricht das Konzil nicht expressis verbis vom Religionsunterricht, indem es aber den katholischen Schülerinnen und Schülern auch den Besuch nichtkatholischer Schulen zugestand und ihnen die »besondere Zuneigung und Hilfe« (Gravissimum educationis 7,1) der Kirche in dieser Situation zusicherte, gewann auch der katholische Religionsunterricht einen Platz im säkularen Schulsystem, der von der Kirche zukünftig gewollt und gefördert werden sollte. Das implizierte auch den Umstand, dass sich der katholische Religionsunterricht von da an im Bereich öffentlicher schulischer Bildung, der oftmals eben auch ein säkularer war, bewähren und legitimieren musste. Dass sich der Unterricht auch über das Konzil hinaus weiterhin überwiegend als Katechese verstand, führte dann zu der Legitimationskrise, der sich die Würzburger Synode (1971 bis 1975) in ihrem Beschluss zum Religionsunterricht für die Bistümer der Bundesrepublik Deutschland stellte. Neben der bereits oben erwähnten binnendifferenzierenden Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler sowie dem Herauslösen des Religionsunterrichts aus dem Feld der Katechese formuliert die Synode erstmals die Möglichkeit von Kooperationen zwischen den Konfessionen. Als Begründung führt der Synodentext an, dass es in der »gegenwärtigen kirchlichen und bildungspolitischen Situation […] weder angebracht noch möglich [ist; S.P.], starr und absolut am Konfessionalitätsprinzip des Religionsunterrichts festhalten zu wollen« (Bertsch et al., 1976, S. 146). Konkretisiert bedeutete dies für die Synode,
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dass Kooperationen zwischen den Konfessionen bei bestimmten Themen empfohlen werden, aber auch Modellversuche oder Ausnahmesituationen ein Grund dafür sein können, das Konfessionalitätsprinzip zu modifizieren. Bei der Verwirklichung der genannten Möglichkeiten sind die Wünsche und berechtigten Interessen der Schüler und ihrer Erziehungsberechtigten ein wichtiger Maßstab (Pruchniewicz, 2016, S. 53).
Im Anschluss an die Synode hätte erwartet werden können, dass der katholische Religionsunterricht bereits in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein facettenreiches und den jeweiligen regionalen Bedingungen angepasstes Gesicht bekommt. Letztlich blieb aber der Unterricht gemäß der Trias das bestimmende Modell, und die von der Synode angebotenen Kooperationsmöglichkeiten blieben Einzelfälle. Schulformspezifische, jedoch religionspädagogisch und theologisch wenig reflektierte Ausnahmen hiervon gab es jedoch im Bereich der Förderschulen und der beruflichen Bildung. Hier setzte sich auch im katholischen Religionsunterricht zunehmend ein Unterricht für alle durch, also für alle Schülerinnen und Schüler, die an diesem Unterricht teilnehmen wollten. Prägend für die vergangenen beiden Jahrzehnte wurde dann »Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts« (1996; vgl. die Abschnitte 1 und 2.1.1 des vorliegenden Bandes). Zu dieser Schrift der deutschen Bischöfe ist festzuhalten, dass sie auf der einen Seite eine Fülle tragfähiger Überlegungen zum Bildungsauftrag des katholischen Religionsunterrichts und zu seiner Konfessionalität vorlegt, auf der anderen Seite aber in der Beschreibung der Gesamtsituation des Unterrichts und seines Umfeldes zu sehr das Negative betont und das Verhältnis zwischen Katechese und religiöser Bildung in der Schule nicht deutlich genug konturiert (Pruchniewicz, 2016, S. 97).
Dazu zählt auch, dass die von der Synode angeregten Modifizierungen des Konfessionalitätsprinzips mehr oder minder zurückgewiesen werden. Pointiert kommt das in der thetischen Zusammenfassung des Textes zum Ausdruck:
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Kirchliche Identität in ökumenischer Offenheit ist und bleibt das Kennzeichen des Religionsunterrichts, der […] den pädagogischen und religiösen Erfordernissen in der pluralistischen Gesellschaft am besten gerecht wird. Die konfessionelle Zusammenarbeit ist unter diesen Voraussetzungen im Unterricht und in den sonstigen schulischen Bereichen zu begrüßen. Den verschiedenen Konzepten eines Religionsunterrichts, die auf eine gemeinsame Gestaltung und Verantwortung für den Religionsunterricht abzielen, kann deshalb ebensowenig zugestimmt werden wie den Modellen eines auf Religions- und Lebenskunde reduzierten Unterrichtes (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 1996, S. 79 f.).
Vor diesem Hintergrund kann die jüngste Schrift der Bischöfe aus dem Jahre 2016, die sich ja ausdrücklich als Empfehlung zur Kooperation versteht, als richtungsweisender Meilenstein in der Weiterentwicklung des katholischen Religionsunterrichts gesehen werden. Trotz der zahlreichen Bezüge zu »Die bildende Kraft des Religionsunterrichts«, die sich im Text der Verlautbarung finden, weist die Schrift »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« deutlich auf die noch zu bearbeitenden und zu bedenkenden religionspädagogischen Felder im Hinblick auf die anstehenden Kooperationen hin. Dabei konturiert sie aber nicht länger mögliche Ausnahmen von einem allgemeingültigen Ideal, sondern versucht die gegebene schulische Realität unter dem Anspruch eines weiterhin konfessionellen Religionsunterrichts einzuholen. So heißt es etwa zur Entwicklung einer Didaktik der Kooperation: Das Verhältnis von konfessioneller Mehrheit und Minderheit in der Lern gruppe, aber auch im weiteren gesellschaftlichen Umfeld und die Folgen für das Unterrichtsgeschehen und für die religiöse Bildung der Schülerinnen und Schüler sind pädagogisch zu bedenken. Es ist darauf zu achten, dass die Erfahrungen und Einsichten der konfessionellen Minderheit in der Unterrichtsgestaltung angemessen berücksichtigt werden. Schon gegenwärtig nehmen Schülerinnen und Schüler ohne Religionszugehörigkeit am Religionsunterricht teil. Diese erfreuliche Entwicklung ist stärker als bislang religionsdidaktisch zu bedenken, da die Zahl dieser Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren voraussichtlich zunehmen wird (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 32).
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Im Bereich der protestantischen Kirchen in Deutschland kann für die vergangenen Jahrzehnte ebenfalls eine schrittweise erfolgende und nach wie vor unabgeschlossene Annäherung an kooperative Unterrichtsmodelle konstatiert werden. Mit der Denkschrift »Identität und Verständigung« (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1994; vgl. Abschnitt 2.1.2 des vorliegenden Bandes) setzten sich die evangelischen Landeskirchen aber sehr viel früher mit der Frage einer Öffnung des Religionsunterrichts auseinander und formulierten schon zu diesem Zeitpunkt den Wunsch einer verstärkten Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche in diesem Bereich. Zielsetzung und Grenzen dieses Vorhabens beschreibt »Identität und Verständigung« exemplarisch wie folgt: Es wäre problematisch, wenn der Religionsunterricht der beiden Konfessionen hinter dem Stand der theologischen wissenschaftlichen Diskussion zurückbleiben würde; das interkonfessionelle Gespräch hat viele frühere »Verwerfungen« aus dem Reformationszeitalter aufklären und trennende Barrieren abbauen können. Der Religionsunterricht verfehlt aber auch die Wirklichkeit, wenn er eine Gemeinsamkeit voraussetzt, die es noch nicht gibt. Das zweiseitige Problem ist im Laufe der Schulzeit konstruktiv in eine pädagogische Aufgabe zu überführen: das Trennende und das Gemeinsame in Rede und Gegenrede, durch differenzierenden und kooperierenden Unterricht, in getrennten Lehrgängen und durch gemeinsame Lehrformen (in der Sekundarstufe II bieten sich auch Forumsveranstaltungen an) so ökumenisch-interdisziplinär anzugehen, wie es längst bereits in den Theologien der beiden Kirchen angegangen wird. Dies jedenfalls ist die Richtung, die die evangelische Kirche ausdrücklich stärken möchte. Auf diesem Weg hilft allerdings weder eine hermeneutisch illusionäre Konsenstheorie weiter noch die Forderung, sich um jeden Preis verständigen zu müssen. Ein solches Leitmodell ist in subtiler Weise autoritär, weil es meist den schwächeren Teil zu unguten Anpassungen zwingt. Der Ernst der Aufgabe ökumenischer Verständigung beginnt jenseits der leicht herstellbaren Übereinkünfte. Zu der hierfür zu entwickelnden neuen ökumenischen Hermeneutik kann auch der Religionsunterricht erprobend einen Beitrag leisten, weil er seinerseits dieser Hermeneutik dringend bedarf (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1994, S. 73).
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Ein signifikanter Unterschied zur katholischen Position bestand auch im deutlicheren Ausgreifen auf interreligiöse Fragestellungen und dem Ausloten einer Zusammenarbeit mit dem Fach Ethik. Diese Tendenz setzte sich auch in den darauffolgenden Jahren fort, und so legte die EKD mit der Denkschrift »Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule« im Jahr 2014 ein Papier vor, das sowohl die Frage einer verstärkten Kooperation mit dem katholischen Religionsunterricht im Blick behielt als auch die Wei terentwicklung eines pluralitätsfähigen und mehrseitig dialogisch offenen Religionsunterrichts (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2014, S. 95; vgl. Abschnitt 2.1.2 des vorliegenden Bandes). So hält die Denkschrift fest, dass, obwohl seit mehr als zwanzig Jahren Erfahrungen mit konfessionell-kooperativem (evangelisch-katholischem) Religionsunterricht verfügbar sind, […] eine entsprechende Didaktik, die speziell auf diese Zusammenhänge eingestellt ist, noch immer an den Anfängen [steht; S.P.] (Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2014, S. 93 f.).
Didaktische Defizite konstatiert die Schrift vor allem aber im Zusammenhang mit interreligiösen Lernzusammenhängen »sowie im Verhältnis zu nicht-religiösen Weltanschauungen. Die damit verbundenen religionsdidaktischen Aufgaben machen ein enges Zusammenspiel von Praxis und Theorie erforderlich«, so die EKD, bei dem die praktischen Erfahrungen mit didaktischen Prinzipien verbunden werden können. Dabei muss auch die Zusammenarbeit zwischen Religionspädagogik und Systematischer Theologie gestärkt werden. Immer wieder geht es um Verhältnisbestimmungen zwischen unterschiedlichen Glaubensweisen, um die Frage nach Wahrheit sowie um Weltanschauungen – um Problemstellungen also, die zu den Aufgaben der systematisch-theologischen Arbeit gehören (S. 94).
Dass innerhalb der evangelischen Landeskirchen die Akzentuierung der beiden religionspädagogischen Felder (konfessionelle
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Kooperation und interreligiöse Herausforderungen) durchaus unterschiedlich ausfallen können, zeigt der sogenannte Hamburger Weg, der bereits in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Religionsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in evangelischer Verantwortung zu entwickeln versuchte und sich damit den Themen Interreligiosität und Konfessionslosigkeit in besonderer Weise verpflichtet sah. Dieser dialogische Unterricht ist ein kontextuell entstandener, bisher von der evangelischen Kirche verantworteter und den in Hamburg vertretenen Weltreligionen unterstützter, rechtlich abgesicherter und in Deutschland so einmaliger RU. Der Hamburger »Religionsunterricht für alle« versteht sich als eine päda gogisch und theologisch verantwortete Konzeption angesichts der multikulturellen und multireligiösen Situation in Hamburg. Er wendet sich an alle Schülerinnen und Schüler ungeachtet ihrer jeweiligen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen. In Hamburg wird der Religionsunterricht nicht nach Konfessionen getrennt erteilt, vielmehr lernen im Hamburger Religionsunterricht Kinder und Jugendliche aller religiösen und weltanschaulichen Orientierungen und Herkunft gemeinsam (Vereinigung Hamburger Religionslehrerinnen und Religionslehrer, 2018).
Die hier in aller Kürze aufgezeigten unterschiedlichen und oft unabgeschlossenen Versuche der beiden großen Kirchen, den je eigenen konfessionellen Religionsunterricht mit den sich wandelnden schulischen und gesellschaftlichen Bedingungen zu verbinden und zugleich seine Notwendigkeit als Bildungsangebot zu erhalten, zeigen, auf welch großen Erfahrungsschatz bereits zurückgegriffen werden kann. Hier gilt es nun ganz bewusst die Unterschiedlichkeit der Erfahrungen stehen zu lassen und nicht vorschnell eine Harmonisierung vorzunehmen. Es sollte also nicht darum gehen, ein Modell oder ein Konzept für den kooperativen Religionsunterricht (etwa in Form konfessionell gemischter Lerngruppen) zu entwickeln, auf das hin dann ausgebildet wird und in dem sich dann alle betroffenen Schülerinnen und Schüler wiederfinden. Vielmehr besteht in der nach wie vor unterschiedlichen Akzentsetzung der beiden Kirchen die Chance, ein jeweils den regionalen Bedingungen angemessenes gemeinsames Unterrichtsangebot zu gestalten.
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Die aufgrund der theologischen Differenzen bleibende Spannung zwischen den Fächern katholische und evangelische Religion muss nicht aufgelöst werden, aber die Versuche, kooperative Modelle (weiter) zu entwickeln, dürfen auch nicht dazu benutzt werden, diese Differenzen unaufhörlich in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen. Die Unterschiedlichkeit in der Theologie, in der Zielsetzung und in der Geschichte der beiden Fächer ist der bleibende Kontext aller Versuche, aber diese Versuche der Neuorientierung des Religionsunterrichts, zum Beispiel in konfessionell gemischten Lerngruppen, markieren eben auch einen deutlichen Unterschied zu den überkommenen Angeboten. Sie sind mehr als die Addition der bisherigen Fächer und damit auch nicht an ihrer (möglichst großen) Übereinstimmung mit diesen zu messen. Den bestehenden konfessionellen Differenzen einen authentischen Ausdruck durch die am Unterricht Beteiligten zu verleihen und ihnen ein dialogisch geprägtes Forum zu geben, in dem die allfälligen und vielfältigen Themen des Religionsunterrichts mehrperspektivisch behandelt werden können, ist das dauerhafte Unterscheidungsmerkmal kooperativer Ansätze, und sie werden so auch gemäß ihres Selbstverständnisses als immer noch konfessioneller Religionsunterricht »zu einem ökumenisch bedeutsamen Lernort« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 30).
4.2 Machen Unterschiede Unterschiede? Nein! In vielfacher Hinsicht hat die Studie zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen aufgezeigt, dass dieses Unterrichtssetting nicht nur von den befragten Lehrkräften geschätzt wird, sondern nach ihrer Einschätzung dem Unterricht in konfessionell homogenen Klassen nicht nachsteht. Im Gegenteil scheint die konfessionelle Profilierung in konfessionell gemischten Lerngruppen sogar deutlicher zutage zu treten (vgl. Abschnitte 3.2.3 und 3.2.8). Lassen sich nun Gründe benennen, die über den vorliegenden empirischen Befund hinaus eine negative Antwort auf die Frage, ob Unterschiede Unterschiede machen, rechtfertigen? Die Studie zeigt, dass die praktische Gestaltung des Unterrichts in konfessionell gemischten Lerngruppen vielen Lehrkräften eine Selbstverständ-
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lichkeit geworden ist und sie mit dem Verlauf und den Ergebnissen dieses Unterrichts sehr zufrieden sind, dies nicht zuletzt auch mit Blick auf ihre eigene konfessionelle Beheimatung und ihren konfessionellen Anspruch (vgl. Abschnitte 3.2.2 und 3.2.3). Darüber hinaus muss es dieses Unterrichtsangebot vor allem deshalb geben, weil ein Religionsunterricht, der die Lebensbedingungen und das soziale Umfeld der Schülerinnen und Schüler ignoriert, an ihrem Leben vorbeigeht oder doch zumindest nur schwer an ihr Leben anknüpfen kann. Wo Schülerinnen und Schüler ihre eigene religiöse und weltanschauliche Identität in einem diesbezüglich heterogenen Kontext entwickeln sollen und wollen, muss dieser Kontext auch im Religionsunterricht vorkommen. Hier machen die Unterschiede keine Unterschiede, weil die Unterschiedlichkeit zwischen den Konfessionen, zwischen Konfessionalität und Konfessionslosigkeit oder zwischen den Religionen und Weltanschauungen für alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen zu bewältigen ist. Das heißt, eine katholische Schülerin oder ein katholischer Schüler findet sich unter Umständen mit der »Frage, was es bedeutet, getauft zu sein und zur Kirche zu gehören« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 12), in einem heterogenen Kontext konfrontiert und muss lernen, sie für sich in eben diesem Kontext zu beantworten. Wie wenig diese Dimension der religiösen Sozialisation und ein möglicher Beitrag des Religionsunterrichts hierzu bislang wahrgenommen worden sind, und zwar im Sinne einer wirklichen Ressource, zeigt etwa die Tatsache, dass bis in die jüngste Verlautbarung der katholischen Bischöfe die Kinder und Jugendlichen aus konfessionell gemischten Elternhäusern als eigenständige Gruppe mit ganz spezifischen ›ökumenischen Vorerfahrungen‹, Fragestellungen und Bedürfnissen gar nicht vorkommen (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 16 f.). Damit soll an dieser Stelle nicht einer völligen Abschaffung konfessioneller Lerngruppen das Wort geredet werden. Die Studie zeigt ja für den Grundschulbereich sehr deutlich auf, dass ein Unterricht in konfessionell homogenen Gruppen vor allem für die Jahrgangsstufen 3 und 4 von einer größeren Zahl der Befragten befürwortet wird (vgl. Abschnitt 3.2.7). Wichtig erscheint es von daher, bei der Gestaltung des Religionsunterrichts in seinen unterschiedlichen Set-
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tings die Zeit, die eine Schülerin oder ein Schüler über alle Schuljahre hinweg in der Schule verbringt, zur Gänze in den Blick zu nehmen und ein differenziertes Unterrichtsangebot zu entwickeln, das in seiner Gesamtheit kontextsensibel dem Anspruch des und der Einzelnen auf religiöse und konfessionelle Bildung gerecht wird. Diesem Gedanken folgend machen die Unterschiede auch an anderer Stelle keine Unterschiede. In »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« heißt es zum Ziel eines kooperativen Religionsunterrichts: Die Schülerinnen und Schüler lernen in authentischer Weise die eigene und die andere Konfession kennen und verstehen. Sie werden durch die Begegnung mit der anderen Konfession angeregt, sich ihrer eigenen konfessionellen Prägung und Kirchenzugehörigkeit bewusst zu werden und diese zu reflektieren. Entscheidend für die Qualität des Unterrichts ist die Möglichkeit, Religionslehrkräften zu begegnen, die konfessionsbewusst und differenzsensibel unterrichten. (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 22)
Obgleich dieser Überlegung nicht ernsthaft etwas entgegengesetzt werden kann, wird hier deutlich, dass hier Unterschiede vorausgesetzt werden, die aber vermutlich erst im Laufe der Schulzeit zum Tragen kommen. Der Umstand, dass für viele Schülerinnen und Schüler der Religionsunterricht gleichzusetzen ist mit einer ersten ernsthaften Begegnung mit der eigenen Konfession oder auch mit dem Phänomen Religion überhaupt, wird hier zu wenig berücksichtigt. Die Modelle einer stärkeren Zusammenarbeit, die im Wesentlichen – bewusst oder unbewusst – die wechselseitige Betrachtung der Unterschiede in den Mittelpunkt stellen, verkennen letztlich gerade für den Primarbereich die Ausgangssituation der meisten Schülerinnen und Schüler. Die implizite Vorstellung, der Religionsunterricht sei nach wie vor ein ergänzender Aspekt einer den Schülerinnen und Schülern ohnehin zukommenden religiösen und konfessionellen Erziehung bzw. Bildung, führt ganz sicher auch bei der Gestaltung kooperativer Angebote in die Irre. Das heißt, der Religionsunterricht muss mit Blick auf die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zukünftig sehr viel stärker voraussetzungslos
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gedacht werden, und auch seine inhaltliche Zielsetzung muss deutlicher Maß nehmen am Gesamtbildungsziel der Schule und weniger an spezifischen kirchlichen oder kirchengemeindlichen Interessen. Mit anderen Worten wird die Trennung zwischen Religionsunterricht und Katechese noch schärfer vollzogen werden müssen, nicht weil der Religionsunterricht in der öffentlichen Bildungseinrichtung zunehmend zur Religionskunde werden soll, sondern weil er nur so langfristig seine Aufgabe mit Blick auf alle interessierten Schülerinnen und Schüler erfüllen kann, die in »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« wie folgt skizziert wird: Religionsunterricht ist integraler Teil schulischer Bildung. Er dient dem Erwerb religiöser Sprach- und Orientierungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Der Religionsunterricht erschließt ihnen den spezifischen religiösen Weltzugang, der durch keinen anderen Modus der Welterfahrung ersetzt werden kann. Auf diese Weise können sie Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Religion erwerben und Antworten auf ihre Sinn- und Lebensfragen finden. (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 7)
Die konfessionelle Perspektive wird hierzu durch die Lehrkraft und die curricularen Grundlagen in den Unterricht eingespielt, nicht aber durch vorschnelle konfessionelle Zuweisungen an die Schülerinnen und Schüler. Abschließend lassen sich noch zwei Aufgaben benennen, die der katholischen und evangelischen Theologie und Religionspädagogik im Zusammenhang mit der Gestaltung kooperativer Unterrichtsformate gleichermaßen zukommen bzw. deren Lösungen noch ausstehen. Trotz unterschiedlicher Ausgangslage sind beide Kirchen unterschiedslos gefordert, das je eigene Verständnis von Konfessionalität zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Die Bedeutung des eigenen Bekenntnisses, die Frage, was substantiell zu diesem Bekenntnis gehört, und letztlich auch die Überlegung, was sich von diesem Bekenntnis wie, wann und durch wen im Religionsunterricht niederschlagen kann und soll, müssen angesichts einer konfessionell heterogenen Schülerschaft ohnehin neu diskutiert werden. Diese diskursiven Neubestimmungen sind aber umso not-
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wendiger, als in allen kooperativen Unterrichtsformaten Bekenntnis nicht mehr im Singular vorkommt. Von daher sollte bezüglich des Religionsunterrichts zunächst ernsthaft die Frage nach der wirklichen Bekenntnisfähigkeit, nach der wirklichen Konfessionsfähigkeit kooperativer Modelle gestellt werden. Das heißt nicht, dass ein solcher Unterricht zwangsläufig weniger konfessionell ist als die überkommenen Modelle, es heißt aber sehr wohl, dass sich die Konfessionalität des Unterrichts unter Umständen anders als bisher Ausdruck verschafft. An diesem Punkt stehen beide Kirchen in der Verantwortung sich selbst gegenüber, aber vor allem auch den Schülerinnen und Schülern gegenüber. Konfessionelles Selbstbewusstsein und konfessionelle Sprach- bzw. Ausdrucksfähigkeit müssen in einem ersten Schritt vor allem als Lernziele des kooperativen Religionsunterrichts gefasst werden, die von den Schülerinnen und Schülern in einem für sie zunächst uneindeutigen Kontext erschlossen werden können. Dazu muss die unterrichtliche Präsentation konfessionell geprägter Inhalte immer wieder neu überdacht werden, haben sie doch in einem kooperativen Ansatz, zu dem auch der Unterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen eindeutig zählt, ihre für den überkommenen Religionsunterricht selbstverständliche einheitsstiftende Funktion verloren (auch wenn diese Funktion oftmals nur noch eine von der Realität der Lerngruppen nicht mehr abgedeckte Annahme ist). Um an dieser Stelle allzu großen Ängsten vor Substanz-, Profil- oder Identitätsverlust des Religionsunterrichts entgegenzutreten, sei nochmal auf »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« verwiesen. Dort heißt es im Schlusswort: »Der Religionsunterricht in der Schule ist ein Ort religiöser Bildung. […] [Er; S.P.] ist nur Teil eines größeren Ganzen von religiösen Lern- und Erziehungsprozessen.« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 38 f.) Dieser Aufruf zur Bescheidenheit bezüglich der Wirkmächtigkeit des Religionsunterrichts kann eventuell auch bei der Frage nach seiner Konfessionalität und seinen konfessionellen Inhalten helfen, das Notwendige und das Mögliche realistisch in den Blick zu nehmen. Gerade die Diskussion um die Konfessionalität verweist aber bereits auf die zweite noch ausstehende Aufgabe, nämlich die Erarbeitung einer entsprechenden Didaktik für den Unterricht in
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konfessionell gemischten Lerngruppen bzw. anderen kooperativen Formaten. Vor dieser Aufgabe stehen beide Konfessionen unterschiedslos – anders aber als bei der Frage nach der Konfessionalität wirklich gemeinsam. Die Forderung nach einer solchen Didaktik erhebt auch das Bischofspapier von 2016 und bringt hierzu das »Prinzip der Per spektivenverschränkung« ins Spiel (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 32). Etwas vergröbert ist unter diesem vor allem von Jan Woppowa (2015, S. 160) stark gemachten Ansatz der didaktische Versuch zu verstehen, einen mehrperspektivischen Zugriff auf die Unterrichtsinhalte zu gewährleisten. Dazu könnten die verschiedenen konfessionellen Perspektiven idealerweise von den entsprechenden Lehrkräften eingespielt werden. Im Rahmen dieser Idealform, dass eine evangelische und eine katholische Lehrkraft zumindest im Austausch miteinander sind, könnte eine konfessionell-kooperative Unterrichtssequenz verschiedene Konstellationen aufweisen: z. B. paralleles Unterrichten, Team-Teaching, Lehrertausch, gegenseitiges Vorstellen von konfessionell spezifisch Erarbeitetem in einer gemischtkonfessionellen Klasse etc. (Lindner, 2017b, S. 86).
Dieser Ansatz ist insofern zu befürworten, als er den zu lehrenden und zu lernenden Inhalten und auch den Lehrenden, anders als dies bei der klassischen katholischen Trias der Fall war, deutlich erweiterte Zugriffs- und Handlungsoptionen einräumt. Bezüglich der Schülerinnen und Schüler muss aber davon ausgegangen werden, dass sie stets schon die Mehrperspektivität in den Unterricht eingebracht haben – offiziell zumindest seit die Synode anerkannt hat, dass die religiösen und konfessionellen Voraussetzungen nicht bei allen gleichermaßen gegeben sind, dies aber ihre aktive Teilnahme am Unterricht nicht beschränkt. Diese durch die konfessionell gemischte Zusammensetzung der Lerngruppen in ihrem Facettenreichtum noch erweiterte Mehrperspektivität gilt es stärker zu beachten und zu nutzen. Von daher könnte das didaktische Ziel das eines dialogischen Unterrichts sein, das heißt eines Unterrichts, der nicht nur die unterschiedlichen konfessionellen Perspektiven
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zur Sprache bringt und ihnen Kontur verleiht, sondern diese ernsthaft in einen Dialog zu bringen sucht und damit den Raum zur Entdeckung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten eröffnet – und so auch entscheidende Impulse ermöglicht zur Bildung einer religiösen bzw. konfessionellen Identität. Unter Dialog ist dabei nicht primär der Austausch konfessioneller Informationen oder die wechselseitige Vermittlung abgezirkelten Wissens zu verstehen. Dialog bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler und die Lehrenden in der je eigenen Positionalität miteinander ins Gespräch kommen – eine Positionalität, die nie abgeschlossen und fertig ist. In diesem Dialog begegnen sich nicht Expert/-innen und Laien, sondern verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Biographien aus differierenden Kontexten. Davon unbenommen ist aber klar, dass es den Lehrkräften obliegt, den Bildungsprozess zu strukturieren und zu steuern. (Religionspädagogisches Institut der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, 2017, S. 7)
Ein solcher didaktischer Ansatz kann verstanden werden als Erwei terung der ohne jeden Zweifel nötigen Perspektivenverschränkung, macht aber darüber hinaus das unterrichtliche Geschehen selbst stärker zum Inhalt des Unterrichts.
4.3 Für ein Aggiornamento des katholischen Religionsunterrichts Die vorliegenden Ergebnisse der empirischen Studie zum Religionsunterricht in konfessionell gemischten Lerngruppen im Primarbereich zeigen von Seiten der befragten Lehrkräfte deutlich zwei Pole auf: zum einen eine bewusste und für die Befragten unaufgebbare konfessionelle Verortung ihrer Person (vgl. Abschnitt 3.2.2) und zum anderen den Wunsch, den Schülerinnen und Schülern neben der eigenen Konfession auch Zugang und Begleitung in das sie umgebende plurale religiöse und konfessionelle Umfeld zu gewähren (vgl. Abschnitt 3.2.3). Damit erfüllen die befragten Lehrkräfte weitgehend das von den Kirchen geforderte und für die zukünftige Gestaltung des Religionsunter-
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richts unabdingbare Zusammenspiel von konfessioneller Prägung und ökumenischer Offenheit (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 13). Gerade aufgrund dieser Beobachtung bleibt aber die Frage virulent, ob eine nun auch institutionell verstärkte ökumenische Zusammenarbeit bzw. ökumenische Ausrichtung des Religionsunterrichts hinreicht, um die anstehenden Aufgaben angesichts zunehmender und immer ausdifferenzierterer gesellschaftlicher Pluralität zu bewältigen. Wenn man, wie bereits mehrfach erwähnt, anerkennt, dass die religiöse und konfessionelle Sozialisation bzw. Nichtsozialisation der Schülerinnen und Schüler vielfältiger ist, als es der nun geforderte Ansatz ökumenischer Offenheit nahelegt, reicht die theologische Verortung des Religionsunterrichts im Wechselspiel von Konfessionalität und Ökumene vielleicht gar nicht mehr aus. Mit anderen Worten droht die Gefahr einer angesichts der gesellschaftlichen Pluralität unangemessenen Engführung der Möglichkeiten des Religionsunterrichts, in deren Folge die grundsätzliche Anfrage an seine Berechtigung im öffentlichen Schul- und Bildungssystem nur verschoben, aber nicht zukunftssichernd beantwortet wird. Damit wird nicht einer Absage an die verstärkte ökumenische Verantwortung und die deutlichere interkonfessionelle Perspektivenverschränkung des Religionsunterrichts das Wort geredet, aber es scheint doch unerlässlich, dem nicht wegzudiskutierenden pluralen und heterogenen Kontext, in den hinein der Religionsunterricht gestellt ist, auch theologisch breiter angelegt zu begegnen. Letztlich geht es um die theologische Grundhaltung, mit der die beiden Fächer katholische und evangelische Religion diesem Kontext begegnen. Von daher sollte theologisch und religionspädagogisch nach dem Grund, auf dem die ökumenische Öffnung und die ökumenische Offenheit beruhen, Ausschau gehalten werden. Wenn es in »Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts« heißt: In der Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht sollen die Schülerinnen und Schüler Einsicht in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konfessionen gewinnen, Toleranz und Verständnis füreinander einüben und vor allem zu einem besseren Verständnis des Evangeliums gelangen (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 14),
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Machen Unterschiede Unterschiede?
dann ist damit ein wichtiges Rückgrat eines kooperativ verantworteten Unterrichts benannt, der aber allein unter dieser theologischen und religionspädagogischen Zielsetzung zu kurz greift. Das Bischofspapier beruft sich zur theologischen Begründung der ökumenischen Öffnung in erster Linie auf Unitatis redintegratio, das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Ökumenismus, und diesem Bezug ist in jeder Hinsicht zuzustimmen. Die seit dem Konzil erreichten Annäherungen, etwa die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche im Jahr 1999, bilden in der Tat ein solides Fundament für eine enge Zusammenarbeit der Kirchen eben auch im Religionsunterricht, aber es bleibt mit Blick auf die Zukunft des Unterrichts zu fragen, welche Haltung dem Entstehen dieser Dokumente vorausging. Katholischerseits ist hierzu auf zwei ganz zentrale Begriffe des Konzils zu verweisen, die auch für die Weiterentwicklung des Religionsunterrichts richtungsweisend bleiben können. Zum einen geht es um die von Johannes XXIII. schon bei der Ankündigung des Konzils stark gemachte Haltung des Aggiornamento, mit dem die Konzilsväter die anstehenden Konzilsdebatten angehen sollten. Gemeint ist damit eine Zielvorgabe, die sich am ehesten als »Heutigwerdung« der Kirche übersetzen lässt. Damit ist keine opportunistische Haltung gemeint, sondern eine, die versucht, die Botschaft des Evangeliums so in die Welt hinein zu verkünden, dass diese sie auch in der jeweiligen Zeit und unter den jeweiligen Bedingungen dieser Zeit als Frohe Botschaft hören und erfassen kann. Heutigwerdung oder Aggiornamento findet aber nicht ziellos statt, sondern hat sich stets an den als solchen erkannten Zeichen der Zeit zu orientieren. So betonte Johannes XXIII. in seiner Ansprache zur Eröffnung des Konzils: Das zentrale Anliegen des Aggiornamento ist die Verknüpfung der Glaubenslehre und ihrer Darlegung mit den Zeichen der Zeit. Das Konzil hat den Erwartungen der Menschen weltweit zu entsprechen und sich einer Sprache zu bedienen, die dem Denken der Zeit entspricht. […] Die Aussagen des Konzils haben der Einheit der Christen und aller Menschen zu dienen. (Hünermann u. Hilberath, 2009, S. 482 ff.)
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Diese Aufforderungen an die Konzilsväter sind nicht nur als ein Vermächtnis dieses Papstes wertzuschätzen, sondern sie formulieren den Auftrag, der der Kirche weit über das Konzil hinaus zukommt. Vor allem aber öffnete der Wunsch nach einem Aggiornamento für das Konzil den (eben auch theologischen) Horizont, sich mit den gegebenen Bedingungen der Zeit auseinanderzusetzen. Ohne diese Grundhaltung wäre eine ökumenische Annäherung, wie sie sich in Unitatis redintegratio niedergeschlagen hat, ebenso wenig vorstellbar gewesen wie die Öffnung hin zu den nichtchristlichen Religionen in Nostra aetate oder auch die Anerkennung der Religionsfreiheit durch die Erklärung Dignitatis humanae. Es erscheint daher wichtig, die ermutigenden Ergebnisse der vorliegenden Studie, den allseits von den Kirchen bekundeten Willen zur Kooperation und das vielerorts noch vorhandene Interesse an den Religionsfächern nicht zu ängstlich auf ein zu schmales Fundament zu stellen bzw. den möglichen Wirkungskreis zu sehr einzugrenzen. Der Religionsunterricht, gerade auch der katholische mit seiner langen und eben auch wechselvollen Tradition, hat mehrfach bewiesen, dass er die gesellschaftlichen Herausforderungen, die heute eben religiöse Identitätsentwicklung in den Kontext von Pluralität und Heterogenität stellen, annehmen und bewältigen kann. So kann er seine Entwicklung fortsetzen vom katechetischen zum konfessionellen Religionsunterricht hin zu einem kooperativen Religionsunterricht mit konfessioneller Prägekraft. Einer solchen Heutigwerdung des Religionsunterrichts ist, wie die Studie eindrucksvoll belegt, bereits in vielfacher Hinsicht der Weg bereitet. Diesen Weg verantwortlich weiterzugehen und nicht auf halber Strecke stehen zu bleiben, macht zukünftig den Unterschied aus, vor allem für die Schülerinnen und Schüler, die sich in diesem Unterricht in ihrer Unterschiedlichkeit unterschiedslos als geachtet und in ihrem Bedürfnis nach »Kenntnisse[n] und Fähigkeiten im Umgang mit Religion […] und Antworten auf ihre Sinn- und Lebensfragen« (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2016, S. 7) angenommen erleben.
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